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FRANZ

SCHREKER
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SONDER .. NUMMER DER

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2. jahrgang, Nunnner 1 - 2 :1.. u. 2. Jänno:t'-Heft 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
&1,* MW'ii itiW.". .S

DIE PER S Ö N L ICH K E I T~


Von P aul Bekker, Frankfurt
1
Die wichtigste Frage, ob eine der Art nach Wagner ähnliche Begabung überhaupt
noch einmal wiederkehren würde, ob sie nicht etwa nur dieses eine Mal erschienen
sei, diese Frage ist jetzt beantwortet: Franz Schreker ist eine solche Begabung, die
erste seit Wagner, die ihm der Art nach verwandt ist, das gleiche Phänoment nur
in ganz anderer Verkörperung.
Bemerkenswert ist, daß Schreker keine unmittelbare Anlehnung an Wagner
.sucht. Bei genauerem Zusehen erkennt man, daß er als Musiker von Wagner gelernt
hat, was zu lernen war, das Unerlernbare mit instinktiver Sicherheit beiseite lassend.
Er schreibt keine Musikdramen mit Festspiel.. Tendenz. Der "Ferne Klang" und
"Die Gezeichneten U nennen sich aufrichtig Oper, "Das Spielwerk und die Prinzessinu
ist ein dramatisches Märchen. Die Stoffwahl aller drei Werke weist keine Beziehungen
zu Wagner auf, die musikalische Faktur t über die noch eingehend zu sprechen sein
wird, bedeutet die fruchtbarste Umbildung Wagnerscher Gestaltungsart im neuzeit...
lichen Sinne. Schreker schreibt auch keine Musizier ... Oper in Strauß scher Art, er
läßt sich nicht durch literarische Texte zu Klangphantasien anregen. Am nächsten
steht er --- äußerlich gesehen --- der dem herkömmlichen Wagnerbegriff am meisten
ab gewandten Theater..Oper. Aber das Gerüst, um das sich seine Musik kleidet, ist
nicht nur eine geschickte, von einem guten Bühnenpraktiker ersonnene Folge äußer...
'lieh spannender und theatralisch wirkungsvoller Szenen - es ist eine eigene Dichtung.
Der Ursprung und die innerlich bewegende Kraft dieser Dichtung wieder ruht in
der Musik, deren dramatischem Ablauf sie den szenisch faßbaren Kontur gibt.
Schreker ist demnach, wie mancher nach Wagnert sein eigener Textdichter, aber
nicht, wie die meisten dieser Dichter. . Komponisten, aus Notbehelf, sondern aus
:innerem Zwang. Was seine Texte sagen, hätte ein anderer ebensowenig auszusprechen
vermocht, wie dieser andere fähig gewesen wäre, die Musik zu schreiben. Beide,
Text und Musik, sind unlösbar ineinander verflochten, die Musik aber ist das
Ursprüngliche, aus dem sich der Text gebiert. Die musikalische Vision steht am
Anfang, ihre Versinnlichung formt sich in dramatischer Gestalt, und dieser Gestaltungs.-
prozeß erst fördert die Dichtung zutage. Unnötig, eigentlich unmöglich, solche
+ Auszug aus der Broschüre: Franz Schreker von Paul Bekker (Schuster & Löffler, BerUn).

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Dichtung literarisch zu bewerten. Sie erweist sich, gerade wie bei Wagner, gesonderter
Wertung unzugänglich. Sie ist nur Wortumgrenzung der Musik, eine getrennte Ein...
schätzung beider bleibt sinnlos. Die Musik durchdringt und baut die Dichtung, wie das
Blut eines Lebendigen, ohne sichtbar zu sein, die Erscheinung bis in die äußerste Haut
ernährt und bildet. Die Dichtung wiederum umschreibt die Musik und gibt ihr die
anschauliche Gestalt, die die innerlich quellende Kraft umgrenzt. Beide voneinander
trennen, gesondert werten wollen heißt beide töten, denn eines findet seine Recht ...
y

fertigung und Begründung im anderen.


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In der seelischen Neugeburt, in der naturgewaltigen Umschaffung der weiblichen
Persönlichkeit durch das mysteriöse Erlebnis des Gattungstriebes liegt der musikalisch...
dramatische Kern der Werke Schrekers. Man muß sich dessen bewußt werden, ohne
jedoch von dieser Seite her die Gefühlswelt Schrekers auf ihre letzten Antriebe
zurückführen zu wollen. Diese liegen nur in der Musik, sie ergeben sich als' Folge
einer besonderen Art musikalischen Empfindungsvermögens, das sich freilich an
außermusikalischen Erscheinungen leichter nachweisen und erfassen läßt als an der
begrifflich schwer zugänglichen Musik selbst. Musikalische ' Gesichte besonderer
Art sich szenisch auswirken zu lassen - aus diesem Drange erst erwachsen Handlung,
Gestalten und die sie verbindenden Ideen. Wenn sie nicht jeglichen Widerspruchs
in sich selbst bar erscheinen, wenn die Erklärung nicht stets zulangt und nicht jede
Frage löst, so ist zu bedenken, daß es sich bei alledem nur um äußerste begriffliche
Ausstrahlungen von etwas Übergrifflichem handelt. Sie sind nicht Selbstzweck,
sondern nur andeutender Hinweis, mittelbare Kundgebung der schöpferischen
musikalischen Phant!lsie. Der Musiker Schreker schafft sie sich, um seine Musik
ausströmen lassen zu können. Er ist nicht Philosoph, er predigt nicht Ideen und
Erkenntnisse - ihm liegt überhaupt im Gegensatz zu Wagner alles Lehrhafte, Streit ...
bare, Eifernde fern. Er macht nur Musik. Diese Musik aber bedarf solcher begriff...
lichen Problemstellung, wie Schrekers Stoffe und Gestalten sie zeigen, um zu Tönen
zu gelangen.
Der Klang als Grundlage von Schrekers Dramatik überhaupt ist die Grundlage
auch seiner Tonsprache im einzelnen. Man könnte sagen: der musikalische Vorgang
der Schrekerschen Dramatik ist die allmähliche Zusammenziehung und Verfestigung
einer anfangs nur in zarten Andeutungen erfaßten Klangerscheinung, eine Zusammen ...
ziehung und Verfestigung, die eben durch die dramatische Reibung der einzelnen
Handlungselemente bewirkt wird. Und eben -jenes Gefühlsgebiet der seelischen
Metamorphose, wie Schrekers Dramatik es umschließt, mit ihrer Lehre von der
Unwissenheit des Menschen von den tiefsten bestimmenden Kräften seines Wesens
findet ihren entsprechenden musikalischen Ausdruck in den akustischen Erscheinungen
des Klanglebens. Wagners Figuren sind WillensgestaItungen von klar erkennbaren
Umrissen, bewegt von logisch formulierbaren Gesetzen der Psychologie. Es ergibt
sich daraus die besondere Art der musikalischen Faktur, die Durchbildung des
motivisch aufs zarteste verästelten sinfonischen Orchesters, die zur musikalischen
Aufdeckung der Bewußtseinsvorgänge, zur Abrollung eines klar überschaubaren und
verdeutlichten seelischen Handlungskomplexes führt. Es war die innerhalb des
idealistischen Wirkungsgebietes durchaus naturalistische, der vervollkommneten
Illusion zustrebende Anschauungsart Wagners, die ihn von dem lyrischen Operntypu.s.

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hinweg dem Muster ,des Wort. . Tondramas als der Vereinigung sprachlich begriffs. .
mäßiger und musikalisch gefühlsmäßiger Dramatik zuführte.
Schreker greift demgegenüber wieder auf den früheren Operntypus zurück. Die
psychologische Gesetzmäßigkeit des Geschehens und die daraus sich ergebende
künstlerische Darstellungsweise und ästhetische Gestaltungsart kommt für ihn nicht
in Betracht. Der Kern seines dramatischen Vorgangs bezieht sich auf außerhalb des
begriffmäßig Faßbaren liegende Vorgänge, weist auf unbegreifbare Untergründe des
Gefühlslebens. Dementsprechend überwiegt bei ihm die lyrische Gestaltungsart, die
in breiten melodischen Gefühlswellen ausströmt. Diese Melodik zeigt in der Art
ihres Baues, ihrer physiognomischen Formung mehr Hinneigung zu dem kantabilen
Stil der neuromanischen Oper als zu der motivisch. . thematischen Prägungsart
Wagners. Es ist überhaupt in dem Klangmusiker Schreker eine deutliche Reaktion
gegenüber dem auch im stärksten Farbenrausch streng konturell empfindenden
Wagner zu erkennen. Drängt dieser stets zur Plastik der musikalischen Begriffs . .
elemente, zum Ergründen der Gefühlsvorgänge im motivischen Geschehen, so
widerstrebt dem Schreker. Das Irrationale des Gefühls bleibt bei ihm bestimmend
auch für die musikalische Faktur. Dem Wagnerschen Drang zur Plastik entspricht
bei Schreker das Verlangen nach Auflösung in den farbigen Schimmer des körper. .
losen Luftbildes. So ergibt sich die Annäherung an die gleichfalls der phantastischen
Weite unkontrollierbarer Gefühlsverknüpfungen zustrebende jungfranzösische Oper
mit ihrem Reichtum unwägbarer harmonischer Zwischenstufen, den zarten ver...
schwimmenden Lichtbrechungen ihrer feinste Sinnesreizungen spiegelnden Klang . .
mischungen, ihrer aus der instrumentalen und vokalen Farbe geborenen Melodik.

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Schrekers musikalische Gestaltungskunst zeigt sich am auffallendsten in den
szenischen Erscheinungen äußerlich blendender Art. Sie sind die unmittelbar
wirkungsvollsten Teile seines Werkes. Sie packen den Zuschauer mit hemmungs . .
loser Wucht. Ganz in der Art der alten Oper zwingen sie ihm durch die berauschende
Zusammenwirkung üppiger Theatereffekte und musikalischer Suggestion jene Hypnose
auf, in deren Erzeugung die ästhetische Berechtigung der vom Standpunkt nüchterner
Verstandeskritik aus so anfechtbar scheinenden und vielfach mit Unrecht angefochtenen
Oper überhaupt liegt. Daß Schreker diese Gattung szenisch . . musikalischer Kunst
meistert, daß er sie aus innerer Kraft heraus neu zu erwecken vermocht hat, darin
liegt der Nachweis seiner Sendung für die Opernbühne der Gegenwart. Diese
bedarf des Ausweges aus der spekulativen Dramatik, die sie auf ihr wesensfremde
Gebiete führt. Sie bedarf auch des Schutzes gegen eine auf irrigen Voraussetzungen
ruhende literarische Veredlung, die im Einzelfall dank geistreicher musikalischer
Auskleidung wohl zu annehmbaren und zeitweise auch erfolgreichen Ergebnissen
führt, als Ganzes im ästhetischen Sinne aber ein Mißverstehen der Bestimmung der
Oper bedeutet. Wir können dieser Kunstgattung weder ideell zu hohe, noch theatralisch
zu niedrige Ziele stellen, noch können wir uns damit begnügen, sie nur als literarisch
einwandfreien Vorwand zum szenischen Musizieren anzusehen. In dem Augenblick,
wo wir erkennen, daß aUe ~drei Formulierungen nur spekulative oder ästhetisierende
Einseitigkeiten sind, beruhend auf einer falschen, einseitigen Überspannung des
dramatischen Prinzips. in diesem Augenblick verschwindet auch das nur scheinbar
Paradoxe des Operngenres. Wir erkennen in der dramatischen Opernszene keine auf

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Gewaltsamkeiten irgend welcher Art beruhende Mischgattung. Wir sehen in ihr eine
Kunsterscheinung von eigener, in sich geschlossener Bedeutung, eine Gattung, die
uns gewiß nicht zu letzten Höhen und Tiefen vernunftmäßigen Erkennens führt,
uns dafür aber die Sinnlichkeit des Gefühlserlebens im höchstem Maße nahebringt.
Schöpfungen wie der zweite Akt des "Fernen Klanges", in ähnlicher Art des
"Spielwerks", und vor allem der dritte Akt der "Gezeichneten" sind neue eigene
Formulierungen des alten ästhetischen Grundbegriffs der "Oper" aus den Anschauungen
und Bedürfnissen einer kommenden Zeit.
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Im Zusammenhang mit Schrekers besonderer Art der szenischen, auf der gefühls...
mäßigen Erfassung szenischen Geschehens beruhenden Melodik steht auch seine
musikalische Charakterzeichnung. Sie ist nicht motivisch konstruktiver Art, sucht
nicht den Charakter aus der Zusamm~ntragung und Verflechtung psychologischer
Einzelzüge musikalisch darzustellen. Sie ist Spiegelung des Gefühlsimpulses, der
die dramatische Funktion dieses Charakters bestimmt. Sie gibt ihn also nicht in
plastischer Rundung, sondern nur in dieser einen', der Bühne zugewandten Tönung.
Es fehlt daher die verwirrende Anzahl von Motiven, die in der Oper seit Wagner
einen Charakter in allen erdenkbaren Entwicklungsphasen beschreiben. Ein Motiv
gibt das ganze Bild.
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Wenn man an dem musikalisch individuellen Erfassen der Hauptcharaktere sieht,
zu welch lebendiger Kraft die als Urphänomen des Schrekerschen Schaffens erkannte,
scheinbar molluskenhafte Klangvision sich bei dramatischer Durchdringung entfaltet,
wie sie sich in Einzelerscheinungen von kaum übersehbarer Fülle auseinanderlegt,
so bekommt man auch eine Vorstellung von dem Wesentlichen der Orchester...
behandlung Schrekers. Sie ist keinesfalls mit der landläufigen Redensart von
"kühnen Klangkombinationen'j und ähnlichem zu erledigen, obschon sie, äußerlich
besehen, naturgemäß alle heut verfügbaren Mittel des orchestralen Apparates aufruft.
Sie weicht dabei aber ebenso von der hergebrachten, auf Wagner fußenden Technik
des instrumentalen Ausdrucks ab, wie die Tonsprache Schrekers überhaupt auf dem
Fundament einer anderen Gefühls. . und Vorstellungsart ruht. Wer die Klavier...
auszüge Schrekerscher Werke ansieht, erkennt die Art der Orchestersprache sofort
aus der Unmöglichkeit, die Musik auf dem Klavier auch nur andeutend zum Klingen
zu bringen. Nicht wegen technischer Schwierigkeiten, sondern weil auch die unschein . .
bare Phrase in so hohem Maße orchestral empfunden ist, daß jeder Versuch, sie
auf dem Klavier nachzuahmen, der Realisierung spottet. Es ist nichts Instrumentiertes
an dieser Musik, Farbe und Linie sind in eines verschmolzen und lassen sich nicht
voneinander lösen. Und doch verschwimmen diese Farben nicht in ein mehr oder
minder willkürlich verriebenes Klanggemengse1, sondern es herrscht eine bis ins
einzelne sorgsam durchgeführte Individualisierung der Klänge. Schreker ist in erster
Linie Melodiker. Nicht die harmonisch bedingte, zu kadenzierender Periodisierung
strebende, sondern die freiströmende, horizontal fließende Melodie ist der Ausgang
seiner Gestaltung. Seine Harmonik ist erst das Ergebnis sich verflechtender melodischer
Linien. Wir erkennen hier Äußerungen des nämlichen melodischen Stils, wie ,er
schon bei Mahler, stärker und bls zur brüskierenden Abs.ichtlichkeit gesteigert bei
Schönberg hervortritt: eines wesentlich horizontal gerichteten Melodie . . Empfindens,

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das der gewohnten Scheinpolyphonie harmonisch einander bedingender Stimmen
die Zusammenfassung in sich selbständiger melodischer Linien entgegenstellt.
Dementsprechend gibt es bei Schrekcr keine Füllstimmen, keine stützenden, harmonisch
oder linear nur zur Deckung oder Klangstärkung bestimmten, im Grunde nicht
unbedingt erforderlichen Parallelen. Dieses Orchester ist bis ins kleinste hinein trotz
des äußerlich großen Aufgebots solistisch behandelt. Das sinfonische Prinzip ist auch
hier durchbrochen, ein Kammerorchester von genau abgewogener Individualisierung
bildet sich, die harmonisch.-dynamische Wirkung ist nicht mehr leitend und gestaltend,
sie ist gleichsam zufälliges Ergebnis des Zusammentreffens der Klangindividualitäten,
die nicht ihrem materiellen, sondern ihrem symbolischen Charakter nach ein.-
gesetzt werden.
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Vielleicht wird Schreker durch diese Zeilen ein Dienst von zweifelhaftem Werte
erwiesen. Eine Zeit, die so erfüllt ist von Anpreisungen und Marktschreiereien,
zeigt sich am Ende gegen jeden Hinweis mißtrauisch und fühlt sich dadurch erst
recht zum Argwohn angeregt. Wenn nun auch die Schwierigkeit der Verbreitung
solcher Werke wie der Schrekerschen den Vorwurf allzu dienstfertiger Verkündung
entkräften könnte, so wäre es immerhin möglich, daß die Betonung der Vorzüge
und die geringe Beachtung der Schwächen dieser Werke als Reaktion eine Hervor . .
hebung gerade der negativen Elemente des Schrekerschen Schaffens veranlassen
könnte. Sind diese doch leicht zu erkennen und im Grunde nur die Fehler der
Vorzüge: eines starken, gelegentlich den Künstler selbst überwältigenden Temperaments,
eine Überfülle der Gesichte, einer leichten Hand bei der Gestaltung, Daraus ergeben
sich bald Unklarheiten, die gelegentlich das Verworrene streifen. Daß Schreker
diese Gefahr kennt und fähig ist, sie zu meistern, zeigt ein Blick auf den Weg
vom "Fernen Klang~ zu den "Gezeichneten~j. Zwar bleibt auch hier noch manches
ungeklärt, aber Ungelöstes birgt jedes große Kunstwerk, das ja niemals geschaffen
ist, unsern V erstand restlos zu befriedigen, sondern Gefühl und Phantasie zu neuem
Schwunge emporzuheben.
Einstweilen steht im Vordergrund für uns die Tatsache, daß es Schreker als
erstem nach Wagner gelungen ist, den Weg zur Oper zurückzufinden, ohne sich
deswegen der Literatur oder dem sensationell angerichteten Theaterstück zu ver . .
schreiben. Wir sehen in ihm den zukunftsvollen Erneuerer eines musikdramatischen
Stils, in dem das alte Kulturgut der Oper mit dem neuen des Wagnersmen Wort. .
Tondramas verschmolzen wird. Diese Tatsache scheint inmitten einer Zeit planlosen
Experimentierens bemerkenswert genug, um einen über das übliche Maß der Zeitungs . .
kritik hinausgehenden Hinweis zu rechtfertigen. Schreker zählt jetzt vierzig Jahre,
sein viertes großes Werk "Der Schatzgräber~ ist vollendet und die Komposition
einer neuen Oper "Irrelohe~ begonnen. Der Strom seines Schaffens ist im stärksten
Fluß. Dieses Tatsächliche dem Allgemeinbewußtsein näherzubringen und damit
Bühnen, Kritik und Publikum zur ernsten Auseinandersetzung 'mit den Werken
Schrekers anzuregen, ist der Zweck dieser Zeilen.
C [J

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D E R M E N s c H
Von Dr. 0 tto Schnei der, Wien
Seine Palladien sind Rom und Wien. Das sinnbetörende Rot Tizians, trans...
parent gespannt über die kindlichgefaItete Empfänglichkeit einer gutbiedermeiern
Seele. Monaco kein Zufall der Geburt, die Phantasmagorie venezianischer Nächte
keine Ausgeburt ungesunden Geistes. Der Romane stieß auf gemildertes, abgetöntes
Blut in sich. Die dreigestirnte Liebenswürdigkeit des Himmelsausschnitts über
Wien - Schubert, Schwind, Bauernfeld - die tellurische Konstellation seiner
Musik. Renaissance in einer Wiener Fayence kredenzt. Rom auf die Wiener Formel
gebracht.

Renaissanceblut pulst In seinem Drang zum Abenteurer. Alviano. Genuas häß . .


lichster Mann, ist der Schöpfer des Abenteuers. Alle Gegenstände schwinden
im Rausch. Im Taumel der Orgie wird das Häßliche schön, das Schöne häßlich.
Die Sumpfblüte des Lasters, das Giftkraut der Sünde wuchert. Aber das südlich . .
überhitzte Gehirn besänftigt sich in die Transparenz der Märchen von tausendundeiner
Nacht. Das Jauchzen des Blicks nach Tod wird blauäugiges Sehen, das Gieren
des Worts nach Glück deutscher Laut. Der bacchische Tanz von Sommernachts...
reigen verschläft auf gutdeutsche Art mit Kobolden hinter dem Haselbusch.
lYIorgenlandsträume gehen in Erfüllung - aber diesseits des Kahlenberges.
[J

Der Seefahrer im Renaissancekostüm startet im Hafen Venedigs und landet,


selber erstaunt, am Ufer der Donau. Das Seelische ist stärker eben als das Sinnliche.
So malt er am liebsten Seelen, wenn auch auf tizianischem Rot. Nicht schert
ihn die Qual der WeIt, deren Elend und Leid; kennt nur das Eine, das höchste
Gebot: ihm selbst das Leben, ihm seIbst die Freude. Aber der Narr in Apoll, die
Welt mit Schönheit zu beschenken, gesteht sich schließlich selber ein: er ist der
einzige, der bei diesem Danaergeschenk mit leeren Händen von dannen geht, ein
Ausgeschlossener. Alviano, der körperlich Geschlagene, der stiefmütterlich Bedachte,
erliegt doch dem Weckruf des Leids, nicht dem Lockruf irdischer Pracht.
CI

Die mittelalterliche Klosterstille in seinem Innern ist der zähe Grundakkord


seiner Sehnsucht. Er blickt in alle Gründe, Abgründe des Lebens, die er ahnt,
weil er ein Mensch ist. Begibt sich auf alle Irrwege des Seins, in denen allein
er zu Hause ist. Aber auch eben so fremd. Seine Sendung des Glücks - im Stillen
behütet er bloß die Angst vor diesem. Es ist, als . könnte auf sein em Lebensweg
ihm einmal begegnen ein mächtiges Geschehen, irgend ein sinnbetörender Zauber,
dem er erliegt - der ferne Klang, das Spielwerk der Prinzessin, die Wunderlaute
Elis. Im letzten Grund der einsame Mensch, dingfest noch nicht verankert im
Gehege seiner Seele. Ein Mann? . .. Vielleicht nur dessen Gebärde. Ausholend zur
Kraft mit dem despotischen Stirnrunzeln Colleonis zu Pferde wie dieser zur Tat.
Zur inneren Kraft, an sich selbst erst der wahre Glaube, führt und versteift ihn
erst deutsches Wesen. Der romanische Abenteurer: Wegbereiter dem deutschen
fahrenden Gesell. Der galante Cavalier: Sprachrohr dem deutschen Minnesänger.

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Unter dem Florentiner ..Wams: der nordische Jüngling. Rom, Kolosseum, Ewigkeit:
Nacht, Mondschein, auf den Trummern die Rast der deutschen Ruinenseele.
c
In seinem Menschlichsten Kind. Trotz dem dogaresken Faltenwurf der breit..
geschulterten Römertugend. Ohne Jugend. Ohne helle Jugend. Sie war auch ent..
setzlich ihm. Das Gift, das seine empfängnisbereite Lebensader frühzeitig mit Bildern
des Grauens und Grausens zerfetzte. So steht er, Junge noch, einmal im Garten.
Schaut groß auf ~iie Glaskugel im Rasenbeet. Plötzlich entsetzt ein Gesicht hinter
sich. Die Frau des Gärtners. Sie stürzt an ihm vorbei. Er nach. Hinter beiden der
Gärtner. Und der Knabe sieht an, wie der Mann die Frau erschlägt. Das Rüstzeug
gelegentlich brutaler Grausamkeit in Schreker rührt davon her. Das verängstete
Kind. Am prangenden Tag, in einem Beet voll schönster Blumen ist er, mit
Todesgewißheit gewärtig, darin irgend ein scheußliches Untier zu finden. Die große
Einfalt Kind. Auf der Irrfahrt langen Lehre ins Leben verschlagen, stets auf der
Suche nach dem verlorenen Idyll. Und plötzlich, selber erstaunt, entdeckt er den
Menschen. Bisweilen entsetzt darob, im Grunde doch stets beglückt. Über diese
Menschen sagt er aus, was eben Kinder aussagen: das jenen beständig Unangenehme.
Enfant terrible. Der große indiskrete Heilige, der ausplaudert, was niemand sonst
berührt, weil es die Menschen mit der Notdurft des Daseins undelikat durch die
Nabelschnur verknüpft. Seine Menschen sind darum weder böse noch gut. Menschen,
die die Welt, den großen Atem des Lebens im Schmetterlingsnetz nicht einfangen
können. Euripides sein tragisches Motiv, die Tragik aller Menschen: Schwäche.
[J

Der starkeingewurzelte Hang zum Positiven. Ungerechtigkeit, unverdientes


Unglück: kein unabwendbarer Begriff, keine unaufhebbare Weltkonstellation. Am
Ende kehrt alles sich doch zum Guten. Zu dessen Sieg. Sind darin nicht alle drei
eins: Euripides, Schreker, Wien? ...
[J [J

D A s L E B E N
Von Paul Stefan, Wien
Merkwürdiges wird den Wienern aus "Dem Reich . . gemeldet. Pranz Schreker ist
dort als Dramatiker der 'Opernbühne einem großen Publikum lieb und bekannt; und
aus der Zunft her wird er zum Nachfolger Richard Wagners proklamiert. Besonders
deutlich sagt und erweist das seit langem in seiner klugen, feinen Weise Paul Bekker
in Frankfurt, einer der seltenen Köpfe inmitten zahlreicher "Musikschriftstellerei u ;
er sagt es neuestens in einer kleinen "Studie zur Kritik der modernen Oper u • die
"Franz Schreker u überschrieben ist. Da schauen wir, sozusagen . . . Aber es wird
sich nicht gut leugnen lassen, daß diese Stadt, die einen Mahler vertrieb, einen
Walter abtrat, einen SChönberg ihren bösen Mann sein ließ, noch die Gelegenheit
wahrnahm, einen Schreker zu übersehen. Man macht es jetzt langsam gut. Man will
ihn kennen lernen. Hier ist sein Leben.
Schreker ist Wiener, aber in Monaco, 1878, geboren; sein Vater, Hofphotograph,
war mit den Seinen immer unterwegs. Vier Jahre blieb die Familie damals an der

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tiefblauen Küste: wie in sein Kindesland, sinkt Schreker wieder und wieder in den
heißen Süden. Dann ging es nach Belgien, nach Pola und Linz, der Vater starb, die:
Mutter sah sich vor bitterer Armut und versuchte es in Wien mit einem kleinen
Laden. Drei Geschwister hungerten. Franz, vierzehnjährig, nahm sie auf sich. Er
geigte ein bißchen. Als Geiger lernte ihn Berta Eh n n auf einem Kirchenchor kennen
und empfahl ihn an die Gesellschaft der Musikfreunde. Der Knabe bekam den
Freiplatz nicht, lernte aber sonst irgendwie bei Josef Böhm und brachte es rasch zum
Organisten der Döblinger Pfarrkirche, Monatsgehalt zehn Kronen. In Döbling war
es auch, daß der Sechzehnjährige einen Verein gründete, für dessen Orchester (vier
Geigen, Flügelhorn, Harfe, Klavier, Harmonium) er arbeitete, instrumentierte,.
komponierte; von selbst versteht sich wohl, daß er der Dirigent ' war. Es kam zu
einer Aufführung bei Zögernitz, Eduard Gärtner wirkte mit. Gründung, Aufführung,.
Dirigieren, es war mehr, als das Konservatorium nach seinen Statuten erlauben
konnte. Man wollte den Zögling Schreker ausschließen. Aber da ging Kreindl, der
Bürgermeister des Vororts Döbling, mit einer Deputation, an der auch Zemlinsky
teilnahm, zum Direktor; so wurde man in der Anstalt aufmerksam, brachte den
Sünder sogar zu Graedener und Fuchs und gab ihm endlich ein Stipendium, freilich.
nicht ohne das halbe Schulgeld davon ab ztiziehen. Von da an ging es Schreker auch
an der Schule besser. Seine letzte Arbeit, der 116. Psalm, wurde bei der Schluß aufführung
zu Gehör gebracht; sie fiel auf. Präfekt eines fYIittelschülerferienhorts in Steg (mit
dessen Chor er Aufführungen ver.anstaltete) erhielt Schreker einen Brief von Loewe,
der ihm mitteilte, der Psalm sei zur Aufführung in den Gesellschaftskonzerten
bestimmt. Es gab einen großen Erfolg, selbst der böse Hansliek war gnädig, a.ber
die Öffentlichkeit als solche brach in die Stille des jungen Menschen verwirrend ein;
erst etwas später fand er sich wieder und gewann einen Preis mit einem (vom
Konzertverein aufgeführten) Intermezzo für Streichorchester.
Schon damals begannen Versuche des dramatischen Komponisten. Eine Dame
sclttieb ihm ein Textbuch "Flammen un.d das Werk wurde auch im Bösendorfersaal
l
'

aufgeführt, Mottl wurde aufmerksam, fand aber den Vorwurf allzu lyrisch. Ein Buch
von Rudolf Lothar sollte d' Albert für Schreker abgekauft werden; doch der Preis
war zu hoch. Eines Tages versuchte es dann Schreker selbst, griff ins eigene Leben
und schrieb das Szenarium zum "Fernen Klang'" auf. Er las es dem Dichter
Ferdinand von S aar vor, und der riet, aufs höchste erstaunt, sofort die Arbeit
auszuführen. Sie gefiel ihm dann derart, daß er Schreker versicherte, er könne es,
wenn es mit der Musik nicht ginge, ruhig als Dichter wagen. Saar war der einzige,
der so an das Theaterstück glaubte, während sonst alle und alles über Unausführbarkeit
und Wirrheit zeterten.
Ermüdet, aber nicht erschöpft von unausgesetzt zu gebenden Musikstunden, gereizt,
aber nicht entmutigt durch den Schrecken und die Warnungen der teilnehmenden
Freunde, ging jetzt der Musiker ans Werk und komponierte zwei Akte der Oper,
dazwischen eine Phantastische Ouvertüre, eine Romantische Suite und einen Chor.
Es folgte ein Jahr (1907/08) in der Volksoper : "musikalischer Berater des D.irektors~~,
das Ende - tiefe Depression. Im Sommer 1908 wünschten die Maler der Kunstschau
von Schreker die Musik zu einer Pantomime "Der Geburtstag der Infantin~4 für
Grete Wiesenthal. Sie wurde binnen zehn Tagen komponiert und bei der Aufführung
im Sommertheater hörte Schreker die Klänge seiner ausgeprägten argen "Richtung U

zum erstenmal vom Orchester; noch dazu vom philharmonischen. Im gleichen Jahr
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gründete Schreker den seither von ihm geleiteten Philharmonischen Chor, der nunmehr'
eine große Bedeutung für Wien bekommen hat; man verdankt ihm die Kenntnis
aller irgendwie aufführbaren neuen Chorwerke. 1909 wurde die Komposition de~
"Fernen Klangs" beendet, die Dichtung eines neuen Musikdramas ffD as Sp iel werk
und die Prinzessin" begonnen. Mit dem Fernen Klang fand Schreker den Weg
zu Bruno Walter und damit zum Operndirektor Weingartner. Die Universal. . Edition
druckte das Werk, die Aufführung war angesetzt - da ging Weingartner und Gregor
war durch den Vertrag nicht gebunden. Nun brachte die Sängerin Melitta Heim die
Oper dem Kapellmeister Dr. Rottenberg in Frankfurt, er nahm sie an und Schreker
kam selbst zur Uraufführung. Bei den ersten Proben war noch viel Mutlosigkeit auf
der Bühne und selbst im Orchester zu überwinden; es gelang dem Komponisten,
besonders indem er immer wieder die Dichtung vorlas, deutete, erklärte. So wurde
jeder innere Widerstand überwunden und der 18. August 1912 brachte einen großen
Erfolg, den Pariser Musiker den Zeitungen Frankreichs, ja Mexikos berichteten,
während Wien niemand entsendet hatte. Inzwischen war Schreker Professor an der
Akademie geworden, wo er seither Komposition lehrt - an derselben Akademie,
die es dem Schüler erst, und noch kürzlich, so schwer gemacht hatte. Auch nahm
jetzt Gregor das "Spielwerk" an und führte es gleichzeitig mit Frankfurt auf (1913),
erreichte aber mit seiner selbstherrlichen Inszenierung keineswegs den Frankfurter
Erfolg. SChOll war das Buch der dritten Oper "D i e Ge z e ich n e te n" vollendet -
Schreker las es hier im I1Akademischen Verband für Literatur und Musik u vor ,
die Komposition dauerte drei Jahre. München sollte die Uraufführung haben, der
Krieg verhinderte sie und so trat wieder Frankfurt in sein Recht, aber erst im
A pri! des Jahres 1918. Der Kritiker der "Frankfurter Zeitung", Paul B e k k er, ist
seither ein besonders überzeugter Herold unseres Meisters geworden; nach dieser
dritten Oper spricht er von einer neuen Wagner . . Nachfolge. Die Erfolge der
"Gezeichneten" waren auch außerhalb Frankfurts groß und anhaltend; fünf Bühnen
haben bisher 63 Aufführungen veranstaltet, drei Städte haben das Werk in ihre
Festspielzyklen eingereiht (München, Dresden, Frankfurt). Mittlerweile wurde eine
neue Operndichtung "Die tönenden Sphären" als unbefriedigend nicht ausgeführt,
ein viertes Bühnenwerk jedoch "D er S ch atz g r ä be r ll in zweieinhalb Jahren durchaus
vollendet. Weitere zwei Dichtungen sind fertig, ein "M e mn 0 nil, der einstweilen
nicht komponiert werden soll, und ein Stoff aus dem RokokozeitaIter, dessen Titel
"Irr elo h eU .dem Reisenden durch einen Bahnschaffner zugerufen wurde . . .
Man ersieht den Anfang eines Lebens voller Mühe, Fruchtbarkeit, Erfolg. Pläne
sind im Werden, manches ist geleistet, die Aufmerksamkeit de,r Zeit in nicht
geringem Maß geweckt. Der Heimat gegenüber sei es festgestellt. Schrekers Reich
ist heute schon von einer größeren, von der großen Welt. Ihm ist solcher Art dn
Schaffen ohne Verbitterung verbürgt. Er kann warten. Wir aber sollten aufmerksamer-
werden.

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D I E G E z E I c H N E T E N
Von Ja ach im B eck, Berlin
Betrachtet man eine Erscheinung wie Franz Schreker, so scheint es mir vonnöten,
im Auge zu behalten, daß es zwei Arten des schöpferischen Genies gibt: das
beginnende und das absteigende. Auch die Müdigkeit des zweiten kann etwas
Rauschhaftes haben. Und so ist auch Schreker, der sich durch seine Oper NDie
Gezeichneten" für mein Gefühl als der stärkste und einzige Musikdramatiker nach
Wagner ausgewiesen hat, dieser Gattung des deszendenten Genies zuzuzählen; der
Dämon, der diesen Menschen beängstigend erfüllt und ihn zu einem solchen, 1m
Wortsinn unerhörten Kunstwerk befähigt hat, täuscht nicht darüber hinweg, daß
Schreker aus Sehnsucht und Morbidezza seine Kräfte zieht.
"Ich gab nur die Sehnsucht", spricht sein Held Alviano Salvago, und von dieser
Sehnsucht spricht auch Schrekers fervente, glühende Musik in jedem Takt, in jedem
Ton; von ihr spricht schon das phantastische Buch, das er sich schrieb, mit seiner
bedeutungsvollen, beziehungsreichen, gedrängten, hin und wieder funkelnden Sprache
und seiner starken, fieberhaft erregten, auf psychologische Grundlage gestellten
Handlung. Schrekers dramatisches Grundmotiv, das, wie Paul Bekker in seiner
Musterstudie über den Österreicher nachgewiesen hat, ein urmusikalisches ist - das
Phänomen des Klanges - " erscheint diesmal verdeckt und überstrahlt von der Fülle
der dramatischen Anschauung. Wiederum steht im ideellen Mittelpunkt des Geschehens
das Weib, das die seelenverwandelnde Macht des Sinnenzaubers an sich erfährt und
ihrer Geschlechtsbestimmung anheimfällt, aber der Dichterkomponist hat dieses sein
Thema in den "Gezeichneten" verklammert mit einer Künstlertragödie, die im
Rahmen eines brünstig heißen Renaissancestoffes steht, verklammert mit der Tragödie
des Narren in Apoll, der der Welt die Schönheit schenkt, selbst aber ein Aus . .
geschlossener bleibt. Alviano Salvago, der Krüppel, der Gezeichnete, hat das Traum . .
land Elysium erschaffen, die Stätte orgiastischer Liebesfeste, deren er selber nicht
teilhaftig wird. In Carlotta Nardi, der Tochter des Podesta von Genua, naht ihm
zum ersten Male eine Frau: sie, die Künstlerin, das sadistische und mimosenhaft
empfindliche Wesen, das den Grafen Tamare, den Frauenbezwinger, abgewiesen
hat, lädt den Krüppel zu sich, ihn. seine Seele zu malen. Auf dem Atelier gesteht
sie ihm ihre Liebe und neigt sich, in einem Anfall ihrer Herzkrankheit hingesunken,
ihm zum Kuß. In einer Liebesnacht auf Elysium erliegt sie dann der Männlichkeit
Tamares. Salvago, der die beiden aufscheucht, ersticht den Nebenbuhler, als er von
ihm e~fährt, daß sich das Mädchen freiwillig dargeboten hat. Carlotta, aus einer
Ohnmacht für Augenblicke erwachend, legt sich mit de~ Namen des Buhlen auf
den Lippen zum Sterben. Alviano wankt geistesumnachtet ab.
Dieses Drama, das so reich an großen Gelegenheiten, kraftvollen Steigerungen,
harten Kontrasten, intensiven Gefühlen, differenzierten Seelenvorgängen ist, leidet
höchstens an zwei "Mängeln u, an der Überfülle krauser Details und dar an, daß der
sehr persönliche, hypertrophische Charakter des Ganzen eine letzte Wirkung in die
Breite ausschließt. Aber ist denn das im 71Tristan", im "Hamlet" oder im "Ödipus ll
anders? Der Fortschritt gegenüber den früheren Werken, in denen zwar der ganze
Schreker, aber eben nur der, noch keine fertige, objektivierte Kunstleistung war,
ist ungeheuer. Franz Schreker ist es, in einem für einen Musiker bisher ungekannten

12
Maße, gelungen, einen Frauentyp zu prägen, der trotz der geistigen Vaterschaft
Otto Wein in gers, trotz der Verwandtschaft mit neuen literarischen Gestaltungen,
in sich völlig neu ist. Bewundernswert und dramatisch in einem eminenten Sinne
seine Kunst, einen Charakter nicht zu kommentieren oder ihn aus den schweren
Entscheidungen, die er zu treffen hat, abzuleiten, sondern sein Bild lediglich aus
seiner Realität, dem Handeln, den kleinen Lebensregungen zu gewinnen. Wenn
dennoch das Drama bei der Lektüre zu keinem stärkeren Eigenleben zu gedeihen
und etwas verschwommen zu sein scheint, so darf man nicht vergessen, daß es erst
durch den Ton zu völligem Leben gedeiht, ja daß es überhaupt aus dem Ton
geboren ist. Franz Schrekers Musik ist expressionistisch in einem volleren, be..
deutenderen Sinne als die Literaturprodukte unserer Jüngsten. Bei ihm herrscht
eine Reziprozität von Text und Ton, wie wir sie seit Richard Wagner nicht erlebt
haben. So gewiß Richard Strauß den Wiener an Radienweite überragt, so hat er
doch niemals in seiner (fast geschäftsmäßigen) Verbindung mit HoffmannsthaI den
Beruf zum Tondramatiker erwiesen: er komponiert von der Musik, nicht von der
dramatischen Idee aus. Auch in der "Salome 14 , dieser blendenden Impressionistik in
Tönen, hat er das "dekadente" dichterische Sujet mit einer so gar nicht dekadenten,
höchst blutvollen Musik übergossen und zudem in diesen Grenzgebieten des
Menschlichen keine tiefgreifende Innenwirkung erzielen können. In Schrekers Schaffen
ist, sieht man von der Instrumentaltechnik ab, in der ja alle von Strauß gelernt
haben, kein Strahl von dessen Lichte nachzuweisen. Als ein Eigener steht der Schöpfer
der Gezeichneten neben dem Münchener.
"Am liebsten male ich Seelen" spricht einmal seine Heidin Carlotta Nardi. "Und
könnt Ihr das?" fragt Alviano. Franz Schreker kann es. Die psychologische Wahrheit
seiner Tondramatik entschleiert die Metaphysik des Lebens, sie reicht bis ins
Mysteriöse rätselhafter Gehirnvorgänge, in die Geheimnisse der Sexualwelt. Die
entscheidenden Begebnisse der Handlung, die seelischer Natur sind, werden auf
ungeahnte Weise musikalisch transparent. Wenn Carlotta, das halluzinatorische
Mädchen, mit Alviano, dem Mißgestalteten, seltsame Zwiesprach hält, gibt es die
intimste Seelenkunst, für die der Tondichter Mittel und Ausdruck hat. Nichts
kommt an Bannkraft der genialisch durchblitzten Wahnsinnsszene gleich, wo der
Komponist das Orchester verstummen läßt und nur den Tonfall der Natursprache
musikalisch ausdeutet und überhöht, Noch aber sind wir nicht zum Zentrum seiner
Kunst vorgestoßen. Jene Urgewalten, aus denen Schreker schöpft, sind: Sinnlichkeit
und - Schwäche. Alviano, der körperlich Geschlagene, stiefmütterlich Bedachte, der
Mann, für den "nur in Träumen die kostbare Blume (die Schönheit) lebt": das ist
Schreker. Am Pathos fühlt man seine tragische Natur; dieser Mensch mit seinen
grenzenlosen Süchten und Sehnsüchten muß unsagbar unter dem Tage leiden.
Längst wohl hätte er sich selbst verzehrt, wenn er nicht den Ausweg durch die
Kunst, in der Kunst den Ausweg in die Phantastik hätte. Sobald er sich der
Wirklichkeit zukehrt, wird er verlegen und trocken - wie eine "komische" Bediensteten. .
Szene in ihrer Humorlosigkeit bezeugt. Die lechzende, verschmachtende Begierde,
die erschlaffte Sinnlichkeit, die sich geschlechtlich als Scham, als Impotenz, als
Hemmung vor dem Genuß äußern mag: sie ist es, die seiner tondichterischen
Imagination Riesenschwingen, den Zug ins Ungemessene verleiht. Aus der maßlosen,
ob auch neurotischen Brunst hat der Meister die Phantasmagorie seiner venezianischen
oder vielmehr genuesischen Nacht geschaffen, einen hundertstimmigen Klangrausch,

13
dessen orchestrophones Bild in seiner nebulosen Verschwommenheit, seiner Flächig. .
keit nun allerdings auch das sensitiv Weiche seines Empfindens aufdeckt. Diese
Wahrnehmung, die mich nach der Frankfurter Uraufführung zur Ablehnung der
I
Oper und zu den kategorischen Sätzen "Genie ist Kra.ft; Franz Schreker besitzt
keine" hinreißen ließ, wiegt indessen wenig, sobald man erkannt hat, daß Schrekers
physische Schwäche gerade das fermentierende Element seiner künstlerischen Eigenart
ist. Müdigkeit und Inbrunst leuchten aus den Seiten seiner Partitur; sie geben schon
·dem formvollendeten, kunstvoll gebauten Vorspiel das Gepräge. Der wortreiche,
-expositive erste Akt, der der Charakterologie des "Gezeichneten dient, weckt mit
U

etwas krampfigen Naturalismen eingangs wenig Anklang. Erst in der Erotik spricht
.sich der Tondichter völlig aus. Die Art, wie er Carlottas Liebe ganz zage anlegt,
-entwickelt, steigert, wie er den Aufzug mit dem schmerzlichen Septimenthema, in
·dem so viel versinkende Schönheit ist, in seraphischen H . . dur. .Höhen beschließt,
-zeugt von einem ungewöhnlichen kompositorischen und kompositionellen Können.
Der Mittelakt führt nach einer kürzeren, pathosschweren Einleitungsszene in Carlottas
Atelier: wer diese Seelenmusik geschrieben hat,' die die delikatesten Beziehungen
von Mensch zu Mensch bloßlegt, der ist ein Beweger! Auf Elysium verwandeln
sich Instrumental..., Chor... und Solostimmen in ein uferloses, kochendes, wenn schon
,etwas untiefes Tonrneer, das, von einem Dämon aufgerührt, . die Form wegzu . .
.schwemmen droht und erst verebbt, wenn sich die Gardine zum Schlußbild
wieder öffnet.
Franz Schreker hat hier Klänge in die Welt gesetzt, so vordem nicht bestanden.
Wenn unsere Zeit noch Schönheit besitzt, so hat er sie festgehalten. Das feinste
Ohr, ein undenklich ausgebildeter Tonsinn zeichnen ihn aus; die musikalische
Ausdruckspsychologie ist in der Tat durch ihn erweitert. So strebt er, ohne Absicht
'Oder Programm, vom alten Operntyp fort - um sich ihm,' ästhetisierend, wieder
,z u nähern, wenn er sich der Schilderung Tamares, des italienisch. . theatralischen
Idealbildes sieghafter Männlichkeit, und der Genuese! jeunesse doree zuwendet. Sonst
macht er nicht, wie Wagner, dekorative, beschreibende oder szenische Musik, sondern
.spiegelt ins Innere, in die Untergründe, die kapillaren Verästelungen unserer Psyche,
knüpft Verbindungen und zieht die verborgensten Fäden ans Licht. Weil er aber
{ganz nebenbei) einer der größten Handwerker aller Generationen ist, weil er den
Eigenreiz der TonaIitäten ins Wesenlose zu verflüchtigen versteht, weil seine
flimmernde, fluoreszierende Harmonik den Schein des bloß Spielerischen hat, nennt
man ihn, wofern man ihn überhaupt ernst nimmt, einen "Meister der Farbeu,
verwechselt man sein ' Schöpfertum mit der Atelierkunst Debussys, hält man seine
.Begabung für abseitig und übersieht, daß sie im Mittelpunkt alles Schaffens: im
,Herzen sitzt. Schrekers Wagnisse sind nie Wirkungs . . , immer Ausdrucksmittel.
Seine Partitur, vor der wir staunend stehen, ist vertikal auf das Minutiöseste durch...
,gearbeitet; in der tonalen wie auch in der rhythmischen Anlage ungemein labil,
bietet sie instrumentale wie satztechnische Überraschungen der erlesensten Art. In
der Horizontalführung muß zu Anfang manchmal eine mühsame motivische Arbeit
-die Kontinuität sichern, später hält das schmelzende Melisma alles im Fließen. Ein
Melisma, das nicht mit dem Begriff des "Österreichertums l4 zu erledigen ist, sondern
aus einer zitternden, in sich verbrennenden Seele kommt. Das Orchester, in dem
,t ausend Stränge schwirren, bewahrt trotz aller Vielstimmigkeit, trotz aller Siedehitze
-eine wundersame Klarheit, eine fast gläserne Durchsichtigkeit, einen Perlmutterglanz,.

14
der nun freilich auch wieder Reflex der ermattenden Sinnlichkeit ist. Auffällig erscheint
die häufige Verwendung der Celesta, der Harfe, all der elementaren Instrumente,
die indessen bei Schreker kein nacktes Eigendasein mehr führen, sondern zu einem
leuchtend warmen, schwellenden Zusammenklang gemischt werden; indem der
Komponist sie solistisch zerlegt, in überraschender, schlechthin geniehafter Weise
miteinander kombiniert, entzieht er ihnen das Stoffliche zum Vorteil einer sublimen,
unbestimmbaren Klangwirkung. Auf Besonderheiten der Handschrift: die "geisternden
Harmonien 4 1 die Synizese verschiedener Tonarten, das spektrale Geglitzer der
neuartigen Akkordverbindungen, die obstinaten Baßschrittmethoden, die Bildsamkeit
-und Plastizität der sorgsam ausgefeilten Themen, die, wiewohl von logischer Gesetz...
mäßigkeit in Behandlung und Verwertung, den affichierenden Leitmotivcharakter
Richard Wagners abgestreift haben - auf all das können wir hier nicht eingehen.
Cl

Die zwei hochbedeutsamen Aufführungen des beispiellos schwierigen Werkes in


Frankfurt a. M. und Dresden, die ich gesehen habe, ergänzen sich beinahe komplementär.
In der Mainstadt hatte man aus der Kriegsnot eine künstlerische Tugend zu machen
versucht, indem man statt der naturalistischen Ausstattung Alfred Rollers, die dem
Geist der Musik sowie den Intentionen des Tondichters entspricht, die stilisierten,
geschmackvollen, jedoch nicht allzu farbenfrohen Bühnenbilder Delavillas benutzte.
Reichliches Gold betont dort die Renaissance. Rembrandtisch ist das letzte Bild
gestellt, zu welchem ein Gobelin von sattem Karminrot den Hintergrund abgibt.
Die glühenden Gesichte des Autors sämtlich zu verwirklichen, wäre unmöglich
gewesen: auf Eiland Elysium wird das Szenarium geschickt vereinfacht; die Phantasie
des Zuschauers beflügelt sich (hoffentlich 1), da sie arbeiten darf. Unter einem
unbewegten Nachthimme1, inmitten einer toten Natur stehen, von üppigen Blumen...
dolden überwuchert, Terrassen, in die unterirdische Grotten eingebaut sind. Räumlich
wird das Problem weniger gut gelöst: Der Monsteraufzug allegorischer Darstellungen
aus der Antike wird durch Platzenge behindert. Dort ist auch der Punkt, wo die
gewaltige Aufgabe über die Kraft des SpieIordners Christian Krähmer geht, eines
Regisseurs älterer Schule, der Auge und Ohr offengehalten hat und stets voll Künstler. .
takt hinters Werk zurücktritt. Hier aber dürfte er das Stilprinzip nicht dadurch
durchbrechen, daß er Glühwürmchen kreuzen läßt. Die Massenwirkung dieser Szene ist
an der EIbe stärker, wo der Chor zu bacchantischem Rasen gepeitscht wird. Der
dortige Oberspielleiter, Alexander d' Arnals, der nur mitunter eine überlebendig...
ablenkende Regie führt, läßt auch die Gerüstlinien des Dramas klarer hervortreten,
isoliert den armen Narren schärfer und stellt die geistigen und bühnenmäßigen
Höhepunkte der Aktion kenntlicher heraus. Dafür sind wieder die Kostüme wie
auch die Dekorationen mit ihren verwaschenen Farben und der etwas überladenen,
zergliederten Architektonik - die absichtsvoll grasse Sommernachtsredoute nehme
ich aus - minder glücklich komponiert.
Wenn man von dem Frankfurter Darsteller des Alviano, Karl Ziegler, spricht,
darf man keine Superlative scheuen. So frei, so wahrhaftig wird man die Rolle
kaum wieder spielen sehen. Zieglers Salvago ist ein grausam quälender und gequälter
Choleriker, ein Narr des Schicksals, ein "Gezeichneter jj
Lichthungrig, zerrissen,

selbstironisch, dabei so beseelt, von so grazilem Wesen, daß die Liebe des Weibes
zu dem Verkrüppelten glaubhaft wird. Erschütternd, wie er um eine verlorene

15
Illusion bettelt: Die Finger krampfen sich, die Augen stieren blöde, der Kerl ist
wahnsinnig geworden. Man muß das gesehen haben, UIll seine Freude daran zu
haben, wie maßvoll der Künstler bei alIedem ist. Was aber auch Willensanspannung
und Ausdrucksgewalt erreichen können, zeigt drüben Adolf Lußmann in einer
schrekerähnlichen Maske. Carlotta N ardi, das dualistische Geschöpf - sicherlich
dermaleinst eine der umworbensten Frauenpartien unserer Operndramatik - wird
in Frankfurt von Frau Gentner . . Fischer einpräglich an Bildkraft, doch nicht so
hoheitsvoll, so vielfarbig schillernd versinnlicht wie von Eva von der Osten, UIll die
alle Glorie zaubervollen Magd . . und Bajaderentums ist, und deren gebrechliche
Stimme hier einen seltsamen Lockreiz entfalten kann. Beide Aufführungen, die
Dresdner von Hermann Kutzschbach, die Frankfurter von Dr. Rottenberg, Schrekers
getreuem Anwalt, dem der Komponist zutiefst verpflichtet ist, vorbereitet und
geleitet, stehen musikalisch unantastbar da.

D 0

16
DER SCHATZGRÄBER IN DRESDEN
Von Dr. Eugen Schm i tz, Dresden
Die früheste Kunde, die von Schrekers "Schatzgräher" in die Öffentlichkeit gelangte,
war - eine Ente. Ein Teil der Presse, von der Seeschlange her mit maritimen Er. .
scheinungen besonders vertraut, hatte das Werk nämlich zum "Seeräuber" umgetauft
und seine Uraufführung am Dresdner Opernhaus für diesen Herbst prophezeit.
Anderweit war aber bald das Richtige zu lesen: nämlich daß der "Schatzgräber" im
Herbst am Opernhaus zu Frankfurt a. M. aus der Taufe gehoben und dann aller. .
dings sofort auch an der Dresdner Oper gegeben werden solle. Warum Dresden
auch hier, wie bei "Theophano" und der "Frau ohne Schatten", nachhinkt? Alte
Sünden. Zur Zeit, da man noch zwischen hoftheaterfähigen und nichthoftheaterfahigen

17
Stücken fein säuberlich unterschied, überließ man Frankfurt a. M. ohne Tränen das
Vorrecht auf sämtliche in Aussicht stehende schrekerliche Uraufführungen. Heute
denkt man anders, aber nun gilt's, sich eben darein zu finden. Dabei haben wir
Dresdner indessen einen kleinen Trost. In Dresden ist nämlich der "Schatzgräber 4
bereits zu hören gewesen. Zwar nur in Ersatzform, aber eben doch. In einer nP r i va t . .
audi tio n U , wie das herrliche Fremdwort lautet, d. h. am Klavier vor einem kleinen
Kreis geladener Gäste. Die Sache wurde damals ganz vertraulich behandelt. Heute
aber glaube ich keine Indiskretion mehr zu begehen, wenn ich einiges von den Ein. .
drücken dieser Dresdner musikdramatischen Schatzgrabung zum Besten gebe.
Sie fiel in die Tage, da Schreker zur Aufführung der "Gezeichneten" in Dresden
weilte. Man traf sich im Heim eines bekannten Dresdner Dirigenten, meist Leute
"vom Bau"': Bühnenkünstler, Musiker, Kritiker. Erst wird ein wenig geplaudert,
vor allem von den "Gezeichneten"', deren schöne Dresdner Aufführung Schreker viel
Freude gemacht hat. Auch Einwände kommen zur Sprache, und Schreker, der
gemütliche, liebenswürdige Wiener, ebenso bescheiden wie anspruchslos, geht auf
alles ein, sucht zu überzeugen und läßt sich selbst überzeugen. Besonders viel ist
von der "musikalischen Linie" die Rede. ;,Ja, die musikalische Linie u , sagt schließlich
der freundliche Dichterkomponist, "die vermissen die Leut' immer bei mir. Aber ich
sag' Ihnen, sie ist da; man muß sich nur ein bisse! hineinhören in meine Sachen, dann
findet man sie und wundert sich, wie sie einem überhaupt zuerst hat entgehen können.
Übrigens in meiner neuen Oper, da hab' ich großenteils sogar ganz einfach "Iinear u
musiziert; da steckt, wie man so sagt, besonders viel Melodie drin. Na, sie sollen
gleich hören. u Und damit ging es los. Die Geladenen nahmen Platz, Schreker begab
sich ans Klavier. Doch nicht, um selbst zu spielen; dies sollte vielmehr ein anwesender
junger Repetitor vom Opernhaus besorgen, indessen Herr und Frau Schreker dazu
sämtliche Partien singen wollten. Mir fuhr ein gelinder Schrecken in die Glieder.
Denn ein singender deutscher Komponist ist im allgemeinen etwas Furchtbares.
Reibeisengeräusch gemischt mit Lokomotivpfeifenton- und den Quetschlauten eines
magenkranken Gummiballes: das ergibt so ungefähr die Klanganalyse der echten
deutschen Komponistenstimme. Aber gottlob keine Regel ohne Ausnahme. Nach
einigen Phrasen bereits hörte man, daß Schreker einen ganz hübschen Tenorbariton
habe, mit dem er ungemein lebendig und plastisch vorzutragen verstand. Seine
junge Frau ist als stimmbegabte, grundmusikalische Sopranistin in der Öffentlichkeit
bereits bekannt, und da auch der kleine Pianist] un g vom Opernhaus ganz aus . .
gezeichnet das Orchester markierte - so daß der anwesende Emil Sauer einmal mit
aufrichtiger Anerkennung ausrief: "So möchte ich auch Klavier spielen können!"-
so kam eine klingende Skizze des Werkes zustande, die wirklich - ganz greifbar
nahebrachte, was von dem jüngsten Werk Schrekers etwa zu erwarten ist.
d

Als Dichter hat Schreker diesmal ins deutsche Mittelalter gegriffen. Der König,
die Königin, der Narr, der Spielmann und sein Lieh sind die vertrauten Gestalten,
die die Handlung tragen und entwickeln. Der Königin ist ihr prachtvoller, wunder. .
tätiger Schmuck geraubt worden. Darob siecht sie in tiefem Seelenschmerz hin. Dem
bekümmerten König weiß der Narr einen Rat: es gibt im Lande einen zauber. .
kundigen Spielmann, der jeden verborgenen Schatz zu finden vermag. Ihn soll man
an den Hof ziehen, ihm werde es ein leichtes sein, die verlorenen Kleinodien der

18
Königin wieder zu beschaffen. Und der König befiehlt so. Elis der Spielmann wird
vom Hochgericht, wo er eben einen ihm fälschlich zur Last gelegten Mord büßen
soll, weggeholt. Er sucht den Schatz und findet ihn bei - seinem eigenen Lieb EIs.
Mit widerstreitenden Gefühlen liefert er die Kleinodien der Königin aus, die Huld
des Königs lohnt ihm mit dem Ritterschlag, doch sein Seelenfrieden ist dahin und
er selbst gibt unbesonnen Anlaß zur Enthüllung des furchtbaren Geheimnisses, daß
EIs durch schwere Blutschuld in den Besitz des verlorenen und gefundenen Schmuckes
gelangt war. Voll Abscheu wendet er sich nun von ihr; sie soll nach dem Spruch
des Königs als Hexe verbrannt werden; da legt sich der Narr ins Mittel und begehrt
EIs nach Narrenrecht zur Braut. So ist sie vom gewaltsamen Tod gelöst und kann
nun harter Buße leben, . bis sie entsühnt in den Armen des verzeihenden Elis stirbt.
Der grundlegende Eindruck, den man zunächst von diesem Text gewannt war der
eines handfesten wirkungsvollen Theaterstückes. Die Handlung, an sich natürlich
viel abwechslungsreicher als der- vorstehende Grundriß sehen läßt, entwickelt sich
wirklich spannend, dazu entfaltet sich ein farbenreiches mittelalterliches Kulturbild
mit der bewährten Mischung von Glanz, Humor, Schaurigkeit und Romantik. Auch
die für Schrekers Dramatik typische besondere Betonung der Erotik kommt in einer
schwülen nächtlichen Liebesszene zur Geltung: kurz man kann sich wohl vorstellen,
daß das Ganze auf der Bühne recht effektvoll wird. Der eigentlich dichterische
Gehalt1 die Psychologie, die symbolische Bedeutung, kurz die trI d e el~ des Ganzen
wird ja freilich wohl erst dann recht faßbar werden, wenn das Werk szenisches
Leben gewinnt. In dieser Hinsicht - in der es Schreker dem Hörer wie sich selbst
ja niemals leicht macht - sah man sich zunächst noch mehr auf Ahnen und Fühlen
als auf klares Erkennen angewiesen. Jedenfalls möchte ich einem späteren kritischen
Urteil gerade über diesen Punkt am allerwenigsten vorgreifen, wie es sich hier ja
überhaupt noch nicht um eine Kritik des Werkes handeln kann, sondern nur um
eine Schilderung cl er Er war tun ge 0, die jene originelle Privataufführung auslöste.
Das gilt natürlich vor allem auch für die musikalische Seite. Immerhin dürfte
hier der Eindruck zweifellos feststehen, auf den Schreker selbst schon vorbereitend
hingewiesen hatte, daß nämlich die Musik zum trSchatzgräbee' eine weitere Ab . .
klärung der 00 u si kaI i s c h e n Li nie im Schaffen Schrekers bedeutet. Gewiß ist
auch hierüber auf Grund einer Klavieraufführung, die den orchestralen Glanz abstreift
und schon dadurch die Zeichnung verschärft herausstellt, nur mit Vorsicht zu urteilen.
Trotzdem konnte man sich in unserem Falle über den schlichten melodischen Charakter
von Schrekers Musik um so weniger täuschen, als dieser aus der einfacheren Linien. .
führung des Stoffes ohne weiteres von selbst notwendig entspringtt und die stilistische
Durchdringung an Dichtung und Musik ja der musikdramatischen Begabung Schrekers
besonders wesenseigentümlich ist. Nicht alles weist nach dieser melodischen Seite;
z. B. einige große Massenszenen scheinen wieder rücksichtslos realistische Klang...
polyphonie voll futuristisch herber Kühnheit zu sein. Aber die sehr reich ausge. .
streute Lyrik sucht durchweg die geschlossene Melodie, und das Schlummerlied der
EIs am Anfang des dritten Aktes dürfte als gesonderte "Nummer u wohl bald getrennt
von der Oper eines der beliebtesten Musikstücke Schrekers werden. Auch die sonst
diskret zurückhaltende Hörerschaft unserer Privataufführung konnte sich nach diesem
Stück überzeugten Sonderbeifall nicht versagen: wieder einmal ein recht deutliches
Beispiel dafür, daß die Melodie doch immer noch - und selbst bei der komplizierten
Spezies des modernen ffKenners u - die elementarste Wirkung tut. Immerhin, auch

19
der Klang dürfte trotz aUedem heim jüngsten Schreker nicht zu kurz kommen: in
der Schlußapotheose, wenn beim Sühnetod der EIs die Wunder. . Laute des Spielmanns
zu tönen beginnt, wird er sogar wieder echt schrekerisch zum begrifflichen Symbol,
' und auch sonst kann wohl das moderne Riesenorchester allen seinen Zauber entfalten.
In dieser Hinsicht war man freilich für diesmal auf phantasievolle Vermutungen
angewiesen und auf das, was der Komponist zum Schluß noch erzählte. Denn ihn
hatte die dreieinhalbstündige Vorführung seines Werkes, bei der er, abgesehen von
der durch Frau Schreker vertretenen EIs alle Partien allein singen mußte, fast gar
nicht ermüdet. Aufs lebhafteste plauderte er vielmehr beim Abschied noch über die
Ausführung der Partitur, die als neue klangliche Wirkung auch Singstimmen im
Orchester - als "vokale Instrumentell sozusagen - bringen wird. "Das hat,« meinte
Schreker zu guterletzt, "auch der Strauß in der .Frau ohne Schatten" gebracht. Aber
davon hatte ich gar keine Ahnung. Jetzt, wenn die beiden Werke zusammen raus. .
kommen, wird's wieder heißen, es hat's der eine dem anderen nachgemacht." Ich
stimmte ihm bei und freute mich im Stillen des dankbaren Problems, das hiemit
den Musikhistorikern der Zukunft aufgeworfen erscheint. Und damit schied man
für diesmal vom "Schatzgräber ll .

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Faksimile eIner Partitur . . Seite aus nDel' Schatzgräber"

21
I R R E L o H E
Operndichtung in drei Aufzügen (vier Bildern)
Von Franz Schreker
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P E R s o N E N
Graf Heinrich, Herr auf Irrelohe Der Müller
Der Förster Fünkchen, Strahlbusch, Ratzekahl : Musikanten
Eva, seine Tochter Anselmus, Hauswart auf Irre10he
Die alte Lola Ein Lakai
Peter, ihr Sohn Ein Mädchen
Christobald, ein Hochzeitspie1er . Bauern, Volk aller Art, junge Mädchen, Burschen,
Der Bürgermeister , Kinder
Der ·Pfarrer Schauplatz der Handlung; Ort und Schloß
Der Lehrer Irrelohe
Der Schreiber Zeit: Achtzehntes Jahrhundert
CI

E R S T E R AUFZUG
Die Schenke der Lola. Etwas phantastisch eingerichtet. Flitterkram aller Art hängt ringsumher:
S chleier, vergilbte Gewänd er, Fächer, eine Laute u. s. f. Im Hinter grunde ein groß es F ens ter, durch
das man das auf einer waldigen Anhöhe gelegene Schloß Irrelohe erblickt. Links vom Zuschauer
eine Tür, die in einen zweiten Raum führt. Rechts vom Zuschauer ein zweites Fenster, dahinter
der Eingang in die Schenke. Es ist spät abends.

Erste Szene Peter


L 0 1a (leise trällernd, sie begleitet ihren Ge .. Mutter, 'sag!
sang mit wiegenden Tanzbewegungen, die ein... Du weißt so manches.
stige Schönheit und Grazie verraten) Was ist's mit dem Schloß
Einst war ich schön, dort oben am Berg?
einst war ich jung, Die Leute raunen -
der Freier gab es gar viel. doch keiner spricht klar.
Ich war ein spröd',
ein gar launisch' Ding. L 0 Ia (geheimnisvoll)

Doch einer .war da - Das ist ein Schloß,


hihi, tralala - das die Liebe gebaut.
der frug nicht lang Es schlugen Flammen
nach nein und nach ja aus einem Wahn -
der nahm sich Der Bräutigam irr,
die schöne Lola! eine Nixe die Braut
da hub ein großes
Pet er (aus einer Ecke, finster. geq uäl t)
Verderben an.
Mutter, schweig! Sie liebten sich krank,
Ich kann das nicht hören. sie liebten sich tot -
Lola da grüßte ein Knäblein das Morgenrot.
Ei, Söhnchen, bist du Die Flammen lockten,
jung noch und schon so alt? sie fraßen den Knaben;
es mußte das Schicksal

22
sein Opfer haben. LaI a (weinerlich)
So geht es weiter: Quälst du die Mutter, Junge,
die Herren da droben, laß mich in Frieden!
sie sterben frühe,
Pet e r (dringend)
sie werden nicht alt,
Ich bin kein Knabe mehr
da wird wohl keiner
ich will es wissen.
den Schöpfer loben.
Die Leute flüstern
Es frißt sich die Flamme
wenn sie mich sehen,
in Herz und in Hirn,
zeigen mit Fingern,
Geschlecht zu Geschlecht
weichen mh aus
es brennt sie noch kalt.
Ein blutiges Zeichen L 01 a (jammernd)
loht auf ihrer Stirn. Weil du finster bist stets,
Peter verbittert, verschlossen,
Furchtbar Mutter -
f
hoffärtig, stolz - -
so ist es wahr? herabsiehst auf sie

Lola Peter (rauh)


Seit hundert Jahren Wer ist mein Vater?
immer dasselbe. Lola
Ein wildes Geschlecht, Tot ist er, Söhnchen,
eine tolle Brut!
längst, längst verstorben
Es zehrt in ihnen,
frißt sie noch auf - (haßerfüllt) Peter
's sei ihnen gegönnt. Seinen Namen,
sag' mir den Namen!
Pete r
Doch Graf Heinrich Lola
Laß mich - laß mich!
Lola
Pet er (flehend)
Das ist ein Stiller.
Ich trag' eine Liebe
Ein Einsam -
im Herzen, Mutter -
Lebt über Büchern -
Eva - du weißt eS.
verschließt sich scheu.
Sie läßt es mich fühlen,
Doch es komm t - es komm t
daß ich ein Nichts bin,
eines Tags -
namenlos, arm.
da ereilt's auch ihn.
Martert mit
P e.te r (forschend) Fragen mein Herz.
Was aber -- Mutter Zärtlich und lieb
was ist' s - mit dir?' an dem einen Tage,
stößt sie mich
L 0 Ia (summt vor sich hin) grausam von sich
"Einst war ich schön, an dem andern.
einst war ich jung Es liegt an dem -
an dem Rätsel, JlJIutt2r
Pet e r (heftig) das mich umgibt.
Schweige, hörst du! Ich muß es Wissen,

23
es läßt mir nicht Ruhe! C h r ist 0 baI d (springt jäh auf, stiert ihn an)
Daß ich ein Mensch bin He --'- - - ? (hält die Hand vor die Augen)
mit ehrlichem Namen, Ruhig, Alter -
daß ich kein Kind bin Siehst wieder Gespenster!
ehrloser Leute. Dies ist 'ne Schenke -
Jetzt bin ich dem Tier gleich und der dort - (sieht ihn scheu von der
und irre umher, Seite an, schüttelt den Kopf)
verstört und verloren. hm-hm-
Ich muß sie erringen, P eter
die, die ich liebe,
Was stiert Ihr mich nur
muß schaffen an mir -
frei werden, frei so sonderbar an?
von all diesen Sorgen. Christobald
Hilf mir, Mutter, Die alten Augen -
hilf mir doch - ! sie taugen nichts mehr.
Hörst du? Sind schon recht schlecht -
L 0 1a (weinend)
diese alten Augen.
Wie heißt du denn, Bursch?
Morgen, morgen,
du armes Kind - Peter
laß mir noch Zeit Peter.
diese eine Nacht -! Christobald
Morgen, morgen, Peter? Nun ja -
sollst du' s erfahren. (Ab in den zweiten Raum) ganz einfach - Peter.
c Pet e r (gro b)
Zweite Szene Es ist mir lieber -
Ihr laßt das Fragen.
C h r ist 0 baI d (ein altes Männlein, mit einer (Pause, in der der Alte trinkt und sich dne
spitzen, roten Feder am Hut, eine Geige unter Pfeife stopft)
dem Arm)
Christobald
Bin wieder da.
Gibt's Platz dahier 's gibt bald Hochzeit dahier.
für einen alten Mann Pe tex (verblüfft)
und ein Gläschen Wein? Wo? Hier im Ort?
Peter Ich weiß von nichts.
Sollt beides haben. (Bringt Wein) Christohald
Setzt Euch und trinkt! Dort oben. (Er deutet auf das imAbendglanze
liegende Schloß)
C h r ist 0 baI cl (nach einerPause, während der
er sich schüchtern in dem Raum umgesehen hat) Pet er (ungläubig)
Ja, ja - ja, ja - Im Schloß?
lang, lang ist' s her! Da irrt Ihr, Alter.
's ist finster schon - Der denkt nicht daran.
mach doch Licht, mein Jung'!
C h r ist 0 baI d (geheimnisvoll)
Pet e r (macht Licht) Ich hab' einen Star,
ein gar närrisch Tier.

24
Seit Tagen schreit er schoß ihm das Blut
immerzu: "Hochzeit!" in die Stirn - rot,
"Hochzeittl - so schreit er. rot sein Kopf;
Der horcht auf es sprangen Flammen
die Träum', die mich aus seinem Haar,
quälen bei Nacht - und stürzte los -
und plappert sie nach und stürzte los
und meine Träume, Jung' - auf sie, wie ein Tier
die sind wahr. und nahm sie -
Pet e r (grimmig) nahm sie vor
allen Leuten.
Da kommst du
und spielst ihnen auf Pet er (fassungslos)
auf der Fiedel -? Was heißt denn das -
Ha - das wird lustig - nahm sie -
ein feines Tanzen! wie meinst du's, Alter?
ehr ist 0 baI cl (mit dämonischem Ausdruck) Christobald
Genau wie damals Er warf sie zu Boden,
vor dreißig Jahren. riß ihr die Kleider
Sie kamen, vom Leib wie ein Tier -
es läuteten und tat ihr Gewalt an -!
alle Glocken,
schon aus der Kirche. Pet er (keuchend)
Gar blaß die Braut, Und du - und du
und der Bräut' garn - ehr ist 0 baI cl (mit hohnvoll..furchtbarem
hol mich der Teufel - Ausdruck)
sah aus - fast wie du! Ja, ich - -
Und da vor der Schenke, gleich allen andern -
da dreht' sich im Tanze entsetzt und feige -
das junge Volk. ich floh ~ ich floh ~
Darunter ein Mädel, ich Hund - ich Schuft -
rotlockig' Haar,
ein gar holdes Ding.
Und ich spielte auf - Pet er (tonlos)
hei, flog da der Bogen- Wie hieß denn - das Mädel ~?
die schönsten Weisen! Den Namen sag mir -
Denn sie, die Schöne - Alter - den Namen -1
dir will ich's sagen -
ehr ist 0 baI d (gebrochen)
sie war - mein Lieb'.
Und er, der Graf, Da, diese Schenke -
der Bräut'gam stand da, der war ihr Vater -
mit wilden Blicken, Lola hieß sie.
und starrte fort Pet e r (in ein gräßliches Lachen ausbrechend)
auf den jungen Leib, Lola ~ Lola - !
. wie er sich bog und wand Mutter - Mutter -! (Er bricht zusammen)
und drehte im Tanz.
o
Und plötzlich -

25
Dritte Szene Fünfte Szene
L 0 1a (hereinstür zend) Eva (atemlos, wie gehetzt)
Was ist denn? Er ist hinter mir!
Was ist denn? (Sie erblickt Christobald und Er jagt mich -
starrt ihn entgeistert, wie eine Erscheinung an) verfolgt mich -
Ah - - - - - --! schütz' mich, Peter
- - - - - - - - - (Lange Pause) schließe die Tür -
ehr ist 0 baI d (das Haupt gesenkt, mit kläg .. verriegle sie fest!
lieher Stimme)
Peter
Ich bin' s! Ich bin' s! Wer wer denn?
Bin da - bin da -
Lola Eva
Nun also Der - von oben
von Irrelohe -
daß du nun doch
Heinrich -
endlich kommst -!
Graf Heinrich!
Bist alt geworden,
ChristI - recht alt - Peter
Komm weiter nur - Ah!
na - komln nur weiter! (Sie führt ihn, der
ihr tief gebeugt folgt, in den zweiten Raum. Eva (mit fliegendem Atem)
Beide ab) Seit Tagen
stellt er mir nach.
Doch ich - ich sprach
Vierte Szene noch kein Wort mit· ihm.
Ich schwör dir's, Peter -
L 0 Ia (von innen nach einer Weile)
ich wollte - zuerst -
"Einst war ich schön - reden mit dir - -
einst war ich jung - - " Und heut' -
Pet er (allein, flüstert) jetzt eben im Wald
Entsetzlich! Entsetzlich! da stand er vor mir -
(Nach einer Weile steht er auf, streicht sich Pet er (mit furchtbarem Ausdruck)
müde über die Stirn, schließt den ins Freie
führenden Eingang, ebenso das danebenliegende - und warf sich auf dich,
Fenster. Durch das im Hintergrund liegende riß dir die Kleider
Fenster leuchtet starkes Mondlicht. Feter starrt in Fetzen vom Leib -
lange versunken in der Richtung des nur mehr schmiß dich zu Boden -
in schattenhaften Umrissen sichtbaren, gespen ..
stisch daliegenden Schlosses. Heftiges Pochen Eva (entsetzt vor ihm zurückweichend)
an der Tür, rechts vom Zuschauer)
Peter, Peter -
Eva (von außen) bist du verrückt -?
Peter, Peter - Peter
so mach doch auf!
Noch nicht - noch nicht!
Pet e r (öffnet) Doch es kommt, es kommt
Eva! Was ist dir? Mutter hat recht -
Was ist gescheh'n? nun auc.h der -
o bald ich - alle - alle - ! (Langsam)

26
Doch ich will ihn - . schlaf ich nicht mehr.
ich will ihn - - - (esf'alltihmptötz... Sein Antlitz verfolgt mich
Heh etwas ein, er fällt mit einer quälenden im Wachen, im Traum.
Fratze in sich zusammen) Es ist in ihm - etwas -
Oh - --! etwas von dir.
Eva (aufs tiefste erschreckt) Pet er (flüsternd)
Du willst ihn - morden? (hastig) ] a, ja - ganz recht
Das sollst du nicht, Peter!
Das darfst du nicht tun! Eva
Ich will es nicht, hörst .du? Doch noch ein andres,
Das ist ein Armer, und dies - dies andre
der unsäglich leidet. ah - begreifst du -
Ich entkam ja - entfloh. (Mit nahezu ver .. wie es mich quält?
klärtem Ausdruck) Schlag mich, Peter -
Doch sein Blick, töte mich - hörst du -
dies lodernde Glüh'n, was sprichst du nicht?
dies weh volle Leuchten So sprich doch -
in seinen Augen - sprich doch - - -'
ich erschrak -
lief davon, Pet e r (vernichtet, gebrochen)
und es war mir - Geh! Geh!
doch kann ich -
Eva (wendet sich eilig zum Gehen, scheu, an
getäuscht mich haben - der Tür)
als hört' ich sein Keuchen
hinter mir her, Du wirst ihm - nichts tun?
seinen hastenden Tritt - Pet e r (erhebt sich, weist ihr die Tür, stark)
Pet er (jammernd) Geh! (Eva ab)
Du liebst ihn -
liebst ihn
Sechste Szene
Eva
Peter, hör' - Pet e r (allein)
ich muß es dir sagen Dies ist - das Ende
wollte reden mit ·dir Nun bleibt mir
schon seit langem. nichts mehr -
Seit Nächten als - der Tod.

Der Vorhang rallt langsam

Ende des ersten Aufzuges

o 0

27
D I E H A R NI o N I E
Von M. Bro esike ... Schoen, Dresden
Das Geheimnis des Künstlerischen ist die Erweckung der Seele. Nicht im Sinn l

einer bloßen beigeordneten Durchströmung und Beseelung des Objektes mit Werten
die als notwendige vermittelnde und ausführende Organe von Temperament uni
Gefühl geleitet werden, sondern als transzendenter Einheits... und Entwicklungsbegrifl
der das Objekt als Ausdruck eines Gesetzes und nicht einer Willkür mit geistige
Energie füllt, etwa im Sinne Goethes, des pantheistischen Gefühls, daß "eins in del1
andern lebt und webtlI, Bindungen eingeht, sich ergänzt, zu höherem Zwecke runde'
dessen Tiefe unergründlich, aber dessen Sicherheit in jedem Aufleuchten eine
Eingebung neu gefühlt wird. Zweifellos ist, daß wir auch hier Wertunterschiede haber
die die Qualität durch die Größe des Empfundenen ordnen und nur dn Bruchstüc
oder ein Gesetz selbst geben. Oder in noch schärferem Sinne, das Ereignis einE
partiellen Intuition, die durch den Augenblick geboren wurde und nur ein sekundärE
Moment der Befruchtung darstellt, oder eine synthetische Intuition, die in völlig~
Einheit mit einer Erkenntnis lebt und in jedem Teile eine Kontinuität, eine Gleie!
mäßigkeit der Bestrahlung gibt. Für die Musik ist dies Geheimnis die Beseelung dl
Materie, die in ihren logischen Gesetzen uns gegeben ist, .aber in ihrer transzendente
Gewalt immer :p.eu gefühlt und entdeckt werden muß. Die Musik bietet in ihr~
Verbindung mit den Gesetzen der Welt zu zeugender Kraft das höchste Wunder dl
vielgestaltigen geistigen Prozesses, dessen Synthetik nach diesem Ziel hin immer nt
wenigen vorbehalten ist. Der Wert des Technischen richtet sich nach der Metaphysil
zu der es sich durch den Akt der Zeugung (den wir nur begründen, aber nid
. begreifen können) in Bindung zu bringen vermag. wenn er den typischen, biologische
Gehalt haben soll, gleichviel ob er sich zu verschiedenen Abstufungen der ästhetische
Qualität, der Spannungsfläche, äußert. In seiner Vollkommenheit oder wahre
Fruchtbarkeit erschließt er sich nur dem Geist, der in vollkommener Einheit m
diesem Gesetz fühlt, das er nur durch den Intellekt und überkommene, bere
geformte Werte zu runden braucht.
Wenn wir die Superordination über einen allgemeinen Begriff. d~r eine vol
kommene Umspannung aller Kategorien des Künstlerischen sichert, als Grundlage ur.
Möglichkeit des höheren Beseelungsbegriffes nehmen, so haben wir für das Dran:
in Franz Schreker eine synthetische Fläche von Eigenschaften der Kunst und dl
Musik, die zu den Seltenheiten der Geschichte gehört und mit Erwartungen fülj
Die Synthese ist doppelt fruchtbar. weil man fühlt, daß sie sich ganz den innere
wirkenden Kräften überläßt und aus ihnen heraus gestaltet. Nicht die Metaphys:
des einzelnen, sondern die Metaphysik überhaupt. durch das Prisma der Mus!
erfaßt, als Erkenntnistrieb ist ihr Gegenstand. So findet man, daß dieses Schaffe:
das äußerlich eine universale Ästhetik in Wort, TOll, Bildhaftigkeit und zahllose
Unterbeziehungen ist, nicht ein materieller Zusammenschluß zu einer Wirkung, d
gelegentlich Eingebungen gewinnt, sondern eine geistige Zusammenfassung zu einel
künstlerischen Ideal, das auf dem Wege zur Gegenwart ist, bildet. Sie wird dadur<
charakterisiert, daß sie nichts Einzelnes hervortreten lassen will, sondern aU
Besondere ztlgunsten des Ganzen rein gestalten und fügen oder besser atls del
Ganzen herauswachsen lassen will. So wird die Materie in Wechselbeziehung ur
gegenseitiger Verknüpfung r ohne sich gleich dem artistischen Suchen anderer Künst1!

28
der Zeit, in e1nem autokratischen Zweck vorzudrängen, sinnlicher Ausdruck und
Niederschlag des Geistigen, aas aus Erfüllung mit metaphysischen Gesetzen geschöpft
ist. Durch die Befruchtung mit solcher übergeordneten Erkenntnis, die der Möglichkeit
der Entwicklung entgegenkommt, verdichtet sich das Sinnliche und erhält schärfere
Linien, je nachdem der Radius des Gedanklichen gespannt ist. Das einzelne ist nicht
mehr ein frei Schwebendes, sondern an ein großes unsichtbares Gesetz gebunden,
das man am ehesten dem Gesetz der Form (die die gleiche Abstraktion und Fessel bedingt)
vergleichen kann. Aber die Bindung ist nicht erzwungen und eine bloße intellektuelle
Ausschmückung, sondern ist natürliches Ergebnis, infolge des Gesetzes Substanz
geworden, die nach ihrer restlosen sinnlichen Verwirklichung strebt. Die wichtigste
Aufgabe der Kunstkritik ist es - richtiger als die einseitigen formalen Durchleuchtungen
- die verborgenen Fäden zu entwirren, die sich vom Allgemeinen zum Besonderen
spinnen und das Individuelle zum Typischen, Möglichen und Grundlegenden weiten.
Und so ergibt sich der Schluß, daß da, wo sich die allgemeine Kraft als bedeutsam
erweist, das Stoffliche eine ungeahnte Bedeutung erlangt und eine vollständige
Erkenntnis des Tatsächlichen nur möglich ist, wo es voll in die Beziehung des
Ganzen aufgenommen wird. Und es gilt bei Schreker zu zeigen, wie sich alles in
einer nach der jeweiligen künstlerischen . Eingebung gestalteten geistigen und
begrifflichen Norm zu Keimzellen und Sonderinhalten formt.
Ich greife aus der Vielheit der künstlerischen Absichten und Kategorien, die das
Musikdrama Schrekers bilden und die sich zu der Kette des Endzweckes fügen, sich
aus ihm herauslösen, die Harmonik heraus, weil sie ein Schwerpunkt, ein Vermittlungs . .
organ ist, dem Sondergeltung zukommt und das Konstitutiv am Musikdrama im
geistigen Aufbau mitwirkt. Es wäre nutzlos, hier eine Philologie zu treiben, die sich
mit einzelnen interessanten Bildungen beschäftigt, weil größere analytische Ergebnisse
als Umriß festgestellt werden müssen. Es liegt eine Entwicklung vor, die fast ein
Endpunkt eines Prozesses ist, der zu einer Verlegung des eigentlichen Ausdruckes
und der treibenden Kraft in das akkordliche Material führt. Sie gehörte bisher schon
zu den engeren Unterbegriffen, die das Gesamtkunstwerk im Wagnerschen Sinne
bilden, aber hier tritt sie die Herrschaft über die Melodie, die bisher die Führung
der Gefühlsentspannung hatte, an, sie wird selbst in einer seltsamen Verdichtung
ihres Gehaltes kantabel; Organ der Seele, der Leidenschaft und der Dialektik der
Ereignisse des Dramas. Sie beginnt Schätze aus dem Unbewußten zu heben, die wir
nur dunkel ahnten und für die wir sie zu gebunden glaubten. Man kann von einem
Prinzip der unendlichen Harmonie sprechen, das die Rolle des Wagnersehen Verfahrens
übernimmt, spezialisiert und dadurch zu ganz eigentümlichen spirituellen und
differenzierten Ergebnissen und Verknüpfungen gelangt (die hinter den geradlinigeren
Gefühlsassoziationen der melodischen Kontur keineswegs zurückstehen). Es wäre sehr
richtig und notwendig, überhaupt einmal den Begriff des Harmonischen von einem
modern geklärten hermeneutischen Standpunkt aus zu erfassen (und ich werde den
Versuch in allgemeiner Ausführung einmal unternehmen). Wir haben hier einen
Mikrokosmos vor uns, der in den feinsten und sensibelsten Beziehungen schillert
und überallhin über eine bloße stützende und unterstreichende sinnliche Wirkung
hinaus ästhetische und geistige Fühlung besitzt. Und der vor allem in den fort . .
schrittlichen Merkmalen, die man nach einem alltäglichen theoretischen Schema
bemißt und beanstandet, den ontologisch. . metaphysischen und nicht den größtenteils
ergebnislosen logisch. . mathematischen Beweis erfahren muß. Vor allem wird es sich

29
darum handeln, den Begriff des harmonischen Stils und der allgemeinen künst..
lertschen Werte, die sie über ihr Gebiet hinaus zu bilden und zu unterstützen
versteht, festzulegen. Wie nach Affekt und geistigem Empfinden wir eine Harmonik
des Pathetischen, des Lyrischen, des Übersinnlichen, des Komischen haben, die aus
den Permutationen des akkordlichen Aufbaues und der darin verborgenen sinnlichen
Wirkung, der Kontinuität eines akkordlichen Empfindungskreises, gewonnen werden)
so haben wir im größeren Kreise auch eine Harmonik des Dramatischen, Epischen,
Symphonischen, eine unendliche Skala, mit der der Komponist seine Absichten
steigern und durchleuchten kann. (Und endlich auch eine von dem Aufbau der
Jahrhunderte losgelöste atonale Harmonik, wie bei Schönberg, deren Ausdrucksgehal1
und logisches Gesetz uns als historisches Glied noch fremd ist.) Schon der einzelne
Akkord kann psychologisch, entwickelnd, klärend oder symbolisch wirken,~ kann die
Farbe eines ganzen Abschnittes und den Gehalt bestimmen, eine einzige harmonische
Wendung der Phantasie die Richtung geben, in der sie ästhetisch empfindet. (Ein
Phänomen, das die Jungfranzosen intellektuell und bewußt ausnützen, und von
romantischen Künstlern als Einze1wert erkannt und intuitiv geschaffen worden ist.)
Wer die Harmonik in diesen Grundzügen faßt, wird zu einer Vertiefung ihret
Deutung und ihrer geistigen Substanz gelangen, die sich steigert, wenn sie in den
allgemeinen Zusammenhang einer künstlerischen Erscheinung eingereiht wird.
Zweifellos hat auch Schreker, in dem die Weitung der künstlerischen Begriffe ein
unablässig webendes Fluid ist, 'diese wahre Hermeneutik, die durch die Theorie
noch nicht gestützt wird, mit der Energie des Schaffenden, der Ideenkreise nicht
nur fühlt, sondern verwirklicht, längst intuitiv erkannt, im besonderen in det
psychologischen und gedanklichen Wirkung, und er hat sie so zentral und weit..
schichtig empfunden, daß sie in das Fundament und nicht bloß in die Atmosphäre
des Dramas und seines Aufbaues eingegangen ist. Ihm wird der Klang, eIlt ..
sprechend dem Gesetz, daß die synthetische Intuition in den Kern einer Möglich..
keit eindringt, gleich zu einem Urbegriff, aus dem heraus Problem, Dichterisches
und ein durchführender musikalischer Organismus gewonnen werden kann. Er
betrachtet ihn weniger, wie fast alle anderen Sucher der neuen Offenbarungen im
Geiste der Musik nach der spekulativen Endrichtung hin t die nur das Ergebnis
des Formwillens, der Fleischwerdung des Begrifflichen ist, sondern nach der
geistigen Ausfüllung, die er durch seine Einschmelzung in die Vielfältigkeit des
Seins erfahren kann. Er versenkt sich in ihn staunend (im Sinne des {}avfld~cLV
und voll Andacht, als eines göttlichen Wunders, das ihm die Natur geschenkt hat
und das ihm anvertraut ist. Der dichterische Entwurf und die musikalische Ein ..
kleidung beweist es, er läßt das Harmonische nicht bloß untermalen, unterstützen
und Stimmungswerte erzeugen (wo er es tut, steigert er freilich den Aktionsradius
bedeutend), sondern er läßt es in eigentümlicher sinnlich . . geistiger Verknüpfung selb. .
ständig, gipfelnd und dialektisch mitwirkend werden. Sehr anschaulich im "Fernen
Klangt/:, der das Tragische aus der Problemstellung zum Klang gewinnt, ein Suchen
nach einer großen "absoluten U Harmonie, das allgemein die IdealsteIlung des Künstlers
zur Verwirklichung einer Entwicklung und VersinnIichung der Kunst ist. Es braucht
nicht betont zu werden, daß dieser Klang, charakteristisch aus dem tonalen Gefühl
der Gegenwart herausgewachsen, nur akkordlich, als Harmonie von zauberhafter
Farbe, nicht etwa melodisch gedacht ist, wie es das Tonsymbol beweist. Im "Spiel...
werk" (das gerade materiell an der Fremdartigkeit und Herbheit des Harmonischen

30
scheiterte) wird es noch stärker in einem dialektischen Spiel von Begriffen zum
zentralen Punkt, um den sich Schmerzen und Sehnsucht wirken, in den zarten
Glöckchen und Zymbeln, in denen sich in einem Symbol das Geheimnis der
ewigen Ern euerung und Festigung des Künstlerischen vollziehen soll. In den "Ge. .
zeichneten" flüchten sich diese allegorischen Kräfte, die die großen Wirkungen be...
dingen und aus der Narbe des akkordlichen Empfindens fließen, ganz in den Geist
des Dramas, in dem sie latent ihren Einfluß üben; uFerne Musik und leise Klänge"
ertönen auch hier als Symbol eines Problems, an dem die Welt und das Sein
leidet und bezeichnend bei der Stelle, an der das Drama ZUr Katastrophe gelangt.
Und es gibt ganze Strecken, die das Prinzip der Zeugung des Geistes durch den
Akkord wie eine neue Symphonik durchführen (und immer da, wo sich das Dialek. .
tische zusa mmendrängt oder hervortreten soll), wie die Atelierszene der HGezeich ...
neten u, die fast völlig akkordlich deutet. Der Akkord ist im Verein mit dem Klang,
der das Komplement der Zweckverbindung ist (ich darf auf meinen Aufsatz im
Zwinger III, Heft 10, verweisen, der dieses Korrelat des Klanglichen im Verhältnis
zum Drama und zur Person analog behandelt und die Ergänzung dieser Betrach . .
tungen bildet), und mit ihm in ideellem Austausch und Verhältnis steht, indem er
steigert, die Essenz des Schrekerschen Schaffens. Die denkerische Ausdeutung des
Harmonischen als dramatischer und ideenbildender Kraft ist zu einem Höhepunkt
gelangt, die die Entzückungen und Reichtümer der Kunst aus einem Absoluten,
nicht mehr in den Schulbegriff Verankerten gewinnt. Freilich geht Schreker nicht
so weit, wie manche Neutöner, die sich von der Orthodoxie der Gleichberechtigung
der Kategorien losgesagt haben. Er weiß den Wert der Melodie und des Rhythmus,
und bildet das Harmonische nicht ~ur unbedingten Stofflichkeit, weil er es litera. .
risch . . philosophisch umgeschmolzen und damit zu kostbarem, gebändigtem Ereignis
erhoben hat. Aber etwa das Melodische wirkt nur noch relativ, als etwas Lineares,
Richtung gebendes, die Plastik rundendes, als Ferment der Form, nicht mehr mit
substantieller Ursprünglichkeit und ohne die harmonische Unterlage und Beseelung
als unbe stimmte Schilde, deren Zauber der Schlüssel fehlt. Das eigentlich Thema. .
tische, das den gedanklichen Zusammenhang gestaltet, geht in die Harmonie über
(im Gegensatz zum itaÜenischen Stil, der überall dramatisch und seelisch in den
melodischen Linien die Höhenpunkte findet). Man kann von harmonischen Sym;
bolen, im Sinne von Leitmotiven; sprechen, die die motivische Konstruktion kon. .
sequent übernehmen; aber das ist ohne Einbuße an künstlerisch beseeltem Gehalt
nur möglich, weil das Harmonische sich so starke Ausdrucksmittel geschaffen hat,
daß alles andere akzessorisch und nur verstärkend auftreten kann. Die begriffliche
Erweiterung der Kategorie bedingt auch eine größere Fläche der technischen Faktur,
um die Ideenlast tragen und die subtilen Beziehungen beredsam gestalten zu können.
Es ist ein sonderbarer Parallelismus (der freilich nUr wieder ein Beweis für die er . .
staunliche intuitive Einheit des Schrekerschen Werkes ist, daß diese Harmonik, die
die Vermittl ung aller Absichten übernehmen will, in sich als technische Form ein
dialektisches Problem bietet. Die Sprödigkeit des Gedanklichen, die die Werke eher
zersetzt als zusammenschließt und sich überwiegend in einer Problemstellung bc...
findet, kehrt bei ihr als materieller Ausdruck wieder und hindert ihr Aufgehen in
den Besitz der Allgemeinheit, obwohl sie sich noch nicht verneinend gegen die Zeit
stellt. (Die Bezeichnung "futuristischer Stil~, die man häufig hört, drückt nur eine
Kühnheit und keinen speziellen Wert aus, ohne den Kern zu treffen.)

31
Der Ausdruck, den er sich als Niederschlag der Gedankenwelt geschaffen hat, steht
in der individuellen Zuspitzung außerhalb der Formeln und Ergebnisse, die sich
die Gegenwart, oft wie eine stillschweigende Übereinstimmung. geprägt hat. Wer den
"Fernen Klang", in dem jede Note die Prägung des Geistes der Individualität trägt,
als Jugendwerk beurteilt, muß über die Herbheit erstaunen, mit der sich der Künstler
hier schon in seiner Erkenntnis gegen die Umgebung abgeschlossen hat. Die Folge . .
richtigkeit dieses musikalen Zieles wirkte befremdend. So empfindet man seine
Harmonik als herb, unliebenswürdig, in Beziehungen schillernd, voll F orme1n, die
das überraschte Ohr erst spät zu enträtseln vermag, im Gegensatz gebaut, in seIt . .
samen Lichtern spielend, bald voll sinnlichen Reizes, der uns die Befriedig..1og des
Gewohnten zurückgibt, und wieder von unbegreiflicher Verschlossenheit, die wie
ein Niederschlag der schwerblütigen Reflexion Österreichs ist, sich im Spekulativen
verlierend und in vergeistigte Fernen schwebend, in denen der nüchterne Verstand
sich entwaffnet, für besiegt erklärt. Wenn wir uns über den allgemeinen begrifflichen
Ausgangspunkt klar sind, wissen wir auch dies scheinbare Rätsel, das das Harmo . .
nische als Mittel und durch den Endzweck geeinte s t i 1 ist i s ehe Synthese bietet,
zu lösen.
Es ist unerläßlich, die Zusammensetzung der Schrekerschen Harmonik zu klären,
soweit sie sich entwicklungsmäßig bestimmen läßt, gewissermaßen das Klima, als
physische Bedingung festzulegen, in dem sie zum Organ der persönlichen Absichten
erwachsen ist. Nicht um - was man für überflüssig halten darf - einen Künstler,
der in der Farbigkeit der Kunst und ihrer Bereiche schwelgt und,' überall antastet
und Brücken schlägt, in eine Formel zu zwängen, sondern um der Analyse einen
Halt zu geben, die im Befremdlichen das Bedürfnis nach Konkretion hat. Es besagt
viel, daß Schreker Österreicher ist. Die peripherischen Berührungspunkte mit den
polaren Kulturen Europas, die sich hier nicht streng abgrenzen, schaffen an sich eine
große Farbigkeit der Einstellung, die bald französisch in Grazie, Klarheit und
Geistigkeit, bald südlich (als schön geschwungene, erotisch durchglühte Morbidezza),
bald germanisch tief in Anschauung und letzter Ergründung eines Gewollten gravitiert.
Die Phosphoreszenz dieser Einflüsse bedingt die Unentschiedenheit des Künstlerischen,
eine gewisse sinnendurchwirkte Dekadenz, die immer noch tatkräftig, aber schon in
schwerer Reife sich wonnevoll der sie umgebenden Güter hingibt. Nur wenigen
gelingt es, die Kräfte in einem einheitlichen Destillat zu einer Anschauung, die sich
zu einem großen abschließenden Erkenntniswert rundet, zusammenzufassen. Sie
leiden an der Fülle der Gesichte und Möglichkeiten, die sich widerstreben, und die
starke Grundlage, die gerade vom Österreicher als der Hoffnung unserer Musik
ausgeht, ruht in diesem Antasten von Zwischenwerten und Beziehungen, die immer
wieder aufhorchen und beglückend fühlen lassen, durch einen ZuschuB naiven und
reinen Gefühles gekräftigt. Auch Schreker ist ein Produkt dieser Vielfältigkeit des
Geistigen, das aber durch seine ungewöhnliche und ganz ursprüngliche synthetische
Begabung eine akt i v e, wenn auch noch ethnisch gebundene Kraft erlangt. Unvet . .
kennbar ist, daß er äußerlich, in der Musikalität, soweit er sie materiell bestimmt,
sehr stark nach der romanischen Kultur neigt. Diese Essenz, die allerdings zum Teil
innere Veranlagung und keine Anempfindung ist, wird bei ihm durch den Kunst. .
verstand zu einem sehr fruchtbaren Dritten, das sich formal dem germanischen
Typus gegenüberstellt, während es ihm in der endgültigen Durchdringung vollkommen
zugehörig ist. Darin liegt das scheinbar Seltsame dieser Harmonik, die in sich wieder::

32
:~1nH :- iogi!chmOrdntmg und VUvoiIkomm~g bloßer _-.Subatrate gelangt iSt,
einem Einflull.in der" Wes~nheit z~ erliegen.
;; ft1'l1",
_ ,.- _
_ _ _ Man hat bei Schreker, von dem größten dieser M~kma1e ausgehend, viel einen
; _"-_':>; :-Vergleich -mit du Harmonik und Ausdrucksweise Debuuys ausgesprochen -und
befriedigt sich so in dem Trieb nach einer Stütze, mit einer Formet, die erst etwas
besa~ wenn sie analytisch durchdrungen wird. So sicher die Merkmale sind, so
-unvollkommen hat man die wahren, im Grunde trennenden und nur durch ein
Tertium zusammen gehaltenen Beziehungen beider Künstler erkannt. Die inhaltliche
- ) ,. Bestimmung beider Systeme (wenn dieser Ausdruck fitt Schreker nicht zu absichtlich .- - <

.klänge) ist eine große Antithese. Es ist noch nicht gesagt, daß, wer Debussy ' ver"~
standen hat, auch Schreker verstehen wird, aber wohl, daß, wer -Schreker erkannt
hat, Debussy sicher versteht. Darin ist alles ausgesprochen, was wesentlich und was .
trennend ist (wie jede konkret und nicht abstrakt gewonnene Formel den Wider..
,.
..
spruch der Verallgemeinerung in sich trägt), Beides sind Künst1~r, die mit teilweise
gleichen Mitteln, von einem ganz isolierten Stil ausgehend, verschietlene Ziele zu
lösen,. suchen im Verhältnis einer Steigerung und Klärung. Debussy hat eine sensible
Wirkung im Auge, er ist der Künstler des Aphorismus und der Kulttu xa-c i~o%IJV
. der von, einem stilistischen Punkt aus die Arabeske zum System erhebt, und
ununterbrochen als Neuerer · des T ecbnischen tätig sein will, in das er feine und
~..
nur flüchtige Tropfen des Geistes gießt, Schreker die Synthese, zu der er eines
. , ..

Gefäßes bedarf, die das abstrakte Erlebnis in seme zarten Spitzen auszudeuten
-vermag. Schreker ist der Künstler der Seele, der einen in du ~aft des Lebens
-.. - schwellenden Mikrokosmos ausbreitet, Debussy der Ästhetik, die die Dinge , nur
spiegeln und im Spektrum einer destillierenden Anschauung in einer neuen Schicht
enthüllt. Debussy faßt den romanischen Geist als Qualität in einem'Spezialergebnis
zusammen. Der Einfluß Frankreichs ist heute, wie je, stärker, als wir es ,uns
zugestehen wollen. Er bietet eine Suggestion, die für den Deutschen, der für den
Reiz: einer Idee, Kristallisierung oder Abstraktion, obgleich in ganz anderem A~
-:", 1
,: : , ",

. -
maße, so empfänglich ist, doppelt verführerisch ist. Der Franzose versteht einen
Begriff zu präzisieren, daß er unmittelbar aus seiner Erkenntnis gewonnen, logisch
. wirkt, ohne ekstatisch, fortreißend in die Allheit des Seins und seine göttliche
Glut einzufließen. Er bietet nichts Starkes, Gesättigtes, in du frohen Fülle der
. ~- Inspiration, als eines Taumels, der Ungeheures erschaut, Gefügtes, sondern nur die
feine, sichere Intuition des rein Künstlerischen, ' die nichts Oberf[üssigesenthält und
-in der tausend Lichter der Anschauung und Möglichkeit sich kreuzen. Oft ist es 11~
' eine Anregung, aus der sich ein ganzes System gewinnen läßt, oder eine neue
-Formel aus der seltene Kräfte der Seele und des Ausdruckes noch ungehoben blicken.
Er besitzt die Kultur des Ausdruckes bis in die feinsten Ausbiegungen eines
'künstlerisdt affizierten Geistes, der alles Unproportionierte, Hube oder Peinliche
ausschaltet, um nicht die Seele als Leuchtkraft, die wie erfroren unter der kristallenen
~.~. . . Fläche des Ästhetischen schlummert. Ihn lähmt die alte, sich fortzeugende nationale
. Eigenschaft des Rationalismus, der stets mehr in allgemeiner logischer als innerer
-.::-,', _.' ~ Richtung schöpferisch tätig ist. Immer, wo er Seele zeigt, ist es nur ihr Begriff, ,
--:' ; I nicht die Substanz selbst, die einen absoluten sinnlichen oder ethischen Wert hat.
, ,_ ,::- ':," _' . Sie liegt unter der Politur des Intellektes in der Ruhe der Geistigkeit, in die sie . ,
-~.~,':"; _ ::":'- ~ch müde und geklüt aus dem Lärm des Alltags rettet. So ist auch die Einstellung
, , '· _F .: ';:;~:,des ~ Franzosen, namentlich des modernen, zur Harmonik als Konstruktion und
" . .-;":" , ~
; '.'.' ..•.. • ~ r ..... : . ~. '~ .. ~~ . ~· :.;.~~ . 7,.... ....: ':"".:~ ' .~':
·1• •

Gliederung charakteristisch. Auch hier kommt es dem Franzosen · mehr auf die
formale Linie, die den Ausdruck des Gestalteten verdeutlichen 8011, an, als auf die '
Auafüh~ng des Systems ab innere Architektonik. Der Akkord soU charakteristisch,
logische Kraft, keine ~nstvone Verkettung, modulatorische Weisheit sein, deren
.Ausarbeitung und Abrundung gelehrte Mühe gibt, nur Material, das gut ist, wenn
es bestimmte Wirkung erzielt. Etwa so, daß der Akkord selbst schon Ausdruck ist,
wo es beim Germanen erst die Kadenz ist, und daß Akk~rde verknüpft werden
.können, ohne daß man die innere Logik als seine Form gesondert, ergänzend
wirken läßt. Der Germane will das Gesetz der Form mit den Bedürfnissen des
lntellekts zu möglichst idealer Verschmelzung binden, wodurch sich oft der Kreis
der Anschauung zu unendlichen Beziehungen neu öffnet. Er zieht die wissenschaftliche
Konsequenz aus dem Prinzip des Franzosen, erweitert es zu einem denkerischen und
philosophischen - und das ist das Wesentl.iche - System, und gelangt damit 'zu '
einem DoppeIresultat, das unablässig neue Verbindungen schafft. Das kunstvolle
Bilden, an dem der Esprit (in dem immer Spielerisches und Objektives liegt)
. beteiligt ist, wird im: Herzensangelegenheit, das er unbedingt ~ seine Ziele und
Möglichkeiten führen WiU:
allem'
. 'ES ist sicher, daß Debuss1 .vor' am meisten mehr als bloß eine Verfeinerung,
die nirgends anderS alsästhetiscli,...artistisch zu wirken vermöchte - ~s ist nur ein
. Teil des Ge1!0Ut~ -, darst~114 daß er eine Entwicklung bietet, in der sich in
besonderer Form auch 'em immanentes Gesetz der Kunst vol1%ieht. Er ist der höchste
. AuschUck: einet stilistisChal Kultur als Wille und Konsequenz geworden und 'hat
bUeits ·einm Blick . in das R~ch getan, ·' das.- jenseits der Bedingtheit ·1iegt. Er hat
• die Abatraktio.1J. und .den· Gehalt seines Theorems bereits so gesteigert, daß sie wie
I . :

eine reife Frucht ihre Samenkörner in den Schoß der Zeit fa.l1en lassen kann. Seine
, :vom Intellekt zum Absoluten geschliffene Kunst (die allerdings I' art pour r art...Kunst
ut
bleibt) einer kostbaren Essenz vergleichbar, die aus erlesenen Düften gewonnen
ist und sich jeder fremden Flüssigkeit berauschend und bezwingend mischt. Die
Partitur 4es "PeUeas und Melisande", die analog der Schrekerschen Kunstwerdung
aua Klang und Akkord gebaut ist, ist das Brevier der abstrakten Entzückungen der,
Kunst, in dem die Empfänglichen des . romanischen Geist~ alles finden, eine
Enzyklopädie des theoretischen Einf.IIs, dessen kristallene, unkörperliche Tonwelt .
durch die Banalität der Zeit zum Märchenschlafe, den nur die Fürsten des Geistes
brechen I:tönnen, verurteilt ist, in dem die Keime einer gan:en werde,nden Epoche
in reichen Mikroben gestreut liegen. Eine Schatzkammer von Abbildern und Ideen,
oft ·nur zufaUiger Formeln, Arabesken, Zusammenklänge, tonaler Mischungen, hinter
denen höher'e Bedeutung liegt und in ihrer Diskretion durch Nachdenken gehoben
werden wollen. Oft nur Umrisse und Linien, dünne Radierungen von Sicherheit
der Stri~elung, die man nur auszuzeichnm oder durch das Bad der Seele zu
glämendem körperlichem Ereignisse zaubern kann. Vielleicht alles nur MögliChkeiten,
aber von außerordentlicher · Perspektive, wenn sie in den reizbaren Nerv gefaSt
werden. Und hier ruht der geometrische Punktt in dem Schre:ker einsetzt, das Wesen
dessen, was ihn an Debussy und das französische Idiom fesselt und zum Weiter...
bildm zwingt. Er besitzt die gleichen Schwingungen, in denen Debussy voll auf,
klingt, aber die größere Triebkraft, die die Fernen erkennt. Er deutet die latente
ästhetische Kraft Debussys, die auf die Weiterentwicklung a travers un autre
temperament wartet, in eine offene geistige um, in die Vergeistigung des musikalischen

34·
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. .• •' ttkätO!;ttt ttie spezifisch dem Dräina, wdcl1~s sich.a.ufse~Hsche< undmetaphY~i$Ch~ , ...·•·
. EntiVidtluhgeneinstdltr J:.n ungeahnh~rSteigerungztigtite' kdrnmen kitult · ~pen" d~r .
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Sede. ' Dfes~lvrß.g~~,~~~~t . . • ,.
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s
aberttchtteilden lfitelle~es ' geb.tmden:war~ · nichtmeht terblieb ini~ Std.ff1icl1~~td~~ <L: .
er ,dit großen VoraussetiungenimKdm : ließ~Schreckerist , um eine: Affiniiät~et~~s'·'··
·. ·Biölqgisches zu •.• DehussYtweil·er vo.nanderenVoraussetzungen komnit, es<ist :1.l.ur:,<.
iineEntWidclungsenergieund . em ~bstrakter lY.Httilwert; .derhler' im bestim:me!l4~n:, ,'
, . . · Siithe 'in ·. Frage kOnimt undwtitergefüMtwird. · E,f lstilsonicllt der . östel'iei@:~~f:&t+,U:\ •..
, DebussYt sondern dei- deh~ssystisclie Sditeket: (oder Wieneti ·. wenn mari · die.:: Ättrib/,':':.,: ;)" .- ,
"> . .• ·:. sphäi~umg'rertie.nwil1);.· d~tjenigej'tter deiI. ftaniösIscllen · Geis( in~einerJmm~t.~'r~~~~J:iJ'1";":' •
· ,i' Bedecitungam .· teiclisten erkannt urtd verarbeitet na.f.; eine geW'ol1teKUn~tphi~hst)phie 't:".'
(,,> \;gHiittt(etWa ·wi~ ·. die · Jianzösisilie :Aufklättl:ng .' iu .• ·.·den Gei~t. Les~i~gs).#idii1i Titif~ ,'F:i'
" i:, " :l~st" #hoI'astis'Cher Mystik~ . Der RatiorialisttH.1S des Röma!1:en füllt sich mitinbttmStigu . ,:":, :
>"".::::Gltitf" disMitte~bai~···istniChtm~hr: Absohttes.·.· als.· .Ästhetik}··.· sondtrn. Ktaft · d~s~ S~iris~.• <\i,.··.· .
. • . . .•. ," berEspdtwird· zurPlall1met · er sieht 81th seiber :Vel'watüleh;ncgle±t, iri'ruisWun4er" ,.}··
..· . ···'· der . Zetigüng ·. g~höberi; ·:. das:ihtrf4utth ,' einästi1etiscl1esGtsitzvetsagtschierit.::6fultf~'i·\"L.··.··
:den IJl'sptttngzu. ti'er1iete~. Die feinc · .· . Silbel'1inle, die .• der .·.· llltdlekt ·. get()genr 'ist" t'" .
fiulkdridts ·Ges~hm~idiigewordenjdasFaibtUb.d . wa~menG1allz : entsendet~ · . Eirie >
'$;01öne, engenetisclieOrdnungr ·. dievonWagrter aüsgehti ihäin dnemgam anders ··
. •.•. .• g~artet~n~ . . a'ber .· v6n .•. ilim ~ .· beiiihttetl.· EirtfltiB~ :vergelsugt·· und · · dodlwitder :durthdmr ."
,Germanische zu ihm: zi.t.t'Üekkehrt. . . .. .. . .. . ,
(~...•. •)~ ..•.........•. W~i,di~s · tikäririfhitt ·· wird •.• dieäußer:enhtirm6nischeo·.· Ati$gldchtfug~~ri.:'~ri:pet:his,sy:::',: .'. . .
: , .... :rlur ilS interessante,sptkulativeAußerungerifassen,diefreilicli ;tttC11 initheot.~tjs~en ,\\.'"
·"'i:< ···· rifdif d:en.'ZiiSahih1enhin.g · · rUif·· · dem · St~lgertirigsprinzipleugncn}:Debtiss#rlßclii$t/:tFt . .
:~: '}/.. ..die .Einfiigung: der ·Sexteodet None inden Akkordt die .. eine 'uiibestitrimt~~ seiiü; .",/.:,,:,'
>,: . . •. · ~iiilitige · ürid ·fa.:rbigeNuance, in denAusdtuckbririgt · (auch ·öfterseiribtößcsKi1fisi>" .'> .
:,>. , h.litte1j>ohttegeistigehW~tt um den Ausdruck .zu 'beleben), und die Qüinttnfoige.~ ;:'/'
' t ' , . ~:lin:Ortlk1allg~ ·,iie ,vol1 :großer latenterSed~seiri , kQtüien(m:an · denk~anditSt,eßt :'+· .
.:J',~ . :l.n .dtn "G~~dchneteh4t . ersterAktrzudenWorteIl . Cär10ttas l1W<ilder und, See~«j; : ,:,ii

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. ... . . . . . . . . . 1st (uri& .damit schon wieder S~hrekei'isc.ht W'~i1 . Debussri~: ~a1~~#.*~~#:o~.~'$~1'

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... · i~e::~:!;~=i:cl.::e~::~~:,~~i~r~~~~::!e~~~f~~,~~~',};\·: '., .'
'. . . . . . .•. Lebenst d.er Erlösung sucht; ·durchblicken, läßt. Der Akko~d'~undethidn ,Bejali!4tg;" '
. •. .•. . . •.•. sonderii : in sein~nhe1"bent · .wenn auch ' klanggesättigten ' !i'ormennur eineWdtJ , ':'

· · · •· •·• ~::d~iiT:::a~l1~i~li:ch;;:~~~t.~kl:eti.r:Cht~:;:::~;:gW;~~r~~';<"',','
<in das 'Me!odischepröjiziettzti sehen, · trötzdetli :es im' !\1tkordliclieh die gl~~~he; '

[eiE#!i:~~~;':;!:Az~u;n;:2~~e~tts~~\~a:~~~1'~;;'·.
;.triittdbMe' intellektuelle Energie, denn als stitistisChe <Al1giekhung ·. wirkt.•·. Djci·
TeclmisChe verh~Itsicl1 ' hier genau so wie die: syntheti~(heri BegabUng\~n beide~
.'., .· ;ucina#det :·•. die ". Sp~tia1isietung~ . die . Z wi$cheb:wert~ :ent4eCkt.und ·E.frü;elf)egdffi aus .
isc.blummerden KHiftetiweckt; · Der ·· esstnHeneGeha1tder , Wagriersc~eh ' Hatrririnik ,5}
strö,mtals' symphonisches Hilfsmittel undScliärfu~g des ' A~~druckesäJ$ P~cliol~gie' ",
:iu "das ' SthrekerscheWerkein; abel'uerfähiteme Strih1~nbrec;hurig, in 'das ' ' . . • der
·.• •.·. . . ~~,:~ic~:S!u::!j:·.· ·d~:i:O:Jfc~et:~:iridasde:t:i,,~~~:s~~1Jti.~
,Form .
•'.•··, Nibe1ürtg~rifludu!s . · · in die .' scl1webend~~ .· oszillierende
'i·. "
.
einer iQual'tharriiö#ie ,', .- ,: ':. ' .
;. aufgelöstist t It+tlütion des Stils~ die sich deriadä:quafefiAusdrU<:kdes Dt~n1a;s : .' ',:i '•. '.

,. ,. ,. " ".:·.,i/~~l!::Bs~gb~~f::.:·. n~·• ·.~~d.·. ~::rS~:;r;::i~~:~$t~:::;"·.~~~··.·~~~:~~~~~~i:T3f:.·. '.


',1tPal'sifal~;,;Hatmdnik~
die hi~t noch . mbrÜristig-erund ,geqtiäIter geschärft we:t dtn .', , , . . •. . .
(stoffH$.: ~n der kdnsequenten,garu Sdue:kerscneti.\ttrlegung :der [scharfen] Dissorlähz .-' ",

.)h{!; ~~!a~~T~vl:IZ:~ ~:a~~i~fl~~eS~~:~:k~~::~~;h~:::~::~rJ1~~::rdi~~t::!!t~.·,·.• · .· '


... verwaIJ.4t~ch.aft 'n'litSChuoert; Bl'm:1meiund die' entz:ütktiIiEmpfirider' der, rei.ti~n ,,'
.•.···.: Mu~ik~l~#it besitit :(dci sich auch Mahler gern,~om. Intellekt bdTcit, in unetid1:idi ' •.•.
.. . . tt4d '\l!.~:~W(>::tl!=. ~~.a:ne: .::ii~::rie:~lJ~:eg~"::~~~t~~i;~~:~ Ilis,;r····
':::~lo#a :> ünd ':. "'.: . .
.•
,A!viino), ' I'Jiilrier' durch 'einen '.• · fiinen Züsätz der$chrek:~rs:~e~,".:

>:~~i;~Ji~5jt~f~:stt!~t:=~~:e~~~td~~ :~i~:!l:m~lWi.1;fi;~1{ .•.


kC)suus{:h. .tJ.O: Bildungen gestäfte.t! umgi~li2:t habdi1 kömien :wit die beg~ i ffH ~~~ :ll'" "~'. '.
.:i.···~~pJlatlm· i···,die I.lie .•' Harmon1kte:präseilti~rtt als ·. · hoherestiiid ' eigend,i$~s Stibstrat ," ',~ , ': .

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.• ·• ~U(lfhi4ti: Ti~fed.eS~~,~tiig~~iihles; · :däs, mäiiiri.' diE:drltte. be&i.iftliclit i$p'~~~ei ein; . .•. ••..•
.:'., .... . ordriehkann . •·Dieseg ' bildetassoiHerend ausderriWe'ben der ·Natut;· abei-fojst·· nfuo ....... ,
, .' in ihren zarteni ·unkörp$rHilien Breignissd1.t wie dei'riRausmendes wifides, film"; .· .
. . .•. . . . •. . , ni~~lldenSpierdel' WilItn 'und Gestirne,sariftenWogendes : fl~ten~e:ti, aiement~ >
, harmonische Symbole a1s,t~nende Ide:en, di,e , in das Drama einwirl,ent '" miiihit{ <
' g~därik1idi verkltupft sirid~ Du "Ferne Klang", diesesehnsüdi#ge1 ' geh~rilnl$voll~ <
,Dis$orianz; ist eine trans,z €ndentetonale Eiiig~bungtaus. dem akUstischeriPhänoine±i:,
. . . . '" '.... '.. derN&tturgescliöpftt~ zWeifellQs . das •höchste d.er .akkordÜ'he~ •.. Syilibö1i1t; , diegl~ic1i+ :'t..
zdtigd.id1t~:dsCh;musika.1isCh.· •Und ·.· dtamatisclikörii:ipie1't·.•. ist ·(tr1~:ulkorin.tesp~ter;' . . . . . . . ,
.'.>'.," im Sclilußduett~es ffFerrien Kbnges#$ v'on einer symphoriischen M~'taphydk~preilit*;: .' .
wenti' man di~ :Fiille dtr 'Beziehungen it+iEmpfangen ·fest11äli: , dit! Dtlt~Urig',:::,
., . . . . .• ........ . dies~$ ·K1angphäa:omen.s··.•. ·als. Thematik .. in . .• ·StquenzenkEitten. · in'····.· ersch:iittetri4e:r : ~~,"/~,<.' ,'..
.' ,: ·.··rriatischer .···. Std~t~rtirig}; , wi:e . . . . das " zarte'· "Rieseln •. . iri .·· drt~i'~ehr · :kiinneri4issoniÜferl.;'+ \.,'
Gesfältuug beinl' Eintritt der' Bürger in der ' Elysiumsszene detHÖezeichiü~ttnl(, , d'a~ .
... '. Natur und MY$tik ideniifiZiert ~.' KlangphilO~ophie öd~r philosophiscne:H:armonik, ·····
' ~".'.' ..•.•.•. "•.. .•.•.··,dieidnekunstlerlsme. Alls<:hauung . umgesetzt ist; ·. die wir ·. wöhlschonbd>Wagrie:r: .•.•. ~ •...-:
....... ·.·::ulidvidmromatit1s(henGestalteu. finden; ·. abti :··hiet'·, nl:it ····· d~m.·. niimaprathtvoll : .• · .· :.... .
, gedanklich und in tiefer, synthetisCher Beziehung verkriiipft ist~ . . . . ........... ' . '
. . . Auch in den kühnsteri 'Bildungen dieser Art, (.tie' seItene~Fluid a#~st1'§tllEi~t ,: .. '....
.•.. . . .... waltet . · immer · .· dasMetaphyslsche, . das '. sie . begrdfl1chri1a~ht! .·. \iie: ·. itrde;ri ; ~ri.~~i4",':,' •
• ' •• Y • • ätherik schweberid.eh " mystisChen"Akkördeii beim" Artgduslärittri ·,irti, dtiH~n;;, Ak:~:<i: .'....... '
de!'~,Gezeichnet~llJf;, die in Andacht ersdiau'e rn; gl~ichsam d$t : Deu'tulig~ntzog,t#:\
. : und ':nur .d1trth . tr.anszend~fiteQderwenn ' martwillpoetische '. Logik . wirkeri.d;, .' (Man:. .
. . kÖririt~' si~tent~e.d~talsEinbeziehUngeritfet:rit •. HegtnderOb<ittölit~·. respektiv~Uiitit~ :; . · .....
.töne oder als. Honunagean Schönbtrgs fremdärtiges'Systt.ln t ,nä<;u dem PHnzip"desi:'
terzeu",dse ' akkbrdischeriBaue.s . mit Elimiriierung von ZWlsclleritöneu t auffassen;} i
· Essind . . . · Sten~iit,.·· die . maftdell · nur·· · durdi.· Zt!hilfenahtnt .ästhetischer KOfte1ateihr~
. . · · ·.·.i Bew~'i$kraft .• ·• eirtwi2:kelrij .•·. d. · h..sie ·.1?iduif~n ••.·d.ei·•.· Firh~r .• dirklänglicheriöder: dYt1~~' ...., • .• :
mls,~eli: N t1a~detun&'t 'd:er ". Kunst . . im Reproduzieren, :um die}\bsicht tu , erffiH~ :>
' un,li~*e flärte ::iu verwandeln; .Sthön Strauß hat in der Ergänzung der 1*i;tJ:un:u~,n+ ,>.

·.·. ·. .•· ::An;~~ttt~.11::~:!~ • ::~~:~w~b::ü!i!f:~u~e~~e:;if::~;:\~\~7~!!'; . . .


•', gewi~sen; di~ · · · .· EinzeIstellung des Ereignisses >und seine ,Disktedon schli~ßen ' be~ . :,:" ':
•.. . Sditeker 'jeden Verglddi mit Sdiöri'bergs at6:t1alem Allgemeinstil ' aus und :es feh1~ ' ::'

.,.,~~~-;,--
•.•. • . • . ,: farberi; .·.·. nidit dii .· lydisc:heQuart vergessen, dtten Spannung in allen Schattleruogeri: , '
.;: ahf ~~rie neue Ästhetikde$ Intervalls den AüSdl'jjckbel~bt tmdin dir akkördlk:h,..::>: ..

iii.·. •· ~~t~7::!~h~~:;:J::e!~~erd~e:r~!~::::rt~;~sm,~t~!~ä~~~:~;:~~';'
..........: Do~~~nte: alSkeuscl1e W'ärine im Motiv Cal'lOttöls, als irib:i ünstiget :Aufschttiirit HOf'uf :'
i:,":" theil1~~es:Vorspl~les d~t~Gezeichneten"~ t als Aüsdruclt keoten Leicl1,tsiilris indtt,H ...dut.~:; .

.dtt~f;:bt't~:~g~;':~S,%tla:·.~:.~~~s~;~~~~"<: .•
.. . .:.. .. . .
. .... . :- ..
.. .. ..
Wir sehen eine Renaissance des Romantischen und Seelischen vor uns, die,
durch den Geist der Zeit gesehen, eine eigene Sprache in allen Zugeständnissen
und Einflüssen spricht und ein bisher ungeahntes Stützmittel im Akkordlichen
findet. Mit Strauß, den man gern als Maßstab der Zeit nimmt, hat es gar nichts
mehr zu tun und fordert eine neue stilistische Einstellung. Sie ist wie ein gramma...
tisches System, das zur Verwirklichung des Ausdruckes sich einen eigenen Reich...
turn an Satzbildungen, Worten und Metaphern schafft. Franz Schrekers Harmonik
. ist die Kraft und Geist gewordene Vermittlung romanischen Geistes, der durch die
germanische Tiefe zu einer synthetischen Wirkung erhoben ist, und als Ausdrucks...
form eine Sprache, die die Seele in höchster Verdichtung erklingen lassen will. Wie
jedes großen Künstlers Werk ist sie ein Ergebnis, das eine Klärung und Höher...
bildung möglicher Begriffe und Inhalte als Energie in sich trägt; sie stellt in dem
großen dialektischen Prozeß, den die Kunst und Musik in der Loslösung von Be...
schränkungen und materiellen Bedingungen nimmt, ein selbständiges Glied dar,
das gewissermaßen den Grundsatz des Abstrakten in einem besonderen musik...
dramatischen Sinne Sinnlichkeit werden lassen will. Sie lebt in einem neuen Hören,
das durch die Fassung des Akkordlichen als Naturform bedingt ist, sie befreit den
Klang aus seiner subordinierten Stellung, die eine Folge der begrenzten logisch...
theoretischen Anschauung war, ZUr Souveränität, in der er seine unerschöpflichen
Quellen strömen lassen kann. Der Klang wird in 4ie große Kette der Se1bstverwirk...
Hchung des Geistes in der Materie (in dem evolutionistischen Sinne Hegels) gewirkt,
wie im Organischen das Physische und Geistige unlöslich ineinandergreift und durch
die Zwecke und Gegenwirkung gesteigert wird. Das ist der tiefere Sinn dieser Har...
monik, ihre schon geschichtliche Substanz, die sie der Sonderbetrachtung wert macht.
Damit wird sie in typischer Weise eine Verbindung und besser eine oft schon er...
reichte restlose Auflösung von Intuition und Intellekt, die das Wunder der künst...
lerischen Zeugung in neuer Spiegelung erstrahlen läßt. Was sie an Intuition ent. .
hält, an dem Ferment, das als gestaltende Kraft in ihr wirkt, wird die neuen Er . .
leuchtungen, Klärungen und Vollendungen geben, in denen sich das Wesen der
Kunst und ihr Glück kristallisiert.
c c

D I E D A R s T E L L u N G
Stilbernerkungen zum "Fernen Klang"
von Dr. Ernst Lert, Basel
Dem "Fernen Klang" geht der Ruf einer unerhörten Schwierigkeit der musikalischen
wie der szenischen Darstellung voraus. Man spricht von fabelhaft auszuarbeitenden
Solisten und Chorensembles, von einer unglaubli~ schwierigen Zweiten. . Akt. .
Dekoration, man bekommt Angst vor den unzähligen, unbedingt notwendigen Proben.
Nun, "manl~ hat zum Großteile Recht. Das Werk ist vielleicht die schwerste
Aufgabe, welche der neueren Musikdarstellung gestellt wurde, ist aber auch mit
kaum einer anderen an interessanter Dankbarkeit ihrer reichen Probleme zu vergleichen.
Die Schwierigkeit liegt aber nicht in den Massenszenen ("Meistersinger" und "Rosen...
kavalier" sind gerade so kompliziert), sondern sie liegt in der Auffindung eines dem

40
Werke entwachsenden Stiles der G es amt dars tell un g. Ist dieser Stil aber gefunden,
dann sind die technischen Durchführungen nur eine Frage der Einfühlungskraft und
der autoritativen Routine des Regisseurs.
Vor allem gilt es, Richard Wagner zu vergessen, auch jenen, welchen wir im
"Bajazzo" und im "Tiefland" zu spielen gewohnt sind. Die musikmotivische Arbeit
dieses Dramas ist nämlich nicht die architektonisch durchkonstruierte Leit... und
Erinnerungsmotivtechnik Wagners, das Orchester baut nicht die Handlung und
Charakterentwicklung dramatologisch durch, sondern es trägt Handlung und Charaktere
auf den Wogen der augenblicklich sich entladenden Stimmung expressionistisch
weiter und zu Ende. Schrekers Schaffensart ist dadurch der des jüngeren Verdi verwandt
(erst überdenken und dann lachen, lieber Leser) und dem jüngeren Verdi verwandt
wird auch der al fresco . . Schmiß der Darstellung sein müssen. Wenn in der einleitenden
Regieglosse zum zweiten Akt Schreker will, daß im Zuhörer "beinahe die Empfindung
wachgerufen wird, er befände sich selbst mitten in diesem Treibenu, so möchte ich
dieses Leitgefühl ruhig auf die ganze Oper anwenden. Schrekers Musik ist keine
Musik des Gedankens, wie die Wagners und Beethovens, sie objektiviert nicht
unsere Empfindungen und hält durch die leitmotivische Kontrolle unser ästhetisches
Distanzgefühl wach, sondern sie löst in Schopenhauers Sinn ganz unseren Willen in
ihren Gesamtwillen auf, sie schlägt nicht Feuer aus dem Geiste, sondern verbrennt
in unserer Stimmung. Verdi! Das Dramatische löst sich erst, sekundär aus der
sinnlichen Hingabe an den lebendigen Augenblick los. Wir können vor Schrekers
Musikdrama wie vor ein impressionistisches Bild nur mit halbgeschlossenen Augen
hintreten, um durch die gefühlsmäßige Anschauung hindurch das rein Materielle zu
empfinden, zu sehen und darzustellen.
Vor allem also gilt es, Bayreuth zu vergessen. Man kann auch Ibsen und Wedekind
nicht auf Weimarer Art spielen. Schrekers Musik ist auch nicht pantomimisch, sondern
psychomimisch, sie stellt nicht die Geste dar, sondern die Empfindung. Sie gibt nicht
die Form, sondern die Farbe, gibt somit keine Motive als Formeln konkreter Dinge
(wie Schwertmotiv, Trank... und Sehnsuchtsmotive), sondern nur als Reflexe seelischer
Zustände. Was also an aktivem Spiel aus der Musik erwächst, wird nur dort zur
malenden Gebärde, wo die Empfindung zum Ausdruck werden muß.
Wo also die ungehemmte Lyrik der Schrekerschen Musik sich endlich nur an
der plastischen Form der dramatischen Kontur darstellen kann. Also umgekehrt wie
bei Wagner, bei welchem (wie er selbst wiederholt betont) die Musik aus der
dramatischen Gebärde entstand, kann hier nur die Gebärde Ausdruck der lyrischen
Stimmung sein. Sie bedeutet nicht, sie denkt nur.
Die Darstellung Wagners ist dramatische Inkarnation der Musik, die Darstellung
Schrekers lyrische Symbolisierung der Musik.
Und hier, im Symbolhaften, liegt der Schlüssel zum Schrekerstil der Darstellung.
Wir haben, wie im Wagnerstil, dn Analogon zur Schillerdarstellung, hier eines zur
Darstellung des späteren, symbolistischen Ibsen, ja zum neueren Wedekind neu zu
schaffen.
Nicht umsonst heißt die Oper '"Der ferne Klang", nicht umsonst ist dieser Klang
ein Symbol eines Ibsenschen L~bensproblems, nicht umsonst ist dieses Symbol gerade
ein musikalisches. Schreker sagte mir einmal: "Meine Opern sind alle auf einem
rein musikalischen Gedanken aufgebaut, denn die Musik kann nach meiner Meinung
nur wieder Musikalisches darstellen. 41 (Auch hier erlebt Schreker wiederum viel tiefer

41
die Metaphysik der Musik Schopenhauers, als der Schopenhauerianer Wagner.) Der
"ferne Klang" ist ein, der normalen Begriffswelt unfaßbares, nur mit der Empfindung
zu fühlendes Symbol (nenn's Lebenssehnsucht, das Kunstideal, nennt es Glück I
Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist alles!), wie auch die
Symbole Ibsens dem Rationalisten Unsinn scheinen, sich aber dem Empfinden des
Romantikers leicht erschließen.
Das Wunderbare, die Wildente und die Lebenslüge, Weinlaub im Haar, die
weißen Pferde, die Helfer und Diener, die große Todsünde und die Mission, das
alles sind motivische Schlagworte für den Symboliker ihrer Dramen. Ja, die innerste
Verwandtschaft Schrekers mit dem romantischen Ibsen geht so weit, daß man fast
den "fernen Klang 'l als Symbol mit dem " Geh' draußen herum" des mystischen
Krummen, daß man Fritz mit Peer Gynt manchmal geradezu vertauschen könnte.
Und wie bei Ibsen beruht das ganze Drama Schrekers in den Wirkungen dieses
Grundgefühls auf die verschiedenen handelnden (richtiger "leidenden Menschen.
U
)

Alle die Menschen Schrekers sind von der Sehnsucht nach dem mystischen "fernen
Klang U besessen, alle drei so grundverschiedenen Milieus sind Produkte der
Ausstrahlung dieser Sehnsucht. Manche Kritiker haben das Drama von Episoden
und Milieuschilderungen überwuchert gefunden. Keineswegs! Diese Episoden und
breiten Milieus sind wichtige Handlungsfaktoren des Dramas von Fritz und Grete,
sind Abspiegelungen ihrer bewußten und unbewuBten Persönlichkeiten. Alles zieht
.- wie bei Ibsen - immer zum Ganzen, alles ist wichtig. Man versuche also nicht
zu streichen, denn kein Strich kann gelingen, jeder trifft eine Lebensader des Dramas!
Das innerste Symbol, der "ferne Klang l' hält Alles unentrinnbar zusammen. Sein
Motiv (es taucht bei Ziffer 3, Klavierauszug, zuerst auf) ist auch das einzige, wirklich
durchgehende Erinnerungsmotiv und etwa noch das Liebesmotiv (Z. 1). ~
Aber dieses "ferne Klang" . . Motiv bedeutet nicht, sondern ist der musikalische Ausdruck
des Suchens nach dem 1,fernen Klang", und wenn der wirkliche ferne Klang dann
ganz, ganz anders erklingt als dieses Motiv, so liegt eben hierin die Tragik des
Fritz, der auf dem falschen Wege suchte. Aus der ZentraIität der Idee erklärt es
sich auch, daß die handelnden Personen keine motivische Charakteristik im Sinne
Wagners tragen: eben weil sie Abspaltungen der Hauptfiguren sind, weil wir sie
nUr aus der Verbindung mit diesen Hauptfiguren kennen und empfinden lernen.
Immer sehen wir entweder durch die Brille von Fritz oder Grete Menschen und
Milieu. Dann trägt auch die Musik zu diesen Menschen und ihrer Umgebung immer
die Impressionen der Helden. Die Kupplerin wird mit Triangel und Tamburin als
die Lockung der Sünde, weIche in Grete erwacht, empfunden j doch laßt die Alte
darob nicht gleich tanzen! Ihr Motiv geht Gr e t e an, nicht sie. Die Alte spielt ne ben
der Musik, in der Musik spielt immer Grete. Wenn Fritz im· zweiten Akt landet
(Z. III. 794, 4. Takt), so darf er nicht parsifalitisch wie der steinerne Gast im Rhythmus
seines Motivs nach vorn auf Grete zugehen, denn das Motiv ist nur Fritzens Suchen
nach dem Klang, ist nicht Fritz und seine Bewegungen. Auch die Zigeunermusik
löst keine Gesten aus. Nein! Alle Musik ist nur aus Fritzens und Gretes Fühlen
heraus geschaffen. Von Z. 96 an ist das Beispiel wunderbar plastisch, wie das Orchester
Gretes Stimmung und Liebe malt, während das Bühnenorchester, die Zigeunermusik,
das wiedergibt, was Fritz hört, der ja nun im Sinnengenuß, welchen das Milieu
wie die sinnlichste aller Nationalmusiken darstellt, den fernen Klang seines Lebens
sucht. Wie dann in der Szene zwischen Fritz und Grete die heiden Orchestel

42
einander durchdringen, eins das andere übertönt, eins vom anderen übernimmt, bis
die Bühnenmusik ganz sChweigt und nur das Hauptorchester die Stimmung malt.
Wer hätte noch nicht in einem Konzertcafe gesessen, auf die Musik hörend sich
unterhalten, bis im Eifer des Gesprächs die Musik immer nebensächlicher gehört
wird, bis sie nur hie und da in einem Motiv noch erfaBt wird, bis man sie endlich,
völlig in der persönlichen Unterhaltung versunken, gar nicht mehr hört. Hier ist
eine besondere Probe aufs Exempel der lyrischen Subjektivität von Schrekers Musik,
ihrer durchaus nicht aufs objektiv Pantomimische gerichteten Anlage. Denn wäre sie:
pantomimisch und objektivierend, so müßte am Schluß des Aktes, wie Schreker sagt:
"die Kapelle spielt einen Csardas" und Ndie Kapelle spielt unentwegt den Csardas'",
auch die Bühnenmusik ihn spielen. Allein Schreker malt G re te s See I e und nicht
den Ballsaal mit seinen Musikanten. Und Grete hört die Musik gar nicht. Sie rast
im Csardastaume1 hin, sie singt sich den Tag innerlich verzweifelt vor, um nur zu
vergessen, sie vergiBt alles um sich und merkt nicht einmal, daß man sie entführt.
Sie rast unentwegt im Csardas ihrer inneren Musik. Die Kapelle macht nur die
mechanisch gefühlte Gebärde dazu. Unentwegt. Wir sahen jetzt, daß die Musik des
NFernen Klang" eine rein impressionistische Darstellung des seelischen Milieu ihrer
Helden wiedergibt, daß sie besonders auch auf die Schilderungen von Gefühlen eingeht,
welche unter der Bewußtseinschwel1e der Helden fließen. Sie gibt ein plein air des
Klanges, die Atmosphäre der Gesamtstimmung, in deren Dunstkreis die Menschen
des Dramas das Leben dieser Atmosphäre leben, wenn sie auch ganz anders zu tun
und zu leben vorgeben. Es ist wie bei Ibsen, wo so oft das "uneigentlichell gesprochen
und getan wird, und wo wir doch zwingend fühlen, wie das Eigentliche, zu innerst
Wahre, das Transzendente, die Seelen füllt und die tragische Atmosphäre bildet,
wie alles, auch dieses uneigentliche Reden und Handeln unter ihrem Druck geschieht.
Dies unaussprechlich Unausgesprochene stellt nun die Musik dar, denn sie allein
kann sonst nur im Symbol ausdrückbares Transzendentes lebendig schaffen, es
rhythmoplastisch darstellen. Daß nun aus all den realen, oft kleinen Vorgängen immer
die Ibsensche Wucht tiefster Bedeutung spricht, hinter einem realistischen Text immer
die nervöse Mitahnung eines musiklebendigen Symbols lauert, hat den Kritikern von
Beobachtungsgefühl die Schlagworte von "physiologischer Musik" und "phantastischer
Wirkung der realen Vorgänge" in die Feder gedrückt.
Daß die realen Vorgänge nun phantastisch wirken, können wir darstellerisch nur
aus einem Bühnenstil herausholen, welcher mit Sparsamkeit der Mittel (denn das
Symbol ist die einfachste Formel der vielfältigen Tatsächlichkeit) und mit fanatischem
Sachlichkeitsstreben alles bühnliche Geschehen aus dem mystischen Zentrum des
Dramas herausreißt. Dieses Zentrum ist das Suchen nach dem nfernen
Klang des Lebens. Alle Hast der Stimmungsumschläge, alle Krampfigkeit der
U

Handlungen, alles Untertauchen in die heiße Welt, das laissez aller aller Triebe muß
deutlichst und alleinig dargestellt immer aber bis an jene Grenze getrieben werdenJ
wo die tägliche Wahrscheinlichkeit zur mystischen Wahrheit wird. Keine Details,
keine Nuancen haben hier Platz, wenn sie nicht jene Grenzen auf dem raschesten
Wege erreichen helfen.
Und hier gelangen wir über Ibsen hinaus zu den nächsten Geistesverwandten_
Schrekers, zu Strindberg und Weclekind.
Weist das Problem und die dramatische GegenüberstelIung der Figuren Schrekers
auf Ibsen hin, so scheint die Handlung und ihre Durchführung auf den unerbittlichen

43'
Fanatismus Strindbergs zurückzugehen, während die improvisatorische Technik, die
groteske Geradsprungigkeit des Dialogs auf Wedekind hindeutet. Wedekindisch ist
auch der Stoff, diese ttsymbolistische Kolportage dramatik" , wie sie ein Kritiker
richtig und ehrend nannte. Wesentlich Wedekindisch ist auch die Art von Schrekers
Charakterisierung: alle seine Gestalten sind auf einen einzigen, ihnen typischen,
überaus heftig herausgearbeiteten Grundzug eingestellt (VigeIius, Schmierenschauspieler,
Graf, Kupplerin als Beispiele). Durch die Verlängerung dieses Grundzuges der Idee
dieser Figuren ins Transzendentale wachsen diese Typen durch den Widerspruch
mit ihrer realen Erscheinung. ins Groteske. "Die Realität schlägt der Idee so oft ihr
Schnippchen, die Bedingtheit alles Irdischen erscheint neben der Liebhaberei für das
Absolute in einem so grimassenhaften Lichte, daß der Mensch, von äffischen Trieben
nicht frei, diese Weltgrimasse gleichsam nachschneidet." (Michel.) Der Impressionismus
nun stellt dieses auf einen einzigen Charakterzug hin pointierte Wesen am echtesten
dar. "Er hat das Panische gleichsam im Leibe. Denn er geht ausdrücklich darauf aus,
die Dinge in ihrer Einzigkeit und Plötzlichkeit, in der Fremdheit und sogar in der
Wildheit ihrer Erscheinung wiederzugeben, das Er r e gen d e des 0 b j e k t s in
sein e r schI a gen ds te n F 0 r muli er un gau sz u prä gen." (Michel.) Die groteske
Pointierung seiner Figuren hat Schreker dem heftigen Impressionisten Wedekind
gleichgesetzt, und diese schlagende Einseitigkeit der Gestalten verlangt auch jenen
Darstellungsstil, wie ihn Wedekind für ~ich propagiert. Eine naturalistische Heftigkeit
des Sprech . . und Gebärdenstils mit einem scharfen Untertrieb zur Stilisierung nach
der einen typischen Charakterseite hin, welche endlich zur Grundtendenz des ganzen
Dramas deutlich hinzielt. Verwandtschaft mit E. Th. A. Hoffmann? Ja, aber diese
einzig zeigt die Musik, welche Wedekinds Groteske zu Hoffmanns Phantastik erhebt.
Und Hoffmann ist ja ein Urvater des modernen Impressionismus in der Dichtung
wie in seiner Musik. (Man vergleiche nur seine "Undine" mit Lortzings matter
Limonaden. . Romantik.)
Wenn wir nun aus unserer Analyse des Schrekerschen Werkes den Stil seiner
Inszenierung formulieren wollen, so können wir etwa sagen: Ein durchaus unpathetischet
Verismus muß durch Fortlassung alles Zufälligen und durch hellstes Herausarbeiten
der dem Zielproblem des "Fernen Klang lt zugekehrten Charakterseiten so ins
Phantastische hinaufstilisiert werden, daß die symbolische Bedeutung der Einzelmilieus
und ihrer Gestalten als Produkte dieser Stilisierung ungezwungen klar sind. Dabej
dient das Herausarbeiten der dramatischen Handlung ganz sekundär, bloß einzig und
allein der stimmungshaften Darstellung ihrer impressionistischen Musik. Die Form
bildet sich hier immer und überall aus der Farbe.

c c
D I E R I T I K
[] [J

Die Kritik über Schreker hat ihre Geschichte. Ein so schroffer Anprall fanatischer
Bejahung und aprioristischer Ablehnung eines musikalischen Phänomens hat schon
lange nicht stattgefunden.
Die bisher ihn ablehnten oder noch es tun, sehen in ihm den Mit... oder Nach ...
läufer von Strauß, Mahler, Schönberg, Debussy; das verwegene Extrem, das die
Schranken der Tonalität um die letzte erlaubte Grenze übersteigt; die Reinkultur
der in Retorten destillierten Pseudomoderne.
Die, zwar zögernd noch und etwas vorsichtig, schon "mitkönnen u oder die
inzwischen Bekehrten räumen, vielleicht in Anwendung des Falls vom verkannten
Genie ein, Schreker ist doch nicht die musikalische Eintagsfliege, die man unwillig
mit einem Lappen erschlagen kann, weil sie etwas unme10discher als andere Fliegen
brummt ... Man muß jedenfalls erst "Distanz.. zu dem Problematischen in ihm
gewinnen, um ihm gerecht zu werden.
Denen, schon mit Anbeginn, Schreker Anlaß zu ernster Auseinandersetzung war,
die neue Anbahnung des Stils, die originelle Prägung witternd, haben ihr Eintreten
für ihn inzwischen in dem Maß bestärkt und erweitert, in ihm die erste Begabung
t Wagner, ihm der Art nach verwandt, das gleiche Phänomen zu erblicken.
Immerhin ist sein Fall zu so außerordentlich intensivem Interesse gediehen, daß
seine Kunst - von den früheren scheinbaren Tastversuchen, verworrenen Ansätzen
in eine ausgegohrene Struktur, in ein tragfähiges Gerüst geleitet - nicht mehr zur
Diskussion stellt, wer von beiden Parteien Recht behält, sondern welche ausbau . .
fähigen Perspektiven Schreker eröffnete und welche Wege er selbst mit apodiktischer
U n beirrth ei t beschreite.
Die romanische Kritik bekannte sich zuerst zu ihm. Vielleicht Blutsverwandtschaft.
Bekker, als erster in Deutschland, vertiefte sich mit gewohnter wissenschaftlicher-
Durchdringung und erweiterte den Fall zu jenem geistigen Umfang, der die Geburt
der neuen Oper verheißt.
Die Meinung Wiens über Schreker ist genugsam bekannt durch den ominösen
Skandal gelegentlich der Uraufführung des Spielwerks und der Prinzessin. Was
bei einer "Musikstadt l4 nicht zu verwundern ist, die Beethoven verhungern ließ,
Mahler nach Amerika verbannte, Bruno Walter über die Grenze abtrat, Schönberg-
im Ausland aufführen und feiern läßt... Weil Wien es höchst unbequem findet,
da ernsthaft zu untersuchen, wo es sich leichter kommandieren läßt.
Die nachstehende Gegenüberstellung der Kritik soll keineswegs das rote Tuch
sein, die in ihrer musikalischen Ehre ohnedies so schwer Betroffenen etwa noch
überdies zu reizen; noch eine geschmacklos verhüllte Anpreisung, einen "Märtyrer U
der Kunst recht vorteilhaft auf dem Podium des öffentlichen Gewissens zur Schau
zu stellen. Vielmehr eine Mahnung zur Sachlichkeit an alle jene, die der Kunst
ernsteste Beachtung auch sonst entgegenzubringen gewohnt sind. Dr. O. Sch.
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45
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de reQ'itUi't~ dont on a vöülii~*tm'ayet,~tlademeute~ns :]~f ttf1irie,amplemmt
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Eingärtz N~uef~ganzS:ithnert .hat~'i,h · ~o'~ ~,
mit~jn~mm:ak in,ÜeReihen d~:r Bl'$tenl\c" . wardem.Püb1ikumo' derFl'~Hikft1herKQ-ii;!;ed...
o' sti'!:nt~ aUf gdneigenes Pi~deS:tat:o' Fta.nz Sctu:eket~ ..• Iläledn völlig lJn'bekiinntet\ • $tutcii~cher · Bei.. ·
d:~iviel't$~d'treHÜglfih.r.ige PJ.>ofe:$sot de.rWien~:r o' •.• Jall hat ihn g~lltternwohl t.hiviätclluind~l't­
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.... ..... ··. he;t,vÖl\eiri~ . musik,~Ji~che . Pel'$(hllkhkeit . 'v on .. Wien~tls'heSpezi;iUt.ä.t · sifid~ •...
".........• Bigeriartu.nd Kt<,ttt.Ei::tterfderver$chwendeds<:!t · '. 0
..imGeb;eütihdkHhtli!:l"fiisttH'.lcn, i~ ,.Ford~rn!( .. . ' .. .
...... · ist.Di~s~ Partitur des · q,rdaktig~nlVlt$alkdramaiL:srpz! G'E::Rl"tEÜ~StE ~tAcaR!cHrEl'i,
........;Detftr.ni Klang;UhUdet·. biibttr '. gewa.gte-n ...... · l{l.F~hrua:t' i91Z ··· . . .. .
.· . Koi'r1P1izi~ithtit'~ie1I:dditdiriH.Öh:epuri1rtd~s . . ri' "' ('U kb·ldl · d

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. · Wtirdrt1 ~ehnes · nachde.ml.nv\::iten Akte ätti. Moziirt$. melo~Hstb:~':t'Linie> Ahel': $u,hte. man
. . ·.• KomponlS{eu hei'\'!iß\'t~ied~l'hölth~l'vo.rr.:tefrind ..
· ... :Uün:amSchlußO~~~dionen: " dal'btEu:.h te• . wie .sie .
...•. •·. $eitjahre$l :hi«fii(;ht,erle.bfwut4~n~:Mankann · .. ...' ':
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· · · dj~ . d~tC!hdie . Gtößt!' ·1.1nd .· dit . Fa:tb~nlnten$itäf . '.' ·qet' ". Wiertel" ··· Kla$sj.:k:er .· unverg;blglkh · • ~ind1 ..
·· ihrer . :O:lU~dkaUs<h€:ri.A~iSdt'utksf~hig1rehen . auf '. ~()ll~ridie:d~r: MQ-deme iS.ch~tltotg.eb(tN~nseih.
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· . des :twdtetx '.' Akt~$i:q det~.;C.a~adl m.as(he:r~# Kunstgew~rb~ri1itgl~i'hmllßlg~:rAc'bturig von
· .... bd .Ven~d ig' und' "irt Teitert.·.· de$ . . o.: dttcn .Akte:s •vet~:clu(:derten' T~djniktnspridlt, "dirtitJ:doc!t
· · g'!h.6ttzwn Größtert. ~mdl3~detitendst~nde't .·jede ':iuf g~wisst HattPtwiikung~n det andet'e~
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a:ußero:rd~ntHch~niZidb~Wtißtsdnder dr-amati.. . 81H:'ith* t.e:h:n~ lttri~ Das ist d~rV Q:t"';ligae$
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. dt:n Mängel d(i:,ij T~xtes . uhddet Mtutik (l,bet.-.., .' . sifiken · dhf GefiUile .i nkH$ta11inel1 Akkoideur
. Sdlrek~r istaitchseineigener D!drtel' -$i:o.,( · . ühel': ilie ·Blitt$ttOpfe}tigleit~ri.:pa~lst ,ntU :leisen
geeigri~f,j dieA(;ht~trJg vot"d~'t Ztnt~t$kh:t und '·· ' Ft1ig~:t:n gesditieben und e::iithiH1teirifein~s~, .
'. detuKrjjftb~wußtsein' <!leses junge:n. .Aütöts .:ro: .'. Uebens'W~tteRKllristi~thetz;DieVögds~:retütd.~:t
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. . .. . . iiii:hf 1:1nte:t'd,enzweim~et' drei Qperur diee;f oHdit ti:tid die Bessei':e:n. iii ·utls<ilitüft~ ist S~dc
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Wie in . dert t1,tssisd.l€n ·Opern .hef:reien~ieüns ', " sQgÜfwit~irtden and~t~ftKi1nsten~ Es ·i staer ... ' '
vori der Ttiditinn des Wagnertums ·undführe:ii,· .' D:f~ngj ausd~rtl. Falirw'i!ilSsetdne$tirifrüdÜ:bat:en .
unS iueine ~eul!; lydst:lünaleti;:H:I1e Zeit. .. Ekleldjzisrilushefau~tt~Qmmen4rid,därUrn,e.tit .
. '.. .: ..... '; $~iJle PU;:iütasien sindteichÜ'b ~-el'td1t; •". Wetter.u$ette.n;Eiif nlu~ika1iBchel' Futttr1s1:nllS .
tri:.i.f}'i:i;foIgti11d auch öhnt Erfolg•..• Ma.rn::htt1at ."also/wennman s6wlU,obwöhldera,tflgewohI",
·malt .etpl'ogrammatisdiy · s6d.$$l{egd~1p'id des . ". fdl~ ·. St:htag;wöi'teJ~Grt1tldegencimmeniecht ··
.• trtnikene:rt VatR::rs '. ~ .' Q;as Jstmd$terÜctxge;. '. Wellig be$ag,en:Wh:Ueri~Dawetcl~ti:ztinä,dütdie
schüHt.eti~Öd\~;i . O:asSehnen . d.e$vedass~n~ti, . . Aus.dtucksmfttdde:$ ·. ~tüsikali8then t::rweittttj
' .. 1"erkatiftinM~ldchens ·, imM'onasthdnwalde ~'. •. der U'rttetschied· .zwi.sch~n Könmori1tnzuiid Dm": .
ltiseMeloclie1inienUbe~ auf;;tdg;!ndm Qtdntenj ·.· .' SQtiattz vets.:lrw1ndet,: ·· dit . Tonalität·· · ersl:;nexllt

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aUfge~t)~t,l1tti.{nritlnl~ttt~tehfSÖ~a~ der Kampf .. 'Unte:r ' den ',' Ausd~tic,ksmittdn , Sdil'ekers •.'
"'. g~gendi~ ' · rott.tfsch~ Takteintdltiug bevo!'~S('i ' sdldnt-dne Neuetiing\ronpto~MmmaHsdltro· .
" w~nigitfretilidtsoltht; Erschdmmgert viden " Wert zu stin; Schrekcr lü:rt an eInigen SteHeü
, sein mögen, d<iSeine läßts.lxh nidttlttugnent €ine neu.a:rtigat1rnttt~ndett;gi.e:tting d~s.gv .
,'" " nämHch~dajfdas ,', iUfiitl'e f ·· musikaUsdte ·, Oht · .~ptocllene:n und ,' dts~su:rigerit~n .Woiteii ', du;.; .•. '.'
".. einem$tett',nUmbUdungspro.z:~ßuntet1i€;gff 'Was " gtfti.ftrt} die w~d~.t' •.Rezitativnod:f . Mdödran.' .
, h~Ut~1'10, <:h '. a1$' it:tt:.:tilöglich gU~ , lst morgen · ist. Beim .altell ' Rezitatiy •. liidt das Otdiester .. ',,'
vicUeit::ht,schol1 auf dem Wtge~ ,mu$ika1is'.hes cl~nGtU:I1'dtoÖJi f~$t; währ~t~d . . $ich di~ Spr~the,
AUgl(!::meingut , ,zU w'ehien> lJas ·ldnt die 'Musi~.. ·· . btzw..; ·. de:f ·. Ge~ng: .··· bt . ·auf.. · . und .·.· abstcigende1' "
geschi<:hte von :Sam .h erauf bis ,zud~JiMddetnen~ L:hiie fotte:Ufwl,kiilte. Sdii~kef laßt ;;,;",;. vgl~die .•
Wird h~ute ' wühl im ..Ermtenochjimand etwa letzt~ Szen\$tm. schen:Ftitt1~:tidV.ige1t4S ~ ". .,
df;n DoriQtdio'te vonStraußutite-r dem Ge;. umgakenttoas: Örd.iestet ,sf6"i föft~.fitw'ick:elt1

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. . ""fe:rne Klan8'~'riein .E:i,StHrigsW~: rk,f istntUlZwar lang gewonnenhät. '.' '. . . .. . '. •.... . . ... .. .
allerdings ' llo\':h k~i:ii , mU~lkatL~l::I1esNeuland; A.rtl · ge~ch.tÖ;sßenstert i$t ·. die ' F~r~ng ' de~ '. '. .
E~ßtcllt. ahet ;SÖ~l.g~~~rtig~Pröb1~met daß '. ersten Akt~S1 dessenSchlttßtdet n~cht1h:he .
man auf keirib:iF~ir mehr'a · , ........
S h " f ..... ' Waldt:au:Qel\ ' 10. · $chörttt lytisthb.' Stfinmung •.

~.: ,~ -,s ·.~~:~.· ~,.:',~r.:~.~:.~l.·~!:t·~.j,.~,:~.,·~.·~.·


.• .•
'.... · .........v'"' .. 1<l*,~
.•·,.'.• .•.•:.•.•:.i.•_.;.:.·•.:
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.•
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, .. . , .' ...... , ...... tt\1:t~n von FritiundG:tefe.$tt,k1ingencler . T6ti~

.. .• ..... .. G~~\:hIÖs.s~1ih~H . einet .. dgenstäi'k .Wit'kenden ... W~l'k~st als Friti ül "' d~ t ooessturtde : dert '.
dkÜll1" wi~dtt ,d~t . ·scl~i1dr· des '•..
.. .. ••. Pt;;;s5nUt.hkeifdtt:rthger'ttngen.Sdn·Imp-ressio..: .•. w;thr~n fernen Klarig .vt,tri.irilmt. ·· .
. '. . rii~iüush;\tlt st'hzW~~vQnfl'em:di,>:n Vor'bilder:ri Magvklldcht ilia,nthth •dti ~tbfflidh?u.1td
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da wehen zu fühlen, wo sich mir früher nur geschenk der Kulturverweichlichung vor dem
Mache gezeigt hatte. Und diese persönliche Er.. großen Kriege auch wirklich abbekommen. Der
fahrung läßt sich vielleicht dahin veralI.. überwältigende Rest aber ist jugendlicher Be ..
gemeinern, daß man zu der Oper erst HDistanz U geisterungsüberschwang. ist frohe Kraftent..
gewinnen muß, um ihr gerecht zu werden. faltung eines ungehemmten Könners, dem die
Denn eine etwas problematische Sache ist dieser verzwickteste Ausdrucksform noch immer wie
"Ferne Klang U ja gewiß. Nicht zufolge seiner ganz selbstverständlich von den Lippen fließt.
hier schon gewürdigten Eigenschaft als realisti.. Eines Könners zudem, der auch ein wirklicher
sehe Oper; sein Gefühlsgehalt ist ja so stark Schöpfer ist. Und das muß den Ausschlag geben.
und dabei so eigenartig romantisch schattiert, Schöpferischen Geist in formalem Sinne be..
daß dei' musikalische Stimmungsreichtum durch kundet insbesondere der eigenartige zweite Akt
die singenden Kellnerinnen und Schutzleute des "Fernen Klang" mit seinem Zusammen ..
nicht mchr in Frage gestellt werden kann. ballen von Hauptorchester. Bühnenorchester.
Auch das fatale Hinüberspielen des Stoffes auf Solistcll . . Ensemble. Nah . . und Fernchor : ein
I
sittlich zweifelhaftes Gebiet wird bei taktvol1er "lineares" polychores Musizieren von uner..
Aufführung erträglich. Das Problematische liegt hörter realistischer Kühnheit. Daß Schreker
überhaupt weniger in der Dichtung Schrekers, aber auch inhaltlich etwas zu sagen hat. zeigen
deren Konturen wohl manchmal etwas ver.. vor allem die Stellen, an denen er den Mut
wischt erscheinen. die aber besonders in den zur Melodie findet: der klangduftige Wald..
Schlußszellen des zweiten und dritten Aktes zauber, die Lyrismen Gretes und Fritzens, das
genug dramatische Kraft besitzt, um fortzu .. Vorspiel zur Schlußszene sind hervorstechende.
reißen - ungerechnet ihrer lebendigen Episoden. aber durchaus nicht alleinstehende Beispiele.
Die Kompliziertheit der Musikvielmehr ist es Und was das den Singstimmen gegenüber aller..
letzten Endes, die das Werk belastet. Was sich dings sehr egoistische Orchester an Klangschön..
Schreker an Dissonanzen, Modulationsfrei ... heit entfaltet. ist über Befremdlichem, wie dem
heiten. an Klanggeräuschen eines Riesen .. naturalistischen Vogel konzert im letzten Akt,
orchesters, an zerfließender Rhythmik leistet, auch nicht zu überhören. Fazit: Der "Ferne
erreicht zwar noch nicht die Ausschweifungen Klang" klingt doch aus der Welt eines wirk ..
des jüngsten Futurismus, verblüfft aber doch lichen und ernsten Künstlers herüber •••
zunächst und läßt übles Artistentum wittern. Dr. Eugen Schmitz
Ein bißchen davon hat das Werk als Danaer..
0 ' 0

DAS SPIELWERK UND DIE PRINZESSIN>!~


NEUE FREIE PRESSE, 16. März 1913 NEUES WIENER TAGBLATT. 17. März 1913
Schrekers Musik, von allem, was der letzte ••• Das Hinzutreten der Musik schafft einige
Schrei der Moderne ist. beeinflußt, insbesondere Erleichterung. Und die Bildhaftigkeit der Szene
auch von Debussy, Dukas und dem Strauß der trägt auch einiges dazu bei, wenn aUch nicht
beiden Prinzessinen Salome und Elektra t aber die Symbolik des Werkes zu verstehen, so doch
noch immer auch von Wagner, ist überwiegend aber das eine oder andere Geschehnis zu
szenische Stimmungsmusik, die auf ein im.. erfassen. Darum sagten wir zu Anfang dieses
pressionistisches Klang... und Mißklangwesen Berichtes, daß Wort und Ton von einander
Gewicht legt. Die Erfindung ist dürftig, die nicht zu trennen sind. Die Dichtung für sich
Gestaltungskraft im Grunde schwach. Die Be.. wäre unmöglich. die Musik für sich ist so
gabung für seltsame Orchesterkllinge wagen wir ziemlich ohne Belang. Der musikdramatische
kaum mehr hervorzuheben; es sind alle An... Stil, in dem sich Schreker ergeht, ist nicht neu~
zeichen dafür vorhanden, daß es mit der er ist herzuleiten von Charpentiers "Louise".
übertriebenen, das Tondenken der Zeit zugrunde von Ducas "Ariadne ct Barbebleuu , von der-
richtenden Wet:tschätzung dieser Qualität zu "Elektra" des Richard Strauß und von jenem
Ende geht •• Unüberwindlichen, den alle Jungen so gern
o überwinden möchten, ohne den sie aber alle
miteinander nicht zu denken sind - von
01< Das Spielwerk und die Prinzessin gelangt in zum Teil neuer Fa.<lsung bei den diesjährigen Festspielen
unter Bruno Walter zu einer Art neuer Uraufführung.

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Richard Wagner. Zauberisch schöne Klänge sehen Erfindung unterstützt wird. Nichts a1l
dringen manchmal aus dem Spielwerk Schrekers interessante Akkorde, merkwürdige Orchester,
an unser Ohr, sie sind aber geborgt von "Tristan farben, intensives Pathos der Deklamation
und !solde". Die Motive, deren sich der Komponist Stimmung, Technik, Nervenerregung und gal
bedient, sind zumeist kurzatmig, von nicht keine persönliche Eigenart der musikalischer
genügender Prägnanz. Daß einzelne lyrische, Zeichnung, der empfundenen, aus dem lnnert
weiche, ja sogar innige Gesänge den vornehmlich strömenden Melodie: das ist trotz so reicher
rezitativischen MusikstiI ablösen, soll ebenso Könnens und Theatertalents zu wenig für einer
wenig verschwiegen werden wie die Tatsache, Abend. Besonders hier. wo die Hauptszener
daß Schreker mit dem Orchester illustrativ nach einem starken melodischen Erfinder rufen
zu wirken vermag. In Einzelheiten möchte ich Wenn der Wanderbursche seine Flöte bläst une
mich nicht einlassen, weil ich das Werk für das geheimnisvolle Spielwerk in der Hütte de:
vollständig verfehlt halte. Meisters Florian zu klingen beginnt und del
o reiche Klang Sehnsucht in den Herzen del
Menschen weckt, die Massen tanzend der MusU
NEUES WIENER JOURNAL, 16. März 1913 sich hingeben, dann möchte man etwas vor
Ich glaube, daß Schreker sehr wohl wußte, jener Gewalt und Fülle der Musik spüren, del
was er wollte; er konnte nur nicht, wie er die Herzen sich öffnen und die Sinne unterliegen
wollte. Es gibt wohl kaum einen anderen Diesen Zauber vermag aber nur die groß(
Musiker, der sich so sehr der modernen Ideen Melodie zu schildern, jedoch wo wäre heute deJ
bewußt wäre, wie Schreker. Aber seine Kunst Musiker! dessen Melodie das Getön in der Seeh
kommt von Wissen, nicht von Müssen, und der der Zuhorer hervorriefe, wie das Flötenspie
Hörer wird den Eindruck nicht los, daß hier des Wanderburschen den seltsamen Klingklang
die Reinkultur der in Retorten destillierten das Sumsen und Raunen des Spielwerks? WiJ
Pseudomoderne mit kalter Hand ausgezogen ist. wüßten ihn nicht zu nennen, und auch Fran;
In keinem einzigen Augenblick ist die Musik Schreker ist es nicht. Wir schätzen ihn als einet
so stark, so persönlich, daß sie mit einem Musiker von großer technischer Kultur, vor
Schlage alIe Symbolik über den Haufen werfen eigenartigen Absichten und von einem nich
und aus dem Menschlichen zum menschlichen alltäglichen Drang zur Große. Das ist gewiJ
sprechen würde. Es sind immer Ansätze, und nicht wenig und macht selbst die nicht geglückt!
wie der Text eine unendliche Exposition ist, Oper "Das Spielwerk und die Prinzessin" Zl
ein Aufw i ekeln un ver s tän d 1i ch e r Vor geschi ch ten, einern Werk, das Interesse und Achtung verdient
so ist die Musik immer nur Vorbereitung, Aber vermutlich wird der Künstler von diesen
Spannung, zähes, sich windendes Fortgleiten, Werke in späterer Zeit dasselbe sagen, wa~
'ein weiches, manchmal wohliges, auf die Dauer Meister Florian von seinem Spielwerk sagte
ein unerträgliches arhythmisches Hinziehen. "Ich hab' was versehen - es stimmt mir nich
Was bedeutet hiebei alle Kunst des Klang.. ganz! Lang hab' ich gegrübelt - es liegt an
raffinements, der delikaten motivischen Arbeit? Werk!U
Was vermögen einzelne phantastischeOrcbesteJ:''' o
farben, an denen das Ohr ebenso vorüberhört WIEN ER ALLGEMEINE ZEITUNG, 17. März 191:
wie an üppigen WaTten des Textes? Man sage
Schrekers Musik dient rein und fast aus,
nur nicht, daß diese Art der Komposition die
schließlich impressionistischen Zwecken. Da1
der modernen Richtung sei; sie ist es ebensowenig,
hat stark enttäuscht. Denn, wenn man schor
wie in der dramatischen Dichtung je der
ein mysteriöses Spielwerk auf die Szene bringt
unplastische Mollusk die Form bestimmen
samüß tc ma neigen tUch die GeIe genhei tb eu ützen
könnte.
o um Musik dazu zu machen, nicht nur ein gan:
wesenloses, unbestimmbares Klinglalei. Mit de~
DIE ZEIT, 16. März 1913 erlösenden Liebe zugleich hätte die große
Wie wenig erquicklich ist das Werk als gewaltige, zauberhafte lIt'Ielodie auftauche!
Ganzes, auch in seinem musikalischen Teil! müssen; es kommt aber nichts zustande als eh
Die wenigen Motive des Werkes sind nicht sehr hübsches (übrigens gar nicht dem Spielwed
plastisch, und trotz aller Schärfe und Bestimmt.. gehöriges), von van Lier wundervoll geblasene:
heit der Deklamation und aller Energie des Flötensolo. Sonst , tauchen allerorts flüchtig,
orchestralen und harmonischen Ausdruckes Motive auf, um alsbald wieder zu verschwimmen
ermüdet auf die Dauer die impressionistische Rhythmus und Linie sind ausgeschaltet, di(
Technik, die nicht von einer stärkeren melodi.. Harmonie ist Trumpf. Es gibt einige hübsch,

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Sequenzen darin; das meiste ist keineswegs schlecht gemacht - bis auf einige Stellen im
neu, war bei Debussy, Dukas, auch bei Richard zweiten Akt. Doch die sind der wunde Punkt
Strauß schon öfter da, hat überhaupt wenig des Werkes überhaupt, der Dichtung, der I\'Iusik,
Persönliches an sich, sondern ist der gebräuch... also auch der musikalischen Wiedergabe und
liche Ausdruck impressionistischen Geschmacks. der szenischen.
Hin und wieder finden sich feine und angenehme
D
Momente; musikalisch am besten dünkt uns
das Vorspiel zum zweiten Akt, in dem der MONTAGS,.REVUE, 17. März 1913
Komponist plötzlich das eiskalte Fahrwasser
reflektierender Schilderung verläßt und wärmere, Diese Musik will suggerieren, nicht über ...
schwungvollere Allüren annimmt. Sonst ist reden, bezaubern, nicht beweisen. Eine durch..
meist alles nur Geste. Die einzelnen Figuren aus vorgeschrittene Harmonik, die aber nirgends
sind musikalisch kaum recht auseinander... ins Uferlose sich verliert, ein stetes Betonen
gehalten, ein gewisser feierlich..larmoyanter Ton der großen melodischen Linie, ein aufs feinste
dominiert in den lyrischen Momenten. Die abgestuftes Klangempfinden für alle Subtilitäten
hochdramatischen sind allzusehr auf Lärm, eines modernen Orchesters sind Mittel, die sie
Getöse, Geschrei angewiesen. - Wenn es sich wohl befahigen, die zartesten Gefühlsschattierun..
darum gehandelt hat, neuralgische Empfin... gen wiederzugeben. Freilich verzichtet auch sie
dungen oder auch Beinhautentzündungen,Blind... damit vielfach auf die unmittelbare, drama.-
darmreizungen und ähnliches auszudrücken, tische Wirkung, auf den Theatereffekt. Daß er
so ist dies in der Figur der Prinzessin voll auch den ~eherrscht, hat Schrecker mit dem
gelungen. Sei's denn; sie soll ja wohl krankhaft glanzvollen Erfolg seines "Fernen Klanges~,
wirken. Leider fehlt der Musik dagegen jedes der an der Wiener Oper leider nicht zu hören
naive und volkstümliche Element für den war, genugsam bewiesen. So ist es klar, daß er
Wanderburschen. Man gelangt auch hier zu diesmal bewußt zu anderen Mitteln gegriffen hat,
keinen erquicklichen Eindrücken. die ihm eben dem poetischen Bilde adäquat er..
schienen ••. Die phantastische Pracht des Schluß..
D bildes ist eine Vision von überzeugender Kraft.
Der düstere Zug, der die Bahre mit dem toten
ARBEITER... ZEITUNG, 17. März 1913. Sohn ins Haus des Vaters bringt, das festliche
"Das Spielwerk und die Prinzessin" von Treiben, mit tausend Fackeln, Kränzen und
dem hochbegabten Komponisten Franz Schreker Prunkgewändern, das aus dem leuchtenden
ist eine merkwürdige, aber interessante Mischung Schlosse herniederströmt, daneben der Aufruhr
von naiver, aus dem innersten Empfinden in der Stadt, Sturmglocken, Angstgeschrei t
schaffender Kunst und sehr bewußtem Artisten ... tobender Pöbel, Todesgrauen und brennende
turn, ein Märchen mit sehr modernem Kommen ... Pechkränze, das Liebespaar, dessen verkläl'ter
tar, der eher durch das Märchen verständlich Gesang hoch oben im Abendrot verschwindet,
gemächt wird als dieses durch ihn. Die Zwie... und der fiedelnde Tod, der auf dem zerstörten
spältigkeit geht vom Werke auf die Ausführen.. Spielwerk des irrsinnig gewordenen Meisters
den, von diesen auf die Hörer über und macht grinsend hockt, wahrhaftig, das gibt einen
die Willigsten stutzig. Unbefangene, die nichts Gesamteindruck von einer Größe, die in der
sehen wollen als das Werk, gab es gestern heutigen Opernproduktion nicht leicht ihres.-
recht wenige im Hause. Einer zum Beifall von gleichen finden wird. Zugegeben aber muß
vornherein entschlossenen Mehrheit, die wir werden, daß die Mitwirkung der Musik gerade
darob keineswegs tadeln wollen, stand eine hier erst in zweiter Linie nottut, daß sie bloß
ebenso von vornherein zum Mißfallen bereite charakterisiert, ohne zu dominieren, daß der
Minderheit gegenüber. Sobald sich der Kompo .. Musiker in seinem letzten Aufschwung zur
nist selber zeigte, erlitt die Minderheit eine weiter ausschauenden Höhe des Dichters nicht
große Niederlage. Doch der Kampf ging weiter ganz hinaufgelangt ist. der die Vision eines
und forderte unschuldige Opfer, wie den Diri .. Weltunterganges gehabt hat. Der Musiker ist
genten, Herrn Reichenberger, der zu Beginn des hier Helfer - allerdings ein vortrefflicher -
zweiten Aktes mit Applaus und gleichzeitig mit wo er doch Herr sein könnte. Es ist kein
ganz ungehörigem und unverständlichem Zischen Zweifel, daß wir in Schreker einen Musiker
empfangen wurde. Er hat sich jedenfalls außer ... von ganz besonderer Eigenart zu schätzen
ordentliche Mühe um das Werk gegeben und haben. Romantisch und romanisch ist
soweit man bei dieser neuen Materie ein Urteil seine Kunst. Immer aus dem Geist der
wagen kann, hat er seine Sache gewiß nicht Melodie, dem Geist des Gesanges geboren, nie.-

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mals Harmonie als Selbstzweck übend, wie die durchaus zu billigen, daß sie, nachdem sie die
neueste Entwicklung möchte. Ein Meister des Wiener Rofoper auf den Wiener Komponisten
Orchesters, mißbraucht er es niemals. Rohe aufmerksam gemacht hat, auch bei dem zweiten
Kraftexzesse sind ihm ebenso fremd, wie Werk, das man nun gern in Wien allein aus
spielerisches Detail. Männlich, ernst und vor.. der Taufe heben wollte, sich das Recht der
nehm ist seine Musik, bald realistisch malend, Patenschaft ausbedungen hat. Die Begabung
bald schwärmerisch phantastisch, aber immer Schrekers rechtfertigt dieses tatkräftige Inter...
echt, immer ganz dem höheren Zwecke hin.. esse an seinem Schaffen. Wenn gestern der
·gegeben. Was an modernen Ideen da ist, hat äußere Erfolg, trotz der ausgezeichneten Auf...
sie sich assimiliert, ohne sie zu kopieren. führung, hinter dem des ,.,Fernen Klanges ll er..
heblich zurückblieb, wenn dem Werk in Wien
c sogar die Ehre eines Theaterskandals zuteil
wurde und man in Frankfurt eigentlich nur
ZÜRICHER ZEITUNG, 5. März 1913
von einem matten Achtungserfolg sprechen
Ich habe es zweimal gehört: in der ersten kann, so erklärt sich dies hauptsächlich aus der
stürmischen und in der zweiten ruhigen Auf... Besonderheit des dramatischen Vorwurfs, der
führung. Und darf darum sagen, daß demWerk szenisch für den Unvorbereiteten nicht ganz
Unrecht geschehen ist. Es ist nicht meisterlich; klar ausgearbeitet ist, zum Teil auch daraus,
es wird ihm auch schwer zu helfen sein, denn daß die Mehrzahl der Hörer sich in den musik ..
die Fehler liegen zu tief in seinem Wesen. Aber dramatischen Stil des Werkes nicht ohneweiters
das harte Urteil nach der Premiere hat es nicht hineinzufinden weiß. Darin aber, daß dieses
verdient. Werk überhaupt Stil hat. und zwar keinen
o erkünstelten, formalistisch ästhetisierenden,
sondern einen ganz naiven, unbewußten,
DRESDNER ANZEIGER, 19. März 1913 liegt seine künstlerische Bedeutung. Es zeigt
einen ganz erheblichen Fortschritt über den
Inmitten der des Komponisten Absichten
"Fernen Klang'l hinaus. Ihm fehlt eigentlich
nicht verstehenden und gelangweilt den Gar...
nur das, was dort den 'E rfolg machte: die Bei ..
deroben Zueilenden gab es immerhin noch
mischung einer konventionell banalen Thea ..
eine erkleckliche Anzahl von Menschen, die den
wahren Klang seiner Harfe gehört hatten und tralik, und darum eben fehlt auch zunächst der
wundersam von ihm im Innersten getroffen Erfolg. Aber er wird kommen, denn dieses Stück
wurden. Doch diese Leute klatschen gewöhn.. ist ein dramatisches Biihnenwerk von durchaus
lich nicht und machen keinen Erfolg. Dennoch: origineller Prägung und ein solches erobert
sich immer sein Publikum.
dieses "dramatische Märchen" Schrekers wird
sich durchsetzen. Sein Schöpfh gehört zu jenen Aus der besonderen Art dieses Talents er ..
Menschen, die in allen Regungen des Weltalls, klärt sich auch seine Art des musikalischen
in allen ÄUßerungen des Trieblebens, dem Natur Ausdruckes und seine Technik im einzelnen.
und Mensch ihr Sein und Vergehen danken, Auch sie wurzelt im Klanglichen und empfängt
ein Singen (wie er selbst sagte: etwas seltsam ihre Formen und Affekte aus den besonderen
Vibrierendes, gleichsam Tönendes, das in Bediirfnissen der Klangphantasie. Es ist selbst. .
geisternden Harmonien sich offenbart, wenn verständlich, daß Schreker sich dabei der Hilfs...
es von der Melodie irgendeiner Sehnsucht ge.. mittel des modernen Orchesters in ausgedehntem
wec1ct wird) erlauschen. Maße bedient. Er steigert sie noch auf eigen..
tümliche Art, indem er zwei selbständige Or..
D chester benUtzt: eines vor und eines hinter der
Bühne - und dieses zweite, unsichtbue im
FRANKFURTER ZEITUNG, 16. März 1913 besonderen für die Vermittlung der mystischen
In Frankfurt und in Wien fand gestern die Handlungsvorgänge verwendet. Auch diese Idee
Uraufführung von Schrekers dramatischem taucht schon im "Fernen Klang" auf, dort aller...
Märchen "Das Spielwerk und die Prinzessin" dings noch in roherer, sinnlich gröberer Form.
statt. Die Frankfurter Bühne darf sich rühmen, In den beiden Orchest~rn des "Spielwerkes'l
durch das Wagnis der Erstaufführung von aber stehen gleichsam zwei verschiedene Klang ...
Schrekers dem "Spielwerk" vorangehenden Oper welten einander gegenüber, die eine als Aus..
,.,Der ferne Klang" zu einer Zeit auf sein Talent druck menschlichen Fühlens die Handlungs ..
hingewiesen zu haben, als man nirgends sonst ereignisse in pulsierender Erregung steigernd,
sich seiner annehmen wollte. Es ist daher die andere, aUßermenschliche, das Geisterhafte,

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Unirdische geheimnisvoller Gewalten in feinen, gesteigerten C... dur ... Abschluß bei des Meisters
sphärenhaften Klängen symbolisierend. So jedes ... Gruß an die Welt. Schon die klare Fixierung-
mal, wenn der Bursch die Flöte bläst und das der Tonarten läßt erkennen, daß der Grundzug
magische Spielwerk ertönt. Das sind ganz selt... dieser Musik durchaus populär und leicht.
same feinsilbrige Klänget in die wirklich etwas faßlich ist. Er entspricht damit dem Märchen ....
von dem Unwahrscheinlichen und doch so naiv charakter des Werkes und zugleich Schrekers.
Einfachen der Märchenstimmung gebannt ist. ursprünglicher Musikernatur, die nicht zu den
Wird hier die eine Farbe gleichmäßig fest ... geistvoU... tiefgründigen gehört, sondern, wie bei
gehalten t so bleibt dem Hauptorchester die allen für das Theater geschaffenen und schaffen ...·.
Aufgabe, das dramatische Geschehen begreiflich den Tonsetzern, auf sinnlich leicht erregbare,
und glaubhaft zu machen. Schreker bo!dient durch Phantasie und Empfindung bewegte, aber-
sich hiebei vielfach impressionistischer Mittel, künstlerisch durchaus naive Persönlichkeit
wie sie namentlich die neufranzösische Aus ... deutet. Dieser naive Zug bleibt durch das ganze
druckstechnik in Aufnahme gebracht hat, aber Werk hindurch erkennbar, er tritt am wirk ...
doch mit wesentlich· anderer Zweckbestimmung. samsten hervor bei dem großen Liebesreigen
am Schluß, dessen machtvolle Steigerung bis
Die Tendenz des Auflösens, der. Zerfaserung,
zum Taumel der Ekstase dem Werk ein auch
der seelischen Verfeinerung des musikalischen
äußerlich wirksames Finale geben würde, wenn
Ausdruckes liegt ihm fern. Vermeidet er die
nicht der eigentliche Ausklang mit dem leisen
melodische Linie und meist auch die symmetri ...
Verklingen des brennenden Spielwerkes - ab ...
sche Periodisierung, so schafft er sich dafür
gesehen davon, daß er die poetische Intention:
doch einen klanglichen Formorganismus, der,
den Liebestod von Bursch und Prinussin, nicht
wenn man ihn genau betrachtet, durchaus fest ...
klar genue verdeutlicht - den Eindruck a.b~
gefügt und architektonisch gestaltet ist. Die
flauen ließe. Daß Schl'eker diesen minder effekt..
Unterlagen dafür gewinnt Schreker aus der
vollen Abschluß wählte, spricht für seine Ehr...
dramatischen Situation und eben weil diese
lichkeit als Dram::.tiker, aber durch dieses Dimi ..
Situation aus dem Geist der Musik empfangen
nuendo in Verbindung mit der Unklarheit des
ist, enthält sie in sich schon den Grundriß der
szenischen Vorganges wird der Totaleindruck
musikalischen Form. So im Anfang die gespen ...
abgeschwächt und für den Hörer, der mit ...
stige Szene der vier Männer, die vor des Meisters
gerissen werden will, auf ein bescheidenes Maß.
Hause die Bahre für seinen draußen an der
von Anteilnahme reduziert.
Landstraße sterbenden Sohn zimmern: ein
Trauermarsch mit ganz festumrissenen thema ... o
tischen Konturen, eine Szene von unheimlicher
Suggestionskraft, spukhaft düsterer Phantastik. FRANKFUR TER GENERALANZEIGER,
Daneben stcht dann wieder ein Partiturblatt 15. März 1913
rein impressionistischer Faktur: die Szene der Die einzelnen orchestralen Zwischenspiele
an das Haus des Meisters klopfenden Graben . . erheben sich zu monumentaler Größe, die Schluß ..
Liese, seines verkommenen Weibes, das den orgie taumelt auch in der Musik mit berauschen...
verlorenen Sohn zum Vater geleiten will. Mono ... der Trunkenheit durch alle Instrumente, wenn
ton schwirrende Tremoli der Violinen und sie auch schließlich allzu lärmhaft wird. Die
darunter nur die in geheimnisvoller Hast lyrischen Partien des Liebes ... ldylls zwischen
pochenden Bässe und Pauken -- der ganze Prinzessin und Dichter mit ihrer glitzernden,
Auftritt fliegt vorüber wie eine Vision unq. das gleißenden Chromatik, die systematische An ...
im gewohnten Sinne dramaturgisch unbeholfene wend ung eier Leitmotive, die dumpfe, erwartungs ..
plötzliche Kommen und Gehen von Personen volle Stimmung des Vorspiels, das alles sind
verliert hier das Primitive und erscheint aus Momente von überzeugender Gestaltungskraft.
der dramatischen Idee des Ganzen motiviert.
Der erste Akt bringt eine fast ununterbrochene
Folge von Szenen dieser Art, die, sobald man
ILLUSTRIERTES WIENER EXTRABLATT,
den dramatischen Nerv des Werkes faßt, in
19. Dezember 1915
einem Zuge fesseln und spannen, dabei reich
sind an neuen, lebensvoll kontrastierenden Schrekers nSpielwerku, zumindest die vor...
Zügen. Der sonnig... heitere Auftritt des Burschen geführte Schluß szene hat nicht nur durch
und die anschließende Szene des Meisters mit die Umarbeitung, sondern auch durch die
der phantomhaft vorftberschwebenden A~dur ... Übertragung von der Hofoper in den Konzert ....
Erscheinung der Prinzessin und dem prachtvoll saal gewonnen; nicht weil sie das Bildhafte

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der Szene entbehren könnte (was sie tat.. Beihilfe des Szenischen) immer noch ellllger..
sächlich nicht kann), sondern weil sie hier maßen zerrissen und wüst wirken, den neuen
Gregors Überregie, dem von ihm aufgepeitschten Abschluß gehort : das bewegend starke, wie heiße,
musikverschüttenden Volksgeschrei und der von stille Tränen dahinfließende ruhevoll ergreifende
ihm erdachten, zur Verstärkung des Tumults Schlummerlied, das eine Mutter ihrem im Elend
herangezogenen famosen Dampfszene entronnen verdorbenen und gestorbenen Sohn singt.
ist, unter deren greulichem Schrillen und Pfeifen e
nicht nur alle Zartheiten und all die spinnweb ..
feinen Reigenweisen der Musik, sondern die WIENER ALLGEM. ZEITUNG, 6. Jänner 1916
Musik überhaupt unhörbar gemacht worden Die unglUcklich gebaute, viel zu enge und
und eines kläglichen Todes gestorben ist. Dies .. überladene Szene war damals hauptsächlich
mal hat man gehört, wie seltsam schön diese schuld an dem Mißerfolg. Namentlich die hoch..
verschwebenden Reigenchöre, wie trotzig eigen.. dr amatisch gesteigerten, turbulenten eho rs tellen,
tümlich die schwärmerische Trunkenheit der die freilich mitunter die Grenzen des ästhetisch
entfesselten Jünglinge und Männer laut wird, Zulässigen weit überschreiten, gingen bei der
wie sehnsüchtig verhalten und schwärmerisch Premiere völlig verloren; der Philharmonische
jung des Burschen Gesang ist und wie zauber.. Chor dagegen brachte sie, wenn auch gelegent...
haft verlockend das Spielwerk erklingt. Und hat, lieh etwas schüchtern, so doch immerhin er ..
nach einigen Episoden, die (wenigstens ohne die kennbar und verständlich.
o 0

KAM lVI E R . . S Y M P H 0 NIE


NEUE FREIE PRESSE, 12. März 1917 Franz Schreker. Obwohl einsätzig, vereinigt sie
••• Bei Schreker treten die :r;lIysterien des doch in ihrer gedrängten Kürze die vier Haupt...
instrumentalen Farbenakkords in den Vorder .. phasen der Symphonie in sich. Die Musik hat
grund. Und bei ihm enthüllt auch noch, wie die Überzeugungskraft des unmittelbar Persön..
kaum bei Schönberg, manche Tonfolge, des lichen. Wie aus geisterhaft fernen Höhen klingt
klanglichen Aufputzes entkleidet. ihren zahmen die langsam schwebende Einleitung, die sich
Zusammenhang mit der gewordenen Tonsprache. fast widerwillig zum Hauptthema aufrafft, ein
Holz und Blech sind mit je einem Spieler heran .. Unterton von herber Mystik klingt immer wieder
gezogen, dazu Streicher, Klavier, Harfe, Har.. durch, der Taktwechsel schafft unruhevolle
monium, Celesta, Pauke und Schlagwerk; es Spannung um sich und erst der Schluß, der in
ist die demokratische Verfassung der Kammer.. die Anfangsstimmung zurückleitet, erhebt sich
musik, die jedem Instrument das Stimmrecht dann aus schmerzvoller Entsagung zu einem
gibt. Die Ereignisse gehen zuerst "langsam tröstenden Aufblick wie im Widerschein einer
schwebend4 dann Allegro, Adagio, in Scherzo .. freundlichen Vision. Das interessante Werk,
art, wieder Allegro, langsam schwebend, end.. das der Komponist an der Spitze eines künst..
lieh in einem abschließenden Adagio vor sich, lerisch auserlesenen Kammerorchesters (Phil..
zumeist Klangereignisse, wie gleich das inter.. harmoniker und hervorragende lehrer der Aka.-
essante des Anfanges mit seinen "Spielwerks··.. demie) selbst dirigierte, machte Eindruck auf
IUängen, an denen Celestafiguren und -wie ver.. die Zuhörer. Und reicher Beifall rief Schreker
irrte hohe Flöten... und Geigentöne ihren Anteil immer wieder hervor. der hier wohl seinen
haben; wie immer formt sich das Scherzo am reinsten Erfolg errungen hat.
straffsten zum Ganzen ••• Dann gibt es noch Cl
einen förderlichen und echten Ausklang. Ein
Adagio führt ihn herbei, das sich, dankbar be... REICHSPOST, 12. März 1917
grüßt, zu einiger feierlicher, ja "schoner" Musik ••• D er Komponist gehört bekanntlich zu
in einem mehr herkommHchen Sinne weitet, den modernsten unserer Musikdramatiker und
sogar schmelzende Schlußworte von Cello und auch seine symphonischen Werke stehen im
Bratsche an das Publikum nicht verschmäht. Zeichen des neuesten Chroma. Ist das ein
o Flimmern und Flirren und Gleißen und Leuchten,
als ob man die in ein Sonnenmeer getauchte
NEUES WIENER TAGBLATT, 12. März 1917 Musik durch blaue und grüne und gelbe und
••• Den Mittelpunkt des Konzertes bildete rote Gläser zugleich sehen würde! Es liegt viel
die Uraufführung der "Kammersymphonie'" von satztechnisches Können und viel Klangsinn in

60
dieser l'I1[usi!c, deren impressionistische Konzep .. verbindungen, in denen flüsternde Melismen
tion und futuristische Farbengebung seltsam und weltverlorene chromatische Figuren ein ...
sich abhebt von den hie und da vom Horn und gesponnen sind, bilden die Faktoren des
dem Cello über den Farbensee emporgehobenen Schrekerschen Werkes. Die üblichen vier Teile
romantischen Themen . • • . Die Komposition der Symphonie sind alle in knappster Form
hinterließ einen ungewöhnlichen Eindruck und aphoristisch in einen Satz vereinigt. Trotz
Schreker mußte sich oft für den begeisterten dieser äußeren formellen Abrundung ist das
Beifall bedanken. Ganze doch ohne greifbare Gliederung, kri ...
[J
stallisieren sich nur wenige Partien zu feste n
ILLUSTRIERTES WIENER EXTRABLATT, Gebilden: es fehlt die rhythmische Gestaltun g
12. März 1917 in höherem Sinne, der große Rhythmus, der
•.. Besonders dann nicht, wenn bei alledem das Rückgrat eines jeden Tonstückes bildet,
ein derart fesselndes, schon durch seine be ... hier aber vor lauter kleinen Rhythmen ver ..
rückenden Klangphänomene betörendes Werk schwindet. Mit einer bewundernswerten Klang ...
herauskommt, wie Schrekers "Kammersympho ... phantasie begabt. versteht es der Komponist,
nie", der diese Bemerkungen in gewissem Sinne die geheimnisvollsten, delikatesten Klänge an ...
mitgeIten und in der zweifellos, wenn auch einanderzurdhen, wie ein Magier, der ver ...
beim ersten Hören nicht immer deutlich wer ... borgene Kräfte beschwört. Von einer "Musik"
dend, thematische Zusammenhänge (nicht nur im hergebrachten Sinne kann man allerdings
thematische Wiederholungen) walten, die aber kaum reden. Weite Strecken scheinen mit Sepia,
vor allem durch die fremdartig zauberhaften mit Blaßgrau oder Fahlgrün angelegt und dar ...
Instrumentalmischungen, durch eine höchst auf kleine mäandrische oder elliptische Melis ..
differenzierte Polyrhythmik und durch ein men und Musterchen gemalt, mit unendlich
überfeinertes melodisches Vibrieren, das nur feinem Pinsel, alles Deutliche, Auffallende ängst.-
an einzelnen Stellen zu wirklich gesanglicher, lich meidend. Ein Miniaturmaler kann seine
ruhiger Linie wird (immer beim ersten Hören 1) Linien nicht sorgfältiger ziehen und seine
dnen ganz seltsam verführerischen, traumhaft Farben nicht zarter auf das Pergament setzen,
magischen Eindruck macht: ein Flimmern und als es Schreker, ein Orchestervirtuose ersten
Leuchten in opalisierenden Farben - gleich in Ranges, tut. Die 23 Künstler, welche die Aus..
dem entzückend klingenden Beginn, in dem führung der HKammersymphonie" übernommen
Celesta, Flöte, Harmonium und hinzutretende hatten - auch Klavier, Harmonium, Cel.esta
Geigen ein ganz unwirkliches, sphärenhaftes und Harfe fehlen, nach dem Muster der Straußi ...
Kolorit schaffen - ein Arielreigen, der dann sehen Ariadnepartitur, in dem feingestimmten
im ziervollsten Scherzflug entflattert, Ton... Ensemble nicht - verrichteten Wunder an
kaskaden, eine "Fontaine illumineuse" in Klangschönheit und Präzision.
Klängen, silbern rieselnd und rauschend und Richard Robert
mitten hinein ein wehes Singen weinender [J
Sehnsucht, das sich wieder in all das helle
HAMBURGER NACHRICHTEN, 15. Nov. 1918
Tongezpinst verliert. Übe1' die besondere Art der
Thematik, ihres Verwebens, ihrer Formbitdung ••• ein Werk, das fossilen Musikern und
und ihrer Verwandlung Formulierendes aus ... jenen nHütern des klassischen Ideals", die die
zusagen, muß auf das Studium der Partitur oder Möglichkeit einer Fortentwicklung über Brahms
auf wiederholtes Anhören verschoben werden. hinaus leugnen, als ,.,Symphonie aus der
Schreckenskammerl l gar wunderlich in die
o Ohren geklungen haben dürfte. Das Werk, das
WIENER SONN.. UND MONTAGSZEITUNG , in einem nicht übermäßig langen Zug sich auf...
7. Jänner 1918 baut und mit deutlichen Einschnitten und
••. Darauf folgte - unter der Leitung des Wandlungen des Charakters die Mittelsätze der
Komponisten - die nKammersymphonieu für klassischen Symphonie (Adagio und Scherzo)
23 Soloinstrumente von Franz Schreker, welche sich eingliedert, trägt seinen Namen "Kammer...
bereits im vorigen Jahre in einem Konzert der symphonieu mit Recht: es ist in solisth:cher
Lehrer der Musikakademie zur Aufführung ge ... (nicht in chorischer) Besetzung für sieben Bläser,
langte. Ein impressionistisches Stimmungsbild für geteilte Streicher und Schlagzeug ge...
Debussyscher Art, bei dem das Orchester gleich... schrieben; Solistengruppen, denen sich Celesta,
sam die Zustände des Dämmerschlafes mit kunst... Harmonium, Klavier und Harfe zugesellen,
voll über fe inerten Mitteln nachzumach en sch eint. einen unausschöpfbaren Reichtum der kost ...
Aparte Klangfarben und eigenartige Akkord ... barsten Klangfarben mitbringend. Wer die

61
wahrhaft sublime Musik dieser Kammersym .. ersten Klänge, die ja allerdings zu den schmerz,
phonie zum erstenmal hört, den wird sie zu .. lichsten gehören, beinahe eine Ohrenfolter. Und
nächst mit dem Zauber ihres Kolorits, mit nicht bloß harmonisch taten diese Melodien
,e inem Farbenspiel, das an edle Opale und an wehe, auch rhythmisch wirkten sie unruhig,
-die Regenbogen tropischer MUscheln und das unbegreiflich. Hatte man sich aber an diesen
,geheimnisvolle Flimmern des Mondsteines Cl' .. Ausdruck einmal gewöhnt (Gewöhnung in
innert, in atemloser Spannung erhalten, Ihr künstlerischen Dingen wollte Brahms nicht an~
Anfang: tremolierende Celestaklänge, per'l ende erkennen, was sicher unrichtig ist), so empfand
Klavierfiguren, der Silberton einer singenden man, daß man in ein anderes Reich des musi,
Soloflöte über rätselhaft verschwindenden Har.. kalisehen Hörens versetzt sei, das wohl seinen
monien, hinreißend neu und phantasievoll, eigenen Gesetzen gehorche. Vieles klingt ganz
stammt aus einem geheimnisvollen Zwischen.. ungemein schön und es ist ganz außerordent·
Teich über dieser Erde und über diesem Leben. lieh, welche Klangfarben und welche Kraft der
'D ie Richtung und der Charakter beweglichster Komponist mit den wenigen Instrumenten zu
Fhantasie, blühender rhythmischer Natur und erzeugen imstande ist. Der Eindruck der Wieder·
reichsten motivischen Kleinlebens, das in un.. holung scheint sich auf der Höhe des ersten
aufhaltsam flutender Fülle an die Stelle der Hörens zu erhalten. Neben vielen schönen und
großen synthetischen Melodie tritt, bestimmt daher klaren Einzelheiten steht Verworrenes,
von diesem Anfang an den gesamten Ablauf das man in seinem Zusammenhang schwer er·
der schwebenden, immer in neuen Lichtfunken faßt. Ein Haupthindernis für den ästhetischen
aufblitzenden Musik Schrekers, die den Geist Genuß besteht in der Unübersichtlichkeit der
der Schwere völlig überwunden hat und ihren Form. Das Werk erscheint dadurch fürs erste
.sphärischen Re~gen tanzt, das symbolische als zu lang. Nur die Höhepunkte traten in
Tanzlied Zarathustra in die Sternenhöhe und stärkeres Licht. Die Interpretation des Werkes
die Unkörperlichkeit traumhaften Lebens em.. war wieder eine sehr gute und der Erfolg ein
portragend. Die inneren thematischen Be.. recht starker.
.ziehungen und die Architektur dieser Musik - o
'wenn sie eine solche im formalen Sinn be ..
sitzen sollte, was zweifelhaft sein mag, da sie BRESLAUER ZEITUNG, 22. März 1918
mehr nach biologischer Form strebt, zum ••• Zwischen den Gesangsvorträgen wurde
Fließen und Fluten hindrängt - entschleiern Scbrekers "Kammersymphonie:u wiederholt. Das
sich nur dem genauen Kenner der Partitur. Werk erwies sich beim zweiten Hören als be·
Ohne Zweifel bedeutet Schrekers Kammersym .. deutend eingängiger, was nicht an letzter Stelle
.P honie eine vollständige Loslösung vom Über... der gegen das erste Mal noch gehobenen Dar-
kommenen, von alten Stilen. Sie ist etwas ganz stellung zu danken ist; jener "Befremdungs.
Neues, Ursprüngliches und kann darum auch rest", von dem ich damals sprach, war von
nicht vom alten formalistischen Standpunkt den konzertierenden Künstlern restlos ab·
aus bewertet werden. (Das Rhinozeros wird gefallen, ihre Vertrautheit mit dem Stoff und
den Kolibri immer falsch beurteilen J) Aber sie Ideengehalt öffnete die Tore des Verständnisse~
lebt ihr eigenes Leben und in ihrer Lebensfülle auch für den Hörer weiter, so daß ein gewisser
ruht ihr W'ert. Der ebenso geistvollen wie innerer Zusammenhang zwischen Schöpferwille
schwierigen Tondichtung gab Jose Eibenschütz und aufnehmender Seelenverfassung Einzug
eine Aufführung von bestrickender Schönheit halten konnte. Unsere Seelenverfassung wird
des Klanges; die rhythmischen Schwierigkeiten nicht immer sich neigen in so dämmerige
des Werkes" meisterte der glänzende Dirigent Traumestiefen, sich nicht immer verlieren
mit glatter Uberlegenheit. Freilich: der wenig wollen in so labyrinthische Sehnsuchtspfade,
günstigen Akustik des Saales hatte er ein Opfer aber zur richtigen Stunde weiß uns der Ton·
bringen zu müssen geglaubt: indem er den ge .. dichter mit sich fortzuführen in das Land seinet
samten Streicherch'or des Orchesters zur Mit .. Phantastik, die dem Formenprinzip, das eI
wirkung heranzog. Der Erfolg des Werkes war sich aufgezwungen hat, nur allzu gern ent·
groß. F erd i n a n d P f 011 ufert, um uns desto sicherer mit dem Kaleido.
o skop des Haschischrausches zu entnerven, der
SCHLESISCHE ZEITUNG, 22. März 1918. aus dem Zauber seiner instrumentalen Ein·
Nach den keuschen und abgeklärt hehren gebungen zu "genießen ist.
Klängen der Mozartsehen MUlÜk waren die Pa ul Plüddemann
o a
,{)2
VORSPIEL ZU EINEM DRAMA
NEUES WIEN ER TAGBLATT, 8. Februar 1914 schöpferischer Originalität und voller tech ...
... Aus seinem Vorspiel spricht ein un ... ni scher Reife offenbaren. Es wäre aber falsch,.
gemein starkes Talent zum Hörer, der angeregt hier ein Analogon zu manchen der modernen
und gepackt wird •.• Die Instrumentation des Klangspielereien zu suchen. Denn dieses farben..
Vorspieles ist von einer ungeahnten, versengen... prächtige, orchestrale Gewand ruht auf einem
den Pracht, das ganze Stück die Arbeit eines festen, thematischen und vor allem auch melo..
Meisters. dischen Gerüste. Die herzliche, warme, wie so
D oft bei Schreker, etwas romanische Melodik hebt
sich in breiter, schön geschwungener Linie von
ILLUSTRIERTES WIEN ER EXTRABLATT, dem flimmernden Hintergrund eines harmonisch
8. Februar 1914 wie klanglich gleich merkwürdigen, gleich fag..
••• Ein breit hinschwingendes, thematisch zinierenden Orchesters wirkungsvoll ab und
un d kon tr a punktisch a uß eror dentli ch feinglied ... sicherte der wertvollen Novität einen ungewöhn..
rig gefügtes symphonisches Präludium, ganz lich starken Erfolg.
aus dem Geiste des Orchesters heraus geboren, D
in düster ergriffener Leidenschaft brennend
und dann wieder in brausender Orgiastik hin ... DRESDENER NACHRICHTEN, 10. Nov. 1916
rauschend; in der me1odisch... motivischen Sub ... Die Bekanntschaft mit diesem Werk be..
stanz sehr sonderlich und voll glühender No... deutete für mich den 'Haupteindruck des Abends.
blesse, vor allem aber verführerisch durch Es handelt sich dabei um den symphonischen
seine geheimnisvoll lockende Klangwelt i Farben . . Prolog zu Schrekers vom Frankfurter . Opern..
mischungen erlesenster Art, rieselnde, funkelnde, haus vorbereitetem Musikdrama nDie Gezeich...
raunende, dämmerig glimmende, wie aus Traum ... neten". Ich meine aber, daß man zum Verstehen
ländern herüberbebende Töne, von deren viel... und Genießen dieses .,Vorspiels" solche begriff..
fältigem, in zusammenklingenden disparaten liche Beziehungen nicht braucht, nicht einmal
Tonarten reizvoll verschwimmenden Hinter... die im Programmbuch mitgeteilten knappen
grt;nd sich die farbigen Konturen der eigen.. Andeutungen des Komponisten von der Liebes...
artigen Thematik auf das schönste lösen. tragödie des Mißgestalteten, die die Anregung
zu dem Tonbild gab. Die in weitausholenden,
D aber doch übersichtlichen Linien gehaltene
Musik spricht für sich als ein hohes Lied der
WIENER FREMDENBLATT, 8. Februar 1914
Leidenschaft, ein Sang von leidvollem Sehnen
Das "Vorspiel zu einem Drama" von Franz und jauchzendem Genießen, von wilden Seelen...
Schreker dürfte wohl das vortrefflichste Or.. kämpfen und verklärtem Seelenfrieden als end..
chesterwerk des jungen Tondichters sein .•. liehem Siegespreis. Das tönende Spiegelbild,
Schrekers Hand schrieb diesmal eine Partitur. das Schreker von dieser Leidenschaftstragödie
die, ungemein freigebig, die Zuhörer unaufhör .. entworfen hat, übt seinen Zauber durch die
lich mit blendenden musikalischen Reizen be... berauschende orchestrale Farbenpracht, in die
schenkt. es gekleidet erscheint. In gleich meisterhafter
D Weise erscheint das moderne Riesenorchester
nur in wenig modernen Partituren gehandhabt.
MONTAGSREVUE, 8. Februar 1914
Das große Geheimnis ist dabei das, daß das
In der Reihe der heurigen Novitäten er... Aufgebot aller Mittel nie als gesuchter Selbst..
schien diesmal einer unserer interessantesten zweck empfunden wird, sondern sich gleichsam
Komponisten, Franz Schreker, mit einer Urauf... als selbstverständliche Notwendigkeit aus dem
führung. "Vorspiel zu einem Drama<! heißt das musikalischen Gesamtstil ergibt. Und gerade in
neue Werk, das der erfolggekrönte Autor des diesem Sinne weiß ich unter den Arbeiten der
t/Fernen Klanges" im vergangenen Jahre kom ... Jüngeren. diesem Werke Schrekers wenig an die
poniert hat. Das groß angelegte symphonische Seite zu stellen.
Gebilde hält sich ziemlich streng an eine er ... D
weiterte Ouvertürenform, ist ungemein über ...
sichtlich disponiert und aufs fdnste thematisch ELBGAUPRESSE, 10. November 1916
dUl'chgearbdtet. Sein Wertvollstes aber sind .•• Dagegen hinterließ die zweite Neuheit
seine Klangwunder, die wahrhaft zauberhaft ..Vorspiel zu einem Drama'" von Franz Schreker
wirken und eine orchestrale Phantasie von einen starken und nachhaltigen Eindruck. Dieser

63
Tondichter hat durch seine Opern bereits viel Wurzeln des Vorspieles ruhen im sinnlichen
von sich reden gemachtt manche sehen in ihm Erleben. Daraus quoll eine Melodiefülle von
den Mann der Zukunft, jedenfalls ist er, nach strahlender Pracht. Manches dabei sinnlich
der Ouvertüre zu urteilen, ein starkes, kühnes weich, manches in stürmischer Leidenschaft.
Talent, dem vor allem die Gabe verliehen ist, alles aber mit großer Gewalt des musikalischen
dem Orchester neue und eigenartige Klang ... Erlebnisses. Und die letztere Eigenschaft war
wirkungen abzugewinnen. Es klingt alles nicht es, die uns Zuhörer in ihren Bann schlug. Die
nur, sondern es tönt sogar wundersam in unser Melodie des Vorspiels ist nicht "erfunden", san...
Ohr, der Künstler spricht seine eigene Sprache dern "empfunden" als der notwendige Ausdruck
und wir verstehen ihn doch sofort. We1c~e des Tonsetzers für die Leidenschaften s~ines
Pracht in den Stellen, wo er gleichsam tief Innern. Sie kommt zu den Visionen der in..
Atem holt, welch ein Leuchten und Flimmern strumentalen und harmonischen Vorgänge, zu
an anderen Stellen t welche geistreiche Art der der Farbe t die plastische, klare Zeichnung des
Motivbildung und Verwertung! Ich möchte dem thematischen Gehaltes.
Wunsch Ausdruck geben t daß man uns nun o
auch eine seiner Opern vorführt.
BRESLAUER VOLKSWACHT, 28. August 1918
D
Man steht hier vor einer bewundernswerten
DRESDNER ANZEIGER, 10. November 1916 Arbeit, vor einer Tondichtung, die Eigenkraft
••• Schreker ist mit seinem Werke hier sehr und außerordentliche Klangphantasie bekundet,
freundlich aufgenommen worden. Man hat ihn die in ihrer genialen Ausführung eine starke
mehrfach hervorgerufen und das mit Recht. Persönlichkeit erkennen läßt. Ein imposantes
Man spürte bei seiner Musik unter allen Um.. Können, eine herrliche Verwendung des moder...
ständen das außergewöhnliche Talent heraus. nen Orchesters, eine Klangpracht sondergleichen
Sehreker ist keiner der normalen Noten.. macht sich überall bemerkbar. Hand in Hand
schreiber, sondern ein Strebender, einer, der mit diesen Vorzügen geht eine heute selten an..
aus reich fließenden musikalischen Quellen in zutreffende blühende Erfindung, die nichts mit
seinem Innern schöpft und heute schon die dem VerIegenheitsstammeln weit berühmterer
l\'Ieisterschaft erreicht hat, die musikalischen zeitgenössischer Tonsetzer zu tun hat, welche
Darstellungsmitte1 so anzuwenden t daß sie seine ihre musikalische Ohnmacht unter möglichst
inneren Gesichte auch andern deutlich werden großem Orchesterläl'm zu verbergen suchen.
lassen ••• Farbig wie Instrumentation und Har... Mim möchte diesem Werk gern bald wieder
monie ist auch die Thematik des Stückes. Die begegnen.
D 0

DIE GEZEICHNETEN
FRANKFURTER ZEITUNG, 26. April 1918 eine Entwicklung, die genau so folgerichtig
Die Frankfurter Oper hat mit der gestrigen fortschreitet, wie etwa bei Wagner, eine Ent..
Uraufführung von Franz Schrekers t,Die Ge.. wicklung t bei der um einen stets gleichbleiben..
zeichnetellu das bedeutsamste diesjährige Er.. den Kern immer neue Formen anschließen, die
dgnis nicht nur der hiesigen, sondern wohl dramatische Urbotschaft, wie sie je der geborene
der deutschen Opernbühnen überhaupt zu ver.. Dramatiker in sich trägt, zu ständig ändern..
zeichnen. Das Werk ist von den bisher bekannt den Erscheinungen gestaltend.
gewordenen Opern Schrekers die reifste, musi... Die Reife den früheren Werken gegenüb~r
kalisch wie szenisch eindrucksvollste. %eigt sich namentlich an der Erstarkung des
••• Daß Schreker eine geniale Natur ist, Melodischen. Es hat jetzt eine Innigkeit, Zart...
unter den Zeitgenossen - dies ohne rhetori.. heit und Beweglichkeit des Ausdrucks gewonne~
sche Übertreibung rein sachlich gesagt - der die stellenweise selbst über di~ ungelöst~
einzige t der den ursprünglichen Beruf zum Problematik des Textes hinwegtäuscht. Nament:-
Musikdramatiker in sich trägt und aus natür.. lich ~1ie Gestalt der CarIotta hat Schreker in
licher, zwingender Begabung für Theater und der ' musikalischen Ausführung zu Klang,
Imhne schafft, das beweisen seine bisher ge.- gebilden von bestrickendem lyrischen Zauber
schaffenen Werke für jeden, der Augen hat zu angeregt. Das Gespräch Carlottas und AlvianoB
sehen und Ohren zu hören. Wir erkennen hier am Schluß des ersten Aktes, die tanze

64
~telierszene des zweiten - das sind Gefiihlsdar .. aber verschmelzen Musik und Handlung zur
:tellungen von einer Echtheit und Reinheit, wie berauschenden Wesenseinheit.
:ie eben nur ein Musiker hoher Grade zu geben Hugo Schlemüller
rermag. Auch hat sich Schreker in diesen
~ünstlerisch reifsten P arHen des Werkes D
)erdts zu einer Einfachheit des Ausdrucks
lurchgerungen, die jeglichem Konzessions..
BERLINER BÖRSEN.. KURIER, 27. April 1918
nachen an billige Vergangenheitsme10dik fern
)Ieibt und, italienisierende Anregungen nicht Wem künstlerische Entwicklung gleich..
Terschmähend, neue, eigene Wege melodisch bedeutend ist mit höchster Steigerung der
inearen Ausdrucks findet ••• AusdrucksmitteI, mit Streben zur Vollendung
einer programmatischen Eigenart, der wird in
Schrekers Reichtum an Farben und be .. Fran:z: Schrekers neuer Oper "Die Gezeichneten"
'auschenden Klangmischungen, den wir schon den Gipfel seines bisherigen bühnenkompositori...
lUS früheren Werken kennen, feiert hier in
sehen Schaffens erblicken. Dabei ist Schreker
~iner architektonisch mit außerordent1i~her diesmal vielleicht noch freigebiger in der ver..
{.raft und Steigerungskunst angelegten, vom schwenderischen Fülle seiner instrumentalen
:!:inze1gesang bis zum Massenensemble an.. Glanzeffekte t vermagsichzwarvon Überladungen
Ichwellenden und im Duett Carlotta..Tamare nicht durchweg fernzuhalten, findet aber, nach
~ipfelnden Szene wahre Orgien.
aller rückhaltIosen Entfaltung instrumentaler
Paul Bekker Möglichkeiten, noch immer die Mittel zu einer
so grandiosen Steigerung wie dem dionysischen
o Taumel des dritten Aktes, gegen dessen Wildheit
der Venusberg beinahe als friedliches Klosteridyll
?'RANKFURTER GENERAL ..ANZEIGER, erscheint •••
26. April 1918 Wie Carlotta, die Malerin, Seelen malt t so
Jetzt scheint er mit seiner neuesten Oper sucht Schreker Seelisches zu vertonen. Er geht
,Die Gezeichneten" die volle Höhe seiner merk... mit seiner musikalischen Charakteristik zwar oft
;vürdigen, etwas extravaganten, aber menschlich in die Breite. Trotzdem bleibt er immer der vor..
.iefen und starken Künstlerschaft erreicht ZU nehme, geistig hochstehende Musiker. Zwischen..
laben. Er schuf sich selbst nach freier Erfindung spiele des Orchesters schieben sich ein, werden
lein Buch. Ein poetisches Werk, das zu lesen groß und glanzvoll und ersterben wieder in
lchon allein ein Genuß ist • • • Freilich der zartem Liebeshauch; - fast sollte man fürchten,
K:omponist Schreker hat mit seiner Musik erst daß eine Steigerung zum dramatischen Höhe ...
He rechte Stimmung erweckt. Seine Musik ist punkt des dritten Aktes nach all der von
:lerauschend und sinnbetörend. Im letzten Akte vornherein entfalteten Orchesterpracht kaum
i"oller Temperament und ungezügelter Leiden... mehr möglich sei. Daß Schreker sie dennoch
ichaft. Hat man früher Schreker ob seiner findet, dokumentiert sein ungewöhnliches Kön ..
'1erschwommenen, unbestimmten, dem Tonali.. nen. Der Lyriker allerdings ist es, der uns auch
~ätsbewußtsein entschwindenden Klänge den in dieser Oper wieder am tiefsten und nach..
ieutschen Debussy genannt, so wird man ihn haltigsten bewegt, so in der zarten Schilderung
ietzt als den französischen Schreker bezeichnen Carlottas im ersten Akte (.,Dort :wo die Stadt
müssen. Denn er hat seinen französischen weit wird" •.. ), in der hinreißenden Liebesszene
Kollegen weit hinter sich gelassen. Dazu 'sei und im wirksam aus dem Elysiumstaume1 sich
i"ermerkt, daß Schreker eine durchaus feine, heraushebenden Sommernachtsgesang. Dieser
weitverästelte motivische Arbeit leistet, der nimmt, mit dem Bacchanale, festere melodische
tlachzuspüren eine besondere Aufgabe ist. Seine Gestalt an. Sinnverwirrend fast, ist der dritte
~rt zu instrumentieren, verlangt ein Orchester Akt mit seiner unerhörten Buntheit. Märchen ..
von riesigen Dimensionen. , Klavier, Celesta, haftes, Allegorisches ineinander verwoben, Sinn..
Glocken und allerhand Schlagzeuge dürfen nicht bilder der Vereinigung der Antike mit der
fehlen. Das gibt dann Klänge von unerhört Renaissance, Gestalten aus Tausend und einer
neuer und komplizierter Art. In den ersten Nacht, Reigentänze der Bacc.hanten, Faune.
beiden Akten in fast erdrückender Fülle, so Najaden; ein phantastisch tolles Spiel.
daß sich die zarten, lyrischen Partien, mit
denen Carlotta stets umgeben ist, als besonders
maßvoll angenehm herausheben. Im letzten Akt

65
MÜNC HNER NEUESTE NACHRICHTEN, 16. Fe .. "Dissonanz" ist nicht allein mehr Ausdruck,
bruar 1919 sondern noch häufiger Klangfarbe. Brechung der
Franz Schrekers Gezeichneten besitzen einen Klang.. Lichtstrahlen zu schimmernden Grenz ..
unschätzbaren Vorzug: sie sind nicht an einen verschmelzungen.
Operntext gebunden, sondern von einer Idee •.• Etwas Neues und wirklich Meisterliches
durchflutet, von einer Idee, die ein Dramatiker ist die Behandlung des Orchesters und das
geformt hat. Das Buch ist sehr gut, wertvoll trotz Verhältnis zwischen der instrumentalen und der
seinem Stoffe. Es gelingt ihm die Vermensch .. vokalen Linie. Man muß es schlechthin be ..
Hebung der Idee nicht so bis zum Letzten, wie wundern. wie ein moderner Komponist, der beim
es etwa Shakespeare und Wagner kraft ihres Apollo kein Klangasket ist und an Instrumental..
Genies möglich gewesen ist i indessen. wer könnte farben nimmt, was er nur kriegen kann, mit
sich mit diesen Größen messen? Auch beim feinstem Pinsel aufträgt, so daß das reiche
Riesen Strindberg ist ja die Idee immer noch Orchester nur die Untermalung für die frei.·
herrisch mächtiger als ihre Vermenschlichung. schwebende Singstimme abgibt und neue, be ..
Es tut wohl, einen Opernkomponisten zu finden, strickende Klangmischungen er in diesem spar..
der von einer Idee besessen ist. So stark ist in samen Farbenauftrag zu geben versteht. Diese
den Gezeichneten die Idee, daß sie und ihre Seiten der Partitur sind wert, in ein Musterwerk
dichterisch ... dramatische Bezwingung selbst ohne über die Kunst zu instrumentieren aufgenommen
Musik bestehen könnte, sie fressen manchesmal zu werden ••. Der Erfolg war groß und wenn
die Musik auf. so daß man sich auf diese erst am Schlusse Schreker mit den Hauptdarstellern
besinnen muß. Vielleicht will es Schreker so. und mit Walter immer wieder erscheinen mußte,
so war dies der gerechte Ausdruck der Aner ..
Ganz aIJgemein ist es mir ergangen, daß
kennung für ein ernstes Werk und seine
mir die Handlung die Musik ausdeutete, nicht
vorzügliche Darstellung. Pa u I Eh 1er s
die Musik die Handlung und ich möchte daraus
folgern, daß bei Schreker primär die dramatische [J

Gestaltungsgabe größer sei als die musikalische


Kraft. Man verstehe: die eigenschöpferische MÜNCHENER ZEITUNG, 16. Februar 1919
Begabung, nicht die kompositorischen Fähig.. Schreker scheint mir das Zeug zu haben,
keiten. In diesen ist Schreker unübertroffen: ein die Brücke schlagen zu können, die den ersehnten
erstaunliches Klangvorstellungsvermögen, eine Rückweg vom Kopf zum verlorengegangenen
rhythmische Lebendigkeit von ungewöhnlicher Herzen der modernsten Orchesteropernmusik
Vielgestaltigkeit, eine reiche und leichte Kom .. bildet. Beweis dafür sind in den "Gezeichneten"
binationsga.be sind ihm wie wenigen zu Willen, der wunderschöne zarte Ausklang des ersten
und er benützt sie nie als Selbstzweck. sondern Aktes, die herrliche Stelle Alvianos .. Gelingt's
immer im Dienste der Idee. Das enthüllt mehr Euch. Seelen zu malen", viele Partien des
als alles andere seinen etbischen Ernst als verklärten, ganz als lyrischer Ruhepunkt zwischen
Künstler. Ist seine Musik "schönU ? Das kann brandenden Gefühlsstiirmen ged~chten Mittel..
ma.n erst entscheiden, wenn man sie sich gänzlich aktes. endlich der melodisch breitgeschwungene
zu innerem Besitze gemacht und ihr Tonalitäts.. Ausbruch Carlottas im Bacchanal. Wer das
prinzip erkannt hat; es kommt auch nicht so schreiben konnte, von dem dürfen wir noch
sehr darauf an, als auf ihre Wahrhaftigkeit und Großes, Bleibendes erwarten. Die hinreißende
die ist überzeugend - schon der Mangel an Malszene überschattete ein rätse1volles Mona
übler Sentimentalität (die immer verlogen ist) Lisa.. Lächeln.
bekundet ihr Wahrsein ; Schönheit ist zu großem IJ
Teile Konvention. Hier, wo sich gleich wie in
der modernen Musik überhaupt, die Auflösung DRESDNER NACHRICHTEN, 26. April 1918
der Tonalität als ein nur zuweilen zu bestimmten Das Entscheidende an diesem Eindrucke
Zwecken verlassener Grundsatz erweist, wird von war: daß nämlich mit dem Schreker der
uns eine neue Einstellung des Gehörs verlangt. ..Gezeichneten .... der den Schreker des "Fernen
Ob es ein Zeichen des Niederganges oder aber Klanges U an zielbewußter Reife weit hinter sich
der Entwicklung nach oben sei: aus dieser, läßt, dem deutschen Musikdrama wirklich
materiell genommen, Verfeinerung der Klang.. wieder einmal eine ganz starke schöpferische
beziehungen werden sich womöglich dereinst Eigenpersönlichkeit entstanden ist. Expressioni.
neue Kla.nggeschlechter bilden, denen gegenüber stischer Stil möchte man sagen. oder futuristi~
unser Dur.. und Moll.. Geschlecht einmal so scher; man möchte auf Richard Strauß oder
erscheinen mag, wie uns die Kirchentöne. Die noch eher auf Debussy verweisen, wenns nich1

66
letzten Endes so ganz persönlich schreckerisch Die Stärke der Musik Hegt einerseits in einem
wäre. Dieser musikalische Stil deckt sich mit wahrhaft berauschenden Klangzauber, ander..
:lern orgiastischen und ekstatischen Grundzug seits in der offensichtlichen Fähigkeit, warme
von Schreckers Dichtung; nur durch ihn lyrische Stimmungen zu erzeugen. Auf dieses
kann und konnte der sinnbetörende Zauber Vermögen sind auch die stärksten Eindrucke
des Liebeseilandes ,.Elysium" dramatisch leben.. des ganzen Abends, der wundervolle AbschluJS
dig werden. Er hebt darum insbesondere die des ersten Aktes und das zarte, stimmung...
Theatralik des dritten Aktes erst so recht in volle Duett vor der Staffelei Carlottas zurück..
den Bereich der Kunst: einer durch hinreißende zuführen.
Steigerungen selbst gleichsam berauschenden []

Kunst. Dr. Eugen Schmitz


FRÄNKISCHER KURIER, Nürnberg, 28. April
Cl
1918
DRESDNER NEUESTE NACHRICHTEN, Man muß Franz Schreker zu den Exprossioni..
26. April 1918 sten der Musik rechnen. Er gehört der Richtung
.•. In gehobener Sprache ha t sich Schrecker an, die ausgeht von DebuBsy; doch haben wir
eine vortreffliche Unterlage für seine Musik es nicht mit einer formlosen Anwendung neuer
geschaffen. Es weht ein heißer Atem aus diesem Wirkungen zu tun, sondern tiefinneres Erleben
Buch und starke dramatische Kraft spricht und feinnervig~s Verständnis zeigen dem
daraus. Die Gesamthaltung ist edel, gilt es Künstler den Weg und führen ihn auf neue
doch der ewig vergeblichen Jagd nach dem Bahnen. Man darf sicherlich behaupten, daß
Ideall ••• Das schöne Vorrecht der Musik, das diese Richtung das Musikleben der Zukunft mit.-
auszudrücken, was Worte nicht mehr zu sagen bestimmen wird.
vermögen, nimmt der Komponist in vollem c
Maße für sich in Anspruch. Er leuchtet in die
mystischen Abgründe der Seelen hinab. Das NÜRNBERGER ZEITUNG, 28. April 1918
Orchester begleitet die Handlung mit aller In.. Es ist mir gar nicht zweifelhaft, daß das
brunst ••• Mit unerhörter Pracht gebraucht Werk "Die Gezeichneten U vielleicht das Stärkste
der Komponist alle Mittel des modernen und Originellste der letzten Jahre ist.
Orchesters, um neue und sinnHillige Klang ...
c
bilder hervorzuzaubern . . . Jedenfalls besitzt
Schrecker eine seltene musikdramaÜsche Be ... NÜRNBERGER STADTZEITUNG, 28. April 1918
gabung und eine echte KünstIernatur. Jedes
Werk ist eine Bekenntnisschrift. Sehr eker hat einen mä ch tigen Sehritt weiter..
getan auf der Bahn der Entwicklung. Gegen..
Walter Petzet über seinem "Fernen Klang U ist der Komponist
o größer und monumentaler im Ausdruck ge..
worden, wozu das gute Buch seinen großen
SCHLESISCHE VOLKSZEITUNG, 28. Apri11918
Anteil hat. Die Aufführung war eine Großtat •••
• • • In der Doppelnatur des Dichterkomponi ..
sten ist der Musiker der stärkere, und zwar Cl
der einer weit ausholenden, breit hin ..
NÜRNBERGER ANZEIGER, 28. April 1918
strömenden Lyrik zugeneigte Musiker, der
Melodien von lebendigem Schwunge und Es ist eine höchst moderne Tonschöpfung,
starker Innerlichkeit erfindet, sie leitmotivisch die in der Mannigfaltigkeit der Mittel und
verwendet, damit aber auch wunderbare deren souveräner Verwendung oft noch über
Stimmungszustände zu erzeugen vermag. So Richard Strauß hinausgeht, ein rauschendes
übt die Atelierszene bei Carlotta einen berücken.. Meer von Tönen, in dem aber ;ede Welle ihren
den poetischen Zauber und der von Carlotta Platz und ihr Ziel hat und ein Meisterwerk einer
,.ngestimmte und von allen Beteiligten auf... farbenglühenden Instrumentation ist, alles rein
genommene Hymnus an die Nacht bezeichnet musikalisch genommen und aufs Orchester
den musikalh:chen Höhepunkt des Ganzen ••• bezogen

c []

67
.. . , . . . .... . ..' '. ..... , ..... ~.' . .,. f{
......... '::~

'. THB' MBSSIA:HO F .GERMANÖPBR:A ·


MUSIc,u, COUlUtlR,N.u:,Yiidt,
ThE:: n.a~~thatmo.st:frtquenUy
Atlgu"l9i~·· .t11~•. lIttlhicliÖpeta,l1ail
te<;nrs in ...• Btüno Waltet helong;sdHtd11e t1ttQ .' tht: tttw ··
i.1th
····1:
fuSdttek~:" .,

mus;i~al nports coming out of Gi!!1'maUr or ··· getl~,t'ation-,-~:aridg:avt>the:fi.r$topera ' ar~al ..


Au~tria . is, FranzSthreihtt~Of an the Pl"O~ ". petfo1"m;aüt(!; in.:M:4riieh J:tt the: Sp:t Ülg of 1914~ .' ,
t;luctiou$ of the war pedPQ, . S<:hl'~k~r~s op~~a~ · Oh~ . h:u:nd:r~d andfift:t tiliearßals" ithi:iaid" .. ' .' ~.
... .:tppU1;' · to h~ th-e ()nl~rntw things that ha:v-e. w~i.t n~,~ima'tY' tüdö, ii:jjJ$tic~j put tht,:r~tu$l't .' . l'
UOU$eo.teal (nt'i:lt;~Hia~m~~wlth '. t~epQsSible ' ~'a$nothing Shof.ttifa s.~fisaHQn.t,henf';illi;),~t~d · 1
.' ..• e:~(eptiön, ofKütngoldJs Uttl(,ope'ra$~ whidl. the Hambtttg produ~tiö.rit~nd theFrm~h . . '.....j.
of
'. I .aha,ll h~'V~Q(;;;Mion to' speak latt't' on. Wh~n ·.. \t~:üitratt: 'W.<'t1i1 ' $igstd ttn . .dayi 'befO:i"e: th~de" ". •.
· .' thewafhrokeout it:se~m:~d as thou~hthtt · daration öfwar. Niedr~S$~to&aY;llothfttg,artie' ....
' föt:#itot'Getrtütnmusic, 1ike~v~i"rothel' ideaH$Uc:. '. öl it .and Sch:tit1«:t . was. ' throw:tlba.dt •on tue '..
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mi$~~·ete lost lila. .fotml~:ss.maze:; Stta.tt;i';$ in ' .i:Omplishli!cl. it is a:· gl"~nd:me:tltal and mora! •
miSi.,Alpens,:h1phan:ie<i · gave · eVide:t t,e that bis ·· .houseclemirtg tnGet:maiir;, The voh;e(tfari~'\~ • .'
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". and: itwastht front ol :fat~ ilüu..:.;..töt th~ fitd . .Ft.eflth thanGe.ftnan! ~tb;ö:tigh it i&abs\:)lüt~iy"
t " . i " vif ". '. l' .. tte;e fr"m wnoleA(ine impi~MiÖfiism;Jt i$mri;f.~
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· ". he,ard his op~tat~;De.t' , :fern~l{lällgu1 in Hafi1" and . Schubel't and m:ahle:t; ,thtöugh yearso:f . . I
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, ,,iurgf llaugon~om~lu .l ofmfuusiasnl a:nd ~ ./, 1: 1
·····. se:(';ur~diti!tatc>t.pt:axM~~ath:e Paris O~~ta~di$appoifltment aud,..wacri hehas fouridthe .
I;Wiiat~"et ·. rtiay.b!(! th~fa:t\e , of TheDistant '. ,ttew fiotewhictx the 'liewGermafirwilhtri:d~t;'; " ' j
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. . ·i:7!~~!i~t~!!.t~~~i~:~7Ze!:E .· :':i(/:'~ul~ti:l;::!t~~~~:';~t:!i~:~~ .. . .. .
,. . i4a$t .o,d. gitt.d~nc.ttnosti:ntef~sting' w'rifetl'l öl' . wo.r~d~ Oskar Bie~ in hi$pictti.t~sqtiJ~ stY1e~sa1~ .
". ',".... · o~!'repö'Ch"';. , Whätstftitk: ' tni$ '· famou~ ' :erfti:e n:i .... that. Sdlttker j!!Sdll1istlifi~tqt thetH~tant$ottridt ....
t>rtct W;\StnaiSGhteker$tö6dtHoof {tom .th~ .• Jh~ chatmi:ng, soulfuit ". dieartg~H~' rriu$lctbaf " .
p:revailing tend©llcle~i)f tht , modetnG-erlt'htü · . flö$:ts toward U~ tram>'Oi~~.ph~tes#'-'wÖi'di$
·'" . mu~ic' .dr<nna, tangirig .·. fl'tini ·· · the · G~i'm:anisti, .... which ·· sugg~stanatjon}g 'groping, Iota '..;n~"'~
trtythol0 gyo! Wagn~.r t,öt1ie Romewnat di?c$.d~nf .' . ' message ·of hitauty andpta.:e. · .
. . ·•'. ·.• .~~w·~.I.;•.!·.~.i.f,·.;s:~·~G..;.~n~.?e.!~:~~~:;äl7;,."':it:it,: .... ö . ... . ... . ..
~~ ~u "U~U f - ' THR LATES:rSCtiRIt~~ROPBRA
G~iinattyit$eltvra$~ötripe forU:Ua' ~):'" '..ln the last yearoftlliwai'rltl :themidst
. pr~~$iöri~ aH;hciughHTh:eDistanfSotttH'.t/~ :bad .•. öf iliat t:errih1esp:titlg6ffetishr~whi,h tt.>rt .· .'.
" a :pöpulai~ü;:;,es~hlFtankforth:t 1912{<!ft~r ., Gemaut downinto ' th~a:bf$tS,11rcln~trsg±'eat .
". waiting twe1ve 'Yea:rs 'for- : a '. ,h:ead'hg)~ '. Im .$U,.. ... ntwwork'ffDic' .Ge%iichih~t~u; was prpaucett . . . .
". · ct$.sot~1t'baS$pio.':lwerlfuriddl~ P:ririze'$sin"~ " 1'h~ wayin w·hieb. th~pit.6 .pI~ reteived it~eefi:xd .
. . . wasrttdved 'V.-'"ithhowisand cat.. caHs at fh'~·' 'tOS.llY thathere, at l~$t~ W.a$ wJ:üü llierhap ..
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· · nuiri:b~r . of tinl(!$ tht<nig:&.ouf the '. SUmtt'H~:r. 'f)econ:H15tb~Y~difu oftbt tottlroo.tLpl~asti~'~;
. . 'Mu.n khfoHoWitd , last . spring, in .. the IDidst ·(Jif ·.· . setldngmobf ;1busing hiswol'Kfor ·. tbt~ti~ '
.· 1'~'*61tition:. afid .fromthere •. th~ · w-ork '. b~gan .· '. faction <,fltir l()'~r~$ insÜnd$~ Sclltelier . haiS: ....
'. ~. t~hh:nph<iJ p:rQg:r~s.$ tntö4gh G'e rmany •suth .· writte.n the bOQk: himself;. al!lh~ hAsthos$ oiatt ····
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.' a~hasnöt be'ell th~lQtQfan6pera lna genera.. ...hisöpe.r-M,; ~n:dth~re i~ iU)<!4estibn tliat h!:.
tiöri.At theNure,mb~,t'g Stadt;.Thtaw:r, whert 1 '. hasdi'~Unatl~and~H)eti' · i;atlm.tofahigb:ö.rrlet'~ ·
became 'a:cquainted wlt~ Hf Jt · aperiented · . asensef6ttht$tagethät,.pr()b.~bly,n~ttiusician .'
twentyptrf~:tti),,in<:e~ 11,\ ~rowded bOt;!:se~ within '. sinr,:$ Wagn~t ha$ 8h6wtt.Bufttn1ikeWa;gn~t'J "·· .
eightweeks. ' . '.' ". . ' . . hedr~ws in shriple Hne$i Wtthot1iihdtilgfng
··. ffD1e Gez~idlntten~i--...M;utk~d Men+iwotdd '. jAAlo:tlgphilQsophies~tella:<hi$$tö:i'yih 'ih~i~iO:t1 .
bia f~ir. ttanslation-istl:uttr<l.te.dy Qf the ugly; .. its~Ift at!d wotts up to' '. i~.feidSitib1tdimiles .' '.
. ' ttusahape'fi ltttm~nwhö$~soutlong$ for beauty~ • wiiliöut · attem~:dng · to " eihaus:t hli't.. $U:bjit.ef '"
wh<> ' wafit$ t{) ti'artslatc h.is:dream of beauty .' rhet(jd(:~l1t{)t · hi$törki11y~ .
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D A s w E R K
c

Juli 1896 Aufführungen eines Orchesterstückes vom Budapester Opernorchester in


London
März 1900 Aufführung eines Andante für Orchester in einem Konzert des Wiener
Konservatoriums
Juli 1900 Aufführung des 116. Psalms bei einer Schlußvorführung des Konservatoriums
1902 Prämiierung eines "Intermezzo" für Streicher. Komposition einer einaktigen
Oper "Flammen" , Text von Dora Leen, nur konzertmäßig aufgeführt
1903 Aufführung einer symphonischen Ouvertüre "Ekkehard" (Scheffel) im Wiener
Philharmonischen Konzert unter Hellmesberger. Aufführung eines gemischten
Chores mit Orchester "Schwanengesang" durch die Wiener Singakademie.
Komposition der "Romantischen Suite" und "Phantastischen Ouvertüre", die erst
später aufgeführt werden
1907 j08 Ka pellmeister an der Wiener Volksop er
1908 Gründung des Philharmonischen Chores in Wien. Komposition der Pantomime
"Der Geburtstag der Infantin" (Wilde) für die Schwestern Wiesenthai
1909 Komposition des .,Fernen Klang", durch Jahre liegen gelassen, wird zum
größten Teil vollendet
Dichtung "Das Spielwerk und die Prinzessin"
1912 Berufung als Lehrer für Komposition an die Akademie für Musik in Wien,
Beginn der Komposition des "Spielwerkes", Entstehung des Buches nDie
Gezeichneten"
- 18. August, Uraufführung "Der ferne Klang" in Frankfurt a. M.
1913 Uraufführung "Das Spielwerk und die Prinzessin" in Frankfurt a. M. und Wien
1915 "Die Gezeichneten" vollendet. Entstehung des Buches "Der Schatzgräber"
1'918, 25. April, Uraufführung nDie Gezeichneten'~ in Frankfurt a. M.
- . Herbst, VO,l lendung der "Schatzgräber""Partitur
1919 Entstehung der Bücher "Memnon" und "Irrelohe u

C [J

VeraJltwortlicher Schriftleiter: Dr. Alfred Kalmus, WIen, I. Karlsplat:r: 6. - Herausgegeben von der Uni Tersal
Edftion A.-G. - Druck von Otto Maa!!' Söhne Gu. m. b. H., Wien, I. Wallfillchga!lsc 10.

70
KONZERTE DES
ANBRUCH-WIEN
111. Orchesterkonzert
Mittwoch, den 25. Februar 1920, abends
im großen Konzerlhaus-Saal in Wien

Dirigent:

Leo Rosenek
Mitwirkend:
Helene Lampl-Eibenschütz
Konzertsangerin Rosy Fuchs·Fayer

Programm:

Richard Strauß
LEin Heldenleben ...... Sinfonische Dichtung
2. Orchesterlieder :
a) Gesang der Apollopriesterin b) Monolog
der Ariadne aus ,.Ariadne auf Naxos rr c) Wald·
seligkeit d) Cäcilie
3. Burleske ......., .. " .. Klavier mit Orchester
4. Tanz der Salome .. .. .. .. .. .. .... Orchester
Karten an der Konzerlhauskassa

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71
Franz Schreker
in der Universal-Edition
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BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Infanfin ~1c7~~:;;:~~:ra~o~~r:r Wildes
U. E. Nr. 2545 Klaviersuite. vierhändig . . . . . . . . . . . . . . • . Mark 3"-
Zweihändige Ausgabe in Vorbereitung

Der ferne Klang Oper in drei Aufzügen


u. E. Nr. 3096 Klavierauszug mit Text . . . . . . . . . . . . . . . . Mark 20'-
U. E. Nr. 3 JOO Regiebum mit szenismen Bemerkungen , " " . . . . . . Mark "50
U. E, Nr, 3100a Textbudl . . . , . . . . " . , . , . . . . . . . . . Mark 1'20
U. E. Nr. 5367 Ballade für eine Singstimme und Klavier . . • . • . . . Mark J '50
U, E. Nr, 5369 Schlu~duejf für zwei Singstimmen und Klavier . . . Mark 2'-

Das Spielwerk Oper in einem Aufzug


u. E. Nr. 3770 Klavierauszug mit Text . . " . . . . . • . . . • . . . Mark 15'-
U. E. Nr. 3771 Textbuch . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . Mark 1'20

Der rote Tod Frei nach E. A. Poe. Dichtung in einem Akt


U. E. Nr. 3289 Textbuch . . . . . . . . . . . , , . . , . , Mark 1'20

Die Gezeichneten Oper in drei Aufzügen


u, E. Nr, 5690 Klavierauszug mit Text . , , . . . , . , . .
Mark , . . , . 20'-
U, E. Nr. 569 J Textbum . . . . . . . . . . . . , , . . . .
Mark , , . . . 1-20
U. E, Nr. 5762 The malische Analyse . . . . . . . • . . . •
Mark . . . . . 1'-
U, E, Nr. 5884 Vorspiel. Klavier, zweihändig . , , , . . . ,
Mark . . . . , J'-
U. E. Nr. 5389 Dasselbe, Klavier, vierhändig . . . . . . • . • . • • • Mark 6'-
U. E. Nr. 5364 Dasselbe, Studienparlifur . -. . . . . . . , . . . . . . Mark 4'-
U. E. Nr. 5365 Dasselbe, Orchesterparlifur. . . . . . . . . . . . . . . Mark 30'-

Der Schatzgräber Oper in vier Aufzügen. einem Vor- und Nadlspiel


U. E. Nr. 6136 Klavierauszug mil Text . . . • • • • . • • • . • • . . Mark 20'-
U. E. Nr. 6137 Textbuch . . , . . . . . . . • • . . . . • . . • • • . Mark )'20

I n Vorbereitung:
Memnon Irrelohe
Operndidlfung in zwei Akten Operndichtung in drei Akten

Verlegerzusdllag 50 Prozent
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG

72
Franz Schreker
in der Uni v er s a 1- Ed if ion
11111111111111111111111111111111111111 1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111 111111111111111111111111111111111111111111111111111111 UHU1111

Instrumental· und Lieder und Gesänge


für eine Singsfimme mi! Klavierbegleifung
Chorwerke U, E. Nr, Mark
Vorspiel zu einem Dra ma 3870/71 Zwei lieder op. 2 (millei) i1 1'~
(nDie Gezeidlneten tt ) 1, Sommerfäden
für gro~es Ormester 2. Stimmen des Tages
U. E. Nr. Mark
5365 Parfilur, grobes Formal . . . . . 30'- 3872 Fünf Lieder op. 4 (horn) • . • 2'-
5364 Taschenparfifur , . . • , . . • . 4'- 1. Frühling
5884 Klavierauszug zu zwei Händen. . 3'- 2, Unendlirne liebe
5389 Klavierauszug zu vier Händen •. 6'- 3, Wohl fühl irn
4. liebe als Rezensenfin
5. Lenzzauber
Kammersymphonie
für 23 Solo-Instrumente 3873 Zwei Lieder auf den Tod
(Flöle, Oboe. K!arinette. FagoU. Horn, Trompele. Posi,lune. eines Kindes op. 5. . . . . . 1'50
PllUken, SdJl<'lQwerk, Harf e, Celelt<l, K!dvier, Harmonium.
vier V iollnf!n. zw ei Brals<hen. dr ei Celll, ein Konlrabo~) 1. 0 Glo<ken. böse Glocken
6032 Parlitur, großes Format . . . , . 25'- 2. Daß er ganz ein Engel werde

3868/89 Add Lieder in zwei Heften 0 2'-


Ekkehard op. 12 Hdt I: 1. Wiegen!ieddlen
Symphonisme Ouvertüre für gro~e5 Orrnesfer 2. Späte Reue
3. Traum
3878 ParliIur, gro~es Formal . . , . , 1Y-
3880 Klavierauszug zu vier Händen . . 3'- 4. Spuk
Heft 11: 5. Rosentod
6. Adl, noch so jung
Der Geburtstag der Infantin 7. Rosengru~
2545 Klaviersuile zu vier Händen . . , 3'- 8. lied des Harrenmädmens

2547 fünf Gesänge (lief), . . . . 1'50


Schwanengesang op. 11 1. Im frag nach dir
für gemismlen Chor lind Orchester 2. Dies aber kann mein Sehnen
3874 ParliIur, großes Format . . . . . 15'- 3. Die Dunkelheit sinkt
3876a ., b Chorslimmen . . , . . •• a - '40 4. Sie sind so schön
3877 Klavierauszug mit Text. , . . . . 3'- 5. Einst gibl ein Tag

Verleg erzusrn lag 50 Prozent

ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH~ U. MUSIKALIENHANDLUNG

73
Wiener Ersfaufführung Jänner 1920 am Operntheater

FRANZ SCHREKER
Die Gezeichneten Oper in drei Akten
u. E. Nr. 5690 Klavierauszug mil Texl . • . Mark 20'-
U. E. Nr. 5691 Texlbuch . . . . . . . . . . • Mark 1'20
U. E. Nr. 5762 Themalbdle Analyse . . . . • Mark 1'~
U. E. Nr. 5884 Vorspiel. Klavier. zweihändig. Mark 3'-
U. E. Nr. 5389 Dasselbe, Klavier, vierhändig Mark 6'-
U. E. Nr. 5364 Dasselbe, S!udienparlilur. . . Mark 4'~
U. E. Nr. 5365 Dasselbe, Ord1<!slerparlitur. . Mark 30'-

Paul Bekker urteilt in seinem jüngsten Budle über Franz Sdlreker: J.lDie erste
Begabung seit Wagner, die ihm der Art narn verwandt ist, und das
gleiche Phänomen"

Bisher erzielte Srnrekers Oper "Die Gezeichneten" an fünf Bühnen insgesamt

66 AUFFDHRUNGEN
und zwar:
20 Aufführungen Frankfurt (Opern haus)
1'9 Aufführungen Nürnberg (Stadttheater)
11 Aufführungen M ü n dt e n (Nationallheater)
9 Aufführungen 0 res den (Landestheater )
7 Aufführungen Breslau (Stadttheater)

Bevorstehende Aufführungen:
WIEN / BERLIN
KÖLN / KASSEL / MANNHEIM
BRAUNSCHWEIG / MAGDEBURG / WIESBADEN / KIEL / HALLE

Verlegerzuschli:lg 50 Prozent Zu beziehen durrn jede Burn- und Musikölienhöndlung

Universal-Edition A.-G. 'Wien-Leipzig J

74
CONCERTG'EBOUW - AMSTERDAM
MAI 1920

MAHLER-FEST
Sämtliche Werke Gustav Mahlers
in einem Zyklus von 9 Konzerten
unter leitung von W. Mengelberg
und unter Mitwirkung berühmter
Solisten des Concertgebouw-Or-
J

chesters und JJToonkunstfl -Chores

1.. KONZERT . . . • 6.. MAI 1920 5. KONZERT ..... 14. MAI 1920
Das klagende lied, Lieder Sedlste Sinfonie. Kinder-
eines fahrenden Gesellen, ::: totenlieder :::
... Erste Sinfonie ... 6. KONZERT ...... 15. MAI 1920
lieder. Siebente Sinfonie
2. KONZERT ...... 8.. MAI 1920
::; Zweile Sinfonie ::: 7. KONZERT ....... 17. MAI 1920
Das lied von der Erde
3. KONZERT ....... 10.. MAI 1920
....., Drifte Sinfonie
8. KONZERT ....... 19. MAI
::: Neunte Sinfonie :::
1920

4 .. KONZERT ........ 12.. MAI 1920 9. KONZERT ...... 22. MAI 1920
Vierte und fünfte Sinfonie Amte Sinfonie ...
...

75
Anion Bruckner
111111111111111111 H1111 1II 111111111111 IIIlllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll11 1111111111111 111111111 111111111111111111111111111111111111 11 111111111111111111111111111111

A. INSTRUMENTAL-WERKE
U, E. Nr, Preis Mark U. E. Nr. Preis Mark
Klavier zu zwei Händen Zwei Klaviere zu vier Händen
426 Sinfonie I C-moll . . . . .. 4"50 5144 Sinfonie IV Es-dur. . . . .. 8"-
787 Sinfonie 11 C-moll. . . . .. 4'50 2890 Sinfonie VII E-dur . . . . . . 10"-
2986 Sinfonie 111 D-moll . . . . ". 6'- 5347 Sinfonie VIII (-moll , . . .. 8'-
2883 Sinfonie IV Es-dur rom. .. 6'-
427 Sinfonie V B-dur . . . . . , 4'50 Zwei Klaviere zu amt Händen
428 Sinfonie VI A-dur . " . , ., 4"50 944 Sinfonie V B-dur . . • . . . . 12"-
2889 Sinfonie VII E-dur . " . . .. 6'-
2493 Sinfonie VIII C-moll .. , .. 6'- Kammermusik
843 Sinfonie IX D-moll . . . .. 4'50
2893 Srnerzo aus der IX. Sihfonie 3'- Sfreirnquinletf F-dur
2987 Sinfonie IX u. Te Deum zus. 6'- 2924 Partitur (8°) . . . . . . . . .. 3'-
5257 Andante aus der narnge- 2925 Stimmen . . . " . . . . . . . . 10'-
lassenen Sinfonie f-moll ., 1"50
3601 Benedictus aus der F-moll- I n te r mez z o. Ein narnge-
Messe (Wöss) .. , ... ,. 1"50 lassener Streirnquinteffsatz
2917 Erinnerung, Klaviers1ück " 1'50 2922 Partitur (16°) " " .. " " , '" 1'-
2923 Stimmen, . . . . . . . . . .. 2'-
Klavier zu vier Händen
420 Sinfonie I C-moll " . " , .• 6'- Tas<henpa rUfu ren
421 Sinfonie I1 (-moll " " . . .. 6'- I 3593/94 Sinfonie 1/ 11 ... " .. a 4"-
422 Sinfonie 111 D-moll . . . . " 6'- 3595/96 Sinfonie 11l/IV , . . . a 5"35
2882 Sinfonie IV Es-dur rom, .. 12'- 3597/98 Sinfonie V/VI. , . .. a 4'-
424 Sinfonie V B-dur . " " " .. 6'- · 3599 Sirifonie VII . . . . . . . . . 5'34
425 Sinfonie VI A-dur .. , . "' 6'- 2495 Sinfonie VIII (-moll . . . . . 4'-
2888 Sinfonie VII E-dur" " " . " " 12"- 931 Sinfonie IX D-moll . . • . . 4"-
2494 Sinfonie VIII (-moll , , " '. 7"50 2990 Sinfonie IX und Te Deum zu-
844 Sinfonie IX D-moll . . . .. 6'- sammen . . . . . . . . . , .. 5'-
2988 Sinfonie IX u. Te Deum zus. 7'50 2989 Te Deum allein (vgl. Bruckners
2773 Te Deum allein (vgl. Bruckners Chorwerke)
Chorwerke) 5259 Andante aus der nachge-
5258 Andante aus der nachge- lassenen Sinfonie F-moll . . 2'-
lassenen Sinfonie F-moll. .. 2'- 2925, 2923 Streirnquintett, Inter-
2926 Sfreirnquintetf F-dur . . . . " 10'- mezzo vgl. oben
Verlegerzusdllag 50 Prozent
Zu beziehen dur<h jede Buch- und Musikalienhandlung
...

Universal-Edition A.-G. Wien-Leipzig J

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76
Anion Bruckner
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

B. GRöJ3ERE CHORWERKE
U. E. Nr. Preis Mk. U. E. Nr. Preis Mk.
Messe 11 E-moll Te Deum
für arntstimmigen Chor u. Blasinstrumente für Chor, Soli u. Orchester. Orgel ad lib.
2894 Partitur .................. 12'- 429 Klavierauszug mit Text. lat. 3'-
2895 Bläserstimmen (nach Verein- 2773 Klavierauszug vierhändig.. 3'-
barung) 2989 Tasrnenpartitur (16°) .. .... 2'-
2896 Chorstimmen .......... a 1"20
Sinfonie IX und Te Deum zusam-
2915 NEU I Bearbeitung für Chor
men (vgl. Instrumentalwerke)
und Orgel (Goller) .. .. .... 6 0

Grofse Messe 111 f-moll JJHelgoland"


für gemischten Chor und Orchesfer
für Männerrnor und gro~es Orchester
2898 Partitur .. o. •• •• •• •• •• •• •• 40'-
2899 Orchesterstimmen (nach Ver- 2902 Partitur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 12'-
einbarung) 2903 Ormesterstimmen (nach Ver~
2899 a Orgelstimme .. .. .. .. .... 3:- einbarung)
2900 a/ d Chorsfimmen .. .. .. .. cl 1'80 2904 Chorsfimmen .......... a -'60
2901 Klaviera uszug mit Text, Iat. 12"- 2905 Klavierauszug mit Text d.~. 3·50
3601 Daraus einzeln: Benedictus
für Klavier zweihändig "... 1"50 uDas hohe Lied"
150. Psalm Männermor mit Tenorsolo u. Orchester-
für gemischten Chor. Soli und Orchester oder Klavierbegleitung
2906 Partitur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 10'- 2910 Partitur (mit unterlegtem
2907 Orchesterstimmen (nam Ver- Text) .. .. .. ., .. .. .. .. .... 2'50
einbarung) 2911 Orrnesferslimmen (nach Ver~
2908 Chorslimmen .......... a -'50 einbarung)
2909 Klavierauszug mit Text d... 4'- 2912 Solo· und Chorstimmen ., a -'25
Verlegerzusdl!ag 50 Prozent

Zu beziehen durch jede Buch~ und Musikalienhöndlung

Universal-Edition A.-G. Wien-Leipzig J

77'
Volkslieder .. Sammlung

EINLADUNG ZUR MITARBEIT


I! 11111 111 111 111 1I 111 111 11 111 111 111 11 11 11 111 11 11 11 11 111 111 111 11 11 111 111 111111 lH 111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

m Verlag Hug (Zürich-Leipzig) sind unter der

11 Herausgabe von earl Seelig in ZüridJ


die dichterisch und musikalisch wertvollsten
deuts ehen Volkslieder erschienen. Inzwischen
wurde mit der Sammlung fremder Volkslieder begonnen.
Komponisten. weldle gegen Honorar an einigen weiteren
Heften mitarbeiten möchten. sind gebeten. möglichst
bald mit dem Herausgeber (Ca rI See Ii g. Zürich 2,
Slernensfra~e Nr. 18) zu gemeinsamer Verständigung in
Verbindung zu freten "

A*AßW&

78
Ein hervorragender Wiener Meister

FRANZ SCHMIDT
1111111111111111111111111111111111111 U111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

Sinfonie Nr. 1 E-dur


U. E. Nr. 38&1 Orc.hesterpartifur . . . . . . . • . . . . . . . . . . . M~rk 25'-
U. E. Nr. 3883 Klavierauszug zu vier Händen . . . . . . . . . . . . . Mark 6'-
Franz Schmidts Sinfonie E·dur gelangte bisher wiederholt mit durduchlagendem Erfolge
zur Aufführung, u. a. in Kopenhagen: Königlime Kapelle (Georg Hoeberg);
Magdeburg: Sinfoniekonzerl des Stadllhealers (Dr. Walter Rab!); Wien: Konzerl-
verein (Ferdinand Löwe), Wiener Philharmoniker (Franz Smalk). Uber die kürzlich slall·
gefundene M~gdeburger Aufführung schreibt die Magdeburger Zeitung: "Der anscheinend
cluf keine Richtung eingeschworene Komponist überschüttel uns ganz ungeniert mit den
schönsten Melodien, bis zur Baf;luba hinab mu~ sidl alles zu singen bequemen. Das
kllngl so all und dodl so neu in dieser smönen ParHlur, man merkt, hier redet ein
Aufredlfer, ein Edler, dem das musikalisdle Deutsdt der Klassiker
MutterspradteJ Herzenssache ist."

Sinfonie Nr. 2 Es-dur


U. E. Nr. 5391 Ormesferparlilur . . . . . . . . . . • . . . . . . . . Mark 50'-
U. E. Nr. 5552 Klavierauszug zu vier Händen . . . . . . . . . . . . . Mark 10'-
Die bedeutendsten Orrneslervereinigungen haben diese preisgekrönte Sinfonie bereits
zur Aufführung gebraml, darunter: Wien = Philharmoniker (Felix Weingarlner). Gesell·
sdlaft der Mmikfreunde (Franz Schalk). Konzerlverein (Ferd. Löwe), Tonkünstlerorchesler
(Oskar Nedba1); Berlin : Philh. Orrnester (Herrn. Henze); Hambur9: Dhilharm. Ge·
seHsdll'!lfl (Siegm. Hausegger); Aarnen: Slädt. Orrnesler (Frilz BusrnJ; Essen : Ton·
künsllerfesl (Hermann Abendroth); Graz: Opernormesler (Oskar Dosa); Haag:
Residenzorrnesler (Vem Zuylen v. NijeveU); ferner Budapesf, Los Angeles u. a. m.
Jede Aufführung erzielte bisher einen jubelnden Erfolg.

Notre Dame Zwischenspiel und Karnevalsmusik


U. E. Nr. 5480 Ordlesterparlifur • • . • . . . • . • . . • . . . . . . Mark 20'-
U. E. Nr. 5482 Klavierauszug zu zwei Händen. . • . . . . . • . . . . Mark 3'-
Zwischenspiel und Karnevc.lsmusik enlha!ten d.:ls Wirkungsvollste aus der bekannten
Oper Franz Sdll-nldfs und bewei51 jeder Takf derselben eine bis zum Hömstpunkte
gesteigerte Künstlersdlaft und eine Virtuosität der Tedmik. die nur dem Sinfoniker
von Beruf zu eigen sein kann. Erfolgr~jdle Aufführungen haben bisher in Wien,
Budapest, Stra~burg, Nürnberg, Prepburg u. /'!I. m. stclllgefunden.

Verleg~rzusdlla.g 50 Prozent. - Orrneslerslimmen nam Vereinbarung. - Zu beziehen durdl jede


Burn· und Musik/'!llienhclndlung

Universal- Edition A.-G. Wien - Leipzig J

79
EIN MEISTER
JOSEF MARX DES LIEDES I
.......................................................................................
ITALIENISCHES LIEDERBUCH
SIEBZEHN LIEDER NACH GEDICHTEN VON PAUL HEYSE
U.·E.·Nr, Nr. Mark U.,E.-Nr, Nr, Mark
5215/16 1/2 liebe - Ständchen (hodt) CI 1'- 5227/28 13/14 Wie reizend bist du Am
5217/18 3/4 Der Dichter - Am Brunnen Fenster (millel) . . , . a 1'-
(mittel) CI 1'- 5229/30 15/16 Die Verlassene - Nimm dir
5219/20 5/6 Die liebste spricht-Abends ein smönes Weib (miltel) a 1'-
(mittel) . . . . . CI 1'- 52J1/31 b*) 17 Venezianisches Wiegenlied
5221/22 7/8 Die lilie-Wofür (millel) a 1'- (mittel, lieD. . . . a J'-
5223/24 9/10 Sendung - Es zürnt das Dieselben lieder in zwei Bänden:
Meer (milIei). . . . . a 1'- 5213 Band I (Nr, 1-9) . . , , , . , . 3 -
5225{26 IJ f12 Die Begegnung - Die tale 5214 Band 11 (Nr, 10-17) . . . . . . . 3'-
Braut (mille]). . . . . a 1'- ') Auch für SIt1g~1imme mit Onhederbegleilung

LIEDER-ALBUM
SIEBENUNDZWANZIG AUSGEWÄHLTE LIEDER IN VIER BliNDEN
U.,E.,Nr. Mark U.-E.-Nr. Mark
5270 Band I (für hohe Stimme) . . . . 3'-· 5272 Band 111 (für mifllere Stimme) . . 3'-
(Jugend und Alter; Marienlied; (Wie eins!; Sep!embermorgen; An
Ligeu ner; Erinnerun g; Venezian ism es einen Herbstwald ; Japanisches Regen-
Wiegenlied; Barkarole) lied; Valse de Chopin; Windräder;
5271 Band 11 (für hohe Stimme) . , •• 3'- Regen). .
(So mm er lied; Noctu rn e ; Der be- 5273 Band IV(für milllere[Barifon-] Stimme) 3'-
scheidene Smä!er; Hat dich die liebe (Ein junger Dimfer denkf an die Ge-
berührt; Maienblülen; Waldseligkeit ; Hebte; Der Ton; Wa nderers Nachlli ed ;
Und geslern hai er mir Rosen gebraml) Bitle; Gebet; Der Rauch; 0 sü~erTod)

LIEDER UND GESANGE


FDR EINE SINGSTIMME MIT BEGLEITUNG VERSCHIEDENER INSTRUMENTE
Vier Lieder "am
Dh:htungen von I U.-E.·Nr. Mark
U.,E•• Nr. Anton Wildgans: Mark, 6035 Valse de Chopin (für Gesang,
5836 Du bist der Garten (für Gesang, i Klavier und Streichquartett). • • 3'-
Violine und Klavier), . 1'20 1
5837 Durch Einsamkeilen (für Gesang, 5167 Marienlied (für Gesang und Orgel) 1'-
Viola und Klavier). - 1'20 1 5774 Ich halte viel Bekümmernis (Sopran-
5838 Adagio (für Gesang, VioloncelJ und
Klavier) . , , . .
5839 Pan trauerl um Syrinx (für Gesang,
. 1'20 I arie mit Orgelbeg!eilung von Joh.
Seb. Bach, Bearbeilung von Jas.
Flöte und Klavier). , ~ . , , ,2'- Marx) . . -, • . . , . , . . • 1'20 I

Verlegerzu:uhlag so Prozent
Zu beziehen durch jede Bum .. und Musikalienhandlung
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.. Universal-Edition A.-G. Wien-Leipzig .. I

80
EIN MEISTER
DES LIEDES I
••••••••••••••••••••••••••• M •••••••••••••
JOSEF MARX ~ •••••••••••• •••••••••••••••••••••••••••••••••

LIEDER UND GESANGE


FllR EINE SINGSTIMME UND KLÄ VIER
I. folge U.-E,·Nr, Nr, Mark
(28 lieder) 5183 5 Än einen Herbstwald (horn
U,-E,-Nr, Nr, Mark deulsdl, eng 1.) . 1'-
5150*} 1 Barkarole (hoch) , 2'- 5184 6 Der Rauch (mille I. deulsdl,
5151 2 Christbaum (horn, deutsch, engl.) , , . 1'-
engl.) , , 1'20 5185 7 Regen (millei deulsm, eng!.) 1'20
5152 3 Dein Blick (hoch), • , 1'20 5186 8 Der Ton (ml!!e!. deutsd1, en gl.) 1'50
5153 4 Dem Genius des Augenblicks 5187 9 Kolumbine(hom,deutsdl,engl.) 1"20
(mittel, deutsch, eng!.) , ,1'20 5188 10 Im Frühling (hoch) . ,,1-'--
5154 5 Der Denker (millel) • , . , 1'- 5189 11 Lcumlende Tage (mille\) , . "20
5155 6 Die Elfe (hoch, deulsm, eng!.) ] '20 5190 12 TUdl der Tränen (hom) , , , 1'-
5156 7 Die Violine (millei) , . ,,1'20 5191 13 Deregrina V, (hodl) . , . . 1'20
5157 8 Ein junger Didlter denkt an 5192 14 Schönheit (hoch) , ' . .• 1"20
die Geliebte (mittel) • , ,1-20 5193 15 Wimderers Nachtl ied (mille I) . 1'-
5158 9 Frage und Antwort (hoch), ,]-- 5194 16 Der Gast (millei) . ,. ,1--
5159 10 Gebet (mitte!) , , . , , , . 1'20 5195 17 Ein Fim!enbaum steht einsam
5160 11 Hat didl die liebe berührt (mille!) . , 1'-
(hoch, deutsdl. eng!.) , , ,1'20 5196 18 Toskanischer Frühling (mille!) 1'50
5161 12 Hodlsommernacht (hoch) , . 1-- 5197 19 Im Maien (hoch) , . . , , . 2'-
5162 di c') 13 )apanismes Regenlied (hoch, 5198 20 Herbs!zeill me (millel) . . , 1'20
mittel. lief. deuisch, eng!.) a 1'- 5199*) 21 Jugend und Älter (millei) , ,1-20
5163 14 Lied (hod1) , , ' , , , , , ]'- 5200 22 Lenzlahrl (horn) , . . . . ,1'50
5164 15 Lob des Frühlings (ho<h) , ,1'- 520] 23 Ge'iung des Lebens (miltel) . )'-
5165 16 Maienbli.ilen (hom) , , . . , 1'- 5202 24 Ein Drängen ist in meinem
5166 *) 17 Marienlied (hoch) . "- H erzen (hoch) , . 1'20
5168 18 Neugrlechisdles Mäddlenlied 5203 25 Traumgekrönt (hoch) . 1'-
(hom) , . . , , . , . ,1'20 5204 26 Namtgebet (hoch) ' . , 1'-
5169 19 0 sü~er Tod (mille\) , , 1'20 lH. Folge
5170 20 Pierrol Dandy (hodl), , , ,\'50
(17 LIeder)
5171 21 Septembermorgen (mitte!), . 1'20 I
5172 22 Sommerlied (hodl) , . "20 I 5205 1 Noc!urne (hoch) , 1-50
5173 23 Sonnenland (millel) , 1'20 5206 2 Waldseligkeif (hoch), , 1--
5174 $) 24 Und gestern hot er mir Rosen 5207 3 Sancta Maria (hom) •• . 1--
gebracht (hoch) . 1'20 5208 4 Smlafend trägt man mich
5175 25 Valse de Chopin (mille!) " . 1'50 (milleI) . , " 1"-
5176 26 Warnung (hoch) " 1'20 5209 5 Vergessen (millel) . , 1"-
5177 27 Wie einst (mittel) . . 1'20 5210 6 Wanderliedmen (hO<h) , . . 1'-
5178 28 Windräder (mittel) . ] '20 5211 7 Piemonlesismes Volkslied
(horn) . . . 1'-
5212 *) 8 Zigeuner (hom) , 1'20
11. folge 5591 9 Selige Nad11 (hoch) . 1'-
(26 LIeder) 10 Isolde (milleI) .• , . 1'-
5592
5179 1 Bifle (mittel. deufsm, eng1.) 1'- 5593 11 Herbst (mittel) . . 1'-
5180*) 2 Erinnerung (mittel, deutsch, 5594 12 Con sordino (hoch)" .• 1'-
eng!.) , . . . , . . , ] '20 5595 13 Ein goldenes Kettlein (hoch) , 1'-
5181 3 Der besrneidene Smärer (horn, 5596 14 Der Gejangene (hodl) . , . 1'-
deulsd1, eng!.). , • . . ,1'20 5597 15 Serenata (hoch) , •. , , , 1"-
5182 4 lied eines Mädchens (hom, 5598 16 Sdllie~e mir die Augen (hodl) T'-
deulsdl, engL) , 1'- 5599 17 Der Kuckuck ruft (hoch), , ,1'-
.} Auch lur Singslimme ml1 Or<he~!erbeg!eilung ~) Ä lJ m liir Sing,limme mil Ordleslerbeg!cilung
Verlegerzusd-.lag 50 Prozent
Zu beziehen durm jede Burn- und Musikalienhandlung
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81
VIT. NOvAK A. SINFONISCHE WERKE
IN DER TATRA, ap. 26
Sinfonische Dichtung für großes Orchester
U. E, Nr. 2876 Partitur . . . . . . Mk. 20'- U. E, Nr, 2818 Klavier, vierhändig Mk. 3'-

SERENADE, ap. 36
Für kleines Orchester
U. E. Nr, 3997 Partitur . . . . . . Mk. 12'- U. E. Nr. 3994 Klavier, vierhändig Mk. 4'-

TOMAN UND DIE WALDFEE, ap. 40


Sinfonische Dichtung für großes Orchester
U. E. Nr. 6363 Partitur. , . . Mk. 40'- U. E. Nr. 5818 Klavier, vierhändig Mk. 5'-

LADY GODIVA, op. 41


Ouvertüre für großes Orchester
U. E. Nr. 6365 Partitur , , . . , • . . . . Mk.20·-
U. E. Nr. 0367 Klavier, vierhändig, in Vorbereitung

PAN, ap. 43
Tondichtung in 5 Sätzen für großes Orchester
U. E. Nr. 5888 Partitur . . (nur in Abschrift) U. E. Nr. 3355 Klavier, zweihändig Mk. 5'-

B. CHORWERKE
DER STURM, ap. 42
Sinfonische Dichtung nach der Meeresphantasie von Svat. Cech, für gr. Orchester, Soli u. Chor
U. E. Nr. 3632 Partitur ' . . . . ' , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . Mk. 50'-
U. E. Nr. 3357 Klavierauszug mit Text, deutsch, tschechisch . , . , . . . . . . . Mk. 10'-

DIE TOTEN BRAUT, ap. 48


Ballade für 2 Soli, gemischten Chor und großes Orchester
U. E. Nr. 5293 Klavierauszug mit Text, tschechisch . . . . . . . . . . . . . . . Mk. 7'50

c. BÜHNENWERKE
. DER BURGKOBOLD, ap. 4~
Komische Oper in 1 Aufzug. Text von Lad. Stroupeznicky. Deutsche Übersetzung von Max Brod
U. E. Nr. 5393 Klavierauszug mit Text, tschechisch " . . . . . . . . , . . . . Mk. 8'-
U. E. Nr. 5812 Textbuch, deutsch . . ' . . . . . . . . . . . • " . • . , . . . Mk. -'50

KARLSTEIN, ap. 50
Oper in 3 Akten nach dem Lustspiel von Jar. VrchIicky, zusammengestellt von Ottokar Fischer
U. E. Nr. 5816 Klavierauszug mit Text, tschechisch. . . . . . . . . . . . . . . . Mk. 12'-
VERLEGERZUSCHLAG 50 PROZENT "

ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH .. UND MUSIKALIENHANDLUNG

U niversal ~ Edition A. ~ G., Wien ~ Leipzig


82
IGNAZ FRIEDMAN
Klavier zu 2 Händen Klavier zu 2 Händen
A. ORIGINAL~ KOMPOSITIONEN B. B E A R BEI TUN GEN
U,E.Nr, Mörk U. E. Nr, Mark
2827 op, 22 Estampes. 6 Klavierslüme , 3'- 3703 Menuett aus Mahlers 111. Sin-
Impalienee - Serenade du fonie. • . • . . 2'-
Pierrot - Diseours intime - zum Konzer!vorlrag gesetz!
Marquis ef Marquise - A la 5658/59 Zwei Wien er Tänze nach Mo~
Wafleau - Badinage liven von Ed, Gärlner 1/11, ,0 2'-
2539 o'p. 33 Drei Klavierstücke , 3'-
T2 KONZERT~TRANSKRIPTIONEN:
Elude - Mazurka - TabatiE~re:
6 musique 5070 Nr. 1 Dandrieu, Les Fifres. , . . 1'50
2539a Daraus einzeln Nr. 3 5071 " 2 Rameau J Musette . ., 1'50
Tabatiere a musique . J '50 5072 .. 3 Grazioli, Adagio • , 1'50
3053 op. 44 Passacaglia . . 2'- 5073 .. 4 Gluck, BalleI des ombres heu-
3365 ap, 45 Drei Phanfasiesfücke. 2'- reuses ., .,. . 1'50
Einsamkeil- Tanz -Intermezzo 5074 " 5 Dandrieu. Le Caquet • 1'50
3366 op, 47a Vier Studien, . 3'- 5075 .. 6 Beethoven, Eeossaises -. . 1,50
5145 op. 47b Studien über ein Thema von 5412 .. 7 Scarlatti J Pastorale . 1'50
Paganini ... 3'- 5413 " 8 Scarlatfi J Gigue. '. 1'50
3377 op. 48 Vier Präludien .., 2'- 5<114 .. 9 Dalayrac, Romanee (aus der
3378 op. 49 Zwei Mazurkas .. 2'- Oper »La pazza per amore«) 1'50
3702 ap, 53 Polnische Lyrik, I. Folge, 4515 ,,10 Gluck, Gavotte (a, }>DanJuan«) 1'50
4 Klavierslücke , . 2'- 5416 ,,11 Coupe"in, Le tendre fandton 1'50
Herbst - Schlummerlied - 5417 .. 12 RameauJLerappel desoiseaux 1'50
Bauerntanz - Wind
5710 ap, 60 Polnische Lyrik, 11. Folge,
5 Klavierslü<ke. 2'-
Klavier zu 4 Händen
Dumka - Hymne -Im Mai- 3504 op, 51 Fünf Walzer, , 2'-
Valsefle - Vieux refrain
571 top. 61
6023 op, 66
Vier Präludien ,
Ballade '
2',-
3'- ViolonceIl u. Klavier
6022 op, 73 Polnisdte Lyrik, 111. Folge, 3798 op. 50 Nr. 1 Melodie Slave, 1'50
5 Klavierstücke , 2'- 3799 op. 50 Nr. 2 Valse (ente 1'50
Weihnamtslied - Von lieb' und
Leid I - In der D0 rfsmen ke -
Soldaten marsch - Tändelei Gesang und Klavier
op,79 Stimmungen: 2550 op. 5 Drei lieder (0. J. Bierbaum) 1'50
6020 Hefi I (1--5) 2' Das Mädchen am Teiche singt -
6021 Hell 11 (6-9) , 2'- Arie des Schäfers - Kinderljed

Verlegerzuschlag 500/0, Zu beziehen durch jede Buch~ und Musikalienhandlung, Verlegerzusehlag 50 %

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Universal-Edition A.-G"J Wien- Leipzig


83
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Der " rztderSöbeIde .·


t(omismeOper in eiflem Vorspielündz\\teiAkte:n.~-·~ Oidltufig' ~'(m frHz Z()r~r . .
U~ t" NI". 6250KlavferamzugmH T~xt Mk t,·. .- U, E.Nr. 6i5f Textbu<h, ~;; . • Mk~ V";~ "
Gi:ll$ "Arzt d~r Sob~i'de" g~langte . i:m! i~ NövernhN 1919.am Bl'es!aÜi:!rSfndflhe\jler mltgro߀mtr- ···.·

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. · ·. · folge l:urÄuffi,lhrung. Der Kompoüisfkönnf-c .:im S(hhm~ für m~hr' e!ls~itiDütt.t:!üd Nervol'rufedanken
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ME ISTEG.UIOO . .
' K6mj$dn~ Oper trI dn:r ' Akfen~-;'" D idlfuäg "' V()OlKOlriponislen
'. LL E; Nr~ 6160 KtavJeram;zug rrü't T~xt~'lfc, 20'- U. E Nr. 62'61 T..,xlbum .;, ;. ;. , Mk l';"~·. '.
Durrnsi:.hL Erföl.g des Karl$fuherJi6f!hMl~'~ r 8evörsf~twnde AuHührLtngeii Mtli'irlifin(Natibriidfhealef),
Kesse! {Sfat:ttLS\11Ciusp!E!!e}. Bre!l1el1lSfddHhea!~fl .... ., .'. .. . . .... ". :

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'. HE RRDANDOl() '
KOmismeOperin drei Ak lett na d1e in e r HalienismenKdmödif:
'... U~ t.Ni'> 629S KldV!i:::rmJ)zllg mit Text Nk. 12',--- U. E Ni'; 6296 TextbLi<.h • . ; . ; , > ("tL L ~';~ '. .
'. '.•..·· Bishergl~niende ;A utführunfi~n fn. ts3Em{lonkünstf~ffest), StuUgtirf (LandcsJhe;atet)).Mühdtell{Neliörial. , ...••...
Hiealer); Mtlriflhejm · (Nalion allhetli~rJ. --, lurAuf!ührung emgenomm-en .für W~imtlr(Lojl(feslheat.efJ ..... .
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MUSIKGESCHICHTLICHE SAMMELWERKE
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-
Denkmäler der Tonkunsf in Osterreich
unter Leitung von Prof. Dr. Guido Adler
NEU ERSCHIENEN:
XXVI. JAHRGANG (DER GANZEN FOLGE 51. UND 52. BAND)

JACOB GALLUS (HANDL)


OPUS MUSICUM
VI. (Sdlluß~)T elf
Bearbeitet von Prof. EmU Bezecny und Prof. Dr. Josef Manfuani
Subskriptionspreis für das Deutsche Reich ......... Mark 34"-
Einzelpreis für NidltmitgHeder ... _.. _. __ . __ .. _.... _ Mark 50--
(Ei 11 sm! i epl idl Verl egerzu sdllag)

it dem vorliegenden Doppelband komml das in den Jahrgängen VI,


XII, XV, XX. XXIV (12.,24.,30.,40.,48. Band der Gesamtpublika~
fion) veröffentlichte Opus musicum (Mofettenwerk für das ganze
Kirchenjahr) von Jacob Handl (Gallus) zum Abscllluß. Dieser Schluß-
L2:ola.':~~a;:.t band bringt den zweiten und letzten Teil des 4. Buches, enthaltend
Gesä nge fü r die Feste der H eiligen. Es erübrigt sich, über Wert und Bedeufu ng
dieses Werkes noch Worfe zu verlieren. Das Koiossalwerk steht würdig neben
dem Magnum opus von Orlnndo Lasso und hat in der Literatur nur nom ein
Seitenstück in dem ChoraUs Constanfinus von Heinrich Isaak, der audl in
den ösferreimischen Denkmälern erscheint (bisher 1. und 2.' Buch im XV. und
XVI. Jahrgang. Band 10 und 32). Welche Fülle und welcher Reimtum an Musik·
historischem Kunsfguf hier zum ersten Male zugänglidl wird, ist von allen
Berufenen gewürdigt und anerkannt worden. Für die Praxis können diese
Sdläfze nunmehr verwendet werden. Die Eigenart des Gro~meisters Gallus tritt
in den MofeHen klar und packend hervor, eine Fundgrube für Untersuchun~
gen über die obligate und polychore Sdlreibweise des Ausganges des 16. Jahr·
hunderts, also der Zeit der Hochblüte des A·Capella~Gesanges mit Anzeimen
des Oberganges in die kommende Zelt.

Studien zur Musikwissenschaft


Beihefte der Denkmäler der Tonkunsf in Österreich
Semsfer Band, 186 Seifen Großoktav, Einzelpreis (für Deutschland) 16 Mark
Inlla It: D r. Egon Wellesz, Die Opern und Oratorien in Wien von 1660 bis
1708; Doktor Albert Smijers, Die Hofmusikkapelle von 1543 bis 1690 (I)
...... 11 ..

Verlag der UNIVERSAL-EDITION A.-G' Wien I. Karlsplatz Nr. 6


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86
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Erfrlsdlender fr li hlingshaum weh111m diesem verspredJenden
Hdb~s Sonete Ist die Arbeit <dnes hodJbcgabJcn rungen fldledli· Werke: Der holde 0 berm ul der Jugend, die Sieghafte Sp1lnnkrajl
schen Komponisten, die ~n \ ij~lidJ Ih rer Uraufführung irn Wiener ei ner slarken ~dlöpfernötur, Klang Ireud igkeil, b ed eulende! Können,
Tonkünsllervereine einen geradezu se matlonellen Crfolg erzi eil e Empfindung. Poesie 0, B, foersler im .Merker")

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lebemlust und lebcmjreude fllI I<.'t durdl diese T8n zstürne, melod ien, die er während ~eines Kriegld iemles in Serbi en kennen
denen der Komponist einen Bltilenkr.:lnz der reizvollsten Melodien lernte, durm eine priidltige Beilrbe ilung dem modernen Musik.
verliehen hat empjlnden zugilnglidl gemadJt

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87
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MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SC H RI FTLE ITU N G: DR, OTTO seHN EID E R

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 2
Hugo Kauder ..................... Zum Problem der musikalisdlen Form
Egon Wellcsz ........................... Vom Gei'>l der mincsbchen Musik
Bernh. Paumgartner ... ... ... Reform des Musikunlerriullcs (ForlsC'lzung)
]oseph Marx ............................................. Freueri<k Ddius
Emll Chw\la ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Tsdledlisdle Musik 1
DclUl Bckkcr ........................ Fermimore und Gerdü.in Frankfurt
GI 0 Ben: Musikfeste von Dr. R. SI. Hoflmann; Ldrmclldc Musik von
EgOll Lustgarten; Neue Davidsbündler von R. Reti; Faksilllile einer
Pörtitur·Seile aus Delius: nFennimore und Gerda" / Neue Noten
No!cnbeilage: Lied der Fennimore aus Delius: nFermimore und Gerda"

NUMMER 3/4
Hernlönn Smerdlen ................................. Das TonalitCitsprinzip
Rudolf Re!i ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Konsonanz und Dissonanz
frilz Stiedry ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Fragment
B. Daumgartner ........................ Reform des Musikunterrimles 111
Emi! Chvala ............................................. Tsmemische Musik lJ
Vitezslav:Novak ... ... ... ... ... ... ... ... ... ..... JLingste tsdlemische Musik
Beta Bal"!6k ............... ... .............................. Musikfolklore
Dr. R. SI. Hoffmann ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Die Wiener Volksoper
Daul Marsop ... ... ... ... ... ... ... ... Der Kritiker auf den Parkel!sessel
Dr. E. R. Mengelberg ... ... ... ... ... ... ... ... ... Mahler·Fesl in Holland
G los sen: Musik und Weltidee VOll Hugo Kauder ; Musik in Wien von
Dr. R. SI. Holfmann; Meine Herren Operndirektoren von Dr. R. SI. Hoff·
mClnll: Musik im Spiegel der Zei! von Egon Wellesz; Neue Davidsbondfer
von Rudolf ReH: Kritik der Kritik von R. S. H. I Besprechung / Neue Noten
Not e 11 bei I iJ 9 e: Szymanowski 2 Drcludes (jus op. I

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88
DIE NEUE MUSIKGESELLSCHAFT

DER ANBRUCH
I N B E R L I N
Künstlerische leitung
Dr. 0110 Schneider
Cl

EHREN· KOMITEE
KULTUSMINISTER HÄNISCH. SYNDIKUS DOKTOR REICKE. INTENDANT
MAX SCHILLINGS. GENERAL~MUSJK-DIREKTOR LEO BLECH, PRO·
fESSOR BRUNO PAUL LOTTE MENDElSSOHN-BARTHOLDY. DIREKTOR
LANDEKER. DIREKTOR BAER. PAUL SCHOENWALD. JACQUES ELiAS

Cl

GESCHÄFTSSTELLE:

BERLIN W 35 · VIKTORIASTRA(3E 35
PAUL CASSIRER VERLAG

89
Für die Saison 1920/21 ist folgendes Programm in Aussicht genommen:

Ormesterkonzerte
1111111111111111101II1111111111111111i 1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlIIU 11111111111111111111111 11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

6 ordentliche:
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1 2
Dirigent; Dirigent:
WILLIAM MENGELBERG OSKAR FRIED
Siebente Mahler~Sinfonie Rimsky-Korsakow ...... Scheherazade
Kindertotenlieder Borodin ................ Prince Igor
Scriabine .. " .. .. .. .. .. .. 111. Sinfonie
3 4
Dirigent:
Dirigent:
WILHELM FURTWANGLER MAX SCHILLINGS
Delius .................... Arabeske ,Rial. Strau~
Rosenstock .. .. .. .. .. .. Klavierkonzert
Festliches Präludium . Burleske
Nov6k.. .. .. Toman und die Waldfee Orrneslerlieder . Don Quixole

5 6
Dirigenf: Dirigenf:
LEO BLECH SIEGFRIED OCHS
Korngold .. Ouverlüre "Die tote Stadt" Debussy .. .. .. .. .. .. .. .. .. Noclurnes
Kornauth .. .. .. .. .. .. .... Sinfoniefla Delius .. .. .. .. .. .. .. .... Appalarnia
Barf6k .. .. .. .. .. .... Orchesfersuife Novak .............. Die Totenbraut

2 au~erordentliche:
1 2
Dirigent: Dirigent:
BRUNO WALlER ARNOLD SCHöNBERG
Achte Mahler-Sinfonie Arnold Schönberg . Gurrelieder

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--

Abende
1 2
Taneiew .................. Klaviertrio Weigl ................ Streimsexfett
Ravel .. " .' Le fombeau de Couperin Kornauth.............. Violinsonate
Stepan .... .... Böhmische Volkslieder Petyrek .......... Kammermusiklieder
Bart61<; .. .. .. .. .. .... Streidlquarfetf Korngold .. .. .. .. .... Klavierquintett

3 4
Debussy .......... ...... Harfentrio Borodin.. _. .. ._ .. _. .. SfreichquarteH
Marx._ -. .. .. .. .. Kammermusiklieder Reger .. ........ o. Violimonate
•• ••

Szymanowski .... Drifte Klaviersonate Kornauth.............. Flötenlieder


Ravel.. .. .. .. .. .. .... Streichquartett Pfitzner...... ........ Klavierquintett

5 6
Ravel.. ................ _. Klaviertrio Debussy .... -......... Blanc et noir
Sfrawinsky ................ Pribaoutki Szymanowski ....... ...... Hafislieder
Kornaufh .. -. .. .. .. .. .. Sfrei dlsexteft Schön berg.. .. .. .. 0: •• Pierrot Lunaire

MITWIRKENDE:
ARTHUR SCHNABEL, eARL FlESCH, BRUNO EISNER. NORA
DREWETT. Gr:ZA KRAUSZ. DORA PIj3L1NG. BARBARA KEMP.
MARGARETE WITH. HEINRICH SCHLUSNUS. PAUL LlBAN. ROSY
FUCHS-F A YER. HANS SMETERLING
KLiNGLER-QUARTETT. WALDBAUER-QUARTETt
GOTTESMANN-QUARTETT

.91
KONZERTE DES
ANBRUCH-WIEN
--- • • • , >

111. Ormesterkonzerf
Miffworn, den 25. Februar 1920, abends
im gro~en Konzerfhaus-SoaJ in Wien

Dirigent:

Leo Rosenek
Mitwirkend:
Helene Lampl-Eibenschütz
Konzerfsängerin Rosy Furns-Fayer

Programm;

Richard Strau~
I.. Ein Heldenleben .. .. .. Sinfonisc:he Dic:htung
24 Orc:hesferlieder: ;
a) Gesang der Apollopriesterin b) Monolog
der Ariödne aus JJAriadne auf Naxos c) Wald. r
,

seligkeit d) Cäcilie
3. Burleske .. .. .. o' •• ., •• Klavier mit Orrnesfer
44 Tonz der Salome.. .. .. .. .. .. .. .. Orchester
Karten an der Konzerfhauskassa

92
,franl Sehreker..•....

C'öpytig:ht 1919 bv Uuivi..wsöJ·· Editit,H'i.. .. . . '. , ...... .... ..'


Nnk~ll",';lal{e zu "Mtt:ikblätter tkii AnbnlCI1."; :Rrstes SÖf;di<:d:t~;ftFya!i$ S\.\h n~1;:f'r {,Jru'Uli.''r~ ,O'(\pi:\'''Ilieft ·'1920.)
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UR,AUFFUHRUNGEN VON OPERN
FRANZ SCHREKERS
• ., •• -, a ~ __ .~ • • • : ,J . ' ~ ~ ~ ~ ~'';: " .. :~ ., ' .' -~. _.

DER SCHATZGRABER
21. JÄNNER 1920, STADTTHEATER IN FRANKFURT
MUSIKALISCHE LEITUNG: LUDW. ROTTENBERG
DEKORATION ............................ SIEVERT

D'A S S PI E LWER K
URAUFFOHRUNG DER NEUBEARBEITUNG BEI
DEN MONCHNER FESTSPIELEN AUGUST 1920
LEITUNG: GEN ... MUSIKDIR. BRUNO WALTER
Beispielloser Erfolg anläßlich der Uraufführung
in Frankfurt am Main am 21. Jänner 1920
iiiii i Ilii; I iiii 'iiiiili iiiiiiiiiiJiii

r Z c r er
er Schatzgräber
Oper in vier Aufzügen, einem Vor~ und Nachspiel

Schrekers "Der Schatzgriber" ist der triumphale


Ausdruck dnes zu vollkommener Reife entwickelten
musikdumatischen Genius. Die gesamte Presse
zollt dem Werke einstimmig die Anerkennung
!J!J höchster kilnstIerischer Vollendung !J!J

Ansichtsmaterial steht den Biihnenleitungen aufWunsch zur Verfiigung

UNIVERSAL..EDITION A...G"
WIEN'I'KARLSPLATZ 6

N:t. 112 UI.20


DIE FRANKFURTER PRESSE
FRANKFURTER ZEITUNG (FAUL BEKKER)
Wenn di~ Z<:i<:hm nieht trügen, so ist die Ope.nll"""lttur Wieder um ein Werk
.~lehu, da. nicht n"" al. st".k.. "!:Ille.er Erfolg Z!I buchen, sonde.n darüber hinaus
als gattungbeslimmmd am:us.hen ist. Der Weg fort von der kuhmlißigen Auf,
fa.."ng do. M""ikdt"mill! im Siune W"gnu., zmikk zu. 0 p.. mit wem Rau.d, von
Musik und Sonnenfreude, mit al1 ihr•• tmiogischen Unwirklichkeit, der "l'iclerisch.n
Phantast;k ihr"" Ge.cheh."", d.. Freud" am bt!l1ttn Wechsel der Bilde., d••
Verbuf.s auf r.in gefühlsmäßig Mwikalischem Boden, dieser Weg, den die Italiener,
die }ungfranzosen, d' Albi:rt, zuletzt Richard Strauß zu balmerl versucht haben _. er
ist gllfundeu. Nicht wie bei dOll haHtn••n I10d <fAlbert dur<;!> H"relnzl.hung grob
s''rul"t1onel1•• Theatralik, nicht wie b.i Str"ull,Hofu:litm>~thal durch lit.rara,b listh.,
tisi",,,,,de Sp.okulation. GefundOll vi.lmehr ausschließlich aus rine. MUlIika1ill<h wi.
bühnenslnulkh gleid:t starken sch/lpforlsd:ton K;:"ft, der es gegeben ",a:r, all. An'
regungen und wt.nd",n Versuche di•••• Zeit fest, mit ,enial.m Zugriff, zusammen,
zufa".en, aus ihnen .'n n,.u~" .igm~ M"mittlsch~ Gebild. von unpmglich•• P ••,
.önHchk.itzprägung zu g••talton. Es mag iib••trieb"n und gefahrllch "cheinen, dies
auszusprechen und doch mu!! es g"""gt ",erden, do. Schaffen F,,,w: Sch."k... mit
d.m nSchatzgrab •• • ,,111 "instw"mge.:;:Spitz<i: bedeutet nicht nur di••igenkräftlgste
K:undgebung mmikdramatischen Ausdrucks, uod GestaltWlgsnrm5gens UO••rex Zeit,
EIl stellt zugl.ld:t ein< Wend. dor in du G~chicht. der deutschen Oper, d~n enten,
ganz sla.ken, garu: gdWlgmen schopfuischen Durchbmch durch dm bst.ndtn Bann
der mwükdramatisch"n a.:••trg.btmg '1111"gne,s, frei von Epigonenmm, bei ane. tm'
Te.k<nnharen Aulehnung an g;~chith!Ikh Geworden•• , bei aller durchschein.nd.n
Bezngnahme auf Zeitgenössische. doch sdhstand;g, .igm gewachsen, neu., Es sind
di e Op""nw"k. uns.~e:r Z.it und wir wollen nkht ängstlich das Risiko schouen,
uns heut" schon vorbehalt1M zu ihnen zu bekennen, zu ,""gm, daß sill; üb.. di.
unh~treitbar. GegmwartSwirktiog hinaus die stärkst< Zulrunftsverh.illoog in .ieh
tragen, die m>S bis ,.tzt von der EMn" hu ""ldung.n ist,
Man hat in Frankfurt das Wud.n und Ring"n 5th.ek.,s von •• inell Antangen
)1"" nrfolg.n könnm und •• wud Fm imme. rin V.rdienst d•• Funkfurtu
o I' er bleiben, 5thtek"" .t.ts, auch in Aug.nbHcloon det Gefahr, ge.tützt, nicht na.h
angenh1kldid:tem Erfolg od"" MiIl.rfulg gefragt, den Glauhen an ihn und .eine
Koost bowahrt Z!I habon. Deli Beginn Machte der "Ferne Klang", ..in kraftg.niaU-
sd:tesJugendwerk, roh und unfertig in manch.n Einzelheiten und doch als Ganzes
«in Wurf vonllOlcher Kühnheit des Atlsmaß~, dall di. Berufung sein.s Schöpf.""
schon damalll auil"" Zweifd stand. Ell folgt. "Dill! Spi.lw.:rk und die Ptinz~sin"
.... in dr. ersten, ••itherumg.arbeit.ten Fas.ung "in Feh1schlagnach außen, der
entwicklungsmlißigen Bedeutung nil.h als> dichterischll' und musikalische KOllZeption
dIll' Gl.1.II1dlage füt all~ Kommii'nd., das innete Sichfind.n d.. l?1'$önlichk.it, do.
Abst.ek.n d.s eigenllt.n Schaffm.g.bl.t~, Di. "G"""ichne!.n" mdlich, da. dritte
'1111trk, scl:l.lugen durch, gewannen dit Ma•••, weclrten unter den Musikern .ben.o
hdtiges Piir wi. Wider, zwangen ~nr StclIWlgnahm". Die mächtige, ge.legentIid:t
bis zu sd:tmerzhaft,hrutal<,"" Sinnlichkeit sich steigernde EIIpansivkt alt des musika-
I
I

lischen AU'M!ltk~, die pacbnd" D.alIHk des Biibnenge$chcl>~n. ,stallen schon WIllI.S
'1111uk al. Totale.scheint!l1li: aull""halb der Reib. zeltgenoillllilch". Op"l'nproduklion, !
,
!
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Ein~ n"u~, von Gesetzen besondere. Art erfüllte GefÜ!mr und Vnrstil11nngsw.lt tut
ruch auf, re.sdt, 11hu."d., - so seh. ~ut du mdorn Seit. die Bezugnahme n:m>ent-
11th auFPl1ccini in d•• musikalisthen Faktur, mallch" Unklarheite" dot ditht.ri.then
Behandlung noth Widerstiinde oder doch :a.dtmk.n wecken, Nun kommt der
"Schatzgräber" und mit ihm die scl:rwust. Prob., di.Antwort auf die Prage,
ob alle. VorangrJ:.end. nitht doch vielleicht nm jugendliche Kraftontladung .in••
iippig phantastillthen Temperament•• ohne ti.r•• wurzelnd. Eigeng••etzlichk"it, ob
da. Bish."lge nicht doch 11m ein sthoner, fa.biger Sinnenrausch, dn jähes Auflodern
;rei, dem ein langsames, formalistisches Verglimmen 1n Routine folge, Die
Antwort ist gegeben: die•••• Schatzgräber" ist die erste, ganz .eif., reine, untad",
lige Meistupartitur Schreke""., ein Werk, d•• als Dichtong wie .1. Musik wohl un,
zweideutig die bisherige Bahn w.itersch•• ite!, ab.. doth wi.de. galU nme Krei••
erschließt, Erfim!ungs' und Gestaltung.vermögen ..uf :seither. unerrel<:httr Höh. zelgt
"nd in den Mitteln wie in der tiefgreifenden •••lischen Ktaft seiner 'Wirkungen
zicb aull."halb d••. Streites der Meinungen stellt. E. bezwingt und sthlägt nieder,
Von hiet ab gibt es keine "Frag.; Sthtem" mehr, nur noch eine. Tatsathe,

Wie stell! ist Schrek." auch hier sein eigener Textdi<:htu - sofern man bei ilnn,
dem musikallscl:! wie dicl:!terillch gleich intensiv Empfmdenden iib.,.baupt eine iiußere
Ttenntmg von Wort und Klang vorn<:hmen katm, In Wahrheit wiichst l:,\eides zu-
gleich alm dem geheimnisv<lllen Bod<!:n einer einzigen Vision, die Musik gebl",,! dte
figürliche Erscheinung der Handitlllg, wie diest wiedemm Ton und Melowe In. sich
tragt, In einer ansprothslos ge.wiebenen, im leatuschienenen Heft der Zeitschrift
"Fruer"vtriifNntlicht.n Skizze "Üb.. die Entstahung meiner Opernbll<:hu"eulUilt
Sthnker die Vorgeschichte des ,Scl:!atzgräbetUrEntwurfes, "Ith bewohnte vor einigen
Jahren mit meiner P arollle ein kleines Haus im Semm••i.nggebiet. Das gehörte
.o!tsamm L.u~l1, Sie waren weit gereist und hatten .ith anS allu Herren Länder
alle. Mögliche ztlllamm.ngettagen, Da gah es ein altfränkisches, ein persisch••, ein
ru.kisth •• Zimmer, .in. mit allem möglichen phantastischen Kram, ausgestopftem
Tlerzmg angeffillte Jagdatnbe in der Mansarde - doch das Reizvollste warm zwei
Siobenbürger B..".rru:immt. im Erdg••choß, Mit .lnem jener ri.sigen Öfen, die
..."",,,wen .thi.nen mit .in•• anheimelnden Ofenhank, wundervollen Sw1!nken,
an de.n Wlinden vermeut uralte Waffen, Gewände., Kostüme in grellen Parben, g.,
trocknete Mai.kolben, Zinngeschirr, Kruge, T.lle. tmd ein Swank, aus dem
glitzerte zwlscl:!m vergilbten Sthleiern und Brautktäruen Schmuclt aller Art, Wtt
sallen - es war sp.lit ah'lld.~ - all. wn d~n Tlscl:!, da. flackernd. Litht du Kerzen
.inu .i.emen Kronleuchter. gab dem Rawn etwas gespenstisth Mittdalterlith••,
Und herein t.at .in jung•• Mädchen uns•••• Bekanntschaft in g.;wol1t phan~sti.th.m
Kostüm, .in< Laute, von der viel" bunte Bände. flatterten, im Arm, Si. smg mit
l.istt, Timtm<!•• Stimme alte deutsche Volkslieder, vergessen. Balladen, E. kam
eine seltene Stimmtmg üher uns all•.. , ich •• lbst blickte dmch Tränen wiedmth
Kristall: die Stube wurde zur Su:ne, DM Mädthm. - sie hi.ß Eis. _. wandelt..
mth .<tt.am. Di. Laute prangt. in don Hinden .lnu .thiinon Jünglings, die H.U.,
b.... den an den Wänden bokamen Träg••, die Zinnkriigo ffillten sith mit .thimmeln-
dem W.in und "11$ dem Sdtt.uk gl.lste in üb.rirdisch.. P••tht ein kiiciglid,
Gtschmeide. In die$u Stunde ward mir die ganie Handlullgmeiner Oper ,Du
Schatzgräber'." .
Die "game Handlung"'~' sie ist and! wirklich in diesen Worten, in di .... Er<
zahlung, in dieser Szenenstimmung gegeben. Aus Musik .steigt ein Millchtntraum
auf und löst Ilid! wiedu zurück in Musik. Da" ist eigentlich anes, das andere ist
szenisches GleichmE, d"" über das .innlich Erswubue, hegrifflich Faßhare hinweg
die Phantasie in fune Gehiet" des Traumlehms Iod!:!. Da ist kein konstruiertes
"Prinzip", k.in."l~i Ingisch präzis'ubar. "Id•• " im vulgii1'on Sinne, keine Philo,"",
phie, keine bewtUlt hervorgehohllne "B.d.uttmg". Und dod! - 1md dies nun ist
die Kunst - reizt und zwingt dieses Geschehm, täuscht den Zusd!aner in den
Bann .ine,!: Handlung. Der Jiiligl1ng witd rum Sänger, dessen Z"uh.rlaute ~ wic
elnst das "Spielwerk" - ihn dem profanen Ange unersd!auhare Schätze finden
läßt. EH" d" Seher, ~iigt in sich die Verheißung des Künstie,s.de, . da. welt,
entschwnndene T,aumreich des Mirehens im Schaffen zur Wirklichkeit w.rden zu

ihxen Wünschen. In triehhaftem Drang verschafft .i.


las••n "ermag. E I. ahe" ~ gleichfalls vntg"ahllt in der "Prinzessin" - sucht ihn in
sich den königlichen Zauber'
schmuck. der Jugend und Schönheit gibt. Ein Dämno treiht sie, Vor keinem Mittel
,d!eut si" zwrii<:lt, sie spannt die Mäuoer ill ihren Dienst, 1= ihr dell Sdlmuck
.tiickweis zu beschaffen und läßt sie heimlich nmhring.n, w.,nll sie dell. Lohn
fordern. Eli. aher, der Erste, den. 'sie lieht, "erläßt si., als .. da. Geheimnis des
Schmuck•• "rflihxt. den filr die Königin \viedeun!1nden er ansgesendet wnrde. Und
hier ••tzt "ine der schönsten Eingehullg"n Sehrekt•• "in: die Gestalt des Narren,
des Gegenspielers von EHs, der E!s gleidlfal1s lieht, ihr im Glück aher fernstehen
mulj., nun, im Ungliick, sie mit Einsatz seines Lehens schützt und bei' ihr hleiht.
Mit ihm zieht die büßende EI:< 1n die Einsamk.it und hier find.t der nach Jahres<
frist zurückkehxende Ells die Sterhende wi.der. Iu einer visionär," Miixthe.nerzäh,
lung VOll <"gJ:<if.nder Phai,tasdk - si. erinnert in der Ide" all Peer Gynts Erzäh,
lung hd Aas•• Tod ~- klingt das W.rl< verkliixend aus:
"Prinz und Prinzessin .... Ells und Eis
Die bei den Kind"" von T ranmkönigs Gnaden
Sie kemen heim -- heladen mit Gliid<,
Das halten sie fi!:st und lassen es nimmer.
Sie retteten sich aus der grausen Hatz
des Lebens den hehrsten, den schönston Schatz!'

Dies die Handlung den Grundlinien nach skizziert. Zum Eu1iWtwerden in Einzel'
zügen eignet si. sich nidle, si. will g~.chaut, gehört, musizierend empfangen werden.,
weil sie im Grunde doch nur hildgewo.delle Musik ist. Diese Bildhaftigkelt aller<
dings :ist all sid! VOll packellder Drastik; dIe dre; H"uptfiguren, Eils, Eis und der Nzrr.•
in ganz großlioigem Format entworfen, darstellerisch. BegabungeIl VOll höchst
individuellem Vermögen fordernd. Auch die Episoden: der g~wa1ttlttlge, liisterne
Vogt, Ahkol!lml1ng des Tamare aus dm "Gezei<:lmettn", d.s Wlllf aus. dem "Spiel,
werk", fe1ne, de, tierisch brünstige Alb;, Eis Hdfushelfer, der täppisch plumpt Junker,
Eh; Verlohter, auch der joviale König Silld mit kn.apper, prads"r Sdliirfe gezeichnet.
wie ,,11':8 an diesem Werk liußerste Bestimmtheit. zweif.Uos. Tteffsidlerllcit des

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Wurfes .zeigt, Sehrek.. erweitert diesmal die dreiaktigt Form, er baut in vi<!!
Akten nebst Vor- und N ~chspie!, sechs Bildu also, das ente Prolog, du letzt"
Epilog, dazwischen eine Wluntubroch.n anschw.!!""d. Sleiguung, die imme. wied.,.
neue Höhepunkt. zu $chaffen weiß, bis .ie in einen Schluß von wunderbue.r
ätheris<:!,•• Feinheit mundet,
Man pflegt den Musiker Schrek"., namentlich wenn man ihm indir.kt .twas
übles nams.gen will, stets al. don hervnrrltgenden K h n g künstle. hinzu.tellen,
Daran i.t richtig, dall Schrekers Mm'kempfinden zwdfellos im Klanglichen wurzelt
und dill'aus die stärkst überraschenden äußeren Wirkungen zieht, Falsch aber ist es,
den rein klangsiruillchen, orchestra!en Klang als das ElllIenti"lle der Musik Schr.kers
darzustellen, Darin lieg! zunämst dne Verkennung sein•• fcr m organ! ... tori sehen
Vermögens, da. den Aufbau jedes .eine. musikdramatischen Werke im Ganzen wie
der .inzelnen Akte im be.onderen, als formder Armit.kturen von streng logische.
Ge ••tzmälligkdt bestimmt. Es liegt darin außudem ein" merkwürdige V"rkemlmlg
von Sehrekerl! mdodischer G.sta1tungskraft, und namentlich in dieser Beziehung
wird die .Sm,.,tzgtaher"-Partitur die Revision manmes vor.mg.enUrt.ils nötigmach"n.
Denn so unverkennba. de, Mdodike. Sehrek•• auch smon aus den früheren Werk."
vernehmbar war, so deutlich ist doch jl1tzt b"i zunehmend". Reif., der immu stiirk<tr
durchbrem.m!. Will. zur Klarheit und EindringHmkeit gerade du melodischen
Liniatur ausgepragt, Man braucht als Musterbeispi.l noch keineswegs das streng
gesch!o.."n •.• in .einer melodischen Beredsamk"it fast ein wenig aus dem Rahmen
d•• Ganzen fallende, das Sentimentale str.ifende Wiegenlied du Eis im Beginn
de" dritten Aktes anzuführen, Schon das Vorherrschen bniter uzahlende. Einzel-
gesänge namentlich des EHs: die Tnlumerzählung im ersten, du. Befreiungsgesang
unter dem Galgen im zweiten, der Bericht von de. Gewinnung des Schmuckes, di"
BaHad. "on »Fr.,u Ilse" im vierten Akt und schließlkh die Mone de.. Ganzen: die
berückend schone, ins unfaßbar Visionäre gesteigerte Himmelfahrtslegende im N acl>.
spiel ._- "Ile diese tief in den vielfach auf monologische Wirkungen gestellten
drilmatlschen o.rganismus dieses Werkes innerlich verwobenen Einzelheiten zeigm
bereits in der Anlage den Willen zur melodischen Gestaltung. In der Ausführung
gehören si. zn dem Buten, Eindringlichsten, Ub"rredungskrriftigsten, was die neue.
dramatische Musikliteratur aufzuweisen hat. Die alte Ar i" lebt wieder anf, die Hed'
mäßige Grundlage ihrer Struktttr ist wiedergewonnen, nut die Art der Stilisierung
hat skb gewandelt, s" ist aus .i!lu anderen Form des dramatischen Schauen. ent-
wickelt, fließt unmittelbar in Handlung über, gewinnt aus dieser Handlung ihre
Steigerungen tmd Höhepun.kt;:,
Nicht nur der Eiluelgesang, "uehdie Enge mblekultur der alten Oper kommt
wieder zu Ehren. Eine pseudo-nanuallstische Kunstauffassung hatt., wie die mono,
logisch. Arie, so auch den Ensemb!eg."..ng als undramatisch aus der Oper "erbannt
.,- als ob ,11••• ganz auf Unwirklichkeit, "uf rein gefilhlsmäll.ige Dramatik gestente
"lyrische Tragödie" überhaupt die Maß.~täbe naturalistischer Betramtungsart vertrüg~
Die Regenerations-Ästhetik Strauß-Hofmllnn.thal. hatte versucht, unter Zurilckgreifen
auf frühere Muster das Problem der Oper auf uchaistisch spekulative Art zu lö••n.
So dnfach Hegt die Sache nun allerdings nkht, denn die dramatische An/gah.
als .okh. war auf diese Art nur umgangen, nkht gelöst, Wie zwanglos, :frei, durch"·
au. lebendig bewegt und doch stots in der Sphäre det Oper bleibend, laufen die
Ensembles bei Seluek•• , O.bn. alle Nebenabsichten, üb.rhaupt ohne al1. Absimten,
und doch gerade das pad,cnd, Waa "daJlt werden soll, Glekh dasduettielcend. Vor'
spie! ,König und Nur, Muste. ein<:!: dr~1:IUtisch scharf p"inti~"n Zwlegesanges,
~bei durchweg in streng geschlossenem musikalischem FMl bleibend, Dann die
prächtige Wirtsbausszw. des erstcn Aktes, von dem derben JunkerIied über die mit
höchst subtile, Kunst und reizvolle, nr<:h.strale. Begleitung geführten Wechs,,/reden
des Vogt. mit EIs und d." Gas!. bis zum Auftritt d•• EH. und dem dust.r .pannen-
den Abschluß zwischen dem Vogt und EI•. D•• zweit" Akt beginnt mit einem. der
b~deutsamsten StüCke des Werkes: dom Zwiegespräch des Nauen mit Eis unter
den> Galgen, einem dramatischeo MusikstüCk 'l'OI(SO tiof wehmutsvoller, .1nit schmerz-
haft.. Itonie durchs.tzt.,. T tag!k, daß "" sich für .ich allein genonlmon, Schreke.
als einen de,. Auserwählten unter den Berufenen kennzeichnet. Auch hier
eine starke äußere Steigerung: dll:!! Ensemble der Mönche und des Volkes beim Zug
zun, Galgen, dm.haus opernhall: empftmd"", du.chllusneu und .igen ge.tahrt,
äußulich allerdings Ilicht ganz so eindrucksvoll, wie die Partitur ""war!en läßt.
Die Hauptsteig"rtlng bringt der w,it!e Akt: da. große Liebesdultt! VOll Ells und
EIs. ein Musildtiicl< von duart b.."u.thend~. Pracht des Klanges, Stille und Zart-
helt der mdodischen B..edsamktit und expansiv.. Kraft des Baues., wie es -- ""gen
wlt das ganz ruhig, ohne irgendwem zu >labe zu treten und ohne im übrigen. eillen
Vergleich auszusprechen -- sdt dem "Trist"n" nicht guch".b"n worden ist, Welten
liegen zwischen diesem Werk Wagne.. und dem .Schatzgräber" wir wollen die
Entfernung dieser Wdten, die V.".chiedenheit ibr.. SonIlennähe nicht ab-
m_tn, wu kiSnnoIl das auch gu ni<:l1t. Jenes gewaltige Werk steht in unoah-
ba:r.. Einsamkeit, das Metaphysisd"" das in ibm wirkt, liegt außerl1db von Schreker.
Kreis, du nm das MeIlsdtlithe, sinnlich Faßbare umspannt. Aber wir wollen nus
m aller Selbstbesdteldung doch dessen freuen, was wir an Eigenem haben, und
uns ruhig lästun IMsen, wexm wir dieser Freude vielleicht sch",lnbar zu stark",n
Ausw,uck geben. Wir verehren das Grolle. Ererbte ulld beugen UIlS ibm gern, aber
das Lebendige, das mit und in uns l.bt, Blut von unserm Blut, ist uns das u1l<0.te,
liehste - al.,o sei es <!tum, Lassen wir uns schelten,
E. mag sdtw., gewes.n sdn, nach di •••m Lieb••g:esng noch eine. Steigerung zu
finden ".- und dodl schafft Scbreker .le. Der v'.rte Akt rauscht auf in neuer Full.
bl.ndenden Glanzes, üppiger MassmwlrkuIlgeIl, festlicheIl Schwungts ~ und klillgt
dann in tief erzittunder, tragischer Webmut aus, so innedidt fassend, so ilUS dtt
'sinnlichen Ekstase in seelische Not und l!1:gteifende, stille Kla~e überleiteIld, daß nUll
doch wiedtt alle., Vorhttige Ilut als Unterbau und dramatische Vorbereitung er,
scheint, Bis schließlich das Nacl1i<pid einen Ausblick bringt, der wahtbaft feinste
Sdtwlngungm der Sede, Ittzte RltgttIlgen des Gefübls löst. Hier ist ein", Grenze
des Sublimen, Unirdillcbes formt sich .~u Klängen, Worte w..den unzulänglich, es
bleibt nur noch eine ga.nz stille, inIlen Bewegthdt, die srumm macht.
SoU man nocb von der Faktur d". Werkes sprechen, von der Orchester-
behandll1ng, die weltab von dlem G"",altaam~n, Blend~nden, diesmal ein.:
Durchsichtigkeit und Kliuheit, einen wahrhaft sphä.rlseh schimmernd.u .ilbrigen
Glanz aWlitrablt, wi. er eb.n Ilur aUs dem Gefilhlsklima dl•••• Werk•• , di•••• neu"",
lIidt ••lbst in itomer höhf,e, rein..e Zom"n lauterndw Schwungkraft der Empfindung
gewonnonwetdw konnte? :& witd so"i.1 gerade ubet d.n Klangkolorist.n Sd",.k""
g§prochen, daß di_, Go:sichtsl'unkt hier einmal in d.m Hintergrund treten dmft•.
Die FwW' mag dlln MWlik•• am meisten int.....i<lr.m und •• wiire hiot gewiß
mm~hes, in bestimmter Beziehung, vielleicht sOllar das Aufschlußreichst. zu .ag~n,
J~d. eigene Kunst schafft sich ihr••igen< T.d,nJk, und die Art, wi. Sduek.,. d""
M.otivleben Wagners roit de, melodischen Linienfilhwng d.. Iulim.,. verhindet, wi.
er Dehtlllsy lind Pu,dn, in. Deutsch. ilhersetzt und doch stets er seihst bleibt '-
di••• Art wird no<:h zu manchen Untersuchungen und. Amblkk.n wdlt.ich.ndu
Ar! Anlaß geben, lndos ••n ,- wir fangen ja erst an ilher das W uk zu· sprechen. So
wollten wir h'i,t zuniichst einmal ."gell, was .. uns i.t, Das Wi.?, das Gehdmni.
der T eckn!k zU erforscheu, hleiht UM noch 'irorbcllalt<n.

""
FRANKFUltl'ER Gl'\1'IERAL-;l.NZEIGER man darf annehme.n. daß gerade diese Eigen...
(A. HOLDE) schaften du Partitur dezr Erfolg des Abends' in
Nach einer- an' den Ausmaßen a:ein~::$ günst1g,stel' Weise bed:nß,ußt b.aben~ Sc:h:tekerS'
Schaffens geme;ssert überraschend kUl'2:~n Zeit- Kantilene:7.ist,wdcher t w!!:rmir t:tnd $inmger' ge"
spanne iioel'g1bt Ptanz S<:hl"ckcr ein neue,s wQl'detli die Gdlih1sstelgel''I.mgeß in dt':~l Liebes..
muSikdramättsr.;hcsWerk der- Öffentlkhkeit und szenen des dritten Aktes: erhalten durch dcn
wlcd:etum 1st el\J- dle: Opernbühne Frankfurts. großen Schwung derlVlclodle .Ilillt.h ~,ort. wo
die die veratttwortungsvQll~ Aufgabe über.. die Unterstiii:.zung durch eine vollwertige dich..
nCrmmen hat" dieser S'tnöpfung die Schwingen terisdlePdgu:tig desWor-1;esfehlt. mit rdß en dt
zu etrtf'alten. :Der durchschlagende Erfolg: der Kraft, Auf die, scheinbar auch von ihm fibu..
.."Gue:h:hnettn'\ die immer noeh eine d'tl' Zier!$en wunuene knapPi0 geschlossene Form 'greift
des Optrnreperfoirs bUdeUt und die warme Auf.. Schreker 1u ::reiche,m Maße zUr'Ü<k; in, aUen
nahme der ..;KammeuinJol1ie"· gaben vollt!nd's Akten finden wir li-<1:<hnäßige Abschnitte 1y:r:i",
GewMlr, daß die Urauffiihrung seiner neuesten schen oder balladesken Charakters und in
S.;:h6pfung auf gespanntes Interesse und innere die::s-ett begibt sich del' Kompcrt'tist auf eine feste
Bereitschaft dnes großen Publikums rechnen tonale Grundlage+ Die ktt.rze Ballade des: Narrm
könne. im Vorspiel, BUs Tl'aumerzäb1ung, sdn ,ekgta..
Die 'Ur dt der Rett<tissance verlasnndt hat t1schet G1!sang vom Schaugerus"t das innige
sich Sdir-eker wieder in die Sphäre des mit Schlaflied Eisens im dritten Aufzuge sind präg"
SymboH'k v,z,t'wooenen Matc;hens begeben:: ,der nant-e Beispiele dafU:r. Das Rhyt!unist,he be..
dichte:dstJlltn 'W'!1:stnsart des ..Schau-gt'l!tbet,s" lUUldelt S.:;hrtker in nen verschi:edenen Klang#, '
dürftt rn'an am nä,chs:ten kommen} wenn man gruppen mit verblüffender Selbständigkdt und
ihn als eine mittelalterliche dramatische Legende Mannigfaltigkeit und durch sdlnelle Ver",
beze-tcnl1e!. &i allel' Du:t'chflutung; mit illler.. knUpfungl' tonalem Empfinden nach entfernt
Sinnlkhen Elementen ,SiXHf diesmal die G,rund", liegender Akke,tUe gibt er seiner Harmonik
linien der Handlung lm.a die Zeichnungen d~r reiche Ausd1'tlcksmittel. So verbinden sich die
Charaktltrt schärfer hetausgeubdtet als: im feie:dich~,n Ganztonsdiritte- im Gesang, d~:r
:ffSpielwu1tu~ Die in vier Akten, -einem Vor ... tLud' Mön-che mit den unruhig flutenden Orchester...
Nachspiel ,sich vollziehel1de Handlung ist an stimmen zu einem Klangbild von höchster
:inßeren Spannu1lj)ren 1Hld szenischen Bigenart, In der Bdlandlung des Or'chesters er",
Konirast~n. ung-emdn i'dch,. tlas Sym,.. wdsi sich Sdirtker} wie stets in seinen Parti..
poUsche, das im 1tSpi~lwerk und dit Prinzessin" turen; als Mehter- l:let F arbengebtUlgr' sein
die: Charaktere' ve,l'scnll!ie:rt und das: dramatische glitzerndes und :flimmerndes Kl,angkolQ:r1t ist
Gescl1ehtll ü:'l;H!'l'wuchert:!" bleibt diesmal mens\':h.. 'VQn zauberha'fte.m Reiz. Diese reichen
Ht:h nachfühloart':r. musikalischen Vorzüge,. vertl'unden:n:rlt th'eatr~
Das Lege:ndtnhafte des d:ramath\'then Vor", Hscher Wirksamkeit des. Stoffes dUrften dem
wurfes hat atu die )!'t1u$.ikclischf.; Gestaltung oe.. 'f~khatzgt'ä.b-e.t'# einen ,ufolgreichen W-eg über
ßtimmexuien Einfluß gehabt: gegenübu d'Cn die Buhn~n erschließen •.. In der ef~ten Wieder""
drei frühe:ren Bühnenwerken S,hrekers, beson. . holung nahm die Vorstellung denselben g,llin..
ders an dem ihm stilistisch am näthsttn .stetu:n.. zenden Verlaßf wie am enten Abend und das
den -"Spielwerk? gemelWen, ist 1m "Schatzgrlbe:r" Publlb{:m htijdigte d;ft11 Komponisten durch
ein Erstarken des M"elot:H.ß(;he.ll und, eine Fest!.., viele Hervorrufe.
gung der thematischen Gestaltung zu erkennen;

'l
VOLKSSTI:!4ME (KAR!. WBJUilER) ist "ifoft, e.iner -au.,ß't::tordetHHchen .M-e',htet#
Diese vierü;~ Ul'attff'i1hrung Ft,JUlZ Sanreket'$' '$(haft. Es ist ein Werk) d'as i:H:I,eraU den
im FrilJlkf'urtet: Opernhaus war ein ungewöhn.. Kü-ns:t:Ier t-t!g't; der aus dem Vollen s<llöpft,
neher Erfoll. DeI' Kompoulstwu-rde b egels te 'K t j;j
ge feTer-t.
Es ist eine, Operndichtu.ng" die ganz der !'RAlI!Kl"!IR'!'2R NACHRICll'!'2N (flRITZ
eigenartigen 'Begabung des Miisikdramatiketn JACOllSOHNl
Sdlteker tntspr.ü::ht, Dieses Opernbuch ist :nur Pranz Schreker~ ein heiß Umstrittener im
aus Sehrekers Musik und :seiner überragenden modern~n Musikdr-ama t l,;ttebt nach völliger
Begabung zu verstehen: wirkungsv'OU dIe Optrl1.. Vi:r~,e1zung der be1den. Hauptfaktoren d~s
bilnn-e :mit allem, was sit gebt:n kanrl r a~'u.,. muslkaHscl1en. ':Dramas. u will den StU 'vettin..,
nutzen. Eine solche Gewalt der lHihnenwlrkung, fal.:u>tn. das Übetgewicßt dt:s, Orchester,$ citra.tt
wie siedie$es-Werk-biete:t~ ist wie ein Wu nd er' bt!l:x:hetl, daß das gesungene' Wort wieder ver",
,'tfiZU$tau,n'tni -Di-ea'e Eigen:l;ümHchkeit du stlndlkh wird und das maie:r'fsche Element
Begabung wäre ,a.ud~ bei g~ting~rem rtin m"wd.. nicht n.ur als Begleiter:schewuhgt sondern aw::h
k.a-1is;:;httn Vermögen ausuicheüd t um Schicket ,$eJ.bsthttrrHclt die Handlung leitend hervortritt
~in'l:. Augnah:m.e,gt~Uung unter an deheu t die Der reine Klang ohne jede. motiwis.dlt 'Beigabe
he.ute für die llilhne sdlrtibent ZUztfwdsen. bt :ihm eines dtr wts-entl:l.chsten mtt-s!ka1ischen
Aber die rein, mu;,dkaHsch~ Begabung Ausdt'uck$mittd~ das Orchester wUiet e-ntmate...
$\'elbst steHt Sc:tu·.;;;ket' an. die Spitzt thr r.iaUsie:reu, nicht da.s tinzdne Inirtrumen1 $011
schaffenden MuSiker der Geg~nW~Li't. die: Farbe bestimmen. sond~rn der Gesamt."
Hlel' ist e:itt Kiln_stier, dessen Sprach.. körper zur Beher-tsehting subtiler Slimmu:ngen
gewalt über 'die Ufer der h~rkömnl" diene.n. Um das geheimnisvoll Seelischer -das. e--r
H,h~n bü:rgerH-enen geb:U,deten Kunst.. ausdrücken wiU t rankt sich die äußere Mana""
aU'Ha:uung hiniibe-rsd:uiI.llt Ln dIe weit~ lungt die ,schon bu ihrer Entstehung n:fiaika"
Ebene, wo das ganze Volk auf die !(UXU'I: liBen gedacht uttd gegliedert ist} .so daß roh
wartet~ die die Ideen q,er Gegenwart ihre'f. Ft:rtigsteIiung audl der muidka1ische- Auf..,
behandelt. Dieser "SehatzgrlllHtyU ist cin:We,rk .riß bereits :seinen Rahmen hat. Sein. Vtt:tismus::
von. Empündung:s:we1.'tent di.e W~lt;z n um", sicl:it dit Dichtung nur in Vct'hindung mit den
Slpann-en, ein Werk: das gefflhlmlläßig oe.. motivischen und thematischen :musikalischen
gri:ß:~ett sein wHl, Es ist Kuns.t von tidste,m Bczi;z.l:!:ungf.n.; was ih.r .an Kla1"hdt abgeht~ soUen
MittH.chen Gi1:halt. eine 'KulH:rtc 'die ihren HÖrer.. diue ergänzen. Nur für G~fühle crktnnt Cl' di~
kreta nicht un:terltälten, wiU sQud\?,r,n i11n auf..,
f Btnchtigung des Leitmotivs <tfi. Motive werden
wiirts und vorwä:rts reißt. Das: bed-euttt <1;'$ ist
j zu Then:mn. Themen weiten $kh zum rr:U,ls1ka",
Kunst, dit sich an das. Volkl 'nicht nut' an 1tin~. UsdHm Klangbau. 1m Klang, in'l Akkord 'glühen
gebildete Oberschkht im Volke wendd. H i e r ihm die '1ttsion.ären Bilder aus musikalischen
ist det KU:i1:alerr di';'f dUl'.:,:h sein Wiltrk Za,uotr:rekhen und lögifkh muß ihm dEO .11u.;:n
in die Zukunft wei,$t., d.i~ StUte, lias I'Hlh;,::imlkhe SCll'w-eigtn als das
Eil\' ist eine un:;rerkennbue Sttige:rung in gewaltige Ausdrucksmittd füt das Gra'uen
dies-t,;t KQmpo-sitiöti de$ J,scha:t2;g'räbers-" gegen.> dicl:U!n.
ilbe.t' den frühe'ren, Werken Scnruers. In. d~m
natitrliehen Fluß d:i($;;:r Musik, in der d.u:t'<h,,,
sichtigen Klarheit der Vitlstimmigkd,t und:in FRANKFURTER NACHRICH'!'EN
der eigentümH.ch~n selbständigen Haltung dl!s (l\!!. lIIIIlIS:r:ERBERND)
Ganzen .sind Fortsdlritte zu beop,l'chte,'rt J die Sen:reke-r ist in beständigem Fluß, in :immet...
keinem Hörcr en:tgehl1:n können. Wie ab~r muß wiihrender Erneuert.tng~ '~M1S dne-m schier un",
man diese Skher:hcit 'der klanglichen Phantasie: e.r.s.c.h5pfUch dünkende,tl Bronnen das Gold
btW'tHlde:rnt Diese Ul:Hi:rirdhtlu;; Klang", seines farbenfroht:n Orchesters fi:h"dernct,. Idl
P!';,u-:_hi: ist nicht zu be$chrdben~ Die mödxte Schreker ah! den Gustav Mati1er, d~i"
sinnliche Glut dieser 'foosprache reißt tUlwider-", Opunl:.liihne bezeichneut obgldt.:h u damit
stehHch mit. Di-e Ausdruckskraft diesel' Melodik" keinesweg~ a.usgedeutet isL Aber zum mindesten
die gerade in diesem Werk :so .stark -nr.:rvörtritt, " das: Ut..Musikan:te:l1tum im Ve.rdn rojt dem a:us'
-und ihtet'adts Schrekus Entwi<klung deutlich inne-t,er Glut sich verzehrendeu, sich Zti':stön~n...
e:t'w(;istf ist von: iine.r SI; h ö n h e i t gon cl e y:,.,. den und immer 'Wieder' nett aufbauenden Sel:ultX1
g!e'ich'en~ Die symp'hemiscu.e Formung und und Such~n nach. Edösung hat Schreker mit
:m.u'S-ikalis.che ÄUSlgtstaI'tun.g der einzelnen Akte Mahler gtmeinsam •• ~ Was daz:wis<:htn Hegt,

8
wdstein,guüttettMaß ger.d.aler und ge.n:h... adeln. Kr.aft seines' hö,hentwkk~1ten Charak",
Hs-cher ZUge auf, Die Narrensztnen sind in ted$ie.:rungs:v~t'm5getis~ gepi1ru''t mH fi pp 1- 15. e r
Diktion und R,hythmik gleichermaßen packend, Phantasie. findet er für "Ues, sei es eint
-für die beziehtm:gsrdcht-, Mys;1;Ur und Zauber'" land8ehaftHc;he Sti:rnttU,U1g~ aei es: :eine seeH.sche
romantik f die kraus und geheimnisvoll das Werk Regung, stern d(n sinngem:äßtn m:usikaHschen
durchzieht",,<! ihm du locke."d. Halbdunkel A-usdrtlck. Ein im trngestUme:n Wedlse1 der
der RQman:tik, .als besondere Färbung 'Ve:ddh:t~ Rhythmen sich äußel'nde-~ jä.h aufflammendes
k1ingen :Ün 'Ol'th-ester ganz neuartig gehörte Temperament, eine heißer nut IdchtgebJtndigte
KomhinJ\tionen auf. Eine Szene. -so genial ge'" L,::,idtnsehaft. und eine im Klangrdz sieh o{f(':tl",
sehen und a:nge1egt, wie ttDer Gang zi,tm Rkht,. barende, frei dahinströmeude SinnIiehkdt1 sind
platzU t miilHe bis ins tiefste Mark erscha,uun die we-sen;tH(:hs:t~n Faktoren der von starken
macll:e.n~ S·dl:t'ik.er- ist als Bi,i.b.n.enma,nn eb~nso Imp"!.." getrag.",," llIuslk Schrek<..,
Vision.är wie es' Mahler als Srmphcn:ik:~r ist. Bleibt die Au-ffUhrung. Ein Ereignis, das
Er s.ieht in großen Umti~sen. getrieben von ausgezeichnet durch S<:lu:ekers Dabdsein f gee'
einet hiee t Bilder von UIhtrhö:rttr Ifite:m~it!t fördert durch :sein' Mittun. einen toat!uien,
des Emp'findehs. die in plastischer Sinnlic.hkeit immer Wieder siCh erneuernden. R,d...-
durchaus grdfbare Symbole v~rköl'IH.·J:'n, Gibt faJiSstur-m auslöste. Alles in al1tm: Ein.
es Schöneres; als 3kh hihfi:'be:traus:<:ht.n zu großer Tag. in den Aim,<ilen, unstrer Oper.
lassen lr~ die Mä.rchenwdt seiner Symbole? W'ü:rdig dnes Werkes. daS' von .seinem Schöpfer-
der Stadt Frankfurt und. seinem Opernhaus
"
FRANKFURTER VOLKSZEtTUNQ (FRED
zugeeignet ward.

FEDERllIAlIllll) DAS llIITTAGSBLATT (HANS PFE1LSCHl\l'lDT)


Ahermal$ ein Werk von Pranz Seürdt:ef. M'it hellem Enthus,tasmus ha,'ben die Opern.,.,
Eine Oper, gr-ößttl FOrfil.ltes:. GegH-ede:-rt in -ein
hausoesuche-r am MIttwoch ,abend Pranz
V01";' und N;ac.uspid1 <:Her gedacht als. eine Art S-chrekers häufiges 'El'iin.:hdnen auf du Bühne
Rahmen, di~ in vier Aufzügen, si<h abspielende
bewillkommnetl mit einem Bntzijcken~ als wäre
tibe-raus bewegte Ha.ndlung .abscMießen. Der- das: Publikum selbst in dem. 'neuen Wetkf! dit
eigJ?,ntlkhe l'ext'~ stark dU1"-c.!tsdzt mit I,rris;men
eine HaupttoUe spieltude- Jun.gfer, EISt als wäre
und Symbolisrnen, nJm:mt seineliAusg$ngspunkt Herr Schtek-er jener- EUs" de.t' fahrende Sän.ger I
von Liebe und :Leoell, In led-em: WOft. jeder-
wdchem Els den ufls1igHch holden, heh:t'ste
S&ene belu.tudtt er einen stark 'aus~Frägten
Empfindungen weckenden Schatz zu verdanken
Sinn für- das. .musik.aH.s:t:h v-ie sze.uis.-ch Wirk..
:bat,. der hitr im Mi'tte1punkt der Handlung
same. ,Dabei ist es eint bei Schreke.r-z Werken
steht. ,. Zu den eittnelu:nendsten P<1-rtien des
charakte:d:.M;isChe Erllclidnt..tl1g~ 'trotz gelt-ge.trt..
WerIn~g ,zählt fUr u.ns die; den dritten Akt exöff·,
!ie;b literaristher Pdtenti-ötl t tr-ot% d-er Viei.. nende Szenef Wt) EIs sich ihrer Khldhid.t er,.,
gestaUigke-it des 1iuße:ren Gesehe,ll€:tl.S wirken
innert und wo Schrek~r auf einmal eine volks",
Musik und Text als organische Einheit, als ttn....
tümHche S.;:nlicnthdt der Klänge anstrebt und
tr-ennbaus Ganz-es. Wort und Ton ISchdntll zu
auch' bis zu gewissem Grade. mit feinet' 'Ver ..
verschmelzen, erglblZen's.lcu, bedingen einander"
einigung' :zw~i~r gtttndVerlS,hiedener StHarten
'trotz 'alled-em: die unerschJ5-'pfl,khe QueUtt aus erschaffen kann..". Tags darauf konnte 'm.an
der, S'Chrekers Produktion :fliiißtt ,heißt Mtisik~
den nSdla1:zgrtibtt'" wieder schauen und hören
Als wäre: eine uflgehl!:u:t'1!: Tonffillt in ihm, ein...
und aufs neue d-en :r'a,uschende:n Be-ifal1' ver~'
geschlQ$sen1 eine Welle. die wie- eine Sturzfiut nehmen. der den: Verfasser du Werkea vom
spontm h-e.t"vorbddlt, die Szene ii'bedl'ute-t i1nd zweiten Aktscllluas"-. an so viele Male an die
alles in Klang taucht. Kbn-g 1st ihm aUts.
Rampe btl'H::hied und dies.mal in :sein,er Person
Auch :sein 'jüngstes Opus wurz-e1t im' KIlUlg", zuglekh den Dirigenten de,!:' Ura.u:f(ültrung
lichen" Wie wäre i'-Öt'!.$t die- Einführung' der ehrt~,
La-utt- als Klangsymbol verstindlfcb? Alh:s was
Cl
kltngt~ kommt ihm' gelegen, Er v-ers;;:;hl,ießt si-ch
nzeht der alten. Oper, er greift sie auf~ wertet DAS lLLUST1UERTE BLATT (ARTUR BOGEN)
sie um~ gießt si~ in neue Form. Er schwelgt Das W.<k hatte ungew<>hnllch atark:<".•
in der A'U:sweitung breit angelegter Melodien. spontan einsetzenden und von Akt zu Akt
Er bedient sieh des, Motivs, aber er ver-faUt steigenden :Be1fal1~ der- den Komponisten vIele
ihm nicht. Sein, ftin kultiviertet Kla.ngslnn 1\.Iale an die Rampe' rief und :reiChe Rhrungen
sehützt ihn vor Banalem oder- vermag es ;tu einbrachte. Es war- tin Etfolg1, der nach Aus--

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n"1a1l, Intensität und NachhaHigkdt iaJ,s' lSdi:e.n SitU1€:., :sondt:rn eitlt Bühnendkhtung volt leben.. '
bezeiennet werdtn darf und, wahrsche~nl:h::h 'die rl:ig~G~~eheben$, breitg€'!sporinener Bezle1:ulngt1l1
anzustrebende Wirkung nabeu wlrdr dat) di~ .thid,..lhafJe~ Fllgung." "nd. feh'.. Symbolik
Produktion Sdtrd:ers nttn aud:t auf andutn ist es. 11Waa sich nie und nir~nds, hat 'Ot..
großtn Biihnen mehr als hisher ZU ihrem geben M
1 und was im Grunde nicht seltenes
R«hte gelang!. Meüsche!lschicksal ist, das s-cbildert _,1Der Schatz..,
Eine- Betfa~htung der Oper fühd; wie, stets gräber;<. 'fit:ft: ~ehnaudrt u:t1sdig verh,"l'te.t'
bd ,SdlJ:"eket~ zu d~.r Grulldfra'ge! dem Wesens.,; Menschen; ein Sehnen 'nach Licldt L:icbe~ ReiU-*
iuge des j{fin$t1er$~ Es 1st bez.eicl:utend {[ir ih.n~ .heU; ein Versinken in den Sumpf von Luge~
daß' er seine Tene stets ,sdber scnl'e1h't" Nid1'4 Scllu!d und triebhaften. Getilsten; endHdl ein
.als ob das. .allein gitnUgtt:~ ihn zum Musik. . Sh:h.. opiern atn~ Liebe uttd langsames St-erb~l1t
,i'lramatike:r 'zu. stempeln; es entspringt dem bii< d.a:nn der Tod die letzte kurze Seligkeit jäh
D:r"inge nach kUfi.sth::ds,her, Eifineit in seineri:l. abschnddet* Eis, das schöne Zwitterwesen, halb
Schaffen. Der l"o1"d~rung nach E:tnheii:1.ichl~e.it dämonisch.e Un.ho1din~ halb reineSt Hebendes,.
von .Mtisikt Dichtung und Szene wird hia :in ;:rpfel'b~rdt€$ W~ibr und EHs t der fa:tu:~nde
weitem Maße entsprochen und die Gestaltungs... Sbger~ ein Träumer und Dkhte:t't stehen im
Jeraft Sehre1ce:f$', wird mH hU1e.re:r Logik ge.. Brennpunkt des Gltsdlehc.t1s. Ihre Liebe f ihr
triebt~nß deon klanglichen Vision.en. die gemäße. Leid f endlich ihrt kurz:e Wfede-rn-rehl:igtulg ist
m~lt die,htetischem l:;'iihleu' erschaute Fo'rn)_ zu in eine fabelbu.nte, Han,Uung ges''Chlu:ngen t'1'n<1
'zchaJf<;::l1+ Di~ Bildnerkraft dieses. :ffi.n Theater die Musik gibt die Liehte!', die SChatten ',die j

11rie gtoQrene'n ltom'ponisten zeigt s1<.:h gerade Ausdeutung und dlt: Atm(.)sphär~ des, Märchen,;
p\f;l ß:dner, netten Oper in .siml1icl1 bt'sonders haften. Die zahlreichen S-mdemeilte hat S,h-reke.r
faßthl:rer Ausw:lrkung. Gegenüoe,r den .'1Gitze:h:h.. in den heiden Kunstcu zu dnem Org-aniamus
n+ltten ff bedeutR.:t der F,SchatzgtäoerN eitlen großen ver.sthmolzen und kleine UnebenJleiten bn Guß
F'~}rtsdtfitt in' bezug auf Steige.r'l.ulg des- GefUhls..,. vcrmögi':l:l die größe einheitHd:H! Form nichi: ztt
a-u-s~fruck~s~ JUäl'ung der Tonsprache, Gestaltung trUben.~ Die Urauffiihrung war das glä,nzende
Chataktert tind es ist nam-entlich ein.e Ergebnis einer Unzahl von Proben. und wahr ..
W\tJlU:U:ng zum Melodischen $l'kennbar, Eine haftet Hingebung an die gl'oße und dankbare
lt,"~oß-e Ope~ t n:icht im v~'ralte:t""xQmatttischen Aufgabe.

""
DIE AUSWÄRTIGE PRESSE
lIBRLINER LOULANZElGER harte:t1 und prosaischen Zeit setbst von Opern..
Der ,,$cnatzgriibe.t"" gelangte mit allen Zekhen komponisten endlich einmal andere Vorwürfe
ttirit;s großen und 'ehrilchel1 Erfolges zur Ur,. als aus Märc1:u:~n und. Königsländem dargeboten
,aufHlb.rung. S-s;hl'e:.ket't der bekanntlh:h aUen Kenen möchten •• ~" Der Dicbterkomponist
J&dnen Opern, der eigene Te,xtschrciber ih'tf wurde stül'mis<:h gefeiert.
gtian.g es auch diesmal. in der restlosen 'Ver",
~,inlgung und Un1ö:abarke1t von Musik und
Dichttlng tin ßil:Tvorragtnd.es W t:t'k zu s,uaffen, BERLINER BÖRSEN,COUIUBR
"
!"tie Behan.dlung des Orcn-esti"alel1t die FUlle Der >1SchatzgräberM hatte starken ErfOlg.
VOll EjnJ~lkut das reidlf-arbige K.olorit.. das. Dieaullerordentlid:it Könners<:naftoes Kompöni. .
lebhaft ,pulsieNnde dr.runatische E:tem~nt, das sttn stel1t die Erftlngens(Jl2.ften wll'ml'ftcr Klang;...
H;andlung und Musik zu dramatischen Höhe", kombinationen diesmal gaj,lz in den Dienst des.
j;}unkten VOn erhabener S{,hönhelt MelOS und der ges<hlosstnen. absolut mus:l:kaU..
fu.hrtt wie be.i$piel$w~ise die ans Bacd:uulalische schen Form. Das von Sehr-ekel' selbst geschaffene
g:renzli':ude körp1t:t.Hche :find setlische Vereinigung Libretto hat- dichterischen Feingehalt. Die
zv;,der Uebcnd>?.f,' zwang- zu fast willenloser 'Wiedergabe war glanzvoll -und weckte lattte
i,':1Molgschaft.: Die dnft.znae Pö€sft~ dei' ei.n~ keln-es.. Begeistetung~
Wtgs vetI~tz~nde Erötfk besondere Färbung Die D:khtung;t d.ie ;sich auf dnfacher Grund..
vtrIt,iht; verband sieh namentlich mit der zart.. linie zu dncm bunt verästelten, doch in sieh
gHed-trigen. Lyrik d~s' Musikers Schrekerr :tU selbst wohlges:c:hlossencn M1t1'<:hengebilde auf:"
Ifc'1tier $0 edlen Form, daß sie aueh jenen Be.. baut, führt' aufb!umigen Wegen ins weite Lan.d
w1lnderung abzwingen mußte, die in tnHrerer der Seele mit ihr--em. unendlichen SehnsiH:hts#
drang Ulid ihrem Glückvedangen.. Sie, ist sprach.. :M!t de" Vorgängen und ihrer Symbolik --
lich von kUnstlerische1.' FOXIDvoH#, de:m, Ins"'l'eine".Licht..Str-eben der ans merUH::n..,
e n cl u n g, getragen von den Offenbarungen Heh Triebhafte geketteten Seele .,- ist, in ein~s
~me$ tief empfindenden Lyd,ki:..!1.'s. Den Reihe", vt.rwoben die Musik;- ja~ erst sie gibt a11edem
punkt des Werkes' bildet dJ.e Ve,rdnig1'.lug von ticht~' Wärme, Farbe und rechte Deutung~ Es
Ells u.nd E1& in dner L:lebes.szenet die in ihrer ist ein interessanter Entwick.lungswegt den der
Glut der Leidenschaft bis zur Ek$ta5~ gesteigertr Komponist de,r !,~Geztichneten# bis 'zum ,'1SchaU,'"
dom nie die äithctisehffi Grttlzen des mu.sikali", gräber' zurilckg<legt hat. Auffall.nd ist die
sehen Ausd.ru-ckew iibe!'s(h:t'e:it'~t~ Schon stand Klärung der 'l"önspraelie, die Hinwendung .zUM
BUs, der den letzten 'feH des Schmti:ckts im Me10disdlellt die lcl.tmotivische Bindtmgr die
Walde fand 1111'.1 als M6:t'd~,r d€s Jun.kers galt. aparte l?",ärbung dar Harmonik. Das We,rk ist
un:tu dem Galgtn. Die Bot~H::haft des KJ.'illlgS tonutlos:; tS weist aUe Ausdrutksmittd mod?:rn...
e:rrtttet ihn im letzte.n Augenblick. Eiut Szene 'ster Polyphonie attft gibt an Steigerung wie an,
110n gewaltiger Bühnenwirkung! in der Stdlreker Verfeinerung des sin:n1kh Empfundenen im
vere:inigtr was :ihm an Inusi1caH$c.h~m und Orchestralen und Vöka:1en das Erdenkliche;,
szen:isch.em Pomp zur VerfUgu.ng ,steht. gld'hwohl wirkte es nic:ht brutal oder hyperseu>"
Was Sdlreker :in. di(';ß(111 Werk mumkalisdt sibeLDit Instl'tunentlerungistdurchRh:htig, trotz
ges"luiffen hat, mag den Weg zu der Opern:" aUer Wucht 'des Pathos ni-cht lastend. Die Sin&:""
form, ebnen, di~ dem Dichter und. Künstler die stbn:me,n haben <:h.araktJ(!l'is.tische~ teils rezitaU ...
M'iSglic.nkeiten ß-r;:hafft~ de,ul Wesen der absoluten vtscheHaltung; in den lyrischen SteHen herr-s"ht
Musik un.d des Melos v.,~jeder nahezukommen, da...o:; Melos ge.legelltlkh bis zu. it.aHenisierende-r
ohne die E'-rrungensdl.aften d.el" Zdt 'pi'dazu.. We.ichheft, Es ist S<hieker ln fast gen i ale!"
gehen.. Das Vorspiel~, di~ Giistestene im ersten W eis e ge1uuge:n1 die zahlreichen StUdemente'
AktJ sind von efn.tt Prägnanz der musikalischen ßltudka!is,h und auch dh;hterisch zu ein~m
Chal"aktedstfk:1 die- Sd:trtkers: Mdstt'fSc.haft auf 'Organismu.s :{t't verschmelzen. Hier ist ein neuer
diesem Gebiete neuerdings pift,wä-hl't. Eigent,. Op~rn;tyi:H1S im W'erden't hier ist die viel beredete
Hehe Le:itmcrtive t besonde:t's die mothrlsc.he Fest..., tf~Rnddt:ehr zur' Melodik.«; allerdIngs einer zeit,.
legu:ng der einzdnen Ffgurell r sind die.stnal ganz lkh btdingtent umgeformten und eigel1gesetz#
ve.rmieden. Ntt:r die wesentlichen Bedeutungs.- lieh,,, :Melod!k.
pun.kte di:'.::f Dichtung sind 1.n fesselnd ..thetnat!... '
mel1.r Wiederkehr 'e.'gehalten. Das Feld ist der
ge,seh'1osse:fien lidodUt wUHg ei:ugeräumt und
hier, wi..e .tri der Banade., d.tln, innigen. Wiegen# VOSSISCHE ZEITUNG, llERLlN
1ied~ den. trgre.ifendlt:tl Gesl.tngen des N <lrt'en
S,hrekers M.iirchenoper ffDer Schatzg-rs'berN
bringt Scl:treker den E~wt.tSt daß ihm, da er bedeutet den Höhepunkt seines Schaffens:. Die
sicb. von starten Formen loslöst, eine musikaH. . Dichtung jst von s:tarkt:r Sinnlichkeit durdl'"
sehe Erf1ndtmgskraft innewohn.t. die auf diesem
gUiht und trotz Symbolismen bühnenwirksam~
Wege noch Bedeutendes von ihm c:rwa,rten läßt.
Dem Klangzaubere:r und Stimmung:skiinst1cr
Dabei steht ihm '\illrieder aUer o:rche.!:lttaler Glanz
Schreker eurt skh,'diesma! der gleichwertige
zu Gebote} den er in. scin.en früheren Werken.
Melo'dike:r-; na:m.entU(:,h der dritte Akt (eine
bereits entfaltetlt und der in der 'grö,6en Szene
tiebe&nacht volt südländischer Glut) muß mit
des zwdlen Akt.. Triumpre feiert. Und d•• seinem beraus.chen.den. weit ausgesponnenen.
Wesent1i<:he: seine vornehme K:l1nstl-.;;rnatur
I.:iebt"..sth-e,ma zu den g 1 u ;;; k 1i c h s te n E i n.~
hlilt alle Trivialität dem Werke feru. Die Auf, gebungt.':n zeitgen'{)sslscher Musik
nahme war eine hegeisterte H-tddigung fiil' den gezählt werden; er wirkte zündend und -u"ug
DlchterkompQnist-en* den! Dkhtedtom.pon:iaten uJ.1gezählte Hervor""
rufe ein. ~. i t Del' Sehatzgtäbet·\ des,sen Hdd 1
:gleich Ta:nnhäu.ser im WarthurgsaalJ der Wett
.DEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG, BERUN zuruft" "t was. wißt Ihr Atmtn von SChÖ:oJl~h u:nd
,Die vierte Utauffiihrung einer Oper von Freude Fi scIlefnt n:li:r Schrekerm Evangditttn ;:im,
Fram S<h:r-eker ist jetzt im F':t,Ul'kfu:rt~r Opern.. ü'bttzeugendsten zu kUn.den und seine Gt'e*
haus erfolgt: ;.Der Schat:lgri!her" fand nach schwl.te. um :aa"l't..lii"S< zu llb.trag.".
itdtm Akt :spont,ul.en.. stäxkst:eu Bdfall und der Außtr Pfitzners ,,'Palestrinaoi'. der abe.r in sdnu
Komponist mußte vom z-we.tren Aufzug Ml jede$.« UnsinnH(:hkdt und bewttßten. Askese den si;h1iri,.
md e.-r$-t::he:'itt~n;. am Schluß b,fiuften sich die s:te:n Gegltnpol zu. d1tf' Wdt Pranz SCMekus dar . .
Elttunge,," stellt, wUßte im kein Werk der n.achwap~ri..

11
schen Opernliteratut', da$: $ (') v i e 1 e';;:.n t e Aktrnl.t gewaltigster .h:ideMchaftlidle:l" Steigerung
'M u s: i k -enthält wie der "Schatzgl'.ä.ber-". hi.nter1i~ßtn als die HölM::punkte des Wetkes
na;;:hhaltigen Emdruck f eben:so wie d-e:t' dramati"

B. Z. Al\/! lIIlTTAG, BIlRLIN


" seh.e Aufbau des vierfen. Aktes $. tal' k z u.
fe.sseln wußte.
,Das Wttk bedeut-et in Schr.ek-ers S-ehaffen
einen kaum zu erhüff-end-en Aufs:tieg, natfM!fi,t",
lieh im St:höpf'-etis-(:h,.musika,H~H:hen. War- in den DER VORWÄRTS, BERLlN
fruhereJl, Werk\!'n noch dn. ün,sicher:es. Taßt:en, Dieses Oper'nbu-ch ,ist nur zu erklärtn dur.:h
du: ungebltndigtes Schwelgen in Fai'be'nt ein Scl:::tre.kers Musik. Denn in dtr -ungewöhl11khen
RhythmuJS und Harmonie: .l:J,P.rcn.gendli'::t Klang... Doppdbegabung S,lu'ektrs 1st die- musikalisch.e
symbolismus vot'herl'sc'h-end~ so strömt lüß:t die Vl$lon die ursprünglichste. Die musikalisdle
Erfindu,,! oreitg••coWWlg.".. Melodik von on Gesta.ltung beh:e:t'l's;(ht vömg das dkhteds.che,
.sinnh€-torend~m Wohllaut dahin.!H€- Dabti ist die Begabung Schtt.kers rur die Bühne
Scl\uaucnt nach. d'em SUde:u. ein f~rnt:r Klang so .außerotden:tHcht daß sie allein. :gen'flgt, dieaem
aus, de-fi Jugendiahr۟ dtll in MQl1a<:-o g.ebor'en-tn. Komponbten ei:neAusnafunes:tel1unguntt:t denen,
vom' ladtendhiauen Meer und heU.httCr Sonne die heut~ für dif:; Ope:N.1,&Uhne schreiben" zuzu"
nach dt!:m kälteten Norden vt'rstblagenen weisen. Da$ rein mitsikalis!;ne Vermögen stdlt
l'räumer,s weht daraus en-t:ge:gen~ Dft, große, Sd:u'eker in die erste Reihe der schaffenden
Ll<bessz.,,~ des drm." Aktes at"'.! .1ldl1l"dj.. Musiker. t)i~st,r !ISchatz-g-r.ifber# ist cl- i i'; er s. t t
-$t::h~ Glut und der (bei hier sch.amhaft vtr", ausge.reifte Frucht der stäl'ks,ien
hUlIttm SzenenbHd) aUltu tin rtZtt rasender mtl'sikdxam'aHschtn Begabung <tel'
Leidenschaft'" g-es'tdge1't(:,S Orchil!sterzwlschen,., Gegenwart.
sp-id btsungene H5hepunkt sinnlichen G-tnttsses:
ist wohl seit Wagners. Ve,uuu'b-e-rg: nie ift gliihen,~
dere,n Farben gestaltet worl.i:en als. von diesem DEUTSCHE ZEITUNG, BERLlN
Apo,,-<,te1 t.tngebandigten Sinne;Jl!t~'l,usch.e$. und von Das Werk zeigt SCll:rtke:r auf steigender Bahn.
'Begierde zu Genuß taumelnder Erotik. Am ur.., Da$ Textbt:u:h ist ä:ußerst b lihnen w'i-rk,.,
wu.chsig'sten strömt ihm der SchaffensqueH, sam gearbeitet. ,NfusikaH:,scl1 :ist die. Partitur
wenn e$ g:iH~ in. duftigen G$bHdt:n und wohl die :reifste des Wlener D.khterko:tllpOt1isten.
StimmUngs:farben gehdmeBe-ziehnngen. zwisch.en Schr-ekel' brkht deu Bann der Italiener und
Mcenscb, und ning~ Tr.aurn und Gesdteru;:u1 d' Alberts einerseits und den Strauß~:aofmanns,..
Märdre-nwdt und Wirkliehkeit aufzudeck~n~ thais: anderseits und wird Mdodiker auf eigene
W,it schon hn, n-Fet'uen K!ang-4, ist .auch im Faust. Trotz reicher ,Bildwirkung seiner orch.>
ItS,hatzgräb~t'''' in. einer BaUadt, hier die von sttaJen Spra-che haben 'd.h:smal die: Sanger ihr€:n
der ,-"Prinzes-sin 11se~':t gleietullsarUg die ganz!t bevorzugten Platz vor dem O.r,h.e:st~r. Und
Fabel un:d zuglei(;h Deütttng der Dk:htung 'ein,.. Schreke't zeigt a1t;11 als Mdster in der'gcs(:w.,kten
gesch1oss~u. Es ist d~,s hohe Lied der S,hÖfl.-' Behandlttug der Singstimme. Eine ganze An",
htit und ,Lebettsfreud-e:.. deren d,uJ:trnd'e Ver" zahl in skh abgt1:s-ehlossener ~tNt1m:m-ern" treten
clnigung aus: den. Irrungen und du g;raugen deutlich in den Vordergtund t in detten. blüh e 11 d,
Hatz des Lebens, den schönsten Sthatz, des m ol Q "ls eh. • L • b t" H.upt••chtel.,Ot,
Lebens- Hort r aUt:$: Sehnens Ziel verhl.".lllt. Der Orchestral leistet Sehreker witdt.r ganz Er",
-zwe'iundv.ienigj'ährige Dicht-e.r.komponist scheint stau.nHches.Be..sofiders dasorgiast1$die,dietiebtg..
mir mit sein.enl "SchatzgräberN :in der Vollkraft fder- im dritten Akt schild-el:'nde sympfU,l!liscl1e,
seines: Scn-a:ff'ltu:s: zu stellen und erwJ"rtuugsfröh Zwischenspiel taHt durch IC,langpraC:ht auf• .Man
darf man ZtikiltlfHgem. Yon ihm e.ntgegtnseuen. solltt es. nicht für mÖgl:h::h ha1t't:n~ dd nadl
diesem von: höchster Lei-dens-cbttft -dt~t:'chbrau.st~n:
Aufzug n-odl ~-ine Stef'ge-tung möglich war; und
:!lERL1NER TAGBLATT dennoch: -das UriglaubHdle' ist zur Tat gemacht"
Die der' Stadt Frankful't <t. M, und ihr~m Der, äußere Erfolg blieb denn auch 'nicht aus.
Opl?rtthau,s-e zugeeignete Oper Franz Schrekers Mit den Hauptdarstellern gem\'!in.,sam konnte
HDer SCh,at.zgrä,ber" fand unte.r gf'oßem t von sich Schrektr imm~r un.d im.mer wieder d~r Pe",
Akt zu Akt skh :$teigerndem Beifall im ailSV-er", geisterten Zuhörel',!u;haft zeig.e-n.
,kaufttn.' Operuhaust: ihre Aufführung. Die im.
Mit1:daHtt spielende, Haru.ihtng, mit ihren Lyris...
,men r ein. O,N:hest-el'~Zwischen$piel ill' d--.:::m gl~i:clu:n
HAMBURGER NACHlUCHTEN (Prof. Doktor ist hitr ein We,tk g:ej.:;h.l'tffen~ das: in de:r btwufiten
R. ])01>. .) Verbindung 'Von neuzeitlicher und Ztit!os"'ltolks:".
Schon als Dichtung betrachtet, hat S,dlKtke1' tümHche.r Musik einen netten bedeutsamen.
hier ein K.unstwerk gesdtaffeUt das a:ich tu r m .. Absdlrutt in Sdlrekers muslk,aHs.c;htm Schaffen
hoch iibtt die berkömmIic'heü Text'" darzus.tellen scheint.
u n t e t' 1 ag e n erhebt. Die alte deuutheSagenwdt ~ .. Der Erfolg war unbestd,tten: und am
ist wledet lebendig gewo_rden~ Die 'blaue Blume Schlusse .mußte der Dh:httrkomponist immer
der Romantik blUM1 redt und'. übel'shlil.Hd,tc wieder.- den begeisterten BeifaUstuftn des aus,,'
Dinge und Gesche·hnisse werdtn ,gt'schi<:kt mit... v.erkauften Hau,ses 'Folg'€: leisten.
dnander vtrwobrn~ Dazu spielt dlerhand
Symbolische$: 'heieint dentt der SchaUt um den "
lIIÜNCHRNER l'IEUESTE l'IACHIHCHTEl'I
es sich handel~ ist hn Grunde g.n. allgemein
als Symbol des 51•.<b'''$ nach dem Sch6".n (KARL !'IBER TS)
zu fassen. Der Sc'haugt5.her iSelbst ist -ein 'V«:m mds.terlich.em Ebenmaß ist die Linie'
MärchenpdMr ein Kind tUl&: ein Retter- und der mit dem ersten O.rchestertakt einsetzenden
Erlöser zugleidl f der Narr 1st feinsinniger Handltulg, deren einzdntn Akten jeweUs du ge"
Weise vermeUl!N:hlidl't und die triebhaften WlSSi!$ ( drrunaturgist:ne'S) Decrescendo ihre Eigen..,
Kräfte dts Guten und de.s IH,"l,sen ,sind wirkungs... gesetdidlkeit vermitteH* Das wiederholte Aus",
'voll tUla 2\'"wanglöß .gegeneinander :;ulsgespie1t. klingen cltr Akte in faUender.- Linie r aIßO nicht
Dieser tthis.;:h; vertieften M,'lfrchett'" und auf den. Höhepttttkte.n, ,sicl1ert Sthreke:r stetJg.
Traumf.U(,:1:rtung~
die, trotz ihrem romantisch neue Ste:igert.ulgsmöglichktci:tltIl und in. dl.estr
verzweigten Inhalt. döro letzten Endes eine Hinsicht hat der- Dichterkomponist ,des .'tSchatz...
höchst -einfache und gerade .Entwicklungs.- und gräbtr'·' I!:iue iU1ßei'ordentlkhe: Ökgnomie b~...
Grundlinie auroelstr konnte, m!r ein.e auf ähn,.. wiesen. Das. Dicht-e,taüg~ b!ü:lr:tt ba.Id, auf.,.·
Heben Grundlagen durchgefiihrte Musik gere;::ht flammend; bald -vers5hnend r aus aUen. diesen
werden:. So ist denn auch die Komposition in Gesil;;htern und d,as Gt'ulidthem~ ü,bt't dem
gHickHehster Wei~-e aus 'ursprUn,glkhe.m Emp,.,. Schrrker s(in. Bilhnelldlehtu"ge" gldchs.m
-finden. heraus geboren und hat darum jenen als Vada,tionen, .aufbaut~ trägt ihn von 'Werk
dnfaxhen, und v-olksttlmUchen Charakter er,' zu Wnk, von Erfolg zu E.-rYolg~ •• ~ Es ist keine
tratten, de.!' hier allein stilgerecht wirken konntt. Musikt die neben dtr Handlung hedluft. Sit
'Bilt einze1:ne, Personen sind k;wm Motive tind ward mit ihr" ward mit den Gestaltm e'ueugt.
Themen vQ1'banden~ dafiir aber sittd die je", von heißer Phantasie wie die'se~ lebt in ihrem
"v"eiligen Ges'<:nehnisse und Beg1'iff~ üb,er-aU in. GÜtck und ih:reJ:' Seh:naucht und vergeht in
Musik umgesetzt. worden. Das erkennt man. ihrem Vergehen. Natürlich ist S-ehreker ;1tH:h
deutlich an der stär-k leidenschaftlkhen. Schatz"" in diesem Werk dn Meister der Farbet natUr""
melodi~) a,n EIis Traum im Wald~t an sein~m 11th klingt die ItWunderIaute4< auch im 01'''''
dnd1'ing1:ich~n. Sang ,an. daE Leben und die dltstel:'1 natütHdt ist manches motivisch in
Fteude~ den er auf der Rkhtstätte 'e1'tönen Wedl••lbezleh=gell ge.etzt, das lIIlarl<tbild
lUt. an dem in z'arten tyriemen schwelgenden unter,rn 'GaIge.n. bis zum Herannahen d1.':1"
Schlunl'metHed der E!s~ an der großen u,nd Herold. d•• Kön;g. i.t packend aufgebaut ulld
n:u.tsikalisch tief schUrfenden Banade vom IIsen.. cl"" gleicbe Auf "nd Nieder der Dtnamik findet
stein u.nd endlich an den erpeifendt:t1 Rlängen.. sich: :in t:ie.r Szene der LiebesuMntr findet sich
mit denen am S'Chluß nö,-;:h 'einmal die' Erlöser" 'beim KÖ:fligsbankett. Kein Binis das auf dem
mission des Schatz.g:t'ifb~rs auch in der Musik Höhtpunk:t abr.iss-e~ So ist der Au;sktang del"
klar zum Atlsdruck kommt. Auch sonst ist an e:.hlzdnen. Akte jeweils $"'hon ~in Vorausahnen.
einschme:khelnden und melodig.;;h reizvollen des: traumflaft leisen StÜ1>:kschlusses, cl.ie Musik
SteUen kein Mangel! was be$;Ol1d~:rs noch an verliert m<:h selbst in Episoden brünstigste!'
dem in 'üppig sinnlichen und qcg:h wund~rsam Kraft. die hier überdies niemals schwill. oder'
keuschen Weisen sdl'wdgendeu Iange:ren. neurast!:l,enisch sind.
Zwis-enenspieh bei del' Lid:l'ltsszene des dritten I:l
Aktes., der ilberhauJ't einen :a:öhepunkt des
Werkes. darstellt. zu e'rKe.:nnen ist, Von SCHLESISCHE ZErrUNG, BRESLAU
seltenem Erfindun.gs", unQ Bmpfin... Es War ein: Abe:l1d t der widerhallte von,
cl u n g S1' eie h t 1'1 mist $cnrekers ,Musik, mit 1'3. us~hendemt ru.he fndtm BeHaH; Pran.z
allen ühedegen behcnse;hten. Mitteln der Schreke:r hat dnen neuen unbestrittenen und
Xompositionstecbnik. tmd der Instrumentation du:t'('.nsdllagenden Erfolg errungen. Der stärkste'

13
·Ein"'"ck, den d •• Werk hillt.rlälll, gehl vo" b,itlt de.rd:tamatis-cheAtem bis zum letzten Takte
der Geschlossenheit dtr textlichen. tmd filt:U1:ikali.. -an. Ft~i1h:h hilft: dazu we bunte Gt$talt 'der
schen Arbeit aus.. Du:rch sie wird nicht lUU:' die Szeneut die vom tollen W:irb~! dt:t Ldd~na:chaftt
künstl.risch. Größe u"d Xraft d •• Werk•• er- dem glim••"dell Geprange d .. F ..lli<h"oit bis
höh'4 sie förde:rte auch- ungemein seine 'Bühnen.", ." d." Sch.uern des Galge"", la <I... ver.öh"."..
wirksamkeit. Als Mtudk~r tTWebt sich Sehrekt-l' den IWIde dnes Todes wechseln.. Schr:ekers
aucl:l irt dles.;::m W~rke als Sdtöl)fer von Mut :S:umonik hat sich 'bereichert. Dit Ausdru,-ksk
und der FitbJgkdt 'ernster Durchdringung des mittel sind gewachsen und man stößt aufman<:he
Stoffes. Unter dm n«:ueren. musikalisehen iihi\1'l'ral!H.:hende und wir:ksamehar-mowsdle Wen",
Bühnenwerken gibt es kaum dn mweitts t das ditUg~ Die Sprache der dnzdnen Stimmen ist
bühnenwirksamer ul1.d muS\ikaHz<::h, me:,ht als in d~n bisherigen Werken Schttke-rs
pa,clu:nder wäre. Im Ganzen. ist der ttS,hatz... auf breite Kontul'$!ll angdegt. Dadurch' entstand'
.!rräbtfM eint: S.ehöpfung von hohem ldinstlel'l'" dnt weit mdödlösete: Sttuktur. ~ • ~ Die Auf..
-$chem Wert von eigenartiger eindrucksvcU\i!t' nahme ge-lttaltete sich an beiden ,Tagen zU einer-
Prägung~ Ova:tion für den K{)mponiaN:tl~

:!lRESLAUER ZEITUNG
" "
BADISCHE LANDll:SZEITUNG, KARLSRUUE
• , ~ Es gelang; Sch.reker ';UiCh. diesmal, ~in Ein n fehte- f lütt das Textbuch gesxhdeben°
Werk zu .schaffen,. das bei aller überfeinerte? 'Die Zei-chnung der Chataktere- aUft.:h du Wort
:Soderni.lSlerung du lnstrumentatio'!l und sich:t", ist ungemdn schatf und. plastiscfl. Der NUf'r
lieh o.rigineHu &l.utndtun.g des Ge'S.anglilpartst kein Till Eub:nspie-gel, bdspidswdse -v~tkörper't
die das Bl?:li!treben zeigJtllt trott des. '$'(!:dlur~H;;hm", Goethesdl-eLebenswdshtitmitSh-ak-espearescher
den Orch-estu3 für ml.':h allein zu s.tehen und' SJ.::hrtdlenhaftigkdt. Er ist mit kurzen, adla:tfen
-zu fesseln r 'die größte Hochachtung vor dem Strichen mehr ln das BUd dnguissen .als ge:...
Streben dieses ztdetttlftsreichen Wiener Ton.. :zeichnd. Der Dimon~ der in Bis: w-u.tei:, kommt'
dkhters beanspruchen kann. ~ .• :& war ein mgewaltig -zum Ausdruck. Die Sprache ist dort
m.re"ab.nd ffir cl." Wie"er JII".llr:I'",r...or. lllld.rroicl:l, wo die U.ndlung .."bt, im librig.",
n::dt dulgen Aumanment wohlgeforMt.' Man
" l!!pUtt bei jeder Zeile-t daß Scllreker bdm ,Nieder",
"meinen da. Kla"gblld ffir ••iIl. Gedankt" in
BAYl:lRISCHER COURIER, !\lUNCHEN
Sdlrekers Opemdiehwng fand den sdrksten sich tönf:ll hat hören. Selbst wenn. man: dtn
-Erfolg fiir den anwt'!stnden Komponisten.. Proben und der U:raufftllirung bdgewo-hn:t bat.
Gegen eUe nGezdcl1neten:u bedeutet die Neu... um sich in das Werk nelnz-ufUhlen:'c, bldbt d(lCh
-2chöpfuüg due Vertiefung dta Pr-oble'IDS~ -eine gar m.",h •• vom S,batzgrliber .in Rlit••I,WI.
Steigerung des musikalililiGhen Ausdrucks und :ich ;schon ang~deuttt hahei Nettes. Weltel'e11t""
stärln!'t'e Konzentration sowit. dnen wdteren wi<:keltez birgt die Partitur 1:11 große%' Menge in
Sclldrt zu scharfeigenu Toupracht. Infolge ah:h. 'Wtmdel'üme S,hiinheiten klingen ans OhT;-
der fekhen. 'Symbolik 'des Werkes ist aU,h deT man Zpüft~ daß in. dem Werk Kräftt fri\i w~rden1'
musikaliacll~ 'Bau tief-e't~ Bine feste T1:u::matik
die sieh ri:h:ht mw fu~eIn l1~ß;t;l:1. Ttotz da
gl!wa1tig(!n~ durch Singsthn:men noch ver".
-muß das SymhoHs,(;he au:th\l!Uel1 und daa ge",
sc:hitht mit s~bt prägnanten Moti'fen~ Ne:b~n mehrte::n Orchestust ist es 'bei Scllrektr das ~#
,xurza:tmigtn Motiven. Ube:rwlf.g1ll:Il dttst.$: :Mal sd:uneidlgste Werkz~ug des Ausdtm:kcs} du
l>r.ilg.."g'''',mll sanglich"" Melodik ausge, willig die Singstim",e !lber sich domini..." lällt,
Das Sthre-ktl'\s<;ue- 'Orchester -ist das Z $, U b e: r,.
atattet< Tbe",.", 0"'"Wert ebe" in. der Fähig-
hafttstt InSh'tu:ne'tttr d$s je dn l\huik'~r
keit Hegt.. du rein GefühhtmätHge zu ve:.1"sfun",
lil::nt'n. Das wird b\tsondu3 in ft::nen Stgll$ll b -e her r ii1- (; h t h ä 1'.. Die Auffill:u'ung WAr ln aUen
TdlCI1, wo-hlgidungtn und fand t\cegeiste'iti! Auf.. ,
Idart die der- StUtze de$'Wo:t't~$' ~ntbeh:ren tHl.a
in bre1t~.r Läng~ Gdilhlsetftwit-klungeu, zu' nahmt.
~chUdtrn hal:H!-ur duen Äußnungen sich dem
,Aug<!: des Beobachters tnt>:ith-en. trou der MANNHEllI:ER GBNERALANZlnGER "
'buiten. Mclod1k und: uotz dn sim imm'tt' sthker Der nSchatzgrätn1:r"trld,itt unter al1~i1 Zeich'ea
iußetnclen VorHtl'lti Schrekltt'$ für geschlos.sen-e ein.es ehrlichen und: großen Erfolges seine Ur"
Num",ern (z, 13, die Erzählung d •• Nar.." Im auff!lk'''''l! . .. Du Tex! gab S'Me"er "iche
Vorspielt die 'rtaumetzWuttg' des Sängtl'Bt die Gdegenheit, dramatfsdu:: Wirkungen und Stei...
BaUad. von nst, das Schl./li.deh." von m.) ~mngtn im Aufbau zu erziden+ l)e::r eigentliche
Höhepu.nkt d~s. Ganzen 1Z1; 1n denl rein lyris<:hen bllll:sthndI <l.. Dtama ""n der lAebe Els.".,
3. Akte zu erblicken.: die groß' ang:degte Liebes.< der unergründUchen Wirtstoeb:tet't un:d BHs~ dem
szene mit ihren breiten, bis zur ~Q:rg.iastis'he:tlu
Bewegung htr;Ulw.lchsenden Orchesterzwlselltn",
rah..""." Silnger ""d S.h"la,.. Auf
l!lre "at Sdlrd:er ver';ebt<!,
<i".
0""""

.pi.!." bri"gt all. Ldd.n••h.ft u"d Glu!,


dIe der Dkh:ttrKotttpo;list zu gebieten vermachte~
li".,. WI,. mli•••" Sc!!r.k•••1. Dichtet "nd Kom,
ponisten in dieses Mird:tenland folge!l~ ob wir
am stärksten und uTsprf1n&lldu,t~i1 zum AUß" ""on.n <>d•• "i<hi:. U"d Sehr.k.,. hat di •• mal
druck! UnmJttetba,r VOrM geht diesu e:roth'u.:hen' mehr l;ie:nn je u!tset Herz bezwungen. Was ist
1:I1:I<".t'l'""n""g ei" w ..,,,lerhllb.eb•• Idyll, du <I•• H."pigrund? Wuhl w<I1 .., d." libe"dfrig<
einzig(; geschlossene Musikstfick! du. Witgen.. Propheten a-eine$ Rulu:nes gar bald im Lande
lied de. Elo, ga"" <inf.eb und "W'ch.!chtlg in des Futurismus ~u ubUe:lren s(;heinm~ mit festen
d.. Melodl"f!lll,.""g gehalt.". Nu. w.,,;g. Lel!· Fil.ß.", z""tma."l:IlInd." nnd kI...t.m Kopf .-
motive bestreiten, imme:t neu gewanddt und ""le, .u". w<lit und die Melodl. liebl, Dabei
.tll"dig mod..II ••t (ei" da"ol'llder Wechsel der ist seine Musik modern im besten Sinne des
T""••t.,,) <I.. melodische Gr""dgomge. Die WarteSt iJb'trfdnel't und von guter Kultur~,Mdo$
Hauptsa~e liegt in d~n Stimtnungswerten. dieser und Humonie,habm mre eigenartige Sttuktur-~
durchaus sinnlichcefi Musik; Harmonien und aber die Gesetze der Schönheit werden :nie über",
klanglldl. R<lze ba"".nd•• Ohr .1•• HII.... ""d schritten. ne:r Ochesterpart 1St von <lrama;t1sehe:r
bestricken tsünmerneu.Schrtkeristniodetn,daJ lle!.blhe!t wJe lyrischer Zarlhell, m. G•• ilng.
dfm Ordltstert nicht den Singstitnmm die wich", Eb!:ens und BUs:, die zu e.inenl g1"andiosen Liebes..
,1;jga:-te AUfgabe im Rahmen seines Kunstwerkes bac:ehanalt gesteigerte Ve:r«nfgung der ,beiden~
"ufalll.ln <lerl"strnmenUe",mgist, "e" "Gezoldl. die char.ilkterististlte RoUe des Narren', die VOln
".ten" geg."Il!>....." ""t.<bi.d"".. P<>m<b:tllt Oeb.OIet ..h.l"b .. unal:>hilngig. Filhru"g d«
zu begrlill.n, Die "or! he..O<h."". Uh.rI""""li größtttt wie der lddnsten Stbnmen, die tethnisch
fehlt. Trotzd"m bleibl .in fortwährend •• geradezu verblüffende Art der Instrumentation,
Sebwolgen in Bk,ta..n "nd le!d."s<haftllchor 011 das ",a.ht <11. n.". 01''' S.h~.b.. zu ei".m
Brre",n,,; •• bleibt "ndl J.n. Steiger""" du !<lismeh." Sebat<, d•••"" man .i<h "",richtig
S!nnHm". Erotischt 1,,1$ zum le-U:t.en aUßmdeuten~ i ..ueft kanft. Zwei Motl"., ".ZW. Th.m." dlltdl.
Fr.n" Se!!rek.. haHm "Schatzgrllber" ein Werk zi.h." kla. "nd bezeichft.nd d•• g""'" Work:
"" n h" h er Ih <I. " I U.!l g mr "n.... geg.". d.. geheimdi.""ll. Erklinge" d.. Z.ub.rl.."t<
wlI:"';ge M"sik ga<h.fl:e", ei" W e.k, g.formt u"d :!ll.e". S.O".llebIlUed nach dern re",."
aus einem Guß und von begt~dltndet Sinn-en", Gli!c!<, <I•••u Beginn des""!!!." Akt•• In dl.
wlrkitilg. Die. Aufnahme von Werk und Auf#' ko••"de" Ab."dlllfte dd"gt, Du Visi""ILr. VOll
fUhrungfand bei dem ausverkaufteußause seht Musik "nd Dl<hmng l1bt dn.", "" wid ... toh.
~r!.;a!'k,ent zUletzt fa$t tnt1:usslatis-dim BeifaU. der li <h." Z"u1> .. "u•. 1'l.1,,< bewußt. Rllckkeh.
dtn Komponisten wieder und wieder vor die zur m<l"lIi.eb." Linle d.. "lten Art bedeut.t
Ramp< tief. der ff~:khatzgrlbet'" und deshalb :ist der Gewinn
DI. Oper, die 3m Tage na.h d.. Fra"I<fu.t<:r fUr tt'tlsere' d~üt:s:che Oper 'Umso h5her anzu..
Ura,uf:rohru.ng un.ter der L,eltüng des Komponisten. sohlog.n •• , Di. Aufnahm. beim Publiku", ",ar
wiedetholt1wurde~ rand erileut stärksten HeifaH. ••h. herzlldl. De. Beifall .!f.g Von Alct z" Akt
D;< VonUg< des o.d'''t.""." Werk.. ml." bel und verdidltßte sich am Schlusse zu lebbaft!1tl'l
mehrfachem Hö,un nCH-:u deutlicher he;rvol' ~ so 0 .. " U "n e n f!l. den anw•••"de" Dicht..,
.eI <rgiln~'!1d nachgetrag.", /laß
FiihttUlg der Singstimmen viele mdodlsth~
a"."i" der Kompön:iatell~ der oftmat~ vor der Gudine er,..
scheinen mußte.
S.Mllhe!t." .'ne!,WI.d.""", ward der Komponist
viele Ma,le huvorgerufen.
AUGSBURGBR POS1:ZBIT!iNG

i.t..
Bs war ein Abend, der widerhallte von
LEIlIZlGBR TAGEBLATT uuschendem, Jubdndom Be Ha!.!. Fra"z
Wled". der ,,Kla,,g", <I.. Ihm ZIl. Schtektf' hat d:tlt:l1 lle't1'en,t unbe.strittenen und
1."<htOlld.,,, Vi.l,,,,
wird, ."'0"'"die SI",,< durebschlagellile" Erl1>lg e"ung.n , , , De.
b",ö", ulid in üppigslor Polyphoni< gld<!! "pr!!,; .Utkst.' Bind""<!<, d.n d•• Werk hl"torIUt,
"."oe" Und f""kelnd." F""'.fgarb." .ich "u•• geht von d.. Gudll"•••nhelt d.. lexl!!eb...
-breitet'. um schJie-ßtkh mUd und zart zu ver"" ""11 d .. mu.iblisch.n Arbeit .us, Durch 01<
Köschen. Nur ein kurzer:!' wirbelndtr AUfs::ch:re! wird nl<bt ,,,.. dl. Idln.ll.ri.dt. Grölle "nil
im Orthutu rekapituliert am En.de noch e-hlmtt! Krllft <I.. W ..k....•Mhl,.,. för" ..' ",,<h
ungemein.'ieineBühi1enw:ifkgamkfh~AlSMu$iker rutl'g. Dl<t Hervo::rrufc nach den Aktsd:iIUssen.
erweist sich S(hr~ke.t auch in di\t$em Wf;rk als waren unzählbar" Der .anweseruie Komponist
Schöpfer vo" Mut und der Fälligkeit "".ter mußt< .ich ".,.h jedem Akt. <:lem jubelnd."
DW'thdringul1g des Stoffes. Unt~t den neueren PuhUkmn zdgen.
musikalischen. BUnnttrwtl."ken gibt eS kaum
ein zwtitest das bühnenwitkS3i.met und musi..
kaHa;;;,h padtender wäre-~ Im ganzen 1st der MÜNCREN-AUGSBllRGER ABBNDZ:I!I!UNG
,,schaugt'lilber'" eine Schöpfung von ho h ~ m. Gegenüber den ri-tihtrell Opern S,hrektrs
kÜl:u~:U~.fh,h.em Werte von eigenartigu, -ist im nSchatzgt'ä. b-er'" dn Erstuken des Mtl~
eindruclnrvoUster P:rägung" dischen. und t;:ine Festigung der thematt-$,J;:hen
Gestaltung zu ~rkenntn; man darf ann.chmen.
"
DARlIISTÄDTl!R TAGBLATT (W. W, GOTTIG)
daß gerade diese Eigens<:baiten der Partitur
d~rf Erfolg des: Abends in gun,stigater Weise:
Es: l$t kaum zu gl,auoc,n ode!' aber, es, ist beeiftf1ußt haben. S":::fu,"ektr,s KantUen,e; ist wekhet'r
da,<; eil'lZ1$' Mögliche, daß der Autor dies\1:$ $~hon wäxzner und sixUligu geworden., die mäd:n:igen
als Sd:tauspid äußerst wirksamen Dramas neer Ge:fiU11s$1;tige:ri:t$1g-en in. den Liebesszenen, u<"
]i'omponlst de.r seltsam.en, phantastisdlen. oft haHen durch den ,gr'Oßen Schwung dei" M.elodie
bizarren Musik ist. Im, Gegensatz Ztl ßH"ine::fl. mi tr ei ß en de Krit ft Atifknappe ges<.hlQsSCfiC
fräh~nn W~rken, bl?,~()nder.s de:n!lIGeze:h::h:ntt~n"'~ Form gtt.ift Schrtke,!:' wieder :bl rdchem MaJ'ie
bem'Uht sieh g'dlreker hier r den volbtumUchtn zurück. hl aUen Akten. finden sieh Hedmäßige
-1'on des baUadenhaften S'toffe:s zu wahr't'!l t was Abs\:.hnitte lyrischen un-dbal1adesk-en Cha-raktet'ßf
ihm gHinztnd gelungen ist. Tritt im nFer:... und in diesen begibt sl<h der t'on$ttz~r' auf
neu Klaug'-I' und im ",.-Spidwerk<" die rdne JfMe;; eine- f~$te tona1~ Grundfug~. In der Behandlung
Iodie+-<' an sich {in dtn nGezekh-neienu nocb des; Ot',hesttfS e1'we-lst sich Si;hulter wie stets
häufiger} kau.m hervol'r $Q quillt hitr das lS'ldO$ als Meister der F'a'rhengebung; sein ,g:litz'e.l'nd~s
mit dner zarten Itltleriichk~it; und ~lnet pdg"" fHtfUl1undes Klangkoloxit ist von z a u b € r ..
nante:u' FUlle des AusJirutks r, die hötJ:ute j h a. f t e m R e i z, Die großen. musikalischen
uneingeschränkte lh:-wu.nd~rung:ver"" Vorzug'(' des Werkes. verbunden mit :seiner
d:l.~nen. Es ist nkht, Sch:rckers, Art! lyMotiv.. theatraHschen Wirksa.mkeit dürften ihnl einen
musik+! zu sch1"dbefi~ Seine Motive. von edlem erf'olgr-dchen Weg -tibel' die Bühnen erschHden~
Schwu.nge der Me10dlet von. seltsamer, ganz St:hreker \\"ij,rde oftmals. an. die Rampe gerufen.
ihm eigener HarmQuikf sind weit ausgebauter
klangvolle Themen. die vorzüglich als ErinIu:"" o
TtitlgnmotiVt} als lyris;:::her Kon:nnentM' de.s MUSIKALISCHER IWRll!R (JOACHlM EECK)
Orchesters zum' dra,matischt:t1 G-es~hehet1 der Im "Schatzgräber" ruht das Interesse nicht
Biihne verwandt werdelL S-ch.:rekers Or<hestrk", so seht' auf der PSYChologie als, auf den Be:>'"
rungskunst hat an Reife und FiiHtr was nach gebenhdten; ntriebhafte Macb.-tt·u sin.d am,W'erk
den JtG-ezekhneten,'" fast: unmög1i"u s,hien~ noch. und bes.timmen den HudIttngavtrlauf. Al1u ist
gewonl1:en. Sein. Farb-enreidltum, seint be", Anschauung~ Bew'Zgung~ Akt:h>!l. Man. hewim..dtl"e
rauschenden Kiangkombi1ul.:tionen sind Ze:ugen dies€:' Szenen kunst, die Architektonik. des Ganzen,
von unerhörter Genia,Htlt~ Man höre nut die Gliede.rung und Staffclü:ng der einzelnen
die grandiose EnsemMeuen.e d~:s zwdtett Akt1'!z) Akte, die laUtlOiJE! Mechan.ik des lückenlos In. .
wo die: fderlichg;n Rhythmen. des Ste-rbtchörs einandetgreifc-nden Bpisodenwerkes, den Blick
de: Möncrlt;:: einen wirksamen Kontrast zu d\"!n f!!r cl.. Bildmilßille und fiir die lliill"e",vlrkting,
rauschenden Wogen des Or,hesters biidet1~ die Kl'a.ftt sieh zu mädltfgen En:t-ladtrngen zu,...
Waht't Orgien feiert das Orr;hester in dem, sammenzuraffen, den Takt, dit Aktsch,lü;sse
symphonlscnen Zwischenspiel, das die gHHlende wkder sachte abzubautni ])azu die f~ste. und
Lidn>:sfeier des brandenden Blutes Eis' un.d ~lis' stilvolle Charakteristik der Haupt;,. und Neben...
andeutet. Was der Klavierauszug ahnen ließt figuren~ die mit einem dmigen gütigen.'St:höpfer...
haben die Auffiihru.ngen bei weitettt tiber,.. blick uUlfaßt wltrden.
troffen. Unter den, heutigen j;Neutönern# hatkdntl'

NEUESTER ANZEIGER, l'ifA!NZ" eine so za.rte, verträumte Seelt als er~ Dazu :ist
.seine Gestalt:ungskunst, 'stin formales Gefühl,
Die fesselnde Han.dlung un.d die prad,rtvolle s,ein In.stinkt für dIe Biihne-n u:n.d Klangtdtkung
Mus,ik~ 'nam'entllch des dritten Aktes, vüsittzten letzt a«f den höchste" Punkt gediehe",
die Hörerschaft in' w a h r ha ft e Beg t ,1 ,$ te. .
""
16
2 . .Tahroa:ng, Nummer a 1. Februa.r-H.tt 19130

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH ,
SCHRIFTLEITUNG: DR OTTO SCHNEIDER

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Cl//g....emeif1er
....... reif
~ ~~

PHILOSOPHIE DER MUS I K


II+
Der Urton
Von Egon Lustgarten, Wien
..... glühenden
Auf dem ehernen Tische s<:hlingen si<:h Tänze,
Unendlichkeit binden sich Chöre,
liegt unermeßlicher Sand gebreitet.. winden sich Kränze,
Da streicht dn Bogen umringen skh,
die Tafel an: fliehen sich,
Einen Ton finden sich wieder.
schwingt und klingt
die fiebernde Fläche. Aber das Spiel
Und siehe I der Formen, Farben und Töne
Der Sand iurchbrumint
erhebt sich und wirbdt unaufhörlich,
zu tausend Figuren. beherrscht
Aus ihnen, ltirchterlich.. unerfafiUch
den tanzenden, der tiefe Urton.
tönenden, . .....
(Christian lIorgenstern)

Es ist eine oft bemerkte Tatsache, daß die Musik unter allen Künsten (mit Aus-
nahme der Baukunst, die ja nach Sc hell i n g .erstarrte Musik" ist) .ichvon
gegenständlichen oder sonstwie begrifflichen Vorbildern der Natur am meisten frei-
zuhalten weiß. Während lIIalerei und Skulptur in. ihren Darstellungen wenigstens
äußerlich an Dinge der realen Welt anknüpfen und die Dichtkunst in ihr Aus-
drucksgebiet auch objektive Zustände einbezieht, ist die Musik nicht nur in ihren
Formen, sondern ganz substantiell auf sich selbst gestellt; denn der na t ur g e g e ben e
To n scheint, an sich betrachtet, kein ausreichendes Substrat für die Möglichkeit
einer so hervorragend subjektiven Seelenkunst zu bilden. Wenn aber die Musik
01< s. 1. Jahrg., Nummer 1.

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sich bei ihrem Aufbau lediglich auf dieses unscheinbare Fundament stützt, so folgt
sie gleichwohl im menschlichen Wesen begründeten Kategorien, die mit cien
Gesetzen dei primitiven Tons geheimnisvoll q-bereinstimmen. Tieferem Eindringen
in die Grundlagen der Musik eröffnet sich ganz wunderbar die eminente Folg ...
richtigkeit ihrer Ableitung aus diesem einfachen Phänomen.
Jeder einer bestimmten Schwingungszahl entsprechende Ton stellt sich in seiner
akustischen Erscheinung einerseits als Inbegriff einer Reihe von Tönen dar, die
über ihm in allmählicher dynamischer Abstufung erklingen. Logisch ist er aber
gleichwohl als Einheit und nicht als ein Kompositum von Partialtönen aufzu-
fassen, wie ja auch ein Kristall nicht als Konglomerat von Teilkristallen angesehen
werden darf, in die er ja doch bei gewaltsamer mechanischer Einwirkung zerfällt.
Der mathematisch einfache Ton C enthält als physikalischer Klang implicite
in sich die Obertöne c, g, c, e, g, b u. s. w. ad infinitum. Auf ihm als Grund--
ton bauen sich zunächst die Bestandteile des Dur ... Dreiklangst weiterhin alle
.anderen benennbaren Töne auf, wodlU'ch er zum Ausgangspunkt aller harmonischen
und somit musikalischen Entwicklung wird. Die Harmonie ist also nur ein Heraus...
treten der schon im Ton gegenwärtigen Elemente aus seiner ursprünglichen Homo . .
genit.t. Diese Hinausprojizierung eines quasi Sichtbaren aus latent verborgenen
Fähigkeiten, dieses Zutage treten einer Realität aus unendlicher Poten-
ti a Ii t ä t ist fraglos ein Symbol von tiefster Bedeutung. So wie die überindivi-
duelle All-Seele sich in der Erscheinung realisiert, ganz ebenso tritt der universelle
Ton in der Harmonie gleichsam aus sich heraus, wird konkret, dinglich. Gott offen. .
bart sich in der Welt, das heißt er spiegelt seine unendliche Wesenheit in der
Schöpfung wieder, wird sich seinerselbst bewußt, indem er, sein Ich zerspaltend,
Objekte außer sich setzt. In gleicher Weise entpuppt der Ton sich als Harmonie,
die demnach sei n eIn t e r p r eta t ion, seine individuelle Ausdeutung darstellt. So
wie nun die Welt mit fortschreitender Differenzierung immer neue Kreaturen aus
sich hervorbringt, die bei aller Emanzipierung aus dem Ursprung dennoch (als
beseelte Wesen) den großen Zusammenhang mit der Unendlichkeit des Kosmos
wahren, so teilt sich auch die Harmonie wieder in Akkorde, die trotz vermeintlicher
Selbständigkeit gleichwohl stets auf die Grundharmonie und damit auf den elemen-
taren Ton bezogen bleiben, als dessen Aus .... irkung alle Musik sich '0-
mit erweist.
Die im transzendentalen AlIbewußtsein begründete teleologische Entwicklung
der Welt findet ihren adäquaten Ausdruck in der erstaunlichen Gesetzmäßigkeit, mit
der der Grundton seine Emanationen aussendet: Die Verhältniszahlen der Schwingungen
der aufsteigenden Obertöne in Bezug auf den Grundton bilden die arithmetische
Reihe der aufeinanderfolgendennatürlichenganzenZahlen (C: c: g: ••• = 1: 2: 3: •.. ).
Betrachtet man unsere Notenschrift als einem Koordinatensystem eingeordnet, in
welchem die Abszisse das Zeitmoment (Rhythmus), die Ordinate die Tonhöhe
(Harmonie) räumlich allegorisiert. so erhält man durch in gleichen Zeitabständen
erfolgende Eintragung der natürlichen Obertöne in die Notenlinien Punkte einer
streng gesetzmäßig verlaufenden Linie, .... e1che - die Ableitung bleibe einem
spätereIl Zeitpunkt vorbehalten - sich als eine logarithmische Kurve kenn-
zeichnet. (Fig. 1.)
Diese Kurve setzt sich auch nach abwärts ins Unendliche fort. Nun ist es gerade
die Mathematik, welche berufen ist, die Verbindung zwischen den Gesetzen des

94
Denken. und der auf diesen Denkgesetzen beruhenden Erscheinungswelt herzustellen;
ein zU End. erfaßtes mathematisches Symbol gibt uns evidentere Erkenntnis als alle
bloße Empirie. Welchen Sinn hat denn also der absteigende Ast der Kurve ? Wenn
der Grundton ein Bild der schöpferischen AU-Seele ist, giht es denn ein noch
höheres Prinzip, in dem auch diese beschlossen erscheint?
Die Kurve weist nach einem unendlich fernen allertiefsten Ton hin, als dessen
Reali.ierung der Grundton selbst betrachtet werden muß. AUes Tönen ist Schwingung,
Bewegung, Leben; der .fürchterlich-unerfaßliche" Urton jedoch, in dem der Sinn
aller tönenden Bewegung west, er allein lebt und schwingt nicht, er ruht vielmehr
in ewigem Schweigen als letzter Ausdruck unbedingter Einheit. Während dem eman-
zipierten Ton in seiner Universalität als Ausgangspunkt der Obertonreihe sc h ö p fe ri-
sehe Tendenz innewohnt, er somit mit der in höchster Aktivität Gott-gleichen
. I u.s.tll.
~ •
.; ~-;;- =Im-

Grundton /"&,.
,
z.um / UrtOff
,
;
• Pig.

Einzelseele parallelge.teUt werden kann, ist der Urton ein Symbol der höchsten,
über anem Schöpferischen stehenden, mit sich selbst einigen ruhenden Gott-
h d t. Dieser metaphysische Tatbestand war schon der mittelalterlichen Mystik
geläufig; so sagt z. B. die .Deutsche Theologie": .Gott, als der Gottheit,
kommt nicht zu: weder Wille noch Wissen, noch Offenbaren, noch sonst etwas
Bestimmtes, das man benennen, aussprechen oder vorstellen mag. Gott aber als
Gott kommt zu, daß er sich selber bejahe, sich selber erkenne und liebe und in
sich - .ich ihm selber offenbare."
Da. Verhältnis des Grundtons zum Urton entspricht also dem de. die Welt
wollen müssenden Demiurgos zum reinen, wahrhaft freien Sein (Seele - Geist).
Im Ton beginnt die Verwirklichung der Musik, gleichwie in Gott die Welt Realität
gewinnt (PantheIsmus); beider Unendlichkeit aber ist zuletzt in der Ur.inheit
beschlossen. Die folgende Betrachtung diene der Verdeut-
lichung di ••er Beziehung.
Jede Gerade kann füglich als ein .unendlicher Kreis (mit
flachster Krümmung) angesehen werden. Denken wir uns
daher durch einen Punkt 0 ein r<chtwinkeliges Koordinaten-
system gelegt (Fig. 2), so treffen sowohl die positiven, wie
die negatiTen Äste de:r- x . . und y..Achse in einem unendlich • ·· -x ••
fernen Punkte wieder zusammen, woselbst alle Unterschiede \
, ..
des Vorzeichens und der Art aufgehoben erscheinen
(+x==±y=). Die Unendlichkeit ist also der Fig. 2.
Koinzidenzpunkt der konträren und kontra...
d i k tor i s c h enG e gen sät z e; gleichwohl aber sieht sie sich selbst ihrem Gegen...
:;polO, dem Nichts, diametral gegenübergestellt. Die höchste Bejahung ist aus der

95
Ur-Einheit (Z) herausgetreten, hat sich vom ruhenden Zentrum losgelöst und mull
sich nun in endlos tragischem Kampfe mit dem "Geist, der stets verneint" messen.
Das schaffende Prinzip ist mit sich selbst uneins geworden, vielmehr das Schaffen
ist ja selbst Ausdruck der Uneinigkeit, denn alle Bewegung ist Suchen der
Gleichgewichtslage, alles Leben Streben nach Erlösung. Die Welt hat in gleicher Weise
teil am "Ja und Nein" a a k 0 b B 0 eh m e), ihre Sehnsucht aber ist nach einem
Reich gerichtet, das, "jenseits von Gut und Bö~e.u, der affirmativen Umdeutung des
negativen satanischen Blendwerks der Erscheinung durch einen schaffenden Gott
nicht mehr bedarf. Jedwedes Gesetz auf Erden unterliegt polarem Dualismus; der
ethische Sinn alles Lebens aber ist es, jenem Punkt der Identität der Polaritäten zuzu-
steuern, in welchem dasWeltgesetz eo ipso erfüllt und aufgehoben ist.
"Schwindet die Kugel ins Nichts,
schwillt der Punkt zum All."
(Otto zur Linde: "Die Kugel.")
Ist uns nunmehr das Verhältnis der antithetisch dem Nichts gegenübergestellten
Unendlichkeit zur zentralen ruhenden Einheit klar geworden (sQweit dies die DOtstollung
letztlich ja doch nur innerlich erschaubarer Wahrheiten überhaupt zuläßt), so wird
das Bedeutungsvolle der musikalischen Urverhältnisse keinem Zweifel mehr begegnen;
mehr als das: diese können nun ihrerseits dazu dienen. völlig abstrakt scheinende
metaphysische Spekulationen anschaulich, fast möchte ich sagen handgreiflich zu
machen. Wir erkennen den Ton als Symbol einer höchst schöpferischen Potenz,
die, allwollend und allwissend, unaufhörlich unendliche Möglichkeiten verwirklicht
und die gleichwohl nur den Exponenten eines in sich selbst ruhenden erhabenen
Seins darstellt, in das einzugehen letzter Sinn und Zweck aller Existenz ist. Je
tiefer das Leben sich in die Materie zu verstricken und dadurch vom Ursprung zu
entfernen scheint, umso näher rückt es doch seinem Ziel; denn das S y m bol
seI b s t ist es, das die vom Geiste abgefallenen Dinge, indem es sie unter den
höchsten Aspekt stellt, wieder entsühnt. Und so bleibt auch die Mus i k, die s e r
S pie geld e r Welt wer dun gau s dem eh a 0 s, ewig im göttlichen Prinzip
beschlossen.
c c

VOM WESEN DER ORIENTALISCHEN MUSIK


Von Egon Wellen, Wien
Nur in einer Zeit, die von ihrer eigenen Vollkommenheit derart durchdrungen.
war wie die romantische, konnte es geschehen, daß man den begrenzten Kreis euro'"
päischer Kunst als das Wesentliche, Vollendete ansah, und alle Brücken abbrach, welche
das Wissen der Enzyklopädisten zu fernen Kulturen geschlagen hatte. Und kaum
ein anderes Gebiet geistigen Schaffens erfuhr unter der daraus resultierenden Ver~
engung des Blickfeldes eine derart verschobene Einstellung zu den Tatsachen, wie
das der Musik. Gibt es doch kaum einen Musiker, der nicht vermeint, daß das
heutige Schaffen einen "Fortschritt" gegenüber der Vergangenheit darstellt, der
nicht die außereuropäische Musik als eine primitive Art der Tonsprache beurteilt
und dementsprechend niedriger wertet. Persönlichkeiten, die, wie der Engländel"
Ha v e 11, den Geist der indischen Plastik, wie der Amerikaner Fe n 0 11 0 s a, der di",

96
altchinesische Kunst, Strzygowski in Wien, die den Ge.amtk.reis vorderasiati-
"her Kunst als Erlebnis empfunden und dem europäischen Fühlen nahegebracht
haben, finden einen Gegenpol nur in vereinzelten Erscheinungen, denen die Schön-
heit chinesischer Musik sich erschlossen hat, vor allem in dem Engländer Wes t-
ha r p, der in einer prachtvollen Rede - gehalten im W u-Pan College vor chinesi-
smen Konservatoristen - diese vor dem Eindringen europäischer Musik warnt.+
Es widerspricht der allgemein üblichen Phraseologie von der verbindenden Macht
der Töne, daß Musik, die scheinbar unmittelbar von Mensch zU Mensch spricht,
schwerer von Angehörigen fremder Kulturen verstanden wird, als Poesie. Sei es,
daß der Mensch den Sinn für die unmittelbare Übertragung des Seelischen in Töne
verloren hat, sei es, daß er niemals die Gabe besessen hat, unmittelbare Gefühls-
äußerungen, die einer fremden Sphäre entstammen, ohne Vermittlung des Wortes
oder der Anlehnung an Sichtbares zu verstehen, wir müssen die Tatsache als
gegeben hinnehmen, daß das Einfühlen in räumlich oder zeitlich fernerliegende
Musik auch dem willigen Ohre Schwierigkeiten bereitet. Es ist vielleicht schon ein
wichtiger Schritt in der Erkenntnis, dieser Schwierigkeiten sich bewußt zu sein.
So wie die Psyche des Orients uns trotz aller scheinbaren Kenntnis fremd und un-
faßbar ist, so ist uns auch die orientaliche, besonders die ostorientalische Musik in
ihren Voraussetzungen psychisch derart entrückt, daß es in absehbarer Zeit wohl
nicht möglich sein wird, qualitative Wert... und Schönheitsunterschiede im Sinne
der Orientalen an ihr festzustellen. Damit ist gesagt, was eigentlich selbstverständ-
lich sein sollte, daß wir mit unserer europäischen Ästhetik niemals imstande sein
werden, brauchbare Resultate in der Erforschung orientalischer Musik zU erzielen.
Die längste Zeit hindurch hat man aber nicht nur die orientalische Musik nach
den Regeln der europäischen zu beurteilen gesucht, sondern uns auch die orientali...
schen Melodien in europäischer Bearbeitung vorgesetzt, wodurch sie gänzlich ent. .
stellt wurden. Schuld an dieser Verirrung war die herrschende Kunstlehre, welche
die Vollendung und den Gipfel der Musik in den Werken der klassischen Periode
sah und alle andere Musik mehr oder minder deutlich als Vorstufe zu diesem
Höhepunkt oder als dekadente Nachfolge wertete. Eine Ästhetik, aufgebaut auf der
Lehre vom "Schönen", deren Verkünder sich das Urteil über Kunstwerke anmaßte,
der gleichsam die Künstler je nach dem Grade, nachdem sie seinem Geschmacke
entsprachen, mit guten oder schlechten Noten zensurierte, bedeutet den Gipfel
dieser europazentrischen Verblendung. Da waren intellektuell die Jesuitenpatres von
der Mission in Peking um 1770 doch weiter fortgeschritten. In ihren .Memoires
eoncernant l'histoire, les scienees, les arts ete. des Chinois 44 ist ein Band der Musik
gewidmet. Der Autor, M. Amiat, berichtet, daß er den Chinesen Klavierstücke von
Rameau vorgespielt habe, um den Eindruck zu beobachten, den diese Musik auf sie
.mache. Als er keinerlei Zeichen der Teilnahme bemerkte, fragte er nach der Ursache,
und einer der Zuhörer, der dem Hofstaate des Kaisers angehörte, erklärte ihm: .Die
Melodien unserer Musik dringen vom Ohr bis zum Herzen, vom Herzen bis zur Seele. Wir
fühlen sie, wir verstehen sie. Die Melodien, die ihr da spielt, bringen diese Wirkung
nicht hervor." Da Amiot von verschiedenen Seiten ähnliche Äußerungen hörte,
wuchs in ihm der Drang, die chinesische Musik von Grund auf kennen zu lernen.
So studierte er ihre musiktheoretischen Abhandlungen, deren es ein. große Menge
gibt, gründlich durch, und formte aus ihnen eine Darstellung, die ganz auf den
.. -Music: as a means of educ:ation. nThe Chinese Review" I. t Nr. 3.

97
Standpunkt der Chinesen eingestellt ist. Wie anders mutet dies an, als die ober-
flächlichen Äußerungen neuerer Forscher~ die der chinesischen Musik jeden Kunst..
wert absprechen wollen.
Damals gab es das Schlagwort vom "Fortschritt" noch nicht, das in unsere
ganze Wissenschaft einen so überheblichen Ton gebracht hat: dieses Wort konnte
erst in einer Zeit zur Geltung kommen, in der die Erhitzung an der Treibhaus-
wärme romantischer Ideen eine scheinbare Blüte der Geistigkeit gezeitigt hatte j eine
Erhitzung, die sich künstlich immer mehr steigerte, bis sie ZUr Weitkatastrophe
führte. Der Begriff des Fortschrittes wird in jede "Entwicklung" hineingetragen, so
daß - wie dies Theodor Lessing in seinem Buche "Europa und Asien" prägnant
formuliert - eine Untermengung von Tatsache und Wert, Wirklichkeit und Idee
eingetreten ist, aus der das europäische Denken nicht herausfindet.
Jedem, der vorurteilslos den Ablauf und die Folge von kulturellen Erscheinungen
betrachtet, ist es klar, daß der Zuwachs neuen Gehalts mit dem Verluste einer
gleichen Menge von Besitz verknüpft ist, daß bei Entwicklungen der Kunst eben-
soviel Altes verloren geht, wie Neues hinzukommt, daß es sich um keinen F 0 r t . .
schritt, sondern nur um eine Änderung handelt.
Ist dies anerkannt, dann wird man auch bei dem grundlegenden Unterschied,
der die orientalische und die abendländische Musik trennt, nicht die letztere höher
werten, sondern nur als anders geartet ansehen. Der Unterschied besteht darin, daß
die orientalische und früh mittelalterliche abendländische Musik einstimmig ist,
während die spätere abendländische Musik die Mehrstimmigkeit entwickelt.
Die orientalische Musik ist genötigt, den ganzen Ausdruck in der Linie einer ein-
zigen Melodie zu entfalten, während der abendländischen Musik die Möglichkeit gegeben
ist, durch Anwendung der Harmonie oder Belichtung der Melodie durch umgebende
Stimmen den Ausdruck auf diese Weise! zu vertiefen. Scheinbar wäre demnach die
abendländische Musik auf einer höheren Stufe der Entwicklung als die orientalische.
Was aber an Extensität die abendländische Musik durch die Mehrstimmigkeit
gewinnt, verliert die Melodie an Intensität. Die unendlich feine und subtile Melodik
des Orients mit ihren fast unhörbaren IntervalInuancen muß sich erst abschleifen, ver-
gröbern, um, sich mit anderen Stimmen und Harmonien zu verbinden, und wir
erleben es, daß die Melodik um so mehr an Individualismus verliert, je komplizierter
das zu ihr gehörende Stimmengewebe ist.
Stellen wir nun dner europäischen Melodie, z. B. dem Volkslied "Stille Nacht,
heilige Nacht", eine orientalischer etwa eine arabischer gegenüber. Wir sehen bei der
ersten einen streng symmetrischen, von vier zu vier Takten gegliederten
Aufbau, während bei der letzteren ein asymmetrisches, arabeskenartiges Fortspinnen
auffällt, das dort die reichste Ausgestaltung zeigt, wo es der Sinn des Textes er-
fordert. Nun läßt sich dieser Gegensatz aber nicht ohne weiteres auf die Formel
Europa . .Asien bringen; denn sieht man genauer ZUr so findet man, daß der Norden
Asiens mit Europa, und der Süden Asiens mit den Mittelmeerländern gleiche
Strukturbedingungen des Melodischen aufweisen. Man kann das Vorwalten eines
symmetrischen Aufbaues von den Chinesen, den nord . . und innerasiatischen Völkern
über Turkestan, nördlich des Kaukasus nach Europa verfolgen, während in Indien,
Persien, ganz Vorderasien und in den Mittelmeerländern, solange sie unter der
direkten Einwirkung des Orientes stehen, das Prinzip des Aneinanderreihens von
bestimmten Tonformeln herrscht. Die melodisch symmetrische Musik ist

98
auch rhythmisch symmetrisch, di~ melodisch asymmetrische Musik
auch rhythmisch asymmetrisch.
Diese Erscheinung hat eine auffallende Parallele in der bildenden Kunst, deren
Aufdeckung man Strzygowski in seinem grundlegenden Buche nAltai-Iran" ver-
dankt, und führt dazu, das ganze Problem kulturgeographisch zu fassen. Je niedriger
die Kulturstufe eines Volkes ist, desto geringer ist seine Kraft, ausg~d.hnte und
voneinander wesentlich variierende Melodien zu bilden. Einen bedeutenden Fort...
schritt über das erste Stadium bedeutet der Beginn eines symmetrischen Formens,
dessen höhere Stufen sich auch bei den Südvölkern zeigen, da ein absichtlicher Ver-
zicht auf Symmetrie in der Kunst undenkb .. ist. Die höchste Ausbildung hat das
symmetrische Schaffen dann in Europa erfahren. Man begann, immer größere
Melodiekomplexe einander gegenüber zu stellen, bis dieses Prinzip die Gesamt-
architektur der Form erfaßte.
In der südlichen Zone, in den großen Kulturzentren, wo der Drang nach Ver-
innerlichung das Aufkommen der großen religiösen und philosophischen Systeme
ermöglichte, hat auch die Musik ihre höchste Beseelung im ekstatisch erhobenen
Ausdruck gefunden. Sie folgt hier nicht mehr den formalen Gesetzen einer sym-
metrischen Ordnung, sondern entwickelt sich aus dem Sinn der Worte.
Wie in der bildenden Kunst die anthropomorphe Darstellung in ihren Linien
dem inneren Leben der Gestalten sichtbaren Ausdruck gibt und dort die Mittel
häuft, wo es der Inhalt erfordert, ebenso entwickelt die Musik der Südkulturen
dort ihre reichsten Melismen, wo es der Sinn der Worte fordert. Kamen nun an
den Kreuzungsstellen der Nord- und Südkulturen, im antiken Hellas, im früh-
mittelalterlichen Armenien, in Norditalien, in den Klöstern der Schweiz und der
Rheinlande die Melodien der Südkulturen in die Einflußsphäre nordländischer
symmetrischer Melodik, so konnten sie auch gegtn ihre ursprüngliche Natur sym...
metrisch abgeändert werden. Man darf aber nicht übersehen, daß diese Änderung
erst in fremder Einflußsphäre erfolgte und von der rhythmischen Bedingtheit der
orientalischen Melodien im Abendlande nicht auf eine ursprüngliche Bedingtheit
dieser Melodien durch ein festes rhythmisches System schließen.
Die orientalische Musik ist nichts Starres, sondern etwas Wandelbares, im steten
Flusse des Werdens und Vergehens Begriffenes. Vielleicht ist nirgends die Ver-
änderlichkeit und Elastizität der Melodie so weit gediehen, wie gerade im Orient,
wo der Sänger ständig bemüht ist, den Gesang zU variieren und der kunsterf.hrene
Inder oder Armenier kaum zweimal dasselbe Lied ganz gleich wiederholen wird,
weil ihm die genaue Wiederholung als Erfindungsarmut vorkommen würde.
Wir, die gewohnt sind, jedem Tone einer Melodie unwillkürlich eine Harmonie
unterzulegen, können uns unmöglich mehr ganz in eine Musik einleben, der der
Begriff der Harmonie fehlt, deren Melodik sich rein in der Zeit entwickelt und den
Begriff der Koexistenz anderer Töne in bezug auf die Melodie nicht kennt. Wir
müssen aber wenigstens das Phänomen der für sich bestehenden, unbeglciteten
Melodien zu verstehen suchen und werden, je mehr wir sie kennen lernen, desto
größere Schönheiten entdecken. Es enthüllt sich eine Kraft, das Grandiose mit
den einfachsten Mitteln ausdrücken, die erschütternder wirkt als der größte Aufwand.
Und hinter allem steht das unfaßbare Geheimnis der asiatischen Seel~, di~ di~se
Melodien entstehen ließ.
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99
9!J es 0 ITderer 1ei/
TSCHECHISCHE MUSIK
m+
Jos. B. Foerster
Von Dr. Zdenik Nejedly, Prag
Im schönen, fruchtbaren Jiciner Kreis, malerisch auf eine Anhöhe hingebettet,
liegt ein kleines, stille. Dorf. Hinter den vielen buschigen Bäumen, der charakteri-
stischen Zier der böhmischen Dörfer, ist es fast nicht zu sehen. Nur der schlanke,
weiße Kirchturm leuchtet froh ins Land. Neben der Kirche steht das Schulgebäude.
Darin ist einst vor etwa hundert Jahren ein junger Lehrer und begeisterter Musikant
eingezogen - Josef Foerster. Da. war einer jener so zahlreichen böhmischen Schul-
meisterlein, die, wie die echten .böhmischen Musikanten", mit ihrer ganzen Seele
im stillen der Musik lebten. Er unterrichtete die Kinder, unterrichtete sicher gut,
aber sein Allerhöchstes war doch nur das Musizieren in der Kirche, an den großen
Feiertagen, zur Auferstehung, zur Mitternachtsmesse. Er war wissensdurstig und
ehrgeizig, wollte aus seiner engen Umgebung heraus. So beschaffte er sich die
Werke der allerersten Meister, Haydn, Mozart und Beethoven und führte sie
auf seimm bescheidenen Chore auf, so gut er es konnte und so gut es eben ging.
Das war der Großvater Jos. B. Foersters, aber mehr noch: das war das Musikanten-
prototyp der Familie Foerster. Auf der einen Seite der typische, einfache, schlichte
Landbewohner, auf der anderen Seite der feurige Musikant, den es zu den höchsten
Höhen der Kunst hinaufdrängte. Sein Sohn, ebenfalls Josef Foerster, hat nach ihm
das gleiche, im Geschlecht wurzelnde, grundlegende Streben geerbt, aber als Professor
de. Konservatoriums und Kapellmeister am St. Veitsdome auf der Prager Burg hat
er in der zweiten Richtung den ersten Josef Foerster schon weit überholt. Und
dasselbe gilt schließlich auch wieder vom dritten, unserem Josef B. Foerster, in
dem jene Familientradition zur Blüte gelangt. Auch seine Persönlichkeit und seine
Arbeit stellen eine bewunderungswürdige Synthese zwischen eigenartiger Einfachheit
des Gefühls und der Vorstellung einerseits und höchster künstlerischer und geistiger
Kultur anderseits vor, und nur, wer alle diese Momente berücksichtigt, wird der
eigen-, ja einzigartigen Erscheinung dieses Künstlers ganz gerecht.
Jos. B. Foerster wurde am 30. September 1859 zu Prag geboren; seine Jugend-
zeit verlebte er im schlichten, aber traulichen, durchsonnten Hause seiner Eltern.
Hier teilte sich ihm auch gleich die ganze Tradition des einfachen böhmischen Schul-
meisters mit, wie sie sich in seiner Familie schon durch Jahrzehnte abgelagert hatte.
Seines Vaters Pflichten als Orgelspielet machten ihn selbst, da er noch ein Kind
war, mit der Kirche vertraut, mit jenen geheimnisvollen Stimmungen und besonderen
Eindrücken, deren nur wieder Kinder von Organisten teilhaftig werden, die am
Chor droben bei der Orgel aufwachsen, als wäre dort ihr zweites Zuhause. Daneben
aber unterhielt sein reger Verkehr mit dem Lande wieder lebhafte Vorstellungen
+ Siehe auch 1. Jahrgang, Nummer 2, 3, 4.

100
in ihm von der Natur dort draußen, dem Leben, das so schön ist, weil es sich
scheinbar so einfach und geordnet vollzieht, von dem Treiben und Leben der
Bewohner jener schlichten, trauten Behausungen; und so wuchs der junge Künstlert
obschon er in Prag lebte, gleichsam mitten in der Natur und unter dem Landvolke
auf, während ihm wieder Prag selbst die Möglichkeit bot, in alle Gnaden der
neuesten und verfeinertsten Kultur einzudringen, eine Möglichkeit, die seine durstige
Seele mit Inbrunst aufgriff. Seine Wissensgier ließ nichts unbenutzt, was ihm hätte
den Weg zur höheren Geisteswelt öffnen können. Durch sein Mittel, und Hochschul,
studium erwarb er sich einen weiten Überblick über das Gebiet der Geisteskultur, sein
eigenes Denken verfeinerte er, indem er es mit der Subtilität dieser Kultur in Einklang
brachte, insbesondere aber machte er sich eine künstlerische Kultur zu eigen, und
zwar sowohl auf dem Gebiete der Literatur, deren feiner, genauer Kenner er gar bald
geworden ist, als auch auf dem der Malerei, zu der er sich eigens hingezogen fühlte.
Im gleichen Maße schritt freilich zur selben Zeit auch seine musikalische Aus'
bildung fort, entwickelte sich sein Komponistentalent. Durch Familientradition für
die Musik gewissermaßen schon vorbestimmt, war er Musiker schon als Kind. Seine
schulmäßige Ausbildung erfuhr er an der Prager Orgelschule, derzeit noch der
einzigen öffentlichen Kompositionsschule, aber weit mehr noch bewirkten die
persönlichen Eindrücke, die sich seine Seele aus der Kirche, aus dem Theater und
den Konzerten zusammentrug, in die ibn sein Vater in weiser Absicht mitzunehmen
pflegte. Hier taten sich ihm ganz neue Welten auf; mit heiliger Ehrfurcht schaute
er in sie hinein, einesteils fürchtend, sich ihnen ganz zu nahen und doch wieder
mit unwiderstehlicher Gewalt zu ihnen hingezogen. Dann begann er selbst zu
komponieren und damit war auch schon sein Schicksal entschieden. Alles trat
fürderhin in den Hintergrund vor diesem Durst der Seele, Eindrücke zu empfangen
und in Werke umzusetzen.
Und sie sang immer schöner, immer i'nniger, aber auch immer freier und kühner;
zunächst versuchte sie sich nur an kleineren Kompositionen, zumeist Liedern und
Klavierstücken, aber bald schon spannte sie ihren Flug höher: Foerster komponierte
sein erstes Klaviertrio, mehrere Kammermusikstücke, hernach schon symphonische
Werke und schließlich, ein Dreißigjähriger, sein erstes Musikdrama. Von da an
eroberte er sich schon ein Gebiet nach dem anderen, ein jedes mit seiner ganzen
Persönlichkeit und Kunst erfüllend, seinen Werken immer kühnere, immer inhalts-
schwerere Gestalt verleihend. Dem entsprechend vertieft sich auch sein Denken und
seines Denkens musikalischer Ausdruck. Seine Arbeiten miteinander vergleichend
kann man leicht die immerfort sich steigernde Verfeinerung der Gedanken verfolgen,
man sieht, wie sie immer edler, schürfender, biegsamer werden und wie sich dies
nicht nur in den Linien des musikalischen Gedankens, sondern auch in seiner ganzen
Technik widerspiegelt. Von seinen ersten schlichten Liedern zu den nNachtviolen"
etwa führt eine geradezu überraschende Entwicklung, die aber keineswegs etwa nur
in einem gesteigerten Streben nach Raffiniertheit und technischer Fertigkeit zum
Ausdruck kommt, sondern vielmehr ein ~atürliches Ergebnis der Entwicklung seines
musikalischen Denkens vorstellt.
So erkämpft sich also der Sprosse eines alten Musikantengeschlechts den höchsten
Gipfel der heutigen europäischen Kunstkultur. Schon darin liegt sicher eine Gewähr
dafür, daß in ihm eine ungewöhnliche Lebens . . und Schaffensenergie am Werke
ist, und zwar eine, die sowohl seiner Familie, wie ihm persönlich gehört. Es ist

101
ja überhaupt etwas Eigenes um die Energie der Angehörigen eines kleinen Volkes,
mit der diese um den Besitz der WeltkuItur kämpfen. So vielerlei Hindernisse
stellen sich ihnen in den Weg; aber die schrecken sie nicht nur nicht ab, sondern
steigern noch ihre Kühnheit und ihren Willen, der nicht erlahmt, bis er am Ziele
steht. In der böhmischen Musikkunst ist hiefür Smetana ein bedeutsames Beispiel
und F oerster geht Smetanas Weg: er lebt wohl in der böhmischen Gedankenwelt,
spricht aber als Künstler zu der ganzen Welt und daher auch in der entwickeltsten,
reichsten Sprache unserer Zeit.
Wie bei jedem wirklich erschaffenden, gebenden Künstler liegt auch bei Foerster
der Schwerpunkt seiner Kunst in dem, was er uns in ihr über sich selbst mitteilt.
Und davon gibt es bei ihm ungewöhnlich viel. Schon allein das, daß sein Ich mit
jedem seiner Werke· untrennbar verquickt, mit dem unansehnlichsten ebenso wie
mit dem bedeutendsten durchaus verwoben ist, beweist, daß wir es hier mit einer
ganz ausgesprochenen und ungewöhnlich starken Persönlichkeit zu tun haben. Nicht
allein seine Lieder, seine Kammermusik und seine Symphonien, sondern auch seine
dramatischen Werke sind eine Art Paraphrase über seine eigene Person; sein Geist
ist so erfüllt von seiner, seiner ureigensten Welt, daß er von ihr auch in einem
so objektiven Kunstwerk, wie es das Drama ist, nicht loskommt, sondern auch so
ein Werk mit seinem persönlichen Gedanke~.. und Gefühlsmaterial ausbaut. Wenn
man also der Kunst Foersters schlechtweg näher kommen will, dann muß man
vor allem in diese seine persönliche Welt Einblick zu gewinnen trachten, vor
allem sie zu verstehen versuchen; dann wird bei der Klarheit und Ungekünsteltheit
seines musikalischen Ausdrucks jedem sicher auch gleich seine Kunst, sein Schaffen
verständlich sein. Ich will im folgenden, gestützt auf meine Kenntnis der Werke
Foersters, versuchen, wenigstens die wichtigsten Punkte dieser seiner eigenartigen
Welt herauszuheben.
Wenn bei irgendeinem der gegenwärtigen Musiker die alte Definition "Musik
ist die Sprache des Gefühls" zutrifft, dann sicher bei Foerster. In dieser Bestimmung
der Musik erkennt Foerster ihren einzigen Sinn und deshalb ist auch seine Welt,
die Welt des Musikers Foerster, eine reine Gefühlswelt. Der Verstand, der Gedanke
veredeln, verfeinern, vertiefen bloß das Gefühl, oder, wenn man so sagen darf, sie
machen das Gefühl noch empfindsamer; der Musiker erfaßt selbst das Reale mit
dem Gefühl. Will man also seine Kunst verstehen, muß man notwendiger Weise
sein in ihr enthaltenes eigenes Fühlen verstehen, das heißt nachempfinden. Dieses
Fühlen ist aber bei Foerster ganz konkreten, bestimmten Inhalts, es heißt: li e ben.
Die Musik ist für ihn nichts anderes als die wunderbare Sprache der Liebe, die
Sprache zwischen Liebendem und Geliebtem. Liebe ist die höchste, ja die einzige
Schöpferkraft der Menschenseele. Liebe ist das höchste Glück, dessen der Mensch
fähig ist. Das ist die Grundlage, sind die psychologischen Voraussetzungen des
gesamten Foersterschen Schaffens. Nur im Wert der Liebe spiegelt sich der Wert
des Lebens. Damit ist aber auch schon gesagt, daß die Liebe Foerster mehr bedeutet
als ein bloßes menschliches Gefühl, mehr als einen bloßen Trieb, ja daß sie ihm
die höchste Macht der Welt vorstellt und er daher auch in ihr nicht allein eine
Gnade, Freude, Tröstung sieht, sondern geradezu eine Erscheinung von meta"
physischer Bedeutung, vor der er sich demütig und gläubig beugt. Deshalb ist
Foersters Liebe auch wieder ein sehr inhaltsreicher, vielumfassender Begriff und
deshalb zielt auch das Bestreben des Künstlers Foerster dahin, in seinen Werken

102
auf die verschiedenste Art wenigstens die Grundzüge dieser erhabenen, allmächtigen
Kraft zu erforschen und zu erfassen.
Ihren ersten, natürlichen, elementaren Ausdruck findet seine Liebe in der Ye r. .
ehrung der Frau. Die Frau ist von Natur aus das Symbol der Liebe; die Frau
lieben, heißt daher, das Gesetz der Liebe erfüllen. Aber selbst hier ist schon Foersters
Liebe mehr als eine Freude, eine Lust der Sinne. Leidenschaft ist nicht der Gipfel-
punkt der Liebe, ist vielmehr überhaupt keine Liebe; selbst da muß die Liebe
unendlich viel mehr sein als eine bloße Befriedigung der Sinne. Deshalb sieht auch
Foerster in der Frau nicht immer nur die Geliebte, sondern vor allem die Mutter,
Schwester, den Mittelpunkt der Familie, kurz das vielfiltige Objekt gerade der
tiefsten, edelsten Liebe. Und gerade jene seiner Werke, in denen diese Art der Liebe
zum Weibe zum Ausdruck kommt, sind künstlerisch die wertvollsten, kostbar
auch um ihrer Seltenheit willen. Kaum einer der heute lebenden Musiker vermag
wie Foerster die Liebe zur Mutter so innig, so ergreifend und dabei in immer und
immer neuer Gestaltung auszudrücken. Er selbst hat seine Mutter, an der er mit
seltener Inbrunst gehangen, verloren, als er kaum erst an der Schwelle des Jünglings...
alters gestanden j so behielt seine Seele nUr ein verklärtes, seltsam leuchtendes Bild
von ihr, das er nun in seinen Werken immer wieder wachruft. Vielleicht noch
kostbarer, noch bewunderungswürdiger aber ist der Ausdruck, den er in seiner
zweiten Symphonie für seine Liebe zur verstorbenen Schwester findet; denn da,
meinte man, geht es um ein viel zu unbestimmtes, unbestimmbares Gefühl, als
daß es musikalisch wiedergegeben werden könnte. Aber F oerster gelang es, auch
für dieses einen ungewöhnlich klaren Ausdruck zu finden, ohne indes die Kraft
dieser Liebesäußerung irgendwie abzuschwächen. Und in dieser Art ein letztes,
höchstes; Foersters Kunst, die Schönheit der Heim a t vorzustellen und seine
Sehnsucht nach ihr. Das sind geradezu zauberhafte Bilder intimer Wärme und
trauten Glücks, die er uns da mit seinem Gefühl vorführt, besonders in den Liedern.
Und all diese wärmende Glut scheint gerade aus der Gegenwart der Frau aus-
zustrahlen, aus dem Brennpunkt und Sinnbild des Foersterschen Heims.
Die Natur ist ein weiteres, bereits metaphysisches Objekt der menschlichen
Liebe. Darum ist Foersters Natur ganz anders als die materielle, die wir sehen.
Ihm handelt es sich niemals um ein bloßes Beschreiben der Natur, ihrer Gestalt
an und für sich, sondern immer um den Menschen, aber eben jenen Menschen, der
in der Natur steht. Wer so ganz erfüllt ist mit Liebe, dessen Sehnen kann auch
die Liebe zum Menschen nie ganz stillen; er wird notgedrungen der Fessel der ihn
umgebenden Menschen zu entfliehen trachten. Deshalb flieht er in die Natur, die
vollkommener, stärker und reiner ist als die menschliche Gesellschaft und sucht in
ihr seine Ruhe. Er trägt sein eigenes Leid in sie hinein, vertraut ihr es an und
findet in der Vereinigung ein neues, reineres Glück. Deshalb muß auch Foersters
Natur eine andere sein, als die der Naturalisten. Er sieht in ihr nicht allein die
strahlende, durch ihre heitere Klarheit erfreuende und tröstende Sonne, noch auch
wieder nur die wilden Stürme, das angenehm Reizende und Aufregende. Seine
Natur ist erfüllt von ernsten, gewichtigen Gedanken, die der Mensch in sie hinein-
getragen hat und deshalb sieht er sie auch in diesem Lichte. Er liebt den Frühling,
das Aufjubeln der Natur, aber er liebt sie zu tief, als daß er sich von einem nur
ein Weilchen währenden Genusse sättigen ließe und nicht sähe, daß der Lenz
vergeht und mit ihm die Jugend, die Lebensfrische und Schönheit der Natur. Er

103
liebt auch die Schwermut der Natur, ihre düsteren, regenverhängten Tage, ihr
herbstliches Verdämmern, ihre schweren, schwarzen, nächtlichen Schatten, er liebt
sie, weil die Natur in dieser Gestalt vielleicht dem Menschen gerade am nächsten
steht. Das sind auch die kostbarsten Äußerungen Foersterscher Lyrik, diese seine
Lieder von düsteren, melancholischen Herbsttagen, da der Regen an die Fenster
klopft und es in den Menschenherzen dennoch so warm ist ...
Zur Natur, wie sie Foerster sieht, gehört aber auch der Mensch, der in ihr, mit
ihr lebt, ein Teil bildet ihrer selbst, der Landbewohner. Mit ihm verknüpfen
Foerster besondere Bande des Gefühls, denn niemals ist in ihm das Bewußtsein
erloschen, daß er selbst durch seine Vorfahren, die in ihm weiterleben, zu diesen
schlichten Leuten gehört. Und auch das ist gerade heute eine seltene Erscheinung,.
denn unsere heutige Kunst hat schon fast ganz ihre natürliche Beziehung zum
Lande verloren und dieses selbst durch das gekünstelte Gebilde der städtischen
Gesellschaft ersetzt. Nicht so Foerster. Aus allen seinen Werken, auch aus den
hinsichtlich geistiger Kultur aller zartesten, verfeinertsten, spricht ein bewunderungs...
würdig schlichter Geist, nämlich einer, der klar und rein zu denken und fühlen
vermag und dem Kultur nicht das Gegenteil bedeutet von Einfachheit und Volks-
tümlichkeit, sondern gerade beider höchste Steigerung. Aber auch inhaltlich ist
Foersters Verhältnis zum Lande so schlicht und schön. Das äußert sich am stärksten
in seinen Männerchören, aus denen uns so oft unmittelbar der Ton des Landes, des
Landlebens entgegenklingt. Freilich ist auch dieses Leben bei ihm immer ernst,
gewichtig, so wie die Natur selbst; er sieht ja nicht das Land mit den Augen des
genießenden Städters, sondern fühlt mit ihm und seinem eigenartigen Leben und
deshalb sieht er nicht nur die helle, fröhliche Seite, aber weit mehr, eben die
Sc h wer e des Lebens, das, sich am Lande erfüllt. Gewichtig wie die Arbeit, die den
Boden fruchtbar macht und dem Landmann harte. ernste Runen ins Antlitz schneidet,
ist auch diese Kunst Foersters, ob sie sich nun im kleinen Lkde oder im großen
Drama äußert. Seine große Liebe gerade zu diesem Leben bekundete und gestand
Foerster in seinen ersten zwei Opern, der "Debora 14 und I1Eva u ein; heide stehen im
scharfem Gegensatz zu seinen anderen bunten, hellen Bildern, beide sind schwere,
verinnerlicht-ländliche Tragödien, aber auch wieder nicht ländliche Tragödien im
gangbaren naturalistischen Sinne, der Foersters sensiblen Seele ganz fremd ist,
sondern deshalb, weil er in ihnen das Leiden dieser schlichten Männer und Frauen
aufdeckt und klarlegt, wie diese Seelen leiden können, leiden müssen, eben weil
sie so schlicht sind, weil sie nicht die vielen Möglichkeiten und Arten der Ablenkung
kennen, über die die Städter, die durch Kultur wissend Gewordenerl, verfügen.
Daher auch die Kraft der Foersterschen Musik, die gerade in dieser Welt ganz
besonders eigenartig, besonders zwingend ist.
Und endlich: Go tt selbst ist der dritte und höchste Träger der Liebe in Foersters
Kunst. Hier wirkten wieder alte Familientraditionen und auch die eigenen unaus'"
löschlichen Eindrücke aus der Kinderzeit mit: so ein Schulmeisterkind fühlt sich
Gott so naiv nahe, daß es sich ihm mit der ganzen Inbrunst seiner kindlichen,
gläubigen Seele zugesellt. Und dieser Zug ist Foerster schon geblieben; mag auch
Gott seiner Seele späterhin etwas anderes bedeutet haben, als er ihr in der Kinder-
zeit bedeutet hat; er blieb für sie der reinste, erhabenste Geist, der der größten
Liebe fähig ist und bei dem wir daher in den schmerzlichsten Stunden Zuflucht
suchen. Was kann uns mehr in unseren Leiden trösten, als die Gnade, uns über-

104
unser eigenes, armes Ich emporheben und unser Leid geradewegs in jene Unend-
lichkeit ausströmen lassen zu dürfen. die über uns schwebt und in der unser aller..
größter Schmerz zu einem Nichts dahinschmilzt ? Das ist der Sinn der Foersterschen
Gebete; sie sind gleichermaßen gotterfüllt, wie menschlich, denn ihr Gott ist die
Liebe und die ist menschlich.
So gestaltet ist Foersters Welt, wie sie sich seine Seele mit ihrem Fühlen,
ihrer Liebe selbst gestaltet hat. Sie ist somit auch eigentlich gar keine körperliche,
wirkliche Welt, eher nur ein Märchen, ein Traum. Traum einer Liebe, Traum
eines Glücks, Traum einer Schönheit - das ist der Sinn und Inhalt Foersterscher
Kunst. Deshalb entfernt er sich auch immer mehr von der Realität. Auf dem Gebiete
der dramatischen Dichtung schreibt er nach den ländlichen Tragödien "Debora" und
"Eva" seine märchenartige Oper "Jessika / , um sich etwas später in den ",Übet..
windern " ganz der Erinnerung an die Liebe hinzugeben, der Kontemplation, wie
Liebe war, ist und sein wird; in der symphonischen Dichtung geht er nach den
realen Werken, die seine Jugend, seine Mutter, Schwester zum Motiv hatten, über
den märchenartigen "Cyrano U hinweg ganz in die Welt seiner gefühls.- wie
verstandesmäßigen Fiktionen ein, aus denen sich wieder als das Gewaltigste, Groß ..
artigste, sein teurer Gott erhebt (vierte Symphonie). Und ebenso ergeht es ihm in
den Liedern, Klavierkompositionen und Kammermusikwerken. Uberall entführt ihn
seine Liebe aus der realen Welt in eine reinere, vergeistigtere, verklärtere, in eIne
Welt, in der nur mehr eine Macht herrscht - die Liebe.
Mit dieser Erkenntnis im Herzen müssen wir uns Foersters Kunst nahen. Wir
dürfen nicht meinen, daß uns alle ihre Schönheit gleich auf den ersten Blick offenbar
werden müßte. Dazu ist seine Welt viel zu zart und inhaltsreich, als daß man sie
gleich verstehen könnte. Aber einmal so weit gelangt, wird sich jeder reich belohnt
fühlen, denn dann wird ihm jedes der Foersterschen Werke eine Bereicherung
des eigenen Ich bilden, einen Zuwachs, dessen er sich nie mehr wird entschlagen
wollen. Und gerade die lyrischen Werke dieser großen Sammlung, die vokalen
sowohl, wie die instrumentalen, sind besonders wert, zum Verständnis einer so
reinen, idealen Kunst herangezogen und studiert zu werden. Ob wir uns nun in
die "Leuchtenden Tage U verschauen, in dieses wundervolle Bild des sinkenden
Abends mit seiner Sehnsucht nach Heim und Glück,seiner stillen Melancholie und
dem Zauber des schweigsamen Verstehens ; oder in den folgenden, noch subtileren
Zyklus .Frühlingsnachtstraum", der schon ganz zum reinen Äther zu entschweben
scheint, oder etwa in die "Nachtviolenll , die den großen Zyklus "Eine Liebe u ab . .
schließen, das Gesamtgemälde des Foersterschen lyrischen Mikrokosmos; ob wir
den .Träumereien" nachgrübeln, Klavierstücken, die zugleich Liebesgedichte sind,
oder den "Impressionen", die ebenfalls in das Reich der Träume gehören; oder ob
wir uns in die einschmeichelnde Lyrik seiner Opern hineindenken - immer wird
uns da soviel Schönes, soviel Reines und Lauteres entgegenkommen, daß wir selbst
immer und immer wieder zu diesen Bildern zurückkehren werden. Und dann
.... erden wir auch ihn selbst lieben lernen, diesen seltenen Künstler, der sein Leben
lang immer nur die Liebe besungen hat und der seinerseits auch von denen, für
die er .ang, nichts mehr verlangt, als - Liebe. (Übersetzt von A lf red S cjh e b e k)

" "
105
FRANZ SCHREKER: "DER SCHATZGRÄBER"
(Uraufführung im Frankfurter Opernhaus)
Von Paul Bekker, Frankfurt
Wt!nn die Zeichen nicht trügen, so ist die Opernliteratur wieder um ein Werk
reicher, das nicht nur als starker äußerer Erfolg zu buchen, sondern darüber hinaus
als gattungbestimmend anzusehen ist. Der Weg fort von der kultmäßigen Auf,
fassung des Musikdramas im Sinne Wagners, zurück zur 0 per mit ihrem Rausch von
Musik und Sonnenfreude, mit all ihrer unlogischen Unwirklichkeit, der spielerischen
Phantastik ihres Geschehens, der Freude am bunten Wechsel der Bilder, des
Verlaufes auf rein gefühlsmäßig musikalischem Boden, dieser Weg, den die Italiener,
die Jung&anzosen, d' Albert, zuletzt Richard Strauß zu bahnen versucht haben - er
ist gefunden. Nicht wie bei den Italienern und d' Albert durch Hereinziehung grob
sensationeller Theatralik, nicht wie bei Strauß,Hofmannsthal durch literarisch ästhe'
tisierende Spekulation. Gefunden vielmehr ausschließlich aus einer musikalisch wie
bühnensinnlich gleich starken schöpferischen Kraft, der es gegeben war, alle An'
regungen und tastenden Versuche dieser Zeit fest, mit genialem Zugriff, zusammen ..
zufassen, aus ihnen ein neues, eigenes dramatisches Gebilde von ursprünglicher Per..
sönlichkeitsprägung zu gestalten. Es mag übertrieben und gefährlich scheinen, dies
auszusprechen und doch muß es gesagt werden: das Schaffen Franz Schrekers mit
dem "Schatzgräber U als einstweiliger Spitze bedeutet nicht nur die eigenkräftigste
Kundgebung musikdramatischen Ausdrucks- und Gestaltungsvermögens unserer Zeit.
Es stellt zugleich eine Wende dar in der Geschichte der deutschen Oper, den ersten,
ganz starken, ganz gelungenen schöpferischen Durchbruch durch den lastenden Bann
der musikdramatischen Gesetzgebung Wagners, frei von Epigonentum, bei aller un,
verkennbaren Anlehnung an geschichtlich Gewordenes, bei aller durchscheinenden
Bezugnahme auf Zeitgenössisches doch selbständig, eigen gewachsen, neu. Es sind
di e Opernwerke unserer Zeit und wir wollen nicht ängstlich das Risiko scheuen 1

uns heute schon vorbehaltlos zu ihnen zu bekennen, zu sagen, daß sie über die
unbestreitbare Gegenwartswirkung hinaus die stärkste Zukunftsverheißung in sich
tragen, die uns bis jetzt von der Bühne her erklungen ist.
Man hat in Frankfurt das Werden und Ringen Schrekers von seinen Anfängen
her verfolgen können und es wird für immer ein Verdienst der Frankfurter
o pe,. bleiben, Schreker stets, auch in Augenblicken der Gefahr, gestützt, nicht nach
augenblicklichem Erfolg oder Mißerfolg gefragt, den Glauben an ihn und seine
Kunst bewahrt zu haben. Den Beginn machte der "Ferne Klang", ein kraftgeniali,
sehes Jugendwerk, roh und unfertig in manchen Einzelheiten und doch als Ganzes
ein Wurf von solcher Kühnheit des Ausmaßes, daß die Berufung seines Schöpfers
schon damals außer Zweifel stand. Es folgte "Das Spielwerk und die PrinzessinIl
- in der ersten, seither umgearbeiteten Fassung ein Fehlschlag nach außen, der
entwicklungsmäßigen Bedeutung nach als dichterische und musikalische Konzeption
die Grundlage für alles Kommende, das innere Sichfinden der Persönlichkeit, das
Abstecken des eigensten Schaffensgebietes. Die "Gezeichneten" endlich, das dritte
Werk, schlugen durch, _gewannen die Masse, weckten unter den Musikern ebenso
heftiges Für wie Wider, zwangen zur Stellungnahme. Die mächtige, gelegentlich
bis zu schmerzhaft,brutaler Sinnlichkeit sich steigernde Expansivkraft des musik.,

106
lischen Ausdruckes, die packende Drastik des Bühnengeschehens stellen schon dieses
Werk als Totalerscheinung außerhalb der Reihe zeitgenössischer Opernproduktion.
Eine neue, von Gesetzen besonderer Art erfüllte Gefühls' und Vorstellungswelt tut
sich auf, fesselt, überredet - so sehr auf der andern Seite die Bezugnahme nament..
lieh auf Puccini in der musikalischen Faktur, manche Unklarheiten der dichterischen
Behandlung noch Widerstände oder doch Bedenken wecken. Nun kommt der
"Schatzgräber" und mit ihm die schwerste Probe, die Antwort auf die Frage,
ob alles Vorangehende nicht doch vielleicht nur jugendliche Kraftentladung eines
üppig phantastischen Temperamentes ohne tiefer wurzelnde Eigengesetzlichkeit, ob
das Bisherige nicht doch nur ein schöner, farbiger Sinnenrausch, ein jähes Auflodern
sei, dem ein langsames, formalistisches Verglimmen in Routine folge. Die
Antwort ist gegeben: dieser "Schatzgräber" ist die erste, ganz reife, reine, untade ...
lige Meisterpartitur Schrekers, ein Werk, das als Dichtung wie als Musik wohl un,
zweideutig die bisherige Bahn weiterschreitet, aber doch wieder ganz neue Kreise
erschließt, Erfindungs' und Gestaltungsvermögen auf seither unerreichter Höhe zeigt
und in den Mitteln wie in der tiefgreifenden seelischen Kraft seiner Wirkungen
sich außerhalb des Streites der Meinungen stellt. Es bezwingt und schlägt nieder.
Von hier ab gibt es keine "Frage Schreker u mehr, nur noch eine Tatsache.

, Wie stets ist Schreker auch hier sein eigener Textdichter - sofern man bei ihm,
dem musikalisch wie dichterisch gleich intensiv Empfindenden überhaupt eine äußere
Trennung von Wort und Klang vornehmen kann. In Wahrheit wächst beides zu-
gleich aus dem geheimnisvollen Boden einer einzigen Vision, die Musik gebiert die
figürliche Erscheinung der Handlung, wie diese wiederum Ton und Melodie in sich
trägt. In einer anspruchslos geschriebenen, im Ietzterschienenen Heft der Zeitschrift
nFeuee' veröffentlichten Skizze nÜber die Entstehung meiner Opernbücher." erzählt
Schreker die Vorgeschichte des I,Schatzgräber u .. Entwurfes. flIeh bewohnte vor einigen
Jahren mit meiner Familie ein kleines Haus im Semmeringgebiet. Das gehörte
seltsamen Leuten. Sie waren weit gereist und hatten sich aus aller Herren Länder
alles Mögliche zusammengetragen. Da gab es ein altfränkisches, ein persisches, ein
türkisches Zimmer, eine mit allem möglichen phantastischen Kram, ausgestopftem
Tierzeug angefüllte Jagdstube in der Mansarde - doch das Reizvollste waren zwei
Siebenbürger Bauernzimmer im Erdgeschoß. Mit einem jener riesigen Öfen, die
verwachsen schienen mit einer anheimelnden Ofenbank, wundervollen Schränken,
an den Wänden verstreut uralte Waffen, Gewänder, Kostüme in grellen Farben, ge. .
trocknete Maiskolben, Zinngeschirr, Krüge, Teller und ein Schrank, aus dem
glitzerte zwischen vergilbten Schleiern und Brautkränzen Schmuck aller Art. Wir
saßen - es war spät abend" - alle um den Tisch, das flackernde Licht der Kerzen
eines eisernen Kronleuchters gab dem Raum etwas gespenstisch Mittelalterliches.
Und herein trat ein junges Mädchen unserer Bekanntschaft in gewollt phantastischem
Kostüm, eine Laute, von der viele bunte Bänder flatterten, im Arm. Sie sang mit
leiser, rührender Stimme alte deutsche Volkslieder, vergessene Balladen. Es kam
eine seltene Stimmung über uns alle ... ich selbst blickte durch Tränen wie durch
Kristall: die Stube wurde zur Szene. Das Mädchen - sie hieß Else - wandelte
sich seltsam. Die Laute prangte in den Händen eines schönen Jünglings, die Helle. .
barden an den Wänden bekamen Träger, die Zinnkrüge füllten sich mit schimmern. .

107
dem Wein, und aus dem Schrank gleiste in überirdischer Pracht ein königlich Ge-
schmeide. In dieser Stunde ward mir die ganze Handlung meiner Oper ,Der Schatz.-
gräber'. U
Die "ganze Handlung" - sie ist auch wirklich in diesen Worten, in dieser Er-
zählung, in dieser Szenenstimmung gegeben. Aus Musik steigt ein Märchentraum
auf und löst sich wieder zurück in Musik. Das ist eigentlich alles, das andere ist
szenisches Gleichnis, das über das sinnlich Erschaubare, begrifflich Faßbare hinweg
die Phantasie in ferne Gebiete des Traumlebens lockt. Da ist kein konstruiertes
"Prinzip", keinerlei logisch präzisierbare "Idee'"' im vulgären Sinne, keine Philoso ...
phie, keine bewußt hervorgehobene "Bedeutung". Und doch - und dies nun ist
die Kunst - reizt und zwingt dieses Geschehen, täuscht den Zuschauer in den
Bann einer Handlung. Der Jüngling wird zum Sänger, dessen Zauberlaute - wie
einst das "Spielwerk" - ihn dem profanen Auge unerschaubare Schätze finden
läßt. EHs, der Seher, trägt in sich die Verheißung des Künstlers, der das welt-
entschwundene Traumreich des Märchens im Schaffen zur Wirklichkeit werden zu
. lassen vermag. EIs aber - gleichfalls vorgeahnt in der nPrinzessinu sucht ihn in
ihren Wünschen. In triebhaftem Drang verschafft sie sich den königlichen Zauber-
schmuck, der Jugend und Schönheit gibt. Ein Dämon treibt sie, vor keinem Mittel
scheut sie zurück, sie spannt die Männer in ihren Dienst, um ihr den Schmuck
stückweis zu beschaffen und läßt sie heimlich umbringen, wenn sie den Lohn
fordern. Elis aber, der Erste, den sie liebt, verläßt sie, als er das Geheimnis des
Schmuckes erfährt, den für die Königin wiederzufinden er ausgesendet wurde. Und
hier setzt eine der schönsten Eingebungen Schrekers ein: die Gestalt des Narren,
des Gegenspielers von Elis, der Eis gleichfalls liebt, ihr im Glück aber fernstehen
muß, nun, im Unglück, sie mit Einsatz seines Lebens schützt und bei ihr bleibt.
Mit ihm zieht die büßende Eis in die Einsamkeit und hier findet der nach Jahres-
frist zurückkehrende Elis die Sterbende wieder. In einer visionären Märchenerzäh-
lung von ergreifender Phantastik - sie erinnert in der Idee an Peer Gynts Erzäh-
lung bei Aases Tod - klingt das Werk verklärend aus:
"Prinz und Prinzessin Elis und Eis
Die bei den Kinder von Traumkönigs Gnaden
Sie kehren heim beladen mit Glück,
Das halten sie fest und lassen es nimmer.
Sie retteten sich aus der grausen Hatz
des Lebens den hehrsten, den schönsten Schatz."
[]

Dies die Handlung den Grundlinien nach skizziert. Zum Erzähltwerden in Einzel-
zügen eignet sie sich nicht, sie will geschaut, gehört, musizierend empfangen werden,
weil sie im Grunde doch nur bildgewordene Musik ist. Diese Bildhaftigkeit aller-
dings ist an sich von packender Drastik: die drei Hauptfiguren, Elis, Eis und der Narr,
in ganz großlinigern Format entworfen, darstellerische Begabungen von höchst
individuellem Vermögen fordernd. Auch die Episoden: der gewalttätige, lüsterne
Vogt, Abkömmling des Tamare aus den .Gezeichneten", des Wolf aus dem .Spiel-
werk", ferner der tierisch brünstige Albi, Eis Helfershelfer, der täppisch plumpe Junker,
Eis Verlobter, auch der joviale König sind mit knapper, präziser Schärfe gezeichnet,
wie alles an diesem Werk äußerste Bestimmtheit, zweifellose Treffsicherheit des

108
Wurfes zeigt. Schreker erweitert diesmal die dreiaktige Form, er baut in vier
Akten nebst Vor- und Nachspiel, sechs Bilder also, das erste Prolog, das letzte
Epilog, dazwischen eine ununterbrochen anschwellende Steigerung, die immer wieder
neue Höhepunkte zu schaffen weiß, bis sie in einen Schluß von wunderbarer
ätherischer Feinheit mündet.
Man pflegt den Musiker Schreker, namentlich wenn man ihm indirekt etwas
übles nachsagen will, stets als den hervorragenden Klangkünstler hinzustellen.
Daran ist richtig, daß Schrekers Musikempfinden zweifellos im Klanglichen wurzelt
und daraus die stärkst überraschenden äußeren Wirkungen zieht. Falsch aber ist es,
den rein klangsinnlichen, orchestralen Klang als das Essentielle der Musik Schrekers
darzustellen. Darin liegt zunächst eine Verkennung seines for m 0 r g an isa tor is ehe n
Vermögens, das den Aufbau jedes seiner musikdramatischen Werke im Ganzen wie
der einzelnen Akte im besonderen, als formaler Architekturen von streng logischer
Gesetzmäßigkeit bestimmt. Es liegt darin außerdem eine merkwürdige Verkennung
von Schrekers melodischer Gestaltungskraft, und namentlich in dieser Beziehung
wird die "Schatzgräber'I,...Partitur die Revision manches voreiligen Urteils nötigmachen.
Denn so unverkennbar der Melodiker Schreker auch schon aus den früheren Werken
vernehmbar war, so deutlich ist doch jetzt bei zunehmender Reife, der immer stärker
durchbrechende Wille zur Klarheit und Eindringlichkeit gerade der melodischen
Liniatur ausgeprägt. Man braucht als Musterbeispiel noch keineswegs das streng
geschlossene, in seiner melodischen Beredsamkeit fast ein wenig aus dem Rahmen
des Ganzen fallende, das Sentimentale streifende Wiegenlied der EIs im Beginn
des dritten Aktes anzuführen. Schon das Vorherrschen' breiter erzählender Einzel-
gesänge namentlich des:Elis: die Traumerzählung im ersten, der Befreiungsgesang
unter dem Galgen im zweiten, der Bericht von der Gewinnung des Schmuckes, die
Ballade von "Frau Ilse" im vierten Akt und schließlich die Krone des Ganzen: die
berückend schöne, ins unfaßbar Visionäre gesteigerte Himmelfahrtslegende im Nach,
spiel - alle diese tief in den vielfach auf monologische Wirkungen gestellten
dramatischen Organismus dieses Werkes innerlich verwobenen Einzelheiten zeigen
bereits in der Anlage den Willen zur melodischen Gestaltung. In der Ausführung
gehören sie zu dem Besten, Eindringlichsten, Überredungskräftigsten, was die neue
dramatische Musikliteratur aufzuweisen hat. Die alte Ar i e lebt wieder auf, die lied-
mäßige Grundlage ihrer Struktur ist wiedergewonnen, nur die Art der Stilisierung
hat sich gewandelt, sie ist aus einer anderen Form des dramatischen Schauens cot...
wickelt, fließt unmittelbar in Handlung über, gewinnt aus dieser Handlung ihre
Steigerungen und Höhepunkte.
Nicht nur der Einzelgesang, auch die Ensemblekultur der alten Oper kommt
wieder zu Ehren, Eine pseudo-naturalistische Kunstauffassung hatte, wie die mono,
logische Arie, so auch den Ensemblegesang als undramatisch aus der Oper verbannt
- als ob diese ganz auf Unwirklichkeit, auf rein gefühlsmäßige Dramatik gestellte
"lyrische Tragödie/< überhaupt die Maßstäbe naturtlistischer Betrachtungsart vertrüge.
Die Regenerations'Ästhetik Strauß-Hofmannthals hatte versucht, unter Zurückgreifen
auf frühere Muster das Problem der Oper auf archaistisch spekulative Art zu lösen.
So einfach liegt die Sache nun allerdings nicht, denn die dramatische Aufgabe
als solche war auf diese Art nur umgangen, nicht gelöst. Wie zwanglos, frei, durch-
aus lebendig bewegt und doch stets in der Sphäre der Oper bleibend, laufen die
Ensembles bei Schreku. Ohne alle Nebenabsichten, überhaupt ohne alle Absichten,

109
und dod, lS""ad" das packend, was etfaBt w""den 'oU .. Glcicll. das dtletti.rende V",r'
spiel: König lln~ Narr, Mtlste, dn•• dramatisch.cll.ari pointi.rten. Zwiegesange.,
dabe!dutcll.w!'!i: in strllnggl!l!ehlossenem musiklilischemFltlll blelbm<i.Danndi"
pdcll.tlge.Wirtsh"ruszon(! des e1'l!t.n Aktes, von dem derben }uokerHed üb.r die mit
lIöd,.t subtiler Kuu.t ul1d r<itvol1erorcll.ulrale" BegleitUllg gefilhrten Wecll.selreden
.d•• Vogll! mit EIs ,md der Gaste bis zun' Attftrltt de. EIl. und demdiistei spanrien-
den Abschluß zwi.ob.tt dem Vogt und El.'k :Oe" z.wtite Akt beginnt mit dnem <!er
bedeutsamsten Stilcl<e des We.rkes : dem Zw!eg••pracll. .du Narren .mit Eis unter
dem Galgen, ",lne.mdramaliscll.en Musikstilek Vlltl so tief w.lrl'ntltsvol!er, mit schm.""z-
haftet "onle durchsetztet Tragil<, daß es sich rur sicll.al1dn genommen, Schrel<u
als einen der Auserwählten Unter dell Berufenen I<ennteiehu.t. Auth hier
~in.,statke äußere Stelgertmg: das E1!semble der .Mönche und cles V011<•• beim Zug
zum Galgen, durchaus opernhaft empf"ndeu, d"rchaus neu t,nd .igen gestalt~t,
äußerlich anetd!ng. nlcll.! ganz so eilldruoksvon, wi. die Partitur erwarten läßt.
Die Hauptsleigerunghril1gt cl"r <!dtle Akt: das große Liehes<!".tt von EH•. uod
Els, ein Musikstikk von derattherauschende.r Pracht d~l! K1anga,Süß~ und Zart;,
heit d<1' mdoili.cll.en Beredsamkeit und expansiver Kraftd•• Baues, wie eS -sage!,.
wir. d•• ganz r"hlg, ohne irg.ndwem zu nahe zu treten llnd ohne i!TI ilbrigen dnen
Vergleich auszruprecll.en .~. selt d.m "Tri.tau" nicll.t g."chd.ben worden ist. Welten
liegen zwiscben ili••emWerk Wagn",. und ~ dem .Schatzgr.""r" wir wollen die
Entfernung dieser Welten, die Versmi.dcllh.itihrer SOllnennähe nicht ab-
messen, wir können das .aoch gar !limt. Jen"sgewa1tig"W,,~k stebt in "nnah,
barer. Einsamkeit, dasM.taphyslsme, das in ihm wirkt, liegt .nßerhalb von SchrekeYll
Kuis, der nut das MensdUkhei sinlllich Faßbare umspallnt, Aher wir wollen uns
'1;1 all,t Se!bstPesmeidu!lgdoch desseu freuen, was wir an. Eigenem hab.n, und
uns ruhig l;;sler1;1 IaSSCIl, wenn wir .dieterFteude vielldmt scheinbar l!U starbn
Ausdt'fckgebcn. Wir "erehr"n das Groll.o, Ererbte und beugen !lllS ihmgetII, aber
das Lellendige, dilZ mit .!llld in uns I.bt, Blnt VOll tlnserm Blu!,istun" daS.llächste,
liebste--" also sd e•. dtum. Lassen WirUl1S.schelten.
Es mag schwer gewesen .ein, nach diesem Liebe.g.sang noch eln~ Steigerung zu
finden ~" !llld doch scll.allt Sehrel<.r si.; De, vierte Akt rausmt auf in neue, Füll.
blendenden Glanzes, üppige. Massellwirkungell, festlkhenSchw"oge. ~ und I<lingt
dann. in tief erziu""nd.,., ttaglsche, Wehmut aus, sO innerlich fasselId, so ans der
silllllicll.." Ekstase in seelische Not und ilrgtdfende, stille Klage üllerleitend, daß !1UO
docll. wied., "lIes Vnrherlge nUr al" Unterbau und dramatische Vorbereitung e,-
"cll.eillt.Bis scll.Ji.ßlich das Nachspiel einen Ausblick bringt, de~ wahrhaft· .fdnste
Schwingullgen der Scele, letzte Regtmgen des Gefühls ·.losl. Hier ist dnt Grellze
des Sublimen, Unirdisches forll1tskh zu Klängen, Worte werden unzulängl1ch, "S
bleibt nur .nöch 1:1ne ganz slille, .lnnere Bewegtheit, die stumm macht.
Soll ll'lan. noch von der Faktu.< qesWerkes, spremen, von der Orchener>
behandlung,diewdtab von allem Gewaltumell, Blendellden, diesmal eine
Dtttchsiehtigbit und Klarheit,. dnen wahrhllft sphil:riscll.schimmemllen silbtigen
Glanz "nsslrshlt,wie er ellen nur alls dem G.filh1.li:lima dieses Wukes,.di•••rn,,"en,
sich ••lhst in immerhilhere, reinere ZOllen 11tutemd~n Scll.wunglttaft der Empfin4l!ng
g"",onnell werd~n konnte? Es w",d soviel gerade über den KlalIgklllorlstell Sk!u:eku
gesprochen, daß dieser Geskhtspllnkt hlereirlmil! in den Hintergtund treten durfte,
Dir Faktu.r mag dellMusiker am meisten interessier.n und.s wäre hier gewiß

110
manches, in bestimmter Beziehung, vielleicht sogar das Aufschlußreichste zu sagen.
Jede eigene Kunst schafft sich ihre eigene Technik, und die Art, wie Schreker das
Motivleben Wagners mit der melodischen Linienführung der Italiener verbindet, wie
er Debussy und Puccini ins Deutsche übersetzt und doch stets er selbst bleibt -
diese Art wird noch zu manchen Untersuchungen und Ausblicken weitreichender
Art Anlaß geben. Indessen - wir fangen ja erst an über das Werk zu sprechen. So-
wollten wir heut zunächst einmal sagen, was es uns ist. Das Wie?, das Geheimnis
der Tecknik zu erforschen, bleibt uns noch vorbehalten.
c c

DER TÜRKISENBLAUE GARTEN


Oper in einem Akt von A.\adar Szendrei, Worte von Rose Silberer
Von Max Stein;tzer, Leipzig
Ein Spiel von Liebe und Tod nennt die Verfasserin des Textes das nicht ganz
weistündige Werk.
Ein altpersischer Schah (Heldenbariton) hält in seinem Lusthaus, dessen Märchen-
garten türkisenblau glasierte Mauern umgeben, ein schönes Mädchen, Nayel.
(lyrischer Sopran), deren Vertrauen und Neigung er aber noch nicht zu gewinnen
vermochte. Der starke Willenszwang, der von seiner Persönlichkeit ausgeht, ist ihr
unheimlich; sie fühlt sich von seinem durchbohrenden Blick auch in seiner Ab-
wesenheit in dem Zaubergarten bewacht und beeinfIußt, träumt der Phantasiegestalt
eines Jünglings entgegen, mit dem sie frei 'entsprungene Neigung vet'binden soll.
Der Schah hat ihr einen Schmuck von Türkisen umgehangen, die verbleichen, so-
bald seine liebende Empfindung für sie schwindet. Ein benachbarter junger und
schöner Prinz (lyrischer Tenor) dringt, während der Schah fort ist, in den Garten.
Da ihre Furcht vor dem Gebieter keine Gegenliebe zu dem Jüngling in ihr auf-
kommen läßt, nimmt dieser ein betäubendes Gift, dessen tötliche Wirkung nur
der Kuß der Liebe aufhalten kann. Er läßt sich im Sarge leblos zu ihr tragen mit
der brieflichen Bitte, die erste Nacht an seiner Leiche zu wachen; aus Liebe zu ihr
habe er den Tod gesucht. Nayela küßt gerührt den Entseelten und erweckt ihn dadurch·
Aber in die Liebesnacht, die sie alsbald im Garten feiern, dringt durch Fernübertragung
der Wille ihres Meisters, des Schah, und zwingt Nayela, den Geliebten mit seinem
Dolch zu töten. Morgens kehrt der Schah zurück, sieht seine Ahnungen bestätigt,
die Türkisen erblaßt und verstreut. Seiner Drohung furchtbarer Rache entzieht sich
Nayela, der Knechtschaft müde, durch Selbstmord mit dem Dolch des Geliebten.
An der Musik zu dieser bewegten Handlung fallt zunächst die volle Freiheit der
Harmonik auf, die sich (durchaus im Dienste des Ausdruckes) nur für die aus
Gründen der Stimmungsschilderung -konsonanten Stellen um die Gesetze der älteren
Akkordlehre kümmert, gegebenenfalls aber jeden Klang im harmonischen Verhältnis
zu jedem anderen einfach als charakteristisch abstechenden Farbenfleck benützt. Das
steht besonders bei den rein lyrischen Stellen der Liebesgesänge einem hohen Grad
von Wohlklang nicht im Wege, den schon die ganze. exotisch märchenhafte Umwelt stark
begünstigt. Die Worte, eigentlich nur gehobene Prosa, lassen infolge ihrer losen Rhythmik
keine durchgeführte Periodisierung der Melodie entstehen, ein Schicksal, welches diese

111
Partitur leider mit fast allen heutigen teilt; umso ges~ngreicher sind die Motive
.selbst behandelt,. aus denen sich der melodische Faden fortspinnt.
Sehr bedeutsam ist die Orchestersetzweise des neuen Werkes. Grundsätzlich
spielen Instrumente mit vollem Tonumfang, welche die Singstimme auch bei
harmonischer Dichtigkeit nicht decken, eine große Rolle: Klavier, Harmonium,
zwei Harfen. Sie bilden vielfach eine Art Continuo ZUr Stützung der melodischen
Instrumentalsoli und aufgesetzten stärkeren Lichter. Dieser Umstand ist bedeutungs-
voll, weil er, in der Richtung der Ariadne-Partitur, den Neudeutschen wirklich einen
Faden an die Hand giebt, um aus dem trostlosen Labyrinth zunehmender Orchester-
Verdickung herauszufinden. Auch sind dann jene Soli um so deutlicher und ein-
dringlicher hörbar.
Ganz fern hält sich die Singstimme von der unleidlichen neudeutschen Stil-
erkrankung der synkopisch zerhackten, zu oft nach dem betonten Taktteillallenden,
durch Viertel- und Achtelpausen unfachmännisch ungeschickt zerrissenen Art. Es
sind Gesangs.. , keine Xylophon... Stimmen, wie man sie sonst oft zu sehen bekommt.
Den Gefahren des Chorsatzes, in die selbst erfahrene Tonsetzer in Ansehung der
Ausführbarkeit leicht kläglich hineinfallen, entgeht die Partitur dadurch, daß nur
ein aus zehn Solostimmen zusammengesetztes Frauen. . Ensemble in Tätigkeit tritt.
Das Werk als Ganzes hat insofern eine Verwandtschaft der Anlage mit jenem
Schrekers, als ein bestimmender Teil der Umwelt, als mitwirkenden Hinter. .
grundes der Handlung, der durch den zauberhaften Ferneinfluß des Schahs ver-
hängnisvolle Charakter des blauen Gartens, durch nur Klänge von Violinen und
Harfen hinter der Szene, die also eigentlich mit in die Reihe der seelischen Vor'"
gänge gehören, zu verkörpern ist.
Der Tonsetzer war mit Glück bestrebt, die drei im Gedicht etwas typisch
gehaltenen Charaktere der Handlung möglichst persönlich zu gestalten; es sind die
echt orienthaften des zwischen freier Liebeswahl und Hörigkeitsbewußtsein schwanken-
den Weibes, seines, rein sinnlich als eifersüchtiger Eigentümer liebenden, gereifteren
Herrschers und des bis zur Unsinnigkeit in die äußere Schönheit des ganz zufällig
erblickten Objektes verliebten blutjungen Mannes.
Von Leitmotiven ist mit großer Feinheit besonnener Gebrauch gemacht. Das
unheinilich starre, reine Akkordmotiv (Ges-dur, A-moll; Ges-dur, D-moll) der Über-
wachung durch den Willen des Gebieters prägt sich besonders ein (27)+, ebenso das
leere Quartenthema des Gartens als solchen (Anfang), das dann erst wieder
lebendig wird, wenn einer seiner Bewohner "erledige~ ist; ferner ein ungemein
"expansivesu Melos der freiwählenden Liebe (im Gegensatz zur unterwürfigen
Hörigkeit), das sich beinahe über den ganzen Umfang der histrumente hinzieht, die
es jeweils vortragen, (11, Umkehrung vor 15;) das farbenspielende chromatische
Motiv der verräterischen Türkisen (7); der Befreiung (20, 25), das wohlig sinnen-
freudige des Jünglings Haid"r (22), die gesungenen Tanzmotive der Sklavinnen
(51, 56, 62) und das Märchenmotiv der ältesten (57), das süße Cellothema der
Gegenliebe Naydas (vor 98). Reich an heiß aufwallenden Liebesthemen ist das
große Orchesterzwischenspiel, das die Liebesnacht N aydas und Haid"rs wiedergibt.
Hier erreicht der sinnlich warme, leidenschaftdurchpulste Charakter des sinfonischen
Farbenrausches seinen Höhepunkt .
.. Die Ziffern sind die der Partitur und des KlavierauSzuges.
D D

112
B/ass ('f{-- r;, j /
VOMWIENERMUSIKBETRIEB Regel ist es viel schlimmer: so z. B. war vor
kurzer Zeit Oskar Fried vor die Aufgabe g~
Es ist an dieser Stelle bereits ausgesprochen stellt, Mahlers seit acht Jahren in Wien nicht ge....
worden (in dem Aufsatze "Das Wiener Sym.. spielte Sechste Symphonie mit drei Proben (also
phonieorcbester l l, 1. Heft der "Musikblätter des in sechs Stunden) herauszubringen, abgesehen
Anbruchl l). daß in unseter Öffentlichkeit die von einer Streicherprobe, in der zur Not die-
Voraussetzungen für ein wirkliches Kunstleben Hlilfte des Werkes durchgenommen werden
fehlen, bei den Ausübenden ebenso wie bei
konnte. Eine Aufführ,ung von Mahlers Fünfter-
den Aufnehmenden. Was heute als ö'ffentlicbes
Symphonie mußte überhaupt abgesagt werden,
Musikleben bezeichnet wird, ist - von wenigen da für die Einstudierung des Werkes nur zwei
einzelnen Erscheinungen abgesehen - ein wahl..
Vormittage zur Verfügung standen.
und stilloses Durcheinander von Theater... und
Konzertaufführungen, darauf berechnet, das Dabei liegen nun die Verhliltnisse so, daß
Unterhaltungs.. oder Zerstreuungsbedürfnis der den Orchestermusikern, die sich gegen eine
Masse zu befriedigen. größere Zahi oder längere Dauer der Proben
Wie weit unsere einheimischen Kunstinsti .. auflehnen würden, daraus nicht einmal ein
tute davon entfernt sind, im Sinne einer künst.. Vorwurf gemacht werden kann. Das Sym..
Ierischen Kultur zu wirken, bringt mir ein phonieorchester wird nämlich aus den Mitteln
Brief zum BewuOtsein, in welchem ein Amster.. eines Vereines Wiener Kunstfreunde erhalten,
damer Freund, SolocelIist des Concertgebouw.. die aber lange nicht ausrl:ichen, um dem Or...
Orchesters, über die Tätigkeit dieses Orchesters chester zu ermöglichen, sich ausschließlich
und seines Dirigenten W. Mengelberg berichtet. einer rein künstlerischen Tätigkeit zu widmen:-
Einige SteHen aus diesem Briefe seien zur Ver.. vielmehr muß es, um existieren zu können,
gleichung mit den Wiener Verhältnissen an.. sich einem widerwärtigen, dem gemeinen Unter..
geführt: haltungsbedürfnis dienenden Konzertbetriebe-
" •.• Das Orchester kommt am 1. Septern.. zur Verfügung stellen und selbst das genügt
ber jedes Jahres, nach 5-6 Wochen Ferien, noch nicht, um die Existenz des Orchester...
wieder zusammen und studiert einen ganzen musikers materiell sicherzustellen, er muß auf
Monat lang die neuen oder längere Zeit nicht allerhand Nebenverdienst ausgehen.
aufgeführten Werke. Wir hatten etwa 40 Pro .. Von den Theatern kann nun, sofern es
ben, bevor das erste Konzert stattfand; wir sich um künstlerische Kultur handelt, vollends
probierten zunächst gruppenweise, wir saßen keine Rede sein. Was Mahler in den zehn
mehrmals wöchentlich unser 12 Cellisten bei.. Jahren, da er das Operntheater leitete, an wirk..
sammen, um Fingersätze und Stricharten fest .. licher künstlerischer und Kulturarbeit geleistet-
zusteHen. Mengelberg und sein zweiter Dirigent hat, ist längst in einem Sumpfe von Schlam ..
(C. Dopper) gehen von einer Gruppe zur andern, perei und Schweinerei begraben, mag es auch
um sich zu überzeugen, daß richtig gearbeitet in jenen, die es miterlebten, noch fortwirken.
werde und um die verschiedensten Winke zu Ein Gleiches gilt für die philharmonischen
geben .•• Wo in aller Welt gibt es noch ein Konzerte, die längst aufgehört haben, Ereig..
Orchester, in welchem jeder zweite Geiger oder nisse von künstlerischer Bedeutung zu sein;
jeder Kontrabassist seine Stimme z. B. in Schön.. die Werke des klassischen Repertoires werden
bergs "Verklärter Nacht" wie ein Solist be.. mit viel Routine und wenig Geist abgespielt,
herrscht? ••• - -" die Aufführung eines neuen Werkes hängt ab
Wie verhält es sich dagegen bei uns? Zu von der Möglichkeit, es mit einer bis zwei
jedem der Abonnementkonzerte unseres Sym .. Proben herauszubringen. - -
phonieorchesters finden durchschnittlich 3-4 Dies also ist das Wiener Musikleben - ein ..
Proben statt (die normale Dauer einer Probe ist zeIne Fälle wirklich künstlerischen Wollens
mit zwei Stunden festgesetzt), bei Novitäten und Vollhringens, mag ihre Zahl an sich auch
oder besonders schwierigen Werken kommen gar nicht so gering sein, können am Ganzen
etwa noch je eine Streicher.. und Bläserprobe nichts ändern - erscheinen in solcher Um ..
dazu. Dies ist schon der günstigste Fall, in der gebung vielmehr nur als Ausnahmen.

113
W M j\I${) ',retiUtl'~llng gibt; von der ;Su;. ZISCHEN UND KLATSCHEN
,-siksiad't,,< Wien '~ti, spred:ten, tat ke1uei!!fiilla ,~in.e
, UJittsikaUsche'Kultur {d-e'llfi von einer $oi-t:hen 'ist Wi:e ,weit 'man auclt '; die ~itteUurig kürolf..
, Wien, V'ielleidlt weiter l!ntfttnt als: :iede andtrt Itr~h,tr J(xuld,gebunMn in öffentlicher Vor,.,-
<;'roßstadt):'-vielmeht ist, fe$- W"len$ mU$ika,11", 'ftJh:i:ung: zu,rückdatieren mag - immer- ad:tdnt
llehe', Atm,oßk'Jhäre:. Di?SR; 1st ~\\4 die das "der u:tigehind~rte"Au$dl"U:'k von: Btffalls"! oder
S~ha'ffen nicht nUT du großen öster:t'eichise-1i~a Mifi,f~.ts:fy~zeugungen zu den unh~~J~reitbaien
'Reister von Haydn bis, auf l~lil.h1~1'. sond:ern ':R.tt:lxtan e,Itter .feilen, ~td:löl'irs:chift' gehör'! :tu
auch du Nordländer Be~thove:n 'tttld Srahs»$ hab.eu'. Bt;\londe':t:s in llnserem Zdtalte:r~ tiM in
tntscheidend b-eei.uflüßt ,hat~ Aber aus eben du," $dher- intellektualistiscben ''ttndenit alhtn gei. .
,selben AhnQsphiirc "kUrt skh au.ch jenil: Si:n~.. J:ttlgen ,tHngin geg:enü:b~l' VOll' vO!'l1hete'in duen
11,hkeit~ Ldclüfertigkdt, und 'Oberflächlicl:tktJi ktlt:hH:he'n '$1:a.n,.(.Ipunkt ei'nzu.tl.entn.etl pfie~t'- fühlt
des, Wiene::r Völk$t;h.t.rakters r ,die: 'd:~t :KUtl$.t d,j\.s, Pu'QHkum sieh berufeuf m,e,l"Wert und: 'On,,'
-gegenüber keint andetii EinsteUung' kennt ah~" :w·e.rt:i'euz'l' ,kfulätle:dsA::fi.m L,clstung a'ugenblicks
die ~it1es behaglichen 'Geriießt,ns.' Ein', tfAd die'" zu G!!:rkht zu $.H~tn itn4 ).olcherart ,das öffiint:"
Jleihe Atfno.$phlre ist es' also; die dnlitrseits Uehe. H"tt'vQttJ:'e,fcn 'auch alts s.:ba'ffe:ndert 'KUnEt...
:Ufisere"g1oßen, Tondichter bf'i"rudltet. ha:t, ande'r"" l~t$. Itdig1ich als eine Ih:wtt,'bung 'uin hochdero
c1je'it'J jenen Widi'trstand U:u,'e%" Unigebun~ er:zt~.gt' G~;t:t1ßt"und ,Gnad@n, et'nztWcbiitzen. Läll,ltl:rt: hat
liatr gegen den $ie in 'l.'H~st1!ndigem~, ;auir~iben"" der Autor aufgth5i't,. sich als d-tJl Übubringer"
dem. Kampfe ihr,' außir<!:s ,DiUlein Ztf <behaupten ein!:!$; hdlige'n' Geschenkes art, dic:,'M>~ns:che:tl an...
,'hatten. Mau 'kann wohl (und dies ohne jed.~" ,ZUSi"J:t~~ ',da tt sich, 'dein heißhungrigen" viel,..
.satirische Abakhi}sagen: Wien vudankt, M~:1neil' lÜ.J.F'figen TIJ1!t 'Publikum 'au$ge1h~feft w-eiß~ das
Ruf als ~'1.usik$.tadt nicht $0 sehr d.;:r Tat~(;he1 ben(;h'tigt .ist,' nach Gutdihiken seh:lem saiten
daß Moz~:rti- 'Bee1Jl0:vent Scht.loert, Btabtn:&\,. Behagen ,an 'der ihirt' g~botenen S~ii!le klatiilChend
',Dtttck:tlcr;. Wolf urid Mahle.r hier gei-e-bt und und trampelnd' Au.sdtttck zu !tl!:btn, od~t aeinc,ll
.g,!~schaffen ,haben, ,als vie1nld1l' d«.m Um:gtailder Unmu.toQp.<!.rUnvttdau!ichiu::ii,dcr dugeteieht?il
daß der :Wittfcr ,Bürger, .sdnen Kaffet Mer sein KO$t in rUck:skhtslosem Zl$,h'en;. Pfenen. und
J3it.t"'{und 'gar, erst ,d.en H.eut'fgen!) niCht ohne JOhlen attsztltoOetl. Wer liat nicht schon des
lVrusikhltgleitung I,H.:hlUirfen kann ~, ja'; wenti's aftel'eu die dem ,w~i.b.~YOUefi Ausklang' eines
',nö<h die urwütllsige 'Wlener VQlksmu$ik :wlire! l'onWetkt-S mit a:ufrdzendccl' . P.rnmpt11~it
. :fQlgen d~
Aber die bit längst ttüttt detp. Ope..re.ttend:recli Applaussalve als. '$timmung;s:mof,iiende Barbarei'
:btegiahen. empfunden? NUfi' ,f.t,eiUehf jede Spmnung sucht
Ein etrisilia.ftes: Bemühen:, hiti' die 'Voraus", sii':h. zu lösen" tlnrl $0 mögen sich auch die'
's-e'tzungt'.t.f ftir tine ,kih:u,rUtns,ht't Kultur zu während du Produktion gestauten l,ebeng..."
$<:haffe.nt dütf~e nicht mit duu 'WItnt1 auch gut energien ,mit Be\'!:ndigung des St{ldces in einu der
gem.einten und konsequent dut-chgefühiten' Suh'k,e; des g',dlabt,en Eindruckes angemessenen
Rtform, uustres '<?ffl,';ntlkh~:l'l li4)ülilde'b-ens be;" Intensität eutlade,ll \v01!en t 'desgleichen mag'
'ginnen; ,eine sö,khe müßte -- w~il nut auf das auch der ptr,s5ultch-t 'Eb'rgeiz d€:s gefdtl'ttn
:.S.oz"iale 'gehene!' '-- bÜ:r1h::s Flickwerk bleibe.th Kßns.tiers ~ti<li 'durch" sota:n1li' 'Guruitbezeugungen
",-,ufs angenehmste gtsd1.meichclt fillilen~ Das'
Vi'dmelir müßte dttrc!l eine wahrhaft lcltnst" wahre Wesen (:ret' von Werk und Tat aUl$litrah..
lerische ,Erzidlung dne:, neue GeÜ,eraüo:tl vön. lenden Fortwirk~ng 'bleibt 'indu' dur<:h tin der ...
AUß,Ubenden u:t1'd Aufnehmenden he,rangebUdet, artiglts Wechsdvethltltnis von Jlubietung' u.nd
werden, ,dil?, ','V-Oll wahrer Ehrfurcht vor den Au!i1ahm. v<>lllg ",,"..!ihr!:.
geistigen ,Werfen erfüUt und sidl ihrer 1,bt:·fi'~
Das W,erk jedes,el!;htenXünstlers entspringt,
antwortllchltdt diesen gegeniib.er volt o\:',w'ußt
einem ];1ü$sell.;' Dß1X&' tief 'Vttanlag~$n ist ,die
':liSt! 'sind' ~okhn-art die inner-en Vo.t'bedlngung~u
'Wdt irgendwi.e probleruatisdl geworden und
füt ein. wahrhaftes KU:n§~tle'ben einmai vor;,
nun sucht el'~ den Si::trein. d«.t D'ingedurchdring-tnd,
Jiandcf1~ dann werden a~ch aus U'inen alt>$ ättlle...
'des ZufiilHg~n Herr .tu wuden f um ,die ,u.r".
,ten mit Notwendigkdt von selbst ergebe:n. bedeutung aHer Relati-ofietl, zu erfaSsen. Durch.
Hug,o K.aud;g):t', Ve,:!'senkung in die Titün del' elgen~n',Sede ge...'
lingt e.s' ihm, die hem.menden Fesseln logisCh-el'
Verstandeset'k~nntn:is 'abzuwiM:fen, und SO' in be:..
geis:ttll':rt~m Aufschwunge das, ubltt'vernUnftige
Wesen .aUes Gewprde,tltli ,zu e:t'scl1ati?n~ Der
Moment ~fenla.let' lnttd,t1Q'tlt in welchem

114
die hitmieden unmögliche Synthese der heiden sehen Kapazität; gleichzeitig aber sieht sich der
Weltwurzeln, die fühlend erreichte Ein h e i t Künstler durch die vom Abglanz seines Erleb..
von Wollen und Denken verwirklicht wird, nisses ausstrahlende Wirkung entsühnt von
bedeutet nichts weniger als die Aufhebung der dem durch eben das Werk dokumentierten Ab ..
die endliche Welt konstituierenden Zeit. . Räum.. fall aus höchster Gnadenfülle. Darum und nur
lichkeit, somit die Tilgung der Erbsünde, das ist darum ist der die hohe soziologische Mission
der mit Eintritt in das individuelle Leben er. . des Kunstwerkes außeracht lassende "Vart pour
folgten Emanzipation aus der Ureinheit. Dieser rart~~.. Standpunkt so verwerflich; denn wenn ..
Akt der Überwindung der die Weit bewirkenden gleich das Schaffen zunächst durchaus Selbst..
Vernunft innerhalb des durch sie geschaffenen zweck zu sein hat, muß es zur Erfüllung seines
Lebens widerspricht aufs Äußerste dessen Sinnes, "E,rlösung dem Erlöser u zu bringen,
elementaren Funktionen. Es tritt darum ein notwendig in Wirkung treten. Die Beziehung
heftiger Kampf der absolut gerahrdeten Vernunft zwischen Autor und Publikum ist demnach kein
um ihre Geltung ein. Die menschliche! allzu.. bloßer Gegenseitigkeitsvertrag, der Kunstgenuß
menschliche Seele kann das Übermaß des ihre gegen Befriedigung der Eitelkeit und materiellen
individuelle Existenz bedrohenden Erlebnisses Gewinn zum Tausche anbietet, sondern ein zur
nicht länger ertragen; ein vehementes Expan .. Stabilisierung metaphysischer Ponderabilien
sionsbedürfnis gegenüber der übermächtigen notwendiger heiliger Akt. Denn die F 0 r t ..
Konzentration des Ichs macht sich geltend, bis wirkung erst ist es, die den Geistes . .
endlich dieselbe Vernunft, deren Überwindung kreislauf des Schaffensprozesses voll..
die Vergöttlichung des Bewußtseins ermöglicht endet.
hatte, das Ünerhörte unternimmt, Unaussprech.. Jedes wahrhafte Miterleben eines Kunst..
bares mit ihren endlichen Kräften zu erfassen, ereignisses weckt nachschöpferische Kräfte.
und damit ihre Daseinsberechtigung erzwingt. Unterbleibt der unerläßliche geistige Kontakt
So wird denn das überweltliche Erlebnis in die mit dem Auditorium, sei es durch mangelhafte
irdische Sphäre projiziert, chaotisch gebundene Wiedergabe oder sonstige Hindernisse, so kann
Wesenheiten ringen nach symbolischer Gestal.. das erhabenste Kunstwerk völlig wirkungslos
tung - der künstlerische Schaffens... verhallen. Erst der geschlossene Stromkreis
pro z e ß beginnt. Mit der endgültigen Bannung zwischen Gebendem und Empfangendem ent..
des Erlebnisses in die Hieroglyphen des Werkes facht aufs Neue das schöpferische Feuer, das
aber erscheint das menschliche Bewußtsein vom wachzuhalten alle Kreatur Leben empfahen hat.
intuitiven Wahn geheilt, von unerträglicher Während der Rezeption desWerkes nachschaffend
Übervernünftigkeit befreit - es ist zu nüchtern . . betätigte Energie kann hernach spontan aktiv
klarer Norm rückgekehrt. werden. Jedenfalls kommt den temperament-
Das Kunstwerk legt Zeugnis ab für die Wahr.. vollen Beifal1sausbrüchen einer wirklich en ..
haftigkeit des stattgehabten Erlebnisses und thusiasmierten Zuhörerschaft (man mag über
liefert gleichwohl den Beweis, daß die höhere das Zweckmäßige einer solchen Gepflogenheit
Menschennatur dem Ansturm des Erdendranges im übrigen denken wie man will) mehr Glaub ..
nicht standzuhalten vermochte; es bringt, würdigkeit zu als dem bloß kritische Bejahung
daß der Künstler des höchsten Anblickes für ausdrückenden gewohnheitsmäßigen Geklatsche,
würdig befunden worden war, verrät aber zu.. womit unsere Konzert.. und Theaterhabitues die
gleich, daß er, unvermögend, ihn zu ertragen, dargebotene "LeistungU quittieren.
aufs Neue in Sünde verfallen ist. Damit ist des Eine prinzipielle Untersuchung der Bezeu. .
Werkes zwiefache Erdenmission vorgezeichnet. gungen des Mißfallens an einer öffentlichen
Unter allen Pfaden, die die in des Lebens Nöten Vorführung muß diese, entgegen dem oberfIäch..
erdwärts gedrückte Seele in reinere Regionen lichen Anschein, einem durchaus anderen Emp ..
zu führen unternehmen, woselbst sie ihrer gött... findungskomplex als die Beifallsäußerungen zu..
lichen Natur wieder inne zu werden vermöchte, weisen. Jedes künstlerische Produkt, an das wir
ist der Weg des Kunsterlebens für die guten Willens herantreten, hat die Eigentüm ..
Menschen der gegenwärtigen Epoche weitaus lichkeit, unser Empfindungsleben momentan zu
der gangbarste. In den Herzen einer durch die assimilieren, das heißt es in eine ganz bestimmte
Kraft wahren Mitleidens zur Gemeinde er.. Bahn zu lenken und durch alle Phasen der Vor..
hobenen Hörerschaftwerden die zu toten Formeln führung festzuhalten. Daraus erwächst dem
erstarrten Symbole höchster Geistempfängnis Künstler eine hohe Verantwortung gegenüber
wieder lebendig. Zu den Menschen gelangend, dem . Publikum. Denn ebensowohl wie "das
erhebt das Werk diese zu ihrer edelsten seeH ... Anhören einer . . . schönen Musik" jeden

115
· .
hinautatimmt.;iauf 'die hikb.stl!, gmstige Si:ttf-e. die: DHemnt %::lt äer Öffel1tn,'hkdt ausgespielt und'
seine :Natul" Z:fial,W·f (S c h () P -en·h a 11 ~ 1'); so vermlt$:' dem xarU:($,rnusike]' das tange 'und ehfefivQll
it!dl $(hlecht~. St:trtinkurisl.•:ne. entgegmgeJilttzte beh.auptt:t,e' 'f'(;ld, zu räturitn haUt.' Im,mer!du
.Wirktmg·he:rv()nubringen~ Ni~m.and vtrmag es.~ aüerkel1iltitewert; dail der dl'(h~ste:tve:r<\!:in unt-u:
gemdn~:r ':Musik bloJ: völlig pasmv©:n Widcutand ,L',$,h IX eJ't$, inlt1{dlV'er Leitung sich tnigewlfl:tn",'
ent~getn:usetiith.t denn die TÖfi'e' la:ns:~n ~:iel'ig :üt::he:f-e AuigilJ)~tl stellt Und mit Hl1fe anolrtme't
nach un$, lsXlpftn iins: unweigerlich ffu'i witiu# Bet1tisltpltler' ;audt in :bef'ii$:di:gende.t Wdse ,last.
lichen RuyHlll'l-en. ein. um uns zU sich htr,a,b,.. ':wt'it uh}jek'aunt <w"u'cn eiüe Mot.ette von ;Müza.rt
xtt,<;lehen. Unsere 'dt,tfcU stden Kam.pi gtgtn die wl:1:t&wtaitl'.-jt.tbib. teM (aber wdchgr Lat~~:it1$chü1e:r
<I1':igene:n nlede:ftn instinkte erlsturbene Reinht1t hat l.H$'Tit,1!'~Q:rrektul' b~'S01'gt1) und ,zwei herz:i'gt::
(--" G~nia1it.ltth,:tnae;hW tinln,er üoerwun@;$uea s..~'.;;;Jl,~lJ;hett von: ,Wtbtrt :von fit. S-drtrnnl n n
'Ve:tl';lNchertum' -) ersi::tvtin:t aufs' ·N.eu~· ge.... $H?;,rÜcl,sf ge,~:ungen: Siegfrled VI agn: e,'i~ ~i Bäte.tl".
nbrdet. \Wir e:mpfiutlen t.tnse'te Fähigkeit! stlbst h.lute:f"'Otff'e:tin*~ 'führte von dem AclaL) sefn-cs,
Unec!1i.'l"$ ~t1eben zu klhulm t al$i Schwa. Jlnsere ,-5~' G,tbuxtilta.ges, in e'lne Z'eit,' 'xtir{~~k,., als ,,{er'
scheinbar gegttu· .das Machwtrk glti'kbtete nl'lt-> htü:);'ib:rhrtls:(:'ht TtUf\?il, 'des Stückes, für ,d.ie.sen Fest....
l'iill!tuug ist d\;tll'tl aucll zutiefst' nur' der"A'us.. tag 'mehr m~, vtrspu<:ben schien,' als seitdem, ih
druck d';es S{;"lnntn",zes"iuuh.1er S.;:;h.a,iu, ',' E:t'muung ging. Bntt"s nRonüt'<.Su1'ti:, war vQl'a'n.,'
irber dii negativlttt Mög-Uchkeiten d-er geg::rngen und Betlioz' tömlaehtnka::rne"'a1 {heide:
'eigen ett See Xe. So erst el'klht sieb da,$< Recht d:llJlkbare Er.i:n:ttett:ti1ge:n an dcn'R<:rrupreis) Idtdc
auf.bfll!!lge Krltl!< üh<rhaul't. d:Q. f'riu:\zÖs1sch;ct3 Kouz?t't. ein~' 'das vön ähnlichen
Umgekehrt sieht sieh aber .auch allesNledrig>t gl":$$Usih,d:'t1:ü:h'::,u Veun,sta1tungeu -dl'1r'ch die
und Gemehilt dU1;'i;'U >\tl;hte, Kunst in Frage ge", jugendii'i;:htj ,'a.u'ch' GroJ3em gewach'scne 1),11'i..
'-steHt, und sn ist es nicht ,weitet verwuutle:rlkh. ,en~enbeg:abung des 'tau.s-end..Küusl'len Geo:rg
zu $cheu t wie geistige und .iieHsche RUtkst-ändJg,., S'%"i': 11 aUffid-, wi't durch ,da,s, größtenteils 'inter,<,
kelt sich, ge,gen das reine Werk ZtU' W'dll" adZt." (:8li.wte Programm: Dtd\.as~ hU.wel' ''\\'ied.er' gel'n
Die als s,P0nbtlU' Ausf.l:tdl ,der Btgeisierullg ZUr "begrüßter ~Z.atlbttlch.t'lh:iJ~:" ttnd drei sinfonische
lässigen. und alS: Abwenrinaßnahme: gt-gen'Kunst", Skb::~,'tn De:bussys ,.. ta, mer'\ Eill' dult: Skhze: ~'tl
sclun:arritz'ettuttt W'ohla'n.g~b:rachttn' }?:r.aktik't'!:ti viel Dt-ta.i:1f €Ur tin Bild zu flih;'hti,g:. Unnötlg z4
des Klatsi:hens und Zischens usurpiert der Kun~t'" sagen. d,aß dieses Ddail tnt-zür:Jrencl,e:r Ftinheitet\~
pöbel frecht u1it' wter, dem beu{:hler1s(hen Vor... aWtt"4tige:r Klang~1 harmönlsche:n:t:;sp:dts übel'vol1
wand lde~I-ef:<aew,eggru:tHie tunsZHi'n'ge$tötter-'iti 'ist. Was fehlt,. ist- l'hytnmiscne',und tlu:l-t:1discne
Stiller ni~:deren pomäne 'vtr1i<'ti'1',~,n ZU leönn.en. G~st:altbng~ Eine S:<\uet von eine:r',Delikatuse,
Stellen :schon die UbUchen PUbUkumsk;und"., wie, mie 11U1:' die ",ornehmst$ franzöliisdtt KüclH~'
gebungen als, scllahlonenha'fte Md.tl,ungsauße.. kenntr be:Str.nder.s' appttita1U'egend, 'aber wenig
:rungen ein unufrew:.khes tlbe:rwuchf-rn .:11);'$ ttht ,nb.", d.en ,Hunget\
'hitisden ,Verhaltens 'da.r;-:so A!hthüHen 4i~ b~ Audl 'der oft gespielte <tL1apr-M;..m1cli 'cl"un
l'ü:!imttxl' )?:remi~l'endu.rc:hßni größer Mds:w!'# :Faune'" '1#:<\'1', sdtS'dUn' genug. a%;t Erst<iJ,"tft'ühruug:
wet'ke' ,-c.htersefts C.ht\lu~", tJnB.i:g" und Starve:r~
j
in den Ton::künstle'l'konzer-'t;e;!t utrfet, Ld:türtg des
himmdtmg and-erstits, ,dit völlige 'Entar-utüg i'oo~~t me.:tu:', aU:f;st:r\';':bend~n;-, und audi b~l
"UJ,'sprUng!icu ti~f gels'tiger Äuße:rimgen. des BrucknC'l'$ n1:)titter# bewährt~n Anto,:t1, K 0 n r a. tP-
'E:ttnste:debens~
zu liöl'€11. Die,s'$m anmuJigtn: buk.oHst.hen Genre",
D~:i'
€,dxte Ki1ns:t1er a.ber' geiit .nach k1tiu~m :bild folgt-e l mir fi?:rndt ',eln.:;;', Qtni~l'tÜl~~;' -vön
l'era5nlithen lileifall:l.be"cligen Wi& .. h .• !1 Rl:rn mkY-" Kors,sa kow ~IRussi$:.;;h.e 6stitrn#~
llUl" wUl s:e{n S.hlgen we';:;Ktrt: r damit das Lob
Dieser }>oper der fe:,ie.rlich~dntbnige Vorsä.nger"
des ,aus :ibm ,:redenden GtiSf:es in aUe ,WtH 'te.. das Echo der Gtrtitinder die naivt:Au:ferstehungs,..'
tragen wtidt"~ Egon t'ustga:f'b~'n freude, die:so si;:hndran al1(!;s St~.'}:ben vergesseü'
lü:tt. das ist ,tu!'t:hauswurz'dechtt atmetetfristhen.. '
den E.rdge.r't~A:h und kdn ':franz{)slse:he~ Parfüm,
"" da$,auchimmil's.ikaUI:H:::l:H,m.RtÜ:Handsobe1kptist~
MUS I K IN WIEN ;(hn1ich ~odtnstä:.o.dig:'gtrueint ist wohl 'die neue
V($ll ihm., &elbst, dirigierte }",WeUrnarotsn:ü;:$se~
Es: war ,'sdn-c,rzdt ehl ,beklagenswertes V~;r..' '(Wer-k l.2Ö) von )osef,Rtl ~tt; 13au'c:rsl'rlteillnacht"
sä.umnis d,~J"'Ge$jel1sdtaft,dn Murukft~tin&e~ daß Jlittmacntsmfisse;, .im vC'richn.dien' ,}jergkirth",
$i~"i:n. 'einem Fal1e fh'l'€ 'Mission' nicht be-gri~t! tein} 'okH~r5stu:t'dchbdie, '\'1ttei:tinat:htSliedcl' ~'~ •
Mud sich. 'mit 'der Grfuldullg dncs' D:Udtnt'en". 'Gemdntt nidlt ge1ungeri~ ~s ist rllehr, Lehrer...
of,hesters beguflgt hattdal11a!st ds der ;1usüb~nd$ 'vitrstand als Baüet~tmüt di,bei, '1:iill trod!:enet

116
vl...timmlg.. 5.!r, m!Ij?!l'llrt11<1! ~!!".n<l.. all-d"",," 5 <lla! t""d dl. J•• n •• war os.<'"
15il~ndCft: nlnslue:n, der, Stj:mh1~t 'ßiie doch nie~ hoher Gen';tJ$. l"lic,ht 'eine Szene MO,ß;- cl"tl/t ,kani~
ma.lll Zt(M l"plyphon'et\ G'tbUde'~~de:th -;tnd: dem" Op~ ,heht:ti)trgte ,i1e'r 'Musi.kwueins:saalt nacll
gemisth,ttn Chofer d~f (iitmtai. :ganz'- be$o!pjet~ SaiQmt~ f('rt~ Augen~ Muiil von ,Magdala" 1:Viedu
nltmUch ~us ,:%11;110 vtr$chi~d:enen: 'Ve:rtt,inen, g~' einm~:t ~in(!;, Ju;1tnoplt,rt juda 'Makk~by'1;[~ '\t'on
Uii$~tit"W~~nü;bt~inmal Jdugl'fcl:te H&hepunkte Ludwig Sandow~ Bine grQ~h,fUrs Thear;er-'gt,o<'
be!idlre::t't,'-eine lWelQ'dlk;,' die: i,oU:atilttilidl sein zImmerte Ai'ttt..1t;andlung 'wird tu einet deli..,
m5chte und nur ditHtig,klingl, -ein U:tlbe:greif.. ttge,n
#g'l'Qe,en'f OP'lf~ rilit runztig$:mlrscli~
Üchell' Ve'~!I!:iebten, :auf aUe d"f;imatlschen' 'und und T~n;tptls%erit~' il'e~tgdagtn' und Tännn,
mystisthen M5gHc~k(!itent die lla~ C,redo mmer S<:i:ttachte:n' und verklärttm Sterben. :Dies alles
bereit hatf wenn atZ' lIatH:tus'.spititu$ selbst am n:üt l'$~währteu Mitteln wfrkaarit Zu l11usttie.ren,
werk .l.t • • • ,.td!enlcht ali." lIoh.aufgabr,dl. 01<11 die abri-
A,1.Npvltlll, all..(:!!n!I;>."'" ffir ih.. KOM.ne,
Proha.$k'3,m: )'l'Seft:n.<l'd:~/· bei den' p1\llharwo..
,.no
.. nrlilllli<h itl.tr"m'l1tl<r!.l~u.ll< .~H!.p~.
dnfTU ihr auCh sCfwdt' gd'tmgen s,t,int,daß der
nik-ern~ ,Dlirfte d'as"Be'stt seJn.~ waa lieft ähnlich z:e'(orderte ßzet.tisc:ht :Pomp' 'flieh ih:rer ~und'"
wie Re:ger-~ lldnvu mit, dtm Oclieatert l'in$'e:l::u;!1f;, Udu::tr Mithilfe: il1t;ht ,Z'u B-cbämJt~ hahen witd.
Ktintponlst dafilp gts<haffen' hat ob'wQul ~ Nae:hde:lll:ich no:,,h kurz dniger b(!;metkens~
;n~Ch nlc;b:t, den mnd:t~~k ,gfot" da:$> t\S wirklich wertet' r-epröduktiv-er L-eJittrus\!n, ,g'l1:denke, dtl
aUiS dem Ocheiiter' h~raus e:tf'uttd~ ist. 'Nebel", immt-rwi14kommtlHfnBtsudlt;$'BwnoWdt;'Cl'S,
I'H,:;hlt~tr- %iehi!tl tibt't" iUe "Mo:nd1~n'd$chaft deM; "der mU'~ahleI'8,ttEt'#tet# wIeder aUen fUMenden
Adagios,. aber audl Uber da~, Von etwas gew9nt:~,tr Hetzm warnf gemaGht hat~ wenn aU{;!l nicht
Fr.öhll<:lll<<lt od!!!!,. S<hlußblld. D.e, li:La ...il!i.. liU." 1<rlll~<h'" ,,«!ern, d.. Wund.drin<!".
'm~$f'aUI d~m et kotttt:nt 4it:':Mo<fetne, die ihn, ,lft'rta~ubin$t,f;infdessenV{}ttragd~f'Cbacc(\tne,
heute feas'elt, slnd noch' (kg-ew;tJU::-t 'in Pf't)haBkaa:, v0l;U Kinde- n1<:ht$1 aber VO~ Wunder das tln»
Btust,. $ttebtn noch n~'th befriedigendem A'~ be'gl'dflicht kii:!ldet1 des 'Sänger-il paniel 4\,'n:"
tiei~h. :Ein A:u$gltkh t , der' trotz' ma.n'clM!:·f' hai# ch:t-$,*! fi~ ,eines Mlttt:fluleizäh1ers} der ein, weniK
nl011llt(htr BemUhuri:,g bti llh:hard S,tö'ht:Jtau:m .ul'\Willfuu genrahnt~ in seiltet' 'gto-ßen,'Kui1s'4
zu erhoffen l.at. deasen Kunst i,tU!' ein, Eon~er;.: $,i'tl 'sprQaea Material zu ,sYn)pathiscile:n> Wir",
vitQi'ium 'in des: Wortes, dgßn,st~i' Becl~t~tung <k1l~ett zu zwing'tilt , des einarmig~n Faul
il'Jt~ Bin neuc$ Werk nVom Lehel'!-"'r aympli~}:ni,:, WXttgensttint dnes,::rlerbs !(:cUsdier Stuke
s-tbe Dkhtung, knUpft an dß bek:a~nte I),hldcli'on tiud ~dskrs Geer UR,CU Hand. d-gr, keinen
\'SchUle:ts: '.an! D~t in den Oz~an' mit tat,U:~ttd Rivalen hat....;,naeh dieser ktfrzen\4\.uswe.ichutlg'
M-ast4tt1, scbiffe:nde Jüngling ~ und der st!.U ati! gibt em 'llo<:h einiges,übJi:t' l1t!ue ;Mitsik kleineren
gentteten1 B,ööt in de!l ~af0l;t' ueib\llude Greis...... Fo:r:mats. zu Bagel'L
\welizh wirknme Antithese! Und welch ver", Ein. 'sehr 'tddnea Format zeigen LIeder und
zw-eife'ltel' 'Gedauker,,'si-e in Musik zu '$.ii;tzc'u: und Klaviel'sacben' von' E'rnst E,rleb, B u <i e 1:\ Be;"..,
(!'u:t',c:t! ~lnen Mhteltdl zu'iiberbrUckent der '-', ne:h:ienswlo!rt. wem dn Gott seinen Jt1ge:nds~frn
-aber das:'j$t fi'fiuhatn't kein ,Gedanke' mehr! -- so' wi-veränd,ert bew'ahrt bat. wie er in
';iies'ttl,
so wlHHg' a,us dexn BUde: fltUt't daß u den Wiud 'N:1:a,irie-rgtimm~.tn.g$bi1d!,trn, t ..Meine jugend'" sieh
von Masten ~f;;ht,:tn Stiirmert $el'$t;hdlen~ ,vi-el,.. daraieHt; ~orgiosigkeitt Selhstg-eniigen:, -" GlUtk
mehl' Yön einer ffrastios arb:eittndeni> nücbternen der :Klnderstube+ Aber SchttItü'innE Kihde"KSiZtHlil:tl;
Maschi:ne cle;s I.eben!!;," zu ein'em g~ltttttten Boot $dn lugend41'bttm'\,sln(;l m-e:f:1;!;',j: trdei" Dfc:htli!:f
vefkleiu'ein' U,ißt. Au"h d~:t Kunst wird sie sptidlt. ~ . # Kö}ntJositiotisllhend Ai.eXa%lder
ge:f,lh:rlicln tastto~jjJt" A'rbeitr' vtrdnt mit :StU~g,E'U.U~,1,: ,,"ornt,hmHcu' 'L{tt{It,:t", ,in',
NU<:h"fe1:'uhdt!' " :Mitte eine Vtcliü",Klavler-.s:onate im }(oMerlstH.
lUne NovWitf wt!r~J:t ,man wm, aueh. '\':ler lIdu:', PnantasJe 'als Son~te} u'nd,d..,xh~''Viel1e*<ht
Sf::hlußgtiian,g Salometf i.n Konz€l'tform" BIer- nicht Pliantasl-e genug" l{h,ge$te-he~ diß' ,%(1':1, k~*,lt
Heß,e $t-Ctt,s1:tdteut wie be~ 'tlagtl:~-r. Pro!' m,iln ganz, präzis;t$ BUd ,b,tth.altltl1 hab~ jtd(';,nfaJ,l-!l!,~,
'h'at ihn fririch. 'nitht, na-ch zweistündigem! er", m.ehr Empffnduog als,' Eigenut * ~ ",,' Ein i:u,'u""
miidtl1dem H:crf$n~ :ttHU1, hat nut die Muid.k1 ,ttn~ '.aufgeführte$: Streichtrio ln ,Df'rii-oUi 0,1'.'141-:f1" "(~ili
bt$eh,-,ve-rt 'Von dtil' Wund~m,' lmd dem"""" At:v ,'Reg'e:f,-,dn wahr,ea,Vefgnftg~n. :aiu'We:rl~\,4,$;i*
ßdittr die$-f.t$z'e:n~. 1!;:QfitT.n es: -ist Thea:te't'tllusi.kt de-ft bes:t-en>XammertnusJ!(,.,Reger, bekennt; ein
vöu ,d~t, Bü~n~, nieht' 2011 li$~nt 'J.$\~;$ Otdlut~~t gth'attvoUerV..u.'iatkHten$ati,elnfugiert~,'w,:Vfvac:e""
k1anptltrkt,.,.ats$.b+\Tbeat:t::ri1!r\tthU;gtd{~,Salöme wie "nur 'er e:m 'konntet 'ufid eine' md$tttH,h~,t"
,;r1(;H~'h"f'filhe!,',~la:" dit Stil{$;aten 'cl,~$, Herodt\L Re,:, InterpretatiPrt durch die' hlezu nötigen j:>l'\':t, V<tlXt
5'~mt,~ dk$:m,~l 'in 3;i~l: !t~h{tn;s~tt,ri Ati{i't1hrung
, , , , ' , '" " ,
Go't1:ftmanJl-:Qllartett -- das ~u-ch :,d3 Vfer'bttn1:t

117
eine bereits anerkannte neue 'Macht in unserem BESPRECHUNGEN
Konzertleben bedeutet. Dann die längst bewährten
Fitzners, die immer für Neues %u haben waren. MAX SCHILLINGS: DIE PERLE (op. 33),
Diesmal für Hans Gals Klavierquintett in Es. VIER ZWIEGESÄNGE (op. 3~) für Sopran und
Kein Zweifel, daß hier Begabung mit Können ge.. Tenor mit Orchester, nach Gedichten von Goethe.
paart ist. Freilich - ich hätte nur etwas weniger Jatho Verlag - Berlin.
Korrektheit gewünscht. Ein bischen Über... Obwohl diese Gesänge dem verschiedenen
schwang, Übermut, sogar Unart - wie gerne Stimmungsinhalt der Gedichte gerecht werden,.
nimmt man sie als Zeichen jugendlicher Über... lassen sich doch einige formale und technische
kraft. Auch im Klavierpart befleißigt sich der - Eigenheiten finden, die allen gemeinsa.m sind.
übrigens tüchtig mitspielende - Komponist vor ... Dabei handelt es sich nicht um Kriterien, die
trefflicher Kammermanieren, die keines Ver... den Kompositionsstil eines Meisters bedingen r
stoßes beschuldigt werden können. Mehr in die Art seiner melodischen Erfindung oder
diesem - lobend gemeinten - Sinne bieten drei seine Harmonik, sondern um inneren Aufbau
Gesänge von Ernst Kan itz für mittlere Stimme, und Führung der Singstimmen, die ja in zeitlich
Violine und Klavier, die an einem Kammer .. unmittelbar aufe.inanderfolgenden Werken
musikabend des ausgezeichneten Künstlerpaares gleicher Art Ähnlichkeiten zeigen müssen.
Sm e te r 11 n g ... B a 10 k ov i t s, von Hermine Beim Aufbau I'Icheint die Eigenheit der-
Kittels Stimme in Wohllaut getaucht erschienen. Kompositionen weniger in den aus den älteren
Da ist echte Jugend, sentimental, wie sie nun Stilperioden übernommenen Formtypen, als in
einmal ist, sehnsüchtig und verliebt. Harmonisch dem kunstreichen Variationsprinzip zu liegen.
sehr apart, auffallend diskret die sonst leicht Bei näherem Einblick zeigen Themen mit
dominierende Geigenstimme, voll Stimmung die stärkster Kontrastwirkung gemeinsame har...
eigenartige, und doch warme Melodik des Ge .. manische und melodische Züge. Die künstlerische
sanges. Und ganz zum Schluß: der wilde Mann. Ergiebigkeit von Transpositionen desselben
Beta Bartoks Streichquartett op.7, von den Motives in eine entfernte Tonart und von
Meistern des Feist.. Quartetts meisterlich gespielt. Zusammenziehungen zum Zwecke der me ...
So sehr ich persönlich am Prinzip der Tonalität lodischen Steigerung wird reichlich ausgenützt.
festhalte, überzeugt, daß sie noch lange nicht Für die Führung der heiden Stimmen ist eine
abzutun, noch lange schöpferischer Potenz Art freier Polyphonie charakteristisch, die sich
dienstbar, nicht hemmend sein wird, so sehr im allgemeinen von der genauen Imitation
anerkenne ich die volle Berechtigung, auch im fernhält, aber doch das Eigenleben der ein..
Harmonischen die Ausdrucksmittel zu erweitern, zeInen ge;währleistet. Natürlich finden sich
unbekümmert um imaginäre ästheti~che auch Paralle1bewegungen und effektvolle Uni...
Grenzen. Nichts gewöhnt das geübte Ohr so sonostellen.
schnell, wie die verpöntesten "Kakophonien". Die größte Ausdehnung unter den Zwie ..
Etwas anderes ist es um die formale Gestal.. gesängen hat "Die Perle". Durch die Sonder..
tung. Und die ist bei Bart6k sicher besorgt stellung als eigenes Werk wollte der Komponist
durch motivischen Bau und ein festes rhyth ... wohl auf die Bedeutung hinweisen. Du Stück
misches Rückgrat. Gerade als Rhythmiker ist enthält auch wirklich wunderbar klingende,
er überaus anregend, dem Rhythmiker in ihm getragene Melodien. die von einer harmonisch
reicht wohl auch- der Folklorist, der er ist, fein gefärbten Begleitung gestützt !'lind. Natürlich
verständnisvoll die Hand. Liebhaber, Sammler lösen sich die Akkorde, bei denen die "sixte
und Bearbeiter nationaler, volkstümlicher Kraft ajoutee# eine ,rößere Rolle spielt, im Orchester
ist er alles eher, als ein verweichlichter Mode .. in ein Gewebe von Mittelstimmen auf, a.us denen
snob, der sich in säuselnden Harmonien auf... die eine oder andere zuweilen a.ls gleichwertige
löst, Wenn ich auch Scherze, wie sein "Allegro Genos;sin der Hauptme10die emportaucht. Ein
barbaro", das ein sehr braves C .. dur Moti.,. in Spiel, das durch die mannigfaltigen Reize der
Fis..moll harmonisiert und im ganzen eine Orchel5terfarben ~ehr anziehend wirkt.
famose Imitationsleistung ist, für nicht mehr
Von den anderen Duetten ist "Dank" ein
ansehe, als das noch immer beliebte "epater le
duftites Stück anmutigen Cha.rakters, in dem
bourgeois" ••• Worauf der Bourgeois pünktlich
von echoartigen Taktwiederholungen in höherer
zu reagieren pflegt, als wäre es das rote Tuch,
Lage oder veränderter Instrumenta.tion reizvoller
und er • •• Dr. R. St. Hoffmann Gebrauch gemacht wird. In den "Elementen"
kommt ein frischer, kräftiger Zug %um Aus ..
c c druck, du nur zuweilen durch zartere melodische

118
Stellen unterbrochen wird. Tonmalerei von ausdruck der nPerleu. Den Abschluß (nEin
Waffenlärm und Trompetenschall fügt sich hier, Paar"') bildet ein dahin stürmendes, jubelndes
dennt behandelt, dankbar ein. Das schwer.. Lied voll Temperament und Laune, das man
blUtigste Stück ist das dritte der Sammlung, sich schon beim Lesen gesungen wünscht.
"Gottesgedanken" • Eigentlich auf dnen harmo .. Dieser Wunsch nach einer Aufführung sei nicht
nischen Einfall gestellt, der immer wieder.. lange unerfüllt! Man freut sich, diese kIangfrohe
kehrt, birgt es auch schöngeschwungene Bögen und feinsinnige Musik bald zu genießen.
von Melodien und nähert sich so im Gesangs.. Dr. P. A. Pisk
o 0

NEU E NOT E N Verlag Gehr. Hug u. Co., Zürich-Leipzi~


Carl Seelig: 33 echte Volkslieder
Universal Edition, Wien-Leipzig
Fran:: Maser: Aus meinem Leben, op. 12, Verlag Pizzi u. Co., Bologna
Zwölf Klavierstücke Respighi O. j Fontane di Rama, Poema sin..
Franz Mittler: Sechs kleine Walzer, op. 4 fonico per orchestra
Josef Rosenstock: Klaviersonate op. 3, E-moll Malipiero A. Francesca: Pause deI silenzio,
sette esspressioni sinfoniche
Verlag L. Dablinger, Wien
Richard Stöhr: 6 Klavierstücke, op. 41 Benvenutti Giacomo: 5 canti a una voce
Bittprozession Godivilla Filippo: Sonata per oboe e piano..
Rieseln der Nacht forte
Flimmern im Mondenschein
Venezianisches Ständchen Principe Remy: Concerto per violino ed
Ballade vom versunkenen Glück orchestra
Soldatenübung im Prater Antonio Belletti: Sei piecoli pezzi caratteristici
Verlag JuHus Hainauer, Breslau Francesco Vatelli: Due sonate per violoncello
Herman Buchal: Klaviersonate C~moll e pianoforte d. G. ]aechini elaborate
Verlag Jatho, Berlin F. Sangelli: Nuova tarantella per pianoforte
Maz Schillings: Die Perle, op. 33, Vier Zwie ..
gesänge op. 34, für Sopran und Tenor mit
Orchester C 0

Verlag Paul S chneeb erger, Biel (Schweiz)


Paul Schneeberger: Melodie op. 7, Interme%Zo
op. 8, Thema mit sechs Variationen für NEU E B Ü eHE R
Klavier
Edition Foetisch, Paris-Lausanne Verlag P. J. Tonger, Köln-Rhein
Gustav Doret: Einst und anderswo, Romanzen Fritz Volbach: Beethovens Klavier..Sonaten
und Lieder nach Rene Morax (Erläuterungen)
Verlag Carisch u. Co., Milano Verlag Oskar Laube, Dresden
Ried Signorini: Sei hitime vod Briche
Boghen A.: Preludio per pianoforte Richard Müller: Wagner in der Mairevolution
1849
Saarbekow 0.: Studio, Canto popolare, Not..
turno, Barcarole, Canzane triste per pian().o Richard Schmid: Richard Wagners Opern und
forte Mu~ikdramen in Dresden

D C

VerantwortlIcher Sckriftldterl Dr.AIfred. Kalmus, Wien, I. KarI.pIatz 6.- Herau.rel"eben von der Unhfersa1~
Bdltioa A.~G. - Druck ,,"on Otto Hu.D' Söhne Oe9. m. b. H., Wien.. I. Walltt.chrAlSse 10.

119
MODERNE KUNST~UND
ORCHESTER· KULTURRAT BLrrTER FüR DIE
\VERKE PERS1CjNLICHKEIT
herausgegeben von
JOSEPH AUG.LUX
aus dem Verlag: I. Verbindung mit Prof. Peter Bohrens, Intendant Dr. Karl
Hilgemann, Prof. Joseph Hoff'mann (Wltn8r WerhUi.tte) Ernst
B. SCHon's StiHNE Osthaus (Folkwang·rAuseum), Prof. Paul SOhultlB.NauInburg
Karl Sohmldt (Deutschs Werkstätten), österr. Werkbund oto:

)I(
Zur_Pflege der Persönnchkeitswerte,
Förderung der Kultur.
Gro~e und ständige Erfolge aus I Ideale und Innere Ge-
den Konzert- Programmen der meinschaft der Geister
Weltanschauung, Dichtung u. Graphik
führenden Dir i gen te n, wie: (0 r I gin al hol 18 0 h n It te d I re kt vo m S t 0 0 t. ge d ru 0 kt)
Abendroth, Busch, Furtwiingler,
Mengelberg,Muck,Nikisch,Rimter,
VERLAG KUNST. UND KULTURRAT
Sleinbam, Strau~, Weingartner FREIE ARBEITSGEMEINSCHAFT
Gesolläft8stelle für De.utschland: Bayr. Omaln bel Relohenhall
Geschäftsstelle für Österreich: Graßgmaln bel Salzburg
DOHNANYI, E. v. Sinfonie in D·moll A.bonnement Jät!rl1oh 12 Hefte Mark 1B'- (Kronen 30'-)
GRAINGER P..... Moc:k·Morris·Tanz Eln~elhefte .. " " •• " " •• " ".. Mark I'SO (Kronen 3'-)
• Molly on the Shore
(Irischer Volkslanz)
KORNGOLD E.W. Schauspiel-Ouvert.
" Sinfonietta HERVORRAGENDE MEISTERWERKE
• Vorspiel u. Carne· VON
val aus "Violanla"
Sinfonie·Ouvertüre
(Erscheint in Kürze)
RICH. STOHR
MAC DOWEll E. Lamia, Sinfonie,
Dichtung
" Erste Suile "Bilder aus Natur und
MASSENET J....... Scenes Piltoresques leben", sechs Klavierstüc:ke
MORITZ E......... Burleske für grOßes für Klavier zu zwei Händen,
Orchesler zwei Hefte ..... il Mk.4·-
SCOTT, CYRll .... Aubade
STEPHAN R....... Musik für Orchester Kompl.ineinem Hefl Mk.S·-
in einem Satz Sonate für Vioiincell und
STRAWINSKY J. .. Feuerwerk,Fantasie Klavier ....... Mk. 10'-
WINDSBERGER l. Konzerl·Ouverlüre 100 Proz. Teuerungszusddag
. (G-dur)
Ansichtssendungen stehen gerne zur
)I( Yerjügllng

Parlituren zur Ansicht


versendet bereitwilligst der Verlag:
VERLAG VON LUDWIG DOBLINGER
B. SCHOTT'S SaHNE (BERNHARD HERZMANSKY) WIEN I.
HAINZ DOROTHEERGASSE 10
Musikalienhandlung, Anliquarial und leihamfalt

120
PREISAUSSCHREIBEN ,

fQ,~""",~,',~,~,!,,~,~,:,,~,~,~,I?,9.,~,~tl!121~1~1~,
Die Musikblätter des Anbrum eröffnen ein Pr eis aus sc h r e i ben für

Klavierstücke (Sonaten u. dgl.)


für Klavier zu zwei Händen
Dieser Wettbewerb ist der jungen Generation vorbehalten, ohne Rück·
simt auf deren nalionale Zugehörigkeit.
Der Umfang der Komposition darf 24 Dru<kseiten, die Aufführungs-
dauer 15 Minuten ni mt übersteigen.
Die Kompositionen dürfen nom nimt veröffentlimt und nimt unleserlim
gesmrieben sein. Da die Smriftleitung jede Haftung für das Manuskript ab-
lehnt, ist die Verwahrung einer Kopiedem Komponisten dringend empfohlen.
Die Manuskripte sind bis zum 1. März 1920 an die Smriftleitung der
Musikblätter des Anbrum, Wien, I. Karlsplatz 6, einzusenden.
Die Manuskripte dürfen den Namen des Komponisten nimt enthalten,
sondern sind blo~ mit einem Motto zu bezeimnen. Namen und Adresse des
Komponisten sind in einem versmlossenen Kuvert, das als Aufsmrift das
Motto trägt, dem Manuskripte beizusmlie~en.
Das Preisrimteramt haben die Herren Josef M a rx, Moriz R 0 s e n-
thai, PaulWeingarfen und KariWeigl übernommen.
AI. Preise sind ausgesetzt:
1. Preis •.......•......... K 800·-
2. Preis ••.•.•..•.....•... K 500·-
3. Preis ............•..... K 200·-
Von den eingereimten Kompositionen, gleimzeitig hömstens drei,
wird im gegebenen Fall nur eine desselben Komponisten prämiiert.
Das Ergebnis der Jury wird mit 1. Juni 1920 bekanntgegeben.
Die Musikblätter des Anbrum bringen die prämiierten Kompositionen
Im Herbst 1920 in einem nur für diesen Zwe<k beslimmten Abend zur Ur-
aufführung. Es steht ihnen das Remt zu, diese Kompositionen als Noten·
beilage abzudrucken.
Die Universal-Edition A.-G. behält sim das Remt vor, sowohl die
prämiierten wie aum die übrigen ein gereimten Kompositionen gegen eine
Verlagstanlieme von 15'/0 des Ladenpreises für ihren Verlag zu erwerben.

121
KONZERTBORO KONZERT -DIREKTION
DER GESELLSCHAFT DER Robert Kollitsch
MUSIKFREUNDE IN WIEN
I. BEZIRK, KARLSPLA TZ 6
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WILHELM GROSZ FELIX PETYREK
Fünt Gedichte Zwei liede~

Aus dem ..JlIpanisrnen Frühling- von Hans Bethge Aus dem "Bu91 der Seele" von Richard SchauklJl
für eine Singstimme mit Klavierbegleilung
U. E. Nr.5886 I. Spill. Für Ges .• Viol. u. Klav. Mk. 2·-
U. E. Nr. 6320 Preis Mark 3'- U. E. Nr.5887 11. Der Wind. Für Gesang,
Klavier, Viola und Klarinette Mk. 3'-
1. Trübes lied. 2. Die Verlassenen. 3. Das Mädchen
auf der Brü&.~. 4. Jubel. 5. No<:h einmal
Diese hornmodernen Kammerlieder gelangten in
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122
Verein
Salzburger festspielhaus-Gemeinde
Gegründet am 1. August 1917
Sitz in Wien, I. Giselaslra~e 12, Gebäude der Gesellsmafl der Musikfreunde

Der Verein bezweckl die Errichtung von festspielhaus·Bauten in Salzburg zur Abhallung
von internationalen musikalismen und dramCllismen Festspielen weltlidlen und geis!limen lnhalls
unler Führung der deulsmen Kunst
Präsidium der Direktion: AlexanderThurn-Taxis (Wien) Präsident: Direktor Friedric:h
Gehmamer (Salzburg) I. Vizepräsident; Dr. Karl Wiener (Wien) Pri1sidenl d. R. d. Staats-
akademie für Musik und darstellende Kuml. belraut mil der funktion als 11. Vize präsident;
Redakteur Heinrim Daminh (Wien) gesmäflsführendes Direklionsmilglied; Direktor Emil
Ronsperger (Wien) FInanzreferent ; landes-Oberredmungsri3t Arthur Sadter (Salzburg)
Zenlralkassier; Obersileutmml d. R. Adolf frank (S~lzburg) Hauplschrjflführer; Georg
Jung (Si'llzburg) Zenfralvorsfeher der Ortsgruppen
In die Direktion entsende1e Regierungsvertreter: Seklionsröl Dr. Kar) Kobald vom
Sfdalsamt für Inneres und Unferrld1t; Sektionsr..,,' Dr. Gustav Huber vom Slaafsamt für
Verkehnwesen; Oberbaural Ing. Gustav Gelse vom Slaohaml für Handel und Gewerbe,
Industrie und Baufen ,:7

Kunstrat: Dr. Hugo Hofmannstha) (Wien), Professor Max Reinhardt (Berlin), Hofra(O-
--, --
..,.....,""""....
'.'

Prof. Alfred Roller (Wien), Direklionsmilglied Operndireklor Prof. franz Smalk (Wien),
Operndlreklor Dr. Ridlard Strau~ (WIen)
Vorstände der Zweigvereine: Dlreklionsmilglied Generaldirektor Dr. Siegmund StranskYJ
Zweigverein Wien: Direklionsmltglied Direktor friedridl Gehmadter J Zweigverein Salzburg
Sekretariate: Wien: I. Gisel~slra~e 12 (Karlsplalz 6), Musikvereinsgebäude.:Salzburg: Churfürsten·
slra~e I, Resldenzgebäud~

Auszug aus den Satzungen


§ 8 Ordentlidte Mitglieder. I, Gruppe: a) StifterJ welme ein für allemal einen Betrag von
K 50.000'- erlegen, b) Gründer. welche ein für allemal einen Betrag von K 10,000'-
erlegen, c) förderer. welmeein fürallem~leinen Befrag von K 2000'- erlegen, d) Spender,
weldle ein für 1I11emlli einen Befrag von K 1000'- erlegen
11. Gruppe: el fördernde Mitglieder mit einem jährlirnen Beitrag von mlndesfem K 100'-,
f) Unterstützende Mitglieder mit. einem jährl1m~n Beilri!lg ~on mindestem K 1~:-.
g) -Ortsgruppen als solme, welme emen Gesamtbeitrag von mlndesfem K 100'- Jahr-
lich leisten. (Orlsgruppen-Elnzelbeilrag tür werbende Mitglieder K 5'-)

Der Verein glbl monatlich eine eigene Kunslzeifsrnri{t "Mitteilungen der Salzburger fest-
,splelhllus-Gemeinde h
, heraus, welme sim mit allen einsdllägigen künstlerismen und literarischen
Fragen befi!l~f und die laufenden Vereinsangelegenheilen behandelt. Hauptsdtriftleifer: Heinridt
DGmismJ 'Wien, I. Gise!astra~e 12. Bezugspreis für Mitglieder jährlidt K (Mk,) 10'-, für Nidlf-
mitglieder jährlich K (Mk.J 15'-, Einzelnummer K (Mk.) 1'50
Anmeldungen als Mitglied und Abonnements der "Mitteilungen'- werden täglich mündlich
oder schrifllich angenommen In den Sekretariaten der Salzburger Fesfspielhaus-Gemeinde, Wien,
I. Giselaslra~e 12, und Salzburg, Churlürstenstra~e 1

123
-ose -B. Foerster
~

Kammermusik Chorwerke
Ll E. Nr. Mark U. E. Nr.

3886 11. Klaviel"lrio B dur, Stabat mater, op. S6


op. 38 , , , , , , , 5'- für gemismten Chor. Orchester und
III.StreidlquartettC dur, Orgel (lateinisch)
op. 61 , 1'- 3209 ParliIur""", 20'-
5478 Parlilur 160 , 1'- 2657 Klavierauszug mit Text, 3'-
5479 Stimmen 6'- Die Weihe der Nadlt, op. 87, Nr. 1
für Frauenchor mit Orchester (Heb bel)
3117 ParliIur""". 2'-
Orchesterwerke 3118a/d Stimmen , , • , , ,iI -'25
(Materiale nam Vereinbarung) Abendlied, op. 89, Nr. 1
für Männerchor " cappella
Meine Jugend, op. 44
5354 Parfilur • , -'''0
Symphonismes Stimmungsbild für
5355a/d Stimmen. , • , •• " -'15
gro~es Ordlester
2814 Ormesterparfilur , , , , , 12'-
2812 Klavier zu vier Händen, • 3'- Bühnenwerke
IV. Symphonie C moll, op. 54 Jessika
für gro~es Or<hester Komisme Oper in 3 Aufzügen
3333 Klavier zu vier Händen, , 5'- 2590 Klavierauszug m, Text 12'-
(Parlllur und Stimmen nur In Abs<hrift erhältlich)
2643 Textbum,'",.. - '60
Marja-Eva
Violinkonzel"l C moll, op. 88 Oper in 3 Akten
5253 Parfilur , , , , , , , , , 15'- 5830 Klavierauszug m, Text 12'-
3887 Ausg, f, Violine u, Klavier, 6'- 5716 Textbuch , • , , • • -'60
Von. Frühling und Sehnsudlt, op.93 Die Oberwinder
Symphonisme Dichtung für gro~es Oper in 4 Akten
Orchester 6047 Klavierauszug m, Text , 10'-
(Parlilur und Stimmen nur In Abschrift erhiiltlich) ~ Textbuch , , , , • • • -'80
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Universal-Edition A.-G .• Wien-Leipzig


124
-ose" B. Foerster
,)

Klavier zu 2 Händen lieder


U. E. Nt. Mark
für eine Singstimme und Klavier
2816 Träumereien, op. 47
5 Klavierstü<ke . . . . . . 2'40 U. E. Nr. Mark
2817 Rosen der Erinnerungen,
op. 49. 6 Klavierstücke . . 2'40 4925 Nadttviolen, op. 43 . 1"50
Vier Lieder aus dem Zyklus
3331 Impressionen, op. 73 ,.Eine Liebe" v.Gustav
5 Klavierstü<ke . . . . 2'- Fa I k e: 1. Ja, holde Herrin.
5831 Abendmusik, op. 19 2. Du hast in meinem Herzen.
2 Klavierstücke . . . 1"50 3. Vision. 4. Epilog.
5835 Maskenspiel des Eros
op. 98 . . . . . . . . . 2'50 3332 Vier lieder, op. 60 . . 2'-
1. An die Laute. 2. Frühlings·
tag. 3.T raumkinder.3. Ballade.
Klavier zu 4 Händen
2654 In den Bergen, op. 7 4924 Frühlingsnadtlslraum,
. S u i t e . . . . . . . . . . . 4'- op. 65 . . . . . . . . . 2'-
1. Melamholie in den Bergen. 1. Im Frühling. 2. Liebesgru~.
2. Sonniger Tag. 3. Träumerei am 3. Im darf dirn nimt lieben.
Abend. 4. Dorllesl. 4. Meine Lilie. 5. An Marie.
2812 Meine Jugend, op. 44 6. Viel Träume. 7. Wirf in
Symphon. Stimmungsbild. 3'- mein Herz. 8. Klänge und
3333 Symphonie IV Cmoll Smmerzen.
op. 54 . . . . . y-
3330 Leuchtende Tage, op.69 2.-
1. Leumtende Tage. 2. Träu·
Violine und Klavier merei. 3. Trost der Nam!.
2655 Sonate H moll, op. 10 Y- 4. Nadl Hause.
3887 Violinkonzert C moll 5418 Fünf liebeslieder, op.96 2'-
op. 88 . . . . 6'- 1. Behalt es nim!. 2. Tag,
5834 Ballata op. 92 . 1"50 Tag. 3. Mein Herz. 4. Im
pflückte das Blatt. 5. lieb',
mein Herz sehnte sim.
ViolonceIl u. Klavier
2813 Sonate F moll, op. 45 3'50 5522/24 Drei lieder aus der
Kriegszeit, op.97. . . a 1"-
6049 Foerster·Album . . . . 8'- 1. Und die Kugel traf.
Auswahl von Stücken für Klavier zu
zwei Händen und für Gesang mit 2. Drau~en im weilen Krieg.
Klavierbegleilung 3. Namt im Felde.
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125
Franz Schreker
in der Universal-Edition
1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Infantin Wilde, ~~7~~;~~;r"~o?~f:r
U. E. Nr. 2545 Klaviersuile, vierhändig . . . . . . . . . . . . . . . . Merk 3·-
Zweihändige Ausgabe in Vorbcreilung

Der ferne Klang Oper in drei Aufzügen


u. E. Nr. 3096 Klavierauszug mit Texl .. .... · Mark 20'~
U. E. NI'. 3100 Regiebudl mit szenischen Bemerkungen . . . · Mark 1'50
U. E. NI'. 3100a Textbuch . . . . . . . . . . . . . . . . · Mark 1'20
U. E. NI'. 5367 Ballade für eine Singstimme und Klavier . . · Mark 1'50
U. E. NI'. 5369 Sd-lIuflduelt für zwei Singslimmen und Klavier · Mark 2'-

Das Spielwerk Oper in einem Auf~ug


U. E. Nr. 3770 Klavierauszug mi! Text . . . , . . . . . . . . . . . . Mark 15'~
U. E. Nr. 3771 Textbuch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark J'20

Der rote Tod Frei nach E. A. Poe. Dichtung in einem Akt


U. E. NI'. 3289 Texfbuch . . . . . . . . . . . . . . · Mark 1'20

Die Gezeichneten Oper in drei Aufzügen


u. E. Nr, 5690 Klavierauszug mit Texf . , . , . · Mark 20·-
U. E. Nr, 5691 Textbum . . . , . , . . . . · Mark 1"20
U. E. Nr, 5762 Thematische Analyse . . . . · Mark 1'-
U. E. Nr. 5884 Vorspiel. Klavier. zweihändig . · Mark 3'-
U. E. Nr, 5389 Dasselbe. Klavier, vierhändig , . · Mark 6'-
U, E. Nr, 5364 Dasselbe. Studienparlilur , . . . .. . · Mark 4'-
U. E. Nr. 5365 Dasselbe. Ormesterparlilur, . , . . , . . . · Mark 30'-
U. E. Nr. 6133 Wiegenlied der EIs, Gesang und Klavier . . · Mark 1"50

Der Schatzgräber Oper in vier Aufzügen, einem Vor- und Nachspiel


U. E, Nr. 6136 Klavierauszug mit Text . . . . . . . Mark 20'-
U. E. Nr. 6137 Textbu<h . . . , . . . , . . . . . . . . . . . . . . Mark 1'20

In Vorbereitung:
Memnon Irrelohe
Opern dichtung in zwei Akten Operndichtung in drei Akten

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ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG

126
CONCERTGEBOUW -AMSTERDAM
MAI 1920

MAHLER-FEST
Sämtliche Werke Gustav Mahlers
in einem Zyklus von 9 Konzerten
unter leitung von W. Mengelberg
und unter Mitwirkung berühmter
Solisten. des Concertgebouw-Or·
chesters und .,Toonkunst" -Chores

1. KONZERT • . •• 6. MAI 1920 5. KONZERT . _ .• 14. MAI 1920


Das klagende lied, lieder Sechste Sinfonie, Kinder-
eines fahrenden Gesellen, ::: toten lieder :::
... Erste Sinfonie ::: 6. KONZERT ••• _ 15. MAI 1920
lieder, Siebente Sinfonie
2. KONZERT _ . . . 8. MAI 1920
::: Zweite Sinfonie ::: 7. KONZERT . • . • 17. MAI 1920
Das lied von der Erde
3. KONZERT •..• 10. MAI 1920
...
... Drille Sinfonie
8. KONZERT •.•• 19. MAI
::: Neunte Sinfonie :::
1920

4. KONZERT . . . . 12. MAI 1920 9. KONZERT •.•• 22. MAI 1920


Vierte und fünfle Sinfonie Achte Sinfonie

127
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 3/4 DES 1. JAHRGANGES
Hermann Smerd1en ............ ,_, ...... '" ... ... ... Das Tonalitätsprinzlp
Rudolf ReH ......... _,_ ....... " ," ... _.. _.. .•. Konsonanz und Dissonanz
Fritz Stiedry ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... •.. .., ... ... Fragment
B. Paumgarlner ...... _,_ ............... Reform des Musikunlerrimles 111
EmU Chvala ......................................•....•. Tschemisdle Musik 11
Vflezslav Novak ., ... _ ... _.. ... ... ... ... ... ... Jüngste fsched1isdle Musik
Bela Barf6k ,.. __ .... _,_ .. _ .. _ .............................. Musikfolklore
Dr. R. St. Hoffmann ............ ,.. ". ,_, .. _ ... ... Die Wiener Volksoper
Paul Marsop ... ... ... ... ... ... ... ... Der Kriliker auf den Parkelfsessel
Dr. E. R. Mengelberg ... ... ... ... ... ... ... ... ... Mahler·Fest In Holland
Glossen: Musik und Wellidee von Hugo Kauder; Musik in Wien von
Dr. R. SI. Hoffmann; Meine Herren Operndirekloren von Dr. R. SI. HoffM
mann; Musik im Spiegel der Zeil von Egon Wellesz; Neue Davidsbündler
von Rudolf Refi: Krilik der Kritik von R. S. H. / Besprechung / Neue Noten
No I e n bei lag e: Szymanowski 2 Preludes 'aus op. 1

NUMMER 1/2 DES 2. JAHRGANGES


SONDERHEFT FRANZ SCHREKER
Paul Bekker ............................................. Die Persönlichkeit
0110 Schneider ......... '" ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Der Mensch
Paul Stefan ...................................................... Das Leben
toachim Beck ............... '" ........................... Die Gezeidmeten
ugen Schmilz ............... '" ... ... ... ... ... ... ...... Der Schatzgräber
Franz S<hreker ............................................. Irrelohe 1. Akt
Max Broesike·Schoell... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Die Harmonik
Ernst Lerf '" ................................................ Die Darstellung
Dr. O. Sch. .. ............... ' .................................... Die Kritik

Beilagen: Porträt Smrekers; Bühnenbilder aus "Der ferne Klang" (Roller)


und "Die Gezeichneten" (Hasail); Entwurf zum .. Schatzgräber" (Sieverl);
Faksimile einer ParUilurseite aus "Schc'l.tzgräber"
Notenbeilage: lied der aUen liese aus MOas Spielwerk"

128
DIE NEUE MUSIKGESEllSCHAFT
DER ANBRUCH-
I N B E R L I N
Kün,lleri,d,e Leiluilg
Dr. Olto Sdmeider
o

EHREN· KOMITEE
KULTUSMINISTER HÄNISCH, SYNDIKUS DOKTOR REICKE, INTENDANT
MAX SCHILLINGS, GENERAL- MUSIK- DIREKTOR LEO BLECH, PRO-
FESSOR BRUNO PAUL, LOTTE MENDELSSOHN·BARTHOLDY, DIREKTOR
LANDEKER, DIREKTOR BAER, PAUL SCHOENWALD, JACQUES ELlAS

GESCHÄFTSSTELLE:

BERLIN W 35 . VIKTORIASTRAI3E 35
PAUL CASSIRER VERLAG

129
Für die Saison 1920/21 isl folgendes Programm in Aussieht genommen;

Ormesterkonzerte
11iI11II111II11II1II11II1I11I1II1I1II111111111111II11II11II1I1I1I1111II111II11II1111II11I1II1II!111I1II1I1I1I1II1II1I1I1II1111II11111II1II1II1I1iI1I1I1II11111II111II1I1I1I

6 ordentliche:
1 2
Dirigent, Dirigent,
WILLIAM MENGELBERG OSKAR FRIED
Siebenie Mahler-Sinfonie Rim;ky-Korsakow ...... Sdleherazade
Kindertotenlieder Borodin ................ Prinee Igor
Seriabine ................ 111. Sinfonie
3 4
Dirigent,
Dirigent,
WILHELM FURlWÄNGLER MAX SCHILLINGS
DelitlS .. .. .. .. .. .......... Arabeske Rich. Strau~
Rosensto<k .. .. ........ Klavierkonzert festliches Präludium . Burleske
Novak ...... Toman und die Waldfee Orchesterlieder . Don Quixote
5 '6
Dirigent, Dirigent,
LEO BLECH SIEGFRIED OCHS
Korngold .. Ouvertüre .. Die tote Stadt" Debussy .. .. .. ............ Nocturnes
Kornauth .. .. .. .. .. .. .. .. Sinfonielta Delius " .. .. .. .. .. .. .... Appalachia
Bart6k .. .. .. .. .. .... Orchestersuite Novak .............. Die Totenbraut

2 au~erordentl iche:
1 2
Dirigent, Dirigent,
BRUNO WALlER ARNOLD SCHONBERG
Achte Mahler-Sinfonie Arnold Schönberg . Gurrelieder

130
Kammermusik-
Abende
J 2
Taneiew .................. Klaviertrio Weigl ................ Streich,exte!!
Ravel.. .. .. Le tombeau de Couperin Kornaulh.............. Violin,onate
SIepan ........ Böhml,che Volkslieder Pelyrek .......... Kammermusiklleder
Bart6k .. .. .. .. .. .... Streichquartett Korngold .. .. .. .. .. .. Klavierquintett

3 4
Debussy .......•........ Harfenlrio Borodin.............. StreichquarteH
Marx ............ Kammermusiklleder Reger ................ ViolInsonate
Szymanow,ki .... Dritte Klaviersonate Kornauth.............. Flötenlleder
Ravel.. .. .. .. .. .. .... Streichquartett Pflfzner.............. KlavierquinteIl

5 6
Ravel.. .. .. .. .. .. .. .. .. .. Klaviertrio Debussy ......... ..... Blanc el noir
Sirawinsky ................ Prlbaoufki Szymanowski ............ Haflslleder
Kornaufh .............. StrelchsexleH Schön berg ....... ' .' .. Pierrot Lunaire

MITWIRKENDE:
ARTHUR SCHNABEL, CARl FlESCH, BRUNO EISNER. NORA
DREWETT, at:'ZA KRAUSZ, DORA PIj3L1NG, BARBARA KEMP,
MARGARETE WITH, HEINRICH SCHlUSNUS, PAUl LlBAN, ROSY
FUCHS·FAYER. HANS SMETERLING
KLiNGLER·QUARTETT, WAlDBAUER·QUARTETT,
GOTTESMANN·QUARTETT

131
KONZERTE DES
ANBRUCH-WIEN
111. Ormesterkonzert
Montag, den 8. März 1920, abends
im gro~en Konzerthaus-Saal in Wien

Dirigent:

Leo Rosenek
Mitwirkend:
Helene Lampl-Elbenschüfz
Konzertsängerin Rosy Fuchs·Fayer
Programm:
I. H. Berlioz .......... Ouvertüre: Der Corsar
2. Rlch. Strau~: al Gesang der Apollopriesterin
b1 Waldseligkeit cl Cäcille :: :: :: :: :: :: :: ::
3. lose! Marx: al Und gestern hai er mir Rosen
gebracht b) Hat dich die liebe be~ührt
4. Rich. Strau~: Burleske für Klavier u. Orchester
5. Hugo Woll: Penthesilea (sinfonische Dichtung)
Karten an der Konzerthauskössö

'--
182
J

Atlfführullg~r\:!cht vorbehalten.
Impressionen. . .. "

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Jas. B. Faerster, Op. 73. Nr. 1.
Andante comodo, ma non troppo lento.
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Verlag der Universal_Edition A. G. \Viell-Leip,,;ig.


Notenbeilage zu "Musikblätter des Anbruch" Erstes Feherheft 1920.
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MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

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.1 M POT E N Z" ODER POTENZ?


Eine Antwort an Herrn Prof.ssor Dr. Hans Pfitzner
Von Paul B.kker~
Und wer frannt oder brittct.
Italienert oder teutlchct.
Biner wHI nur wie der andere
Was die Bigenliebe heischet.
Goethc t Diwan.
,",Die Unterzeichneten haben längst mit Bedauern das Treiben einer gewillen PArtei verfolgt.
deren Organ die Brenddsche "Zeitschrift fiir Musik" ist. Dit genannte Zeitschrift verbreitet fort...
während die Meinung, es stimmten im Grunde die ernster strebenden Musiker mit der von ihr
vertretenen Richtung überein, erkennten in den Kompositionen der Filhrer eben dieser Richtun&
Werke von künstlerischem Wert und es wäre Uberhauptt namentlich in NorddeutschIand t der Streit
EUt und wider die sogenannte Zukunftsmusik, und zwar zugunsten derselben, aU8Jcfochten.
Gegen eine solche Entstellung der Tatsachen zu protestieren, halten die Unterzeichneten ffir ihre
Pflicht und erklären wenigstens ihrerseits, daß sie die G run d.s ätz e, welche die Btendelache
Zeitschrift ausspricht, nicht anerkennen und daß sfe die Pro du k t e der Führer und Schüler
der sogenannten "Neudeutschen Schuleu, welche teils jene Grundsä.tze praktisch zur Anwendung
bringen und teils zur AufstelIung immer neuer, unerhörter Theorien %wfngen~... a1s dem in n e r ..
sten Wesen der Musik zuwider, nur beklagen oder verdammen können.l~
Diese .Erklärung", durch die Richard Wagner und Franz Liszt nebst ihren
Werken, Schriften und Anhängern totgeschlagen werden sollten, erschien im Jahre
1860. Die beiden ersten Unterschriften lauteten: J ohannes Brahms, Josef
J oachim. Liest man an Stelle der Jahreszahl1860 die Zahl 1920, an SteUe der .Neuen
Zeitschrift für Musik" .Frankfurter Zeitung", an Stelle des Namens Fram Brende!
den meinigen, an Stelle der "Neudeutschen Schule" .moderne Musik", steigert man
dann den sachlich ruhigen Ton der .Erklärung" durch den Sprachschatz der anti,
semitischen Hetzliteratur, setzt man eine kräftige Dosis Schopenhaueriana hinzu und
nimmt schließlich das Game unter herrlich flammendes teutonisches Glamfeuerwerk
der Worte - so hat man in nuce den Inhalt einer soeben erschienenen kunstpolitischen
+ Aus der Frankfurter Zeitung vom 15. und 16. Jänner 1920

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Streitschrift. Sie nennt sich "Die neue Ästhetik der musikalischen
Impotenz.u.+ Untertitel: nEin Verwesungssymptom?tl Verfasser ist Hans Pfitzner,
Ehrendoktor der Universität Straßburg, Komponist der Musikdramen ,.,Der arme
Heinrich", ,.,Die Rose vom Liebesgarten", "Palestrina" und - seinen eigenen Worten
nach -- Vorkämpfer der musikalischen Potenz. Und da ich. gleichfalls seinen
Worten nach, in meinen seither erschienenen Büchern, Vorträgen, Aufsätzen und
Kritiken die • Theorie der Impotenz" aufstene und die Vertreter dieser Impotenz
als führende Künstler unserer Zeit betrachte. so sieht Pfitzner sich zu einer General-
abrechnung mit mir und meinen Arbeitenveranlaßt. Er vermeidet es dabei aller-
dings. zu sagen. welchen Musiker unter den heutigen - außer sich selbst - er als
"potent" ansieht. Er vermeidet es ebenfalls, zu sagen, wer diejenigen sind, deren
.. Impotenz" ihn e"egt. Er hält ausschließlich mich. den Kritiker. für den Führer
und geistigen Urheber des neuen .. Nihilismus" in der Kunst. So ist ein Hauptziel
seiner Streitschrift die Bekämpfung und Entkräftung der für meine kritische Ein-
stellung maßgebenden Grunderkenntnisse. Pfitzner greift zu diesem Zwecke einige
Sätze teils aus dem Beethovenbuch, teils aus Broschüren. teils aus Zeitungsaufsätzen
heraus. zerpflückt sie auf seine Weise in sehr hübsch und amüsant geführter Polemik.
reckt sich am Schluß ZU heroischer Wagnerpose auf - und siehe da: die Kunst ist
wieder einmal gerettet. Hans Pfitznerhat dem deutschen Volke gezeigt. an welchen
Abgrund der Kritiker der .Frankfurter Zeitung" die schöne deutsche Musik zU führen
beabsichtigt. geradeso wie Brahms und Joachim. unterstützt von dem edlen Scholz
und dem trefflichen Grimm vor 60 Jahrel,1 die Verworfenheit Wagners und Liszts
aufdeckten. Vom geschichtsphilosophischen Standpunkt aus bezeichnet man solche
Vorkommnisse als die. Wiederkehr aller Dinge". In bezug auf den einzelnen aber,
der überall in der Welt nur noch Verfall und Untergang sieht. oder der - um mit
den eigenen Worten des .. Palestrina"-Dichterkomponisten zu reden. das Bekenntnis
ausspricht: • wir .. ind verkitscht, versaut. versumpft und stecken tief bis über den
Hals in Lüge. Dreck und Verwesung" - in bezug auf diesen einzelnen kann man nur
von einer schweren Verwirrung und Trübung der Urteilskraft sprechen. Die Sym-
ptome wurden schon in der gegen Busoni gerichteten Streitschrift .Futuristengefahr"
erkennbar. Jetzt, in der neuesten. umfassenden Kundgebung kommen sie zum
katastrophalen Ausbruch.
Es ist auch für den Angegriffenen nicht angenehm, einem Pfitzner gegenüber so
zu sprechen. denn. so unbegreiflich es auch scheinen mag. der Verfasser dieses
Pamphlets ist der nämliche Mann, dem wir die Partituren des .Armen Heinrich",
der "Rose", des "Palestrina4', so manches wertvolle Kammermusikwerk und
stimmungszarte Lied verdanken. Wenn ein solcher Künstler. dem die Natur nun
einmal eine stark pulsierende polemische Ader gegeben hat. sich gegen ihm Miß-
liebiges oder von seinem Standpunkt aus schädlich Erscheinendes zur Wehr setzt. so
is~ nichts darüber zu sagen. Es muß aber ausgesprochen werden, daß die Art der
Pfitznerschen Polemik ihrer Anlage. Durchführung und Tendenz nach etwas durch-
aus Demagogisches hat, mit Mitteln operiert. die im literarischen Kampf um künst-
lerische Grunderkenntnisse nicht zulässig. in ihrer Wirkung daher mehr geeignet
sind. Verwirrung zu stiften als Klarheit zu schaffen. Es gab drei Möglichkeiten für
Pfitzner: entweder den Kampf gegen mi c h und die von mir vertretenen Ansichten.
Dies wäre ein Streit um Anschauungen und Erkenntnisse rein ästhetischer Art
+ Verlag der "Süddeutschen MonatsheftelI, Muri.~hen.

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gewesen. Die moderne Produktion als solche wäre nur soweit in Frage gekommen,
als ich mich auf sie stütze, nicht aber ihrer absoluten Bedeutung nach, denn nicht
ich bin es, der sie hervorbringt~ sondern sie dient mir nur als - vielleicht falsch
benutzte - Grundlage. Was zu beweisen gewesen wäre. Oder: Pfitzner hätte das
z e i t gen ö s s i sc h e Sc haff e n kritisch betrachten können. Dann hätte er klipp
und klar aussprechen müssen, gegen wen und was er sich wendet: Namen der
Komponisten und der Werke, die ihm als nverderbIichu erscheinen, angeben, seinen
Widerspruch nicht mit unflätigen Worten des Hasses und der Verachtung, sondern
mit guten, sachlichen Gründen belegen müssen. Meine Person wäre dabei günstigsten-
falls als die eines kritischen Interpreten in Betracht gekommen - wobei dahin-
gestellt bleiben mag, ob und wieweit die angegriffenen Musiker meine subjektive
Stellungnahme überhaupt als für sie und ihr Wollen wirklich verbindlich und zu-
treffend ansehen. Oder aber drittens: Pfitzner wollte ein po Ii tisch es GI, a u b ens-
be k e n n t n isabiegen. Wenn es ihm darauf ankam, so war es ein schnöder Miß-
brauch von Kunst, Künstler und Kritik, unter dem Deckmantel kunstphilosophi-
scher Erörterungen Parteipolitilr gewöhnlichster Art zu betreiben. Das Bedenkliche
und Bedauerliche der Pfitznerschen Schrift liegt nun darin, daß er diese drei grund-
verschiedenen Dinge: ästhetische Polemik gegen den einzelnen Schriftsteller, Kritik
am zeitgenössischen Schaffen und Parteipolitik in einen Brei zusammenrührt,
keines davon sachlich klar und gesondert behandelt, sondern eines mit dem anderen
bis zur Unkenntlichkeit verquickt und an Stelle des logischen Beweises den billigen
rhetorischen Effekt setzt. Solche Kampfesweise mag für sachlich unerfahrene Leser
sehr eindrucksvoll sein, und die Art, wie Pfitzners Ausführungen in einem Teil der
Presse politisch agitatorisch ausgebeutet werden, ist der beste Beweis für ihre sinn-
verwirrende Wirkung. Ob sie aber den bisher geltenden Anschauungen über das
Verhalten in Streitfragen über künstlerische Erkenntnisse entspricht, ob sie das
bedeutet, was Pfitzner in seinem Verzweiflungsruf nach den "letzten Goten" für
"deutsch" im besten Sinne hält - das zu entscheiden, mag der Zukunft überlassen
bleiben. Diese Zukunft wird über solche Produkte blind sein wollender Unkenntnis
wortlos hinwegschreiten, wird Pfitzners Haß gesang gegen die moderne MusiIr als
ohnmächtiges Gezeter eines hochbegabten, aber unter die Räder der zelt geratenen Nach-
kömmlings eines versinkenden Zeitalters erkennen. Sie wird an der inneren und
auch äußeren Würdelosigkeit dieser Schrift die Verwirrung erkennen, in die auch
manche der besten Geister des deutschen Volkes durch eine falsche Gesichtsauf-
fassung, durch den typisch deutschen Mangel eines klaren Weltbildes, durch die
Irrlehre der Romantik gestürzt wurden. Und sie wird schließlich aus dem "Fall
Pfitzner" eine heilsame Lehre dafür ziehen, wohin nationalistische Verengung des
Denkens und Fühlens selbst dem hochstehenden Künstler führen kann, wenn er
sein bestes: sein K ü n s t I e r t u m blindem Chauvinismus preisgibt.
o
Ich versuche nun, auf Pfitzners Einzelausführungen einzugehen, soweit es mög...
Iich ist, im Rahmen eines Zeitungsaufsatzes auf ein Buch im Umfang von mehr
als 150 Seiten zu erwidern. Dieses räumliche Mißverhältnis zwingt mich zur Be...
schränkung auf das G run d sät z I ich e der Pfitznerschen Polemik. Um Klarheit .
zu schaffen, werde ich nach den drei bereits angedeuteten Gesichtspunkten unter...
scheiden zwischen den Angriffen gegen m ein e S ehr i f t e n, den Angriffen gegen

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die zeit gen ö s s i sc h e K uns t und schließlich den ins P arteipoli tische über-
greifenden Ausführungen Pfitzners.
Pfitzner wendet sich zunächst gegen mein B e e t h 0 v e n b u c h, das, vor zehn
Jahren geschrieben, nach Pfitmers Auffassung, die "Vorstufe" bildet zu mein.r
heutigen Betrachtungsweise. Das Verwerfliche dieser Betrachtungsweise sieht Pfitzner
in meiner angeblichen "Übertragung außermusikalischer Werte auf Musik und Ab-
lenkung musikalischer Werte von der Musik," Beweis: ich unterstelle dem Schaffen
Beethovens eine "poetische Idee", die ich als bestimmung- und richtunggebend
nicht nur für den allgemeinen Plan, sondern auch für die Formgestaltung bei Beet-
hoven ansehe. Nun irrt Pfitzner schon insofern, als er solche These für meine
persönliche Erfindung ansieht. Die "poetische Idee" im Zusammenhang mit der
AffektenIehre ist einer der Grundbegriffe der Ästhetiker und Theoretiker des 18. Jahr-
hunderts, aus deren Anschauungen heraus Beethoven, wie viele seiner eigenen
Äußerungen beweisen, schuf. Abgesehen aber davon sind auch die bedeutendsten
und genialsten Kommentatoren Beethovenscher Musik im 19. Jahrhundert, von dem
von Pfitzner besonders verehrten E. Th. A. Hofmann über Robert Schumann bis
zu Richard Wagner bei ihren Beethoven-Erläuterungen stets auf die "poetische Idee"
als eine der Grundkräfte der Kunst Beethovens hinausgekommen.
Ich erwähne dies nur, um zunächst festzustellen, daß weit bessere Leute als ich da.
nämliche Verbrechen in bezug auf Annahme einer "poetischen Idee" begangen haben,
dessen Pfitzer mich jetzt anklagt und aus dem er mir gegenüber das Un-
musikhafte meiner Betrachtungsweise zu begründen versucht. Dies wäre allerdings
nur eine Entschuldigung, noch keine Verteidigung. Eine solche liegt für mich
in dem Umstande, daß, sobald man die "poetische Idee" ausschaltet, Beethovens
Formgestaltung unerklärlich wird. Unerklärlich ,nicht etwa in bezug auf die ver-
standesmäßig nicht faßbare Genialität, sondern unerklärlich, willkürlich, roh
phantastisch in bezug auf ihre innere Eigengesetzlichkeit, die bei jedem, auch dem
außerordentlichen Kunstwerk erkennbar sein muß und in der ein großer Teil der
Wirkung beschlossen liegt. Pfitzner behauptet, daß "alle die heute noch gültigen
Formen: Sonate, Rondo, Variation u. s. w. vor Beethoven schon existiert haben
und dieser sich g~nz unbefangen Zeit seines Lebens dieser Formen bedient" habe.
Solche Behauptung ist oberflächliche Sophisterei, durch die man Unkundige ver-
wirren kann. Sachlich ist sie falsch. Gewiß hat es schon vor Beethoven das Form-
schema der Sonate, des Rondos u. s. w. gegeben und gewiß hat Beethoven sich die
allgemeinen Grundzüge dieser Formschemata zunutze gemacht. Von solchem Form-
schema aber bis zu der höchst individuellen, in jeder einzelnen Schöpfung wieder absolut
neuen, selbständigen Formgestaltung Beethovens ist ein unermeßlich weiter Schritt
und in ihm, nicht aber in der aufgepappten Überschrift .Sonate, Rondo, Variation"
liegt das Entscheidende. Oder kann vielleicht Pfitzner nachweisen, wo in aller Welt
vor Beethoven eine Sonate von dem Bau der Cis-moll op. 27 oder des Schwester-
werkes in Es-dur oder der in E-dur op. 109 oder der in C-moll op. 111 existiert?
Ich nenne hier nur einige auffallende Beispiele, ich könnte ebenso jedes ein zein e
Werk Beethovens anführen. Wer sie kennt und sich nicht in holder Unbefangen-
heit schlichtweg bei dem Gattungsnamen "Sonate" beruhigt, der weiß, daß jedes
von ihnen eine Individualität für sich und daß es eine Täuschung unkritischer
Leser ist, zu behaupten, Beethoven habe sich "ganz unbefangen Zeit seine. Lebens"
der längst vor ihm vorhandenen Formen bedient.

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Ich habe mir nun zur Erklärung dieser wechselnden Formgestaltungen die These
der .poetischen Idee" zu eigen gemacht. Daß ich dabei auf dem historischen Boden
der Ästhetik des Beethoven,Zeitalters stehe, außerdem Vorgänger habe, die nicht
gerade zu den schlechtesten gehören, erwähnte ich bereits. Ich gebe aber gern zu,
daß diese These schließlich doch nur - eine T h e seist, wie sie eben für jede
kunstwissenschaftliche Betrachtung erforderlich ist, beruhend auf dem Bestreben,
etwas im letzten Grunde verstandesmäßig Unfaßbares dem Begreifen und dadurch
der inneren Aufnahme näher zu bringen. Wenn es jemandem gelingt, eine andere
These aufzustellen, die überzeugender wirkt und sich fruchtbarer erweist, so will
ich die meinige gern als erledigt ansehen. Bis jetzt habe ich keine Veranlassung
dazu, am wenigsten Pfitzner gegenüber, der mich zwar in der Theorie bekämpft,
in der Praxis aber das nämliche tU!, wie ich selber. Er tadelt meine Art der
Analytik, die sich aus der Annahme einer .poetischen Idee" ergibt, als .greuliche
Musikführerweis". Zugegeben: ich würde zweifellos heut manches gedanklich wie
stilistisch anders fassen, als vor zehn Jahren. Auch Pfitzner komponiert heut anders
als vor zehn Jahren und wird in weiteren zehn Jahren wiederum anders komponieren.
Das sind Wandlungen, die sich aus der natürlichen Entwicklung ergeben. Aber
ich finde nicht die mindeste Veranlassung, das, was ich damals schrieb, als im
Prinzip verfehlt anzusehen. Es gibt zwei Arten, über ein Musikwerk zu schreiben.
Entweder: man stellt eine genaue, Takt für Takt erfassende tee h n i s ehe Be,
schreibung der 0 r g a ni s ehe n S t r u k t u r auf, wie etwa Ri e man n oder mit
anderen Betonungen August Hai m es versuchen. Das ist sehr lehrreich, aber durch,
aus unlebendig. Oder: man verzichtet auf die technische Analyse und gibt die Im'
pressi on. In diesem Fall wird der Schriftsteller zum bildenden Künstler des
Wortes. Einzig von seiner Herrschaft über das Wort und von der Einfühlsamkeit
seiner Phantasie hängt es dann ab, ob er .greuliche Musikführerweis" bietet oder
dem Leser einen lebendigen, zwingenden Eindruck zu übermitteln vermag. Daß
aber diese Art wortkünstlerischer Wiedergabe immer wieder sich als notwendig er,
weist, sofern man von der technischen Zergliederung absieht, dafiir rufe ich als
Kronzeugen - Hans Pfitzner auf. Er gibt nämlich in der vorliegenden Schrift an
mehreren Stellen Erläuterungen musikalischer Werke. Sie seien kurz zitiert: .Auf
einer Burg", Lied von Schumann. Hans Pfitzner sagt dazu: .Ich weiß genau, daß es
Nachmittag gegen zwei Uhr ist. Tiefe Apathie der Natur. Menschenleere Waldesein,
samkeit. Heiße, flimmernde Luft - - alles schwimmt wie im Halbtraum - das Stein,
bild schließt die Augen - störend sind die tiefher vom Rhein dringenden Menschen'
laute - - schmerzlicher Akkord auf das Wort "munter" u. s. w. Was ist das?
.Schlechte Musikführerweis" . Weiter: Beethoven, Pastoralsinfonie, Szene am Bach ••Es
ist ein Wiesenbach, von Erlen und anderem Gebüsch schattig umsäumt, man sieht
die Kiesel auf dem Grund, denn es ist ein klarer Tag. Beethoven geht neben ihm"
(dem Tag oder dem Bach?) .her und schaut in sein Fließen und Quirlen. Über
sich hört er Vögelchen trillern. Wie liebt er dasl" (Notenbeispiel!) .Er bleibt stehen,
um es deutlicher zu hören" (wiederum NotenbeispielI) .doch alles still - er geht
weiter." U. s. w., u. s. w. Was ist das? .Abscheuliche Musikführerweis". Weiter:
Pastoralsinfonie, Gewitter, Sturm: ••.. der Mensch im Feld, den das Gewitter
überrascht, streckt die Hand aus nach dem Regentropfen" (NotenbeispielI) •.••Das
Rütteln der Bäume wiederholt sich. Bei der chromatischen Tonleiter sehe ich am
fahlen Horizont sich im Sturm biegende schwächere Bäume •.. die Luft ist gereinigt,

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der Himmel klärt sich. Man riecht die gute Luft." Nein - man riecht die schlechte Luft.
schlechteste Gartenlaube... Stimmungs...Lyriksluft. Mein Beethovenbuch mag meinet...
wegen ganz miserabel sein, aber bis zum "Luftriechen u hahe ich es darin doch noch
nicht gebracht. Das blieb dem Manne vorbehalten. der mir die "greuliche Musik-
führerweis" vorwirft.
Die Beethoven-Polemik ist indessen nur Grundlage. auf der Pfitzner seine An-
klage aufbaut. Als eigentliches. schwerst belastendes Beweismaterial werden zwei
neuere Schriften von mir angeführt. "in denen die Absichten des Beethovenwerkes
voll aufblühen: das Feuilleton "Erfinder und Gestalter" ("Frankfurter Zeitung"
vom 9. Jänner 1918) und "Die Sinfonie von Beethoven bis Mahler" • Vortrag. er-
schienen bei Schuster und LoeffJer. Mein Beethovenbuch sowie die Vortragsbroschüre
sind im Buchhandel erschienen und allgemein zugänglich; wer also nachprüfen will.
hat die Möglichkeit dazu. Jener Zeitungsaufsatz dagegen ist heute nicht mehr ohne
weiteres erreichbar. der Leser ist demnach auf die kurzen. willkürlich und für den
polemischen Zweck herausgerissenen Zitate Pfitzners angewiesen. Dies ist umso
bedauerlicher. als gerade der Zeitungsaufsatz Pfitzner am stärksten beschäftigt. Die
Schwachatmigkeit und das innerlich Widerspruchsvolle der Beethoven-Polemik ist
leicht zu erkennen. und wer sich die Mühe nimmt. meine Sinfonie-Broschüre zu
lesen. wird sehr bald sehen, daß Pfitzner meine dortigen Ausführungen entweder
nicht verstanden hat oder nicht hat verstehen wollen. Jener Aufsatz aber rührt an
die entscheidende Grun d fr a g e des ganzen Streites und die Darstellung, die
Pfitzner vom Inhalt gibt, unterschlägt den wesentlichen, positiven Teil meiner Dar-
legungen. Ich kann hier nicht das ganze Feuilleton wiederholen, beschränke mich
also auf den Hauptpunkt. Pfitzner ist bekanntlich der Meinung, für das Werden
des musikalischen Werkes sei der "E i n fa II", das heißt, das einzelne Motiv, die ein-
zelne Melodie entscheidend. Demgegenüber vertrat ich in jenem Aufsatz und vertrete
ich noch heute die Ansicht: bei jedem wahrhaft großen, ursprünglichen Kunstwerk
jeglicher Gattung, gleichviel ob Dichtung, bildender Kunst, Musik, ist das Prim ä r e
die Konzeptionsidee des Ganzen: die Vision, die, zuerst nUr in nebelhaften Um-
rissen dem inneren Auge des Schaffenden erkennbar, allmählich deutlicher werdend,
den einzelnen ..Einfall" erst aus sich heraus in fortschreitendem Realisierungsprozeß
gebiert. Ich bin der Überzeugung. daß Beethoven den ersten Satz der Eroika nicht
von Thema zu Thema gleichsam weiterwurstelnd "komponiert" hat, sondern daß
vor ihm plötzlich wie ein riesenhaftes, ungreifbares, schattenhaftes Etwas die Vision
dieser kolossalischen Erscheinung stand, und daß die einzelnen thematischen Ein-
fälle, aus der dämmerigen Vorstellung dieses Ganzen gezeugt, nichts anderes sind, als
äußere Mittel, Handhaben, um der geheimnisvollen, innerlich begeisternden Ur-
erscheinung nun künstlerisch beizukommen, sie zu ge s t alte n. So nur ist der von
Pfitzner zitierte Satz zu verstehen: ..Es ist also nicht wahr, daß der Musiker erst ein
Thema haben muß, bevor er seinen Sinfoniesatz komponieren kann. Im Gegenteil:
er muß schon den ganzen Satz haben, um das Thema finden zu können." Jeder
Einsichtige wird erkennen, daß dies nicht wortwörtlich, sondern cum grano salis
zu verstehen ist. Ich setze das Wesen der künstlerischen Empfängnis nicht in den
einzelnen Einfall, wie Pfitzner, sondern in die seherische Erschauung des Ganzen,
und ich setze den höchsten Wer tb e griff daher nicht in die Fähigkeit, hübsche
oder gute Einzeleinfälle zu haben, sondern in die Gabe, jene primäre Vision zur
künstlerischen Wirklichkeit zu machen: sie zu gestalten. .

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Darin liegt der Unterschied der Grundanschauung zwischen Plitzner und mir,
oder, nach Plitzners Meinung, zwischen seiner Ästhetik der »Potenz" und meiner
Ästhetik der "Impotenz".
Eines ist nun freilich zu bedenken: be w eis e n kann ich meine Ansicht eben-
sowenig wie Plitzner die seinige. Die dürftige philosophisch-ästhetische Geschichts-
konstruktion wenigstens, die er unter Anrufung von Plato und Schopenhauer in
seiner neuen Schrift als Beweis bietet und derzufolge alle vor Palestrina geschaffene
Musik nur als "akustisches Experiment U anzusehen ist, scheint mir keiner ernst..
haften Widerlegung zu bedürfen; Sie bezeugt nur den ebenso törichten wie grenzen-
losen Hochmut eines Zeitalters, das sich einbildet, alles Frühere sei nur bescheidene
Vorarbeit für die Herrlichkeit der Gegenwart gewesen, und das dadurch zu dem
naheliegenden, mit Plitzners Grundgedanken übereinstimmenden Schlusse verführt
wird, alles Kommende müsse Verfall sein. I eh bin der Mittelpunkt, die Krone aller
Zeiten, um meinetwillen ward die Welt geschaffen, was es vordem gab, war be ..
scheidene Zuträgerarbeit, was noch nach mir kommt, ist dummes Zeug, Verwesung.
Schaut auf mich: Ich, Ich, Ich bins. Also hat Gott die Welt geliebet ••• Das steht
zwar nicht in Worten gedruckt da, klingt aber aus jeder Zeile. Aus solcher, jedes
historischen Sinnes entbehrenden Denkweise, kann niemals eine allgemeine Wert-
erkenntnis gewonnen werden, bestenfalls eine Individual-Ästhetik. Und als
solche sehe ich auch Plitzners »Einfalls" -Theorie an. So wenig sie allgemeine
Geltung haben kann, so bezeichnend ist sie für ihn selbst. Die Stärke und - die
Schwäche der Begabung Plitzners spricht aus ihr: die Stärke, die sich in oft sehr
schönen und eindrucksvollen Einzeleingebuogen äußert, die Schwäche, die niemals
zur Zusammenfassung gelangt, weil sie nicht das Einzelne aus dem Totalbilde des
Ganzen "gestaltee' , sondern aus der Summe von Einzelheiten ein Ganzes zusammen..
zusetzen strebt. Ich gehe noch weiter und behaupte, daß die Schwäche nicht nur
Pfitzners, sondern der ganzen nachwagnerischen Kunst in der Oper, der nach. . .
beethovenschen Kunst in der Sinfonie eben in dieser Bevorzugung und Überschätzung
des Einfalls, in der mehr oder minder ausgeprägten Unfähigkeit zur Erfassung der
primären Vision liegt. Es fehlt uns nicht an Talenten, die "Einfalle" haben. Es fehlt
uns an den großen seherischen Begabungen, die das gewaltige Urphänomen künst-
lerischer Offenbarung zu schauen und es in ihrer Kunst zu gestalten vermögen.
Ich sagte bereits: beweisen im mathematischen Sinn kann ich dies nicht. Es ist
ein T h e 0 r e fi, und ich bilde mir keineswegs ein, als einziger im Besitz des
echten Ringes zu sein. Aber ich habe gefunden, daß dieses Theorem sehr fruchtbar
ist und daß man aus ihm Wertmaßstäbe gewinnen kann, die das Problem gerade
der neuen Musik in ihrem Verhältnis zur Vergangenheit und Zukunft faßbar
machen. Wenn nun Plitzner diese Wertmaßstäbe für falsch hält, wenn er sich
gezwungen sieht, mich ihrer Aufstellung und Anwendung wegen öffentlich in einer
ausführlichen Schrift anzugreifen, so ist dies zweifellos sein gutes Recht als schaffen-
der wie als denkender Künstler. Ebenso zweifellos aber ergab sich daraus die P fI ich t,
die Werke, fürdieich auf Grund meiner Überzeugungen eintrete, die K ünstler,deren
Schaffen ich als zukunftverheißend in meinem Sinne ansehe, zu ne n n e n t an ihrer
kritischen Betrachtung nun darzutun, wie falsch und verkehrt meine Wertbestim-
mung, wie verwerflich und schlecht die von mir geschätzten Leistungen sind.
Damit komme ich zu dem z w e i t e n Punkt der Pfitznerschen Polemik, seinen
Angriffen gegen die zeitgenössische Kunst. Er sagt nämlich von alledem -

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garnichts, Seine Beweisführung beschränkt sich auf einige, hier und da eingestreute
unflätige Schimpfworte und gipfelt in dem schönen Satz: • Wer das nihilistische
Geseires seiner (das heißt also meiner) Frankfurter Zeitungs,Lieblinge für die
legitime Nachfolge der Werke Beethovens und Wagners hält, der kann geschissen
nicht von gemalt unterscheiden." Das ist sozusagen das W ..entliche, in ebenso
plastischem wie anmutigem Ausdruck gegeben. Wen meint nun Pfitzner, wer sind
diese .Frankfurter Zeitungs'Lieblinge" mit ihrem .nihilistischen Geseires"? Selbst
Wenn mein Einfluß nur halb so mächtig wäre, wie Pfitzner ihn schätzt, so ist doch
anzunehmen, daß ein großer Teil der Leser seiner Schrift die "Frankfurter Zeitung"
und meine Bücher nicht so genau kennt, um sofort zu wissen, auf wen diese An ..
würfe nun eigentlich zielen. War es etwa eine Art Schamgefühl, das Pfitzner zurück,
hielt, den Namen des Mannes, dem er zu tiefem Dank verpflichtet ist, öffentlich
in den Kot zu ziehen: Gustav Mahlers? Oder fehlte es ihm bei allem Mut der
Feder schließlich doch an der nötigen Zivilcourage, um die Opern Franz Schrekers
als "nihilistisches Geseires" zu kennzeichnen? Oder wen sonst kann er noch meinen?
Arnold Schönberg, etwa gar Anton Bruckner? Ich nenne hier zur Orientierung
der Leser nUr die Namen der Künstler, für deren Schaffen ich in den letzten Jahren
besonders eingetreten bin. Dies sind die Deutschen, von Ausländern wären D e'
bussy, Delius, Busoni hinzuzufügen. Wen oder welche von ihnen Pfitzner nun
eigentlich meint, weiß ich nicht. Ich kann nur feststellen, daß diese Art versteckter
Kampfführung gegen Ungenannte, die mit Schimpfworten von der Gasse beworfen
werden, nach meinen Begriffen eine ebenso würdelose wie sachlich unzulängliche
Methode der Polemik ist.
Doch auch dies ist noch nicht alles. Die Beweisführung gegen den Kritiker ist
schwach, die Beschmutzung ungenannter, nur zu erahnender Künstlernamen eine heroi ..
sche Kraftpose von zweifelhaftem Wert. Also greift man zur politischen Ver'
dächtigung, denn damit ist im heutigen Deutschland der sicherste Effekt zu er'
zielen. Undso schreibt Hans Pfitzner: "In der Schmach und dem Frevel der Revolution
erlebten wir mit Trauer, daß deutsche Arbeiter, deutsches Volk sich von russisch,
jüdischen Verbrechern anführen ließen und ihnen eine Begeisterung zollten, wie sie
sie noch keinem ihrer deutschen Helden und Wohltäter gönnten. In der Kunst er,
leben wir, daß ein deutscher Mann aus dem Volke, von so scharfem Verstande und
reichem Wissen wie Herr Bekker, der wohl geeignet wäre, einem sozialen Institute
als künstlerisch. .organisatorischer Leiter vorzustehen, die international.. jüdische
Bewegung in' der Kunst leitet". Ich bin ihm also eine Art musikkritischer
Radek und "leite" eine international'jüdische Bewegung. Wie diese Bewegung
eigentlich aussieht, auf wen sie sich stützt, das zu sagen, hat ein Hans
Pfitzner nicht nötig, die Verdächtigung als solche genügt. Unter den von
mir propagierten Musikern sind vorwiegend Deutsche, darunter allerdings
zwei Juden:. Mahler und Schönberg, daneben aber auch zwei Nicht juden :
Bruckner und Schreker. Indessen: Jude oder Nicht jude, das ist einerlei. Der Ästhe,
tiker der musikalischen "Potenz" hat über diesen Punkt ganz besondere Ansichten.
"Der Grenzstrich der Scheidung in Deutschland geht nicht zwischen Jude und
Nicht jude, sondern zwischen deutschnational empfindend und international
empfindend." Also: der Jude ist Nicht jude, sofern er deutschnational empfindet, der
Nicht jude ist Jude, sofern er nicht deutschnational empfindet. Herr Professor Hans
Pfitzner aber allein hat das Patent fiir deutschnationales Empfinden. Woher?

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Törichte Frage! Er hat es eben, er sagt es ja selbst! Daß über dieser pfiffigen
Sophistik die ganze Rassentheorie elend in die Brüche geht, macht nichts. Haupt'
sache ist, daß man mit dem Wort "jüdisch" jetzt ein neues, deklassierendes Schimpf,
wort gewonnen hat, das man jedem entgegenschleudern darf, der nicht "deutsch,
national" im Pfitzner,Stil emplindet.
Es ist wirklich weit gekommen mit uns, wenn ein ernsthafter Mann und Künstler
mit solchen grotesken Ausführungen a~ die Öffentlichkeit zu treten wagen darf,
ohne ein allgemeines Gelächter befürchten zu müssen. Jüdisch'international ist also
jetzt nur noch Gesinnungskennzeichen. Nun gut, ich nehme diese Gesinnungs...
charakteristik an, denn ich weiß mich nicht nur von dem engbrüstig hysterischen
Nationalismus Plitzners weit entfernt - ich weiß mich auch mit meinem "jüdischen
Internationalismus" in sehr guter Gesellschaft, in weit besserer, als Pfitzner sie
mir jemals zU bieten vermag. Der "jüdische, Internationalismus", für den ich in meiner
Kunstkritik eintrete - und auf anderen Gebieten betätige ich mich nicht öffent,
lich - ist der nämliche jüdische Internationalismus, dem die beiden Gesinnungs,
juden Schiller und Beethoven huldigten, als sie ihr "Seid umschlungen
Millionen, diesen Kuß der ganzen Welt" sangen, ist derselbe jüdische Internationalis,
mus, dem der Gesinnungsjude Mo zar t den Menschheitstempe1 seiner "Zauber...
flöte" baute. Herr Plitzner verlangt "ein Auflodern von Haß, Rache und Empörung
des gesamten, fest zusammengeschlossenen Siebzig,Millionen'Volkes, gegen welche
der Haß des Kleistschen Hermann eine leise Andeutung wäre." Es muß dem
Menschen Pfitzner überlassen bleiben, da zu hassen, wo er hassen zu müssen
glaubt. Eines aber ist sicher: der Künstler Plitzner wird an solchem Haß ver,
armen, er ist es schon, wie dieses Pamphlet zeigt. Haß macht unfruchtbar und tötet.
Die Kunst aber bedarf nicht des Hasses, sondern der Li e b e, jener tiefen Liebe, die
fruchtbar macht. Der Tempel der Kunst steht .weit außerhalb, unormeßlich weit
oberhalb jener niedrigen Regionen des Völkerhasses, in die Plitzner ihn herunter'
zerren möchte. Und "In diesen heiligen Hallen kennt man die Rache nicht".
o
Damit nehme ich Abschied von dem Hans Plitzner, der in schlechten Tagen
diese traurige Schrift aufgezeichnet und, übel beraten, sie veröffentlicht hat. Ich
empfinde für den Künstler in ihm, den ich stets hochgeschätzt, wenn auch nicht
schrankenlos bewundert habe, stark genug, um ein Schamgefühl für ihn angesichts
dieses Machwerkes nicht unterdrücken zu können. Über die Frage: "Potenz oder
Impotenz?U aber wird nicht entschieden werden durch dialektischen Streit der Worte,
sondern durch das Gewicht der Werke.
o 0

MUSIKALISCHE FORMWIRKUNG
Von Erwin Stein, Mannheim.
Der Dichter und der bildende Künstler können ihren Gedanken eine Form
geben, die ohne weitere Vermittlung zu dem Genießenden spricht; der Komponist
braucht eine Mittelsperson, welche die zu Papier gebrachten Gedanken erst lebendig,
wirksam macht. Er braucht den Ausführenden.

141
Das hat einen Vorteil und viele Nachteile. Der Vorteil: es ist da keine tote
Materie, sondern ein 'Mensch, der zum Menschen spricht; die in feste Form erstarrten
Gedanken müssen vom Betrachtenden nicht erst durch Nachempfinden erwärmt
werden, er empfängt das Kunstwerk in jenem heißflüssigen Aggregat, in dem der
Schöpfer es geboren hat. Das erklärt zum Teil die vor allen anderen Künsten
intensive Wirkung der Musik, daß sie gewissermaßen die menschliche Körperwärme
hat, wenn sie zu uns spricht.
Aber die labile Gestalt, in welcher der Komponist seine Gedanken einzig zu
Papier bringen kann, öffnet auch allen möglichen Mißverständnissen die Türe. Für die
Vortragsweise eines Musikstückes lassen sich bei genauester Bezeichnung nur einige
allgemeine Fingerzeige geben. Wir haben beispielsweise kein absolutes Maß für
die Intensität des Tones; bei der ungeheuren Skala zwischen "kaum hörbarer" und
größter Tonstärke behilft man sich mit Piano, Forte und einigen wenigen Abarten
davon; ähnlich ist es trotz Metronom bei Tempo, beim Rhythmus trotz Takteinteilung,
bei der Phrasierung u. s. w. So ist das musikalische Kunstwerk auf Gnade und
Ungnade dem musikalischen Verständnis des Spielers ausgeliefert. Durch falsche
Phrasierung eines Themas kann er das ganze Stück unverständlich oder mißver-
ständlich machen, während die richtige, an entscheidender Stelle, oft einen ganzen
Sinfoniesatz, ja die ganze Sinfonie erst in das rechte Licht setzt.
Auch die großen Anforderungen, die an Hand-, Mund- und Kehlfertigkeit gestent
werden, sowie die Unzulänglichkeit unserer Ausführungsmittel sind Hindernisse für
eine klar verständliche Wiedergabe der Intentionen des Komponisten.
Am meisten erschwert aber die Verständigung zwischen Tondichter und Publikum
ein anderer Umstand. Sprache und Blick werden von jedem von Kindheit an geübt,
so bietet die Aufnahme von Dichtungen oder Werken der bildenden Kunst keine
materiellen, sondern nur geistige Schwierigkeiten. Musik hat aber keinerlei Vor-
bild in der Natur (weder ihre äußere Erscheinungsform, noch ihr geistiger Inhalt).
Die Materie der Musik ist darum Dilettanten wie Berufsmusikern im allgemeinen
viel zu wenig vertraut. In den Konservatorien wird wohl etwas gelehrt, was den
Namen .Musiktheorie" trägt, diese wird aber ähnlich verkehrt angepackt, wie noch
vor wenigen Jahren der Physikunterricht in den Gymnasien. Da haben wir eine
Menge über die heute gänzlich bedeutungslose Reibungselektrizität gehört, herzlich
wenig Zeit blieb aber für jene Gebiete, die für unsere Technik wichtig sind. Die
Gründlichkeit, mit der hier ab ovo begonnen wurde, mag für den angehenden
Gelehrten das Richtige sein; das übliche System des Musiktheorie-Unterrichtes, das
Harmonielehre, Kontrapunkt, Formenlehre schön der Reihe nach durchnimmt, ist
für den Kompositionsschüler verwendbar, für den ausübenden Musiker und den
Dilettanten ist es "Reibungselektrizität"', Theorie im schlimmsten Sinne.
Jedes Kunstwerk ist ein Organismus und kann nur soweit erfaßt werden, als
es im ganzen und in seinen Teilen überblickt wird. Wie viele empfinden Musik
überhaupt aber als Form? Für die meisten ist sie ein zeitlicher Ablauf akustischer
Reize von wechselnder Intensität. Es mag für den Ungeübten schwer sein, sich
Musik als zeitlich organisierte Form vorzustellen. Darum sollte er sich tunlichst
darüber Klarheit schaffen, was in der Musik formbildend wirkt. Es sind bisher vor-
wiegend architektonische Prinzipien, und wir finden, einem psychologischen
Bedürfnis entsprechend, ähnliches wie bei den Anfängen der anderen Künste.

142
Wiederholungen von Tonfolgen, Motiven (die Tautologien der Bibel, Symmetrie,
"Gegenstücke" in der bildenden Kunst) und rhythmische Periodizität (durchgeführtes
Versmaß, das Ornament Mäander dC.) sind hier die primitivsten Mittel. Während in
den anderen Künsten der Sinn für die künstlerische Ausdrucksfähigkeit der Orn....
mentik fast geschwunden ist, spielt diese in der Musik noch eine wichtige form-
bildende Rolle. Die Zeit, in der die Kraft der musikalischen Gedanken allein, ohne
architektonische Hilfsmittel, genügen wird, ein längeres Tonstück aufzubauen, in
der sich eine freie musikalische Logik entwickelt haben wird, mag kommen. In
den Kompositionen Ar n 0 I d Sc h ö nb erg s findet sich vieles, was auf diesen
Weg weist.
Kenntnis der formbildenden Elemente in der Musik tut not, dem Hörer, dem
ausübenden Dilettanten und dem Berufsmusiker . Harmonik, Tonalität, Chromatik,
motivischer Aufbau, thematische Durchführung, Variation u. s. w., die Namen tun's
natürlich nicht, das Gefühl für ihre formale Wirksamkeit muß wachgerufen werden.
Es herrscht heute, sogar beim Durchschnitt der Komponisten, ein Mangel an Form-
gefühl, der daher kommen mag, daß das Empfinden für viele Stileigentümlichkeiten
der Musik in Umbildung oder Auflösung begriffen ist. So das Empfinden für die
Tonalität. Dur und Moll mit je 12 Tonarten bildeten 24 getrennte Reiche, deren
reizvolle Beziehungen und Gegensätze eines der stärksten formorganisatorischen
Elemente in der Musik der letzten Jahrhunderte bildeten. Die großen Meister haben
ihre ,ganze Kunst an die Ausgestaltung dieser Beziehungen gewendet, die klassische
Sinfonie ist ein Beleg dafür. Nun tritt an die Stelle der tonalen Kleinstaaterei
die Einheitsrepublik, die Chromatik mit ihrer demokratischen Gleichberechtigung
der 12 Töne unseres Musiksystems. Diese verlangt vom musikalischen Gedanken
eine größere Verantwortlichkeit für das musikalische Geschehen, vom Komponisten,
Ausführenden und Hörer ein tieferes Formgefühl als früher, da sich alle musikalischen
Ereignisse unter der Patronanz der tonalen Stufen-Hierarchie vollzogen.
Jeder hat wohl schon die Erfahrung gemacht, daß ein musikalisches Kunstwerk
beim erstmaligen Hören nicht erfaßt werden kann. Die Fülle der Ereignisse ist zu
verwirrend, eine Form kann nicht erkannt werden. Man wende nicht ein, was an
einer Beethovenschen Sinfonie feßle, sei ihr geistiger Gehalt, nicht ihre Form. Geist
läßt sich von seiner Form nicht trennen. Es mag "geistlose Formen'" geben, Geist
ist nur in einer Form, in sein e r Form, wahrnehmbar. Man nimmt den Geist
eben nUr so weit wahr, als man die' Form erfaßt, in der er sich offenbart. Was
der durchschnittlich begabte Hörer im Verlauf eines Konzertes empfindet, sind mehr
oder weniger unbestimmte "Stimmungen"; da fällt eine leicht faßliche Melodie auf,
dort eine überraschende Klangwirkung; es sind Teile, die er in der Hand hat. Fehlt
leider nur das geistige Band. Das geistige Band muß er aber sehen lernen; dazu
muß ihm gezeigt werden, welche Form das geistige Band hat. Der Sinn für
musikalische Form muß geweckt werden.

c c

143
er;, Ir
J A PAN S MUSIKLEBEN
Von Heijiro Iwaki, Hamamatsu (Japan)"
In letzter Zeit wird im Verhältnis Japans zur Musik eine große Veränderung
merkbar, ein Übergang von Gleichgültigkeit zu lebhaftem Interesse, besonders für
europäische Musik. Einige Jahre vorher, als die berühmte Sängerin Emma Calve
Gelegenheit hatte, in Jokohama zu landen, war das Publikum von Tokio so un-
empfanglich oder so arm, daß keinerlei Arrangement eines Konzertes dieser Künst-
lerin zustande kommen konnte. Heute ist fast jeder ausländische Künstler will-
kommen und feiert in der Regel ansehnliche Erfolge. Die Zahl der Konzerte wächst
mit jeder Saison und ihre Programme vervollkommnen sich zusehends. Obwohl
im Großen und Ganzen festgestellt werden kann, daß die musikalische Kondition
Japans ein Produkt der Zeit ist, sind doch die Bemühungen einheimischer und aus-
ländischer Männer nicht ohne Einfluß darauf geblieben. Denn hätte nicht die große Zahl
ausländischer Lehrer und japanischer Musiker auch in Zeiten der Düsterkeit und
des Mißerfolges an der musikalischen Erziehung des Volkes emsig gearbeitet, so
wäre das Publikum auch jetzt noch zu unreif gewesen, um Vorteile aus der An-
wesenheit berühmter ausländischer Künstler ziehen zu können. In der Tat ist es
hauptsächlich diesen fremden Künstlern zuzuschreiben, daß Japan in so kurzer Zeit
mit den Perlen abendländischer Musik bekannt wurde; dies hätten die Japaner
durch ihre eigenen Bemühungen erst nach Generationen erreichen können.
Die Regierung sah zuerst die Notwendigkeit der musikalischen Erziehung ein,
da ihre Organe von Studienreisen Informationen über europäische Musik brachten.
So wurde 1882 die Musikakademie in Tokio gegründet. Diese bildete zahlreiche
Musiklehrer heran und viele Privat-Musikschulen entstanden allenthalben im Lande.
Höhere Schulen haben ihre Musikgesellschaften und sogar ihre eigenen Orchester,
von denen die bedeutendsten die der kaiserlichen Universitäten von Kyoto und
Fulmoka sind. Mit der Einführung der europäischen Musik wurden auch Ouvertüren
und ausgewählte Stücke aus klassischen Opern in die Konzertprogramme auf-
genommen. Die Japaner gaben sich aber mit diesen Bruchstücken nicht zufrieden
und das Bestreben, ganze Opernaufführungen zu veranstalten, gewann Raum, zu-
nächst mit einem bescheidenen Anfang im Jahre 1903, als Glucks HOrpheus und
Euridike" in der Akademie in Tokio in Szene ging. Diese denkwürdige Aufführung
wurde von Studenten der Akademie und Universität veranstaltet. 1906 wurde in
Tokio eine Operngesellschaft gegründet, welche die Oper HHagoromo" mit Klavier-
und Orgelbegleitung zur Aufführung brachte, da ein Orchester nicht zusammen-
gestellt werden konnte. Das nächste Jahr sah die Aufführung von Gounods "Faust".
Obgleich die Tätigkeit der Opernabteilung des kaiserlichen Theaters nur kurze Zeit
währte, ist sie erwähnenswert, da sie der Ausgangspunkt für verschiedene musikv
lische Erzeugnisse war. So wurde 1912 "Buddha" aufgeführt (Libretto von einem
+ Aus "Musical Americau Nr. 11 vom Jänner 1920.

144
japanischen Schatlspieldichter, Musik von Prof. Werkmeister), 1913 .Hänsel und
Gretel" und Mozarts .Zauberflöte" durch den italienischen Ballettmeister Rossi.
Nach der Auflösung der Opernabteilung des kaiserlichen Theaters und dem
Versagen der Bemühungen Rossis wurde der Mittelpunkt der Tätigkeit der japani-
schen Opernsänger in das Asakusa-Viertel verlegt und dort Opernübersetzungen in
einer Art rezitativischen Stils mit spärlicher Orchesterbegleitung eingeführt. Große
Opern sind natürlich in Japan nie gegeben worden. Eine Kritik über die kurze
Zeitperiode der Bemühungen um eine japanische Oper darf keinesfalls hart sein,
da ja die Bedingungen für deren Zustandekommen sehr ungünstig sind. Gegen-
wärtig ist ein Opernhaus in Osaka im Bau und dem Vernehmen nach soll K 0 c s a k
lamada (der bedeutendste japanische Komponist) mit der Zusammenstellung einer
Operngesellschaft unter dem Protektorate eines Millionärs und mit Hilfe einiger
hervorragender Persönlichkeiten auf dem Gebiete der Literatur und Musik betraut sein.
Der Plan geht dahin, ein Ensemble von 30 Sängern und 80 Instrumentalisten zu
erlangen, welches imstande sein soll, Wagners • Tannhäuser" in Szene zu setzen.
Auf dem Gebiete der Komposition schien Japan fast steril zu sein. Erst das
Auftreten Kocsak Jamadas in jüngster Zeit läßt den Schluß zu, daß das Land nicht
ganz arm an schaffenden Talenten sei. Viele Anzeichen deuten darauf hin, daß
Japan möglicherweise zaWreich~re Komponisten hervorbringen wird. Ein Beispiel
hiefür mag Frau T s une M a t s u s hirn a bilden, welche als einzige Komponistin
Japans Aufmerksamkeit verdient. Geboren 1889, fand sie ihren Weg in die Aka-
demie in Tokio und studierte unter den Professoren Heiflich, Roetel und Schol:.
Nach Absolvierung wandte sie sich der Komposition zu mit dem Bestreben, die
nationalen Eigenheiten ihres Landes auszudrücken. Ihre .Sakura-Variationen" über
eine japanische Koto-Musik sind charakteristisch für die Absicht, die japanischen
Ohren an die Errungenschaften der modernen europäischen Instrumentalmusik zu
gewöhnen, die dort noch nicht nach, Gebühr gewürdigt wird.
Sie komponierte auch Sonatinen, Berceusen, eine Symphonie und Lieder. Eines
ihrer letzten Werke ist ein Trauermarsch für die dahingegangene Prinzessin Otani.
Gleichzeitig wird auch die Betätigung der einheimischen Musik nicht vernach-
lässigt. Obgleich die verschiedenen Zweige der Volksmusik sich darauf beschränken,
zur Unterhaltung zu dienen und auf derselben Stufe verbleiben, werden auch hier
Versuche gemacht, durch ernste Studien ihr Niveau zu heben. In der Musikakademie
zu Tokio hat sich ein Komitee zu Forschungen auf dem Gebiete der nationalen
Musik gebildet, welches sich mit dem Studium der alten und neuen einheimischen
Kunst befaßt. Es gibt eine Monatsschrift .J a pan e seM u s i CU heraus und veranstaltet
vierteljährlich Konzerte mit japanischen Programmen. Eine interessante Bestrebung
sind die Versuche, die bodenständige Kunst mit europäischen Instrumenten (Klavier
und Violine) zu kombinieren. So hat z. B. Moto Ori Kompositionen für Klavier
und Shakuhachi (japanisches Nationalinstrument) veröffentlicht und Ochiai die
europäische Notenschrift in Japan einzuführen versucht.
An ausübenden Künstlern ist K e n z 0 S a t 0, ein Violinvirtuose, der bedeutendste.
Nach der Beendigung seiner Akademiestudien schloß er sich zunächst der von
Jamada gegrüadeten Philharmonischen Gesellschaft an und übertrug seine Be-
strebungen nach deren Auflösung auf das Gebiet der Kammermusik. Das Ergebnis
dieser Tätigkeit waren mehrere Konzerte in Tokio, in denen u. a. auch das Streich-
trio ..on Re g er zur Aufführung kam, welches einen j ub.lnden Erfolg errang, eine

145
bei diesem für die Japaner so ungewöhnlichen Werk .ehr merkwürdige Tatsache.
Die besondere Bedeutung Satos als Künstler liegt nicht bloß in seiner Technik,
sondern in der Kraft, dem Feuer und der Leidenschaftlichkeit seines Spieles. Er
sucht in der Musik die höchste Vollendung menschlichen Strebens und ist durclv
aus von der Möglichkeit überzeugt, ein wirkliches Idealbild in dem wunderbaren
Reich der Klänge finden oder aus ihm schöpfen zu können.
Bei Aufzählung der Ursachen des musikalischen Wachstums Japans darf der
Anteil der fremden Missionen nicht übersehen werden. Es ist Tatsache, daß die
Missionäre alle Orte, wo sie weilen, mehr oder weniger musikalisch machen. Männer
und Frauen werden durch die Missionsschulen mit einem gewissen Grad von
musikalischer Atmosphäre umgeben, der stärker ist als der gewöhnlicher Schulen,
da auch durch jene Ausländer häufig Konzerte veranstaltet werden. Unter den
Missionären Europas und Amerikas sind zahlreiche Musiker von Rang, deren
Talente oft fast gleichen Beifall finden als die von Berufsmusikern, welche nach
Japan kommen.
Japan scheint sich also jetzt in einer bedeutsamen Periode von eigener Führung
und sorgfältiger Pflege auf dem Gebiete cler Musik zu befinden.
(Übersetzt von Dr. P. A. Pis k)
c c

D E R D I R I G E N
Von Dr. R. St. Hoffmann, Wien
Unsere Kunst ist - was man gern vergiBt - jung genug, um sich den Luxus,
immer wieder neue Typen hervorzubringen, leisten zu können. Eine solche
Errungenschaft des neunzehnten Jahrhunderts ist der Berufsdirigent, besonders der
Konzertdirigent, wie wir ihn heute kennen. Die Entwicklung ging hier, wie überall
vom Universellen zum Speziellen. Die Zeit der Universalgenies, da der Musiker
Komponist, Virtuose auf mehreren Instrumenten, Lehrer, Dirigent und alles in
gleicher Vollkommenheit sein mußte, ist vorbei. Damals war es selbstverständlich,
daß der Hofkompositeur auch Hofkapellmeister war. Erst mit dem Entstehen und
rapiden Anwachsen des neuzeitlichen Chor- und Orchester-Konzertbetriebes, und
mit den maßlos erhöhten Anforderungen, die die entwickeltere Technik der
Instrumente an den Virtuosen, die neue Orchestertechnik an den Dirigenten stellte,
wurde eine Teilung in die verschiedenen, spezialistisch zu betreibenden Teilberufe
notwendig und zweckmäßig.
• In meiner Jugendzeit", erzählt Wagner, "wurden in den berühmten Leipziger
Gewandhauskonzerten klassische Musikstücke einfach gar nicht dirigiert, sondern
unter dem Vorspiele des damaligen Konzert,meisters - (daher der Name, der noch
heute in anderer Bedeutung gilt) - Matthäi wurden sie, etwa wie die Ouvertüren
und Entr' actes im Schauspiele, abgespielt. Von störender Individualität des Dirigenten
war somit hier gar nichts zu bemerken . . . ..
Ähnliches berichtet Hansliek aus Wien:
... Dieser Artikel leitet eine FoIgl! Ton Aufsätzen über charakteristische Dirigenten ein.
Die Schriftleitun,

146
"Bei InstrumentaI--Konzerten (Sinfonien, Ouvertüren) ·dirigierte der erste Violin,
spieler das Orchester von seinem Violinpult aus - bald mit dem Bogen den Takt
s<hlagend, bald mitspielend - also wie wir es noch heutzutage bei Garten,Konzerten
und Bällen (Strauß)" - das hat sich in den nächsten vierzig Jahren, seitdem dies
geschrieben, bis heute noch vielfach erhalten - "und in kleineren italienischen oder
französischen Orchestern sehen. Haydn dirigierte gewöhnlich mit dem Violinbogen,
.nur in England leitete er seine Sinfonien (der dortigen Übung gemäß) am Klavier.
Noch in den berühmten Pariser Konservatoriums...Konzerten sah man kein Dirigenten..
pult, Habeneck (Dirigent von 1828-1846) leitete die schwierigsten Beethovenschen
Sinfonien von seinem Platze als Primspieler." - (Derselbe Habeneck, von dem
Wagner im Jahre 1839 die ihm "bedenklich" gewordene "Neunte": allerdings nach
dreijährigem Studium so "unbeschreiblich schön" vorführen hörte, daß er dadurch
auf das "allergründlichste belehrt" wurde.) - Ebenso dirigierte in Wien Schuppanzigh
- (der Beethovengeiger) - "die Augartenkonzerte und Clementi seine Akademien,
im Wiedner Theater. Der Dirigent war einfach "Vorgeiger". Bei größeren Akademien,
wo Chöre und GesangsoH sich dem Orchester beigesellten, fungierte ein zweiter
Dirigent beim Klavier, er akkompagnierte die Rezitative und hatte den Chor im
Takt zu erhalten, während das Orchester sich nach dem Primgeiger richtete. Nur
wo ein fester großer Körper zu leiten war, gesellte sich noch ein dritter Dirigent
dazu" - (also ein ganzer Dirigenten,Rat!) - "der mit der Hand oder mit einer
Papierrolle die Übereinstimmung zwischen dem Primgeiger und dem Dirigenten am
Klavier herzustellen hatte." Man kann sich denken, was dabei heraus kam, wenn
noch 1796 das Jahrbuch der Tonkunst den frommen Seufzer ausstoßen konnte, es
wäre gut, wenn der Konzertmeister oder Direktor (in England "leader" genannt)
und der Kapellmeister am Klavier (Maestro al cembalo) sich wenigstens bei "gewissen
Stiickenu vorher über die Tempi "verstünden"! Es war ein großes Aufsehen, als das
"absolut monarchische Prinzip im Dirigieren" in Wien sich zuerst ankündigte, und
zugleich auch das Zeichen dieser Kommandogewalt, der Taktstock. Es war am
29. November 1812 bei dem großen Musikfest ("Timotheus" von Händel), daß Mosel
mit einem Stäbchen den Takt schlug. Vorher hat der Landgraf von Hessen 1801, später in
Dresden 1817 Weber, in London 1819 Spohr unter großem Protest den Taktstock zu'
nächst als" Versuch" eingeführt, während bis dahin auch in der Oper der Kapellmeister
am Klavier sitzend, das Orchester geleitet, und nur, wenn nötig, mit der Hand
Zeichen gegeben hatte. (Übrigens ist auch Mahler bei seinen Mozartaufführungen
wieder am Cembalo gesessen.) Wie schwer sich auch dann noch manches uns heute
Selbstverständliches finden ließ, entnehme ich einer Bemerkung Eck e r man n s
vom 18. Mai 1830 nach einem Besuche der Mailänder Oper: "Sodann gefiel mir
der Platz des Kapellmeisters. Er stand so, daß er sein ganzes Orchester übersieht
und rechts und links wirken und leiten kann und von allen gesehen wird, ein wenig
erhöht, in der Mitte, zunächt. am Parkett, so daß er über das Orchester hinaus frei
"uf die Bühne sieht. In Weimar dagegen steht der Kapellmeister so, daß er zwar frei
"uf die Bühne sieht, aber das Orchester im Rücken hat, so daß er sich immer um-
wenden muß, wenn er jemand etwas bedeuten will." Und dabei erinnere ich mich,
auch in unserer Oper den Kapellmeister in der Mitte des Orchesters gesehen zu haben,
so daß hinter ihm noch eine Reihe Geiger, vor ihm nur die Bässe Platz hatten.
Die absolute Monarchie, von der soeben die Rede war, galt freilich im Anfang
nut' für die Dauer eines Konzert~ sogar nur für ein Stück. In den Statuten unserer

147
Gesellsdlaft der Musikfreunde von 1814 war die volle Gleichberechtigung aller
Mitwirkenden sorgsam gewahrt. Die Dirigenten (Gesellschaftsmitglieder) wechselten
von. Konzert zu Konzert, es waren sogar fiilj jedes zwei Oberleiter, vier Leiter am
Klavier und acht Violindirigenten gewählt, welche abwechselnd nach einer durch das
Los bestimmten Ordnung fungierten. Ähnlich ging e. in den Londoner philharmonisdlen
Konzerten bis in die vierziger Jahre! Ein Rudiment dieser komischen Einteilung
hat sich im Männergesangverein erhalten, dessen zwei Dirigenten nach jeder
Programmnummer wechseln, was manchmal so aussieht, als lauere der eine an der
Tür wartend nur auf den letzten Ton, um dem andern den Taktstock zu entreißen.
Was war aus diesen bescheidenen Anfängen neuen Dirigententums alles zu
schaffen! Wie die Entwicklung von Klavier und Pianist parallel ging, nicht anders
war es mit dem Dirigenten und seinem Instrument, dem Orchester. Wie lang war
es denn her, daß den Mannheimern die Entdeckung des Crescendo- und Diminuendospiels
im Orchester gelungen war, wie lange, seit der Takt, wenn auch nicht mehr wie von
Lully durch laute. Stampfen, doch noch mit Rolle oder Geigenbogen buchstäblich
geschlagen, auf das Pult geschlagen wurde, wie noch Habeneck tat? Noch Berlioz
lehnt in seiner Schrift über den Orchesterdirigenten diese .Barbarei" ausdrücklich
ab und betont die Vorzüge des starren Taktstabes gegenüber dem Violinbogen.
Und Goethe schreibt 1786 von einer Oratorienaufführung, die er in Venedig hörte: .Es
wäre ein trefflicher Genuß gewesen, wenn nicht der vermaledeite Kapellmeister den
Takt mit einer Rolle Noten wider das Gitter und so unverschämt geklappt hätte,
als habe er mit Schuljungen zu tun, die er eben unterrichtete; und die Mädchen
(.Sängerinnen") hatten das Stück oft wiederholt, sein Klatschen war ganz unnötig
und zerstörte allen Eindruck . . . Der fremde Schall hebt alle Harmonie auf. Das
ist nun ein Musiker und erhört es nicht! Oder er will vielmehr, daß man seine
Gegenwart durch eine Ungeschicklichkeit vernehmen soll, da es besser wäre, er
ließe seinen Wert an der Vollkommenheit der Ausführung erraten. Ich weiß, die
Franzosen haben es an der Art; den Italienern hätte ich es nicht zugetraut, und
das Publikum scheint daran gewöhnt. Es ist nicht das einzige Mal, daß es
sich einbilden läßt, das gerade gehöre zum GenuS, was den Genuß verdirbt." Das
geräuschlose Taktieren, das sich erst in den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts
durchsetzte, verringerte den unmittelbaren Einfluß des Dirigenten während der
Aufführung, und verlegte seine Hauptarbeit in die Proben. Noch die 1819 in Wien
gegründeten .concerts spiritueIs" , die sich der Pflege der klassischen Sinfonie gewidmet
hatten, sollten immer a...vista, ohne vorhergegangene Probe exekutiert werden! Kein
Wunder, daß Schubert einmal mitten in der Aufführung eines seiner Werke den
Saal verließ. Hilflos stand man noch den klassischen Aufgaben gegenüber. Wie lange
noch, und es kamen unerhörte, neue Anforderungen, Berlioz, Wagner, Liszt! Nur
der Berufsspieler und der Berufsdirigent konnten sie in gemeinsamer harter Arbeit
bewältigen. Die Ära der Musikfeste hatte günstige Vorbedingungen \leschaffen. Von
Fest zu Fest reisten die Dirigenten der früheren Zeit, die noch den Ubergangstypus
darstellen, die Spohr, Mendelssohn, Schneider, Ries etc., treffliche Wanderlehrer für
Chöre, Orchester und Publikum. Auf sie war, wie auf ihre älteren Vorgänger
Wagner nicht gut zu sprechen. Waren ihm die Alten zU langweilig, so ging bei den
Jungen, den ne1eganten U , alles zu geschwind. "Chi va presto, va sann", sei das Leitwort
der eleganten Kapellmeisterei. Mit der ihm eigenen deutschen Gründlichkeit wandte
er sich theoretisch und praktisch dem Dirigierproblem zu, was ihm bei der Propagierung

148
seiner Werke ganz gewaltig zu statten kam, erzog sich, wie seine Sänger, auch
seine Dirigenten selber. So ist es wie selbstverständlich, daß der erste typische
Repräsentant des modernen Berufsdirigenten in Wagners nächster Nähe entstehen
mußte: Bülow.
Mit ihm ist die grundsätzliche Trennung der nur oder vorwiegend reproduktiven
von der nur oder vorwiegend produktiven Betätigung gegeben. Be k k e r meint, die
alte Zeit habe den durchaus abhängigen Musiker zur universellen Tätigkeit gezwungen,
die Spezialisierung sei die Frucht seiner neugewonnenen Unabhängigkeit. Es seien
damals ebenso wenig nur Universalbegabungen geboren worden, wie heute bloß
Speziaitalente. Freilich. Jedoch scheint mir das Wesentliche, daß durch die Entwicklung
des Konzertbetriebs und der Orchestertechnik sehr vermehrte Anforderungen an die
Dirigentenleistung gestellt wurden, und zugleich der Bedarf an Dirigenten gewaltig
stieg. So eröffnete sich eine Laufbahn für Musiker ohne besonders hervorragende
produktive Begabung, die überdies leichter gangbar war, als die des Instrumentalvirtuosen,
so blieb dem Komponisten mehr Zeit für seine produktive Arbeit. Damit erklärt
sich die scheinbare Vermehrung der Spezialbegabungen.
Bülow vereinigte bereits alle Vorzüge mit gewissen Fehlern des nenen Typus,
worüber Weingartners Schrift über das Dirigieren aus eigener Erfahrung manches
Bemerkenswerte zu erzählen weiß. Das Absichtliche begann über Gebühr hervorzutreten
ein gefährliches Unterstreichen, Überbetonen an sich richtiger Absichten, oft mit'
einem didaktischen, Publikum und Spielern geltenden Zweck, oft aber auch schon
dem Eigenwillen des Dirigenten entsprungen, der später in der Figur des modernen
Reise .. und Virtuosendirigenten immer mehr dazu neigte, sich vor, ja sogar gegen
das Kunstwerk zu stellen, nur um nach einer Verständigungsprobe mit ein paar
"Auffassungen" oder "Nuancen~1 ebenso aufzufallen, wie mit seinen eigenen interessanten
Körperbewegungen.
Diesbezüglich hat ja schon Beethoven, dessen zunehmende Taubheit ihn verhindert
hat, im Dirigieren Vollkommenheit zu erreichen, einiges geleistet, was eben nur
einem Beethoventemperament zugute zu halten ist. In einem neuen Büchleih:
"Beethoven als Pianist und Dirigent" zitiert Huschke Berichte von Zeitgenossen.
Beim Piano "sank er in die KnielI, "kroch fast unter das Notenpult", bei den Forti
"schnellte er in die Höhe, so daß' seine Gestalt, bald zu der eines Zwerges
einschrumpfend, unter dem Pult verschwand, bald zu der eines Riesen sich aufreckend,
weit darüber binausragte ; dabei waren seine Arme und Hände in einer Bewegung,
als wären mit dem Anheben der Musik tausend Leben in jedes Glied gefahren";
"er sprang hoch empor, mit den seltsamsten Gebärden die wunderlichsten Laut
ausstoßend ... " Ähnliches habe ich noch vor zehn Jahren bei dem einen oder
andern gesehen. Man hat über die Exzesse manches Narren ebenso gelacht, wie über
Mahlers unerhört suggestible Zeichen seiner Anfangszeit, die durch Bö h I e r s
Schattenrisse so glaubhaft erhalten sind, und die der Meister später zu scheinbar
äußerlicher Ruhe von faszinierender Dämonie gebändigt hat. Mahler war noch ein
Universaldirigent, der alles konnte, dem alles "lag", weil seine eigene Natur sich
vollständig in den Dienst des reproduzierten Künstlers zu stellen wußte, bloß von
dem einen Willen beseelt, den des Komponisten voillcommen deutlich zu machen.
Weniger Gewaltige bereiten eine noch weitergehende Spezialisierung vor, so daß man
bereits von Spezialisten für Beethoven, Bruckner, Brahms sprechen konnte, wo
persönliche Neigung die Ursache für die vollkommene Leistung war.

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Das moderne Dirigententum nimmt künstlerisch, sozial und wirtschaftlich einen
hohen Rang in unserem Musikbetrieb ein. Es ist in zahlreichen ausgezeichneten
Repräsentanten allgemein bekannt, in vielen Abarten, bisweilen auch Unarten
persönlicher und sachlicher Natur, in kleinen individuellen Eigenheiten der beliebten
Künstler, in Busonis Locke, Nikisch' Manschette, Weingartners kleinem Finger,
Safonoffs stabloser Faust. Es ist nicht Orchesterdrill mehr, nicht Taktschlägerei. Es
ist, wie echtes Virtuosentum, produktiv in der Reproduktion. Es sollte gefeit sein
vor Mißverständnissen, wie dem des "gefilmtenUDirigenten, dessen Kinophotogramm
vor ein wirkliches Orchester gebracht wurde, um es zur allgemeinen Befriedigung
zu dirigieren. So interessant die Verewigung bedeutender Dirigenten im Film ist,
so merkwürdig es wäre, Wagner heute dirigieren zu sehen, so falsch ist es, eine
einmalige Leistung für praktische Zwecke ZUr stereotypen zu stempeln. Die künstlerische
Leistung ist immer nur eine einmalige, ist, noch so oft wiederholt, immer anders,
so wie zwei Blätter eines Baumes niemals ganz gleich sind. Nur Phonola und
Grammophon wiederholen sich in absoluter Gleichförmigkeit und - Unfehlbarkeit.
Diese Einmaligkeit, dieses jedesmal Neu-schaffen, erhebt erst das Nach-schaffen auf
die Höhe des Schaffens, den Eindruck des Hörers zum künstlerischen Erlebnis, den
Dirigenten zum Künstler.
o D

D I R I G E N T E N

Arthur Nikisch
Von Aladar Szendrei, Leipzig.
Eroica: Wuchtig hebt es an; die schluchzenden Geigensynkopen, fast unmerklich
verzögert, klagen mit unerhörter Intensität. Kleine, einschneidende Modifikationen
des Zeitmaßes geben der Durchführung einen schier rhapsodischen Zug. Der Trauer-
marsch ganz auf Dramatik eingestellt: ein erschütterndes Erlebnis. Das Finale in
dithyrambischem Schwung und doch mit der Größe und Kraft der antiken Tragödie.
B rah m s, Vi e r t e: Wie löst sich das Hoboensolo am Anfang durch plötzliches
Verbreitern fast unirdisch vom Orchester los. Atemraubend das gewaltige Anwachsen
am Schlusse des ersten Satzes. Adagio: tiefste Kirchen.ndacht, ein himmlisches
Singen der Streicher im Seitensatz ; Brahms schreibt piano vor, Nikisch läßt vollen
Ton geben. Scherzo: ein Fest des Sonnenscheins. Chaconne: eine einzige, gewaltige
Steigerung.
Bruckner: Zarteste Schwärmerei in der Romantischen, erschauernde Mystik in
der Sechsten, überschwängliche Gewalt in der Dritten.
Tschaikowsky: Nebelumwölkte Schwermut der Fünften, hinreißende Wucht
und schwelgerische Lyrik der Pathetischen.
Kleine Mosaiksteine eines Gesamtbildes, die beliebig vermehrt werden könnten -
sie seien angeführt, weil sie den Künstler, sein seltenes Einfühlungsvermögen, sein
unvergleichliches musikalisches Feingefühl, seinen einzigartigen Klangsinn besonders
charakterisieren,
Nikischs Kunst steht seit langem jenseits alles Guten und Bösen. Vorliegende
Zeilen erheben keinen Anspruch auf eine kritische Bewertung seiner Künstlerschafl,

150
sie wollen ihn vielmehr dort aufsuchen, von wo das groBe Publikum gewöhnlich
ausgeschlossen ist: bei der Vorarbeit, in der Probe.
Es bleibt eine alte Wahrheit, daß die Persönlichkeit des Dirigenten die Leistung...
fähigkeit eines Orchesterkörpers bedeutend zu steigern vermag. Bei nur wenigen
Orchesterleitern tritt diese Gabe in solchem Ausmaße zutage, wie bei Nikisch. Es
ist staunenswert,. wie er bei manchen Orchestern, deren Leistungen meistens ein
Durchschnittsmaß nicht überschreiten, die Musizierfreudigkeit weckt, ihnen ungewöhn..
liehe rhythmische Präzision, feinste dynamische Abstufungen abgewinnt, um die
sich beim selben Orchesterkörper andere Dirigenten vergebens abmühen. Wie er
dies zustandebringt ? Das jedesmalige erneute Einfühlen in das Kunstwerk, das Er-
fassen des in n e ren Melos des Tonsatzes, ein klarstes, fast analytisches Zergliedern
des symphonischen Tongewebes in seine einzelnen Teile und ihr gleichzeitiges Zu-
sammenfassen in die Einheit des klangschönen und klangwahren Orchestersatzes,
a11 dies gepaart mit dem subtilen Tonsinn des Vollblutmusikers und dem absolut
virtuos-spielerischen Beherrschen alles Technischen ergeben ein Gesamtbild von fast
einzigartiger Vollendung und Abgeklärtheit.
Der persönliche Dirigentenerfolg ist bei Nikisch etwas Selbstverständliches. Welches
Orchester er auch befehligt, immer stehen Ausführende wie Zuhörer ganz unter
seinem Bann. Seine Leistungen sind einwandfrei, ob er seine Berliner Schar meistert,
ob er mit den Wiener Philharmonikern musiziert oder ob irgendein Orchester das
erste Mal seinem Stabe folgt. Trotzdem seine objektive Auffassung stets die gleiche
ist, muten seine Aufführungen dennoch oft ganz' verschiedenartig an: er läßt sich
in den meisten Fällen von der Qualität des Orchesters und der Beschaffenheit der
Zuhörerschaft beeinflußen. Wer ein und dasselbe Werk von verschiedenen Orchestern
unter Nikisch gehört hat, ist erstaunt und verblüfft über die vielen verschieden...
artigsten Züge seiner Interpretationen.
Um aber seine Leistungen voll zu bewerten, um zu begreifen, welch tief. . inner ...
liehe Klangwirkungen er aus dem Orchester herausschöpft, muß man Nikisch im
Gewandhaus gehört haben. Das Leipziger Stadtorchester, das einen anstrengenden
Opern... und Konzertbetrieb zu bewältigen hat, ist kaum wiederzuerkennen, wenn
es unter Nikisch spielt. Eine jahrzehntelange innige Kunstgemeinschaft hat sich
zwischen Dirigenten und Orchester entwickelt, die, weit entfzrnt in der ff Wurschtig ..
keit" der alltäglichen Gewöhnung unterzugehen, durch immer neue künstlerische
Befmchtung stets frische Blüten treibt. Nikisch und das Gewandhaus ist ein Begriff-
als Dirigent ist er mancherorts oft hinreißender, impulsiver - wärmer und inner..
licher musiziert er aber nie, als mit seinen Gewandhausleuten.
Noch viel mehr als am Abend, wo er das fertige Werk darbringt, treten seine
großen Gaben bei der vorbereitenden Arbeit zutage. Nikisch ist in den Proben eine
Klasse für sich. Sein rasches Arbeiten in der Vorbereitung ist sprichwörtlich; wer
aber nie einer seiner Proben beigewohnt hat, würde es nicht für möglich halten, in
welch unfaßlich kurzer Zeit er das Gedankliche wie Klangliche aus einem neuen
Werk herausschält. Er klopft verhältnismäßig selten ab und stets nur bei besonderen
Anlässen; was er zu sagen hat, kleidet er in knappe Sätze, seine Bemerkungen sind
wie Epigramme, kein Wort zu viel, keines überflüssig. Bietet eine Stelle mehr als
gewöhnliche Schwierigkeiten, genügt eine kurze lapidare Erläuterung, ein plastische.
Vorsingen, besser gesagt Vordeklamieren einer Phrase: die herbste und sprödeste
Polyphonie oder Poly thematik erhält im Handumdrehen eine vertraute Physiognomie.

151
Niemand ist mehr verwundert als seine eigenen Musiker, wenn er sie, ohne sie
eigentlich zum Bewußtsein der überwundenen Schwierigkeiten kommen zu lassen~
in einer unglaublich kurzen Zeit durch das scheinbar undurchdringliche Dickicht einer
modernen Novität hindurchgeführt hat.
Mit Beendigung der Proben ist erst die vorbereitende Arbeit zum Abschluß ge--
kommen; den letzten Schliff, die kleinen und kleinsten Lichter und Schatten erhält
das Werk am Abend. Ungemein charakteristisch für N ikisch ist, daß er in den Auf-
führungen vieles anders nimmt, als in den Proben, besonders das Dynamische hat
oft ein ganz anderes Gesicht: willig überläßt er sich der momentanen Inspiration
und seinen wechselnden Empfindungen.
Wer ihn je hört, ist fasziniert von seinen Steigerungen mit ihrem zielbewußten,
folgerichtigen Aufbau und ihrer unwiderstehlichen Gewalt. Und mit welch einfachen
Mitteln arbeitet er! Wozu andere Dirigenten einen mächtigen Apparat von Be-
wegungen nötig haben, genügt Nikisch meistens ein etwas energischeres Zupacken.
Was er mit dem kaum bemerkbaren Heben der Augenbrauen erreicht, ist zum
Staunen. Unter diesem Blick wachsen und schwellen die Tonfluten und verschwinden
wieder zu leisestem Geflüster. Unzählige Zwischenstufen, zarte und derbe Nüancen
zaubert er mit dem denkbar geringsten Ausmaß von Bewegungen hervor. Die vollendete
Grazie, das rein Optisch-Ästhetische seiner äußeren Stabführung ist allgemein be-
kannt. Von ganz besonderem Reiz ist es für den Musiker, das Tonmalerische seines
Taktierens genau zu beobachten. Wie Melodie, Rhythmus, Phrasierung, Dynamik, wie
alle Feinheiten des Reproduzierens sich in der Spitze seines Taktstockes konzen-
trieren, ist bewundernswert und schlechthin unnachahmlich.
All diese Äußerlichkeiten jedoch, so sehr sie mit seinem ganzen künstlerischen
WeBen eine vollendete Harmonie bilden, sind ziemlich belanglos für die Beurteilung
seiner Künstlerschaft. Seine Bedeutung liegt in seinem urwüchsigen, kernigen Musiker-
tum, in seinem fabelhaften Einfühlungsvermögen, im einzigartigen Erfassen des
Melos, in der unübertroffen stilechten Wiedergabe einer jeden Kunstform. Mag man
hie und da auch ein Zeitmaß, eine dynamische oder agogische Nüance anders emp-
finden, hört dann die betreffende Stelle von Nikisch, ist man willig im Bann seiner
Auslegung, denn man fühlt: hier ist Einer am Werk, der als Nachschaffender durch
stets neuerliches Erleben des Kunstwerkes uns vollends mitreißt und überzeugt.
o 0

M U s I K I N D R E s D E N
Von M. Broesicke-Schoen, Dresden
Die Schwerkraft der künstlerischen Entwicklung Dresdens rnht immer noch und
fast zu einseitig in der Oper, die die Aufgaben des Geistes auf starke Schultern
nimmt und an die sich aller wahre Ernst des Zweifels und der Forderungen richtet.
Sie repräsentiert die Entwicklung oder besser ihre Möglichkeit. Man kann es
eigentümlich nennen, daß dies Institut, während andere in der Luft der Freiheit sich
zu verjüngen beginnen, etwas wie eine Krise besteht, die sich nicht einmal auf die
Eroberungen eines neuen Geistes, als auf eine einfache Erhaltung der Qualität an
sich richtet. Eine Krise der Demokratie, die erst das Zentrum der freigewordenen
Einzelkräfte suchen muß. Schon die Herbstfestspiele, die diese Kräfte sammeln und

152
klären sollten, bedeuteten bereits rein physisch durch die Zusammeruiehung der
Aufgaben und Energien auf engen Aktionsradius eine Dezentralisation der Möglichkeiten .
und Ereignisse, fehlende Ökonomie der Werte, die Organismus und Öffentlichkeit
gleich benachteiligen. Es nimmt nicht wunder, daß eine kritische Reaktion einsetzte,
die die Grundfrage der künstlerischen Reinhaltung, der Einschmelzung besonderer
Tradition aus Eiruelbestimmung in eine Vielheit (oder auch der geschichtlichen
Schwere in biologische Gesetze) rein sachlich, nicht als Parteikrise erörterte. Wir
können es heute schon überblicken und darin nur eine Übergangserscheinung, einen
Reflex, der der Anpassung bedarf und zur Soziologie der Kunst gehört, sehen. Es
ist wichtig, daß das Problem, das die geistig geschliffene, aber kontrastierende
Aufführung der .Frau ohne Schatten" und schon die Herbstspiele durch die
Qualitätsschwankung und Unausgeglichenheit des Organismus aufgerührt hat, viel
tiefer liegt, als bloße Wertminderung, deren Ursache es ist. Es ist überhaupt das.
Problem des Theaters als Institution, die sich hier mit geschichtlichen Schmerzen
verbindet: die Überwindung des Alltags und die Unerschöpflichkeit des Lebensstromes,.
der tiefe Ewigkeit und nicht Stauung auf Einzelzwecke verlangt. Es ist nicht zeitlich
beschränkt und die Gefahr der Kunst selbst, die sich täglich verbraucht und heftigem
Verbrennungsprozeß ausgesetzt ist. Man muß immer wieder an Mahler denken,
den die Praxis des Theaters in schmerzliche Reibungen mit Form und Inhalt,
Realität und Forderung brachte. Es wird schließlich doch zu einem individuellen
Problem, in dem das Organisatorische nur das Korrelat bildet. Es ist nur zu lösen
durch sinngemäße Ökonomie des Organismus, der aus Persönlichkeit und nicht aus
Berufspersonen zusammengesetzt ist und Individualität und Arbeit so verteilt und
ausspielt, daß der Körper, geeint, belebt und kontrolliert durch eine synthetische,
autoritative Gewalt den notwendigen Zustrom unverbrauchter seelischer Kräfte
erhält. Und ob dies notwendig mit dem demokratischen System unvereinbar ist,
kann noch dahingestellt sein, vielleicht ist es nur glückhaft und befreiend durch
die Demokratie zu lösen. Und damit gewinnt auch der Gedanke einer Landeshochschule,
einer Akademie (nicht eines Konservatoriums) besondere logische Kraft, sobald er
nicht Pädagogik als Selbstzweck und Elementarwissenschaft, sondern ideelle Verbindung
und Klärung dieser Aufgaben darstellt.
Wer an dem einzelnen die größere Beziehung loslöst und auch das Begrenzt.
als Bewegungsatom eines höheren Prozesses faßt, wird auch im Konzertleben von
einer Morphologie sprechen können, einer Art Metaphysik, die den Terminus nicht
feuilletonistisch mißbraucht, sondern tatsächlich die Lebensäußerungen als Symbol,
nicht mystischer, aber umspannender realer Art wirken sieht. Die Krise, die von
der Demokratie ausgeht, wird hier weniger bemerkt, weil sie sich unkontrolIiert
vollzieht und ein Mosaik heterogener Ereignisse bildet. Aber es ist allgemein
fühlbar, daß die soziologischen Verschiebungen, die sich jetzt zusammendrängen,
auf die Formen des Geistes zurückstrahlen, und ihre Bedeutung, die heute noch im
Rudiment, in der Gegenwärtigkeit gefaltet ist, in dem verschlungenen und empfindsamen
Austausch von Organisation und Individualität bald zeigen werden. Etwa eine
unmaterielle Dialektik, die zwischen Quantität und Qualität, Trieb und Wille (als
Bewußtheit) ausgefochten wird, eine Spannung zwischen gesellschaftlicher' und
künstlerischer Schwerkraft, die immer den Ausgleich und wechselseitigen Ausbau
fordern. Die Organisation ist geistiges und konkretes Problem zugleich. Es besteht
die Gefahr, daß die Kultur des Konzertlebens, die Variationen des Reproduzierens,.

153
die aus der Individualität entwickelt werden, die Farben der vielfaltigen, wenn auch
immer bedingten Möglichkeiten und Zusammenklänge verflachen, wenn sie einseitig
durchleuchtet werden. Die Qualität besitzt, auch wenn sie sich isoliert, immer die
größere Tragweite, als die Quantität, die nicht geformt ist. Dresden besitzt als
Konzertstadt zU wenig Traditionskultur, um heute diese Einflüsse noch genügend
zu verarbeiten und selbständig aus ihnen zu formen, ihm fehlt die Breite und Fülle
des Inhaltes, die auszuscheiden vermag, seine Regsamkeit bietet überwiegend ein
enggezirkeltes bürgerliches Bild. Daher besitzt auch die jüngste Ausdehnung seines
Konzertwesens nur geringen Wert. Die großen Namen (Wünner, Vecsey, die
Gerhardt u. a.), die das Lokale international durchziehen, ohne eS zu berühren oder
stilistisch zu typisieren (auch weil ihre Möglichkeiten oft fast egoistisch erstarrt und
umfriedet sind) geben nur Peripherie, keine Substanz des Eigenlebens einer Stadt,
und die Vielzuvielen, die sich vordrängen und mehr W ohlerzogenheit, kluge
Linienführung und Selbstzweck verraten als Beseelungsgefühl, geben und empfangen
nicht die Synthese aus Gesellschaft und Individualität. Die Symphoniekonzerte der
Landeskapene haben auch hier die Führung; freilich vertritt die Geisteskultur, die in
ihn.:n verkörpert ist, kein bestimmtes Prinzip, wenn nicht das selbstloser Realisierung
des künstlerischen Wertes, aber sie ist wenigstens Kultur "ar' t!goX1)'" die aus sich
sdbst aufbaut und organisch entwickeln kann, Wenn auch ohne bestimmte Richtung,
nur durch die leitende Persönlichkeit gelegentlich schärfere Lichter erhaltend. Unter
Fritz Reiner gab es neben den Krongütern der Musik (Beethoven, Mozart), die hier
das ReproduIctionszentrum finden, die Uraufführung einer fast scherzhaft klassizistischen
Suite .Nachtmusik" eines Mitgliedes (Jas. Lederer), eine Art relativer Modernität,
die Gefahr läuft, sich selbst zu negieren, sowie von vier Orchestergesängen Jean
Louis Nicodes (t 1919), die Musik eines Meisters, der starke idealistische Empfindung<n
besaß, ohne sie zum Stil und Intellekt erheben zu können, Lieder, die, vor dem
Tod entstanden, vom Lächeln der Entsagung und Reife umspielt sind. Die
Philharmonischen Konzerte besitzen trotz einiger Reaktionen immer noch den
gesellschaftlichen und unproduktiven Typus und sind zudem ganz auf individuene
Rückwirkung angewiesen, deren geistige Weitung sich ihr Dirigent, Edwin Lindner,
nUr im Fachlichen suggestiv, schwer abringt. Sie wirken rein formal, wie eine
physische Belebung, in der Züchtung virtuoser Einzelereignisse und eS sagt wenig,
daß diese Auswahl mitunter vortrefflich ist und im Hasardspiel der Kunst einen
feurigen Strahl des Geistes bringt (wie im Falle der Sängerin Hoffmann,Onegin).
Das Praktische, Zweckgeleitete überwindet überan die Seele, die nach Reinheit dürstet,
Fast gesetzmäßig können wir so auch eine positive, gegenwirkende Seite
feststeIlen, die beginnt, lokal gravitierend, den Impuls zum Inhaltlichen und
Gestaltenden wieder zu stärken. Es ist bezeichnend (ein Beispiel für das Zusammen'
wirken scheinbarer Gegensätze von Politik und Ästhetik), daß sie von Gedanken
der. Zeit und auch von einer positiven, nicht zerstörenden Richtung der Soziologie
ausgehen. Eine Ausreifung des sozialen Gedankens, die den Begriff nicht mehr
politisch,gesellschaftlich, sondern rein künstlerisch und geistig als ausgleichend,
Vorurteilslosigkeit, Förderung alles dessen, was Licht und Gedanke werden will,
faßt, also als Entwicklung, die dem Ganzen, einer universalen Ästhetik, nicht
irgendeinem Dogma dient. Und wenn eS auch oft äußerlich mehr wie Verpflichtung
aussieht, zeitgemäß zu sein, so liegt doch ein tieferer Trieb zur Gegenwart in ihr.
Uns zugleich dadurch wertvoll, daß sie den Blick öffnet für ein Land, das zeigt, wie

154
die Jugend nach neuen Begriffen sucht, die tiefer zu den Wesenheiten der Dinge
führen, wie sie sich inmitten eines ruhelosen Flusses der Dinge voll von Formen
und Ideen fühlt, die zur Reife und Versinnlichung drängen. Der Sächsische Künstlerhilf...
bund, der der Träger dieses Gedankens ist und ihn im einzelnen ideell und
wirtschaftlich verzweigt, veranstaltet eine Reihe Fortschrittskonzerte, die eine ganze,
Entwicklung der neuen Kunst zusammenzufassen bestrebt sind. Sie besitzen eine
besondere relative, weil lokale Entwicklungsbedeutung, da wir die Kunst der Zeit
hier nur als Einzelereignis, als ein Gegenspiel, eine Auffrischung, Zurschaustellung
oder Krafterprobung kannten, nicht als eine Konsequenz, die zentralisierend Aussprache
geben will. Erwin Schulhoff (Klavier), der der geistige und vollziehende Mittelpunkt
ist, ist zwar im wesentlichen mehr formal und reflexiv, mehr Gefühl zur Linie als.
ZUr Seele, keine ame passione, die siCh an sich selbst verzehrt, aber doch eine
glühende und geistige, die unerschrockenen Willen zur Tat hat und sich homogen,
zum Stoff fühlt. Die ersten Abende brachten die Künstler des Mikrokosmos (in
einem doppelten Sinne als Seelen- und Formereignis), Alban Berg mit einer
Klaviersonate, dessen zitternde Lyrik nur ein Fluten, gegenstandslos und in sich,
selbst aufgelöst ist, den Formbegriff in ein Urstadium zurückleitet, Josef Hauer
mit Liedern, die die Ausdeutung in sehr strenge, abstrahierende Linien monumentalisie-
ren, einen Scriibine-Schüler, Lhoubsky, mit nervösen Arabesken, Egon Wellesz mit,
einer zarten porzellanen, japanischen Anempfindung (.Kirschblütenlieder"), und als
starken Inhaltskünstler Erdmann, der den Ausdruck (besser seinen Formwillen)
zusammenballt und aus ihm einen Stil formen will; als stärksten Scriibine selbst
mit seiner neunten Klaviersonate, der eigentlich auBerhalb der Klassifikation steht
und dessen seelische Kräfte man allmählich zu werten beginnt. Anders ist Arthur
Schnabel mit seinen Liedern und seiner Kammermusik, auch er gehört zu den
Glühenden, die das ferne Land mit der Seele suchen, aber noch ganz Entwicklung;'
ein labyrinthischer Komplex psychologischer Fäden, während Schulhoff in seinen
Kompositionen mehr konstruktiven und in scharfen blendenden Reflexen Au...
druck sucht. Auch eine Konzertdirektion, deren künstlerischer Leiter Dr. E.
Müller ist, sucht aus den Annehmlichkeiten der beschränkten Materie moderne
Geistigkeit zu retten. Außer einem Liederabend überwiegend jüngster Adepten,
zum Teil Dresdner (Herrn. Baum, Kurt v. Wolfurt, G. Vollmüller u. a.), die noch
mehr Tasten als Aufbauen bekunden, gibt Paul Aron (Klavier), in dem die Kraft
der Reproduktion nicht völlig mit der anerkennenswerten ästhetischen Richtung
des Triebes Schritt hält, einen Zyklus .K1avierstück und Lied der Zeit", die mehr
eine relative, oft posthume Modernität pflegen (Debussy, Reger, Mussorgski,
Korngold, Anders u. a.). Das größte Erlebnis freilich an Nachschöpfung und
Eigenleben bedeutete der Klavierabend Ed. Steuermanns, eines Schülers Busonis
und Schönbergs, der, pianistisch der Subtilste, am stärksten fähig ist, das Klavier'
in ein Orchester zu verwandeln, und die Farbe immer aus der Seele des Kunstwerkes
gewinnt; er spielte Scriibine, Debussy und den eleganteren, aber immer sensiblen
Ravel ("andine"). Noch einige Stufen aufwärts und wir haben etwas wie eine
Organisation des neuen Geistes, der praktisch und erzieherisch Ziel und Weitung,
ideell Gärstoff und Horizont ist, keine Abspaltung mehr, sondern Antrieb zum·
Wachsen, nicht durch den Typus, sondern durch die Energien. die er auslöst und
bekundet, den Willen zur Gestaltung, den er anspannt und steigert.
e 0

155
M u S I K I N N ü R N B E R G
Von Heinrich J ahn, NÜtnberg
Es ist seltsam, daß Nürnberg, der Stadt, die Schenkendorf als edler Künste voll
rühmt, der Stadt, die als des Deutschen Reiches Schatzkästlein gilt, der deutsche
Kunst so viel verdankt, daß NÜtnberg kein allzu guter Ruf vorangeht, soweit es
sich um rein musikalisches Leben handelt. Aber selbst zugegeben, daß eine aus'
gesprochene Industrie, und Handelsstadt, wie es unsere Noris ist, naturgemäß
zurücktritt hinter einer Kunststadt vom Range Münchens - wenigstens wenn man
an die Vergangenheit denkt -, so geht es doch bei uns auch in neuerer Zeit rüstig
vorwärts.
Gerade jetzt beginnen sich manche Anzeichen geltend zu machen, die darauf
hindeuten, daß das Musildeben Nürnbergs an Intensität zunimmt; denn daß es von
je extensiv, ja zu extensiv gewesen ist, daran kann kein Zweifel bestehen; es ist
aber zu hoffen, daß in Zukunft der Grundsatz "non multa, sed multum" mehr
beherzigt wird, nachdem es in der Vergangenheit vielleicht etwas zu sehr nach dem
umgekehrten Prozeß gegangen ist.
Eines ist zunächst mit Bedauern festzustellen: wir besitzen kein eigenes Opern,
haus, schon aus finanziellen Gründen geht das nicht an; demgemäß muß das Stadt,
theater neben Schauspiel und Oper auch den modernen Operettenschund, und
zwar sehr ausgiebig, zu Worte kommen lassen, das verlangen die Kassenrapporte
und leider auch der Geschmack des großen Publikums, Gott sei's geklagt.
In der Oper allerdings gab's trotzdem manches Erfreuliche. Franz Schrekers
Standard,Werk "Die Gezeichneten" hatte hier einen, den künstlerischen Qualitäten
des Werkes voll entsprechenden Erfolg; es mögen gegen zwanzig Aufführungen in
dieser und der vorhergehenden Spielzeit stattgefunden haben. Neben den Haupt'
darstellern Frau KoosvUlbrig und Herrn Spivak gebührt das Hauptverdienst an
der gelungenen Aufführung unserem hochtalentierten ersten Kapellmeister Rober!
Heger, der nach Hunderten von Proben das Werk in Vollkommenheit heraus'
brachte. Und es ist gewiß ein gntes Zeichen, daß Schreker selbst hierherkam und
..ein großes Werk selbst mit einer riihrenden Hingabe dirigierte, unter jubelnder
Anteilnahme des Publikums. Von den übrigen Opernaufführungen sind nur zu
nennen: Puccinis "Madame Butterfly" und vor allem seine "Boheme", ferner das mit
Sentimentalität gespickte Singspiel KÜtmeckes "Das Dorf ohne Glocke", allenfalls
noch Humperdincks "Hänsel und Gretel" neben den herkömmlichen, meist der
Schablone folgenden Werken des ständigen Spielplanes.
Nur einer Uraufführung muß noch etwas ausführlicher gedacht werden, einer
Oper unseres ersten Kapellmeisters Heger, "Ein Fest zU HadersIev", entworfen
nach der bekannten Stormschen Novelle von dem Komponisten selber. Der Gefahr,
die eine dramatische Bearbeitung eines rein epischen Stoffes in sich birgt, ist auch
der Autor dieses Werkes nicht entgangen; sie liegt in einer gewissen Vergröberung
des Stoffes und der Charaktere, der Zusammenziehung oder etwas gewaltsamen
Ausdehnung einzelner Teile, ferner in der langatmigen Durchführung, wie sie
namentlich der erste Akt aufweist. Die Sprache, Wagnerscher Diktion genähert,
ist schwungvoll, nur daß oft die Personen in tönendes Deklamieren .geraten.
Auch die Hegersche Tonsprache erinnert an Wagner, nicht als ob man von

156
direkten Entlehnungen reden könnte; doch ist die motivische Behandlung. vor
allem der Orchestersatz. rein wagnerianisch. wenn auch häufig moderne Klang'
kombinationen eingestreut sind. Trotz dieser . Struktur des Werkes darf nicht
geleugnet sein, daß Heger ein Könner ist; denn es muß beim wiederholten Hören
des Werkes die sichere Konzeption. die feste und zielbewußte Form auffallen.
Heger schreitet. wie Walter Stolzing. "fest und unbeirrt". Auch im Musikaliseben
überrascht der Stimmungsgehalt der lyrischen Stellen; so ist über die Liebesszene
des zweiten Aktes ein magischer Zauber gegossen. wobei der Komponist durch
eigenartige Verwendung lang gehaltener. schluchzender Cellotöne ganz merkwürdige
Wirkungen erreicht. Auch die Schlußszene ist reich ausgestattet mit prächtigen
musikalischen Schilderungen. Zusammenfassend darf man wohl sagen. daß sich
Hegers Oper weit erhebt über die sogenannte Kapellmeistermusik ; sie ist das
Werk eines ehrlich Suchenden. der mit allen Fasern seines Herzens der Musik
zu eigen ist. •
Im übrigen wird mit Ende dieser Spielzeit unsere Theatergeschichte einen be'
deutenden Abschnitt erreichen: das Theater wird in städtische Regie übergehen. wir
werden einen Intendanten bekommen; vielleicht wird sich im Laufe der Zeiten die
Frage eines großen städtischen" Orchesters lösen lassen; denn unsere Orchester,
verhältnisse bedürfen noch sehr der Klärung. Der scheidende Direktor Pennarini.
der als Heldentenor namentlich früher Glänzendes leistete. hat sich manche Ver' .
dienste erworben, die besonders in der Vorliebe für die Et:scheinungen der neueren
Opernliteratur (siehe Schreker) begründet sind.
Daß die Not der Zeiten. vor allem die Kohlennot. sich unangenehm fühlbar
macht. bekommen wir leider sehr zu spüren; denn die ungeheizten Säle wirken
recht retardierend auf die Kunstbegeisterung ; das hat bereits mehrere große
Vereinigungen veranlaßt, ihre Konzerte auf eine bessere, wärmere Zeit zu ver..
schieben. Man muß nämlich wissen. daß das musikalische Leben Nürnbergs in
den großen Vereinen sozusagen seine Kristallisationspunkte hat.
Im Privatrnusikverein spielte Prof. Max Pauer,Stuttgart mit einer geradezu
fabelhaften Technik Schubert und Schumann. an einem zweiten Abend ließ sich
das bekannte Trio der Herren Schnabel. Flesch und Becker hören.
Aus dem zweiten Konzert des Philharmonischen Vereines ist die Aufführung
der vierten Symphonie von Gustav Mahler zu nennen. schon deshalb. weil Kapell,
meister Scharrer diesem großen. von edlem Menschentum erfüllten Werke zu einer
Wiedergabe verhalf. die dem reinen Gefühlsinhalte durchaus gerecht wurde. Und
eine andere köstliche Frucht zeitigte noch dieser Abend: drei chinesische Gesänge
von Walter Braunfels für Sopran und Orchester. Werk 19; Solistin war Kammer'
sängerin Kämpfert. Der der Münchener Schule entstammende Komponist hat für
die seltsamen. stimmungsgewaltigen Dichtungen aus Bethges "Chinesischer Flöte"
einen adäquaten musikalischen Ausdruck gesucht und gefunden. Man darf diese
Gesänge. die sich auf eine gewählte Instrumentation stützen. als Niederschlag eines
edlen Expressionismus bezeichnen; es sind wirklich silberflimmernde Kleinodien.
die da in' mildem Glanze erstrahlen.
Eine Reihe von Konzertabenden wurde außerdem noch abgehalten; namentlich
waren es Liederabende. die meist nicht über das Gewohnte hinausgingen; doch
verdient der moderne, mit zeitgenössischer Lyrik sich befassende Liederabend von
Oscar Consee gesonderte Erwähnung. Außer Richard Strauß waren Richard Trunk

157
und Kowalski vertreten; bei Trunk imponierte die düstere Majestät, die aus seinen
Kompositionen, z. B. aus "Der Feind", "Die Stadt", "An mein Weib'" spricht,
während Kowalskis Pierrotlieder sehr phantastisch wirken, sowohl was die Rhyth . .
misierung, als auch die seltsamen, bizarren Harmonien betrifft.
Neuerdings hat sich eine Gesellschaft, "Endekau (Neue deutsche Konzertgesell-
schaft), gebildet, die ganz Deutschland durch ihre "Stars" bereisen läßt, die mit fest-
gelegtem Programm überall aufzutreten haben, eine Art Vertrustung des Konzert-
lebens also. Daß die Gesellschaft bedeutende Künstler zu den ihren zählt, ist ebenso
leicht verständlich, wie es bedauerlich ist. Auch hier wurden wir mit derartigen
Veranstaltungen beglückt.

o 0


DER TÜRKISENBLAUE GARTEN<-
Oper in einem Akt von Aladir Szendrei, Worte von Rose Silberer
Bericht über die Uraufführung von Max Steinitzer, Leipzig
Das Werk hat in Leipzig seine Uraufführung erlebt und durchaus die Erwartungen
erfüllt, welche die geistreiche Partitur, die Arbeit eines bedeutenden Könners von
großer Aufschwungsfähigkeit der Klangphantasie erregen mußte. Der blühende
Orchesterpart hält die morgenländisch-märchenhafte Gesamtstimmung mit hohem
Reize fest, folgt aufs feinste jeder Gefühlsabschattung, dabei deckt er nie die Sing-
stimmen, die ihrerseits - heute eine Seltenheit - mit vollster Kenntnis ihrer
Natur behandelt sind. Die Trockenheit der Sprachgebung, soweit das Rhythmische
in Frage kommt, hat den Tonsetzer oft gehindert, die Gesangslinie weiter und
höher zu schwingen; dies eine der zahlreichen Schwächen des von der Bildhauerin
Rose Silberer verfaßten Buches; sein Hauptvorzug ist gleichfalls das folgerichtige
Festhalten jener phantastischen Stimmung. Die Aufführung unter Leitung des Ton-
setzers war voll von berückendem Klangzauber des Orchesters. AHne Sanden, die
in der Hauptrolle der Nayelah zwei Stunden lang nicht von der Bühne kommt,
bot eine in jeder Hinsicht außerordentliche Leistung; Mezzo, lyrischer Sopran und
Heldenbariton, die nur Episoden haben, waren durch Frieda Schreiber, Hans Liß-
mann und Walter Soomer bestens vertreten. An der Wirkung des einzigen Bühnen ...
bildes unter der Spielleitung Karl Schäffers hatten die Beleuchtungskünste den
größten Anteil, die sich bei der Halbwirklichkeit der ganzen Vorgänge so ziemlich
ganz nur nach malerischen Gesichtspunkten entfalten und Abend. Nacht, Morgen-
dämmern ohne Rücksicht auf kosmische Physik mit möglichster Bildwirkung ge~
stalten können. Die Aufnahme der bedeutenden, aussichtsvollen Neuheit war sehr
herzlich.
... Siehe auch 2. Jahrgang, Heft 3.

o c

158
G !OSSfJ1- c;-;i!
DIE 0 PER N -"S PIE L E R" Operndarstellung, gegensätzlich zum Schauspiel,
kein Spiel .. Ensemble. Zwar die Töne und
Ein Schauspieler hlUt es (im allgemeinen) Stimmen klingen zusammen - aber die Seelen
in einer Opern ..Vorstel1ung nicht aus. Ein musi.. • •• 0 weh! - Stark musikalisch und künstle.-
kaliseher Schauspieler (im besonderen) hält es risch empfindende Partner biegt natürlich oft
manchmal aus. Dann macht er aber gewöhn.. unbewußt das Temperament und die Musik zu..
lieh die Augen zu. Und doch gibt es viele (musi.. sammen. Aber es ist immer nur Zufall. Nie die
kalische) Schauspieler, die lieben dennoch die Regel, nie die Grundlage für alles Spiel. Die
Oper, naiv, andächtig und fast sehnsüchtig, voll alte italienische Oper und was davon herkommt,
Hochachtung fur die begnadeten Kollegen, die brauchte nicht mehr. Musik, Flitter, Stimme,
nur den Mund aufzumachen brauchen, und Temperament und s~enischer Aufwand wohl
Wohllaut und Stimmung entzücken und ent .. verteilt nebeneinander. Heute verlangen wir
rücken das Publikum. - - Aber der Nur.. vom Kunstwerk Einheitlichkeit, letzte tiefste
Schauspieler hält es nicht aus! - Verinnerlichung, stärksten seelischen und for ..
Es sind bekannte Dinge und man hat oft malen Ausdruck. Im Schauspiel ist man ge.-
darüber geschrieben, gesprochen, gestritten. wohnt, diese Forderung erfüllt zu sehen. In
Der Sänger sagt: Erst kommt meine Stimme, der Oper begnügt man sich immer noch mit
dann die Musik und dann vielleicht der Text, der sprichwörtlich gewordenen berühmten
die Aussprache, die "Prosall und dann erst, das "Operngeste". Geht hin und seht es! Die Hoch..
SpieL Das Spiel erklärt und ordnet der Spiel.. dramatische singt euch die "Isolde", die "Eli..
leiter an. In der Oper ist es meist ein ehe.. ubeth", die "Kundry" mit denselben meist
maliger Sänger, ein Buffo oder ein ausgesungener seelenlosen Ruder- und Schwimmbewegungen
Bariton mit ruhmreicher Vergangenheit und ihrer Arm.., Schultern .., Hals .. und Hüftmuskeln
guter, oft hervorragender Opernschulung. Er wie Bariton, Tenor und Baß. Vom Chor gar
kennt alle Opern, hat in allen selbst gesungen nicht zu reden. Wo besonderer Wert auf ffSpiel"
und ,.weiß Bescheid". Er gliedert auch den gelegt wird, ist es fast noch schlimmer. Das
Chor, eifert an, weist hin und her, meistert die Zuviel, die Überdeutlichkeit 1m Ausdeuten und
Massen der Statisten, macht der Novize das Betonen durch Gestikulation beherrscht das
richtige Hinknien persönlich vor, stellt den Spiel durchweg. Langjährigen Sängern ist "ihre"
Tenor vorteihaft auf und zeichnet mit für den Geste schon zur Natur geworden; sie erfolgt
Erfolg. Das ist BO. automatisch mit dem Öffnen des Mundes, sie
Aber wer in der Oper mehr als ein gesti.. wissen selbst nichts davon, sie laufen ab wie
kuliertes Konzert im Kostüm sieht, verzweifelt ein Uhrwerk. Wenn man näher zusieht, was
in allen Abstufungen, je nach Rang und Größe sie eigentlich machen, sind es drei typische
des Kunstinstitutes. Armstellungen, zwei Kopfhaltungen und "der"
Es gibt allerdings einige wenige Opern.. (langsame) Bühnenschritt. Er erfolgt in Augen..
regisseure, die Ausnahmen bilden. Ein kleiner blicken seelischer Bewegtheit, Freude, Schmerz,
Kreis erkennt ihre Arbeit und nennt sie, dank.. Furcht und Anspannung. Er ist deutlich kenn..
bar, fast zärtlich, in Verehrung~ Das Publikum bar durch ein stets auf die FUßspitze gestelltes
aber weiß nichts von ihnen und die Kollegen zurückbleibendes Bein, während die Schultern
glauben bei den Erfolgreichen an besonders eine unsichtbare Last von unten her stemmend
gute Reklame. Die Andern ringen unerkannt, vorwärtsschieben. Hat der "unglückliche" Dar..
unverstanden im Dunkeln. steller dann "gebrochen" auf eine Bank zu
Warum ist das so? sinken, rällt er wie mit Dampfhammerwucht
Es fehlen der Allgemeinheit die Vergleichs.. auf die Sitzgelegenheit und der Kopf nickt tief
möglichkeiten. Tradition beherrscht den weiten nachdenklich eine Weile nach. Musikalische
Opernmarkt und selbständige Regungen dar.. Pausen, Takte ohne Text werden durch die
stellerisch begabter Sänger und Sängerinnen törichtsten,läcberlichsten Handbewegungen aus.-
werden höchstens mit "spielt auch so gut'; gefüllt, die meist in einer beruhigenden Geste
quittiert. Das ist alles. Es gibt als Norm unserer der Hand und des Kopfes gipfeln. ("Nur Ruhe,

159
liebe Partnerin, gleich sing' ich weiter 1") Alles lichkeit der Gestikulation hin, den Einwand,
wird veräußerlicht. Ein wartender Blick zieht daß der vorgeschlagene Weg sich zwar (viel..
nicht endenwollendes Vor.. und IWckwärts.. leichtl) rur gewisse Stilarten eigne, aber fiir
schreiten in "Ausfal1 11stellungen nach sich; da.. die große Oper, den heroischen Stil, unmöglich
zu beschreibt der Arm - ach nein, beide Arme sei. Man führt Wagnersehe Regiebemerkungen
deuten in großer Linie kubische Masse an. an, die für jeden Takt eine Aktion vorsehen.
Es ist nichts Neues damit gesagt. Jeder weiß Zugegeben: das sind Erschwerungen, aber kein
es, jeder kennt es, jeder nimmt es hin. "Es sind Hinderungsgrund, auch das Pathos von innen
eben Sänger.u heraus und durchfühlt zu gestalten.
Hiegegen muß endlich einmal Front ge.. Es würde zu weit führen, sich in die Fülle
macht werden. Aber wie? von Einzelheiten einzulassen. Einen Beweis
Es ist, wie ein namhafter Theaterleiter es rur die Kraft und Berechtigung der "gefüh1ten~1
ausdrückte, schon mehrfach geglückt, musika.. Geste bot die Uraufführung der Deliusschen
lisch sich einfühlende, vom Schauspiel her .. Oper "Fennimore und Gerda" in Frankfurt am
kommende Spielleiter in den Opernbetrieb zu Main, die mit der althergebrachten Operndar..
übernehmen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß stellung einfach nicht zu bewältigen gewesen
der Sänger in geradezu rührender Weise und wäre. Diese Oper kann man geradezu zum
dankbar gläubig den Ratschlägen erfahrener erzieherischen Schulbeispiel heran~
Schauspielregisseure folgt und einige der besten ziehen, da sie eigentlich nur aus seelischen
Opernleiter und Opernregisseure sind nachweis-- Vorgängen besteht, die sich zwischen ganz a11 ..
bar vom Schauspiel hergekommen. Für das täglichen, oft banalen Worten abspielen. Aber
rdn Musikalische laßt den Kapellmeister sorgen. diese Vorgänge können gerade in Verbindung
Er ist wie kein anderer dankbar, wenn ihm mit der Musik zu einem Erlebnis von selten
ein Arm erwächst, der das Puppenspiel oben zwingender Kraft werden, wenn Me n s ehe n
bändigt und ruhrt, wie es aus der Pa1'titur menschlich sie erfüllen.
erwachsen muß. Walter Brügmann
Da gilt es denn vor allem, darstellerisches
Verantwortlichlceitsgefühl und darstellerische
Selbstzucht zu wecken. Die Mechanisierung der
Geste, ach - die Geste überhaupt, muß erst M 'u S I K I N WIE N
mal totgeschlagen werden. Es ist vorzugehen
wie beim Schauspielunterricht, Gefühl für das Das dritte Orchesterkonzert des ,.Anbruch"
Darzustellende zu wecken und aus diesem Ge.. war wieder ausschließlich Mahler geweiht: dem
fühl heraus mit knappestem MaChalten die für Lyriker durch Orcbesterlieder, um die ein neuer
den jeweiligen Fall einzig in Frage kommende Sänger, Paul Li ban mit schönem Eifer bemüht
Gebärde zu treffen. Der Sänger fühle end.. war, dem Sinfoniker durch Oskar Frieds un..
lich auch seinen Körper. Musik, Tonfarbe gewohnte Auffassung der gewaltigen fünften
und Dynamik der Stimme verschmelze l'estlos Sinfonie. Der Dirigent, wie immer großzügig
mit dem Ausdruck seiner Gebärde und Mimik. und dabei überaus präzis im Detail, das viel ..
Die für ihn hieraus erwachsende Freude, trifft leicht manchmal mehr verstandesmäßig betont,
er es endlich, ist überraschend groß. Ich be.. als gefühlsmäßig gesungen wird, überraschte
haupte kühn t daß der Sänger, der sich die ge.- diesmal durch dynamische Änderungen, die zu ..
fühlte Geste t das schauspielergleiche wir k li c he mal die zweite, lebensbejahende Hälfte des
Erleben einer Rolle zu eigen macht, auch länger Werkes in weniger kräftigen Farben erscheinen
Sänger bleibt. Denn ich behaupte weiter kühn: ließ. Es heißt, daß Mahler, der bekanntlich
der Sänger, der nicht nur mit der Stimme, immer wieder an seinen Werken, auch nach
sondern auch mit seinem Körper flihlt und ge .. ihrem Erscheinen, geändert hat, selbst der Ini ..
staltet, wird sich die Elastizität und Frische tiator dieser Varianten gewesen sei. Auch dann
seines Körpers bewahren und den Typ des schienen sie mir nicht von Vorteil, und ich
wohlgenährten verfetteten Opernsängers aus persönlich wiirde die farbenfrohere, rücksichts~
der Welt schaffen. Und endlich behaupte ich, losere, iibermütigere Urform der ,.Was kost' die
daß die Kultur des Gefühls unwillkürlich die Wdt?u.. Stimmung gegen die spätere ebenso ver ..
Kultur des Körpers und des Geistes nach sich teidigen wie die alte Venusbergmusik im"Tann..
zieht. Freilich, "Regsamkeit" in jeder Beziehung häuser l l gegen die Pariser Bearbeitung. Wider..
sind hiefür die unerläßlichen Vorbedingungen. sprucllslos gewaltig war die Wirkung der "Toten.-
Man hört oft, weist man auf die besagte Außer.. feier"1 wie man den ersten Teil benennen könnte,

160
mit derselben Bezeichnung, die der ursprnnglich gesteigerten, den späteren Strauß bergenden
als selbständiges Werk gedachte erste 5atz der und schön enthüllenden, von Frau Kiurina
zweiteil Sinfonie von Mahlers Hand erhielt. Vor ebenso hinreißend gesungenen Szene aus dem
Mahler verneigte sich auch 5 c h r e k e r im ersten verschollenen nGuntramu.
Konzert seines philharmonischen Chors, und R. st. Hoffmann
die 'fLieder eines fahrenden Gesellen" habe ich
vielleicht noch nie in solcher Vollendung, wie
c c
diesmal von Hans Duhans wehmutumflorter
Stimme gesungen gehört. Schreker, ein Meister BRIEFFRAGMENT
auch des Taktstockes, versenkte sich in seinem
t 16. Psalm liebevoll in seine Anfänge, da er vor n ••• ]'ai toujours refuse atout le monde
zwanzig Jahren mit diesem sehr ansehnlichen de me prononcer publiquement soit sur la
Gesellenstück das Kinderland des Konservato.. musique d'autrui, soit sur la mienne. Laissant
riums als ein Gezeichneter verließ, der berufen de c6te la question de la musique, d'autrui,
war, ferne Klänge zu suchen und zu - finden. qui ne naus interesse pas pour le moment,
Fast wäre man versucht, die nachher gehörte je vous donne les raisons de mon tefus de
Chorbal1ade "Taillefer'4 von Richard Strauß parler sur ma propre musique.··
auch für ein Jugendwerk zu halten. würde das nJ'ai toujours pens€: que la seule chose par
virtuose Orchesterzwischenspiel, das die Scblach t laquelle tm compositeur pourrait legalement
'ton Hastings voll Kraft und Realistik malt, convaincre son public, dest bien par sa rou ..
nicht energisch genug für ein op. 52 sprechen. sique et non par sa musique accompagnee
Die vnglaubIich einfachen Melodien und Rhyth.. d'explications, si utiles lui semble ..t ..eIles; et s'il
men des ebenso einfach gesetzten Liedertafel.. n'y parvient pas aujourd'hui, i1 n'est pas exclu$
Chores -- in den spärlich bedachten Solostellen qu'il y parvienne plus tard. L'histoire de la
glänzte Maria Schrekers frühlingslichter Sopran musique (et de l'art en general) nous l'enseigne
- können wohl nur in einer Masse wirken, d'ailleurs bien eloquemment. ]'ai eu moi meme
fiu die der philharmonische Chor und der l'occasion de constater la justesse de cette
Konze:rthaussaal zu klein sind, wie sie denn affirmation plusieurs fois et pour mes propres
auch für die Einweihung der Heide1berger Stadt .. oeuvres. Je pourrais eiter comme exemple 1e
halle geschrieben sind. So wie das "festliche cas trop connu du "Sacre du Printemps·'. In...
Präludium" für die Eröffnung unseres Konzert.. utUe donc, ä. mon avis, de forcer le temps que
hauses gedacht war, das Strauß sdbst bald prend le public pour s'accoutumer au nOUveau
n.achher an der ihm zugehörigen Stätte zum langage, aux nouveaux moyens d'expression.
Klingen gebracht hat. Rein dynamisch einer der eette operation (l'accoutumance) qui doit
stärksten Konzerteffekte überhaupt, inhaltlich se produire dans le gros pubIic, lequet
wenig inspiriert, wie Strauß gewöhnlich, wenn n'assimile la musique gue quand il en a
ihm die Suggestionskraft des außermusikalischen pris l'habitude (resultat: aucune fraicheur
Bildes fehlt. Wie anders die Alpensinfonie, ein de sensation musicale et l'inevitable danger
Genuß für jeden aufmerksamen Reisenden, der d'y substituer des normes morales etant
an der Hand eines guten Führers die Schön.. donne le vide que laisse cette absence de
heiten der Landschaft aufsucht und der mit sensation) cette operation, dis~je, ne saurait en
dl'ei Sternchen bezeichneten Attraktionen, des aucun cas etre remplacees par des explications
in tausend Funken blitzenden Wasserfalles wie qu'on lui fournirait sur ceUe musique. On n'y
des in tausend Blitzen funkelnden Gewitters gagnerait rien, car i1 est impossible de faciHter
gewiß nicht vergessen wird. Viel1eicht wird er l'oreille au moyen de guides. Ces guides non
die Elegie übersehen und die atemlose Stille seulement ne lui ajouteraient rien, mais en..
vor dem Unwetter, die den Nachteil haben, nur leveraient entore aux personnes ayant des
musikalische Schönheiten erlesener Art zu oreilles accessibles au sensations fraiches tout
kfinden. Als idealer Interpret seiner eigenen ce que la musique pourrait avoir de contact
Werke, der das Gesangliche liebevoll hervorhebt direct avec dIes. 11 faut que l'oreille elle..meme
und nur auf das ganz Wesentliche, die großen soit susceptible d'en fair usage en dehors de
Steigerungen und Höhepunkte losgeht, konnte toute accoutumance ou explicatiolls, et c'est
Strauß füglich auch der Donner.. und Wind.. seulement alors que le resultat sera fecond •.."
maschine entraten, die ihm ein böser Geist in
Igor Strawinsky
die Partitur diktiert hatte. Auch er erinnerte
übrigens an seine Anfänge, mit einer hinreißend o c

161
BESPRECHUNGEN klanglicher Effekte, die in Vermischung mit
der Singstimme und den anderen Instrumenten
FELIX PETYREK, ZWEI LIEDER: "Spät" zu selten schönen musikalischen Augenblicken
für Gesang, Geige und Klavier, und "Der werden. Ganz ins Träumerische und Intime
Wind", für Gesang, Klarinette, Geige, Bratsche versinkt das Lied "Spät" (beide Gedichte sind
und Klavier. (Universal..Edition, Wien.) von Richard Schaukai), die sordinierte Geige
Die Gattung des "Kammermusikliedesl l -
tönt iwie ein friedlicher Naturlaut in stiller
wir haben leider noch keinen besseren zu. . Zimmereinsamkeit. Das Lied "Der Wind t • ist
sammenfasscnden Ausdruck dafür gefunden - rhythmisch schärfer gefaßt und fUhrt über
ist merkwürdigerweise in unserer so sehr auf frisches Sturmesbrausen i;n selige Weiten
klangliche Differenzierung' eingestellten Zeit sommerwarmer Versunkenheit. Ich rechne mit
sehr wenig gepflegt. Der Ursprung reicht gleich.. gutem Gewissen die beiden Lieder. ganz ab..
wohl weit zurück in die Zeit der Florentiner gesehen von der erfreulichen Neuheit ihrer
"Ars nova", als es noch kein Klavier gab. Auch Wesensart, zu den schönsten Blüten neuester
mögen die schönen Volkslieder des ,.Foersteri.. lyrischer Tondichtung.
schen Liederbuches", wenn auch a capella ge.. Dr. B. Paumgartner
setzt, in praxi doch von allerhand Hausinstru .. c
menten begleitet zur Aufführung gekommen
sein. Die Bachsehen Kantatenarien sind mit ]OSEF MARX: VIER LIEDER UND GE-
gewissen Einschränkungen dem gleichen Genre SÄNGE nach Dichtungen von Anton Wildgans.
zuzurechnen, besonders, wenn außer den obli... (Universal..Edition. Wien.)
gaten Begleitinstrumenten nur noch der Con .. Vier Lieder von Marx, in deren Begleitung
tinuo als klangverbindender Faktor in Betracht dem Klavier sich ein zweites Instrument gesellt.
kommt. Die Orchesterbesetzung zu Bachs Zeiten fesseln durch ihre Melodie. die den Charakter
war zudem so klein, daß sie, nach heutigen der vier so verschiedenartigen Gedichte trefflich
Begriffen bewertet, sehr wohl zur Kammer.. zur Darstellung bringt und durch eine Viel ..
musik gezählt wUrde. Schubert schrieb für stimmigkeit, die bei aller Sorgfalt in der
die Milder..Hauptmann den "Hirt auf dem StimmfUhrung doch nicht eigentlich Polyphonie.
Felsen" mit Klarinette und ein schönes Tenor.. sondern richtiger Pol Y c h rom i e zu nennen
I ied "Auf dem Strome" mit Horn, S p 0 h reine wäre, da sie in immer neuen, Uberraschenden
Reihe klangvoller Lieder mit Klarinette. Zählen und farbenprächtigen Klangmischungen zu
wir noch die "Schottischen Volksliederbearbei... gipfeln scheint, während von einer Selbständig...
tungen U von Beethoven mit Begleitung eines keit aller (oft 6-10) Stimmen im Sinne der
Klaviertrios auf, dann wird bald die Reihe der alten Polyphonie kaum die Rede sein kann.
Versuche aus klassischer und romantischer Zeit Nur zwei der Gesänge können als echte Lieder
erschöpft sein. Die Bratschenlieder von Brahms bezeichnet werden, die sich früheren bedeutenden
sind Meisterwerke aus neuerer Zeit, Schönberg Liedschöpfungen von Mau ebenbürtig anreihen:
hat in seinem Fis..moll ..Quartett den Faden "Durch Einsamkeiten.... in dessen dunkel ge...
wieder fortgesponnen, auch ]oseph Marx hat rarbten Harmonien Klavier und Bratsche im
in seinen vier ,.Wildgans.. Liedern" neuerdings Verein mit der Singstimme dem Grauen vor
Streichinstrumente und die Flöte zur Ergänzung dem Tode wie der Sehnsucht nach seinem
des Klavieres in die Begleitung einbezogen. Die Frieden ergreifenden Ausdruck verleihen. und
zwei vorliegenden Lieder von dem ]ung...Wiener "Du bist der Garten''', ein schwungvolles Liebes~
Petyrek stellen eine höchst gelungene Vermeh.. lied, das sich, dem Text entsprechend, am
rung dieser neueren Versuche dar. sie sind, ab ... Schlusse zu dithyrambischer Begeisterung er...
gesehen von dem sehr stal'ken musikalischen hebt. Hier ist es die Violine, die über den
Inhalt, technisch außerordentlich glücklich und Gesang und die stellenweise siebenstimmige
klanglich mit großer Feinheit und künstleri.. KJavierbegleitung als führende Stimme den
sehern IIHineinhörenu in die Seele der lustru.. Sieg davonzutragen scheint. 1m "Adagio" ist
meute und deren FarbenmQglichkeiten be.. dem Violoncell im Verein mit dem Klavier die
handelt. Das Klavier bekommt naturgemäß Aufgabe zugewiesen. einem Stimmungsbild,
eine andere, subtilere Rolle, als wenn es selbst... das aus realistischer Beobachtung einer Abend ...
herrlich als Alleinbegleiter beschäftigt ist; landschaft hervorgegangen ist, adäquate musi ...
Geige, Bratsche und Klarinette nehmen viel kalische Farbentöne zu verleihen. Wundervoll
Melodisches und Rhythmisches auf sich, dafür die echte Abendstimmung aussprechende
ergeben siro fUr das Klavier eine Unzahl feiner Kl avier..Einieitung und die zarten Farben ...

162
nüancen der Begleitung, in denen sich Abend ... das harmonisch und inhaltlich einen Höhe..
röte, Mondesglanz und der Seidenschimmer punkt der Buntheit darstellt - das Werk ver..
hell beleuchteter Weiden spiegelt. Das Ge .. heißt viel und rechtfertigt, daß wir mit
spenstige riesenhafter Heuschober und in der Spannung weiteren Werken entgegensehen.
Dunkelheit umherschleichender Hunde ist durch Felix Petyrek
sonderbare Zusammenklänge dargestellt, die
aus dem Rahmen des Ganzen heraustreten, bei D

vollendeter Wiedergabe aber charakteristisch HANS FERDINAND REDLICH: GUSTAV


wirken dürften. Am weitesten entfernt sich MAHLER, EINE ERKENNTNIS. Verlag Hans
vom eigentlichen Lied die mythologische Szene Carl, Nürnberg 1919.
"Pan trauert um Syrinxu. Hier ist die Flöte Die vorliegende kleine Schrift ist vor allem
das Solo ..Instrument, das der Singstimme un.. dadurch bemerkenswert, daß darin der Versuch
geIahr gleichberechtigt gegenübertritt. Die gemacht wird, Mahler anstatt aus dem Äußeren
Darstellung der Trauer Pans um seine Geliebte seines Werkes (dem Musikalisch..technischen
Syrinx ist wohl das Eigenartigste und Wert.. oder Ästhetischen) vielmehr aus dieses Werkes
vollste des Ganzen, lebendig kommt ihr gegen.. innerstem Wesen und Ursprung zu begreifen:
über das bacchantische Treiben der Nymphen aus dem Ethos. Sie soll - so heißt es in der
und Satyrn zur Geltung. Der F15te ist dort Einleitung - keine Biographie enthalten, son ..
eine "traurige Weise u von höchst origineller dern . eine "Mythologieu darzustellen versuchen.
Prägung, hier ein von Lebenslust über ... Die Wurzeln von Mahlers Schaffen sind richtig
schäumendes Ergehen in glitzernden Fiorituren erkannt! einerseits sein Naturgefühl - dieses
und Läufen zugewiesen. In der Harmonik ist kommt nicht etwa aus des modernen Menschen
ebenfalls ein scharfer Kontrast zwischen dem Sehnsucht nach der Natur, sondern beruht auf
überaus farbenreichen Zwischenspiel, das dem tiefster Verwandtschaft mit den Elementen -
Taumel äußerster Daseinsfreude gewidmet ist, die erste Symphonie ist vielleicht die natur..
und dem blasseren, intimeren Kolorit der Klage bafteste Musik, die es gibt - darin ist Mahler
durc:hgeführt. Dr. FeIix RosenthaI der Nachkomme der großen Romantiker, vor
D
allem Webers (nicht ganz zutreffend ist es, ihn
als den "letzten Romantiker" zu bezeichnen:
ALOIS HABA: KLAVIERSONATE, op. 3 noch klingt in Pfitzners "Rose vom Liebes ..
(Universal..Edition, Wien.) garten" und in seinen Eichendorff..Liedern der
Dieser Schüler Novaks und Schrekers er.. Ton der Romantik nach); anderseits sein un..
weist skh immer mehr als eine der stärksten geheures religiös .. ethisches We1tbewußtsein.
Begabungen unter den jungen tschechischen Mahlers Religion~ mag sie sich auch, wie be ..
Komponisten. Er hat sich in diesem Werk sonders in der zweiten und achten Symphonie,
zu einem höchst persönlichen Stil durch.. in den Formen eines nromantischen Katholi..
gerungen; zuweilen seltsam und bizarr, liegt zismus" kundgebeD 1 geht doch über das
in dieser Musik eine zwingende Notwendigkeit, Christentum hinaus: sie sucht und findet das
sie fesselt und überzeugt. Am ehesten ist sie Göttliche nicht nur in der Seele, sondern auch
vielleicht Szymanowski verwandt; doch mar.. in der WeIt, umfaßt die metaphysische WeIt
kiger, gesünder t herber; die kränklichen, ver.. ebenso wie die Welt der Sinne (am deutlichsten
feinerten Stimmungen 1 die wir zuweilen bei kommt dies in der dritten Symphonie zum
Szymanowski finden 1 fehlen bei Haba. Selbst Ausdruck) - hierin zeigt sich eine tiefe Ver..
dort, wo dieser Harmonien der verschiedensten wandtschaft mit Novalis. - -
Tonarten bunt durcheinander türmt, wie in Dies der Hauptgedanke der Schrift - statt
seinem grotesk .. übermütigen Rondo ..Pinale. auf weitere Einzelheiten einzugehen, sei jedem,
klingt es wie ein ungebändigter Schrei der den Mahlers Werk und Persönlichkeit ernstlich
Lust und Freude. Der erste Satz zeigt große, beschäftigt, die Lektüre des etwa 30 Seiten
edle Linien. Zwischen dem heldenhaften ersten starken Heftehens empfohlen. Es sei übrigens
und dem innigen zweiten Thema ein seltsames, nicht verschwiegen, daß manches darin nicbt
bunt tönendes Überleitungsmotiv, das in der ganz ausgereift und zu Ende gedacht ist (viel..
weiteren Entwicklung eine große Rolle spielt. leicht nur weil es einer ausführlicheren, um..
Der zweite Satz, ein edler Klagegesang, enthält fassenderen Darstellung bedurfte als es inner..
als Mittelteil ein Scherzo, das wie ein buntes halb dieser mehr aphoristischen Porm möglich
Treiben aus einem Waldmärchen anmutet. End.. war): das gilt z. B. für die Antithese Mahler..
lieh das formvollendete, streng gebaute Rondo, Wagner ebenso wie für die Parallele Mahler..

163
Beethoven, auch ist es nicht richtig, von einer ist, sondern vielmehr auf jenes Urschöpferische,
... Auseinandersetzung'" mit Bach oder "Über.. dem alle Kunst bloß als Mittel dient, sich zu
windung'" Bachs zu sprechen: in einer voll.. offenbaren: jenes Urschöpferische, dem Mahler.
kommen gerundeten und geschlossenen Welt, einer seiner großen Verkünder, den Hymnus
wie es Bachs Musik ist, gibt es nichts Proble .. angestimmt hat: Veni creator spiritus!
matisches, das zur Auseinandersetzung heraus .. Hugo Kauder
fordern und überwunden werden könnte.
c
Ebensowenig geht es an, Brahms ganz einfach
als Epigonen zu bezeichnen: mag seine Musik E. N. v. REZNICEKS .RITTER BLAUBART"
auch nicht wie die eines Bach, Beethoven oder IN DARMSTADT.
l\-lahler aus einem Kosmos kommen, entspringt Dieses eigenartige Bühnenwerk erzielte bei
sie doch einem tiefen, reinen und starken der Uraufführung am 29. Jänner und den bis
persönlichen Ethos. jetzt erfolgten Wiederholungen einen nach..
Was jedoch - all dieser Einzelheiten unge.- haItigen, sich immer mehr steigernden Erfolg.
achtet - den Wert der Redlichsehen Schrift Wir behalten uns vor, in diesen Blättern auf
entscheidet, ist die ganze Betrachtungsweise, diese hervorragende Oper und das sonstige
die, wie schon eingangs gesagt, nicht auf das Schaffen des bedeutenden Komponisten aus ..
Nur..Künstlerische in Mahlcrs Wesen gerichtet führIich zurückzukommen.

c c

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Text von Herbert Eulenberg 6062 Partitur . . . . . . . . . . . . . 30'-
U,E. Nr. Mark Im Programm des letzten Philharmonischen
6225 Klavierauszug mit Text . . , . . 15'- Konzertes in Wien
6226 Textbuch. . . . . . . . . . . . . 1'- IN MEMORIAM
6227 Themat. Analyse in Vorbereitung (Dem Andenken unserer gefallenen Helden)
Großer Erfolg bei der Uraufführung am für Alt.. und Baritonsolo, gemischten Chor
Hessischen Landestheater in Darmstadt und Streichorchester
5642 Partitur . . . . . . . . . . . . 30'-
BERLINER TAGBLATT: Zweifellos eine der 5640 Klavierauszug mit Text. . . . . . 12'-
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2539 op: H Dr~i Khnrier's'tuÖ{e 3'
Bvoe: .~ Mazurka . - TaDa!iere 12 KONZfRY,TRANSKRIPTIONEhh
" mU's!que
5070 NI" 1 O-andrhmJl tes Fitr-es • 1'SO
2539a Dardus, eInzeln NI"_ 3- 5011 " 2' Rameaill~ Musdie \'50
Tabil1itie:r~ a mus.ique 1'50 5072 " 3 (irilzioU,jf - Adagio i "50
'3053 op. 44 PaSSil1iCdgUca , , , , < 2'~~" :$073 " 4_ ObU:RJ!' Balle.t des omb-res h€:u~
,H6-S op, 45 Oll"~i P:nantasi~$fild<1\? ' 2'-, reme, . ., l'5lJ
fi\1~ilmke!t- l>0!It - !nlermezlü 5074 ~ .5 Dandri-eu j LI:! Caqu(7t , 1"50
5.3% op, 47a Vier SfueUen, , , , , , , 5075 " 6 Beefh()v~"$ E(OSsai:'i~l 1·50-
5'145 VI'. 41b Smdien über ein Thema von 5.112 " 7 Sei!rlafUx Pasiorale ' 1"50
Paganlm , 5413 8 S<"~I,,fti, Gigue. . l'51)
Bi7 01'. 4$ V.". !'rlil..<!!"" . . 5414 9 Dalayra.:} ROffißrlCl! toU$ der
:n78 (1). 49 l.w~i Mazurkas ' Oper "La päl:Za P0F ilrriore«} t'50
3101 orL 53PofniswE': lyrik~ L folge" 4515 ,,10 Olu'd<w Gavolk: (a. »Don Juarw) 1'50
4 K!avle:rsfut:ke . . , 54Hi ,,11 Co'Uperin~ Li': lendre fönclton 1'50
Heros! ,.,." Smfummi:rlled' ~ 5417 ,,1.2 R,ameauJlerappeldi!${)ll;eaux 1'50
ßauerntdHX '-- Wind
5710"".60""' ..,,,,,,,, lyrik, 11. folge.
;$ KlevlefslUdt.€
Klavier zu .4 Händen
Dumka "',_. Hvntne ... _, Im Mai .,,- .lS04 01), 51 fünf Walzer .
VaheUe -- Vieux refrain
5711 öD.61 \/i".
!>.m.. <!."" . VIolonceIl II Klavier
60:13 "p. 66
8 ..113d., . .
6012 "p. 7J ""Illi.",,, lyrik, 111. Folge, 379S 01'. 50 Ne. 1 M"I,,<!'., Slav<l . l'50
.5 KI(Jvier$!ihi~~ , < 3199 OP< 50 Nr,l Vatse tent'e 1'50
Weihl1nmisl1ed -, Von U~b' und
LeldI ~- in der Dor{$<hi(,~nk~ ~
SO!dQ'f€'!1marSm _..,. Tawle!€l Gesang und Klavier
op.19 S~·immungen ~ 15.5001'.5 Pr"i U<!<!". (0.). Bi.rb"u",) 1'50
6020 Ho!1 I (1~5) Das Mi:.kkhen a:ffi Teid'!€: singt ""-"
6021 Holl 1I (6",9) . Atie de, Sdlil!." .- Kinderlied

Universal ~Edmon A.~G., Wien -'--leipzig


161
, EIN MEISTE!~
DE.S LlEDESl JOSEF MARX
UEDER UND GESÄNGE
HlR EINE SINGSTIMME UND KLAVIEr<
I" folg" !j UA'A,ir, Ne
ps Lied!<!') i! 51tH 5
UA~A'L N.. , :i

51.S0 9 1 tldl'Kßrde ihodl) . Ir·· 5184


11
5151 1 Christbaum (hu{'h, dmü:.m,
*~!lgL) , , . l'2ü 5185
5152 3 D~l!l Bilch (horn) . 1')0 >
5186
5153 4 [)enl Genius des AugenbH$..$ 5187
(rnmet di211lsdl, eng!.) , J '}o 518.8
5154 5 Der Denker {mlllel) " "J"~".~ :1 5189
5155 6 Oie filE': (hoth, deut5dl, (!f!qL) 1'20 5190
5i.56 '7 Dje Violine (rnlfld) , -, 1'20 5191
5157 8 Ein !unge.l' 01<hter denkl an !i
51g2
die Gelienle Immel) . . . i·20 5193
5158 () t=rdQe Ul1rl Anlwort {hoch)" ,l'-,~ :,i 5194
5t59 H) (k:bet (rnmel) LW 5195
5160 J I Hai dlm dl~~ liebe berühr!
(hoch, d~ü!s;:h, engL). , ,1'20
iI
:5 H;i.l J2: Hoduornmcrliatht (hod1) , ,1"--,·
.<,lffi:(i:rt ') Li }npatlisdJes. Regenlied {hQch,
mme!, Hel, d-t:U!5di, E'ngL} Öl' ,
5163 14 lled (hOl") . . . . . . I··
51M 15 Lob des frühlings (ondl) . . I~
5165 lfl Ndtenbitllen (hoth) , " , ' . J',---
5Hi6 *) 11 Me-rjel1lJ~d (hoch) 1'~~
5168 \8 Neugriemlsdles 1'1äd(hi:'n!i~d 5203
(hO"') , . . . . . . . ,120 i 5204
5169 19 0 ,ü~.r Tod (mmd) . . no ,.'
5170 20 Pl<::fTO! Dandy (hoth) , >, l"sr) I,: 111. fOlg"
(17 tJeclt!r)
517i 21 Septembermorgen {minen· . 1'1O !)
n ~ .. 27 Sommeriled (hodl) ' <
2J Sonnenland {mmd)
"j"20
1'20
! 5205
5206
1 No<!"m. (hmb) ,.
2 Wold,ellgke" (hom\
. . . 1',0
. I·~
5173
5174"1 2'4 Und q~sjem hat er' mir Ro~en 11· 5201 ~~ SatJ<.fö Marl.f.l (hodi > l·,,~.. j
gebr<lzht (hod1) , ,- ,1 '20 5208 ,:I Sffilafe.nd' kägt man m!J:h I
5175
5Pt;
25 Valse de Chopin (mmd)
26 w'cH'JlUng (hodl) ,
. i-soll
1'20 5209
(mlltel). ' .
:5 Vergewen"'(mmel)
...
j---
. ,.-
< '

5177 )7 \Nie einst (mm~!) . , )'20 5210 6 W.nderlledd,en (hom) . . . ,.-


5178 28 Wlndri:kler (mmdj , )'20 5m I Piemonlesh~s Volkslled
(hodl). . 1·~
52i2'") 8 Zigeuner (hod,). . 1·20
11. "ol!l" 5591 9 Selige Nadll (ho<h) 1···-·
(26 U(Odn)
l!
559.2' 10 holde (millell . . . . , . I···
517'7 ßHlc {mHlel, deuhdt, CflgL) l' -,,, 1i, 559l 11 Herb'l (l11ill.) . . . . . , . r -
5180~1 2: erinnerung (mJllel" deul$m, 5594 n Con sordino {hom}. , , . ,1'--
~ngLJ l':.c'-o :1 5595 B Eio goldenes KetlklrJ: (fmm) f'.,,,-
5181 3 D~!' be-smeidene Sm~ll:er (hod" :i 5596- 14 Der Oej"ng,". (hom) .. ,.~
, d1eUIszh, f.'~~I,JI.; 'I A' l?O .:1 .5597 15 Serenal. (hQ"') . . , . 1'-
5182 ;1 ,..lee eines ni.§{ ul€1l5 \10\1\, ' 5598 16 Sdllie~e mIr di.Augen·(ho<h) 1·-
deutsch1 engLj _ ,1" -~ n 5599 17 Der KUG"''' "'11 tondl). . . 1····,·
"ii
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• •
=
EIN MEISTER
JOSEF MARX
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• m••••••••••••
DES LIEDES!
~ •••••••••••••••••••••

ITALIENISCHES LlEDERBUOi
SIEBZEHN LIEDER NACH GEDICHTEN VON PAUL HEYSE
U.-E.-Nr. Nr. Mdrk U.·E.·Nr. Nr. Mdrk
5215/16 liebe ~ Sländ<hen (hodl) a 1"-
1/2 5227/28 13/14 Wie reizend bisl du Am
5217/18 Der Didller - Am Brunnen
3/4 Fenster (millel) . . i'll"·-
(mille I) , I! 1'- 5229/30 15/16 Die Verlassene -- Nimm dir
5219/20 5/6 Die liebste spricht-Abends ein smönes Weib (mille!) t'I 1"--
(mille I) " " I! 1'- 523J.'31b') 17 Venezianisdles Wiegenlied
5221/22 7/8 Die lilie -Wofür (millel) <I 1'-- (mille!. lief) , I! 1'-
5223/24 9/10 Sendung - Es zürnl das Dieselben lieder in zwei Bänden:
Meer (mitlei) , , , ' ," 1'- 521l Band I (Nr, 1-9) , 3-
5225/1611/12 Die Begegnung-Die 1010. 5214 Bond 11 (NI', 10-17) , ,3'-
Braut (millei) . . (1 I" . .) Amh für Singslimlll<! mil Ord]('ilerbegleiluflg

LIEDER-ALBUM
SIEBENUNDZWANZIG AUSGEWAHLTE LIEDER IN VIER BANDEN
U.-E.-Nr. l"IClrk U.-E.·Nr. Mt'lfl-.
5270 Band I (für hohe Stimme) . . . 3'- 5272 Band 111 (für milllere SUmme) . , 3'~
(Jugend und Alter; Marienlied ; (Wie einst; Septembermorgen ; An
Zigeuner; Erinnerung; Venezianisdles einen Herbsfwald; Japanisches Regen-
Wiegenlied; B6rkarole) lied; Valse cle Chop!n; Windräder;
5271 Band 11 (für hohe SUmme) , , •• 3'-- Regen).
(Sommerlied ; Nocturne; Der be- 5273 Band IV(für rnitliereIBarilon-] Stimme) 3'--
scheidene S<h8fer; Haf dich die liebe (Ein jun.ger Dichter denkt an die Ge-
berUhrt; MolenblOfen; Waidseligkeil ; lieble; Der Ton; Wanderers Nachtlied;
Und ge~tern lud er mir Rosen gebracht) Bille; Gebet; Der Raum; 0 sn~er Tod)

LIEDER UND GESANGE


FUR EINE SINGSTIMME MIT BEGLEITUNG VERSOIIEDENER INSTRUMENTE
U.• E.·Nr. M{!r~
Vier Lieder nam Dic:htungen von
U.. E.-Nr. Antoß Wildgans, 1'111rk 6035 Valse de Chopin (lür Gesemg,
5836 Du bist der Garten (für Gesang, KlaviN und Sireimquarlell) . . . 3' ... -
Violine und Klavier). . 1'20 5167 ~1arienli('d (filr Gesang und Orgel) l' -_.
5837 Durch Einsflmkeilen (für Gesang,
Viola und Klavier) . . ' 1'20 5774 Id, halle viel BeKümmernis (Sopran-
5838 Adagio (für Gesang, ViolonceIl und arie mil Orgelbegleilung von loh.
Klavier), ...... . 1'20
5839 Pan trauert um Syrinx (für Gesang, Seb. Bach. Bearbeitung von Jm.
Flöte und Klavier) . . . . . . . 2'- Marx.) . .. . . . . . . . 1'20
Verlege'l'zuschlag 100 Prozent

.........Zu............................................
beziehen durd! jede Bud!- und Musikalienhandlung
~ ................................ .
~

• • Universal-Edition A.-G_, Wien-Leipzig - .


169
CONCERTGEBOUW - AMSTERDAM
MAI 1920

MAHLER-FEST
Sämlliche Werke Gustav Mahlers in einem Zyklus von 9 Konzerten

Dirigent: WILLEM MENGELBERG


Mitwirkende: Die Damen: Ca hier / Durigo I Förstel
Hoffmann-Onegin / Noordewier I Reidel / Die Herren: Denijs
Duhan I Urlus / Concertgebouw-Orchester / "Toonkunst"-Chor

PROGRAMME
1. KONZERT _ _ _ _ 6_ MAI 1920 5. KONZERT ___ • 14. MAI 1920
Das klagende lied. lieder Sechste Sinfonie. Kinder-
eines fahrenden Gesellen. ... totenlieder
... Erste Sinfonie ... 6. KONZERT . ___ 15. MAI 1920
2_ KONZERT _ . _ _ 8_ MAI 1920 lieder. Siebente Sinfonie
......
Zweite Sinfonie .... .. 7_ KONZERT ___ .17_ MAI 1920
Das lied von der Erde
3. KONZERT. _ . _ 10_ MAI 1920 8. KONZERT . . . . 18. MAI 1920
...... Drille. Sinfonie ::: Neunte Sinfonie
4. KONZERT __ .. 12. MAI 1920 9. KONZERT ___ .21_ MAI 1920
Vierte und fünfte Sinfonie Achte Sinfonie :::

Abonnement (unpersönlich) 40 Gulden / Zuzüglich städtische


Steuer I Schriftliche Voraus bestellung erbeten
an das

CONCERTGEBOUW - AMSTERDAM
170
Franz Schreker
in der Universal-Edition
i
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111 111111111111111111111111

BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Infantin Wilde, ~1~7~;:'d~~~roto~W:r
U. E. Nr. 2545 Klavlersuile, vierhändig . . . . . . . . . . . . . . . . Mark 3'-
Zweihändige Ausgabe in Vorbereilung

Der ferne Klang Oper in drei Aufzügen


u. E. Nr. 3096 Klavierauszug mit Text . . . . . . . . • . . . • . • • Mark 20'-
U. E. Nr. 3100 Regiebum mil szenismen Bemerkungen . . . . . . • . . Mark 1'50
U. E. Nr. 3100a Textbuch • . . . . . . . . . . . . . . . . " . . . . Mork 1'20
U. E. Nr. 5367 Ballade für eine Singstimme und Klavier . . • • • . . . Mark 1'50
U. E. Nr. 5369 Schlu~duefl für zwei Singstimmen und Klavier . . . . . . Mork 2'-

Das Spielwerk Oper in einem Aufzug


u. E. Nr. 3770 Klavierauszug mit Text . . . . . . . • . • • . • . • . Mark 15'-
U. E. Nr. 3771 Textbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • Mork 1'20

Der rote Tod Frei nam E. A. Poe. Dimlung in einem Akt


U. E. Nr. 3289 Texlbudl . . . . . . . Mock 1'20'

Die Gezeimneten Oper in drei Aufzügen


u. E. Nr. 5690 Klavierauszug mit Text . . . . . . . • . . . . . . . . Mark 20'-
U. E. Nr. 5691 Texlbum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark 1'20
U. E. Nr. 5762 Themafisme Analyse . . . . . . . . . . . . . . • , ,Mork "-
U. E. Nr. 5884 Vorspiel, Klavier. zweihändig . . . , . . . . , . , . . Mark 3'-
U. E, Nr, 5389 Dasselbe, Klavier. vierhandig . . . . . . , . " . , Mark 6'-
U. E. Nr. 5364 Dasselbe, Studienpartilur . . . . . . . . , . , . . , Mark 4'-·
U, E. Nr. 5365 Dasselbe, Ormesterpartilur, . . . . . , . . " . . , Mork 30'-
U. E. Nr. 6133 Wiegenlied der EIs, Gesang und Klavier , . . , . . . ,Mark 1'50

Der Smatzgräber Oper in vier Aufzügen, einem Vor- und Nam.piel


U. E. Nr. 6136 Klavierauszug mit Texl , . . .. . ....... " Mark 20'-
U. E. Nr. 6137 Texlbum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark 1'20

In Vorbereilung:
Memnon Irrelohe
Operndimlung in zwei Aklen Operndimlung in drei Aklen

Verlegerzuschlag 100 Prozent


ZU BEZfEHEN DURCH JEDE MUSIKALfENHANDLUNG

171
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 1/2 DES 2. JAHRGANGES
SONDERHEfT FRANZ SCHREKER
Paul Bekker ." ... " ..... " '" ...... ' ........ '" ...... '" Die Persönlichkeit
ono Schneider " ........ " ..... ' .. ' ................', ...... ,_, Der Memm
Paul Sfefan ........................... ," " .. " _.. '" ,.. _,_ ," _" Das Leben
Joachim Beck ........... ' .......... " ..................... Die Gezeidmelen
Eugen Schmilz ." " .... ' ..... ," ... ... ... ... ... ... ... ... Der Smafzgräber
Franz Sdlreker ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Irrelohe 1. Akt
M('Jx Broesike-Schoen ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Die Harmonik
Ernsl Lerl ................ " '" .............................. Die Darstellung
Dr. O. Sm, ...................................................... Die Kritik
Beilagen: Porfrat Sdtrekers; Bühnenbilder aus "Der ferne Klang" (Rollet·)
und .. Die Gezeldmeten" (Hmait); Entwurf zum "Schalzgräber" (Sievert);
faksImile einer Parfifurselfe aus "Schalzgräber"
Nofenbellage: lied der allen liese aus "Das Spielwerk~

NUMMER 3
Egon Luslgarlen ........................ ...... PhJlo50phie der Musik 11
Egon WeHesz ..................... Vom Wesen der orienfalismen Musik
Zdenek Nejedly ... ... ... ... ... ... J. B. Fae"le, (hhedlisdle Musik 111)
Paul Bekker ................. , ... ... ...... Der Schatzgräber in Frankfurl
Max Sleinilzer ................................. Der fürklsenblaue Garfen
Glos5en: Vom Wiener Musikbelrieb von Hugo Kauder; Zischen und
Klatschen von Egon Lusfgarfen; Musik in Wien von Dr. R. Sf. Hoffmann /
Besprechungen / Neue Noten und Bücher
NOfenbeilage: ]. B. Foersler op. 73 Nr. 1 Impression

172
IF

CONCERTGEBOUW -AMSTERDAM
MAI 1920
---i

MAHLER-FEST
Sämtliche Werke Gustav Mahlers in einem Zyklus von 9 Konzerten

Dirigent: WILLEM fVlENGELBERG


Mitwirkende: Die Damen: Cahier I Durigo I Förstel
Hofimann·Onegin i Noordewier / Reidel / Die Herren: Denijs
Duhan / Udus / ConcertgeboulV·Ormester / "Toonkunst"·Chor

PROGRAMME
1. KONZERT . . •. 6. MAI 1920 5. KONZERT . . . . 14. MAI 1920
Das klagende lied, lieder Sechste Sinfonie, Kinder·
eines fahrenden Gesellen, tolenlieder
_.. Erste Sinfonie ... 6. KONZERT •••. 15. MAI 1920
lieder, SiebenIe Sinfonie
2. KONZERT .•.. 8. MAI 1920
Zweite Sinfonie 7. KONZERT ..•• 17. MAI 1920
Das lied von der Erde
3. KONZERT . . . . 10. MAI 1920 8. KONZERT ..•• 18. MAI 1920
Drille Sinfonie NeunIe Sinfonie
4. KONZERT . . . . 12. MAI 1920 9. KONZERT •••• 21. MAI 1920
Vierte und fünfte Sinfonie Amte Sinfonie

Abonnement (unpersönlich) 40 Gulden I Zuzüglich städtische


Steller I Schriftliche Voraus bestellung erbelen
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CONCERTGEBOUW - AMSTERDAM

173
KONZERTE DES
ANBRUCH-WIEN
IV. Ormesterkonzert
Millwodl, den 7. April 1920, abends,
im großen Konzerthaus-Saal in Wien

Dirigent:

FRANZ SCHREKER
Mitwirkend:

Maria Schreker
Joset Rosenstock
Programm:
I. Alexander Borodine .. .. Ouvertüre zu Prinz Igor
2. Egon Lustgarten ................ Ordlesterlieder*
Maria Sdlreker
3. Jose! Rosenstock ..... , ...... Klavierkonzert op. 4'
Jose! Rosenstock
4. Alexander Borodine .......... Polowetzer Tänze

Karten an der Konzerthauskassa


"'Uraufführung

174
Albumblatt.
AufführUllg-srccht vorbehalten.
Proits dJe:n!cution reserves.

Piano.

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weich nacldassen
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Cresc.
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Verlag der Universal-Edition A. G. \Vien-Lcipzig.
Notenheibge zu nMusikbUit~er des Anbrllch(( Zweites F('herlwft 1920.
Copyrig-ht 1920 hy Vnivcrs;\l-Edition. l\:LA.fL
fre'i im Vortrag
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M.A.ti.
2. Jahrgang, Nummor 5 1. März-H~f't 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

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ZUR KULTURGESCHICHTE DER MUSIK


I
Vokal- und Instrumentalmusik
Von Hugo Kauder, Wien
Die Frage, welche der beiden Hauptgattungen der Musik die ältere sei, ob die
Vokalmusik oder die Instrumentalmusik, ist nicht zu beantworten, ist letzten Endes
auch müßig; die bei den ursprünglichsten musikalischen Äußerungen: einerseits der
unartikulierte Laut als unmittelbarer Empfindungsausdruck, anderseits das rhyth-
mische Geräusch (zu allererst wohl durch bloßes Händeklatschen hervorgebracht)
kommen aus jenen Urtrieben, welche die Wurzeln sind nicht nur des Kunsttriebes,
sondern des metaphysischen Triebes überhaupt: aus dem Mitteilungs- und dem
Spieltriebe. Vermöge dieser beiden Triebe hat der Mensch schon auf der ersten
Stufe seines Daseins Anteil an allem Ur-Sinn und Ur-Sein: der Mitteilungstrieb
verknüpft ihn mit anderen Wesen seiner Art; er kommt aus der ersten dumpfen
Ahnung einer Tatsache, deren volle klare Erkenntnis ihren Ausdruck findet in dem
heiligen Worte des Veda: ta t twa m asi (dies bist du), der Tatsache der Einheit alles
Daseienden. Der Spieltrieb ist Auswirkung der in jedem einzelnen Individuum wesenden
und wirkenden Gesetze des Kosmos: deren Sinnfälligwerden ist Rhythmus -
die wichtigsten Lebensprozesse : Atmung und Blutumlauf, vollziehen sich rhythmisch
- der Spieltrieb zeitigt also die ersten spontanen Äußerungen des in jedem Lebe-
wesen wirkenden Rhythmus: solcherart ist das Spiel die erste schöpferische Betätigung
des Menschen.
Aus diesen Ursprüngen entwickelten sich die beiden Hauptzweige der musikali-
schen Kunstübung : Gesang und Begleitung des Tanzes, letztere anfangs bloß rhyth-
misch (Händeklatschen, dann Schlaginstrumente), später erst von Blas- oder Saiten-
instrumenten ausgeführt. Das ganze Altertum hindurch blieb die Musik auf diese
beiden Arten der Ausübung beschränkt; eine selbständige Instrumentalmusik gab
es nicht. In erster Linie diente die Musik, wie alle Kunst, dem Kultus, das heißt,

175
der Verkörperung des Göttlichen; hier war verwirklicht, was uns Heutigen als
"Gesamtkunstwerk" höchste Aufgabe und letztes Ziel künstlerischer Kultur bedeutet:
Wort, Ton und Gebärde als gleichzeitige Äußerungen eines inneren Erlebnisses
(in diesem Falle der religiösen Ekstase) - Schöpfung und Darstellung in eins zu-
sammenfallend. Aber auch als die Musik sich vom Kultus losgelöst und zur freien
Kunst herausgebildet hatte, wie bei den Griechen, blieb sie immer noch begleitend,
an Wort oder Tanz gebunden. Wohl hatten die Griechen auch eine selbständige
Instrumentalmusik, doch war diese von untergeordneter Bedeutung, mag sogar von
den höchsten und strengsten Geistern als Verfallserscheinung betrachtet worden
sein: so z. B. ist in dem der Musik gewidmeten Kapitel von Platons "Staat" (im
dritten Buch) nur vom Gesang die Rede und bei diesem erscheint als erstes und
wichtigstes der Text, dem Takt und Ton sich unterzuordnen haben.
Ein solches Verhältnis zur Musik ist nur aus dem Wesen der altorientalischen
Geisteskultur (und in dieser wurzelt ja die griechische) begreifbar ; die Kultur des
Orients war - im Gegensatze zum modernen europäischen Subjektivismus -
durchaus uni v er sali. tis c h, das heißt sie beruhte auf Einordnung des Individuums
in den Kosmos (was den höchsten Individualismus nicht ausschließt, vielmehr ihn
bedingt, indem der einzelne nur dadurch, daß er sich als Individuum vollendet,
dazu gelangen kann, in sich das All zu begreifen). Innerhalb einer solchen Kultur
mußte auch alle Kunst überindividuell sein, .nicht Ausdruck subjektiver Emp-
findung, sondern Abbild kosmischen Geschehens - E t h 0 s - das ist (nach Otto
zur Lindes Wort) bewußt gewordene Natur. (Hier muß auf das IV. Kapitel
von Rudolf Pannwitz' Schrift "Der Geist der Tschechen" hingewiesen werden, worin
- wohl zum erstenma!e - ein Abriß der Weltgeschichte der Musik
gegeben ist).
So bedeutet denn in der Tat die Verselbständigung der Instrumentalmusik einen
Abfall; die ursprüllgliche Einheit Wort - Ton - Gebärde als Auswirkung eines
die gesamte Physis und Psyche erfüllenden Schwingungszustandes hat skh in ihre
Elemente aufge!öst; diese in ihrer Vereinzelung sind nun nicht mehr Ausdruck
eines W dtgefühls, sondern nur mehr eines individuellen Willens und Bewußtseins.
o

Die EntwiCklung der mittelalterlichen Musik v<>llzieht sich noch unter der Nach-
wirkung der Kultur des Altertums; soweit die Musik kunsttlläßig ausgeübt wird,
steht sie ausschließlich im Dienste des christlichen Kultus und ist lediglich Vokal-
musik. Mit der wachsenden Ausbreitung des Christentums über Europa erhebt auch
die Musik sich zu immer höherer Stufe, bis endlich die Epoche des höchsten Auf-
schwunlles christlich-europäischer Geistigkeit, die Periode der Gotik, Scholastik,
Mystik auch die erste Hochblüte der abendländischen Musik zeitigt; die polyphone
Kunst der niederländischen Schule. Es ist durchaus verfehlt und ganz im Sinne
materialistischer Geschichtsbetrachtung, in der höchst kunstvollen Kontrapunktik
dieser Schule bloß das Ergebnis einer auf die Spitze getriebenen technischen Fertig-
keit zu erblicken; vielmehr wirkt sich in all den kanonischen Messeu und Motetten
die gleiche Seelenbewegung aus, die sich zur selben Zeit in die Raumform der
Gotik, die Denkform der Scholastik umgesetzt hat. Und ebenso wie in der Raum-
kunst hat auch in der Musik jener Geist der Gotik durch alle Epochen hindurch,
über alle Stilwandlungen hinweg fortgew;"kt; von Bachs H-moll-Messe und

176
wohltemperiertem Klavier über Beethovens letzte Sonaten und Quartette bis zu
Pfitzners "Palestrina".
In jener Kunstwelt gab es keinen Platz für die Instrumentalmusik (abgesehen
von der Orgel, die aber ohne jede selbständige Funktion bloß den Singstimmen
zur Stütze diente); diese war ausschließlich auf die weltliche Musik beschränkt und
auch hier dienten die Instrumente lediglich der Begleitung von Gesang und Tanz:
die Harfe des ritterlichen Troubadours oder Minnesängers ebenso wie die Pfeifen
und Geigen der fahrenden Spielleute.
Zu höherem Rang konnte die Instrumentalmusik sich erst erheben, als die Allein-
herrschaft der Kirche gebrochen war; dies geschah durch zwei Gegenrnächte, in denen
der Individualismus sich gegen den Universalismus der katholischen Kirche erhob und
behauptete, im Süden die Renaissance, im Norden die Reformation. Nun beginnt
die Instrumentalmusik sich freier zu entfalten; sie entlehnt dem Gesang und Tanz ihre
Formen, welche sie dann um- und weiterbildet: aus dem polyphonen Chorsatze
erwächst der kontrapunktische Orgel... und KlavierstiI, aus den Tanzformen die Suite,
später die Sonate und das Konzert. Aber auch in die Vokalmusik dringt das indivi-
dualistische Prinzip ein: der begleitete Einzelgesang kommt auf. Daneben blüht
der polyphone VokalstiI fort: auf die Gotik der niederländischen Schul e folgt die
Klassik der römischen und venezianischen Meister (Palestrina und Gabrieli). In
Deutschland brachte die durch die Reformation herbeigeführte Verweltlichung des
kirchlichen Lebens der religiösen Musik neue Impulse: den bedeutsamsten und &ucht-
barsten in dem von der ganzen Gemeinde'gesungenen Choral, dessen Melodie meist dem
Volksliede entlehnt wurde. Auch die anderen Elemente der weltlichen Musik dringen
in die. Kirchenmusilc ein: die Instrumentalbegleitung, der Einzelgesang - es ent-
stehen das Oratorium, die Kantate, Passionsmusik, die instrumental begleitete
Messe; in allen diesen Formen wechseln Chöre mit Sologesängen (Arien, Duetten
etc.) ab.
In der Musik ]ohann Sebastian Bachs erreicht jede einzelne dieser Entwicklungen
ihren Höhepunkt, werden alle ihre Elemente zur gewaltigsten Synthese zusammen-
gefaßt. Er bedeutet den höchsten Gipfel und grandiosen Abschluß der ersten Periode
der europäischen Musik: bisher war die Musik wenn auch nicht "hörbares Universum"
im Sinne der großen ursprünglichen Kulturen, so doch tönender Ausdruck einer
religiösen Innenwelt. Demgemäß nimmt auch bei Bach die Vokalmusik den obersten
Rang ein: in der H Moll-Messe, den Passionen, Motetten und Kantaten offenbart
er die ganze unendliche Tiefe, den ungeheuren Reichtum seines Innenlebens, läßt
er seine Seele sich ins unendliche All ergießen. Seine Instrumentalmusik ist zum
weitaus größten Teil bloßes Spiel, "Musiziermusik" (je tiefer und innerlicher ein
Künstler ist, je mehr dem Unendlichen zugewendet, umso stärker auch sein Trieb
zum schönen Schein, zum Spiel) - ausgenommen die großen Orgelwerke und die
zyklischen Klavier-Fugenwerke (wohltemperiertes Klavier, Kunst der Fuge, musikali-
sches Opfer), die wohl die tiefste Versenkung, wahrhaft mystische Andacht bedeuten.
o

Es folgt nun die Epoche der gänzlichen Verweltlichung der Musik. Die Zeit der
großen religiösen Bewegungen war vorüber, deren letzte, der Pietismus - die Reaktion
gegen die verweltlichende Tendenz des Protestantismus, hatte ihren künstlerischen
Ausdruck in Bachs Musik gefunden. Der neu herrschenden Weltan schauung -

177
der Aufklärung - und Gesellschaftsform - Rokoko - gemäß war die Kunst durch-
aus die s sei t i g gerichtet. Es beginnt die Zeit der Vorherrschaft der Instrumental. .
musik (abgesehen von der Mischgattung der Oper), die nach kurzer rascher Ent-
wicklung in der Klassik von Haydn, Mozart und Beethoven (in seiner ersten
Schaffensperiode) zu höchster Blüte gelangte.
So hat nun die Musik die größtmögliche Entfernung von ihrem Ursprunge er-
reicht: der Prozeß der Differenzierung und Individualisierung ist soweit gediehen,
daß sie, was sie ursprünglich bloß begleitend zu verdeutlichen hatte, nun durch sich
selbst auszudrücken fähig ist. Damit hat sich gleichsam der Sündenfall vollzogen;
aber in aller Schuld liegt auch schon Sühne und Erlösung beschlossen: alle Ent-
zweiung erzeugt das Streben nach der Einheit. So auch hier ist die größtmögliche
Entfernung vom Ursprunge (die Mitte der Kreisbahn) erreicht, so ist auch die
Spannung auf ihr höchstes Maß gestiegen; und die andere Hälfte der Bahn führt
wieder zum Ausgangspunkte zurück.
In der :Entwicklung der Musik bedeutet Beethoven die Mitte der Bahn (den
"großen Mittag"); in ihm gelangt diese Spannung: die metaphysische Sehnsucht
des vom Kosmos völlig losgerissenen Individuums zuerst zum Ausbruch;
so erreicht in seiner Musik der Ausdruck des Subjektiven die höchste Intensität; in
der Neunten, mehr noch in der Missa solemnis vollbringt er das Äußerste: macht
auch noch das überindividuelle Element der Vokalmusik diesem Ausdruck des Sub-
jektiven dienstbar.
Beethoven bleibt nahezu ein Jahrhundert lang ohne Nachfolge. Die nach-
beethovensche deutsche Musik: Ausdruck reichen Innenlebens reiner, liebenswerter
Menschen, ohne jeden Zug ins Überindividuelle. Berlioz hat das Phantastische und
Dämonische Beethovens ohne dessen metaphysischen Drang; seine Musik ist durch-
aus aufs Irdisch. gerichtet statt aufs Kosmische. Chopin kommt auf anderem Wege
dem Ursprung näher: nicht zum Kosmos, sondern zum Element. Wagners Werk:
der ungeheure Versuch, die verlorengegangene Einheit von Musik, Dichtung und
Darstellung von außen her wiederzuerlangen - eine grandiose EinzeUeistung, nicht
aber, wie er es gewollt, Grundlage einer neuen Kultur. Brahms Chorwerke (vor
allem die wahrhaft gotischen a capella-Motetten und Verwandtes) sind eine Nachblüte
des alten Vokalstils : nicht Epigonenwerk, sondern verwandtem Ethos entstammend-
eine versunkene Welt zu neuem Leben erweckt. In seiner Instrumentalmusik er. .
scheint die subjektive Empfindungswelt der nachbeethovenschen Romantik in eine
reine und strenge Architektur gezwungen, die freilich mitunter Selbstzweck wird:
so streift, ja überschreitet er manchmal die Grenze, die Klassik und Klassizismus
voneinander scheidet.
Der Weg der zukünftigen Entwicklung ist nun folgender: die Musik hat den ver-
lorenen Zusammenhang mit dem Kosmos wiederzufinden, ohne jedoch die im Laufe
ihrer bisherigen Entwicklung erlangte Differenzierung und Individualisierung ein-
zubüßen. Nun ist es gerade die - von allem Ursinn am weitesten entfernte - In-
strumentalmusik, in welcher sich zuerst jene Wendung vollzieht: der neue Weg
beginnt mit den großen symphonischen Werken Bruckners und Mahlers. Bruckners
Welt ist die religiöse Innenwelt des Katholizismus (in seinen Symphonien ist diese
Welt unendlich reicher und reifer ausgestaltet als in den Messen, die nicht ganz
frei sind vom Kirchlich-konventionellen); Mahlers Streben geht darnach, den ganzen
Kosmos zu umfassen (man denke an die dritte Symphonie!), die Natur nicht minder

178
als die übersinnliche Welt. Solcherart weist seine Musik nach einer noch fernen
Zukunft: nach dem Weltalter, da das Dritte Reich zur Wirklichkeit geworden
ist: nach der Religion, die in gleicher Weise "den Leib vergottet und den Gott
verleibt" - der Religion des Menschen.

RE F 0 R M DES MUS I K U N T E R R ICH T E.S


Von Dr. Bernhard Paumgartner, Salzburg
III
Privatunterricht
(Fortsetzung von Jahtg. 1, Heft 3/4)
Gewiß macht sich auf keinem Gebiete des Unterrichtswesens im Privatunterrichte
soviel Schwindel, eharlatanerie und Unkenntnis im Gewande hochtönender Phrasen
breit wie gerade in der Musik, nirgends wird mit der heiligen Kunst schwerere Un-
zucht getrieben, nirgends dumme, ahnungslose Schüler raubgieriger ausgebeutet als
hier. Namentlich im Gesangsunterrichte fehlt traditionell jede Kontrolle über
den Lehrer, von dem merkwürdigerweise nie gefordert wird, daß er singen kann
oder konnte, während man doch von dem kleinsten Fagottlehrer verlangt, daß er
wenigstens eine Idee von seinem Instrumente hat. Wie einfach ist die Erwägung,
daß ein verdorbenes Instrument mit mehr oder weniger Kosten wieder instand zu
bringen oder durch ein neues zu ersetzen ist, während die menschliche Stimme,
einmal zugrunde gerichtet, niemals völlig wiederhergestellt werden kann. Und doch
laufen täglich hunderte neue Opfer zu gewissenlosen Lehrern und nachträglich ist
des Jammerns kein Ende. Die Schüler allein dafür büßen zu lassen, wie es bis jetzt
ohne Widerrede der Fall war, geht wohl kaum an, es besteht meiner Ansicht nach
für den Staat eine zweifache Verpflichtung, dem Unterrichtsunfug unqualifizierter
Lehrer mit aller Strenge entgegenzuarbeiten: einerseits ist das Stimmenmaterial -
zum mindesten das brauchbare - der jungen Leute, insbesondere derjenigen, die
sich dem musikalischen Berufe widmen wollen, ein künstlerisch und national öko-
nomisch wertvolles Kapital, dessen Erhaltung und Förderung unbedingte Pflicht
des Staates ist. (Die Zahl der ihren Lebensberuf mit der Musik verdienenden Staats-
bürger, sei es im Theater, Konzert oder Lehrfach, ist eine namentlich in Österreich
sehr hohe; die weitere volkswirtschaftliche Bedeutung des Theaters und Konzertes,
das, von den meisten :Iediglich als Vergnügungsstätte betrachtet, nicht allein den
Künstlern, sondern tausenden anderen Gewerben, Druckereien, Tapezierern, Maurern,
Friseuren, Billeteuren etc. etc. zum Lebensunterhalte verhilft, wird selbst von maß-
gebenden Kreisen leider völlig übersehen.)
Anderseits ist der Musikunterricht ein Gewerbe wie jedes andere, ein freies und
künstlerisches allerdings; es bleibt aber, da es sich hier wie bei jedem Lehrberufe
nicht bloß um leblose Sachen, sondern um Menschen und Bürger handelt, deren
brauchbare sachliche Ausbildung, gleichgültig, ob sie Tischler, Doktoren oder Musiker
werden, im höchsten Interesse der allgemeinen W ohHahrt und Kulturhöhe, der er-
höhten Beaufsichtigung des Staates bedürftig. Das sanft veraltete Prinzip .laissez
passer" liberaler Tendenz hier walten zu lassen, halte ich für verfehlter und gefahr..
licher, als den starren Zunftzwang der Vorzeit, der immerhin qualifizierte und

179
standesbewußte Arbeiter hervorbrachte. Wir besitzen in Österreich eine sehr arbeit-
same Organisation, den "Musikpädagogischen Reichsverband 11, der die berufene
Stelle wäre, den untüchtigen und verderblichen Lehrern mit der autoritativen Bei...
hilfe des Staates gründlich das Handwerk zu legen und dahin zu arbei ten, daß in
Zukunft Unberufene unter schwerer Strafe nicht mehr unterrichten dürfen; ich ver-
hehle mir nicht, daß die Konstruktion eines einschlägigen Gesetzes juridisch und
künstlerisch eine ungemein schwierige Sache bleibt; Ungerechtigkeiten, Cliquen-
weSen und Fehlurteile lassen sich auch auf Seite der .Autorität" nicht vermeiden
und eine legislative Abgrenzung der Qualifikation und Vorbildung, die jemand als
Befahigungsnachweis zum Musikunterrichte besitzen muß, läßt sich nur annähernd
umschreiben. Keinesfalls genügt die augenblickliche Praxis der sogenannten "Musik-
staatsprüfung", die in einem musikalisch so hochstehenden Lande wie Österreich
wohl eine der rückständigsten Einrichtungen darstellt. Die Anforderungen an die
Kandidaten sind, wie ich schon früher einmal erwähnte, durchaus ungenügend, teil-
weise sogar lächerlich gering. Die staatliche Befugnis zum Unterricht an öffentlichen
Schulen, die dem Absolventen nebenbei für seine Privatpraxis erhöhte Autorität
verleiht, wird dagegen in vielen Kreisen kaum weniger hoch eingeschätzt als etwa
das Absolutorium der Lehrerbildungskurse an der Wiener Staatsakademie für Musik,
das nicht nur eingehende technische Vorbildung verlangt, sondern eine Unme nge
universeller musikalischer und pädagogischer Kenntnisse, die nur mit heißem Fleiße
von besonders qualifizierten Kandidaten bewältigt werden können.
Auch dieses Absolutorium gewährt kaum höhere Rechte als die im Vergleiche
dazu ganz minderwertige Staatsprüfung. Eine durchgreifende Reform dieser Prüfung
wäre daher auch im Interesse des Privatunterrichtes eine der dringendsten Aufgaben
der staatlichen Aufsicht; die Frage, ob eine solche Prüfung wie andere Staats-
prüfungen nicht lediglich nach lehrplanmäßig streng geregelter Vorbereitung an
dazu geeigneten Anstalten zulässig wäre, halte ich besonderer Beach tung wert.
Meines Erachtens kann private Vorbereitung -in der Regel durchaus nich t genügen.
Wie dem ahnungslosen Schüler:Schutz vor minderwertigen Privatlehrern gebührt,
so bedarf auch der alleinstehende, materiell meist elend gestellte Privatlehrer ebenso
dringend Schutz vor gewissenlosen, ausbeuterischen Schülern, respekti ve -deren Ob-
sorgern. Der "Musikpädagogische Verband" ist in dieser Beziehung sehr tätig, aller-
dings, ohne irgendwie jene straffe Organisation, die den Orchestermusikern schon
zu einträglichen Erfolgen verholfen hat, erreichen zu können. Unregelmäßigkeiten
oder Knickereien in der Zahlung des Honorars soll durch Honorarverträge und
Minimalhonorare vorgebeugt werden; solange sich jedoch nur die besseren und
organisierten Elemente in der Lehrerschaft dieser sehr nützlichen Einrichtungen be-
dienen, den Outsidern und Pfuschern das Handwerk aber nicht gelegt werden kann,
bleiben jene nur im Nachteil. Auf dem Gebiete der allgemeinen Kranken- und
Pensionsversicherungen auch für die Privatlehrer sind Vorschläge ber eits teilweise
schon ausgearbeitet, es wäre nur zu wünschen, daß auch hier eine tatsächliche Rege ...
lung im Interesse dieses ganz verarmten, fachlich oft ebenso tüchtigen wie bürger-
lich hilflosen Standes bald erfolgen möge.
Die Aufsicht der Unterrichtsbehörde über die staatlich konzessionierten privaten
Musiklehranstalten, die bisher höchst mangelhaft durch Inspektoren ausgeübt wurde,
müßte in Zukunft strenger und intensiver gehandhabt werden; Reform der oft gänz-
lich veralteten Lehrpläne und Methoden, Abstellung des lediglich mechan istischen

180
Dressu runterrichtes, Einführung neuer Disziplinen, namentlich der Chorschulen und
theoretischer Nebenfächer täte auch hier dringend not. In Fällen unbehebbarer Hilf-
losigkeit auf Seite der Schule müßte "ötigenfalls selbst zur Einstellung derselben
geschritten werden.
Wer Gelegenheit hatte, viel in der Provinz vorgebildetes Schülermaterial, nament-
lich aus den Musikklassen der Frauenklöster in die Hände zu bekommen, wird
ein trauriges Lied von dem Tiefstande der auf diesem Gebiete gel.isteten Arbeit
zu singen wissen, zugleich des Wunderns nicht müde werden, wieviel Talent und
urkräftige musikalische Anlage immer noch in unserem geduldigen österreichischen
Volk schlummert. In gleicher Weise geschehe eine gründliche Remedur des Musik-
unterrichtes an den Lehrerbildungsanstalten, namentlich auch auf theoretischem Ge-
biete! Eifrige und liebevolle Pflege des Volksliedes und guter Kirchenmusik an
diesen Stätten! Die Volksschullehrer können zu Aposteln einer inneren, neuen
Kultur auf musikalischem Gebiete werden, zu Vorkämpfern einer schönen, lichten
Zukunft. Umso bedeutungsvoller werde für sie der Unterricht in der heiligen
Musik, dessen neue Grundsätze jedoch nicht von trockenen Schulfachmännern und
Landesinspektoren, die in ihrer pädagogischen Tätigkeit vielleicht einmal gute Phy.
siker oder Mineraliensammler waren, geregelt werden dürfte; sondern von modernen,
verständnisvollen Schulmännern im Vereine mit lebendigen Kün.tlern und Fach-
männern auf dem Gebiete der Musikpädagogik und des Volksliedes. Über den hi.
und da an Gymnasien, Realschulen und Lyzeen bestehenden Musikunterricht sei
zögernd der Mantel der christlichen Nächstenliebe gebreitet; im großen und ganzen
reicht das GeI.rnte nicht einmal so weit, um bei den Schulm ••••n von Michael
Haydn oder Schub .. t halbwegs erträglich mitzuwirken, geschweige denn, sich an
größere chori.che oder instrumentale Aufgaben zu wagen. Wie viele Mittel.chüler,
die in der Stille oder etwa im Kreise der "Wandervögel" ein entzückendes mu.i-
kalisches Talent bekunden, wären dankbar, vor größere und ernste musikalische
Aufgaben gestellt %U werden. Aber in diesem Augenblick setzt leider so oft der
eiskalte Widerstand der Schulleitung ein, der darin eine Gefährdung des klassischen
Studiums erblickt, ohne zu bedenken, daß gerade bei dem von ihr vielgeprie.enen
Volke der Griechen die Musik %U den obligaten Gegenständen bürgerlicher Erziehung
gehörte, als idealste. Mittel, in sich die Harmonie zU finden und dadurch nach per-
sönlicher Abklärung die erle.ene Staatstüchtigkeit (xa..loxaya&/a) zu erlangen.
So hier wie überall bis in die feinsten Kanäle der Gesellschaft müßte eben die
neue musikalische Wiedergeburt einsetzen. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir ein
kleines, arm.elig.s Volk geworden sind, dem nicht viel mehr geblieben i.t als eine
uralte Kulturanl.ge und unzerstörbares Talent. Umso mehr müssen wir mit diesem
in der heutigen Welt des Egoismus und des Schieberturns zu gering gewerteten,
aber umSQ hoffnungsvollerem Pfunde wuchern, umso intensiver müssen wir die
Bodenschätze des Geistes, die im Kleinstaate umso leichter praktisch umzuwerten
sind, urbar machen und produktiv gestalten! Wenn Arbeit und Wiederaufbau
noch einmal denkbar sind, d.nn bestehen h i e r die aussichtsreichsten Möglichkeiten,
vorausgesetzt natürlich, daß die rechten Männer am rechten Platze ihr Wort zu
sagen haben und nicht wieder der gute österreichische Amtsschimmel, der selbst
die wildesten Zeiten des Umsturzes zähe überlebt hat, auch diese schönen Hoffnungen
zu Grabe trägt. (Foruetzung folgt)
o 0

181
'Te i I'
ITALIENISCHE M u S I K
I
Alfredo Casella
Von Guido M. Gatti, Turin
Die lebhaften und manchmal nicht gerade sanften Erörterungen um Alfredo
Casella sind das sicherste Zeichen für die Eigenart seiner Künstlergestalt. Jedermann
kennt heute Casella: viele wenden sich von seinen Gedanken ab, wie er sie oft mit
jener besonderen Unduldsamkeit vorbringt, die ernsten und vorkämpferischen Na'
turen eigen ist, aber recht wenige wagen es, seinem Werk den ästhetischen Wert
abzusprechen, den solche Gedanken begründen. Und das, weil Casella immer zu'
tiefst Künstler gewesen ist; sein vielfältiges Werk umschließt die verschiedenartig,
sten Teile, aber sowohl in seinen Jugendsymphonien wie in dem Klaviergedicht
.In tiefer Nacht", das zu seinen letzten Arbeiten gehört, hat er ein Ideal der Kunst
aus dem größten Adel der Persönlichkeit aufgestellt. Alle Kompositionen von
Casella kommen überdies genau von der Musik her. Ihre Wesenheit entspringt aus
einer Quelle von Klang, sie bildet sich und formt sich allein aus musikalischen
Elementen. Casella ist kein Literat der Musik und kein Alchimist; seine Natur
ist hervorgewachsen (möchte ich sagen) aus einem musikgesättigten Umkreis, wie
er seine Kindheit umgab; und sein Temperament hat den Weg des Ausdruck.
erreicht nach einer Erziehung im edelsten, im gesicherten Klassizismus. Er hatte
sie von seinem Vater, einem ausgezeichneten Violoncellisten, und von seiner
Mutter, einer Pianistin, die zur Kunst erzogen war von Carlo Rossaro, einem wahr..
haft starken Geist. Im Jahre 1895 gab er jede andere Beschäftigung auf, um sich
ausschließlich der Musik zu widmen; mit zehn Jahren debütierte er öffentlich als
Pianist, mit dreizehn trat er in die Klasse Diemer des Pariser Konservatoriums
ein; dort vollendete er seine regelrechten Studien und blieb dann noch ein Jahr in
der Kompositionslehre bei Gabriel Faure.
Frei von jeder Fessel beginnt er sein Künstlerleben mit einer wunderbaren
Schaffensfreudigkeit: er besucht alle europäischen Völker, denen er sich in etwa
zweihundert Konzerten vorstellt, er dirigiert die besten Orchester (Colonne, Lamou,
reux u. a.) und zugleich widmet er sich der Komposition, dem Unterricht, der Kritik.
Da wir uns nur mit den Kompositionen befassen wollen, beginnen wir an seine
ersten Arbeiten zu erinnern, die einen Einfluß der Klassiker verspüren lassen; so
die beiden Symphonien und die Sonate für Violoncello. Sie zeigen einen Musiker,
der in den schwierigsten Konstruktionen des Kontrapunktes gefestigt ist, einen
Kenner, der um alle Möglichkeiten der Instrumente weiß und um die Mischung
ihrer Farben. Noch heute, da die Musik eines neuen Europa andere Wege gegangen
ist, scheint es uns, daß die zweite Symphonie von Casella, ganz und gar erfüllt
von der Chromatik und der Polyphonie der Wagner und Strauß, sich Zug um Zug
zu befreien wußte von dem Bau der Zeit nach Beethoven und von jenen melodisch,
instrumentalen Formen, wie sie nordländisch. . romantischem Fühlen eigen sind; es

182
scheint uns, daß sie sich in einen Lyrismus entfaltete, der als Frucht wahrhaft italieni,
sehen Fühlens gelten muß. Der nationale Wert, den das Werk des Casella hat, ist
nicht leicht zu erfassen; er ist gegeben vor allem durch einen Strom von strengem,
geschlossenem und wagemutigem Lyrismus, der weder französisch noch deutsch
sein kann. Es ist eine durchaus lateinische Bewegtheit, die sich nicht in Schrauben...
windungen ausbreitet wie jene des Melodrams im 18. Jahrhundert, sondern sich
hinströmen läßt in den großen Linien des Gesanges. Und dann: die Art dieser
,Kunst des Casella ist so weit entfernt von dem Impressionismus eines Debussy wie
von dem Barbarismus eines Strawinsky und von der Gehirnarbeit Schönbergs. Die
tiefe Liebe des Turiner Musikers für den~plastischen Ausdruck, für die Sicherheit
der Linien, für die Gründlichkeit der Zeichnung macht jedes Angleichen vergeblich.
Der Impressionismus der "Nuages'" löst Umrisse, Gerüste, melodische Einheit, bei
Casella aber findet sich immerzu Dynamik, Aufbau, strophischer Zusammenhalt.
Unter gewissen Gesichtspunkten gibt es in seiner Kunst beinahe eine Rückkehr
zur Überlieferung, die aber freilich nichts zu tun hat mit der Saftlosigkeit gewisser
Meister aus der Vergangenheit.
Wir sehen es aus größerer Nähe in der Orchestersuite in C. Diese wohlgeformte
Komposition, die fast alle berühmten Orchesterleiter aufgeführt haben - von
Mahler bis Mengelberg, von Nedbal zu Chevillard - reicht kaum an die Zeichen
harmonischer Entwicklung heran, die Casella später bietet; dennoch ist sie derart
entschieden persönlich, daß ich wünschte, sie wäre vor den letzten Arbeiten dieses
Musikers allgemein bekannt geworden. Hier ist nicht mehr die schwere polyphone
und farbensatte Technik der Symphonien; heiterer wird der Stil, klarer, leuchtender,
erfrischt aus tausend Adern neuen Blutes, die ein schwingendes Gewebe bilden. Die
Sätze, an deren Überlieferung die Überschriften: Ouverture, Sarabande und Bourr"e
erinnern, werden vom ersten zum dritten immer einfacher in den Linien, im Bau,
in der Entwicklung; nach und nach löst sich das Übereinander der Zeichnung auf
in ein Spiel von klangvollen Arabesken des reinsten Stils, die Tönungen der In'
strumente auf in ihre Grundfarben und die Tonalität tritt deutlich hervor. So gelangt
man durch die rührende Menschlichkeit des Sarabandenthemas zu der frischen,
funkelnden Verve der Bour"e; es sind Stellen, die man einem Scarlatti zuschreiben
möchte: so sehr hat sich der Musiker darin dem Geist der Schwerlosigkeit genähert,
den jener Neapolitaner des 17. Jahrhunderts im Sinne Nietzsches hat.
Mit dem Ballett "Le couvent sur l'eau" beginnt eine Umformung des Ausdrucks
bei Casella. Seine Faktur, bisher fast ausschließlich kontrapunktisch, das ist hori,
zontal, wird fast völlig harmonisch, also vertikal. Wenn auch die Diatonik noch
immer anhält, so kommen doch in großer Zahl seltene Harmonien vor und viel,
fach gibt es Akkorde, die die nächste Periode, ich möchte sagen die des wahren
Casella vorbereiten. Sie beginnt mit einem Werk, das 1913, im 30. Lebensjahr des
Komponisten, beendet wurde, der "Notte di Maggio". Wenn auch dieses Gedicht
für eine Singstimme und Orchester, von der lyrischen Art des Carducci inspiriert,
noch die harmonischen Elemente der Überlieferung in Schwebe hält, so bringt doch
der Komponist darin (und er vollendet ihn zum erstenmal) seinen neuen harmo'
nischen Stil, ein geheimnisvolles, nicht zu umschreibendes Mittelding zwischen Dur
und Moll. In diesen Akkorden, die bis zum letzten Takt die neue Stellung des
Komponisten zeigen, leben benachbart, ohne Vorherrschaft des einen noch des an ..
deren, die Elemente beider Tongeschlechter.

183
Dieser besondere harmonische Stil, den ein französischer Kritiker harmonischen
Kontrapunkt nannte, nämlich die horizontale Bewegung von Akkorden wie von
Melodien, eine Vermischung von überlieferten Akkorden, die man bishin für un...
vereinbar gehalten hatte, wird von Casella sehr häufig in den "Neun Stücken fiir
Klavier" angewendet, die aber kaum mehr bedeuten als einen Versuch im Schaffen
dieses Musikers. Erst in den Werken der letzten Jahre ist Casella zu seinem glück'
lichen Stil gereift, zu Werken von Stärke und eigener Bedeutung. So in dem .Ab'
schied vom Leben" (vier lyrischen Stücken nach Gedichten von Tagore), in dem
Klavierstück "In tiefer NachtU, in den "Blättern aus dem Krieg n und in der heroi...
schen Elegie für Orchester. In den .Blättern aus dem Kriege" läßt er sich geradezu
von flüchtigen Visionen wie aus dem Kino helfen: Sturm des Rhythmus (Angriff
von Kosakenkavallerie, Defilierung von schwerer Artillerie); Weißglut der Instru,
mente (Panzerschiff auf Kreuzf.hrt); Leuchten von harmonischen Verbindungen, in
denen die zwölf Töne der europäischen Skala, in ungeheuren Akkorden über'
einandergetürmt, sich drängen, zerbrechen und sich lösen in wüsten Ausbrüchen
und in weiten pathetischen Klanggebilden (Holzkreuze im Elsaß) ••. Die heroische
Elegie hingegen ist ein symphonisches Freskogebilde, zusammengehalten von einer
großen Linie rührender klassischer Schönheit, die sich gar wohl dem Ausdruck
des Schmerzes in der griechischen Kunst nähern könnte. Die Vision eines schweren
Todeszuges im unsicheren Licht der Dämmerung ist ganz durchdrungen von einer
zarten und tiefen, klagenden Musik. Die Mütter weinen nicht mehr: sie wiegen in
einem Traum die Seelen ihrer Söhne und das Echo eines fernen Hymnus vermag
es zuletzt, ihre Herzen wieder zu erheben zu einer letzten Apotheose, deren Grenzen
sich verlieren im Aufdämmern des Morgens ..•
In den "Hampelmännernu , in der Sonatine, in den "Kleinen Nichtigkeiten"
(.lle für Klavier) finden wir dann den ironischen Ausdruck des Musikers wieder.
Die .Hampelmänner" gehören zu jener Art der musikalischen Darstellung, die so
viele kostbare Beispiele bei Debussy hat. Die Sonatine ist genau nach dem klassi'
schen Schema gebaut; nur daß die Sätze derart auf die Spitze getrieben sind, daß
aus ihren vertrackten Maßen ununterbrochen Motive der Karrikatur sich ergeben.
o
Die Entwicklung des Ausdrucks bei Casella geschieht im Laufe vieler Jahre
und nicht durch trockene Arbeit des Gehirnes, sondern vielmehr Schritt für Schritt
aus einer Bereicherung des Gefühlslebens. Wir können etwa drei Abschnitte unter'
scheiden. Im ersten (man könnte ihn den der Verneinung nennen) hat der Kom'
ponist alles unterdrückt, was seinem Schaffen aus der Zeit seiner Erziehung an
Überlebtem und Erstarrtem anhaftete. In einem zweiten hat er mit dem verbliebenen
Stoff eine immer genauere dynamische Form erreicht, die geradezu anti. .impressio ...
nistisch ist, sofern sie sich auf plastische Werte gründet, die sich in seiner Persön'
lichkeit vereinigen. Im dritten Abschnitt, der Periode der Bejahung, hat er eine
völlig neue Tonalität begründet, die auf einer Art von Mischung, von Miteinander
der verschiedenen Skalen beruht, der westlichen, der griechischen und der orien'
talischen. Während z. B. bei Debussy die verschiedenen,Skalen aufeinanderfolgen,
legen sie sich hier gewissermaßen zusammen und lassen einen tonalen Stil ent-
stehen, der schon dodekatonisch ist, aber noch alle Töne um zwei Grundintervalle
anordnet, die die Funktion der Tonika und der Dominante haben. So bemerkt

184
man in dem Gedicht /tIn tiefer Nache" gleich eine Einleitung, die sich auf dem
Grundton Cis aufbaut (Dominante von Fis); dann kommt der Hauptteil der Dich-
tung, der wirklich in Fis dur zu Beginn, in der Mitte und am Ende steht. Aber
niemand könnte mit Sicherheit dieser geheimnisvollen Skala ein Geschlecht zu . .
schreiben. Nur der erste Teil der Sonatine ist durchaus atonal, während in allen
anderen Kompositionen von Casella die Atonalität bloß gelegentlich vorkommt
und immer bestimmt ist, mit der eben beschriebenen Skala zu kontrastieren.
Die Hauptdaten harmonischer Entwicklung sind bezeichnet durch die Erscheinung
hoher Geister und es geht ihnen ein Erstarken des Willens und der Tatkraft voraus.
So sind wir bis zu dem Wortschatz eines Casella gelangt, dem Mittel einer durch-
aus neuen Sprache der Musik voller unerhörter Möglichkeiten. Von primitiven Anfangen
ging der Weg von Stufe zu Stufe zu der Harmonie von heute und zu der, die uns
morgen noch unbekannte neue Möglichkeiten im Ausdruck des Klanges bringen
kann. (Frei übertragen, mit emem Gruß an Casella, von P aul Stefan)
o 0

D I R I G E N T E
II
Richard Strauß
Von Richard Specht, Wien
Schon, wenn er ruhigen, festen, gelassenen Schrittes den Orchesterraum betritt,
hat man den Eindruck: hier ist einer, der seiner Sache ganz sicher ist. Und den
eines durchaus unkomödiantischen Menschen dazu. Er ist ganz unfeierlich. Hat
weder von der aufgeregten Geschäftigkeit, noch von der affektierten Eleganz oder
von der etwas koketten Liebenswürdigkeit der anderen das geringste an sich. Und
schon gar nichts von der tt weihevollen Priesterlichkeie", die auch heute noch hie
und da beliebt ist, ihren eigentlichen Ursprung im Jüngerkreise Liszts hat und die das
wirkliche Apostelturn des Meisters mit der allzeit würdevollen Pose der Musik-
pfaffen verwechselt, denen in Wahrheit nicht das \Verk, sondern nur die eigene
Person wichtig ist. Strauß ist nur das Werk wichtig. Man merkt, daß er von Hans
von Bülow herkommt. Merkt es nicht nur an der absoluten Treue gegen die Noten-
zeichen und Vorschriften der Partitur, die man, eben nach Bülows Wort, nur richtig
lesen zu können braucht, um sofort des rechten Tempos und der rechten Auf. .
fassung sicher zu sein; nur daß es dabei eben doch ein bischen darauf ankommt,
wer es ist, der diese Partituren liest. Und man merkt es an der um alle Äußerlich-
keiten, aber auch Um alle hergebrachte Tradition unbekümmerten tiefen Sachlich-
keit, die nicht an Erfolg, Wirkung oder gar an schöne Gesten denkt, sondern nur
daran, das innere Bild vollkommen zu gestalten, das der Dirigent von dem zu
interpretierenden Werk in sich trägt. Freilich: von Bülows Nervosität, dem leise
dozierenden Zug de~ Dirigierens, der Freude an Virtuositäten, wie etwa der eines
auswendig oder ohne Dirigenten spielenden Orchesters oder gar von seiner Lust
an direktem Kontakt mit dem Hörer, durch sarkastische oder polemische Ansprachen
und auch durch andere Absonderlichkeiten und Auffälligkeiten, hat Strauß gar nichts.
ot< Siehe ]ahrg. II, Nr. 4.

185
Er ist grenzenlos unauffallig, setzt sich nicht in Szene, hat nicht den geringsten
Aplomb des Auftretens oder gar der Stabführung. Weil er eben auch als Dirigent
ein Meister ist. Will sagen, ein Diener am Werk. Mit aller Einfachheit, aller Natür. .
lichkeit und einer jeder Effekthascherei und jeder Selbstgefälligkeit abholden, auch
die unschöne und heftige Geste nicht verschmähenden Bestimmtheit und Intensität.
Er kommt ins Orchester wie einer, der keine Eile hat, weil er weiß, daß er zur
rechten Stunde kommt, begrüßt die Musiker mit einem kurzen, kaum merklichen,
freundlich-ernsten KopfniCken, rückt nicht erst lange am Pult oder am Sessel
herum, quittiert den Begrüßungsapplaus, der ihm aus dem Zuschauerraum entgegen-
tönt, mit einer höflichen Verbeugung, in der aber doch die Ungeduld eines liegt,
der jetzt etwas Besseres zu tun hat, klopft mit zwei kurzen, raschen Schlägen ans
Dirigentenpult und beginnt. Zunächst meist mit weitausgreifender, höchst präziser
und gemessener Gebärde: es hat den Anschein, als wollte er das Orchester erst ganz
in die Hand bekommen, als spannte er die Zügel geflissentlich straffer als unbedingt
notwendig, um sie dann desto freier schießen lassen zu können. Das 1macht zuerst
oft einen etwas trockenen, ja doktrinären Eindruck; und es mag vorkommen, daß
dieses gleichsam pädagogische Wesen, während dessen er sich zu sammeln, vor
allem aber das Orchester seinen Absichten durchaus gefügig zu machen und alle Wider-
spenstigkeiten unterjochen zu wollen scheint, auffallend lange währt: an Abenden, an
denen er selbst nicht ganz in Stimmung ist, oder an solchen, an denen das Orchester
nicht sogleich bedingungslos seinen Intentionen folgt, oder ihnen und seiner ganzen
Art überhaupt noch nicht vertraut genug oder gar von beiden befremdet ist. Dann
aber kommt unweigerlich ein Moment -. und dieser Moment gehört für mich
jedesmal zu den schönsten einer solchen Aufführung - in dem diese gestraffte
Bedachtsamkeit und Lehrhaftigkeit zu feurigem, anteilvollstem Selbsterleben wechselt.
Ein Ruck geht durch seinen ganzen Körper, er scheint vom Stuhl auffahren zu
wollen und bezwingt sich wieder, und wenn auch das manuelle, die rein äußer. .
lichen Zeichen des Taktstockes die gleichen zu bleiben scheinen, so spürt man sie
plötzlich doch irgendwie anders, freier, aufwiegelnder, elektrisierender, nicht mehr
abgezirkelt, in beinahe pedantischer Strenge, sondern gleichsam in den Chiffern einer
Geheimschrift beschwörend, die jetzt, bei aller Schlichtheit, ganz anders vielfältig
wirken und den Musikern ihr Letztes und Äußerstes abzwingen. Aber selbst dann,
wenn alles in Sturm und Flammen steht, wenn hundert Subtilitäten das Ganze
übersprühen und alles nur mehr ein einziges Lodern und eine einzige Trunkenheit
ist, scheint er unter all den widerstandslos Aufgepeitschten der einzige zu sein, der
Ruhe, Besonnenheit und Distanz bewahrt. Er entfesselt alle Raserei rings um sich
und bleibt objektiv dabei; er reißt alles mit sich fort, freut sich daran und scheint
es dabei mit der Lust des Zuhörers wie in einer plötzlichen Spaltung seines Wesens
mitzugenießen. Wie ein Jockey des Dirigierens. Wie beim Finish einer sportlichen
Leistung, bei der keiner gewinnen kann, der den Kopf verliert.
Er war nicht immer so. Hat sich früher viel mehr verschwendet, viel fesselloser
hingegeben, und hat dabei, seiner Meinung nach, oft allzu vorzeitig den Atem ver-
loren. Er war auch damals ganz und gar ungekünstelt, aber doch immer bereit,
seinen eigenen Überschuß in die Tonstücke der andern zu tragen; bei unbedingtem
Willen treuer Gesetzeserfüllung oft durch den sturmvollen Unband seines Wesens
zu stärkeren Farben, zu gewissen dynamischen Umdeutungen und zu überraschenden
Temporückungen verleitet, die übrigens, aller Wahrscheinlichkeit nach, einfach

186
richtig waren und nur durch ihr Ungewohntes und durch die Lebendigkeit spontaner
Empfindung so subjektiv wirkten, die nur dem eigenen Erkennen folgt und sich
nicht darum kümmert, wie es bisher flimmer gemacht" worden ist. Er selbst hat
sich früher einmal in heiterer Verzweiflung darüber beklagt: ff Wenn ich nur wüßte,
wie ich das Joobjektive« Dirigieren anfangen sollte! Davon habe ich nun wieder
keine Ahnung!" Zu alledem kam ein Übermaß der Gebärde, ein Antreiben mit
dem ganzen, oft plötzlich in die Knie einknickenden und wieder aufschnellenden
Körper, eine unschöne, aber mitreißende und aufscheuchende Beweglichkeit, ein
wenig graziöses, selbstvergessen hingegebenes, in äußerster Intensität und Anspan...
nung dem Ganzen und jeder Kleinigkeit aufmerksam zugewandtes Arbeiten des
ganzen Armes (nicht nUr des Handgelenkes), ja manchmal auch der' hochgezogenen
Schultern, der oft leise und ein wenig irritiert aufstampfenden, immer etwas un. .
ruhigen, nicht genügend standfesten Füße: der ganze Mensch war in Aktion, war
aufgeschlossen und gab sich aus. Jetzt steht er fest, ist nicht mehr selbstvergessen,
reißt sich nicht mehr die Kleider von der Seele, hat sich und das Werk in der
Gewalt, "dirigiert" jetzt wirklich, statt mitgerissen zu werden, begnügt sich, genau
seine Absichten vollstreckend, die Musiker und Hörer mitzureißen, und ist über...
zeugt, . daß er erst jetzt, eben durch diese königliche Überlegenheit, die sich nicht
vorzeitig erschöpft, die rechte Kunst der Orchesterführung, der Disposition, der
Steigerung, der restlosen Ausdeutung der Werke erreicht habe. Das ist gewiß wahr.
Er wirkt jetzt, in der klaren Vollkommenheit und Großzügigkeit seines Dirigierens,
künstlerisch reiner. rtInteressanterl4 ~ar er früher.
Man hat ja in Wien zumeist nur seine eigenen Werke unter seiner Leitung
gehört; nur in wenigen Opernvorstellungen und in einigen philharmonischen
Konzerten hat er uns Schöpfungen anderer Meister vermittelt. Man sollte meinen,
daß er seine Werke am vollendetsten interpretiert und ihnen mehr Liebe und - was
ja schon angesichts all der von ihm gestellten gesteigerten und neuen Anforde-
rungen des Stils und der Technik begreiflich wäre - mit mehr Sorgfalt inter-
pretiert, als jene anderer Tondichter; und wäre er wirklich der kaltherzige Egoist
und Rechner, als den man ihn so gern verschreit, so wäre dem wohl wirklich so.
Aber es ist ganz anders. Gewiß: vollendeter, heller flammend, ekstatischer betörend
und dabei diaphaner und natürlicher können diese Werke nicht wiedergegeben
werden, als es von ihrem Tondichter selbst in seinen guten Stunden geschieht;
aber auch kaum liebloser, kälter, gleichgültiger, als er es in schlechten Stunden zu
verüben vermag - weit liebloser, als er jemals die Arbeit eines andern behandeln
wird. Damit soll nicht gesagt sein, daß man von ihm, wenn er fremde Werke
aufführt, immer ideale Dirigentenleistungen empfangt; er ist eben keine Maschine,
ist kein ausgeklügelt Buch, sondern ein Mensch mit seinem Widerspruch und ein
Künstler mit seinem Widerspruch - und manchmal ist eben dieser Widerspruch
stärker als der Künstler. Beethoven ist sein Gottesdienst, Mozart seine Liebe,
Wagner sein Credo. Man kann sich nichts Delikateres, Zärtlicheres, geistreich Herz-
licheres vorstellen, als eine Straußische Interpretation des Figaro oder der Zauber-
flöte ; und doch kann es vorkommen, daß man einen Abend lang auf oll diese
innig beschwingte Anmut wartet und betroffen vor einer fast leerlaufenden Trocken-
heit und steifer Schulmeisterei steht, mit der Strauß dann, offenbar durch Ermüdung
oder Verärgertheit zum Gegenpol seines, eigentlichen Wesens getrieben, diese ihm
teuersten Schöpfungen abfertigt. Man kann sich nichts heroischer Gemeißeltes, mit

187
machtvolle~em Ernst Emporgewolbtes denken als eine Beethovenscl!e Symphonie
unter Strauß, der hie~ weniger als je Analytiker, mehr als j. Synthetiker und
Architekt ist; aber selbst hie. kann es gescl!.hen, daß in eine, wenigu inspirierten
Stunde ein. Monnmentalität ohne Fil11. da ist, gleich den '''''.en Mauern cines
ansgebrannten Tempels, Freilich, solche Stunden gehörel1 hei ihm zu den Ausnahms-
fällen; u"d, selwm, ein Wagnuisches Werk, vor allem der Tristan, dessen fieherische
S.hnsucl!t und Leidenscl!aft von ihm mit unerhörter Gewalt empfunden und wieder-
gegeben wird, hat noeh nie uote. derartigen Stimmungen zu i.iden gehabt: hier
scl!.int der Erdboden zu sein, an dem sich diese. Antäus immer wiede. neue ver-
liingende Kraft; holt, Hi.. ist alles iiberlebensgroß und ist, bel aller Abueigung
geglm Übcrnuancierung und allzu nachdrilcl<:llches Detailunterstrelcl!en, in jedem
Takt drängendsten Lebens voll, blutdttrehslrömt, in hemen PulseXl. schlag.nd, 1.111<'.
voll stolur Grölle - es ragt da. Riesenmall dles•• Musik weit Iiber hdiscl!•• hinaus,
In der Interpretation all di••u We.ke hat tt nicht nur hohe Beispiele des recl!t.n
Vortra&"sti!s und ecl!t.sten künstlulscl!en Nachscl!affens gegehell; er bat "ucl! dne
erziehlicl!e Arbeit sondergleicl!ell ge!eis!~t, er hat auf semen Reis.n wohl "n.
Orchester der größeren Musikstädte geleitet und jedes einzeln. ist durcl! ihn weiter-
gekommen, hat Aufgaben lösen gekrnt, die es zuvor gar nicht oder nur unvoll-
kommen bewaltigen kOXlnte, hat gelernt, was Disziplin, Zllcl!t und kiinstlerischer
Will. vermag, und ist durcl!diesen Praeeptor germ.ula. der Musik nicht nur auf
eine hoh.r< ""tistische, sondern VOr allem eiue höhere ethisch. Stufe gehoben
worden, Em. Leistung, deren Ergiebigkeit heute noch gar nicht richtig einzuschätzen
ist uud der noch gauzandue frucl!tbare Folgen beschieden gewesen wären, hätte
nicht der Krieg sein uoseliges Zerstorungswerk auch auf die deutschen Orchester
ausgedehnt,
Es gibt nicl!ts Vtttliteriseheres als die Musik, uud, vor allem, als daa Dirigieren,
Der ganze Mensch kommt dabei zum Vorscl!ein, Es ist das schönste sm Dirigenten
Strauß, daß er genau dem Menschen Strauß entspricht und sein Wesen offenbart: sein.
!!nverschnörkdte Geradheit, seme u!lbeirrbare, gegen alle Übuli~fetung glekhgilltige,
!l!lr dem eigenen Gefool. bis zum Eigensinn gehorsall1e Wahthaftigkeit, sein"
phrasen!o•• Einfachheit, die Prunk!osigkdt seiner. Größe. W.rdenM.nsch.n und
Musiker Strauß verstehen und lieben will, muß nicht erst in Musil.ers Lande gehen,
Er braucht ihn nur dirigieren zu sehen,

""
DIE "G E Z EIe H N E T E: Nil IN WIEN
Von R St, Hoffmann, Wien
Ein anderes ist es., du Theaterstück lesen, eill anderes, es sehen und hören,
Aher nocl! weit größer ist der Ab.tand, gilt es ein MXlsikwerk Man hat es vorher
gekannt; J:n.an hat den Text grlindlich studi"rt, hat sicl! mit dem (in der Uninrsi!.l,
Edition erscl!i.n"n.n Und vonWalter Gmeindi präcl!tig gesetzt"n) Klav;erauszttg
.redllcl! gllmiiht, die Singstimmen, w",möglich mit vetteil!en Rollen, mark!".", in
sdn"., Phantasie daa Fehlende ergänzttln.d ist 110 imme:t'hin zu einlml Resultat ge-
kommen, Bleibt nocl! die Prohe auf daa Exempel, die lehendige Biihneneinwirkung,
dtt Gesamteindruck, den man jetzt gewinnt, und - rätISchen wir tlllS nicl!t - auch

188
'\'J

l1flde". haben, E~folg ist nicht alles und der Durchsdnritt des unhefangenen
'ik!~nl.s erreicht gewiß nicht da•.Niveau des Wissenden, desgenauer 1I::.nnenden.
. ist es lehrreich, auch diese Wirkung zu heohachten, die auf dle ungeleh1!ten
. aus dem Volke, dle s~h1ie!llich das Urteil sprechen, und ei nicht hegründen
}Ilirattchen, Wohl aueh nicht können ..•
Da ist ntln kein Zweifel, daß diese Musik mit dem ersten Akkord, rlchtiger der
,er.stenAkkordmischung des Vorspiels schon gefangen nimmt. Die erste Klang'
·suggestion ist eine außeroroentliehe und willig folgt das geschmeichelte Ohr der
. ·verföhrerlschen Cello/Kantilene. de. Alviano,Motivs. Hört es Dissonanzen? Hört eS
". lJdur, B moll? Nein, eshört ein unbestimmtes Klingen, Glitzern, Schwirren und
· Rieseln, dn verschwimmendes D dur, gleichsam einen langsamen Alclmrdtriller,der
· die Tonart unscharf macht, aber nicht negiert, und vor allem beriickend klingt.
· ..... Und so erkennt es ln einem Aufhorchen drei Grundphänome1;le dieser Musik : die
. dabei tonal gebundene Harmonik, die Wärme frei ausströmender ..
utd die zanberische Klangwirkung. Sie beherrschen in wechselnder
Gesamtbild.
. Nun ztt!' Szene.. Auffallend zunächst die vollkommene Harmonie von Musik und
Bühl1el1geschehnis. Gleich zu Beginn eiu gdungenes Exempel für ein modernes
Ensemble, das wie selhstverständlich aus der Handlung wachst und bei allem nfltür-
lid,.enTonfal! d"r gesungenen Rede zu einem melodischen Höhepunkt fiihrt,Wesent'
lich zufCharakteristik (Motiv du Häßlichkeit) gestellt Alvianos wirksame Erzählung.
Sehr effel<t'>'oll Tam.r.s Erscheinen mit seinem italienischen Motiv. Ich kann mit
. nicht helfen, ich finde gerade dieses viel verliisterte Hauptthema ganz besonders ger
Inngen inselne, brutalen, überschwänglichen, hemmungslos zupackenden, dabei ein
wenig banalen Schönheltstrunkenhdt. .Qjs ist Tam"re wie er leiht und lebt" der.
Schöne, Starke, Unbedenklkhe in scharfstem Kontrast zu Alvianos krankhaft/sehn'
siichtlger und Carlottas mlldeund angstvoll verträumter Musik. Drei musikalische
· '., Porträts, zum Sprechen ähnlich,
Alles folgende ist vorlreH lieh in seiner knappen Entwicklung. Das Erscheinen
des Podest", die ersten Fäuen, die die zwei Männer mit Carlotta verbinden, der
"Anfbruch ZUr Tafel. Das Intermezzo Pietro-Martticda.. musikalisch begründeter
Stimmungswechsel. verrät eine SChwäche der Handlung: das Betonen einer Ver-
wirrenden Nebenaktion, die mit dem Drama der drei Menschen lose genug vef/
. '. bund.n ist und wiederholt retardierend eintritt, wie aueh die Nachtstimmung des
dritten Aktes durch den Banditen grausam unterhrochen wird, Das Schicksal uer
gel'aubten Gine"r"., die knapp VOr Schluß (zum "rstenm,,! 1) auftritt, .um persönlieh
· "Kronzeugenschaft abzulegen, interessiert zu wenig. Sie ist eine von hundert Ver'.
. . . . fiihrten, uns weiter nicht hekannt, uns so wenig berllhtend wie die Konflikte
.... zwisch"!l Herzog und Biirgerschaft, die dem Anfang des zweiten Aktes eine un-
gebührliche Länge geben. (Gemildert freilich durch u,e farbig verträumte Mdodie,
. die jetzt ~chon di~ Wunder der Liebesinsd lIhnen Iä.ßt.) In diesen Partien erscheint
auch die Musik etwas weniger inspiriert. Aber wie bliiht si. sofortwlederauf,
wenn sie ihren Lieblingen zu dienen hat, wie gleich hier am Ende des ersten Aktes
"in der bedeutsamen Zusammenkunft des "gezeichneten" Paares, die textlich unumu.!,
kalism die große Atelierszwe des zweiten Aktes elnfümt,und dem ersten Sild. eineu
..... Amklang von vuhaltener Innigkeit und zarter Schönheit sche.nkt,dall man eine
···Steigernng der Wirkung, wie sie dann dochde, zweite Akt bringt, nicht erwartenwiirde.
,,', , .

189
Diese Atelierszene hat Gnade auch bei den verbissenen Gegnern gefunden, ist
ihres tiefen Eindruckes jederzeit sicher. Ganz einzig, wie aus leichtem Plauderton,
aus scheinbar gesellschaftlich-kühler Angelegenheit die tiefste und schmerzlichste
Tragik zittert. Die psychologische Feinheit, mit der diese Szene bis zum starken
Höhepunkt, der Liebeserklärung des Mädchens, dem Aufruhr des Mannes, dem Ab-
klingen nach der furchtbaren Erkenntnis, die das enthüllte Bild der Todeshand
symbolisiert, geführt wird, hat ihresgleichen nur in der wundervollen Tonsprache,
die von Wohllaut und Innigkeit durchtränkt, von unterdrücktem Begehren und
müdem Entsagen, von Lebensglück und Todesangst das Unaussprechliche in zarten
wie in satten Farben zu malen weiß. Diese Musik malt, wie Carlotta, Seelenl
Hier wird auch das Bühnenbild, nach der gedämpften Vornehmheit der ersten
heiden, wärmer, intimer.
Seine gesteigerte Bedeutung bringt der "Elysium"-Akt, freilich damit auch die
Gefahr, daß der hemmungslosen Phantasie des Dichters die Szene so wenig Er-
füllung gewähren würde, wie damals im nSpielwerkll. Die Gefahr wurde dank der
klaren Disposition des Tondichters durch die intensive Mitarbeit Roll e r sund
Wymetals glücklich überwunden. Reiften auch nicht alle Blütenträume, so gelang
doch der schönste Zusammenklang von Farben und Tönen, von Bild und Musik.
Dieser dritte Akt ist besonders bewundernswert in seinem weit und kühn ge-
staltetem Aufbau: eine einzige, kaum unterbrochene konsequente Steigerung, die
mit verlorenen Einsamkeitsflöten beginnend, über ein immer höher anschwellendes
Nokturno, das von CarIottas Sehnsucht intoniert, von immer neuen Stimmen auf..
genommen wird, zu bacchanatischem Taumel, zu orgiastischer Wirrnis führt, in der
die Schönheit des Starken rettungslose Bente werden muß, um nach dem düsteren
Einschnitt der Gerichtsszene mit dem erschütternden Epilog in der Liebesgrotte
- nichts unheimlicher als das völlige Verstummen des Orchesters vor dem aus ...
brechenden Wahnsinn! - den tragisch ergreifendsten Abschluß zu finden. Wobei
ich nicht verschweigen kann, daß ich die zwei Gespräche, nämlich Carlottas mit
dem Herzog und Alvianos mit dem Podesta als undramatische Verzögerungen
empfinde, die vielleicht nicht einmal zur psychologischen Begründung, zumal in
diesem Ausmaß, nötig waren. Gerade hier, wo das Sinnfällige der Szene so stark
ist, stört mich dieses geberdenlose Spaziergehen, in Unterhaltungen, die dem Auge
nichts bieten und dem Ohr kaum verständlich werden. Ein Stillstand der großen
Bewegung, der man sich umso freudiger hingegeben hatte, als alle \Vundernächte
Arabiens in diesen betörenden Klangprächten verwirklicht erscheinen, "alle Märchen
werden lebendig ... u
Dazu noch die unübertreffliche Darstellung durch die tragende Dreiheit - ein
unwiderstehlicher Tamare Duhans, dem auch die wilde Größe im Schlußbild
nicht fehlt, eine blond-sensitive Carlotta der Je ri t z a, die als lodernde Bacchantin
in Schönheit zu sterben weiß, ein scharf profilierter, dabei immer vornehm gebän ...
digter, musterhaft deutlicher Alviano Z ie gIer s - eine vortreffliche Besetzung auch
der kleinen Rollen, eine Orchesterleistung unter Sc hai k s hingebungsvoller Leitung,
wie sie noch immer nur in Wien möglich ist: und der große Erfolg war da. Er
erneuerte sich in der zweiten Aufführung, die Schreker selbst als idealen Führer
am Dirigentenpult sah. Er trägt - ich glaube es zuversichtlich - die Gewähr der
Zukunft in sich.
c c

190
M 0 lVI I L EDER N T B
AUS DEM BERLINER lVIUSIKBETRIEB
Von Prof. Max Chop, Berlin
Im Gegensatz zu anderen deutschen Städten hat das Berliner Musikleben den
etwas zweifelhaften Vorzug, sich mehr" als "Betrieb denn als kulturförclernder Faktor
U
,

betrachtet zu sehen. Nicht daß ihm das Großzügige, Erhebende und Bedeutsame
abginge. Indessen das bunte Gemisch der fragwürdigen, schwankenden Gestalten,
die ihm anhangen, wie dem Kometen der Schweif, macht es in seioer Gesamtheit
eigentlich zu einer charakterlosen Erscheinung - etwa wie eine Messe oder ein
Trödelmarkt, auf dem wahlloses Angebot und wahllose Nachfrage einander die
Hände reichen. Hier zeigt der mit großer Emphase so oft zitierte Grundsatz vom
freien Spiel der Kräfte seine bedenkliche Kehrseite - in der Millionenstadt, deren
internationale Prägung von Woche zu Woche an Schärfe zunimmt und in der
jeder eine Frage an das Schicksal frei zu haben meint - Begabtes und Unbegabtes
- Halbfertiges und Spekulatives - Künstlerisches und Dilettantisches. Ein großer
Weltmarkt mit Massen-Umsatz! Man klagt über die Kritik als die einzig berufene
Richterin über Wert und Unwert - denn das Konzertpublikum hat in seiner über-
wiegenden Mehrzahl die kritische Fähigkeit verloren - daß sie mit schonungsloser
Strenge ihres Amtes walte und das I,Abtun'" zu ihrer Lieblingsbeschäftigung erhoben
habe? Wie gern würde sie Werte anerkennen, wenn ihr solche unterliefen! Aber
gerade in diesem Punkte sickert es nur spärlich durch. Der Durchschnitt und das
Wenigtaugliche sind im erdrückenden Übergewicht. Sie haben weder die Kraft noch
den Willen, das Gesamtbild charakteristisch zu beleben. In dem Worte nBetrieb"
liegt zugleich das Schablonenhafte der ganzen Aufmachung, das Herdenmäßige des
spekulativen Masseninstinkts. Man stellt sich ganz auf die Kurse ein, die der Haufe
bestimmt. Schon äußerlich unterscheiden sich die Konzerte ihrer Mehrzahl nach
kaum voneinander. Sie werden nicht von künstlerischen Individualitäten geleitet,
sondern gleichen der Fabriksware, bei der ein Stück wie das andere ausfällt. Die
Sänger bringen ihre üblichen fünf Gruppen: Schubert - Schumann - Brahms -
Wolf - Strauß; immer wieder begegnet man der gleichen Physiognomie in der
Zurüstung und leider auch in der Ausführung. Die Pianisten haben sich mit be-
sonderer Zähigkeit auf Brahms eingestellt, mögen sie nun dazu berufen sein oder
nicht. Wann wird diese Brahms. . .Heuchelei endlich einmal aufhören? Die Geiger
bewegen sich im engen Zirkel der paar "gangbaren" Konzerte: Beethoven, Mendels ..
sohn, Bruch, Tschaikowsky, fügen wohl auch noch einen Bach oder einen Paganini
hinzu. Als wenn die überreiche Violinliteratur damit erschöpft wäre, während kostbare
Schätze unbeachtet liegen bleiben, nur weil keiner den Mut hat, sie an der Kunst . .
börse wieder als rentable Handelsobjekte einzuführen!... Und die Masse, jener
"Strom, der sich nach uns'rer Bude drängt"? "Beseht die Gönner in der Nähe!
Halb sind sie kalt, halb sind sie roh. Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Karten-
spiel, der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen. Was plagt ihr armen Toren viel
zu solchem Zweck die holden Musen? Ich sag euch, gebt nur mehr, und immer
mehr, so könnt ihr euch vom Ziele nie verirren.« Schon der äußere Eindruck der
heutigen Konzertsäle (und Theater) ist ein degenerierter und verproletarisierter .
Wann sieht man einmal eines jener Gesichter, die früher den Typus abgaben -

191
j.ne von Spanntmg um! Weihe verklärten Gesichter, denen der Abend mit s.inen
Darbietungen zum Festew;rd ul1d dl. das Glück de. 1I1sichhineinschöpful1s wider,
strahlen? Die hohel1 Eintritt"llteise habeIl del1 gemlllfrohcl1, idealistisch gestimmten
Mnsikstndentrl1 =<1 KUl1stschwarmer rast gal1z verdrällgt, dafilr das satte Schieber'
=d Emporkömmlillgstt= entsalldt.. das mit widerlicher Aufgeblasel1heit die Sitze
bevölkert ul1d KOllzerte wie Th."ten'oxstellnngell dazu benutzt, I'm mit schnalzen,
den Lippen Ellvorrä!. ZtI v.trilgen, sich über alltäglichste Dinge zu unterhalten Und
die Musik als Nebensache mitztlU<hmen, ohne skh im H"uptgesthlift stören zn
lassen. Von diesen Elemellte.n sind die gewelhtesten Stätten nicht frei, sie werden
Abend fitt Abend immer mehr entheiligt, Al.o anch hier ein "Betrieb" niedriger
Art. UnSer Kunstleben verarmt itmerlkh, während es iiußedich a.ufzub1iihen schein!!
Nun haben wir obendrein "uch noch Richud Strauß vedoren .... 1tn Wien ,,1:1'
gebell müssen. Strauß ist bei "ul"r I>!:odornität ."'ne. kunstlcrischen Glaubens,
hek.nnlniss•• ein Aristokrat in de. Wortes bester Bedeutullg, Dazu ein kluger Be'
obachte.! Ihm haben die Dinge, wie sie sich hier in Berlin entwickelten, schon
lange nicht mehr behagell wollen. Seine kräftigen, bajuvarlschen Ausspfiid,. sind
jab.kann!, Da hat e.c den Berliner Stauh von den Füllen geschlittelt, uns hleibt
das Nachsehen, Ein fiihr<meles Genie wie Strauß ist schlechthin unersetzlich! 0 ja,
es gab genug, elle bereit waren, seinen vorlassenen Thron filx sich zu beansprucben
, .. "Epochemacher" im Sinne des hescheidenen ]Uogllngs aus den Münchene!
"Fliegenden", denen Strauß Hingst im \Vege urand. NUll sie durch die eigenartige
Konstellation der Dhlge in die Lag. gekom.men sind, sich hin und wieder bemerk·'
bar zu machen, enthöllen sie durch ihr Erscheinen di. ganze BedeuttlUgsloslgkeit
ihrer Pe~söruichkelt, Des Erdgeistes v.mi<::htendes Wort dröhnt ihnen entgegen:
11Du gleichst dexn Geistr den Du begreifst, nicht lUlt 1'" -~ Die wdtb~rühmten KO!1/
zert. der vormals königlichen KapdIe, die lL'lter Rieha.d Strauß' Leitung eineet,!,
,anglge Anziehung bildeten, sind verwaist. Wie beim V","chwlnden Freias, der
Jugendspenderin, aus dem Kreise der Götter, so hat sich fahle Diimmerun.g nieder,
gesenkt, der Glanz ist verblichen. Man experimentiert, Helfer in der Not sollte
Weingar!ner werden, Allein auch bei de, Verwirklichung dieser Absicht verfolgt
uns Mllhvenele, Erst waren es Vetkehrs'Miseten, die Weingartner von BetUn fern,
hielten ulld s,,;ne Konzerte 111 alldere Hände spielt<m. Dannmach!en ihm und uns
sei". unbesounen. politische Haltung einen Strich durch die, Rec:b..'1=g. Die
Zeitungen diskutierten ja uber die Dinge in breiter Öffentlichkeit. .... Merbrittdig;
Dirigenten wach.en wie die Pilze aus der Erelt, Auch der Kreis derer, die sich als
e"Pr<:>b!e OrchesterfHhrer legitinliert hahen, ist ein grollet. Anf dell Hilhen der
Meisterschaft aber wird es e.!nsam, die \1lfahl ist tmc eng begrenzte, Der Beste, der
unS verfHghar wiire, ist Arthur Nikisch, Allein ihn hindet sem Amt m Leipzig und
die teitung der groBen Philharmonischen Komerte. So bleibt er als Nachfolgu ror
den vakanten StratIß,Postell unerreichbar, , .
Trotz al1 derberilhrten Mißstände ist die Fülle des Geleistet.n, welln .man auch
nttr die außergewöhnlichen Ersdleint>ngen ins Auge faßt, eine beachtenswerte, Um
zunächst hei den Dirig.nten zü hleihen: Dr, Karl Muck erschien, aus iunerikanischer
Gefmgenschaft zurückkehrend, wieder auf dem Podium und wnrde .tilrmisclx ge-
feiert. Mal( Fiedler bot in scinen Konzert.n dit Domestica tmd die zweite Sym,
phonie des Berliners Bugo Kaun in C mol! mit amgezelchnetem Glilmgen. Gustav
M.hl.r kam mit vier Symphonien und seinem ergreifendennLied von der Erde"

192
zur Geltung, Nlkisch leitete die crste Symphonie mit Hebendem Vertitfen in ihre
Seuöuueiten, Oskar Fr;.d die von ihm seinerzeit eingeriihrte Neunte, Brt1fiO Waltet
in uniluerttdflichrr Wiedergaue dle zwtite,. "er lunge, au:ßers;ewölllllich begabte
Dr, Hein.• Unger die erste und das "Lied von d<r Erde" mit hoher Begeisterung,
Auch 13r",;knor wurde viel aufgeführt. Rkhard Stratdl und Werfler Wolf!' n"hm.n
sich des Altmeisters Fünfter in 13 dur, Nikis~" und Scheinpflug der Siebentiffi in
E dur an, Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit, daß Strs,u!! auch für Liszts F"ust~
Symphonie m.it der ganzen Warme seines Temperaments eintrat, Klaus Pringsheim
nicht minder erfolgreich fürdi. Dal1te,Symphonle des Meisters, SeImar Mey:rowitz
hot tt. a, in seinen Konzerten das "Hddenleben", Strawinskys "Feuerwerk" und in
Urauffiibrung .ine entzückende, feingearheitete Novitiit,. ein Nokturno von Malt
Trapp für kleines Orchester; Kapellmeister Reichenberger aus \Vien ein Jl1gend~
werk von Strauß, die viersä!z;ge Suite "AllS Italien". E. N, v, Rezn!cek fand für
.eine geistvo.lle Ll1s!spielouvertfu:e, ein Werk aUs dem Jahre 1893, das in :Serlin so
gut wie unbekannt ist, in der vormals koniglichen Kape.lle eine kongellia!. Aus~
deuterin, Hel'mann trnger für seine Stlite "Jahreszeiten" nkht minder gute Für'
sprecher in Nikisch l1nd den Philharmonikern, Endlich sei Hermann Scherchens,
des nnerschtodcenen Vorkämpfers für moderne Musik gedacht, der in den Kon,
:erten der Nenen Muslkgese!!schaft Regel', Pfitzner, Mahlet (dritte Symphonie) l1nd
Arllold Schonherg (PeHeas und fthiisande, Q"artelt mit Singstimme) zum Wort
kommen ließ, ~ Im Beginn der Saison worde der Pfitzlle~,Kult in Bedin lehhaft
betriehen, Er sland in unmittelbarem Zusammenhang mit der ortlichen Erstautfilhrung
des nPa.le$tdna:'· an ,der Staatsopcl', die Pfitzne;r nach BerHn brachte•. Pat11 Bendcl't
Bruoo \Vaher u, a, benutzten die Gelegenheit, den Meister als Lied, l1nd Kammer'
muslk,Sch1ipferin helle Belel1chtung: zu rticken, Der Erfolg war. ein sehr herzlicher.,
kein spon.taner, Die asketische Natur Pfitzners erklärt die Erscheinung,
Auch Siegltied Ochs mit seinem Philharmonischen Chor!"a! für dn modernes
Werk ein, filt Scbrcken 116, Psalm (Frau"mhor, Orgel, Orchester) und warb mit
teiner geni",!en Auslegung der Komposition viele Freunde. - Weniger Glück hatte
Attu. Schnabel nlit sei"em Y(lI> Przemyslav und GenOSsen erstmalig dargebotenen
Strokhquartett, Man keIm! Schnsbd als feinsinnigen Interpreten cl •.' Klassiker 11m
Fliigd. und glaubt ihm deshalh die hypermndernen Dissonanzen,Orgien nkol, die
nUr durch ein rhythmisches Band äußerlich inelnandergereiht sind. ~ Ein Kom"
positionsabend von Flitz Röge!y bot trotz des groJl<:n Aufgebotes an Material so
gnt \via keinen Gew.inn: Ein auf dem~:B"den des IGsssizismu •., d.. Romantik und
der B.ahmsschen Richtung sich hewegender Tonsetzer, dem. es an. Phantasie, Ein-
gebung, Sinn für Struktur l1nd Geschlossenheit der Darstellung fehlt und der wabl,
los Mögliches wie Unmögl1dl'" dUIchdnandermengt,
An der Charlottenburgel' Oper zwei Novitäten: Monremezzls ftLiebt dreier
Könige", ein halb trlstanischez, halb veristisches Sl1jet, das sich his znr Klimax
nicht uninleressantentwickdt, dann aber der Manier des KolportaglYRomalls oder
der Kino,Aktual1tät verfällt, dabei ebenso tmw.hrscheinlich wie asthetisch peinllcl:l
wirkt. Die Ml1sik nicht ohrte Geschick konzipiert, Sie besticht an manchiffi SIelIen
dl1rch ihre Melodilc, im ganzen abe, ist sie littBerlich nadlempwnden nnd ohne
s.elische Vertiefung, Das Dekorative des welschliindischen Verismo sucht Ver,
hindung nach rilckwär!s mit der italienischell Opar, ....... Weiter Fritz Könneclr~s
"Magdalo.n." mit einem stilistisch n.icht ungeschickt.n, aber von l1nmöglichen

193
P'''miss~n"usg.h'l1den, biilmenullflihigel1 Texte von H1ozclmaun. Kilnneok", i.t, wl"
man hilrt, Autodidal<t. All. AChtung vor dem, ",,,$ er skh dab.i abgerungen hat!
~f ist <lhn" Frag. begabt, Allein di. Junker v\ln Stolzing,. d.n.nNatur und innere.
Üh.rflul! Lehrmeister waren, laufen heute nidlt mehr im Land. umher und werben
um dm Meist""p,.i.. Das schi.r Unausbleibliche hat sich auch hiel'e,ugestdh; de.
Eklektizismus schlimmster Art, Von Meyerb.or über Wagnor hi. ztt M.scagm und
Ptt,dni. Und in diesem Sammelsurium geht alle Individualität flöten. Der letzte
Akt ist vollständig "P.arsifal". Hat das Zweck? Derlei Stlmmttngen sind dUld> den
grollen Bay,eulhe, .estlo. e.schöpft, fU, Epigonen bleibt nichts übrig.
An du Staatsoper neben P'J1tzl,e.s "P"I••trina", der dodl in "iden Dingen ent"
tliuochte, die Attfwärmung von Pucdnis rührs.lige" ame,ikanisch-japanisch•• "Ma-
dam. Butterfly" in glänzende. Besetzung und Aufmachttng, Dann di. medlich.::
Smsatlon mit d' Albert. "Sti.. von Oliv"",,,", dem durch die nen,5 ••n Obe,sp"nnt'
heiten des Komponisten nu, "'n. eintnaHge Wtedergabe be.ehert war. Wir können
den Verlust dieses "Rag"uts von andrer Schmaus" wohl verschmerzen,
Ein. der größten künstleri.cben über.l'o",chungen :bueilete das Erscheinen des.
Busch-Quartetts aur dem Podium der altdu:wiirdigen Singakademie. :Man nahm von
den vo1!tndeten Darhietungen dl<!Set vier Kiinstler die begliickende Gewißheit mit,
daß das Erbe Joach:m. angetrete.n i.t, ~. Unter dem jungen Pianist.n-NachWttchs
.rregte Lil!y v. Kov'acs statk•• Aufsehen, Eine Vollblut-Mu.ikerin, die ganz Außer'
gewöhnliche. verspricbt, Vodlittflg noch vonihret halb kindlichen VorsteUttngswelt
umfangen und am ihr hetausgestalteml, ~Iag sie auf dem Wege nat'lrJ.icher Ent-
wicklung aUS ihr ins Leben hineinrdren, olme gewaltllllmen Eingriff der brutalen
Öffentlichkeit! Von diesem Standp,mkte aus wurde sie ungeschkkt lanciert. In
einem Nlkisdl-Konzert h.t sie vorläufig noch nkhts zu suchen. Das utlleldHch-ver-
ständnlslose Nicht-wartm,könntn b!üdor Spekttl.tion War die Ursache dieses Feh!-
griffil, Zu d.nErlesenen untor den Pianisten zählten Edwin Pi.cher als B.chinte,-
pret (mit einern kleinen, ."qui.iten Otthester), Ignaz Fdedm.n als hervorragender
Chop1ospieler, endlich auch Edu.rd Erdmanll. der iiberzeugteste Vert:tet.r modern-
slen S~haffens. ,"- Von den neUe.n Ge.igern verdien! an erstu Stelle AlmaMoodle
genannt ~t! w.reltn. Sie spl.!t trotz ihre, Jugend lni! einer Reife, die 10 Erst"ttn.n
versetzt. Daß si. auch techllisch so"".ran übe, ihren Aufgaben steht, braucht kaum
gesagt zu werden, Ebenfalls "uf hobe innere Kultur weist das Spiel Editha K,ongels
bin, Nicbt nW' als t ••hnisch•• Wunder, sondern auch als ttng.mein temperament-
volle Ansleg.rin ist Ibnlyka Gyarfas anzusprechen. Drei Mädchenbliiten, deren
Leistungen mit .Riickslcllt ,tm ihre Jugend vi.l1rorsprechend allf die Zukunft run-
d.uten. -" Die Schar der hervorragellden Sänger ist durdl eine 'leu" Ersd>einung;
bereichert worden ~ druch den Suddeutsd>en Dr. Emil Scllippe.. Ein ausgiebiger
Bariton vongroJlem Klal1grdz, nach der Höhe zu von tenoraler Färbung und
st:tablender T ong.bnng. währtnd Mitten"g'" ttnd Ti.f. in der Wirkung etwas ruriiok-
treten, auch die Kopfstimme noch .'niger Pflege bedarf - ahe. g,ul1dmullikalisch,
friscll und "11' der Fiill. gebend.
Die Physiogllomie der erste", Hiilft. _ •.".e. Berliner Musikwinters 1.id.t, wie
man si.ht, ttnler der Buntschedcigkcit und Ob.erfiille d.. Angebotes. Zu einer
charakteristischell Gesamtl'rägung ist es "lebt gekommen. Sie wird mit Rücksicht
auf die Usancen des "Weltmarkts" auch von der Zukunft nicht zu "rwatten sein,
'" tl

194
EIN SCHÖNBERG.ABEND IN FRANKFURT
VOll Paul Beklur., Fra.nkmrt
Du "ihre Kammermmikabend des "Vue;nes rur Theater' und Musikkullut u •
wa. llussihlicllIiih Arnold Sihönberg gewidmet. Das erste Slrelcllquartett D moll
op. 1 sowi" "ine Gruppe vnn Liedern standenau! dem Programm, durchw"!i
Werke aus w"itzuruckliegender, friiher Zeit und trotzdem, vielmehr gerade des-
wegen starke Teilnahme wecliend. Das Spekulative, mehr und mehr in absttakte
Gebiete Zielende der Tonspraihe d~1> späteren Schänberg tritt niiht so deutlich her'
vor, mau spür! wohl die alle gewohnten Maße uberllietende geistige Potenz, aber
sie hullt si,h hier .110ch in eine Musik.puihe von starke., sinnlich packender Kraft
des Ausdruclies, Wenn e. wirklich Menschen gibt, die nicht aus Vorelngenommen-
helt, soudern aus ehrlicher Überzeugung das gelegr,ntikh klangliih Abstruse späterer
Werk. von Schönber.g fur gewollte Exzentrik aus sihopferischem Unvermögen
halten, so mrulten StUcke von der Art des D mon,Quartetts ihnen, wofern si. nur
einigen guten Willen haben, beweisen, welch tiefe, originale, dem Höchsten zu-
gewendete Kraft hier tätig ist, Eiue I<raft, die bereChtigt ist, auch da, wo sie später-
hin problematisch erscheint, V tttrauen zn fordern, denn in ihr wohnt und wirkt
Führerschaft. Es ist bezeichnend Ei", den Normalstand unserer öffentlichen Musik-
pflege, daS "in Stuck von dem Gewicht de. D moll>Quartetts seit vielen Jahren VOt,
Hegt und fast nie zu hören ist. Vermutlich wurde es in Frankfnrt gestern zum
ersteumal gespielt. Und selbst wenn es schon einmal gehärt worden ware, so wurde
das viel zu weuig bedeuten. Ein Stucli vOn solchem uberragendeu geistigen Aus-
maß, von .so!dlem Reichtum der musikalischen Werte, von solcher Schönheit nod
üppigen Reife des Klanges muß zum mindesten in zwei, bis dreijähriger Wieditt,
kehr regelmlißig zn hören sein. Darin eben liegt der Unfug des heutigen Brahm.~
und aucb Bee!hoven,Kultus in der Kammermusik,. daß durch die übertriebene, mehl'
aut Bequemliihkeit als aHf w.b:klicher Begeistunng beruhende Pflege als klassisch
abgestempelte, Werke die gewichtige zeitgenössische Literatnr nicht zur Geltung
kommen kann. Wie in der Orchestermusik Bruclmer und Mahlet, so mußte" ;',
der Kammermusik die Werke Schönbergs den Grundstock des heutigen Konzert,
niveaus bilden, denn Sehönberg ist naeh Stahms die bedeutsamste Erscheinung der
Kammermusik, äußerlich nicht so ,eichhaltig wied;es<r, als sehiipferische, geistig
bewegende Kraft "b.r vielleicht noch ube, ibn hinausragend, die Romantik uber'
windend, dem letzten B••thoven nnmittelbar sich anschließend. Es durfte scbwer
fallen, in der Literat,,,, d•• 19. Jahrhunderts ein Werk naihzuweisen, das mit ähn-
licher Kühnheit der Konzeption entworfen wie dieses Quartett op. 7, in einem Zuge
fließend, stets vollsaftig, zwingend, selbständig in Idee und Dutchfimrung. den Hörer
fast .ine Stunde lang im Bann hält u!1I:liiber den. inneren Re,chtun1 •• ine. st;;u-
digen Werdefl' und Bliihensdie Zeit vollig v.rg••••n macht. III dies.m unaus-
gesetzten Waihsen und Siehenthalten d.. musikalischen Organismus liegt das
Eigene, Bedeutsame, Seetbavensche. Da ist kein liippi.,he, Gegcnsatzvon "Einfall"
und "Arbdt", kein .chwaihatmig•• KWlsthandwerkern mit "durchgeffihrten" Themen,
obschon die Kunst der scbematischen Entwiclilung und Steigerung mit freiester
Sicherheit gehandhabt wird, Aber si. i.t nur tcclmische. Mittel - in einem geoßen,
maßvollen Atemzug h.bt und d.hnt sieh das gann, nnausgesctzt getrieben von der

195
inneren Motion, und nur die Bewegung innerhalh der hergebrachten harmonischen
Formeln, die Struktur der Themen und Art ihrer motivischen Durchbildung sowie
einzelne formale Züge zeigten Schönberg hier noch in der Überlieferung befangen.
Wie sehr aber seine Natur der Weiterführung in die abstrakte Richtung der späteren
Kammermusik zudrängt, lassen die am gleichen, Abend gesungenen Lieder erkennen.
Hier bohrt sich dieser spiritualistisch gerichtete Musiker mit solcher Hartnäckigkeit
in das Gedankliche des Textes ein, daß seine Musik mehr erschwerend und ver-
hüllend als durchlichtend und lösend wirkt. Es fehlt die voraussetzungslose Naivetät
des Lyrikers, die reine, absichtslose Hingegebenbeit an das seelische Essentielle des
Gedichtes - und die Musik wird darüber schwach und unpersöhnlich. Tieferes
Interesse erweckte von den Liedern, die aus ap. 2, 5 und 6 entnommen waren,
,eigentlich nur der Gesang Toves aus den Gurre-Liedern, und dieser wieder regte
die Frage an, ob nicht einer unserer großen Chorvereine sich die Aufführung dieses
Werkes einmal zur Aufgabe setzen könnte? Frau Kämpfert war den Liedern eine
-wie stets musikalisch sichere, warmherzige Inte~pretin, das Rebner ... Quartett ließ
dem Streichquartett eine in allen Teilen ausgezeichnet vorbereitete Wiedergabe zu-
teil werden. Die Aufnahme zeigte, daß die Zeit Schönbergs auch beim Publikum
nahe und daß hier, wie stets, der echten produktiven Kraft der Sieg sicher ist.

o 0

196
6/os S f f { - rri!
PROBENBESUCH (Man ist ja in allen Dingen, die gegen den
heiligen Geist sind, immer sehr solidarisch.)
Paul Marsop, der soziale Ästhetik pflegt Weshalb versagt man uns die Probe? Lediglich
und seine sprudelnde Polemik in ihren Dienst reaktionäre Trägheit? Das glaube ich nicht,
stellt, hat unlängst in einem Aufsatz in der der Grund liegt tiefer. Sogar eine ganze Reihe
"Neuen Musik...ZeitungU ein Problem angerührt, von Gründen, offene und heimlich empfundene.
das scheinbar ungehört verhallt ist und noch Aber als Urgrund Kastengeist und Mißtrauen,
reichlicher Glossierung, Ergänzung und Weitung eine Verkennung der Inhaltsverbindung, die
bedarf. Es ist nur ein abgegrenztes Teilgebiet zwischen dem Austausch des Geistigen,
kunstpädagogischer Notwendigkeit, aber doch besteht. Ein Übergehen des Kernpunktes, der
ein Problem - ich würde es eine Frage nennen. Organisationen zugrunde liegt und etwas von
wenn sie nicht 80 verbaut und ideell sympto .. dem, was ich das gesellschaftliche Spiegelbild
matisch wäre - das sich ästhetisch, sozial und alles Künstlerischen nennen möchte, dessen un~
sonst in allen Spiegelungen präsentiert. Die gelöste, nicht verarbeitete Antithese Ursache
Proben unserer Kunstinstitute (einschließlich zahlloser Trübungen ist. Und hier ist es wichtig,
der Generalproben, die hin und wieder einmal nicht so sehr Tatsachen, als das Prinzipielle,
im Wege der Amnestie zu den staatlich er .. die Gedankengänge zu bekämpfen.
kannten Festen der Kunst geöffnet werden) Zunächst im Verhältnis zum Kritiker. Ent~
sind streng gesperrt, ihre Devise autokratisch: weder gilt er als Feind, als geduldeter Stören . .
"Unbefugten ist der Zutritt verboten. II (Wobei fried, den man s~zusagen wirtschaftlich braucht,
die Kategorie der Unbefugten wieder ihren wie einen protegierenden Kommerzienrat, oder
privaten Kodex hat.) Zu diesen Unbefugten gar als überflüssig, belanglos, nur dafür gut,
gehören vor allem die Kritiker und alle die, zu registrieren und über den Betrieb ornamen ..
die es ernsthaft mit der Kunst meinen. \'Vir tal zu quittieren 7 Das wäre ein törichter Trug...
haben viele, die diese Verordnung als sonder.. schluß, den man ernsthaften Leuten nicht zu~
bar und störend empfinden, eben so viele, denen traut. (Gebt ihm erst Gelegenheit, sich von Fall,
sie in majorem dei gloriam - das heißt der zu Fall zu legitimieren!) Oder weil der aus..
Bequemlichkeit und Indifferenz - unerheblich führende Körper sich berechtigt fühlt, seine
ist, und viele, die sie, gleich Marsop, schmerz ... Gesetzvorlagen allein zu entwerfen? Davon-
haft, wie eine Art Vormärz, empfinden, und reden die oft nicht entzückten Echos, die das
wider den Stachel löcken. Ich gehöre auch da .. Resultat umhallen. Um erst-Fertiges wirken zu
zu. Ich erblicke darin einen Riß in der gött ... lassen? Ein schlechtes Zeichen für die Substanz
lichen Weltordnung der Kunst. Allerdings des künstlerischen Wertes, wenn sie Bedenken
geböre ich zu den Extremisten, die ungeheuer tragen müßte, sich von vernünftigen Leuten
viel Proben besuchen wollen. Zu wissen.. ins Konzept schauen zu lassen. Eine gute Probe
schaftlichen Zwecken, weil ich mich mit Klang . . ist mir lieber als eine mißlungene Auf...
und Orchesterstudien, die ich zu allgemeinen führung. Ich interessiere mich ja inhaltlich,
Fragen in Verbindung setzen möchte, be ... geistig, abstrahierend für den Betrieb, nicht
schäftige. Wie ist es mir gegangen? Seit Jahren formal, wo er mir gleichgültig ist.
mache ich den Versuch, die festen ,Mauern der Die Probe gibt einen wichtigen ästhetischen
Opern.. und Konzerthierarchie, in denen die Begriff, den der Kritiker benötigt und der ihm
interne Priesterschaft eifrig über Auguren .. vorenthalten ist: die "Nachfühlung". Er muß
heiligtümer wacht, zu durchbrechen, um zwang .. die Möglichkeit haben, da, wo er ein Problem
losen Probenbesuch zu erwirken, und ebenso ... wittert, Werte, die fremdartig, neu, anbauend
lange verhält man sich ablehnend, ohne bespiegelt und in ihrer Dialektik gerundet
Konzessionen und ohne Logik. Ich weiß nicht, werden müssen, diese prüfen, ausklingen zu
ob es überall so ist, ich habe nur lokale, aber lassen, in ihre Teile zu zerlegen, um ihr Ter..
desto bessere Erfahrung; ich nehme es nach tium und ihre Gravitation zu erhalten. Er
Marsops Artikel an und sporadische Ab .. muß jederzeit alles Künstlerische eo ipso
weichungen wären ja auch nicht wesentlich. revidieren und umfassen kÖllnen. Kann er das,

19)
vorn Studierzimmer aus, das ihm alles Sinn.. schließt sich dem Anrecht dieser Gruppe mit
liehe entbehren läßt? Ich meine, der Gelehrten.. dem Grunde, den man vorher (beim Kritiker)
'typus in Sachen der Kunst ist bei uns schon als ausschlaggebend ansah, obwohl beideGruppe:n
überfallig. Und nicht minder der feuilletonisti ... formal garnichtzusammengehören.W eil sie nach
sehe, der sich mit kritischen und resumieren... keiner Seite hin gesellschaftlich..funktionär,
den Gabelbissen begnügt, die oft nicht auf der das heißt also beiläufig gesagt, ungetrübt,
Speisekarte stehen oder überlagert sind. Öffent.. ursprünglich wirken, dementiert man ihre An..
lieh zu urteilen, iIiIt eine zu ernste Angelegen.. sprüche, während man den Kritiker durch die
heit, um sie Zufälligkeiten zu überlassen und Degradation zur Gesellschaftlichkeit ausschließt.
mit der Geschichte, mit menschlichen und zeit.. Logische Wirrnis und Folge der formalen,
lichen Werten Fangball zu spielen. (Und auch nicht inhaltlichen Grundlegung!
der Künstler hat ein Anrecht darauf, nicht erst Beim Kritiker ist es allein gegen den
von der Geschichte, sondern von der Gegen.. Künstler, den er zu projizieren und zu ver..
wart begriffen zu werden.) Grausame und schiefe treten hat, bei der Jugend gegen die Entwick..
Urteile rühren oft davon her, daß der Kritiker lung selbst, der sie sich mutig hingeben. Die
nicht Gelegenheit fand, Eindrücke zu ver... Probe ist fUr sie ein pädagogisches Organ
.arbeiten, gewissermaßen in die untere Schwelle höherer Ordnung, das durch die Reife der An..
der Rezeptivität zu leiten, in der sie Bodensatz schaulichkeit, die Dargebung und die Inter ...
.gewinnen. Wir sind wohl - wie traurige pretation des Stoffes außerhalb der fertigen,
kritische Delikte beweisen - keine Halbgötter, schematischenFormensteht.EinKonservatorium
daß wir restlos das Wesen künstlerischer Er der Kultur, in Reproduktion und Produktion,
scheinungen prima vista zu lösen vermöchten. für den, der es zu nützen weiß. Sie wird vielen,
Solange sie gegenwärtig und gegen das Gestrige ob sie Kunst, Wissenschaft oder Praxis ver..
sind, wohl überhaupt nur in einer Art Wahr... körpern, die idealistisch oder real befangen sind,
scheinlichkeitsrechnung, die das Streben für erst den Blick öffnen, was künstlerisches Wer..
die Verwirklichung nehmen und wahre den bedeutet, auch da, wo es ihnen die Nega..
Lösung irgend einer qualifizierten, oft zu.. tion lehrt. Also etwa ein praktischer Vorschlag:
filligen Intuition überlassen muß. Studienausweis, der von fachlicher Autorität
Und nun noch: eine andere Seite, die auf signiert ist und zum Besuch berechtigt, unter
.anderer Linie liegt, wenn sie auch das gleiche Voraussetzung strengster Sachlichkeit des
Ideenzentrum hat. Das sind die Nichtkritiker, Zweckes und Verhaltens. Vielleicht entschließt
·die keine Verpflichtungen, sondern nur Be.. man sich, ihnen einige Ballett..Eleven und
dürfnisse und Interessen haben, die Adepten Personalitäten, die sonst die passive kompakte
-der Kunst, die musikalisch reinen Toren, in Majorität bilden, preiszugeben, falls man die
deren Hände noch nicht die Würde, wohl aber Frequenz fürchtet. So haben wir hier auch eine
die Entwicklung, die Zukunft der Kunst gegeben soziale Seite des Probenverbotes, die an die
ist. In denen weniger analytische (als Kultur.. ästhetische und kunstpädagogische angrenzt.
_sezierung), sondern wesentlich ideale Spann.. Sie einen sich in dem Prinzip, das sich aus
kräfte maßgebend sind, die nach Stützung ver.. 4em Einzelfalle, der scheinbaren Nebensäch ...
langen; enzyklopädische Bedürfnisse, die eine lichkeit aufs neue überzeugend induziert; Durch..
.andere Form der ästhetischen Ausfüllung und strahlung aller Bestimmungen der Kunst, nicht
des Begriffes der NachfUhlung darstdlen. Sie Parallelität, die die Kräfte bindet; Verknüpfung
haben es nicht nötig, zu objektivieren (wie der und Applanierung der Wege, die zur reinen
_Kritiker), sondern nur subjektiv anzugleichen Idee führen. Das Probenverbot ist Atavismus,
und Fläche zu gewinnen. Vielleicht nicht alle, der die Linien wieder verwirrt, statt sie klar
,aber es werden viele sein, und auf ihnen ruht zu breiten; ein Beleg für die Schwerkraft der
die Hoffnung unserer Kunst. (Und ich rede ja Paradoxie, die Lebens.- und Zeugungskräfte
auch hier nur für einzelne.) Natürlich nicht verneint und begrenzte NotWendigkeiten der
-die KUllltidolatren, die irgendeinen Tenor und Organisation ad absurdum führt. Seine Regelung
Kapellmeister auch einmal quasi im Neglige ist äußerlich nur eine Frage der künstlerischen
bewundern wollen, sondern nur die Suchenden, Verfassung, die einen verstaubten Paragraphen
die Summen von Kunstabatraktionen, von kürzt und demokratisch .. geiatesgeachichtlich
inneren Thesen gewinnen wollen. Hier feiert, lockert. Kann man heute noch so autokratisch..
-IIowe:it das Geistige in Frage kommt, die Logik formal befangen sein?
des Unverstandes, die immer zum Begriff des M. Broesicke .. Schoen
Zeitgemäßen gehört, ihr JUbiläum: Man ver.. c c

198
DER MUSIKALISCHE müssen wohl vorsichtiger sein. Immer aber
bedeutet ein stark beeinflußtes Werk eines
FORTSCHRITT nEigenen.... mehr Fortschritt als eine eklek..
Von vielen wird in diesen Tagen die Über.. tische oder von einem Epigonen stammende
zeugung ausgesprochen, es sei in der Musik ein Komposition, bei der sorgfältigst alle Anklänge
Stillstand wenn nicht schon eingetreten, so doch vermieden sind.
in naher Zukunft zu erwarten. Dieser Pessi .. Womit nicht gesagt sein soll, daß jedes der..
misten gibt es zweierlei: solche, die den musi .. artige Werk bedeutungslos sei; wird doch die
kalischen Stillstand unserer Zeit mit deren a11.. Kunst von verschiedensten Gesichtspunkten aus
gemeiner Unproduktivitlit begründen und an.. gewertet. Musikalisch..technisch, durch Erfin..
dere, die seine Ursache in der von ihnen ibe.. dungsreichtum, durch besonders geartete (ästhe ..
baupteten Unmöglichkeit, neue "KombinationenU tische, ethische, religiöse) Wirkung stehen auch
von Tönen (Melodien) zu schaffen, also auf solche Werke bisweilen auf ansehnlich hoher
mathematischem Gebiete, gefunden zu haben Stufe. Aber für den hier allein ins Auge ge..
glauben. faßten Fortschritt sind sie ohne Bedeutung,
Nachzuweisen, daß heide Gruppen im Un.. für ihn ist nur die Eigenart entscheidend.
recht, ist zu leicht, würde ferner nicht nur zu Diese muß da sein von Anbeginn; während
weit, sondern auch zu Gemeinplätzen führen; der Zeit des Lernens bleibt sie meist verborgen
denn sattsam bekannt ist, was hier nur an.. oder kündigt sieb nur leise an, erst fort ..
gedeutet werden 8011: daß es in der Kunst Still.. schreitende Reife führt sie ans Tageslicht. Er...
stand so wenig geben kann, wie in der Geschichte streben, erringen läßt sie sich nicht. Wer um
und im Leben iiberhaupt(dies den an derkünst.. sie allzu dringend wirbt, freit höchstens der
lerischen Produktivität unserer Zeit zweifeln... Eigenart ärmliche Stiefschwester, die Manier.
den) und daß das musikalisch Neue nicht durch Oder er verfällt in Künstelei. Beides Auswege
neue Melodie allein, sondern auch durch er.. für jene, die - bewußt oder unbewußt - ihre
weiterte Harmonik, Stimmführungskunst, be .. Armut an eigenartigen EinfäIIen zu verschleiern
reicherte Formenvie1falt und Instrumentation trachten, wenn sie nicht den PubIikumserfoIg
geschaffen wird (an die HMathematiker" ge.. verheißenden Seitenpfad der Banalität ein..
richtet). schlagen.
Die Kunst schreitet stetig fort, das heißt: Überflüssig, zu betonen, daß Eigenart oft
Neu e s wird stetig geschaffen. Was aber ist das für Künstelei, öfter noch letztere für Eigenart
.,Neue" in der Musik? Tonwerke sind es, die gehalten wird. Beide reinlich zu scheiden ist
uns ein von eigenartigen, "persönlichenu Höchstmaß eines sicheren Musikverständnissea,
Kräften erfüllter Schaffender gibt. Eigenart aber, besser Musikinstinktes vonnöten. Doch gibt es
heißersehnter, doch selten erreichter Besitz der eben nur den einen Weg! Will man den Fort..
Komponisten kommt zustande durch undefi ... schritt finden, suche man das z e i t li c h "Neue....,
nierbares Zusammenwirken melodischer und um daraus das wahrhaft "Neue" zu sondern
rhythmischer, harmonischer, satztechnischer, - das eigenartige Tonwerk, die Persönlichkeit.
formeller und instrumentaler Momente. Selten, Ernst Kanitz
fast nie bringt eines von ihnen allein eines
Komponisten "persönliche Note" zum Erklingen. o 0
Tönt aber solche Eigenart aus seinen Werken,
so schafft er "Neues", neuen Stil, mögen auch MUS I K IN WIE N
Einflüsse früherer oder seiner Zeit leicht zu er ..
kennen sein. Vorausgesetzt, daß man das Geld hatte,
Diesen Einflüssen ist jeder Tondichter unter... konnte man in dem "Cercle"...Konzert im Staats..
warfen; Laienvolk spricht, wo es ihnen in amt der Finanzen, dessen Beruf es ja ist, unsere
der Melodie begegnet, von "Abschreiben". Zahl... Finanzen zu stören, unbekannten letzten Strauß
los die Beispiele. an deren Hand unschwer hören. Nachdem Georg Szell eine selbst.-
nachzuweisen ist, daß der also zum Plagiaten arrangierte, meisterhafte Klavierpartitur nach
gestempelte Tondichter, wenn er Eigenart HEulenspiegelu gespielt hatte, eine Schwarz..
hatte, ihr das unbewußt aufgenommene fremde Weiß..Radierung, die das orchesterfarbige Ori..
Element so vollständig einfügte, als wäre es gina! wunderbar getreu reproduziert und für
der eigenen Erfindung Produkt. Eklektiker Strauß' Propaganda, sollte er derer je bedürfen,
und Epigonen (die beiden hauptsächlichaten dieselbe Bedeutung haben könnte, wie sie Liszts
Arten unselbständiger. uneigener Tondichter) KIavierparaphrasen für Wagner hatten - trat

199
der Meister selbst ans Pult, um vor 36 anderen, Konzert aus seiner Shakespeare,.Musik aus ..
mit den ausgewähltesten der Philharmoniker gewählt hat, das auch seine volle Befähigung
- (die also trotz des Schwures doch einmal zum Dirigenten bewies, wenn er auch vorläufig
unter einem anderen Dirigenten musizierten? l) - noch zuviel will, zuviel Gewicht auf jt=de kleinste
besetzten Pulten einzelnes aus dem "Bürger als Note legt. In drei kleinen Stücken - denen,
EdeImann u zu dirigieren. Man kennt die Vor ... nebenbei bemerkt, die noch nicht aufgeführten
geschichte. Die unglückliche Idee Hofmannsthais, durchaus ebenbürtig sind - ist mit genialem
der gekürzten Moliereschen Komödie statt des Instinkt ein origineller Stil gefunden, der ganz
t.trsprünglich geforderten türkischen Balletts eine dem Geist der altenglischenKomödie entstammt,
ausgewachsene Oper anzufügen, mußte zu einer im Sentimentalen ein wenig an die schottischen
Scheidung dieser unnatürlichen Verbindung Lieder gemahnend, im Parodistischen an eng..
führen. Der eine Teil erfreut sich seitdem als lische Tanzweisen, und immer echter Korngold.
Ariadne eines glänzenden Daseins, der andere, Der Marsch der betrunkenen Nachtwächter,
schwächlichere, mußte erst an Text und Musik die Festmusik roit der ulkigen Posaunenstimme
gekräftigt werden, um sich allein durch's Leben sind Kabinettstücke reizvollster Art. Weniger
schlagen zu können. Hier ist Strauß mit Witz eingänglich bei erstmaligem Hören eine zweite
und Grazie ganz bei der Sache. Und wenn auch die Neuheit desselben Autors! "Sinfonische Ouvet...
"Rosenkavalier..Walzerweis'" sich pal'venumäßig türe" ("Sursum cordau, op. 13). Schwere neue
in ein Milieu drängt, das ihr verschlossen Musik kapiert niemand aufs erstemal, nicht
bleiben müßte, der Autor hätte bei der ent.. im Theater, nicht im Konzertsaal. Im Theater
zückenden Dinermusik, als er uns in artiger ist eine unmittelbar folgende zweite Aufführung
Weise ptrsönlich ankündigte, ,"vas die Partitur immerhin nicht ausgeschlossen, im Konzert
nur ahnen lassen kann: "einen Salmen vom eine seltene Ausnahme. Dazu kommt, daß das
Rhein, hiezu weißer BurgunderN, oder: "ein Elend der Zeit, die Überarbeitung der Spieler
kleines Gericht von Drosseln und Lerchen auf und die Kosten der Proben ordentliches Stu . .
Salbei und Thymian" - ruhig auch die Kritik dieren unmöglich machen. Die traditionelle
der beneidenswerten Esser anführen dürfen: Wiener Schlamperei ist heute zum Teil sachlich
"Das ist eine so hübsche Musik, als nur zu begründet. So hatte auch ich, ehe ich das "\"Verlc
denken ist", "Sie ist zu reizend und von einer näher kannte, den unbefriedigenden Eindruck,
ganz besonderen Art. u Und hätte bei sich mit daß es wohl voll von Musik, mir aber nur in
Dorantes Worten erwidern können: "leb habe Bruchstücken klar geworden sei. Ich bin auch
sie so angeordnet. Hören Sie, wie das, was ge .. jetzt nicht sicher, ob es nicht überinstrumentiert
spielt wird, sich zu dem schickt, was man auf. . sei, und darum stellenweise die Linie verwische.
trägt ••" Aber sicherbinichnachgenauererBekanntschaft,
Musiken zu Schauspielen sind nun einmal daß es voll quellender Erfindung ist, voll
an der Tagesordnung, und Shakespeare auch wunderbar erwärmender Melodik und queck..
in diesem Belange in aller Gunst. Sichtlich vom silberner Rhythmik, reif in der minutiösen
Ariadne .. Orchester angeregt, hat E. W. Korn .. thematischen Arbeit und neu in der Form. Es
goi d seine neue Musik zu "Viel Lärm um knüpft an die Sinfonietta, die Motive des "fröh ..
Nichts'" für ein Kammerorchester geschaffen, lichen Herzens", an und hebt sie wahrhaftig
während Weingartner in seinen Komposi .. zu ungeahnter Höhe empor. Sursum corda!
Honen zum "Sturm" mehr an die länger be ... Aber etwas davon müssen einige Mitbürger
währte Art Mende1ssohns sich gehalten hat. Auch dennoch gespürt haben. Hätten sie sonst so
inhaltlich. Neckende Geister spuken in einem begeistert - gezischt?
Scherzettino genannten, anmutig lebendigen Nun nenne ich noch einige heimische Kom ...
Schwirren nicht viel anders, als im Sommer.. ponisten, die österreichh:che Tüchtigkeit' ehrlich
nachtstraum gespukt wurde, und Prosperos vertreten. Ein Abend der Wiener Kammerkunst
Sieg marschiert geradewegs zu Oberons Hoch .. - (und in der Tat, die Anwesenden hätten
zeit. Angenehm unterhaltend die bewegliche bequem in einer Kammer Platz gehabt) -
Lustspiel.. Ouvertüre; dagegen ein Hochzeits.. brachte Neuheiten von Kamilla Horn. Schöne
geschenk für jedermann, daher nicht für jeder.. melodische Herzlichkeit ist der Vorzug von
manns Geschmack, die allerdings virtuose Or.. Liedern, einer Violin..Phantasie und einer Trio . .
chesterimitation einer allzu gefälligen Spiel.. Phantasie. eine sozusagen häusliche Wärme,
dose, die dank der mitstreichenden Solo geige die fern von Sturm und Drang ihr eigenes
etwas verstaubt klang. Weit merkwürdiger ist Behagen hat. Aufrechte, frohe Gläubigkeit
das wenige, was Korngold in einem eigenen künden frische Psalmen für Frauenchor von

200
Mn S p ri n ger, aber auch fundiertes kontra.. etliche sechzigmal aufgeführt worden ist.
punktisches Können, das bei dem engbegrenzten Aber sehen wir zu, was die Perolin.. Giftspritze
Umfang der Frauenstimmen schwer genug zu weiter von sich gibt. "Gott erhalte Franz den
betätigen sein mag. Der Wiener Frauenchor Schreker und gebe dem ,Anbruch' Abnehmer!"
unter seinem sehr bemerkenswerten Dirigenten (Lieb Stoeckl, magst ruhig sein!) "Nichts indes
Schmeidel isLfür sie erfolgreich eingetreten, kann mich daran hindern, zu sagen, was ist."
wie auch für einen zweiten Wiener, den (Gut, aber das ist von Harden.) "Bei Beck und
jungen, jetzt vielgespielten Hans Ga I, über Bekker über Schrek und Schreker kann's nicht
dessen Quintett ich neulich berichtet habe. bleiben." (Gewiß nicht: also noch Stoeck und
"Phantasien u op. 5 nach Rabindranath Tagore Stoeckl dazu 1) "Die Frage steht auf:" - (nein
- (0 über diese Nobelpreise! Wer hätte ihn wahrhaftig, das tut sie?) - "wo taten Sie zu..
sonst gekannt?) - für Frauenchor und einige viel? Und warum? Dem Überzeichneten ist Ver...
das Streichquartett kolorierende Soloinstru.. zeichnetes entgegenzuhalten •••" (Obacht, ge..
mente ha.ben bei aller Anerkennung des deli.. schätztester Kritiker, bisher pflegten nur An...
katen Klanges kaum tiefer a.ngesprochen, mehr leihen überzeichnet zu werden1) "Die Formel
ein sehr hübsche. maurisches Liebeslied aus ist zu bekämpfen: Schreker größer als Wagner,
der Qper "Der Arzt der Sobeide", über deren aber auch diese: Schreker größer als Strauß ....."
deutachen Erfolg zu lesen war, ein keineswegs (Richtig, aber solche Formeln heißen wir seit
originelles, auch harmonisch einfaches, aber Cervantes: Windmühlen I) "Es ist nämlich
wohlklingendes Stückchen. Auch fünf Inter.. beides nicht wahr, sondern: ich bin enttäuscht."
meni für Streichquartett - von einem neuen (Was? Dieser persönliche Stil!! Fast wieKerr!!
sicheren Philharmoniker .. Quartett K n 0 11.. Zwar: nicht ganz der große Kerr - aber doch
Klein gespielt - empfehlen sich durch guten immerhin: ein kleiner Kerrl.)
Streichersatz mehr als durch Neuheit des Ein.. Aber die Perolinspritze setd ihre vielleicht
falls. Übrigens eine vortreffliche Idee: Kurze in Nachtlokalen erlernte dunstreinigende Tätig...
StUcke fUr Quartett. Eine Gattung, die, wie das keit fort: "Künstlich (nicht kunstvoll) Vertieftes
heute vernachllssigte KlavierstUck, zu pflegen und mit EwigkeitszUgen absichtlich Dekoriertes",
wäre und eine Zukunft haben könnte. Voraus.. "schlampig hingelegte Dichtung", "abgestandenes
,uetzt, daß ihr ein neuer Schumann des Quar.. alt.. opernhaftes, zu oft BenUtztes in chaotischem
tetts erstünde! Wechsel", "billiges Gedankengemüse", "Kolo...
phoniumblitze", "unterernährte Worte", "will...
c c kürlich eingeflochtene (I) mystische Rosinen" und
so weiter mit Grazie bis zum zweiten Refrain:
"Enttäuscht bin ich!U - Gott erhalte Hans den
KRITIK DER KRITIK Schäker! Er sagt, was ist. Und wie er es sagt!
1. März, Sonn... und Montags..Zeitung, Hans Die nächste Strophe - "indes" - wendet
Liebstoedd sich - "endlich" - der Musik zu. Da gibt es
doch immerhin "ab und zu vorbeischwebenden
Zum Exempel: "Wer hat diese Oper auf... Pucciniu - (daß er das auch bemerkt hat?!)
gebaut, so hoch da droben? Eine Zeitschrift: - "mit über ganze drei Takte hingesponnenen
sie jubelte 70 Seiten lang den vierzigjährigen Melodien (im älteren Sinne) .... - ferner Hunauf..
Franz Schreker unisono empor, wand ihm fällige Verbeugungen vor Wagner (Schreker
Kränze, kniete vor seinem Bilde und hob grüßt, aber Wagner dankt nicht)", .,eine an ...
drohend den Finger gegen jeden, der etwa sehnliche Kraft zu allerhand Getöseli, "ein von
versuchen wUrde, hinterdrein auf den vor... Farben und Lichterchen wimmelndes Orchester,
gehäuften Lorbeer zu spucken. Es muß aber das hinter jedem gesungenen Worte unermüd-
doch versucht werden -" (zu spucken, ge.. lich einher läuft, nach ihm schnappt und es in
schätztester Kritiker? Nicht doch, sondern)- aller Gemütsruhe verzehrt..... - Dies alles gibt
"schwälende" - (pardon: schwelende) - "An.. eS,sogar "eine beachtenswerte Ausnahme: eigene
bruchsdünste durch bescheidenes Feuilleton .. Wärme, die über der Atelierszene waltet", sonst
Perolin ein wenig zu klären." aber "leider nichts wahrhaft Menschliches, nichts,
Die Einleitung ist so übel nicht. Wohl den was die Temperatur" (des Kritikers) "um einen
Meider will ich loben, der dem "Anbruch" die Grad höher bringt"4 (wogegen auch eine Perolin..
Entdeckung einer Oper zuschreibt, die beinahe spritze nichts hilft) und - schließlich, endlich,
zwei Jahre lang, ehe die Zeitschrift selbst noch indes, unnötigerweise u. s. w. - den dritten
erschienen war, an fünf deutschen BUhnen Refrain: "Enttäuscht bin ich .......

201
Soviel Zitate, nicht viel weniger Beweise Versuch, durch Aufhebung des Taktes zu
für den Tiefstand einer Kritik. die ernsthafte einer Musik von unbegrenzter Freiheit des
Angelegenheiten possenhaft, dafür Possen ernst- Rhythmus zu gelangen. Eine der Haupttendenzen
haft nimmt. Der Geist des Variete& und der der Moderne ist es ja, die Musik aus den Fesseln
KlabriaBpartie ("kann er mehr geben, als sein einer Selbstzweck gewordenen Atchitektur zu
Autor hat? Nein, er kann nicht!") geht nicht befreien, sie wieder fließendes Element
nur an Kaffeehaustischen um. Ni'G:mand ver .. (im Sinne des Schopenhauerschen Willens)
langt von ihm, daß ihm eine Schreker..Oper die werden zu lassen; doch sind die meisten der..
Temperatur erhöhe. Gott behüte! (Dies sage ich, artigen Bestrebungen allzu einseitig aufs Har..
damit er's versteht!) Daß sie ihm auch nur ge.. monische gerichtet. Umso erfreulicher, daß ein ..
falle. Aber der Ton macht nicht nur die Musik, mal ein Musiker den Angriffspunkt dieses
sondern auch die Kritik. Die Würde des Problems im Rhythmischen sieht, ist doch der
Kunstwerkes setzt ein Gleiches vom Rhythmus (nach Schellings Wort) die "Musik
qualifizierten Beurteiler voraus. Wer in der Musik/>, Der zweite Satz beginnt mit
nicht Geschmack genug hat, zu wissen, wann einer gedehnten, sehr ausdrucksvollen Melodie
man sachlich und wann witzig zu sein hat, des Violoncello - ohne Taktvorzeichnung,
'ist ein übler Gesellschafter. Noch übler. wer ohne Taktstriche (den Ausführenden gUt die
nicht empfindet, welche Art von Witz am Achtelnote als Zähleinbeit); bei deren Wieder..
Platze ist. Den Humor von Mal: und Moritz holung begleitet das Klavier in gleichmäßiger
ließe ich mir eher gefallen, wenn die Gefahr Sechzehntelbewegung : von ganz wunderbarer
vermieden würde, Busch mit Eisenbach zu ver.. Wirkung ist da der Gegensatz zwischen der
wechseln. Wir fUrchten dabei nicht für unsere völligen Freiheit der Melodie und dem strengen
Haut. Die "Anbruch<l..nünste lassen uns so kühl, Gleichmaß der Begleitung - eine solcheWirkung
wie seinerzeit die aus derselben kritischen ist nur durch die vorliegende Schreibweise zu
Gegend gespritzte "Merker.... Gosse. Wir waren erreichen, die übrigens auch dem Komponisten
die "Mahler..Clique'·, wir sind die ,.,Schreker .. gestattet, jedes rubato ganz so wie er es meint
Clique". Und werden. hoffe ich, so lange wir in der Niederschrift zu fixieren. Diese Notie..
nicht verkalkt sind, noch öfters Clique sein, so rungsweise erscheint als berechtigte Reaktion
oft es nötig sein wird. eine Erscheinung früher gegen die Tyrannei der Taktstriche, die, statt
zu erfassen als andere. Und wir wollen uns bloße Orientierungszeichen zu sein, nur
lieber mit dem Gefühl geirrt, mit dem Verstand zu oft als Zäsuren oder Interpunktionen miß..
getäuscht, als mit einem Kalauer Recht behalten verstanden werden (R. Westphal und besonders
haben. Nichts, indes, kann mich daran hindern, Riemann haben an der Tatsache, daß die Mu ..
zu sagen, was ist. Alles, indes, hindert mich, siker heute meist von Taktstrich zu Taktstrich
es so zu sagen, wie es dieser Kritik gemäß lesen und hören, den Verfall des rhythmischen
wäre. Sonst müßte ich zum Abschied das Wort Gefühles aufgezeigt).
zitieren, das der geschätzte Kunstrichter kür z .. Aber auch abgesehen von der neuen "ana.-
lieh - aIlerdings an der Stelle, an der vor ihm rhythmischen u Ausdrucksweise enthält die So ..
der bekannte Doktor Kneipeles den wohl.. nate eine Fülle des Schönen und Wertvollen:
gepflegten Bart zu streicheln pflegte -literatur.. der erste Satz ist ein breit angelegtes, gesang ..
rahig gemacht hat, das Wort, das einer weder reiches Stück (der sehr schöne Rückgang von
temperatur.. noch sonstwie erhöhten Seele ent.. der Durchführung zur Wiederkehr des Haupt..
stammt, aber auch eine nicht "gezeichnete" themas sei besonders angemerkt), im zweiten
Kunstkritik genügend "überzeichnen u müßte, Satz wechselt die schon besprochene Adagio ..
das schöne, kulturgesättigteWort: "Und wenn melodie mit einem Scherzando im Dreiachte1..
Sie zerspringen, Herr Richter •. •~I takt, dessen Motiv schon am Schlusse des
Dr. R. St. H:offmann Adagio sehr schön eingeführt und bei desilen
c c Reprise zur Begleitung verwendet wird. 1m
Finale erscheint die Notierungsweise des
Adagio auf ein lebhaftes, rhythmisch vieL-
BESPRECHUNGEN gestaltiges Thema angewendet, das von einem
AMILCARE ZANELLA, op.72, SONATE ADUR pastoralen Mittelsatze im Sechsachteltakt ab..
FÜR VIOLONCELL UND KLAVIER (Pizzi gelöst wird.
& Co., Bologna 1916) Die Ausführung der Sonate wird durch
Die vorliegende Sonate interessiert vor ihre Schreibweise kaum nennenswert erschwert.
allem durch den im 2. und 3. Satze gemachten Es seien vor allem die Cellisten auf die sehr

202
wertvolle Bereicherung ihrer ohnehin nicht um .. punkte, die in ihrer Eintönigkeit wohl den
fangreichen Literatur nachdrücklich aufmerk .. dumpfen Schall des pochenden Herzens imi ..
sam gemacht. Hugo Kauder tieren Bollen. - Die erwähnten Gesänge geben
e einigen Aufschluß über die ,zeitgenössische
italienische Liedkomposition.
GIACOMO BONVENUTI: CANTI A UNA VOCE
CON ACCOMPAGNAMENTO DI PiANO- e
FORTE. (Pizzi & Co.) GIUSEPPE TRUCCHIA: LiRiCHE, PiANO E
.,La sera", die Vertonung eines ergreifenden CANTO. (Pizzi & Co.)
Gedichtes d' Annunzios. Wirkliche lytische Kriegslyrik! Nichts anderes als die meisten
Stimmung, festgehalten in zarten Klavier.. Erzeugnisse der Kriegslyrik aller anderen in
akkorden, zu welchen die Singstimme rhapso.. den Weltkrieg verwickelten Länder. Nichts
disch deklamiert. Ganz ähnlich "Mio Dio" nach wirklich Erlebtes, sondern nur nach Schilde...
dem von Sorani übersetzten Gedicht des Francis rungen Nacherzähltes. Das erste Lied, "Idillio
Jammes. Die Behandlung der Sprache in diesem Cosacco", nach Versen des Antonio Fogazzaro,
Lied ist noch feiner als im ersten. Das dritte mag sich für patriotische Akademien eignen.
Lied "Non partire, amor mio •..", nach der Das zweite, "Scalpitio", nach Versen des Gio ..
Dichtung Rabindranath Tagores (in der Über.. vanni Pascoli, illustriert im verlangsamten
setzung von Sesti Shampfer) kommt in der Erlkönig .. Rhythmus den schauerlichen Ritt des
Form am ehesten einem deutschen Lied nahe. Todes über das Schlachtfeld. Das Kokettieren
Durch die ganze Komposition ziehen sich bei.. mit dem Walkürenmotiv gereicht ihm nicht
nahe ohne Unterbrechung synkopierte Orgel.. zum Vorteil. Dr. Robert Konta
e e
z U UNSERER NOTENBEILAGE
Wilhe1m G roß, ein Wiener, ist einer der produktivsten Komponisten aus der Schule Franz
Schrekers. Bis jetzt ist er mit Liedern nach japanischen Texten und mit einem Streichquartett
an die Öffentlichkeit getreten. Seine Orchesterstücke sind vom Philharmonischen Orchester
angenommen und harren der Aufführung. Trotz seiner Jugend zeigen alle seine Werke große
technische Reife. Groß beherrscht nicht nur die Setzweise der Instrumente und aUe neuzdtlichen
Kunstmittel auf dem Gebiete der Harmonik und des Kontrapunktes, sondern gelangt darüber
hinaus auch schon zum Ausdrucke einer persönlichen Eigenart, so daß er ein für die Jung..
Wiener Schule repräsentativer Künstler ist. Auch die beiliegende Komposition zeigt technische
Vollendung und starken Stimmungsausdruck.

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Die Zierliche, Jubel, Schifferliedehen, Junge Drei Lieder, op. 2.
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B. SCHOTT'$ SOHNE
)(

A llen Sängern und Sängerinnen, die sich für moderne Kunst interessieren,
seien nachstehende lieder bei der Aufstellung ihres Repertoirs ein-
dringlich zur Berü<ksichtigung empfohlen. Das Verzeichnis enthält nur be-
sonders dankbare lieder der betr. Komponisten, in seiner Gesamtheit mit das
beste und dankbarste überhaupt, was die neuzeitliche Kunst hervorgebracht halo
Frilz jürgens t gefallen im Weltkrieg und mit ihm eine der aussichtsreichsten
Hoffnungen. Als musikalisdler Lyriker und liederkomponist steht er mit an
der Spitze der jetzigen Generation.
Gedid,le von Greif, 36 lieder in 3 Heffen und kompleII. , , , .. Mk. 5'-
Gedidlle von Falke: 45 lieder in 3 Heffen und kompleII, . , , " Mk. 6'-
Darunter: (teilweise einzeln) Der Geworbene / Husarefldurmmarsch / Rosen J Wolken I Sdtön
Anna ! Das mi![eld' ge Mädel I Sommerglück j Keusche liebe / Gen' / Auf dem Maskenball
Lütt' Ursel I Ausfahrt u. a. m. / Von anderen Dimlern: Der Feind (Brenlano) / Spielerei,
Goldammer (von Uliencron) I Wildrosen (Frey) / Mit deinen blauen Augen (Heine)
Frilz Fledk: SimonJohannajFeldbankjDerklugePeleru.a. je Mk. )'-
Paul Graener: Vale carissima u. a. ' , . , , , , , , , , , , , , " Mk.)'-
Otto Klemperer: Der Zufriedene ! An lilli I Gebel j Aus
liefer Nol ' , . , , , , . , ' , , .. ' , , , . ' , , , , ' je Mk. )'-
E. W_ Korngold : liebesbriefchen / Schneeglö<kchen u. a. ' , , ' je Mk. 1'-
G ustav Mahle .. : lieder und Gesängeaus "DesKnaben W under-
horn" in 3 Heffen. Daraus einzeln das wunder-
volle, bekannle Zugabeslü<k ,.Ich ging mil Lusl
durch einen grünen Wald" , , , , ' , . , , , , , Mk. ]'-
Edvard Moritz: Die Wohnung der Maus (Trojan) u. a., , . Mk.-·SO
Der Frühlingskaspar (Dehmel) u. a., , , .. , Mk. ]'-
Max Rege .. : Das Mädchen sprichI j Bauernregelj Winfer-
ahnung j Verlassen hab' ich mein lieb u. a. je Mk. 1'-
Bernh. Se kies : Rosenhag j Auf dem Belle Mondenschein
Weihnadlfslied der Pifferari u. a., , , , , ' , , je Mk. l'20
l. WIndsperger: Auf ein schlummerndes Kind / Siegesfesl / Sehn-
suchl u, a., ' , .. , . , , , , , , , , , , ... , ... , je Mk. l'20
(Teuerungszusc:hlag 100 Prozen!)

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206
IGNAZ FRIEDMAN
&A&PiFf9S 4WAANirlhMUUl Mi!I8IM"i!W'tiilf'iiilliil"ß!f • M'''I!

Klavier zu 2 Händen Klavier zu 2 Händen


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U.E. Nr. Mllrk U, E, Nr. Mark
2827 op. 22 EstampeSJ 6 Klavierslü<ke 3703 Menuett aus Mahlers 111. Sin-
Impalience - Serenade du fonie. .... ' . 2'-
Pierrot - Discours intime - zum Konzerlvorlrag gesetzt
Marquis et Marquise - A [a 5658/59 Zwei -Wiener Tänze nach Mo~
Walfeau - Badinage liven von Ed. Gärtner 1/11 . . 0 2'-
2539 op. 3J Drei Klavierstiic:ke .
Efude - Mazurka - Tabaliere
12 KONZERT-TRANSKRIPTIONEN,
i'I musique 5070 Nr, 1 Dandrieu, Les Fifres ' 1'50
2539(') Daraus einzeln Nr. 3 5071 u 2 Rameau, Muselle ' . 1'50
Tabatiere ci musique . 1'50 5072 " 3 Grazioli J Adagio. 1'50
3053 ap. 44 Passacaglia .. 2'- 5073 ..4 Glm:k, Ballet des ombres heu-
3365 ap. 45 Drei Phantasiestücke . 2"- reuses " .'." ,1'50
Einsamkeif- Tanz -Intermezzo 5074 " 5 Dandrieu, Le Caquef , 1'50
3366 ap. 47a Vier Studien. .. 3"- 5075 ~ 6 Beefhoven, Ecossaises . 1,50
5145 ap. 47b Studien über ein Thema von 5412 " 7 Scarlatti, Pastorale 1'50
Paganini • • 3"- 5413 " 8 ScarJatti, Gigue, , 1'50
3377 ap. 48 Vier Präludien . . 2'- 5414 " 9 Dalayrac, Romanee (aus der
3378 op. 49 Zwei Mazurkas . 2"- Oper »La pazza per amore({) 1'50
3702 ap. 53 Polnisdte Lyrik, L Folge, 4515 ,,10 Glmk, Gavolle (a.»Don]uan«) 1'50
4 Klavierslücke . . '2-- 5416 ,,11 Couperin, Le tendre fanchon 1'50
Herbst - Schlummerlied - 5417 ,. 12 Rameau,Lerappeldesoiseaux 1'50
Bauernfanz - Wind
5710op,60 Polnische lyrik, 11. Folge,
5 l<laviersfikke _ 2--
Klavier zu 4 Händen
Dumka - Hymne -Im Mai- 3504op,51 Fünf Walzer. . 2'-
Valselfe - Vieux refrain
5711 ap.61
6023 ap_ 66
Vier Präludien
Ballade ..
2'-
3'- ViolonceIl u. Klavier
6022 op, 73 Polnische lyrik, 111. Folge, 3798 op_ 50 Nr. 1 Melodie Slave, '·50
5 Klaviersfücke, .. 2'- 3799 op, 50 Nr.2 Valse lente 1"50
Weihnachtslied - Von lieb' und
Leid [ - In der Dorfschenke -
Soldalenmarsch - Tändelei Gesang und Klavier
op,79 Stimmungen: 2550 op, 5 Drei Ueder (O,].Bierbaum) 1'50
6020 Helt t (1~5) 2·~ Das Mäddlen am Teiche singt-
6021 Hert It (6~9) 2·~ Arie des Sdläfers - Kinderlied

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LIEDER UND GESliNGE


FDR EINE SINGSTIMME UND KLAVIER
I. Folge U.-E.-Nr. Nr. Mllrk
(28 lieder) 5183 5 An einen Herbstwald,-(hodJ
U,-E"-Nr, Nr, M"" deutsm, eng!.) •• . . . 1'-
5150$) 1 Barkarole (hom) , 2'- 5184 6 Der Raum (millei, deufsm,
5151 2 Christbaum (hoch, deutsch, eng!.) , , , , • ' , , ,1'-
engl.) , . , • ' , . , . 1'20 5185 7 Regen (mille I deutsch. eng!.) 1'20
5152 3 Dein Bild< (horn). • . , , ,I '20 5186 8 Der Ton (miffel. deutsch, en g l.jl·50
5153 4 Dem Genius des Augenbli<:ks 5187 9 Kolumbine(hodJ,deufsm,engl. 1'20
(mittel. deutsch, engL) , "1'20 5188 10 Im Frühling (horn) , . , , ,1'-
5154 5 Der Denker (mittel) , . , . 1'- 5189 tl leuchtende Tage (mille!) . 1'20
5155 6 Die Elfe (hoch, deutsch. engL) 1'20 5190 12 Tum der Tränen (hoch) . . J'-
5156 7 Die Violine (miltel) , . " . , 1'20 5191 B Peregrina V. (horn) . 1"20
5157 8 Ein junger Dichter denkt an 5192 14 Schönheit (hoch) . . . ..1"20
die Geliebte (millel) , " , 1'20 5193 15 Wa.nderers Nachllied (milleI) . 1'-
5158 9 Frage und Anlwort (hoch), ,1'- 5194 16 Der Gasl (miltel) . . . . . 1'-
5159 10 Gebel (millel) , , , . ' , ,1'20 5195 17 Ein Fichfenbaum slehl einsam
5160 11 Hat dich die liebe berührt (millel) , .• . 1'-
(horn. deulsrn. engl.). . ,1'20 5196 18 Toskanhd1er Frühling (miflel) 1'50
5161 12 Hochsommernacht (hoch) . ,1'- 5197 19 Im Maien (horn), , , . . . 2'-
5162<:1/c') 13 Japanisches Regenlied (hoch, 5198 20 Herbstzeitlose (milfel) • . . 1'20
millel, fief, deutsch, eng!.) a 1"- 5199$) 21 Jugend und Alter (milfel). . 1'20
5163 14 lied (hoch) , " " . " " " "1"- 5200 22 Lenzfahrl (horn) . . , ' , ,I '50
5164 15 Lob des rrühlings (hoch) . , 1'- 5201 23 Gesang des Lebens (millei) , 1'-
5165 16 Maienblülen (hodl), '" • 1'- 5202 24 Ein Drängen ist in meinem
5166·) 17 Marienlied (hoch) , " " . 1"- Herzen (hom). ' , 1"20
5168 18 Neugriechisches:,_~. Mädchenlied 5203 25 Traumgekrönt (hoch) , 1'-
(horn) . . , , . . . , . 1'20 5204 26 Narnlgebel (horn) .. ,1'-
5169 19 0 sü~er Tod (milIei). , . . 1'20 111. Folge
5170 20 Pierrot Dandy (hoch), , , "1 "50
(17 Lieder)
5171 21 Septembermorgen (mille!). "1"20
5172 22 Sommerlied (hoch) . . " • "1'20 5205 1 Nodurne (hoch)" ' . ' 1'50
5173 23 Sonnenland (milfel), " , , . 1'20 5206 2 Waldseligkeit (hoch). , . 1'-
5174·) 24 Und gestern hat er mir Rosen 5207 3 Sanda Maria (hoch) . . . . 1"-
gebrarnl (horn) . . , ,1'20 5208 4 Schlafend trägt man mich
5175 25 Valse de ChopinJmiltel) , .1"50 (mille I) , , . , .1'-
5176 26 Warnung (hoch) , , , ' . 1"20 5209 5 Vergessen (millei) "" . 1'-
5177 27 Wie einst (mille!) " " 1'20 5210 6 Wanderlieddlen (hoch) " . ,1"-
5178 28 Windräder (miffel) " J '20 5211 7 Piemontesisches Volkslied
(horn) , . , , .1'-
11. Folge 5212') 8 Zigeuner (hoch) , " 1'20
5591 9 Selige Narnl (horn) , 1'-
(26 lieder)
5592 10 Isolde (millei) . , . , 1"-
5179 1 Bille (mille I, deutsd-J, eng!.) . 1'- 5593 11 Herbst (miltel) , " . . 1"-
5180') 2 Erinnerung (millel. deutsch, 5594 12 Con sordino (hoch) . . ]'-
engl.) " , . " . . 1'20 5595 13 Ein goldenes KeHlein (hoch) " ]'-
5181 3 Der besd-Jeidene Schäfer (hoch, 5596 14 Der Gefangene (hoch) , , "J'-
deufsd-J, engL) . . • " " "]'20 5597 15 Serenala (horn) . • • " • " 1'-
5182 4 lied eines Mädd-Jens (hod-J. 5598 16 Schlie~e mir die Augen~(hoch) 1"-
deutsm, eng!.) . , . " , 1 · - 5599 17 Der Kud<ud< ruf! (horn) . . ,1'-
*) Aum für Singdimme mit Ormesterbeglellung $) Amh für Singstimme mJl Ormesterbeg!eilung
Verlegerzusddag 100 Prozent
ZU' beziehen durdt jede Budt- und Musikalienhandlung
••••••••••••••••••••••••••••••••••• $ •••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

.. Universal-Edition A.-G' Wien·Leipzig .. J

208
EiN MEISTER
JOSEF
.... ..
.~
MARX
... .. ... ..
' ""'.'.' .... """ ' ""'
DES LIEDES I
'.' ""." •••....••..•..•........•...••....

ITAUENISCHES LIEDERBUCH
SIEBZEHN LIEDER NACH GEDICHTEN VON PAUL HEYSE
U.-E.-Nr. Nr. Hark :: U.-E.·Nr. Nr. Mark
5215(16 1(2 liebe - Ständchen (hoch) Il 1'- 5227/28 13114 Wie reizend bist du - Am
5217/18 3/4 Der Dichler - Am Brunnen Fenster (mille1) . . • . a 1'-
(miffel) "",,'11'- 5229/30 15/16 Die Verlassene -- Nimm dir
5219(20 5(6 Die Liebsie sprichi -Abends I ein smönes Weib (mllle1) ,) 1'-
(mfffel) " " " ,01'- , 5231/31b~) 17 Venezianisches Wiegenlied
5221(22 7(8 Die Lilie-Wofür(miffel) iJ 1'- i (miffel. lieO ' , , , ,il 1'-
Dieselben lieder in zwei Bänden:
5223/24 9/10 Sendung - Es zürnt das I'
Meor (mfHel), , , ' ,IJ 1'- 5213 Band I (Nr, 1-9) , , , , , , ' .3-
5225/26 11/12 Die Begegnun9 -- Die tole. I 5214 Band 11 (Nr, 10-17) . . . , , , ,J'-
Braut (mllfelj. . . . . iI 1 - ") Audl lür Sing~llmmc mit Ordll"s1erbegleihmg

LIEDER-ALBUM
SIEBENUNDZWANZIG AUSGEWÄHLTE LIEDER IN VIER BÄNDEN
U.·E.·Nr. Mark 11 U.-E.-Nr. Mdrk
5270 Band I (für hohe Stimme) '" J'_. 5272 Band 111 (für mittlere Stimme) , . 3'~
(Jugend und Alter; Morienlied; (Wie elnsl; Seplembermorgen; An
Zigeuner; Erinnerung; Venezianisches I einen Herb~twald; Japanisches Regen-
Wiegenlied; ßarkorol-e) I lied; Valse de Chopin; Windräder;
5271 Band 11 (für .hohe SUmme) , ' •• 3'- Regen),
(Sommerlied j Noclurne; Der be- 5273 Band IV(für milllere[ßarifon-]Slimme) 3'-
sdleidene Schäfer; Hai dich die liebe (Ein junger Dichter denkl an die Ge-
berührt; Maienblülen; Waldseligkeil ; lieble; Der Ton; Wanderers Nachtlied;
Und gesfern hatermir Ros-en gebrachi) ,: Bilte; Gebet; Der Rauch: 0 5ü~erTod)

LIEDER UND GESANGE


FUR EINE SINGSTIMME MIT BEGLEITUNG VERSCHIEDENER INSTRUMENTE
Vier Lieder nach Dichtungen von U.·E.-Nr. Mark

U.. E"Nr. Anton Wildgans: M(jrK


6035 Valse de Chop!n (für Gesang,
5836 Du bist der Garlen (für Gesang, i Klavier und Streichquartett), , ,3'-
Violine und Klav'ier) . . . 1'20 I 5167 Marienlied (für Gesang und Orgel) 1'-
5837 Durm Einsamkeiten (für Gesang, I'
Viola und Klavierl , . . ' 1-20 5774 Ich hatte viel Bekümmernis (Sopran-
5838 Adagio (fnr Gesang, ViolonceIl und arie mif Orgelbegleilung von Joh.
Klavier) ., . . . . 1'20 I
5839 Pan trauert um Syrinx (für Gesang, i; Seb. Bach, Bearbeitung von Jos.
flöle und Klavier) . . . . . . . 2'- 11 Mm-x) , . . _ . _ , , , . , . 1'20
Vcrlcgel".:ulchleg 100 Pro.:ent
Zu beziehen durch jede Buch- und Musikalienhandlung
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

_. Universal-Edition A.-G. Wien-Leipzig .. J

209
Franz Schreker
1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Die Gezeichneten
Infanlin u. E. Nr.
Oper in drei Aufzügen
Mark
Pantomime nam Oskar Wildes gleichnamiger 5690 Klavierauszug mit Texl. . 20·~
Novelle
Mark 5691 Texlburn . . . . . . . . . 1·50
U. E. Nr.
2545 Klaviersuite. vierhändig • . • • 3"- 5762 Thematische Analyse, . • . I·~

5763 Kurze Ihemafisme Analyse • -'30


5884 Vorspiel, Klavier, zweihändig . 3·~

Der ferne Klang 5389 Dasselbe. Klavier, vierhändig.


5364 Dasselbe. Sludienparlilur . . .
6·~

4·~
Oper in drei Aufzügen
5365 Dasselbe, Onhes!erparlilur . . 30·~

3096 Klavierauszug mil Text. . 20'-


3100 Reglebum mit szenismen
Bemerkungen . . . . . . 1·50 Der SdJafzgräber
31 ()() a Texlburn . . . . . . . . 1"20 Oper in vier Aufzügen. einem
5367 Ballade für eine Singstimme und Vor~ und Nachspiel
Klavier. . . . . . . . . . . 1"50 6136 Klavierauszug mil Text . . , . , 20'--
5369 Schlupduelt für zwei Singstimmen 6137 Tex1burn . . . . . . . . . . . 1·50
und Klavier . . 2·~ .. 6199 Themalisrne Analyse. . . . . . 1·50
6133 Wiegenlied der Eis. für eine Sjng-
Das Spielwerk stimme und Klavier , , . . . 1'50

Oper in einem Aufzug


In Vorbereilung:
3770 Klavierauszug mft Texl . 15·~

3771 Texlburn . 1·20


Memnon
üperndidllung in zwei Aklen
Der rote Tod
Frei nam E. A. Poe. Dirnlung il1 einem Akt Irrelohe
3289 Texlburn . . . . 1"20 Operndichlung in drei Aklen

Verlegerzusdllag 100 Prozent

ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG

Universal-Edition A.-G. Wien-Lei pzig J

210
DREISAUSSCH REI BEN
1lIllItll11l11l1l1l1lllllltlllllllllllUlIIlIIlIllllllllllmlllfllllltllllltulllllllltfUlIIlIlUIIIIIIUUIl1111111111111111111111111111/1111111111111111111111111111111111111111111111

Um das Schaffen von Kammermusikwerken anzuregen,


veranstaltet die BERKSHIRE MUSIC COLONY ein

Preisausschreiben für Streichquartett


gestiftet dur'" MRS. F. S. COOLIDGE.

Es wird für den Komponisten des besten Strelmquarletls ein Preis im Betrage von

TAUSEND DOLLAR
dusgeselzl. das einer Jury, deren Mitglieder noch bekannlgegeben werden. unterbreitet
wird. Die preisgekrönte Komposition wird dur'" das BERKSHIRE STREICHQUARTFTT
auf dem BERKSHIRE KAMMERMUSIKFEST, das im Mai 192t zu Pillsfleld abge·
halfen wird, zur Uraufführung gelangen. - Oie Kompositionen sind bis längstens
1. August 1920 einzusenden. und zwar

bis 1. Juli 1920: an Herrn HUGO KORTSCHl\.K. Secrelary. e/o Wolfsohn Musica!
Bureau I West 34th. Streel. NEW-YORK. CITY
bis l.August 1920. an BERKSHIRE MUSIC COLONY, Slh. Mountain, PITTSFIELD,
MASS.

Am Wellbewerb können nur Werke, welche noch nlmt veröllenllichl sind und bisher
weder zum Teile nom gdnz öHenllirn zur Aulluhrung gelangten. teilnehmen. Trem-
skriptionen oder Einrichtungen für Streichquarleil sind nicht zulässig. Bereit!> preis-
gekrönte Werke werden nicht angenommen, - Der Preisträger hat Mrs. Coolidge
das Aufführungsrecht der preisgekrönten Komposilionen für einen Zeilraum von
VIER MONATEN von der Zuerkennung des Preises an zu überlassen und überträgt
ihr das Eigentum an dem Manuskripte des Werkes

L
GROSSER ERFOLG AM LEIPZIGER ST ADTTHEA TERI
(Gro~er Erfolg bei der Uraufführung und den folgenden Aufführungen)

A. Szendrei: Der türkisenblaue Garten


Ein Spiel von liebe und Tod in einem Akt. Text von ROSE SILBERER
U. E. Nr. 6254 Klavierauszug mit Text nn, Hk. 15'- U, E. Nr. 6255 Texlbum, . , . . nn. Mk, 1'-
Verlegerzusmlag 100 Prozent. - Zu beziehen durrn jede Bud!- und Musikalienh,mdlung

UNI VER S A L - E D I T ION Ä. - G" WIE N - LEI P Z I G

211
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER l
[gon LuslgiJrlen ................ ,__ ._ ...... ,_. Philosophie der tvlusik It
Egon Wellesz .,. ____ .. ... . ... Vom Wesen der orien!alismen Musik
Zdenek Nejedly .... " ,_ ...... , _._ ). B. Foerster (Tsdledlische Musik 111)
Paul Bekker ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Der Schalzgräber in Frankfurt
Max Sleinilzer ........ , .............. _ ... ... ... Der türkisen blaue Gaffen

Glossen: Vom Wiener Musikbelrieb 1,1011 Hugo Kauder; Zisdlen und


Klahchen von [gon Lmlgarten; Musik in Wien von Dr. R. SI. Holfmann ,/
Besprernungen I Neue Noten und Bürner
Nolenbeilage: J. B. Foersler ap. 73 Nr. 1 Impression

NUMMER d
Paul Bekker ................................. "Impotenz" - oder Potenz
Erwin Stein ... ... ... ... ... ... .................. Musikalisme Formwirkung
He/jiro IWoki ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... )apans Musikleben
Rud. SI. Hoffmann ....... ,........ " ............. ,............. Der Dirigent
Aladar Szendrei... ... ... ...... ,_ ...... ' ...... ,.. ... ... Arlnur Nikism
Max Broesike-SdlOen .................................... Musik in Dresden
Heinrich lahn ........................ '" .............. ' ... Musik in Nürnbel'g
Max Steinilzer ... ,........................... " Der !ürkisenblau.e Garten I
Glossen: Die Opernspie!er VOll Waller Brügmann; Musik in Wien von I
R. SI. Hoffmann ; Brieffragment von tgor Sirawinsky / BespredlUngen f
Neue Noten und Bümer I'
No I e n bei lag e: Josepn Marx, Albumblatl

212
KONZERTE DES
ANBRUCH-WIEN
IV. Orchesterkonzert
Mittwoch, den 7. April 1920, abends,
im gro~en Konzerthaus-Saal
, in Wien

Dirigent:

GEORGSZELL
Mitwirkend:
lili Ulanowsky, Josef RosenstocK.
Das Sinfonie-Orchester
Programm:
l. A. Borodine .... Ouvertüre zu "Prinz Igol'''
2. Egon Lustgarten .... Japanische liebeslieder*
lili Ulanowsky
3. Jose! Rosenstock .......... Klavierkonzert in
einem Satz op. 4" Jose! Rosenstock
4. A. Borodine ........ Polowetzer Tänze aus
"prinz Igor"

Karten an der KonzerthauskassB


"'Uraufführung

213
Dirigent:

FRITZ SCHICK
Ml!wirkend: I
Feheie Mihacsek I,I
(Milglied der Slilalsoper)

Leu Sirota
Programm:
1 VileZS!dv Novak., .. Tol11l:1n lind die Waldlee"
,lnlonls<lm DldlIU"Q
2, P,A, Pisk ,. ,... '" ........ Ordleslerlieder"
feHde Mih<!csek
3. S. ljapol.mov.. " ,. " .. Klavierkonzert op. Li
leoSirol<!
4. Ces<!!' framk" ,. .. .. .. .. ". ." .. Les Eolides
, ' Poem€:' symphoniqLlii:

,. !
l~~, ~~"'~-=:;;~~~=':'.~;;;';;--~_____ ""';""~~7_~1,
PiarfO.

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r:ll

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.""'-' ". 1'1."
! I'
SI T
··S A RU
SCHRIFTLEITUNG: DR 0'1"'1"0 SCHNEIDBR'
1 I j !H G" illil W.:nUil 11 j i I IJ ! 11I! j LU;

Cliigemeiner
.. reif
~.""'~""'''''''''''~''''.'"- ~'''''''''''''''~~''''''''''''''~~

ZUR TECHNIK DES OPBRNBUCHES


Von Geotg KllIun, Wiet'
Kritik hat !!im gewöhnt oon Publikum lim ilbazeugen lauen, daß DrllJlnatika
Utltel' dm Komponisten, die seit Wagner grundsiitzlim nam neu~n Ausdrucks"
mitn:1n ril}geu, sim auch Texte zur Ergillzoogsuchen, die sie wirklim sind, das
heißt in primitivster AusltllOOIl: an W"d in. ihrem Kunstgehiett der Mmlk nicht
nachstehen. So der Gemeinplatz, aus dem die "ersc!ttobell3ten Folgen und Miß,
verständnisle entstehen.
Stillit ein Kritiker sim ;lut den Standpunkt: dllo Lihretto will Literatur sein,
ergo wute im es nam den Hterarisdien Rqeln! .. - die notabene vou den Ktitikem
immer am besten behel.'l:'smt werden - so werden sidi Verstö!le ergeben,. gleidi
wdchet .Ridittmg# sich du Rl!l:ensent anpaßt, oh er Neuetooglln als Verletzoogen
der Mustfthaftigkeiten semet Schtlle ramt oder sie hinnimmt als Verfediter emer
neuen Sdiule, Wären allll Meisterhaftigkeitml Hört er abu nut Musik.• so wumtm
odu smmeidieln ihm seht bald audi WOltt;, nhne die vidleimt det T anbau nie
gtfestigt wordm wliu, um die abgestumpften Ohrm,
Die dtamatisdie Musik als Doppelkoostwuk war von jeher problematisch ood
ist es noch heute. handelt es sim doch tim "ine Kompeteru:ftage, Nach WllgIWS
Beispiel, d". um jedm Preis nnr das ausdrikkcn woUte, Wlili er seIhst empfand,
.imme.t nun eine Reihe von Tondid,te.n ihr" Sum". selher, ohne selbst bei
dichtuismer E i gnu n g damit anderes zu smllffen, als was aum ihre vom Librettisten
nabhiingigen# Kunstgeno!l1len smaffen ood Wagner schuf: Tautologien,
Andersejtl; scheint die W ortkWlllt iiir den sdiöpferismen Musiker tlltuchlich
dr!l&!U1d, !lbft!egt man. wie die Lib••ttisten unh&ümmertum die W",ge der
Musik mit der Entwkkluilg Ha er Koost gingen und wir zum Beispiel Ieteter
.Ztit in DWtl;clUand ood. Frankreich Neoromantlker ood Symbolisten, in Italien
und bei mandiem.in!lindis,hen Tßthandwerker bl.utigsten "Verismo"lindtnl daß «:s
verber schon Romantik<!!' ood Kla.s$izistm, im "Fidelia" mtspredicnd dem Pro'
J'heten, der vielleidit als Einzige. bisher eri'illlt hat, wal wir lmVer1aufe hoffen

215
wollen, sogar veritablen "Sturm und Drang" (Expressionismus?) gab, se, nur
erwähnt.
Aber es zeigt sich: Die Musik ging ganz dieselben Wege! Tat sie es als Oper
nUr im Hemmschuh ihrer Texte oder gibt es ein Gesetz des gl ei c h zeit i gen
Anderswerdens aller Künste bis zur endlichen Vereinigung? Für das Verhältnis
von· Wort... und Tonkunst darf man es wohl annehmeo t denn auch die freie, wort . .
lose Musik entwickelte sich so. Ein Wechsel in den Dichter- (Merker-) Regeln also
ist nicht kettend für den Musiker. Was dann?
Ich nannte es: Tautologie! besonders bei Wagner. Seine Dramen sind Höhen
der Wortkunst, sicher nicht Grate, als welche sie etwa Weininger mit eigenem
Genius überbaut, aber sicher Kunstwerke auch ohne Musik, denn diese tönt uns
nur ein anderes, nicht mehr, als was uns Wagner auch in Versen sagt. Ich habe
nicht umsonst Weininger beigezogen; dieser Fühlende sagt uns: "Was dem Denker
Begriff ist, wird für den Künstler Symbol." (" G. u. eh." - Ich zitiere aus dem
Gedächtnis.) Was aber für Wagner, den Dichter, Symbol als Idee ist, wird für den
Musiker Wagner zum Leitmotiv, so daß er uns dasselbe zweimal, nur mit ver..
schiedenen Mitteln, darstellt. Es hilft nichts: Gerade für den Weg zur Vereinigung
der Künste in ein Gesamtkunstwerk erweist sich Wagner als Sackgasse; was er
selbst wollte, das haben wir noch nicht!
So kommt es, daß man die Fragen der Technik des Opernbuches sozusagen "de
lege lata" und "de lege ferenda u betrachten kann.
Vom Standpunkt des Gegebenen wird sicherlich zunächst von einem Text-
buch Spielraum für Instrumentalmusik gefordert. Also: breite Stimmungen, Subli-
mation der Außenwelt zum Tonerlebnis innen, so: "Cavallerial' . . Intermezzo,
nKönigskinder u erste Szene des ersten Aktes und der ganze dritte, "Butterfly 11
Abenddämmerung etc. Naturerscheinungen haben verborgene Musik; schon Goethe
wunderte sich, daß die Sonne ohne Donner .aufgeht, in Musik: Posaunen! Die
Geräusche werden Klang.
Die Handlung im Libretto ist vor allem impulsiv, impetuos. Rein-intellektuelle
Problematik schaltet aus, denn die Musik kennt nur formale Logik, Kontrapunkt,
aber die einfachste Psychologie ist tendenziös und doch notwendig, auch im Musik-
drama, ihre Wirkung: Taten: führen zu Konflikten, hinter denen die Idee thront,
majestätisch und abstrakt. Der Dichter könnte diskutieren, diesem Dämon mit den
Waffen des Verstandes näherrücken und er darf es nicht, weil einzig Seele die
Musik ist; also muß er die Idee, das denkbar Objektivierteste, in den Subjekten
und nUr in ihnen zum Ausdruck bringen, deren Innenleben hinwieder - einfach
aus dem Grunde, weil Orchester seine Psychoanalyse überschallt - sofort in Aktion
umsetzen, kurz: keine Person darf Beweggründe weit hinter sich haben. Der Opern-
text ist ein "quart. . heure 4<1 auch wenn er drei einhalb Stunden dauert. Da~it ist
gewonnen und verloren i kein Mensch wird ein Drama vollwertig nehmen, in dem
die Gestalten keine Entwicklung von innen her haben, und jeder Komponist wird
froh sein, einen Text zu haben, der durch rapide Folge von Voraussetzung und
Katastrophe fortwährend in Höchstspannung gehalten und mit dramatisch-melo-
dramatischen Akzenten gesättigt ist, da ihm strenggenommen erst dadurch Möglich-
keit zur Vokalmusik gegeben ist; Gesang hat zur Voraussetzung Affekt.
Klar ist, daß bei derartiger Behandlung eines Stoffes auch Exposition entfallen
oder auf ein Mindestmaß beschränkt und die.e. Nötige nicht dialogisch, sondern

216
ebenfalls zur Handlung etwa in sprunghaftem Wechsel der Gefühlsein stellungen,
als Überraschung, vielfach pantomimisch dargestellt sein muß. Markant dafür· die
Texte der Veristen oder Violanta; Mona Lisa. Wo Exposition in Form einer Er-
zählung eingeschaltet ist, Tiefland, muß diese schon durch ein Ereignis belebt, gefärbt,
erregt sein, um ihre Vertonung überhaupt zu rechtfertigen, denn sonst wird die
Stelle schleppend. Günstig ist es ferner, als Vorausetzung zur ganzen Handlung einzig
das Milieu zu nehmen, wenn es sich durch Töne illustrieren läßt: Kuhreigen.
Auch die Höhepunkte - und das ist Frage des Aufbaues - die Entladungen
müssen gefühlsmäßige sein. Hier nähert sich die Technik des Librettos der des
neuesten Dramas, wenn von Technik hier die Rede sein darf. Erst wenn alle
Schlacken Selbstbeherrschung, Zügel Hirn gefallen ist, dann tön t es, denn die
Seele ist Musik! Wenn Hasenelever, Kornfeld oder andere Dramatiker von Morgen
aus Prosa in Vers und oft mit neuerlicher Steigerung in Reim geraten, ist
es nicht betonter Unterschied zwischen Heroischem und Profanem (Shakespeare ),
sondern rein Entladung des Gefühles und der Dichter greift zum Vers als dem
Tonelement der Sprache sicher nur aus Mangel an Musik. Wir werden später
wissen lernen, was sich daraus folge~n läßt. Im übrigen ist auch die Prosa der
Expressionisten der Musik verwandt, denn sie ist nicht naturalistisch . . schildernd,
sondern pathetisch...fordernd, sie leidet unter dem Nach . . nicht ... erreicht ... Ge änderten,
Wurzel zum klingend-klagenden Aufschrei.
Und doch geht die Sprache des Librettos eigene Wege. Sie muß den eigenen
Rhythmus zugunsten eines musikalischen aufgeben, ob sie nun in Versen oder Prosa
fließt, muß fließen und nicht gehen. Realistische Sprachrhythmen in Musik gesetzt
sind scheußlich; dafür haben wir zum Glück nur ein konsequentes, abschreckendes
Beispiel: Jenufa. Janicek erzielt hier durch Vertonung einer Alltagssprache Aus-
druclc des alltäglichen Tonelementes der: Monotonie. Ähnliche Stellen beispiels-
weise bei Puccini und R. Strauß, scharf in den zweiten Akten von "Toscauund
"Rosenkavalier u ; Stellen, in denen Handlung überwuchert, die Musik verdrängt,
wobei die Aufmerksamkeit des Beschauers ganz der Bühne zugewand t ist, wolle
man versuchen am Klavier zu spielen oder ohne Kenntnis der Aktion nur orchestral
zu hören: es ergeben sich reizlose, meistens synkopiert geklexte Akkorde, weil Musik
hier überflüssig wird. Man atmet als ihr Freund erleichtert auf, landet die über-
spitzte Dramatik in einem "calmato u •
Aber auch die gehobene Sprache muß seltsam gehalten sein, Worte enthalten,
die nicht eo ipso tönen, - denke man den Komponisten, der Rilke vertont! -
Worte, in denen die Musik latent ist. Jedes ausdruckslose Wort wird quälend in
Musik, ein vager Relativsatz, allzulange Perioden sind Verbrechen der Textdichter
an den Komponisten i passiv müssen die Worte sein, bereit, sich hinzugeben, in
die Harmonien eingehüllt zu werden, die erst ihren tiefst verborgene n Charakter
malen, also: Tonmaleri, - zu weit geführt, wird reine Lyrik: Lied. Das durch
fortwährende Musik genug entrechtete Drama sträubt sich dagegen und wird -
bühnenunwirksam. Zemlinskys nflorentinische Tragödie", ein hervorragendes Ton..
g e m ä I d e, wird auf dem Theater durch die Sprache umgebracht. Ein Beispiel nur
für einen durch und durch musikalischen Satz: .. Sie ist wie der Schatten einer
weißen Rose in einem silbernen Spiegel." (Wilde: .. Salome".)
Der Onomatopoesie entsprechend kann Tonmalerei auch hinter den Geräuschen
der Natur verborgene Klangwirkung heben, respektive diese als Äquivalent für jene

217
setzen oder weitergehend Klänge melodiös vertiefen wollen, Sprache des Gefühls
zum Arioso; erstere Funktion darf ihrer selbst nicht spotten, ~denn Gersäuch nur
durch Geräusch ZU ersetzen, besser: mit ihm zu verdoppeln, .ist ganz überflüssig.
Wenn z. B. Strauß das Messerschärfen, Knarren eines Tores, Falkenruf etc.
täuschend nachahmt, nimmt er der Musik ihren metaphysischen Charakter, hinter
den Erscheinungen spezifisch musikalische Werte zu offenbaren, und bleibt in den
Erscheinungen stecken.
Man stelle sich einen Musik enthaltenden Begriff, herausgetreten aus der Sprache,
von Bedeutung für die Handlung vor und ist beim: Symbol; ein ungeheuer wirk-
sames Mittel, die Idee klangfähig zu gestalten, wie überhaupt auch im Wortdrama
Symbolik auch für den nicht orthodoxen Symbolisten als Mittel (nicht Zweck 1)
unschätzbar ist. Dafür mehr als ein Beispiel in einem der besten Textbücher, wie
ich es schätze: Rosmors "Königskinder". Nicht nur die glühende Blume, das Brot
und die Geige des Spielmanns, das Kränzel der Jungfrau, unschuldige Gänse, auch
Personen werden hier Symbole; Königssohn und Gänsemagd, der Spielmann selbst,
die Hexe und das Kind im zweiten Akt.
Wie in allen Dingen liegt auch hierin die Verlockung zur Übertreibung zu-
gleich mit der Gefahr der Verzerrung dadurch, daß einerseits dem Symbol zuviel
an Ausdrucksfähigkeit zugemutet wird, anderseits sich die Gefühlsursprünglich-
keiten zu undurchdringlichen, tonfremden IntellektuaHsmen zuspitzen, die Symbole
nur noch ihrer selbst willen bestehen, Handlung überschleiern und dem philo-
sophisch ungeschulten Hörer unverständlich oder zum grotesken Märchen machen. So
erinnere ich mich der Mühe, als ich nach Balzacs "Chagrinleder" vor einiger Zeit
Zemlinskys neues Opernbuch schrieb, dem Leder als Symbol nicht zuviel an Ex-
position, Tendenz etc. aufzubürden, an sich wohl Gelegenheit, die Handlung durch
Entlastung spannkräftig zu halten, aber mit Gefahr, durch die notwendige Er-
läuterung des mysteriösen Dinges wieder in epische Philosopheme zu kommen. Ein
ungelöstes Symbol sollte den idealen Hörer nach der Aufführung nicht schlafen
lassen, er müßte ratlos um Werke kreisen wie "Rose im Liebesgarten", "Frau ohne
Schatten", von der noch zu reden sein wird, die beide Undurchdringlichkeiten ent-
halten, in die nur Gehirntätigkeit Licht bringen kann, was wider den Geist, i. e. Herz,
der Musik ist.
Hofmannsthai ist dennoch, wenn man Schreker als gesondertes Problem er-
achten will, der künstlerischeste Textdichter überhaupt. Im "Rosenkavalier" , de lege
lata vielleicht Muster aller Opernbücher, sehe ich erfreut einen Künstler vom Range
Hofmannsthais, bis in die Fingerspitzen von Kultur, Raffinement und Geist - nicht nur
"esprit" und noch nicht "logos" - durchdrungen, sich zur Einfachheit der Seele
heben, von der die Primitiven ausgehen; das macht ihn zum Librettisten par excellence 1
Die Psychologie der Fürstin zu Ende des ersten Aktes, ihre Entsagung am Ende,
die gesunde Derbheit Ochsens, alles bereite, beredte Gefäße für Musik und der
Neger zum Schluß mehr als prickelnde Geste: belebter Begriff, vielleicht ein ent-
ferntes Symbol. Im Quinquin aber widerlegt er HansHk, zeichnet uns und Strauß
ein Neues, Superindividuelles, einen: Typus. Hanslik meint, man höre an Beet . .
hovens "Egmont" schöne Klangkombinationen, nicht den Egmont; nicht den
Egmont, Individualitität, nein, aber ihn als Typus, die I d e e aufbäumenden und an
der Außenwelt zerschellten Heldentums, Beethovens Grundproblem, wenn "man" nur
hören kann. So stellt sich Quinquin als ein Typus der Vorfrühligsliebe dar, des

218
unterreHen Knaben zu der überreifen Frau, von Heinrich Mann, d' Annunzio viel-
fach verwendet, psychologisch ausgedehnt gültig - für eine Dekadence! und das ist
künstlich; die !solde, die Maria einer Zeit, die sie sehr nötig hat: der unseren
schreit nach Musik, weniger künstlerisch-künstlich, als menschlich.
Das Typische kann sich ausdehnen, über die Person auch das Milieu durch-
dringen; so verständlicht sich auch HAriadne u , deren Reiz besonders in der
kapriziösen Gegenüberstellung zweier grundverschiedener Kulturepochen liegt.
Man hört von manchen Seiten, daß das Buch an "Längen 4t sieche; und es dauert
kaum zweieinhalb Stunden! Das Peinliche für die kompakte Majorität der weniger
tief angelegten Hörer liegt darin, daß HofmannsthaI hier nicht, wie in der Regel
beim Libretto - s. o. - Innnenleben restlos in Aktion umsetzt, sondern es rein
in Worten ausdrückt. Das läßt sich natürlich sehr schwer "spielen und es wäre über
das Problem des singenden Schauspielers mehr zu sagen als zum Thema dieser
Untersuchung zählt. Das Histrionische der Oper ist weit mehr noch als im Wort-
drama zum Grenzgebiet nach Bildnerei gehörig und da ist es für den Darsteller
sehr schwierig, dieses Posenhafte, Einmalige, die lang gehaltene Geste für irgend eine
Seelenfarbe nicht in Form von abgetatschten Tenoristenhaltungen mit "Hand aufs
Herz, die andere zum Schwur", womöglich auf den Zehenspitzen eines hohen C
zu geben.
Wir in Wien haben das Glück, in der schlechthin genialen Jeritza eine nicht
nur gesanglich, sondern auch darstellerisch beispiel.los gewaltige Vertreterin des
stilisierten Spiels zu sehen und in ttAriadneOi kann es Feste feiern: Wie sich in
ihr jede kleinste psychologische Nuance sofort zu grundlegender Plastik verdichtet,
wie die Übergänge dieser ganz durchseehen Stellungen der Arme, Hände - man
beachte die wahrhaft eurhythmische Gebetspose während des ersten Anrufs Bacchusl -
immer sinngemäß dem Wort gestaltet sind, wie sie nicht heute Ariadne, morgen Salome
ist, sondern heute madonnenhaftes, morgen diabolisches Weib, wie sie ihre Rollen
nicht intellektualistisch durchspintisiert (Gutheil), sondern mit dem Instinkt erfaßt
und ihnen das Genick umdreht, sie unterkriegt, das stempelt sie zur ideal-expressio-
nistischen Verkörperung von Typen, fähig in dem, was wir später als "Gesamt. .
kunstwerk" definieren werden. Ja, vielleicht ist es erlaubt zu sagen, daß sie auch
vom Kino viel gelernt hat und nichts Schlechtes; ich für meinen Teil möchte sie
ebenso gerne einmal filmen sehen wie endlich auch als Kundry hören, - sit venia
comparationi! Vielleicht denken andere rückständiger.
Das Typische kommt HofmannsthaI auch in "Elektra" sehr zustatten. Alle Stoffe
der Antike sind davon beherrscht, die Handlungsträger Absolutes, die betreffende
Idee realisiert, nicht wirre Einzelschicksale. "Dramatis personae" in "Elekra" sind:
ein Dreiecks-Dritter, aufgemummter Laffe, Gatte worden; Weib geschlechtlich Ab-
wechslung verlangenCI, krankt am (ideellen?) Mord (durch bloßen Ehebruch?) und
Kinder aus der ersten Vereinigung. Damit fällt viel mythologisches Beiwerk, das
etwa d' Annunzios ffPhädra" fast unverständlich macht. "Elektra" ist als Wort-
drama zu werten.
Nicht so "Frau ohne Schatten", obwohl der Dichter und noch mehr Ästhetizist
hier schon den Librettisten HofmannsthaI verdrängt hat und Musik eigene Wege geht;
denn dazu ist es ZU flächenhaft angelegt. Was hier an vergewaltigten Symbolen, an ver-
fehltem Aufbau und amusikalischer Basis gesündigt wird und Dichtung zum Aus-
..ßtattungsstück erniedl'igt, geht darauf zurück, daß die Idee derart ist, wie sie heute

219
nur noch intellektuell,soziologisch oder praktisch durch die Tat erfüllt, gelöst werden
kann: Problem der Mutterschaft. Man fühlt nicht mit und sollte es! Einziges Band
an die Musik Effekte, glitzernd: Schatten, Schwert, Kahn, Brücke, Falke, Phantas-
magarie: Grenzwerte schon zur Bildnerei. Aber dadurch wird dieses Werk de lege
ferenda interessant.
Wir sagten uns, daß im Gesamtkunstwerke, wie es Wagner anstrebte, nicht das.-
selbe mehrfach und zu gleicher Zeit von a 11e n Kunstgebieten - Musik, W ort-
kunst, Bildnerei mit Tanz - ausgedrückt werden darf, da dies Tautologie wäre
und in der Kunst nichts überflüssig sein darf, wenn sie selbst nicht über'
flüssig werden will. Was dann?
Es würde über den für diese Auseinandersetzung festgesteckten Rahmen gehen,
wollte ich diesmal Ausführliches entwickeln. Über die Methodik also nächstens;
i
diesmal nur soviel:
Gesamtkunstwerk der Zukuuft wäre das szenische Melodram, in dem die
Künste einander nach ihren spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten ablösen und die
Musik vermöge ihres psychischen Gehaltes erst dort einsetzt, wo Sprachintellekt
zum Ausbruch des Durchseelten nicht mehr reicht, - was überoft eintritt!
Siehe: in .Frau ohne Schatten" bricht gerade die Musik dort ab, wo die Affekte
sieden, und "man lt sagt, es "wirke". Wenn es wirkt, - ich fand es nicht - dann
nur deshalb, weil die Kontraste überhaupt wirken, also auch falsche. Richtig ist
vielmehr das Gegenteil; sollte Musik erst dort beginnen, wo gefügte Sprache abblaßt
und Affekte sich erwärmen, überhaupt sich zeigen, nicht in Konvention und Phrasen..
haftigkeit verrecken.
Es sei mir gestattet, hier ein kleines Erlebnis beizufügen: Ich hörte vor nicht
langer Zeit einen bekannten Bassisten Schuberts "Wanderer u singen. Der Künstler,
ein Fühlender, brachte am Ende das "Nicht" - "dort, wo ich nicht bin'I, (ist das
Glück) - sprechend; das knappe Wort, im Zug der Melodie und auf den Ton
ge s pro ehe n, mit seinem gefährlichen Gutturallaut zerwühlt. mich; ich ver s t a n d
das Lied, nachdem ich es erst- gefühlt hatte: In diesem "Nicht" liegt das Problem
der Einsamkeit.
Also soll Wort mit Ton, Gehirn mit Seele wechseln!
Leider existiert ein Kunstwerk dieser Art noch nicht. Ich höre Splitter davon in
Konzertsälen - ttMelodramen", eher "Melo . .Epen;;: Enoch Ardent Hexenlied etc.,
die Bildkunst, das Theater fehlt, ein Festspielhaftes ; andere Splitter in Orchester-
liedern, Symphonien mit Chören - hier gibt es wieder nur Gesang und die Musik
dazwischen soll philosophieren. So flammt in Mahlers dionysischem "Lied von der
Erde" zwar fortwährend Höhenfeuer, aber das Gewaltigste daran, der beispiellos
tiefe t göttliche 11 AusklangUt Bekehrung zum Nirwana t zur Verneinung, ist nur
Sieg im Rausch.
Musik kann, darf nicht philosophieren. trotz Wagner!
Wenn wir sagten, daß Musik die Seele ist, so darf eine Gefahr nich t übersehen
werden, zu der bei Musikdramatikern wohl auch der Librettist beiträgt: die Pseudo-
seele, transponierte Sinnlichkeit, die Trivial-Ästhetik. Gewiß ist Sinnlichkeit Wesen
der Kunst, denn sie erschafft, aber im Sexuellen zeigt sich wahre Kunst s eh 0 n als
Erotik, dann hat sie vermocht, dem Lehm wie Gott auch Odem einzuhauchen;
bleibt· sie noch (und gern!) im Animalischen, so geht sie auf die Nerven. Ich
bitte nicht mißzuverstehen!! Es handelt sich um keinen Antinuditätenkampf, dazu

220
fühlt der Autor sich zunächst zu jung, aber um ihrer selbst Willen gehören blutige
Muskeln nur in Fleischerläden. Wer leugnet, daß Puccini schön ist? Leute, die sich
vor sich selber fürchten! Aber wo er. mit und ohne lIlica am lyrischesten ist, dort
auch am tierischesten; der Seitensprung in die Sünde wider den Geist ist gott-
verdammt wiegend. Und es gibt Momente, wo man sich auch in der Operette
kannibalisch wohl fühlt.
Ein Gegenpol: "Palestrina". Mystik! Hier geht die Musik über das ihr Zukommende
hinaus und hängt zwischen zwei Welten. Gesteigertes Seelenereignis Religion nicht
darstellbar, annähernd Religiosität. Gott ist unsinnlich. Das Kunstwerk wirkt vom
Erdenstandpunkt aus zwar unerreichbar hoch, aber als Schöpfung auch ungreifbar
wesenslos, sich selbst verleugnend, und vom Standpunkte des Mystikers als Surrogat
wie der katholische Prunkritus. Gott ist farblos, klanglos, wortelos, er ist.
Weingartner hat sich selbst das Buch zu einem offenbar noch nicht komponierten
religiösen Musikdrama "Golgatha" g.schrieben und veröffentlicht. (Breitkopf und
Härte!.) Hoffentlich sträubt sich sein Ich als Musiker es zu vertonen! Die besprochene
Technik zwang ihn, vom Christus abzusehen und den Menschen "]eschai" als Idioten,
als betrogenen Betrüger aufzufassen, seine Doppelseele zu mechanisieren und für
Blech und Pauken günstig ein Spektaculum zu bauen. Wenn Gott musikalisch
wägbar ist, so höchstens im C-dur-Akkord!
Seinem (ich möchte sagen:) statisch Seienden entsprechend, gibt es aber auch
ein schaffendes Geschaffenes, dynamisch Seiendes, als welches ER zu SICH
kommt: Wir, die Menschheit - und sie ist der Chor, ist redend, farbenfreudig,
tönend. Dieser Chor wird im Gesamtkunstwerk der Zukunft sicher seine erste Rolle
spielen, denn die Zeit ist nahe, wo die letzte Periode vor dem Ende alles sammeln
wird, was nur an Kraft, Schönheit, Güte und Wahrheit, kurz: an Positivem durch
Entwicklung sich gesammelt hat, und auch im Kunstwerk werden Meister diese
wirkende Allheit als Chorus bilden und im Rahmen ihres Werkes das nachahmen
lassen, was ihr Ebenbild im Leben schafft:
Um jeden Preis, mit allen Mitteln das ausdrücken, was geeignet
ist als Plus der Rechnung zu fungieren, um es einst bereit zU haben,
wenn Gott kommt ...
c c

F R A G 1V[ E N T E
Von Hugo Kauder, Wien
Wohl jeden Künstler überkommt einmal der Gedanke, daß die Kunst, deren
Sinn und Aufgabe es ist, uns über Schein, Zufälligkeit und Vergänglichkeit des
Daseins hinauszuhebi:m, uns "wesentlich werden", des wahren Lebens innewerden .zu
lassen, dabei doch selbst vergänglich ist; daß ihre Gestaltungen, gleich allen anderen
irdischen Dingen, dem unaufhörlichen Wechsel unterworfen sind; daß einmal die
Zeit kommen müsse, da die Menschheit ihrer nicht mehr bedürfen werde, so ....i.
etwa der Erwachsene das Spielzeug seiner Kindheit beiseite wirft. .
Dann mag er sich mit der Gewißheit trösten, daß diese Zeit erst kommen kann,
wenn die Kunst ihr en Sinn erfüll t haben wird: wenn der Mensch jene höhere
Daseinsform erlangt hab.n wird, von der ihm jetzt nur in den höchsten Momenten

221
seines Lebens die Kunst eine Vorahnung zu geben vermag; wann er unmittelbar,
n von Angesicht zu Angesicht schauen wird, was wir jetzt nur "wie in einem
U

Spiegel sehen." Denn erst, "wenn kommen wird das Vollkommene, wird das
Stückwerk aufhören."

Alle geistigen Bestrebungen der Menschheit haben nur die eine Aufgabe: die
Schranken, welche die einzelnen Menschen voneinander scheiden, aufzuheben oder
doch zumindest zu erweitern, mit andern Worten: mehr Liebe in die Welt zu
bringen. Und doch werden mit jedem Kunstwerk, jeder Philosophie, jeder Religion,
überhaupt mit jeder Geistestat neue Möglichkeiten des Mißverstehens und mit diesen
neuer Haß und Feindschaft in die Welt gesetzt. Diese ewige Tragik hat ihren tiefsten
Ausdruck im Mythos vom Turmbau zu Babel gefunden: Nie und nimmer kann
die Menschheit als Ganzes den Weg zu Gott finden, da keiner des anderen Sprache
versteht: so muß denn jeder seinen eigenen Weg gehen; und die Welt kann nur
erlöst werden, indem jeder einzelne sich selber erlöst.
o
Warum kennt gerade derjenige, der nach Überwindung dieser Welt strebt,
die tiefste Sehnsucht nach irdischem Glück? -
Je höher einer sich über die Erde erhebt, um so schöner erscheint sie ihm, bis
sie endlich als glänzender Stern am Himmel steht.

Das Tat tvam asi nicht nur angesichts des Leidens der Welt innezuwerden,
sondern auch beim Anblick ihrer Schönheit - siebenfach begnadet, wem dies gegeben!

Das Ideal der Kunst ist, gleich der Gottheit, nach Jakob Böhmes wundervollem
Worte, das "Licht ohne HitzeU; wer aber zu diesem Lichte hinanstrebt, muß dabei
selbst in Flammen aufgehen.

Und mag uns auch das göttliche "Licht ohne Hitze" unerreichbar bleiben, dann
gleiche unser Streben wenigstens der reinen, Flamme, die nicht Rauch erzeugt noch
Asche hinterläßt.

Genialität ist eine ethische Forderung, Talent die Fähigkeit, SIe zu erfüllen.
c
Die Eitelkeit des Künstlers: Er möchte das, was er ist, auch scheinen.

222

r;, j /
PLASTIK DER TONBILDUNG
Von Stella Stock, Wien
Die künstlerische Veranlagung ist nicht an die Ausbildung emer speziellen
Fertigkeit (des Dichtens, MaIens, Komponierens u. s. w.) gebunden, sie ist vielmehr
jedem Menschen bis zu einem gewissen' Grade ursprünglich eigen. Dies zeigt sich
in der angeborenen Gabe, innerste Gefühlserlebnisse spontan durch Gebärden zum
Ausdruck bringen zu können, das heißt in dem Vermögen, Willensimpulsen eine
sichtbare, plastische Form zu verleihen.
Diese dem ga n zen K ö r per eignende Fähigkeit kommt der Ha n d in besonders
hohem Maße zu. Ihre Gebärden ermöglichen es, selbst die leisesten Seelenregungen
vollendet wiederzugeben; sie führt geradezu eine stumme Sprache und ihr Aussehen
ist wechselvoll wie nur das Antlitz des besten Schauspielers. Eine unbegrenzte
Empfindungsskala von feinster Zartheit bis zu höchster Wucht steht ihr zu Gebote:
wie weich ist ihre Liebkosung, wie brutal ihre zornig geballte Faust. Oft verrät
die Hand durch eine Gebärde, was das Antlitz zu verschweigen suchte. Eben ihrer
Ausdrucksfähigkeit verdankt es die Hand, daß sie von vielen Meistern der bildenden
Künste neben dem Antlitz in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt wurde, ja
es ist sogar möglich, allen Ausdruck derart auf sie zu konzentrieren (wie bei den
Hand-Tarsen Rodins), daß auf die bildliehe Wiedergabe des Gesichtes überhaupt
Verzicht geleistet werden kann.
Während in den bildenden Künsten sich die Idee der Schöpfung durch ein
stoffliches Medium (Stein, Bronze, Farbe u. s. w.) mitteilt, ist das Ausdrucksmittel
der Musik ein immaterielles: der Ton.
Für den Spieler besteht nun vor allem das Hauptproblem darin, zu erkennen,
welche Mittel zur Erlangung eines möglichst modulationsfähigen Tones dienlich
sind. Letzterer muß dem speziellen Charakter jedes Komponisten und dessen je-
weiliger Schöpfung derart angepaßt werden können, daß dem Spieler zum Aufbau
jedes Werkes gleichsam immer ein anderes, dieses Werk individualisierendes Material
zur Verfügung steht, gleichwie ein Bildhauer seine Idee stets nur in einem ganz
bestimmten Material verwirklichen kann. Bei den Saiten- und Tasteninstrumenten,
die ja den weitaus größten Teil unserer Musikausübung beherrschen, ist die Bildung
des Tones und damit auch das ZuStandekommen des künstlerischen Ausdrucks
ausschließlich den Händen zugeteilt. Es ist nun verfehlt, nur eine ein z i g e Art der
Tongebung zu kultivieren, da eine begrenzte Anschlags- oder Strichmethode niemals
den Reichtum der natürlichen Gebärden der Hände ausschöpfen kann, der dem
in n e ren Rhythmus der menschlichen Gefühle entspricht. Eine solche einseitige
Spielweise kann nie zur völligen klanglichen Beherrschung einer Komposition
führen. Die Aufgabe der Technik besteht gerade darin, aUes Mechanische, Starre,
einmalig Festgelegte zu überwinden; diese aber ist erst dann erfüllt, wen~ es gelungen
ist, die Hände des Spielers derart auszubilden, daß sie zur sofortigen Ubermittlung
auch der feinsten und differenziertesten Seelenregungen durchaus befähigt werden.

223
Alle InstrumentaItechnik, insbesondere die Ta n bild un g, basiert in erster
Linie auf der natürlichen Ausdrucksmöglichkeit der Hand und jede Studienanweisung
hat nur den Zweck, diese primären Eigenschaften so zu vervollkommnen, daß
es den H änllen ermöglicht wird, die verschiedenen Elemente der Spieltechnik
(legato, staccato, spiccato etc.) in entsprechender Folge miteinander zu verknüpfen
und den Grad der Kraftentfaltung vom zartesten Piano bis zum mächtigsten Forte
durch plötzliches Umschalten oder durch allmähliches Modifizieren (crescendo und
decre scendo) des Bewegungsimpulses zu bestimmen. Die technischen Anweisungen
legato, staccato, martellato, spiccato u. s. w. bedeuten also nicht etwa bloß bestimmte
Spielmanieren, sondern- wie es ja im Wortsinn dieser Bezeichnungen liegt-
vielmehr Ern p fi n dun gen, also seelische Regungen, die sich durch jene Spielweise
erst auszudrücken haben. Der Spieler hat beispielsweise ein Legato oder Staccato
nicht bloß me chan i s ch hervorzubringen, sondern die den Worten legato, staccato etc.
zugrund eliegenden Gefühle haben zunäcbst seinen ganzen Organismus
durchaus zu erfüllen: im ersten Fan die Empfindung einer ungehemmten,
gleichmäßig fließenden, im anderen Fall die einer stoßweisen Bewegung. In ähnlicher
Weise hat das Vibrato der linken Hand auf den Streichinstrumenten eine Lockerung,
Entmaterialisierung und gleichsam Vergeistigung des Tones zum Zwecke.
Viele Lehrmethoden begehen den Fehler, diese Empfindungen, die den Gesamt'
organismus beherrschen sollen, ausschließlich auf die Hände zu lokalisieren. Statt
bloß auslö sende Werkzeuge des Gesamtgefühls zu sein, emanzipieren sich diese
dadurch zur selbsttätigen Bewegungsursache: die Folge davon ist eine Ver'
äußerlichung und Mechanisierung der Kunstausübung. Nur solange sich der Spieler
Ton jenem ihn ganz beherrschenden Gesamtgefühl leiten läßt, ist er imstande, den
seelischen Gehalt des Kunstwerks tatsächlich zu erfassen. Dann wird er auch im
rein Technischen der Tonbildung nicht bloß mechanischen Regeln folgen, vielmehr
wird sich nun auch die technische Ausführung mit unmittelbarer Notwendigkeit
aus dem Charakter der jeweiligen Komposition ergeben.
Das rhythmisch'plastische Gefühl, das sich im Leben durch die natürliche
Gebärdensprache äußert und das am deutlichsten in der Mimik des Schauspielers
hervortritt, wird durch die Musik in gesteigertem Maße wachgerufen und gewinnt
in den Bewegungen des Orchester dirigenten und besonders im Tanz erhöhte
Bedeutung. In letzterem findet die Ausdrucksfähigkeit des ganzen Körpers ihre
VOllendung, so daß der Ta= den idealsten Beweis für den innigen Zusammenhang
von musikalischem Rhythmus und plastischer Gebärde darstellt. Aber auch dem
Spieler steht in der vom Rhythmus diktierten Tonqualität und dyna,
mi s c h e n In t e n s i t ä t ein unerschöpfliches Ausdrucksmaterial zu Gebote. Er kann
dem erhabenen Stil Bachs, des Erbauers wahrer Musikkathedralen ebenso gerecht
werden wie den ewig wechselnden Eingebungen Beethovens oder der Romantik
Schumanns. Nur hierin ruht das Geheimnis der Tonschönheit und Charakterisierungs-
gabe des großen reproduzierenden Künstlers. Je rhythmischer er empfindet, desto
plastischer wird er zu gestalten vermögen und desto reiner wird sich der Geist der
Tondichtung in ihm verkörpern. Die Gefahr allzugroßer Spezialisierung schwindet,
der Ton variiert von Werk zu Werk, von Satz zu Satz und von Phrase zu Phrase.
Die Hand, vom empfindungsgetragenen Rhythmus geheimnisvoll belebt, wird
zum gefügigen, höchsten Zwecken dienstbaren Werkzeug des künstlerischen Ingeniums.
C D

224
u N G A R I s c H E M u s I K
I
Beta Bart6k
Von E.gon Wellesz, Wien
Es war im Jahre 1911, daß ich anläßlich einer Reise nach Budapest in einem
Kreise junger Maler zum erstenmal den Namen Bart6k hörte. Man sprach von
ihm wie von einem Wescn besonderer Art j mit einer Distanzierung und Hoch. .
achtung, die man nur auserwählten Naturen zu zollen pflegt. Man machte mich mit
jungen Musikern bekannt, die seine Werke spielen konnten, und die mir von
seiner Tätigkeit erzählten.
Wie er gefühlt habe, daß die ungarische Musik etwas anderes sein müsse als
die Zigeunerweisen, die man immer dafür ausgab, wie er in den Dörfern seiner
Heimat, dann im Siebenbürgischen, im Flachland zehn Jahre lang unermüdlich die
Schätze der heimischen Volkskunst gesammelt habe, die einen Reichtum und eine
Kraft enthüllten, neben der die Zigeunerweisen verblaßten.
Immer mehr habe er in dieser Zeit den Klaviervirtuosen - der auf eine glänzende
Zukunft hätte blicken können - abgestreift, und sich allein seinen Sammlungen
und der Komposition gewidmet. Um sich den Lebensunterhalt zu verdienen, sei
er Professor an der Musikakademie geworden und erziehe hier ausgewählte Schüler,
ob seines reinen Wesens allgemein geachtet.
Bald darauf lernte ich ihn kennen, und fand die Schilderungen seiner jungen
Freunde und Anhänger bestätigt. Die langen Zeiten der Einsamkeit im Gebirge,
nur im Verkehre mit Hirten und Bauern lebend, haben ihm etwas Schlichtes,
Geradliniges und Unbeirrbares gegeben. Seine Musik trägt davon den Stempel.
Die Jugendarbeiten sind sehr begabte und virtuos ausgearbeitete Klavier-
kompositionen. Mit der geistigen Umkehr kam aber auch die völlige Veränderung
des Charakters der Kompositionen. Seine Mel\(dik gewann aus der Volksmusik
eihe große Stärkung, sein Rhythmus eine elementare Wucht und Natürlichkeit.
Dieser neue Geist offenbart sich in den "zehn leichten KlavierstückenIl und
den Klavierstücken "Für Kinder" (Verlag Karl Rozsnyai, Budapest). Hier kann
man deutlich verfolgen, wie aus der Melodik des Volksliedes die neue Harmonik
erwächst, wie aus der Melodik des Volksliedes wiederum das eigene Melos sich formt.
Die völlige Herrschaft über den neuen Stil zeigen bereits die ,,14 Bagatellen"
op. 6, die zum Besten gehören, was Bart6k geschrieben hat. Sie sind pianistisch
ungemein anregend, ohne zu große Anforderungen an die Technik zu stellen und
im Aufbau prägnant. Bedeutend komplizierter sind die "zwei Elegien" op. 8 b
und die nEsquisses op. 9. Sie stellen den Versuch dar, den virtuosen Klaviersti!
der Liszt-Epoche mit der neuen Melodik zu durchsetzen; Bart6k hat diesen Versuch
später nicht mehr aufgenommen. Denn schon in den "deux Danses Roumaines'"
op. 8 (R6zsavölgyi, Budapest) hatte er die Möglichkeiten gefunden, einen Klaviersatz
zu schreiben, der seiner Melodik und Rhythmik entsprach. Er enthüllt sich ebenso
in den "drei Burlesken 41 wie in dem "Allegro barbaroll, das dem ersten
Hefte dieser Zeitschrift beigelegt war.
Eine besondere Stellung nehmen die "v i erN ä nie s" ein. herbe, von einer
schwermütigen Stimmung erfüllte Stücke, deren Klaviersatz viel Eigenartiges enthält.

225
Zu den Frühwerken schlagen die im Verlag der Universal-Edition veröffent-
lichten StückeT die "Suite-k op.14 und die zwei Hefte "Rumänische Weih..
nachtslieder und Volkstänze" eine Brücke. Auch hier ist das Volkslied in
die Kunstmusik einbezogen. Diese Verschmelzung geschieht aber nicht, wie dies
leider oft Bearbeiter mit fremder Musik getan haben in der Weise, daß die Melodie
in das Prokrustesbett der herkömmlichen Harmonie gelegt ist, sondern durch die Wahl
einer Begleitung, die d.s in der Melodie liegende Element richtig einfaßt, den
Rhythmus mit seinen Freiheiten gut hervortreten läßt, und so den wundervollen
Schatz der volkstümlichen Kunst aus seiner Abgeschlossenheit hebt.
In dem Klaviersch.ffen Bart6ks sehe ich d.s absolut Neue und Einzigartige
seines Schaffens. Hier, in der kleinen Form, deren Architektur dem Lied ent-
nommen ist, hat er Meisterhaftes geschaffen, mit einem subtilen Klangsinn begabt,
streng in der Linie, sparsam in den Mitteln.
Merkwürdigerweise ist aber seine Klaviermusik außerhalb der engeren Heimat
weniger bekannt, als sein 1. Quartett, das auf dem Musikfest in Zürich gemeinsam
mit dem Quartett seines Freundes Kodaly gespielt wurde.
Auch hier ist eine Fülle des Neuen im Aufbau, in der Melodik und in der
Harmonik. Was aber wohl das Wesentliche ist:
Man merkt vor allem eine Persönlichkeit, die zu einem spricht, man spürt eine
elementare Natur, die sich aussprechen muß, und es nur so kann. wie sie es tut;
etwas Zwingendes und Überzeugendes.
Sein zweites Quartett wurde ebenfalls in Wien gespielt; es ist noch persönlicher
als das erste, manchmal von einer fast schmerzenden Energie und Konsequenz.
Aber alles so knapp und wesentlich, wie es nur ein Mensch kann, der mit der
Natur seiner Heimat, mit dem Geruch der Scholle unlöslich verbunden ist.
Das Hineinverweben der heimatlichen Kunst macht auch seine Oper "Blaubart"
zu einem so starken, an die Scholle gebundenen Werk, das wohl nirgends das tiefe
Verständnis finden wird als in der Heimat. Der Text stammt von Bela BaLiz •.
Er hat die Sage von Ritter Blaubart als Mysterium in einem Akte behandelt und
ganz nach innen gelegt. Es ist eine Dichtung von großer Schönheit.
Ritter Blaubart kommt mit Judith, die Haus und Hof, Vater und Bräutigam
verlassen hat, um zu folgen, in die Halle seiner Burg. Sie weiß von den Gerüchten,
die um Blaubarts Veste schweben, ist aber gewillt, ihm alles zu opfern. Blaubart
ermahnt sie, ehe es zu spät ist, ihn zu verlassen, denn seine Burg ist kalt und
dunkel. Sie aber will Licht und Freude bringen, Fenster und Tore öffnen, auch die
großen schwarzen, sieben Türen.
Blaubart will es ihr wehren, sie aber fordert die Schlüsse! und schließt auf. Die
Tür öffnet sich lautlos, in der Wand erscheint ein blutrotes Viereck. Es ist Blau-
barts Folterkammer. Judith erschrickt, dann fordert sie die anderen S,hlüssel.
Blaubart: Judith, Judith, warum willst du's?
Judith: Will's, weil ich dich liebe, Blaubart!
Blaubart: Meine Burg erbebt im Grunde.
Magst nun alle Türen öffnen.
Und so öffnet sie die Waffenkammer, und sieht die Waffen, an denen Blut klebt,
öffnet die Schatzkammer und sieht das Geschmeide, an dem Blut klebt, öffnet den
Blumengarten.

226
BI a u bart: Meiner Burg geheimer Garlet1.
lud i t h: Lilien, hoch wie Menschen ragend.
Mondglanzkühle, weiße Rosen -
Purpurnelken leuchten, funkeln.
N immer sah ich solchen Garten.
BI a u bart: Vor dir neigt sich jede Blume,
Dir zu blühen, dir zu welken.
Die sie schöner blühen macht.
Und ludith sieht, daß an all den Blumen Blut ist, Blaubart aber wird immer
ekstatischer; er sieht nur die Helligkeit, die über seine Burg gekommen ist.
Nun öffnet sie die fünfteTür. Strahlendes Licht flutet herein, sie sieht Blaubarts
Reich. Aber rote Wolken werfen unheimliche Schatten.
Noch sind zwei Türen verschlossen; Blaubart will sie nicht öffnen lassen. Er
will die Freude und den Segen der Gegenwart genießen, an nichts denken. Doch
ludith fordert die letzten Schüssel.
Die sechste Tür springt auf, es wird dunkler. Judith erblickt einen See.
Judith: Welch ein Wasser ist dies, Blaubart?
Blaubart: Tränen, Judith, - Tränen -- Tränen.
Judith: 0 wie stumm und reglos liegt er.
Blaubart: Tränen, Judith - Tränen - Tränen.
Nun weiß sie alles, weiß, wessen Tränen da sind, wessen Blut an allem, was Blau..
barts Leben ausmacht, klebt. Sie weiß, daß hinter der letzten Tür all die früheren
Frauen sind; hingemordet. Sie fordert den letzten Schlüssel, öffnet und aus der
Türe treten die drei Frauen, die Blaubart vordem geliebt hat; lebend. Blaubart
kniet vor ihnen nieder, die in seinem Herzen ewig leben und ihm alle Schätze
gesammelt haben. Judith fühlt sich plötzlich vor so viel Glanz und Schönheit
verarmt.
Und Blaubart singt das Lob der ersten Frau, die er in der Frühe fand, und
der jetzt jeder Morgen gehöre, singt das Lob der zweiten, der jeder Mittag, der
dritten, der jeder Abend gehöre. Und er singt auch von der vierten, von Judith,
die er in der Nacht fand, und der jetzt jede seiner Nächte gehöre. Und schmückt
sie mit Krone, Mantel und Schmuck wie die anderen Frauen, die wieder in die
Türe zurückgetreten sind.
Schön bist du und herrlich bist du,
Warst die schönste aller Frauen.
Sie blicken einander lange an, Judith beugt das Haupt und folgt den anderen
Frauen nach.
Es ist nicht schwer, den symbolischen Sinn der Dichtung, deren Sprachschönheit
im Original ganz außerordentlich sein soll, zu deuten. Die sieben Kammern der
Burg, das sind die sieben Herzen.kammern, in denen das Leben und Leiden des
Mannes ruht. Kein Erlebnis ist an ihm spurlos vorbeigegangen. Er ist gehärtet in
den Kämpfen des Lebens und an seinen stolzestem Sieg klebt Herzblut. Auch keiner
der Frauen, die er geliebt hat, kann er je vergessen; sie sind ihm Gegenwart. Ntin
kommt wieder eine in sein Leben und will die Schwermut seines Herzens heben.
Sie dringt in sein Inneres ein und erhellt sein Leben. Dann aber wagt sie sich zu

227
tief in die Geheünnisse seiner Seele und nun muß er sich von ihr trennen, um
wieder einsam weiterzugehen, ein Erlebnis mehr im Herzen tragend.
Die Musik zu dieser Dichtung ist im Tone den alten Volksliedern angenähert.
Wenn Judith und Blaubart singen, klingt ein balladenhafter Ton, der einen besonderen
Zauber ausübt. Es ist keine - im landläufigen Sinne - praktikable Oper, sondern
ein dramatisches Gedicht mit inniger, gefühlter Musik, und es wäre eine rühm"
liehe Tat, dieses vornehme Werk aufzuführen.
Gleichfalls nach einer Handlung von BaUzs ist das Ballett "Der hölzerne Prinz",
das in Budapest aufgeführt wurde. Auch hier ist die Musik, deren Rhythmen sich
vielfach denen der Klavierstücke nähern, außerordentlich stark.
Es wäre viel darüber zu sagen, welche Stellung die Erscheinung Bartoks in der
Entwicklung der gegenwärtigen Musik einnimmt, doch will ich nicht über eine
Persönlichkeit, die noch im vollen Werden begriffen ist, etwas definitiv Scheinendes
sagen, das vom nächsten Werk widerlegt werden kann. Jedes übertriebene Lob
schadet überdies, da man heute mit Recht in dieser Beziehung etwas mißtrauisch
geworden ist.
Es genügt also wohl der Hinweis auf die Erscheinung Bartoks und seine Werke,
und es soll nicht mehr damit bezweckt werden, als auf ihn aufmerksam zu machen
und zu einem Kennenlernen seiner Werke l1ozuregen. Sie werben besser als Worte.
a a

D I R I G E N T E
III
Felix Weingartner
Von Richard Specht, Wien
Es gibt zwei Dirigenten W eingartner: einen mit und einen ohne Brille. Wenn
er mit dem Auge der Liebe schaut, läßt er es unbewaffnet; die Werke, die ihm am
teuersten sind, trägt er in Kopf und Herzen und für sie bedarf er kaum eines
Blickes in die Partitur. Dann hat er auch die &oh aufgeschlossene, angespannte,
befehlshaberisch energische Miene, mit der er, vielleicht ebenso stark als durch die
straffen, gleichsam die Luft entzweischneidenden Bewegungen des Taktstockes, die
Spieler des Orchesters befeuert und mitreißt. Wenn er Beethoven, Brahms, Liszt
oder Berlioz dirigiert, wird der ganze Mensch jung, ist voll Entzücken hingegeben,
trägt empor und läßt sich tragen, und man merkt ihm ordentlich die kindliche
Freude an, je lauter und beschwingter es hergeht. Während er, wenn er die Brille
aufsetzt - und das geschieht nicht nur bei neuen, modernen Werken, sondern
auch, wenn er Bruckner oder Mahler interpretiert - plötzlich ein ganz anderes
Gesicht hat: ein strenges, schmallippiges, fast schulmeisterlich drohendes, mit
zuckenden Nasenflügeln, gefurchter Stirne, erschlaffenden Wangen und unruhigen
Augen. Es wirkt fast wie ein Maskenabguß. Denn die Gläser, durch die er dann sieht,
sind nicht die rosenroten der Liebe und Begeisterung, sondern die grauen der Pflicht,
der Selbstüberwindung, der Be.orgtheit in der Erfüllung herzensfremder und allzu
01< Siehe ]ahrg. n, Nr. 4 und 5.

228
oft unwillkommener Aufgaben. In .einem Dirigieren liegt dann etwas wie knirschende,
trotzige Energie des Durchhaltenmüssens. Freilich, wenn sich dann doch der Erfolg
einstellt, ist es, als ob ein Krampf sich löste; sein Antlitz wird plötzlich wieder
hell, jugendlich, fast bubenhaft lustig, die schlanke Gestalt hat ihre Elastizität wieder
und das herzliche und frohe Lächeln, das er dann hat, ist etwas Bezwingendes.
Aber dann ist die Brille freilich längst wieder in der Tasche verschwunden.
Er ist der Charmeur unter den Dirigenten. Vielleicht mehr noch als Nikisch,
der früher seine etiorme Souveränität als Orchesterleiter durch reichlich parfümierte
Koketterie, durch die schmachtende Eleganz seines soignierten Wesens, für die die
berühmte Nikischlocke beinahe symbolisch geworden ist, und durch die müde,
elegische Lässigkeit der Gebärde, aus der dann plötzliche Leidenschaft wie ein Feuer-
strahl fuhr, erst publikumsgemäß machte; all diese Äußerlichkeiten waren es, die
diesen Meister des Taktstockes zu einem Liebling gemacht hatten, zumal zu einem
der weiblichen Hörer; und erst viel später erkannte man, daß all dies nur Aufputz,
.aber nicht Grundzug seiner wunderbaren Künstlerschaft war, erkannte seine warm...
blütige, fabelhaft sichere und lebendige gestaltende Kraft und seine ungeheure,
unerreiehte manuelle Bravour - und seither ist auch jene Pose des verwöhnten
Grandseigneurs fast gänzlich von ihm abgefallen. Weingartner ist anders. Ist ganz
ohne Pose. Ganz natiirlich. Er bezaubert nicht durch malerische Gebärden, durch
das' Kokettieren mit schönen Händen, durch die Melancholie des Augenaufschlages
und des blassen Angesichts. Sondern durch seine gestraffte Liebenswürdigkeit und
Frische, durch die gewinnende Helligkeit und Geschmeidigkeit seiner ganzen Art,
durch die Beherztheit und das Unvergrübe1te seiner Orchesterleitung. Gewiß, auch
er ist elegant. Aber er trägt seine Eleganz nicht wie ein Kostiim, und den Frack
mit der Selbstverständlichkeit einer morning dress. Und er distanziert sich nicht
künstlich. Er kommt ins Orchester, wie ein guter Kamerad der Musiker, auch wenn
man sofort den Offiziersrang spürt, grüßt rechts und links mit verbindlichem Kopf-
nicken, besteigt elastisch, beinahe mit jugendlichem Sprung, das Podium, dankt
mit strahlendem Lächeln für den frenetischen Applaus, der diesen Liebling der
Götter und der Frauen jedesmal empfangt, und gibt, besonders wenn ein Beethoven
oder Mozart zu Beginn des Programmes steht, das Zeichen zum Beginn mit einer
Miene, deren leuchtender Überschwang ungefähr besagt: Jetzt kann.'s losgehen. Und
dann geht es wirklich los - je rascher, beschwingter, turbulenter in gespannter
Steigerung, desto besser. Wenn lebhafte ~hythmen sich schürzen, die Themen gegen-
einander splittern, das Netz der Durchführung immer heller schimmert, und gar
'wenn es in schmetternden Fanfaren strett.mäßig zum Schlusse eilt - dann fühlt
man, er ist ganz in seinem Element und erlebt immer wieder Höhepunkte seines
Daseins.
Er ist kein Dirigent der Innerlichkeiten und der subtilen Unterstreichungen. Er
geht aufs Ganze. Starkes Differenzieren, die Detaillistik im Abschattieren des
Dynamischen, in der flexiblen Modifikation des Tempos, allzu absichtliches Hervor-
heben einzelner thematischer Züge, ist ihm fremd. Ebenso wie alle schmachtende
Rührseligkeit. Er ist gar nicht empfindsam, steigert sich aber auch selten zu seelen-
vollem Überströmen des Gefühls, hält sich von einem Espressivo um jeden Preis
durchaus fern und bleibt lieber auf der Linie eines gesunden Mittelmaßes des Aus-
druckes. Hier liegt (für mein Gefühl wenigstens) ein Manko, das sich besonders in
seiner Wiedergabe innig leidenschaftlicher Andantesätze äußert: sogar in Beethovenschen

229
Adagios, die gewiß von aller Sentimentalität freizuhalten sind und durchaw;
in der Sphäre kraftvoller Mannhaftigkeit schweben, .teHt sich bei ihm oft der Ein'
druck ein, daß er nicht genug in die Tiefe bohrt, daß nicht alle Brunnen springen,
daß das Übermaß der Empfindung, die hier waltet, zu einem Normalmaß herab-
gemindert wird. LeI Manko übrigens, dessen Kehrseite alle Vorzüge des Wein'
gartnerschen Dirigenlcnwesens aufzeigt: wenn er weite Bögen zu spannen hat, rhyth'
mische Feuerpulse fliegen, die Themen gleich wehenden Fahnen im heißen Sommer,
wind zU flattern scheinen, ist er ebenso unvergleichlich in seinem Schwung, seinem
blitzenden Temperament und seiner unwiderstehlichen Verve, als wenn er die
brennenden Farben eines kühnen koloristischen Alfresco in Tönen nachmalt. Wie
er das zerschmetternde nlasciate ogni speranza" in dem Posaunenbeginn der Liszt,
schen Dante,Sinfonie erschreckend grimmvoll herausholt, oder die unerbittlich vor,
wärtsstoßenden Rhythmen des Berliozschen Hinrichtungsmarsches, die zerrende Größe
dieser blutigen Groteske und ihren furchtbar dröhnenden Henkerbeilschlag an,
schaulich macht, das hat nicht seinesgleichen. In solchen Momenten ist er selbst
ganz verwandelt. Die bestechende Liebenswürdigkeit des Dirigenten, der jeden
richtigen Einsatz wie eine ihm persönlich erwiesene Freundlichkeit quittiert und
der den Willen, den er den Musikern aufzwingt, gleichsam in die Bitte um ein
nur der freiwilligen Gefälligkeit und nicht etwa der Pflichterfüllung abzuverlangendes
Crescendo oder Rubato verkleidet, wächst in solchen Momenten zu unerbittlicher und
unnahbarer Starrheit empor; die. Hände, von denen die linke durch den abgesonderten
vierten und fünften Finger manchmal die sehr charakteristische Haltung hat, mit
der elegante Leute der früheren Zeit die Kaffeetasse zu fassen liebten, ballen sich
zu eisernen Fäusten, die frisch beherzten Schläge seines Taktstockes scheinen zU
Peitschenhieben zu werden, das Gesicht ist wie zu Bronze erstarrt, der Körper
wächst über sich hinaus - und jetzt prasselt ein Sturm von Musik auf den wider'
standslosen Hörer los, der sich, beklommen und betäubt, unwillkürlich an den
Seitenlehnen seines Sitzes festhält, um nicht mit fortgefegt zu werden. Es sind
Weingartners schönste Momente. Dann brennt es lichterloh in ihm und im ganzen
Saal. Dann gibt es jene Augenblicke der einzigen wahrhaften Magie der Kunst: die
des völligen Selbstvergessens, des Außer,sich und in,die,Musik,Geratens, der voll,
kommenen Entführung auf leuchtende Höhen.
Er führt nicht immer auf so steile Gipfel. Die jähen Ekstasen im Hinreißen
zum Äußersten und Letzten, die hemmungslos aufschlagenden Leidenschaften der
VerzweiHung, der Seligkeit, der schmerzlichsten Verzückung sind nicht die seinen.
Oder vielmehr: sie sind es nur in seltenen Minuten. Er ist ein Feind alles Ex,
tremen, liebt die einsamen Wege nicht, hat eher die Empfindungen einer geselligen
Natur, als die einer hochmütig abgeschlossenen, trotzig abweisend auf sich gestellten.
Er führt auch nicht auf solche Wege, ist überhaupt kein Vorangehender, Vorwärts'
weisender, keiner, der sich ungestüm für unentschiedene oder gar fragwürdige Werte
einsetzt, liebt auch im Neuen eher das Gefallige, freundlich Anspruchslose, reinlich
Gezimmerte, als das Schroffe, ungebärdig Suchende, aus dunklen Tiefen Hervor'
gestammelte, genialisch Zerrissene, ist unberechenbar dort, wo er zum Kämpfer
wird, überrascht oft durch Seitensprünge (seine Spitteler,Broschüre!) und durch Rück,
fälligkeiten (seine Brahms,Entdeckung!), die ja seiner Überzeugung sicherlich das Vor'
wärtsschreiten zu einer Gesundung bedeuten, die nur eben leider dem empfind-
licheren Geschmack als die nicht unverdächtige Gesundheit des Menschenverstandes der

2ao
kompakten Majorität erscheinen will. Er ist entgegenkommend, sogar wenn er Beethoven
dirigiert; zwingt nicht seinen singulären Begriff "Beethoven" der Masse auf, sondern
bringt ihr die ideale Verkörperung dessen, was als Beethovenbegriff in ihrer Vor-
stellung lebt. Oder als Mozartbegriff oder Mendelssohnbegriff. Eine Ausnahme viel-
leicht bei Brahms, den er manchmal merkwürdig stark, herbe, passioniert, mit
ganz persönlicher Überredungskraft zu heftigen Akzenten bringt. Während er un-
geliebte Werke, sicherlich ohne es zu wissen, manchmal so dirigiert, als wollte er
sie ad absurdum musizieren - mit einer fast nichtswürdigen Höflichkeit und sorg-
fältigen Glätte, die aber nur mit der Oberfläche der Sache, mit der Fassade gleich-
sam, zu schaffen hat; die Eingangspforte ist verschlossen geblieben. Aber auch das
entspricht der Neigung der Vielen, die nur ungern in fremde Häuser der Kunst
eintreten und lieber draußen spazierengehen ; besonders wenn ihnen dabei so
reizende Gesellschaft ein gutes Gewissen für dieses Draußenbleiben schafft. Vielleicht
ist es eben das, in Verbindung mit der Maske seiner liebenswürdigen Eleganz, was
ihn in solchem Maße zum Liebling dieser kompakten Majorität gemacht hat. Einer
Eleganz übrigens, die nicht das mindeste vom Dandyturn an sich hat und die trotz-
dem ganz gewiß eine Maske ist: wer auch nur für Augenblicke das von Leiden-
schaft zerwühlte oder von ungeheurer Energie gespannte Gesicht des Künstlers
gesehen hat, wie es sich in seinen höchsten Momenten auf Sekunden enthüllt, der
wird dieses Gesicht nicht mehr vergessen können, wird es unbedingt für sein wahres
halten und sich durch jene Maske nicht täuschen lassen. Aber, da er selbst sie
immer wieder vornimmt und nicht nur sein Antlitz, sondern sein ganzes Wesen
unter ihr versteckt (zumeist sogar in seiner eigenen Musik), soll er auch nicht
anders gezeichnet werden, als er selbst sich der Welt zeigen will. Der andere, wirk-
liche Weingartner, der gewiß einmal ganz zum Vorschein kommen und dann in
seiner ganzen Problematik als Gesamterscheinung, nicht nur als Dirigent, gewertet
werden mag, ist sicherlich viel reicher, hemmungsloser, verschwenderischer hin..
gegeben, fesselnder und abseitiger als der Charmeur, als der er sich so gerne gibt.
Aber er wäre eben so sicherlich viel wemger beliebt.
o 0

DAS SYMPHONISCHE SCHAFFEN


GERHARD VON KE USSLERS
,
Von Paul N ettl, Prag
Viel hat der Dichter und Komponist der "GefängnisseU'" zu geben. Wer dieses
Musikdrama mit seinem tiefen Gehalt und Ausdruck geschrieben hat, der ist be-
rufen, bei der Fortentwicklung der Tonkunst im allgemeinen und der Oper im
besonderen mitzusprechen, Und da ein Werk von der Bedeutung der "Gefängnisse U
'" Hier ein paar biographische Daten: Keußler, 1874 zu Schwanenburg in Livland geboren,
stammt aus einer alten, deutschen, im Baltikum ansä.ssigen Familie. Er studierte anfangs Natur..
wissenschaften, wählte aber 1900 die Musik zu seinem Beruf. Keußler war SchUler des Leipziger
Konservatoriums und studierte gleichzeitig an der Universität Philosophie und Musikwissen..
schaft (Kretzschmar). 1902 promovierte er zum Dr. phil., 1907-1918 war Keußler Dirigent
des Prager "Deutschen Singvereines" und "Männergesangvereines ll• Als solcher hat er dort Un . .
vcrgeßliches geleistet. Seither ist er Dirigent der Hamburger Singakademie.

231
nicht plötzlich uber Nacht zustande kommen kann, so ist es lohnend, uber die
Vorbedingungen, über die früheren Hauptwerke Keußlers Rückschau zu halten. V cr
allem über die eigentliche Technik, des Kräftespiel zwischen Idee und Materie.
Die ältesten Werke Keußlers, die mir vorliegen - symphonische Dichtungen
und Liederzyklen - sind bereits vor zehn und mehr Jahren geschrieben. Nicht ver-
einzelt finden sich in ihnen Merkmale, die heute Keußlers konzentriert künstle-
rische Physiognomie bilden; Keime, aus denen sich die jetzt reifen Früchte ent-
wickelt haben. Gleich der "Einsiedler", das erste Orchesterwerk Keußlers, tritt
mit so ausgesprochen individuellen Zügen auf, daß seine letzte Aufführung in
Darmstadt, als es schon zwölf Jahre alt war, mißverständlich als Uraufführung
eines soeben geschriebenen Werkes bewertet wurde. Um das Eigenartige der
Orchestersprache Keußlers vor Augen zu führen, bedarf es natürlich vorgelegter
Partituren. Was sich aber in Worten sagen läßt. soll hier in Kürze skizziert
werden. Da steht im Vordergrund eine Art Orchesterdialog. Charakteristischen
Instrumenten werden bestimmte Rollen zugewiesen und nach der Exposition ist
es besonders interessant zu vernehmen, wie der Ideenaustausch, die folgenden Ver'"
hältnisse von Bewegung und Spannung aus den gegebenen Charakteren selbst
herauswachsen; wie die entstehende musikalische Form nicht einem apriori
gegebenen Schema nachkommt. sondern aus der Thematik selbst geboren wird,
aus der Gegensätzlichkeit der Themen selbst, deren jedes - um sich als mit-
bestimmender Gedanke zu behaupten - immer neue Argumente, neue harmonische
Einkleidungen und neue rhythmische Bedingnisse hervorholt. So stellt sich die
Durchführung als ein äußerst lebendiger dramatischer Dialog dar, wobei unter
dramatisch ein Drängen zur Tat verstanden wird: Es treten da Hauptthemen, die
man in der zweiten Durchführung in heftigstem Dialog als unversöhnliche Gegen-
sätze kennen gelernt hatte. zu gemeinsamen Worten zusammen. Mit welcher Art
dichterischen Gehaltes der Hörer die einzelnen Themen füllen mag: ob er - was
das Natürlichste ist - sich an das Gedicht hält, welches der Symphonie als Motto
vorangestellt ist; oder ob er sich selbst als Einsiedler mit eigenen dichterischen Ge-
danken über die abstoßenden und anziehenden Kräfte unserer Welt in die gegebenen
Themen einfühlt; oder ob er endlich von der primitiven Direktive der Gefühle,
der Überschrift des Werkes Abstand nimmt: das musikalisch Gegebene an Kampf
und Überwindung in Keußlers .. Einsiedler" überzeugt.
In bezug auf das künstlerisch-intellektuelle Ausdeuten symphonischer Musik ist
die Kritik heute in zwei Lager gespalten. Die extreme Hermenentik mußte natur-
gemäß ihr Gegenextrem, die rein formalistische Analytik wachrufen. Bei aller
Gegensätzlichkeit dieser Richtungen bleibt aber prinzipiell das eine bestehen, daß
etwa ein aufgebäumtes Tutti in scharfen Dissonanzen dort ein Koloß auf tönernen
Füßen ist, wo ihm nicht Affekte, bestimmte große Gemütskräfte zugrunde gelegt
sind. An starken, musikalisch zwingenden Affekten sind auch die Durchführungen
der übrigen Orchesterwerke Keußlers reich. Während aber der "Einsiedler" getreu
seinem Gedichte durchwegs rein Subjektives, SelbsterIebtes schildert, wie auch alle
Lieder Keußlers, verlegt der Komponist der .. Morgenländischen Phantasie"
seine Gefühlswelt in das Herz der alttestamentarischen Könige, die bei Nacht ihren
Gräbern entsteigen, um Ausschau zu halten nach dem Stern, der ihren Nach-
kommen die Geburt des verheißenen Messias künde. Das .. große Warten", die
große Sehnsucht nach einer erlösenden Kraft, welcher jeder ernste, erden bedrängte

232
Mensch als eine Verheißung in sich trägt, dieses subjektive Element an bereits
j

bestimmten Größen - den alttestamentarischen Königen - zu 0 b j e k t i v i er e n,


das gibt Keußlers "Morgenländischer Phantasie" einen mehr epischen Charakter.
Stilistisch besonders interessant erscheint "A u fe r s te h u n gun d j ü n g s t e s Ge-
r ich t'\ ein symphonisches Fresko mit Rezitation. Es ist am meisten dazu geeignet,
Keußler als Stürmer und Dränger zu zeigen. Das Werk ist 1904 gedichtet und
komponiert. Als Programm-Musiker ist er hier am weitesten gegangen. Die
Weckrufe der Wärter des jüngsten Gerichtes fordern die Auferstehenden vor
den Richterstuhl. Alle Typen, die Hoffärtigen und Sanftmütigen, die Zwieträchtigen
und Friedfertigen, die Hochmütigen und Reuigen versammeln sich. Das Gericht
wird gehalten. Da, nach dem Sturz der Verdammten, hebt sich hinter dem Orchester-
raum ein Vorhang, der von wallenden Wolken gebildet wird. Eine hell erleuchtete
Bühne wird sichtbar. Die Gemeinde der Seligen hat sich um den leeren Thron der
Richter gelagert. Im Vordergrund steht ein Wärter; auf ihn tritt ein kleines Kind
zu und fragt: "Habt Ihr auch meine Mutter in diese Tiefe gestürzt?" Es folgt eine
Rede des Wärters, welche den Sinn des Himmels und der Erde erklärt und die sieben
Todsünden als ein mißverstandenes Spiel darlegt. Die Stimmung der Szene und
des rezitierten Textes ist vom Orchester fortlaufend untermalt. Das technisch be-
merkenswerteste an diesem Fresko ist die Heranziehung der Bühne als ergänzendes
Element der Programm-Musik in einem Augenblick, in welchem die dichterischen
Gedanken - die mystischen Umwertungen der sieben Todsünden - durch Musik
allein nicht darzulegen sind.
Die technische Idee, bei der Programm-Musik alle darstellbaren Vorgänge ins
Bühnenmäßige zu übersetzen und so statt der Lektüre des Programmbuches Szene
auf Szene zu bieten, hatte Keußler schon früher in einem umfangreichen - etwa
dreistündigen - Werk, den "Wandlungen" verwirklicht. Diese symphonisch-
dramatische Phantasie, die sich, ihrer Entstehungszeit nach, dem "Einsiedler!' an . .
schließt, kann in gewissem Sinne als Vorläufer in der Oper "Gefängnisse tt gelten.
Nur ist hier die ästhetische Rolle des symphonischen Elementes modifiziert. Denn
der Schwerpunkt ist auf vier Zwischenspiele - bei gefallenem Vorhang - gelegt.
Diese Sätze bilden - einzeln herausgenommen und aneinandergereiht - eine
Symphonie. Hält man sich an die üblichen Satznamen, so ergeben sich: ein Durch-
führungs-Allegro, ein Andante, ein Scherzo und ein feierliches Schluß-Allegro. Zur
vollen Wirkung können indessen die vier Sätze erst in ihrer dramatischen Dienst...
stellung gelangen, in ihrer assoziativen Unterordnung. Denn die Themen, aus denen
sie bestritten werden, entstammen szenischen Vorgängen. An ihre Linien haben
sich bereits vor ihrer rein symphonischen Verarbeitung in den Zwischenspielen be-
stimmte Vorstellungen geknüpft und insofern nähern sich diese Zwischensätze,
ästhetisch betrachtet, dem eigentlichen Ideal der Programm-Musik.
In der Behandlung des Chores, seiner Heranziehung als mitbestimmende, ge-
legentlich auch zwiespältige Person, hat Keußler in seinen Oratorien "Vo r der
hohen Stadt" und "Der Tod" die interessantesten technischen Probleme auf-
gerollt. In letzterem Werk übt die packende dichterische Gestaltung der inbrünstig
herbeigerufenen letzten Stunde eine unerhört starke, fortreißende Wirkung.
Keußler. Formgebung in den Chören ist durchwegs organisch, das heißt sie folgt
natürlichen Entwicklungsgesetzen, keinen Schemen. Von einem glühenden Tem . .
perament getragen, strömt das Melos dahin t seiner dichterischen Freiheit, eIner

233
neuartigen licentia melo-poeti,", gewahr. Der Einheitlichkeitsgedanke liegt mit
seinen zureichenden Schwerpunkten im Text.
Ande:rs, in musikalischer Einheitlichkeit, in wesentlich anderem Formen. .
smluß stehen die oben genannten Instrumentalwerke. Hier ist der Ton grundsätz-
lich nicht bloß Träger eines ausgesprochenen Gedankens, sondern alleiniger Dolmetsch
der Gefühle.
Hier gibt der Künstler jedem Unvoreingenommenen Werte voll dichterischen
Gehaltes und musikalischer Gefühlskraft in hohen Formen. In letzter Zeit er-
smienen neue Werke Keußlers, groß angelegt und reich an fruchtbaren Anregungen
für jeden, die wohl bald im Musikleben Deutschlands ihre Rolle spielen werden.
D a

M I c H A E L B o H N E N
Von Joachim Beck, Berlin
Durch die Erscheinung Michael Bohnens ist das Idealbild des "singenden Schau-
spielers" wirklich geworden. Die letzte ideale Inkarnation eines bestimmten Sänger-
typus stellt der Tenor Caruso dar, in dem die glänzenden Vorzüge des italienischen
Temperaments und der italienischen Kehle vereint und zur Vollkommenheit erhöht
schienen. Auch das Phänomen Bohnen, so sehr die unfaßbare Extensität seiner An-
lage über nationale Grenzen hinausweist, läßt sich ethnologisch vollständig begreifen
und als der deutsche Mensch auf der Opernbühne definieren. Als der deutsche
Mensch, der zum ersten Male seit Niemann wieder die Gattung des musikalischen
Dramas mit bezwingender Macht erfüllt hat. Um solche Bestimmung erreichen zu
können, bedurfte es einer Häufung aller Gaben und Fähigkeiten auf einen Menschen.
Und das ist Bohnen: stärkste Persönlichkeit, feinster Psycholog, Besitzer des ge-
waltigsten Organes sowie der ausdrucksfähigsten Körperlichkeit, eine Anomalie
hinsichtlich der künstlerischen Radienweite, die das seriöse wie das Buffofach, Bari-
ton- wie Baßpartien, die romanische wie die deutsche Oper umgreift.
,
Schauspielkunst ist Körperkunst . .. Ist es auch da, wo die Natur dem Mimen
absonderliche Gestalt, welche immer zu besondersartiger Wirkung verhilft, mit
gab. (Ein Pallenberg oder Schildkraut bÜden Musterbeispiele.) Bei Bohnen nun hat
der Körper - ein Körper von athletischen Maßen - seine höchste Vollendung
und Durchbildung gefunden; den Zweck erreicht, Mittel der Schöpferidee zu
werden. So ward er dem Sänger ein bedingungslos gehorchendes Instrument seines
Willens, das Gefaß seiner Kraft. Einer Kraft, die ganz Fleisch geworden und hyper-
ämisch prall ist. Die sich jederzeit vital entladen möchte. Die jenen überwältigenden
Ersteindruck bestimmt, den seine Person gleich beim Erscheinen auf der Szene übt.
Wahrend der ersten Augenblicke gibt Bohnen, wunderbar komprimiert, den Extrakt
der zu verkörpernden Figur, deren Schicksal, Vergangenheit, Zukunft, durch das
bloße Da-sein gleichsam beschlossen liegt. Die geringste unwillkürliche Lebens-
äußerung, der Schritt, das Tragen des Kopfes, der Schwung einer Armbewegung,
ein aufleuchtender Blick, schafft weitest. Prospekte. Der Bart des Mannes knickt
ein - den Sturz einer Welt bezeichnend. Wo sah man schon je eine derartige
Beweglimkeit der Gliedmaßen, eine so eindringliche Sprache der Hände, ein solch

234
beredte. Augenspie!, wenn nicht bei Schaljapin, des.on Erbe der Deutsche mehren
soU? Nur noch der Bühnenmensch PanI Wegener wirkt gleich unmittelbar auf dem
heutigen Theater.
Ein monumentaler Naturalismns wurde die Darstellungsweise des jugendlichen
Talentes. Seinem männlich gehärteten Wesen, welches dem Jünglingturn längst ent-
wachsen scheint, blieb keine weitere Wahl. Es durfte während jener Jahre, wo sonst
jache. Ungestüm für Menschentum steht, der at-fresco-Manier einer aus Tempera-
mentsüberschüssen wirtschaftenden italienischen Schule entraten; brauchte nicht aus
der Not zu schwachen Gestaltungsvermögens die Tugend einer linearen Zeichen-
kunst herzuleiten, die zumeist Veranlagungssache, selten Prinzip, Resultat einer
Erkenntnis ist. Resultat der (richtigen) Erkenntnis, daß es unmöglich, jenes Mehr
an Zeit, welches die Musik beansprucht, sinngemäß pantomimisch auszufüllen. Was
soll auch der ewige Parallelismus von Melodie nnd Gestus? Die musikalische Linie
optisch zu projizieren, hat selten einen Sinn; das bißehen Grundcharakter einer
Opernfigurine auszuprägen, manchmal einen. Oberstes Erfordernis bleibt die Ein-
fühlnng in das einmalige abgeschlossone Kunstwerk. Wer dafür Empfinden hat,
kommt zu dem Schluß: die nichtveristische undramatische komische romantische
Oper verlangt eine ganz spezifische Ausdrucksart, Loslösung von allzumenschlichen
Relationen, Betonung formaler Elemente etwa, rhythmische Akzentsetzung, Redu-
zierung des plastischen Spieles auf ästhetisch beruhigte Bewegungen. Eine moderne
Frau wie die Kemp mag das erspüren und triebhaft, nicht mangels schöpferischer
Potenz dieser Methode folgen: Bohnen kann das nicht, denn hier verläuft die
Grenze, die seinem Naturell gezogen ist. Die überlebendig-realistisch-erdrückende
Ausgostaltung eines !sispriesters (bei Verdi wesenlose Figuration) bewies, was klar-
stand: daß er keine artistische Begabung, sondern ein Charakter - wenn schon
einer von fast allseitiger Spannweite und ragender Größe. Daher das Riesenformat
der Entwürfe, daher die "Wandlungsfähigkeit" des schauspielerischen Ingeniums,
dem nichts Menschliches fremd, das indes versagen muß, wenn es aus der Lebens-
zone in ein autonomes Phantasiereich treten soll, weil es als Schaffensgesetz einzig
die Wahrung, die Bejahung der vitalen Eigenart in sich trägt. Alle Gebilde des
Künstlers sind nur Bestätigungen seines Ichs. Dieses Ich überspannt sämtliche
Affekte, durchmißt gewissermaßen noch einmal die endlose Entwicklungsbahn von
mythischen Uranfangen bis zur Gegenwartsphase. Indessen nicht die Tatsache, daß
Bohnen die heterogensten Aufgaben meistert, scheint das Erstaunliche an ihm -
jede Natur ist "ambivalent", ein Organismus freier und widerspruchsvoller Einzel-
heiten - vielmehr die sichere Abtönung seiner individuellen Zeichnung.
Der Sprung von einem Mozartschen Märchenkönig zu d' Alberts willenswütigem
Bauerndespoten ist achtunggebietend weit, aber die lustige Reihe Figaro, Falstaff,
Ochs, HeiratsvermittIer differenziert nur einer mit dem gestuftesten Sinn! Welch
inneren Reichtums es dazu bedarf, wird erst augenfällig, wenn man die eigentüm-
liche Künstlerschaft Michael Bohnens in ihrem Kern erkannt hat: Markes Ent-
sagungsschmerz, Kaspars Besessenheit, Neluskos Hundetreue, Rigolettos Narren-
geschick bedeutet bei ihm kein Tragieren, sondern ein Erleben. Er spielt nicht, er
ist. Und dennoch geschieht das Unglaubhafte, daß seine Leistung deckend, sachlich,
durch Eigenzüge ungetrübt bleibt: das Subjekt löst sich im Objekt - restlos, Die
Rolle wird zum Tribunal der Leidenschaften. Herzblut strömt. Die Lehmann kann
nicht wahrer sein. Ecce homo.

235
Inluitiv <rfaßl Bohnen da. dar.leU.ri.che Problem. Er 'gelangt nicht .. uf .." ..Iy-
ti::tchem Wege, sorgsam klitternd, vom Detail zur Ganzheit. Sein Geniefunke speist
die Nuance mit zentralem Licht; von dem erhält sie Glanz, Intensität, Helle; und
wenn die Zahl, wenn die Lebensfülle der Einfälle den Konzentrationspunkt in
Bohnens Schöpfungen verdunkeln, so darf man deshalb keinesfaUs glauben, der
Sänger arbeite, vom Instinkt allein getrieben, ohne vorgefaßten Plan. Stets bleibt
die "Idee" bei ihm das Primäre. Er sucht das Gelenk der Rolle, bevor er ihr Blut
zuführt. Gierig schießt er dann in die Form ein, die fast zu zerspringen droht. Die
Daseinsfreude spritzt ihm aus den Poren, wenn er als Escamillo an die Rampe
stürmt und. theatralisch aufgeweckt, mit Augen, die selbstverliebt im Kreise
wandern, das Torrerolied greifbar vor uns aufbaut. Hier gibt der Sänger dem Über-
druck seiner Vollnatur unbedenklich nach. Wo er sich jedoch von der Bravourpartie
zu wahrhaft tondramatischen Aufgaben wendet, mäßigt scharfsichtiger Geist, ein
hochentwickelter Intellekt die Spielwut und wahrt Form und Architektonik der
Rolle. Hieraus erklärt siCh die Reife, die mannhafte Geschlossenheit der Bohnen-
sehen Gestaltungen. Eine wundervolle Bonhomie strahlt aus jeder seiner künst-
lerischen Äußerung~n und durchwärmt noch einen boshaften Tschechen von innen
her. Bohnens starke Säftemischung gibt den Menschen, denen er Atem einbläst,
etwas Ungebrochenes. Gurnemanz - die heiligste Offenbarung seiner Kunst
- bietet bei ihm keineswegs den Anblick seniler Verschrumpfung, sondern welt-
zugewandter Rüstigkeit, ohne daß der Heiligenschein von seinem schütteren Petrus-
kopfe wiche. In der Berührung mit Richard Wagner müssen nun freilich die Kräfte
eines urwüchsig Gewaltigen zur freiesten Entfaltung kommen. Bohnen ist der
Wagnersänger der Gegenwart. Der einzige, den unser Zeitalter gezeugt hat. Die
andern suchen den Hochstil und finden ihn bestenfaUs: Er hat ihn. Sein W otan
bedeutet eine theatergeschichtliche Tat, Walhalls Entgötterung, die Überwindung
der Sage durch den Mythos, eine Enzyklopädie aUer Menschlichkeiten, ein Offell'
baren letzter Schöpferintentionen. In anderen FäUen gibt eine Diskrepanz zwischen
dichterischer Absicht und der Wesensart des Mittlers Anlaß zu bedeutsamen Um-
schichtungen des poetisch-musikalischen Urbildes oder des überlieferten Bühnen-
typs. Bei Mozart wird das besonders beispielkräftig. Bohnens zeiterhabene Persöll'
lichkei! hebt sich riesengroß und schattenwerfend von dem miJieubestimmten
Hintergrund, gegen den Don Juan oder Figaro gestellt sind. Jener wird unter seinen
Händen zum Repräsentanten des Ewig-Männlichen, als solcher gekennzeichnet durch
den ullhistorischen Schnurrbart j dieser aus einem Rokokomenschen zum Wort . .
führer der Geknebelten. Das Schlagwort vom monumentalen Naturalismus, das ich
gebrauchte, verlöre darnach aUe Richtigkeit, wollte man es unter dem engen, be-
grenzenden Gesichtswinkel des Impressionismus fassen. Denn Bohnens Kolossal-
figuren sind aus einem Material, das die Zeitläufte überdauert. Doch wenngleich eben
die Wucht, mit der sie hingesetzt sind, ihnen das Gepräge verleiht: wertvoll, vor-
bildlich werden sie erst durch die Subtilität der Ausformung. Diese Subtilität, eine
jüngste Erreichnis angeblich, ist die Emanation eines verfeinerten Geistes, der in
der· Tat den Gehirnkampf unserer Tage gekämpft hat, um nervös.,:, doch nicht
schwächer aus ihm hervorzugehen. An dem Raffinement moderner Charakteristik
gemessen erscheint das klassische Pathos ebenso leer wie grobschlächtig und also
machtlos gegenüber der Aufgabe, geheimste See1envorgänge aufzudecken, die Zer-
spaltenheit oder den Widerstreit oder die Überlagerung der Gefühle sichtbar zu

236
machen. Bohnen vermag cl.lS. Sein Gesicht spiegelt jegliche psychische Regung.
Eine unendlich sublime Maskenkunst unterstützt ihn darin. Die Köpfe des Bildners
sind von phrenologischer Zwangläufigkeit und nicht gebunden an den Zufall der
ausgesprochen runden Schädelform, die unveränderlich scheinen möchte. Aber eine
meisterliche Schminktechnik überwindet den Widerstand: der Typus wandelt sich
beliebig ab, mit ihm der seelische Ausdruck. Dann setzt der Künstler mit~bild;
hauergleichem Geschick die einzelnen Gesichtsteile in ein mathematisch genaues
Verhältnis zueinander. So wirken seine überlebensgroß stilisierten Masken immer
echt, gleichgültig ob er als Ramphis in einem langen, ausgebrannten Gesicbt,
in dem nur mehr die Augen flackern, oder als massiger Strauchdieb Kaspar er'
scheint, die zerschundene Visage von einem rötIich. .schwarzen Bart umrahmt, oder
ob er in der Charge des Großinquisitors den ganzen Dominikanerfanatismus auf
die Bühne bringt.
Ich habe Bohnen den "singenden Schauspieler" genannt und demzufolge ver-
sucht, sein Kiinstlertum charakterologisch zu erfassen. Bei Caruso müßte man von
dem Wunder der Stimme ausgehen: ihr unterstellt sich das gesamte Schaffen. Der
Deutsche empfangt den Antrieb vom Drama und' so erlebnisstark ist seine Menschen'
kunst, daß man die "Oper" darüber gänzlich vergißt. Zöge man einmal den Musiker
von seiner Persönlichkeit ab, man behielte dennoch das W ..entliche zurück - eine
merkwürdige Tatsache, wenn man bedenkt, daß der Sänger in ihm keineswegs ge-
ringer ist als der Darsteller. Doch gerade weil der Künstler in souveränster Weise
über seinen Kehlkopf gebietet, unterschätzt der Hörer die gesangliche Leistung, die
sich so mühelos anläßt. In Bohnens Munde wird das Wagnersche Parlando zur All,
tagssprache, so machtvoll gestaltet dieser Meister des Wortes die Phrase, so muster-
gültig ist seine Textaussprache und so eigenwillig und rücksichtslos freilich auch
seine Behandlung des Musikalischen, welche den Kapellmeister häufig umzu-
werfen droht. Zu alledem ward dem Manne das umfangreichste, voluminöseste,
dröhnendste Organ, das es heute in Deutschland gibt, ein Baßbariton, der einen
Klang hat, als schlüge jemand mit schwerem Klöppel auf mächtige eiserne Platten.
Der Ton, welcher vibrierend aus den untersten Tiefen steigt, wird nicht sogleich
herausgestoßen, sondern nach italienischer bei canto-Manier von der Kehle nach
vorn geleitet, dort rund geformt und kelchartig geöffnet, so daß er seine Schönheit
voll entfalten kann, eine Schönheit, die nicht schillernder Lack, wohl aber Beseelt-
heit ist.
o

Der Wotan des "Ringes", den uns Michael Bohnen zeigen soll, wird sicherlich
die großartigste Kundgebung, die bedeutsamste Manifestation des Künstlers werden,
wie der Mephisto bisher seine imposanteste, Gurnemanz die erhabenste, Hans Sachs
seine intimste, lebensvollste, fesselndste Schöpfung war, die herzlichste Erfüllung
dieser echten Figur, ein Triumph der neuen psychologischen Methode und eine
endgültige Absage an die Pose. Sachsens beispiellose Popularität entspringt ja eben
daraus, daß er die Personifikation der Volksseele ist. So gibt ihn Bohnen. Hart,
holzschnitthaft, humorig, voll jovialer Breite und suggestiven Zaubers. Der massive
Kopf mit dem klugen, gütigen Auge unter den buschigen Brauen trägt unverkenn'
bar Dürersche Züge. Deutlichst erhellt der Künstler die Entwicklungslinie des eha,
rakters" die aus späten sexuellen Wirren zu freudigem Entsagen, von stumpfem

237
Mißverstehen zum Erlebnis der Kunst führt. Di""er Schuster hat nichts Heide",
baritonales mehr. Er schleudert sich nicht in den Mittelpunkt der Szene, sondern
tritt unauffällig, beinah schüchtern unter die Meister und bleibt auch während de.
sieh entspinnenden Disputs mit sich und seinem Bart beschäftigt: ein vergrübelter,
umkrusteter Fünfziger, der sich selbst genüge ist. Erst als Evas Mädchensoel. ver,
schachert werden soll, wird er warm; da spricht er von den Herzensdingen in einem
verschämten Menschenton, bis ihn Beckmessers Gegenrede aufreizt und nun sein
Widerwille gegen den Stadtschreiber in prachtvoll instinktiven Äußerungen fühl,
bar wird. Trotzig wippend, ein Kampfhahn, steht er ,\,or den Kläffern, indes er
Walther in fast jünglinghaftem Enthusiasmus befeuert. Gegen den ist er, in weh,
mütigem Gedenken an die eigene Jugend, voll väterlichen Wohlwollens; gegen
Pogner von biederer Kollegialität; gegen David patriarchalisch streng, wie gegen
Evchen behutsam. Für den Merker hat er eine schalkhafte Ironie und, gereizt, einen
überlegenen Sarkasmus, der bei Beckmessers Ständchen darauf ins Grimmige über'
schlägt. Hier macht er seinem bedrängten Herzen lärmend Luft, hier übertäubt er
die Gefühle, in die ihn der Johanniszauber eingesponnen hat, durch einen wilden
Übermut.
Der Beginn des dritten Aufzugs zeigt Bohnens Sachs noch unter der Einwirkung
der tollen Nacht, inmitten des Läuterungsprozesses, im Stadium der Katharsis, die
der Künstler zwingend logisch entwickelt und mit einpräglichster mimischer Kraft
durchleuchtet. Tiefnachdenklich, beladen, noch ein wenig katzenjämmerlich sitzt er
da, von der Morgensonne beschienen, die ihn mählich aufweicht. Durch den Lehr,
bub vollends erheitert und versöhnt, gibt er dem überströmenden Weltgefühl Aus,
druck im Wahnmonolog, der zu einer wundersam vertraulichen wie selbstverständ,
lichen Aussprache mit dem Publikum wird. Unbefangen kann der Alte jetzt Pogners
Tochter gegenübertreten, nachdem er seine Liebe still verschlossen hat. Wo der
Schuh das Mädchen drückt, das weiß er und dafür hat er ein ganz leises, bezeich'
nendes Lächeln. Wenn ihm Eva in ihrem Dankgefühl an die Brust sinkt, brieht
seine Herzensnot in lautem Poltern nochmals aus. Kraftvoll ist die Initiative, durch
die er die Liebenden zusammenschließt, emphatisch, voller Ehrfurcht vor dem
Schaffenswunder der Sang, mit dem er Stolzings Preislied aus der Taufe hebt. Auf
der Festwiese dann Gegenstand einer grenzenlosen Begeisterung, verliert der Meister
für Momente das Gleichgewicht. Tränen treten ihm in die Augen, die Brauen
ziehen sich schmerzlich zusammen: er wehrt ab und beginnt mit verschleierter
Stimme seine Ansprache, die, frei von Programmatik, aus dem Augenblick geboren
ist. Jedes Wort wird durchfühlt und zugleich mit ungeheurer Wucht erhöht. Als
Stolzing die Meisterwürde verleugnen will, hält Bohnen,Sachs in schöner Auf,
wallung eine Sekunde lang betroffen inne. Dann bringt er mit äußerster Steigerung,
scheinbar einer spontanen Eingebung folgend, die prophetischen Schluß verse zu
zündender Wirkung. Und wie man dem Mann nun einen Lorbeer öffentlich aufs
Haupt drücken will, zuckt er zusammen, greift krampfhaft nach der Stirn und ent'
zieht sich in schämiger Verwirrung der ~enge ...

238
MICHAEL BOHNEN I N WIE N
Von Egon Wellesz, Wien
Eine Persönlichkeit, fesselnd und anregend, ob man mit seiner Auffassung einer
Rolle einverstanden ist oder nicht. Ein eigenwilliger Sänger, der sich schwer in das
Ensemble einfügt, für jede Rolle besondere StileigenlÜmlichkeiten mitbringt, so daß
er stets neue Überraschungen bietet. Meint man nach dem Hans Sachs eine Formel
für ihn gefunden zu haben, so überrascht die geschlossene Dämonie seines Mephisto,
die heroische Wildheit seines Amonasro, die täppische Bonhomie seines Ochs von
Lerchenau. Glaubt man nach dem Hans Sachs in ihm einen Vertreter des Sprechgesanges
vor sich zu haben, so zeigt er sich in nAfda" als Amonasro als Vollblutsänger mit
einer Kantilene, die italienische Glut und Fülle atmet. Die Grenzen des Taktes kennt
er nicht. Wie er den n Wahnu,Monolog in den Meistersingern darstellt und singt,
das gemahnt an das Deutsche Theater in Berlin. Pausen, Ritardandi, Sinnbetonungen,
die die melodische Phrase zerlegen, eine Fülle von Bewegungen, die jeden Laut der
Streicher unterstreichen und untermalen, so daß das Orchester ohne endlose
Verständigungsproben kaum begleiten könnte. Den größten Kontrast hiezu bietet
die Theatralik des Amonasro. Wilde Geberden, Augenrollen, festgehaltene Töne in
der Höhe, das ganze Requisit der großen Oper wird aufgeboten, über aUem aber
steht die meisternde Intelligenz des Künstlers, der die Grenzen zu wahren weiß und
bei aller Freiheit sich niemals aus der Hand gibt, immer darüber steht. Einen solchen
Sänger, keine bequeme Erscheinung für die Leitung einer Bühne, an sich zu fesseln,
wäre ein hoher Gewinn. Denn er hat etwas Mitreißendes, Anfeuerndes; die Atmosphär<,
die er um sich verbreitet, beschWingt die Mitspieler. Und der rauschende, südländische
Beifall, der ihn umgab, muß für Bohnen selbst berauschend gewirkt haben. Vielleicht
wäre sein Engagement ein Experiment, jedenfalls aber eines, das sich lohnte.

NEU E NOT E N Verlag Carisch & Co., Mailand


Giorgio Berninzone: Piccolo notturno, Canto
UnivHsal Edition, Wien-Leipzig tristo, Pensiero, Ricordo, per pianoforte
W. Braunfds, ap. 26, Auf ein Soldaten grab, E. Bernardelli: Meditation perpianoforte,op, 10
ap. 27 t An die Parzen, Der Tod {Urs M. Tarenghi: Dodid pezzi per la gioventt'l
Vaterland (Gesang und Klavier) (pianoforte)
Gina Mascardi: N ostalgia per pianoforte
E. N. v. Reznicek: Ritter Blaubart, Klavier ..
Giovanni Anfolsi: Studio capriccio, op. 15,
auszug
per pianoforte
Hermann Noetze1: Meister Guido, komische Verlag Ricordi & Co" Mailand
Oper in drei Akten, Klavierauszug V. de Sabata: Suite per grande Orchestre
}aromir Weinberger: Une cAntih~ne jalouse, Ottorino Respighi: Balletto delle ,,11 conte
pour violon et piano Orlando" per S. Molinaro.
Rudolf Siegel: Zwölf deutsche Volkslieder für Verlag C. F. Kahnt, Leipzig
Klavier, dreihändig Karl Horwitz: Sechs Lieder. op. 4
Franz Moser: ap. 11, vitr Gtsänge für vier a a
Frauenstimmen, op. 28, drei Männerehöre
aus den geistlichen Gedichten von Eichen.. NEU E B 0
C H E R
dorff Verlag Halbreiter, München
K. Szymanowski: Vier Gesänge, op. 41, nach Heinrich Scbwartz: Aus meinem Klavier ..
Rabindranath Tagore unterricht
a a

239
,

SSf?ff- r;i!
p R o G R A M M E S t öhr! - Machen es die Geiger besser?
Übersetzen wir so ein Klavierprogramm ins
Nicht doch: Vortragsordnungen. Es ist Violonistische : die Analogie ist vollkommen.
Ordnung in diesen Vorträgen. Peinliche Ordnung. Und die Sänger?Mitihren stereotypen "Gruppen"
Die Ordnung ist sogar chronologisch. Vier .. Brahms, Schubert, Schumann, Richard Strauß,
hundert Jahre Musik in zwei Stunden. - Hugo Wolf und Marx, die nie umgruppiert
Aufs Geratewohl greife ich ein Dutzend Klavier .. werden. Wie selten hört man Pfitzner, Mahler,
abende der letzten Zeit heraus, und lerne Reger! Und gar nicht unsere Schönberg, Zero ..
folgendes Rezept. Man beginne mit einem Hnsky, Weigl und die jüngeren! Und was
Gläschen Bach (kräftigeren Naturen wird eine singt man von den stets gesungenen? Immer
Bearbeitung VOll Busoni oder Liszt empfohlen), dasselbe! Zum tausendsten Male wird "morgen"
nehme dann zwei Eßlöffel Beethoven (Varia.. die Sonne Richard Strauß' wieder scheinen,
Honen oder eine von den Sonaten, die man seine teure Seele "Dank" haben, seine "Cäcilie"
immer verträgt), worauf einige Tropfen Roman ... noch immer nicht wissen, was leben heißt,
tik (Schubert, Schumann, Brahms, Chopin) und das "Ständchen/<" ein anständiges Mädchen
ausgezeichnet wirken. Für die jetzt schon sehr bewegen, leise aufzumachen. Nicht anders
erschöpften Lebensgeister empfiehlt sich zum Marx: und gestern hat er mir schon wieder
Schlusse eine energische virtuose Injektion: Rosen gebracht, worauf ihn neuerdings "die
am besten Liszt, der jedenfalls aufpulvert. Liebe berührt" hat! Du mußt es offenbar
(Auf zwölf Programmen nicht weniger als nicht dreimal, du mußt es dreihundertmal
neunmal !) Es gibt auch brauchbare Ersatz.. sagen!
präparate (WalzerparaphrasenI), auf die der Aber es gibt auch "moderne GruppenH • 0 ja.
Patient unbedingt mit schwerer motoris;cher Die sehen zum Beispiel so aus: fünf Lieder,
Unruhe (Applaus) reagieren muß. Und das ist "zusammen fünfzehn Minuten Dauer (inklusive
schließlich der Zweck der Fingerübung. B,eifallspause), komponiert von fünf verschiede ..
Das Schlimmste ist, daß auch von den nen Autoren: Wetchy, Heller, Lise Mayer, Lio
wenigen, fast ausschließlich vertretenen Kom.. Hans, Stöbr! Wenn das kein Gruppenbild ist!
ponisten nur ein ganz winziger Ausschnitt - 1,Es gab Nächtel'~ sagt Alviano, es gab
ihres Schaffens immer wieder gezeigt wird. Abende, sage ich, wo die Anzahl der Autoren
Es ist beschämend, mit welch dürftigem Reper.. nicht viel kleiner war, als die der Lieder. Aber
.toire viele Virtuosen, auch die jungen, ihre jeder war vertreten. Repräsentativ. Man hatte
Konzerte bestreiten. Gibt es unbekannte, gibt seine Stimme für ihn abgegeben, er war auch
es gar - neue Aufgaben? Gewiß. Da es doch dabei. Ein japanisches Festessen, mit dreißig
Freundschaften und Beziehungen gibt. Sieht Bissen von dreißig verschiedenen Speisen. Nichts
man von den paar modernen Rosinen, die für unseren Geschmack.
sich neuestens auf Kuchen gut ausnehmen, Die Vortragsordnung soll wieder ein Pro~
dem biflchen Debussy, Rave1, Szymanowski,
gramm werden. Ein Bekenntnis. Der Reproduzie~
Rachmaninoff ab, so bleibt gerade noch der
rende seine Mission erfassen, der Produktion
eine oder andere Wiener, dem man aus irgend zu dienen, das Schaffen zu fördern, nicht bloß
einem Grunde gefällig sein will. Wenn man sich, indem er vornehmlich Anerkanntes, AU..
heute ausnahmsweise auf die Namen Man, bekanntes herunterwerkelt. Sich endlich frei
Springer, Horn, Kornauth stößt, die zufällig nach Löwes Douglas sagen; "ich hab' es
in meiner Serie vorkommen, so kann man vorgetragen sieben Jahr', ich trag' es nicht
schon wetten, daß es einen persönlichen Anlaß länger mehr vor . . . u
hat, was wiederholt auch durch eine fettgedruckte
Widmung bestätigt wird. Stellt aber einer Dr.R. St. Hoffmann
einmal ein ganz stilvolles Programm zusammen,
dann kann es passieren, daß er für eine
"Soireem 0 der n e r Meister" folgende ankündigt:
Nowak, Korngold, Schöllberg, Man: und

240
TANZKUNST ALS AUSDRUCK Farben, Kostüme zu beleben. Hier ist sie
Meisterin. Sie verabscheut bloß Überliefertes. So
(Anlä.ßlich der Abende von Ellen Tels) wenig ihr ein Fußspitzentanz etwas bedeuten
Die wir auf zwei Jahrzehnte künstlerischer könnte - außer vielleicht Übung - so wenig
Erlebnisse zurückblicken - wir haben mancher.. würde sie mit einem historisch getreuen oder
lei Tänze geseben. Die Duncan begann, sich sonst Nechten'" Kostüm anzufangen wissen. Wie
und uns vom höfischen Ballett zu entfernen. jede Bewegung ist ihr, und darin ist sie
Grete Wiesen thaI spiegelte mimisch die beste Künstlerin und Frau, was den KCSrper umschließt,
Wiener Anmut wieder. Viele, allzu viele folgten Ausdruck ihres innersten Wesens; von der
und folgen ihr. Dilettantisches Weibsvolk hat Mode wie vom Kostümbuch kann sie nur ein ..
ihr Äußerlichkeiten abgeguckt. Aber Persönlich.. ze1ne Züge, ni~ht das Wesen selbst borgen.
keit, Wesenheit ist nicht erlernbar. Sonst aber - sonst schaltet bei dieser
Aufwühlende Vision war dann das Russische Tänzerin eine gestaltende Phantasie. Ich wähle
Ballett. Der slavische Osten ging auf, eine Welt. das Beispiel der Verrufenen Stelle (nach
Eine Welt bester Werkvollendung vor allem. Schumann), wo sie, völlig romantisch, durch
Knapp vor dem Kriege verkaufte man in ihre reizenden Begleiterinnen einen Überfall
Berlin bei Wertheim dia reizenden Erzeugnisse von Waldwesen auf einen Wanderer zeigen
russischer Volkskunst. Nun wohl, sie boten läßt: etwas ganz Unheimliches und doch fast
dasselbe Klangbild naivster Sachgerechtheit. Natürliches, ja beinahe organisch Anmutiges.
Die Kultur, die sich da manifestierte, hatte ein Oder den "Norwegischen Tanz" von Grieg, den
gutes Recht, in ihren glänzendsten Vertretern zwei der Mädchen beiläufig im doppelten Zeit--
Europa in Form.. und Farben..Ekstasen zu maß und unbekümmert um das KostUm zu
bringen. Als man wieder so hübsches Spielzeug einem reizvoll..ironischen Umflattern von Jüng..
sah, kam· es - aus Gefangenenlagern. Und ling und Jugendliebe formen. Oder den "Kriegs..
inzwischen breitete sich eine Wolke von Selbst.. tanz" nach DvoMk, zu dem die Tänzerinnen
genügsamkeit über unserem Land aus. Es war in Helm und Panzer wild..zierlich Speere
Krieg. schleudern und Pfeile absenden. Oder endlich.
Seither haben wir von Rußland wenig und da wohl am schönsten, die A dur..Polonaise
lernen dürfen. Sieht man ab von einigen von Chopin, dieses Eröffnungsstück von
Kompositionen neuer russischer Meister, die Provinzbürgerbällen. Das ganze kleine Ensemble
uns SchCSnbergs"Verein für musika,lischePrivat.. schwingt mächtige Fahnentücher und schreitet
aufführungen*' zuführte, so hat uns erst die beim Trio, gleichsam die Beute eines Triumph..
Tänzerin Ellen T eIs wieder Erlebnisse russischer zuges tragend, Arm in Arm geschlossen einher.
Kunst geschenkt, die freilich groß genug waren, Ein ganzes Corps de ballet könnte Stolz und
auch beträchtliche Abstände zu rechtfertigen Glanz nicht eindringlicher verkörpern.
und zudem Weite genug zeigten, alle Schranken Ellen Tels kommt von der Bühne her. Sie
der Herkunft vergessen zu machen. weiß und wüßte um große und für uns neue
Was war das Bedeutsame an diesen Tänzen? szenische Möglichkeiten. Nur Mangel an Zeit
Vor allem, daß es Tänze waren. Vollkommene und Proben hat sie verhindert, schon diesmal
Tänze, nicht nur Mimik, nicht Grotesken; das Bacchanal aus dem Tannhäuser zu stellen.
Ausdruck und nicht sogenannter Expressionis.. Eine Wiener Bühne, die sie gewänne, hätte
mus - ein Schlagwort, das längst schon jede freie Abende fUr Opernvorstellungen, hätte
Flucht ins Disharmonische decken muß. Aus .. Freude, Farbe und - diese Stadt eine große
druck vielmehr in der Art, daß ein durch.. Künstlerin gewonnen. Paul Stefan
gebildeter und, nicht zu vergessen, naturschöner
Körper sagen wollte und zu sagen vermochte. c c
was ihm eine Seele zu sagen aufgab.
Die Seele einer bewußt gestaltenden und MUS I K IN WIE N
doch wieder ins Unbewußte hingerissene Frau
von feinster Bildung und seltenstem Verständnis. Von neuer Musik habe ich hier zu sprechen
Wie Ellen Tels Musik hört, wie sie Melodie, und beginne doch mit Mahlers "Siebenter"'.
Harmonie und Rhythmus in sich auffangt, das Selten aufgeführt, gleich der "Sechsten", ist sie
wird zum Schauspiel, eben weil es so gar nicht vielfach noch fremdes Land, das keineswegs
Schauspiel ist. leicht zu erforschen ist. Entgegenkommender
Aber diese Künstlerin weiß den Reiz des in den gespenstigen "Reve1geu..TCSnen der ersten,
KCSrpers durch seine Hüllen, durch Stoffe, dem verträumten Brunnenrauschen der zweiten

241
Nachtmusik, das irgend wo im romantischen erste Thema mag lustig genug für ein Scherzo
Eichendorf erklingt. und dem Hoffmannesken sein. vor einem großen Duverturensatz wird
Schatten tanz des dritten Satzes. weit unzugäng.. ihm allzu rasch bange. Es dankt ab und
licher jedoch in den gewaltigen Höhenzügen Sentimentalität regiert. Keineswegs unangenehm.
der Außensätze. in denen Urkräfte der Natur Jugend und Begabung stehen hier so hfibsch
ihr ehrfurchtgebietendes Dasein bekunden. Aus zusammen, daß man auf die viele "Arbeit", die
Nacht und Todesgrauen. von den "MütternU drinsteckt und den Fluß behindert, und vor
kommt diese Nachtsinfonic, um erhobenen allem auf die Krönung der "lustigen Person",
Hauptes. beflügelten Fußes, lebensbejahend die schließlich zum König, mit Pomp und
geradeaus der aufgehenden Sonne entgegen .. Fanfaren, werden soll, am liebsten verzichten
zuschreiten. ein Wanderer und sein Schatten, . würde.
ein Ja..sagen trotz alle dem. eine Apotheose des Das Fitzner..Quartett: fleißig, unermüdlich
Lebens. Wa I t e r dirigierte, mehr sage ich nicht. tätig für Neues und Neue. Zum Beispiel: Ein
Und dreimal füllte das noch unverstandene 01rtett (Nocturno) in vier Sätzen von Guido
Werk das Haus. Daß Er's erlebt hätte •.. 1 Pet e r s. Streichquartett, dazu Oboe, Klarinette.
Auf der Höhe einer höchstentwickelten, Fagott und Horn. Kurze Sätzchen. so kurz, daß
höchstdifferenzierten modernen Technik mag nach dem ersten Allegretto Ungewißheit bestand,
einem ein Blick in das verlorene Kinderland ob es wirklich schon aus sei: Empfindungs..
des .,altenu Stils Verlockung sein. Ein Rück.. reiche Nachtstimmungen eines einsamen
blick? Ein Aufblick? E. N. v. Reznicek. der Wanderers, den gleichsam gegen seinen Willen
österreichische Berliner. der Richard Straußisch Ergriffenheit übermannt. Ungünstig wirkt die
zu kommen verstand. bitter..selbstironisierend Instrumentation, die dunklen Bläserstimmen
als "Schlehmihlu• höhnisch .. karikierend als ungebührliches Übergewicht gibt. Lehrreich der
"Sieger" hat schon im "Requiem" eine auf... Vergleich mit dem Klang des nachher gespielten
fallende Wandlungsfähigkeit, diesmal Zlt Beethoven... Septetts, das ähnlich gesetzt ist (nur
Brahmsischer Klassizität gezeigt und möchte Oboe fehlend und eine Geige durch Baß ersetzt)
jetzt, wie die noch älteren sungen. Sinfonie im und dennoch umso viel lichter klingt, die
"alten" Stil. •. was ist das? Grieg meldete sich Streicher so hell dominieren läßt. Ferner: fünf
exakter, als er seine "Holbergu ... Sui,te schrieb. Gesänge mit Streichquartett von Walter Klein;
Aber "alte" Stile gibt es jedenfalls nicht weniger. ausgezeichnet von Arthur Fleischer inter..
als "moderne" und die Volksweise aus dem pretiert. Aber sind sie wirklich für diesen
15. Jahrhundert erzählt im ersten Satz von mächtigen Bariton gedacht? Ich gestehe, daß
einer Epoche, mit der schon der Stil dieses ich wiederholt die Instrumentalbegleitung nur
Satzes nichts mehr gemein hat. Richtiger wäre gesehen. nicht gehört habe. Die Musik ist keines.-
der Titel: "Einfache" oder "Schlichte'~ Sinfonie. wegs neuartig. im Gefälligen ansprechender.
Das ist Ide. Kaum mehr. Aber die naHen" Stilisten als im Gemütvollen. Schließlich: Als Urauf...
Haydn und Mozart waren mehr, waren groß in führung ein Klavierquintett in einem Satz von
ihrer Einfachheit,in einem Stil, der nicht alt wird. Dtto Singer. dessen Name auf den Klavier..
Was ein Programmbuch sich gestatten darf: auszügen aller Richard Strauß .. Opern verewigt
Rudolf Huber, "Humoresken'~ (Uraufführung). ist. Somit ohne Zweifel ein guter Musiker.
"Bezeichnung. Erläuterung und thematische Trotzdem macht die Komposition einen ganz
Analyse sind durch das bloße Wort des Titels ungefügen Eindruck. Ich vermute, daß das gut
eindeutig gegeben. u Für zwei Kronen eine gewachsene Hauptthema in Variationen ver ...
magere Auskunft. Oder nur eine boshafte? Ich arbeitet ist, die lose genug aneinander hängen,
erinnere mich plötzlich zahlloser Bändchen, auseinander fallen, die fortlaufende Linie ver...
auf denen der ominöse Titel so drohend stand, missen lassen und das Gefühl der Länge nicht
daß jeder frohe Gedanke sofort verflogen war. bannen können. Ein reicher Klavierpart schien
Auch bei diesen vier Stücken gibts nichts zu Paul Weingarten willkommen.
lachen. Das ist reinste Kurkapellenmusik. Ballet Ein neues ungarisches Streichquartett, dessen
ohne Beine, bemerkenswert lediglich durch die Primarius Lehner heißt. Es ist gewiß nicht
schwer zu 'beantwortende Überlegung, aus bloß eine äußerliche Assoziation. wenn man
welchem außermusikalischen Grunde sie in I sein Musizieren als zigeunerisch empfindet. Mit
das Sanctuarium eines philharmonischen Pro.. Liebe nahmen sich die Vier ihres Landsmanns
gramms gelangen konnte ••. Dohnany an, der das Nationale so ganz
"Lustige Ouvertüre" von Ernst Kanitz. überwunden hat und sich im Streichquartett
Vorsicht mit Titeln! Das munter bewegliche op_ 15 Des Dur so we1tmännisch ..korrekt gibt.

242
Formale Glätte, eleganter Streichersatz, gebildete BESPRECHUNGEN
Kompositionsmanieren. Ein VergnUgen, sich mit
ihm zu unterhatten, freilich kein nachhaltiges •••
, . ,
VITEZSLAV NOVAK: DIE TOTENBRAUT
Moderner Sonatenabend : Frands C. Ara n y i (Svatebni kosile), Ballade für S<?lostimmen,
und Josef Rosenstock. Glrende Kräfte, die Chor und Orchester op. 48 (Univerlilal...Edition,
nach Gestaltung ringen. Am freiesten wirkend Wien.)
in Pfitzners schöner Geigensonate EmaIl Die Entwicklung der slavischen Musik strebt
ap. 27. "GefUhl ist alles". Deutlich auch hier einer Synthese zu: mit ihren Elementen
die seltsame Zweiheit in Pfitzners Schaffen. Rhythmus und Melodie - in der heimatlichen
die weit offenen Portale seiner starken Erde verwurzelt, ist sie im Begriffe, Technik
melodischen Eingebungen, die zum Eintritt und Ausdruck der modernen europäischen
laden, und die verschnörkelte Gotik seiner ver.. Musik sich zu eigen zu machen. Auf dem Wege
arbeitenden Partien, die sie oft umgibt. Ganz zu dieser Synthese erscheinen die beiden
leicht und schwebend die FrUhlingslaune des tschechischen Meister NovAk und Suk als
Schlußsatzes. Von Karol Szymanowski, einem Führer: in ihren Anfängen (gleich ihrem Lehrer
kleineren polnischen Schönberg. von dem auch Dvofak) von Brahms beeinflußt, haben sie
Frau Kaszowska, als sie ihre reife Gesangs .. später die harmonischen und melodischen
kunst der Darstellung des polnischen Liedes Elemente des modernen Impressionismus auf..
widmete, einige Proben seiner neuesten, Uber.. genommen: die auf dem "accord de sixte ajoutee"
modernen Entwicklung sang, hörte man die beruhende fünfstufige Skala und die Ganz..
Sonate D moll ap. 9, die seiner ruhigeren Ver .. tonleiter, deren harmonisches Fundament der
gangenheit angehört. Gewisse Fäden knüpfen Dominantsept- (beziehungsweise Non..)Akkord
an Chopin, andere verlieren sich in die unge .. mit alterierter Quint bildet. Vor den Gefahren
wisse Zukunft des Impressionismus. Hier ist einer ausschließlich oder überwiegend aus
noch Uberall fester Boden tonaler Realität, auf diesen Elementen aufgebauten Musik: rhyth..
dem sich gut bauen läßt, auf dem auch die mischer und melodischer Indifferenz, bewahrte
hohe Begabung des Komponisten sich noch sie der niemals verlorene Zusammenhang mit
recht wohl zu fühlen scheint. Weit moderner der urkräftigen Rhythmik und Melodik des
in diesem Sinne wirkte das dritte Werk dieses Volksliedes (soweit sie sich auch gelegentlich
Abends: Violinsonate op. 59 von Cyrill Scott. davon entfernen mochten, wie zum Beispiel
RiemannsHandbuch, das überhaupt mit strengen Novak in der Tondichtung "Pan").
Zensuren nicht spart, nennt ihn einen "Kompo .. Die Nov<iks Komposition zugrunde liegende
nisten modernster impressionistischer Richtung, (übrigens auch schon von Dvofak. vertonte)
einen von denen, welche die Gesetze der Erbensehe Ballade behandelt denselben Stoff
musikalischen Formgebung bewußt verleugnen wie Bürgers "Lenore", von der sie sich jedoch
und die Konturen verwischen.'! Man hat hier durch den Ausgang unterscheidet: das Mädchen
leider zu wenig von Scott gehört, als daß ich verfallt am Schlusse nicht dem toten Bräutigam,
mir ein verläßliches Urteil anmaßte, zumal der ... sondern wird gerettet, indem, im Augenblicke
art schwierige Werke unbedingt zweimal gehört der höchsten Not, der erste Hahnenschrei dem
werden müßten. (Meine alte Forderung nach den grausigen Geisterspuk auf dem Kirchhofe ein
Kritikern zugänglich zu machenden Novitäten.. Ende macht. Außer dem Chor verwendet Novak
proben, auch von Kammermusikwerkenl) Er zwei Solostimmen (Sopran und Bariton); diesen
rangiert in dieNäheDebussys, wird als einer sind die Rollen des Mädchens und des ge...
der Väter des musikalischen .,Futurismusl ! be... spenstigen Bräutigams zugeteilt, während der
zeichnet und fesselt, wie der Franzose, vor.. Chor der Träger der Erzählung ist.
wiegend durch das klanglich..harmonische, Es liegt in der Natur der Sache, daß die
immer stimmungsvolle Element seiner Kunst. Musik durchaus darstellend ist: die Singstimmen
Die "bewußte Verleugnung der Formgebung jj
sind deklamatorisch behandelt, die Orchester...
rächt sich freilich durch Längen, obwohl, wie begleitung, die Vorgänge im Gedichte iHu ..
es heißt. in der Aufführung Kürzungen ange .. strierend, führt kurze charakteristische Motive
bracht wurden. Das kommt davon, würde der durch; solcherart kommt es nirgends zu breiterer
Herr Lehrer Riemann sich erzürnen. Warum Entfaltung der Melodie, doch wird dies dank
verwischen Sie die Konturen? Setzen Sie sich, der immer höchst ausdrucksvollen Führung
Scottl Nicht genügend! •.. der Singstimmen und der überaus lebendigen
Dr. R. st. Hoffmann Rhythmik der Begleitung auch nicht einen
c c Augenblick als Mangel empfunden.

243
Der Aufbau des Werkes läßt eine dreiteilige Jugend entfaltet, die aber sinnig in ihren
Gliederung ~rkennen: der erste Teil beginnt Augen das Ernste und gar Reflexive verrät.
mit einem Orchestervorspiel (Allegro tempe... Stilistisch gehört das Werk in die Reihe einer
stoso 6/8), das die schaurige Nachtstimmung nsymphonischen Klaviermusiku, die ohne die
anschlägt, bringt nach zwei einleitenden Strophen Klavierfaktur zu negieren, den Aufbau der
des Chors die eindringliche Klage der Jungfrau Themen und die Art ihrer Durchführung,
um den verschollenen Geliebten, dann dessen auch die verzweigte Architektonik von den
gespenstische Erscheinung. Den zweiten Teil Orchester..Tondichtungen seit Wagners Tristan
bildet die großartig gesteigerte Schilderung des ableitet und über Strauß und Reger den
nächtlichen Ganges: Allegro moderato 414. be.- allerneuesten Tendenzen zustrebt. Das sieht
ginnend, wird die Bewegung immer mehr be.. man auch in der Harmonik, die noch hie und
schleunigt (später Allegro non tanto 6/8, dann da die Spuren romanischer Einflüsse zeigt. In
Agitato 2/4), das Hauptmotiv wird fast durchaus Haupt-- und Kulminationspunkten bleibt sie
fugiert oder im Kanon durchgeführt, so die "noch~ tonal, was besonders gut auf den Co den . .
Vorstellung der grausigen Wanderung er .. Aufbau wirkt. Rhythmisch bewegt sich der
weckend: er voran, sie Schritt für Schritt ihm Fluß der Diktion manchmal gar heldenleben. .
folgend. Der dritte Teil schildert den Geister... artig, während die rhythmische Ruhe des Mittel ..
spuk auf dem Kirchhofe und die schließliche teils die Reize der Nachtromantik entfaltet.
Errettung des Mädchens aus höchster Todesnot Es ist ein wahrer Genuß, zu beobachten, wie
durch den erlösenden Hahnenschrei. Die Rosenstock mittels sehr weit fortgeschrittener
moralisierende Schlußstrophe des Gedichtes Motivik darnach strebt, die wahre Gedanken ..
wirkt etwas ernüchternd i indes gibt sie dem einheit trotz geistreichster Kontrastierungen zu
Komponisten Gelegenheit, das schaurige, ge... bewahren. In dieser Hinsicht berührt es manch ..
spenstische Nachtstück beruhigend und ver... mal ganz sonderbar, ein "opus 3" vor sich zu
söhnend in weichstem D dur ausklingen zu haben. Wir haben die berechtigte Hoffnung,
lassen. daß der - Dirigent Rosenstock noch über sein
Zum Schlusse sei noch der Wunsch nach Klavierkonzert zu einem Orchesterpendant seiner
einer baldigen Aufführung des Werkes aus ... Sonate gelangen wird.
gesprochen; dazu bedarf es einer deutschen Prof. Dr. Adolf Chybinski (Lemberg)
'Übersetzung der Dichtung - der Klavierauszug
ist, obgleich in einem deutschen Verlage, bisher o
nur mit tschechischem Text erschienen. ALFREDO CASELLA: LE COUVENT SUR
Hugo Kauder L'EAU. FRAGMENTS SYMPHONIQUES. (Verlag
o Ricordi, Mailand.)
JOSEF ROSENSTOCK: SONATE FÜR Casella ist einer der italienischen Musiker,
PIANOSOLO, op. 3. (Universal..Edition, Wien... die ihre stärksten Eindrücke in Frankreich
Leipzig.) empfangen haben und der die Erscheinung
Der Komponist dieser dreiteiligen Sonate Gustav Mahlers als großes Erlebnis empfand.
ist einer der begabtesten Schüler Meister Er schreibt hier eine reizvolle, nicht sehr neue
Schrekers und hat noch einen Vorzug, auch zu Musik, die stark von Mahlerschen Rhythmen
den besten Schülern des eminenten Klavier ... und Instrumentaleffekten durchsetzt ist: so
pädagogen Prof.Georg Lalewicz (jetzt in Lemberg) besonders der "Festmarschu und der
zu gehören. Er ist kein komponierender Klavier.. "Kinderreigenu. Die Eigenart Casellas spürt
spieler, sondern ein Komponist, der die Klavier... man in der "Barcarolle il und "S ar a bande<l
faktur glänzend beherrscht. Die polyphonsten mit ihrer leidenschaftlichen Melodik. Einen
Stellen seiner Sonate klingen herrlich und die sehr schönen Klang muß hier die Solosopran...
technischen Schwierigkeiten, an denen das noble stimme geben, die wie ein melodiefUhrendes
Werk nicbt eben arm ist, lassen sich aus natÜr.. Instrument behandelt ist. Als innerlichstes Stück
lichen Grundlagen der höheren (und höchsten) der Suite empfinde ich Nr.5 Nocturne, Dan se.
Klaviertechnik ganz gut ableiten. Der Komponist Das sind zauberhafte Klänge, eine subtile
hat einen außerordentlichen Sinn für Klang.. Melodie und feine Rhythmik; alles ist aus.-
schattierungen; in dieser Hinsicht bereitet er geglichen und kultiviert. Eine Aufführung
dem Hörer kostbare Genußmomente, obwohl dieser Suite, die allerdings ein starkes Orchester
er sicher gewissen morbiden Grimassen fern .. erfordert, wäre zu begrüßen. Egon Wellesz
8teht und daf'ür die Reize seiner pathetischen o 0
V. .ntwortllchcr ScJarlfUe.lter: Dr. Altred Xalmus. 'Wien, L Kadaplatz 6. Herausgegeben TOD der Unlverul#
l!tdJ. . . . A...G. - nrud:: von Otto Jotad' SlIhru: Gu. m.. b. EI.,. Wien, I. WaU1hchiaan: 10.
KONZERT· DIREKTION
MODERNE .Robert Kollitsch
SONATEN aus dem Verlag
B. SCHOTT'S StiHNE Unz a_ d_ Donau - Landsfra~e 30
Telegramme: Konzert Kollilsm Fernruf 389

Nachstehende, zum Teil erst kürzlich ver-


öffentlichte Werke empfehlen wir bei der
Zusammenstellung mod_ Programme als
Zeugnisse des letzten und besten, was
KONZERTBDRO
die zeitgenössische Kunst mit hervorge- DER GESELLSCHAFT DER
bracht hat MUSIKFREUNDE IN WIEN
Neue Werke: Klavier-Sonaten: L BEZIRK, KARLSPLATZ 6
Korngold E_ Wo, Sonate Nr_ 2 in E-dur VERMITTLUNG U. DURCHFOHRUNG
Windsperger L, Sonate in Cis-moll VON KONZERTEN UND SONSTIGER
Violin-Sonaten: EINS(HLÄGIGERVERANSTALTUNGEN
Hindemith Po, Sonate in D-dur FDR WIEN. PROVINZ U. AUSLAND
Hindemith Po, Sonate in Es-dur
Korngold E_ Wo, Sonate in G-dur
Hch_ KasparSchmid, Sonate in A-moll
Seoll Cyril, Sonate in C
Windsperger L, Sonate in A-dur
(Violin-Solo)
Johanna }ttiiller·Hermann h
Windsperger L, Sonate in fis-moll ORCHESTERWERKE
(Violine und Orgel) SINFONIE in D !ür Soli, Chor und Ordlcster
früher ersdtienen = Klavier-Sonaten: U. E. Nr. 6322 Klavierauszug mIlTex! .. Hk. 12"-
Gro~er Erfolg afllä~I!d1 der Aufführung durch den
Mae Dowell E_, 3_ Sonate (Norse) in Wlener Dhilharmonisdlen Chor <Im 7. AprIl 1919
HEROISCHE OUVERTDRE
D-moll Er!olgreime UrauffühnmQ durdJ das Wiener
Mae Dowell E., 4_ Sonate (Cellie) in TOllküfl~tlerorcr.e~!er am 19. Dezember 1916

E-moll KAMMERMUSIK
STREICHQUARTETT Es dur op. 6
Violin-50naten: U. E. Nr. 3710 Parlilur .............. Mk. 2'-
Andreae V_, Sonate in D-dur U. E. Nr. 3711 SUmmefl ........ ,..... Mk. 6'-

Reger Max, Sonate in D-moll CHORWERKEM.ORCHESTER


Zwei dreistimmige Frauemhöre op.. 10
Reger Max, Sonate in D-dur U. E. Nr. 5731 Par1i!ur ••.•....•.•• _ Mk. 6'-
Sinding Chr_ Suite in G-moll U. E. Nr.5133 Chorslimmen .•...... Q Mk. -'2{)
Deu!scr.er Sdlwur I. Männerdlor u. Orcr.eder op. 22
U. E. Nr. 5734 ParHlur m. Klavierausl. Mk. 6'-
LIEDER UND GESANGE
jur eine 5ingsHmme mil Klavierbegleilung
U.E.Nr.5545 Vier lieder nadl). P.
Jacobsen op.l .•...••. Mk. 2'-
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245
Bevorstehende Premieren
GIACOMO am Wien er Operntheater I
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.. !ß!iii!4ff W*H.,.iI"
Felix
Weingartner
I. Sonate DIE DORfSCHULE
Oper in 1 Akt nam dem altjapanismen
N

E moll für Violine Drama ... Terakoya Text v. Komponisten


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6221 Texibudl . . . . . . . . . . . . -'60

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D dur für Violine gleimnamigen Lustspiel von Gei bel.
(oder Violoncello) Text von Komponisten
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[Begleitung des Ormesters Hagsmann, Prof. Joseph Hoffmt1.nn (Wiener Werk.stätte), Ernst
Ostllaus (FolgwangwMuseum) Prof. Pa!!.! Scllultze-Naumburg,
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6395 Auf ein Soldaten grab (Herrn.
Hesse) . . . . . . . . . . . . . . . . 1'50
6396 An die Parzen (Hö!derl!n) . . . . 1'50 Zur Pflege der Persörilichkeiiswerte,
6397 Tod fürs Vaterland (Hölderlin) 1'50 Förderung der Kultur-
ideale und innere Ge-
In einfacher, melodischer linie zeichne! Braunlds, meinschaft der Geis:er
der Führer der Mündmer Moderne, das von
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nam und steigert den Siimmungsgehalt zu hin- (0 r i 11\ n a I h 01 z. 0 h n 1\ te dir e k.t vom S t 0 0 k. ge d ru 0 kt)
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246
SOEBEN ERSCHIEN
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Arnold Srnönberg
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bezeirnnet werden kann, jedem, der das Monumentalwerk studieren will, will-
kommen sein
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DER FDHRER DER UNGARISCHEN MODERNE:

U. E. Nr.
Bela Bart6k Klavier zweihändig:
Mark U. E. Nr. Mark
5802 RumänismeVolkstänze aus Uno 5890 Rumänisdle Weihnadlfslieder
garn _, .. ,__ , .. ,_ .... _, ........ 1'20 aus Ungarn .................... 2'-
1. Der Tanzm.d. Slabe; 2. Der Stam- I. Serie (Nr. 1-10) 11. Serie (Nr. 1-10)
pfer; 3. BraClI; 4. Tanz der BulsdlUmer; 590& Allegro barbaro ....... _ .. _, .. 1'50
5_ Rumänisme Polka; 6. Smnellfanz 5891 Suite ap. 14, Vier Klavierstücke .... 2'50
Demnämst ersd!einen:
6370 15 Ungaris<he Bauernlieder 6371 Ir. Streidtquartett op. 17, Part. 16'-' 1'--
Klavier zweihändig .. __ . __ . __ . __ , ,. 2'50 6372 Dasselbe. Slimmen ,.... , " " .' " .. 6'-
In Vorbereitung: Der hölzerne Prinz, Pantomime, Klavierauszug
Ober Bela Barl6k smreibl Dr· Rim. Kralrk im Neuen Wiener Tagblall:
"Sein revolutionärer Stil isl urwüchsig, neu, fesselnd, kaum fa~!i<h und
dodl wieder anziehend, überzeugend, Man glaubl in ihm die Regun-
gen, das Pulsieren einer musikalismen Urkraft zu spüren".
Verlegerzusrnlag 100 Prozenl. ::: ::: ::: Zu beziehen durm jede Bud!- und Musikalienhandlung
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Universal- Edition A_-G_ Wien-Leipzig J

247
VIT. NovAK
A. SINFONISCHE WERKE
IN DER TATRA, op. 26
Sinfonische Dichtung für großes Orchester
U. E. Nr. 2876 Partitur . . . Mk. 20'- U. E. Nr. 2818 Klavier, vierhändig Mk. 3'-

-SERENADE, op. 36
Für kleines Orchester
U. E. Nr. 3997 Partitur . . . . . . Mk. 12'- U. E. Nr. 3994 Klavier, vierhändig Mk. 4'-

TOMAN UND DIE WALDFEE, op. 40


Sinfonische Dichtung für großes Orchester
U. E. Nr. 6363 PartitUl' . . . . . . Mk. 40'- U. E. Nr. 5818 Klavier, vierhändig Mk. 5'-

LADY GODIVA, op. 41


Ouvertüre für großes Orchester
U. E. Nr. 6365 Partitur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • . Mk.20'-
U. E. Nr. 6367 Klavier, vierhändig, in Vorbereitung

PAN, op. 43
Tondichtung in 5 Sätzen für großes Orchester
U. E. Nr. 5888 Partitur . . (nur in Abschrift) U. E. Nr. 3355 Klavier, zweihändig Mk. 5'--

B. CHORWERKE
DER STURM, op. 42
Sinfonische Dichtung nach der Meeresphantasie von Svat. Cech, für gr. Orchester, Soli u. Chor
U. E. Nr. 3632 Partitur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . Mk. 50'-
U. E. Nr. 3357 Klavierauszug mit Text, deutsch, tschechisch . . . • . . . . . . . Mk, 10'-

DIE TOTENBRAUT, op. 48


Ballade für 2 Soli, gemischten Chor und großes Orchester
U. E. Nr. 5293 Klavierauszug mit Text,. tschechisch • . • • • • • • . . . . . . • Mk, 7'50

C. BÜHNENWERKE
DER BURGKOBOLD, op. 49
Komische Oper in 1 Aufzug. Text von Lad. Stroupeznicky. Deutsche Übersetzung von Max Brod
U. E. Nr. 5393 Klavierauszug mit Text, tschechisch . . . . • . . . • . . . . . . Mk. 8'-
U. E, Nr. 5812 Textbuch, deutsch . . . . . . . . . . . . . • . . . . . • . . . . • Mk. -'50
KARLSTEIN, op. 50
Oper in 3 Akten nach dem Lustspiel von Jar. VrchUcky, zusammengestellt von Ottokar Fischer
U. E. Nr. 5816 Klavierauszug mit Text, tschechisch. • • . • • • • . • • •" ••• '" Mk. 12'-
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U niversal ~ Edition A. ~ G., Wien ~ Leipzig


248
Gro~arfjger Erfolg am Wiener Operntheater!
(Erstaufliihrung: 27. Februar 1920)

FRANZ SCHREKER
Die Gezeichneten Oper in drei Aklen
U. E. NI'. 5690 Klavierauszug mil Texl . . . Mork 20·-
U. E. Nr. 5691 Texlbum. . . . . ..•. Mark 1·20
U. E. NI'. 5762 Thematisme Analyse . . • . Mark 1'-
U. E. NI'. 5884 Vorspiel. Klavier. zweihändig. Mark 3·-
U. E. Nr. 5389 Dasselbe. Klavier. vierhändig Ml.'Jrk 6'-
U. E. NI'. 5364 Dasselbe. Studienparlitur. . . Mark 4'-
U. E. Nr. 5365 Dasselbe. Ormeslerparlifur. . . Mark 30'-

Paul Bekker urteilt in seinem jüngsten Bume über Franz Smreker: "Die erste
Begabung seit Wagner, die ihm der Art nam verwandt ist, und das
gleiche Phänomen"

Bisher erzielie Smrekers Oper "Die Gezeimneten" an sems Bühnen insgesamt

71 AUFFOHRUNGEN
und zwar:
20 Aufführungen Frankfurt (Opernhaus)
t9 Aufführungen Nürnberg (Stadffheater)
11 Aufführungen M ü nch en (Nationaltheater)
9 Aufführungen Dresden (Landestheater)
7 Aufführungen Breslau (Stadffheater)
5 Aufführungen Wien (Operntheater)

Bevorstehende Aufführungen:
BERLIN
KÖLN I KASSEL / MANNHEIM
BRAUNSCHWEIG I MAGDEBURG / WIESBADEN / KIEL; HALLE

Verlegerzuschlag 100 Prozent Zu beziehen durch jede Budl' und Musikalienhandlung


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249
EIN MEISTER
DES LIEDES I

JOSEF MARX
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••• •••

LIEDER UND GESÄNGE


fDR EINE SINGSTIMME UND KLAVIER
I. folge
(28 lieder)
1, ~i·~3Nr. S" An deutsch,
N einen Herbslwald (hom t'lark
U.-E,·Nr, Nr, Mark 1 engl.) . l'~
5150') 1 Barkarole (hom) , 2'_' 5184 6 Der Raum (mllIel. deut,m.
5151 2 Chrl,tbaum (hom. deut,m. I! eng!,) 1'-'-
engl.) . . ' . ' , , . , 1'20 I 5 I 85 7 Regen (millei deuism, eng!') 1'20
5152 3 Dein BliI:k (horn) . • . . . • 1'20 5186 8 Der Ton (millel.deufsm,engL) \'50
5153 4 Dem Genius des Augenbli<ks 5187 9 Koillmbine(hoch,deutsm,engl.) \'20
(miHel, deulsrn, engl.) . . 1"20 5188 10 Im Frühling (horn) . . . T'-
5154 5 Der Denker (miltel) • . . . 1'~ 5189 11 Leudttende Tage (mntel) .1'20
5155 6 Die Elfe (hom. deuism. eng!,) 1'20 5190 12 Tud1 der Tränen (hom) , 1'-
5156 7 Die Violine (miltel).. .. 1'20 5191 13 Peregrina V. (hom) •. . 1"20
5157 8 Ein junger Dichter denkt an 5192 14 Sdiönheil (horn) . . . . . 1'20
die Geliebte (miltel) . . . 1"20 5193 15 Wanderers Nadlflied (mille!) , 1'~
5158 9 Frage und Antwort (horn). ,1'- 5194 16 Der Gast (mittel) . ' 1'-
5159 10 Gebe1 (mlllel) , , , . ' . ,1'20 I 5195 17 Ein Fichtenbaum sIeht eimdrn
5160 11 Hat dich die liebe berührt I: (milfe~, " , . " , 1'-
(hoch, deutsm. engi,) , . ,1'20 5196 18 Toskanis er Frühling (mittel) 1'50
5161 12 Hochsammernamt \hoch) , ,1'- 11, 5197 19 Im Maien (hoch) , ' , . ' ,2'-
5162!1/(') 13 Japanisches Regen ied (hoch. ;1 5198 20 Herbstzeitlose (mille!) " ,1"20
mlHel lief deutsm e I) a I' 5199"') 21 Jugend und Alter (millel), . 1"20
14 • •, . . .•. ng,
lied (hom) • . . 1'- - 1II 5200 22 Lenzfa hr I (h
a m) . . ",,1'50
5163
5164 15 Lob des Frühlings (hom) . . 1'~- I 5201 23 Gesang des Lebens (mille!) , 1'-
5165 16 Malenblülen (hom) , , , , ,1"- I 5202 24 Ein Drängen ist in meinem
5166') 17 Marlenlied (hom) , . , , .1'- Herzen (hom) , . 1'20
5168 18 Neugriechisches _, Mädchenlied 5203 25 Traumgekrönt (hoch) .1"-
(hom) , , , . ' . , , , 1'20 5204 26 Namlgebel (hom) , 1'-
5169 19 0 ,u~er Tod (millel) . , , .1'20 111. folge
5170 20 Pierra! Dandy (hom). , , . 1'50
5171 21 Seplembermorgen (milIei). ,1'20 (17 lieder}
5172 22 Sommerlied (horn) • . . . ,1'20 5205 1 Nocturne (hom) . 1'50
5173 23 Sonnenland (mittel) . . 1"20 5206 2 Waldseligken (hoch), ' 1'-
5174') 24 Und geslern hai er mir Rosen 5207 3 Sancta Maria (hom). . ]'.--
gebramf (hoch) , ' " . ,1'20 5208 4 Sdllafend trägt man midI
5175 25 Valse de Chopln (millei) , . ]"50 (mille!) , , , . 1"-
5176 26 Warnung (hom) . 1'20 5209 5 Vergessen (mille!) , . 1'-
5177 27 Wie einst (mille!) , . 1'20 5210 6 Wanderliedmen (hoch) , 1'-
5178 28 Windräder (mmeO ' "20 52J T 7 Piemonleslsmes Vo!k~licd
(hom) , . ' " " 1'--
5212") 8 Zigeuner (hom) , , ' . ' 1'20
11. folge 5591 9 Selige Naml (hom) " , . 1'--

5179 1
(26 lieder)
Bille (mittel, deulsdl. eng!.) . "-,
lii 5592
5593
10
J1
Isolde (mi!tel/ . " , . , ,".~
Herbst (mille) ' " , ' , , ,] ' -
5180') 2 Erinnerung (millel, deutsch. I 5594 12 Con sordino (hodl)., "T'-·-·
engl,) " " " " 1'20 5595 13 Ein goldenes Ketilein (hodl) 1'~
5181 3 Der besmeidene Smäfer (hoch, 5596 14 Der Gefangene (hodl) , , , 1'-
deulsm. eng!.), , " ,1'20 5597 15 Serenala (hom) 1'-
5182 4 lied eines Mädchens (horn. 5598 16 Smlie~e mir die Augen "(hodl) " -
deutsm, eng!.) . . . , . " - 5599 17 Der Kuckuck ruft (hom), , , 1'-
.) Aud! für Singsllmme m!l Or<heslerbeg(eilung ~) Aud! fiJr Singslimme mll OrdjesferbegJellung
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250
EIN MEISTER
JOSEF MARX
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
DES L1EDESI

ITALIENISCHES LIEDERBUCH
SIEBZEHN LIEDER NACH GEDICHTEN VON PAUL HEYSE
U.·E.-Nr. Nr. Mark U.·E.-Nr. Nr. Mark
5215/16 1/2 liebe - Sliindrnen (horn)" 1'- 5227/28 13/14 Wie reizend bist du - Am
5217/18 3/& Der Dichier - Am Brunnen I Fenster (mille!) • . • . lI. 1'-
(millel) , , , , , , ," 1',- 5229/30 15/16 Die Verlassene - Nimm dir
5219/20 5j6 Die liebste spriml-Abends ein smönes Weib (mittel) lI. 1"-
(mille!) , , , , , , ,111'- 5131!11bO) 17 Venezianismes Wiegenlied
5221/22 7/8 Die lilie-Wofür (mille!) 61'- (ml11el. tieD ' , , , ," 1'-
5223/24 9/10 Sendung - Es zürnt das Dieselben lieder in zwei Bönden:
Meer (miltel). . . . . i1 1'·- 5213 Band I (Nr, 1-9) , , , , , , . . J-
5225/26 11/12 Die Begegnung -Die lote 5214 Band 11 (Nr, 10-17), , , , , , ,J'-
Brout (ml11el), , , , ." 1'- ') Audl für SIngs1imme mit Ordte!lerbeg!ellung

LIEDER-ALBUM
SIEBENUNDZWANZIG AUSGEWÄHLTE LIEDER IN VIER BÄNDEN
U.·E.·Nr. Mark 1 U.-E._Nr. Mark
5270 Band I (für hohe Stimme) . . . . 3'-· , 5272 Band 111 (flir miliiere Stimme) , . 3'-
'
(Jugend und Alter; Marienlied; L (Wie einst; Septembermorgen ; An
Zigeuner; Erinnerung; Venezianismes : einen Herbstwald; ]apanisdles Regen-
Wiegenlied; BClrkarole) lied; Valse de Chopin; Windräder;
5171 Band 11 (für hohe SUmme) . . • ,3'~ Regen),
(Sommerlied ; Nocturne; Der be- 5273 Band IV(JGrmilllere[Barilon,j Slimme) 3'-
sdteidene Srnäfer; HaI dirn die liebe (Ein junger Didlter denkt an die Ge-
berührt; Maienblülen; Waldseligkeil ; I liebte; Der Ton; Wanderers Nadlflied;
Und gestern haI er mir Rosen gebrarnt) , Bilfe; Gebe!; Der Raum; 0 s[j~erTod)

LIEDER UND GESANGE


FDR EINE SINGSTIMME ~1IT BEGLEITUNG VERSCHIEDENER INSTRUMENTE
Vier Lieder nam Didlfungen von :i U.·E.·Nr. Mark
U.·E.-Nr. Anfon Wildgans: Mark I, 6035 Valse de Chopin (für Gesilng.
Klavier und Sfreimquarlell). , ,3'-
5836 Du bist der Garten (für Gesang,
Violine und Klavier).. .. - . 1'20 I 5167 Marienlied ({Or Gesang und Orgel} 1'-
5837 Durm Einsamkeilen (für Gesang,
Viola und Klavier) . . . . , . 1'20 I 5774 Im halle viel Bekümmernis (Sopran-
5838 Adagio (für Gesang, ViolonceIl und 1
1
arie mit Orgel begleitung von Joh.
Klavier) ,., ..• ,. . 1'20 11
5839 Pan trauerl um Syrinx (für Gesang, , Seb. Bmh, Bearbeitung von Jos,
Flöte und Klavier). , • • • . . 2' ~ il Marx) . . , . . . • . • . , ,1'20
Verlegerzusdllag 100 Prozent
Zu beziehen durm jede Bum- und Musikalienhandlung
•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••

.. Universal-Edition A.-G., Wien-Leipzig ..

251
CONCERTGEBOUW - AMSTERDAM
MAI 1920

MAHLER-FEST
Sämtliche Werke Guslav Mahlers in einem Zyklus von 9 Konzerten
Dirigent: WILLEM MENGELBERG
Mitwirkende, Die Damen: Cahier / Durigo I Förstel
Hoffmann-Onegin I Noordewier / Reidel / Die Herren, Denijs
Duhan / Urlus / Concertgebouw-Ormester / "Toonkunsl"-Chor

PROGRAMME
1_ KONZERT _ _ _ _ 6_ MAI 1920 s. KONZERT ____ 14. MAI 1920
Das klagende Lied, lieder Semste Sinfonie, Kinder-
eines fahrenden Gesellen, ::: toten lieder
... Erste Sinfonie· ... 6_ KONZERT ____ 15_ MAI 1920
2_ KONZERT _ . _ _ 8_ MAI 1920 lieder, Siebente Sinfonie
7_ KONZERT _ . __ 11- MAI 1920
Zweite Sinfonie
Das lied von der Erde
3_ KONZERT ____ 10_ MAI 1920 8_ KONZERT ____ 18_ MAI 1920
Drifte Sinfonie Neun!e Sinfonie
4_ KONZERT ____ 12_ MAI 1920 9_ KONZERT ____ 21. MAI 1920
Vierte und fünfte Sinfonie Am!e Sinfonie

Abonnement (unpersönlim) 40 Gulden / Zuzüglim städtisme


Steuer I Smrifllime Vorausbestellung erbeten
an das

CONCERTGEBOUW - AMSTERDAM

252
Klavierstücke.
L
Egon WeHeSl, Op.26. !'Ir. t
---

Verlag der Universal- Edition A, \Vlen- Leipzig.


NDt(-~11henitg", !Z1l "Musilib.bttBt tiM An.vt"uclt" Z\1I,'BHes März-beft 1920,
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M. A. 8,
GUSTAV MAHLER
SONDER- NUMMER DER

MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
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CONCERTGEBOUW -AMSTERDAM ,
MAI 1920

MAHLER-FEST
Sämflidle Werke Gusfav Mahlers in einem Zyklus von 9 Konzerten

Dirigent: WILLEM MENGELBERG


Mitwirkende, Die Damen: Ca hier I Durigo I förstel
Hoffmann-Onegin / Noordewier / Reidel I Die Herren, Deniis
Duhan I Urlus / Concerlgebouw-Orchester I "Toonkunst"-Chor

,
PROGRAMME ,,I
1. KONZERT . . . . 6. MAt 1920 11 S. KONZERT •.•. 14. MAI 1920 I
Das klagende lied,lieder I Sechste Sinfonie. Kinder·
I
1 eines fahrenden Gesellen. ... Iotelllieder
::: Erste Sinfonie ::: I 6. KONZERI . . . . 15. MAI 1920 i
i
lieder, Siebente Sillfonie
2. KONZERT. . .. 8. MAI 1920
...... Zweite Sinfonie ..... . 7. KONZERT . . . . 17. MAI 1920 i
Das lied VOll der Erde
3. KONZERT . . . . 10. MAI 1920 8. KONZERT •..• 18. MAI 1920
...... Drille Sinfonie
4. KONZERT •••• 12. MAI 1920
::: Neunte Sinfonie ...
9. KONZERT . . . . 21. MAI 1920
I
Vierte und fünfte Sinfonie ......
Achte Sillfonie

Abonnement (unpersönlich) 40 Gulden / Zuzüglich städlisdle


Steuer ( Schriflliche Vorausbeslellung erbeten

J
an das
I
L CONCERTG EBOUW - AMSTERDAM
254
a. Jahrgang, Nummer '7 - B 1, u. 2. ApriI-H~rt 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

ZUM MAHLER,FEST IN AMSTERDAM


Von Guido Adler, Wien
Das große Mahler-Fest in Amsterdam naht und die gastfreundliche Stadt wird
auch Wiener beherbergen. Erhobenen Gemütes werden die Pilger die Stadt betreten,
in der sie nach den bisherigen herrlichen Mahler-Leistungen Willem Mengelbergs
das Beste erwarten dürfen. Die Niederlande als eine der ältesten Stätten musikalischer
Hochkultur betätigen sich auch heute in rühmlicher Weise auf dem Gebiete der
Tonkunst und erfüllen uns mit besonderem Danke für die großmütige Ausübung
der Nächstenliebe.
War es nicht Amsterdam, dessen kunstsinnige Bürger Mozart noch unmitte1...
bar vor seinem Tode "die Anweisung eines noch höheren jährlichen Betrages zu . .
sicherten, wofür er nur wenige Stücke ausschließend für die Subskribenten kom . .
panieren sollte" - eine Tat und Absicht, die unvergänglich in das Buch der
Kunst- und Kulturgeschichte eingetragen ist. Und heute ehrt die Stadt das Andenken
eines Meisters, der die Stätte seiner Wirksamkeit, in der er Großes, Mustergültiges
geleistet hatte, verlassen mußte. Mit Ehrerbietung werden wir den Persönlichkeiten
gegenübertreten, die solch Löbliches beginnen und ausführen. Mahler selbst würde
in aller Demut stolz sein im Bewußtsein, daß seine Werke innerhalb vierzehn
Tagen einem Kreise vorgeführt werden, in dem sich Kunstfreunde verschiedener
Territorien treffen, um seiner Muse zu huldigen.
Bei einer solchen zyklischen Aufführung seiner Werke wird sich augen- und
ohrenf'llig erweisen, welch innere seelische Verbindung durch sie geht, wie er die
Weltprobleme einheitlich tondichterisch zu erfassen suchte und wie die Gegensätze
zu einer Ausgleichung und Konzentration gebracht werden. Es wird sich so am
eindringlichsten die Individualität des wachsenden, werdenden und zur Vollendung
seiner Tonsprache gelangten Künstlers manifestieren.
Das Ringen und Erreichen wird sich offenbaren, die geistigen Wellenbewegungen
werden klar erkennbar sein.
Für mich bedeutet das Fest zudem ein Aufrollen seliger Erinnerungen an den
Menschen Mahler, der bei zeitweise äußerer Schroffheit ein butterweiches Gemüt
hatte, das in den Adagios seiner Symphonien zum packendsten Ausdruck gelangt;
da ist er der naive, in anderen Sätzen der sentimentale Künstler, im Sinne Friedrich
Schillers.

255
Am 7. Juli dieses Jahres wäre er sechzig Jahre alt geworden, d"" uns schon seit
neun Jahren entrissen ist. Ein solches Geburtstagsfest hätte er erleben sollen! Dem
Lebenden war diese Wartezeit nicht vergönnt. Als ich über das mühselige Empor ...
steigen, über die langsame Verbreitung seiner Werke mit ihm sprach - welche
vornehme Enthaltsamkeit übte er auch zur Zeit, da ihm die Machtmittel zu Gebote
gestanden wären, seine Werke mit den besten Kunstkräften zur Aufführung zu
bringen! - da sagte er nach krampfhaftem Zusammendrücken der Lippen in halb-
ironischem Zacken der Mundwinkeln: "Ich kann warten". Auch in diesem Sinne
war er ein Österreicher von der Gesinnung eines Anton Schmerling in dessen
bekanntem Ausspruch "Wir können warten." Allein beim Künstler fand dieses
Harren einen fruchtbareren Boden als bei dem Staatsmanne und Mahlers Aussaat
sollte gedeihlich sprießen. Die Wartezeit hat sich erfüllt. Noch hat sich Mahlers
Lebenswerk weiter auszubreiten; die momentane Pflege ist eine ungleiche, an..
scheinend willkürliche, in Wien von verschiedenen Momenten begleitet. Das Mahler-
Fest in Amsterdam ist eine Tat großen Stils, ein Weiheopfer, ein Zeuge von vor ...
nehmster Gesinnung und Hingabe. Und so trete ich an die Tore dieser Stadt als
Freund MahIers, der den Künstler und Menschen auf seinem Lebenswege begleitete
und rufe:
"Habt Dank, Ihr Edlen von ... Amsterdam."

o 0

G U S TAV lVIAH L ER
UND DAS AlVISTERDAlVIER CONCERTGEBOUW
Von altO Neitzel, Köln+
Die musikalischen Beziehungen zwischen Deutschland und Holland sind von
altersher sehr rege gewesen, freilich mit einer gewissen Einschränkung in neuerer·
Zeit. Dem rückwärtsblickenden Musikforscher drängt sich nämlich die Tatsache auf,
daß der musikalische Austausch zwischen den verschiedenen Nationen in den ver . .
flossenen Jahrhunderten, als es noch keine Telegraphen und Eisenbahnen gab, sich
schneller und häufiger vollzog als in der Gegenwart. Seit der Erfindung der Viel,
stimmigkeit in der Musik, wenigstens seit ihrer Entwicklung zum psychologischen
Ausdrucksmittel, also etwa seit dem dreizehnten Jahrhundert, erfolgt ein fort'
währendes Kommen und Gehen von Tonkünstlern über die Alpenpässe von und
nach Italien.
Die Niederländer reißen eine Zeitlang die Herrschaft des vielstimmigen Stils
an sich. Selbstverständlich lauscht das rassen- und geistesverwandte Deutschland
gern und willfährig auf das Erklingen der holländisclloen Stimmgabel. Der Verkehr
der Musiker, ihre Anstellungen, die Aufführungen ihrer Werke vollziehen sich in
Wahrheit in internationaler Weise. Wie der Norden Ausländer gern aufnimmt, so
steht Italien nicht an, Meister wie Händel, den viel zu sehr vergessenen Dresdener
.j< Mit Hinblick auf das bevorstehende Mahler. . Fest im Amsterdamer Concertgebouw und·
das kürzliche Ableben des als Musikschriftsteller in Deutschland sehr geschätzten Autors geben.
wir dessen Studie aus dem Jahre 1916 hier etwas gekürzt wieder.

256
Hasse, das Sehnsuchtsziel des alten Fritz, zu bewundern. Erst die Entwicklung des
völkischen Geistes hat es zuwege gebracht, daß im Grunde genommen die einzelnen
Länder in der Musik nebeneinander hergehen. Nun haben wir Deutsche ja stets
unser Weltbürgertum, namentlich in Kunst und Literatur, als unsern besondern
Kulturvorzug in Anspruch genommen und das vielfach mit Recht. Ich habe
mir nun jedoch, seitdem ich die Beobachtung machte, daß die meisten deutschen
Konzertinstitute immer in den ausgefahrenen Geleisen weiterrutschen, die Frage
vorgelegt, ob wir auf die Eigenschaft des musikalischen Weltbürgertums, das heißt,
eines weitblickenden, den musikalischen Fortschritt aufmerksam beachtenden Spür,
und PlIegesinns wohl noch Anspruch erheben dürfen. In die hermetische Ab,
geschlossenheit, die dem deutschen Musikberichterstatter, auch wenn er gleichzeitig
ein ausübender Künstler ist, die Gegenwart auferlegt, drang eine fachmännische
Stimme, die behauptete, daß ein nicht minder weltbürgerliches, räumlich natürlich
sehr viel mehr begrenztes, aber, darum gerade um so einheitlicheres Musizieren sich
in Holland finde, und daß die Seele holländischen Musizierens, ihr Ausgang und
ihre Nährquelle das Concertgebouw in Amsterdam sei.
An das Concertgebouw war mir selbst nur eine dunkle, aber angenehme
Erinnerung verblieben. Das Gebäude war 188Serriehtet worden und enthielt einen
der schönsten, bei aller Geräumigkeit akustischsten Konzertsäle der musikalischen
Welt. Der erste Leiter des neugegründeten Orchesters war der jetzt in Koblenz
amtierende Willem Kes. Durch ihn wurde ich anfangs der neunziger Jahre zur
pianistischen Mitwirkung gezogen. Das Orchester war mir als vorzüglich aufgefallen.
Einen zweiten Ruf mußte ich, da ich schon anderweitig gebunden war, ablehnen.
Und sah den Saal nie wieder. Kes, der 1895 nach Glasgow ging, erhielt einen Nach,
folger in Willem Mengelberg. Dieser, ein Sproß der bekannten rheinischen
Malerfamilie, kaum dem Kölner Konservatorium entwachsen, war eben in Luzern
als Musikdirektor warm geworden, als er sich nach dem französischen Wort: Der
König ist tot, es lebe der König, in Kes' Abschiedskonzert dem Publikum als aus'
gezeichneter Pianist mit Liszts Es dur,Ko!)zert vorstellte. Je völkischer sich in den
seither verflossenen Jahren die Nationen emporentwickelten, desto seltener drang
aus Amsterdam eine Kunde über das dortige Musiktreiben nach außen. Holländische
Sänger, Messchaert, Orelio, Denys, die Damen Noordewier, Lauprecht und viele
andere, sangen jahraus jahrein bei uns, viele ließen sich in Deutschland nieder,
unsere Orchester beherbergen manchen Holländer, aber in Musikzeitungen stand
verschwindend wenig über Holland. Richard Strauß erzählte mir im Jahre 1897
Wunderdinge von den Amsterdamern. Er hatte das Jahr vorher sein" Tod und
Verklärung" dirigiert und soviel Geschmack an Ausführung und Aufnahme gefunden,
daß er Mengelberg und dem Orchester sein "Held.nleben" widmete. Mehr noch
wirkten auf mich die Äußerungen Gustav Mahlers, und damit komme ich zu dem
geistigen Vater meiner Zeilen, denn Mahler ist wieder einmal der in der Komponisten . .
welt so häufige, fast typische "tragische Fall".
Meine persönlichen Beziehungen zu Mahler stammten aus alter Zeit. Wir wirkten
beide in einem Sinfoniekonzert der Dresdener Hofkapelle unter Schuch, ich als
Pianist, er als passiver, das heißt nicht dirigierender, sondern nur der Aufführung
beiwohnender Komponist. Ich war in meinem Hotelkämmerlein gerade daran, mich
für meine Aufgaben, Beethovens G dur. . Konzert und Liszts Totentanz, zu sammeln,
als die Tür aufging und Doktor Mirakel, nein, Mahlers hagere, fast geisterhafte

257
Erscheinung, hereinschlich. Nicht seine ganze zweite Sinfonie, sondern nur zwei
Sätze daraus wagte der vorsichtige Schuch seinen Dresdenern vorzusetzen, damals,.
etwa 1895! Die Dresdener werden heute verwundert sein, zu erfahren, für wie
rückständig sie damals noch von ihrem musikalischen Überleiter eingeschätzt wurden,
dürfen sich aber mit den meisten andern deutschen Zuhörerschaften trösten, denn
Mahler galt damals noch als höchst "merkwürd'ger Fall". Ich konnte einige Blicke
in Mahlers Innenleben werfen. Er war schon bei der vierten oder fünften Sinfonie
angelangt, aber die Aufführungen seiner Werke blieben kläglich vereinzelt, Vom
Publikum und der Kritik wurde er als Theatraliker, Komödiant, dem die äußere,
und zwar recht verwegene Mache über den inneren Gehalt ginge, als banaler Nach-
treter Schuberts, im Meyerbeerschen Gewand abgetan, Die Mildesten sagten, seine
Absicht sei edel, aber die Mittel ständen im schreienden Mißverhältnis zur Erfindung,
Und Mahler litt, litt, wie große Seelen, still, und häufte Werk auf Werk.
Ich komme zu unserer letzten Unterredung im Eisenbahnwagen. Es war gleich
nach der Uraufführung seiner achten Sinfonie, die "Sinfonie der Tausend nach dem
ij

großen Apparat der Mitwirkenden getauft, Ich gratulierte ihm zu dem großen
Erfolg, den er endlich davongetragen. Er schüttelte den Kopf: die Bedingungen der
Aufführung hatten ihn nicht ganz zufriedengesteIlt. "Und das ist unser Komponisten . .
verhängnis, Jede Aufführung bietet ein anderes Bild, je nachdem die Faktoren, die
in ihr zusammenwirken, mehr oder weniger zulänglich sind. So verschiebt sich
dieses Bild von Aufführung zu Aufführung, Publikum und Presse aber beurteilen
nur dieses Bild .. .
11 "Ich meine, unter der Presse seien doch einige Urteilsfähige .. .
- <1

- "Nein, oder fast niemals. Solche, die das zu beurteilende, noch nicht in einer
Aufführung erprobte Kunstwerk so gründlich kennen, daß sie die Fehler der Auf-
führung nicht auf das Schuldkonto des Kunstwerkes ablüden, gibt es fast nicht. Der
Maler kann sich höchstens über schlechte Beleuchtung und mangelhafte Einordnung
seiner Kunstwerke beklagen; wir hören nie auf, die Versuchsobjekte der verschiedenen
Kapellmeister, Orchester und Chöre zu sein. Es gehört schon eine verdammte
Genialität dazu, durch diesen Wall von Hindernissen durchzudringen. ,. Ja", fuhr
er nach einer Pause fort, "ich weiß eine Musikstadt, in der ich restlos begriffen
werde,. vom Kapellmeister, vom Orchester, vom Publikum: Amsterdam. Habe ich
erst mich und die Meinen versorgt, so siedle ich mich dort an, um nur den Auf. .
führungen meiner Werke unter Mengelberg mit dem Concertgebouw~Orchester zu
leben und, dadurch angespornt, faustisch von Stufe zu Stufe emporzuklimmen. Und
Amsterdam wird auf Deutschland zurückwirken; würdige Konzerthäuser werden
allmählich entstehen, in denen meine Sinfonien einen führenden Platz einnehmen
werden, ., Er blickte durchs Wagenfenster weit in die Ferne. "Es kann die Spur
von deinen Erdentagen nicht in Äonen untergeh'n so ergänzte ich in Gedanken
ll
, J

freilich nicht ganz überzeugt,


Darüber vergingen ein paar Jahre, Die Sinfonie der Tausend erlebte verschiedene
Aufführungen, auch auf dem Musikfest in Köln. Aber es blieb, wie überhaupt bei
der Pflege Mahlers, bei vereinzelten Versuchen, und seine Muse glich dem Fisch,
der im sonnenbeschienenen See dann und wann nach Luft schnappt, aber sonst im
Wasser der Vergessenheit weiterschwimmt. Und Mahler starb, ohne irgendwo in
Deutschland eine beherztere Vorkämpferschar für seine Muse zu erleben.
Unterdes brachte die Frankfurter Museumsgesellschaft, die mit dem Amsterdamer
Concertgebouw durch die Personalunion ihres Kapellmeisters Mengelberg verknüpft

258
ist, die Mahlersehen Werke häufiger zu Ehren als irgend eine andere Konzert...
gesellschaft. Aus einer Inhaltsübersicht über die Amsterdamer Programme ersah ich,
daß im Winter 1915 fast sämtliche Sinfonien Mahlers nebst dem Lied von der
Erde. verschiedene Sinfonien mehreremale aufgeführt worden waren, daß sich also
in Holland in aller Stille, vom Ausland unbeachtet, eine große Mahler-Gemeinde
gebildet hatte. Denn Amsterd.m ist in dieser Hinsicht Holland, wie Paris Frankreich
ist, ja mehr als das. Paris reist nicht im Land umher, wohl aber Mengelberg mit
dem Orchester. Ich beschloß zunächst, mir einmal den Mann, der das vollbracht,
anzusehen, und fuhr nach Frankfurt. Ich hörte unter ihm die Pathetische Tschaikowskys
dirigieren und begriff nun allerdings, daß Mengelberg, merkwürdigerweise außer in
Deutschland, wo er unbekannt geblieben ist, längst zu den ganz Großen gerechnet
worden ist.
So verdichteten sich die Bannkreise, die mich nach Amsterdam zogen, immer
mehr: der letzte Anlaß bot sich eines Tages übermächtig in Gestalt der bevor-
stehenden Afführung der achten Mahlersehen Sinfonie; ich bewaffnete mich mit
Paß, Thermosflasche und Butterbroten, um wenigstens bis Amsterdam durch...
zuhalten. lieB vOr .l1em alles Schriftliche und Gedruckte, diesmal auch alle Noten
zu Hause, hatte in Amsterdam wirklich nur Zeit, einen Bohnenkaffee zu schlürfen
und festzustellen, daß dort das richtige Amsterdamer, das heißt regnerisches Wetter
herrschte, und begab mich ins Concertgebouw zur Hauptprobe. Die weite Halle war
dicht gefüllt, das Podium mit den Ausführenden besät, allgemeine Spannung gab
sich kund. Natürlich verstärkte sich der in der Probe empfangene musikalische
Eindruck noch am Konzerttage selbst - die Wiederholung am folgenden Tage
mußte ich versäumen - und dieser Eindruck war etwa folgender.
Das Orchester steht technisch auf erdenklicher Höhe und kommt in dieser
gleichmäßigen Auswahl erster Kräfte dem Bostoner Sinfonie-Orchester jedenfalls
sehr nahe. An Klang, an musikalischem Verständnis, an Temperament darf es
ein Muster heißen, und zwar aus folgenden Gründen. In den Orchestern kann man
hinsichtlich des Klanges zwei verschiedene Schulen feststellen, eine germanische
und eine romanische, von denen die letzte mehr auf Eindringlichkeit und Schärfe,
die erste auf Fülle und Wärme, beide natürlich auf möglichste Schönheit des
Klanges halten.
In Deutsd1land überwiegt vielfach Tonfülle die Schönheit des Klanges. In
Frankreich ist der Orchesterklang auch in der Kraft so diskret, daß Wagner nie
auf die Versenkung des Orchesters, wie bei uns, sondern nur auf dessen Unsichtbar . . .
machung gedrungen hätte. Je nach der Zusammensetzung der Orchester, die in
Amerika, Rußland, England, am wenigsten in Frankreich, eine Vermischung
romanischer und germanischer Elemente aufweisen, neigen die betreffenden Orchester
mehr zur romanischen oder germanischen, so beispielsweise die russischen mehr zur
germanischen, von den amerikanischen viele mehr zur romanischen Richtung. Das
Arnsterdamer Concertgebouw scheint mir die germanische Art in reinster Kultur
darzustellen, und keine Vernunft... und Nutzensgründe überzeugen den objektiv
veranlagten Hörer in so bündiger und überraschender Weise von der inneren Ver. .
wandtschaft holländischer und deutscher Gemütsart wie der Klang dieses auf
holländischem Boden erwachsenen, fast nur aus holländischen Musikern zusammen...
gesetzten, von Holländern gestützten und anerkannten Orchesters. Was nun nächst

259
'den technischen die musikalischen Eigenschaften angeht, so ist das mehr Sache
der Erziehung durch den Dirigenten. Bei alledelll soll man Menge1berg durchaus
nicht als ausschließlichen Prodcutschen bezeichnen1 sondern mehr als den musikalischen
Weltbürger, von dem ich zu Anfang sprach und auf den sich sonst der deutsche
Musiker so gern beruft, Ich hörte am Vormittag des Aufführungstages der Mahlersehen
Sinfonie eine Cesar Franck. . Probe mit dessen Fis moIl. . Variationen für Orchester und
Klavier, von dem Holländer Willem Andriessen mit großer Bravour gespielt, sowie
die Suite "Psyche" t übrigens eines der wertvollsten Stücke des beIgisch..französischen
Meisters, das in Deutschland bekannter sein könnte, als es ist, da es neben Francks
kontrapunktischer Kunst auch einen beträchtlichen Gehalt an Gefühlswärme und
Klangzauber besitzt. Die Franzosen bis Debussy und Ravel, die Russen bis zu
Scriabine gehören zum regelmäßigen Programmbestand ; von den Deutschen wird
außer Brahms auch Reger häufig, Schönberg, der von allen deutschen Konzert'
gesellschaften einhellig gemiedene Eigenbrötler, doch auch zuweilen aufgeführt,
Aber Mengelbergs Art zu musizieren und sein Orchester zu erziehen, darf doch
germanisch heißen: sein Orchester si n g t. Dieser Gesang wird als Phrase behandelt
mit der wohlgegliederten Akzentuierung, der Befreiung der Notenwerte aus den
Taktfesseln mit den nötigen Atempausen. Was hätte Cesar Franck wohl gesaKt,
wenn er in der Psyche die Cellophrasen so frei, so geschmeidig hätte vortragen
hören! Ich denke dabei an den verstorbenen Mühlfeld, den Meiningenschen Klarinet,
tisten und Meister der Phrasierung, an Gustav Brechers stete Mahnung, nicht Takte
zu spielen, sondern Phrasen. Aber diese Phrasierung des Orchesters ist in innerstes
Gefühl getaucht, und zwar gerade immer in diejenige Art des Gefühls, die im
Kunstwerk schlummert. Der Satz, daß die deutsche Nation oder richtiger die
germanische Rasse die musikalischste der Welt sei, ist trotz manchen Verfalls,
erscheinungen, zu denen der Mangel an Umblick bei Konzertleitern und Publikum,
sowie die unausbleibliche Verschlampung der Orchester durch zu vielseitigen, ewig,
wechselnden Opern, und Konzertdienst zu zählen ist, nicht umzustoßen. Mengelberg
ist mit seinem Orchester seit Hans Richters Tode wohl die abgeklärteste, kernhafteste
Erscheinung unter den Dirigenten dieser Richtung. Denn neben seiner Musikalität
besitzt er auch ein untrügliches, unverrückbares rhythmisches Gefühl, das nie wehe
tut und spröde wird, aber der Phrase Rückgrat und Männlichkeit verleiht,
Es ist zu verstehen, daß unter solchen Umständen die Mahlersehe Achte denn
doch ganz anders wirkte, als bei den frühem Aufführungen. Man erinnert sich, daß
es sich bei ihr um eine zweisätzige Chorsinfonie handelt, deren erster Satz die
Hymne "Veni creator spiritus"', deren zweiter die Schlußverklärungdes zweiten Teils von
Goethes Faust behandelt. Nun stand auch der holländische Chor dem Orchester in
keiner Weise nach. Wenn man den rheinischen Chören den Silberklang, den west'
falischen die bronzene Festigkeit nachrühmen darf, so findet sich bei den Holländern
etwa eine Verschmelzung bei der Eigenschaften, und man darf, wenn man die Chöre
vieler Länder gehört hat, nicht anstehen, diesen Chorklang ebenfalls als den Ideal,
typus des Vollblut,Germanentums zu bezeichnen, jedenfalls als das Klangmaterial,
das am wärmsten, am eindringlichsten und nachdrücklichsten germanische
Tonwerke wiederzugeben imstande ist. Wie weit an der Erzeugung dieses Chor'
klangs Klima, musikalische und gesangliche Erziehung beteiligt sind, überlasse
ich fachmännischen Stimmphysiologen zu entscheiden. Der Eifer ließ nichts zu
wünschen übrig, was nicht zu verwundern ist, da als Einstudierer des Knabenchors der

260
Beigeordnete der Stadt H. J. den Hertog mit leuchtendem Beispiel vorangeht und
die Organisation, Aufstellung, Singbereitschaft des Damenchors von der Frau
Präsidentin höchst eigenhändig besorgt werden. Die ganze Chorleitung war technisch,
wie man sagt, aus der Pistole geschossen. Nirgend ein Schwanken, nirgend eine
Unstimmigkeit in dem Riesenapparat, weder in dem markigen Anfangschor, noch
bei dem mystischen Qui diceris, dem lichten Accende lumen oder dem unwirschen
Rastern repellas. Der erste Satz ist ja überall seines gewaltigen Eindrucks sicher
gewesen, weniger der zweite, über den alles Mögliche von zu großer Länge. nicht
zureichender Er.. und Empfindung geredet und geschrieben worden ist. Der Hörer
verfolgte den Satz mit angespanntem, nie erlahmendem Interesse, und ehe er sich
·dessen versah, ertönten, wie aus überirdischem Orakelmunde, die Schlußworte: Alles
Vergängliche. Ja, das sonst Unzulängliche hinsichtlich der Aufführung, das der
Ahnungslose so gern und schnell auf das Kunstwerk überträgt, hier ward es Ereignis,
und Mahler feierte, nicht wie Bach, erst hundert, sondern ein paar Jahre nach seinem
Tode schon eine Wiedergeburt, wie er sie seinen Absichten nicht gemäßer hätte
wünschen können. Als Solisten wirkten Gertrude Förste!, die in dem Werk
bekanntermaßen unvergleichlich ist, die stets tadellose Noor d e wie r- Red dingi us,
,die vornehme lIona Durigo, als zweite Alti~in Meta Reidel, der vorzügliche
Münchener Tenorist Otto Wolf, der sonore und markige Mannheimer Bassist
Fe n t e fi, sowie als Baritonist Herr van der S t a p.
So sehr sich jedem Zeugen einer solchen Aufführung die Bewunderung vor ihr
..aufdrängt, so wenig dürfen wir hoffen, in Deutschland vorderhand ein solches
Institut schaffen zu können. Der Grund? In erster Linie das Publikum. Man denke
nur, daß das Concertgebouw-Orchester in jedem Jahr nicht weniger als 60 Abonnements-
konzerte, daneben noch an jedem Sonntag Volks konzerte veranstaltet. Diese Zahl
von Konzerten, dazu diese Abwechslung in den Programmen kann in einer Stadt,
deren Einwohnerzahl diejenige Kölns nicht erreicht, Boden finden nur bei einem
ausgesprochen konzertmäßig gestimmten Publikum. Es ist richtig, daß diese Ge-
stimmtheit sich auf Kosten des Opernsinnes dieser Leute vollzieht: es gibt darin
nur Gastspiele, und die Versuche des Ausbaues einer holländischen Oper haben bis
jetzt Schiffbruch erlitten. Aber nicht, weil die Oper ihm fehlt, sondern weil er die
Oper nicht liebt, geht der Holländer ins Konzert. Nun fehlt es ja auch bei uns nicht
an vorwiegend kODzertmäßig trachtenden Zuhörerschaften, wie in Berlin, Leipzig.
Frankfurt, Dresden, die - ganz sicher eine große Anzahl von Elementen - ihr
musikalisches Seelenheil weit mehr im Konzertsaal als in der Oper suchen. Das
Schlimme ist, daß diese Städte entweder keine ausschließlichen Konzertorchester
.besitzen, oder daß solche durch vie1spältigen Dienst wieder allzusehr zerstreut werden.
um sich für große Aufgaben hinreichend sammeln zu können. Die Rückständigkeit
unseres Publikums in bezug auf die Programme, über die ich wiederholt gesprochen
habe, würde verschwinden, wenn wir eine größere Anzahl Konzerte hörten und in
ihnen mit den bekannten Meisterwerken genügend gesättigt würden, um auf die
neue und seltene Kunst hungrig zu werden. Das Concertgebouw versorgt übrigens
auch den Haag mit 16, Nimwegen und Utrecht mit je vier, Arnheim mit fünf,
Rotterdam und Harlem mit je sechs Konzerten. Selbstverständlich gelangen die
Klassiker und Romantik ...,' Brahms nicht zum wenigsten, ebenfalls zu gebührender
Beachtung. Aber neulich wurde einer dieser Städte die C dur. . Sinfonie von Schubert
'Vorgeschlagen. Sie entschied sich für Mahler. Auch die Orchester, die sich nach dem

261
Vorgange Amsterdams im Haag (Residenzorchester mit Dr. Viotta als Dirigenten),
Utrecht (Jos. Wagenaar), Arnheim (van Anroy) gebildet haben, bringen oft eine
Mahlersc:hc Sinfonie.
So war ich ausgezogen, um der Ehrung unseres Mahler im neutralen Ausland
beizuwohnen, und habe die Insel der musikalisch Glückseligen entdeckt.
o 0

VOM GEISTE DER MAHLERSCHEN MUSIK


Von Hugo Kauder, Wien
I
Ich bin von Gott und will wieder zu Gott!

Mahlers Musik wird als "tönende Metaphysik U von den einen über alles erhoben,
von den andern maßlos geschmäht; den einen ist sie unendlich mehr denn bloße
Ton . .Kunst: tiefster Ausdruck alles Menschentums und Weltendaseins ; die andere-n
wieder erblicken in ihrem bewußten und gewollten Transzendieren ein Zeichen
schöpferischen Unvermögens: sie werfen Mahler vor, er suche durch ein Außer-
musikalisches die fehlende musikalische Potenz, durch Ethos das mangelnde Talent
zu ersetzen (jener ganz zu geschweigen, die - sei's aus Haß oder aus Unverstand -
die Echtheit und \\'1ahrhaftigkeit seines Ethos anzweifeln).
Nun hat dieser Vorwurf allerdings den Anschein der Berechtigung; denn Musik
ist an sich schon, als Element sowohl wie auch in ihren Formen, unmittelbarster
Ausdruck schöpferischen Ur-Seins, Abbild und Gleichnis kosmischen Geschehens;
der Künstler braucht nur ihren immanenten Gesetzen zu folgen, damit sie ganz von
selbst ihre weltenschaffenden Kräfte offenbare; bedarfs da noch einer ausdrücklichen
metaphysischen Tendenz? wozu denn etwas in die Musik hineintragen, was sie
ohnedies schon besitzt? wozu denn sie zur bloßen Darstellung machen dessen, was
sie ja selbst ist, sie zur Dienerin erniedrigen, wo sie doch Herrseherin sein soll?
Dieser Einwand ist jedoch nur berechtigt in einer WeIt, in der es keinen Zwic . .
spalt und keine Scheidung gibt zwischen Wesen und Schein, Geist und Natur,
Freiheit und Bedingtheit. Nun aber leben wir nicht in einer solchen WeIt: in
unserer Welt ist alles, was ursprünglich eins war, entzweit, sind alle geistigen und
seelischen Kräft~ vereinzelt, und nie noch klaffte der Riß zwischen den Gegensätzen
so weit auseinander wie gerade heute. Und so müssen wir denn, statt aus dem
Vollbesitze einer WeIt zu schöpfen, die uns mangelnde erst erschaffen; nicht die
Fülle, sondern die I'l'ot, nicht das Sein, sondern das Sehnen macht uns schöpferisch.
Aus dem Dualismus: dem als tragisch empfundenen Zwiespalt zwischen idealer
und realer WeIt kommt jene ungeheure Spannung, die für alle Geistigkeit unserer
Zeit so bezeichnend ist. Bei Mahler kommt nun noch eines dazu, das diese Spannung
bis zum Übermaß steigert: sein Judentum. Denn das Judentum bedeutet die schärfste
Ausprägung des Dualismus, indem es die Extreme alles Menschentums aus seiner
Mitte hervorbringt: den Christ und den Antichrist. Es ist einerseits der In...
begriff aller zersetzenden Geisteskräfte : jener Mächte, deren ungeheures Anwachsen
in unseren Tagen namenloses Unheil über die Erde gebracht hat; aber es hat in
sich auch die Möglichkeit zu deren Überwindung. So kommt es denn, daß der

262
Jude nur nach hartem Kampfe mit jenen feindlichen Mächten eine höhere Stufe
des Menschentums erreichen kann: er muß~ gleich Christus t in die Wüste, um dort
mit dem Teufel zu ringen, muß sich von der Welt abwenden, um des Geistes teil..
haft zu werden. Daher die Gewaltsamkeit und Intensität aller jüdischen Geistigkeit:
die Welt. . und Lebensverneinung seiner Religion, der Fanatismus seines Propheten...
turns; daher auch die Begrifflichkeit, Ungegenständlichkeit seines Denkens; daher
kommt es auch, daß unter allen Künsten die Musik, als die abstrakteste, ihm am
nächsten liegt: ist für den Menschen von heute die Kunst der nächste Weg zur
Vollendung, so ist es für den Juden insbesondere die Musik.
Aus solchen Voraussetzungen erklärt sich Mahlers Wesen und Werk - nun
verstehen wir sein leidenschaftliches Ringen und inbrünstiges Suchen, wie es
besonders ergreifend in der Zweiten Symphonie zum Ausdruck gelangt, zumal im
..,Uriicht l ' . In wunderbarster Weise hat Rudolf Pannwitz, ohne damals noch
etwas von Mahlers Musik gekannt zu haben, in einer Um dichtung dieses Liedes
deren innerstes Wesen getroffen:

" ... Da kam ich auf schmalen runden Steg,


Ein Engel entgegen meinem Weg,
Der wollte mich r.ückewärts abweisen.
Ich rang ihn nieder, um vorwärts zu reisen.
Ich bin von Gott und will wieder zu Gott!
Das Urlicht hat mir mein Licht zünd't,
Ich fahr zum Ziel, das ich wohl find',"

Wie bei jedem Metaphysiker, so berühren sich 2,uch bei Mahler Tragik und
HUr:1or aufs innigste - sind doch dieze beiden Ausdruck einer und derselben T ;:.t-"
sache: eIes Widerspruches zwischen Unendlichem und Endlichem und unterscheiden
sich nur durch die Perspektive. Ist Tragik das vergebliche Ringen nach Lösung
dieses \Vic1erspruches, so hebt der Humor ihn nah e z u auf:, indem er die !äeher..
liehe Kleinheit und Belanglosigkeit des Endlichen aufzeigt. So erscheint in den
Scherzi der Zweiten und Vierten Symphonie das irdische Leben als sinnlos...schatten . .
hafter Tanz (in der Viuten Symphonie streicht Spielmann Tod eine verstimmte
Fiedel dazu); das Finale der Vierten - man kann es als Satyrspiel zur Zweiten
auffassen - -ist eine humoristische Betrachtung des himmlischen Lebens, das hier
al$ lustiges Schl.raffenleben dargestellt wird. Zwischendurch aber wirft Mahler
manchen liebevoll-sehnsüchtigen Blick auf die Schönheit dieser Erde: so im Andante
der Zweiten Symphonie, so im Menuett der Dritten, wo er dem Geläute der
Glockenblumen, und im Scherzo derselben Symphonie, wo er der Weise des Post . .
horns nachhorcht. Denn gerade der, der nach Überwindung dieser Welt ringt, kennt
die tiefste, brennendste Sehnsucht nach deren Schönheit - in ehristian Morgen-
sterns "Legende findet diese Sehnsucht ebenso ergreifenden Ausdruck wie im
U

Scherzo der Dritten an der Stelle, wo beim letzten Erklingen des Posthorns aus
den bisher nur leise nachsingenden Geigen eine I'delodie von unendlicher S{1ßc,
Inbrunst und Innigkeit aufsteigt.
o

263
1I
Aus Betenden müssen wir Segnende werden!
(Nietzsehe)

Mit der Vierten Symphonie' schließt du erste Ring von Mahlers Werken;
:mit der Fünften beginnt ein neuer, diese und die beiden folgenden umfassend.
Aus diesen drei Werken läßt sich keine Metaphysik im Sinne eines bewußten
T ranszendierens ableiten; durch sie sind alle diejenigen widerlegt, die in Mahlers
1,metaphysischer Musik'" nur den Ausdruck der Unfihigkeit sahen, "absolute
Musik" zu schaffen, aber auch, die Mahler allein um seiner Metaphysik willen
verehrten. Diese wußten vorerst mit den neUen Werken nichts Rechtes an. .
-zufangen und gaben sich nachher damit zufrieden, in ihnen "Auseinander . .
setzungen mit musikalisch ..technischen Probleme~" zu sehen. Nun hätten sie
schon aus der Dritten, selbst aus der Ersten Symphonie erkennen können, daß
Mahlers Welt nicht nur das Reich des Geistes, sondern auch das der Natur
umfaBt; die Idee des ersten Satzes der Dritten Symphonie ist die gleiche
wie die der Zweiten Symphonie: der Sieg des Lebens über den Tod; dort vollzieht
sich innerhalb der Natur, was hier in der geistigen Welt; hier die Auferstehung
am Jüngsten Tag, dort der siegreiche Einzug des Sommers. (Wenn hier von einer
)"Idee" die Rede ist, darf dies nicht in dem Sinne mißverstanden werden, als diene
die Musik nur der Darstellung eines poetischen oder philosophischen Inhaltes; viel,
,mehr ist die Idee nur als primär der musikalischen Konzeption vorausgegangen
und hat der schaffenden Phantasie die Richtung gewiesen~ ohne sie in ihrem selbst. .
herrlichen Walten irgend zu beeinträchtigen.) Die Fünfte, Sechste und Siebente
Symphonie bilden nun die weitere Ausgestaltung des Weltbildes der Dritten; in
ihnen vollzieht sich die Überwindung der Metaphysik - nicht etwa im Sinne einer
Abkehr von der geistigen Welt, sondern vielmehr als Aufhebung der Scheidung
von Diesseits und Jenseits. Damit ist auch aller Widerspruch und alle Tragik der
Welt überwunden - sie erscheint uns nur mehr als Kunstwerk. Solches sagt uns
Mahler im Finale der Fünften Symphonie: hier ist die Musik erlöst von aller
metaphysischer Sehnsucht; sie braucht nicht mehr aus dieser Welt hinauszustreben,
denn sie ist selbst Inbegriff aller Welt; so ist sie, gleich dem Kosmos, unaufhör'
liehe Bewegung und doch stets im Gleichgewicht: ewig heitres Spiel.
Aber - so wird man einwenden - Mahler ist doch Zeit seines Lebens ein
Ringender geblieben! Auf die übermütige Heiterkeit dieses Rondofinales folgte die
Tragische Symphonie, die.:uns wieder durch alle Abgründe der Welt und des Lebens
reißt, ohne im letzten Satze die Erlösung zu bringen; vielmehr werden wir nach
jedem Aufschwung durch einen furchtbaren Schlag ins Bodenlose zurückgeschleudert.
Und die schaurige erste Nachtmusik der Siebenten Symphonie, die mit dem
tragischen Dur,Moll,Akkord der Sechsten schließt? die dämonische Burleske der
,Neunten? der tiefschmerzliche Gesang des "Einsamen im Herbst und schließlich
U

das Zwischenspiel des Orchesters im "Abschied", das uns Schopenhauers Wort von
der "Verneinung des Willens zum Leben" in seiner ganzen furchtbaren Schwere
und Tiefe begreifen läßt?!
Die Antwort darauf: Mahler war eben Künstler; und dies ist der fundamentale
Unterschied zwischen dem religiösen und dem künstlerischen Genius: ersterer hat
-einmal und endgültig allen Schein, alles Zufällige, alles Böse überwunden und lebt

.264
fortan stetig als ein "Wesentlich.. Gewordener", "Vollkommen . . Erwachter'i j letzterer"
dagegen wird immer nur für einzelne Momente des höheren Seins teilhaft t
denen er erst durch sein Schaffen Dauer verleiht; er muß daher mit jedem.
Werke von vorn anfangen. So hat denn Mahler bis an sein Ende nicht ab . .
gelassen, unaufhörlich nach der höchsten Vollendung zu ringen. Und als ein Sieg-
reich .. Vollendeter ist er von uns gegangen, uns in seinem Werke sein Wesen und
seine Welt hinterlassend.
Mahlers Weltbild ist das gleiche wie das Jak 0 b Bö h m e s, des tiefsten Denl<ers
der deutsch. . christlichen Welt, und seiner Geisteserben, der großen Romantiker"
Novalis und Schelling: ein Christentum, das jedoch die Sinnenwelt nicht als
"Reich des Teufels" verneint, vielmehr in ihr Abglanz und Gleichnis des Göttlichen
erblickt. Und zwar ist es die Liebe, welche die Dinge dieser Erde also umschafft;
d.urch sie erst "wird die Welt zum Kunstwerk, zum in ewiger Schönheit erstrahlen . .
den K 0 s m 0 s. Ihr hat Mahler den gewaltigen Hymnus seiner Achten Symphonie
gesungen; sie sprach einmal aus ihm das wundervolle Wort: "Alle Wesen haben
das Bestreben, so schön zu sein wie nur möglich sie machte ihn zum Erfüller des
ll
;

Nietzsche..Wortes: "Aus Betenden müssen wir Segnende werden!" Im verklärten


Ausklang der Neunten, im Abgesang des Liedes von der Erde spricht er, der in-
brünstig Betende der Zweiten Symphonie, nUn als Segnender zur Welt, dem
scheidenden Zarathustra gleich:
Die liebe Erde
Allüberall
Blüht auf im Lenz
Und grünt aufs neu!
Allüberall und ewig blauen licht die Fernen!
Ewig ... ewig ...
c c

DIE WELT DER V" VI. UND VII. SINFONIE MAHLERS


Von Hans Ferdin~nd Redlich. Wien
Diese drei großen Werke bilden einen einzigen Komplex. Sie umspannen ein e
Welt, die nach allen Richtungen hin sicher umgrenzt ist. Und dieses Moment der
Umgrenzung bildet den ersten der großen Unterschiede, die dieser H Welt" innerhalb
der Welt Mahlers eine Ausnahmsstellung verleihen. Es fehlt ihnen gleichsam der
unendliche Fernblick, der sich sonst auf den Gipfeln Mahlerscher Sinfonik darbietet,
das ungeheure Tor, welches überirdisch in unzählige neue Welten führt, das
"metaphysische" Gesicht ... Sie sind Mahler~ "große PhysikI', und werden in der
späteren Gesamtbalancierung seines Werkes wahrscheinlich einen ähnlichen Punkt
einnehmen, wie der "Ring" Wagners in der Bayreuther Balance. In diesen drei
Sinfonien hat Mahler seine Welt- und Blut-Instinkte bis zum äußersten spielen
lassen. (In Wahrheit ist auch diese Physik, wie bei jedem wahren Kunstwerk
imaginär. Der Ausdruck "Physik" ist daher recht eigentlich eum grano saIis zu
nehmen und diese ganze Welt summarisch als Gegenpol und Reaktion in bezug
auf die "Metaphysik" aufzufassen.) Als zweites wichtiges, charakterisierendes Moment

265
kann da$ merkwütdig~ Fllhlell I~~nh'~lw",$ea!~h\$ng~" . . di.u'$.Kompl~xts zur
enorm um! ztlmG<lsaug gl:lftn;l)ilWlle Sinfl:iritmsil:!A:!.wcderiu 1l.d"r~rlig.rIosj:llratilln
aUfgebaut ~ wll: aU"W"rk" dllli"mttnunli l.~~!e.n l'iipll<:he, sdlYst .di. sw"lnb.,.
absoluten: .di•. 1. und IX, Sidoni", _ .. nQcb st.hms'k IIl.ititg~nd.,ln"" sp"-,,ifisw
PQ"'.iswlm l'iim"tlon ln Y"tbindung, Eine..AtllII1jifime bildet .d'l'zwcit" Satzd.••
vn. Sinfonie - dl. erst" Naw1:m,~.ik ~. der als Synthe"..llerWundethtm;v
EI.,u.",!;'! aufgefaßt w""dll:nmuß, Si. sind nicht .volkstiimlich#dlori.<:h, sondern
groß. .Monologe, Stllwingungen "ines zu. Atmung der "Masse"u.nd !,W~lt"
buicl:>ungslos"n Stlhjekts, Sie nntersclleiden si~"aI$o deutlich autll von den anderen
absoluten. Sinfonien, der t und IX" die ausgesprochen gesangsmlißig sind; bildet
doth das Wanderleben de. "fahrenden Gesellen" die Basis filr die L, .der "Abschied"
im »1ied vond•• Erde" die innerste Triebfeder filr den Aufbau der IX,Sinfonie.
Da.F.bJ.n d.. Iiedhaft,sangHch.l1 Elem.""ts bringt naturgemäß .in Z<Il:'iidttret"!\
der Volksmelodie, die ja ei"•• d"r witlltig.!m Ul'el"",,,,nte Mahltts ist, . mit s,tll~
Die abstrakte.Melodle, das ht.illt eine melo.distheSynth~se, 10 deren dynamiswer
Spannung kein~rlei .metaphrsi"~he I:>der re.ligiöseWdIe ",ißwwingt, ditnur tin~
Idee, eine Kl:>mprimierungeines physischen ~skht1l dar.stellen 81:>11, wird demgemäß
scl:>r hevorrugt, Dennotll kommt auch dieVolksmclQdie manchmal in erschütternder
Welse rum Ausdr.l.tck: so im ersten Satz der V., dill; ja vOn einemM:assenedebnis
ausgehend, skh höherstcigrnd immer subjektiver verschränkt,un<:! in der erste.tI
Naclltmusikdst VII, Sinfonie,
Die. V" Vl und VII. Simonie sind m.iteinander aufs engste verwandt, Und zwar
ist <iiese Verwandtschaft keineswegs "ine ethlsch#metaphysisdH', wie .di, der ersten
vier Sinfonien, sondern .i!!eph)!sisd!.. Beson.ders. manifestiert si.:.'>. dies Ni.schen
,der VI. und VII. Die enge Verbindung änßertslth $ow<1hl thematisch (der pes.;,
mistlseh. Dnr,MoU,Akkord, der vOn außen her in den KomplexhlnelngeUt). als
"ueh instrum"ntaX'sym!>ölisch (die alpenhafte t"ndscl:>aftsfi.:derung dnrclJ.Hetdc",
glocken,) Unter dlesendreiWerkenwärr vielleicht di. V, .~ls Vorspid; in dem a11~
T5ne angeschlagen werden (die Tragik du VI. im ersten Und zweiten .Satz,.d;"
. H"eiterbit des fünften Satzes der VII, im Finale·), ·anfzuf_m·,nannwfu:de sitlldu
zentral" Btl"bnls im le!zt"n Satz der VI . und . ime.rstru 5;;1"" der. VII, Sinfonie
abspielen, der dutnpfe, quäl$nd>glffbemle BegiM der VII. mitde'" Jammersthrei
d",,, .Ten<l!.,H"orns·_- de profu"dis ~. den trostlosen, skhanfblinmenden Jammer
üher dasstllreddlwe Dllnkd, in willthemdie vt auskllll.gt,btdenten,.
D"s "Erlelmis" digaer Welt sl.llt siw drelfaw dsr.: erstens als Erridl!Ung einer
tonal"" Physik, als plaSlisthe NlIth- und Ntuschal!'lingeines .physlstlll'n W.elth!1d••,
zWl!:it.n.· als Uh"rwindung der Dionysik deer ersten Epoche, drittens als völliges
Auslebm im apollinisChen Element, infli.gender Durcl:>dringunghlstori$eher und.
zukünftiger. :!'Iormung, als "ein heniswes W<lllspiel, <:!asSeln.und Schein mischt" .
• •.• Die drei Ure,l"mente, Nalm, Glaube und Tod, werden zu Begiun du V,S!nfoni.
at,fsmlichtigste. zusammengehalltund ...1. Massev(jrlau:!igiihe~wundeJ:l, Unddersdb •.
Kampf, nllmlicil die. erbitterte Abwehr .lner todesmutigen, jUngen Ph}'llll;: gegen
das immetwährendehohnlllcheHerdnhrausen det drei. "apokalyptist;!tenReiter",
filiI! dann dit VI. auS und fffbrt zU einem momentanenl'iitlieg.n, In der. VII. jedoch
erfolgt .die Rettung ans diesem sehw"," llIstendmRingendutwdi" h.imUtlleGewalt
nikhtliw#raunend"-,,. Rotnantik. Der Jetztt Satz endllcl:> rennt .alle c!ieSll: "H'a.lb-und
H'interwalt<:n" tiber. den Hauren nnd mutet in selntr Überlegenen eWIgeIl H'eltrrkeit

266
wie die Vision einer neu,en Klassik an, Mall konnte hier eine Parallele zu dem
Finale der Jupite.-Sinfonie Mozarts timen. Skhet i.t, daß hiemit eine grolle Stufe
vollendet wal',dall die endgiiltige Verwindung metaphysischer, wie auch romantischer
Ballung, diew1e~t inden strengen formalen Jubel du tetzten Satzeseinmilndete,
einen gxoßlm Abschluß bedeutete, und daß zugleich iu ihr .tlet Trieb nirt höhere
Spruken%u folgen", >lnthalten war. Mahletll VIII. Sinfonie bedeutet tatllächHth die
tr.te Atmung in einet neu-e!em;tntarlschen Welt. Es ist dihe~eil1 .groJil"" Irrtum,
zu glauhto, daß die VIILSititonienur den letzten Stein ZUr XI. gefügt hat, Das
Finale der vn, Sinfonie wa".~atsächIich die äußers.te Säule eines gewaltigen Baues
.undalles,was na(hher kam, lag an .it.ndl!rem Ufer .. , .
Iiloch ein Momeu~ist diesen .drei Sinfonien gemeinsam 1 Sie sind ,,&lebnisse/'
Die ersten viu Sinfonien waren Ptoresse, Entwidtlungen •• , Inil:men wtm!e dne
chorische. Mass.'i' zu eiU.'i't positiven Reiigion empol'gelllutttt. Sie war>ln slufcrtbafte
Fortschreltungen, der",n Slufung nach einem bestimmendm '~unhörbMen ,- Rhytbmus
ufolgte. Diese dtei Wetkesind die. Kurven elf"'S ungeheuel k011zentrillch geballten .
Egg, spirdigeWludungenin. d"'11 Wetteu, wo jede Spirale eine unerhörte Er-
schütterung !'!es ffkonstan.ten Rhythmus" ilewirkt, Urtd dies ist der entscheidtnde
Punkt, Diese Werke liegen nämlich auf verschie;d.enen rhythmischeu Ebenen,
Wlihrenddleersten Sinfonien aUe einem.bestimmten, unverrikkbaren, :rhytllmischen .
Gesetze fo!gten, Wenn wir Psychologie tzeiben wollen, könnten wir. sagen, .. !'!iese
W:mdlung sei v:ielJ<:icht eine Resignati91l., artküil:pfend an d!:nhlutend-iächaluden
Seit,mweg du IV. Sinfonie, der schon in kintllich niedereren Regil:!nenausmilndet,
all! dill Stzall~ der IHiheren, Vitlleicht bedeutet diese ganzedreistUfige :I"",#od<l eine
große Reaktion gegen das ungmeuer schretkenshafte "na",,, ~eli" der früheren
Metaphysik. Skher ist jedenfll.11s, daß sie es bewir.kt hat, daß die Metaphysik
Mahtels in den rieseuhaft gedehntm Formeneinu speziflschkatholischm. Welt den
ersehnten Höhepurunetk1immel1 konnte, Hier offeubart sich vor allem der schon
obenerwlilmte Gegensatz zu der "luthuischen" n.SmfOnie, Während dieser
R.eaktion. schuf sich lias Individuum MahlervöUig .aU$. Daher das Hutende.•
Zudtende, Immel'weitufot!ende, alle Bbenen und·· Höhen Überfliegende dlue.
drei Sinfonien. Sie muten in jenen Schwingungen, in denen die "Hand1tlng~ still-
steht, ganz wande.hafMandschaftlich. an. Diesehns1.lchtlgen T sl5lrnungen im Mittel-
telle des. Scherzos der V" die Alpenzüge, von D9rfkirche nnd Alphorn umkl.ungen,
in det.V!. Sinfonill sind solche Stimmungen. .
... Über die technistbe Struktur dies;<! Wetke ztl redm, scheInt heute unmöglich.
Dennoch müßte es versucht wetdeJ:l, .!'!enn ohne Würdigung dieserMitt~I,Periode
bleibt die ungebeure Steigerung der vm. Sinfonie unverstiindlich. Vom barmonisch"n
Standpunkt betraChtet, uscheint Mahlu hier als Anll.lytiker. Er geht gewissermaiS<!'u.
von .elner nlmaginll:l:en" kom.pakten Ahkordik aus und zultgtsie kontrapnnktlsl:h
inpardlele unddive:rgente Linien, In der ersten Epoche war der umg",k",hrte
Vo.gang~u beobachten. Hier schossen die einz.e.1nlln Bogeruir>l<lU zu ru:hwebendl!n
BallUngen msammen.Dlese Umstände bringen es mit sich, daß die "resultle."t!d~"
Kombination ~ vor altttl1durch tonal selbständige Instzumentalgrnppellu1;iler'
st[ltzt -ln wuchern.derMannigrllltslch ausbreitet.. Die kontraptlnktische I/i:ombination
gehl aus de. Parallelität dllt el'stenPeriod.e in eine,,versclniinkung" iibu.Diese
"Verschränkung" aber führt meiner unendlich koml'!1zi...ten, gleichsam gestaffelten
:Rhytbmik, Die:Rhythmik di"ser d.~i S,nfuui~n usche!ntvom gmetischen St:md,
punkt sekundärer Natur zu sein. Sie stellt sich als eine Resultante der harmonisch...
instrumentalen Kombination dar. Aus dieser allgemeinen Verschränkung folgt,
daß zueinander beziehungslose tonale Systeme unwillkürlich aneinallderstoßen, ja
sich vermischen. Hieraus erklärt sich das bei Mahler sonst äußerst seltene
Schwanken der Tonalität bis zur - scheinbaren - Negation derselben. (Selbst das
A-Moll der VI. Sinfonie entwickelt sich zu einem sehr weiten Begriff.) Übrigens
wird der Eindruck der schwankenden oder schwebenden Tonalität oft auch dadurch
hervorgerufen, daß eine melodische Kurve von einer verdichteten Masse von Wechsel. .
noten umspielt wird, oder daß (in der harmonischen Stufung) in einer Vorstufe
bereits anticipando die Tonika enthalten ist. Gleich geblieben mit früher - ja
sogar verstärkt - erscheint die solistische Orchesterbehandlung. Im Prinzip des
orchestralen Individualismus blieb sich Mahler eben stets gleich. Nur ist die Führung
hier infolge der angedeuteden Umstände noch schroffer und rücksichtsloser.
Die V. Sinfonie ist - wenn man so sagen darf - von ideeller Phantastik. Es
ist ein Spiel mit graugetöm.ten Kugeln, von verwirrender Mannigfalt. In der weit . .
gespannten Klage der ersten Sätze kommt der Subjektivist Mahle!, der sich durch
drei große Werke hindurch objektiviert hatte, wieder zum Durchbruch. Das Scherzo
statuiert als erstes den Typus der l1schicks~lhaft""überwindenden~' Sätze, die von da
ab stets wiederkehren. Das Finale mutet in seinem heiteren Dorfchoral wie eine
zarte Vision des Finales der VII. Sinfonie an. Der erste Satz und das Scherzo der
VI. Sinfonie sind die formvollendetsten Sätze Mahlers. (Das Scherzo gehört der
zweiten - ironischen - Gruppe der Mahlersehen Scherzi an. Die Scherzi der
II., IV. und VII. Sinfonie schwingen ähnlich.) In diesen beiden Sätzen ist auch die
Tonalität - trotz der ungeheuren Durchzwingung disparatester Elemente - streng
gewahrt. Die süße Landschaft des Adagios will als Intermezzo gelten. Im Finale
endlich bricht diese ganze Welt tragisch-heroisch zusammen. Rein technisch betrachtet,
bedeutet dieser Satz einen Sprung über Welten in neue Welten. Hier wird zum
ersten Mal jene prachtvolle dynamische Spannung erreicht, die - weitergeführt im
Finale der VII. - zu der gigantischen Doppelatmung der VIII. Sinfonie führt. Der
erste Satz der VII. Sinfonie erscheint als der schwerst zugängliche Satz von Mahler
überhaupt. Das liegt nicht etwa an der Architektur des Satzes, welche von
unerhörter Prägnanz ist, sondern hängt wohl mit dem seltsamen und bei Mahler
seltenen Tonmaterial zusammen. Die gelegentliche Verwendung der Ganztonreihe
und der - thematisch integrierenden - Quartensprünge, in zweiter Linie auch
die überscharfe Instrumentation erschweren den Gesamtaspekt. Viel einfacher sind
die beiden Nachtmusiken gehalten. Die erste webt ganz im Wunderhornsti!. Das
rätselhaft raunende und flüsternde Scherzo will auf die "große Freude" des letzten
Satzes vorbereiten. Die Glocken des Finales aber läuten einen neuen Morgen ein.
Es wird wohl noch lange währen, bis dieser Komplex restlos in unserer Psyche
aufgegangen ist. Hier - wie ähnlich bei der IV. und VIII. Sinfonie Beethovens -
scheitert das allgemeine Verständnis an der Unmöglichkeit, in einen absoluten
Raum etwas "Literarisches" hineindeuten zu wollen. So sind diese drei großen
Werke recht eigentlich das Vermächtnis Gustav Mahlers. Und wir sollten in Demut
dies Vermächtnis bewahren und warten, bis auch für uns der Tag kommt, an dem
wir zu "verstehen 11 beginnen.
o 0

268
MAHLERS LYRISCHES SCHAFFEN
Von Egon Lustgarten, Wien

Wenn man die Bedeutung erfassen will, die dem Lied in Werk und Wesen
eines so ausgesprochenen Symphonikers wie Gustav Mahler zukommt, so muß
man sich die prinzipielle Frage vorlegen, welche Gründe überhaupt einen Musiker
zur Vertonung eines dichterischen Vorwurfs bewegen. Zunächst ist es das Bestreben,
der Musik gleichsam Gelegenheit zur Ausprache zu geben, sie sozusagen durch ein
Stimulans zum Tönen zu bringen, ihr auf einem Umweg zu sich selbst zu ver. .
helfen. Im primitiven Sinn also bildet der" Text" hier den Vorwand, "schöne
Musik" zu machen, des weiteren aber führt der dichterische Vorwurf der Musik
einen reichen Komplex von Stimmungs- und Empfindungselementen zu, die sie
zwar in sich selbst birgt, die momentan wachzurufen ihr das Gedicht aber jedell'
falls erwünschte Gelegenheit bietet. Eine andere, diesem naiv-musikalischen Stand-
punkt entgegengesetzte Art der Liedvertonung geht von dem Bedürfnis aus, den Ein-
druck einer Dichtung durch die untermalende Musik zu verstärken. Sind die der
ersten Gruppe zuzuzählenden Komponisten oft von größter Unbedenklich keit in
der WahI ihrer Texte, wenn diese sich nur irgendwie ZUr musikalischen Einkleidung
"eignen 4't so bekunden die der zweiten Gruppe angehörigen Tondichter eine oft
auf Kosten des Elementar-Musikalischen gehende literarische Exklusivität in den
von ihnen als "zulässig" befundenen Dichtungen. Es soll hier keine Wertung dieser
Richtungen vorgenommen werden, die in bequemer VeraIlgemeinel'ung jedenfalls
schief ausfallen müßte, da es sich dabei um phänomenologisch notwendige Besonder-
heiten handelt, die bei jedem Musiker nach Maßgabe seiner Wesensart wechsehyeise
hervortreten.
Nur in zweien seiner frühen Lieder (nach Tirso de Molina) ha t sich Mahler
zur Gattung der "musikalischen" Liedkomponisten bekannt. Schon das vorgefaßte
Klangbild spezieller Tonwerkzeuge (Blasinstrumente, Harfe) weist darauf hin, daß
Mahler bei diesen Liedern etwa der Gedanke an eine Bühnenmusik vorgeschwebt
haben mag, welche immerhin äußere Absicht bei diesen Liedern das Hervortreten
des persönlichen Tones hemmte. Bald aber hat Mahler, die musikalische Methode
verlassend - die literarische ist ihm zeitlebens fremd geblieben ~ -, den Weg zu
einer dritten Art der Liedvertonung gefunden, die fortan für ihn charakteristisch
bleiben sollte.
Die vorgenannten beiden Arbeitsweisen, ob sie nun den Schwerpun kt mehr in
die Musik oder in die Dichtung verlegen, bringen diese beiden Elem ente in eine
bloß äußere gegenseitige Abhängigkeit. Wenn aber die Musik sich ihres tiefsten
Wesens besinnt, so läßt sie alle klangliche oder lyrische Vereinzelung, die sie zum
rein architektonischen Bau oder zum Ausdruck einer poetischen Idee stempeln will
weit hinter sich: nicht um konkrete Formen abzuwandeln, noch um anthropo.-
morphe Gefühle auszudrücken, begleitet sie die Dichtung; vielmehr sucht sie in jenes
übermusikalische und überpoetische Ursein zu tauchen, demgegenüber dichterisches
Bild und tönende Melodie schon grobe Materialisierungen darstellen. Der nicht im
Nur-Musikalischen steckengebliebene noch an den poetischen Vorwurf ängstlich
~4. MahIers Vorliebe für R ü c k e r t entspringt anderen, im folgenden zur Sprache zu bringen ...
den Ursachen.

269
geketferel'öndi.:l1tu "s~tzt# niemals "WorteinMllil!<"', drtl&t nimt tautologlsm
. hommals wmolbeaus, w'a& die Sprache olmehin 'h~~ll:t,et.';"<:ht"iclmßhr d~. du
dicht'.J!ism~:nGl?stlllttlnll: ztl.grtlnddiegende Brlchni$~n"l(hl':uuf",ssm, das völlig
a:nl\ZUsprem<mni~t Wo~.t nöm 1''011 hlmelmtn;Blu G~diclltislt;ill:mtl!m ul!l'
daünrimtlgvutönt, weun der Musikunam seel!smel'J).tlrc!;""ingung der Dichtung
der T,,:>:twöl'!O .!ills sol.du!l7 vii1ligzu entraten vermag; denn el:mtIß\!im im Koinzi-
denzpnnkt dubeid",n kO:!l"•.rgierenden Strahlen, Musik·· tind .. Poesie, befinden, von
dem aus. ",rnnnmehr sein Erleben in dnu Richtul1g(al" Knmposillon) b;nam-
zup,(jjlzierm v$rmag. D""II.n1 schreibt der ztlsolmer Tl.fe. g"la.ngteTonwchtor
ge • .:hlouene Melodien, die geradezu unabhängig vom Te", erfunden zu sein
scheinen., und die gleimwoh! die denkbar beste Interpretation der Worte darstellen.
Bci Mahlet" Liedern hat mlln die Empfindung, als ob dieWo.'rt"eiIlCf autollomen
Mu s iknntergelegt waren, im Gegensatl' zll sO vieleIl Liedern anderer moderner
l'ondkht.r, iiie aufs eifrigste bllflJ.ssen sind, die Musik den Wo run a.nzupa•••n.
Mahler. Melodie", entspringen ehen demselben Bo~n,der au"h die poetism.
Qu<:Uesp.eiste.
. Die~ ist einet d~t Giiinde. für Mahlcrsbes<:mde1''' Vorliebe für das Volkslied,
Denn so sebr simgerade in du VolkspoesieheterogcJ;i smeinende Begriffe .:hart
nebeneinandug".telh finden (-~ hin zeigt sieb ein sellen beobachteter Zmamnlen-
hang mit .den Dimttlngm Georg Tukfs oder des wahnsinnigen RölderHn ~),
so <'!ttfchzieht sie doch dllS dnigende Band eines tImfassenden kontinuiedkhen Er,
lebnisse•.
Aufdl.s. W",ise zutagegetreten. kommt nunmehr det Musik als Botincinet
böheren gesetzgebenden Mltmt selbst .ric!;terliche .Gewaltw. Si", n~~t unbedell.l<-
lich Umstllllungenvon Worten, Auslassungen, ja selbst textIlehe Ande'rtmgm. vor.
olme dan gegen si. deshalb !Jet Vorwurf autQkratischenEingreifens. in ein" ihm<!e
Sphiirll erMben werden diirfte, Denn durm. die reinePo.m elnerdem schöpferi-
schen eh"o." entstiegenen Melodik treten alle der Gesfltltung desdichtetismm
Uretl"bnissesetwa 110m anhaftenden thymmism<m Mangel i:!l.vollstex Sch~rfezu,
tage. Ein stets von seine,ü Daimo.nium beratener KiinsUer, wie Mahlet, d",,[ sich
tutliche Umgestaltungen gestalten, deren apodiktismeEvidenz se!bstg"!illll den
j<i:wei1igen Autor verfeclltbat ist.
'In dem Milile als In Mahler das Utnrh1ilmls .zwischen Dicllttmgund Mtlsik. an
Btwullthelt gew~un, besmrlinkte"" sich hinsimtlimsdner l'e.stwahl immer mw auf
jene Dimtungm. derenpCletisc!n, Substanz seiner muslkalil>mooEmpfindnngswdt
lt<läquat war:. "Du Knab~ll·Wulld!:rho"n" und die DiChmngt!l Rilckuu
nehm~.II den bteitestm.Raum in Mahlers lyrischem $chalfm eln.. . . .
Mahlets kilnstletlJlmeMission ist wie dle jedeS emtm G;:niU:I, vOm Schicksal
deutl1m vorg"zel~M"t.Lange b<lvo,,,r "Des Knaben Wunderhorn" kmllen
gelernt halte, dicht.,te er dl., "Lieder .lln.. :1 l;'ahunde", Guellen", ind"nm
der Wunde:rhotnton hereits so deutlimanklingt, .und 'das Gedlmt .Erinnerung"
voll: Lun<'!". mutet hereltswie eine Antiripatlonder Riitke.tschm D!mtungen
an, in denen eine kranse Gedanklimkeit .im mit tiefster Innigkeit se.ltslImpaart, "
~ Man- sthe die 'Anfallgswo:rte', des Lean'de!."sclie:n. Textes ~
'wE;$ wecket meint ,Liebe 'd:i~ Utde:t l%:tUlltr 'w'ie'dtrl
:BAI' weckm meine Lieder' die Liebe: immer 'wl4:deriu

21.0
l'iIahler .",:hl seineT.:",!e nicht. vielmehr wl~d er von di••en~rw1!hl!. Dar wahr-
fulftBegnade!e"ist ja stets wunderbarem Mall. vom Findergluck heguns!igt. Es
iSl,als ob die. notw.ndig irgendwo vorhand.enenDicl,tung{'41 der Verelnigwng mit
ein~r I"tenld.seiend.n Musik ha:rrten, diedannau~h iIl!emill von größt",.
Elem<:n!"r;!,,! und durchgreifender Wirkungskraft ist. DU!'chMahler Wtlru" d1lll
Wesend.:< Wunderhornw.!! dem lebendigen Bewußt$e1n ein"" ganzen Gen"""tion
erschlossen.
Mah!"" hat iu gan~ eimJglll·tiger Welse den obiektiven, gemolnve:rstiindlich#naiven
Volk.tonalsor;gina1~s persönliches Bekenntnis ."'n<:1' ltöchs.t differenzierteu Menstnen-
secle vorztibtingell gewullt, ohne doßdles auch nll.ltn geringsten als W#ler1ipruch
fühlbar geworden .wllr". Er hat den IInter so allsprllchsloser Gestillt vcrborgellCll
teichen Empfindungsgehal.t des Volkslie<le!l %utlefllt er!'..ßt und aufs neu<:zlIm
TlIDeu gebracht. Au. dell Volks- ttmi So.!datltlliiedem, die.elnet Jllgend erklungen
.waren, hat Mahler .W011. Inchr "'sden musikalisch'poetischen AUsdruck der. Fr.uden
und Leiden primitiver Meuschen he,ausgeMri.:.u lauschte ;tuf d"uGmnd d.iese.
Äußerungen tlnd u eri'iffulltll sieh ihm d<. Wtltwe""n~ uuverzmt~ Spiegelung,
Das Urp<obl.m des in die vielgestilltl&e Welt Verst.ltktscins {and er In symboli-
sch"" V ••kleiduug wieder, Die Eine Gottwesenhit1t 'St in die wid""spruchsvoll"
Kr ••tur erl:Oss"u, die, ob sie unu di. liehendll.Ve",,1nlg"ng d."" Sedenerilehnt oder
sich d.•r F.iudsdlaft der ""tSmckten El<l:mente schmerzlich' h.,wullt wird, st.tsifules
.. Abfalles ans hi'icfulter SeinsfiiJ!•. eingedenk bleibt: ..
"Ich bin von Gott und. will wieder zU Gott."
(,,!Jrlicl:tti'l
In ta.usendGegensätze:n verschlingt sidl die in die Vielheit gesmzte Welt:
Natur ""d Geist, .zwang und F.~lheit, Sünde und Seligkeit - welche Tragik Hegt
in .ihutn Erlittenwerd"!l. durch die "lIgewärtig" Seele! ..
DorK'ieg•• : das. isl derselnemErde".diick.ilv"tf"llene Mensch. Stimmen. d.et
wUlren H.imat r"fU! ihn: "Das Alphb." hatmir's"llgetan" (.Zu Straßhurg ""fder
Schani"). In. harten, strengen Rh)'thmm sdlwingl das elleme Gesetz; Trompeten.
zutk." lIuf undd.umpfer Trommelschlag gemahnt "". schanerlidle Gleicltmall de:r
Vergänglichkeit. Ab.. inmitten s.e1n". Erdgebundenh.it _iß d•• Meusch. sich im
tiefsten Grund••cinerS.cl. cl.!! geistiges Wesen &oi:
"Und sperrt man miehe,n in linstet. Kerku,
Die" al!~s eindnur v"~geh1ich,, Werke;
Deunmeiue Gedankl!"
Zureißen dieSchx3nken
Und Mau""u enttwel,
Die G",d.anken slndfuil"
("Utd d .. V •.~folgl;"r!m '1'.".,.,,")

So wird für Mahlet d.asmilitilrl"che Stoffgebitt zum Syml>nlder Pro.hl<:-


maHk du WiHulsfuihllh iiberhaupt! . .
In .d..,r Entwid<l\.l!lgder Mah1ersclliln Lyril;: m.cht slchnebm immu gri'illerer
Ve:rtitfung und. V.tlnnotlichnng d" A!I.~dtt<ckes auch el" :mnehmendes Sll'ehcn Z\Ut.
Unearen Zeldrnung gtlt.nd,M''''<t .hemerkeJlllwert b\li ",inemKilnstler, d",m .wie
ihin $ln SI) aullerordentlii:ller F."be"••ichtLlm ,,1.1 Gebote. steht. Inden Liede:rn aUs
letzter Zeit und in den nKindertotenliedern" erreicht Mahler eine Steigerung
des Ausdruckes eben durch ein oft geradezu asketisches "Aussparen" der Konturen.
Als echter Metaphysiker weicht Mahlet dem Weltwiderspruch nicht aus, sondern
löst ihn durch synthetische Bejahung.. Die Wunderhornlieder sind eine Paraphrase
der geistdurchströmten Natur, während die Rückert . . Gesänge vom Hauch natur...
durchwebten Geistes belebt werden. Die Wahlverwandtschaft. die Mahler mit den
von ihm vertonten Dichtungen verbindet, zeigt sich schon in der Diktion mancher
Textworte, die einen eminent persönlichen Klang bekunden:
"Ich leb' allein in meinem Himmel,
In meinem Lieben, in meinem Lied."
("Ich bin der Welt abhanden gekommen.")
So verschmelzen bei Mahler Dichtung und Musik zur untrennbaren Einheit. Der
Einzelfall erhält typische Bedeutung", das Lied weitet sich zu kosmischer Perspektive
und bildet dergestalt die natürliche Keimzelle des symphonischen Organismus.
Enge Beziehungen musikalischer und ideeller Art verknüpfen denn auch Mahlers
Lyrik mit seinen großen symphonischen Tonwerken, in deren monumentalem Bau
die in den Liedern mikrokosmisch enthaltenen Ausdruckselemente zu absoluter
Vollendung gelangen.
o 0

lVIAHLER UND DIE INSZENIERUNG


Von Alfred Roller, Wien
Ein verehrungswürdiges Kind - unnachgiebig rein - den Blick unverwandt
auf das Höchste gerichtet - umwittert von den Schauern derer, die mit Gott von
Angesicht zu Angesicht reden - so ist Mahler durch unser Leben gegangen.
Hier ist nicht von dem Schöpfer eigener und dem Interpreten fremder Tanwerke
zu sprechen, sondern von jenem Mahler, den die Befassung mit musikalischen
Bühnenwerken nötigte. auch die fragwürdige Einrichtung unseres heutigen Theaters
als Ausdrucksmittel seines Kunstwollens zu benützen, also Forderungen an Arbeits. .
gebiete zu stellen. auf denen er sich nicht selbst ausübend betätigte, deren technische
Sprache ihm teilweise fremd war, wo er wohl das Ziel, aber nicht den Weg zu
weisen wußte. Eine Opernbühne besteht ja nicht bloß aus Sängern und Mus ikern.
auch nicht nur aus Künstlern überhaupt. Sie ist vielmehr ein Zusammenwirken
vieler und vielfältiger großer und kleiner - oft kleinster Kräfte aus allen möglichen
Berufszweigen und das richtige Wirken jeder dieser Anonymitäten an ihrem Platze
ist von Belang für das Gelingen des Ganzen. nEin Uhrwerk. dessen Radzähne
Menschen sind", so erklärte mir Mahlet einmal diesen ganzen sonderbaren Apparat.
Wie gewaltig muß die Kraft sein. die das Ganze treibt. damit jeder einzelne dieser
menschlichen Radzähne sie unmittelbar zu spüren bekommt, Antrieb, Richtung,
Tempo, Takt von ihr empfängt und wie verschiedenartig die Einstellung aller dieser
Helfer und Helfershelfer zu dem Herrn des Getriebes, der selbst wieder nur Diener
eines überpersönlichen Wollens ist! Wenn schon die Künstler unter den Mitarbeitern
Mahlers oft Mühe hatten, ihre Menschlichkeiten zu bezwingen. um ihm frei folgen
... D~s Wunderhornlied "Ver8pätung'~ heißt bei Mahlet: "Das irdische Leben"!

272
Zu können, wenn schon sie ihn zeitweilig grausam scha1ten~ obgleich sie eigentlich
überzeugt waren, daß er ein Heiliger an Güte sei, ihm Willkür vorwarfen, obwohl
sie fest an seine demütige Hingegebenheit an das Kunstwerk glaubten - er hatte
eben schärfere Augen und Ohren als andere! - wie sollten da erst die vielen
Helfer professioneller Art immer den Führer verstehen, der nicht ihre Sprache
sprach und ihnen daher oft genug planvoll und sprunghaft, zielsicher und tastend,
klar und wirr zugleich vorkam und der dabei doch immer im Endergebnis Recht
behielt! So hat sich um Mahler, den Inszenierer, ein Kranz von Legenden gesponnen,
deren Absicht nicht immer gerade die wohlwollendste ist. Und was den Professionisten
des Theaters am aufreizendsten an diesem Manne erschien: es war ihm kein Rezept
abzulauschen. Man wäre ja schließlich, da ihn nun einmal Gott in seinem Zorn
zum Direktor gemacht hatte, bereit gewesen, eine oder die andere liebe Gewohnheit
aufzugeben und gegen eine neue umzutauschen. Aber der Mann war gegen j e d e
Gewohnheit und das war lästig!
Als Vollblut-Theatermensch war Mahler in Bühnenfragen Improvisator. Kurz
nachdem ich an die Oper gekommen war. beklagte ich einmal, daß der gehetzte
Betrieb so einer Repertoire-Bühne jede gewissenhafte Durchführung der Szenen-
bilder ausschließe. In seiner knappen, treffenden Art belehrte mich Mahler: "Alles,
was Sie hier leisten können, wird immer die Flüchtigkeit der Improvisation haben,
aber - unterschätzen Sie dies nicht - auch deren Frische." Bei jeder neuen
Inszenierungsarbeit erfand er gleichsam die Sprache der Bühne von neuem, war er,
aus seiner ungeheuren Kraft verschwenderisch schöpfend, jung, unternehmungslustig
und kühn wie am ersten Tage. Er verspottete das bequeme Schema und verab...
scheute den Ariadnefaden der Routine. In solchem Zusammenhange fiel einmal
das immer wieder und immer falsch zitierte Wort von der Tradition. "Was Ihr
Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei!"
So lautete das Wort, nicht einfach: "Tradition ist Schlamperei.'"
Mahler nahm eben das Gesetz seiner Arbeit jedesmal ganz aus dem behandelten
Werk. Das verstanden die meisten nicht. Und daß sie einem Gesetz gehorchen
mußten, das ihnen unverständlich blieb, das erbitterte so viele. Die Gleichgültigen
aber, die im täglichen Betrieb stumpf Gewordenen, weder des Hasses noch der
Liebe Fähigen, die konnte Mahler überhaupt nicht brauchen. Wehe, wenn die
Unbeteiligtheit zur Pflichtverg essenheit ausartete! wenn die Probenarbeit, die sich
ja notwendigerweise in einem viel heftigeren Tempo abspielt als irgendeine
bürgerliche Beschäftigung, etwa durch die dumme Nachlässigkeit einzelner auf-
gehalten wurde! Das wirkte auf den in heiligem Feuer glühenden Mann als
persönliche Beleidigung. Da konnte er voll tiefster Verachtung sein ärgstes Schimpf-
wort: "Dienstboten" murmeln und wurde wirklich unerbittlich.
Da Mahler Musikwerke auf die Bühne zu stellen hatte, inszenierte er natürlich
nicht die Textbücher, sondern die Musik. Aber nicht, indem er Takt für Takt in
Bild, Gebärde und Bewegung übersetzte, sondern dadurch, daß er dem besonderen
musikalischen Wesen des behandelten Werkes auch durch die Gesamtheit der sicht...
baren Darbietung Ausdruck zu verleihen suchte und so durch reibungslose Ziel...
strebigkeit aller in Wirksamkeit gesetzten Elemente die erstaunliche Wucht des
Gesamteindruckes erzielte. Dieses besondere musikalische Wesen des behandelten
Werkes seinen mit der Gestaltung der Szene betrauten Helfern jedesmal klar zu
machen, scheute er keine Mühe. Gleichnis, Beispiel, Gegensatz, alles zog er heran,

273
um ihnen das Ziel zu zeigen. Jede seiner blutwarmen Ausführungen schloß mit der
Aufforderung recht genau ins Orchester zu horchen. "Steht alles in der Partitur."
Verspürte er endlich die Sinne seiner Gehilfen richtig eingestellt, dann ließ er
ihnen volle Freiheit in der Wahl der Wege nach dem aufgezeigten Ziel, vermied
jede dilettantische Einmengung in die Ausführung und jubelte wie ein Kind unterm
Weihnachtsbaum, wenn er Schwieriges glücklich gelöst und für seine Absichten den
richtigen Ausdruck gefunden sah.
Denn er war tief durchdrungen von der Bedeutung der sichtbaren Bühnen-
gestaltung für den künstlerischen Gesamteindruck eines musikalisch-dramatischen
Werkes. Er war kein Anhänger jener leichtfertigen Lehre: die "Ausstattung" sei
gut für Ballette und allenfalls noch zur Stützung schwächerer Werke und zur
Belebung länglicher Szenen und Akte; das musikalische Meisterwerk aber nhabe
dergleichen nicht nötig". (Gleich, als ob die kostbarsten Edelsteine am nachlässigsten
zu fassen, der edelste Wein in der dürftigsten Schale zu kredenzen wären!)
Dagegen hatte er die tiefste Verachtung für jeden bloß äußerlichen Aufputz der
Bühne, für alles lediglich dekorative, nicht mit innerer Notwendigkeit aus der
großen Konzeption der Inszenierung entspringende, schmuckhafte Detail, mochte es
noch so prächtig und bestechend sein. Und daß ein Mann von seinem sittlichen
Ernst vollends jederlei Kitsch entrüstet ablehnte, ist selbstverständlich. Die Vision
des Bühnenbildes mußte ausschließlich aus der Musik empfangen sein. Darnach
beurteilte er den Wert desselben. Konnte er ihn feststellen, dann ordnete er sich
gerne jeder sachlichen Notwendigkeit unter. Nie zögerte er, aus einem einmal für
brauchbar befundenen szenischen Entwurf alle Konsequenzen für das Spiel und
dessen Anordnung zu ziehen. Mit seinem theatralischen Scharfblick pflegte er von
vornherein treffsicher die entscheidenden Stellen im Ablauf des Spieles zu erkennen
und so alle Vorteile und Nachteile, die eine szenische Annahme bot, vollkommen
klar vorherzusehen. Anderseits besaß er selbst eine so glänzende schauspielerische
Begabung, daß es ihm eine Kleinigkeit bedeutete, den Sängern die nötigen, der
Szene angepaßten Spielanweisungen zu geben. Vor allem aber behandelte er auch
diesen Teil seiner Inszenierungsarbeit, die Regieführung, nicht anders als alle
übrigen, das heißt er zeigte das Ziel, wozu ihm bei den Sängern ja auf den Einzel-
proben das vollendetste Verständigungsmittel in der Musik zu Gebote stand und
ließ sie auf der Bühne dann frei aus ihrem eigenen inneren Reichtum gestalten.
Mit Sängern hingegen, die keine eigene darstellerische Kraft besaßen, schöne
Stellungen und Bewegungen einzuüben, hielt er für überflüssig, weil ihm die
unbeseelte Geste ebenso wertlos erschien wie jedes andere der Aufführung äußerlich
angeheftete schmuckhafte Detail und er im ganzen wie im einzelnen bloß von der
lebendig gewachsenen Leistung das herrliche Wunder des tausendfältigen Wider-
halles im Herzen der Zuschauer und Zuhörer erwartete.
Dabei war dieser angebliche Verächter der Tradition tief durchdrungen von der
historischen Bedingtheit unseres ganzen Opernwesens und weil er seinem Publikum
in musikalischer Beziehung so viel Ungewohntes zumuten mußte, schonte er es
gerne in bezug auf alle Elemente der Aufführung, die sich an das Auge wenden.
So gab er zum Beispiel nur zögernd und nach langem Überlegen seine Einwilligung
zu meinen Vorschlägen für die im Jahre 1905 versuchte Don Giovanni-Bühne.
Nachdem er aber den theatralischen Sinn der (uralten) Neuerung erkannt hatte -
"Eine Bühne, auf der alles bloß bedeuten, nichts sein sol1 so formulierte er denselben
lO
,

274
- wankte er in ihrer Verteidigung auch dann nicht, als sie hierorts wenigstens
einer geräuschvollen Ablehnung begegnet war. Bloß weitere Versuche in dieser
Richtung wollte er nicht zulassen. Die Aufmerksamkeit des Publikums solle auf
die Musik gerichtet bleiben und nicht durch den Streit um die Szenen gestaltung
abgelenkt werden und ich konnte lediglich durch den Hinweis auf wertvolle
praktische Vorteile, nämlich auf starke Kostenverminderung erreichen, daß er mir
bei der kurz auf den "Don Giovanni u folgenden Neuinszenierung der "Iphigenie
in AuIis" von Gluck einen noch viel radikaleren Versuch zur Vereinfachung der
Szene gestattete.
Mahler hat keine eigenen Theorien über das Inszenieren aufgestellt und die
theoretische Erörterung solcher Fragen langweilte ihn geradezu. Er wirkte ja über-
haupt nicht dadurch, daß er sagte oder machte oder schien oder konnte - er war.
Er lebte seine Lehre vor und forderte nichts, er hätte es denn tausendfach selbst
zuvor erfüllt gehabt. So ist sein Werk und sein Leben untrennbar aus einem Guß
und wem das hohe Glück zuteil ward, in den Bannkreis des Künstlers zu geraten,
der war für immer auch dem Menschen in Liebe verfallen.
o 0

MAHLER ALS DIREKTOR


Von Hermann Bahr, Salzburg
"Die besten Meister, in ihren glücklichsten Augenblickeni', sagt Goethe, "nähern
sich der höchsten Kunst, wo die Individualität verschwindet und das, was durchaus
recht ist, hervorgebracht wird. u Das Drama nun ist ein Versuch, an diesen glücklichsten
Augenblicken der besten Meister auch den gemeinen Mann teilnehmen und aus
der Verzückung ihrer Einsamkeiten ein öffentliches Fest werden zu lassen. Das
war der Sinn der griechischen Tragödie, das war die Tat des Barocktheaters, das
hat Wagner in Bayreuth erneut. Um aber auch dem gemeinen Mann die"Individualität"
abzunehmen und dafür "das was durchaus recht ist", einzugeben, dazu gehört ein
Meister von magischer Kraft, durch die, was er bei sich erlebt, auch anderen
zugeführt und auf andere übertragen wird, ein Meister von ansteckender Trunkenheit:
der Schauspieler. Das Verfahren des Barocktheaters bestand darin, durch die vereinten
Kräfte der sämtlichen dienenden Künste den Schauspieler, in dem sie sich
versammelten, zu solcher Gottesseligkeit zu steigern, daß diese zuletzt von ihm in
das zuschauende Volk hinüberspringt, es aus einem Zuschauer in einen Mitleidet
verwandelt und auch in ihm nichts Eigenes, nichts Einzelnes mehr übrig läßt,
nichts als "was durchaus recht ist"; an wem dies jemals gelang, der hat an dem
Abglanz der bloßen Erinnerung genug Licht für sein ganzes Leben, er kann nie
mehr ganz unglücklich sein. Daß ein Volk dies anderthalb Jahrhunderte lang
, erleben, dann aber einfach vergessen konnte, bleibt ein unbegreifliches Geheimnis
der Deutschen. Und Wagners unbegreifliche Größe war, daß er das von Goethe so
sehnsüchtig verlangte, im zweiten "FaustU visionär ergriffene Barocktheater wiederfand.
Es nun aber Tag für Tag den Habitues des k. k. Hofoperntheaters zu Wien
versetzen zu waUen, zehn Jahre lang, dies war das absurde Wagnis Gustav IVlahlers.
Als wir ihn erlebten, schien er uns etwas unerhört Neues, als Komponist wie
als Direktor. Jetzt erkennen wir, daß er kein Beginner war, sondern ein Vollender.

275
Er hat mit Hugo Wolf und Anton Bruckner vollendet, was mit Beethoven, Weber
und Schubert begann. Und er hat Bayreuth vollendet, die Vollendung des Barocks.
Er war der letzte deutsche Meister.
Wenn Wagner den Dramatiker "aus des Mimen eigenster N-atur hervorschreitenl '
läßt, wenn er in Shakespeare den "dichterischen Mimen " sieht, wenn Nietzsehe in
Wagner "eine schauspielerische Urbegabung" erkennt, die "in der Heranziehung aller
Künste zu einer großen schauspielerischen Offenbarung ihre Auskunft und ihre
Rettung fandu, wenn Wagner den Schauspieler "das eigentliche Enthusiasmus
treibende Element unseres Vereins" nennt, so haben wir in Mahler die lebende
Summe davon: er war der mimische Musiker, und Enthusiasmus war Antrieb,
Gehalt und Ergebnis seiner Direktion.
In ihm saß ein böhmischer Musikant mit einem deutschen Handwerksburschen
und dem Dämon des metaphysischen Menschen zusammen, er war ein barocker
Blasenge1 mit einem Liedermund, er trug einen Gottsucher und einen Schauspieler,
den SchauspieIer von der eIementaren Art in sich. So, volksmäßig, spukhaft und
seraphisch zugleich, mit den dunklen Mächten des Abgrunds wie mit den hellen
seliger Höhe geheimnisvoll vertraut, aber fremd den mittleren Regionen, war er
die leibhaftige Verneinung des Bürgerlichen. In diesem jüdischen Kapellmeister
Kreisler, um dessen Gesichtszüge der Teufel mit Goethe zu ringen schien, ging der
Genius der deutschen Musik zum letzten Mal unter uns um; und, um den
Höllcl1witz der Geschichte zu vollenden, unter der Aufsicht Montenuovos.
Aus dem üblichen Schlendrian des verlotterten deutschen Theaterbetriebs ragen
zuweilen Vorstellungen ereignisvoll hervor, entweder als sauberes Handwerk,.
anständig vorbereitet und genau durchgeführt, oder als Improvisationen einer
glücklichen, von der Gunst des Augenblicks noch erregt gesteigerten Eingebung. Des
einzigen Mahler Geheimnis war: Handwerk mit Genie. Dies ergab, daß Vorstellungen
von technischer Vollkommenheit, von einer Präzision ohnegleichen, bereit, mit
der Zuverlässigkeit eines Uhrwerks abzulaufen, unter der berauschenden, entflammenden,
verzückenden Gewalt seines trunken..verklärten Blicks, seiner bald grimmig
aufscheuchenden, bald zärtlich beschwichtigenden, immer unwiderstehlichen Hand in
Improvisationen von atemloser Seligkeit verwandelt wurden, sichtlich eben jetzt
unter unseren Augen erst entstanden, unter unseren Augen wie Fieberanfälle Sänger
und Orchester, ja, diesen dämonischen Improvisator am Pulte selbst ekstatisch
überwältigten, aber auch uns dort unten, die nun auf einmal gar nicht mehr dort
unten, keine Zuschauer, keine Zuhörer, nicht mehr wir waren, sondern mit ins
Spiel gerissen, in den ungeheuren Ernst dieses Spiels, worin wir, uns verlierend,
uns erst findend, aus dem leeren Schein des Tages zur Fülle der ewigen Wahrheit
erwachten, plötzlich nun ganz unmittelbar gewiß, daß es ein Reich des Schönen,
Guten, Wahren gibt und daß es unsere Heimat ist.
Es war das Wunder Mahlers, das er uns dithyrambisch leben ließ. Er hat in der
Wiener Hofoper noch einmal unser altes Barocktheater erweckt. Mit einem kleinen
Unterschied freilich: im Barocktheater spiegelte sich eines gewaltig lebenden
Reiches, in der Oper Mahlers nur noch eines einsam träumenden Künstlers
Wahrheit, aber dieselbe.
o 0

276
MAHLERS INSTRUMENTATION
Von Hugo Kauder, Wien
Die Meisterschaft und Eigenart von Mahlers Orchesterbehandlung findet die volle
Anerkennung selbst jener, die im übrigen seinem Schaffen abgeneigt oder skeptisch
gegenüberstehen. Allerdings liegt in eben dieser Anerkennung eine arge Verkennung
beschlossen: denn wer nicht sieht, wie die Instrumentation mit unbedingter
Notwendigkeit aus dem innersten Wesen dieser Musik erwächst, der kann in ihr
nichts anderes erblicken, als ein Ergebnis bloßer technischer Fertigkeit, wo nicht gar
nur raffinierter Mache. Das ist aber schlimmstes Unrecht und ärgstes Mißverstehen
Mahler gegenüber, der wie kaum einer himmelweit entfernt ist von allem
Raffinement, allem Artistentum: IniemaIs erscheint :bei ihm das Technische (in
Form, Harmonik, Kontrapunkt, Instrumentation) als Selbstzweck; seiner Kompositions ...
technik eignet eine gewisse Geradheit, Naivität, fast Primitivität, wie sie sonst nur
bei Beethoven zu finden ist und, auf dem Gebiete der Dichtung, beim größten
Lyriker der Gegenwart, Otto zur Linde.
So ist denn auch seine Instrumentation nicht etwa bloße Farbenkunst: vielmehr
hat sie vor allem andern die Aufgabe, mit höchster, geradezu plastischer Klarheit
und Deutlichkeit das Melos zum Ausdruck zu bringen. Daher steht sie in engstem
Zusammenhang mit seiner Kontrapunktik: diese individualisiert die einzelnen
Stimmen aufs höchste~ verselbständigt sie bis zur Rücksichtslosigkeit, ganz im
Gegensatze zu Wagners, mehr noch Bruckners und Regers Polyphonie, in welcher
die Stimmen zu einem bald dichteren, bald durchsichtigeren Gewebe verflochten sind;
während diese die verschiedenen Instrumente und Instrumentengruppen zu möglichst
ausgeglichenem Gesamtklange zu verschmelzen suchen, kontrapunktiert Mahle!
gänzlich heterogene Klangkörper mit.. , richtiger gegeneinander (mit besonderer
Vorliebe Trompete und Geigen, wie z. B. in der Fünften Symphonie und im
ersten Satze des Liedes von der Erde). Daher gibt es in Mahlers Partituren fast
keine "Füllstimmen'\ sondern nur mehr "reale u Stimmen, deren jede Trägerin eines
individuellen Ausdruckes ist. (Hierin berührt sich sein symphonischer Stil mit der
Kammermusik, auf deren Gebiet er wahrschei:-lich auch seine unmittelbare
Nachfolge finden wird.) Diese Individualisierung und die dadurch erreichte Steigerung
der Ausdrucksintensität ermöglichen es, mit einem kleinen Teil des Orchesters die
größten Fortissimo-Wirkungen zu erzielen (so z. B. am Schlusse des ersten Satzes
des Liedes von der Erde).
Vieles Eigentümliche und Neue in Mahlers Instrumentation ist uns schon derart
vertraut geworden, daß es hier nur der Vollständigkeit halber kurz erwähnt zu
werden braucht: seine Vorliebe für die Trompete (man d€nke an den schaurig-schönen
Abgesang der beiden Trompeten im dritten Satze der ersten, an die Trauerfanfare
zu Beginn der fünften, an das strahlende Finalethema der siebenten Symphonie);
seine grell-burlesken hohen Klarinetten; die skurrile Phantastik des Pizzicatos und
Col legnos der Streichinstrumente; die höchst eigenartige Verwendung der Harfe,
endlich die Behandlung des Schlagwerks, das er nicht etwa bloß zur Verstärkung der
Tutti verwendet 1 sondern in bisher ungeahnter Weise verselbständigt (zwei Extreme
als Beispiele: das furchtbare Crescendo des Schlagwerks im Finale der Zweiten
Symphonie, vor dem Eintritt des marschartigen Durchführungteils; dann wieder

277
die ganz leisen Schläge der großen Trommel und .des Beckens im dritten Satze des
Liedes von der Erde).
Die vor wenigen Jahren noch als unerhört neu angestaunte Orchestertechnik eines
Richard Strauß ist heute bereits ZUr Schablone geworden. Bei Mahlers Instrumentation
wird dieser Fall niemals eintreten: sie kann ebensowenig nachgeahmt werden, wie
die von Beethoven, Weber, BerI1oz; wie bei diesen, ist sie auch bei ihm nicht
bloß Technik, vielmehr, wieE. T.A.Hoffmann sie nennt: Mystik der Instrumen te.
c c

M A H L E R s F E I N D E
Von Richard Specht, Wien
Sie leben ja eigentlich alle heute noch, weil sie ewig sind. Der Neid der
Zünftigen, deren subalterne Tüchtigkeit durch die umstürzenden Überraschungen
des Genies ausgelöscht oder doch zumindest in ihrer kläglichen Überflüssigkeit
entlarvt wird. Der Haß der Inferioren, die durch das bloße Dasein eines großen
Menschen, schon durch die Art, in der ihre jammervollen Pöbelinstinkte auf ihn
reagieren, beschämt und ad absurdum geführt werden. Dazu die unermeßliche Schar
der Erfolgneidischen, der Fischnaturen, die es als Verbrechen ausschreien, durch
Lungen zu atmen, während sie durch Kiemen zu atmen gewöhnt sind, der eot. .
täuschten Mitläufer, der wider ihren Willen und beinahe gegen die eigene winzige
Begabung Emporgehobenen und zu Erfolg Gebrachten. Und nicht zuletzt alle jene, die
dankbar sein sollten und des Dankes nicht fähig sind, die innerlich oder äußerlich
gefördert wurden und es nicht wahr haben wollen. Es sind vielleicht die giftigsten
und schmählichsten von allen.
Aber: diese Feinde hat wohl jeder große Künstler. Und nicht bloß der Künstler
allein, sondern jeder, der der Menge nicht nachläuft, sondern sie bezwingt, der dem
Geschmack des Tages nicht huldigt, sondern ihn bestimmt. Und mit alledem wäre die
unerhörte Feindseligkeit, die wahrhaft diabolische Perfidie, die schimpfliche Niedrig-
keit nicht zu erklären, mit der ein Mensch und Künstler von solcher Reinheit der
Gesinnung und solcher Unnachgiebigkeit im Dienste 'seiner Sache, wie Gustav
Mahler einer war, verfolgt, beleidigt, entInutigt, verleumdet, verjagt und in den Tod
getrieben wurde. Der Fall ist umso komplizierter, als seine Wurzeln durchaus
nicht in den Sprunghaftigkeiten, dem schroff Unduldsamen und oft Beleidigenden
und in den Cäsarenlaunen des sonst so kindlich gütigen, leicht verwundbaren,
makellos edlen Wesens seiner Menschlichkeit zu suchen sind. Und auch nicht in
der Lästigkeit, mit der sonst manche krampfhaft nach Erfolg Suchenden in geflissent-
lich zur Schau getragenem Märtyrertum die Mitwelt behelligen. Er liegt umso
kurioser, als Gustav Mahler mit einer Raschheit, die zu den Seltenheiten gehört,
gleich nach dem Beginn seiner Wiener Tätigkeit, wie überall zuvor, alle Gegner...
schaft erstickt hatte; als ihm damals geraume Zeit hindurch nichts als Jubel, dank-
bares Entzücken, begeisterte Zustimmung gleichgestimmter sehnsuchtsvoller Seelen
und die stürmisch frohlockenden Zurufe ungestümer, im Taumel empfangener
Offenbarungen jauchzender Jugend entgegenklang ; durch keinen Mißton gestört,
durch keine Bedenklichkeiten abgedämpft. Man hatte sich ihm widerstandslos
gefangen gegeben, ganz Wien war seine Gemeinde; man hatte das Raunzen und

278
Mäkeln, ja, sogar die Landessitte des Witzemachens verlernt und selbst die ewig
besserwissende und sonst vor allem Netten und Großen recht armselig versagende
Wiener Kritik war eine Zeitlang zu einer Schar von Dithyrambikern verwandelt
worden. Und plötzlich, über Nacht, stand eine gegnerische Armee in Waffen da;
der Name "Mahler-C1ique" war zu einem Schimpfwort geworden, das freilich von
jenen, die es treffen sollte, als ein Geusen...Ehrentitel empfangen wurde und es gah
nur wenige, die damals und weiterhin den Mut zu öffentlicher Gefolgschaft auf...
brachten, und die sich ihres Enthusiasmus von gestern nicht schämten oder ihn
doch verleugneten.'f<
War es wirklich über Nacht gekommen? Doch wohl nicht ganz. Unterirdische
Feindschaften begannen gleich nach Mahlers Eintreffen in Wien. Und zwar solche,
die von zweierlei Gruppen ausgingen: von einer der Enttäuschten und von einer
der Ängstlichen und Rachsüchtigen. Enttäuscht waren zunächst viele unter jenen,
die zu Mahlers Wiener Berufung beigetragen hatten oder doch beigetragen zu haben
glaubten; die nun erwarteten, daß er mit ihnen paktieren und sich mit ihnen in
die Herrschaft teilen würde oder die sich eine Art Ratgeberstellung, einen in ...
offiziellen Einflußreichturn erhofft hatten und die er allesam t in seiner imperatori-
schen Künstlerschaft und seiner tyrannischen Sachlichkeit bei Seite schob, um ganz
rein und durchaus frei von allen persönlichen Interessen bloß der von ihm innerlich
erschauten Kunst dienen zu können. Das waren zunächst die geheimen Machthaber
des Intendanzbüros, die von ihm, den sie gefördert zu haben meinten, eine Er . .
kenntlichkeit erwarteten. Und dann auch einige Kritiker, unter denen ja wirklich
der eine oder der andere war, dessen Beziehungen und dessen Vermittlung Mahlers
Ernennung erleichtert hatte. Die andere Gruppe war unter den Opernsängern
selbst zu finden. Es waren jene :sofort von seinem unbestechlichen Kunstinstinkt
von ihm erkannten und rasch depossedierten "Lieblinge l4 , von denen er wußte,
daß sie die hohe und ernste Arbeit, die vor ihm lag, niemals begreifen und nur
hindern würden, deren ~Ausbildung in keinem Verhältnis zu ihrer Einbildung
stand.
Mit den Angehörigen des Hauses wurde er bald fertig. Seine tyrannische
Künstlerschaft war stärker als sie alle, die außerordentlichen Eindrücke, die seiner
Arbeit zu danken waren und die in atemberaubender Fülle einander folgten,
schlugen alle Gegnerschaft nieder und machten sogar bald das geschäftige Geschwätz
der Reporter verstummen, für die anfangs infolge all der zahllosen leidigen Affären
eine Zeit der Hochkunjunktur gekommen schien, aber deren Garderobenenthüllungen
sogar in Wien, wo ein Schnupfen der Primadonna oder die Scheidung des Helden-
tenors gemeinhin stärkerem Interesse begegnet, als die wichtigste künstlerische
Leistung, durch die Macht und die Größe der musikalischen und szenischen Offen-
barungen. die Mahler in der Wiedergabe scheinbar längst gekannter und geliebter
Werke bereitete, eine Zeitlang vollkommen in den Hintergrund gedrängt und in
ihrer ganzen wesenlosen Nichtigkeit empfunden wurden.
In jener ersten Zeit war ganz Wien Mahlers Wesen rettungslos verfallen. Von
jeder seiner Aufführungen ging ein Ungestüm, ein Glanz, eine Heftigkeit tragischer
Erschütterung oder eine bezaubernde Geistigkeit heiterster Anmut aus, der sich
of. Seien ihre Namen gleich hier genannt: es waren D. J. Bach, Dr. EIsa Bienenfeld, Paul

Stefan. nach einigem Schwanken auch ]uHus Korngold und neben diesen zünftigen Musikkritikern
vor allem Felix Saiten und Iiermann Bahr, die sich immer wieder zu Mahler bekannten.

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keiner zu entziehen vernl0chte. Man hatte im Zuschauerraum der Oper einen Anblick,
den man, falls er jemals früher da war, zumindest lange vermißt hatte und
dessen man allzubald wieder verlustig geworden ist: man sah, daß es ein geistiges
Wien gab und dieses geistige Wien war bei Mahlers Aufführungen versammelt.
Geister, die dem Theater bisher nur Verachtung entgegengebracht hatten, fühlten
plötzlich, daß hier nicht nur Feste der Seele gefeiert, sondern Angelegenheiten der
Menschheit ausgedrückt werden können. Und kamen. Mahler selbst war damals
vielleicht neben dem Kaiser und neben Lueger der bemerkteste Mann der Stadt.
Man zeigte sich ihn, wenn er auf der Straße barhaupt mit eilig stampfendem
Schritt perorierend neben einem seiner Freunde ging, kannte sein scharfes,
blasses, geistreich nervöses Asketengesicht, die Vorstadtkomiker ahmten ihn nach,
die Coupletsänger bemächtigten sich seiner, der in den Mantel seiner Einsamkeit
gehüllt, von der ungeheuren Wirkung seines Wesens, seiner Arbeit und seiner
Menschlichkeit kaum etwas verspürte.
Damals also in der ersten Zeit seines Wirkens, war Wien einfach die Mahler . .
st adt. Er hatte nicht nur die Geistigkeit, nicht nur die großen Menschen Wiens zu
sich herangezogen, er hatte, was mehr ist, die Mittelmäßigkeit überwältigt, hatte,
was am meisten bedeutet, die ganze Kritik fast vollzählig aus einer Schar von
Hütern des Ewig. . Gestrigen zu freudig erstaunten Bewunderern, zu froh Miterleben. .
den einer starken Gegenwart gemacht.
Er hatte wie ein Elementarereignis gewirkt, hatte keinen zur Besinnung kommen
lassen und es dauerte geraume Zeit, bis man sich dessen gewahr wurde, wie un. .
wienerisch all das war, wie sehr all diese fabelhafte, erst im Höchsten beschwichtigte
Arbeit und die bis zum Letzten und Extremsten gehende Intensität dieser Leistung
a11 die ererbten Instinkte beleidigen mußte, die Tradition liebenswürdiger Schlamperei
verleugnete und a11 die hergebrachte Trägheit, Unterhaltungslust, heitere Banalität
durch die unerbittliche Forderung und Erfüllung höchsten Ernstes in festlich hohem
und reinem Ausgestalten und Empfangen jedes Kunstwerkes ins Gesicht schlug.
Und als sie zu Atem kamen und sich aI1 dessen entsannen, rächten sie sich.
Denn eines ist überaus bezeichnend: unter allen Feinden Gustav Mahlus waren
jene die hämischesten, gewissenlosesten und frechsten, die zuerst ganz unter seinem
Bann gestanden hatten und es ihm nun heimzahlten, daß sie einmal in ihrem
armseligen Leben aus ihrer grämlichen und neidischen Unproduktivität heraus-
gerissen und zum Enthusiasmus eines unmittelbaren, aller Tabulatur vergessen . .
den Bekenntnisses hingerissener Bewunderung emporgehoben worden waren. Am
schlimmsten jene, die ihn bei alle dem nicht verstanden; und gar solche, die aus
ihrer Verehrtmg gleich ein Geschäft machen wollten.
Ein großer Teil der Feindseligkeit gegen Mahler bei solchen, die in gar keine
menschliche Berührung mit ihm gekommen waren, lag in dem sehr richtigen Gefühl
verankert, das die Minderwertigkeit gegen große Menschen überhaupt aufbringt: das
Gefühl nämlich, wie sehr er ihre ohnehin bedrückende Inferiorität verachten hätte
müssen, wenn er sie gekannt hätte, selbst ohne daß er sie erst zu kennen brauchte;
von der Empfindung der nie eingestandenen Distanz ganz abgesehen, die ihnen
das eigene Wesen bis zur Beschämung herab mindern und ihnen das seine
rätselhaft entrückt, fremd und unheimlich machen muß. Dazu kam freilich,
daß Mahlu es keinen leicht machte; nicht einmal denen, die in Treue zu ihm
hielten und die er durch seine springenden Launen, durch sein unberechenbares

280
IVIißtrauen, durch seine rücksichtslosen Schroffheiten oftmals zu verscheuchen drohte;
geschweige denn solchen, von denen seine herrliche Unduldsamkeit in Dingen der
Kunst, die orthodoxe Reinheit seines Arbeitsfanatismust seine Unnachgiebigkeit gegen
alle Halbheit und Schwäche, fast wie persönliche Beleidigung empfunden wurde
(und es ja war). Bequemlichkeit war ja ein Wort, das er aus seinem Lexikon
gestrichen hatte. Man hatte im ersten Rausch des Etltzückens gar nicht darauf
geachtet, wie unbequem er allen war. Schon in den Äußerlichkeiten der Erziehung
des Publikums; im Abschaffen des Zuspätkommens, störender und lärmender
Kundgebungen, in der Konzentration der Stimm_ung und der Forderung gesammelten
und vorbereiteten Empfangens der Tondramen, im verdunkelten Zuschauerraum,
in dem das Lesen und das raschelnde Umblättern der Textbuch, und Partiturseiten
dadurch ausgeschaltet worden war. Kein Wunder, daß es plötzlich einen Aufstand
all dieser unterdrückten Instinkte gab und die Stadt der Bequemlichkeit und die
Bequemlichkeit der Stadt sich gegen den erhob, der sich vermessen hatte, sie
tragische Gesinnung lehren zu wollen und aus einer Stätte der Unterhaltung und
des Luxus eine der Erhebung und der von Kunstfesten einer Nation im athenischen
Sinne zu schaffen.
Worin sich all das äußerte? In allen mögiichen und unmöglichen Hemmungen
seiner internen Arbeit im Opernhause zunächst; in albernen Intrigen - auch von
solchen, die sich jetzt post martern als Mahlers Freunde und Verehrer auszugeben
belieben - ja, ein Versuch, ihm, den unerotisehesten aller Musiker, durch weib . .
liehe Verführung FaIIen zu legen (worüber heitere Geschichten zu erzählen wären,
wenn man dabei nicht Gefahr liefe, mit gewissen Kulissenplauderern verwechselt
zu werden); in hämischem Klatsch und dem Ärger anonymer Belästigung, die selbst
vor Zudringlichkeiten gegen Mahlers junge Gattin nicht scheute, in der er nicht nur
die geliebte Frau, sondern den besten und verstehendsten Freund und Kameraden
gefunden hatte. Und neben aI1 diesen namenlosen und unterirdischen Dingen ein
plötzliches Kesseltreiben der Kritik, dem sich an Gewissenlosigkeit, an Dreistigkeit
und an einmütiger dünkelhafter Schmähsucht kaum; ;eine andere Rezensenten'
kampagne zur Seite stellen kann. Es :waren - außer. den schon genannten -
nicht viele, die sich wenigstens äußerlich bemühten, einen würdigen Ton anzu...
schlagen und sich in den Grenzen des Anstandes zu halten. Und es waren groteske
Erscheinungen unter dieser Widersacherschar ; solche, bei denen es heute noch rätsel ...
haft ist, wie sie von einem Zeitungsunternehmen geduldet werden konnten. Die
frechste, abgeschmackteste und schamloseste unter ihnen ist die unglaubliche des
Herrn Heinrich Reinhardt, des Schöpfers des "Süßen Mädels" und ähnlicher Bordell-
operettenmusik, der geraume Zeit hindurch in den Spalten eines großen Wiener
Journals sein Unwesen trieb und es wagen durfte, einen Gustav Mahler nicht nur zu
hofmeistern und in der unverschämtesten Ignoranz zu "kritisierenu, sondern mit
erbitternder apodiktischer Sicherheit zu lügen (als Beispiel die eigentlich nur er,
heiternde Behauptung, das Opernorchester, das unter Mahler den nie zuvor und nie
nachher erreichten Höhepunkt an Subtilität, Klangfeinheit, Präzision und Meister'
schaft des Vortrages erklommen hatte, sei un!er ihm schlechter und gröber geworden),
mit einer Stirn, um die kein integrer Mensch :ihren Besitzer beneiden wird, das
zu beschimpfen, was er selber kurz zuvor bemängelnd gefordert hätte (z. B. die
Aufführung Gluckscher Werke, deren Fehlen im Spielplan :von ihm beanständet
wurde und die dann, nach unvergeßIichen Interpretationen, von demselben Würden...

281
träger als zwecklose Ausgrabungen verhöhnt werden konnten -" ob in schlechtem
Gedächtnis oder bloß in moral and musical insanity bleibe unentschieden) - und
all das in einem Ton, dessen beispiellose ,Büberei jedem halbwegs reinlich Emp . .
findenden das Blut in die Wangen treiben mußte (z. B. über Mahlers "Sechste",
"Blech! Viel Blech! Nichts als Blech !") Aber freilich: hier ist doch ein Ausnahms-
fall, in dem nicht mehr das polemische Wort, nur noch die Ohrfeige am Platze ist-
und wenn sie nicht tatsächlich appliziert wurde, so war es nur, um nicht noch
einen "Märtyrer aus einem Gassenjungen zu machen. Andere waren ernster zu
li

nehmen, zum mindesten durch ihre Persönlichkeit und hie und da auch durch ihr
Talent; wenn auch die Anlässe zu ihrer Feindseligkeit zumeist so bestürzend
meskin waren, daß sie fast unglaubwürdig klingen. Denn diese Anlässe lagen bei-
nahe niemals im PrinzipielIen einer Gegnerschaft, das erst nachher - und oft mit
verruchter journalistischer Geschicklichkeit - konstruiert wurde. Sondern in
Mahlers hemmungslosem Freimut, in seiner zornigen und in ihrem Ausdruck nicht
eben immer bedacht wählerischen Heftigkeit, mit der er Unverstand, geschwätzige
Inproduktivität und aueh ein ihm geltendes Lob ablehnte, wenn es aus falschen
Gründen oder in oberflächlichem Ungefähr gespendet worden war. Ein solcher Fall
ereignete sich mit einem begabten und anfangs vom Mut der Jugend befeuerten,
neuerdings leider zu oft auf konservative Akademikerkunst eingeschworenen Kritiker,
der sich zu Beginn in beherztem Enthusiasmus für Mahler tbekannt und ihm ein
Essaybuch gewidmet hatte, um den Namen eines guten Schutzheiligen über die
Tür seiner Werkstatt zu schreiben. Aber es begab sich, daß der nervös impressionible
Mann, als die "Vierte zur Uraufführung kam, sich - offenbar innerlich von
U

vorneherein etwas unsicher - durch eifervoll absprechende Genossen zu einer .recht


ablehnenden Kritik des köstlich frischen, von lieblichstem Märchenhumor tief-
sinnig erhellten Werkes beeinflussen ließ und dabei doch ein sehlechtes Gewissen
haben mochte: denn er entschuldigte sich bei Mahler mit der ein wenig verlegenen
Begründung, daß es eben Stimmungen gebe, in denen man einer temperamentvollen
Negation zugänglieher sei als sonst und daß er unter solcher Suggestion sein öffent-
liches Urteil gefällt habe. Mahler aber, der in derartigen Situationen eine nichts-
würdig verbindliche Höflichkeit hatte, meinte seelenruhig : "Sie müssen Ihr Ver . .
halten nicht so ausführlich motivieren - Sie haben eben das Werk nicht ver'"
standen." Und als der Kritiker, betroffen und gereizt, replizierte, daß Mahler von
seiner Perzeptionsfähigkeit vor kurzem, als er für die "Zweite" und auch sonst für
sein künstlerisches Wirken in Worten beredter Verehrung eingetreten war, doeh
keine so geringschätzige Meinung gehegt hätte, erwiderte Mahler, ganz mit der
gleichen liebenswürdigen, gar nicht ironisch zugeschärften Artigkeit: "Sie sind durch-
aus im Irrtum. Ich war immer derselben Meinung. Sie haben mich damals, als
Sie mich lobten, genau so wenig verstanden, wie diesmal. U Perplexes Schweigen,
kühle Verabschiedung - und aus dem schwankenden Anhänger war ein endgültiger
Gegner geworden, der sich vieHeieht sogar manehmal selber über den Grund seiner
Stellungnahme täuschen mochte, aber doch in geheimen Stunden der SelbstptÜfung
hinter der seheinbar sachlichen Überzeugung das antreibende Motiv in jener
distanzierenden Replik erkennen und wenigstens sich selber eingestehen mußte.
Und einer, dessen Wirkung, von beträchtlichem, stilistischem Vermögen ab...
gesehen, in der geflissentlichen Leidensehaftslosigkeit des Angriffes lag, im ruhig
planvollen eines raffiniert instrumentierten Crescendo, das sehließlieh, in Mahlers

282
letztem Opern jahr. im Fugato mit den anderen freundlichen Lärmtrompetern, zu
einem Höhepunkt der "Durchführung" gelangte, als Mahlers Scheiden, bei ihm
längst beschlossene Sache, zur Wirklichkeit wurde. Es hat Mahler, in diesem Fall
wie in manchem anderen, öfters gereizt, einmal zu replizierrn und vor allem ein..
mal die Dokumente dieser Feindschaften, die brieflichen Verehrungs .. und Ergeben..
heitsversicherungen vorzulegen und die Gründe ihres Umschlagens ins Gegenteil zu
glossieren. Aber wenn er auch manchmal vor sich hingesummt haben mag: "Will der
Herr Graf ein TänzeIein wagen ?" - er hat sichs doch überlegt, hat keinem anders
11aufgespielt", als durch seine herrlichen Ausführungen in der Oper, hat sonst
geschwiegen und wußte warum. Er wußte, daß er Wichtigeres zu tun hatte.
Er wußte ja auch, daß die ganze Pressekampagne ihn nicht zu "stürzen" ver..
macht hätte. Sein Abschied vom Opernhaus war ja eine Operette, eine wienetische
Farce, von der noch zu sprechen ist - und eine Tragödie für uns, denen Unwieder. .
bringliches entrissen worden ist. Aber so weit ist es doch nicht gekommen, daß
ein Kaffeehausstammtisch einen Gustav Mahler zu Fall gebracht hätte. Im Gegen-
teil: die schmählichen Angriffe, ihre offenbar verdrehende und verkleinernde
Gehässigkeit, ihre subalterne Gereiztheit hatten bei Mahlers "vorgesetzter Behörde"
und vor allem beim Obersthofmeister, dem Fürsten Montenuovo, nur die Wirkung,
daß er fester als je zu vor "gehalten" und daß ihm eine genugtuende Anerkennung
nach der anderen zu teil wurde. Tatsächlich haben diese "Feinde tl nur insoweit An...
teil an Mahlers Abgang, daß ihr Treiben ihn derart mit Ekel und Müdigkeit er-
füllt hatte, daß er selber nicht mehr die Freude und die zuversichtliche Kraft zur
Arbeit empfand, die er von sich noch weit intensiver als von jedem andern
forderte; und wohl auch darin, daß das Publikum doch allmählich durch sie vergiftet,
mißtrauisch gemacht und zu skeptischer Kühle, ja sogar zu erbitterndem Undank
gegen ihn verführt worden war: daß eine ungezogene, durch das Scheiden einer
Sängerin veranlaßte Demonstration jener dummen BubencIiquen der Galerie, die
heute noch durch größenwahnsinnigen Terrorismus und impertinente Kundgebungen
höchst bedenklichen Unfug üben, nicht in einmütiger Entrüstung zurückgewiesen,
sondern in "vornehmer" Zurückhaltung geduldet wurde, war der entscheidende Grund
für den beleidigten und im Stich gelassenenen Meister, dieser Stadt der liebens-
würdigen Treulosigkeit den Rücken zu kehren. Das freilich hat mit ihrem Hetzen
die Stammtischecke des eafe Imperial getan.
Hier war das Zentrum des Mahlerhasses. Hier wurde diskutiert, geklatscht,
polemisiert, kritischer Generalstab gespielt. Nicht als ob bloß Musikreferenten hier das
Wort geführt hätten: Ärzte, Maler, Librettisten, solche, die Mahler nicht freundlich
genug gegrüßt oder deren Joureinladung er abgelehnt hatte oder deren Geliebte
wegen Gebrechlichkeit aus dem Ballettkorps scheiden mußte oder deren Opern-
texte als unbrauchbar zurückgewiesen worden waren, vereinten sich hier zu einer
Todesmittelzentrale. (Nicht im wörtlichen Sinn, versteht sich, sondern in dem des
"Abtötens". Daß Mahler durch all die maßlosen Erregungen dieser Wiener Zeit wirk-
lich vorzeitig dem Leben entrissen worden ist - dieses Verbrechen war wenigstens
nicht in der Absicht seiner Gegner gelegen.) All das klingt lächerlich und übertrieben;
und ist doch wahr. Man macht sich keine Vorstellung von der Kleinheit all der
gekränkten Eitelkeit ringsum, von der abenteuerlichenl Geringfügigkeit der realen
Ursachen all des wütenden Hasses (die ideellen habe ich zu Beginn gekennzeichnet) und
von der Summe an Perfidie, die von diesem einzigen Winkel ausging. Der geistige

283
Führer dieses Kriegspressequartiers war ein Mann von starker, wenn auch aus..
schließlich negativ"polemischer Begabung, von cholerischer Unduldsamkeit,
eminenter Federqualität, scharfem Geist, cäsarenwahnsinniger Eitelkeit, chronischer
Gereiztheit, unproduktivem Verstand und güteloser Verbitterung. Es war Robert
Hirschfeld.
Er ist nun schon auch seit ein paar Jahren tot (wie übrigens die meisten, die ihre
Hand gegen Mahler erhoben - gibt es eine Nemesis für jene, die sich an Gott-
gesegneten und an schöpferisch Berufenen versündigen ?). Aber man wird mich
hoffentlich nicht dessen zeihen, Tote zu schmähen, wenn ich hier nicht nur An ..
klagen erhebe, sondern Namen nenne; wenn ich Richard Wallaschek, Robert
Hirschfeld und seinen wohl nur aus falschem Ehrgeiz allzu gefügigen Schild-
knappen Paul Stauber, als die gehässigsten, giftigsten, mit allen Waffen der Ver-
drehung, der Mißdeutung, des Ressentiments kämpfenden Widersacher des größten
Künstlers brandmarke, der je im Wiener Theaterleben schöpferisch gewirkt hat.
Denn ich bin auch zu Lebzeiten der Genannten, die vermutlich jetzt gegen die
Dissonanzen der Sphärenharmonien polemisieren, niemals davor zurückgescheut,
ihr Tun zu kennzeichnen und mit aller Heftigkeit ihrer subalternen Sterilität ent-
gegenzutreten. Es sind, neben den schon angeführten und neben Hans Liebstöckl -
dessen Geist und Witz leider durch bodenlosen Zynismus mißbraucht worden ist und
der auch jetzt noch, offenbar zu alle dem an progressiver Weltanschauung leidend,
an Kunstwerke Maßstäbe legt, die mit Philosophie, Theologie, Kabarett, Börse,
nUr nichts mit Kunstwerken zu schaffen haben - diese drei Verstorbenen, die am
verantwortungslosesten und verderblichsten gegen Mahler und sein großes künstleri-
sches und ethisches Beispiel gewütet haben. Und warum? Weil dem braven,
trockenen, amusischen Gelehrten Wallaschek, der einmal für eine Arbeitervor..
stellung die N Traviata 4' vorgeschlagen hatte, hinterbracht worden war, daß Mahler
bei dieser Gelegenheit, durch solchen Fehlgriff aufgebracht, den zornigen Wunsch
ausgesprochen hatte, daß "dieser Esel" seine Hand von Dingen lassen solle, die er
nicht verstünde. (Bezeichnend für Mahlers Naivität, daß er nie daran dachte, daß
derlei zurückgeklascht werden könne und daß er sich nicht genug über die Gemein-
heit wundern konnte, die dessen fahig war.) Daß er, nicht in der Form, aber sach-
lich recht hatte, beweisen die von damals an erschienenen Angriffe Wallascheks
in der "Zeit aus deren Verband ich in jenen Tagen, eben dieser borniert bösartigen
U
,

und kunstfremden Invektiven wegen geschieden bin. (Vielleicht verzeiht man hier die
Anführung einer Privatsache, weil auch sie charakteristisch für die damalige, seither
so sehr ins "denn er war unser" umgeschlagenen Wiener Stimmung ist: daß ich
trotz mehrfacher Vakanzen während geraumer Jahre keine Stellung als Musik-
referent in einem Wiener Blatte finden:.konnte, weil das Schlagwort ausgegeben war,
einen von der "Mahlerclique" unter keinen Umständen zu engagieren.) Und die
Feindschaft Hirschfelds ? Sie war nicht, wie vielfach behauptet wurde, in dem durch
schlechte Kassenrapporte verschuldeten, nacl, drei Vorstellungen erfolgten Absetzen
der von ihm bearbeiteten Mozartsehen NZaide4' vom Opernspielplan veranlaBt;
sondern - wie Mahler wiederholt klagte und durch Briefe zu beweisen sich erbot -
durch die Ablehnung eines persönlichen Verkehrs, den Hirschfeld gesucht und an-
fänglich gefunden hatte, bis Mahler, der zuerst an dem Temperament und der
geistigen Lebendigkeit des Kritikers Gefallen fand, die scheelsüchtige Verdrossell-
heil, die jedes junge Blühen als Unkraut ausrodende grämliche Gereiztheit

284
und den unfruchtbaren Erfolgsneid als Hauptkomponenten dieses geistigen Kom-
plexes erkannte und (neben anderen Eigenschaften) so unerträglich fand, daß er
dieser Beziehung ein Ende macht. Das Resultat: man lese in der Wiener Abend-
post oder in Paul Stefans Kampfbüchlein "Gustav Mahlers Erbe" die Referate eines
Kritikers nach, der seltsamerweise als Musikreferent eines wenig gelesenen Blattes
bekannt, als Theaterreferent eines der meistgelesenen unbeachtet geblieben war und
staune darüber, was in Wien als mutige Gesinnung, künstlerische Überzeugung und
kultivierte Mannhaftigkeit ausgegeben und geduldet werden konnte - vielleicht
übrigens wirklich, weil es nur ein paar Kaff.hausmenschen und die Hofräte d«
Ministerien gelesen hatten.
Ich höre einen Einwand: ist es denn gar nicht denkbar, daß auch gegen einen
Künstler wie Mahler, ehrliche Gegnerschaft in wirklicher sachlicher Negation,
aus überzeugten Prinzipien, in der aufrichtigen Ablehnung einer als verderblich
empfundenen Wesenheit aufstehen könne? Gewiß. das ist denkbar und in einzelnen
Fällen - die ich deshalb mit den genannten nicht in Zusammenhang bringe - war
sicherlich wirkliche Redlichkeit der abwehrenden Gesinnung das bewegende Element
feindlicher Angriffe. Aber gerade bei jenen, die hier angeführt wurden und die am
unheilvollsten gewirkt haben, war solche Gesinnung bestenfalls, ich sagte es schon,
hinterher künstlich zurechtgemacht und war die traurig-lächerliche und unwürdige
Folge eines der erwähnten geringfügigen Anlässe. Wobei übrigens zu bemerken ist,
daß Blindheit vor dem Genie nur dann kein Majestätsverbrechen ist, wenn sie mit
der Ehrfurcht vor dem Mysterium des Schaffens und des Schaffenden verbunden
ist und stumm bleibt; aber nicht, wenn sie sich als Kritik gebärdet und mit der
Miene des Besserwissenclen den belehrt, von dem sie nur demütig zu lernen hat. Kein
Zweifel, es gibt auch ehrliche Kritiker, die vor neuer Größe versagen. Aber es
werden kaum die berufensten sein. Und sie verfallen dem Mitleid derselben Nach-
welt, deren Verachtung dem Unredlichen das Beckmesserstigma aufprägt.
Letzten Endes aber vermögen sie alle nichts. Sie können hindern, können Leid
bereiten; aufhalten können sie keinen wahrhaft Siegreichen. Sie waren ja auch, wie
es schon vorhin angedeutet wurde, nicht einmal stark genug, um Mahler aus der
Hofoper herauszudrängen. Das soll nun auch einmal erzählt werden, damit der
tragischen Posse das Satyrpiel nicht fehle. Daß Mahler gehen werde, war bei ihm
beschlossene Sache von dem Augenblick an, in dem es ihm mißlungen war,
pfäffischen Servilismus zu besiegen und gegen die Hoftheaterzensur die Auf-
führung des genialsten dramatischen Tanwerkes der Jahrhundertwende zu erzwingen:
der "Salome". Dann kam die früher erwähnte Undankbarkeit des bei einer
intoleranten Demonstration versagenden Publikums, die ihn ins tiefste hinein
schmerzte und ihn daran verzweifeln machte, daß seine nachschöpferische Arbeit
wenigstens Einzelnen, Erlesenen etwas bedeute, die sich dann doch gegen solche
unverschämte Galerieanmaßung zu wehren gehabt hätten. Dazu begab .s sich, daß einer
der Tenöre, die ja gerade der kurzen Blütezeit ihrer Stimme halber unverhältnismäßig
hohe Bezüge beanspruchen, ihm die bisherige'Gage nicht mehr wert zu sein schien
und daß er nur unter der Voraussetzung einer Reduktion sein Wiederengagement
befürwortete. Aber der Sänger, der {ibrigens noch lange nach Mahlers Tod mit ver-
minderter Stimme und unverminderter Gage in der Oper tätig war, bis er schließ . .
lich im Dreimäderlbordell künstlerisch strandete, wußte durch geschickte Protektion
einen neuen, unveränderten Vertrag hinter Mahlers; Rücken zu erreichen und der

285
Dhektor war nur im Recht, wenn er dieses Übergehen, als ein Mißtrauensvotum
und als eine Gefährdung seiner Autorität, mit seinem Entlassungsgesuch beant. .
wortete, das übrigens damals zunächst abgelehnt wurde. All dies ist mehr oder
weniger bekannt; die unmittelbare Ursache von Mahlers Demission aber ist in
ihrer schwankhaften Unwahrscheinlichkeit bisher noch kaum berichtet werden. Er hatte
auf seinem Schreibtisch in der Direktionskanzlei ein jedem Besucher wohlbekanntes Buch
vor sich liegen, in dem das Repertoire und andere Vormerkungen eingetragen waren
und dessen Seiten er, während er mit den Mitgliedern oder den Reportern sprach,
besonders, wenn er zerstreut war oder sich langweilte, unabläßlich mit den merk. .
würdigsten Zeichnungen zu bedenken pflegte - und man kann sich denken, daß
er dann fast immer gezeichnet hat, da ihn die meisten Unterredungen enervierten -
Zeichnungen, die heute im Zeitalter des Expressionismus sicherlich ihren Anwert
und ihre Deutung gefunden hätten; ein krauses Durcheinander zufälliger Linien,
Ornamente und karrikaturistischer Ansätze. Und in dieses Buch schrieb er auch die
Urlaube ein, eigene und fremde, auch persönliche Erinnerungsdaten und Merk. .
worte zum Festhalten verschiedener Pläne. Nun kam. es, daß Mahler, der übrigens
viel seltener als irgendeiner seiner komponierenden Nachfolger zum Dirigieren
seiner eigenen, heißumstrittenen Werke von Wien abw.esend war, trotzdem seine
persönliche Leitung für das Verständnis dieser Schöpfungen von entscheidender
Wichtigkeit war - daß also Mahler beim Obersthofmeister um einen Urlaub von zwei
Wochen einkam, um in Italien zu dirigieren, mit dem Vorsatz, acht Tage länger
fortzubleiben, aber um diese Verlängerung, die er von vorneherein nicht erhalten hätte,
erst nachträ.glich von Rom aus anzusuchen. Unglücklicherweise aber trug er in seiner
naiven und unbedachten Hastigkeit den Urlaub samt der Verlängerung noch vor
seiner Abreise in das ominöse Buch ein, 'das er obendrein einzusperren unterließ.
So daß die vielen lieben Freunde, die Mahler im Hause hatte, vom Kanzleidirektor
der Intendanz angefangen, bis zu den wegen Unfähigkeit pensionierten mehr oder
minder lichten Sternen unter den Orchestergeigern, denen das Nachstöbern gerade
in diesen Eintragungen von jeher eine Fundgrube für ihr Klatschmaterial
bedeutete, am ersten Tage seiner Abwesenheit von der sich selber erteilten und
erst hinterher zu ratifizierenden Urlaubserstreckung Kenntnis hatten. Am nächsten
Tage schon wußte es der Fürst Montenuovo und die Folge war eine "Vorladung 11
Mahlers sofort nach seiner Rückkehr. Aber zum Glück war er gewarnt und auf den eigenen
Lapsus aufmerksam gemacht worden; er wal' vorbereitet, war überdies bis an den
Hals gesättigt mit Überdruß und Enttäuschung und auf den Vorhalt des Fürsten,
der ihn nur reprimandieren wollte und ihm in scharfem Ton erklärte, es gehe nicht
an, daß ein Operndirektor sich infolge des Interesses für die eigenen Tondichtungen
derart zersplittere und seine Tätigkeit dem Institut entziehe, erwiderte er statt der
erwarteten Verteidigung und Enschuldigung in voller Ruhe: "Durchlaucht haben
vollkommen recht. Ich fühle es selber, daß der Komponist und der Operndirektor
in mir sich nicht mehr vertragen. Ich bitte deshalb um meine Entlassung." Bestürzt
versuchte der Fürst, dessen Absicht es in keiner Weise war, auf Mahler zu ver . .
zichten und der, nachdem er sich immer in der vornehmsten Loyalität an seine
Seite gestellt und ihn gestützt hatte, zum erstenmal den Insinuationen der
Feindseligen sich zugänglich zeigte, Mahler von seinem Entschluß abzubringen.
Aber dieser blieb unerschütterlich und alle Anstrengungen des Fürsten, ihn
zum Bleiben zu bewegen, auch eine Adresse, in der das ganze geistige Wien

286
ihn beschwor, sein Werk nicht im Stiche zu lassen und in der ihn die Besten ihres
Dankes und Verstehens versicherten, waren vergeblich. Er schied, froh. wie ein
Entronnener, resigniert in dem Gefühl, trotz aller großer Taten nur einen Torso
zu hinterlassen, den dann die nach ihm Kommenden in der kürzesten Frist vöHig
zerstörten und unkenntlich machten. Und alle, die an diesem "Sturz'l teil zu haben
wähnten und teil hatten. frohlockten. Sie waren endlich wieder "unter sichll ,
Wenigstens die in Wien. Von den anderen, mochten sie auch Mahlers Tonwerk
so hemmend schaden, wie - um ein Beispiel zu nennen - der ebenso geistreiche
als fragwürdige Münchener Rudolf Louis, der aus kunstfernen Rassegefühlen heraus
und freilich auch in befremdender Beschränktheit des eigenen Wesens keinen
Zugang zu Mahler fand und diesen Meister Eckhart der Musik als "jüdischen"
Fremdkörper ablehnte und beschimpfte (ebenso wie seine als geistig minderwertig
stigmatisierten Anhänger) - von ihm und anderen seiner Art, ist hier nicht zu
sprechen. Schon deshalb nicht, weil es sich hier um die Feinde der lebendigen,
persönlichen Wirksamkeit des Künstlers und Menschen Mahler handelt, die sich
hindernd und zerstörend gegen ihn vergangen haben. Nicht um jene, die sein Werk
schmähten. Schon deshalb nicht, weil diese von selbst durch den Sieg seiner Musik
wieder ins Nichts gedrängt wurden und ihre Schädlichkeit ephemer geworden ist:
eine Bloßstellung, die nur mehr "historisch" ist, aber jede Nachwirkung verloren
hat: das große Mahlerfest in Amsterdam, in dem jetzt des Meisters Gesamtwerk in
liebreichster Vollendung der Welt verkündigt werden wird, ist ein Manifest dieses
Sieges, der all die Pamphletisten, die Musikpolitiker und auch die bloße stumpfe
Begrenztheit endgültig in ihren Spinnwebwinkel zurückjagen wird. Während die
anderen Unwiederbringliches vernichtet haben, das nicht wieder gutzumachen ist.
Das waren Mahlers Feinde. Aber waren sie es wirklich, die ihn zu Fall gebracht
und vertrieben haben? Es waren wohl ebensosehr die Feinde, die in der eigenen
Brust jedes Großen wohnen: die Zwiespältigkeit, die Naivität, die hemmungslose
Unschuld im Vertrauen und Mißtrauen, der vereinsamende Stolz, der Fanatismus
der Sachlichkeit. Sie alle haben ebensoviel Schuld an dem, was geschah UD d sie
haben die klägliche Widersacherschar erst entfesselt, deren Treiben dann so viel
Verarmendes über uns brachte. Aber die Feinde dieser Art vermögen nur im Zeit-
lichen hemmend zu wirken. Dann wendet sich das Blatt - und nichts ist armseliger,
als der Anblick solcher, die die eigene Blamage überleben und sich lieber feige
verleugnen, als ihr Unrecht einzubekennen und sich zu schämen. Und die Nach-
welt bereitet ihnen eine traurige Unsterblichkeit.

M A H L E R s F R E u N D E
Von Paul Stefan, Wien
Es gab ihrer schon bei seinen Lebzeiten viele, viele. Ich könnte seitenlang auf-
zählen und das wären erst die Namen ... Aber vielleicht ist es recht und lehrreich,
einige flüchtige Bilder zu zeichnen. Denn, die ihn geliebt haben, sind ein Teil seines
Wesens geworden, das fortlebt.
Anton Bruckner. Nicht sein Lehrer, aber sein "LehrvaterlI. Bruckner spielt
dem jungen Musiker viel aus seinen Werken vor, empfängt oft seinen Besuch und

287
geleitet ihn, den Hut in der Hand, vier Treppen hinab. Der erste (vierhändige)
Auszug nach einer früheren Fassung von Bruckners Dritter Symphonie erscheint
1878, bearbeitet von Gustav Mahler.
Guido Adler. Ein Jugendfreund, getreu seit der Prager Zeit, in der er die
Adresse der Universität an seinen Gustav entwirft, getreu in Wiener Jahren, da es
gefährlich war, zu Mahler zu halten, getreu als akademischer Lehrer, der der Jugend
das Bild des großen Künstlers überliefert, getreu als Biograph.
Wiener Freundeskreis aus frühen Tagen: Siegfried Li p i n e r, der Dichter und
Denker, zu dem Mahler immer wieder den Weg fand und seine Jüngerin Natalie
Bauer ... Lechner, Friedrich Lochr, der Archäologe, genauester Bewahrer vieler
biographischer Schätze, Emil Fr e und, der Anwalt Mahlers. In den Kreis um
Lipiner aufgenommen, ja fast aus ihm erwachsen, Bruno Walter; seines Meisters
Jünger, durch den Meister ein Meister nun selbst.
Von den vielen Begegnungen der Wanderjahre nur drei: Ni ld s c h, der Leipziger
Dirigenten-Kollege; Hans v. Bülow, der seinen jungen Freund den "Pygmalion
der Hamburger Oper" nennt, bei jeder Gelegenheit auszeichnet und schließlich als
Nachfolger in der Leitung der Symphonie. Konzerte empfiehlt. Der Schlußchor der
Zweiten Symphonie erscheint Mahler wie eine Eingebung bei der Gedächtnisfeier
für Bü!ow, wie ein Gruß des Freundes aus einer andern Welt... In der gleichen
Stadt Hamburg der gütig-bescheidene J. B. F 0 e l' s t e r, ein Musiker von Geblüt,
wie Mahler aus Böhmen stammend. Häufiger Gast der Kammermusiken bei Mahler,
durch die sich der Theaterkapellmeister vom Theater erholte.
Aus der Epoche des Wiener Opermeformators: K I i m t, bewußt und begeistert
Mitstrebender und Zeitgenosse, Roll e r, der Gestalter gemeinsam erträumter Bühnen . .
visionen, Carl Moll, geistig verwandt, bald auch verschwägert; ebenso R 0 s c,
dessen Quartett noch heute die hohe Überlieferung von Mahlers "Alles oder nichts"
bewahrt hat, mit sein größter Zauber; Zemlinsky, fanatischer Bewunderer und
Jünger, besonders des Dirigenten Mahler; S eh ö n b er g, zugleich Verehrer und
dialektischer Opponent, immer und seit jeher von einer Ergebenheit, wie sie eigene
Größe eingibt. Als Gast in Wien und Toblach Oskar Fded, dem Mahler das
große Erlebnis seines Daseins geworden ist.
Mahlers Freund in frühen Jahren: Richard Strauß, einer der ersten, die den
Symphoniker Mahler erkannten und förderten. ·Er und ein bescheidener Skribent,
E. O. No d n ag el in Königsberg ...
In der späteren Wiener Zeit, in den Sommern der Kärntner Villeggiatur: Julius .
Bittner, getreuester Adept, Decsey, damals als Biograph Hugo Wolfs stigmatisier\i
- den ja selber ein unglückliches Freundschaftserlebnis mit Mahler zum Verhängnis~l
trieb - We i s . . 0 s t bor n, der Grazer Finanzhofrat, Prachtmensch und unermüdlicher
Propagator und Dirigent der Werke Mahlers, Marx, Schwärmer und beginnender
Komponist.
Aus der Zeit des jungen \'Veltruhms: Mengelberg, Alfredo Casella,
der italienische Meister, damals einer der eifrigsten Pariser Freunde, und William
Ri tter, romanischer Schweizer mit katholischen und slawophilen Tendenzen, wohl
der erste, der Mahler neben Beethoven zu nennen gewagt hat - wie seither Paul
Bekker in Frankfurt.
Wiener Kritiker: schon in den ersten Wiener Jahren Ludwig Karpath, Zeuge
und Bewahrer kostbarer Gespräche; später, nach Wien neu hinzukommend, Julius

288
Kor n goi d, der sehr tapfer zu Mahler hielt (welcher übrigens, als einer der frühesten,
Erich Wolfgangs geniale Begabung wahrnahm); Richard Specht, Freund der
Persönlichkeit und des Werkes, dessen Analysen Mahler besonders schätzte;
D.J. Bach, einer der wenigen, dessen Kritiken er las,R.S.Hoffmann und Karl Weigl.
Wiener Sänger: Schmecles und Hesch; von ttselbsterzogenenU Mayr, Maikl
und der verstorbene Anton Mo s er; die Kur z, die Mahlet entdeckte, Frau Kitt el,
Frau Michalek, die Star-Altistin Cahier, seither berühmt als Mahler-Sängerin-
wie übrigens Gertrude F 0 er s tel, die sich mit dem Sopransolo der Achten Weltruf
ersang. Mitschöpferisch tätig in der eigentlichen Mahler-Zeit: Anna Bahr-Milden-
burg und Marie Gutheil-Schoder. Frauenhilfe bedeutete für Gustav Mahler
viel. Die Pole in seinem Leben: Jus tin e (Rose), die Lieblingsschwester, und seine
Frau Alma Maria, ein Idealbild der zärtlichsten Freundschaft.
Ein werktätiger Freund, der nicht vergessen werden darf: sein Verleger Emil
Hertzka, Direktor der Universal-Edition.
Schließlich einer, der ihm nach mannigfachen Kämpfen und Streitschriften eine
Sammlung von "Widmungen" zum fünfzigsten (dem letzten!) Geburtstag ankündigte.
Darauf er, anfangs erschrocken: "Sie sind doch mein Freund; Sie werden es so
machen, daß es mir nicht schadet". Der Herausgeber der" Widmungen" versprach
es, auf den nFreundtt nicht wenig stolz. Das war ich.
o 0

GUSTAV MAHLER IN AMERIKA


Von Dr. Ernst J okl, Berlin
Für jeden, der mit Mahlers künstlerischer und persönlicher Eigenart einigermaßen
vertraut war, der zugleich New. . York kennt und vom künstlerischen Standpunkte
bewertet - sofern eine solche Wertsetzung überhaupt am Platze ist - hat die
Zusammenstellung, nein, Antithese: Mahler und Amerika etwas schmerzlich
Aufreizendes. Daß dieser große Mensch und Künstler, dessen ganzes Wesen auf
Wärme, Teilnahme und Wiederklang eingestellt war, zu Amerika verurteilt war,
ist tragisch im höchsten Sinne, doppelt tragisch durch die Art, wie Mahler dieses
Schicksal empfand und trug. Ich entsinne mich, wie er zU mir sagte: "Nach
Amerika geht man, wenn man mit dem Theater fertig ist, wie ich/4 Man weiß,
was "Theater" für Mahler bedeutete - nicht ",Schaubühne 41 t nicht "Opeel , nicht
"gute Vorstellung", sondern ein künstlerisches und musikalisches Problem ersten
Ranges, das er so oft fast restlos gelöst hatte. Als er "Freischütz" in der Metropolitan-
Oper angekündigt saht sagte er fast entsetzt zu mir: "Ja, um Gotteswillen, wissen
denn die Leute, was es heißt ",Freischütz" aufführen? Wissen sie nicht, daß das
bedeutet, eine ganze Musik... und Kulturepoche lebendig und anschaulich zu machen?"
In Wien hatte er Opern ,/herausgebracht" - man nehme das Wort getrost in
seinem banalsten und wörtlichsten Sinne, das hier mehr besagt, als eine ästhetisch. .
kritische Abhandlung - in New-York "dirigierte" er eine Oper (es war in der
Spielzeit 1909/10 "Pique Dame" von Tschaikowsky). Daß es eine ausgezeichnete
Vorstellung war, ist überflüssig zu bemerken, aber was konnte ein e Vorstellung
für diesen Erzieher und Verkünder sein? Ein Personal, das er nur dieses einzige Mal
und nur für diese Aufgabe in die Hände bekam, ein an andere Dirigenten

289
gewöhntes Orchester, das seine bieder ausgeschlagenen Viertel verlangte, ein
Publikum, dem das Theater nicht inneres Bedürfnis, sondern gesellschaftliche
Angelegenheit war - und da hineingestellt Gustav Mahl er ! Und nun erinnere man
sich, wie Mahlet in der letzten Zeit seiner Wiener Tätigkeit dirigierte: mit Winken,
die die letzten Geheimnisse einer Partitur entschleierten, mit Blicken, die sprachen
U
und zwangen, mit einer Freiheit und Elastizität des Rhythmus, die ein "Taktschlageu
(wie häßlich doch dieses Wort ist 1) einfach ausschlossen, mit einer ganz eigenartigen
höchstpersönlichen Technik, die selbst dem unvergleichlichen W iener Orchester erst
nach langer Arbeit unmittelbar verständlich wurde! Ist es zu glauben, daß ein
italienischer Musiker von Rang und Namen zu mir sagte: "Was wollen Sie mit
Ihrem Mahler? Der kann ja nicht dirigieren!" Was konnte man angesichts
dieses grauenvollen Unverständnisses vom Orchester und Publikum verlangen? -
Auch das äußere Bild eines Sinfonie . . Konzertes war für jemanden, der ein
philharmonisches Konzert in Wien unter Mahler erleben durfte, herzbeklemmend:
das Publikum, dessen größere Hälfte zu spät kam und vor Schluß des Konzertes
davonlief, der nüchterne und unfreundliche Saal von Carnegie-HalJ, die kühle
Disziplin und unpersönliche Sachlichkeit des Orchesters (mit Wärme registriere ich
zwei Ausnahmen : den vortrefflichen Konzertmeister Spierin g und den ausgezeichneten
ersten Hornisten Re i t e r, die Mahler wirklich verstanden). - Und trotzdem für den,
der hören und fühlen konnte, Aufführungen, die unvergeßlich sind! Denn - Mahler
war resigniert, aber sein Temperament und seine Kraft waren unberührt, - ja
vielleicht noch konzentrierter und gesteigert. Es mag mein persönlicher Eindruck sein,
wenn ich diesen, nur einem ganz Großen eigenen Gemütszustand in einer Stelle
des letzten Satzes des "Lied von der Erde" symbolisch wiederzufinden glaube: "Du,
mein Freund, mir war auf dieser Welt das Glück nicht hold," - jene Stelle, die
sonderbarerweise in Dur steht, das durch den Aufschwung in die Dominant . . Tonart
im ersten Takte so seltsam lustbetont erscheint. Mahler hatte noch immer das, was
seine Wiedergaben so unwiderstehlich machte: er identifizierte sich mit dem Werke,
das er dirigierte. Ich erinnere mich, wie er die "Romantische" von Bruckner, die er
in New-York aufführte, förmlich entdeckte, wie er darüber sprach, als ob er die
Partitur zum erstenmale in Händen hätte. Dasselbe Gefühl hatte ich, als ich seinen
Proben zu Beethovens Neunter Sinfonie beiwohnen durfte - man mußte glauben,
er dirigiere eine Novität zum allererstenmale, so weltenfern von aller "Auffassung U

und l1Routine t • war dieses Studieren! Allerdings - als wir nach der Probe zusammen
fortgingen, sagte er: "Ich wollte meine ,Änderungen' (er sprach diese Anführungszeichen
wirklich!) aufschreiben und herausgeben. Aber - es hat ja doch keinen Zweck und
es geht auch niemanden etwas an." Dieselbe Verbitterung - es war eigentlich die
Enttäuschung eines fast kindlich vertrauenden Gemütes - zeigte er, wenn er auf
seine eigenen Werke zu sprechen kam. Ich bat ihn einmal im Auftrage eines Freundes,
der eine seiner Sinfonien aufführen wollte, sich darüber zu äußern, welche er ffir
die geeigneteste halte. "Selbstverständlich die leichteste" war die Antwort. Als ich
die Vierte vorschlug, rief er: "Aber das ist doch gerade eine der schwersten 1 - Er
soll vielleicht . . . " (nach längerer Pause) ... "wissen Sie was? Er soll am besten
gar keine spielen." Mahler selbst führte aber doch in New-York seine Erste auf
und stieß natürlich auf eine Verständnislosigkeit, die nicht einmal Temperament
genug besaß, sich in Mißfallen zu äußern. Von Wien sprach er seiten und ungern,
trotzdem glaubte ich den Eindruck zu haben, daß er mit Wien und der Wiener

290
Hofoper noch lange nicht fertig war; er sagte einmal: "Ich dirigiere keine Opern
mehr - absolut nichet • - "Außer vielleicht noch in Wienu, fügte er leise und fast
verschämt hinzu. Daß er sich in New-York nicht wohl fühlte, ist selbstverständlich,
daß er aber für die Eigenart der Riesenstadt, für den zwingenden Rhythmus des
amerikanischen Lebens Verständnis hatte, ist außer Zweifel. Er lud mich einmal
ein, ihn zu einem Konzert in Brooklyn zu begleiten: "Wir fahren im offenen Auto
die Fifth avenue hinunter und über die Brooklyn-bridge - Das ist wirklich sehr
schön!1I Seine Sehnsucht war, sich in einen stillen Erclenwinkel zurückzuziehen
und zu komponieren und vielleicht ab und zu bei einem besonderen Anlasse zu
dirigieren. Er war wirklich des "Treibens u , des amerikanischen "Betriebes müde.
ll

Er versicherte mir: "Diese Saison mache ich noch mit, das geht einmal nicht anders
-- aber dann gehe ich nicht mehr nach A1nerika, das können Sie mir glauben!"
- Als ich ihn im August 1910 in Wien sprach - er war frischer denn je und
sehr glücklich über die Aufführung der VlII. Sinfonie in München - teilte er mir
mit, daß er in wenigen Tagen wieder nach New. . York fahre. ttAIso doch wieder?II,
fragte ich. "Es ging nicht anders'.., erwiderte er "aber ich schwöre Ihnen, es ist das
letztem all " Ich konnte nicht ahnen, daß sich dieses Versprechen in so schrecklicher
Weise erfüllen sollte.

ERINNERUNGEN AN GUSTAV MAHLER


I
Von Josef B. Foerster, Prag
Das Leben GustavMahlers war wie dazu geschaffen, um Flauberts Ausspruch:
"Die Geschichte der Kunst ist nichts als ein endloses Martyrium zu beweisen.
l
'

Wer in seinem tragischen Werke zu lesen vermag, sieht deutlich vor sich die Wege
seiner Seele in jeder seiner Lebensphasen. Denn Mahler hat seine Symphonien nicht
nur komponiert, sondern auch gelebt.
Von heißem Bestreben nach Vollendung erfüllt, begegnete er auf Schritt und
Tritt ihrem Gegensatz. Im Lehen und im Schaffen. Wie er es rührend bekannte,
abschiednehmend von den Mitgliedern des Hofoperntheaters : ,lStatt eines Ganzen,
Abgeschlossenen, wie ich geträumt, hinterlasse ich Stückwerk, Unvollendetes, wie
es dem Menschen bestimmt ist."
Mahler - der Dirigent, das war der verkörperte Wille zur Macht, Energie, Kraft,
eine bis zum Zerspringen gespannte,saite, Napoleon am Dirigentenpult. Er las bei
Nietzsehe : "Die Schaffenden sind hart ... " und "Ich liebe den, dessen Seele sich
verschwendet, der nicht Dank haben will und nicht zurückgibt: denn er schenkt
immer und will sich nicht bewahren." Und er erkannte sein Porträt. Es war "der
Stoff in ihlTI zu einem großen Charakter", wie Barbey d'Aurevilly gerne sagte.
Aber Mahler - der Komponist, das ist der verkörperte Wille zur Liebe. In un-
zähligen Variationen bringt er das eine: Sehnsucht nach Liebe. Und er sucht und
findet nicht. Auch hier gibt es nicht Ganzes, Abgeschlossenes, sondern nur Stück-
werk und Unvollendetes.
So lebt sein Bild in mir seit jenem mir unvergeßlichen ersten Abend, an dem
ich ihn in Hamburg am Pult sah und bewunderte. Es war eine "MeistersingerI.....
Vorstel1ung und der in der Hansastadt sehr beliebte bildhübsche Sohn des Malers

291
Achenbach sang den Walter Stolzing. Die ganze Stadt sprach von des jungen
Tenoristen Schönheit, Geschmack, Stimme, Spieltalent und Reichtum. Aber ich
hatte mir bereits beim Erklingen des Vorspiels meinen Helden gewähltt den mir
damals noch unbekannten Dirigenten. Dieser tiefe Eindruck meines ersten
Zusammentreffens mit Mahlers Genius steigerte sich bei jedem folgenden und ich
hatte nur den Wunsch: Mahler nähertreten zu dürfen. An anderer Stelle erzählte
ich vom Beginn unserer Bekanntschaft und von meinem ersten Besuch bei Mahler.
Er hatte damals, obzwar noch jung an Jahren, viel erlebt und viel erlitten. Hinter
ihm lagen die Jahre des ersten Engagements, die Prager und die Leipziger Saison,
ja auch bereits die herbe Erfahrung, die er als Direktor der Budapester Hofoper
gemacht, doch ahnte damals noch niemand seine wahre Bedeutung und seinen
eigentlichen Beruf. Gewiß gab es bereits anerkennende Stimmen, die die geniale
Anlage des Dirigenten priesen, aber niemand wußte, daß unter der hohen Stirne
des jugendlichen Stürmers große Pläne der Verwirklichung harrten, daß dort monu-
mentale Werke reiften, die einst die ganze Welt in Bewunderung versetzen, eine
Epoche zu poetischem Ausdruck führen würden, niemand glaubte, daß der bedeutende
Name des Dirigenten in Zukunft weit überholt werden würde von jenem eines
genialen Komponisten.
Schüchtern betrat ich zum erstenmal Mahlqs schlichte Junggesellenwohnung in
der Fröbelstraße. Seine gerade Art, seine bezwingende Herzlichkeit bezauberte mich
und so folgte ich freudig seiner Einladung, bald wiederzukommen. Langsam gewann
ich Einsicht in sein Leben, in seine Pläne, seine Arbeit. Wir wurden vertraut.
Seine hohe Intelligenz, die Selbständigkeit seines Urteils, auf innigster Betrachtung
des Kunstwerkes fußend, seine Begeisterung und Wärme wirkten unwiderstehlich.
Unsere ersten Gespräche über Musik berührten den Wert J. S. Bachs. Schon bei
meinem ersten Besuch entdeckte ich am Pult des Pianinos eine Partitur von Bachs
"Kantaten!>, Bereits damals erwähnte Mahlet Bach und rühmte diese Meisterwerke
begeistert zugleich aber mit tiefem Bedauern, daß man sie so selten aufführe. Er
befaßte sich damals eindringlich mit dem Studium der großen Kontrapunktisten
und erholte sich so von seiner manchmal recht widerwärtigen Tätigkeit im Theater.
"Hier reinige ich mich, U bemerkte er einmal, "in dieser kastalischen Quelle
wasche ich den Kulissenschmutz ab. ~I
Es bedarf kaum der Versicherung, daß ich seine Begeisterung für J. S. Bach
teilte. Mir waren damals die Kantaten ganz unbekannt - in Prag führte man
neben deIn" Weihnachtsoratorium U nur die Passionsmusiken auf - und so begrüßte
ich mit doppelter Freude die Gelegenheit, das bewunderungswürdige Werk des
größten Kontrapunktikers und kühnsten Harmonikers näher kennen zu lernen und
mit Eifer vertiefte ich mich mit Mahler in das Studium dieser Partituren, die gleich
erstaunlich sind in der Polyphonie wie in der Invention. Die Melodik Bachs blüht
hier in reichster Schönheit und wir fanden Partien, die geschrieben wurden in der
V orahnung der modernen Chromatik. Neben Bach waren Beethoven und Wagner
Mahlers Lieblinge. Hier bewunderte er, ohne alles für gleichwertig zu erklären. Von
den Zeitgenossen schienen ihn nur zwei zu interessieren: Bruckner und Richard
Strauß. Mit Bruckner verband ihn nicht nur Freundschaft, sondern auch eine
gewisse getstlge Verwandtschaft, die ja Mahlers Werke deutlich verraten. In
R. Strauß sah er schon damals seinen einzigen Rivalen, aber zugleich Antipoden,

292
wenn er auch in dem bekannten Briefe an Dr. Arthur Seidl \'on der Möglichkeit
spricht, daß er sich am Ziel mit Strauß begegnen könnte.
Es dauerte nicht lange und wir sahen uns gegenseitig in Herz und Seele und
Mahler berührte hie und da Intimeres. Er sprach von seiner Familie, zeigte mir
gerührt den alten Sessel mit zerrissenem Leinwandüberzug, den sein alter Vater
einst benützte, sprach von seinem Bruder Otto, dessen geniale Anlage Cl' hoch über
die eigene stellte, von seiner Schwester Justine, die er kurz vorher in schwerer
Krankheit in rührender Fürsorge allein pflegte ...
Endlich fand er sich an einem Nachmittag bereit, mir etwas vorzuspielen. Ich
wußte nicht, daß er sich mit Komposition befasse, die Vollendung der Weberschen
"Drei Pintos 41 ausgenommen. Gleich das erste Thema verriet Mahlers Eigenart, das
Interesse steigerte sich von Takt zu Takt und am Schluß drückte ich dem Freunde
gerührt die Hand. Ich erinnere mich noch, wie dankbar er mich anblickte und
welche Freude ihm die Worte meiner Bewunderung bereiteten, aber erst später
erfuhr ich den Grund dieser seiner Emotion.
Das Werk, das er mir vorspielte, war der erste Satz seiner Zweiten Sym . .
phonie, damals als abgeschlossenes Ganzes gedacht und jtTotenfeier" betitelt.
Wir besprachen die Themen, ihre Verwendung, den instrumentalen Effekt.
Mahler versprach sich mit Recht von dieser Partitur eine tiefgehende Wirkung und
so kam die Stunde der Paolo Veronese . . Dämmerung, in der alle Dinge für einige
Augenblicke durchsichtig und verklärt erscheinen, wie wenn sie vergeistigt ihr
Geheimnis verraten wollen.
Da begann Mahler zu erzählen. "Kennen Sie Bülow?" begann er. Ich bejahte
und erinnerte mich des einzigen Lorbeerkranzes, der über Mahlers einfacher Bettstatt
im Vorzimmer hing und auf olivgrüner Schleife die beredte Widmung trug: "Dem
Pygmalion der Hamburger Oper - Hans von Bülow."
"Also - Bülow habe ich vor einiger Zeit diese meine Komposition gezeigt. Er
sagte mir: ,mSpielen Sie mir's vor. Die Partitur ist kompliziert und ich höre sie
auf diese Art in authentischer Auffassung. , ,U"
Ich setze mich an's Klavier und spiele. Zufä!1ig wende ich mich einmal um und
sehe, daß sich Bülow die Ohren zugestopft hatte mit den Händen. Natürlich höre
ich sofort auf zu spielen. ""Weiter,· spielen Sie doch weiter, 'w ruft Bü!ow.
Ich setze mein Spiel fort und bemerke nach einer Weile wieder den Meister,
der sich die Ohren zuhält. Das Intermezzo wiederholt sich: Bülow verlangt, ich
solle weiterspielen.
Nun spielte ich aber, ohne mich umzusehen, den Satz zu Ende; anfangs noch
etwas verstimmt, geniert, überlegend, ob Bülow vieHeicht mein Spiel nicht behage,
das häufige Forte unangenehm berühre, wußte ich doch, daß er häufiger über Kopf-
schmerz klagte; später, von der Musik gepackt, vergaß ich aHes, sogar Bülows
Gegenwart. ..
Ich hatte geendet, schwieg natürlich und erwartete, was der Meister sagen würde.
Bülow schwieg ebenfalls eine Zeit lang, dann wendete er sich zu mir mit verneinender
Gebärde und sagte: ""Wenn das noch Musik ist, dann verstehe ich nichts mehr
von Musik. ""
Wir schieden dennoch ganz freundschaftlich, .ich allerdings mit dem Bewußtsein,
daß mich Bü!ow zwar als Dirigenten, jedoch nicht als Komponisten schätzt,l'

293
Mir ist erst in diesem Augenblick eingegangen, warum die schlichten Worte,
die meiner Bewunderung und Begeisterung Ausdruck liehen, Mahler so lieb gewesen
waren. Ich war ihm wohl in dem Moment als Vertreter und Sprecher der neuen,
jungen Generation erschienen, und aus meinem Munde vernahm er, daß ihn diese
Generation verstehen, daß sie mit ihm gehen werde.
Es dauerte nicht lange und Mahler spielte mir zwei Sätze vor: das entzückende
Andante und das Scherzo seiner H. Symphonie und teilte mir mit, die" Toten . .
feier" als ersten Satz in der Symphonie postieren zu wollen. Ich erinnere mich
noch, was ich ihm damals antwortete. Es bezog sich auf das Problem des Finale
nach dem mächtigen, in seiner Architektonik ünposanten ersten Allegro. Mahler
teilte meine Ansicht und einige Monate vergingen; die Frage wurde nicht mehr
berührt, aber auch nicht gelöst.
Da langte plötzlich aus Kairo die Nachricht vom Ableben Bülows ein und bald
folgte ihr die Einladung zu einer Totenfeier für den berühmten Künstler, die in
der großen St. l\tIichaelis-Kirche zu Hamburg, wo Bülow beigesetzt wurde, stattfand.
Bei dieser Gelegenheit wurde nach dem wunderbaren Bachsehen : "Wenn ich einmal
soll scheiden vom Knabenchor Klopstoc1~s "Aufersteh'n'* gesungen. Ich besitze
U

heute noch das damals erschienene Programm des Totenfestes, aus dem ich den
Text zitiere, wie ihn damals Mahler zum ersten Male vernahm:
Aufersteh'n, ja aufel'steh'n wirst du,
mein Staub, nach kurzer Ruh',
unsterblich's Leben
wird, der dich schuf, dir geben. Halleluja!
Wieder aufzublüh'n, werd' ich gesä'ti
der Herr der Erndte geht
und sammelt Garben
uns ein, die starben. Hallelujal
Tag des Dank' s, der F reudenthränen Tag!
Du meines Gottes Tag!
wenn ich im Grabe genug geschlummert habe,
erweckest du mich.
Da war denn gefunden, was Mahler gebraucht und gesucht. Die Knaben sangen
mit rührend schlichtem Ausdruck: und in sorgloser Kindeseinfalt die tiefernsten
Worte des Dichters, die würdig in Musik gesetzt und von der Orgel begleitet, vielen
Trauergästen Tränen entlockten. Auch ich las den Text und hatte in demselben
Moment die Empfindung, die sich auch Mahlers bemächtigte: hier war das Finale
der II. Symphonie gegeben. Am Nachmittag desselben Tages wurde meine Ahnung
bestätigt, ich fand Mahler bereits an der Arbeit. Als das Finale fertig war und ich
feuchten Auges die Freundeshände drückte, fiel uns allerdings ein, daß zwischen
Scherzo und Schlußsatz eine Lücke blieb. Hier hat dann Mahler, in den Schatz
seiner älteren Lieder greifend - auch dem Scherzo liegt bekanntlich ein Lied:
"Des Antonius von Padua Fischpredige' zugrunde - das "Urlicht" herangezogen.
Damals, in jenen denkwürdigen Tagen, reifte Mahlers künstlerische Persönlich . .
keit, von jener Zeit gilt bereits das feine Wort Oskar Frieds: sich selbst betrachtete
er als göttliche Sendung und war ganz von ihr erfüllt. Damals erwachte der Gott-
sucher in ihm. Auch das kann ich nur aus den Erinnerungen jener Tage bestätigen,

294
was Fried in späteren Jahren wahrnahm. Es kamen Augenblicke, da Mahler diese
seine himmlische Mission anzweifelte. So stellte er mich plötzlich vor die Frage:
ob ich mir seine II. Symphonie weg denken könnte, ohne ungeheuren Verlust für
Kunst und Menschheit, ob sie nicht von Beethoven weiterführe? Ich war überzeugt
davon und konnte ihm damals - dem Himmel Dank dafür - wirklich jener
erforderliche "irdische Silitzpunkt'1 .sein, dessen er zu bedürfen schien. Bald darauf
hörte ich mit einigen wenigen Freunden Mahlers (Anna Mildenburg, meine Frau,
Dr. Behn, der edle Wilhe1m Berken waren zugegen) die ersten drei Sätze der
II. Symphonie. Mahler dirigierte, das brave Stadttheater,Orchester spielte. Hinter
Mahlers Pult stand der treue alte Weidlich mit dem unentbehrlichen Notizbuch
und trug jede Bemerkung, jeden Wink des Komponisten sorgfältig ein: kleine
Temponüancen, Vortragszeichen, Änderungen in der Instrumentation. Uns Zuhörern
klang alles herrlich, ja überwältigend schön, der einzige Unzufriedene war Mahler.
Dennoch strahlte sein Antlitz in seliger Freude als er nach Schluß der Probe an
uns herantrat und unsere tiefe Rührung bemerkte. Nach einigen Monaten fand eine
Privataufführung im Hause Behn statt. Dr. Behn, ein hochintelligenter Mann und
ausgezeichneter Musiker, hatte die Symphonie für zwei Klaviere bearbeitet und trug
sie mit dem Komponisten vor. Und dann reisten wir einmal alle nach BerIin zur
ersten Aufführung der Zweiten, waren Zeugen eines ungeheuren, enthusiastischen
Erfolges. Mahler selbst leitete das Konzert, dem auch keine bissige Bemerkung
der Kritik etwas anhaben konnte, die übrigens mehr die Freunde, als den
Komponisten traf.
Die Tage in der Fröbelstraße waren gezählt. Mahler zog in die breite, stille
Parkallee, Schwester Justine kam und übernahm liebevoll die Pflichten der Hausfrau.
Hier huldigte man gerne der Kammermusik. Konzertmeister Mühlmann vom Stadt,
theater und der alte Meister Gown, Violoncellist des Zajic,Quartetts vereinigten sich
mit dem Hausherrn. Unvergeßliche Stunden eines frommen Musikgenießens ! Ich
habe nie vorher und auch nie später zum Beispiel Beethovens Geistertrio in solcher
Vollendung vernommen und werde es wohl nie wieder erleben. Zu diesen Abenden
erschienen ebenfalls nur einige wenige Hamburgische Freunde Mahlers und nur
hie und da ein auswärtiger Gast: Dr. Berliner, Frau N. Bauer,Lechner ...
Einmal kam unerwartet ein junges Bürschlein von 17 bis 18 Jahren, wurde nicht
nur durch die Einladung, sondern auch im Laufe des Abends häufiger von Mahler
ausgezeichnet, nahm am Gespräch teil und zeigte sich empfänglich für alles was
Kunst, Intelligenz und ästhetischen Genuß betraf. Es war der eben als Korrepetitor
am Stadttheater angestellte Bruno Walter.
Er trat bald in das Leben Mahlers ein und das zweite Hamburger Kapitel: "die
Tage in der Parkallee" mußte er schreiben. Mir war allerdings vergönnt, auch noch
das Dritte mitzuerleben, jenes, in dessen liebedurchtränkter Atmosphäre die Dritte
Symphonie reifte.
"Ja, ich sehne mich nach dir. Ich gleite,
Mich verlierend, selbst mir aus der Hand,
Ohne Hoffnung, daß ich Das bestreite,
Was zu mir kommt wie aus deiner Seite,
Ernst und unbeirrt und unverwandt. l
'

295
II
Von Dr. Max Steinitzer, Leipzig
Die Spielzeit 1887/88 in Leipzig, während welcher ich sehr viel mit Mahler zu-
sammen war, steht noch lebhaft in meinein Gedächtnis, fast täglich erinnert mich
der Anblick irgend einer Örtlichkeit an ihn. Da ist am Augustusplatz das neue
Eckhaus der Grimmaisehen Straße, Goethestraße 1, in dessen 1911 abgerissenem
Vorgänger ich damals wohnte, und wohin er öfter vom Neuen Theater aus herüber ..
kam, wo er auch auf meinem längst verewigten Sofa den ersten Entwurf zum
Allegro des ersten Zwismenaktes zu den "Drei Pintosl niederschrieb. Da ist das
4

Dirigentenpult in der Oper, wo ich ihn Aufführungen und auch öfter Proben leiten
sah, dann das stattliche Familienhaus, Gustav Adolf-Straße 12, mit dem prächtigen,
großen Arbeitszimmer im Erdgeschoß, an dessen Straßenwand außen ich mit Be-
willigung des Besitzers 1911 eine Marmortafel anbrachte: "Hier schrieb Gustav Mahler
1887/88 seine Erste Symphonie". Da ragt noch am Marktplatz das hohe Baarmann-Haus,
in dessen Untererdgeschoß wir zu dritt, mit Carl Perron, den köstlichen täglichen
Mittagstisch hatten - ich habe diesen behaglichen Raum seit Mahlers Tod nie
mehr betreten können. Auch das einstige Cafe fran,ais, jetzt Kaffee Felsche, am
Augustusplatz erinnert an ihn lange Zeit; dort weilte er fast täglich nachmittags im
Kreise von Landsleuten, wo ich ihn auch zum ersten Male sprach, im Sommer unter
dem Balkon, im Freien. Um ihn Perron; der Kanzler unseres damaligen öster"
reichischen General ..Konsulats in Leipzig, Grünberg ; ein musikliebender Kaufmann
Martini, den Mahler sehr schätzte, und in nächster Nähe sehr oft Feruccio Busoni,
der sich selten am Gespräch beteiligte.
In den Hauptproben seiner Opern war PJIahler sehr ernst, aber stets freundlich.
Im Siegfried hatte der strebsame Bassist Köhler mehrmals den Einsatz seines
höhnisch..triumphierenden "Ha...ha ..ha 1" hinter der Szene nicht getroffen, der gerade
auf die letzte Silbe des Stichwortes fillt: ffSchmeck' Du mein Schwert, ekliger
Schwätzer!" Mahler ließ den Sänger nach vorne bitten und sagte: ffLieber Köhler,
denken Sie doch, es hieße so :~j - Und dann sang er mit seinem hellen Bariton
laut, scharf im Rhythmus: ffSchmeck' Du mein Schwert, ekliges Schwein, ha-ha-ha,
ha...ha ..ha, ha!ll Nun konnte sich der Sänger nicht mehr irren. - Für einen Zyklus
lebender Bilder aus dem ff Trompeter von Säkkingen" am Hoftheater in Kassel (ich
glaube zum Besten des Orchesterpensionsfonds ) hatte Mahler begleitende Musik ge,
schrieben, auf die er keinerlei Wert legte; möglicherweise - ich habe nie mehr
davon gehört - könnte etwas davon noch in Kassel vorhanden sein. Nach Leipzig
brachte er nur ein Stück davon in Partitur mit, das meiner Meinung nach, den
Vorwurf - Werner bläst in der Mondnacht nach dem Schlosse, wo Margareta
wohnt, über den Rhein hinüber ein Ständchen - sehr passend verkörperte. Mahler
fand es aber zu sentimental, ärgerte sich darüber und ich mußte ihm mein Wort
geben, den Klavierauszug, den ich davon gemacht, zu vernichten. Soweit ich es
noch im Gedächtnis habe, begann dieses TrompetewSolo:

296
So lange ich nicht. von Mahler kannte, al. das klagende Lied, glaubte ich nicht
recht an einen nachhaltigen künstlerischen Erfolg seiner nach der Pintos-Bearbeitung
fast fieberhaft einsetzenden Kompositionsarbeit. Ich sagte ihm einmal etwa: "Der
Fall war ja noch nie da, daß eine wirklich geniale Begabung erst im 28. Lebensjahr
hervorgebrochen wäre. Es wird ein akuter gehobener Zustand sein, wie damals beim
klagenden Lied. Viel richtiger schiene mir, daß Sie niederschreiben, was Sie unter
uns über künstlerische und menschliche Beziehungen und Zustände äußern. Ich wüßte
niemand, der, unbeschwert von allen Schulausdrücken, mit dieser souveränen Be. .
herrschung des Wortes und diesem durchdringenden Scharfblick über alles Psycho-
logische sich ausspricht. In dieser Art haben Sie direkt etwas von Goethe, das sollte
doch nicht auf die paar Menschen beschränkt bleiben, mit denen Sie verkehren!
Komponisten haben wir genug!" - Da lachte Mahler und sagte: "Mein lieber Ecker'
mann, das hilft all e s nichts! Ich muß nun einmal komponieren!" - Nachdem
ich die Entwürfe zUr Ersten Symphonie gesehen, wurde ich freilich anderer Ansicht.
Außerdem sang mir Mahler in seiner Wohnung mit köstlich lebhaftem Ausdruck
die damals fertigen Wunderhornlieder vor.
Manchmal, wenn ich ihn bis an den Garteneingang der erwähnten Wohnung
brachte, äußerte er später mit halb erwartungsvoller, halb ängstlicher Miene: "Sdeinidhä,
- so hatte mich einmal zu seiner großen Belustigung ein Tscheche angesprochen
und Mahler wiederholte es ungezählte Male - heut' kommt vielleicht der Teufel!".
So nannte er jene Stimmung, aus welcher das erste Thema des Finales der Ersten
und der erste Satz der Zweiten hervorging und die in jener Zeit seinen Zügen fast
ihren bleibenden Ausdruck gab.
Ich hatte Mahler, dessen verzweifelte Stimmung über das Stocken seiner künst-
lerischen Laufbahn ich kannte - materiell war er durch seine "Drei Pintos ll außer
jeder Verlegenheit -, brieflich dringend gebeten, sich nicht so vollständig dieser
Trübnis hinzugeben, sondern eine Zeitlang einmal in rein menschlichen Dingen:
Essen, Trinken, Spazierengehen, Familie, Geselligkeit, Spiel sein inneres Gleich...
gewicht zu suchen, solange ihm künstlerisch nichts Ersprießliches beschieden wäre.
Mahlers Antwort auf diesen Brief lasse ich hier folgen. Ich hatte ihm, als damals
einzige Möglichkeit, nur eine bescheidenere Veranstaltung, Unterhaltungskonzerte,
genannt, wo man seine Erste Symphonie hätte spielen lassen können.
I g lau. "Mein lieber Freund! - Sie haben Recht - bald hör' ich auf, Mensch
zu sein! - Mein Lieber, wenn Sie mich sehen würden, dann würden Sie mir mein
Stillschweigen verzeihen! Zunächst bin ich dort angelangt - wo etwa der Anfang
des vierten Satzes der in Frage stehenden Symphonie zu suchen ist. Wie lieb ist
es von Ihnen, daß Sie so gut gegen mich sind! Bitte, geben Sie mir auch fernerhin
Nachrichten über Leipzig - und Alles! Wegen der Smphonie weiß ich mir keinen
Rath! Als erste Aufführung möchte ich nicht gerne ein Bierkonzert wünschen. Zu-
nächst möchte ich doch anderswo mein Glück versuchen. - Könnte man sie denn
nicht einmal in Leipzig aufführen? Schreiben Sie mir darüber, ob sich dort etwas
tun ließe. In Wien will ich im Herbst die notwendigen Schritte tun. Steinitzer, es
geht mir schlecht! Von hier gehe ich wieder nach München zurück. - Dort erwarte
ich unter meiner Starnberger Adresse Ihren nächsten Brief! Nichtwahr, Sie lassen
sich nicht abschrecken, lieber Steinitzer! Wir kommen wohl in ein ordentliches
Geleise, damit wir uns nicht ganz aus den Augen verlieren. Zunächst bin ich wirklich
unfähig, über mich zu berichten. Nur so viel, daß sich keine Aussicht zeigt, so bald

297
wieder ein Engagement zu bekommen, und ich gestehe Ihnen aufrichtig, daß mich
dieB in große Sorgen setzt. - Denn ich habe jetzt eine s t a r k e Tätigkeit not...
wendig, um nicht zu Grunde zu gehen! Schreiben Sie bald! bitte und bleiben Sie
der Freund Ihres sehr in Unordnung gerathenen Gustav Mahler, Adresse: München,
poste restante."
Ich glaube, jeder, der Mahler zu irgendeiner Zeit seines Lebens nahestand, wird
die Empfindung behalten: "Ich kann ihn nie vergessen, nie verlieren!/I Sein Umgang
gab die Gewähr, daß das Menschenwesen einer Steigerung, Konzentration, einer
Mächtigkeit fähig ist, die weit über alles Gewohnte hinausgeht, und daß diese Hoch-
spannung in der Reinheit und Stärke des Wollens und Urteilens vereinbar ist mit
dem steten Bewußtsein aller Materialitäten und' Begrenztheiten des Lebens und dem
durchwärmenden Humor für alle ihre Erscheinungen.
o
III
Von E. N. v, Reznicek, Berlin
Als ich unter der Fülle von interessanten Artikeln in der verheißungsvollen
ersten Nummer der Musikblätter des "Anbruch u Oskar Frieds Erinnerungen
an Mahler las, fiel mir mein allerdings nur episodisches Zusammentreffen mit
dem UnvergeßIichen anläßlich der Aufführung .meiner "Donna Diana" an der
damaligen Wiener Hofoper ein. Diese Episode, die mir heute noch so klar in der
Erinnerung steht, als hätte ich sie gestern erlebt, beleuchtet den einzigartigen
Künstler und Menschen von einer anderen Seite, als Theatermann und Interpreten
eines zeitgenössischen Musikwerkes, und da ich glaube, daß es nicht uninteressant
ist, will ich mein Erlebnis erzählen.
Es war im Hochsommer 1898. Mahler hatte meine Oper angenommen und die
Erstaufführung für den Dezember desselben Jahres angesetzt. Ich befand mich
damals in dem idyllischen Seebad Etretat an der nordfranzösischen Küste, wohin
ich mich mit meiner Frau zurü~kgezogen hatte, um procul negotiis und möglichst
ungestört die Flitterwochen zu genießen. Nachdem wir einige Wochen dort zu. .
gebracht hatten, bekam ich eine Depesche: "Kommen Sie sofort, Mahl er". Was tun?
Die Sache schien wichtig. Nach kurzem Überlegen kam ich zu dem nicht leichten
Entschluß, meine Frau, die ich den Strapazen der überstürzten Reise nicht aussetzen
wollte, allein zu lassen und ventte a terre nach Wien zu fahren. Ich dampfte also
mit dem nächsten Zug nach Paris und von da mit dem Orientexpreß (0 wehmütige
Erinnerung!) nach Wien.
Dort zeitig früh angekommen, ging ich ins Hotel Bristol, um mich rasch um-
zuziehen, und ließ mich eine Stunde darauf bei Mahler in der Hofoper melden. Er
war da und empfing mich sofort mit den Worten: "Nanu, was wollen denn Sie
da?Oi Ich war starr und zeigte ihm seine eigene Depesche. "Ach so !I/ meinte er so
nebenhin. Und ohne weitere Erklärung: "Na, weil Sie geratk da sind, können wir
ja gleich verschiedenes wegen der Aufführung besprechen,ll Darauf stellte er die
Partitur auf das Klavierpult und wir sprachen die Oper in mehrstündiger Konferenz
gründlich durch. Es war sehr zweckdienlich und interessant, und ich rnerkte bald,
nlit wem ich es zu tun hatte. Nachdem wir fertig waten, lud er mich zu sich zum
Mittagessen ein und nachmittags fuhren wir in seinem Ex offo . . Fiaker in den Prater
nach nVenedig in Wien/I. Nachdem wir dort ausgestiegen waren, fragte er mich:

298
"Haben Sie bemerkt, wie der Kerl (der Fiakerkutscher) mich schmafu behandelt?"
Ich hatte gar nichts bemerkt. Mahler blieb aber dabei, daß ihn der Mensch nicht
ästimiere, obwohl er ihm, wie er ausdrücklich bemerkte, jedesmal ein gutes Trink . .
geld gäbe. Es ist mir unverständlich geblieben, was Mahler damit sagen wollte, ich
sah aber genau, daß er unter dem wirklichen oder eingebildeten Benehmen des
Mannes litt.
Wir verbrachten nun den ganzen Abend im Prater und sprachen viel. Es war
ein Hochgenuß, sich mit Mahler über Fragen der Kunst zu unterhalten. So erzählte
er mir z. B. von dem B dur-Teil (6/S) im letzten Satze der Neunten Symphonie
(vor dem Tenor-Solo). Nach seiner Auffassung müßte dieses Stück von einem
außerhalb aufgestellten Militärorchester aufgeführt werden, das ganz entfernt
anfange und dann, immer näher kommend, in ein gewaltiges Crescendo übergehe.
"Sie werden mich ja''', so schloß er diese Ausführungen, "wahrscheinlich für einen
ganz gemeinen Kerl (sici) halten, aber ich halte es so für richtig." Ich erinnere
mich nicht mehr, ob er beifügte, er habe es so gemacht, oder habe die Absicht, bei
einer nächsten Aufführung die Stelle so ausführen zu lassen.
Als wir über die melodische Schreibweise zu sprechen kamen, sagte er: ,/Merk. .
würdig! So oft ich eine Melodie komponiere, schreibt die Kritik, es wäre entweder
ein Gassenhauer oder gestohlen. tI

Nachdem wir uns über die "Hugenotten" unterhalten hatten (die er sehr zu
schätzen schien), welche ich in Neueinstudierung in Mannheim bringen wollte,
bemerkte er: /t5ie scheinen ein guter Dirigent zu sein", und als ich ihn fragte, woraus
er das schließe: "Das höre ich so aus Ihren Reden." Ich stand damals vor dem
letzten Jahre meines Engagements als Hofkapellmeister in obgenannter Stadt und
fragte ihn, ob er mich nicht nach Wien, an die Hofoper, bringen wolle. Darauf
sagte er: "Wissen Sie - ich stehe hier immer auf dem Sprung und kann jeden
Augenblick hinausfliegen (sici). Aber ich will Sie doch engagieren. Schmeißen sie
lllich dann heraus, so habe ich doch ein gutes Werk an Ihnen getan. Aber auf
eines mache ich Sie aufmerksam: Wenn Sie unter mir engagiert sind, müssen Sie
sich auch in die Opern, die Sie dirigieren, von mir dreinreden lassen. Warauf ich
U

unumwunden erwiderte, daß ich mir das niemals gefallen lassen würde. Wir ver . .
ließen dann dieses Thema - er hat mich aber nicht engagiert.
Nachdem ich noch zwei genußrdche Tage mit Mahler verbracht und auch in
einer wundervollen "Freischützu,..Aufführung die berühmte einzige kaschierte Sau,
die er als letztes Überbleibsel des Wolfsschlucht-Zaubers den Wienern zugestanden,
bewundert hatte, reiste ich direkt nach Mannheim zurück, um dann anfangs Dezember
zu den letzten Vorbereitungen für die Premiere nach Wien zurückzukehren. Der
für mich so bedeutungsvolle Tag der Erstaufführung meiner "Donna Diana l' in
meiner Vaterstadt stand unmittelbar bevor.
Das Werk war in jeder Beziehung prachtvoll vorbereitet und die letzten Proben
gestalteten sich ebenso interessant wie genußreich. Mahler war für die Komponisten
ein geradezu idealer Dirigent. Hundertmal drehte er sich während der Bühnen-
proben nach mir um und rief mir zu: "Ist es so recht?u Und wenn ich erwiderte:
"Ausgezeichnet, großartig/' gab er sich keineswegs zufrieden. "Sie sollen sagen,
wenn es nicht genau so klingt, wie Sie sich es gedacht haben" u. s. w. Tatsächlich
vollbrachte er auch das Wunder, daß das Ganze so zum Ausdruck kam, als wenn

299
ich selb.t dirigiert hätte. Wahrlich, ein großartiger Zug an diesem so seltenen
Menschen! So mancher viel Kleinere könnte sich daran ein Beispiel nehmen.
Nach einer Probe kamen wir im Direktionszimmer mit mehreren Darstellern
der Hauptpartien zusammen. Ich stand bei der Vertreterin der Titelpartie und
machte ihr die nötigen, in diesem Falle allerdings wohlverdienten Elogen. Plötzlich
spürte ich, wie mir jemand von hinten mit der Faust in den Rücken stieß. Es war
Mahler, der mir zuflüsterte: "Loben, loben !". Ich drehte mich um und sagte eben . .
falls leise: "Tue ich ja." Darauf er: "Mehr, mehr 1u
Vor der Generalprobe hielt er mir folgende Rede: "Ich mache Sie aufmerksam,
es ist hier nicht üblich, daß das geladene Publikum bei diesen Veranstaltungen
applaudiert. Lassen Sie sich also dadurch nicht deprimieren." Ein echt Mahlerscher
gütiger Zug! Da ereignete sich folgendes: Nachdem sich alles in gewohnter Weise
glatt abgespielt hatte, brach nach dem entzückend gespielten Walzer,Zwischenspiel
im zweiten Akt ein donnernder Applaus los. In demselben Moment sehe ich, wie
Mahler auf seinen Drehstuhl springt und, in den Zuschauerraum gewendet, heftig
gestikulierend die Beifallsbezeugung abwehrt. Er machte das so drastisch, daß fast
spontan Stille eintrat. Nach der Probe erklärte er mir: "Sie waren wohl sehr
erstaunt über mein Benehmen? Das war aber sehr nötig. Gleich nach dem Zwischen . .
spiel folgt das sehr populäre Floretta,Lied. Nachdem das Prinzip des Nichtapplau'
dierens einmal durchbrochen war, hätte man sicher auch diese Nummer und das
folgende lustige Lied des Perin beklatscht. Die große Arie der Donna Diana am
Schluß wäre aber infolge ihrer Stellung und des ernsten Inhaltes höchst wahr'
scheinlich leer ausgegangen. Die Folge davon wäre gewesen, daß uns die Prima . .
donna höchst wahrscheinlich abgesagt hätte." Sehr komisch war noch folgendes
kleine Intermezzo: Kurz vor der Aufführung hatte mir Mahler mitgeteilt, daß er
die früher in Wien allmächtige Claque abgeschafft habe. Er habe dem Chef dieser
edlen Vereinigung bei sofortiger Verhaftung jede Betätigung verboten. Am Tage
vor der Premiere ließ sich ein Herr bei mir melden, und als ich ihn fragte, was er
wolle, stellte er sich mir als der Chef der Claque vor. Als ich nun dem Bieder'
mann vorhielt, was mir der Direktor gesagt hatte, lächelte er mitleidig: ,,0 je, der
Herr von Mahler hat ja keine Ahnung von dem, was beim Theater nötig ist. Ohne
mich kann er ja doch nichts machen. Der Herr Direktor wird einmal gehen, aber
ich - bleibe." (Er hat leider recht behalten.)
Trotzdem widerstand ich der Lockung und hatte Glück - die Aufführung hatte
eund ohne Claque) einen vollen Erfolg; Mahler war selig, bemerkte aber gleich,
die Premiere sei nicht maßgebend. Der Durchschlag zeige sich erst bei der dritten
Wiederholung. Da ich dienstlich nach Mannheim zurück mußte, bat ich ihn, mich
über das Resultat dieser ominösen vierten Aufführung zu unterrichten. Ich erhielt
auch wenige Tage darauf folgende Depesche: Vierte Aufführung ausverkauft, Oper
wird sich halten.
Leider erfüllte sich diese Voraussage nicht. Die "Donna Diana 44 verschwand bald
vom Repertoire.

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Z W E I J U G E N D B R I E F E:
VON MAH LER UND ÜBER IHN
Von Friedrich Löhr, Wien
Ich SInne, was ich an einem Ehrentage des teuersten Freundes der großen,
immer stürmischer anwachsenden Gemeinde derer, die hingegeben VOll ihm
empfangen. darbieten könnte, ihm zum Preis und Gedenken, ihr zur Förderung
liebenden Verstehens - und da weiß ich, daß er, sowie er an der eigenen Jugend
allezeit mit allen Fasern seines Wesens hing, die Jugendzeit mit ihren Fort. .
wirkungen über alles gestellt hat und wer die echte Jugend gehabt und drum nie
verlieren kann, nur der hat ihm was gegolten. In ihm ist sie immer wach geblieben
mit einem Enthusiasmus und leidenschaftlichem Ungestüm des Fühlens ohne-
gleichen. ihr Suchen, Sehnen, Ahnen, ihre Unbeugsamkeit und reine Innerlichkeit,
und aus dem unversieglichen Borne ihres Erlebnisses hat er gestaltet und geschaffen,
ein immer gewaltigerer Deuter des Lebensbildes, das im Frühlichte des Daseins
sich seiner Eigenart so höchst seltsam, schier unbegreiflich, so schmerzlich glück . .
haft, hold und tragisch angekündigt hatte. .
Und ich weiß auch, daß eins der Allgemeinheit vermittelt werden soll, was
denen, die mit ihm im Leben vertraut waren, unverbrüchlich bewußt ward: die
völlige Einfachheit und Schlichtheit seines Wesens, die goldene Lauterkeit und
hinreißende Wärme des Gefühles, so recht seine eigentliche Natnr, die aus seinem
Worte - mündlich, schriftlich - sprach, das absichtlose Müssen, dem sein Tun
und Meinen entsprang: solche Grundzüge, feststehend seinem Bilde eingefügt und
zu wir k I ich e n Erkenntnissen geworden, mögen auch für die Taten seines Künstler...
tums den Boden bereiten, Er selbst spricht lange nicht mehr zu einzelnen, so müssen
die es so wissen und von ihm in Händen haben, Zeugnis geben und drum darf das
Opfer eigener Gefühle einem unendlich Größeren gebracht werden, wenn aus der
Glut frommer Herzen und Hände persönlich von ihm Empfangenes entlassen wird.
So st.he auf diesem Blatte der Erinnerung ein liebes Wort von ihm voran und
sei's aus der Jugend, und dann ein anderes, vielleicht durch unmittelbar fest-
gehaltenes Erleben mit ihm berechtigt.
c
Es war im Sommer 1885, der erste Triumph in der Öffentlichkeit hatte ihm
beim Musikfeste in Kassel gelächelt. Von dort noch, gegen Ende Juni, mitten in
der Arbeit, unmittelbar vor den Aufführungen, schreibt er mir, halb widerstrebend,
er sei ordentlich populär geworden, eine Art Löwe des Tages (,,- So, nun habe
ich das vom Hals", schließt er den ganzen Passus ab), und in gehobener Stimmung
berichtet er mir von dem außerordentlich bedeutenden Wirkungskreise, der ihm in
Prag geboten wurde; er bedauert, schon für die Zeit nach einem Jahre in Leipzig
gebunden zu sein, aber die Herren Direktoren sollten sich nun nur um ihn
streiten. In Prag dann ging aI1es über Erwarten. Das war er noch gar nicht
gewohnt: Orchester, Chor, Soli und Direktor, so schreibt er den Eltern, kommen
ihm mit größtem Respekt entgegen, er sei um ein großes Stück weiter gekommen,
seine Karriere habe einen großen Aufschwung genommen. Eindrucksvollste Ein. .
führung als Dirigent, dazu der bleibende verfrühte Abgang SeidIs (ohne Probe soll
er für ihn den Tannhäuser dirigieren) verschafften ihm unglaublich rasch eine erste

301
Position, größte Werke werden ihm zur Neueinstudierung anvertraut, "Riesen ...
arbeiten" sind zu bewältigen.
In duld jubilo? Ach nein, Schwermut steigt aus den tieferen Schichten der
jungen Seele auf, unerfüI1tes Sehnen, ein ernstes, trauerndes Wissen um das zum
Kampfe Geweihtsein -
Und es fordert die Seele
Tag für Tag der Gebrauch uns ab.
Am Tage, an dessen Abend er mit froher Genugtuung zum ersten Male den Don
Juan dirigieren soll, am 6. September, erklärt er wahrhaft populär den Eltern, er
sehe voraus, daß die Kritik über ihn herfallen werde, daß sie alle schreien werden
Wehe, Wehe! Die nTraditionl1 sei beim Teufel; mit diesem Worte bezeichne man
nämlich die langjährige Gepflogenheit (respektive Schlendrian), an einer Bühne ein
Werk aufzuführen. Er habe sich um nichts bekümmert und werde am Abend ruhig
seine Bahnen gehen. Auch der tragische Humor wächst und die Titan-Symphonie
ist im Entstehen.

Prag, 28. November 85.


Mein lieber Fritz! Wie geht es Dir? So kann ich Dich diesmal fragen? Das
Letzte, was ich von Dir weiß, ist, daß Du in Starnberg warst und dacht' ich immer J

daß es Dir einmal ankommt, mir Nachricht zu geben. - Was ich treibe, ist schwer
zu beschreiben. Am liebsten fing ich meine Briefe mit Seufzern an, das ist schon
die alte Gewohnheit! Daß ich die Meistersinger bereits dreimal dirigiert habe, und
in der nächsten Zeit Rheingold und . Walküre unter meiner Leitung vom Stapel
geht, ist wohl etwas Erfreuliches, das ich Dir mittheilen kann. Daß solche Aufgaben
den Musiker ganz ausfüllen, ist wohl nicht anders möglich - besonders, wenn er,
so wie ich, als Streiter für das Heiligtum in die Schranken treten muß.
Doch trotz alledem ist die Zeit so leer und trübe für mich, wie je, und wär mir
so ein inniges Aussprechen mit Dir im tiefsten Bedürfnis ersehnt. Wie hohl klingt
der Ruf der Liebe an diesen starren Felsen zurück, daß man vor der eigenen
Stimme zurückschaudert. Oft dacht' ich mir: wenn nun Fritz hereinträte, wie
könntest Du wieder alles sagen und tief tauchen in das Heilbad der Freundschaft!
Wie viel ist geschehen, seitdem wir uns das letztemal sahen! Um wie viel ärmer
sind wir beide geworden. Wenn Du Dich an die Zeiten erinnerst, als ich von
Olmütz kam und bei der italienischen Stagione in Wien Chöre einstudierte, so
dürftest Du ein ziemlich getreues Bild von mir haben - nur mit dem Unterschied,
daß ich damals jünger und hoffnungsreicher war, und von irdischen Wandlungen
noch ungetrübt; etwa wie der den Staub der Reise nicht fühlt, der die frische
Quelle vor sich sieht. Lieber Fritz! Was ist wieder Alles in mich hineingekommen!
Du mußt herkommen und mich
3. Dezember 85
und mich? - tüchtig durchprügeln wahrscheinlich! Prügel verdien' ich! Aus
einer Dummheit falle ich in die andere. So habe ich mir in dieser kurzen Pause
ein Süppchen eingebrockt, an dem ich wieder eine Zeitlang zu essen haben werde.
Komm her! Alles will ich Dir sagen! Nichts kann ich schreiben. - Wenn ich
nur wüßte, wie es Euch allen geht! Deinem Papa, Deinen Schwestern. Wie Du

302
weißt, bin ich vom August 86 nach Leipzig engagiert. Da es mir nun hier so "gut
geht" und ich sozusagen die erste Geige spiele, . . . . . . . . so habe ich alle Hebel
in Bewegung gesetzt, um mich von dort loszumachen. Leider ist jeder Versuch
fruchtlos geblieben, und so bleibt es denn dabei.
28. Dez. 85
Wenn es gut geht, so werfe ich diese Zeilen heute in den Postkasten.
Vielen Dank für Deine Gabe! Sie war beinahe ein stiller Vorwurf für mich!
Rheingold und Walküre ist glücklich heraus, und ist besonders letztere wirklich
glücklich gelungen. Du mußt herkommen und hören! Schreibe doch, Allzusaum-
seliger ! Schreibe gewiß!
Seid alle vielmals gegrüßt und geht froh ein in das Jahr
1886
Treulid1st Dein Mahler
Rittergasse 24
c
Auch ich trug das Verlangen in mir, ihn wieder zu sehen. Anderes trat im
Drange innerlich tief bewegten Leb,ens hinzu, das mich zu Anfang Februar 1886
antrieb, von Wien nach Böhmen aufzubrechen. Nach einem Besuche bei meinem lieben
Freunde Heinrich Krzyzanowski in seiner Vaterstadt Eger, von wo aus ich nach dem
tiefeingesd1neiten Geburtsorte meine. Vaters, einem Dorfe bei Falkenau, pilgerte,
traf ich in Prag ein, um dort drei Wochen zu verweilen. Ich hatte mich bei Mahler
angekündigt, er schrieb mir nach Eger, "ich freue mich unendlich, Dich bald zu
sehen, zeige mir Deine Ankunft an; wenn ich keine Probe habe, erwarte ich Dich
am Bahnhof - wenn nicht, so komme direkt in meine Wohnung: Langegasse
Nro 18, I, es wird Alles vorbereitet sein. Ich bewohne eine Wohnung zusammen
mit einem Collegen - dies zur Vorbereitung. Ich trage nur einen Schnurrbart.
Schreibe sofort!" - Was bei dem lieben Menschen "AUes vorbereitet" zu bedeuten
hatte, wird sich zeigen.
Wie ungeheuer viel mir diese Prager Zeit gebracht hat, mit ihm das Zusammen-
sein im vordersten Grund, mannigfache Zusammenhänge sonst mit meinem Leben
und nicht zum geringsten die erregende Freude für den leidenschaftlichsten Altöster-
reicher, dies Kronjuwe1 des Reiches in seinen schimmernden Reizen zu schauen,
ich will es anderswo vielleicht noch einmal sagen: Heut' hab' ich vergilbende zwei-
einhalb Briefbogen vor mich hingelegt, eng von mir beschrieben, datiert "Wien,
am 19"n März 1886", an eine Freundin gerichtet, ihr meinen Prager Aufenthalt
und seine Eindrücke zu vermitteln. Ich habe den Brief nicht vollendet, noch ab-
geschickt, kein Wunder beim stürmischen Gange meines Lebens damals, vor einem
Jahre etwa heftig ergriffen, unter meinen Papieren wieder aufgefunden. Hieraus
einiges hier, was ihn, den Vielgeliebten, betrifft.
" Wie wir zwei, der Mahler und ich, wenn wir ganz uns gehört haben, miteinander
gelebt haben, brauch' ich Ihnen nicht zu schildern und könnt' es auch hier nicht,
wie es die Ausführlichkeit der Sache erforderte und wert wäre: wie zwei Menschen,
die einander ganz lieben und verstehen, in ihren Worten und der ganzen Art, sich
zu geben und auch ohne Worte völlig - und deren Schicksale sich nahezu gleich-
artig gestaltet haben. Wir sind da oft stumm nebeneinander hergegangen, oft ernst
und traurig über das Leben und über anderes, oft fröhlich, närrisch über Nichts und

303
Alles, bei Tag und viel bei Nacht, zu Hause, in der Stadt, über die Kleinseite, den
Hradschin und das Belvedere hinaus, in Gasthäusern und Kaffeehäusern, in der
alten, schwermütigen Judenstadt - sie hat auf mich einen höchst fremdartigen
Eindruck gemacht; die reichen Juden sind übrigens natürlich schleunigst weggezogen y

sobald sie Luft bekommen hatten; jetzt wohnt das Proletariat dort -, oft auf dem
Graben, der sehr schön ist und belebt wie nur irgendwo in Wien: überhaupt ist
das Leben in der Prager Altstadt viel gleichmäßiger rege als in Wien ...... Aber
glauben Sie nur das nicht, daß wir immer allein zusammengesteckt hätten. Es war
nur ein zu kleiner Bruchteil der Zeit. Wie Sie wissen, hatte ich mich bei ihm ein ...
quartiert. Er wohnte nun derzeit mit einem Theaterkollegen zusammen, und zwar
in einer Wohnung von drei schönen, famos eingerichteten Zimmern. Diesen Sänger,
einen Schweden Namens Johannes Elmblad, hab' ich sogar früher zu Gesicht
gekriegt als den Mahler. Der hatte nämlich trotz meiner Ankündigung von Eger
aus nicht daran geglaubt, daß ich komme, hatte also zu Hause Nichts gesagt, war
auch selbst gar nicht zu Hause, als ich mit Sack und Pack ankam. Die Frau, bei
der er wohnte, war nicht wenig erstaunt über meine entschiedene Beschlagnahme
seines Zimmers u. s. w. Ich saß beim Schreibtisch mit einem Buch, als von neben . .
an ein junger Mann hereinkam von riesiger Natur mit rotblonden Haaren, einem
dem äußerlichsten Ausdruck nach schauspielermäßigen Gesicht, das aber sofort
durch zwei herrliche blaue Kinderaugen besticht; besagter E1mblad, der mich
nun ebenfalls höchst erstaunt ansah. Die Aufklärung ergab sich nun rasch,
wieviel Freude ich dann noch an ihm gehabt habe, will ich Ihnen dann gleich
erzählen.+
Er ging fort und nach einer Stunde kam Mahler wieder mit einem andern
Herrn, seinem Nachfolger, dem Kapellmeister Dr. Muck aus Graz, den er gerade
Tom Bahnhof abgeholt hatte. Nach seiner Art ins Zimmer gestürzt, sah er mich
nun, wir sahen einander an und brachen in ein helles Gelächter aus. Die Gründe
dafür lassen sich nun freilich nicht mit völliger Gewißheit angeben, so viel ist
sicher, daß ich ihn in der ganzen letzten Zeit nur mit ziemlich großem Barte
kannte, er mich nur ganz bartlos, beiderseits war die Veränderung gerade nach dem
Gegenteil eingetreten, und war's nicht lustig, daß er mich da in seinem Zimmer
sitzend fand - das ist ja famos, fand er - und für mich bewegend, ihn doch end-
lich wiederzusehen? Sie fragen mich, ob die letzte Photographie von ihm gut sei,
ich kann Ihnen darauf nur sagen, daß mir etliche Leute in Prag versicherten, sie
sei es, ich selbst hatte mich zu rasch wieder an den mir lieb bekannten Ausdruck
seines Gesichtes gewöhnt, um ein giftiges Urteil zu haben; im Anfang kam er mir
verändert, jünger vor; im Übrigen hat er gegenwärtig die Tendenz nach größerer-
Eleganz hin, ohne daß es ihm natürlich gelingt, sie mit der nötigen Würde zu
wahren; in punkto der naiven ergötzlic.hen Unordnung in allen seinen Dingen ist
er der Alte geblieben und ich hab' mich wohl und frisch dabei berührt gefühlt.
+1< Elmblad hat damals in Rheingold den Fafner und in der Walküre den Hunding mit großer

Auffassung und großem Können gegeben; ich erinnere mich noch gut dar an, wie er als Fafner
beim Schichten des Horts um Freya so selbstvergessen gewaltig hantierte, daß ihm das Blut von
den Fingern lief, was er erst hinterdrein bemerkte. Mahler hat ihn sehr, sehr gerne gehabt und
geschätzt und an seinen heftigen Lebensschicksalen, die er, Kraftmensch durch und durch, zu
erfahren hatte, warmen Anteil genommen; er ist ihm noch später öfter begegnet, so über ...
raschend drollig einmal, zu beiderseitigem frohem Gelächter beim Baden im Wörthersee. De,.;:,
weiteren im einzeJnen~ versagt hier meine Erinnerung.

304
Der genannte Kapellmeister Muck war gelegentlich des Konzertes zur Gedenk-
feier für Wagner nach Prag gerufen worden, um in ihm die Neunte Symphonie
Beethovens zu dirigieren, er hatte also auf Mahlet als seinen nächsten. Kollegen
Rechte des Gastes, so waren wir wenigstens in den ersten Tagen ziemlich viel mit
ihm beisammen. - -- - - - - -. Mahler hat eigentlich gar keinen Verkehr,
das heißt er ist meistens zu Hause. wenn nicht auf dem Theater, aber er ist, wie
das in kleineren Städten der Fall ist, sehr bekannt, daher wir oft nolens volens
Gesellschaft bekamen ... - Im Theater bin ich sehr viel gewesen, sage zweimal beim
"Trompeter", beim "Lumpazivagabundus" von Nestroy, "Rheingold" , "Walküre",
"Tannhäusee', zweimal bei der (wiederholten) Gedenkfeier für Wagner, einmal bei
!/Carmen . . im tschechischen Theater. Natürlich, der Mahler dirigierte meistens, es
litt mich dann nicht draußen, und überhaupt war ich wieder unter den Bann der
Theateratmosphäre gerathen, den sie zuweilenIheftig auf mich ausübt. Nun muß ich
Ihnen aber sagen, daß ich eine ungeheure Freude am Dirigieren des Mahler gehabt
habe. Sie glauben es nicht. wie groß und reif und unmittelbar hinreißend seine Art
darin ist, da hat er jede Spur von fahrigem Wesen abgestreift und verbindet eine
souveräne Energie mit dem jugendlichsten Feuer. Für das ihm zu Gebote stehende
Material - für den niederträchtigen, ganz verloren zu gebenden Stand unseres
Theaterwesens überhaupt - - - - - -, dafür gelingt ihm manchmal Erstaun-
liches. Nur ein Beispiel: Bei der Wiederholung der Musikaufführung dirigierte er
die Neunte Symphonie. das war acht Tage nach der ersten Aufführung. In diese
Woche fiel eine ernste Entzweiung mit dem Direktor, Angelo Neumann, die
zuerst zum entschiedenen Bruche zu führen schien - selbst auf die Gefahr des
Kontraktbruches hin - ich freute mich, gerade zu der Zeit anwesend zu sein und
tat das Meinige dazu, daß er aufs Ernsteste auf seinem Rechte bestand und dem
Direktor gegenüber ein Exempel statuierte: die Sache endete auch mit einer
schmeichelhaften Ehrenerklärung des Direktors, der sich zuerst diesen Ausgang wohl
nicht erwartet hatte. So kam es, daß Mahler erst zwei Tage vorher wußte, er werde
die Symphonie dirigieren; und zwar mußte er sie, eine Einzelprobe mit einem
geringen Teil der Streicher ausgenommen (das Rezitativ der Bässe vornehmlich
betraf sie), ohne Probe dirigieren, da 'er keine zugestanden erhielt. Trotzdem gelang
es ihm, allein durch die unvergleichlich energisch markierende Art seines Diri . .
gierens, dnrch die Heftigkeit und gleichsam unerbittliche Festigkeit, mit der er die
Mitwirkenden zu seinem Willen verhielt, im Konzerte selbst eine total andere Auf. .
führung zu Stande zu bringen, als die erste unter Muck gewesen war j in den wesent. .
lichsten Details, in allen Sätzen, namentlich aber im vierten Satze, in den nur
rhythmisch frei akzentuierten Rezitativen, in dem bacchantisch stürmischen Tempo
einzelner Chorstellen, wie in anderen, aufs Zarteste und Feierlichste sich von ihnen
abhebenden, brachte er seine, das heißt die künstlerisch richtige Auffassung wirklich
zum Ausdruck. Besonders bei den mitwirkenden Chorvereinen, die, namentlich die
Frauen, ganz begeistert von ihm sind, traf er auf ein sehr erfreuliches und wirklich
unmittelbar verstehendes Entgegenkommen. Er hatte nach der großen Aufregung
viel Freude darüber. Daß er übrigens sowohl die Parsifal-Musik als die Symphonie
auswendig dirigierte, hat der Stadt förmlich den Kopf verrückt - - -"
Darf ich für heut' hier Abschied nehmen?
o 0

305
M A H L E R AUS S P R ü C H E*
Gesammelt von Natalie Bauer .. Lec:hner, Salzburg
ÜBER INSTRUMENTATION
Steinbach, 9. Juli 1896
Ich sprach mit Mahler über seine Instrumentation. "Das,'4 sagte er, "worin ich
heim Instrumentieren den Komponisten der Gegenwart und Vergangenheit voraus
zu sein glaube, könnte man in dem einen Worte "Deutlichkeit U zusammenfassen.
Daß alles durchaus so zum Gehör kommt, wie es meinem inneren Ohr ertönt, ist
die Forderung, zu der ich alle zu Gebote stehenden Mittel bis aufs letzte auszunützen
suche. Nur am richtigen Platze und in seiner völligen Eigenart darf jedes Instrument
verwendet werden. Ja, ich gehe so weit, zum Beispiel die Geigen an Gesangsstellen
und im höchsten Schwunge auf der E,Saite, die schmerzlichen nnd sonoren Töne
aber auf der G . . Saite spielen zu lassen. Niemals nehme ich dort, wo es sich um
leidenschaftlichen Ausdruck handelt, die Mittelsaiten, die nicht recht klingen. Umso
besser sind sie am Platze bei leisen, verschleierten und geheimnisvollen Stellen. Es
geht nicht an, sich in solchen Dingen ideale Vorstellungen zu machen, denen die
Wirklichkeit dann nicht entspricht.
Will es mich manchmal verdrießen, das so minutiös auszuarbeiten - denn es
läßt sich nicht sagen, wie ich mir manchmal den Kopf zerbreche und deutle und
tüftle, bis das Gewollte wirklich dasteht - dann sage ich mir: ist es wert zu
bestehen, dann ist's auch diese Arbeit wert und wenigstens soll der Zahn der Zeit
es nicht so leicht vernichten.
Wo ich anfangs in mangelndem Wissen und Können mit weniger Sorgfalt und
Kunst gearbeitet habe, wie bei meiner Ersten Symphonie, da hat sich das bitter
gerächt. Es kam eben nicht heraus, was ich wollte, und was zu Gehör kam, war
bei weitem nicht so durchsichtig schön und vollkommen, als es hätte sein können,
so daß ich später ganz um instrumentieren mußte.
Das Geschwätz der Modernen, als bedürfe die Kunst nicht auch in der Ausführung
höchster Kunst, ist ganz sinnlos. Vielmehr gehört ein so ungeheurer Aufwand an
künstlerischen Mitteln vom Hauptentwurf an bis in die letzte Einzelheit zur
Vollendung eines Kunstwerkes, als es sich die Herren Naturalisten - Impotentisten!
- niemals träumen lassen. Und was nicht in allem und jedem von dieser höchsten
Kunstmeisterschaft durchdrungen ist, das ist dem Tode verfallen, noch ehe es
geboren ist !;I
Ich gedachte dabei des Goetheschen Wortes:
"So von jeher hat gewonnen
Künstler kunstreichjseine Macht. lI
o
KOMPOSITION UND INSTRUMENTATION
Steinbach, 16. Juli 1896
Mahler begleitete heute eine Sänger in beim Vortrag seiner Lieder. Er lobte
ihren Gesang, fand ihn aber nicht schlicht genug: "Sich selbst zeigenU, sagte er,
"und ihr kleines Ich, in alles ihr Gefühl hineinlegen, das wollen sie ja leider al1c.'''
... Aus einem in Vorbereitung befindlichen Werke über Gustav Mah1er.

306
Ein anwesender Musiker riet Mahler, er solle die Gesänge für Orchester setzen.
"In zwei Stunden", meinte er, "könne ein Meister wie Mahlet ein solches Lied
instrumentieren'" Mahlet gab jenem, der in seiner Instrumentation kindlich
klaviermäßig vorging, absichtlich paradox zur Antwort: "Er komponiere schneller als
er instrumentiere. Und im Falle einer solchen Übertragung müsse eigentlich alles
neu geschaffen werden! Es gehe durchaus nicht an, den Klavierpart einfach für die
Instrumente zu setzen, denen er nicht entspricht. Ähnlich, wie eine poetische
Übersetzung aus fremder Sprache nur dann etwas werden könne, wenn sie eine
freie Nachbildung, nicht eine wörtliche Wiedergabe sei."
Daran anknüpfend fuhr er fort: "Das Komponieren erfordert die strengste
Selbstkritik. Da dürfen nicht irgend einer schönen Sache willen die Proportionen,
Aufbau, Steigerung u. s. w. gestört werden. Nur an seinem Platze, im organischen
Zusammenhang mit dem Ganzen und im harmonischen Verhältnisse zu allen Teilen
darf alles und jedes dastehen.
II

REINER SATZ
Hamburg, Herbst 1896
Mahler: (im Anschluß an ein Gespräch über "Carmen") "Das Wichtigste in der
Komposition ist der reine Satz, daß jede Stimme wie beim Vokalquartett, das der
Prüfstein, die Gold wage dafür ist, gesanglich sei. Beim Streichquartett ist das noch
durchsichtig genug. Immer weniger, je größer das Orchester wird, obwohl es doch
da ganz ebenso gilt. W i,e sich bei der Pflanze aus der Grundform des einfachen
Blattes das höchste Gebilde, die Blüte, und der ganze tausendfach entfaltete Baum
entwickelt; wie das Haupt des Menschen nichts anderes als ein Wirbelknochen ist,
- so müssen die Gesetze, die bei der reinen Führung des Vokalsatzes walten, bis
in das komplizierte Stimmengewebe des reichsten Orchestersatzes hinauf festgehalten
werden.
Bei mir muß auch das Fagott, die Baßtuba, ja selbst die Pauke, gesanglich sein.
Und dies galt für aUe echten Künstler, ganz besonders auch für Richard Wagner,
Nur wurden die früheren oft durch die Unvollkommenheit der Naturinstrumente
zu Unsauberkeiten und Aushilfsverfahren gezwungen, wodurch sich dann auch dort,
wo es nicht notwendig gewesen wäre, Nachlässigkeiten und UnreinIichkeiten in der
StImmführung einschlichen.
o

ÜBER DIE SCHREIBWEISE IN SEINEN WERKEN, TEMPO UND


PHRASIERUNG
Hamburg, Jänner 1896
Mahler bedauerte oft, daß viele Komponisten mit den Ausdrucksbezeichnungen
so sparsam gewesen seien. "Wer, wie ich, immer wieder darüber erschrickt, welche
lVIißverständnisse und Entstellungen daraus hervorgehen, wird es verstehen, wie
ängstlich und sorgfältig ich da in meinen Werken verfahre. Ja, ich habe mir eine
ganz neue Orchestertechnik zurechtgelegt, die ich mir nur durch meine lange Praxis
erwerben konnte. Wenn etwa aufcinanderfolgende Noten dem Sinne nach getrennt
zu spielen sind, so verlasse ich mich da nicht auf die Vernunft der Ausführenden,

307
sondern teile es zum Beispiel zwischen erster und zweiter Geige, statt es der ersten
oder zweiten allein zu überlassen. Will ich, daß eine Stimme zurücktrete, so dürfen,
je nach Bedarf, nur ein, zwei oder drei Pulte daran. Erst bei voller Kraftentwicklung
werden alle beschäftigt. Auch sorge ich für eine große Besetzung, daß die Streicher
zu den Bläsern und Schlaginstrumenten, sowie alle untereinander, in richtigem
Verhältnisse stehen. Bei den Streichern habe ich die Erfahrung gemacht, daß sie
umso lauter klingen, je reiner sie spielen. Daß im Rhythmus keine geringste
Abweichung möglich ist, zermartete ich meinen Kopf, um es aufs genaueste
hinzuschreiben. Und zwar vermeide ich es, durch Punkte oder ähnliche Staccatozeichen
die Kürze der Noten oder das Absetzen dazwischen zu bezeichnen. Alles wird durch
Notenwerte und Pausen bis ins kleinste ausgedrückt.
Das gilt nun freilich von dem, was sich darstellen läßt. Über das weitaus
Wichtigere, tiber das Tempo, und vollends die Gesamtauffassung und den Aufbau
eines Werkes, läßt sich so nur verzweifelt wenig feststellen, denn hier handelt es sich
um etwas Lebendiges, Fließendes, das nie, auch nur zweimal hintereinander, sich
völlig gleich bleiben kann. Deshalb ist ja auch das Metronomisieren unzulänglich
und fast wertlos, weil schon nach dem zweiten Takte das Tempo ein anderes
geworden sein muß, wenn das Werk nicht drehorgelmäßig, niederträchtig, heruntergespielt
wird. Weit mehr als auf die Anfangsgeschwindigkeit kommt es daher auf das
richtige Verhältnis aller Teile untereinander an. Ob das Tempo im Gesamten um
einen Grad geschwinder oder langsamer ist, mag oft von der Stimmung des
Dirigenten abhängen und, ohne Nachteil für das Werk, um ein Geringes variieren.
Wenn das Ganze nur ein Lebendiges, und innerhalb dieser Freiheit mit unumstößlicher
Notwendigkeit aufgebaut ist."
So hat Mahler, als er im Sommer die Sätze seiner Dritten Symphonie auf ihre
Dauer hin probierte, zu seiner Verwunderung die Wahrnehmung gemacht, daß er
den einen Satz (ich glaube NDie Nacht") das eine Mal um ein paar Minuten lang'
samer als das andre Mal nahm: er, der Komponist!
Über Neueinfiihrung und Neugebrauch von Orchesterinstrumenten erzählte
Mahler, daß er einige von der Militärmusik her übernommen habe, so besonders
die Es,Klarinette, deren Klang bis dahin für ordinär galt. "Schon als Bursche war
ich von ihr. begeistert. Aber damals wagte ich meinen gemeinen Geschmack, über
den mich alle Kollegen auslachten, nicht einzugestehen. Heute geniere ich mich nicht
mehr und weiß, was das Orchester an diesen Klarinetten gewonnen hat. Andere
führen sie ruhig .auch ein, rühmen sich damit, und verschweigen natürlich, daß sie
es von mir gelernt haben. 11
o

NATURLAUTE ALS URMUSIK


Mahler hat für alle Naturlaute ein sehr feines Ohr und muß auf sie hören, ob
er will oder nicht. So der Kuckucksruf, der in seiner Ersten Symphonie eine vorlaut. .
heitere Rolle spielt; so das Geschrei von Pfauen, Hennen und Hähnen. In Steinach
am Brenner hat ihn ein unermüdlich in eigentümlicher Modulation krähender Hahn
schier zur Verzweiflung gebracht. So auch hat sich ihm vor zwei Jahren in Steinbach
das nicht zu bannende Rabengeschrei in den letzten Satz seiner Zweiten Symphonie
hineingestohlen. Aber auch das Brausen eines Wasserfalls, Glockengeläute, oder das
melodische Knarren einer Türe muß er stets beachten.

308
Darüber sagte er mir einst: " Wahrscheinlich empfangen wir die Urrhythmen und
...themen alle aus der Natur, die sie schon in jedem Tierlaut in großer Prägnanz
uns bietet. Wie ja der Mensch und der Künstler im besonderen jeden Stoff und
jede Form der Welt, die ihn umgibt, entnimmt, freilich in ganz anderem, erweitertem
Sinne. Sei es nun, daß er sich in harmonisch. .glücklichem Einklange mit der Natur
befindet oder sich zu ihr in schmerzvol1. .Ieidenden, oder feindlich verneinenden,
Gegensatz steIlt, sei es, daß er von überlegener Warte aus in Humor oder Ironie
mit ihr fertig zu werden sucht: womit die Grundlagen zu dem schön. .erhabenen,
sentimentalen und tragischen und humoristischaronischen Kunststil im engsten
Sinne gegeben sind.

MAHLER ÜBER SEIN SCHAFFEN


Steinbach, 31. Juli 1896
"Möge der Himmel mich davor bewahren," sagte mir heute Mahler, "daß mir
die Einsicht einmal abhanden kommen saUte, wenn meine Sachen schwächer werden.
Bei meinen Arbeiten möchte ich wegen eines Schlechten das Ganze zerstören, im
Gegensatz zu den Leuten, die ein ganzes Sodom und Gomorrha wegen eines
Gerechten verschonen. Besser wäre es, daß einer in der Glanzzeit seines Schaffens
dahingerafft würde, wo immer noch ein"':.'Größeres und Höheres zu erwarten steht
und noch keine Grenze sichtbar wird, die das Bild seiner Wirksamkeit einschränkt.
Ähnlieb wie ein Gebirge, dessen Gipfel Wolken verhüllen, höher ersebeint als selbst
das höchste, das frei in den Äther ragt. - Doeb hat die Natur dem Wachstum
und der Wirksamkeit eines Geistes zuletzt Grenzen gesetzt und es ist vielleicht
eine sentimentale Forderung, diese nicht gelten lassen zu wollen."
o 0

G E s p R Ä c H M I T M A H L E R
Auf einer gemeinsamen Reise im Jahre 1906 vermag jedoch unmöglich eine solche Riesen ..
führte ich mit Gustav Mahler ein überaus zahl zu bewältigen, wenn er unseren heutigen
interessantes Gespräch, das ich mir auf.. Begriffen von künstlerischer Vollendung gerecht
gezeichnet habe und hier als einen bescheidenen werden will. Die ,Musteraufführungen' haben
Beitrag zur Charakteristik des großen Meisters aber den berechtigten VorwurfzurFolge, daß alle
in starker Verkürzung wiedergeben will. "Ich übrigen Aufführungen viel zu wünschen übrig
scheide'; - so begann Mahler - ,.im nächsten lassen. An eine Trennung der künstlerischen
Jahre von der Hofoper, denn ich bin im von der administrativen Leitung ist auch nicht
Laufe der Zeit zur Überzeugung gelangt, daß zu denken. Denn eine solche ,Arbeitsteilung'
die ,ständige Opernbühne' eine unseren ist überall möglich, nur nicht bei einer Opern ..
modernen Kunstprinzipien geradezu wider .. bühne. Hier muß, um ein Beispiel aus dem
sprechende Einrichtung bedeutet. Das ist nur Alltagsleben zu nehmen, der ,Koch' nicht nur
zu begreiflich. Rührt sie doch aus einer Zeit die ,Speisen zubereiten', sondern auch die
her, deren Kunstbegriffe ganz andere waren als ,Einkäufe selber besorgen'. Etwas anderes
die unsrigen. Für die Epoche des ,alten Opern .. wäre eine moderne Musikbühne in Wien -
schlendrians' war es eine leichte Sache, einige Wagner.. und Mozart.. Theater nebeneinander -
hundert Aufführungen im Jahre zustande zu etwa auf dem Kahlenberg erbaut, mit kurzer
bringen, weil sie aUe auf dem gleichen künst- Spielzeit während der Sommermonate, mithin
lerischen, richtiger gesprochen unkünstleri .. also kein ,Konkurrenzunternehmen' der Hof...
sehen Niveau standen. Ein moderner Opern ... oper gegenüber. Doch das ist für Wien auf
direktor, und wäre er ein Genie wie Wagn~r, lange Zeit hinaus noch ,Zukunftsmusik'.

309
Übrigens, alles überlebt sich mit der Zeit, so Ich schätze auch sein musikdrama tisches
auch ich und meine Leistungen. Ich bin für Schaffen höher denn sein symphonisches und
Wien nichts ,Neues' mehr. So will ich denn glaube, daß die Nachwelt es ebenso tun wird.41 Auf
zu einem Zeitpunkt scheiden, wo ich erwarten meine Bemerkung, daß er mit Strauß dennoch
darf, daß die Wiener das, was ich geleistet, einen Berührungspunkt babe, die Vertonung
noch in späteren Tagen zu schätzen wissen Nietzsches, entgegnete Mahler: "Das erklärt sich
werden. Ich will mich nunmehr ruhig meiner einfach daraus, daß wir beide als Musiker die
musikschöpferischen Tätigkeit hingeben. Wohl sozusagen ,latente Musik' in dem gewaltigsten
bin ich mir dessen bewußt, als Komponist bei Werke Nietzscbes herausgefühlt haben. Nicht
Lebzeiten keine Anerkennung zu finden. Dielile mit Unrecht haben Sie Nietzsche einen ,nicht
kann mir nur über meinem Grabe erblühen. zustande gekommenen Komponisten' genannt.
,Die Jenseitsdistanz' ist für eine gerechte Be.. Denn der war er in der Tat. Sein ,Zarathustra'
urteilung einer Erscheinung, wie die meinige ist, ist ganz aus dem Geiste der Musik geboren, ja
die conditio sine qua non. Solange ich der geradezu ,aymphonisch' aufgebaut. Übrigens
Mahler bin, der unter euch wandelt, ,ein war Nietzsches kompositorische Begabung
Mensch mit Menschen', muß ich auch als eine viel größere, als allgemein angenommen
Schaffender auf allzu ,menschliche' Behand.. wird. Bülow hat ihm bitteres Unrecht getan,
lung gefaßt sein. Erst wenn ich den Erdenstaub als er in der ihm eigenen derben Art seine
von mir abgeschüttelt haben werde, wird man kompositorischen Versuche eine ,Notzucht an
mir Gerechtigkeit widerfahren lassen. Ich bin Euterpe' genannt hat. Die mir von Ihnen ge.-
eben, um mit Nietzsche zu sprechen, ein ,Un.. zeigten Kompositionen Nietzsches haben mich
zeitgemäßer', Dies hängt vor allem auch mit vom Gegenteil überzeugt. Wohl sind sie dUet..
der Art meines Schaffens zusammen. Der wahre tantisch. Wer aber Nietzsehe kennt, muß finden~
,Zeitgemäße' ist Richard Strauß. Darum ge.. daß auch sie Geist von seine Geiste sind •.. ..,
nießt er die Unsterblichkeit schon hienieden. Bernard Scharlitt
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REPRÄSENTATIVE WIENER MAHLER,AUFFÜHRUNGEN


Es ist kein Zweifel mehr: Mahler ist der Wie ehedem an Wagner, ist an Mahler ein
Komponist unserer Zeit. Not, Elend, alle Uner.. neues Geschlecht bevorzugter Dirigenten groß
träglichkeiten einer widerlichen Wirklichkeit, geworden, die naturgemäß zunächst seinem
haben das metaphysische Bedürfnis in unge .. engeren Kreise entstammen. Ich beschwöre
ahntemMaße gesteigert, drängen von dem Grauen heute aus meiner Erinnerung - mag sein, daß
des Tages fort zu den Einsamkeiten des großen sie nicht völlig genau ist - die reiche Ernte,
Pan, zu kindlich..vertrauendem Aufblicken in die sie in den letzten zwei Wiener Musik ..
höhere Sphären konfessionsloser Gläubigkeit, wintern eingebracht haben. In dieser Zeit sind
zu transzendentalen, resigniert..zuversichtlichen sämtliche Symphonien, zusammen mehr als
Stimmungen von letztem Scheiden und dreißigmal aufgeführt worden, das Lied von der
ewigem Sein. Dies alles gibt Mahler. Die Erde mehr als ein dutzendmal, auch die meisten
kleine verlachte Mahlerclique von einst ist in Orchesterlieder wiederholt. Dabei ist lehrreich
zehn}ahren eine gewaltige Gemeinde geworden; und erfreulich die wachsende Bedeutung, die die
deren unbewußtes Bekenntnis lauten könnte: um soviel schwerer verständlichen Werke der
"Ich bin von Gott und will wieder zu Gott". zweiten Hälfte, die Fünfte, Sechste, Siebente
Alle nur..ästhetischen Werte von Mahlers und Neunte gewinnen. Das ergibt sich auch aus
Lebenswerk, so stark und genußreich sie sind, der steigenden Zahl der Aufführungen, wobei
bedeuten wenig, angesichts seines ungeheuren die Erste zweimal
ethischen, prophetischen Gehaltes. Nach langer die Zweite viermal
Zeit hat hier die Musik wieder den Blick ins die Dritte sechsmal
Unermeßliche geweitet, hat die ewigen Geheim.. die Vierte achtmal
nisse der letzten Dinge in Tönen ahnen lassen, die Fünfte dreimal
die vom Herzen kommen und zum Herzen die Sechste einmal
dringen, hat sich der heilige Geist der Kunst die Siebente dreimal (1)
in einer überwältigenden Materialisation eut.. die Achte zweimal
hüllt: der creator spIritus., . die Neunte viermal (!) erscheint.

310
Als Dirigenten dieser Aufführungen finden fremdend aber in der Auffassung des großen:
sich alle, die hier regelmäßig tätig waren, ver.. Schlußadagios, das. allzu schnell genommen,_
treten: Weingartner, Schalk, Nedbal. Loewe, gleichsam mit unterdrückter Empfindung, voll
Schreker, Furtwängler, Spön, Konrath, ferner Scheu. sich ganz hinzugeben, gespielt wurde._
Walter, Fried. Zemlinsky, Korngold. Aber gerade hier verlangt. wie bei Mahler so..
Spricht man von repräsentativen Auf... oft, ein lavaglühendes Gefühl Dach restlosem
führungen, so fallen zunächst die sehr ver.. Überschwang, nach Abwerfen der letzten
dienstlichen der populären Nachmittagskonzerte Schleier, nach hemmungsloser Preisgabe der-
fort. in denen Spörr und Konrath mit ihrem innersten Regung. Wer anders tut, wirkt not..
halbierten Orchester und der Unmöglichkeit, gedrungen fremder, kühler, allzu sachlich, allzu
Proben zu halten, nichts anderes tun können, objektiv. Anders ist es mit dem "Lied von der
als einen recht guten zweiten Aufguß zu bereiten. Erde". Hier soll das letzte unausgesprochen,
Lasse ich noch den Kindertotenliedern unter bloß geahnt bleiben. Die stärkeren Akzente
Kor n goi d, für einen Adepten der Dirigier.. "Vom Jammer der Erde", von den ziehenden
kunst eine hervorragende Leistung, und den Soldaten, die lieblich ... beschaulichen von der
Liedern eines fahrenden Gesellen unter Schönheit und der Jugend, lösen sich in die
Sc h r e k e r, vielleicht die stimmungsvollste schmerzlichste und dabei unpathetischestc
Aufführung dieses stimmungsreichen Zyklus, Melancholie des .,Herbstes" und des "Abschied"
die ich gehört habe, gebührende Gerechtigkeit auf, wie sie erschüttender nicht erklungen ist. Die
widerfahren, nicht ohne dabei Duhans, des verhaltenen Tränen, dies Lächeln unter Tränen,
Meistersängers, dankbar zu gedenken, so - ganz unnachahmlich hat sie Z e ml ins k y
möchte ich nun einige Dirigenten nennen, in erfaßt. Mühevoll erzwungene Ruhe, nicht ganz
deren Darstellung man weniger Liebe, zu der hoffnungsloses Entsagen verlangen Behutsam..
man niemand zwingen kann, als hochachtungs.. keit, zarte Hände, die feinen Pinsel und
volles Bemühen zu spüren vermeinte. So sanften Farben der Japaner. So war es auch.
V/eingartner, der sieb so gar nicht ver... (Nebenbei: warum wird hiebei imme-r die Alt...
stellen kann, so unfähig ist, Interesse zu stimme bevorzugt, d<! doch ein Mann Abschied
heucheln, wenn es über das rein Technische nimmt? Seinerzeit bei der Uraufführung war
nicht hinausgeht, und in der "Dritten" viel1eicht es ein Bariton. Und war besser so.)
nichts so Sympathisches fand, als die straffen Keine wirksamere Propaganda, als die, die
Burgmusikrhythmen, mit denen das in Wahrheit Fr i e d hier für Mahler entwickelt hat. Für das
weniger disziplinierte, mythologische Gesindel Lied von der Erde das große Publikum endgültig
seinen korybantischen Einzug hält. Loewes gewonnen zu haben, ist nicht zum wenigsten
weicherer Natur liegt der Natllrlaut der Ersten sein großer Erfolg in Wien. Er legt es breiter
Symphonie, fahrender GeseHen ~rorgenseligkeit an, spart Atem für Betonung der Einzelheiten.
wohl näher, als der unbeherrschte Gefühls.- bis alles von Klarheit blitzt. Seine letzten
überschwang des SchlUßsatzes der nDritten·'. Aufführungen dienten überdies dem inter~
Auch Ne d bai, der uns leider Verlorene, hat essanten Versuch, die bekannt schlechte Akustik
sich über die nErste", "Dritte" und "Vierte" des großen Konterthaussaales durch Tieferlegen
nicht hinausgewagt, und sich hier, wo die des Orchesters auf den Boden des Parterres
Probleme sozusagen greifbarer zutage liegen, zum Besseren zu wenden. Für die höheren
wohl gefühlt, in seinem geraden, urwüchsigen, Partien des Saales, und gerade bei dieser nicht
ungestümen Drauflos ...Musizieren, das immer mit Massenwirkung operierenden Komposition
ein bißchen "beiläufiglt war, weil sein fabelhaft zweifellos von Vorteil. Ein Experiment, dem
entwickeltes Handgelenk schon zu einer Zeit weitere folgen müßten. ,Mit seiner bewunderns ..
auf intensive Probenarbeit zu verzichten liebte, werten Energie ist Fried hier speziell für die noch
da sie noch leichter erzwingbar war, als heute. sehr wenig anerkannte Fünfte, Sechste und
So nähern wir uns allmälig dem höheren besonders die Neunte eingetretzn.
Kreis der Mah1eraposteJ. Furtwanglers, des Geniales Erfassen vet'band sich aufs glück,.,
uns noch neuen Mannes, hohe Musikintelligenz lichste mit einer nicht mehr alltäglichen
hat sich bisher bloß an der "Dritten" b.etätigt. Bei Exaktheit, die freilich hin und ,"..ieder wie unter ...
aller Bewunderung seiner überragenden Fähig ... strichen, wie absichtsvoll aussieht. Etwa so:
keiten diesmal nicht ganz ohne Widerspruch. In "Begreift Ihr denn nicht? Das ist doch so klar J"
allem, was Disponierung, Aufbau, Höhepunkte Auffallend waren mir instrumentale und
heißt, ein Meister wie wenige, ganz wunder ... dynamische Änderungen in der nFünften",
voll in der Gestaltung des Naturbitdes, be ... Retouchen, die, wie zu vermuten ist, von der

3It
Hattd: MahJe'1'ß1 }ltarrnllen, aber
,it-wig 1:H:,ss>et'uden ••• lt""""'''U't<> ludl,!' in solcher,'
dettit ii{tr 'nicht sehi ,Ja:rtge vorhiH; die iioU:andu;tlS: gel;;ttrgj, trotz; '$ <>h '<.,1 k $ ,dldfcnem"
g-ewohnti' Fa~$:ri:og> VO.ll, Waktets ~e:hört hatt'e'~ pi~iätV:oije,m Bemuhen., 'tHe: letzten Auf",
tiidÜ: dutchwek~t- Vo-rt~Uh~t' e.tschie-n:tn, In. der führtlng~ii halt*, '%,1 ''tt1ehr ilus',pers:ön.Hche:nt :als
zwei'ten Hälfte; 1m S<:her,t,o, 'wie lID,Ü'b-eln1utigtl1 , nrus:lJt.aliacl1en' Gtfi-nd'eu, i'na Oper:nbauJ:4' 'Ver'"
Finale, wa-r manthe.s abgescliwächt,. ver$cMeiert~ "legt i:itiu gtglä'kttf,' V~r,su~h~, Dk Aurstellt.Hlg
weniger robnst. ',Ftiiid Jst1 w'as nlcht zuletzt tin der Ch'öre' 1n ,'clit:: 'T~eie,' ,der t1'9ßen BÜhne", vei"
Verdienst der ~,.Anbru:cbfl:"-Ko_i1Zel'Ü\: bleibt)' du g:r-ößerte: ,den' Ahstand VOtl'k Dirigen.ten bis zum
!laibet, Whtne-f', gewO-:tO'4:'fi" Zu wtluscne,n wäre, Vertust 4eiS R;,on1:aktts t das FeJlltXl:,' einet' großen,
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geblieben. Wie keiner, h~t "" hier V""
Mallte, ""dmag:elhaft gedrillte" . Chöre: tmd die.
gele.ruty MeT bat er (ttw4$ von. der FIamn'le GesamtwirKung wal' ettl ,ntatttr Ab'glanz :dis
'\t.:mpfa-ngen, in. der, mJch ;sein Mdste'!, selbiM; 1te:r"" GkwoHten und ~ Ett:dcbbAkeu* 'Tröu.d-em,'war
zehr't l'H!'i~ 'Bei ihnl 1:;;1; aUes Leidens:,haft~ es etwas wie ,spä:t>2: 'Genugtuung, ,{!4:::n' Geist
Ni~ts hinr;;::ißendet, als im '7ergange.nen Jahr Mablel's wieder in dem:f<latise zu spüren, ~uJsden1
,s~inft, vie~ Aufiüh:rung~n 'd~r Auferlittehung;s;# ibn organisierti'i GeistlosIgkeit vt",1"<trieb"i!l1 'hatte.
symphonie. 'Sein e!ektil:s~ft gdad~et 'l':aikts±o(k Voll Resignation,- ab~H.· doch a.ud" voll Ztrvet..,
J'lprilht Funken aufSpielet' und Hö'r(';t~ 'Au:<:h s-i~ht, hatte er :sictt der, Zukunft verschrieben
,heue'i" -fa$tinh~tti i\':f lnit der gewaltig'e'ti im V~rtl'aUe!l auf seine Nation', der sein größil!:'!!I
nSi:eberifen"'y rn'it der €% tl,nglaublic,her-wdlre Werk als Ges',henk zitgtdacht war~ nMdne
dreimal don Saal rume, J!;eit Wll't't kommm • , /, '$ i e 1-5 t cl ai
Nkht ""hut Wehmut ,gedatht~n aUer di'l1i: ~ !Ir, R.S, RQUm.a""
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ZU UNSERER FAKSIMILE,BEILAGE
:meser Numme:t s.:i:nd 'zwd 'SkbZ;$:r:d;ilätttt melodischen tinien~ Angab-en: U?1' s'ie. aus..
zU ein~ir JJ~absi'chtlgten Zehnten Sym.phonie füh.r~ndesl Instrume'n.te, w-khtige Ge$:tnsttrhm-en',
»1.hle.. im F&bimUa. beigel.gt.DI•••• Werk ,und die: begl-eitenden H-al'ffionJen ZU t:rse-hiH1.
:ist tln'vollendet und nur i:n<Pa'rti<;eTle: vorha.nd-en~ Die drnamil!!chen ,Zdthen un-d Phtasle:rungeli
ln d~n, p'elliegt,nux;.rt 111itt~rn sind die w~clit1g$ten sind sebr, deutH"h UJ:l'~ ,gen.at;!: dngezel:ehnet,

B E R I c H T G N G
'ln d>en Ankündigungit!1 dGt" Netten .Musik;. kam r die SJdl ri'?J;htr~gU~h 'als' fa!Sdl el'wi~s:eh.
,':ges~Jll?i,h,aft f~,An:bru(;h"" in UetUn} w~ldle im, Die in diesen ]?l''tlviso:ds,chm' A'ftkUn:digctng~n
':~fS;'V!;fi ,'und, zwdten Febru,u""'r.1,€'ft d~l' Musik.. gedruckten PerJsu'nf:u urid' Vcranstaltungen sind,
,,':blllttcf': des, }~j:lbruch e.r$chientn~ Will" tm.t!1it den ungiHti.g:jtnsl WUt:f\'lll n"u:h.'J21'sC!Üt!ile.U, d>Cl', neueIl,
N'iullen des Eh;ren;,.Ktnni'te\!s t~nt~r M"d~:tn: der Prospekte des nAn1'ftHchM aus ~i'ttlin 'VoUs-Htrid(g
des ,Kü1tus:mini:sters, Hatnit.tch entllillten, lts ,'beric'lrti'gt gebracht 'werdit!l~ ,
"wird 'himlit richtig ge~i'tdlt. daß dieser Na,me, D1Jt s'chtHtleHung
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:Siiit1:-ön A"..G. - Dru;;k yon OHo- M-aaßi S-3tane Ge$:. m. b, fl., Wi{tll, L vtt a11:flJlil:;hga$se 1Q~
KONZERT -DIREKTION Demnächst erscheint die
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Gustav Mahler
linz a. d. Donau . Landstra~e 30 Eine Studie über Persönlichkeit und Werk
Telegramme: Konzert Kollitsch Fernruf 389 durchaus neu bearbeitet
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313
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Universal·Edition A.-G., Wien, I. Karlsplatz Nr. 6

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Rhapsodie filr großes Orchester, ap. 11 für großes Orchester, ap. 13, C dur
U.E. Nt. 3234 Orchesterpartitur Mk. 25'~ U.E. Nt. 3048 Orchesterpartitur Mk. 25'-
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"Seine Rhapsodie ltalia klingt wunder.. Casellas Suite (Ouvertüre - Sarabande
bar. Die volkstümlichen Themen, auf - Bourtee) ist ein durchaus modernes,
welchen sie aufgebaut ist, sind sehr durch prächtige, oft geradezu berücken..
charakteristisch und farbig abgestimmt, de Klangwirkungen ausgezeichnetes
die Instrumentation biegsam, neuartig Werk, mit Eigenschaften eines starken
und geschickt'· (Commedia, Paris) Publikumerfolges

Die beiden Werke gelangten bi:!her mit glänzendem Erfolge in Wien (unter Qakar
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Antwerpen (königl. Gesellschaft) und vielen weiteren Städten zur Aufführung

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I UNIVERSAL...EDITION A.... G., WIEN ... LEIPZIG

314
Op. 2 Sonate Nr. 2 in E-dur für Klavier
Op_ 3 Märchenbilder : Sieben Stücke für Klavier
Die verzauberle Prinzessin / Die Prinzessin auf der Erbse l Rübezahlj Wichtel-
männchen / Ball beim Märmenkönig I Das lapfere Sdmeiclenein I Das Mär~n
spricht den Epilog
Op. 4 Schauspiel-Ouvertüre für gro~es Orchester .
Desgleichen Ausgabe für Klavier zu vier Händen von F. Rebay
Op. 5 Sinfonietta für gro~es Orchester
Desgleichen Parlitur in Gro~-Oktav für Studienzwecke
Op. 6 Sonate für Violine und Ktavier
Op. 7 "Der Ring des Polykrates" Heitere Oper in einern Akt
nach H. Tewetes. Parlitur I Klavierauszug mit Text. Auswahl von
Metodien für Klavier I. und 11
Op. 8"Violanta", Oper in einern Akt. Dichtung von Hans Müller
Parlilur/Klavierauszug mit Text. Auswahl von Melodien für Klavier
Vorspiel und Karneval aus "Violanta" für gro~es Orchester
Op. 9 Einfache lieder
Sdmeeglöckmen (EidtendorfO (Nadlfwanderer (EichendorfO I Sländdten (Eidlen-
dorfD I liebesbriefmen (E. Honold) I Das Heldengrab am Prulh (H. Kipper)
Sommer (H. Trebilsch)
Op. 10 Sextett in D dur für zwei Violinen, zwei Bratschen und
zwei Violoncelle. Desgleichen Studien·Parlilur
·Op. 11 Aus der Musik zu "Viel lärmen um nichts"
Drei Stü<ke für Klavier zu zwei Händen
Mädd-Jen im Brautgemam J Holzapfel und Sc:hlewein (Marsch der Wa<he) !
Mummenschanz (Hompipe)
Vier Stü<ke für Violine und Klavier
Mädchen im Brautgemach / Holzapfel und Schlewein (Mamh der Wa<he) /
Mummentdlanz (Hornpipe) I Garlenszene
Lied des Pagen (altenglisch) für Gesang und Klavier
·Op. 12 "Die tote Stadt", Oper in drei Bildern, frei nach G. Roden·
bachs Schauspiel "Das Trugbild" (Bruges la Morle). Parlitur/
Klavierauszug mit Text
*Op. 13 Sinfonische Ouvertüre (Sursum Corda) für gro~es Orchester
"'In Vorbereitung

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315
Franz Schreker
1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

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Pantomime nam Oskar Wildes gleirnnamiger 5690 Klavierauszug mil Texl . 20'-
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5691 Textbuch ... 1'50
U. E. Nr. Mark
5762 Thematisme Analyse. 1'-
2545 Klaviersuile. vierhändig . . , . 3'-
5763 Kurze thematische Analyse. -'3D
5884 Vorsp~1. Klavier. zweihändig. 3'-
Der ferne Klang 5389 Dasselbe. Klavier. vierhändig"
5364 Dasselbe. Sludienpartilur . .
6"-
4"-
Oper in drei Aufzügen
5365 Dasselbe, Onhesterparlilur ."" 30"-
30% Klavierauszug mit Texl. . 20'-
3100 Regiehuch mit szenismen
Bemerkungen , . . . . . 1'50 Der Schatzgräber
3100a Textbuch . . . . . . . . . 1'20 Oper in vier Aufzügen, einem
5367 Ballad~ für eine Singstimme und Vor~ und Nach~piel
Klavier . . . • . . . . . . . . 1'50 6136 Klavierauszug mit Texl " . 20'~
5369 Schlu~duetl für zwei Singstimmen 6137 Textbuch . . . 1'50
und Klavier. ..... 2' ~ 6199 Thematische Analyse " . 1'50
'133 Wiegenlied der Eis. für eine Sing~
Das Spielwerk stimme und Klavier 1'50

Oper in einem Aufzug


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3771 Textbuch . . 1'20 Memnon
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Der rote Tod
frei nadl E. A. Po e. Dimlung in einem Akt Irrelohe
3289 Texlbuch . . . . . . . . . . 1'20 Operndidllung in drei Akfen

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316

F erruccio Busonis
musikalische Kompositionen
- ..
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"-M'" 'ilfuijIllfR.... W "2'* "'*"Mi'

Opern Für und mit Orchester


Turandot. - Arlecchino Sinfonische Suite f. Orchester, ap. 25. Konzert..
stück für Pianoforte und Orchester, ap. 31
Sinfonisches Tongedicht, ap.32
Für Pianoforte Zweite Orchester.. Suite (geharnischte), ap.34
Sechs EtUden, ap. 16 Kouzert für Violine und Orchester, ap. 35
Daraus ein:ze1n: iitttide Nr. a, Etüde Nr. G (Fure) LustspieI... Ouvertüre, ap. 38
EtUde in Form '1on Variationen, op.17 Cancerte ffir Pianoforte, Orchester u. Männer ...
ZWlidte BalletUlzene, ap. 20 chor, ap.39
Variationen und Fuge tiber Chopins C moll.. Orchestel' .. Suite aus der Musik zu Gozzis
Präludium, op. 22 Märchendrama "Turandot", ap.41
Zwei Tanzstücke, op.30a Verzweiflung und Ergebung (Supplement zu
Vierte Ballettszene (Walzer und Galopp), neue "TurandotU )
veränderte Ausgabe, ap. 33 Berceuse elegiaque, ap. 42
Erweiterte Kadenz zum 4. Satze dCfl Concerto Nocturne Symphonique, ap.43
Eh;gien, Sechli!l neue Klavierstücke. - Berceuse Indianische Fantasie (Fantasia .. Canzona e
Fantasia, nach loh. Seb. Bach (Auf den Tod Finale) für Klavier mit Orchester, Op.44
meines Vaters) Orchester .. Suite. Fünf Stücke aus der Musik
Fantasia contrappuntistica (Preludio al Corale zur Oper "Die Brautwahl", ap.45
e Fuga a 4 Soggetti obbligati) Rondo arlecchinesco, op. 46
Drei Klavierübungen und Präludien (dH Gesang vom Reigen der Geister (des indiani,
Klavierübung zweiter Teil). sehen Tagebuches, 11. Buch), für Streich..
Sonatina orchester, 6 Bläser und 1 Pauke, op. 47
Sanatina brevis. In Signo ]oanni.! Sebastiani Concertino für Klarinette u, kleines Orchester
Magni. In freier Nachdichtung von Bachs
kleiner Fantasie und Fuge D moll Kammermusik
Sonatina Seconda
Choralvorspiel, nebst Fuge über ein Fragment Kieine Suite für Violoncell und Klavier, op.23
von Bach (der Fantasia contrappuntistica Zweites Streichquartett, op. 26
kleine Ausgabe) Sonate für Violine und Klavier, op. 29
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Nr. 1. Preludietto, Fit.ghetta und Bserci:tio, -
Nr. 2. Prcludio, Fuga flgurata. Studie nach Zwei Gesange f.dnetiefe Stimme u. Klav., op.24
1.S. Bache wohltemperiertem Klavier. - Nr.3. N~·. 1. Lied des Monmouth "Es zieht sich eine
Giga, Bolero u. Variationen. Studie nach Mo:r;art. blut'ge Spur" (Th. Fontane). -- Nr. 2. "Es ist be~
- Nr. 4. Introdudone. Capriccio und Epilogo .!timmt in Gottes Rat" (E, v. Feuchtersleben)
Albumblatt. Sechs Klavierübungen und Prä .. Zwei Lieder f. eine Singstimme u. Klav., op.31
Iudien. Drei Sonatinen. (Gesamt..Ausgabe) Nr.1. "Wer hat das erste Lied erdacht" (Viktor
BIiithgen). - Nt'. 2, "Bin ein fahrender Gesell"
(Rud. Baumbach)
Für zwei Pianoforte Zwei Gesänge für eine Mannerstimme mit
Konzertstück, op. 31 kleinem Orchester, ap,49
Nr.l.Altoums Gebetaus "Turandot": "Konfutse,
Concerto, ap. 39 dir habe ich geschworen,i. - Nr. 2. Lied du
Indianische Fantasie, Op. 44 Mephistopheles aus Goethes "Faust": ,.. Es war
Improviution über ein Bachschee Choratlied einmal ein König" /
Zwei Gedichte von Goethe für eine Bariton ..
Für Orgel stimme und Klavier
Nr. L Lied des Unmuts "Keinen Reimer wird
Fantasia cantrappuntistica man finden" (~Westöstlicher Diwan"). - Nr.2,
Lied des Mepnistophelefl "Es war einmal ein
Bearbeitet von Wllhelm MiddebchuItt König" ("Faust")

Verlag Breitkopf & Härtei, Leipzig . . Berlin


317
BrnoId Schönberg
l,UIlllltlll1t1lltllllllllfllWl1tltllUlllltfltllllUlllUUlllflllllJlll1!JIIIUIUI!1II1IUHlIllJllltlIIIIIIIIIIIIUllIlIlIllJllJlllltIlI1II1I1II1IIlIII1111111111111111

ehor. und Ormesterwerke Kammermusik


6urre·f.lleder StreIchsextett ., Verklltrte nacht "
u. E. flr.
iOr Soll, ehor und Ordtester mllrl! u. E. f1r. op. 1&- mild,
6S00 Partitur, DoppcUoflo.format. . too,- HIT zwei Uiollnen, zwei Ulcleu und zwei 1.1ioloncel!!
36n tQksIUlII~partitur, Grcbquart . 30'--- 3662 Partitur (I~lelnes formal) . . 2'---
3696 Klavierauszug mit Text (Beril> . 20-- 361)3 Stimmen . . . . . . . . . . . . 10'-·-
3696 Dasselbe, Büttenousyabe . . . 25'··
3695 führer (Berg) _ _ _ _ _ _ _ 2--
5215 Kleiner führer (Berg). . . . 1'- StreIchquartett nr. 1, Dmo[[ op. 7
Einzelullsgullen Hlr eine Singsfimme und KlulJler illr zwei \)lollncfI, Viola und Violoncello
5330 ,1$0 tunzen die €ngel p 1'20 3665 Partitur (kleInes format) . 2'~
5331 OIIlun. sug' Ich dir zum crs:tenma]ll.
5332 'IDu wunderlidie Toue~ , _ . _
1'20
1'20
.
3666 Stimmen. . . . . . , g'--

5333 'I'rauben von Gurrei' . . _ . _ 2'~O Streichquartett fir. 2, fis moll


Verklärte fiadIf op. lj. op. 10
Bearbeitung Hlr S/reldlOrdlc<;ter
Iilr zweI \l!ollnen, V10[a und UloloncelJo
0065 Vorn/ur (uur gegen Revers) 12' W. um! IV. Satz mit Gesang nadl ßed!chJen 1I0n
Steiun 6eorge
Pe[[eas und ffiellsandc op_ § 2993 Partitur (Oktav) .
299/' Stimmen _ _ _ _
5'---
_ 12-
SlnJonlsme Dichtung jOr gro~cs Orrne ..ter
3311 ParHtur (!lur gegen Re\j(~rs). ~O'-- l:(ammerSillfoll!~ E dur op. 9
KammersInfonie € dur op_ 9 Iar 15 Soro'!I1strumen/(~
ßearbelfung für Onhesfer 3667 Partitur (nur gegen l{epcrs) - 19'--
"
6140 'l'llemajio:;me Rnalyse (Ber{l) ---'3')
36070 Parlifur (nur gegen nevers) _ . . 20-
DIe ::1akobslelter PIerrot lunaIre op. 21
Ein Orutorlum Dreimal sieben ßedldlfe nach Bibert ßir(lud
6061 Tex/budl . . , _ _ 5334 Partitur (fOr RufWhrung) . . 15'
6061 Dasselbe, Kütt~naus~abe .. Dasselbe auf Rliftenpapler . 25'--
5336 S"tudieapurtlfur . 4---
ßülmenwerke
Erwartung Klavier zu z~\l\ll Hiinden
monodrum 2991 Drl.!i KIO\.lier5lüd~e op, 11 . :no
5361 Orchcsj~rpart!tur (nur flegelt Revers) 20' - 2992 i{!auierstüc11 op. 11, fir, 2, ~onz~lf.
5360 Textbuch _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ md~lge :.lnterpr. von rerr, Busorl.! . I-50
--'0
5009 Sems kleine Klavlerstlicke \.lP, 19 1'50
DIe glilckliche Hand
5670
Drama mit musik
Ordlesterpartilur (nur gegen Revers) 20---
musiktheorie
3-672 Te::dbudl . . . . . . . . _ . _ - -40 3370 Harmonielehre (U. Hurlage) . S'--

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318
Hrnold SdIOnberg
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,05. Ur. 1. ij.nk (H.rnon) , ,
3.41 Ur, 1. natur (mltt,l) . . I' ••
3051 " •. Rb"hl,~ (Harfton) . 30~ 1\ ~. \las toill)J)~nschilO (hoch) ~'-
3.43 " 3. S,hnsucht (hoch) ,...
\lier file~er Op. z. 3044 !I 4· Die war ich (hoch) . 1'~~
365'
3053
Ilr,
"
1. erwartung (mm,l) ,
•. Jesus bett,lt (mm.l)
l'~O

1":20
3.45 " 5, Voll j,ner Süß, (mitt,I),
30040 11 ß. Wenn Vöglein Hlagen (mittel) 1'~;')
I',.
3054 .. 3. erh.bung (hoch) , -'9·
3055 " 4. 'Valos.nn, (l1"h) , 1'20 5wei fiie~er Op. 14.
ß~05 ßr. 1. tunIleI' im Schnee
Sechs r.le~H Op. o. Gllo6 " ~. Jn l:Iiesen Wintertilgen .
3650 Ur. 1. e.org •• n Prunosberg
(mm.l) , , , , . too Iliinfzehn Ge~lchte Op. 15.
3057 .... nI, Rufg,regt,n (mittel)" 1'~o 5338 H(1as BodI Oer hiingenOcll 6ärtcl1<1
3058 n 3. Warnllng (mittel) . I 20 1.1011 Stefa" 6coroe ,f5Q
3050 " 4. nochzcftsli.o (mm.l) 1'20
3060 " 5. Q,libtes Herz (mm,l) t'2. Ilerzgewiichse Op. ZOo
3001 " G. Prelholo (mUt.1) . 1'!20 filr Sopran, Harmonium, Halle und Celesla.

licht fiie~er Op. G.


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3." Ilr. 1.•rauml.b.n (mltt.1) , \11 er 0 rch es t er li ~ ~er Op. :H.
3GI3 " !l, Olles (mittel). . . J ·~o 0~ Ur. 1,,- 4 in dntrn fidt, Partitur. s·~·
3.'4 " 3. mäoch.nll,~ (hoch) 1"0 Ur. 1. Stra!)hitllj Ur.!l. nll~, w~lche
3615 " 4. Verlassen (mittel) . 1'5. ~kh suchen; Dr. 3. mach mich zum
361. " 5. 6ha"l (hoch), . " •• Wächt"; Ur. 4. Vorg.fühl.
3.'7 " •. Dm W.grnn~ (ho'h) , 1',.
361S " 7. ~o,«ung (h.ch) . ,... lIus ben Gurre-filebern.
3619 ,. S. Oer Wanoer" (h.ch) 1'5. 5330 liic~ tlJal~emars: I\SO tanzen ~it
3604 11 1-$ in einem fieft 0'- engel" (h.ch) , . " I'••

owe1 ßalla~en Op. 12.


5331 ~i.~ ~ .. • 0.'
(mitt.l) , . 1',.
533!l rlie~ Wal~tmars: ,,1)u \i.lun~trliche
6'.7 Ur. 1. Ja •• 6rey . . '. 0'- "Go\le" (ho(.h). •.. l'!lO
ßll.OS 11 ~. iler verlortnt Haufen. . l):-- 5333 r,1,~ Mr WalMaub. (mltt,1) . 0'50

111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

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319
Verein
5alzburger Festspielhaus-Gemeinde
G~gründel öm 1. August 1917
Silz in Wien, I. Gi,eJa,lra~e 12, Gebäude der Ge,ell,dwll der MU'iklreunde

Der Verein bezweckl die Errichtung von feslspielh;:,ui-Buulen in Salzburg zur Abh('jltung
von internalionölen rnusikalisdlen und dramatisdlen Fe~fspielen welllichen und geistlichen Inhalls
unter führung der deulsmen Kuml
Präsidium der Direktion:. Alexander Thu ..n ..Taxis (Wien) Präsiden!; Direktor Friedrim
Gehmamer (Salzburg) I. Vizepräsideni; Dr. Karl Wiener (Wien) Prtlsidenl d. R. d. Slaah-
akademie fU' Musik und darstellende Kunst, belraut mil der Funktion als 11. Vizeprihident;
Redakteur -inrim Damism (Wien) geschäftsführendes Direkliommilgl!ed; Direll.for Emil
Ronspe" ':.:,d" (Wien) Finanzre{erent; Landes-Oberredmungsral Arthur Samer (Salzburg)
Zenlralkassler; Obersl1eulnanl d. R. Adolf Frank (Salzburg) Hauplsdwiflführer; Georg
Jung (Salzburg) Zenlralvorsleher der Ortsgruppen
In die Direktion entsendete Regierungsverfl'eter: Sekliomröl Dr. Karl Kobald vom
Slaafsamt für Inneres und Unferrknf; Sekfionsral Dr. Gustav Huber vom Staalsöml für
Verkehrswesen; Oberbaural Ing. Gustav Gelse vom Slaatsaml f(ir Handd und Gewerbe,
Induslrie und Bauten
Kunstrat : Or. Hugo Hofmannsthai (Wien), Professor Max Reinhardt (Berlin). Hoiröl
Prof. Alfred Roller (Wien), Direklionsmilgtied Operndirektor Prof. f ..anz SdJalk (Wien),
Operndirekfor Dr. Ridlard StraufJ (Wien)
Vorstände der Zweigvereine : Oireklionsmilglled Generaldirekfor Dr. Siegmund Stransky,
Zweigverein Wien j Direktionsmilglied Direktor Friedridl Gehmadler, Zweigverein Sölzburg
Sekretariate: Wien ::1. Giselastra~e 12 (Karlsplatz 6), Musikvereinsgebäude. Salzburg : Churfunlen-
slraj'Je 1, Residenzgebäude

Auszug aus den Satzungen


Ordentli<he Mitglieder. I. Gruppe; 0) Stifter. welche ein für allemal einen Belrag von
K 50.000·~ erlegen, b) Gründer, welche ein für allemal einen Beirag von K 10.000'--
erlegen, c) förderer J weldlc ein für allemal einen Belrag von K 2QO()"- erlegen, d) Spender,
weldle ein für allemal eInen Betrag von:K 1000'- erlegen
11. Gruppe: e) Fördernde Mitglieder mif einem jähdid.en ßeHrdg von mindeslens K 100', .. ,
Il Unterstützende MHqlieder mit einem jährlichen Beill'tlg VOll mindeslem K 10'- ",
g) Ortsgruppen als solche, weldH~ einen Gesilmtbeilray von mlndes!erJS K 100'-- j,jhr-
lim leis/en. (Orhgruppcn-Einzelbeilrag für we.'bende Mitglieder K 5'·-)

Der Verein qibl monatlich eine eigene Kunstzeilschrift uMifteihmgen deI' Salzburger Festa
5pielhaus~Gemeinde", heraus, welche sich mit allen einschlägigen kümllerisdlen und literi'H'ismen
hagen befaßt und die laufenden Vereinsangelegenheilen behandelt. Haupts<hriftleiter: Heinrich
DamiS<h, Wien, I. Giselasfraße 12. Bezugspreis für Mitglieder jährlidl K (Mk.) 10'-, lür Nidll.
milglieder jährlich K (Mk.) 15"-, Einzelnummer K (Mk.) 1'50
Anmeldungen als Mitglied und Abonnements der "Milleilul1gell" werden lägHdJ tnündlidl
oder schri[tlich angenommen in den Sekretariaten der Sdlzburger Fesfspielham-Gemernde, Wien,
I. Giselaslra~e 12, und Salzburg, Churfürslenslrd{3e 1

320
VIT. NovAK
Sinfonische Werke
In der Tatra, ap. 26 Taman und die Waldfee, op. 40
Sinfonische Dichtung :rur großes Orchester Sinfonische Dichtung für großes Orchester
U. E. Nr. Mark U. E. Nt. Mark)
2876 Partitur . . , . . . 20'-- 6363 Partitur . . . . . , 40'-
2818 Klavier, vierhändig. 3'- 5818 Klavier, vierhändig, 5'-

Serenade, ap. 36 Lady Gadiva, ap, 41


Für kleines Orchester Ouvertüre für großes Orchester
U. E. Nr. Mark U. E. Nr. Mark
3997 Partitur , . . , . . 12'~ 6365 Partitur . , . . . . 20'-
3994 Klavier, vierhändig. 4'- 6367 Klavier, vierhändig 4'-

Pan, ap. 43
Tondichtung in 5 Sätzen für großes Orchester
U. E. Nr, Mark
5888 Partitur, . (nur in Abschrift) -'-
3355 Klavier, zweihändig . , . 5*-

Chorwerke
Der Sturm, ap. 42 Die Tatenbraut, ap. 48
Sinfonische Dichtung nach der Meeresphan .. Ballade für 2 Soli, gemischten Chor und
tasie von Svat. Ccch. für großes Orchester, großes Orchester
Soli und Chor
U. E. Nr. Mark U. E. Nr. Mark
3632 Partitur . . . . . . . . . . . , 50'- 5293 Klavierauszug mit Text,
3357 Klavierauszug mit Text, deutsch, tschechisch 7*50
tschechisch ' . . . . . 10'-

Bühnenwerke
Der Burgkabald, ap. 49 Kar1stein, op. 50
Komiscbe Oper in 1 Aufzug. Text von Lad, Oper in. 3 Akten nach dem Lustspiel von
Stroupeznicky. Deutsche Ubersetzung von ]ar. Vrchlicky, zusammengestel1t von Otto.-
Max Brod kar Fischer
U. E. Nr, Mark U. E. Nr. Mark
5393 Klavierauszug mit Tex"4 5816 Klavierauszug mit Text,
tschechisch . 8'- tschechisch . 12'~
5812 Textbuch, deutsch -*50
VERLEGERZUSCHLAG 100 PROZENT

ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH, UND MUSIKALIENHANDLUNG

Universal . . Edition A .... G., Wien . . Leipzig


321
-
ose" B. Foerster
-
Klavier zu 2 Händen lieder
U. E. Nr. Milrk
tür eine Singstimme lind Klavier
2816 Träumereien, op. 47
5 Klavierslücke . . . . . . 2'40 U. E. Nr. Milrk
2817 Rosen der Erinnerungen,
op. 49. 6 Klavierslücke . 2'40 4925 Nadhlviolen, op. 43 . J'50
Vier lieder aus dem Zyklus
3331 Impressionen, op. 73 "Eine Liebe" V.Gustdv
5 Klavierstücke . . . . . 2'- Fa I k e: I. Ja, holde Herrin.
583 1Abendmusik, op. 79 2. Du hast in meinem Hel·zen.
2 Klavierstücke 1'50 3. Vision. 4. Epilog,
5835 Maskenspiel des Eros
op. 98 . . . . . . . . . 2'50 3332 Vier lieder, op. 60 .• 2'-
I. An die Laute. 2. Frühlings-
tag. J,T raumkinder. 3. Ballade,
Klavier zu 4 Händen 4924 Frühlingsnadhtslraum,
2654 In den Bergen, op. 7
Suite. . . . . . . . . . . 4'-- op. 65 """'.
1. MelandlO!ie in den Bergen. I. Im Frühling. 2.liebesgru~.
2. Sonniger Ta~. 3. Tfdumerei am 3. Im dart dim ni mt lieben.
Abend. d. Dorftest. 4. Meine lilie. 5. An Marie,
2812 Meine Jugend, op. 44 6. Viel Träume. 7. Wirt in
Symphon. Stimmungsbild. . 3'-- mein Herz, 8. Klänge und
3333 Symphonie IV C moll Smmerzen.
op. S4 . . . . . . . . . y--
3330 leuchtende Tage, op.69 2.-
I. Leumtende Tage. 2. Träu·
Violine und Klavier merei. 3. Trost der Namt.
2655 Sonate H moll, op. 10 y- 4. Nam Hause.
3887 Violinkonzert C moll 5418 Fünf liebeslieder, op.96
op. 88 . . . . 6'- I. Behalt es nimt. 2. Tag.
5834 Ballata op. 92 . . " 1'50 Tag. 3. Mein Herz. 4, Im
pflückte das Blall. 5. lieb',
mein Herz sehnte sich.
ViolonceIl u. Klavier
28 I 3 Sonate F moll, op. 45 3'50 5522/24 Drei lieder aus der
Kriegszeit, op. 97. . . a I' -
6049 Foerster-Album .. . , . 8'- I. Und die Kugel trat.
Auswahl von Slü<:ken für Klavier zu
zwei Händen und für Gesdng mit 2. Drau~en im weiten Krieg.
Kldvierbegleilung 3. Namt im Felde.
Verlegerzusdl/ag 1000/0 Zu beziehen durch jede Buch- und Mmikalienhandlung Verlegerzusdllag 100%

Universal-Edition A.-G .• Wien-Leipzig


322
,- - .... .

ose "B. Foerster


Kammermusik Chorwerke
U. f. Nf. Mllfk U. E. Nr. Mark

3886 11. Klaviertrio B dur, Stabat maler, op. S6


op.38 . . . . . . . y- für gemischten Chor. Orchester und
111. Sh'eichquarletlC dur', Orgel (laleinisch)
op. 61 . 1-- 3209 Partitur . . . . . . . 20'-
5478 Partitur 160 ]"- 2657 Klavierauszug mil Texl .
5479 Stimmen 6-- Die Weihe der Nacht, op. 87, Nr. 1
für FrauendlOr mit Orchesler (Hebbel)
3117 Parlitur.... 2--
Orchesterwerke 3118a/d Stimmen . . . . . . iI ·'25
(Maleriale nach Vereinbarung) Abendlied, op. 89, Nr. 1
für Männerchor a cappella
Meine Jugend, op. 44
5354 Parlilur
Symphonisches Stimmungsbild für
5355a/d Slimmen . . . . . . iI -'15
gro~es Orchesler
2814 Orchesterpartitur . . .
2812 Klavier zu vier Händen . Bühnenwerke
IV. Symphonie C moll, op. S4 Jessika
für gro~es Orche,ter Komische Oper in 3 Aufzügen
3333 Klavier zu vier Händen. . 5".- 2590 Klavierauszug m. Texl 12·-
(Partitur und Stimmen nur in Abschrift erhälllrdl)
2643 Texlbuch . ' . . . . . --60
Marja -Eva
Violinkonzert C moll, op. 88 Oper in 3 Aklen
5253 Parlitur . . . . . . . . . 1Y··· 5830 Klavierauszug m. Texl 12'-
3887 Ausg. f. Violine u. Klavier. 6'- 5716 Texlbuch . . . . . . --60
Von Frühling und Sehnsucht, op.93 Die Überwinde,"
Symphonische Dichlung für gro[3es Oper in 4 Akten
Orchesler 6047 Klavierauszug m. Texl . 10'-
(Pdrlilur lind Stimmen nur in Abschrift erhäHlldl) 6048 Texlbudl . . . . . . . _·SO

_._- ._._.... -=-


VerlegernJsmlag 1000/0 Zu beziehen dunn jede Buch· und Mmikalienh(lfldlung Verlegerzusd-Jlag 1001}/0
----
Universal-Edition A.-G. Wien~Leipzig J

323
1!MlJIIIIIIIIIIIIIIIIIIII\II1111II11II1I1111II1II1I11I11II1I1II1II111II1111111II1I1I1II1II1II11I1I1II1/111111111111/111111111111111111111111111111111111111111111111111/11111111111111111\ill§
= - .
:=; Inhalt der bisher erschienenen Heffe der _.
: Musikblätter des Anbruch ~
-
= ~
~ ~
==
-= GlIido Adle. .
1. Novemberhefl1919:
•. . . • . . . . . . Zum Geidie
2. Novemberhefl1919:
liugo Kiluder . . . . Zum Problem der mUllkalhrnen Form
=
-_-',.

=
Egon lmlgarlen. .. . . . . Philosophie der MuSik, Egoll Wc:lf~~l. . . . . Vom Geis! dtr mineiHnen Musik _
Fmnl SdJrel\t!r.. •. . Meine mU$lkdrtllntltinh(! Idee Bernh. Ptlurngdrlner . . Reform des MUlikunhmlmteti
=== Bernh. Paumg/lrlner
Egon WeHen.
• • . . Reform des Muslkunlerrimlel
. Oie frilu ohne Sdlllllen von R. Slrau~ JOleph Marx . . . . • . .•
f'orhelzung
. . frwderi<k Deliua =.:::
()Ikar fried . . . . . . . . • . Erll1fHlrLmgen eHl Mohler cmll Chv61(j . . , . TldledliHhe MUlik 1 =l
Frderhk Delim . . . . . . . Musik in Englo~d Im Kriege D<lu! ßekker fennlrnore und Gerd<l in fr<lnkflll'J =:
§
=
_.

==
Mall Chop . . . . . . . . . . Die Berliner Regerwodle
Milli ßroeiio:he·SdlOen. . . • . Herbslsplele In DI'e~den
Grossen; KrHik der Krl1ik von Dr. R. SI. Ho!fm<lllll;
Fragmenle von Hugo Kauder; Neue Davidsbündler von
GlÜHen! 1"11.11il\Ielie \Ion Dr. R. SI. Hü!lmann; Uirmende
Musik \Ion Ego!] LlIilgilrlen; Neue DovldsbulldlervoJl R. Re/I;
faksimile ewer Parll!ur-S"lIe (Jus Dellul: .Fennlmore und :::::;

=
= R. Reli; D<ls Wlener Sinfonle-Ormester von Hugo Kaudef
I Bespremungen (Nolli!n und BüdJer
NOlenbellage: Allegro barboro von Be!a Barlök
I Gerda" I Neue Nolt'11
Nolenbelldge: lIedde.rFennlmoretlusDelius: .Fennimore
und Gerdd"
:::z
===
-

I------------------.----------------.Ir-----------------------------------I~
==
;;; 1./2. Dezemberhefl 1919 1./2. Jännerhefl 1920
F : Doppelnummer : Doppelnummer :
_ Hermann Sd,ermen . . . . . . . . . Das Tonalillibprlnztp Sonderheft franz SdJreker
~ Rudolf Ren. . . . . . Konsonllnz und Dluoni'll11
-- frlll Siledry . . . . . . • . . . . . . Fragment Pali! ßekkilf . Die Penönlld1kllil
=
;;:;:;;
B. P(mmgarlner .
Emll Chv"'lo • .
R~form des Muslkunlerrimles Il!
. . . TldJechlldJe Mmlk n
0110 SmneldQr .
Poul Stef('J1l . .
Der MenJm
001 leben
~ Vlte.r:lov Noväk . Jung,lIe Ischemi~d1e Musik JoadJlm Bem . . Dk Oezelchnelen =-
= BeJo Barlök " . . , • . . . . MI.l5ikjolklore Cugen SdJmltl . • . Der SdlOlz'Jrtiber "_03.;
_~_- Dr. R. SI. Hollmann.. . . . . DIe WI~ner Volk~oper Franz SdJrek~r, . . lrrf!lohe 1. Akt _
Pau] Mllrsop . . . . . Der KrlUket ouf dem Pmketlienel Max Broeslke-Sd!o\!n . Die Harmonik
tOr. E. R. M"ngli!lberg • . . • . . . Mllhler-Feslln Holland Erns! Ler! . . . . Die DlmleUung :-~
!.._ GloHen: Musik und Weltidee von I-Iugo Kauder; Musik Dr. O. SdJ. . . . . • . . . . .' . . . . Die Krllik ~
E: In \!lien '.'on Dr. R. SI. Ho\\mann; Meine lierriln Opern. Bell a gen: Porlr;jt Smre.keri; BühnenbJ1der aUI .Der fernf! -_
=
==
_ ,": direktoren von Dr. R. SI. Ho milnn; MU11k Im Spiegel der
Zell von Egon WeHesz; Neue DavldibUndler von R. R~II;
Klflng" JRollf!r) und Die Gllzelmnelan- (Hololl); Entwurf
zum oS ralzgrllber o (~Ieverl); ftshlmlle eln"r Polrlllur-Selte ~
=
_ • Krillk der Krilik von R. S. H. I BeipredlUng I Neue Nolen
Nolenbeilage: Slym<lnowlki 2 Pr~lude1 ilUS op. 1
ilU5 .SdJolzgraber«
NOlenbeiloge: lied der allen lieseau1 .Oa5 Spielwerk' =
jir-------l-.-F-e-b-ru-a-rh-e-fl-I-9-2-0-:-------II--------2-.-F-e-b-ru-a-rh-e-p-1-9-2-0-:-------I~
~ Pau! Bekker . .' .•• 1~lenl· - oder Polenl
_ Egon lusigorien . . . . . . • • Philosophie der Musik 11 E ' S" ,'_I, L F "k""O
rw n e n
n:=:_
- Egon Wellesz .•
Zdentlk NejedlY.
PauJ Bekker . .
. Vom WOllen dilr orlelltallschen Musik
.], B. foersler (TsdledJlsche Mu,ik 111)
. • . . Der Schot.r:grllber Irl Franklurt
HeHlro lwoki,
Ryd. S1. Ho!lrllClI1n
. •
. ' US MI su,e ormw u"

.
. . Japans MuslklQbli!n
. D~I~e~ ADr
~ ~
==
_ Max Sleinilzer. . . • . . . Der türklsenbl<lue Gijrlen A ödilr Szendrei . . . .. rllUr I ~~ _
~::; Mall Broeskke·Smo~n Musik In Ores en _
HelmldJ Jahn . . . Musll\ in Nürnberg
aloBen: Vom Wlener Ml.Islkbelrieb von Hugo Kauder; MOli Shlln!tler . . . . . . . . . Der fürkl.enblllue Garlen
=
-
Zismen und Klalsdlen von Egor1 Lustgarten; Musik In Wien von
Dr. R. SI. liolfmonn I Besprechungen ,I Neue Noten lind BGdJer
G 10ise n: Die OpermpieJer VOll Walter Brügmonn; Musik
in Wien von R. SI. Hollmonn' Brietfragmeni von Igor _
_ Sti'ilwlmlw i Beipred,ungen I Neue Nol.m und ßilmef
NolenbelJage: ). B. Foersfer op. 7J Nr. 1 Impression NOlenbeilagf!: Joseph Mafx AJbumbllll1

- =
= 1. Märzhefi 1920: 2. Märzhefl1920: =
===
=
Hugo Kauder . . . .
B. PoumgMlner. . .
. Zur KulJurgj!sdlidJt~ der Musik
. Reform des Pr!valunlerridlt,,~
Geor<] Klaren. . .
tiul)o Kauder '
. . Zur Technik cl<:i OpernbudJes
. '" . frogmO!ute
::: Guldo M. G<1l!J . •. , . 1J<lllilnlsme Mmlk I (ClIell<l! SIt>I!(l Stom . .. ., . . . . . . Plmlik der TOilbildUUj
==
--:
===
Rlch<lfd Spechi . . .
Rud. SI. Holfmanu
M. Chop.
Dlngenl<'!n 11 (Rldwrd SlrilUp
• . Die Gc.r:elchnel~n In WI',:,n
• Momenlbi!der (lU~ dem Berliner MlI~lkb.,lrleb
Egon Welkst_ . . . . , . . Ungur/3dle MUI'K lßtld ßllrlök
Rlmurd Spedll, . , , ' . Dirigenten 111 (F\!ltx \V~ln\loduer
Peu! NeU1 . . DM ~ympflOni\dJ(~ Smtljjer\ G. v. KeLJIllen
load11m ß~d,
==
_
t=
-
Pou] Bekker . . . . . . Ein Sdlönberg-Abend in frankjurl
GI 0 ~ SEIn: ProbenbelLidl von Broeslke-SdJoen; Der musl-
kollsdJe ForhdJrlll von Ern11 KanUz; Musik In Wien von
egon Wellesr. .
, . . . . . . . . . " . HidJael Bohnell
MichaEl ßOhllli!fI In Wien
GloH~n: Progl'<lmme von R. SI. liojfmilnn; Tanzkum! ills

==

==
R, SI. Hoffmilnn; Krilik der Krillk VOll R. SI. Hollmonn I
ee~prechungen I Neu~ Nolen und Büdler
Nol enb ei loge: WIJhelm Grosz Trübes lied
Amdrud\ von Pllul Sl'lflln; Musik In Wien von R SI. Ho!fmi'lnn!
BelpredJungen / Neue Not~n und ßOdler
No len be I li'I,g e: Egon We!lesz 2 Kla'.'lerslurkc op. 26

~I I I I I I I I I I I I I I I I I \I lI lI lI lIlIlIlIl !lI lI lIl I lI l Il lIl I lI\lIlIl IlI lIlI lIlI\1 \lIl1 l 1 l1 l1 l 1l1 l1l1l1l1 l 1il l l l\l I I lI IlI l I l!I I I1 I 1 ~
324
RUDOlF CAHN·SPEYER
Handbuch· des Dirigierens
VIII, 284· Seiten Oklav. GehefIel 15 Mark, gebunden 19 Mark
mss

ersle Buch über das Dirigieren, das in systematischer Weise die Probleme
behandelf, mit· denen sich jeder Dirigenl in der Praxis und Theorie aus-
einander selzen mu~. Aus der Praxis hervorgegangen, isl es in ersler linie
. für diese gedacht, also ein Buch für angehende Dirigenlen, aber auch fÜI'
jeden anderen ausübenden Musiker, nichl zulelzl für den Sänger. Es gliederl
sich in drei Ableilungen: Phrasierung, Agogik und Dynamik, analysierl ästhelisch
in jeder die Aufgabe des Dirigenten, gibl ihm die Miffel und Kunslgriffe an die Hand,
durch die er seine Absichlen beim Einsludieren und beim eigenflid,en Dirigieren ver-
wirklichen kann. Zur Erläulerung dienen zahlreiche Nolenbeispiele aus bekannten Werken
aus Konzerl und Thealer von Bach bis zu Richard Slrau~. Slellen, die erfahrllngsgemä~
leichI zu mi~lingen pflegen, fanden vor allem Aufnahme. Der Persönlichkeil und
6>6>S>S>6>6> der Auffassung widmet das Buch besondere Kapilel. S>S>6>6>S>S>
,

• man

Verlag Breitkopf &. Härte!, Leipzig-Berlin


••••••••••••••••••••••••••••••••••••
• •
! AUSSCHREIBUNG!

'.

Die Stellung des Dirigenten unserer Konzerte wird nach Berufung unseres bisherigen
Dirigenten, Herrn Wilhdm Sieben, zum städtischen Musikdirektor in Dortmund
"
• hiemit ausgeschrieben. W-ir veranstalten in jedem Winter: •
• Z.ehn große Sinfonie..Konzerte mit der auf 65 bis 80 Musiker versHlrkten Stadttheater.. •
• Kapelle- unter Mitwirkung namhafter auswärtiger Solisten. •
Sechs volkstümliche Sinfonie ..Konzerte mit der 53 Musiker starken Theater .. Kapelle Q
•• unter Mitwirkung hiesiger und auswärtiger Solisten. ::
• Mit der Stellung ist voraussichtlich verbunden: Die musikalische Leitung der hiesigen •
SING.. AKADEMIE (gemischter Chor), des Männergesangvereins MELODIA (110 Sänger) ..
• und eventuell des Dilettanten.. Orchestervereins PHILHARMONIE UND MUSIK.. VEREIN ,.
'. (60 Aktive)t welche Vereine selbständige öffentliche Konzerte veranstalten. Ferner käme •
• alljährlich die Leitung eines großen Orchester ..Konzertes. des hiesigen BUNDES FÜR ,.
NEUE TONKUNST, in Frage. Die Gesamtbeziige bdaufen sich, abgesehen von den
• ü.blichen Nebenverdiensten, auf etwa Mk. 16.0QO·- bis 18.000'- jährlich. Ausführliche ,
• Bewerbungen mit Lebenslauf werden bis zum' 15. Juni 1920 an den Schriftführer 4er •
Königsberger Sinfonie..Konzerte, Herrn Kaufmann Paul H ö lze r - hier, Kaiser Wilhe1m.. , •
• platz 1. erbeten. Vier bis sechs Bewerber werden zum Dirigieren, je eines der nächst..
• winterlichen großen Sinfonie..Konzerte und einer Chorprobe, gegen eine Entschädigung •
• von Mk. 500'- und Bahnfahrt 11. Klasse, aUfgefordert. •
• Der Vorstand der Königsberger Sinfonie..Konzerte E. V. •
i ' von BRÜN~EK, Landesbauptmann der Provinz Ostpreußen, Vorsitzender. •

••••••••••••••••••••••••••••••••••••••
325
ngen Wlener l1uslk
Veranstaltet uon der GemeInde WIen
,
,
, ZS. l1al bIs 13. I9ZU
.................................................................................................................................................
,

Mittwocb, 26. Mai: Staatsoper: "Cosi fan tutte" Nacbmittags: Singvereinskonzed, Großer
(N euinszenierung, Ricbard _Strauß). Musikvcreinssaal(Philbannoniker): Ouver'
Donnerstag, 27. Mai, 1/24 Uhr nadJmittags: türc von Korngold,Bucb Hiob von Ptobaska,
Haydn·Mozatt·Konzert im Saal der fika· Esdur·SinfonievonFranzScbmidt.Ditigent
detriie der Wissenschaften (fIula der alten Pranz Smalk.
Universität). Pbilbannoniker, Weingartner. Freitag, 4.Juni, Staatsoper: "Die 6ezeicfmeten".
Freitag, 28. Mai, nachmittags: Sitzungssaal d_es Samstag,5.Juni, nachmittags: Kleine:t' Konzett-
alten Ratbauses: Hugo Wolf-Konzert: Cböre, baussaal: Kammerkonzert (Manc, Brahms,
Michelangelo.Lieder, Serenade, Lieder. Haydn).
IIbends: Staatsoper: "Königin von Saba". Hbends: Großer Musikvereinssaal: Chor-
Samstag, 29. Mai, abends: Großer Konzert baus- konzert des Wiener Männergesangvereines
. saal: Brnckner, III. Sinfonie, F moU-Messe (Bruckner, Kienzl. Reiter u. s. w.).
(Ferdinand Löwe). Sonntag, 6. Juni: "Ein Tag in Klostemeuburg".
Sonntag, 30. Mai, 1/210 Ubr vormittags: Domini- Rbends:
Nürnberg", Volksoper: "Die Meistetaingervon
kanerkirche: Messe in C von J. J. Fux. M
Burgkapelle: B't'uckner, E moU-Messe.
J S
ontag, 1. uni: taatsoper: "Dor s ule' ,
f '" '
Mittags:Philba't'monischesKonzert,Mahlcr, Di~n~~~~n;.aj~ni, .. Uht' nachmittags: Liebten.
IV. Sinfonie, Ricba't'd Stt'auß: "Hlso sprach tatc't' Ki't'cbe: Schubert, Hs dUt'"Messe.
Za't'atbustra". Dirigent Ricbat'd Strauß. H G ß K M bl
IIbends: G't'oße't' Musikvereinssaal: Moder- bends: t'o er onzertbaussaal: a ers
III. Sinfonie (Furtwängler). .
nesKonzert, DirigentfUexandet'ZemUnsky Mittwoch, 9. Juni: Staatsoper: Ballett.
(Hausegger, Zemlinsky, Ormesterliedet:, BU't'gtbeatet': Festvorstellung.
Scbönber 9, "PeUeas und Melisande"). Donne't'stag. 10. Juni: Deutsches Volkstbeatet:
Montag, 31. Mai,abends:8taatsoper:"fIriadne "Der liebe flugustin ll (Bittner). Großer
auf Naxos" (Wiener Fassung). MU$ikverelnssaal: Beethoven, lX. Sinfonie.
Dienstag, 1.Juni, abends: Großer Musikverein&> Freitag. 11. Juni: Staatsoper: "Fidelio u •
saal:Pbilbarmoniker, Weingartner,Brabms, Samstag, 12. und Sonntag, 13. Juni: Staats-
H. Sinfonie, Mozart, Violinkonzert EI dur, oper: Elrnold Scbönbet'gsGunelleder, Dit'i-
8cbubert, H moll·Sinfonie. gent der Komponist.
Mittwocb, 2. Juni, nammittags: Bu't'g, Redouten- Samstag, 12. und Sonntag, 13. Juni: Wienet'
saal: Scbubertiade (Chöre. Liedet, Forellen- Volksmusik im EngliSchen Garten.
quintett). Sonntag, 13. Juni, 9 Uhr vormittags: Stephans.
llbends: Großer Konzetthaussaal: Junge kirche: Messe von Roben Fueba.
Wiener Komponisten (8zell, Kaudet', 8eholz, 1/2 11 Ubt' vormittags die "Missa solemnis"
Weigel). Dirigent Georg Szell. in der Othmarkircbe in MadUng.
Donnerstag, 3. Juni, 11 Ubt vormittags: Peters~ 11 Ubr vormittags: Mat'ia am Gestade:
kirche: Messe von Mozart (Opernchor). Messe: von Lecbtbater.
übersicht der zeitgenössismen Kammermusik dut'cb Dat'bietungen des Wienet' Tonkünstler"
vet:eines im Kunstsalon Mietbke.
Ferner am 3. Juni, 11 Uhr vormittags: Gumpendorfet Ki't'cbe: Votivmesse von Krenn, am
Freitag, 11. Juni, 4 UDt nachmittags: Minoritenkircbe: Theresiamesse von Haydn, am 13. Juni,
10 Ubt vormittags: Servitenkirche: Paukensolo-Messe von Haydn; dann am 3. Juni ein
Geistliches Festspiel von Ricbard Kralik (Urania), am 4. Juni ein Konzert des CamiUo Hot'n-
Bundes (Tittel, Konta, Pleß, Hotn), am 6. Juni ein Hbend Freibeitslieder (Htbeitet'getlangvereine
Wiens), am 7. Juni modemes Cbot'konzert (Philbarmonischer Cbor unter Franz Scbt'eker).
am 9. Juni Wienet Cboruteratur (Eisenbabnergesangsverein). - 'Letztere Veranstaltungen
im gtoßen Konzedbaussaat.
Die Wienet klassische Ope't'ette: Jobann Strauß: "Karneval In Rom", "Prinz Methusalem";
Millöcker: "Hnner Jonatban"; Suppe: "Boccaccio"j Heuberger: "Ocr OpembaW'.
Hnftagen an das Bureau der Veranstaltung, Neues Ratbaus, Wien.
Vormerkungen fü't' alle Veranstaltungen bei der Geschäftsstelle det' Meisterauffübrungen,
Wien, I. Musikveteinsgebäude.

326
2. ;JlJ.br-glJ.Dg, NummfJr· 9

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

~
cr~~gemeil1er
..-..........._ reif'
.._..................... . . . . - ...
UMWERTUNG DER M E L.O DIE
Von Walter Schrenk, Berlin
Mit dem Wehen des neuen schöpferischen Geistes, der unserer sozialen und
künstlerischen Welt Umwälzungen und Umwertungen gebracht hat und immer
wieder bringt, ist auch in der Musik die uralte Frage nach Sinn und Wesen der
"Melodie" in neuer und beziehungsreicher Weise wieder in den Brennpunkt der
Forderungen gerückt worden. Nicht handelt es sich hier um die Melodie, die hand-
greiflich, getragen von einem allzeit bereiten rhythmischen Schema und vom
bequemen Wechsel der Tonika und Dominante, leicht und glatt ins Ohr fließt, nein,
sondern der Wille zu einer Durchdringung jeglichen musikalischen Schaffens mit
dem Melos ist erneut erwacht, der Wille zur Beugung jeder Linie unter das Gesetz
de. Melodischen.
"Erneut", sage ich. Für den, dem die Geschichte der Musik nicht fremd ist,
ziehen sich seltsame Parallelen von der Kunst lange versunkener Jahrhunderte zu
dem neuen musikalisch-schöpferischen Willen unserer Zeit. Heraklits Satz vom
ewigen Wechsel aller Dinge wirkt mächtig im Gewebe der melodischen Erscheinungen
innerhalb der Jahrhunderte; ein großes Auf und Ab geht durch die Melodiegeschichte.
Das ist der Widerstreit zwischen melodisch-linearer und harmonisch-vertikaler Setz-
weise. In breitem Strom fließt melodischer Impuls durch die weiten Bogen des
"Gregorianischen Gesanges"; sie werden geformt von einem ursprünglich linear
gerichteten Willen, ihm einzig und allein untertan. Schon aber schleicht sich die
Tendenz zu vertikaler Ve~bindung zweier Stimmen ein, als man nun daran geht,
diese Melodien zu kombinieren. Nicht frei strömende melodische EI,Itwicklung bindet
in den ersten Versuchen des 0 r g a n ums und der Dia p h 0 nie die Stimmen
aneinander, sondern deutlich zeigen die theoretischen Traktate den Beurteilungs-
maßstab des "Zusammenklanges" im harmonischen Sinn. Erst der hn 12. Jahr-
hundert erstehende "Diskantus" läßt deutlich einen Wandel erkennen, indem er
in seinen den tt Tenor ll umspielenden melismatischen Bildungen offenbar durchaus
melodisch gerichtete Linien gegeneinander führt und sie von der Fessel des "punetus

327
contra punctum" entbindet. Der Rückschlag erfolgt dann wieder durch den aus
England herübergebrachten "F a u x b 0 u r don u, der durch schematisch...vertikale
Anwendung der s<:ilon im 13. Jahrhundert zu Konsonanzen erhobenen Terzen und
Sexten das Akkordhören (also äußerlich angeschaut: in Sextakkorden) fördert. Und
wieder hebt eine mächtige Welle den m~lodischen Willen zum Lichte in der
Florentiner "A r s no v a" des 14. Jahrhunderts. Nicht allein herrscht mehr der
Cantus firmus, sondern einer frei erfundenen Oberstimme gegenüber stehen in
freier Melodik sich ergehende Gegenlinien in zuweilen recht rücksichtsloser Führung·
Für den Satz aber, der Note gegen Note bindet, setzt sich der Ansdruck "Contra-
punctus" fest, den ja schon der jüngere Johannes de Garlandia des 14. Jahrhunderts
gebraucht hatte.
Nun aber beginnen die "Niederländischen Schulen" ihren Einfluß auszu-
breiten und Ströme reichsten melodischen Blühens gehen von ihnen aus. Mächtig
beflügelt sich der melodische Wille durch das aus den alten Kanons kommende
Prinzip der Imitationen. All die vielberufenen Künste der Niederländer, wie
Vergrößerungen, Diminuierungen, Umkehrungen, entwachsen einem durchaus
melodischen Kern, die Erhöhungen des Leittones mit ihrem eindeutigen Hinwenden
zum Endtone (Finalis), die man unter dem Namen "musica ficta" begreift, bringen
größere melodische Bewegung und Freizügigkeit. Doch schon sind wir in einer Zeit,
die deutlich nach Zersetzung des melodischen Grundwillens durch immer stärkere
Betonung harmonischer Zusammenklangsgesetze strebt. In der Mitte des 16. Jahr-
hunderts (1558) schreibt Joseffo Zarlino seine "Istituzioni harmoniehe", diese erste
Formulierung des Tonalitätsprinzips, und es ist nicht zu leugnen, daß die bei den
großen Meister, welche die polyphone Kunst der Niederländer im 16. Jahrhundert
abschließen', Orlando di Lasso und Palestrina, dem ha~monischen Einfluß viel mehr
unterliegen als z. B. Josquin de Pres.
Das Prinzip der harmonischen Setzweise, das nebenher in Deutschland zu voller
Blüte gereift war, gelangte nun sieghaft zum Durchbruch mit dem Beginn des
17. Jahrhunderts. Wieder gehen diese "nuove musiche" 'von Florenz aus, die durch
den Generalbaß zu immer vertiefterer Kenntnis des Akkordsystems und damit der
Tonalität kommen, bis Rameau hier 1722 einen Abschluß gibt. Gleichzeitig aber lebt
die lineare Satztechnik wieder auf durch den großen Aufschwung der Instrumental-
musik, neue Kraft saugt sie aus der fruchtbaren Verbindung mit der entwickelten
Harmonik; so die Vorbedingung schaffend für das Wirken Sebastian Bachs, der
noch einmal das Prinzip melodischer Gestaltung zur unbegreiflichsten Höhe führt.
Nach seinem Tode (1750) geht dies alles schnell verloren in der machtvoll sich
durchsetzenden harmonisch-vertikalen Schreibweise des Klassizismus. Dieser nivelliert
die großartige, den Taktstrich frei überflutende Rhythmik der melodisch-linear
gerichteten Kunst des polyphonen Zeitalters durch eine schematische Akzentuierung,
die ihre Begründung aus der harmonischen Unterlage zog. Periodenbildungen und
Liedmelodien, wie sie im 14.-16. Jahrhundert in größeren Komplexen vorkommen,
sind ihm fremd, und es ist unbestreitbar, daß dadurch eine große Zahl von reichen
Entwicklungsmöglichkeiten nicht zur Auswirkung gekommen ist.
Wer wollte leugnen, daß unsere Klassiker und ihre Nachfolger, bis hin zu den
unter uns Lebenden, die Musik zu einem wahrhaft bewundernswerten Gipfel geführt
haben; wer aber unter uns, der den Geist des Neuen in sich wirken fühlt, hört nicht
die neuen Quellen rauschen?! Eine Krisis ohnegleichen ist auch in künstlerischer

328
Beziehung über uns hereingebrochen; wieder wandelt sich der Grund, auf dem
unsere Musik nun seit fast 350 Jahren steht, das neue Ethos, das unsere Zeit
beseelt, verlangt nach einer Erneuerung des melodischen Empfindens, nicht auf dem
Boden der Tonalität, sondern durch eine Umbasierung der elementarsten, bisher
geltenden Voraussetzungen der üblichen Melodik. Daß hiebei die ästhetische Spekulation
eine wichtige Rolle spielt, hat scl:lOn Paul Bekker in seinem, in der Schriftenreihe
"Tribüne der Kunst und Zeit ll erschienenen kleinen, aber gewichtigen Büchlein
über "Neue Musik u betont. Die Kunst der Vergangenheit ist in einer neuen Weise
zu etwas Gegenwärtigem geworden, und daß dies Gegenwärtige so wenig Verständnis
findet, beruht zum großen Teil auf einer falschen Verkettung des Begriffes des
Melodischen mit dem der Melodie. Vom 17. Jahrhundert an beginnt die "Melodie"
(in diesem beschränkten Sinne) vorzudringen und damit die Tendenz; die Mehr-
stimmigkeit zur harmonischen Setzart zu drängen. Nun aber werden diese Fesseln
entschlossen abgeworfen; die konsequente, logische Entwicklung jeder Einzelstimme
kann sich in ihrer freien Auswirkung nicht mehr an den mehr oder weniger
"schönen" Zusammenklang binden, ungehemmt will sie das Geistige, dessen Ver-
mittlung sie tragen soll, aussprechen, und SQ schreitet sie mit somnambuler Sicher..
heit durch neue Klänge und unwegsame Tiefen des Inneren in großer Unerbittlich-
keit. Mit Bewußtsein verknüpft sich die neue Kunst einzelnen Epochen, die
lange Jahrhunderte zurückliegen, und zieht aus ihnen neue Kraft und neue
Befruchtung. Immer sind dann aber auch die Unverständigen, an der Tradition
Klebenden da, um mit ihrem Geschrei von Entartung die Luft zu erfüllen.
Es ist beklagenswert, daß sich auch ein solcher Geist wie Hans Pfitzner in
seinem Buche über "Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz" ihnen
beigesellt hat. Ganz abgesehen von der unerhörten und unzulässigen Verquickung
politischer und künstlerischer Ansichten (im IV. Abschnitt), beweist er darin
einen erschreckenden Mangel an historischer und kritischer Einsicht. Ich frage
nun: In welcher Tatsache liegt ein Anhalt dafür, daß die einseitige harmonische
Einstellung unserer Musik neues Blut zuzuführen vermag; in welcher Tatsache
liegt die Begründung der Ansicht, daß die neue Richtung "falsch" ist, und
welcher Weg erscheint aussichtsreicher?! Wir fühlen eS doch alle, daß wir in eine
Sackgasse geraten sind und daß nur die Besinnung auf tiefste Kräfte in uns, daß
nur die reinste Geistigkeit uns hinausführt in neues Land. Wir wissen und fühlen
es, daß es nicht nur ei n e n Weg nach Rom gibt, daß sich Schöpferkraft aussprechen
kann in Formen, für die alle bisher gültigen Maßstäbe versagen. Das Kunstwerk
ist eine Erscheinung des Unendlichen in endlicher Gestalt, diese Gestalt wird aber
einzig und allein bestimmt von dem Geist, der das Kunstwerk trägt. In der Tat-
sache aber, daß das musikalisch-schöpferische Wirken unserer Tage deutlich anknüpft
an Erscheinungen, die in früheren Jahrhunderten formbildende Kraft hatten, sehen
wir eine gute Gewähr für die Richtigkeit des Weges, auf dem es vorwärts geht.
Das Gefühl für das Wesentliche und Wesenhafte durchströmt unsere neue junge
Kunst in so beglückender Weise, daß die lebendige Kraft ihrer Visionen für unsere
Musik noch einmal fruchttragend sein wird.
c c

329
p A R E R G A
Von Max Broesike-Schoen, Dresden
,
1. Wäre man sich doch im Empfangen des Künstlerischen immer bewußt, daß
im Grunde nie so sehr das Was als das Wie entscheidet, ersteres oft nur Urstoff,
Element, Bildungsmöglichkeit ist, während das Wie erst Erweckung, Unendlichkeit,
Mannigfaltigkeit der Erscheinung bedeutet, aus der das Leben qui1Jt! Irgendeine
Affinität (Reminiszenz, Stilgleichungen, formale Axiome) an die wir uns vorschnell
klammern, ist meist nur Formel, Wert, Erfahrung, Baustein, die biologisch über-
nommen und nutzbar gemacht ,werden, aber nicht zur Entscheidung berechtigen.
Maßgebend nur das Fluid, der energetische Wert, der dem Schema, dem Vorgefundenen
mitgeteilt wird. Die Trivialität, die nach geprägten und gewurzehen Werten urteilt,
sieht nur den Umriß, die platte Gegenständlichkeit, nicht die Nuance, die letzte
Weisheit und Entwicklung, das Salz der Kunst ist. Aus dem Wie entsteht in einer
Staffelung das Was und wieder umgekehrt organisch das .Prisma, im Weiterbilden,
Ausstrahlung für Neues. Also wesentliche Aufgabe des Analytikers, Mikroskop für
das Detail, die Absplitterung, das Plasma, das Aroma, die Diffusionen der Wirkung
zu sein. Erziehung zur Subtilität, zum Zwischenwert.

2. Wahre Förderung der Kunst ist nur durch intuitive Kritik möglich, die isoliert
wie die Genialität selber ist. Nur Phänomen und Begabung, die wir stützen und
ihr Formmöglichkeit, bedingungslose Freiheit geben müssen. Ihre Qualifizierung
allein durch den Künstler selbst, :der sich durchdrungen und erkannt fühlt, dem
sie wahrhaft (relativ) objektive Spiegelung von Wollen und Wünschen bedeutet.
Alle diejenigen, die selbst wieder eine Kategorie des Künstlers bilden, Künstler der
Rezeptivität, die die Kunst als Produktion ergänzen, das weibliche zum männlichen
Prinzip, innerhalb alles Subjektiven wieder objektive Abspaltung. Daher auch hier
absolute und relative Kritik, Kritik des Instinkts, der Erleuchtung und Kritik der
Logik, des Kalküls, des Akademischen, die eine obere und untere Schicht der Er-
kenntnis bilden, qualitativ geschieden, obwohl sie sich praktisch, organisch in ihrer
Aufgabe bedingen. Aber nicht Kritik schlechthin, die unterschiedslos befehlen darf,
die, teils Stimmung, teils Journalistik, in ihrer Schicksalsbedeutung in begrifflichem
Halbdunkel bleibt.

3. Die wunderbarste und köstlichste Errungenschaft des modernen Orchesters


die Celesta, die, aristokratisch und leuchtend zugleich, Politur und Bronzierung des
Klanges ist, Objekt und Inhalt, dem sie sich bindet, akustische Metaphysik, Ver-
geistigung gibt; das Wesen des Klanges als Spiritualität in sich birgt, Mittel und
Zweck zugleich, im Namen - Zufall, Ahnung des Ereignisses - Symbol. Freilich
nur für den, der ihre Seele versteht, und deren sind - trotz des Bemühens -
wenige.

4. Die eigentliche Aufgabe der Musik-Analytik, gleichviel welcher Aufgabe sie


dient, die Beziehungen zu Geist, Welt, Natur, Mensch in tausendfältigem Austausch
und Antastungen unauthaltsam zu erweitern und aufzuspüren. Erhebung der Musik

330
zur Universalität y.u,' t50XijV, Lösung ihrer tönenden Idee, ihrer Symbolik in
ihre Sphären und einzelnen Konkretionen. Also gerade Befreiung der Musik aus
ihrer Beziehungslosigkeit, ihrer Absolutheit, ihres (relativen) Schweigens, das dem
Alltag ihre Tiefen birgt; Objektivation ihres Wi11ens, Bejahung als Erscheinungs-
fülle und -Symbolik, ihrer Einschmelzung und Spiegelungsmöglichkeit alles
Gegebenen. Als Ziel, Bewußtheit, System, Unmittelbarkeit. Musik als pragmatische
Kunst. Davon sind wir - dank der posthumen Erbfolge der Musik - noch ebenso-
weit entfernt, wie uns andere Geistigkeiten den Weg zur Beziehungsfülle geebnet
haben. Wir versagen uns abstrakte Wonnen, die nur· wenige Begnadete fühlen.
Endgültig zu lösen nicht durch pedantische Seziertechnik des Historisierens, sondern
durch am Daseinsstrome gesättigte Fähigkeit, Relationen zu entdecken, Bindung
von Begriffsmöglichkeiten zu. vollziehen, Pantheismen zu fühlen.
c

5. Wie man sich in der Kunst immer wieder zelotisch am Alten erfreuen, an
ihm zäh festhalten kann, ohne den Strom des Gegenwärtigen zu fühlen, ist mir
unerfindlich. Ein heiliges Gefühl der Dankbarkeit erfüllt mich gegenüber denen,
die den Gedanken der Kunst, ihrer Beredsamkeit, immer schöner, kosmischer
strahlen lassen, zur Reife führen sollen, die latente Beziehungen suchen, runden
und klären wollen. Das lehrt wohl schon - in der Breitung, Profilierung des
geistigen Gewebes, nicht im absoluten Wert - der Vergleich eines symphonisch
gereinigten Vorspieles mit einer Operu"Quvertüre alten Schlages und wäre sie von
Weber oder eherubini.
c

6. Wohl als einzige unter den Künsten hat die Musik ein Janusgesicht: Sie
ist materiell und geistig, je nach der Richtung des Geistes,. in der wir sie' ordnen,
oder der Anschauung, in der wir ihr dienen wollen, ja beides zugleich in derselben
Formel, demselben Ausdruck (etwa psychologische oder figurative Motivik, Kontra-
punktik). Sie ist der Relativität und dem guten Willen zu ihr unterworfen, dessen
Regulator wir selbst sind. Es handelt sich darum, das Formale so zu richten, zu
substanzieren. daß es sich als geistig aufzwingt.
c

7. Etwa: Mozart die Intuition der Musikalität apriori, ihres immanenten


Gesetzes, Beethoven des Gefühls, Schubert des Melodischen, Wagner des Intellek-
tuellen (der· Möglichkeiten), Strauß des Synthetischen (formal), Debussy der
Spiritualität (in der Materie), Mahler der Hingebung an den Stoff, Scriabine der
Sensibilität (als Möglichkeit und Transzendenz); Intuition im Sinne einer Durch-
dringung, höchsten Verlebendigung, als Entwicklungswert genommen.
c

8. Die Symphonie unausgesprochenes, Mikrokosmos gebliebenes Drama des


Menschlichen und Geistigen - das Musikdrama reale Symphonie der Welt und
der Seele, als Sinnlichkeit und Geste. Beide Vollkommenheit, höchste Möglichkeit
und Gebundenheit, die von verschiedenen Punkten zu gleichen Ziel streben, gleiche
Zentripetalkraft besitzen. Also: das eine gebundene Abstraktion, die nach Um-
setzung und Herauslösung strebt, das andere Konkretion, die das Bedürfnis nach

331
Abstraktion und Geistwerdung in sich trägt. Wir suchen den Schöpfer, der dies
Spiegelbild fleckenlos, silbern einfängt, in dem sie sich erkennen und erkannt
werden. Gewinnen sie nicht den Reflex, der zugleich dUl'ch formale Plastik geleitet
wird, sind sie seelenlos, Kunst ohne Schatten. Aber auch der Reflex verlangt, ob
im Partiellen oder in der Synthese, Einheit und Ungebrochenheit, und darin ruht
das Problem der Oper und der Symphonie von heute, die wohl Farbigkeit, Skalen-
pracht, aber keinen Brennpunkt findet.
c

9. Das Musikdrama sollte im Symphonischen weniger darauf sehen, zu unte,.,


malen, illustrieren und bereits in Szene und Wort Gegebenes unnütz zu unter-
streichen, als Unterbeziehungen zu sondern und ihnen Sprache zu geben, die das
Wort verschweigt und in der Fülle des Dialektischen, das die Bühne sozusagen
horizontal in der Aktion enthält, entgleiten lassen muß. Es muß unter den
konstitutiv begrenzten Möglichkeiten der Andeutung, der Gesamtheit des Aus-
zudeutenden dasjenige auswählen, das ideell steigert und ergänzt. Am besten: das
Illustrative zugleich ideell, symbolisch, verknüpft wirken zu lassen, das. Hermeneu-
tische zu komprimieren, daß es vieldeutig und eindeutig wird. Dies Sache der
Intuition, die die Rätsel der Kunst und ihren gordischen Knoten allein löst.
c

10. Die Unmöglichkeit, in der Reproduktion dauernd, endgültig, nicht nur in der
Flüchtigkeit einer Inspiration, einer glücklichen Voraussetzung zum reinen Gedanken
der Kunst vorzudringen, die Entfernung, in der wir uns, meist im Bemühen
schon gebunden, immer von ihm befinden, kann mit bitterem Pessimismus er ...
füllen. Sollte es wahr sein, daß uns nur in Träumen die kostbare Blume blüht?
Könnten wir nur im Streben, Fordern seine letzte Befriedigung finden? Oder gäbe
es eine Möglichkeit, analytisch, selbstbeobachtend Bedingungen und Voraussetzungen
endgültig zu verdichten?

c c

332
r;, i/
DIE ZUKUNFT DER HAUSMUSIK
Von Prof. Eu gen Sc h mit z, Dresden
Die Hausmusik ist seit langem ein Sorgenkind der ernsten Kulturhüter gewesen.
Vor etwa hundert Jahren begann ihre Entwicklung zu stocken und die segensreiche
Wirkung, die sie früheren Geschlechtern unentwegt gespendet hatte, verlor sich.
Allerdings schien unmittelbar vor der Weltkatastrophe ein leiser Aufschwung ein-
zusetzen. Die Verbesserung und Verbilligung der Klavierauszüge trug das vorbereitende
Studium von Opern und Chorwerken in immer weitere Kreise, die Wiedererweckung
alter Musik durch die Musikforschung bot dem häuslichen Musizieren manche An-
regung und Bereicherung, wie z. B. die Erneuerung von Lautenspiel und Lauten . .
sang, und endlich schien sogar in der modernen Komposition ein gewisser besehei. .
dener Seitenzweig intimer Kunst aufsprießen zu wollen, der aus dem Trubel öffent'
lichen Musikbetriebes ins stille Kämmerlein wies. Das Elend der Notkriegszeit hat
diese Entwicklung rauh unterbrochen. Die Frage nach der Zukunft der Hausmusik
ist heute nicht mehr nur ästhetisch, sondern vor allem wirtschaftlich bedingt. Und
damit in die allgemeine Trostlosigkeit von heute bedenklich verstrickt.
Jedwedes häusliche Musizieren wird nämlich künftighin aufs empfindlichste zu
leiden haben, einmal unter der maßlosen Verteuerung aller Instrumente, insbesondere
des als Hausinstrument alteingebürgerten Klaviers, sodann unter den großen
Schwierigkeiten der Beschaffung von Notenmaterial. Die Zeit, wo jede bessere
Familienwohnung ihr Pianino oder wohl gar ihren Stutzflügel hatte, dürfte vorüber
sein, sobald der augenblicklich noch in Betrieb stehende Bestand solcher Instrumente
aufgebraucht ist. Ein Klavier - oder auch ein Harmonium - anzuschaffen, wird
bei den Phantasiepreis~n, die heute gefordert werden, nur mehr dem Reichen möglich
sein; der Mittelstand kann sich für dasselbe Geld, für das er früher ein anständiges
Pianino bekam, allenfalls eine leidliche - Gitarre kaufen. Der Ärmere aber muß
jeden Gedanken an Verschönerung seines Heims durch ein Musikinstrument zu. .
nächst wohl aufgeben. Noch schlimmer beinahe steht es um die Frage des Musi'
kalienmarktes, denn hier herrscht nicht nur Teuerung, sondern auch Mangel.
Infolge der Papierknappheit nämlich können viele, gerade für die Hausmusik sehr
wichtige Ausgaben überhaupt nicht mehr gedruckt werden, so daß also dem häuslichen
Musizieren allmählich in vollstem Sinne des Wortes die geistige Nahrung entzogen
wird. In der Tat Verhältnisse, die alle der Hausmusik ehemals im Wege stehenden
künstlerischen Schwierigkeiten als verschwindend geringfügig erscheinen lassen. Früher
konnte es um die Hausmusik trefflich bestellt sein, sobald die beteiligten Kreise
nur wollten; heute ist dieser gute Wille leider erst ein sehr schwacher Anfang zu
möglicher Rettung.
Zu m ö gl ich erRettung? Winkt der Hausmusik trotz alledem noch eine Zu-
kunft? Vielleicht. Denn es lassen sich immerhin Mittel denken, um den geschilderten
Schwierigkeiten entgegenzuarbeiten und ihnen wenigstens ihren lebensahschnürenden
Charakter zu nehmen. Nur muß man eben auch hier nach dem Grundsatze: "Arbeiten,

333
nicht verzweifeln!40 handeln. Was zunächst die Instrumentennot betrifft, so gilt es
vor allem, die bisherige Vorherrschaft des Klaviers durch erneute und erweiterte
Pflege von halbwegs erschwinglichen Instrumenten, insbesondere des Gi t a r ren... und
Lau t e n spiels, zu ersetzen. Auf die Laute stützte sich die deutsche Hausmusik vor-
wiegend im 16. Jahrhundert und ist nicht schlecht dabei gefahren; auch die wichtige
Rolle der Vermittlung größerer Werke in Form der Bearbeitung oder des "Auszuges"
war in einer ganz dem modernen Klavierauszug entsprechenden Weise von jener
alten Lautenmusik übernommen worden. Entsprechender Ausbau des Instrumentes
und seiner Technik ließe es in diesem Sinne wohl auch gesteigerten modernen An...
sprüchen tauglich machen. Die bescheidenere Gitarre aber hat noch in den Tagen
der Klassiker und Romantiker jahrzehntelang das deutsche Haus beherrscht, und
selbst die Liedeskunst eines Franz Schubert wurzelt, wie gerade die jüngste For-
schung wieder dargetan hat, zum Teil im Gitarrespiel. Wie denn überhaupt die
Zupfinstrumente als besonders geeignete Begleiter der menschlichen Stimme dem
Gesang und damit der letzten Endes edelsten Art häuslichen Musizierens den Boden
bereiteten und stets bereiten werden. Wenn auf solche Weise die allzu einseitige
Beschränkung auf das Klavierspiel in den Kreisen der Musikfreunde verschwände,
wäre aus der Not sogar eine Tugend gemacht. Freilich bleibt doch das Klavier,
seiner eigenen Literatur und seiner Fähigkeiten zur Übertragung größerer Werke
wegen, für die Hausmusik in jedem Falle wichtig genug, um auch zu seinen Gunsten
Rettungsversuche nahezulegen. Da wäre ein Ausweg vielleicht das Zur ü c k g reif e n
auf die kleineren alten Typen des Klavichords und Klavizimbels.
Mit ihrer viel weniger verwickelten Mechanik und ihrem geringeren' Bedarf an
Material könnte sie der heutige Klavierbau wohl zu volkstümlicheren Preisen herstellen,
als den anspruchsvollen Wundermechanismus eines modernen Hammerklaviers. Und
wäre dabei mit Hilfe der jüngsten technischen Errungenschaften vielleicht doch in
der Lage, ihre Ausdrucksfähigkeit gegen früher so zu steigern, daß sie den gegen-
wä~tigen Bedürfnissen des Klavierspiels einigermaßen entgegenkommt. Der Gedanke
als solcher liegt jedenfalls nahe und die Klavierindustrie würde, wenn sie ihn sofort
energisch aufgriffe, wohl inrgleichem Maße zeitgemäßen Kunstbedürfnissen, wie ihrem
eigenen Vorteil dienen.
Haben wir aber solcherart erst wieder Instrumente dem häuslichen Musizieren
zugeführt, dann wird sich auch die Musikalienfrage lösen lassen. Zum alten Mittel
handschriftlicher Verbreitung von Musik freilich können wir wohl nicht mehr zurück-
kehren, einmal, weil wir nicht die Zeit und die ruhigen Nerven unserer Urgroß-
väter haben und sodann, weil man ja auch zum Schreiben von Musikalien kost-
bares - Papier braucht. Während gerade die Papiernot des Musikalien d r u c k e s
keineswegs ganz unheilbar erscheint. Es fehlt nämlich weniger am Papier selbst,
als an seiner richtigen Verteilung. Die musikalische Schundliteratur der Tingel-
tangelsänge, Schlager, Tänze u. s. w. macht sich ungebührlich breit. Ihre Verbreiter,
die sich auf das seichte, erschreckend schrankenlose Vergnügungsbedürfnis der Massen
stützen, können viel höhere Papierpreise bezahlen, als die Verleger vollwertiger
Musik. So bleiben das ernste Lied und die Sonate ungedruckt, weil das Papier schon
für den neuesten Fox-Trot zu Schieberpreisen weggekauft wurde. Hier muß von
Staats wegen eingegriffen und das wirtschaftlich schwächere
I n te res s e der ern s t e n Ku n s t g e s c h ü t z t wer den. Ein paar Riesen . .
auflagen blöder Tänze weniger, und wir können der· guten Hausmusik wenigstens

334
wieder das Notwendigste an Musikalien zuführen. Jeder wahre Musikfreund und
darüber hinaus jeder, dem das geistige Wohl unseres Volkes am Herzen liegt, muß
darauf dringen, daß dieses Ziel erreicht werde. Nicht zuletzt alle ernsten s eh a He n de n
Musiker. Denn für sie dürfte künftighin die intime, fürs Haus bestimmte Ton...
kunst ein besonders wichtiges Betätigungsfeld werden, weil sich ja die Veröffent . .
liehung größerer Chor... und Orchesterwerke auch immer schwieriger gestalten wird.
Zudem neigt gerade das modernste Musikempfinden, wie schon angedeutet, wieder
etwas zum intimen Stil - siehe die Vorliebe fast aller führenden Neutöner fürs
"Kammerorchester"! Wenn diese Neigung unter dem Zwange der Verhältnisse ge . .
pflegt würde, wäre abermals aus der Not eine Tugend gemacht, und es könnte im
Anschluß an die veränderte Instrumentenversorgung des musikalischen Hauses eine
ganz neuartige, interessante Musikliteratur entstehen. Moderne Stimmungsstücke für
Laute, für Gitarre mit Violine oder Flöte, oder für das wiederbelebte Klavichord,
dessen entmaterialisierter, wunderfeiner Ton an sich schon klingender Expressionis . .
mus ist! Könnte das nicht gerade die Sehreker, Schönberg, Korngold reizen?
In der Tat scheint die Zukunft der Hausmusik zum guten Teil vom Werden einer
I1Zukunftshausmusiku abhängig zu seIn.
o 0

DIE ABENDLÄNDISCHE MUSIK IM MANNESALTER


Von Josef Hauer, Wien
Es gibt zwei Möglichkeiten des Hör e n s, die sich in entgegengesetzter Richtung
bewegen. Die eine nimmt ihren Ausgangspunkt von der Statur, vom T 0 n von t

der "Materie ll , vom Schwingungs gesetz des Tons, von der Obertonreihe, Tonika,
Dominante, Subdominante, dem Dreiklang, der Durskala, kurz von der Struktur
des Ton ale n und führt schließlich zur "Vergeistigung der Materie", zur Totalität
in der gleichschwebenden Temperatur, zum "Wohltemperierten Klavier ll - das
"natürliche u , physiologische, sinnliche, ton ale Hören. Die andere aber geht vom
In t e r v a 11 an und für sich aus, vom Urmusikalischen, vom "Geist U , von der
Totalität, vom Element des Musikalischen, von der UrmeIodie im Menschen selbst,
von der musikalischen Phantasie und formt von dort aus die Materie, das Ton...
system, den Klangkörper - das in t u i t i v e, geistige, rein musikalische, at 0 na I e
"H öre n U • Diese beiden Arten des Hörens finden in den musikalischen Kunstwerken
aller Völker und Rassen ihren Ausdruck, kommen aber natürlich nie ganz rein zur
Verwendung. Es wird z. B. selbst beim primitivsten Gebirgsjodler immerhin ein
Funken geistiges, musikalisches "Hören" eine Rolle spielen und umgekehrt beim
rein atonalen Musikwerk das sinnliche, natürliche Hören. Entsprechend diesen beiden
Möglichkeiten läßt sich also alle Musik der Erde in zwei Richtungen trennen, in
die tonale und in die atonale. Die tonale Musik repräsentiert das Kindes- und
Jünglingsalter, die atonale das Mannes- und Greisenalter.
In Europa wurde bisher der Hauptsache nach tonal musiziert. Zu einer rein
atonalen Musik ist es im Abendland meines Wissens erst durch mein Op. 19 ge . .
kommen. Die sogenannte "moderne'< Musik war ein Hin... und Herpendeln zwischen
dem Tonalen und dem Atonalen. Sie konnte sich als Musik allein nicht halten und
nahm daher das Musikfremde, die Idee, das Programm, Dichtung und Malerei,

335
Metaphysik und sogar die Philosophie zu Hilfe. Weil sie stark zum Atonalen hin-
neigte, mußte sie die "tonalenl~ Orchesterinstrumente (Geigen, Hörner et'.) "ver"
gewaltigen". Mit dem vollständigen Verschwinden der Melodie und dem Aufkommen
ihres "Ersatzes11, des Leitmotivs, der Phrase, des Effektes wurde sie schließlich zum
Chaos, zu einem Durcheinanderwüten von persönlichen Affekten und Rhythmen,
die wieder ihrerseits ·im Zuhörer oder vielmehr im "Genießenden'''' ein nMittohen . .
und ttMitwütenU auslösten. Das können wir freilich erst jetzt beurteilen, nachdem
rein atonale Melodien bereits an unser Ohr geklungen haben, nachdem das rein
_intuitive Hören aus uns selbst entsprungen ist. Jetzt erst erkennen wir ganz, daß
die Orientalen schon lange atonal musizieren und daß sie innerhalb ihrer physiologi-
schen Rassenbedingungen eine Musikkultur aufgebaut und wahrscheinlich schon aus-
gebaut haben, die bei uns erst ihre Wurzeln schlägt.
Die tonale Musik des Abendlandes ging immer Hand in Hand mit der "I d e e",
mit dem "Idealismus" der Philosophen und Dichter - das "ideale" Jünglingszeit-
alter der Musik. Ihr Kindheitsstadium charakterisiert sich durch rohe Naturnach-
ahmung: Wechsel von Tonika und Dominante, Melos im Naturdreiklang der Ober-
tonreihe, primitive Rhythmen (vielleicht hauptsächlich Jamben) im Zusammenhang
mit physiologischen Erscheinungen (Atmen), Bewegungen des Körpers (Gehen,
Tanzen) und der Beschäftigung (Heben und Senken des Hammers etc.) Mit dem
Auffinden der tonalen Systeme kommt die Musik zu einer gewissen Selbständigkeit,
bleibt aber immer noch im "Banne der Ideel', im Dienste der Sprache, der Körper.-
bewegungen. Das Musizieren ist noch immer mehr physiologischer Natur, ein Ent.-
laden von persönlichen, nationalen Kräften, Rhythmen, Affekten. Die Melodien,
Formen (Lied, Tanz, Sonate, Fuge) ähneln im 'Aufbau den Sprachformen und sind
hau p t säe h I ich aus dem Rh y t h mus g e bor e n. Bach, Haydn, Mozart
bedeuten den Höhepunkt der' tonalen Musik. Mit Beethoven beginnt bereits ihr
Verfall, der über Richard Wagner eben zur "modernen" Musik führt.
Die rein atonale Musik hat sich von allem Musikfremden befreit, sie ist ganz
zur "Melodie" geworden, zur absolutesten Musik. Bei ihr spielt der Ton an und
für sich (das Physikalische, Materielle) eine ganz untergeordnete Rolle, dafür aber
eine umso größere das In tervaIl, losgelöst von seinen "natürlichen" Beziehungen
zum Grundton. Atonale Musik ist jene, die sich in den IntervaIIen irgendeiner
gleichschwebenden Temperatur (fünf-, sieben-, zwölfstufigen etc.) bewegt und dem
"Nomos", dem "Gesetz" des UrmusikaIischen, der Urmelodie gerecht wird. Sie setzt
also bei der "Klangfarbentotalität" ~ der Temperatur ein, der großen Errungenschaft

0{< Hermann Bahr in seinem "TagebuchU vom 20. November 1918 über meine Klangfarben~
broschüre: "Wie nämlich die Farbenwelt überall durchaus nach Totalität verlangt, aber aus
eigener Kraft diese nirgends erreicht, sondern dazu noch erst ein Hilfsorgan braucht: das Auge
des Menschen, das, "indem es den Gegensatz des ihm aufgedrungenen Einzelnen und somit eine
befriedigende Ganzheit hervorbringtU, also recht eigentlich erst Amen zur Schöpfung sagen muß,
ganz ebenso kommt auch die Tonwelt niemals in sich zur Ruhe und das auch ihr eingeborene
Bedürfnis nach Totalität bleibt ungestillt, bis sich ihrer das Ohr des Menschen erbarmt und ihr
sich vollenden hilft. Goethe hat erkannt, daß der Regenbogen keine Farbentotalität ist, denn es
fehlt ihm die Hauptfarbe, der Purpur; und "überhaupt zeigt uns die Natur kein allgemeines
Phänomen, wo die Farbentotalität völlig beisammen wäre u. Sie braucht den Geist, den Menschen..
geist, der allein bringt erst das Ganze hervor, nach dem Statur immer vergebens strebt; sie
wird erst durch den Geist erlöst und das ist Sinn, Amt und Würde der Kunst, daß sie der Natur
Erlösung bringt. Hauer tut nun dar, daß auch die Tonwelt in sich unerfüllt bleibt, daß auch

336
der Bachsehen Zeit, und kann daher auch. nur auf gleichschwebend temperierten,
at 0 n ale n Instrumenten (Klavier, Harmonium, Orgel) richtig vorgetragen werden.
In der atonalen Musik kommt ausschließlich die In t u i t ion zur Geltung, das
geistige, rein musikalische "Hörenll • Sie schöpft ihre Melodien aus dem Melos, aus
der "Farbe", dem In terva.ll und ihre Rhythmen sind zwar gebändigt, aber äußerst
mannigfaltig und fein abgestuft. Ihre "Formen" entstehen durch aneinandergereihte
Me Iod i e n ohne irgendwelches Beiwerk. Die atonale Melodie ist die Melodie xa,'
t~ox~v, die Melodie in ihrer absoluten musikalischen Sachlichkeit. Ihre Entwick-
lungsmöglichkeiten sind unverhältnismäßig größer als in der tonalen Musik. Da sie
aller persönlichen, nationalen Eigenheiten entbehrt, reinste Musik ist, so wird sie
zur Angelegenheit der weißen Rasse, ja aller geistigen, musikalischen Menschen des
Erdballs - ein Verständigungs~ und Einigungsmittel nach dem "Chaos".
o 0

ITALIENISCHE M u S I K
II
G. Francesco Malipiero
Von Guido M. Gatti, Turin
Malipiero hat einige Jahre damit verloren, das zu vergessen, was er in der Schule
von M. Bossi und von der romantischen Musik, besonders d~r deutschen, gelernt
hatte. Seine Neuorientierung beginnt ungefähr im Alter von sechsundzwanzig
Jahren und ihr erstes bedeutsames Ergebnis waren die "Impressioni da! vero"
(Eindrücke aus der Wirklichkeit), die aus dem Jahre 1911 stammen. Seine musikali-
sche Entwicklung führte ihn unmerklich, aber in ununterbrochenem Aufstieg von
der Cellosonate (1908) zu den "Sette Canconi" (SiebenUedern, 1918). Dabei
haben ihn die modernen Franzosen und Russen keineswegs stark beeinflußt, da er
seine Reife unabhängig von den technischen Fortschritten im musikalischen Aus-
druck erreichte. Nicht etwa, daß sie ihm fremd geblieben wären, aber er beherrschte
sie sozusagen aus eigenem Instinkt. Darum ist es auch unmöglich, Malipieros Kunst
kurz zu charakterisieren öder sie in ein bestimmtes Schema zu fassen. Auch der
verständnisvoll Aufmerkende wird beim erstenmal diese Musik nicht restlos in
sich aufnehmen können, selbst wenn er mit moderner Musik vertraut und sein
hier die Natur kein allgemeines Phänomen völliger Totalität hat, auf die doch zuletzt auch die
tönende Welt angelegt scheint, daß es auch hier also wieder der Geist ist, der allein erst die
Sehnsucht der Natur erfüllt. "Die Obertonrdhe ist eine Naturerscheinung ..... Die musikalische
Phantasie kennt noch ganz andere Klangfarben, die in der Natur nicht mehr zu finden sind,
die also vom Geiste hergestellt werden. . . .. Jedes Intervall birgt den Kern einer Klangfarbe.
Das Intervall gibt der Musik die Farbenwirkung. Intervall- Farbe . . . . . Aber wie stellt es der
Geist nun an, der Natur auch hier zur. ersehnten Totalität zu verhelfen? "Die unendlichen vielen
Intervalle innerhalb einer Oktave (die andern sind ja nur Wiederholungen) bi\den die F~rben..
totalität in der Musik.... Und da setzt nun Hauers Entdeckung ein: dem Orchester bleibt die
Totalität versagt, "im Orchester herrschen eben die Naturfarben vor, die den Intervallen der
Naturtonreihe unterworfen sind.... das Orchester ist immer nur ein Naturphänomen wie der
Regenbogen; die Totalität wird erst durch Temperatur erreicht, Temperatur ist die Vollendung
des musikalischen Ausdruckes, Temperatur bringt erst den Geist",

337
Gehör an die schrillen und seltsamen Harmonien von heute gewöhnt ist. Jeder
Hörer will im Geiste Analogien finden und Vergleiche ziehen. Aber auch wer
Malipieros Werken voll Interesse gegenübertrittt bereit, jeden Ausdruck auserwählter
Kunst auf sich wirken zu lassen, ohne ästhetische Voreingenommenheit und eng . .
herziges Kleben an Überlieferungen, bleibt dennoch oft im Unklaren; er fühlt
sich in eine vibrierende, schwankende Umgebung versetzt, in der nur eine spontane
Perzeption, aus innerer Übereinstimmung der Empfindungen geboren, möglich ist.
Doch muß dieses Verstehen die Frucht eines tiefen, innigen Gemeinsaolkeits . .
gefühles sein, das, ebenso wie bei MaIipiero, einem seelischen Entwicklungsvorgang
entspringt.
Trotzdem ist Malipieros Musik keineswegs futuristisch. Es fehlt ihm die über-
reizte Harmonik, die bei den Vorkämpfern der Moderne (wie G. Casella und
Lord Berners) zu finden ist. Seine gelehrte Einsamkeit hat ihn vor der All'
steckung der outrierten Harmonik bewahrt: seine geniale Konsequenz - eine
Mischung von deutscher Gründlichkeit und lateinischer Elastizität - hat es ihm
ermöglicht, auf dem richtigen Mittelweg zu bleiben und so alle Elemente der Musik
gleichwertig zu befruchten. Zweifellos hat hier die treue und weise Anhänglichkeit
Malipieros an die klassische Musik mitgewirkt, seine genaue Kenntnis und richtige
Einschätzung aller Stilperioden, aber keine blinde, alles Neue verwerfende Ver'"
ehrung. Von den Klassikern vor 1800 hat Malipiero das Festhalten an der knappen
Form, die Neigung zur dramatischen Geste, die Vorliebe für eine schwankende,
oft schmucklose, gleichsam schematische Linie. Überblickt man die Reihe der Werke
des venezianischen Musikers (Malepiero entstammt einer adeligen Familie und ist
in Venedig am 18. März 1882 geboren), so fillt die zunehmende Vereinfachung auf,
die Verachtung alles Konventionellen, Rhetorischen, Formalistischen, während sein
Ideal, das eines unruhigen, romantischen Geistes, immer klarer hervortritt. Wollte
man Malipiero ästhetisch klassifizieren, so müßte man ihn den letzten großen
Romantikern anreihen, an Brahms, Bruckner und Berlioz - nur mit dem Unter . .
schied, daß seine inneren Stürme sich in einer reinen Form mit klaren und ein . .
fachen Linien, in einem Ausdruck von skulpturaler Einfachheit auswirken.
Wie schon erwähnt, hat Malipieros Schaffen mit den "Impressioni dal verol+
seine Reife erreicht, aber auch aus seiner früheren Zeit existieren bemerkenswerte
Wez:ke, die der Autor zwar nicht mehr anerkennt, die man aber trotzdem nicht
ganz übergehen kann, weil sie Stellen von nicht zu unterschätzender Bedeutung
enthalten. So die "Sinfonia degli Eroi" (Heldensinfonie, geschrieben im
Jahre 1905 und drei Jahre später in Wien aufgeführt), die "Sinfo nia del
Mare" (Sinfonie des Meeres, 1906) das Quartett (1907 bis 1911), der
"Canto notturno di un pastore errante neH' Asia u (Nachtgesang
eines wandernden Hirten in Asien, 1907 bis 1910) für Bariton, Chor und
Orchester, die "Sinfonie del Silenzio e de"a Morte" (Sinfonien des
Schweigens und des Todes; aufgeführt in Wien im Jahre 1911 und bei
Rahter in Leipzig erschienen), Arion (1911), Gedicht für Cello und Orchester (im
Augusteum in Rom 1913 aufgeführt) und andere mehr.
Schon aus dieser Aufstellung geht hervor, daß der Komponist von jeher eine
Vorliebe fürs Orchester gezeigt hat; die sinfonische Dichtung ist bereits in seinen
ersten Werken klar ersichtlich. Nicht so sehr als polyphoner Stimmenkomplex,
sondern eher als Bemühung, jede mögliche Klangwirkung der Instrumente bis zum

338
äußersten auszunützen, wobei die eigentümlichen Akzente jedes Registers individuell
behandelt werden. Auch in den Klavierkompositionen (besonders in den letzten:
"Poemi asolani" - leise Dichtungen - und "Preludi autunnali U -
Herbstpräludien) ist dies deutlich zu erkennen.
Die Orchestrierung ist eine ganz persönliche, wie sie sich in den "I m p res s ion i
da! vero" zeigt (zwei Serien von je drei Bildern, in denen Szenen und Episoden
aus der freien Natur geschildert werden: die ersten führen Namen aus der Vogel-
welt, wie die G ras m ü c k c, der B u n t s p e c h t; die anderen sind verschiedenartig
gebaut und bringen andere Stimmungen: Gespräch der Glocken, die
Zypressen und der Wind, ländliches Freudenfeuer). Das moderne
Orchester ist das Ergebnis einer harmonischen Entwicklung, die den musikalischen
Organismus umgemodelt hat; die Befreiung aus den Fesseln des diatonischen
Systems vollzieht sich schrittweise schon in den Werken des jungen Musikers. Zu
gleicher Zeit hat sich auch die zu Unrecht so genannte Technik der Orchestrierung
umgewandelt. Eine der deutlichsten und glücklichsten Folgen dieser Befreiung war
die Stärkung des rhythmischen Elementes, das die alte kadenzierte Harmonik
auf eine recht geringe Zahl stereotyper Formen eingeschränkt hatte. Die Klassiker
paßten den musikalischen Einfall dem Orchester an; die Modernen aber passen die
Materie 11 Orchestee' ihrem sinfonischen Einfall an. Heute ist die musikalische
Idee die Hauptsache und die Instrumentation nur die Beleuchtung, die sie im
rechten Glanze erstrahlen läßt. Beim Anhören von Malipieros Partituren fühlt man,
wie der Komponist direkt fürs Orchester gedacht hat, und tatsächlich kann man
aus seinen Manuskripten ersehen, wie er ohne Überlegung und fast ohne Korrek-
turen seine Entwürfe hinschreibt, so sehr wird d~r musikalische Gedanke schon in
seiner sinfonischen Ausdrucksform geboren. Daher verlieren seine Orchesterwerke
im Klavierauszug viel von ihrem Wert und ihrem Reiz; 1hier prallen Harmonien
gegeneinander, die im Orchester weich und schön klingen.

Am wichtigsten sind uns jedoch die Bühnenwerke Malipieros, schon durch ihre
Berührung mit dem Problem des Musikdramas.
Malipiero wurde bereits sehr früh vom Zauber des Theaters angezogen; sein
erster Versuch Elen e Fuldano stammt aus den Jahren 1907 bis 1909. Dann
folgt Canossa (in einem Akt, 1911 entstanden), das, abgesehen von den
musikalisch wertvollen Stellen, wie das Finale, noch ein formloses lyrisch-
dramatisches Gebilde ohne persönliche Note ist, schwankend zwischen den Stilen
von Dukas und Strauß. Viel interessanter ist der "Sogno di un Tramonto
d'autunno (Traum eines Herbstsonnenunterganges), tragisches Gedicht
von G. d'Annunzio (1913). Dieser Traum besteht hauptsächlich aus Erzählungen,
die einander in schöner melodischer Linie folgen, ähnlich den Rezitativen der
venezianischen Schule des Seicento. Vom Orchester wirksam untermalt, vollzieht
sich die ideale Handlung hinter der Szene und gibt beinahe einen Abglanz der Pracht
und Farbenfreudigkeit jener Zeit. Immerhin ist aber der Traum noch nicht die
ideale Lösung des Problems des Musikdramas, denn es wirkt nur als Vorwand
für ein lebendiges sinfonisches Alfreskogemälde. Bis auf einige Episoden, in denen
es dem Komponisten gelungen ist, den dramatischen Gehalt kräftig zu betonen,
indem das gesangliche Element als Ausdruck dramatischer Empfindung und das

339
orchestrale als Ausdruck dramatischen Geschehens aufs glücklichste miteinander
verschmolzen erscheinen.
Durchaus originell und ernst zu nehmen ist hingegen das dramatische Werk,
das Malipiero Sette Canzoni (Sieben Lieder) benannt hat, sieben Bilder von
abwechselnd tragischem und komischem Inhalt; sie schildern kurze, konzentrierte
dramatische Begebenheiten, wobei das Drama auf sein ursprüngliches Prinzip der
Kontrastwirkung reduziert ist: Kontraste der Umgebung, der Charaktere und der
Leidenschaften. Jede dieser Episoden gipfelt in einem Lied, einem wirklichen Lied,
das fast immer volkstümlichen Charakter zeigt und die Szene beherrscht. Die
sieben Lieder sind ohne Pause aufzuführen, bei raschem Szenenwechsel, der dank
der einfachen szenischen Einrichtung leicht möglich ist. Ein Hintergrund von
neutraler Farbe, vier Kulissen und wenige Dekorationsstücke sind alles, was die
Bühne verlangt; natürlich kommt es dabei sehr auf die Beleuchtungseffekte an,
die erst jenes geistige Milieu schaffen müssen, dessen bloßes Gerüst die stofflichen
Wände darstellen.
Die sieben Lieder tragen folgende Titel: Die Vagabunden, Zur Vesper.
Die Heimkehr, Der Trunkene, Die Serenade, Der Glöckner, Die
Morgenröte des Todes.
Malipiero hat sich zu seiner neuen dramatischen Ausdrucksform emporgerungeo,
nachdem er die nur theatralische Wirkung von Canossa und das mimische
Tanzpoem überwunden hatte. Zuerst verlor er den Geschmack am Operngesang
und am bloßen Theatereffekt, wenigstens insofern, als dieser den freien Fluß der
Handlung hemmt, als er dramatische Situationen schafft, die gar nicht nach Musik
verlangen oder konventionelle Szenen, in denen wieder nUr die Musik dominiert.
Dann entstand Pantea (1917 bis 1918), wo ein stummer Schauspieler (oder besser
eine Schauspielerin) auftritt und die Sänger unsichtbar bleiben. Die Tänzerin stellt
in den fünf Bildern des Mimodrams fünf verschiedene Seelenzustände tanzend dar,
begrüßt tanzend die aufgehende Sonne, tanzt unter Blitzen, tanzt ihre Freude, ihre
Leidenschaft, ja schließlich ihren Tod.
Aber seltsam - nach Pan t e a fühlt der Komponist erst recht wieder den Reiz
der Singstimme als d r a m a ti s ehe sEI e m e n t. Der stumme Darsteller in den
Sieben Liedern ist kein Mimiker; er schweigt, weil die Handlung es so will
und der Sänger wird auch stummer Schauspieler, denn der Gesang tritt nur zeit. .
weilig hinzu, weim die Handlung es erheischt. Darum weder Mimik noch Sänger:
sondern dramatische Handlung, die von der Musik gestützt und eindringlicher
gemacht wird. Die Lieder, die in jedem Bild gesungen werden, haben nicht etwa,
wie es den Anschein haben könnte, eine lyrische Bedeutung an sich, sind keine
lyrischen Oasen, die die Entwicklung des Dramas aufhalten, sondern sie sind ein
dramatisches Element, entsprungen der dramatischen Situation, sind eine dramatische
Notwendigkeit. Lied und Drama sind gleichzeitig erstanden und ihre musikalische
Linie trägt den Stempel dieser gleichzeitigen Entstehung und der gleichen dramati,
sehen Absicht.
Mit der melodischen Linie seiner Gesänge knüpft Malipiero an die glänzende
italienische Tradition des sechzehnten Jahrhunderts an - wovon schon die Rede
war - und erinnert geradezu an Monteverdi und CavalIi. Unter den Modernen ähnelt:
er 1n der Ausdrucksweise am ehesten noch Moussorgski.

340
Der 'Komponist der Sieben Lieder folgt in seiner Harmonik keinem theoreti-
schen System. Im Gegenteil, man könnte in gewissem Sinne behaupten, er habe
keine vorgefaßten Ideen auf diesem Gebiet, zu seinen Kompositionen ist nichts ver . .
pönt und nichts ·auffallend häufig oder beliebt - alles ist notwendig und nichts
unvermeidlich. Jede mögliche Harmonie - von strenger und vollkommener
Diatonik bis zur grellsten Dissonanz - wird verwendet, wenn sie nur im gegebenen
Moment am besten die Idee, die Inspiration des Autors auszudrücken vermag. AUe
Harmonien und Tonsysteme (antike, orientalische, moderne) finden sich hier, keine
Art aus Vorurteil bevorzugt - nur die Notwendigkeit des Ausdruckes entscheidet.
Aber auch auf der Entwicklungsstufe der Sie ben Li e der ist Malipiero nicht
stehen geblieben; im abgelaufenen Jahr hat er außer dem Ballett "La mascherata
delle principesse prigionere" (Die Maskerade der gefangenen
Prinzessinnen) zwei neUe Kompositionen vollendet, die auf dem Wege zur
Erreichung seines künstlerischen Ideales der musikalischen Darstellung weiter führen:
Le baruffe chiozzote und Orfeo. Im ersteren Werk - nach der gleichnamigen
Komödie Goldonis - spielt sich eine etwas magere Handlung in dem pittoresken
Milieu der Lagunenstadt ab. Hier beruht der Dialog auf einem Parlandorezitativ,
dessen Noten die natürlichen Töne der Rede wiedergeben sollen, während das
Orchester Hintergrund und Stimmung zu schaffen bemüht ist. Orfeo hingegen ist
eine recht bittere S,atire gegen alles Konventionelle, alle Phrasendrechslerei, alle
manierlichen Hohlköpfe - es ist viel Geist und Originalität in der Sache, aber das
Opus ist geeignet, heftige Diskussionen hervorzurufen, schon wegen seiner szenischen
Schwierigkeiten. Man stelle sich vor, daß auf der Bühne drei weitere kleine Bühnen
gedacht sind, auf denen gleichzeitig Theater gespielt wird.
Zum Schlusse wollen wir noch der letzten sinfonischen Werke des originellen
Musikers gedenken: Pause deI Silenzio (Pausen des Schweigens), I1 Ditirambo
tragico (Der tragische Dithyrambus) und Armenia (Armenische Gesänge,
ins Sinfonische übertragen), alle drei aus dem Jahre 1917.
Malipiero ist übrigens auch ein vorzüglicher Schriftsteller und witziger Kritiker,
(lesenswert sein jüngst erschienener Aufsatz über das Orchester); und so entstammen
auch tnanche 'seiner Opernbücher seiner eigenen Hand.
Frei übertragen von Rose Hoffmann
~ 0

D I R I G E N T E N"
IV
Leo Blech
Von Joachim Beck, Berlin
. Leo Blech - heute neben dem Münchner Walter wohl der könnenreichste
deutsche Operndirigent - war eine späte Erfüllung. Wie sehr auch Zucht und
Arbeit an dem Anteil haben, was der Mann heute ist: die Tatsache, daß er, der
jahr~lang im Schatten Straußens und Mucks stand, in vorgeschrittenen Jahren vom

01- Siehe ]ahrg. H, Nr. 4, 5 und 6.

341
neutralen Kapellmeistertyp zur Persönlichkeit durchreifte. läßt sich nicht allein vom
Willen her fassen; sie erklärt sich aus dem Spezifischen seines Talents und der
Charakteranlage. Nicht nur bei Reproduktiven, auch bei Schaffenden großen und
größten Formats finden wir ja dasselbe Begabungsphänomen : Richard Wagner
etwa oder Conrad Ferdinand Meyer bieten das gleiche Schauspiel eines mählichen
Werdens. Vielen ist nun der langsame Entwicklungsprozeß bei Blech ganz unbemerkt
geblieben. Aber auch die Wertschätzung derer, die ihn bemerkt haben, beruht
zumeist auf einer falschen kritischen Einstellung. Man sieht in ihm gemeinhin den
Temperamentmusiker, der er tatsächlich nicht ist. Nicht Leidenschaft ist das Pigment
seines Künstlertums, sondern Nervosität. Eine Nervosität, die hysterische Urkraft
und nimmermüde spirituelle Agilität ist. Leo Blech ist nicht der Typus des heiß-
atmigen, brennenden Opernmenschen, er atmet in einer dünneren Luft, er ist ein
vorwiegend geistiger Dirigent. Ich sage: geistig, nicht intellektuell. Der Geist ist
ein essentielles Element der Phantasie. Er ist Energie und Wille. Er läßt das
Zufällige, das Stoffliche im Wesentlichen aufgehen. Er richtet die Phantasie und
gibt ihr Stoßkraft.
Blech taucht nicht, wie Gustav Mahler, im Kunstwerk völlig unter; die Unität
von Subjekt und Objekt tritt bei ihm niemals ein, er steht über der Sache. Man
muß ihn also unter die distanzierenden Orchesterführer rechnen, wenngleich diese
Distanz bei ihm minimal (und den Meisten unsichtbar) bleibt. Seine Künstlerschaft
ruht nicht so sehr auf dem Boden eines kräftigen Menschen... als dem eines starken
und feinen Musikertums. Es gibt bei ihm einen tiefsten Punkt, in den er sich nicht
dringen läßt und aus dem auch nichts dringt. Eine gewisse seelische Unberührtheit
läßt sich nicht leugnen: Lyrik trifft auf tote Stellen seines Wesens. Dieses Manko
wird aber selten fühlbar, da Blechs Musikalität immer erfolgreich in die Bresche
springt. Und wie gering auch bei dem Mangel eines breiten Naturells die Exosmose,
die Aussickerung der Persönlichkeit sein mag, in demselben Verhältnis wächst die
Endosmose und wächst bei diesem Manne zu einer fast beispiellosen Komplexität
der Begabung. Zuchtvolle Arbeit hat nicht zum letzten mitgewirkt, um diese voll-
kommene Beherrschung des Handwerkmäßigen zu erreichen. In all den Opern, wo
der rein musikalische Spieltrieb stärker ist als der dramatische Wille und der
menschliche Urgrund, auf dem sie ruhen, ist Leo Blech natürlich Souverän: im
Lustspiel, in der Konversationsoper, als Carmen . . . und als Verdi. . . Dirigent. Er weiß
den Stil dieser Werke aufs subtilste herauszuarbeiten, gerade deswegen, weil er nicht
auf ihn hinarbeitet, sondern ihn von innen erwachsen läßt. Bei Wagner bringt ihm
seine Nervosität Gefahr; dort wird cr, im Tristan oder im "Ring", entweder spitzig
oder gewollt monumental und zyklopisch.
Es mag auf Grund des Gesagten wunderbar erscheinen, warum Leo Blech, der
"absolute" Musiker, auf die Oper geworfen wurde. Wären Gefühlsvorgänge nicht
irrational und spotteten sie nicht der verstandesmäßigen Auslegung, so würde ich
sagen, daß Blechs scharfer, dialektischer Geist zum Tondrama kam, weil er das
logische Element, das Wort, nicht entbehren konnte. Dieser Aachener wurde nun
freilich kein Opernkapellmeister von der Spannweite Bruno Walters; er hat in den
Jahren seines Berliner Wirkens (ob wohl oder übel, bleibe unentschieden) vor der
Bühne, vor den optischen Dingen Halt gemacht und hat, aufs Musikalische
beschränkt, auch nicht jene schwarze Dämonie gezeigt, die Mahler auszeichnete. Aber
es geht doch eine unentrinnbare SuggestionsgewaIt von seiner Person aus. Wenn

342
er dasitzt, jede Fiber zum Reissen gespannt, ganz unbetrügliches Ohr, des Stoffes
völlig Herr, kann sich niemand der Magie seiner unglaublich präzisen Zeichengebung,
die kein Sechzehntel zu schenken bereit ist, entziehen. Kaum einer unter den
lebenden Stabführern hat ein solches Handgelenk, diese manuelle Eleganz, diese
Diaphanie der Finger' und Gebärdensprache. Blechs Nervosität - spürbar in den
schnellen Tempi, die er beliebt - mag ihn gewissen Schwankungen in der Inter'
pretation unterwerfen und ihn das Kunstwerk nicht in der ebenmäßigen Ruhe, wie
es der metronomisch akkurate Muck hinzustellen weiß, nachschöpfen lassen: man
muß ihn gleichwohl unter die objektiven Dirigenten rechnen; denn wie- dieser
Intransigente kein schmiegsames Nachgeben gegenüber den Sängern kennt, so dient
seine auf Einsicht und Übersicht gegründete Künstlerkraft ganz dem Werk, dessen
Linien er getreuliehst, in tagesklarer Deutlichkeit, nachzieht und dessen "Valeur"
sein ungemein re.gibler Klangsinn tönend sichtbar macht.
c c

HERMANN NOETZEL UND SEIN "MEISTER GUIDO"


Von Dr. H. R. Fleischmann, Wien
Hermann Noetzel wurde 1880 in Wiesbaden geboren und erhielt hauptsächlich
durch den ausgezeichneten Iwan Knorr in Frankfurt seine Ausbildung in der Musik,
wurde sodann Theaterkapellmeister und begann als solcher in Merseburg, von wo
er nach Koblenz gelangte. Seit Winter 1902 widmete' er sich ausschließlich der
Komposition. Er lebt seither, von , vorübergehenden Aufenthalten in Italien ab,
gesehen, in München, wo er einige Male bei dem Kaim.. Orchester und später beim
Tonkünstlerorchester als Gastdirigent tätig war.
Der Komponist ist in erster Linie durch die Oper "Meister Guido l4 bekannt
geworden, deren Uraufführung am 15. September 1918 mit durchschlagendem Erfolge
am Karlsruher Hoftheater stattgefunden und seither bereits eine Reihe von beifällig
aufgenommenen Wiederholungen erlebt hat. Die Dichtung, die gleichfalls von
Hermann N oetzel stammt und eine froher Künstlerlaune entsprungene Idee in
amüsanter Weise behandelt, spielt in der Blütezeit der Renaissance, um 1515, in
Rom und in der Umgebung der ewigen Stadt.
Guido ist ein armer, verkannter Maler in Rom, der die schöne, aber geistesarme
Tochter Griselda des reichen Florentiner Bürgers Ubaldo Donati sich erobern will.
Da jedoch der florentinische Patrizier dem leichtfertigen, unbegüterten Künstler die
Eingehung einer Ehe mit Griselda nicht gestattet, will sich Guido durch List in
den Besitz derselben setzen. Mit dem kostbaren, irgendwo entlehnten Kleide eines
römischen Nobile angetan, versteht er es, als "Meister Guido" bei dem kunst ...
sinnigen Grafen Durante von Galantara ungehindert Zugang zu finden, dessen
Familie eben den Besuch des dünkelhaften Florentiners und seines nicht sonderlich
gebildeten Töchterleins erwartet. Guido wird in dem hochgräflichen Hause mit
warmer Herzlichkeit aufgenommen und erhält den ihm willkommenen Auftrag, die
liebreiche Tochter Amata des gräflichen Hauses zu malen. Die reizende Amata ist
es nun, in die sich Guido jetzt verliebt und als endlich wirklich der vermögende
Florentiner im Schlosse ankommt, die ganzen Intrigen des verkleideten Malers

343
bloßlegt und ihm neuerdings seine umworbene Griselda versagen will, hat Meister
Guido bereits den kürzeren und besseren Weg zum Herzen der gräflichen Amata
gewählt, um deren Hand er anhält und diese auch erhält.
Soweit die heiter-liebenswürdige Handlung. Was die Musik anbelangt, hat
Wilhe1m Mauke das Werk anläßlich der Erstaufführung im Münchner National-
theater objektiv in folgenden Zeilen gewürdigt:
Warum auch nicht ? Warum soll eine gerechte, großzügige, unparteiische Kunst ...
politik treibende Opernleitung nicht nach Schreker und Strauß auch einem Hermann
Noetzel das Wort geben? Will sagen nach den modernen Titanen vom linken und
alIerIinksten Flügel dem konservativen Musiker vom äußersten rechten Flügel?
Der fast wie Reaktion auf futuristische Flammenzeichen wirkt.
Noetzel ist ein vorwiegend lyrisches Talent, das auf dem Gebiet des zarten
Gefühls, der kantabiIen Stimmung, in den weiten Landschaften' der Seele sich
heimisch fühlt, aber den Zentren, die für das Theater eigentlich entscheidend sind,
nämlich die der dramatischen Spannung, Höhenführung und Entladung, noch nicht
mit der nötigen Sicherheit beherrscht. Beweis: die im musikalischen Tempo und
Aufbau mißglückte, durch tote Punkte aufgehaltene, so feurig einsetzende und so
verlegen abebbende Expositions... Chorszene in der nächtlichen römischen Osteria.
Hier hatte ich gedacht, daß die rheinische Zecherfreudigkeit des Dichterkomponisten
bei der Schilderung eines beschaulich-orgiastischen Massentaumels noch mehr
musikalisches Temperament, Plastik, Farbe, Feuer und Wildheit entfesselt hätte.
Aber mit den braven Blumenmädchen, die Rubaconte einführt, kommt ein gewisser
spießbürgerlicher Zug fatal und ernüchternd in die brausende Zecher-Sphäre. Noetzel
ist Rhythmiker und Melodiker. Sein Rhythmus, der oft Berliozsche Züge aufweist
und dabei den rhythmischen Brei der modernen Verstandesmusiker verschmäht, ist
sein Stärkstes. Seine melodische Erfindungskraft, wenn auch nicht aus erster Kraft,
ist stark genug, zu unterhalten, oft anzuregen, stellenweise zu fesseln, wenn sie
auch nichts unmittelbar Fortreißendes hat.' Die QuelIen seiner Melodik sind teils
volkstümlicher Art, teils von älteren VQrbildern gel)ährt, wie Lortzing, Nicolai,
Flotow, Götz. Die Faktur der Partitur zeigt überdies, daß der Komponist keines-
wegs die Errungenschaften der neuen dramatischen Musik punkto Polyphonie,
Orchesterkolorit, zugespitzte Harmonik übergeht, wenn es auch wenig zeitgenössische
Opern geben dürfte, die sich so glücklich frei halten von Einflüssen und Einflüsterungen
Wagners, Straußens und Puccinis.
So geht dieser liebenswerte, lebensfrohe rheinische Musiker mit Sicherheit seine
eigenen Pfade und schämt sich gar nicht, wenn er dabei den Blick oft rückwärts
wendet.
'0 0

DIE FRAU OHNE SCHATTEN IN BERLIN


Von Prof. Adolf Weissmann, Berlin
Richard Strauß und Berlin, jahrzehntelang miteinander äußerlich verbunden,
sind einander doch nie nahegerückt. Warum, fragte der Berliner unter anderem,
läßt der Hofkapellmeister seine Opern fast alle in Dresden ",raufführen, warum
zwingt er uns immer wieder in den Ruf der Rückständigkeit zurück?

344
Richard Strauß' sorgloses Musikantenturn fürchtet den Berliner Rationalismus,
der ihm den Erfolg verderben könnte. Aber es reizt ihn doch, es scheint ihm
wichtig, in diesem Zentrum musikalischer Verwertung, in diesem trotz alledem
entscheidenden Berlin leitender Kopf zu sein. Zu welchen \Virrungen das geführt
hat, ist bekannt. Kühlheit wurde zur Kälte. Wien hat ihn, Berlin ist in Gefahr,
ihn ganz zu verlieren. Gekränkter Stolz trennt beide, Strauß und Berlin.
In diesem Augenblick wirbt NDie Frau ohne Schatten in der Berliner Staats.-
U

oper um Beifall. Sie könnte, hofft man, gekränkten Stolz zu liebender Umarmung
auftauen lassen. Immerhin nicht ohne Hemmungen. Denn von diesem Werk heißt
es, daß es zum ersten Male dem Sonntagskind Strauß ernstliche Schwierigkeiten
bereite, Wien zwar hatte ihm in einer glänzenden Uraufführung ein jubelndes
Willkommen zugerufen, aber Dresden, München, Köln waren kühl geblieben. Ich
selbst habe bezeugen können, wie schwer sich dieser jüngste Strauß in Dresden zu
einem sogenannten Premierenerfolg durchrang.
Diesmal also hätte Berlin einen reich~deutschen Strauß-Erfolg nicht zu bekräftigen
oder zU berichtigen, sondern erst zu schaffen. Wie wäre das aber möglich in einer
Zeit, da die Berliner Staatsoper .mehr als jede andere unter Erschütterungen des
Innenbaues leidet, da sie vor allem den Nachwirkungen der Revolution ausgesetzt
ist und immer wieder an jenem mystischen Ding Autorität herumzukurieren hat!
Scheint es nicht, als ob der Aufbau eines Spielplanes an solchen Lockerungen des
Gefüges scheitern müsse? Wird der Star, der dem Zuge der Valuta folgt, sich anders
als durch ein modifiziertes deutsches Stagione . . Verhältnis halten lassen?
Während solche Fragen uns, die verantwortlichen Beobachter, beschäftigen, wird
unter zahllosen Schwierigkeiten, von denen wohl die schwerwiegendste eben die
Unlust zu einem scheinbar nutzlosen Unternehmen ist, die Aufführung dieser "Frau
ohne, Schatten" vorbereitet. Und es zeigt sich wieder, daß Schillings zwar nicht der
Mann der raschen Initiative, aber ein zäher Arbeiter ist, der nicht wenig mit ge . .
sammelter Kraft zustande bringen kann.
Der Augenblick ist günstig. Denn dicht neben der Berliner Skepsis steht mehr
als je der Sensationshunger, steht der Wunsch, die Skepsis gewaltsam durch die
schöne Täuschung eines Genusses hinwegzuscheuchen, Der neue Emporkömmling,
der noch keine Zeit hatte, skeptisch zu sein, wird seine Kunstbegeisterung umso
lauter unterstreichen. So führt eine Berliner Opernpremiere t zur Seltenheit geworden,
alles zusammen, was sich nach dem Fluidum sehnt. Es muß kommen.
Es kam, Und wuchs und wuchs. Man begreift es immer mehr, Denn über dieser
Partitur steht als Leitwort: Wohlklang. Erlahmende, Spannkraft schafft den ver'
dächtigsten Wohlklang, eben jenen, . der stärkster Köder für den Bourgeois-Gentil-
homme ist. Seine Züge verklären sich vor Überraschung über diesen Richard Strauß,
der alles Neu- und Mißtönertum so gründlich abgeschworen hat.
Überflüssig, die Grundmängel des vielfach zusammengesetzten Hoffmannsthal-
sehen Buches zu erklären, Hier herrscht seltenste Übereinstimmung, Aber zu sagen
ist, wie gefährlich dieser Text gerade dem ermattenden Strauß entgegenkommt. Er
wurde Rahmen und Anlaß für die bloßstellendste Musik. Der Bruch zwischen dem
bürgerlichen Romantiker und dem dramatischen Orchester... Artisten, immer schon
wirksam, wird nie offenbarer wie hier, wo Strauß sich auf das Glatteis des Märchens
begibt, unter dem Vorwand der Einfachheit einer von Biederkeit triefenden Melodik
frönt, seinen Witz, der ihn immer souverän macht, so gut wie ganz ausschalten

345
muß. So ergießt sich in breitem Strome eine in der Nwzeit nirgends sonst gewagte
Simplizität - dem immer wachsenden Mangel an Selbstkritik erscheint sie klassisch.
Wird hier nicht aus dem Bruch die Synthese? Das Orchester eines in seiner Art
unübertroffenen Meisters will euch zuschmeicheln, was sein Kunstverstand ihm·
geboten und seine Leichtgläubigkeit ihm zugeflüstert hat.
Aber sind wir nicht Ketzer? Ja, es scheint sündhaft, die Lockungen abzuwehren,
die uns von Richard Strauß und von der Aufführung kommen. Diese Partitur
mischt ja das Geniale, das Rührselige und - Verzeihung - das Kindische so, daß
sie eine Merkwürdigkeit bleibt. Die Motive, soweit sie nicht Liebe, Treue, Redlich-
keit bedeuten, wirken neuen Zauber. Die Ungeborenen und der Falke sind Für-
sprecher des Genies. Und noch wo "Salome" und "Elektra" ihre letzten Ausläufer
zeigen, bleiben sie mächtig nnter dem Taktstock Leo Blechs, der sie mit ungeheurer
Spannung aus dem herrlichen Instrument des Opernorchesters zu zwingen weiß.
Nur wird er uns nicht überreden können, . neben der Straußsehen Motivarbeit die
alle Dämme durchbrechende Sequenzenseligkeit in den Kauf zu nehmen, die Ge-
schwätzigkeit an die Stelle moderner Ausdrucksverkürzung setzt. Oder das Wagnersehe.
Oder das Liedertafelhafte.
Aber bin ich nicht ein Ketzer? Ja, es ist ketzerisch, sich gegen die Überredungs . .
kraft einer Barbara Kemp zu sträuben, die der geist_erhaftenFärberin die Eindeutig. .
keit des gebärsüchtigen Weibes gibt, ihren Klang mit Ursinnlichkeit sättigt und
den Schluß des zweiten Aktes zu einem hinreißenden Furioso macht. Umso
schlimmer für den Färber Barak, der sich als Kar! Armster, dank eingeborner
Temperiertheit, zu einem bewegungsarmen Schönsänger herabdämpft. Und nun die
Übersinnlichen: Lilly Hafgren-Dinkela eine Kaiserin, die ätherisch beginnt, ihre
Stummheit und ihre Irrfahrten leidlich übersteht und schließlich gerade da, wo
Strauß im Stadium höchster Abklärung am schwächsten ist, ihre volle Stimmkraft
gewinnt. Der Kaiser wird im Munde Robert H u tts deutscher Tenor. Viel mehr zu
reden ist ihm von Hoffmannstha! untersagt. Die Amme aber, die das Drama
durch unentwegte Zauberei hinwegeskamotiert, bleibt in der Deutung durch die
Schwedin Karin Branzell eine sehr menschliche Sängerin mit angelernten Gesten,
aber ein Wunder an Klang. Der Falke endlich, den Richard Straußens instrumentaler
Einfall redend gemacht, erhält einen rührenden Ton durch Ethel Ha n s a.
Und endlich ist, was der Grieche Avavantinos als schon bewährter Ausstattungs . .
künstler zaubert, im ganzen so zart, so duftig, daß alles Handgreifliche vermieden
wird. So lebt ein Stück Griechentum im Bilde der schlafenden Kaiserin.
"Die Frau ohne Schatten fO , als richtunggebend gedacht, wird nach dieser neuen,
ausgezeichneten Aufführung als ehrenvoller, aber bei allen Einzelschönheiten miß-
glückter Versuch zu gelten haben: als Versuch Richard Strauß', sich selbst zur Über-
lebensgröße zu steigern, das Tiefste in sich auszusprechen und es auf die letzte,
einfachste Formel seiner Tonsprache zu bringen. Das mißlingt unserem Meister,
weil er, in einer Zeit der Kunstverwertung dem Betriebe allzu angehörig, gerade
das Tiefste verkümmern ließ. So ist sein Ausdruck gerade da, wo er sich am
stärksten glaubte, unpersönlich geworden. Und das ganze Werk vergänglich.
Aber es bleibt die Hoffnung auf eine Frucht der heiteren Laune des schaffens-
freudigen Meisters, auf eine Lustspieloper, die diesen Schatten verscheuchen soll.
D D

346
G/ass PI1- ~i!
R A N D NOT E N meine Liebe, die •• •JJ Dies der ganze Unter...
schied.
Aus dem Aphorismen~Band "Le Coq Manchmal hat man die Pflicht, zu stützen,
ct l'Arlequin U , den Jean Corteau, der
jtmge, freie, europäische Geist, Juni was man mißbilligt. Beispielsweise: wie soll
1918 im Sil'enen~Verlag (Paris) he:taus- man nicht Strauß gegen die verteidigen, die
gegeben bat. ihn aus purem Germanenhaß oder ad majorem
gloriam Pucdnis angreifen?
Kunst ist fleischgewordene Wissenschaft.
Ein Meisterwerk ist eine "schach... matt" ge.. Von den Sinnen: - Das Ohr wird durch
\vonnene Schachpartie. gewisse Klänge beleidigt, erträgt sie aber; auf
Die Jugend soll keine sichern Werte kaufen. den Geruchsinn übertragen heißt das: sie
Takt in der Kiihnheit, das heißt: wissen, würden uns in die Flucht jagen.
wie weit man zu weit gehen darf. Ein Dichter hat immer zu viel Worte in
Ein Künstler kann tastend eine Geheimtür seinem Vokabular, ein Maler zu viel Farben
öffnen, ohne je zu begreifen, daß dahinter eine auf seiner Palette, ein Musiker zu viel Noten
Welt lag. auf seiner Klaviatur.
Das Tempo eines Durchgängers zählt nicht. Erst setzt man sich, dann denkt man.
\Venn ein Werk seiner Zeit voraus zu sein Der Satz soll keine Ausflucht der IIGesetzten U
scheint, so ist ganz einfach seine Zeit hinter sein. Ein richtiger Künstler ist stets in Be ..
ihm zurück. wegung.
Ein Künstler überspringt keine Stufen; Der Schöpfer ist notwendig Mann und Weib;
Springen ist Zeitverlust, man muß nachher das Weib ist dabei fast immer von Übel.
wieder herunterklettern. Das Publikum stellt Fragen. Sie müssen
Ein Künstler, der Zugeständnisse macht, durch Kunstwerke, nicht durch Programme
verrät niemand und nichts, er verrät nur sich. beantwortet werden.
Jeder beweisbare Kunst-Wert ist gewöhnlich. Alles Schöne sieht sich leicht an. Darum
Verachte den Beifall... Lüsternen; aber ver .. verachtet es das Volk.
achte auch, wer sich einen Auspfiff wünscht. Eine gesunde Ansicht wird immer für eine
Man muß ein lebender rotensch und ein literarische gehalten.
nachlebender Künstler sein. Ich arbeite an meinem Holztisch aufmeinem
Die Wahrheit ist zu nackt; sie erregt den Holzstuhl mit meinem Holzfederhalter ; das
Menschen nicht. hindert nicht, daß ich am Gestirnlauf gewisser ..
Ein Gefühlsskrupel, der uns die volle Wahr ... maßen mitverantwortlich bin.
heit verbirgt, ist wie eine Venus, die ihre Blöße Man drückt den Toten sanft die Augen zu.
bedeckt. Also: die Wahrheit zeigt mit der Hand Ebenso sanft soll man sie den Lebenden öffnen.
auf ihre Blöße. Nietzsehe mißtraute gewissen kopulativen
Eklektizismus: das ist ein Erlöschen der "Undsu : Goethe und Schiller beispielshalber~
Liebe und der Ungerechtigkeit. Nur ist in der oder, noch schUmmer, Schiller und Goethe.
Kunst Gerechtigkeit - Unrecht! Was würde er zu dem Kultus: Nietzsehe und
Beethoven ist ermüdend in der Durch... Wagner - Wagner und Nietzsehe' vielmehr,
führung, Bach nicht, denn Beethoven führt die gesagt haben!
Form durch, Bach den Gedanken. Beethoven Ich wende mich nicht gegen die moderne
sagt: ",Dieser Federhalter hat eine neue Feder deutsche Musik. Schönberg ist ein Meister; alle
- eine neue Feder hat dieser Federhalter - Franzosen, Stravinsky eingeschlossen, ver ...
neu ist die Feder dieses Federhalters" oder: danken ihm etwas, doch ist Schönberg vorzUg..
"Gnädige Frau, Ihre schönen Augen ••• " Bach lieh ein Musiker der Wandtafel.
sagt: "Dieser Federhalter hat eine neue Feder, Sokrates fragte: N Wer ist der Mensch, der
ich tauche ihn in die Tinte und schreibe da- Brot ißt, als wäre es was Besonderes, und das
mit ..." oder "Gnädige Frau, Ihre schönen Besondere, als wäre es Brot?" Antwort: Der
Augen lassen mich vor Liebe sterben und deutsche Musiknarr.

347
Deutschland hat den Typus einer geistig~n Publikum: - Die das Heute verteidigen, in..
Demokratie, Frankreich einer Monarchie. dem sie sich des Gestrigen bedienen und das
In Frankreich findet ein junger Musiker Morgen ahnen (1 Prozent). Die das Heute ver..
sofort Widerstand, also Anreiz. In Deutschland teidigen, indem sie das Gestern zerstören und
findet er offene Ohren. Je länger sie sind, desto das Morgen leugnen werden (4 Prozent). Die
williger hören sie zu. Er wird anerkannt und das Heute leugnen, um das Gestern zu ver...
angestellt und ist wohlgeborgen. teidigen, ihr Heute (10 Prozent). Die sich ein..
bilden, daß das Heute ein Irrtum ist, und für
Keine Musik, in der man schwimmt, keine Übermorgen ein Rendez ... vous geben (15 Pro . .
Musik, zu der man tanzt, sondern: Musik, zu zent). Die von Vorgestern, die das Gestern an ...
der man schreitet! nehmen, um 2U beweisen, daß das Heute die
Verjüngung: - Nichts macht schlaffer, als erlaubten Grenzen überschreitet (20 Prozent).
sich im lauen Bade langsam treiben zu lassen. Die noch nicht begriffen haben, daß die Kunst
Genug der Musik, in der man sich langsam fortdauernd ist, und der Meinung sind, die
treiben läßt! KUt:lst wäre gestern stehengeblieben, um morgen
Ein Freund erzählt mir, wenn man von vielleicht wieder weiterzugehen (50 Prozent).
New.. York kommt, möchte man die Pariser Die kein Vorgestern, kein Gestern, kein Heute
Häuser in die Hand nehmen. Euer Paris, wahrnehmen. Jean Corteau, Paris
meinte er, ist schön, weil es menschenartig
gebaut ist. Unsere Musik sollte auch menschen .. (Deutsche Ubertragung von J 0 ach i m Be c k,
artig sein. Berlin)
Musik ist nicht bloß Gondel, Rennpferd, D D
Drahtseil. Sie ist auch manchmal ein einfacher
Stuhl.
Das Cafe ..Konzert ist oft rein. das Theater
W I D M u N G E N
immer verderbt. "Drei Sonaten fürs Klavier, dem Hoch . .
Die letzte Weisheit: das ist's, was die würdigsten Erzbischofe und Kurfürsten zu Köln
Menge Verrüdrtheit nennt. Maximilian Friedrich, meinem Gnädigen Herrn
Nicht: panem et circenses müßte man gewidmet und verfertigt von Ludwig van
sagen, sondern: circenses panis sunt oder Beethoven, alt eilf Jahr."
noch richtiger: quidam circenses panis Der Typus der offiziellen, noch mehr
sunt. höfischen, als höflichen HDedikationH ••. "Und
Was das Gelächter der Menge erregt, ist darf ich's nun, Erlauchtester 1 wohl wagen, die
nicht unvermeidlich schön oder neu, aber was Erstlinge meiner jugendlichen Arbeiten zu Deines
schön und neu ist, erregt unvermeidlich ihr Thrones Stufe zu legen? und darf ich hoffen.
Gelächter. daß Du ihnen Deines ermunternden Beifalles
Die Masse gebraucht das Gestern nur als milden Vaterblick wohl schenken werdest? -
Waffe gegen das Heute. O,jal •. /'
Was die Menge an dir tadelt, bilde es aus, Der LandesTater immer obenan. Der eigene,
dann die anderen. Es gab genügende Auswahl
das bist Du.
im alten Deutschland. Zweiter Dedikations ..
Wirklich, das Publikum liebt die Reminis .. typus: der Dank an den Besteller, den Sub ..
zenzen. Es will nicht 'verwirrt sein. Das skribenten. Ganz recht so. Wer das Erscheinen
schlimmste Schicksal eines Werkes ist, daß eines neuen Werkes ermöglichte, sollte darauf
man ihm nichts vorzuwerfen hat - daß man verewigt werden, wie der Stifter eines Votiv ...
seinen Schöpfer nicht in die Opposition drängt. bildes neben seinem Schutzpatron. Ewig schade.
Je mehr eine Kunst am Anfang einer langen daß dieses Mäzenatentum verschwunden ist.
Epoche ist, desto mehr ist sie voll t dicht, ge.. Die Aristokraten von gestern ließen lieber
schlossen wie das Ei, und desto mehr erleichtert Pferde rennen, als Streichquartette spielen und
sie den oberflächlichen Betrug. die Geldmacher von heute legen die Bank,
Pelleas ist noch Musik, die man, das Gesicht anstatt daß sie auf die Bank gelegt werden.
in den Händen, hört. Alle Musik, die man mit den Ein dritter Typus: der persönliche, wie ich
Händen im Gesicht hört, ist zu beargwöhnen. als Nichthistoriker vermuten möchte, wie über ...
Wagner ist die typische Musik, Hand im Gesicht haupt das Dominieren der Persönlichkeit in der
zu hören. Musik, von Beethoven inauguriert. Der Lehrer,

348
de~ Freund, die Geliebte, werden Träger der
WIdmung. DieWidmungenSchumanns Brahms MUSIK UND WELTIDEE~
sind Biographien in Eigennamen, be~eichnen (Gedanken und AussprUche über Musik)
Menschen, die dem Autor lieb, seiner Kunst
wichtig, seinem Leben bedeutsam waren. Ab .. Alle neuere Musik wird auf zweierlei Weise
gesehen von den offiziellen Gönnern, die ja behandelt, entweder, daß man sie als eine seIb ...
natürlich immer noch,vorkommen. Aber auch ständige " Kunst betrachtet , sie in sich selbst
diese Beziehung War persönlicher geworden: aus b tIdet, aUsübt und durch den verfeinerten
nicht mehr thronte in hoher Weihrauchwolke äußeren Sinn genießt, wie es der Italiener zu
unn~hbar der "gnädige Herr", der Musiker tun pflegt, oder daß man sie in bezug auf Ver ...
durfte stolz neben dem Dichter mit dem Könige ·stand, Empfindung, Leidenschaft setzt und sie
gehen, der Künstler schenkte aus seinem dergestalt bearbeitet, daß sie mehrere mensch...
Reichtum und wußte, daß er's tat. Und wenn liche Geistes... und Seelenkräfte in Anspruch
Widmungeq. an die deutsche Nation, an den nehmen könne, wie es die Weise der Fran..
lieben Gott Legende sind, so liegt doch die zosen, der Deutschen und aller Nordländer ist
richtige Empfindung zugrunde: die Höhe des und bleiben wird.
Kunstwertts fordert den gleichwertigen Emp... : .. ~eit einer sorgfältigen AusbÜdung der
fänger. "Hier, mein Lieberu, schreibt Goethe MUSIk In mehreren Ländern mußte sich diese
an Herder, "wenn man etwas widmen und Trennung zeigen, und sie besteht bis auf den
weihen kann, die Iphigenie, Dir gewidmet und heutigen Tag. Der Italiener wird sich der lieb...
geweiht. .. u Das fstes: widmen und weihen! lichsten Harmonie, der gefälligsten Melodie be..
$0 gehört es zusammen. fleißigen, er wird sich an dem Zusammenklang,
Die Kunst will, scheint es, populärer an der Bewegung als solcher ergötzen, er wird
werden. Sie schenkt, ohne Ansehen der Person. des Sängers Kehle zu Rate ziehen, und das,
Widmet, ohne Ansehen der Person. Ein was dieser an gehaltenen oder schnell auf...
exquisites Mittagessen, ein gastliches Logis: einanderfolgenden Tönen und deren mannig..
Grund genug, sich erkenntlich zu zeigen. "Ein faltigsten Vortrag leisten kann, auf die glück ...
kleines Lied, was liegt daran?" denkt Richard lichste Weise hervorheben und so das gebildete
Strauß. Und verschenkt's an die Dame des Hauses. Ohr seiner Landsleute entzücken. Er wird aber
An fünf Damen von fünf Häusern. (Siehe Strauß' dem Vorwurf nicht entgehen, seinem Text, da
heilige Fünfzahl: die Juden der Salome, die er zum Gesang doch einmal Text haben muß,
Mägde der Elektra, die Fischlein der schatten.. keineswegs genug getan zu haben.
losen Frau.) Ein fürstliches Geschenk? Wer weiß? Die andere Partei hingegen hat mehr oder
Diese fünf Fünftel. . Opus geben kein Ganzes. weniger den Sinn, die Empfindung, die Leiden..
Taugten sie vielleicht zu nichts Besserem, als schaft, weIche der Dichter ausdrückt, vor Augen;
statt Blumen den gedeckten Tisch zu dekorieren? mit ihm zu wetteifern, hält sie für Pflicht. SeIt...
.,.0 du liebes Einerlei,. wie wird aus dir so same Harmonien, unterbrochene Melodien,
mancherlei • ..U Philiströses Behagen am lieben gewaltsame Abweichungen und Übergänge sucht
Einerlei, Sehnsucht, die sich höchstens zu einem man auf, um den Sc:hrei des Entzückens, der
.,lieblichen Stern" versteigt (dieser jedoch so Angst und der Verzweiflung auszudrücken.
trefflich er zu den übrigen fünf passen wdrde Solche Komponisten werden bei Empfindenden,.
bedeutet keinen Namen und keine Widmung!) bei Verständigen ihr Glück machen, aber dem
Aufruhr, der aus einer echt Heineschen Anti... Vorwurf des beleidigten Ohrs, insofern es für
these geboren, des "schlechten Wetters" schnell sich genießen will, ohne an seinem Genu.fl Kopf
vergißt und sich umso gründlicher in einer _ und Herz teilnehmen zu lassen, schwerlich ent..-
Omelette besänftigt. "Ich glaube, Mehl und Eier gehen.
- und Butter kaufte sie ein - sie will einen Vielleicht läßt sich kein Komponist nennen,
Kuchen backen . ..U Man höre nun dazu diesen dem in seinen Werken durchaus die Vereinigung
schmalzigen Omelette .. Walzer, eine wahre beider Eigenschaften gelungen wäre, doch ist
Gourmandise für den verwöhntesten Brillat.. es keine Frage, daß sie sich in den besten Ar..
Savarin der Musik, vom rayonierten Mittel.. beiten der besten Meister finde und notwendig
ständler nicht zu reden. 0, welch einen Kuchen finden müsse.
mag sie gebacken haben! Glückliche Hausfrau! (Goethe, aus den Anmerkungen zu ·seiner
Glücklicher Gast! Gesegnete - Widmung! Übersetzung von HRameaus Neffe u)
R. S. Hoffmann c
c c + Siehe 1. Jahrgang, Nr.3-4.

349
Es möchte hingehen, obgleich ein tein schwindet, kann statt des realen und äußer,
musikalischer G~ist es nicht verlangt, daß man lichen Dramas, an dem, in allen seinen Formen
der reinen Sprache der Töne, obwohl sie, selbst- das ganze Volk, als politische oder sittliche
genugsam, keiner Beihilfe bedarf, Worte, sogar Totalität teilnimmt, ein i nn e rl ich es, ideales
auch eine anschaulich vorgeführte Handlung, Drama allein noch das Volk vereinigen. Dieses
zugesellt und unterlegt, damit unser anschau.. ideale Drama ist der Gottesdienst, die einzige
ender und reflektierender Intellekt, der nicht Art wahrhaft öffentlicher Handlung, die der
ganz müßig sein mag, docq auch eine leichte neueren Zeit und, auch dieser späterhin nur
und analoge Beschäftigung dabei erhalte, wo.. sehr geschmälert und beengt geblieben ist.
durch sogar die Aufmerksamkeit der Musilf (Schelling, Philosophie der Kunst [Von der
fester anhängt und folgt, auch zugleich dem, modernen dramatischen Poesie])
was die Töne in ihrer allgemeinen bilder10sen
c
Sprache des Herzens besagen, ein anschauliches
Bild, gleichsam ein Schema, oder wie ein Ein guter Schauspieler ist in der Tat ein
Exempel zu einem allgemeinen Begriff, unter.. plastisches und poetisches Instrument. Eine
gelegt wird: ja, dergleichen wird den Eindruck Oper, ein Ballett sind in der Tat plastisch,
,der Musik erhöhen. Jedoch sollte es in den poetische Konzerte, gemeinschaftliche Kunst,
Schranken der größten Einfachheit gehalten werke mehrerer plastischer Instrumente.
werden, da es sonst dem musikalischen Haupt.. c
-zwecke gerade entgegenwirkt.
(Schopenhauer, Parerga H. ~ 220) Die Skulptur und die Musik sind sich, als
entgegengesetzte Härten, gegenüber... Die
Cl Skulptur ist das Gebildete, Starre. Die Musik
Ich begreife nicht ..• wie ihr Sujet und das Gebildete, Flüssige.
Musik trennen und jedes tur sich genießen (Novalis, Fragmente)
könnt. Ihr sagt, das Sujet tauge nicht, aber ihr c
hättet es ignoriert und euch an der trefflichen
Ich habe unter meinen Papieren ein Blatt
Musik erfreut. Ich bewundere wirklich die Ein..
gefunden, wo ich die Baukunst eine erstarrte
'lichtung euerer Natur, und wie euere Ohren
Musik nenne. Und wirklich, es hat etwas i die
imstande sind, anmutigen Tönen zu lauschen,
Stimmung, die von der Baukunst ausgeht.
während der gewaltigste Sinn, das Auge, von
kommt dem Effekt der Musik nahe.+
den absurdesten Gegenständen geplagt wird .•.
Aber soviel ist gewiß, daß ich eine Oper (Go~the zu Eckermann, 23. Mlrz 1829)

nur dann mit Freuden genießen kann, wenn c


das Sujet ebenso vollkommen ist wie die Musik,
Werfen wir jetzt einen Blick auf die bloße In ..
-:;0 daß beide miteinander gleichen Schritt gehen.
strumentalmusik, so zeigt uns eine Beethoven ..
(Eckermann, Gespräche mit Goethe, 7. und sche Symphonie die größte Verwirrung, welcher
9. Oktober 1828) doch die vollkommenste Ordnung zu Grunde
Cl liegt, den heftigsten Kampf, der sich im näch~
sten Augenblick zur schönsten Eintracht ge ..
Ich bemerke nur noch, daß die voll.. staltet: es ist return concordia discors.
kommeilste Zusammensetzung aller Künste, ein treues und vollkommenes Abbild des
-die Vereinigung von Poesie und Musik durch Wesens der Welt, welche dahinrollt im un..
Gesang, von Poesie und Malerei durch Tanz, iibersehbaren Gewirre zahlloser Gestalten und
selbst wieder synthesiert die komponierteste durch stete Zerstörung sich selbst erhält. Zu ..
Theatererscheinung ist, dergleichen das Drama gleich nun aber sprechen aus dieser Symphonie
des Altertums war, wovon uns nur eine Kari.. alle menschlichen Leidenschaften und Affekte:
katur, die Oper, geblieben ist, die in höherem die Freude, die Trauer, die Liebe, der Haß, der
und edlerem Stil von seiten der Poesie sowohl, Schrecken, die Hoffnung u. s. w. in zahllosen
als der übrigen konkurrierenden Künste uns Nuancen, jedoch alle gleichsam nur in abstracto
arn ehesten zur Aufführung des alten mit Musik und ohne alle Besonderung und es ist ihre
und Gesang verbundenen Dramas zurückführen bloße Form, ohne den Stoff, wie eine bloße
könnte.
'" Diesen Gedanken hat Goethe von Schelling
Musik, Gesang, Tanz, wie alle Arten des iibernommen. der in seiner "Philosophie der Kunst"
Drama leben selbst nur im öffentlichen Leben (~107-118) den Vergleich Musik-Architektur bis in
Und verbUnden sich in diesem. Wo dieses ver.. alle EinZelheiten durchführt.

350
Gtisterwelt ohne Materie. Allerdings haben wir MUS I K IN WIE N
den Hang, sie beim Zuhören zU realisieren. sie
in der Phantasie mit Fleisch und Bein zu be:... Das vierte Orchesterkonzert des "Anbruch"
kleiden und allerhand Szenen des Lebens und leitete Georg SzUt mit dem ganzen Feuer
jer Natur darin zu sehen. Jedoch beför:dert dies, seiner Jugend, das heute so oft unter müder
im ganzen genommen, nicht ihr Verständnis, Blasiertheit verkohlt, dabei mit einer über..
noch Genuß, gibt ihr vielmehr einen fremd . . tegenen Reife, die einem Dreiundzwanzigjährigen
artigen, willkürlichen Zusatz: daher ist es kaum zuzumuten· ist. Er brachte aus der un..
besser, sie in ihrer Unmittelbarkeit und rein vollendet hinterlassenen Oper "Prinz Igor<t
aufzufassen. von' Alexandet Borodine. der, ursprünglich
~S,hopenhauer, Die Welt als Wille und Vor . . Arzt. wie so viele der neueren Russen. 1887 als
stellung 11, Kap. 3 a) Musiker in Amt und Würden starb, und bei
uns durch ein Streichquartett und die "Polo:,
wetzer'" Tänze, einer Glanznummer des be ..
o
rühmten russischen Balletts, bekannt ist, die
.ouvertüre und die eben genannten Tänze, in
Was wollen sie, die zaghaften und zweifeln. . deren Fertigstellung und Instrumentierung sich
Jen Vernünftler, die jedes der hundert und Rimsky . . Korsakow und Glazounow als getreu ..
hundert Tonstücke in Worten erklärt verlangen liehe Testamentsvollstrecker geteilt hatten.
~tnd sich nicht darin finden können, daß nicht
"Echt russische" Musik, besonders in den
-:in jedes eine nennbare Bedeutung hat wie ein Tä.nzen, voll schwindelerregenden nationalen
Gemälde? Streben sie die reichere Sprache nach Temperaments. das unwiderstehlich mitreißt.
der ärmeren abzumessen und in Worte aufzu... Daneben, in eigenartigem russisch..japanischem
[ösen, was Worte verachtet? Oder haben sie Konflikt, Egon Lustgartens hoch kultivierte,
nie ohne Worte empfunden? Haben sie ihr fein sensitive "japanische Liebeslieder", vier zu
hohles Herz nur mit Beschreibungen von Ge . . einem kleinen sinfonischen, überaus zart in..
fühlen ausgefüllt? !laben sie niemals im lonern strumentierten Ganzen verbunden. Verhaltene
wahrgenommen das stumme Singen. den ver... Empfindung, in sanften Aquarellfarben gemalt,
mummten Tanz der unsichtbaren Geister? Oder niemals· grell lodernd, sich nicht einmal, wie
.;lauben sie nicht an die Märchen? ein Kritiker, aus dem Bilde fallend. meinte, an
Ein fliessender Strom soll mir zum Bilde "schwarzem Porzellan entzündend", auch kein
jienen. Keine menschliche Kunst vermag das "roter Bolschewismus u, wie ihn ein anderer
Fließen eines mannigfaltigen Stromes nach unbegreiflicherweise in diesem anmutig stili . .
allen den tausend einzelnen glatten und sierten japanischen hortus ddidarum gewittert
bergigen, stürzenden und schäumenden Wellen hat, sondern nur Liebeslieder. die "um ..
mit Worten fürs Auge hinzuzeichnen. - Die schmeicheln. die, süß einschläfernd. den Sinn
Sprache kann die Veränderungen nur dürftig betörenU sollen. Und wieder ein Kontrast: Josef
zählen und nennen, nicht die aneinander.. Rosenstocks Klavierkonzert in einem Satz,
hängenden Verwandlungen der Tropfen uns op. 4. Richtiger gesagt, kein Konzert, vielmehr
sichtbar vorbilden. Und ebenso ist es mit dem eine Symphonie mit obligatem Klavier, dem abu
unsichtbaren Strom in den Tiefen des mensch.. sein eigentliches Element. das pianistisch..kolo-
lichen GemüUs beschaffen; die Sprache zählt rierende t nur in bescheidenem Maße zugebilligt
und nennt und beschreibt seine Verwandlungen wird. Trotz dieser Einschränkung und trotz
in frem-dem Stoff; die Tonkunst strömt ihn mancher Bedenken gegen ein Zuviel an Instru.-
uns selber vor. Sie greift beherzt in die geheim.. mentation, ist das Werk bedeutend genug. Aus. .
n:isvolle Harfe, gcWägt in der dunklen Welt gezeichnet gebaut. von erfreulicher melodischer
bestimmte dunkle Wunderzeichen in bestimmter Natürlichkeit im Adagioteil - denn alle vier
Folge an - und die Saiten unseres Herzens typischen Teile der Sinfonie treten deutlich ge ..
erklingen und wir verstehen ihren Klang. sondert, zu schöner Gemeinsamkeit Zusammen
(Wackenroder. Phant~sien über die Kunst) _ in der Stretta des Schlusses von interessanter
Karnevalslaune. die an "Prinzessin Brambilla~'
Zusammengestellt von H u g 0 Kau der denken läßt, und vor allem stark im Einfall
des trotzig...zackigen Hauptthemas, das die mo . .
c 0
tivische Einheit schafft, und in dem Unisono
seiner letzten Wiederkehr sich beinahe %u be..
roischer Größe aufschwingt. Der KomponiAt

351
war sein eigener wirkungsvoller Interpret, den sehen Moderne. Eine gemäßigte Moderne, die
Liedern diente Frau Ulan ow sky,mitWohllaut das National..Dvorakische (nicht dessen "neue
und Kunstfertigkeit, die auch auf einem eigenen Welt"gedanken) mit westlichem Debussysmus
Liederabend, den sie ,gem~insam mit ihrem durch eine entente cordiale zu verknüpfen be;
Gatten gab, den schönsten_ Erfolg errangen. gann. Harmonisch dominiert die Ganzton..Skala
(Weniger neueren, bunt zusammengestellten und die ihr verbundene Alteration des Drei~
Liedern, von denen ich Proben von Stöhr _klanges. Auch seine Quintenfolgen sind nicht
und Lio Hans hörte, die recht eindruckslos selten und die motivische Engführung bedingt
vorübergingen.) Einen neUen Russen prIsen.. auch Zufallsklänge, die der symphonischen
tierte auch das fünfte ..Anbruch"" Konzert: Dichtung manch charakteristisches Licht auf~
Ljapounow, dessen Klavierkonzert, Es moll, setzen, während ein reichhaltiges Orchester.-
op.4, ebenfalIj einsätzig, auf richtigen Klavier .. kolorit für die satten Farben des Grundes sorgt.
klang bedacht, dem Virtuosen die dankbarsten Nicht allzu hervorragend, nicht einmal sonder ..
Aufgaben stellt, denen Leo Sir 0 t a s imponieren.. lich illustrativ wirksam (wie anders das
des Können voll gewachsen war. Nicht gerade Zeichen Richard Straufl' J) der thematische Ein~
tief, recht schulmeisterlich in den Durchfüh.. fall, allerdings gewinnend durch variierende
rungsteilen, fand das überaus ansprechende und und kontrapunktische Verarbeitung, zieht er
gut klingende Opus sofort Freunde. Weniger die besten Kräfte der Dichtung aus der poeti ..
zusagend erschienen mir die ,,:Bolides'" von sehen Erscheinung der Waldfee an sich, die
Ctsar Franck. 1876 schwebten diese Äols .. denn auch berückend geschildert wird. Im
töchter 'zum erstenmal hernieder, um auf den übrigen bleibt in Form und Anlage das Meiste
Saiten der modernen Äolsharfe, des modernen dem unklar, der nicht an der Hand des Textes
Orchesters, wie es Berlioz geschaffen, ihren den Vorgängen folgt. Literarisches Musizieren ...
Schwebereigen aufzuführen. D!ls ist heute eine Stärkere Eindrücke vermittelte eine beson~
einigermaßen bejahrte Ange,legenheit und die ders klare Ausführung von Novaks fünfsätziger
ältere Fee Mab dünkt uns weit verführerischer, Klavierdichtung "Pan" durch den modern orien ..
als diese etwas bürgerlichen und recht einfach tierten, charaktervollen Pianisten P. E m e r ich.
gewandeten TänZerinnen. So konnte ich auch Novaks Vorliebe für dieses Instrument zeigt
keineswegs mit. dem MusikfÜhrer finden, daß das sich in dner bemerkenswerten Beherrschung
Ende viel zu rasch komme. Die moderne, bedeut.- seiner Ausdrucksmöglichkeiten, dabei auch, wo
samere Hälfte dieses alt..neuen Programms war er rein impressionistisch gestaltet, immer auf
vier Orchesterliedern von P. A. Pisk und der den guten Klavierklang, auf deutliche themati ..
symphonischen Dichtung Vitezslav No v aks: sche Führung bedacht. Wie wäre es, wenn man
Toman und die Waldfee, vorbehalten. das seither instrumentierte Werk im neuen
Diese vier Lieder, von FrI. Mih a es e k wunder... Gewande hören könnte?
schön gesungen, sind wie aus gemeinsamer Neben Korn goi d s sturmdrängender
Stimmung geboren, -aus müder Sehnsucht, Sonate Nr. 2, deren Impetus und Rhythmus
glücklosem Entsagen, ..greisen" Träumen. Fast wohl Einiges s<:huldiK geblieben wurde,
durchwegs langsame Tempi, verschwimmende hörte man an diesem Abend auch Sc h ö n ..
Akzente, nur einmal bewegter für einen Augen .. bergs sechs kleine Klavierstücke op. 19.
blick, da einer wilden Wunde gedacht wird Hier ist die gewohnte Tonsprache in ihre
und der einzige starke Energie..Aufschwung Elemente aufgelöst, deren Wiederaufbau zu
eines" verhundertfach, vertausendfach" hervor .. einem Gefühlseindruck so schwierig erscheint,
brechenden Schmerzes am Schlusse des letzten als läse man ein Gedicht in einer fremden
Gesanges, der einige Jahre vor den anderen Sprache, die sieb nicht lernen läßt. Hier bleibt
komponiert ist. Zu wünschen wäre, daß Pisks nichts übrig, als, ohne ein Werturteil abzugeben,
schöne Begabung, sein ausgesprochenes Or .. einfach sein eigenes Unvermögen bekennen. -
chestertalent, sein echtes lyrisches Gefühl, das Von Schönberg war mir die Bearbeitung der
in jeder Note dieser innigen Gebilde zittert, nun "Verklärten Nacht.. für Streichorchester neu,
auch die Kraft in sich fänden, aus Melancholie, die Furtwängler ganz unvergleichlich schön
Druck und gequälten Träumen "verhundert.- gestaltet hat. Man hatte wohl immer stellen ..
fach, vertausendfachu hervorzubrechen. In jene weise die Empfindung, daß das Streichse::r:tttt
höhere Sphäre der Kunst, wo noch immer die einer geradezu sinfonisch gedachten Kammer ..
Sonne der Lebensfreude ihre heitersten Strahlen musik besonders in der Mondnachtstimmung
für jedes freie Auge bereit hat. Novak teilt der Verklärung nicht voll gerecht werden
sich mit Suk in die Führerschaft der tschechi.. konnte. Diese Partien vornehmlich haben im

352
:Jrchester ganz ungemein gewonnen. Anderseits Konta seIbst verfaflt, sind weitab von jeder
:-connte bei aller Sorgfalt des Meisters, der Konvention, Mlrchensymbotik (im zweiten Akt
'fiel Solistilches beibehalten, wie durch mehr .. von "Verirrt"', in dem eine gefesselte Phantasie..
:--ache Teilungen die Klangschattierungen des Prinzessin aus Gletschenmauern befreit wird,
3treicherkörpers ganz überraschend fein vielleicht zu viel Symbol), sind der rechte
lifferenziert hat, auf die Dauer das Bedürfnis Boden für Opernwahrheit, starke Konflikte ver ..
-lach reicherer Instrumentation nicht ganz langen nach sichtbarer Gestaltung.
tnterdrückt werden. Vielleicht würde eine Die Musik, von der das Klavier kaum den
.fritte Bearbeitung für ganzes Orchester dem richtigen Begriff gibt, ebenso fern von jeder
terrlichen Werk die bleibende, vollkommenllte Nachahmung1 hat Leidenschaft und den Drang
"testalt geben. - Neue Klaviermusik war in zur Höhe. Ein Urteil wäre verfrüht. Nicht
"inern Programm Richard Byks vertreten, das aber der -Wu~sch, speziell "Verirrt" auf der
~Tohttuend abstach von dem typischen Klavier .. Bühne zu sehen. Das wäre jedenfalls 80 wichtig,
lTogramm, über das ich neulich geschrieben wie die Aufführung von "Lodolettau •
labe. Intelligenz und gesteigerte Technik be.. R. St. Hoffmann
ähigen den jungen bedeutenden Künstler Z{,1 den o 0
chwierigsten Aufgaben. Es ehrt ihn, daß er
uch undankbare wählt. Besonders im Gedächt.. BESPRECHUNGEN
lis haften blieben: von Suk eine schwirrende
KARL HORWITZ: SECHS LIEDER op. 4.
'rühlingsidylle, von Richard Man d t, dem zu (Verlag Kahnt, Leipzig.)
Jnrecht schon halb vergessenen, lieblich..ein.. Schon innerhalb dieser sechs Gesänge ist
ache Impressionen aus der Bretagne, und von eine Entwicklung des Komponisten deutlich zu
"1 z y m an 0 ws ki Variationen über ein merken. Während im ersten Lied noch fast
;olnisches Volksthema, scheinbar aus jüngeren ausschließlich Dreiklänge die stützenden Har..
ragen. Den späteren dürfte desselben "Tantris monien bilden und trotz vieler Alterationen
ler Narr" (ausnMasken") entstammen. Bizarre, die Tonalität merkbar bleibt, überwiegen in den
~dstreich"verrückte Musik eines Shakespeare . .
späteren immer mehr freie Tonkombinationen,
'1 arren. Dabei vortrefflich fürs Instrument. Etwas
besonders Quartakkorde. Jede Beziehbarkeit
·u ausführlich geraten. Im Ganzen: Maske? der Akkordfolgen auf eine ideelle Grundform
)omit: Absichtsvoll ungewöhnlich, unkenntlich fällt weg und die motivische Gestaltung bildet
;emacht, anders als die andern? Vielleicht! für den Hörer allein Richtschnur und wirksame
Ein Sprung: Alfred Ar b t e r s Kompositions.. Rettung vor unklarem Eindruck.
~bend. Er ist ein sehr gewandter Klavierspieler, In intellektuell sehr hochstehender Weise
tuch das Damenquartett Rod 0 s i verdient die werden viele kontrapunktische Ergiebigkeiten
::unehmende Anerkennung, die eS findet, voll.. der Motivll- verwertet und zur Gestaltung heran..
luf. Man spürt sofort: Vorne-hmheit, geerbte gezogen. Themen.. Umkehrungen,mehrfache Imi..
,-<ultur, weiße. höfliche Manschetten. An tationen wechseln mit Stimmenvertauschungen
tlittlerem Brahms gebildete Erfindung, saubere, im doppelten Kontrapunkt. Dabei wird FUllsel
;vohlklingende Satztechnik, an der Klavier und nach Möglichkeit vermieden, so daß durch Hören
::>treichquartett, beide gleichmäßig, profitieren, der Stimmen in horizontal.. 1inearem Sinne ein
_mgenehm zerstreuend, auch wo die Marke: ganz klares Bild ent.steht. Selbst wo eine
'Jnterhaltungsmusik, nicht ausdrücklich dazu rauschende Begleitungsfigur verwendet wird
luffordert. (in "Hälfte des LebensU ) gibt es keine Ober ..
Grundloser Optimismus I - Vielleicht gibt ladung und durch Einschieben homophoner
lS auch grundlosen Pessimismus. Aus Nacht Teile wird für Kontrast gesorgt.
l1nd Not ringt sich Robert Kontas Kunst. Bei manchen Liedern scheint die asketisclte
Kein Zweifel, daß sein eigentliches Schaffens.. Beschränkung der Begleitung so weit gefÜhrt,
gebiet das dramatische ist. Der abgeklärtere daß die sinnliche Klangwirkung beeinträ.chtigt
Inhilt sinfonischen Geataltens erfüllt sein neues wird: Dann muß man sich Um so sUrker auf
;"argo für Geige und Klavier, das wohl Mittel.. die Stimmung des Gedichtes konzentrieren. Denn
teil eines Geigenkonzerts sein könnte, so wenig trotz aller Gehirnarbeit scheint auf deren richtiges
als die einstmals aufgeführte große Sinfonie. -Erfassen das größte Gewicht gelegt zu sein.
Weit stärker für seine Eigenart treten die Wenn man die Vorurteile gegen "kako ..
Opernfragmente ein, eins aus nJugunde"', eins phonische" oder gar "unverstJtncUiche" Muaik
"Verirrt"". Hier müht sich ein Suchender um beiseite l1it - natürlich werden die Lieder als
neuen Ausdruck. Die interessanten Texte, die solche bezeichnet werden, denn Horwitz beginnt

353
und schließt nicht immer mit dem Tonika.. Ermüden oder verwerfliche Bequemlichkeit
dreiklang (Gottseidank J),dafür wird desKlavieres herbeizuführen. ,JErwachen", nAn die Arbeit",
höchstes und tiefstes Register ausgenützt (pardon, nGlockenspiel", "Trauerzug", "MittagsstilIe",
auch schon bei anerkannten modernen nIm Marionettentheater", "Am Unkenteich",
Meistern) - so wird man 'den Ernst der Ab.. nAbendgangll und nNachtigalL-Einschlafen" _
sicht. Stimmungen musikalisch auszudrüc:ken, dies die Titel der einzelnen Klangstudien _
merken und an vielen Stellen _ das Gelingen sind geistreiche musikalische Nowllettchen,ent..
fühlen. Diese Lieder sind weit wertvoller, als zückende Stimmungsbilder und anmutige
jetzt so häufige Marktware. Skizzen aus dem Kinderleben. Sie dürfen neben
Dr. P. A. Pisk Schumann ruhig bestehen.
D
D
HERMANN BUCHAL: SONATE IN CMOLL
PAUL FRANKENBURGER: ZWEI LIEDER
für Klavier, op. 19. (Verlag ]uHus Hainauer,
nach Gedichten von Friedrich Nietzsehe. (Verlag
Breslau.)
Otto Halbreiter, München.)
Eine anregende Arbeit, echt klaviermäßig
gesetzt und darum gleichermaßen dankbar für Die zitternde Vision der braunen Nacht
die Rechte und für die Linke. Der erste Satz, "Venedig" und die Schicksalsfrage "Der Tag
leidenschaftlich bewegt, stellt ein figuriertes klingt ab •• /4 als Gesänge. "Venedi~' in ruhig
Thema der oberen Stimme in wirksamen fließender Bewegung, ähnlich den kaum merk ...
Kontrast zu einem mehr harmonischen Thema bar schaukelnden Gleiten der Gondeln, eine
im Baß. Die kontrapunktische Behandlung musikalische Aquarellarbeit mit sehr sorg..
dieser häufig wiederkehrenden, immer aber neu fältigen Details, die helle Farben geschickt
variierten Gruppierung ist nicht ohne Reiz. mh den düstern vereint, so daß es schwer zu
Strenge deutsche Schule sorgt dafiir, daß sich entscheiden ist, ob sich in ihnen bunte Seligkeit
geziemende Fugati ·und entsprechende Eng.. oder trunkene Dämmerung widerspiegeln -
führungen am rechten Ort und zur rechten "Der Tag klingt ab ..•4< die klingende Illustration
Zeit nielden. Der zweite Satz, ruhig und weihe .. eines Gedankens, kurz, nicht überladen, frei
voll, nimmt die Variationenform für sich in und doch künat1erisch im vorgesteckten Rahmen
Anspruch. Er verlangt große Geläufigkeit und bleibend. Beide Gesänge gute, ernste Arbeiten.
vorgeschrittenere Technik. Der dritte Satz, sehr D
rasch, bekennt sich von allem Anfang an zu
einer Art Tarantella. SIEGFRIED KALLENBERG : ENTSAGUNG,
4 Lieder auf Dichtungen von Gottfried Hagen.
D
(Verlag Otto Halbreiter, München.)
HERMANN ZILCHER: BILDERBUCH,NEUN Schlichte Liebeslyrik, "Im schneeigen Walde",
KLANGSTUDIEN für Klavier, op. 34. (Verlag "Verloren", "Abschied", "Reue" - Seelen, die
Otto Halbreiter, München.) sich ohne Kampf finden und nach kurzem Glück
Die Widmung nMeinem lieben Heini" und ("Nur kurz noch denke Ich zurück an schöne~
die Titel der neun Klangstudien lassen schon liebe! traurige Wonnen •.."') für immer ver...
rein äußerlich erkennen, daß es sich um Musik lieren - einfach vertont, ohne Problem, gerad ..
handelt, die für kindliches Gemüt berechnet linig, mit Vermeidung von Sensation und
ist. Ob die gewollte Wirkung auch wirklich Effekt, verträumt und versonnen, zeitlos, ganz
erzielt wird, das sollen Kinder als die dazu gewiß außerhalb der Gegenwart und der in
Berufenen entscheiden. Erwachsene können ihrem Bann stehenden Kunst.
nur sagen, daß diese neun Klangstudien endlich
D
einmal Klaviermusik sind, die sich von aller
üblic:hen Kinder.. KlavierIiteratur der letzten OTTORINO RESPIGHI: FONTANE DI
Zeit sehr vorteilhaft unterscheidet. Diese ROMA,Poema sinfonico per orchestre, riduzione
Studien sind nicht nur gut erfunden und rein per pianoforte a quattro mani. (Edizioni Ricordi,
gedanklich wertvoll, sondern auch harmonisch Milano.)
und klanglich nicht unbedeutend. Sie um.. Ein wahrhaft poetischer Vorwurf für eine
schmeicheln das Ohr, ohne aber auch nur einen symphonische Orchesterarbeit : La fontana di
Augenblick lang billigen Konzessionen nach.. valle Giulia all alba, la fontana del Tritone al
zugehen, sie unterhalten, ohne zu abgehaspelten mattino, la fontana di Trevi al meriggio, la
Phrasen und Kindereien Zuflucht zu nehmen, fontana di Villa Medici al tramonte - diese
sie beschäftigen den Geist, ohne frühzeitiges herrlichen, unvergleichlich grandiosen, ewigen

354
Kolossalgl'uppen irs stimmungslösende An,., ZU UNSERER NOTENBEILAGE
regungen! Wie famos ',könnte sich' eine Sym",
phonie der römisdlen Brunnen: neben d,er Atois Haba, ein Schüler von FraM
Alpensymphonie ausn~hme:t\~ Aber Respighi Schreker und Vft. N'<fvak, hat bisher mit einer-
ist kein Rkhard Strauß - weit eher dn Smetana. Klaviersouate op~ 3, (erschienen in der Univenal...
Die nMoldauu unq. 11Visegrid" scheinen den Edition)', Variationen tiber eine.tl (;ano11 von
ita:Henischen Kompon,isten nodl' ,stärker oe.. S,humanu sowie einem Stt'd<:hquartett achtung""
dnflußt zu haben wie Rkhard Wagners gebietende Propen dner ahsehnlichen schöpferi..
"RheingoldU~ Die sympnonische Dichtung ist
schen B~gabun.g gegeben~ Die beiliegende Kom'"
gewiß nicht arm an plastischen Melodien, wohl position, ist HJ.bas OP1.tS 2 en.tnommen, das,
aber an interessanterer Stiminführung. In del" außer dem Intermezzo (Ni'. 2) noch ein Scherzo,
Partitur dUrfte -es - sö weit die Bevbeitung" (Nr~ 1) enthält/"Da,$, Intermezzo.• von: dem in.
für vierhändiges Klavkr einen Schluß 'zuläßt-'"' der Beilage nur der erste Teil (Andante eal1tab.i1et
hübsdle Lichter" tauschende Instrumentations". Struktur AB Al abgedruckt ist, fesselt durch
episoden "und orchestral abschattiel'te Themen neue, für das Schaffen Haba'j) cnarakte'ristisc.he
geben. Eine vollständige AUfführung in einem Verwendung iei;:;hsttr' Harmonien als Ausfluß
unsere!' Syniphonitkonzerte könnte starken .einer durchaus: persönlicl1en Setzweise sowie
Beifall finden. ' durch eine in weitem melodischen Bog-en sich
ergießende poetisc'he AusdrueksffiI1e. '
"
RICCARDO ZANDONAl: PRlll'lAVERA IN " jJ
VAL Dr SOLE, Impressioni sinfoni<:::he i Piano", BERICHTIGUNG
forte a quattro man:i. {Edizioni Rkordi, MHano~}
Diese symphol1isdlC Dkhtung Zandonais Zur Berichtigung von Nt'. 7", 8 wird noch
bes<C,ll1'änkt sich auf das Nathmalen der viel.. nachgetragen:
facJien Natufsdiönheiten des erwachenden Durch ein Versehen dei" Pl'udt:erei in Wien
Fl'ilhlihgs~ Pastorale Stimmungen, Waldes,,, erschi.en die Ankündigung der mtisikaHschen
weben t zauberhafte Wirkungen schöner Echo .. Veranstaltungen des:, "Anbl'ueh# in BerUn. für
Tufet sonnen.t:H;:$t1"ahlte SchrnetterHngsflügd - die kommende Spielzeit in Nt. 4 und 5 ver....
da$J aUes mehr als: ~:h1ßert$: Geschehen W:lI!' als früht. Diese Ankündigung war lediglid:l .aIR
inneres Erleben Ziemlich b:reitspurig g'cschUdert. typographische Vodage geda-cht 'und sollte
Atich dieses Werk scheint - es Hegt wieder nur konform mit dem für BerUn gepla.nten. und-
die Klavietbea:fb1?1titng vor :....- ein 1ichHletndes bere.its erschienenen Pl'ospekt~ e.ndgültig das
örches:traJ~s, ,Kleid ,zu. tragen.. An einem Abend Programm und. dit Namen jener Persönlich...
zeitgenössischer italienischer Komponisten keiten enthalten!" die ihre tätige Mithilfe dem
würde tl$ nicht v'ergeblich um lauten Erfolg kftnstlerisdlen Unternehmen zu$agten~ Durch
werben. den bereits erschienenen. Pros-pekt tÜ1:H:b.dnen
demna.ch. ane Unstimmigkdte·n dieser ersten
Ankündigung herichtigt und e.t1edigt.

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Oper in drei Akten 1 Klavier'auszug 2.Tanz dc:r Del.'wisl;he
Verlag Hil.ni u~ Co,., Zür:i'ch op. 31: Gesang zu Zweien. in der Nacht 'für-
Pau! B:reisach, 01'.. 1: Acht Lieder Soprant t ellor und Klav.ttT
Kommissionsveriag Gollt Wien 01'. 35: N achtgesangt Morgeti1ied f{ir Sing'"
losef Mauert 01'. 19:' Nomos für Klavier, stimme und kleines Orchester
Harmonium Richard Trunk~ 01". 9~ 16, 22 und 16: Gesänge
G. Kunsemuller; Sonate H mon fur Cello und
Kbvier'
Spitzweg...Suite '" '"

355
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ORCHESTER· KULTURRAT I
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" Molly on In" ShoTe,
, " , (lriS<her Volksflmz}
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val aus. ViolilolO"
" Sin!on. OuverHire
'., .. (ersmein!;" Kürze)
MAC OOWEll E. l<1l1110, Sinlonisme
Karol

DimJung
Ersle Sulle
5zvmanowski
MASSENE)' J ...... Scenes pmOreS,,""S
MORITZ E......... Burleske !ürgrobes Vier GeSän~e op_ 41
Orme,ler für miHlere frBuemiJmme und Klavier
scon, CYRll .... Aubade Worle IIUS "Der Gärtner"
STEPHAN R....... Mmik !ür Ormesler von RablrnJrilllath Tagore
, in einem Salz
I STRAWINSKY J. .. feuerwerk,fanlasie 1. Mein Herz ~ 2./l; Der junge
Prinz 012.)·.. 4. Da, lollde Ued
, WINDSPERGER L Konzerl·OuverlLlre I U. E. Nr. 5932 PrelsMk. J' ...
(G dur) VedegerzlIsdllßg 100 prozt!nt
)I( in d!e.en 'fagore-liedern nJlenbarl der-
fülltef der polnisd!en Moderne, wiederum
$elm~ gen!J;l!e, geHlz ",lgetldrlige KÜllsljer.'
$~<1!1. Jede moderne Sä.ngefü, wird
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U. E. Nt. Mark
2821 op, 22 ESfampesjI 6 Klaviersftiffie . l703 Menuet! "u. Mallier. m. Si,,·
ImpaHeocc - Serenad~ du f""ie. . , . . , , , . . , , , 2'-
Pierrot ~- Discours intime - zum Konzerfvorll'ag gesetzt
Marquis el Marquise -- A la 5658/59 Zwei Wiener Tänze nach Mo~
W.;;tu,e'au _. Badinage Ilyel1 von -EcL Garmer ijll . . a 2"-
2539013.33 Drei 'Kiavierstih::ke . , ,
Dude - Mazurka' ~.- Tdbalh?fe
12 KONZERT·TRANSKRIPTIONEN,
CI mmique 5070 Nr, 1 D",,<!rle .., Les. filr.,. , . , l"50
2539a Daraus einzeln Nt: 3 51171 • 2 R.. ",,,...., Mu,elle , . . • . l"5D
Tabatiere .BI musique ' , 5072 ,,' J Orazi:oUJ Adagio . . . • i'50
I ' 3DS3 op~ 44 Passo'caglia " . ~ • " 5Q73 " Cih.liCkll Baile!, des ombres heu~
&.
3365 up. 45 Drei- Phantasiestü-tke . , reu,e' . ' . '... "' 1'50
Eimamkeit -'1aot: -Intermezzo 5074 " 5 D:andrieul1 le Caquef , • • ] '50
3366 op. 47a 'Vler Studien. ..... 5075 ,. 6 Beethoveni Ecossaises... 1'50
5145 öp. 41b Studien über ein Thema von 5412 • 7 Sc"rlatti. !lastorale , , , • 1"50
Paganinl. .,. . ~ 5413 " 8 Scariatti, Gigut'! ~~ ", .. 1'50
3317 01'. 48 Vier- Präh.nUen . . , . , 5414 '" 9 Daiayrac, Roman<:e (aus der
3378 ap. 49 Zwei Mazurkäs , . . Oper ,~La patza per amof€:<t) 1'50
3702op.53 Pol""",,, lyrik, l. folge, 4515 "lO Gh.ld<) Gavotte (a.})Don}uan«) i'50
4 K!av!ersHl<k~" > " • , , •
5416 ... 11 Couperin~ le l~ndre, tahmon '1*50 .-
Herbst - SillJummerfied - 5417 .. 12 RaMeau~l~fappeldesoiseaux 1'50
Bauerntanz: -- Wind
,7lO ap. 60 P"lni.",., Ly"k, 11. folg~,
:5 KlaviersWcke . • • < ••
Klavier zu 4 Händen
Dumka - 'Hymne ~ im Mai ~ 3504 op. 51 fünf Walzer, ,." 2'-
VaJsetf-e - Vieux N:frni!1
5ill cl)_ 61 Vier Praiudien
6023 op. 66 B .. II..de
"
, , , . .
< •

ViolonceIl u. Klavier
6022 op. 7J "ol"l.m<! lyri!<, 111, folge, 3798 op, 50 N"l Mein<!;", SI"".", ,1'5Q
5 'KlavlersW&:e • ." ".
Weifma'd1fsHed -,VonLfeb'und
37990p.50 Nr.l Valse le.. 'e . , , , , 1'5D
leid I ~ In der Dorf$<t!enke -
SQldafenmarsch - Tändelei Gesang und Klavier
op, 79 Sfimmtmgen ;: 255llop. .5 D."i liede. (0, j, ßiotboum) t"5O
6020 Hef! I (1-5) " " . . " 2'- Das Mäddren am Teidle singt ~
6021 He!l 11 (6-9) • , , , • . " 2'- Arie des Smäfers - Kindetlied

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ehor. und Ormesterwerke Kammermusik


6urre·[deder Streichsextett "Verklilrte nacht I'
1 u. E. fir. für Soli, ehor und Orchester mark tL E. n,. op. 4 m",
6300 PartItuT, Doppelfollo_rorrnaf. . 100'~ für zwei 'Plolinen, zwei 'Pi oIen und zwei Uiolonc:elli
3691 rakslmiJepartltur, Großquart. 30'- 3662 Partitur (kleines rormal) , . , , , 2'-
3696 Klotllerauszug mit Text (Berg) . 20'- 3663 Stimmen, , , , , . , , , , , ,10'-
3696 Dasselbe, Büttenausgabe .. . 25'-
3695 rührer (Berg) , . , , , ' , 2'-
5275 Kleiner rührer (Berg). . . , 1'- Streichquartett nr. 1, Dmoll op. 7
Einzelausgaben tar eine Singstimme und Klotlier iilr zwei tJlolinen, Viola und 'Ploloncello
5330 "SO tauzen die €ngel_ . . . . . 1'20 3665' Partitur (kleines rormat) , , , , , 2'-
5331 "nuß sag' im dir zum erstenmQI~. 1'20 3666 Stimmen, , , , , , . , . , , , 8'-
5332 .. Du wunderIldIe TO\le~ • . • . • 1'20
5333 «Tauben \lon Gurre" . • . . . • 2'50 Streichquartett nr. 2, fis moll
Verklilrte nacht op. 4 op. 10
Bearbeitung fOr Strelchormesler für zwei 'PioUnen, 'Plola und lilolonc:eIIo
6065 Partitur (nur gegen Reuers) , , , 12'~
111. und IV. Satz. mit Gesang nach Gedichten von
SterQn George.
Pelleas und IDel!sande, op. 5 2993 Porlllür (Oklo.). • , , . , • . . 5'-
299~ Stimmen, . , , . ' . . . , , . 12'-
Sinfonische Dichtung hlr grof.;es Orchester
3371 Partitur (nur gegen Reuers) . , , .\O'~ Kammersln!onle E dur op. 9
Kammersln!onle E dur op. 9 für 15 Solo-Instrumente
Bearbeitung rfir Orchester 3667 Partitur (nur gegen Reuers) . . , . 12'-
3667a Partitur (nur gegen Reuers) , , , 20'~
611t0 Thematische Rnalyse (Berg) , . . -'35

Die Sakobslelter Pierrot luna Ire op. 21


Ein Oratorium Dreimal sieben Gedichte nam Blbert 6iraud
6061 Texlbudl ' , , , ' . . . • 1'50 533~ Porlilur (Iür Eiul!Uhrung) , , . , ,15'-
6061 Dasselbe, Büttenausgabe , , 2'50 Dasselbe auf Büttenpapier . , . , 25'-
5336 Stud!enpartUur , . , , . . . , . ~'-
Bühnenwerke
Erwartung Klauier ZU zwei Händen
monodram 2991 DreI Kloulerstüme op, 11 ' , . • . 2'50
5361 Orchesferpartltur (nur gegen Reuers) 20'~ 2992 Klauierstück op, 11, nr.- 2, Konzert-
5360 Texlbudl , . . . . . , , . . , -,~o möf.;lge ;Jnterpr. von rerr. Busonl , 1'50
5069 Sems kleine Klavierstücke op. 19 1'50
Die glfickllche Hand
5670
Dromo mit !TIuslk
Orchesterparfltur (nur gegen Reuers) 20'-
musiktheorie
56a Texlbudl , , , , , , , , , • ,_·~O 3310 HormonleIehre (Il. EiulIoge), . 8'-

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\lerlegerzuschlag 100 Prozent. Zu beziehen durch Jede Buch- u. musikalienhandlung


Uniuersal.. e:dition a,,,~,, Wien - keipzig
360
SOEBEN ERSCHIEN
die seit langent vorbereitete Partitur von

Arnold Schönberg
GURRE-LIEDER
in prachtvollem Notenslich auf holzfreiem Papier
U. E. Nr. 6300 Doppel-Folia-Format . . . • . . . . . . . . . Mark 100'-
Neben der bisherigen faksimilierten Studienpartilur dürfte die neue Ausgabe, die als
ein Meisterstück des Notenstiches
bezeichnet werden kann. jedem. der das Monumentalwerk studieren will, will·
kommen sein
VERLEGERZUSCHLAG 100 PROZENT
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111l111111l11l1l111t11ll11t1lllllltl1l11l1l1l1l11lLIIUUlIlll1l1l11l1l11l1lUllllllUlllllllm

Universal· Edition A.-G., Wien, I. Karlsplatz Nr. 6

DER FDHRER DER UNGARISCHEN MODERNE:

LI. E. Nr.
Bela· Bart6k Klavier zweIhändig:
Mark U. E. Nr. t'l.!!rk
5802 RumänismeVolkstänze aus Uno 5890 Rumäni5(he Weihnamtslleder
~S!r~(Wr~rn i'oj"II':S~ri~ (N~:
garn ........ ,_ .............. " 1'20
1. Der Tanz m. d. Stabe; 2. Dei' Stam· i:"':10) 1'-
pfer; 3. Braul; 4. T(]nz der Butschumer; 5904 Allegro barbaro .............. 1'50
5, Rumänische Polka; 6, Sdmelllanz 5891 Suite op. 14, Vier Klavierstü<.ke .. " 2'50
Dcmnämsl erscheinen:
637015 Ungarische ßauernlieder 6371 II.Sfreidtquarteftop,17, Parf.16° 1'-
Klavier zweihändig " ...... ,....... 2'50 6372 Dasselbe, SUmmen .... ,_ ...... " .. 6'-
In Vorbereitung: Der hölzerne Prinz, Pantomime, Klavierauszug
Uber ßela Bart6k sdll'eibt Dr, Ridl, Kralik im Neuen Wiener Tagblall:
"Sein revolulionärer Stil ist urwüdnig, neu, fesselnd, kaum fa~lidt und
doch wieder anziehend, überzeugend. Man glaubt in ihm die Re·
gungen, das Pulsieren einer musikalischen Urkraft zu spüren",
Verlegerzuschlag 100 Prozenl. ::: ::: ::: Zu beziehen durch Jede Buch- und MusikalIenhandlung
rrlH:rnrUffllfllllllUlltlllnrUIflIlIfIUUIIIIIUlrllflrlllllllllUIIIIIIIIIIIIIII1IIIIIIIIIIIIIIIIIIfIlllll111111111111111111IUlllllllllllllllllUIIIIIIIIIIIIIIIIIIII

Universal- Edition A.-G., Wien---Leipzig

361
Anion .Bruckner
1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIilllllllllllllllllillili11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

A. INSTRUMENTAL-WERKE
U, E, Nr, Preis Mdrk U. E. Nr. PI'eis MMk
Klavier zu zwei Händen Zwei Klaviere zu viel' liänden
426 Sinfonie I C moll . . . . , ' 4'50 5144 Sinfonie IV Es dur, ' , , " 8'-
787 Sinfonie 11 C moll. , .. , . 4'50 2890 Sinfonie VII E dur, , ' , , , 10'-
2986 Sinfonie 111 D moll, , , ... 6'- 5347 Sinfonie VIII C moll , . ' " 8'-
2883 Sinfonie IV Es dur rOI11. .. 6'-
427 Sinfonie V B dur ' , , . , . 4'50 Zwei Klaviere zu amI Händen
428 Sinfonie VI A dur .. ' , . , 4'50 944 Sinfonie V B dur, , ' , , , , 12'-
2889 Sinfonie VII E dur . . . . , . 6'-
2493 Sinfonie VIII C moll, .. , . 6'- Kammermusik
843 Sinfonie IX D moll , ' . , , 4'50
2893 Scherzo aus der IX, Sinfonie 3'- Slreichquinlel! Fdur
2987 Sinfonie IX u. Te Deum zus, 6'- 2924 Parfilur (8°) , , , , , , , , " 3'-
5257 Andanle aus der nachge- 2925 Slimmen , , , , , , , , _ , , , 10'-
lassenen Sinfonie F moll .. 1'50
3601 Benedictus aus der F moll- I nIe I' mez Z 0, Ein nadlge-
Messe (Wöss) . . . . . . . . 1"50 lassener Slreidlquinleflsalz
2917 Erinnerung, Klavierslück .. 1'50 2922 Parlilur (16°) . , , , , , , .. 1'-
2923 Slimmen . , , ' . . . . . . . . 2'-
Klavier zu vier Händen
420 Sinfonie I C moll , , , , " 6'- Tasmenparliluren
421 Sinfonie 11 C moll . ' . ' " 6'- 3593/94 Sinfonie 1/11 , , , . .. iJ 4'-
422 Sinfonie 111 D moll " " . 6'·,- 3595/96 Sinfonie 11l/IV , . . . a 5'35
2882 Sinfonie IV Es dur rom, . ' 12'- 3597/98 Sinfonie VjVl . . . .. iJ 4'-
424 Sinfonie V B dur , . ' . .. 6',- 3599 Sinfonie VII ,." . . . ,. 5'34
425 Sinfonie VI A dur .. , . .. 6'- 2495 Sinfonie VIII C moll. . . .. 4'-
2888 Sinfonie VII E dur, . ' . . . 12'- 931 Sinfonie IX D moll , . . . . 4'--
2494 Sinfonie VIII C moll . . . ,. 7'50 2990 Sinfonie IX und Te Deum zu-
844 Sinfonie IX D moll .. , " 6'- sammen , , ' , . , , , , , .. 5'-
2988 Sinfonie IX u, Te Deum zus. 7'50 2989 Te Deum allein (vgl. Bruckners
2773 Te Deum allein (vgl. Brudmers Chorwerke)
Chorwerke) 5259 Andanle aus der nach ge-
5258 Andanle aus der nachge- . lassenen Sinfonie F moll ,. 2'-
lassenen Sinfonie F moll .. , 2'- 2925, 2923 Slreichquinlel!, Inler-
2926 Slreidlquinlefl F dur, . , . , 10'- mezzo vgl. oben
Verlegerzusdllag 50 Prozenl
Zu beziehen durch jede Budl- und Musikalienhandlung

Universal-Edition A.-G. Wien-Leipzig J

362
Anion Bruckner
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

B. GROI3ERE CHORWERKE
U. E. Nr. Preis Mk. U.E. Nr. Preis Mk.
Messe 11 E moll Te Oeum
für adltstimmigen Cnor u. Blasinstrumente für Chor. Soli lI. Ormester, Orgel ad lib.
2894 Parlilur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 12·- 429 Klavierauszug mit Text, laI. 3·-
2895 Bläserslimmen (nam Verein- 2773 Klavierauszug vierhändig.. 3·-
barung) 2989 Tasmenparlitur (16°) ...... 2·_·
2896 Cnorslimmen .......... " 1"20
Sinfonie IX und Te Deum zusam-
2915 NEU I Bearbeitung für Cnor
men (vgl.lnstrumentalwerke)
und Orgel (Goller) .. .. .... 6·-
Grofle Messe 111 f moll nHelgoland"
für gemismten Cnor und, Ordlester
für Männermor und gro~es Ormester
2898 Pa'rlilur .................. 40··-
2899 Ormesterslimmen (nadl Ver- 2902 Parlitur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 12·-
einbarung) 2903 Ormesterslimmen (nadl Ver·
2899a Orgelslimme .. .. .. .. .... 3·- einbarung)
2900a/cl Cnorslimmen ........ il 1"80 2904 Chorslimmen .......... a -·60
2901 Klavierauszug mit Text. laI. 12·- 2905 Klavierauszug mit Text d... 3·50
3601 Daraus einzeln: Benedictus ' •
für Klavier zweinändig .... 1"50 nOas hohe Lied"
150. Psalm Männermor mit Tenorsolo u. Ormester-
für gemismten Chor. Soli und Ordlester oder Klavierbegteitung
2906 Parlitur .................. 10·- 2910 Parlitur (mit unterlegtem
2907 Ormesterstimmen (nam Ver~ Text) .. .. .. .. .. .. .. .. .... 2·50
einbarung) 2911 Ormesterstimmen (nam Ver-
2908 Chorslimmen .......... " -·50 einbarung)
2909 Klavierauszug mit Text d... 4·- 2912 Solo· und Chorstimmen .. 11 -·25
Verlegerzusdllag 50 Prozent

Zu beziehen durdl jede Budl- und Musikafienhandlung

Universal-Edition A.-G .. Wien-Leipzig

363
MUSIKBLATTER
'DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHAL T DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 6
Georg Klaren ." ........... , ............... Zur Tedmik des Opernbuches
Hugo Kauder _,_ ,_, _..... " .... !.. ............ ,., ." ........ _ ... Fragmenle
Sfella Stock .. , ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... PlasHk der Tonbildung
Egon Wellesz .. , ..... _ ... ... ... ... ... ... llngarisdle Musik (Bela Barlök)
Rlchard Specht ....................... , Dirigenten 111 (Felix Weingartner)
Paul NeUI ....... ,_ ... ... ... DdS symphonisme Schaffen G. v. Keu~slers
Joachim Beck ............ ,........................ ': ..... .- Michael .Boh~en
Egon Wellesz ,_, .•. ... ... ... ... ... ... ... ... ... Michael Bohnen In Wien
Glossen: Programme von Dr. R. SI. Holfm<1nn; Tanzkunst als Ausdruck
von Paul Stelan; Musik in Wien R. S1. Hoffmflnn / Bespremungen I Neue
Noten und Bücher
No'lenbeilage: Egon Wel!esz 2 Klavierstüd\e op. 26

NUMMER 7 UND 8
SONDERHEfT GUSTAV MAHlER
Guidö Adler ... _............ ;.... '" ... 9Zum Mall/er-fes't in' Amslerdam
O. Neltzel ............... Mahler und das Amsterdammer Concerlgebouw
Hugo Kauder ........................ Vom Geiste der Mahlersdlen Musik
H. f. Red/im ..................... Die Welt der V.. VI. und VII. Sinfonie
E. lustgarten ........................... ' .. '" '" Mah/ers lyrisches Schaffen
Allred Roller .... ~. ... ... ... ... ... ... ...... Mah/er und die Inszenierung
Hermlllm Bahr ....................................... Mahler als Direktor
Hugo Kauder ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Mahlers Inslrumenfalion
Rirnard Specht .............................. ... ... ...... Mählers Feinde
Paul Sleian ..................... '" ..................... Mahlers Freunde
Ernst Jokl .~................... '" ............... '" ... Mahler in Amerika
). B. Foersler J M. Sleinifzer } E. M 11
E_ N. v. Reznicek ' ... ... ... ... ...... rmnerungen an al er
F. Löhr ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Zwei Jugendbriefe
Nafalie Bauer-lemner ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Mahler-Aussprüdle
Bernhard Smarlill. Gesprach mH Mohler f R. SI. Hoffmann :' Repräsenfative
Hahler-Aufführungen in Wien J Zu unserei' faksimile· Beilage / Beridlligung
Bell a gen: Porträt Mahlen und zwei fdksimilierte Seilen der Skizzen
lur lehnten Sinfonie

364
Hermann Zilchers Konzertwerke
"Die liebesmesse". Oidliung von Will Vesper. Für gemismten Chor,
Knabenmor, Soli, Orgel und Ormester. Op. 27.
Aus dem Hohelied Salomonis. Ausgewählt aus den neudeutsmen Na m·
dimtungen von Will Vesper. Variationen für zwei Singstimmen (Alt
und Bariton), Streimquarteff und Klavier. Op. 38.
Hölderlin. Sinfonismer Zyklus f. Gesang u. Ormester. Op. 28 (im Ersmeinen).
Oeutsdhes Volksliederspiel. 16 Volkslieder für vier Singstimmen und
Klavier. Op. 32.
Sinfonie in A dur für Ordhester. Op. 17 (im Ersmeinen).
Nadht und Morgen. für zwei Klaviere, Streimormester u. Pauken. Op. 24.
Konzert für zwei Violinen und Ordhester, 0 moll. Op. 9.
Konzert für Klavier und Ordhester, H moll. Op. 20.
Konzert in H moll für Violine und kleines Ordhester. Op. 11.
Klage. Konzertstüdk für Violine und kleines Ordhester. Op. 22.
Konzerlstüdk für Violoncell und Ordhester, A moll. Op. 21.
Suite G dur für zwei Violinen und Ordhester. Op. 15.
QuintelICis mollf. Klavier, 2Violinen, Bralsdhe u. VioloncelI. Op. 42.

VERLAG BREITKOPF & HARTEL LEIPZIG.BERLIN

DAS SCHONE HEIM


Ulllllllllllflllllllllllllllllll!lIIl1!11ll1l1ll1l1l1l1l1ll1l1l11l1l1l1l1lrtlllll!llllljllUllIlIllIlI1IIIHIIIUlllllllllllllll!lIIIIIIII!IIUIIlllIlllll1l1l1l111l1l1lll1l1llIlIIlIlIlIlU!1I11111!11II1I1I1!l1l11l1U11I1I!l1I1I1I1I

EIN RATGEBER
fDR DIE AUSGESTALTUNG UND EINRICHTUNG DER WOHNRAUME
Herausgegeben von Alexander Kom
INHALT:
Haus und Heim I Empfangs· und Wohnräume I Das Schlafzimmer und seine Nebenräume / Von den
Wirtschaftsräumen / Raum- und Wandgestallung I Stoffe, Teppiche, Dekorationen / Beleuchtung, Farbe,
Stimmung / Die bildende Kunst im Heim / Der Schmuck des Heims I Das Reich der Frau I Die
Blume im Heim / Geschmack. Qualilät. Form I Vom bürgerlichen Heim I Alter Hausrat und Anti·
quifälen I Der Wohngarten
BEITRAGE von Kuno Graf Hard'enberg J A_ von Gleichen·Russwum I Alexander Kom { Joser
August Lux / A_ Jaumann I Prof_ Widmer I W_ Frank / Prof_ E_ W_ Bredf ! Dr. E_ Ulilz u_ a_ m_

EIN IDEALES FESTBUCH FDR JEDERMANN


280 SEITEN TEXT PREIS 32 MARK

Verlagsanstalt
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111 111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

Alexander Koch, Darmstadt, S. W. 40

365
3ustau mahters Werke
in der Universal=Edition
IlIltllllJlIlIIlIlIllIlIJlIlIlUlIJlIlIllIJlltlllllUlIlIllIlIllllIlIllllIllllllIllllIlIlIlIlIlIJllUU1I11111lllJllllltllIIltlllllUlUIIUlII111IUII1l1llllUlUlIIIIIIIIII

Sinfonien und l7okolwerke mit Orchester


Sinfonie I D dur fnr groges Orchester Sinfonie 111 B moll ffir groljes Orchester
a~~ md U. e. fir. mark
2931 Partitur . . • • . • . • . . • . ~O'- 2175 Klavierauszug 4 ms (Zemiinsky) . 12'-
90\7 Kla\Jlerauszug ~ ms (B. Waller) • 1'50 27n Kleine Partitur • , . • • . , " 6'-
9~6 taschenpartItur (16') • . . . . . 6'-
SinfonIe 11 e moll filr groljes Ormester, Sinfonie VII für grobes Orchester
BU. und Sopransolo und gemischten ehor a~~ md
U. 6:. nr. mark 2984 KlalJieraus'zug %- ms (easello). , , 12'-
2933 Partitur • . . • . . • . • . • . 50'- 2985 Kleine Partitur , , , . . . . " 6'-
949 Klavierauszug 4, ms (B. WaHer) . 7'50 Sinfonie VIII Hir 8 Soff, Knabenthor, 2 geliJ
2931 ZweI Klaplere , inS (H. Behn) (zur
Rufführung sind zwei Exemplare er. mischte eh6re und grcues Orchester
l.rderHch) . . . . . . . . . 6'- U. e. fir. mark
3638 Zwei Kla.lere 8 ms (Boddet) . . . 12'- 2772 Partitur . . . . . . . . • . . . 100'-
9~8 taschenpartItur (16') • . . . •. 6'- 2660 Klavierauszug mit "text (Wöss) • 12'-
2938atb HIt"t" ,Urllchi< h. t.. . . . d 1'- 3390 KlavIerauszug zu 4 Htlnden. • , . 12'-
5782 thematische Bnalyse (Specht) • . . -'50 3000 KleIne Partitur .• , . . . • . • 10'-
Sinfonie III D moll fiir groges Orchester, 3399 thematische Hnalyse (Specht) . -'80
B~tsolo, frauen. und Knabenchor Sinfonie IX fiir grobes Orchester
a~~ md e.
U. fir. mark
2939 Partitur . . . • • • . • . . • . 50'- 3395 Partitur . • • • • . . . . • • • 50'-
951 Klavierauszug 11- ms (WOss). • .• 7'50 3397 Klaolerauszug .\ InS (Woss). • • . 12'-
950 taschenpartUur (10') . • . . .• 8'- 3398 Kleine Partitur . • . • • • • •• 6'-
29U HIt"I.,.O mensch! Gib acht!. (siehe
~!eder) . . . . . . . . . . " 1'20 Das [sied pon der Erde. Sinfonie ffir 1 t'enor=-
3602 Glod<enchor 2 m' (W6ss). • . .• 1'50 und 1 BU. oder Baritonstimme und
3703 menuett :2 ms (rriedrnan) . . •• 2'- U. E. fir. Ormester mark
3649a{b liEs sungen drei Engel. (rrauen-
3392 Partitur . . . . . . . . . . . ~O'-
chor) Gesang und Klavier h. 1. . CI1'-
5783 thematische analyse (Specht). . . -'50 3391 KIalJierauszug mit t'ext (Woss) . 7'50
3637 Sfudlenparfitur . • , . . , . . 6'-
Sinfonie IV' 6 dur für großes Orchester und 339" thematische Hnalyse (Woss) •. -'60
U. E. fir. Sopransolo rnar!~
29U Partitur . • . . . . . ". . • • <0'- Das klagende liied, ffir Sopran=, BIt=,
953 Klavierauszug .\ ms (Wßss). . . . 7'50 t'enorsolo, gemiSchten ehor und Orchester
952 taschenparfltur (16') .. . . .. 6'- U. e. fir. mark
2946 Sopronsolo: 11 Wir genle{Jen die himm- 2969 P.rtlfur . • • . . . . . • . . 24'-
lischen rreuden. (s:. [deder) . •. 1'80 269" Kla.!erauszug mit texl (Woss) • 6'-
578~ ThemafIsche Hnalyse (Specht) . . • -'50 5390 Kleine Partitur . . . . . . . . 6'-

Große Orchesterpartituren zum Privatgebrauch gegen Revers


Orchester- u. ehormateriale nach Vereinbarung mlf dem Verlage
Zu beziehen durch 1ede Buch- und musikalIenhandlung
niezu ein tlerIegerzusdIIag
Fnr das Husland erfelgl Berechnung in der Wdhrung des hetreffenden [randes, \\lebel felgende Umrechnungen gcllen:
1 mark = 1 franc (Belgien, fnmkreldI, Portugal, Sdtwelz, Spanien) = 1 [rlfe 35 (SiaUen) = IfO eents: (Holland)
= 70 ..... re (Skandlnavlen).= 12 Pence (3robbrlfannfen) =:20 e:enfs (Bmerlka)

366
2. Jahrgang, NUnlnler 10 2. Mai-Heft 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
.W"iM4&sa QiM e

O//gpmf •
r; i I
DIE WIRTSCHAFTLICHE LAGE DER KONZER.
TIERENDEN KÜNSTLER U. DER lVIUSIKLEHRENDEN
Von Prof. Max Chop, Berlin
Ich bin weder konzertierender Künstler noch Musiklehrer. Diese Feststellung
möchte ich meinen nachfolgenden Betrachtungen vorausschicken, um die Objektivität
meiner Stellungnahme darzutun; Aber ich bin seit etwa 35 Jahren Kritiker im Amte,
der infolge steter Berührung mit dem öffentlichen Leben und den sozialen Nöten
seines Standes sich offenen Blick und offenes Herz für drückende Verhältnisse
bewahrt hat; Obendrein hat mich auch meine Eigenschaft als Vorsitzender der
Berliner Gruppe des musikpädagogischen Verbandes in manche traurigen Vorgänge
schauen lassen. Ich schöpfe also aus der Praxis, nicht aus grauer Theorie •••
Der Musikerstand ist von jeher der vernachlässigtste im Deutschen Reich gewesen.
Er trägt selbst die Schuld dar an. Die Beamten, die kaufmännischen Angestellten,
die Arbeiter, fast alle Berufsklassen besitzen Korporationsgeist "nd Solidaritäts.
gefühl, die Künstler nicht, obwohl sie ihre abseitsstehende, miserable Lage kennen.
Sie entrüsten sich darüber, üben- zutreffende Kritik an dem Mißstand, schreien nach
Besserung, aber selbst tun sie nicht das Geringste, um dem Übel abzuhelfen. Sie
gründen Vereine, schaffen Satzungen von viel schönen Worten, reden sich die
Köpfe rot und kommen dann zu den Versammlungen nicht wieder, so daß der
Vorstand allein tagt, bis die ganze Sache allmählich einschläft. Anstatt sich gegen·
_seitig zu unterstützen, für Hebung ihres Standes und ihrer Interessen zu sorgen,
legen sie eine merkwürdige Teilnahmslosigkeit an den Tag. Sie erkennen in ihrem
lieben Nächsten zumeist nicht den Berufskollegen, sondern nur den Konkurrenten,
dem sie möglichst viel am Zeuge flicken möchten, das Durchhecheln des Neben·
menschen ist ihre liebste Beschäftigung und anstatt aus fester Geschlossenheit und
Gemeinsamkeit den Wunsch der Standeshebung in die Tat umzusetzen, befürchten
sie fast, mit jedem solchen Schritte dem anderen eine bevorzugtere Stellung zu
verschaffen als sich selbst. Kleinliche Rivalität vereitelt die großzügige Solidarität.
Und in dieser Verranntheit sind sie so einseitig geworden, daß sie weder nach links

367
noch nach rechts schauen. Sie erkennen die straffe Disziplin der Beamten- und
Arbeiter...Bataillone an, fühlen wohl auch, daß sie hier so manches Gute und Segens. . .
reiche lernen könnten - aber zu einer gemeinsamen Tat vermögen sie sich nicht
aufzuraffen. So ist der notleidende Künstler und Musiklehrer ein Typ us geworden,
der bei aller Tragik der Erscheinung eines komischen Anstrichs nicht entbehrt. Die
Möglichkeit der Besserstellung und Sanierung des Loses ruht in seiner Hand, aber
es fehlen ihm Wille, Selbstüberwindung und Kraft, um sich vom trübsalblasenden
Schlemihl loszuringen. Kein Wunder, wenn bei solcher Lage der Dinge sich auch
die maßgebenden Behörden von jeher auf einen skeptischen Standpunkt stellten
und mehr kühl abwartende als entgegenkommende Stellung einnahmen. Zumal der
deutsche Musikerverband mit seiner straffen Organisation auch den Künstern, Leh. .
rem und Musikwirtschaftlern den Weg wies, den sie zu beschreiten hatten, um sich
aus den Miseren des Daseins zu retten. Die Leutchen hätten sich diesem Verbande
- eben als Musiker - einfach anschließen können. Aber da waren allerlei soziale,
politische und andere Meinungsverschiedenheiten. Man klassifizierte den Künstler
anders als den Musiker, sagte sich wohl auch: Was hilft es, wenn sich einzelne dort
festlegen, die Mindestsätze anerkennen und sich dann von der Konkurrenz aus
eigenem Heerlager unterbieten lassen? Denn die Dinge lagen doch wirklich noch
vor acht bis zehn Jahren so sehr im argen, daß der ehrlichste Wille durch niedrige
Unterbietung gebrochen wurde. Wir haben ja derartige Fälle - namentlich im Lehr-
beruf - zahlreich gehabt, in denen z. B. der Klavierunterricht durch eine Art
Managertum ging: Irgend ein "Pädagoge U , der irgendwo ein "Institut U oder eine
"Musikschule" aufgemacht hatte, übernahm herdenweise Schüler zum Monatsfixum
von 20 - 30 Mark und wies dann seine Zöglinge armen Schluckern für 5-6 Mark
im Monat zu, d. h. er tat nichts, ließ andere für sich arbeiten und steckte jährlich
so viel in die Tasche, daß er ein beschauliches Dasein führen konnte, ohne seinen
Geist oder seine Muskulatur zu strapazieren. Von diesem Typus bis zu dem der
Konservatoriumsleiter, die mit 66"''/3 bis 85% von den gezahlten Honoraren arbeiten,
um dem engagierten Lehrer 33 1/ 3 bis 151)/0 zu überlassen, ist's nur ein kleiner Schritt.
Ich komme später noch auf dieses Blutsaugersystem.
Der Weltkrieg mit seinem tragischen Ausgange und den nachfolgenden tiefen
Erschütterungen hat an der früheren Situation manches geändert, soweit die orga-
nisierten Berufsmusiker in Betracht kommen; die Künstler und Musiklehrenden
drückte er noch tiefer hinab - von wenigen Ausnahmen abgesehen - weil es eben
an einem gemeinsamen beruflichen Zusammenschluß fehlte. Wie lang ist es denn
überhaupt her, daß in der Meinung breiter Schichten sich der Musiker·vom niederen
Handwerker, der Künstler vom fahrenden Volk loslöste? Ich erinnere mich noch
sehr wohl jenes Vorurteils, das namentlich in den Kreisen des Bürgertums herrschte.
Meine Großmutter, eine Ministersgattin aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
beobachtete mit starker Ängstlichkeit und großer Reserve den Verkehr führender
Musiker in meinem Elternhause und konnte sich nicht enthalten, nach einem musikali ...
schen Nachmittag, bei dem Kaffee undTee herumgereicht war, mit bedeutsamem Blick auf
ihre Schwiegertochter, meine Mutter, zu fragen: "Minna, du gibst doch auf das Silberzeug
acht, nicht wahr?" Meine Begeisterung für die Großen unter den Schaffenden in
den Siebzigerjahren verstand sie gar nicht. Meinen gütigen Gönner und Lehrer
Franz Liszt nannte sie in ihrer derben thüringischen Sprache einen "ollen Scharlatan"
und warnte mic11 vor einer brotlosen Kunst, die als angenehmer Zeitvertreib wohl

368
in ihrer Familie geschätzt, als Beruf ab~r kaum anerkannt worden sei. Das war
nicht etwa ein vereinzelt dastehendes Urteil, sondern deckte sich mit der Meinung
jenes Durchschnitts, den man als "bessere" und "gute" Gesellschaft bezeichnete.
Hier hat sich im Ver lauf von drei bis vier Jahrzehnten so manches geändert, ein
Restchen der alten Abschätzung ist gleichwohl hängen geblieben. Man denke nur
an die inferiore Stellung, die der Musikerstand beim Kriegsausbruche hatte,
vergesse auch nicht den aus radikalem Lager den Künstlern und Gelehrten bei
Ausbruch der Revolution entgegengeschleuderten Ehrentitel der "Parasitenl ". Je höher
die allgemeine Bewertung des K.ünstlertums steigt, umso mißgünstiger und grollender
stellt sich der Philister zu ihm, der es um seine Beachtung beneidet, von den Reizen
seines Wesens aber weltenfern absteht.
Beim Beginn des Weltkrieges war zunächst einmal der Künstler und Musik-
lehrende aus der Liste der Existenzberechtigten so gut wie ganz ausgestrichen, das
heißt, soweit er sich nicht mit seinem ,.,Metiee" der Zeitströmung hilfreich zur Ver"
fügung zu stellen vermochte. Es hieß da: "Wenn Mars regiert, haben die Musen
zu schweigen!;· Bis man die engherzige Torheit dieser t,Allerweltsweisheit" erkannte,
verstrichen wohl anderthalb Jahre, eine Zeitstrecke, die vollkommen genügte, einen
armen Teufel verhungern zu lassen. Die ausübenden Künstler hatten es verhältnis. .
mäßig leicht, indem sie sich dem Dienste der Wohltätigkeit zuwandten. Aber auch
sie konnten ein Liedehen von der Schwere der Zeit singen. Man frage nur die
Bühnenangehörigen und Kapellmeister nach den Gehalts- und Gagekürzungen, die
damals einfach von oben herunter dekretiert wurden und die sie sich alle still. .
schweigend gefallen lassen mußten, um nicht ohne Beruf und Broterwerb dazw
stehen. Es war die Zeit der Baisse in der Kunst. Am schlimmsten bei den Musik-
lehrenden, die so gut wie ganz an die Wand gedrückt wurden - dank dem Reste
jenes Vorurteils im Philistcl'ium, in jenem wohlsituierten Bürgerstande, der von
der Musik nicht ein Deut verstand, aber die Mode der gebildeten Kreise mitmachte
und seine Söhne, seine höheren Töchter doch mit ihr bekannt machen zu müssen
glaubte, um nicht unter die Banausen gerechnet zu werden. Das erste bei diesen
Menschenkindern war natürlich, den (ohnehin wenig sympathischen, nur als Luxus
geltenden) Musikunterricht aufzugeben und den Lehrer vor die Tür zu setzen. Hinzu
trat die Entvölkerung Deutschlands von gut zahlenden, ausländischen Musikstudenten,
die sofort nach Kriegsausbl'uch von ihren Botschaftern und diplomatischen Vertretern
aus dem Lande gewiesen wurden. Ich habe hier vornehmlich das große Kontingent
amerikanischer Schüler im Auge, die während der beiden ersten Kriegsjahre bei
uns' ebenso sicher und gut aufgehoben gewesen wären, als daheim, die man
aber mit halber Gewalt über die deutschen Grenzpfähle trieb. Von mir nahe-
stehenden, erstklassigen Musikern weiß ich um das Elend, das mit jener Entvöl-
kerung über sie hereinbrach, wie sie von heute auf morgen aus guter Position
geworfen wurden und vis . . i . . vis du rien standen. Statt daß der Einheimische da
helfend eingriff und den status quo im Lande garantieren half, beging er eine
Kopflosigkeit nach der anderen: Nach der Front, wo alles in überreicher Menge
vorhanden war, schickte er Unmassen von Dingen, die er selbst hätte brauchen
können; einer ganzen Reihe von schwer leidenden Berufsständen aber versetzte er
den Eselstritt.
Mit am tiefsten war der Musiklehrerstand herabgedrückt. Er hat Monate und
Jahre allerschwerster Prüfung durchgemacht, mancher Lehrer hat zu einem Not...

369
Zwischenberufe greifen müssen, von dem er sich vorher nichts träumen ließ, der
ihn aber eben noch über Wasser hielt.
Bei der Sanierung dieser Zustände hat die Einsicht der Zeit im Bunde mit der
allmählich sich ordnenden oder verändernden Lage der Dinge mehr geholfen, als
die Initiative der Musiker. Alle die trüben Erfahrungen brachten keine Geschlossew
heit der Gesinnung wie des Vorgehens zuwege. Künstler und Musiklehrende gingen
selbst aus jener harten Prüfung, die zu ihnen mit ernsten Mahnungen hätte sprechen
müssen, unverändert hervor. Eine rätselhafte" Gleichgültigkeit verband sich mit der
unseligen Hinneigung zu Eifersüchteleien, zu Intrigen und Mißgunst. Einer blieb
des anderen Feind und ist es bis zur Stunde geblieben - weitab von jener Einig,
keit, die stark macht und hohe Ziele nach wirtschaftlicher wie künstlerischer Richtung
erreichen hilft. Und weil andere um dieses alte Geheimnis wußten, geriet der Hilflose
in den Zustand der Isoliertheit, er wurde endlich Ausbeutungsobjekt für allerlei
Spekulation und muß es sich nun in der Zeit der unnatürlichen Valutakurse
gefallen lassen, einer neueu, grimmen Notlage ausgesetzt zu sehen. Der Mangel an
Energie und Selbsterhaltungstrieb hat ihn diskreditiert, er steht nahezu ebenso tief
im Kurs, wie die deutschen Zahlungsmittel. Die augenblickliche Lage, vor allem
der Musiklehrenden, ist eine ebenso trostlose, we'nn nicht eine trostlosere, als bei
Ausbruch des Krieges.
Es ist nicht nötig, auf die veränderten Wirtschaftsverhältnisse im Lande, auf di~
wahnsinnigen Preissteigerungen hinzuweisen, die alle Vorbedingungen für ein aus ...
kömmIiches Dasein von Grund aus verschoben haben. Auch eine Veranlassung,
dem Grunde für die traurigen Zustände nachzugehen, die Einmischung aner
unlauteren Elemente zu kritisieren, liegt nicht vor. Man hat einfach mit den
Tatsachen zu rechnen, daß die lebensnotwendigen Dinge heute um das Zehn' bis
Fünfunddreißigfache ihres Preises gegen die Zeit vor dem Kriege gestiegen sind. Die
natürliche Folgerung ist die, daß in gleichem Maße mit dem Hochgehen der Preise
auch die Einnahmen erhöht werden müssen, soll eine Existenzmöglichkeit für alle
Stände gegeben sein. Wir wissen von den fest organisierten Arbeitern, Beamten,
Berufsmusikern, aus den Dienstleistungen der Hausangehörigen, daß man allseitig
die notwendigen Konsequenzen gezogen hat. Nur die konzertierenden Künstler, im
besonderen aber die Musiklehrenden taten es nicht. Nun ist ja freilich zu bedenken,
daß die Musik nicht zu den "Leben~notwendigkeiten" zählt, daß ihr immer noch
das Odiose der "brotlosen Nebenbeschäftigung" und der "Lustbarkeit" anhaftet. Wir
wissen es aus dem Wucher' und Schieberhandel, daß Gegenstände, die nicht nach,
gefragt sind, ein merkwürdig niedriges Preisniveau in der Zeit der allgemeinen
Hausse behaupten. So kann man auch in musikalischen Angelegenheiten nicht
gleichen Schritt halten mit den extremsten Steigerungen hochbewerteter Gegenstände,
wie Butter, Schweineschmalz, Wurst, Fleisch, Milch - kann also nicht mit 35
multiplizieren, sondern nur mit einer weit niedrigeren Zahl - etwa mit 10.
Vergleichen wir nun einmal diese Forderung mit den tatsächlichen Verhältnissen
und fragen uns, ob da alles mit der Rechnung stimmt! Ein früher für fünfhundert
Mark zur Mitwirkung in einem Konzert verpflichteter Künstler müßte demgemäß
fünftausend Mark fordern und erhalten. Ich befürchte: Wenn er's tut, bleibt's bei
der Forderung, erfüllt wird sie ihm nicht. Der Heldentenor eines Staatstheaters,
den man früher mit fünzigtausend Mark Jahresgehalt entlohnte, wäre heute' nach
unserer bescheidenen Rechnung eine halbe Million wert. Warum nicht? Wenn die

370
Schaffner der Elektrischen für das Kurbeldrehen und Knipsen der Fahrkarten zehn
Mal so viel als früher bekommen, warum nicht ein Tenor für seine Arien? Allein
auch hier befürchte ich, die Intendanz wird ihm gnädigst abwinken und mit höflichem
Achselzucken bedeuten, daß er sie in ihrer Leistungsfahigkeit denn doch zu hoch
eingeschätzt habe. Die Preise für die Karten zu Berliner Solisten... , Orchester . . und
Chorkonzerten bewegten sich in guter Zeit in der Preislage von 5 bis 1 Mark herab.
Sie müßten heute auf 50 bis 10 Mark stehen, sind aber in Wirklichkeit nur auf
das Doppelte des alten Preises erhöht worden. Was macht in solchen Fällen der
von der Differenz wirtschaftlich aufs schlimmste betroffene Künstler? Nur durch
eine Steigerung seiner Arbeitskraft und Leistung ist ein Ausgleich möglich. Und
dann bleibt er, wenn er's selbst zuwege bringt, in einer Zeit, die das Schlagwort
der Gleichheit auf ihr Panier geschrieben hat, ein stiefmütterlich Behandelter. Denn
die anderen verlangten und haben eine zehnfache Steigerung der Bezüge bei
wesentlich verringerter Arbeitsleistung erreicht, er bringfs glücklichen Falls zu einer
dreifachen Erhöhung des Gehalts, muß aber alsdann seine Leistung verdrei- und
vervierfachen. Von dem Musiklehrenden möchte man schon gar nicht reden. Er hat
in Vorkriegszeiten, sofern er nicht zu den Unglücksmenschen zählt, die in ihrem
Stundenpreise noch um die Grenze des alten, guten Thalers sich bewegen, für die
Stunde 10 bis 20 Mark erhalten. Diese Forderung müßte er auf 100 bis 200 Mark
steigern. Käme er damit seinen Schülern oder deren Eltern, so würden sie ihm
den Hausarzt zur Untersuchung seines Geisteszustandes auf den Hals schicken,
jedenfalls aber ihm den Rücken kehren, bliebe er bei dem Verlangen. Hier ändert
sich kaum etwas. Begehrte Lehrer dürfen es, auf den Zuspruch pochend, riskieren,
das Stundengeld zu verdoppeln, vielleicht zu verdreifachen. Aber das sind Ausnahmen!
Der Durchschnittslehrer bleibt auf seinem alten traurigen Standpunkte stehen. Er
kann seine Arbeitsleistung verzehnfachen, die Nächte mit hinzunehmen, ·hungern
und darben, aber er darf es nur nicht wagen, den Säckel des Spießphilisters, der
für ein Pfund Butter ohne Murren 35 Mark zahlt und seine eigene Tätigkeit in
der Bewertung vollständig den Tagesforderungen eingereiht hat, mit einer kleinen
Mehrausgabe zu belasten. Lehrt er an irgend einem Institut, dann kann er unter
Umständen die Erfahrung machen, daß er noch schlechter steht als früher, wo er
von der Einnahme des Leiters 33 ' /3 % erhielt. Denn unterdessen haben diese geschäfts-
tüchtigen Leiter ihren Schülern gegenüber den Preis für den Unterricht wesentlich
erhöht, aber zumeist ganz vergessen, mit ihren .eigentlichen Brotverdienern, den
Lehrern, redlich zu teilen. So reduziert sich sein Verhältnis bis auf 20 und 15%.
Man kann sich vorstellen, welch ein Herrenleben er unter solch glänzenden Lebens-
bedingungen zu führen vermag. Er klagt dann wohl leise und laut, schimpft auf
die Welt im allgemeinen und besondern. Und gibt einer die Anregung zu fester
Konsolidierung der Standesinteressen, dann besucht er die Gründungsversammlung,
redet wie ein Buch, ist mit der Wahl des Vorstandes nicht einverstanden, besucht
die weiteren Zusammenkünfte nicht mehr, weil dort "musikalische Idioten", die an
ihm gemessen "blutige Dilettanten und Nichtskönner" sind, das Regiment führen,
freut sich, wenn die "schief angelegte" Sache bald wieder wegen Mangels an Teil-
nahme eingeht und - hungert sich weiter durchs Leben .•.
o 0

371
REFORM DER ORCHESTERAUFSTELLUNG
Eröffnung einer Diskussion
Von Egon Lustgarten, Wien
Der Aufschwung der Instrumentalmusik, den unsere Klassiker um das Ende des
18. Jahrhunderts herbeigeführt haben, brachte eine immer durchgreifendere Aus-
gestaltung des Orchesters mit sich. Denn dieses war so recht eigentlich das Werkzeug,
dessen man zum immer lebendigeren Ausdruck des symphonischen WoIlcns bedurfte.
Die Technik der Instrumentenbauer folgte willig den gesteigerten Anforderungen, welche
die Komponisten in bezug auf Ausdrucksvermögen und klangliche Differenzierung der
Instrumente stellten. Die Klarinette, das wichtigste Holzblasinstrument, wurde dem
modernen Orchester eingegliedert, Hörner und Trompeten wurden durch die Erfindung
der Ventile den übrigen Blasinstrumenten gleichwertig gemacht, der Tonumfang der
Bläser wurde durch Verbesserungen im !nstrumentenbau nach der Höhe und Tiefe
hin erweitert, kurz ~ das Orchester erhielt jene Vielseitigkeit und Biegsamkeit, welche
es zum sprachgewaItigen Ausdruckskörper bedeutsamer Tongedanken befähigte.
Es ist klar, daß ein solches modernes, feinnerviges Orchester, dem nicht nur
Wucht und Klangpracht, sondern auch zart . . nuancierter Farbenreichtum eignet. ,in
seiner räumlichen Anordnung so gegliedert sein muß, daß durch die Klangüber-
tragung für den Zuhörer nichts voIi den Intentionen des Tonmalers verlorengehe.
Man war nun in der Tat bestrebt, den Orchesterapparat in einer Weise auf. .
zustellen, welche eine volle Ausnutzung aller KJangrnöglichkeiten gestattete. Denn
keinesfalls darf die Aufstellung der Schriftanordnung in den Partituren folgen (so
daß etwa die Harfe neben das schwere Schlagwerk zu stehen käme), für welch
letztere eben nicht klangliche, sondern logische Momente maßgebend sind. Als
Gesichtspunkte kommen somit in Betracht:
1. Die Zu sammenfassung des Klangmaterials der einzelnen gleichartigen In-
strumentalgruppen, als da sind: Streicher, Holz- und Blechbläser, Schlagwerk;
2. die Verteilung der einzelnen Instrumente mit Berücksichtigung der Möglich-
keit der Klangverschmelzung ;
3. möglichst ungehinderte Fühlungnahme der Hauptinstrumente mit dem Dirigenten.
--:-....,

e d a
c
b d f
't:3~// 1
a '!J
l:8J _ J
Fig. 1 Fig. 2 Fig. 3

li:<J ~ Dirigent c = Bratschen


a = 1. Violinen d = Celli und Bässe
b = 2. Violinen e = Holzbläser
f = Blech- und Schlaginstrumente,

372
Die jeweilige Bevorzugung oder Hintanstellung eines dieser Punkte ergab ver,
schiedene Systeme der Aufstellung, doch gelangte keines derselben zur allgemeinen
Einführung, da keines allen gestellten Bedingungen in gleicher Weise gerecht zu
weiden vermochte. So bilden die bisherigen Orchesteraufstellungen lediglich Kom,
pro misse in dieser oder jener Richtung. Die folgenden, R i e man n s Musiklexikon
entnommenen Schemata mögen ,dies veranschaulichen:
F i g. 1 zeigt das Schema eines Theaterorchestel's, bei welchem die Instrulnental . .
chöre mechanisch gruppiert sind. Der Dirigent befindet sich unnlittelbar vor der
Bühne, er kehrt dem Orchester den Rücken zu, so daß nUr die einzelnen Gruppen
summarisch Zeichen von ihm erhalten können. Der Klangeffekt bei dieser Auf,
stellung ist der getrennter Chöre.
F ig. 2: Hier ist das Hauptaugenmerk auf die gute Klangverteilung gerichtet.
Bei F i g. 3 ermöglicht die strahlenförmige Anordnung eine gleichbleib ende durch-
schnittliche Entfernung der Instrumentalgruppen vom Dirigenten.
Die im folgenden zum Vorschlag gelangende neue Aufstellungsweise
eines großen Orchesters auf Grund der klanglichen Verwandtschaft der Instrumente
und gleichmäßige!' SchalIverteilune ist nur für das K onz er tp 0 d i tt n1 gedacht, auf

1,veIchern wesentlich günstigere Raumverhältnisse herrschen als im Theater, bei welch


letzterem die Hauptaufmerksamkeit irn Großen und Ganz,;,~n ohnehin mehr auf die
Vorgänge auf der Bühne und auf die Sänger als auf das Orchester gerichtet ist.
Wie verschieden die Aufstellung der übrigen Instrumente in unseren Orchestern
auch erfolgen mag, in der Anordnung der Streichinstrumente hertscht durch . .
gängig die Gepflogenheit, die 1. Violinen als einheitliche Masse links, die 2. Geigen
rechts vom Dirigenten zu placieren, hinter letzteren die Bratschen und anschließend
die Violoncelli anzuordnen, ünd die Kontrabässe nach hinten zu verlegen. (Fig. 4.)
Diese Aufstellung scheint zwar eine einfache Zeichengebung für den Dirigenten
zu ermöglichen, leidet abel an klanglichen Unzulänglichkeiten, welche eine völlige
Umgruppierung dieses wichtigsten Orchesterteils erheischen. Man vergesse nicht, daß
der Streicherkörper doch eigentlich ein vergrößertes, bezw. intensiver gemachtes Streich,
quartett (-Quintett) darstellt. Ist es nun schon unmöglich, die vier Instrumente eines
Quartetts in einem größeren Raum ze1'streut aufzustellen, ohne die kbngIiche Ver,
schmeJzung aufs empfindlichste zu gefährden, so liegt diese Gefahr in noch verstärktem
Maße bei der üblichen Aufstellung des Streichcx"Orchestel's vor. Die Streichinstrumente
führen einen mehrstimmigen Satz aus und der einzelne Spieler findet sich einerseits von
einer homogenen Klangmasse gleicher Instrumente (u ur 1. Violinen u. s. w.) umgeben,

373
welche' ihn von den anderen Stimmen des Streicherchol's abschließt, während er
anderseits die Nachbarschaft völlig klangfremder Blasinstrumente dulden muß.
Ist somit für den einzelnen S pie I er der harmonische Zusammenhang, in den
er sich einzuordnen hat, gestört, so erwächst aus dieser ungünstigen A'ufstellung
besonders für den in der Nähe des Orchesters sitzenden Hörer das Peinlicher die
aus verschiedenen Richtungen an sein Ohr gelangenden Elemente des Klanggefüges
selbsttätig vereinigen zu müssen. Dieser Übelstand tritt besonders dann hervor, wenn
1. und 2. Violinen rhythmisch komplementär geführt sind. Wie soll z. B. die
folgende Stelle aus der Einleitung zum Finale von Brahms C moll-Symphonie
(Fig. 5) reibungslos ausgeführt werden und exakt erklingen, wenn die beiden ein-
ander ergänzenden Stimmen aus verschiedenen Richtungen ausgesandt werden? Und

1. Violine

2. Violine

Fig. 5

ist es nicht sinnlos, wenn eine einzige durch alle Streicher absteigend geführte
'melodische Linie durch beständigen Wechsel des Ortes der Klangherkunft beim
Übergehen auf die nächste Instrumentengruppe zerrissen wird, wie bei nebenstehen . .
der Stelle (Fig. 6) aus deIr 2. Satz:von Mahlers 1. Symphonie?
~ ~ < Erat;chcn

" ~±:Et=:-..,..
-~=~1I>-,f, ~~~~'lj~~~~

l t::::-'~ J= -
E;~;:i' - ,g=lC~~i,i'Ei
... -' L TI= "

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I .
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~ ""± - li-(~--; ';:;' '=';::;'::;;'?fT : " r- t,lti=!
". '. 2.VIOL. ~ V!oJ<lllC,

Fig. 6

Hier tut eine gründliche Regeneration not. Die chorischen Streicher sind
zu beiden Seiten des Orchesters in der Weise symmetrisch zu verteilen,
daß je eine Hälfte aller Pulte der 1. und 2. Violinen, der Bratschen, Violoncelli und
Kontrabässe links und rechts Aufstellung nimmt. (Siehe Fig. 7.) Es verbleiben
hiedurch' auf jeder Seite nur je einige Pulte Streicher derselben Gattung (bei
16 Geigen z. B. je 4 Pulte), wodurch die Spieler zueinander in innigeren Kontakt
treten können. Welcher Geiger oder Bratschist hat noch niemals den zu großen
Raumabstand vom Konzertmeister empfunden, wenn sämtliche Pulte der 1. Violinen
u. s. w. sich auf einer Seite befanden?
Ein Hauptvorzng der neuen Aufstellung ist es, daß sich nunmehr auf jeder
Seite (rechts und links) je ein vollstimmiges Streicherorchester befindet, ein fester
Körper, dessen Glieder sich gegenseitig rhythmisch und klanglich stützen. Exakt-
heit der Ausführung und vollkommene klangliche Ausgeglichenheit sind das
Resultat davon. Die Streicher sind so aufgestellt, daß sie das ganze Orchester' durch-
fluten, ihm ihr Gepräge aufdrückend. Auch die Kontrabässe sind nunmehr von den
übrigen Streichern nicht mehr durch eine so große Kluft wie bisher getrennt. Da ...
durch wird eine bessere Verbindung derselben Init den Violoncelli im Unisono
gewährleistet. Wie wichtig ist es etwa im Rezitativ der Violoncelli und Kontra . .

374
bässe im Finale von Beethovens IX. Symphonie, daß diese Instrumente eIne
kompakte Klangmasse bilden.
Teilungen der Streichinstrumente in mehrere Stimmen erfolgen wie bisher
pultweise i sie ändern nichts am kl anglichen Gleichmaß. Anderseits kann die neue
symmetrische Anordnung als Doppel . . Orchester (wie in Bachs "Matthäus . .
Passion 11) ausgenutzt werden, wenn eine Streichergruppe sich VOll einer anderen
chorisch absondern soll. So ist z. B. in Max Regers Orchesterwerken (Serena'de,
Romantische und Böcklin. .Suite, Mozart. . Variationen) ein Abheben der sordinierten
von den ungedämpft bleibenden Streichern erwünscht. Hier ist es gerade die neue
Einteilung, welche eine deutliche klangliche Differenzierung durch Scheidung des
rechten sordinierten vom linken uns ordinierten Orchester ermöglicht.
Die symmetrische Anordnung der Stre:icher ist etwas so Einleuchtendes, daß man
sich nicht genug darüber verwundern kann, daß noc4 niemand darauf verfallen ist.
Aber freilich fällt jetzt das so anschauliche und beliebte Sich'zur,Seite,Neigen und
. . Beugen _des Dirigenten als überflüssig fort. "Doch die Einsätze!?U höre ich vor . .

//ärnf'r

/;'ar/t0/7

Fig. 7

wurfsvoll fragen. Diesem berechtigt erscheinenden Einwurf gegenüber ist zu entgegnen,


daß die Bewegungen des alIhin deutlich sichtbaren Dirigenten nach ein e r Seite
hin ja von den korrespondierenden Pulten der Gegenseite 'als auch für sie geltend
verstanden werden. Außerdem kann man Streichereinsätze sehr wohl mit beiden
Händen geben, abgesehen davon, daß ja die Streicher wegen ihrer relativ aus. .
giebigsten Verwendung der w e ni gs t en Einsätze bedürfen und ein Intensiver,
machen der 1. Geigen durch beidhändiges Dirigieren nunmehr dem ganzen Streicher'
körper in Ausdruck und Rhythmus zugutekommt, statt daß beim bisherigen
"Hineinlegen tt in die 1. Violinen die übrigen Streicher vernachlässigt werden. D.er
Dirigent ist also gerade durch die symmetrische Ano rdnung bemüßigt und befahigt,
stets das ganze Orchester im Auge zu behalten. Wie wichtig dies in Anbetracht der
suggestiven Gewalt durch den Blick ist, mögen die Worte S po n tin i s belegen,
der sich beim Dirigieren trotz seiner Kurzsichtigkeit keiner Augengläser bediente:
"Ich sehe nicht einen Schritt weit, und doch bewirke ich durch meine Augen, daß
alles nach meinem WiIlen geht (R ich ar cl W a g n er: "Erinnerungen an SpontinLI')
ll

Sind somit die chorischen Streichinstrumente symmetrisch zu verteilen, so haben


anderseits die Solo ins t rum e nt e des Orchesters die Mittellinie einzunehmen.

375
(Siehe Fig. 7.) Die schwachtönenden Harfen, deren "rauschender" Charakter bei der
bisherigen Aufstellung meistens ein absolut illusorischer war, gehören ganz nach
vorne neben, ja selbst vor ,den Dirigenten, wie es seit Berlioz in französischen
Orchestern üblich ist. Um wieviel besser ist hiebei auch der Kontakt mit dem
Dirigenten seitens dieser rhythmisch und klanglich so fein zu differenzierenden
Instrumente; denn es ist klar, daß gerade die Harfen im Hinblick auf das ibnen
gemäße Passagenwerk in kleinen Notenwerten (Fig 8: Beispiel aus dem Adagio
von Bruckher s VIII. Symphonie) auf eine besonders intime Fühlungnahme mit
dem Orchesterleiter angewiesen sind. Auch Celesta und Glockenspiel können
ganz vorne postiert werden.
Die Hol z b 1äse r nehmen in der neuen Aufstellung den Raum unmittelbar vor
dem Dirigenten ein. (Siehe Fig. 7.) Dadurch ist nicht nur ein gleichmäßiges Eintreten
des Holzbläserensembles gewährleistet (wer hat sich nicht schon über das nnregelmäßige
Einfallen dieser Instrumente geärgert? 1), sondern die weichen und doch so charakteristi...
schen Bläserklänge können nUll auch zur vollen Wirkung gelangen, während die
bisherige Klangübersetzung aus der Partitur oft einer Schriftübertragung auf Fließ-

Fig. 8

papier gleichkam. Nunmehr kann der Dirigent diese feinfühligen Instrumente auch
genügend einzeln individualiseren. Und welcheYerschmelzung mit dem Klangkörper
der Streicher ist nun ermöglicht! Man beachte nämlich, daß in der neuen Auf-
stellung das Prinzip der Nachbarschaft klangverwandter Instrumente
vollkommen durchgeführt erscheint. Da stehen Flöten und Oboen mit den Violinen
in nachbarlichem Konnex, Klarinetten und Fagotte mit Bratschen und Violon-
celIen, wodurch nicht nur für den Hörer die Verbindung, bezw. Unisono-
bewegung dieser klangverwandten Instrumente plausibel gemacht wird, sondern
auch das Gehör des ?pielers die tunlichst klangähnlichen Instrumente um sich
herum findet. Nun kann es nicht mehr geschehen, daß eine Violine nichts von der
Flöte hört, mit der sie gerade im Einklang spielt, und ein Bratschist am letzten Pult
braucht sich nicht von der Baßtuba ins Ohr tuten zu lassen. Die Celli sitzen quer
durchs Orchester und können ihren Ton voll nach vorne senden. Sie wahren als
Baß-Instrumente den Kontakt mit den Kontrabässen, als Melodieträger den Zu-
sammenhang mit den Hör n ern, die hinter die Celli postiert sind. Die Hörner
wiederum bilden mit T rom pet e n und Pos a une n einen zusammenhängenden
Komplex, wobei es erreicht ist, daß die wuchtigen Blechinstrumente die hintersten.

376
Reihen einnehmen, wie bei rückwärts postierten Bläser. . Chorälen. Baßthemen können
nun nicht mehr so leicht durch Hörner und T rompetcn im Fortissimo gedeckt
werden. (B e e t h 0 v e n, VII. Symphonie, 1. Satz, und V. Symphonie, 2. Satz.) Dann
ist noch zu bemerken, daß gerade die dröhnenden Blechbläser sehr deutlich die
Richtung der Herkunft ihres Tones verraten. Doppelt unangenehm darum die bis.-
herige seitliche Postierung, erstens in Hinsicht auf das Störende einer räumlichen
VorsteIlung und dann, weil die armen Seitengaleriesitzinhaber sich mit Recht gegen
die blecherne Zudringlichkeit der gelben Ungetüme verwahren dürfen.

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Fig. 9

Sämtliche Schalltrichter aller Holz- und Blechblasinstrumente


gehören unter allen Umständen geradeaus nach vorne gerichtet!
Man vergleiche nunmehr das Schema der alten (Fig. 9) mit dem der netten Auf-
stellung. (Fig. 10.)

~ Streicher

0::···-.:::;.. · Holzbläser

m:m B!echbläser

CJ Schlagwerk

§§ Harfen

Fig. 10

Bei Aufführung von Werken mit Chor und Orchester richtet sich die Auf-
stellung des Klangkörpers in jedem einzelnen Falle nach dem Verhältnis von Chor
und Orchester in dem aufzuführenden Werk. Bei jenen klassischen Tonwerkent
bei denen das Orchester den Chor nur stützt, wird man ihn nach vorne ziehen.
In den modernen Chorwerken dagegen muß das Orchester im Vordergrunde bleiben.
Zum Schluß sei noch auf das übersichtliche ästhetische Bild des Orchesters
in der neuen Aufstellung hingewiesen: Vorne das Dirigentenpult von den beiden
Harfen flankiert, in großem Bogen die braunen Streicher, die zierlichen Holzblas. .
instrumente umschließend, und im Hintergrunde das leuchtende Blech.
o 0

377
GUSTAV MAHLERS JÜDISCHE MELODIEN
Von Max Brod, Prag
Ich habe jetzt, seit d:e galizischen Flüchtlinge nach Prag gekommen sind, oft
ost jüdischem Gottesdienst beigewohnt - dem schlechthin Erhabensten, was mir je
in meinem Leben zu fühlen vergönnt war. Namentlich der von Mystik umrauschten
"dritten Mahlzeit" (schiasch sude) zu Sabbatausgang, die ich mehrmals bei einem
chassidischen Rabbi mitten unter seiner Gemeinde einnehmen durfte, kann ich nur mit
tiefster Ehrfurcht gedenken. Ununterbrochen erklingen, bald von Einzelnen gesummt,
bald vom Chor aufgenommen, aus den dunklen Ecken des ganz unbeleuchteten
Vorstadtzimmers hervor und längs der ärmlich"'würdevollen T afe!, von tiefen
Männerstimmen und im hellsten Kinderdiskant die heiligen, begeisterten Melodien ...
Plötzlich riß es mich zusammen. In einem Moment war es mir, als hätte ich den
lange gesuchten Schlüsse! zu etwas scheinbar Fernliegendem, aber doch ebenso tief
Jüdischem gefunden: zu der Kunst Gustav Mahlers. Und zwar zu einer ganz aus-
geprägten Eigentümlichkeit dieser Kunst, die schon mehrfach bemerkt und auch
getadelt worden ist: zu Gustav Mahlers merkwürdig oft verwendetenllhrschrhythmen.
Man hat die besondere Vorliebe des Komponisten für Märsche, die er nahezu in
jeder Symphonie breitausladend auftürmt (zum Beispiel im ersten Satz der 1., m.
und VI., in den Schlußsätzen der 11., VI. und VI!. Symphonie, im Lied "Revelge U
),

verschiedenartig gedeutet. Ein liebevoller Biograph (ich glaube Specht) führt diese
Vorliebe darauf zurück, daß der Knabe Mahler in Leitmeritz neben einer Kaserne
aufwuchs, wo sich ihm die Hornsignale und Militärrhythmen unvergeßlich ins
Gemüt eingesenkt hätten. Weniger freundliche Beurteilet sprachen einfach von
Banalität und Ideenarmut. Und man konnte und kann noch bei jeder Mahlet-
Aufführung ein paar Liebhaber "vornehmer u Musik, die daher ein andermal auf
das viel rohere, aber glatte Formtalent Richard Strauß' hineinfallen, die Hände
ringen sehen: ,,0 diese Roheit, dieses ewige Bum-tra-tra!'" Noch andere fanden
gerade im schrittweisen Viervierteltakt Mahlers das Bemüh en, volksliederartig deutsch
zu schreiben, also gewollte Assimilation. - Nein! Seit ich chassidische Volkslieder
gehört habe, glaube ich, daß Mahler ganz einfach aus demselben unbewußten Urgrund
seiner jüdischen Seele so und nicht anders musizieren mußte, aus dem die schönsten
chassidischen Lieder, die er wohl niemals gekannt hat, entsprossen sind. Das Seltsame
ist nämlich, daß auch diese Lieder einen oft scharf ausgeprägten Marschrhythmus
aufweisen, auch dann, wenn der Text die allerhöchsten Dinge, Gott und Ewigkeit,
besingt. Auch die "Stufenlieder" und andere ·Psalmen werden so vorgetragen. Diese
"Märsche'" sind also nichts Unheiliges, Banales, Militärisches, sie scheinen mir viel. .
mehr sehr glücklich die feste entschlossene aufrechte Gangart einer gotterfüllten
Seele zu symbolisieren. Man sieht gleichsam in unübersehbaren geschlossenen
Massen die Heere gleichgesinnter Gottesstreiter heranrücken. Und ist es bei Mahler
nicht derselbe Eindruck, wenn man näher hip.horcht? Ist es nicht im grandiosen
Schlußsatz der 11. Symphonie die unendliche Armada der den Gräbern entsteigenden
Lei1?er, die zum jüngsten Gericht eilen, was Mahler im Marschtakt ausdrückt? -
Oft wiederum bedeutet das ruhigere Schritt-Tempo eine stille Freude, wie in dem
unbeschreiblich schönen Sabbatliede. "Jißmechu bemalchusscho". Es scheint, daß der
Jude eine ganze Fülle verschiedenartig nüancierter Marscharten für ganz entgegen . .
gesetzte Gefühle bereithält. Nur dem Nicht juden erscheint das als Monotonie, der

378
Jude fühlt die Unterschiede. - Und noch andere Eigentümlichkeiten hat die
chassidische Volksweise mit Mahlers Melodik gemein: gewisse zwischen Dur und
Moll schwebenden Melismen, sowie die Art, sich langsam in Bewegung zu setzen,
zuerst denselben Ton einigc!nal zu wiederholen, für westliche Ohren eigensinnig
oft, dann erst loszuschaukein, In kleineren, bald gewaltigen Schwingungen. -
Vielleicht wird man Gustav l\rlahler gerechter, wenn man ihn im Zusammenhang
einer jiidischen Sce1enstimmung betrachtet, als wenn man immer nur von der Tat ...
sache, daß er liDes Knaben \V·underhorn';: vertont hat, sich hypnotisieren läßt. Ich
glaube, die ungeheuren Widerstände, die seine Kunst bei Publikum un"cl auch bei
ernster Kritik zu überwinden hatte, '\vährend die immerhin nicht viel leichter zu
verstehenden Autcren Reger und Strauß sich viel schneller durchsetzten - sie beruhen
darauf, daß sein \Y/erk zwar äußerlich recht deutsch ausschaut, den Instinkt aber
undeu.tsch (und das mit Recht) anmutet. Von einem deutschen Blickpunkt aus
erscheint dieses \V cl'k daher inkohärent, stillos, unförmlich, ja bizarr, schneidend,
zynisch, allzu weich, gemischt mit allzu Hartem. Es ergibt, deutsch betrachtet, keine
Einhe'it. IYlan ändere die Perspektive, suche sich in Mahlers jüdische Seele einzu,..
fühlen; wobei es natürlich kein Einwand ist, daß in Mahlers Oberbewußtsein das
Judentum keine große Rolle gespielt haben mag. Sofort ändert sich das Bild, Form
und Inhalt stimmen, nichts ist vorlaut, nichts übertrieben, nUr die bekannte Situation
des Golusjuden hat neben dem urewigen Siegel allgemeiner Schönheit ihren
besonderen Stempel. beigedrückt. Ebenso geht es (nebenbei bemerkt), wenn man
Heine nicht als deutschen Lyriker, NIendelssohn nicht als Klassiker der deutschen
Musik, Meyerbeer nicht als italienischen Opernkompositeur und Offenbach nicht
als Pariser Gamin auffaßt, sondern alle vier als große Söhne des jüdischen Volkes,
deren Genius mit der spezifischen Judennot (nebst anderen Widerständen der
Materie) zu ringen hatte. Es soll nicht gesagt sein, daß damit alles "Unechte« an
diesen Autoren echt, alles Halbe zu einem Ganzen wird. Nein, aber in ihrer Totalität
werden sie klarer, geradliniger, einfache!', und manches falschklingende Detail kehrt
plötzlich einen echten Herzensgtundton hervor. Bei Gustav Mahler, dem größten
jüdischen Kunstgenie der I~euzeit, ist ja auch vom strengsten Standpunkt aus kaum
etwas zu korrigieren. Trotzdem ist die veränderte Gesamtansicht wohltuend einheit,..
lieh er. Beim Klange ost jüdischer Volkslieder verstand ich 01it einem_mal, warum
sein letzter Zyklus, das chinesische ,,~ied von der Erde", seine "Einsamkeiten U
beklagen und die "Heimat" suchen gehen mußte - NCWlg, ewig" den Orient.
D D

MUSIKALISCHE ZUSAMMENHÄNGE
UND B E Z IEHUNGEN
I
Hektar Berlioz
Von Hans Ferdinand Redlich, Wien
Din die Erscheinung "Hektor Berlioz u richtig zu fassen und zu werten, müssen
wir uns notgedrungen der bewährten, werin. auch verpönten Methode der Analyse
bedienen. Die geistige Gestalt Hektor HerHoz ist - sehr zum Unterschiede von
seiner einheitlichen, für seine Zeit typischen. absolut Byronsche-il Persönlichkeit -

379
das KristalIisationsprodukt aus einer seltsamen Mischung. Folgende Momente
wirkten bestimmend auf ihn ein: Vom rein musikalischen Standpunkt aus die
problematische, rätselvolle und farbige Welt des "Freischütz", die Sinfonie Beethovens
als angemeiner musikalischer Mythos - als Musik an sich - und späterhin leider
noch ein wenig die "große französische Oper"; vom literarischen Standpunkt aus
der romantisch~erotische Shakespeare, etwa in der Linie "Romeo" "Sommernachts . .
traum" "Wintermärchen" "Viel Lärm um Nichts", der· nordische Romantiker
Goethe - Faust I. Teil - und schließlich der südliche Romantiker Byron -IVlanfred,
HaroId - der, wie schon oben angedeutet, mehr noch durch die bezwingende Typik
seiner persönlichen'Legende, denn als literarischer Kosmos Vorbild wurde. Als bere:its
gänzlich historisierte Tradition wäre für Berlioz noch die Welt Glucks zu nennen.
Hektor Berlioz ist der einzige große Musiker, für den Bach niemals zum
Erlebnis geworden ist und das hatte seinen guten Grund. Berlioz ist nie bis zum
Urquell der Musik, bis zu dem elemente bildenden Urchaos hinabgestiegen, \vie es
Bcethoven, Mozart, Brahms und Mahler getan hatten. Dieser Vorgang heißt nämlich
kürzer: Zurück zu Bach! Und es ist ganz merkwürdig, wie Bach als retardierendes
Moment im Leben der großen Komponisten eine geheimnisvolle Rolle spielt. Alle
diese Großen .setzten oft in offenem Widerspruch mit Bach an, stürmten steil aof~
wärts, erlahmten - und erholten sich schließlich wieder an der Urquelle Bach.
Nicht einmal Homer spielt in der Geschichte der Dichtung eine so ewige,
wiederkehrende, unbezwingliche, unlösbare, sphinxhafte Rolle.... Bach, eine
Sphinx voller tödlicher Antworten auf fieberische Fragen ... Bach ist fast stets im
Leben des mo cl er n e n Künstlers ein Todeszeichen. Mozart starb über dem linearen,
zu Bach hinblickenden Requiem, Beethoven über dem gigantischen Kampf mit der
Bachischen Fuge, dem Siegel und Gespenst seines Alters . .. Schumann ging kur.::
vor Ausbruch seines Wahnsinns zu Bach zurilck und für Brahms war Bach, nachdem
der Schumannsche Kreislertraum ausgeträumt war, das lebenzeugende Element
seiner Mischung. (Er seIbst eine Mischung aus dem sentimentalen Beethovzn, dem
späten Schumann und einem gewissen Bamsrnen Ingrediens.) Nur fÜr Chopin
und Mahler, die beiden Fernen und Freien, blieb Bach stets liebevol1 lächelnde
Gottheit, ewige Farbe und ewige Heimat ... Bcrlioz gehört keir:er dieser Gruppen
an. Er war nie in die Abgründe der musikalischen Form und der musikalischen
Mythen gestiegen. In diesem Sinne blieb BCl'lioz zeitlebens ein oberflächlicher
Musiker und bereitete so entschieden auf seine Schüler Liszt und Richard Strauß
vor. Hektor Berlioz bedeutet ohne Zweifel den Beginn des musikalischen Literatew
turns. Er war der erste große Musiker. der seine bestimrr.enden Eindrücke aus der
zeitgenössischen Literatur empfing und sie dann "komponierte" ... Die phantasti~che
Sinfonie. ein KristalIisationsprodukt aus Victar Hugos Notre Dame, Merirnee,
Shakespeare ; die "Damnation du Faust" und "HaroId in Italien": der goclhisch
gefärbte Byronismus und Titanismus der Dreißigerjahre in Musik gesetzt. Solange
die Einflüsse literarisch blieben, wurden sie für BerIioz' Musik fruchtbar. Als auf
den reifen Mann in der Idee der großen Oper zum ersten Mal ein musikalischer
Einfluß bestimmend einwirkte, da erlahmte er und begann zu wanken. .. Man
darf sich nicht durch die Gestalt Beethovens irre machen lassen. Eeethoven hat auf
Berlioz fast ausschließlich als Persönlichkeit, als großer Vertreter der Napoleon~Byron~
Zeit gewirltt. Nur so ist der bekannte Ausspruch Hektars: .,Ich bin ein Crescendo
von Beethoven" zu verstehen.

380
'l-~

Die Berliozsche Musikform ist mehr ein Zufälliges. Sie wird bedingt durch die
revolutionär ... romantische Luft einer sich heroisch gebenden Zeit.
Er wird jedoch ewig mit der Schönheit seines Materials bezaubern. In litteris
hatte er einen viel bess'eren Geschmack als Wagner und benützte die feinsten
Vorlagen ... Seine Instrumentation bedeutet die logische Weiterentwicklung Webers;
sie ist stets Ii near und haßt das Mosaik. Endlich entzücken uns noch heute die
graziös weit gespannten Bögen seiner - immer verliebten - Melodien, die eine
wundervolle Noblesse an sich haben. Man merkt, daß sie in dem Zeitalter der
"edlen" Menschen mit den feurigen Augen und den allzu weichen Herzen geboren
sind. Die Berliozschen Melodien haben in ihrer dynamischen Spannung Gustav
Mahler entscheidend bceinflußt, ebenso seine Paral1e1führung der orchestralen Farben.
Merkwürdig, claß Wagner in diesem Punkte so wenig von Berlioz gelernt hat! ,
Seine Vorliehe für solistische Behandlung findet erst seit kurzem produktives Ver...
ständnis. Endlich hat der "Zukunftsmusiker par excellence" Friedrich Nietzsche,
während er "Carmen" studierte, frohlockend verkündet, daß Bizet ein Schüler von
Berlioz: sei! Auch er empfand die Luft Berlioz' als eine Erlösung VOn Wagner ...
Zusammenfassung: Berlioz bedeutet die Ballung der heroisch,mystischen Trauer:
"Faust" "Romeo" "Lear" "Harold". Er hat das noble Sentiment einer sterbenden
Romantik (Byron, Leopardi, Lenau) vertont. Er war und blieb bis zu seinem Tode
ein hartnäckiger Vorkämpfer für das melodische Prinzip. Seine "Kinder" Wagner,
Liszt elc. wollte er nicht anerkennen und sprach am Ende seines Lebens über
die Zukunftsmusik ein feierliches non credo aus. Der Revolutionär war zurückgekehrt
zur Opera fran~aise, wenn auch mit edlem sehnsüchtigem Blick nach Weber hin.
Das Vorspiel zu "Eenvenuto Ce11ini" zeugt davon. Berlioz hat das französische
Element in seinem künstlerischen Wesen lange unterdrückt. Als er alt wurde,
überwältigte es ihn, In seinem geistigm Periodos liegt dennoch etwas Heldisches ..•
Umso unheroischer, ja typisch komödienhaftel' erscheint sein Lebenslauf. Berlioz
ist der einzige revolutionäre Romantiker (er war ja auch revolutionärer Politiker
aber von ähnlicher Borniertheit wie Wagr.er), der alt und zahnlos geworden ist .. ,
Können wir uns Byron und Lenau al1: Mummelgreise denken? Wir haben dafür
den "gefällten Titanen" Berlioz. Es gibt nichts, was theatralischer wäre als der
Lebensabend des großen Hektor, der seine 60 jährige Jugendgeliebte heiraten will,
nicht mehr komponiert, ab und zu gefeiert wird und sich vor Rheumatismus nicht
mehr rühren kann. Sein Leben war nach französischen Begriffen unglüc1dich. Denn
er hatte keinen grcßen "Erfolg". Er wurde Erst nach seinem Tode Nationalhe1d
und politische Posaune . .. Und seine Erotik? war die eines Menschen, dem
Shakespeare wie vielen Romantikern zu Kopf gestiegen war. Aber er war potent,
was man nicht von allen Romantikern unbedingt behaupten kann ...
Sein Leben gleicht einem flachen, spannenden französischen Roman mit vielen
unfreiwillig komischen Stellen und einem traurig öden Verebben ... Hier ver.e n d e t e
ein Romantiker. Was wir bei den schicksalhaft früh Gefällten - Eyron, Kleist,
Novalis - nur ahnen können, hier sehen wir es mit schrecklicher Genauigkeit.
Aber sein Geist war groß und ihn beherrschte das Pathos, das jenen Menschen
inne wohnte, die an ·"Freiheit" und "Erfüllung" glauben ... Und in diesem Sinne
wird uns t>eine Musik stets wie eine große, deutliche Gebärde umspannen.
o 0

381
"DIE AUSFLÜGE DES HERRN BROUCEK"
Oper in zwei Teilen von Leos Janacek
Zur Uraufführung im Tschechischen Theater In Prag
Von Ludwig Karpath, Wien
Ein freundlicher Zufall fügte es, daß ich mi~h Ende April, gerade zur Zeit der
Uraufführung einer neuen Oper von Leos Jauacek, in Prag aufhielt und daß ich
dank den überaus liebenswürdigen Bemühungen des Direktors Schmoranz in dem·
gänzlich ausverkauften Hause doch noch ein Plätzchen erhaschen konnte. Es hat
mich nicht gereut, dieser Aufführung beigewohnt zu haben. Obwohl ich nicht eine
Silbe tschechisch verstehe, war ich, nach den wenigen Anleitungen, die mir gegeben
wurden, doch in der Lage, die Vorgänge auf der Bühne zu verfolgen und an dem
fröhlichen Lachen teilzunehlnen, in das die der Sprache mächtigen Besucher des
Saales gar oft verfallen waren. Daran mag die VOll Herrn Direktor S chmoranz
phantasievoll besorgte Inszenierung und die ungeheure Drolligkeit des Hauptdarstellers
Herrn Mir ko St 0 -y k, eines ins Tenorfach übersetzten Hesch, ihren Hauptanteil
haben. Ich greife vor, inderYl ich zuerst von Herrn Stork spreche, aber es geschieht
dies deshalb, weil dieser u1'wüchsige Künstler mit seiner geradezu greifbaren Komik
das Verständnis für die Vorstellung ungemein erleichterte. Da ich schon im Anti . .
zipie:::cn bin, so möchte ich auch gleich des ausgezeichneten Dirigenten Otakar
Ost rc i I Erwähnung tun, eines feinsinnigen und die Technik meisterhaft
beherrschenden Musikers, der die rnannigfac:hen Schönheiten der Partitur mit
vortrefflich disponierender Hand bloßzulegen verstand.
Leos Janalek, der Komponist der auch in \1O'ie11 mit Erfolg gegebenen Oper
,,] enufa" 1 ist seinem Prinzip, aus dem Tonfall der Sprache zu musizieren, im
Großen und Ganzen auch diesmal treu geblieben, wenn auch nicht mehr nlit der
beharrlichen Konsequenz wie in seinem ErstLingswerk, für das ich mich seinerzeit
nicht allzusehr zu begeistern vermochte. Aber ich will jetzt nicht von der "Jenufa 44 ,
sondern von den "Vylety pane Brouckovy'l. reden. Mir erscheint dieses Werk
als ein bedeutender Fortschritt gegen "J enufa 44, erstens einmal, weil es mit ungleich
raffinierteren Mitteln gestaltet ist und zweitens, weil die melodische Erfindung
reicher fließt. Die "Vyletyll repräsentieren nicht mehr einen zagenden Versuch, sie
zeigen uns vielmehr ein. scharf umrissenes Profil, einen in seiner schöpferischen
Kraft und in seiner Technik vollausgereiften Meister. Vergleichsmomente fehlen,
selbst die "Jenufa" läßt sich nicht zum Vergleich heranziehen. Die nationale Eigen-
art des Komponisten kommt in seinem neuen Werk weniger zurn Ausdruck, ob . .
wohl natürlich so manche Weise von slawischem Rhythmus erfülit ist. Ich bedauere
nur, daß Janacek gerade in den unserem Empfinden am meisten zusagenden Partien
seiner Oper den melodischen Faden oft jäh abreißt, als würde er sich plötzlich auf
sein Glaubensbekenntnis besinnen, wonach er immer nur aus dem Tonfall der
Sprache und nicht aus dem Bedürfnis des aus seinem Herzen singenden Musikers
zu gestalten hat. Angenehme Abwechslung bringen die vielfachen Tanzrhythmen
und erläuternd, vorbereitend und nachhelfend sind die zahlreichen orchestralen
Zwischenspiele, die, gewiß mit geistvoIIer Absicht, eingestreut sind. Überhaupt ein
exaggeriertes TonfIuten im Orchester, das allein schon unsere Auftnerksamkeit
wachhält. Aber Janacek versteht sich auch vortrefflich auf iln!sikalischen Witz, den

382
er auf alle Instrumente des Orchesters verteilt. Wer da recht zuhorcht, wir.d tüchtig
auf seine Kosten kommen. Alles in allem ein ungemein interessantes, in seiner
merkwürdigen Modernität anziehendes Werk, das, nach meiner unmaßgeblichen
Ansicht, den Weg zur deutschen Bühne finden könnte.
"Die Ausflüge des Herrn Broucek U sind eine konlische Oper, un1 nicht·
zu sagen, eine musikalische Burleske. Das Textbuch ist eine Kompilatio!l. Der
Theaterzette1 nennt als den, Verfasser eines Aktes Herrn F. S, Prochazka,
verschweigt aber den Namen des Autors, von de_rn der andere Akt stammt. r..:rUl1,
wie dem auch sei, das Buch ist außerordentlich wirksam, für die Bühr:e gut
eingerichtet und dürfte jedenfdlls von tüchtigen Buchmachern zurechtgeziInmert
worden sein. Die Hauptsache bleibt der textliche Vorwurf des< Buches, der dem
Romalletto "Vylety pane Brouckovyu des bedeutenden tschechischen SchtiftsteIIers
Svatopluk Cech entnolnmcn ist, Leider gibt es keine 2e~~tschc Übersetzung dieses
zweifellos urkOlnischcn Rom~ns, in dem Cech, wie ich ri1.11' sagen ließ, politische
Zustände am Ende des vorigen Jahrhunderts, in d2.s fünfzehnte Jahrhundert zurück ...
transponiert, geißeln und verulken wollte. Im Anfang der Oper befinden wir uns
vor der "Vikarka", einer kleinen, in Pr ag sehr bekannten \Y/irtsstub e aaf dem
Hradschin. Dort zecht ein wackerer SpießbrudcT, eben jener Herr Broucek, der in
sehr angeheitertem Zustand in ein Faß fällt, in dem er einschläft. Nun zieht ein
Traum an ihm. vorbei, der den eigentliche!! I:c.halt der Oper bildet. Herr Broucek
fühlt sich vom Mond angelockt und gelangt nun hinauf zu den Mondbewohnern,
unter denen sich alle seine Freunde aus der Wirtsstube befinden, freilich in
phantastischen Kostümen und in anderer Eigenschaft, als auf dem realen Boden der
Erde. Mali, die Wirtstochter, begrüßt den Herrn. Broucek als Liebesgöttin und Herr
Broucek vermag es sich nicht zu erklären, wieso die I\?ialinka jetzt Etherea heißt.
Es ergeben sich da alle möglichen komischen Sitttatione,n, die schließlich zum
heiteren Ende des el'sten' Aktes führ,en,
Noch besser ist der zweite Akt t obwohl in diesem die Ereignisse auf einem
ernsten Hintergrund sich abspielen. Wir sind im XV. Jahrhundert, in der Hussitischen
Zeit, in der Periode schwerer Kämpfe. Mitten drin immer Herr Broucek. Das schafft
die heitere Staffage. Zum Schluß soll der gute Pfahlbürger verbrannt werden.
Glüc1dicherweise hat Herr Broucek, just als er in das brennende Faß geworfen wird,
seinen Rausch ausgeschlafen und erduldet den Verbl'cnnungstod nun nicht einmal
mehr im Traum. Wir befinden uns wieder in der Vikarka. Broucek erwacht und
erzählt geheimnisvoll, was er erlebt hat, wie er gegen die Kreuzfahrer kän1pfen
mußte, fügt aber vorsichtig hinzu.: "Aber sagen Sie es niemandem!U Damit schließt
die Oper.
Die Aufführung war, wie schon eingangs erwähnt, vortrefflich. Von den Mitwirkenden
seien die Damen Miriovska und Crhova und die Herren Jenik, Novak,
Zitek, Hruska und Novotny mit Lob genannt.

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383
P A U L AUGUST VON KLENAU
Von Dr. H. R. Fleischmann, Wien
In Paul August von Klenau ist tlnS eine neue Hoffnung au.s deIn Norden
el'standen und seine bisher geschaffenen Werke erwcchen durch rnonumenta1e
Gestaltung unser Interesse.
Paul August von Klenau wurde anl 11. Februar 1883 in K 0 p e 11 hag e n geboren.
Sein Vater war Direktor einer großen Seevel'sicherungsgcsellschaft und ist bereits
verstorben, seine r.rlutter lebt c1e:~'zeit noch in Kopenhagen. Die Lust und Freude
am_ :r"Iusiziercn ist schon frühzeitig in dem Knaben rege geworden, der m.it sechs
]ah!'~n seine erste Komposition (eül. Lied) schuf. Theoretischen Unterricht geuoß er
in Kopenhagen bei Prof. Otto IVI a 11 i n g, auf der Geige wurde er von Prof. H i 1m er
untervliesen. Gleichzeitig legte er (1900) sein Abiturientenexalucn ab und ging dann
1902 als Geiger nach Be r 1 i TI, 'woselbst er bei J 0 ach i m konkurrierte, jedoch nicht
Aufnall1ne fand. Ei:i1 halbes Jahr später kam er ab Kon1positionsschülel' zu IYlax
Bruch an die Hochschule und studierte noch ein weiteres Jahr Geige bei Prof.
BahT, bis Ci.' eines Tagrs sein Violinspie1 .'.1.ufgab und seither nie wieder die Geige
zur Hand nahm. Als Beweggrund hicfür führt Klenau die pedantische, konseI'vative
fJIcthode an, die uarrlals an der Berliner Hochschule als die allein richtige und
ll1ögHche angesehen wurde. Im ]J.hre 1903 übersiedelte er nach 1111 Ü TI ehe n und
genoß hier noch zwei Jahre hi."1durch den Unterricht von Prof. Ludwig T h u i 11 e
bis zu dessen Tode. In rvlünchen. hat nun auch Klenau seinen ständigen 'Vflohnsitz
genomn-:.en, während er seine Sommerszeit in Bciersberg am SiITIssec, also ebenfalls
in Bayern, verlebt.
Klenau hat zwar SChOll im frühesten Alter zu komponieren. begonnen, doch
bezeichnet er selbst diese Jugendwerke heute als unreif und ungenügend. Seine
wirkliche Produktion rechEct er erst von der genauen Bekanntschaft nlit B r u c kn er s
Partituren, die in ihm. einen glühznden Verehrer und Bewunderer gefunden haben,
was übrigens auch in manchen seine! Opera ZUlU Ausdruck kommt. \V/enn nun
auch Klenau eine Reihe von Liedern und Klavier:::tückcl1 komponiert, hat, so liegt
doch seine Hauptstärke auf dem Gebiete der g roß e n cl e k 0 l' a t i v e n Formen und
hier hat er denn auch bisher sein Bestes geschaffen. Von zeitgenössischen Kom ..
ponisten hat es ihm - außer Bl'uckner - besonders die neu fr a n z ö si s c he Schule
angetan: Debussy und Ducas; er hegt ferner "v'otliebe für Delius, Pfltzner, Strauß
(ein nffiusikalisches Genie"), Wühler (ein ngroBer, idealer Menschl,l) und Schönberg,
welch letzterer ihm in manchem allerdings noch ein Problem ist.
Von elen vier S y m p h 0 nie fl, die Klenau bi~her geschrieben, hat die dritte in
F dur und die letzte (Dante...) Symphonie die größten Erfolge zu verzeichnen. Erstere
gelangte in Straßburg unter Pfitzner zur Uraufführung, der dann in Dresden unter
v. Schuch und in BerEn unter Oskar Fried weitere glänzend aufgenommene Auf..
führungen folgten. Klenau läßt der viersätzigen Symphonie ein machtvolles Tedeum
folgen, das dem "'Werke einen glänzenden Abschluß sichert. Klenau hat vor so vielen
Zeitgenossen voraus, daß er die Form beherrscht und dadurch bei allem modernen
Empfinden seiner Komposition eine Klarheit und Verständlichkeit verleiht, jene
Selbstverständlichkeit, die so überzeugend wirkt und so selten zu finden ist.
K1enaus Vierte erlebte in einem Symphoniekonzcrt irn Opernhaus zu Dresden
ihre Uraufftihrung. Sie bedeutet gegenüber der vorangehenden Symphonie einen
gewaltigen Schritt nach vorwärts. \Vie Klenau selbst mitteilt, wurde er zur Kom ...
position derselben durch die Lektüre des Inferno aus Dantes Divina Commedia
angeregt; sie ist jedoch keine einheitliche Progralnm... Symphonie, sondern besteht
mchr aus einer Anzahl von musikalischen Sthnm.ungsbildern, die in einzelnen
Abschnitten der Göttlichen Komödie ihre Erklärung finden. In. bezug auf orchestrale
Mittel greift der Komponist in diesem Werke sehr weit: Zu dem üblichen großen
Orchester kommen noch Klavier, Celesta und ein gegen den Schluß hin in Tätig,.,
keit tre-tender unsichtbarer Chor von vokalisierenden Singstimmen. Die bei den ersten
Sätze, ein stürmisches Allegro und ein innig leidenschaftlicher langsamer Satz t
halten sich in der Form noch an den überlieferten Charakter der Symphoniesätze ;
hingegen sprengen die beiden letzten vollkommen die formelle Tradition, tragen
mehl' den Charakter impressionistischer Phantasien und schließen sich damit auch
enger an bestimmte Episoden des großen Gedichtes an. Diese letzten Sätze bedeuten
denn auch den besonderen Wert des Tongedichtes und üben durch die suggestive
Art, mit der Gefühlsabläufe oder Naturstimmungen tondichterisch dargestellt werden,
starke Wirkung.
Klenaus Ballade für Bariton und Orchester betitelt sich Ebbe Skam-
m eI sen und behandelt eine blutige Familiengeschichte, welche die stärksten
Akzente verlangt und der in dieser Beziehung der Tonsetzer auch nichts schuldig
geblieben ist.
Von Klenaus Kammermusik ist das Klavierquintett ein Werk voll
strotzendem, ursprünglichem Kraftgefühl,. das S t re ich qua r t e t t E moll hingegen
zeigt eine Entwicklung von der Grundstimmung beschaulichen Ernstes zur innigen
Träumerei, die sich zur phantastischen Erregung steigert und dann wieder in
träumerische Ruhe zurücksinkt. Das diesem Hefte beigegebene Stimmungsbild ist den
Klavierstücken "Drei Stimmungen" entnommen, deren melodische Linien in feinster
dynamischer Schattierung und beseelt von echt poetischem Erfühlen der Dichter-
. . verse verlaufen.
Schließlich seien auch noch die erfolgreichen Bühnenwerke Klenaus erwähnt:
"Sulamith U , nach Worten der heiligen Schrift; "Kjartan und Gudrun", Oper in drei
Akten, und das Ballett nach dem Märchen von H. C. Andersen "Klein lda's Blumen",. das
bereits über mehr als dreißig deutsche Bühnen gegangen ist. Die textliche
Grundlage zu "Sulamith U entnahm Klenau dem HohenIiede Salomos in der
Herdersehen Übersetzung. Man kennt dieses biblische Buch ,als einen Hymnus
auf die sinnliche Liebe, verfaßt in einer bilderreichen Sprache nach orientalischer Art.
In der Musik ist weniger die melodische Erfindung das hervorragendste Moment als
die durchaus selbständige und eigenwillige Persönlichkeit, die in derselben eigene
Werte gibt. Auch in der Operntragödie t,Kjartan und Gudrun u tritt die starke Begabung
Klen.us für bühnenmäßige Gestaltung in wirkungsvolle Erscheinung. Seinem Orchester
entströmen blühende Klänge, die Deklamation ist ofttuals schwungvoll und stets
eindrucksstar k, Lokal- und Zeitkolorit mit großem Geschick getroffen. Das TanzspieI
"Klein Ida's Blumen l4 endlich ist ein duftiges Werkchen, voller Grazie und Zartheit,
rhythmisch ungemein fesselnd gearbeitet und reich an melodisch reizenden Einfällen.
So hat denn Klenau auch auf musikdramatischem Gebiete beachtenswerte Proben
einer hervorragenden Begabung gegeben. cl ie er in vielen wertvollen Tonschöpfungen
erwiesen hat und von der wir in Zukunft noch manches Meisterstück erwarten dürfen.
o 0

385
SSPIT- r;i!
MUSIKALISCHES GESPRÄCH disparate lVIusikzentren. Das einst so verpönte
Schlagwort "Nationalmus~k" wird wieder mehr
Der Skeptiker spricht! zu Ehren kommen. Unser Unglück in dieser
Alle Bemühungen um Errichtung einer Beziehung war ganz entschieden Wagner und
musikalischen Volkskultur in der Deutschheit das fast gleichzeitige Aufkommen der slawischen
müssen und wCl'den scheitern, so lange noch Musiken. Wagner hat durch seine stilbildende
die - bereits kosmisch oder doch mindestens Vermischung germanischer und romanischer
sphärisch gewordene - Spaltung zwischen Musikelemente recht eigentlich das schreckliche
ernster und leichter, das heißt Operettenmusik, Ungetüm "internationale Musik", heute am
besteht. Solange eine Hemisphäre der Musik unerquicklichsten in der Erscheinung von
lediglich als banale Synthese sexualer Energien Richard Strauß sichtbar, geschaffen. Die slawi ..
aufgefaßt wird, solange die Masse in der Musik schenMusiken wieder strebten aus ihrer elemen...
vorwiegend eine Basis für die Elemente ihrer tarischen Musiksphäre, aus illl'en einseitig
niedersten Realität erblickt, kann diese Kunst völkischen Klängen heraus, lernten den Groß ..
nicht zu allgemeiner kultureller Durchdringung europäern die modernen Gesten ab und be..
gelangen. Es ist als ein furchtbares Unglück zu fruchteten schließlich diese selbst, als sie dekadent
betrachten, daß die Singspieltradition der geworden waren. Wir Deutschen haben eine
Klassiziten und späterhin die Zauberspiei ... nationale Musik. Wir wissen es nur seIbst
tradition der Romantiker 'gänzlich verloren nicht, da wir eine kulturen unkonzentrierte
ging. Daran ist zweifellos der geniale Offenbach Nation sind.
schuld. Er verzerrte die romantisch ...spielerische
Posse zur Karikatur und schuf in seiner - eine Manches Lied von Schubert, die "Zauber ..
romantische Antike verspottenden und zer... flöte" Mozarts, der "Freischütz" Webers, die
setzenden Musik - die Grundlage für die "Undine" Hoffmanns, einiges von Schumann.
zynische Tanz .. und Liedoperette mit ihrem die Sommernachtstraum ... Musik von Mendels ..
banalen Erotismus und ihrer sexuellen Dämoni... sohn, di'e vier Sinfonien von Brahms, viele
sierung aller rhythmischen Elemente bis zu Lieder und einige Sinfonien von Mahler und
einer brutal brünstigen Monotonie. Ähnlich Pfitzners Eichendorff ... Lieder, das sind die
verhält es sich mit der Tanzmusik. Der Wiener Elemente, die sich - eines aus dem anderen-
Walzer ist in scinen besten Momenten nur eine geboren haben und durch eine völkische Syn...
gemeine Banalisierung und Verzwingung der these die erhabenste Bejahung deutscher Kultur
Schu'bertschen Tanzrhythmik. Leider scheiterte bedeuten könnten. Da wäre alles vorhanden:
Schumann an einer Weiterentwicklung der Leichtiglteit, Singsang, Spiel und Taumel, ver ..
Schubertschen Tanzwelt. Geniale Ansätze zur grübelnde Schwere und Vision. Aber wir, wir
plastischen Tanz..Rhythmisierung sind im haben stets über unsere bluthaften Kristalli ..
"Carneva!<! und im "Faschingsschwank'" zu sationen gespottet, wir haben uns bloß an
finden. Chopins Tanzmusik endlich wollte nur Kindlichkeiten Haydns, an Sentimentalitäten
die galanten Schwingungen des Paris von 1830 Beethovens und an Chauvinismen Wagners
gestalten. Der Wiener Walzer und der ironische, berauscht. Und wo Wagner wirklich dl!utsch
rhythmisch hypnotisierende Cancan Offenbachs schwingt, da liegt er in einer Ebene mit
ergeben die Synthese: l\Ioderne Tanzmusik. "Freischütz'" und "Sommernachtstraum U , wie
Vor kurzem ist ein neues Ingrediens dazu ... zum Beispiel im zweiten Akt Siegfried, nur
gekommen: der englisch..wollüstig behäbige viel tiefer gebunden. Die große Synthese haben
Zweis~hritt. Damit sind wir beim Kino, dem
wir nicht erreicht. Und ich will -euch ein
heutigen Nährbecken des Volkes gelandet. Der "Geheimnis" verraten, denn das schmeckt euch ja
Nullpunkt ist bereits überschritten. Gibt es besser: Die Forderung Nietzsches, die Deutschen
noch einen Ausweg oder Rückweg? müßten eine äquivalente Musik zu Goethe
hervorbringen, wäre mit einer derartigen
Synthetisch ... gemeinte Antwort: Synthese erfüllt. Ist das nicht einfach und liegt
Wir brauchen eben letzten Endes - doch das nicht an der Oberfläche? Un.d dennoch habt
eine völkische lVlusik. Wir brauchen mehrere ihr's nie gemerkt!

'386
Ein\vurf: Schopenbauer in seine Zeit, wie ein Komet in
Seltsam! Zur Errichtung eines deutschen die Planetenbahnen, deren wohlgeregelter und
l\iusiktempels nennst Du Weber, Brahms, Mahler übersehbarer Ordnung sein völlig exzentrischer
und nicht Bach und Hätdel? Lauf fremd ist. Und der lästige Fremdling, der
.die Bequemen aus ihrer Ruhe und "heil igen"
Antwort: Ordnung aufstört und selbst den Schlaf der
Händel \var kein Deutscher, sondern ein sich im Besitze V/ähnenden nicht schont, wird
kosmopolitisch angehauchter Engländer. Er eben von seinen Zeitgenossen bekämpft, die
bildet die musikalische Ergänzung zu Milton für solche Zwecke auch schon vor dem "'iXT eH..
und Pope. Und paßt mit seinem ganzen Puri.. kriege ihre Flammenwerfer und giftigen Gase
tanismus und seiner Oratodk glänzend nach in Bereitschaft hatten. In der Musik, die von
England. Und Bach - ist Gotik ohne Roman .. allen KUnsten dem GefühlsurteiI den weitzsten
tizismus. Und wir können heute über die Spie1ratlm läßt und starke Temperamente am
Romantik nicht mehr hinweg. Beethoven glaubte heftigsten in Wallung bringt, nahm der
noch über sie hinwegzukommen - wir wissen Meinungsstreit seit jeher die hitzigsten Formen
es heute besser. Denn es gibt keine Romantik, an. Zum Glück kann Unverständnis, ob es nun
die nicht in der tiefslen Schicht ihrer Wesenheit der Böswilligkeit oder der Unfähigkeit ent..
deutsch wäre. Deshalb werden die großen Be .. springt, das Gute auf seiner Siegesbahn auf...
mühungen Regers unbelohnt bleiben. Brahms halten, nimmermehr vernichten; sonst wäre
wird sein Jean Paulsches Ingrediens retten. selbst von unseren Klassikern wenig übrig..
Brahms wird leben, Reger nicht. Bach aber geblieben. Was unseren modernen Musikern
wird immer - als schöner Traum einer immer wieder vorgeworfen wird, sie könnten
Restauration - wie ein kräftiger Schlagschatten ein Dis nicht von einem Es unterscheiden und
das Bi I d deutscher Musik unterstützen. Und müßten mit Eisen gefütterte Ohren haben.
wird immer eine Kirche sein, in der moderne wurde auch schon von Mozart behauptet; nur
Reaktionäre und Revolutionäre· sich zu finden daß uns heute dieses Urteil gerade in bezug
glauben. Hans Ferdinand Redlich auf diesen Komponisten einigermaßen über ..
trieben vorkommt. Und von Beethoven sagte
c c man, in seiner Musik seien Tauben und Krokodile
zusammengesperrt, und man gab dem Schöpfer
DIE FEINDSCHAFT der Eroica den wohlgemeinten Rat, zu kom ...
DER ZEITGENOSSEN ponieren wie Anton Eberl, von dem man eine
Aus dem furchtbaren Ringen, den mör .. "weit vernünftigere Symphonie" gehört hatte.
derischen Schlachten des Weltkrieges, hob sich Ein solcher Anton Eber! war wohl zu allen
immer deutlicher ein in seiner tragischen Größe Zeiten zur Stelle, wenn es galt, einen Kleineren
wahrhaft erschütterndes Bild heraus: der Kampf gegen einen Größeren auszuspielen; ihm ist
des deutschen Volkes gegen eine Welt von auch in Richard Wagne"fS Leidensgeschichte
Feinden, gegen eine Welt voU Haßt Neid und eine bedeutende Rolle zugefallen. In dieser
tückische Mißgunst. Gleicht dieses in seinen I.eidensgeschichte, die trotz aller späteren
Friedenswerken wie in seinem Heroismus be... Triumphe des Meisters bestehen bleibt als
wunderungswürdige Volk nicht in mehr als trauriges Denkmal zeitgenössischer Feindschaft.
einem Punkte dem Genie, das zumeist allein, Man hat ihm, der neben Goethe und Michel ..
oder nur von wenigen treuen Freunden im angelo einer der universellsten Künstler aller
Rücken gedeckt, den Angriffen einer blind.. Zeiten war, der Reihe nach alles abgesproc hen
wütigen Gegnerschaft standhalten muß J Von Künstlertum und Charakter, dichterische und
Sokrates bis Arnold Schönberg reicht die Ge .. kompositorische Begabung. Man fand, er sei
schichte des Martyriums der ncue Wege weisen ... kein Philosoph, aber auch kein Dramatiker.
den Geister in Kunst und Wissenschaft, wenn Nur eines billigte man ihm zu: raffinierte
auch nicht jeder von ihnen den dargeryichten Schauspielerei in allen menschHch,,::n und
Schierlingbecher austrank oder sich wehmütig kUnstlerischen Kundgebungen. Wenn man im
resignierend ins Exil schicken ließ. Glasenapp blättert, Wagners "Mein Leben" und
Nicht jeder von seinen Zeitgenossen gering die Briefe an rW:athilde Wesendonck, die mehr
Geschätzte ist ein Genie, aber jeder Schaffende noch als die Selbstbiographie eine Beichte und
von genialer Begabung hat mit der Feindschaft eine Anklage sind, liest, will es wie ein Wunder
seiner Zeitgenossen wie mit einer unabänder.. scheinen. daß der einzelne im Kampfe gegen
lichen Tatsache zu rechnen. Er trifft eben nach solche feindliche Übermacht, gegen eine ganze

387
Welt von Feinden und Verleumdern nicht zr.;r~ na,:h einer nPafsifal" ... Auffuhrung des Jahres
trümmert wurde, daß er aus diesem Kampfe 1882 Richard Wagner "leise" das erschütternde
vie!meh!' als Sieger und Welteroberer hervor ... Wort: "Sagen Sie es Ihrem Bruder, seit er von
ging. mir gegangen ist, bin ich allein."
Diesen Kampf neuerlich in seinen wichtig ... Was will neben dieser "Erdenfeindschaft",
sten Phasen kritisch beleuchtet zu habeu t mit die eille "Sternenfreundschaft'! \-var, die Wagner ...
edlem Eifer für die Sache Wagners, aber ohne feindschaft des letzten J ahl'zehntes, als deren
panegyrischem Überschwang und mit Weg ... Repräsentanten Dr. Stefan die Herren Leopold
lassung alles störenden Beiwerkes, ist ein Ver.. Ziegler, ]ulius Bab und EmU Ludwig anführt,
dienst Dr. Paul Stefans, der sich dieser Auf. . besagen! Es ist die schwächliche Revolte einiger
gabe in seinem Buch "Die Feindschaft gegen Literaten gegen die siegreich gebliebene Herr...
Wagner!' (Verlag Gustav Bosse, Regensburg) schaft des Waguerschen Musikdramas. Stefen
mit jener Freimütigkeit und schlichten \'i7ärme zitiert die Meinung Christi all v. Ehrenfels', künst ...
unterzogen hat, die auch die früheren Arbeiten lerisch fein gebildete Neurastheniker mit nur
dieses Wiener Schriftstellers auszeichneten. mittelmäßiger musikalischer Veranlagung aber
D<!.s bedingungslose Sichbekennen zu Wagner starkem Selbst bewußtsein seien die ge:borenen
- selbst gegen Nietzsche und einige moderne Wagner ... Apostä-ten. Besser können die Blasierten
Ästheten - ist umso bemerkenswerter, als und Übersättigten, die mit einem Separatvotum
Stefan aus einem Kreise kommt, der sonst <.rn gegen Wagner ihret' eigenen Bedeutungslosig...
liebsten in jene musikalische Zukunft blickt, keit ein wenig aufhelfen möchten, nicht charak ..
die noch am dichtesten verschleiert ist. r'iHt terisiert werden. Und einem Komponisten, der
gutem Grunde streift Stefan am flüchtigsten erklärte, Wagner hätte ihm nkhts mehr zu
jene Feindschaft gegen Wagner, deren ohn.. sagen, antwortete GU3tav Mahler: "Warten Sie
mächtige \Y/utanfälIe in wüste3 Geschimpfe doch ein bißchen I Jedenfalls ist es - nicht
ausarteten, worüber in Tappel'ts humoristischem Wagners Schuld."
Wagner~Schimpflexikon nachzulesen ist. Auch Ein Buch, das von der Feindschaft gegen
dem Einwande, daß Männer wie Grillparzer, Wagner handelt, mag im Grunde ebenso un ..
Hebbel, Jakob Burkhardt und Schopenhauer zeitgemäß sein wie ein Aufsatz, in welchem sich
Gegner Wagners, gewesen seien, begegnet er der Verfasser zu Wagner bekennt. Aber in der
kurz und schlagend mit der Aufzählung be ... Musikstadt Wien, wie sie. heute ist, schadet es
rühmter Zeitgenossen, die zu Wagner gehalten vielleicht doch nicht, von Zeit zu Zeit von jenem
,haben: Liszt, Bruckner, Wolf, Cornelius, Bülow, Richard Wagner zu sprechen, den die Opel'
Herwegh, Beardsley, Baudelaire, Renoir, Mahler' seit Jahren wegen "technische1' Schwierigkeiten"
Richard Strauß t Shaw. Nicht die schlechtesten nicht mehr ordentlich aufführen kann. Diese
Namen! \Venngleich wir schon hier bemerken: Schwierigkeiten werden allerdings nicht behoben
Hier Literaten, hier IVlusiker. werden, solange wir darunter in erster Linie
Am ausführlichsten, wie nur billig, ist das künstlerische "Schwierigkeiten" zu begreifen
Kapitel Friedrich Nietzsehe geraten. Welcher haben. Wir, die Alteren. leben allerdings noch
Weg von der ersten Zusammenkunft Wagners in der Erinnerung an Wagner... Aufführungen
mit Nietzsehe 1868 n Leipzig bis zum "Fall unter. Hans Richter und Gustav 1iahler. Das
Wagner"! Keiner wie Nietzsche hat so Herrliches war vor dem Weltkriege; jetzt darf sich die
und zugleich so Wahrer.: über Wagner geschrieben, jüngere Generation an EmU Ludwigs "Eot...
keiner hat so schwer an dem nAbfall von zauberten" erbauen, darin haarscharf bewiesen
Wagner" gelitten wie der Philosoph von SUs... wird, das \VI agiler kein Dichter und kein Dra...
Maria und keiner ist innerlich von Wagner so matiker und als Musiker ein Literat gewesen ist.
wenig los gekommen wie er. Den Beweis hiefür ]osef Reitler
erbringt Paul Stefan mit gründlicher Sachlich ... o 0
keit. "Ich gestehe: mit einem wahren Schrecken
bin ich nur wieder bewußt geworden, wie nahe
ich eigentlich mit Wagner verwandt bin" schreibt ANGENOMMEN • •
Nietzsche 1882 an Peter Gast und an Dr. Fuchs. Der junge Komponist hat ein Orchester ...
"Das, was ich über Bizet sage, dürfen Sie nich t werk geschrieben. Erschrecken Sie nicht; Ein
ernst nehmen; so wie ich bin, kommt Bizet ganz kleines unschuldiges Werkchen, zwei kurze
tausendmal für mich nicht in Betracht. Aber Sätzchen, so bescheiden. so leicht in jedem Pro ...
als ironische Antithese gegen Wagner wirkt er gramm unterzubringen, so geschwind einzu ...
sehr stark.'" Und zu Nietzsches Schwester sprach studieren. halt so, wie eine anständige Novität

388
zu sein hat. Also riskiert man's. Das gewisse war!" Die anderen sagen: "Sie Ärmster müssen
Pult, das bekanntlich für die Neuheiten junger das Bad ausgießen. Da alle Novitäten heuer
Komponisten der treueste und jedenfalls oft durchfielen, wäre es Ihnen auch nicht besser
der einzige Ab .. und Aufnehmer ist, ist schon ergangen. Seien sie froh •• " In Wahrheit wurde
ein biß ehen gar zu voll: also, auf in den Kampf er auf den Herbst' vertröstet. Für die nächste
und geradewegs zu Direktor Weingartner. Wein ... Saison bereits - angenommen.
gartner ist liebenswürdig (er ist immer lichens.. Der noch ältere, noch skeptischer Gewordene
würdig), er sagt das erlösende Wort: "A n g e.. brummt:
no m m e nF' Der junge Komponist jubelt: "es
"Schon gut- angenommen 1- angenommen,
wird aufgeführt." Der ältere Skeptiker würde
daß ••..~, R. S. H.
ergänzen: "a n gen 0 m m e n •••• , daß nichts
dazwischen kommt, daß ich hier bin, daß die
Herren vom Ochester wollen, daß Zeit zu Proben
(vielmehr zu der einen Probe) ist u. s. w •..• ,
darf angenommen werden, daß das angenommene MUS I K I N WIE N
Werk auch wirklich aufgeführt wird" ••• Der Und wieder neue Schauspielmusiken! Die
ältere Skeptiker hütet sich, dem hoffnungsseHgen Regisseure lieben den melodramatischen Effekt,
Jüngling aus seiner Erinnerung zu berichten, wie die Komponisten lassen sich nicht lange bitten.
Weingartner Karl Weigls Sinfonie, Rich. Mandls Eine bukolisch...alttestamentarische Dichtung
(den er sogar in seiner Krankenstube persönlich "Ruth U von M. Lewetzov wurde mit Musik
aufgesucht hatte), "Stimme des Orient", desselben von Hans Ga I aufgeführt. Zunächst: hier war
"Viennensia~; ...Suite - alle ffangenommen" und Musik nicht nötig. Bis auf etwas Flöten ... und
alle nicht aufgeführt hatte. Er sagt auch nichts von Harfen-Illustration und einem Gesang hinter der
Schönbergs a capella.. Chor ttFriede auf Erden", Szene hat die Musik nirgends der Handlung
der nicht nur angenommen, sondern sozusagen etwas zu bringen. Und darum nicht weniger
bereits studiert war und schon auf dem Pro ... als fünf Vor ... und Zwischenspiele? Über die
gramm des Gesellschaftskonzerts stand, sogar Komposition selbst weiß ich nichts zu sagen.
noch am Abend des Konzerts, und doch un ... Der nunmehr östlich orientierte Autor (neben ...
versehens und rettungslos in der Versenkung bei: streng genommen die einzige Weltgegend,
verschwunden war .•. nach der man "orientiert" seinkann) malt schein ..
Also der schweigende Skeptiker und der bar bukolisch und alttestamentarisch; mehr
jubelnde Komponist ließen die trostlose Reihe war aus der Aufführungdurch einKino .. Orchester
der heurigen Philharmonischen Novitäten an dritten Ranges, trotz der Leitung des Kompo ..
sich vorbeiziehen und erhofften vom sechsten nisten nicht zu entnehmen. Unbegreiflich, daß
Konzert die erste bessere Novität der Saison er bei so was mittun konnte! Auch zum neu
(das heißt, der junge Komponist dachte be ... und merkwürdig inszenierten "Wilhelm Tell"
scheidener: "die erste gute 1"). des Deutschen Volkstheaters war ebenso un ...
Das sechste Konzert wurde hinausgeschoben, nötigerweise neue Musik von ]ulius Bittner
die Novität mit, dann wurde es wieder vor.. angekündigt. Das Schützenlied war das alte,
gerückt, die Novität nicht, die kam ins siebente, bloß ein paar jodelnde Hörner, ein anders
dann kam sie ins achte und dann kam das lächelnder See und einige Takte andeutenden
achte und letzte, da war Herr Weingartner Freiheitshymnus, ebenfalls unzulänglich aus ..
weg und die Novität war auch weg und nie ... geführt, bewiesen, daß Musik nicht am Platze
mand wußte wohin. ist, wo sie bloß als Regiebehelf dienen soll.
Nicht die bescheidenste Zeitungsnotiz, für die lohanna Müll er .. Her man n s Begabung
doch in Konzertangelegenheiten immer Rota.. liegt dennoch im Lyrisch...Empfindsamen, so sehr
tionspapier frei ist, wußte eip. Wort der Auf... ihre bemerkenswerte Energie dem Heroischen,
klärung, warum Herr Direktor Schalk, wenn dem ;,alle,s oder nichtsi. des Ibsenschen ffBrand"
er von Herrn Direktor Weingartner ein Konzert zustrebt. Herzlich gefühlte Herbststimmungen
übernimmt - "in liebenswürdiger Weise" - sprechen ebensq eindringlich für diese Ansicht,
nicht aUch das schon festgesetzte Programm wie eine Wiederholung zweier Frauenchöre, in
dieses Konzertes mitübernimmt - "in licbens... einem Festkonzert der Lehrerinnenbildungs ..
würdiger Weise". Der junge Komponist nimmt anstalt, von denen der "Garten des Serails"
Kondolenzen entgegen. Die einen denken: "das besonders hervorgehoben sei. Uraufgeführte
muß ein schöner Schmarr'n sein, wenn er sogar "Fiedellieder", von Tona Hermann, hinter..
neben diesen Novitäten von heuer unmöglich lassen nicht annähernd so günstigen Eindruck.

389
Nichts verfehlter, als die geraden, liehens .. Talent als rettungslos expressionistisch empfand,
würdigen, humorvollen Verse Storms so zu mußte diesmal erkennen, wie undankbar es ist,
zerfetzen und zu verzerren, daß ein pseudo.. aus ein e m Opus klassifizierende Schlüsse zu
modernes- Ansehen resultiert, das vielleicht ziehen. Denn diesmal ist alles auf den themati..
mißverstandener Wolf, vielleicht bloß Mangel sehen Einfall gestellt, der sich auf seine geraden
an natürlichem Einfall ist, Glieder was zu gute tut, knapp und präzis
ffLang und breit war ich gesessen - überm gestaltet, völlig unbekümmert um Ähnlich..
schwarzen Kontrapunkt" - singt Storm. Das keiten und interessantes Profil. Ein Werk der
gilt auch von manchem Mar:x:schüler, deren Musizierfreudigkeit, das uns klanglich, wahr ..
eine stattliche Schar an zwei Abenden an .. scheinlich auch infolge spröder Behandlung des
marschiert ist und Zeugnis abgelegt hat für Klavierparts, nicht .lUes gibt, wozu es befähigt
fruchtbare gemeinsame Arbeit von Lehrer und wäre: ein reines Vergnügen an tönend bewegten
Jünger. Die technische Beherrschung des Formen. Meister der Formen: ein solcher ist
"schwarzen" Kontrapunktes zeitigte erfreulichere Karl Weigl. Aber beileibe kein akademischer
Resultate, als die noch unbeherrschte Phantasie, Formalist. In Gesängen mit Orchester, die Loewe
die in Liedern gern nach fremden Gärten lu gt, aufgeführt, Tausche gesungen hat, zeigt sich
und den gerade zum Ziele führenden Wegen diese architektonisch gestaltende Kraft, die die
auszuweichen liebt. Wenig Eigenes künden auch lyrische Grundstimmung nicht nur harmonisch,
Orchesterlieder von Lise Maria M a y e r, die vielmehr auch thematisch zu erfassen weiß,
zum Teil, noch nicht instrumentiert, bekannt niemals in uferloses Schwelgen sich verliert
waren. sondern bei aller Intensität des Gefühls, zu
Den jungen Leuten sollte man das schwere runden, zu konzentrieren, zu formen versteht.
Blech aus der Hand nehmen. Spiele nicht Noch auffallender ist diese formbildende Meister..
mit Posaunen... Eine hypertrophische In.. schaft, die von formaler Glätte weit entfernt
strumentation verurteilt den Sänger zur Un.. ist, und ein stetes Ringen mit dem Engel
hörbarkeit, löscht die Singstimme aus und bedeutet, im Streichquartett E dur, für das sich
gestattet buchstäblich kein Urteil über das ebenfalls der .. Anbruch" und das Gottesmann..
Gesungene. Wobei nicht verkannt wird, daß Quartett auf das erfolgreichste eingesetzt
manches Detail charakteristisch illustriert, haben.
manches nicht ohne Schwung entwickelt ist. Ein im alterierten Dreiklang aufstrebendes
Aber der alte Storm würde kaum bestätigen: Motto führt, immer wiederkehrend,' zum An ..
"Ei, Herr Vetter, wie das singt ••• u Der Kom .. fang zurück, sinnvoll die viersätzige Sonaten ..
ponistin verdankt man die kleine Sensation form zur einsätzigen Einheit verknüpfend.
einer dirigierenden Dame, die sich ihrer" heiklen Ein feuriges Scherzo, ein weitgeschwungenes
Aufgabe unbefangen und geschickt erledigt Adagio, ein lebensstrotzendes Finale sind Sta..
hat. Ohne, besonders in Mahlers "Vierter 4l , im donen einer PiIgerfahrt durch die Gefild'e eines
Detail, und schon gar mit den Tempis ein.. reichen Empfindens. Läßt eine konsequente, viel..
verstanden zu sein, anerkenne ich gerne die leicht zu konsequente, weil dem vierstimmigen
gute Haltu'ng und den eigenen Willen der jungen Satze nicht immer gemäße Durchführung thema ..
Dame, die auf dem von Frauen fast gar nicht tisch selbständiger vier Stimmen, stellenweise das
betretenen Gebiet noch Schönes leisten dürfte. sinnliche Bedürfnis nach Wohllaut nicht ganz
Eine schöne lyrische Begabung hat Ernst befriedigt sein, so beweisen wieder andere
K a n i t z, der im letzten Kammerkonzert des Partien, wie die Zauberklänge der Flageoletts, der
"Anbruch" mit sechs Liedern sehr günstig ver.. im Adagio glücklich verwendeten Viola d'·amore,
treten war. Er findet oft einen heutzutage über.. oder del'en auf modernen Streichinstrumenten
raschend natürlichen Ton, freilich ohne den unmöglichen engen Dreiklänge, daß dem
Mut, ihn festzuhalten. Einfach Volkstümliches Künstler auch Klangphantasie in vollem Maße
verliert plötzlich die Unbefangenheit, weit.. zu eigen ist. Die drei Streichquartette und sein
schweifige Zwischen.. und Nachspiele schädigen Streichsextett gehören zum bedeutendsten, was
die Wirkung. Aber melodische Wärme des Weigl geschrieben hat, sie werden ihren Rang
Gesangs tut manchmal ganz gut. Besonders in der zeitgenössischen Produktion erringen
wenn FeHcie Mihacsek singt. und behaupten.
An diesem Abend kam wieder Egon Lust.. R. St. Hoffmann
garten mit einem uraufgeführten Klavier.. c c
quartett (A moll) zu Wort. Wer neulich, nach den
japanischen Liebesliedern, dieses bedeutende

390
BESPRECHUNGEN 39 Faksimiles und Lichtdrucken künstlerisch
vollendet ausgestattet.
IGNAZ FRIEDMAN. SONATINE, ap. 82,
In gleichem äußeren Gewande erschien nun
C dur (Universal ...Edition Wien...Leipzig, 1920).
au.i Weissmanns espritsprühender Feder eine
Unterhaltungsmusik, die doch nie Salonmusik
Iaunisch... plaudernde Geschichte der Primadonna.
in liblem Sinne wir.d. Denn sowohl im formalen
Gleich dem Instrumentalvirtuosen ist sie eine
Aufbau, als auch in der Folge der Harmonien
Spätfrucht der Renaissance, aber untragisch,
finden sich zahlreiche Feinheiten, die deutlich
unproblematisch, kindlich, kokett, Opfer und
zeigen, daß der Komponist eigene Wege geht.
Beherrscherin dämonischer Triebe. Auf dem
Nicht etwa neugebahnte, durch Wirrnisse mu . .
Weg durch drei Jahrhunderte sie zu zeigen,
sikalischen Urlandes führende, sondern wohl...
unternimmt dies Werk. -
gepflegte Gartenpfadc, mit Ausblicken auf zarte
La beU' Adriana, Faustina Hasse. Sophie
Chopinscbe Landschafts.. und Frauenbilder.
Arnould, die Gardas, Farine11i, die Zierkünst..
Gleich das Anfangsthema des ersten Satzes, von
lerinnen Henriette Sontagt ]enny Lind und
einem durchgehenden Tremolo begleitet, zeigt
AdeHna Patti, Wilhelmine Schroder.. Devrient,
die sanft aufsteigenden Bögen, die jener liebte,
Pauline Lucca, Prevosti, Bahr..Mildenburg, De..
ohne jedoch in Chopin ... Nachahmung zu verfallen.
stinn und Kemp, die Operetten diva Therese
Im weiteren Verlaufe zwei pianistisch gut
Kranes und - Fritzi Massary, sie alIe ziehen
wirkende Überleitungsgedanken, das kontrastie ...
in Wort und Bild an uns vorüber.
rende Seitenthema, alles organisch entwickelt,
Vierundzwanzig zum Teilfarbige,ganzseitige
so wie es eben ein feinsinniger Erzähler darstellt.
Lichtdrucke schmücken das neuartige, aparte
Die kleine Durchführung mischt Themen und
Buch, das, ebenso wie das erstgenannte, ein
ThementeiIe und kehrt bald zum Tremolo des
Schmuckstück für jede Bibliothek ist.
Anfangs zurück. Der pikailte und graziöse Satz
Willy Werner ... Göttig, Frankfurt a. M.
wird von einer schönen Stretta zu Ende gebracht.
Der Mittelsatz ist technisch einfacher gehalten; c c
er bringt Figuralvariationen über eine schwer...
mütig... klagende polnische Volksweise. Das NEU E NOT E N
Rondo ...Finale, eine Art galantes Perpetuum Universal Edition, Wien-Leipzig
mobile, erfordert eine ziemlich große Techni~ Leos Janacek: Die Ausflüge des Herrn Broucek,
und Leichtigkeit des Anschlags, wenn es nach (Vylety pine Brouckovy) Oper in zwei
der Intention des Komponisten gelingen soll. Teilen (vier Akten), Klavierauszug
Überhaupt scheint das Werkchen nicht wegen Paul Graener: Der alte Herr, Lied für Sing..
des Schwierigkeitsgrades, sondern wegen der stimme und Klavier
knappen formalen Anlage seinen Diminutivtitel 'Max Springer: Abend auf Golgatha, f:ilr Tenor..
zu führen. Im ganzen ein sehr eingängliches, solo, gemischten Chor, Violoncello und Orgel
dankbares Stück, dem eine große Verbreitung
sicher ist. Dr. P. A. Pisk Verlag Schotts Söhne, Mainz
c P. Hindemith, op. 10: Quartett Fmoll
E. Moritz, op. 10! Quartett und Sopransolo
.. DER VIRTUOS'4 - uDIE PRIMADONNA"
H. Kaspar Schmid, op. 10: Quartett G dur
von Adolf Weissmann. (Verlag Paul Cassirer, LothaI' Windsperger : Trio H molI
Berlin W 10.
Quartett G moll
"Der Virtuos U liegt heute in zweiter Auflage
vor: ein Beweis, wie interessant das feingeistige c c
Werk Adolf Weissmanns ist. So gediegen seine
äußere Ausstattung, so fesselnd der gHinzend
NEU E B Ü C HER
geschriebene Inhalt. Keine trockene historische Verlag Herder. Freiburg
Geschi eh tsschrei bung; nein: subjektivste, mensch.. O. Hellinghaus: Beethovens Persönlichkeit
lich..künstlerischl!ste Betrachtung der speziellen Verlag Gotthelft, Cassel
Probleme des Instrumentalvirtuosen auf der A. Reuffurth: Die Technik des Klavierspiels
Bahn seiner Entwicklung. Die wichtigsten Typen Verlag Breitkopf u. HärteI, Leipzig
- Paganini, Liszt, Rubinstein, Bülow, d'Albert, Alfred Heuß: Kammermusikabende
Busoni - werden ganz persönlich gefaßt. Ein Ch. Fr. Glasenapp: Siegfried Wagner und
Buch von anregendstem Inhalt, mit einer Ra.. seine Kunst
dierung Max SIevogts, d' Andrade darste~lend, c c
Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Alfred Kalmus, Wien. I. Karlsplatz 6. Herausgegeben von der Unlversal~
Edition A .... G. - Druck von Otto Maaß' Söhne Gell. m. b. H., Wien, I. Wallfischg-asse 10. 955/20. - 2000.

391
Op. 2 Sonate Nr. 2 in E dur für Klavie'r
Op. 3 Mär<henbilde~: Sieben Stüd<e für Klavier
Die verzauberfe Prinzessin I Die Prinzessin auf der Erbse / Rübezahl / Wichle!-
mannmen ,I Ball beim Märchenkönig ! Dil$ lapfere Sdmeiderlein ! Das Marchen
sprich1 den Epilog
Op. 4 Srnauspiel-Ouvertüre für gro~es Ord,ester
Desgleichen Ausgabe für Klavier zu vier Händen von F. Rebay
Op. 5 Sinfoniella für gro~es Orchester
Desgleichen Parlitur in Gro~·Oktav für Studienzwed<e
6 Sonate für Violine und Klavier
7 "De~ Ring des Poly krales" Heitere Ope~ in einern Akt
nach H. Teweles. Parlitur / IGavierauszug mit Text. Auswahl von
Melodien für Klavier I. und 11
Op. 8 JJVio~ani'iJrrJ Oper in einem Akt. Didltung von Hans Müller
ParliturjKlavierauszug mit Text. Auswahl von Melodien für Klavier
Vorspiel und Karneval aus "Violanta" für gro~es Orchester
Op. 9 Einfadhe lieder
Schnceglöckdlcil (Eidlcildorf!) I N f1dllwanderer (EidlendorlD I Sl<:inddlen (Eidlen-
dorfll i licbesbrie[dlen (E. HonoJd) / Da~ Helclengl'ab am Prulh (H. Kipper)
Sommer (H. Trebilsdl)
Op.10 SexteIl in D dur für zwei Violinen, zwei Bratsd,en und
zwei Violoncelle. Desgleichen Studien·Parlilur
·Op.11 Aus der Musik zu "Viel lärmen um nirnts"
Drei Stiicke für Klavier zu zwei Händen
Mäddlen im Brautgemach I Holzapfel und Schlewein (Marsch der Warne) ,/
Mummensdlilnz (Hornpipe)
Vie~ Slücke für Violine und Klavier
Mädchen im Braulgemach / Holzapfel und Schlewein (Marsdl der Warne) /
Mummenschanz (liornpipe) ! Garlenszene
lied des Pagen (altenglisch) für Gesang und Klavier
'Op. 12 "Die lole Stadt", Oper in drei Bildern, frei nach G. Roden·
bad,s Schauspiel "Das Trugbild" (Bruges la Morte). Partitur!
Klavierauszug mit Text
'Op. 13 Sinfonisrne Ouvertüre (Sursum Corda) für gro~es Orchester
"ln Vorbereilung

B• "C
r L
q
I
Dur ch alle Musikhandlungen zu beziehen
Werke zur Ansicht versendet bereitwilligst der . . . . .
Verlag 't"'Opti
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392
KONZERT -DIREKTION
Robert Kollitsm GIACOMO
OREFICE
linz a. d. Donau . Landslra~e 30
TeJegramme: Konzert KolIIlsm Fernruf 389 I. Sonate
E moll für Violine
und Klavier
Erfolgreiche Uraufffihrung
am Tschechischen Nationaltheater, Frag

"
, V
11. Sonate
LEOS JANACEK

D dur für Violine
( oder Violoncello)
BROUCEK und Klavier
Oper in zwei Teilen nach Svat. Cech
U. E. Nr. 6185 Klavierauszug mit
Text (tschechisch) on. Mk. 20'-
U. E. Nr. 6186 Textbuch(tschech.)nn.Mk. 1'-
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393
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die seit langem vorbereitete Partitur von

Arnold Schönberg
GURRE-LIEDER
in pradllvollem Notenstich auf holzfreiem Papier
U. E. Nr. 6300 Doppel-Folio-Format . . . . . . . • . . . . . Mark 100·-
Neben der bisherigen faksimilierten Studienpartitur dürfte die neue Ausgabe, die als
ein Meisterstück des Notenstiches
bezeichnet werden kann, jedem, der das Monumentalwerk studieren will, will-
kommen sein
HIEZU EIN VERLEGERZUSCHLAG
1IIIJIIJIIJIlll1111111llllIJIIIIJIJIJIIIIlIJIIIIIIIJIIJIlIIIIJIIIIlIIIIIJIlIIIIIJI1I1111UUIIIIIIIIIJIIIJIIJIJIIJIIIIJIIIIJIlIIIllJllllllillflllllllllllJIIIIlIIJIIJIIIIIIll1

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garn ......... " ................ 1'20
1. Der Tanz m. d. Stabe; 2. Der Stam· ~S:r~(~r~r~l'Oj"ICS~ri'~ (N~: i~icij
2'-
pfer; 3. BraQI; 4. Tanz derBulsdlUmer; 5904 Allegro barbaro' ............ _. 1"50
5_ Rumänisme Polka; 6_ SdllleH!anz 5891 Suite op. 14, Vier Klaviersfücke .... 2'50
Demnächsf erscheinen:
637015 Ungarisme ßauernlieder 6371 iI.Sfreichquarfettop_17,ParI.16° 1--
Klavier zweihändig _______________ . 2'50 6372 Dasselbe, Stimmen ____ ._ . __.. _____ 6--
In Vorbereitung: Der hölzerne Prinz, Pantomime, Klavierauszug
Ober Bela Bar!6k schreibt Dr. Ridl_ Kralik im Neuen Wiener Tagblalf:
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Franz Schreker ~
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BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Die Gezeichneten
Infantin U" E" Nr"
Oper in drei Aufzügen
Mark
Panlomime nach Oskar Wildes gleichnamiger 5690 Klavierauszug mit Text. 20"-
Novelle "
5691 Textbuch " " 1"50
U" E" Nr" Mark
2545 Klaviersuile, vierhändig . . . . 3'- 5762 Themalisme Analyse . " " " 1"-
5763 Kurze Ihemalisme Analyse . -"30
5884 Vorspiel. Klavier, zweihändig . 3"-
Der ferne Klang 5389
5364
Dasselbe. Klavier. vierhändig.
Dasselbe, Sfudienparfilur .
6"-
4"-
Oper in drei Aufzügen "
5365 Dasselbe. OrmesterparlUur . 30"-
3096 Klavierauszug mit Text. . 20'-
3100 Regiebuch mit szenisdlcn
Bemerkungen " " " " " " 2"- Der Schatzgräber
31 GO a Tex1bum " " " " " " " " " 1"50 Oper in vier Aufzügen, einem
5367 Ballade für eine Singslimme und Vor· und Nachspiel
Klavier " " " • " " " " " " "" 1"50 6136 Klavierauszug mit Text. " " 20"-
5369 Schlupdueff für zwei Singstimmen 6137 Texlbu<h 1"50
" " " " "
und Klavier. " " " " 2"- 6133 Wiegenlied der Eis, für eine Sing.
sUmme und Klavier " " " 1"50
Das Spielwerk 6199 Themalisrne Analyse (R. Spern!) . 1"50
Oper in einem Aufzug
In Vorbereitung:
3770 Klavierauszug mit Texl . " 15"-
3771 Tex1bum " " " " " " " 1"50 Memnon
Operndichfung in zwei Akten
Der rote Tod
Frei nach E. A. Po e. Dichtung in einem Akt Irrelohe
3289 Texlbuch . . . . . . . . . . . 1'50 Operndhnlung in drei Akfen

Hiezu ein Verlegerzuschlag


ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG
• • • w '&61 , iiiRß "'MiM ,." • AR!

Universal-Edition A.-G. Wien-Lei pzig J

395
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 7 UND 8
SONDERHEFT GUSTAV MAHLER
Guido Adler ...... _.. _.. _._ ... ... ... ... Zum Mahler·Fesl in Amslerdam
O. Neilzel ,_ ............. Manier und das Amsferdammer Concerlgebouw
Hugo Kauder ........... , .. , _..... __ . Vom Geis!e der Mahlerschen Musik
H. F. Redlich •..•.••.•............ Die Welf' der V., VI. und VII. Sinfonie
E. Lustgarten .., .................. ,.. ,..... _..... Mahlen; Iyrisrnes Schaffen
Alfred Roller ... ..• ... ... ... ... ... ... ... ... Mahler und die Inszenierung
Hermann Banr .. _ ......... _.......................... Ma!lIer als Direktor
Hugo Kaucler .........•.• ," .... _, ........ _ ... ... MahJers Instrumentation
Richard Specht ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Manlers feinde
PauJ SIefan ............................................ ' Manlers freunde
Ernsl Jokl ........ ' ..................................... Manier in Amerika
JE' B· FoeRrsle~ I kM. Steinilzer } ................. _ Erinnerungen an Malder
. N. v. ezmce
F. Löhr .................. " ................ '" ... ... ... Zwei Jugendbriefe
Natalie Bauer~Ledmer ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Manler~Aussprüdte
Bernhard Sdtarlill, Gesprädt mit Manier I R. SI. Hoffmann : Repräsentative
Manler~Aulführungen in Wien I Zu unserer Faksimile-Beilage I Beridtligung
Bei lag e n: Porträt Mahlers und zwei faksimilierte Sellen der Skizzen
zur zehnten Sinfonie

NUMMER 9
Waller Sdtrenk .................................... Umwertung der Melodie
M. Broesike~Schoen ................................................ Parerga
Eugen Schmitz ................................. Die Zukunft der Hausmusik
J. Hauer ........................ Die abendländisdte Musik im Mannesalfer
G. M. Galti ................................. ltalienische Musik 11 (Ma/ipiero)
Joachim Be<k .................................... Dirigenten 11 (Leo Bledt)
H. R. Fleischmann ..................... H. Nötzel und sein "Meister Guido"
A. Weissmann ........................... Die Frau ohne Sdtalfen in Berlin
G I os se n: Randnoten von Jean Corleau; Widmungen von R. Sf. Hoffmann ;
Musik und Weltidee von Hugo Kauder; Musik in Wien von R. SI. Hoffmann ;
Besprechungen I Zu unserer Notenbeilage I Berichtigung I Neue Noten
Nofenbeilage: Alois H6ba Intermezzo op.2 Nr.2

396 /.
/. /'
ALFRED HEUI3
Kammermusik-Abende
Auf weldle Weise k';lnn Kammermusik dem Volk geboten werden?
Erläule,rungen von Werken der Kammermuslklilerafur
Geheftet Mark 4"50, gebunden Mark 6-75 und Teuerungszuschlag

Z
um erslen Male wohl werden in diesem Burne im Zusammenhange Erläuterungen der Mehler-
werke deutsdier Kammermusik geboten, desjenigen Gebietes, das so durcnaus das eigentlichsie
Besitztum musikalisch feingebildeter Kreise ist. Heu~ gehört mit Krelzsrnmar zu den erslen Musik-
erklärern, und er rückt die einzelnen Werke dieser hehrs!en Kunsl dem Verslehen des Lesers so nahe.
mach! sie ihm so zugänglich, da~ sie dem Hörer audl wirklidl etwas Innerliches zu sagen haben. eine
innere Bereicherung für ihn bedeuten. Wo Kammermusik getrieben, wo sie gepflegt wird, dort wird man
dieses Buch lebhaft willkommen heipen. Es wendel steil an den Musiker -ebensowohl, wie an ernsthafle
Musiktreibende und Gebildefe schlechthin, überhaupt an alle, denen es beim Hören von Musik mehr als
um ei"nen sogenannfen naiven Musikgenup zu fun isl. - Heup' Budl kann als ein erstes Bändrnen eines
"Führers durch die Kammermusik"
betrachte! werden
'" WNU"'''. S _ " " ±C.4@i@MAitiFiJ M!#b#m"glih" IAM _weh'WGfbE'H§4#i!iMii kW" '!SriM Ai

VERLAG BREITKOPF &. HARTEL LEIPZIG-BERLIN

SOEBEN ERSCHIENEN,

Moderne Streichquartette
, ,
BE LA BAR T 0 K ALEX. ZEMLINSKY
11. STREICHQUARTETT OP. 17 11. STREICHQUARTETT OP. 15
U. E. NI'. 6371 Tasmenpartilur . . . _ Mk. 1'50 U. E. Nr. 5756 Tasmenpartitur . . . . Mk. 1'50
U. E. NI'. 6372 Slfmmen . . . . . . . Mk. 6'- U, E, NI'. 5757 Stimmen . . . . . . Mk. 6'-
Wiederholte Aufführungen durch das Rebner-, Wiederholle Aufführungen durch das feist·
Feisf- und Ungarische (Waldbauer.) Quartett Quarten in Wien, Prag, Brünn etc.

*
Dr. Egon Wellesz im Anbruch: "Man merkt vor
allem eine Persönlimkeil, man spürt eine elemen·
*
Dr. D, J. Bach in der Arbeiferzeilung, Wien:
"Ein bedeutendes, besonders rhylhmisrn fesseln-
tare Natur, die sim aussprernen mup: Etwas' des Werk, das die Möglichkeit des Quartel!-
Zwingendes und Uberzeugendes" salzes bis auf das äupersle ausnützt"
. *
HIEZU EIN VERLEGERZUSCHLAG *
HIEZUEIN VE·RLEGERZUSC·HLAG

ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH- UND MUSIKALIENHANDLUNG

Universal· Edition A.·G .• Wien· Leipzig


397
SPEKA-MUSIKAUEN-VERLAG
MODERNE LEIPZIG -
111111111111111111111111111
KARLSTR.5
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B. SCHOTTS' SaHNE Die Grundlagen der Musiktheorie
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langung €iner allgemeinbildenden mmikali\(hen Grundlage
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" Molly on the Shore
(Irischer Volkstanz)
KORNOOLD E.W. Schauspiel-Ouver!.
" Sinfonietta VERLAG PIZZI & CO.
" Vorspiel u. Carne-
val aus" Violanta"
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Sinfon. Ouvertüre
(Erscheint in Kürze)
MAC DOWELL E. Lamia, Sinfonische
Dichtung
BaldaS5cll're
" Erste Suite
MASSENET J..... " Scenes Pilloresques GaUuppi (1706 -1784)
MORITZ E......... Burleskefür gro~es
Orchesler
scon, CYRIL .... Aubade 12 Sonaten für Cembalo
STEPHAN R....... Musik für Orchester herausgegeben von Mo. Giacomo Ben-
in einem Satz venuti ...... " ................ Ure 12'-
STRAWINSKY). .. Feuerwerk,Fantasie
WINDSPEROER L. Konzert-Ouvertüre
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B. SCHOTT'$ $tiHNE
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398
2. Jahrgang, Nummer 11~12 1. u. 2. Juni-Hert 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
·'N?ti'Nf

CI //g •
r; i I
DIE MUSIKALISCHE IMPOTENZ
DER "NEUEN ÄSTHETIK" HANS PFITZNERS
Von Alban Berg, Wien
"Dagegen bei so einer Melodie schwebt man ganz in der Luft. Ihre Qualität kann man
nur erkennen, nicht demonstrieren; über sie gibt es keine auf intellektuellem Wege zu erzielende
Einigung; man versteht sich in dem durch sie empfundenen Entzücken oder nicht; wer da nicht
mitmachen kann, gegen den sind keine Argumente vorzubringen und gegen dessen Angriffe ist
nichts zu sagen, als die Melodie zu spielen und zu sagen: "Wie schön!.... Was sie aus..
spricht, ist so tief und so klar, so mystisch und so selbstverständlich wie die Wahrheit.11 >I<
Solche Worte von einem Komponisten vom Range Pfitzners geschrieben zu
sehen, mag - so wie für mich - für viele Musiker eine arge Enttäuschung ge. .
wesen sein. Noch dazu in einem Buclf , das sonst von Gelehrsamkeit strotzt, kaum
ein Gebiet menschlichen Wissens unberührt läßt und sich gleichermaßen orientiert
zeigt, sei es in Philosophie oder Politik, Musikgeschichte oder Rassentheorie, Ästhetik
oder Moral, Journalistik oder Literatur und Gott weiß was noch.
Dort, wo uns das Wissen aber gerade am meisten Not täte, in den Dingen der
Id u s i k, wird es uns ohneweiters versagt und ein Standpunkt eingenommen, der
von vornherein jede Möglichkeit unterdrückt, in diesem Gebiete gut von schlecht
zu unterscheiden. Denn, wenn es auch gleich darauf (u. zw. höchst ungrammatikalisch)
heißt:
>1- Dieses und alle folgenden Zitate sind dem Buch:
Hans Pfitzner!
DIE NEUE AESTHETIK
der musikalischen Impotenz
Ein Verwesungssymptom ?
.entnommen. Ihr Wortlaut und ihre Interpunktion (sogar die des Titels) wurden selbstverständ ..
lich gewahrt; nur erscheinen die von Pfitzner durch den Druck ersichtlich gemachten hervor..
gehobenen Worte in fetten Lettern, während die von meinem Standpunkt aus als des Hervor ..
hebens wert befundenen gesperrt gedruckt sind.
Auf -Grund dieser Anweisung ist jeder Leser leicht in der Lage, die sonst unberührt gelassenen
Zitate in ihrer gedruckten Originalgestalt zu rekonstruieren.

399
Das Folgende also spreche ich nur zu einer kleinen Gruppe, nämlich solchen, die no c h
Sinn für die Qualität einer Melodie haben und haben wollen - ein Sinn, der uns seit Jahr ..
zehnten mit stark zunehmendem Erfolg ausgetrieben wird.,
so wird auch dieser kleinen Gruppe - z_u der zu zählen ich mich erdreiste - nicht
ein Wort gesagt, das jenem "Sinn 'l zu Hilfe käme oder mit ihm rechnete, sondern
es ergeht statt dessen die - ebenfalls mehr in der Gesinnung als in der Ausdrucks,
weise - deutsche Aufforderung:
Wir also, die wir diesen Sinn noch haben, laßt uns mutig schwärmen!
Überließe ich nun für meine Person das Schwärmen schon lieber jener großen
Gruppe, welcher der "Sinn für die Qualität einer Melodie" gar nicht erst "ausgetrieben"
w.erden müßte, und behielte mir und den wenigen anderen, die davor bewahrt blieben,
ein würdigeres, jedenfalls sachlicheres Verhältnis zur Musik vor, so muß ich
anderseits doch feststellen, daß die von Pfitzner angerufene kleine Gruppe nicht
einmal gar so klein sein dürfte, da er ihren Musiksinn vor folgenden unerhört
schwierigen, ja problematischen Fall zu stellen vermag:
Wir schlagen auf: Kinderszenen von Schumann, Nr. 7, "Träumerei.... ,
also nicht einmal vor eine der vielen hundert, der Allgemeinheit nicht so geläufigen
Melodien aus den klassischen Symphonien oder Kammermusik, oder sonstigen großen
Musikwerken, sondern gerade vor jene Komposition, die sich schon zu Schumanns
Zeiten des ersten großen und unbestrittenen Erfolges erfreute und seither - meines
Wissens - auch nicht gerade Gegenstand besonders scharfer "Angriffe'l war.
Umso überflüssiger und auch von keinem besonderen "Mut" zeugend erscheint
mir daher das den "Kinderszenen" von Pfitzner gespendete Lob:
Jedes der kleinen Stücke dieses Opus ist ein musikalisches Gebilde von feinem Reiz r
Poesie, Musikalität und vor allem persönlichster Eigenart;
und wenn es weiter heißt:
aber wer, der die Ursprache de r Musik versteht, erkennte nicht, daß diese "Träumerei'"
ganz einzig hervorragt durch die Qualität der Melodie"
so ist das nur insofern zutreffend, als dieses Stück auch in anderer Weise "ganz
einzig hervorragtU, so einzig, daß es Pfitzner schon auf der nächsten Seite als "nicht
eigentlich in die ,Kinderszenen' gehörig4' bezeichnet.
Ich aber konstatiere (außer dem, was ich später über die Qualität dieser Melodie
zu sagen habe), daß die" Träumerei" allein schon durch die zentrale Stellung, die sie
als sie;bentes von dreizehn Stücken einnimmt, hervorragt, daß sie also einen ganz
besonderen Platz im symmetrischen Aufbau des ganzen Opus inne hat und dort
einen wesentlichen, vielleicht den wesentlichsten Bestandteil ausmacht, was zu über...
sehen auch nur geschehen kann, wenn man sich von vornherein jedweder "Einigung
auf intellektuellem Wege" begibt. Tut man da,s nicht, sondern läßt man den "Sinn
für die Qualität einer Melodie" (also zweifellos auch den für ihre Tonart) nicht
nur von einer kleinen Gruppe in Beschlag nehmen, sondern auch einmal
funktionieren, so müßte einem auffallen, daß die "Träumereiu auch in tonaler
Hinsicht hervorragt, das heißt, daß sie das erste in einer B. . Tonart stehende Stück
der "Kinderszenen 41 ist und diese Eigenschaft auch nur mit dem ihr folgenden
(auch sonst äußerlich verwandten) Stück "Am Kamin 41 gemeinsam hat.
Aber von all dem will Pfitzner nichts wissen. Ihm ist es im allgemeinen und im
speziellen Fall der" Träumerei" um viel mehr, ja ihm ist es um nichts weniger als.
um die "Ursprache der Musik" zu tun und

400
Wer sie nicht versteht, für den ist dfe "Träumerei" ein Stückchen in Liedform mit Tonika,
Dominante, Unterdominante und den nächstliegenden Tonarten - ohne irgend welche Ab ..
weichung vom· Üblichen, so weit es in den Elementen liegt; keine harmonische Neu..
beit, keine rhythmische Finesse, die Melodie durch den Dreiklang aufsteigend,.
f,für Klavier zu zwei Händenll•
Womit also nicht etwa den Laien, die ratlos VOr so einer Komposition stehen,
,sondern den musikalisch Gebildeten, die die Fähigkeit besitzen, sie theo-
retisch zu erkennen, ein für allemal gesagt wird, daß ihnen das gar nichts
nützt, wenn sie die Ursprache der Musik nicht verstehen; und, wenn sie die ver . .
stehen, jener Fähigkeit erst recht nicht bedürfen, da man bekanntlich "bei so einer
Melodie" ohnehin "ganz in der Luft schwebt".
Nebenbei bemerkt, ist mit "so einer Melodie u "eine schöne, eine wahrhaft geniale
Me1odie eine "echte musikalische Eingebung" gemeint, ohne daß aber je - weder
ll
,

für die Schönheit, noch für die Genialität und Echtheit - ein anderer Beweis
~Tbracht wird als der, daß sie "erklären zu wollen, ein dilettantisches Unter-
nehmen ist". Denn:
Wenn wir vor etwas Unbegreiflichem stehen, das unserer Erklärungen spottet, lösen wir
gerne die strenge Folge du Gedanken, strecken die Waffen des Verstandes und geben uns
vollständig gefangen, wehrlos aufgehend im Gefühl. So kann man eigentlich bei
einer echten musikalischen Eingebung nur ausrufen: ,.Wie schön ist dasl"
Alles Nähere; jedes Wort in der Richtung von "waruml l verringert den Eindruck, beleidigt
die Geistererscheinung, zerstört den "Hauchl4 des "Gedichtsll....
Diesen drei Gefahren auszuweichen, gelingt Pfitzner auch in dem vorliegenden
Fall ohneweiters, indem er alle rein musikalischen Erörterungen mit jenen paar
theoretischen Brocken (die weiter oben zitiert sind) als abgetan betrachtet.
Nachdem er uns mit dem gleich daranschließenden Ausruf:
Aber für uns Wissende, welch ein Wunder der Eingebungl
in die angenehme Hoffnung versetzt, daß wir nunmehr von einem, der diese Melodie
und überhaupt die Ursprache der Musik versteht, also von einem "Wissenden 41 und
nicht nur von einem sich seinen tt Gefühlen hingebenden Schwärmer. ", daß wir
II

also doch etwas musikalisch Aufschlußreiches über die "Träumerei'l zu hören


bekommen werden, werden wir selbst mit einer allem Wissen ausweichenden
Frage abgespeist:
Was ist darüber zu sagen, das dem, dem diese Melodie, die zugleich das ganze Stück ist,
wo Einfall und Form fast zusammenfallen, nicht "durch und durchll geht, das Verständnis
erschließen könnte? - Nichts.
Zugegeben! Aber dem, dem im Gegensatz zu jenem diese Melodie eben doch
durch und durch geht, müßte wohl etwas über ihre Qualität zu sagen sein! Und
geschähe dies nur an einem negativen Beispiele, an irgend einem Kitsch, der
einem ni ch t durch und durch zu gehen hat! Denn, wäre es tatsächlich unmöglich,
-hier andere als gefühlsmäßige "Argumente U vorzubringen, könnte ja jeder mit
demselben Recht und ohne daß ihm zu widersprechen wäre, für eine von ihm als
"schönlI, "genial" und "echt U empfundene Eingebung im selben Ton wie Pfitzner:
"bis ins Unbegrenzte (Gedankenstrich) schwärmen". Man lese auf das hin die hier
angeführten Zitate Pfitzners, setze statt Schumann z. B. Hildach, statt "Träumerei ll
"Leuz u und jeder, der die Berechtigung, "im Gefühl wehrlos aufzugehenlI, unbe . .
'" Anspielung auf den Spruch Goethes: "Bilde Künstler, rede nicht, nur ein Hauch sei Dein
Gedicht".

401
stritten läßt, müßte vor so einem mutigen Hildach. . Schwärmer "die Waffen des
Verstandes strecken" und "sich vollständig gefangen gebeul<.
Das kann nicht sein! Es muß eben doch eine Möglichkeit bestehen, über
die Schönheit einer Melodie solche unumstößliche Dinge zu sagen, die "deren
Verständnis erschließen" könnten, den Sinn für ihre Qualität erwecken müßten.
Natürlich Dinge musikalischer Natur und nicht nur rein gefühlsmäßige,
allzupersönliche und durch nichts zu beweisende Schwärmereien, Wle es die
folgenden sind:
Ich kann von dem Adel der Tonsprache reden, von dem absolut Vorbildlosen, Tiefpersön..
lichen, Ur..Eigentümlichen der Melodie, dem Deutschen, Zarten, Traulichen derselben - es ist.
als ob die Worte vor den Tönen im Kreise herumflöhen, -
das stimmt -
sie können a d die rt aUe nicht entfernt sagen, was die Melodie selbst ausmacht.
Auch das ist richtig 1 Trotzdem wird der Versuch unternommen, der Schönheit
dieses Stückes beizukommen, indem es Pfitzner - nachdem er konstatiert hat, daß
es eine "Träumerei" und um Gotteswillen "nicht etwa eine »reverie«'! ist -
ein sinniges, ernstes, tief sich verlierendes, feinseeliges und doch kräftiges Gefühl
nennt,
etwa wie der auf die Hand gestützte b ek ann te Sc,humannkopf ahnen läßt. Bis ins Unbegrenzte-
ließe sich in dieser Weise weiter - schwärmen, ohne den Zauber dieser Musik mit Worten
zu beschwören; es ist ein Tropfen Musik aus tiefstem Quell; wir sind auch (?)-
musikalisch verkommen und verloren, wenn wir uns dieser Schönheit entwöhnen.
Ja, aber auch musikalisch verkommen und verloren, wenn wir für diese Schönheit
keine der Ku n s t näh e r kommende Erklärung finden und für möglich halten,
als solche, einer mehr weinseligen als I1feinseeligen U Stimmung entsprungenen, aus
allen Gebieten (nur dem der Musik nicht) entnommenen Vergleiche. -
Nun könnte man mir vorhalten, daß eine ähnliche wie die von mir beanständete
Art Musik zu beschreiben zuweilen in den Schriften alter Meister zu finden ist und
ich damit nicht nur Pfitzner, sondern auch z. B. Schopenhauer, Wagner oder
Schumann treffe. Dem ist - ohne mich in das Für und Wider solcher Musik-
schilderungen und das heute Zulässige daran einzulassen - zu erwidern, daß eine-
solcherart schwärmerisch gehaltene Musikbeschreibung immer nur Sinn hatte, wenn
sie ein Werk betraf, auf dessen Schönheit die Mitwelt erst aufmerksam gemacht,
ja, die ihr erst erschlossen werden mußte, wozu auch gewöhnlich mehr Mut gehörter
als zum Eintreten für die I1Träumereill, welche - wie erwähnt - vom ersten Tag
ihres Erscheinens die gesamte musikalische Welt entzückt und begeistert hat. Und
daß ne ben sol ch li t er a ri s eh angehauchten Betrachtungen - wenn sie von Seiten
eines bedeutenden Komponisten geschahen (man denke an Schumanns Schriften
über Musik und Musiker) - stets auch und in meist hervomigender Weise die
rein musikalische Besprechung Platz hatte. Und schließlich, daß, wenn dies
letztere der Fall war, dann auch eine erschöpfende und vor allem zu tr e ff ende
Analyse gegeben wurde.
In dem sich sonst so gelehrt geberdenden Buch Pfitzners bleibt uns aber gerade
die Gelehrsamkeit, die uns allein von seinen Ansichten überzeugen könnte, versagt.
Und dort, wo er sich ihrer bedient und theoretisiert, geschieht das so nonchalant und in
einer so unzulänglichen, ja falschen Weise, daß - ich muß das eingangs Gesagte wieder . .
holen - ein ahnungsloser Leser~,~der Meinung sein könnte, das Buch eines PhiIo--'

402
sophen oder Politikers oder sonst eines Feuilletons schreibenden Gelehrten, nie aber
das eines Komponisten vom Range Pfitzners vor sich zu haben.
Denn wie kann ein solcher die Melodie der "Träumerei" mit den Worten:
"durch den Dreiklang aufsteigend·' abtun? Eine Melodie, deren Schönheit zwar
weniger in der großen An z a h 1 der motivischen Einfälle liegt, als in den drei
andern charakteristischen Merkmalen schöner Melodien. Nämlich der hervorragenden
Prägnanz der einzelnen Motive, ihrer reichlichen Beziehungen zueinander und der
Vielgestaltigkeit in der Anwendung des also gegebenen motivischen Materials.
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403
Daß die Melodie "durch den Dreiklan~ aufsteigt" ist ihr geringster Vorzug. Für
mein Gefühl ist - allein schon in dieser immer wiederkehrenden aufsteigenden Phrase
a
(siehe das mit bezeichnete Motiv) - die zum zerlegten F dur...Dreiklang dissonierende
Nebennote "eI< das Charakteristische, Reizvolle; nicht zu vergessen, daß diese ganze
Wendung sofort als eine V.riation (und was für eine!) des ersten Quarten!p~n$s
.mpfunden wird, welcher ja auch in dem Motiv der absteigenden Phrase (b, c, d )
fortlebt, sieb aber ununterbrochen - von jeder harmonischen Gelegenheit Gebrauch
machend - in andere Intervallsprünge verwandelt (m).
Auf alle anderen melodischen Varianten, namentlieb der der besagten absteigenden
Phrase (~, y, ';;), kann ich Raummangels halber nur hinweisen. An ihrem letzten Auf-
treten (';;), wo von dem höchsten Ton des viertaktigen Sätzchens zum ersten
Mal auf eine Sext tiefer heruntergegangen wird - und dies mittels einer (aus
Intervallscbritten und zum erst.... Mal. auch aus ein.m Intervall- S pr ung gebildeten)
motivischen "Umkehrung" - .. . an dieser Umkehrt dit:ser melodischen Heimkehr,
diesem auch harmonisch zum Ursprung Zurückfinden kann ich nicht vorübergehen,
ohne zu erwähnen, daß kaum ein uncharakteristischeres Wort darüber zu sagen ist
als das Pfitzners vom "tief sich verlierenden GefÜhl".-1<
Ebenso unzutr.ff.nd ist ab.r auch sein Urteil üb.r den Rhythmus dieser Melodie,
dem er "keine Finesseli, geschweige Feinheit nachz~rühmen vermag, obwohl sich
der durch das ganze Stück gehende Wechsel der Betonung auf den guten und
schlechten Taktteilen jedem musikalischen Hörer als eine solche "Finesseil aufdrängt.
Dieser Wechsel tritt - hervorgerufen durch die (den Auftakt-Rhythmus um ein
Viertel verschiebende) aufsteigende Figur Ca) - schon in den ersten zwei Takten
in Erscheinung, wird aber noch sinnfälliger, wenn man die Halb . . und Ganzschlüsse
der einzelnen viertaktigen Sätzchen auf das hin ansieht. Diese enden nämlich:
bei A (und E) auf dem zweiten Viertel,
bei B (nach einem 16'" Vorschlag) auf dem dritten Viertel,
bei C auf dem dritten Achtel.
Das folgende Sätzchen, das scheinbar eine Sequenz des vorhergehenden darstellt,
schließt dennoch nicht wie dieses (und obwohl es harmonisch ohneweiters ginge)
auf dem dritten Viertel, sondern - über dieses hinausgehend -
bei D auf dem vierten Viertel.
Schließlich bringt auch der letzte Takt einen vom zweiten Sätzchen rhythmisch
wohl unterschiedenen Schluß
bei F auf dem dritten Viertel.
Nach dem bisher Gesagten wird man mir zugeben müssen, daß sich - solcher...
maßen beschrieben und "demonstriert " doch immerhin ein anderes, ein
annähernderes Bild von der "Qualität einer Melodie" ergibt, als dies durch die
schwärmerischen Worte Pfitzners und sein unzulängliches, die musikalischen Tat...
sachen fälschendes Analysieren geschieht. Wie armselig so eine Melodie aussieht,
die zum Beispiel nicht die von mir aufgezählten melodischen Feinheiten hat und
,
oi<Auch so etwas gibt's bei Schumann! Nur eben 'hier nicht 1 Man betrachte zu diesem Zweck
(um bei den otKinderszenenu zu bleiben) den Schluß des 4. Stückes ".Bittendes Kind" auf dem
Dominantseptakkord, den sich melodisch wirklich verlierenden des 10. Stückes
"Fast zu ernstU und schließlich den des 12. Stückes "Kint! im Einschlummernu, das nach einem
mehrtaktigen Ritardando und Diminuendo auf der langgehaltenen Un tcrd 0 m in an te verklingt.

404
von der nichts zu sagen wäre, als daß sie "durch den Dreiklang aufsteigend" und
ohne "rhythmische Finesse" ist, habe ich (im vorhergehenden Nofenbeispiel) - nur
ganz beiläufig - mit den oberhalb Schumanns Original notierten ersten vier Takten
zu zeigen versucht, wobei ein zweites (das abwärtsgehende) Motiv, dessen Vorhandensein
Pfitzner zu erwähnen nicht einmal der Mühe wert hält, wenigstens in dürftiger
Gestalt (s) belassen wurde, und wobei ich das (immerhin nicht gewöhnliche)
harmonische Gerippe Schumanns unverändert ließ.
Aber auch über die ses geht Pfitzner hinweg, indem er wohl auf "Tonika,
Dominante und Unterdominante'4 hinweist, aber nichts von irgend welcher "Ab . .
weichung vom Üblichen, soweit es in den Elementen liegt," zu wissen vorgibt. Und
doch, welche Eigenart auch hier! Sowohl was die Struktur innerhalb der einzelnen
Sätzchen anbelangt (man beachte zum Beispiel im ersten Viertakter den in fqlgenden
ab- und zunehmenden Zeitwerten vor sich gehenden Harmoniewechsel: 5/4, 3/4, [t/4],
2/" '/8, '/S, '/.. 3/4, dann wieder 5/4 etc.), als auch in der Disposition in Bezug auf
das ganze Stück und seine exponierten Stellen. Diese - ich meine damit vor
allem die jeweiligen melodischen Höhepunkte der sechs Sätzchen - sind auf
folgende, in der Reihenfolge ihres Auftretens harmonisch immer s t ä r k e r werdende
Akkorde gestellt:
bei G (und K) auf einen Dreiklang,
bei H auf einen Septakkord,
bei I (und J) auf einen Nonenakkord mit kleiner None.
Die zweite Wiederholung der ersten acht Takte brächte - handelte es sich hier
wirklich nur um so ein IIStückchen in Liedform mit Tonika, Dominante und Unter . .
dominante" - mechanischerweise auch die Wiederholung der harmonischen Ereig. .
nisse dieser ersten acht Takte (G und H), wobei das zweite viertaktige Sätzchen -
z. B. durch Transposition um eine Quart höher - die Schlußwendung zur Tonika
ergäbe. Aber wie wird die in Wirklichkeit erreicht! An Stelle des hier erwarteten
(der Unterdominantregion angehörigen) Septakkords der korrespondierenden Stelle
(H) erscheint auf diesem letzten Höhepunkt
bei L e i n Nonenakkord, diesmal mit großer None,
sich damit den harmonisch s t ä r k s t e n Akkord zum Schluß aufsparen d und von da
ab eine Kadenz bildend, welche - wie sie ein und dieselbe motivische Schluß-
wendung (c;,) das einzigemal im ganzen Stück zweimal hintereinander, aber auf
zweierlei Art harmonisiert, bringt - wahrlich eine "Abweichung vom Üblicheni.
darstellt. Und so selbstverständlich es ist, daß die Konzeption dieses Stückes - und
überhaupt das Komponieren - fern aller theoretischen Erwägungen geschieht:
einen Schluß solchermaßen zu gestalten, dürfte ohne künstlerische Absicht, ohne
b e w u ß t e Betätigung des musikalischen Könnens kaum möglich sein.
Um wie viel mehr also sind wir berechtigt, ja - wollen wir uns ein Urteil
über die Musik bilden - gezwungen, uns hievon auch in musil{theoretischer
Hinsicht Rechenschaft zu geben und das in möglichst präziser, lückenloser Weise.
Nicht aber so wie Pfitzner, dessen Art, ein musikalisches "Signalement U auszusteIIe~f
an die konventionellen "amtlichen Personsbeschreibungen'" erinnert, wo immer alles
als "ge'wöhnlicb" und ,,1lormal" hingestellt wird. Und wäre es der bekannte auf die
Hand gestützte Schumannkopf (NB. nicht umgekehrt: "der auf die Hand gestützte

405
bekannte Schumannkopf"!), unter dessen Bild sich irgend ein verknöcherter
Beamter nicht scheuen würde, das übliche "Besondere Kennzeichen: Keine" zu setzen.
Genau so macht es Pfitzner mit der 11Träumerei~'! Ja, er geht noch weiter: Um
diese Komposition in te chn i sehe r Hinsicht nur recht unscheinbar, normair
ohne besondere Kennzeichen erscheinen zu lassen, wird sie ganz bagatellemäßig -
und zwar zwischen Anführungszeichen - als eine "für Klavier zu zwei Händen u
hingestellt. Nun genügt ein erster Blick auf die Noten, daß hier - bis auf ein paar
Taktteile - ein strenger vierstimmiger Satz vorliegt, der, was Stil, Charakter, kontra ...
punktische Satzweise, was Umfang der einzelnen Stimmen und deren Spiel. . und
Sangbarkeit anbelangt, ohneweiters auch einem Streichquartett oder einem Bläser ...
ensemble, ja sogar den vier Singstimmen unterlegt werden könnte.
Diese Komposition ist also - wenn sie auch nur als IIKlavierstücku in Er . .
s:::heinung trat und Geltung hat - wes e n t 1ich von dem unterschieden, was man
schlechtweg "Klavierstück zu zwei Händen" nennt (man betrachte z. B. nur die
vierstimmigen Imitationen bei el), einer Kunstgattung, welche im Grunde den
(Melodie und Begleitung auf zwei Hände verteilenden) homo p ho n e n Satz bevorzugt.
Tatsächlich weisen auch die anderen lIKinderszenenH nicht jene universell.. musika ..
!ische Satzweise auf, sondern vielmehr den auf die Technik des Klaviers in mehr
oder minder kunstvoller Weise Rücksicht nehmenden typischen Klaviersatz.
Übrigens springt dieser Unterschied gleich in dem der "Träumerei" folgenden
8. Stück "Am Kamin" (siehe das NotenbeispieJ, 3. Zeile) ins Auge, dessen Klaviermäßig-
keit aber noch übertroffen wird durch die anderer Stücke. Zum Beispiel durch die des
10. "Fast zu ernst". Es ist aus der Reihe von Charakterstücken jenes, weIchem man
keine bedeutendere - aber auch keine geringere Kennzeichnung zu teil werden
lassen könnte als die "für Klavier zu zwei Händenu, während dies - geschieht es
bei der "Träumerei« - nicht nur nicht bezeichnend ist, sondern - so tendenziös,
wie es da steht - einen die Satzkunst dieses Stückes herabsetzenden Charakter hat.
Ein solcher Ton der Geringschätzung in Betreff der rein musikalischen EigenEchaften
dieser Melodie soll eben den Anschein ihrer völli gen Kunstlosigkeit er-
wecken, w e 1eh er zu T rot z eine ebenso hohe als "unbegreifliche H Wirkung erzielt
wird. Und ist dieser Anschein - mit sechs Zeilen Analyse im Telegrammstil und
fünfmal so viel Zeilen mutiger Schwärmerei - erst einmal erweckt, läßt sich leicht
die Folgerung ableiten, die ja auch die Tendenz der Schrift Pfitzners ist, daß es
nämlich der modernen Musik - ebensowenig, wie es für die Schönheit der klassi-
schen theoretische Erklärungen gibt, - ..•. daß es also der modernen Musik
nichts nützen kann, wenn sie sich mit dem Odium von Kunstfertigkeit umgibt und
ihre Scheußlichkeiten "t h e 0 r e t i s c h s t ü t z tU, weshalb auch im ganzen Buch und
ni c h t an ein e m Beispiel moderner Musik versucht wird, sich und die Leser über
diese Scheußlichkeiten re i n mus i kaI i s c h zu orientieren und klar werden zu lassen.
Es genügt die gesperrt gedruckte Behauptung, daß "d i emu si kaI i s c hel m pot e n z
in Permanenz erklärt und theoretisch gestütztwird", daß "die Musik
nicht mehr schön zu sein und der Komponist keine eigenen Einfälle
mehr zu ha ben braucht". Theoretisch kann alI dies-ebenso wenig wie das Gegenteil
bei der klassischen Musik - ohnehin nicht bewiesen werden. Ein "wirkliches, ehr . .
liches Publikum" hat eine solche Kunst auch nicht und, der hiefür ein Bedürfnis zu haben
vorgibt, gehört jenen "Bildungssnobs und schlimmeren Gattungen H an, die bekanntlich
"alles fressen, so wie Hunde, heute Beethoven, morgen den Kandinsky verschlingen'l.

406
Womit die am Titelblatt noch in Frage gestellte Existenz eines "Verwesungs..-
symptoms?U schlagend bewiesen erscheint.

Es wäre nun meine Aufgabe, ja Pflicht, das nachzuholen, was Pfitzner in dem
ganzen Buch wohlweislich unterlassen hat. Nämlich von jener modernen Musik,
die er literarisch, politisch und sonst noch (nur rein musikalisch nicht) angreift,
auch einmal sachlich zu reden, also wenigstens an einem Beispiel darzutun, wie
es heu t e um an die Dinge steht, die gute Musik ausmachen: Melodien, Harmonien. .
reichtum, Polyphonie, FormvolIendung, Architektur etc. Womit - gelänge mir dies
so gut wie bei der "Träumerei'l - auch hier jene musikalische Potenz nachgewiesen
wäre, die zu zeigen Pfitzner nicht einmal im Falle Beethoveo, Schumann und
V/agner gelungen ist, obwohl die Tendenz seiner Besprechungen klassischer
Musik allein die war, damit die heutige als "impotent'· zu entlarven und über. .
haupt zu erschlagen.
Für meine Zwecke der Rehabilitierung moderner Musik wählte ich also - mehr
einer augenblicklichen Neigung folgend, als in der Absicht, besonders typische Fälle
herauszugreifen - (so wie Pfitzner es tat) zwei gesangliche Melodien. Und zwar
die "Ach Knabe, du nlußt nicht traurig sein!l' aus "Der Schildwache Nachtliecl u von
IVlahler und das Seitenthema der nKammersymphonieu Schönbergs.
Infolge räumlicher Beschränkung dieses Aufsatzes kann ich hier und jetzt nicht
darauf eingehen. Ein andermal! Daß mir jener Beweis musikalischer Potenz gelingen
wird, mag man mir vorderhand glauben. Vie11eicht genügen meine musiktheoreti-
schen Ausführungen über Schumanns "Träumerei" (jener auch von mir apostro.-
phierten "kleinen Gruppe, die noch Sinn für Melodie haben und haben wollen")
wenigstens als Anregung zur Beurteilung moderner Melodien. Einfach ist solches
ja nicht! Sinnfälliger dürfte es sein und jener kleinen Gruppe leichter möglich, es
mit dem ne g a t i v e n Verfahren zu versuchen: Nämlich jenen Maßstab, den ich an
Schumanns "Träumerei'" gelegt habe und sonst zu legen gewohnt bin, nunmehr an
eine Melodie zu legen, an der - wollte ich ihre Schönheit theoretisch beweisen -
meine sonst bewährten "Argumente" und "Erklärungen U zu Schanden würden.
Ich wähle - diesmal mehr in der Absicht, einen besonders typischen Fa11 heraus-
zugreifen, als einer augenblicklichen Neigung folgend - ein im Jahre 1916 kom-
poniertes, also zweifellos modernes Lied, das ich hier nur leider nicht vollständig
bringen kann und dessen Begleitung ("durch den Dreiklang aufsteigend, für Klavier
zu zweI Händen") nur harmonisch angeoeutet ist .
.J(h sb:- 1)2 ;". \~/2..1-

"rh J= ~ ~ I.

jie Län- (1fT' wie ,\im- 11'lerIH\e Ma.t- ten, dt.'I'> :tl"OM. wltei'1 sil-
,,~ h~)
. ...:i' , .

407
Trotzdem betrachte m.n diese Melodie, und zwar mit jener liebevollen,
.auf all emu s i kaI i s ehe n Belange eingehenden Genauigkeit, die ich der
nTräumerei" zuteil werden ließ, und man wird es mir nicht verargen, wenn ich mir
in diesem Fall ausnahmsweise eine auf das Musikalische eingehende Analyse,
"die den Eindruck verringern und die Geistererscheinung beleidigen" würde, er . .
spare. Denn wahrlich:
Bei so einer Melodie schwebt man ganz in der Luft! Ihre Qualität kann man nur erkennen,
_nicht demonstrieren; über sie gibt es keine auf intellektuellem Wege zu erzielende
Einigung; man versteht sich in dem durch sie empfundenen Entzücken - cder nicht; wer da
nicht mitmachen kann, gegen den sind keine Argumente vorzubringen und gegen dessen
.Angriffeist nichts zu sagen, als die Melodie zu spielen und zu sagen: "Wie schönt"
Was hiemit geschieht.
o 0

IVIUSIKALISCHER E X P RES S 10 NI S MUS


Von J ames Simon, Berlin
Wie es in der bildenden Kunst schon vor van Gogh, Rodler und Mare Expres-
sionismus gegeben hat - ich erinnere nur an die Ägypter, den späten Michel . .
angeIo, Rembrandt, Tintoretto, Griinewald und Greco - so ist auch der gegen . .
wärtige musikalische Expressionismus nicht erst ein Produkt unserer Tage. Nur
daß er sich als "Richtung U im engeren Sinn etabliert und gegenüber dem Impres . .
sionismus das Moment der persönlichen Entladung bewußt unterstreicht. Während
der Impressionist die Welt in sein Ich preßt, projiziert der Expressionist sein
Ich in den Kosmos, drängt vom Menschen als schöpferischen Mittelpunkt zu
künstlerischen Gestaltungen. Faßt man den Begriff ganz weit - Musik. als Ex-
pression - so entdeckt jeder, sofern er nicht auf Hanslieks formalistische Theorie
eingeschworen ist, daß alle Musik, wenigstens alle absolute Musik, ihrem entstoff-
lichten Charakter nach expressionistisch ist. Musik als Ausdruck gibt es seit An-
beginn; nur Gefäß und Mittel des Ausdrucks, Stil und Apparat, wechseln im
Wandel der Zeiten, den neuen Ausdrucksbedürfnissen entsprechend. (So wird heute
·etwa ein Streichquartett zum Begleitinstrument für Lieder: Schönbergs Fis moll-
Quartett). Auch der Impressionismus formt Ausdruck, aber auf anderem Wege. Die
Werke von Moussorgski, Cesar Franck, Debussy, Ravel, Delius spiegeln Eindrücke
und Stimmungen, auf welche diese Künstler feinsinnig reagierten; Traumdichtungen
von Maeterlinck und Jacobsen werden musikalisch nachgeträumt. Dieser letzte Rest
von Abhängigkeit schwindet beim Expressionismus; er nimmt - gleich der Philo . .
sophie Fichtes - seinen Ausgangspunkt ausschließlich von dem unendlich tätigen
Ich. Dieses Ich kann Welten erzeugen, und in solchem Sinne gab es nie einen
größeren Expressionisten als Beethoven. Um· die Menschenseele geht es nun, um
letzte Bezogenheiten des Individuums auf das Göttliche. Wenn in den späten
Sonaten und Quartetten (von op. 127 an) jede Empfindung höchstpotenziert erscheint,
.so verlangen die neuen Seelenbezirke nach neuer Gestaltung und führen zu Formen . .
weiterungen. Übermächtiger Wille bestimmt die Struktur des Finales der Neunten;
nicht eine Komposition des Schillersehen Gedichtes ist die Ode an die Freude,
sondern (nach Wagners Wort) diesem nur "übergebreitet". Psychische Aktivität
dringt sogar in das Material, die Figuren im Adagio des op. 111 zittern nur nock

408
am Instrument (Klavier); da werden wir des substratlos Seelischen teilhaftig. So bei
Bach sehr häufig in den Rezitativen Jesu der Matthäus-Passion und in den Kan-
taten, bei Mozart, beim geisterhaften Largo in Webers Euryanthe, in Schuberk
liedern, die wie Mignons "So laßt mich scheinen" den Charakter des Erdge1östen
und Verklärten tragen. Expressionistisch berühren uns die musikalischen Ekstasen
der Romantiker. Dahin rechne ich - um nur ein paar prägnante Beispiele zu
geben - den lodernden Einsatz der großen Phantasie von Schumann, die Kreisleriana,
die Fis moll-Sonate, wie überhaupt jene Stücke, in denen sich sein dionysischer
Drang befriedigt und gewohnte Bindungen überrennt. Bei Chopin, der seiner höchst.
reizbaren Natur nach Impressionist war, d. h. ein auf Eindrücke und Stimmungen
reagierender Künstler, fehlen expressionistische Entladungen nicht: ich denke an
das 14" 22. und 24. Prelude, an die Ecksätze der B moll-Sonate. Begreift man unter
Expressionismus auch letzte seelische Konzentrationen, so wä~e an das 2. Pr.lude
oder an die A moll-Mazurka (op. 17, Nr. 4) zu erinnern, wo noch das winzigste
Ornament mitseufzt. Wagners wütende Steigerungen und Ekstasen sind zu eng mit
dem szenischen Vorgang verknüpft, als daß man sie expressionistisch nennen
könnte. Aber in manchen Ausnahmefällen erweist er sich als "der Seher nach
innen . . : im 3. Akt Parsifal und im Tristan, seiner persönlichsten Entladung. Das_
Vorspiel bereits ein Dokument für schwebende Tonalität und die Hirtenweise d..
Englisch-Horns ein Beispiel "geistiger" Instrumentbehandlung.
Die seelische Durchdringung aller musikalischen Elemente, die reine Verlaut ..
barung des geistigen Ichs - das ist das Motto des modernen Expressionismus. Ihr
unerschrockener Vertreter ist Schönberg. Doch auch satztechnisch greift frühere
Musik vor. In den drei großen späten B dur-Fugen Beethovens treffen wir schon
dieses neue Melos, diese Iinear . . kontrapunktische Setzweise, -die "horizontales Hören ll
verlangt. Die wesentlich horizontal gerichtete Melodik und die daraus entspringende
neue Polyphonie der Modernen hat auch in Bachs linearem Kontrapunkt bereits.
"Vorbotenll ; da wurzelt Schönberg. Man vergegenwärtige sich seine Tondichtung-
"Pelleas und Melisande:" hier bewirkt die Eigenkraft der einzelnen Stimmen eine
Verselbständigung des Klanges, der nun nicht mehr als Attribut von Harmonie
und Melodik erscheint. '
Schönberg hat als Impressionist begonnen. Im Sextett "Verklärte Nacht" mischen
sich noch Tristan- und ParsHal-Nachklänge mit individuellen Zügen. Das einsätzige
D mon-Quartett (op. 7) bringt dann schon expressionistische Ansätze. Das Atonale
wird immer mehr bevorzugt, z. B. im a capella . . Chor "Friede auf Erden'''', der ein
Lechzen nach Frieden ist, bis es in den aphoristischen, als Telegrammstil verspotteten
Klavierstücken op. 11 und op. 19 und in den fünf Orchesterstücken (op. 16), unter
denen das dritte, sphinxhafte, von der sachten Akkordablösung in unterschiedlicher
Klangfarbe lebt,· die Hegemonie an sich reißt. In den Sprechmelodien des grotesken
Zyklus Pierrot lunaire kann er bei allem Expressionismus doch auf tonmalerische
Elemente nicht verzichten. Einen Triumph des Atonalen und Asymmetrischen bedeutet
die Kammersinfonie, die mit ihren schroffen Stimmbegegnungen einen strengen
Gegensatz zu Schrekers impressionistischem, suggestivem Stimmungsgemälde bildet.
Es wäre sonderbar, wenn sich in der Buntheit des Straußschen Schaffens nicht
gelegentlich auch expressionistische Momente fänden. Wir begegnen ihnen z. B. in
Salome (zumal in Herodes· Vision des Todesenge1s) und in Elektra (Wiedererkennung
zwischen Elektra und Orest!), wo der elementar ausbrechenden Leidenschaft

409
kein Damm mehr entgegensteht. Sonst gehört Strauß mit der Fülle program,
matischer Werke - ein Heldenleben nebst atonalen Widersachern ausgenommen,
wo das WirklichkeitsvorbiId er selbst ist - in die Reihe der Impressionisten, ohne
daß ihm die blühende Klangfarbe als solche zum Zentralinteresse würde. Dem'
-.entsprechend ist sein melodisches Empfinden (im Rosenkavalier, in Ariadne, in den
Liedern) vorwiegend harmonisch,vertikal eingestellt; daneben pflegt er die dis,
harmonisch..horizontale Schreibweise, kürzlich wieder in der Frau ohne Schatten,
in der hinreißenden letzten Verwandlung des zweiten Aktes.
Gustav Mahlet, dessen großes Erlebnis immer wieder in der Auseinandersetzung
des Ichs mit dem Universum liegt, wird schon dadurch häufig zum Expressionisten.
Neben dem Lyriker und Idylliker, der gemächliche Wanderweisen anstimmt, wohnt
der Ringer und Gottsucher; dem ergeben sich - da .Form Ausdruck des inneren
Inhalts~' ist (Kandinsky) - ganz neue Umrisse. Die souveräne Art, wie in der
.zweiten Sinfonie vom zarten Altsolo an die verschwenderische Phantasie ungestüm
zum Auferstehungsthema hindrängt, leitet den neuen Stil ein. Immer eindringlicher
spielt sein Subjektivismus in den sinfonischen Erlebnissen der· mittleren Periode.
Der phantastische und ironische Zug (Scherzo der Sechsten!) tritt noch schärfer
hervor. Aber auch wo sich seine lyrische Regung zu letzter Einkehr vereinsamt, wie
im. "Abschied" des Liedes von der Erde, ist ein Expressionist am Werk.
Viel seltener gerät Pfitzner, von Natur Impressionist, ins expressionistische Fahr...
wasser, dann aber mit eindringlicher Wirku';g. Man vergleiche etwa das Erscheinen
der alten Meister im ersten Akt Palestrina, auch sein Lied "Ich aber weißI+ (aus
op. 11). Nach seiner feinen Untermalung des Strindbergschen Traumspiels und der
rauschenden Orgie im Schlemihl könnte man Reznicek den Impressionisten bei,
ordnen, wenn man nicht überall das Explosive und Eruptive dieser Schaffensweise
spürte. Sein neues Märchenstück "Ritter Blaubart" verbindet glücklich tonales und
atonales \Ylesen. Paßt die ausgeglichene Harmonik zu den Gesängen der Judith und
Agnes, so melden sich in allen dämonisch... phantast-ischen Partien (Blaubart, Leichen . .
diebe) akkordfremde Töne. Die Merkmale der beiden Strömungen, die man mit
·den Schlagworten Expressionismus und Impressionismus bezeichnet, erkennt man
deutlich in Heinz Thiessens Naturtrilogie für Klavier. Das erste Stück "Einsamkeit"
ist expressionistisch gehalten, das seelische Ausdrucksbedürfnis als treibender Motor
in den Mittelpunkt gerückt; die bei den anderen Stücke (für mein Empfinden nicht
ganz auf der einsamen Höhe des ersten), die auf die Naturvorlagen "Am kurischen
Haff" und "Nacht am Meere" zurückgehen, bieten mit ihren reizvollen koloristischen
Zügen Beispiele für den Impressionismus. Manchmal herrscht ein musikalisches
Element im expressionistischen Künstler so gebieterisch, daß es sich alle anderen
Elemente untertan macht. So ist es mitunter nur der eigenwillige, ungebärdige
Rhythmus, der Stepan, Bela Bart6k und andere an einem einzigen Motiv Genüge
finden und mit Melodie und Harmonie tollkühn umspringen läßt. Unter den
Klavierstücken des Ungarn, der in Berlin besonders mit einem Streichquartett Auf,
sehen erregte, möchte ich "un peu gris" empfehlen. Zum radikalen Expressionismus
bekennen sich die Werke Scriabines aus der mittleren Periode, seine fünfte Klavier . .
sonate mit ihrem konzessionslosen Auswirken des Tumultuarischen und Schmach...
tenden. Wie sich seelische Bewegtheit allein die Form prägen kann, zeigen Conrad
Ansorges zweite und dritte Sonate für Klavier und sein noch immer zu wenig
bekanntes trVigilienquartett"; reine wundersame Seelenblüten sind auch die Lieder

410
dieses Edelsten unter den Pianisten. Eine glückliche Verschmelzung beider ~ismen
stellt Busoni dar. Von Liszt, Sibelius und Cesar Franck ausgehend (gegen den Vor-
wurf, ein Nachahmer Debussys zu sein, hat er sich mit Recht verwahrt), huldigt
er einerseits dem Impressionismus, pflegt das Schweifend..Improvisatorische und die
gebrochenen Farben und gibt in der Berceuse ein sublim elegisches Stimmungsbild.
Zugleich aber ist er Expressionist, rein spirituell gerichtet etwa in der Quadrupel-
fuge der Fantasia contrappuntistica. Das ergibt eine fruchtbare Wechselwirkung von
romanischer Sinnlichkeit und germanischer Geistigkeit.
Kann sich der Expressionismus auch auf das Lied erstrecken? Kann der Musiker.
an das Dichterwort gebunden, zum hemmungslosen Herausschleudern seiner Iodi . .
vidualität gelangen? Ja, sobald ihm das Wort nicht zur Fessel wird, ihm nicht den
freien musikalischen Atem benimmt. Es müssen eben die zwei richtigen Feuer ...
steine zusammenschlagen - ein Wort von Strauß. Solches geschah, da Schubert
die Winterreise, Schumann Frauenliebe und -leben, Hugo Wolf Möricke und die
Miche1ange1o-Sonette komponierte. Während jedoch bei Schubert alles auch die
Staffage noch in Musik getaucht ist, schwingen bei Hugo Wolf gern visuelle Vor-
stellungen mit; er beschreibt dann und wird zum feinsinnigen Illustrator (Auf einer
Wanderung), wobei er, vom Wagnersehen Worttondrama befruchtet, das Einzelwort
respektiert. Dieses mehr literarische Verhältnis zwischen Text und Musik scheint
sich in der Gegenwart abermals zu verschieben. Radikal fordert Schönberg in einem
Aufsatz über Liedkomposition "völlige Ablösung vom Textverlauf und eine rein
aus eigenem Gefühlsdrang gespeiste musikalische Entladung auf Grund eines ein-
zigen einmaligen wesentlichen Empfindungskontaktes". Das ~rrationale des Gedichtes.
das Visionär-Rätselhafte lockt den Expressionisten; das sucht er durch seine Töne
zu d'euten. Natürlich kann sich auch in der impressionistischen Nachgiebigkeit gegen
das Dichterwort musikalische Individualität offenbaren. Wie fängt Schumann den
Duft mancher Gedichte ein, wie anschmiegsam reagiert Debussy in den "douze chants U
auf Verlaine!
Überhaupt sollte man Impressionismus und Expressionismus nicht gegen einander
ausspielen. Sicher liegen im rnode1"oen Expressionismus, der sich ja nicht bloß auf
die Kunst, sondern auch auf Religion und Philosophie erstreckt, fruchtbare Möglich-
keiten. Die Ablehnung jedes verRewaltigenden Formalismus und die nachdrückliche
Betonung des Seelischen zeitigen Günstiges überall da, wo ein ehrliches Muß
dahintersteht und keine eitle Experimentiersucht dilettantischer Mitläufer, wo un-
gestüme Instinkte aller Vernünfte1eien spotten. Nur hüte man sich, den Expres-
sionismus auf Kosten des Impressionismus, das heißt das Geistig-Wesentliche
auf Kosten der Sinnenfreudigkeit zu erheben. Mag der Anregungsquell eine Natur-
vorlage, ein Sagenheld sein: sobald daraus kein< äußerlich-naturalistische Musik
wird, sondern eine Pastorale, eine Hebriden-Ouvertüre, Auf der Tilra (Tondichtung
Novaks) oder Ti11 Eulenspiegel, so verstummen alle Einwände. Entscheidend wird
immer die Übereinstimmung des Werkes mit dem Ausdruckswillen des Schöpfers sein
und die schöpferische Potenz. Jenseits aller Richtungen schaffen die Großen, nicht
einzuspannen in Systeme und Kategorien. Und nimmt man beide -ismen einmal
als Urfunktionen des menschlichen Geistes, so würde ich zwischen ihnen keinen
zu scharfen Trennungsstrich machen: wußte denn Mozart, ob er gab oder empfing?
o 0

411
r;i/
VOM MAHLERFEST IN AMSTERDAM
Mengelberg-Jubiläum
Von Dr. Heinz Unger, Berlin
Ein Musiker beging sein Fest. Nicht besser, nicht sinnvoller konnte er es be'
gehen, als durch die Weihe an das, was er liebt. Seit der ersten Berührung mit
dem Werke und der Person Gustav Mahlers unermüdlicher Mittler der empfangenen
Botschaft, faßte Willem Menge1berg jetzt die Quintessenz seines gesamten Wirkens
in diesem großen Bekenntnis zu Gustav Mahler zusammen, dessen wir Zeugen sein
durften von überall her aus der Welt (zum ersten Mal nach diesen Jahren zu anderem
Zweck verbunden, als zur Regelung äußerlicher Nützlichkeitsbeziehungen).
Noch tief durchschüttert von der Intensität des in diesen Tagen Erlebten, stehen
wir, wieder zum Gehen gewandt; aber noch sammlungsbedürftig, auf der Schwelle
des Heiligtums dieser Musik; da überfällt es uns (doppelt unglaublich für uns nach
diesen Tagen und nur gewaltsam unserm Denken einzufügen), daß diese Musik,
die uns so tief beglückt hat, noch immer nicht "unumstritten(4 ist, mehr noch, daß
es, wenn anders dieses Fest nicht lediglich eine Versammlung Begeisterter und ohne
jede extensive Bedeutung gewesen sein soll, Waffen zu schmieden gilt aus seinem
Erlebnis gegen Ungläubige mannigfaltiger Art: leidige Aufgabe für den Begeisterten,
den es lediglich treibt, Mitbegeisterten die Hand zu drücken, der aber seiner Natur
nach objektiver Anwalt der Sache weder sein kann noch will.
Es widerstrebt zu reden gegen die, welche in unsäglicher Armut der Sonne ihr
Licht, dem Himmel sein Blau, dem Frühling sein Blühen nicht glauben, für welche
die "Ehrlichkeit" einer Kunst, wie der Mahlers heute noch eine offene, zu beant...
wortende oder gar bereits verneinte Frage darstellt, die nicht wenigstens ergriffen
sind von der Reinheit und heiligen Notwendigkeit dieser Gesichte. Sie sind un,
fähig zu der reinen Freude unendlichen Verbundenseins, die jeder Takt dieser Musik
atmet. Mögen sie außen bleiben. Jene andern aber, denen wenigstens das Wollen
Gustav Mahlers zum Erlebnis wurde, denen lediglich die Scheuklappen ihrer
Sachverständigkeit die Unbekümmertheit des Bejahens nahmen, also daß sie be'
gannen, jene "Divergenzen von WoIlen und Können u. s. w/' zum schützenden
Sprichwort zu machen . . . . , wenn überhaupt etwas, so mag ihnen das Erlebnis
dieses Festes die Ohren aufreißen und die Seele frei machen der beseligendsten
Botschaft, die seit Beethovens neunter Symphonie vernommen wurde.
Dieses Fest war Kriterium. Kriterium der Bestätigung oder der Widerrufung.
Keine Summe einzelner ZufalIsaufführungen, wie sie bisher allein vom Werke
Mahlers Zeugnis ablegten, keine noch so ,tiefe Kenntnis hält in ihrer Bedeutung
stand, gegenüber dieser erstmaligen zusammenfassenden Klangwerdung, die erlebt
zu haben entscheidend für jede weitere Beurteilung werden mußte:
Was wir in Amsterdam gehört haben, stellte sich nicht als eine Reihe von
Symphonien und Liedern dar, es war (und das ist die entscheidende realisierende

412
Bedeuturrg des Mahlerfestes) eine einzige Symphonie, die uns anrief und trat. Wir
folgten dem Flug einer Seele über die Erde vom Anbeginn bis zum Heimgang
und empfanden l{eine einzelnen Werke mehr, die gewertet werden wollten, nur
noch notwendige Stationen.
Wem einmal die aus ekstatischer All-Liebe fließende Tragik dieses Schicksals so
offenbar wurde, de1n muß blitzartig jeder' noch so problematische Punkt dieses
Schaffens erleuchtet sein.
- Wer spricht von "BanaHtät'l? - - Ist das Universum banal? Nicht banaler
die Kunst des Menschen, der Irdischestes und HimmIischestes umschlingt! -
- Wer spricht von "Unausgeformtem l4 ? - - Gibt es denn keinen Weg, nur
Ziel? Soll das quälendste, verzweifeltste Suchen des Enttäuschten das Antlitz der
Vollendung tragen? Menschen, eure schwersten Stunden sprechen zu euch aus den
"Unzugänglichkeiten u der sechsten und siebenten Symphonie! Verleugnet eure
schwersten Stunden nicht! Verleugnet nicht das Gute, das nach Höhen Suchende
in euch! -- -
Und aus der ahasverischen Rastlosigkeit solcher Sätze flieht Mahler, Betäubung
suchend, in das gespenstisch klare HeU-Dunkel jener Nachtstimmungen, die in ihrem
vibrierenden Reichtum zu dem Lebensvollsten gehören, was er geschaffen hat, Dann
aber reißt er die Erde an sich im ungeheuren Anlauf. plötzlich zusammengefaßter
Kräfte und wirft sich mit ihr empor in der unendlichen Liebesbotschaft der achten
Symphonie: Er steht außer sich im liebend geeinten Universum. Es ist gelungen .•.
Hier folgt die Peripetie der Tragödie aus innerem Gesetz; Heimfahrt des großen
Minnesängers der lieben Frau Erde!
Wie kehrt er heim? Enttäuscht, bitter, müde? Nichts von alIedem. Dazu hat er
zu sehr geliebt. Das Lied von der Erde, die neunte Symphonie sagen es. Wohl
war ihm "auf dieser WeIt das Glück nicht hold/;, Doch er erinnert sich: "Dein ist,
ja dein, was du geliebt, was du gestritten :1. Und so wird alles überströmt von dem
unsäglichen, erschütternden Dank des Abschiednehmenden für aIles, was gewesen
ist und weiter ist, und' all das ist durchzogen von diesem szltsamcn Nebeneinander
von Ewigkeits . . und Vergänglichkeitsgefühl,'das in seinem zitternden Verschwimmen
bei Mahler intensivste Lebensäußerung bedeutet ... Was er früher an sich gerissen
hat im dithyrambischen Jubel einer zugreifenden absoluten Kindhaftigkeit, nun
streichelt er es nur mit großer, unendlich liebender Zärtlichkeit. Er sagt auch noch
einmal: "Seht, ich bin ganz heiter, wenn ich wil1." (Neunte Symphonie, Scherzo.)
Oder: "Seht, ich habe Kraft und zeige sie, wenn ich will. tI
•(Neunte Symphonie,
Rondo.) Aber dann ist wieder nichts mehr da, als dieses unendliche, jede Müdigkeit,
jedes Enttäuschtsein lächelnd verbergende, aus der großen Liebe fließende Segnen
und Danken, Danken und Segnen der lieben Erde, die immer aufblühen wird, und
der ewig blauen Fernen ... bis zur Auflösung und darüber hinaus, nie ersterbend ...
Still harrt sein Herz seiner Stunde mit einer so unendlichen Gewißheit, daß sie
kommt, immer kommt, immer da ist, wo etwas aufblüht im Lenz . . .
Dies alles hätte zum ergreifendsten Erlebnis werden können. Denn nächst einer
ganz wunderbaren Aufführung der dritten Symphonie waren gerade diese Abende
nach der Sechsten die intensivsten des Festes. Um so bedauerlicher deshalb, daß
man in Amsterdam die Linie der ganz großen Symphonie durch eine Umstellung
zugunsten einer ihrer Stationen empfindlich störte und die Ach te an den Schluß des
Festes hinter das Lied von der Erde und die Neunte setzte. Jedenfalls war der Sinn

413
dieser drei Werke im Gesamtschaffen Gus!av Mahlers kaum stärker zu entstellen,
konnte insbesondere die erschütternde Ausldangwlrlnmg der Werke., in denen Mahler
am unendlichsten und menschlichsten, am einfachsten nnd wesentlichsten ist, nicht
gründlicher zunichte gemacht werden. Schade, denn dies war nicht nötig,
Aber dessenungeachtet, wir alle, die wir Amsterdam erlebt haben, wissen: Mahlets
Zelt bricht nun an , . , Wissen es dank der geradezu übermenschli.:hen Leistung
des Amsterdamer Ensembles., vOn Willem lVIengo1berg in einem Vierteljahrhundert
zu einem Organismus erzogen, der seinesgleichen beute nirgends hat. (Leider muß
bemerkt werden, dall das SoHstellehsemble des Festes weder in d~r Abtönung. nocb
in der Einzelleistung das Niveau der Chor- und Orchesterldsttmg erreichte. Findet
denn wirklich kein Sänger, keine Sängerln den lVIut zur Askese einfachsten Vor'
sich-hin-shlgens, in der allein Gebilde VOn de, Innerlicbkeit nnd Verhaltenheit der
Gesellen- oder Kindertotenlieder ihren zitternden lh,te,t"n ausschwingen können:
Die Bedeutung Willem Mengelbergs als Leiter des Mahlerf<;stes liegt nicht so
sehr in einer spezifischen Einstellung zu Gustav Mahlet, als vielmehr in seinen
DirigentenquaHtiiten iiberhaupt, Daß dieser etwas derbe, robuste, erdhaft breite
Niederländer das Werk des ekstatischen Fanatikers nicht aus einem irgendwie parallel
gerichteten Temperament, aus einer naturgegebenen Affinität nachschaffen kann,
liegt auf der Hand. Da hat eS Btuno Walter leichter, der dem aprioristiscben Zwang
seines Blutes folgend, einfach eh Jillahler kommen mußte. Willem lVIengelbergs Ein'
stellung Z1! Jillahler hinge.gen ist ausscblleJllich das Ergebnis eiMr mit bewußt liebendem
(vielleicht aus Polaritätsgründen fließendem) Wollen geleisteten Arbeit, Um so be'
wunderungs1/v'ür-diger 1st der cr.teichte Grad von Einfühlung, wi,~" er in: den -Auf.·"
HiMungen des ]j,bhlerlestes zu Tage trat. Selbstverständlich ließe sich gerade auf
Grnnd der eben aufgezeigten 'Problematik über vieles in der Interpretation lVIengej,
bergs streiten, über eines aber nie: tiber die 1.11l.gebeure intensität der Darstellung
als solcher, die ih unerhörter Suggestiv;!ä! von der ersten Stunde an jede kritische
Reg1.11lg in uns überströmte, durch die Hervoxzauberung jenes entscbeidenden Gefühls
des jetzl-erst~Entstehens der gehörten Werke. JIiletlgelberg war nicht Mittler eier
Botschaft Mahlers, er war ihr Erneuerer aus sdner Natur herans, (lud das ungeheuer
Zwingende dieser Erneuerung, das Gefilbl von Erstmaligkdt, von Einmaligkeit,
das jede dieser Aufführungen erweckter war eben Auswirkung- seiner ganz tiber...
ragenden generellen Dlrigentenqualitiit,
. Wie Menge1berg es macht? Wie jeder KapeUme;ster es machen müßte: Wie
aber nnr wenige die persönliche Kraft und die äußeren fl1ög!ichkeiten, es zu machen,
haben; unerhörtes Aktlvmachen des einzeln~n Musikers bis zu solistischer Aus-
wirkung. Zwang, jede noch so Unbedeutend erscheinende Tonrdhe mit seelischen
Vorstellungskomplexen zu begleiten und zn durchdringen. Unetmiidliches wieder-
von,...vorn#Beg:h.1nen t stets :mindestens _tt101 Prozent'" der Vol1encHug erstrebend • ~ •
Doch dies ,yetxlge und an das vidt\ was sich noch sagen Heßt! sind nur leere
Worte. Die Persönllchkeit ist aHes. Attrihut der Persönlichkeit aber ist Einmaligkeit,
nicht VozblldHchkeit. Ihr Wirken läßt sieb erlellen, nicht schildern oder gar !eltten.
Der Darstellung der in Amsterdam von allen Beteiligten täglich geleisteten
Arbeit widerstrebt zudem die Schmerzlichkei! unseres Empfindehs, daß Möglichkelt
und Bedeutnng des Mahlerfestes ausschließlich auf den Amsterdamef Gegebeu-
beiten ruhen k01111t.n. Was nützeh uns Dirigenten vom Schlage Brul1oWa!ters?
Was nutzen uns unsere herrlichen Orchester? Fähigkeiten gehen dltrch Nichtilben

414
v.",loren und es läßt sich nicht aus der Welt schaffen, - dies zeigte uns Amsterdam
durch den Kontrast mit erschreckender Deutlichkeit - daß die wirtschaflichen Ver-
haltnisse es. bei uns heute einfach nicht gestatten, Aufführungen von .inemder
Sache \Vürdigen Niveau in der erforderlichen Weise vorzubereiten - Verhältnisse,
\Vi. sie sich leider von Tag zu Tag noch verschlimmern. Der kunstsinnige Kriegs-
gewinnler am Dirigentenpul! wird zum Typus werden ...
Aber: Erhalten wir uns die Amsterdamer Eindrucke" als Vorbild ernsteste.
kÜnstlerischer Gemeinschaftsarbeit für bessere Zeiten.

ALFR ED 0 CAS E LLA'S FESTR E D E BEIM


MAHLERFEST IN AMSTERDAM
Mes Damest Messieurs t
Si j'al aujourd'hul le tres grand pla;s;. de prendre 1a parole cn cette assemblee
- je pense qua cda est d" -_. d'u"e patt - ;tu souvenir de. cette amitie dont
Gustav Mahlet voulu! bien rn'honorer durant les dorni"".s annee. da se vie .- el,
d'au!!'e part - a la sympathie que Mengelberg !emoigna toujour. envers rItalie .el
a san interet personne1 pour ce petit graupe d. jeunes compositeürs natlon,,=
aaqüe1 j'appartiens. Je regre!te vivemen! qne mes raihles capa';t". ""ocales" ct mon
ignorance cömplete cle votre langue m' interclisent d' etre it h hauteu! de la lache
qu" le Comitl! Mahler a hien vouln mc confier. Mais j' espere qae la bienveillante
indulgence dont le public hollandais a dej" fait maintes fois preuve a mon egard,
lne sera egalement <!<'lalse aujourd'hui, cl qu< vous saurez pardonner les eventuelles
defaillances d'un artiste improv!sl: oratetl1' par le has,,-" des choses.

"
La solennlw musicale a laquelle neus semme. ici con"!es, a un butpartkullcre-
mont noble Cl slgl1ificatif: celul cle. xeunir cn üne seule apotheose uo er"ateu! de
genie el san interpr~te le plus fidele. cl essentieI. te er"ateu! eSI mort - mais son
oeuvre nClIs est reste. Noas :;Hons e·n avo!r - pour la premiere fois -la rlivelation
totale - dans toute san lmmensite gigantesque - depuis cette fralehee! adnlescent.
premiere symphonie .• qu; zemhle un effluve printanier - jusqu'" ces.polgnants
poemes d. doukur cl de solitude qüe sont le Lied von der Erde c! Ja neuvieme
sym ph on i e. A !raverS finterpretation cle l\Il:engelberg, il nous sera donne cf.
:meSUre1" enfin r amp1em d\UIC creation sonore unique en son espece_~ creation dont
pe« de muskiens ont tout cl' abord saisl Ja force Cl la grandeur, maisqui peu a peu
s'impose au monde endet, ,tins! qüe se clevollent lentement el majestueusement les
grandes veritesde la nature et les plas profondes pensees ham,,;nes.
o
Vous rt' attendez certes pas de mai que je vous iHustre un oeuvre aussi formidable
que celui d. Mahlet. Vous en connaissez taute Ja valeur. Voüssawz atlss; bien que
mol 'laeUe est.la force de personnalite q!!; se diigage de chacune de ces enormes
fresques musicales. Vaus avee vu Mahlet dirige~ lui-m&me lies creations: vous a"'ez
pu - par consequent - subir l'irrisistible pouvoir de fasdnation qüi i.rawait du
bizarre et InoubHable petit homme. 1l serait done pw!ril que je veuille - apres tant

415
d'autres et en une semblable ambiance - vous expliquer rart de Mahler, et telle
0'est point mon intentition.
Il peut cependant VQUS sembler etrange qu'un musicien tel que moi - dont l'art
differe si totalement de eelui allemand - puisse comprendre ct atmer une esthetique
apparemment aussi incompatible avec la sienne qt1C eelle cle Mahler. A cette inlpor . .
tante question, je repondrai bl'ievemen t.
o

L'histoire de la musique, depuis 1a mort de Wagner jusqu' a nos jours, est assez
complexe. D'une part, fere des grands maitres allemands semble eIose avec Wagner
ct Brahms - car i1 nous serait impossible cle considerer Richard Strauss, maIgre
toutes ses qualites d'imagination, autremcnt que camme un disciple et continua. .
teur de Liszt ct Wagner. Par contre, flaus assistons - dans deux pays qui, jusque
ta, n'avaient que peu contribue ci l'evolution musicale, c·est . . ci. . dire 1a Russie et la
France - a l'ec1osion de deux considerables ecoles, lesquelles - ci vrai dire - paraissent
deja aujourd'hui se resumer surtout en deux noms: _Modeste Moussorgsky et
Claude Debussy. Pendant que l' Allemagne - peut-.;tre epuisee par !'immense
effort fourni par ses vieux maitrest parait courbee sous le fardeau ecrasant d'un passe
trap lourd et trop glorieux - pendant aussi que ntalie - deldssant de plus en
plus la musique pure - voue au theatre seul toutes ses mei11eures energies creatrices
- les nouvelles ecoles russe et fran~aise passent nettement i l'oppositio n, et percent
definitivement dans les murs de Ia vieille et seculaire forteresse du ndiatonisme" -~
forteresse redoutable qui avait resiste meme a l'assaut epique d'un Richard Wagner
- la breche qui devait permettre enfin aux musiciens emerveilles r evasion vers la
nature radieuse et illimitee.
Car - pour complexe que soit le mouvement musical europeen des trente der . .
nietes annees - iI nous apparait des ci present eomme earaeterise pa r l'avenement
d'une musique 1i b r e - c'est. . ä,. . dire riehe de cette liberte revee dura nt taot de siec1es
par tous les artisans du son, mais seulement entrevue - de trap rares fois - par
la fantaisie prophetique de quelques grands genies.
Et - teehniquement parlant - on pourrait preciser ainsi leg trois prindpales
caracteristiques de cette evolution: transformation de randen systeme modal diato . .
nique en ee1ui actuel poly...modal ou chromatique; abandon des anciennes formes
de developpement, rhetoriques et surannees et incompatibles avec Ia pensee moderne;
enfin, apparition dans notre art - jusque 1a campase des trois facteurs c1assiques:
rhythme, melodie, harmonie - d'un quatrieme element de capitale importane e: le
timbre.
o
Ce nouvel ordre de ,choses a trouve naguere une premiere - et deji ecIatante-
realisation dans l'impressionnisme fran~ais - OU, pour mieu dirc, debussyste.
II ne m'appartient pas de juger ici les merites et les defauts de cet art; il a
existe, voilä.. taut. Et le meilleur eloge que l' on puisse e1l faire, c' est de dite qu' i1
a ete indispensable a la formation dc la pensee plus evoluee qui est Ia notre.
Gounod disait: ,,1' artiste est toujours un parrieide+<. Ce paradoxe est cxaet. Alors
que Debussy, pour vivre, avait renie et blaspheme Wagner - c1e meme nous autres
jeunes italiens - derniers venus dans 1a lutte musicale europeenne - reconnaissons
completement la valeur historique de la pensee debussyste - mais tendons de toutes

416
nos forces vers un art diametralement oppose - fait de sobriete, de vlgueUt, de
simplicite lineaire, d'energie dynamique, d'elastidte, de robustesse plastique
, et de
p!enitude synthetique.
o
En face de l'art russe et de I'impressionnisme fran~ais, la vision poetique de
Mahler nous a pparait essentiellement differente, souvent meme contradictaire avec
les principes dc ces autres ecoles. La preoccupation philosophique - si chere au
genie allemand - regne toujours preponderante dans les creations du mahre autri..
chien. D' autre part, fiOUS retrouvons encore ehez lui ce defaut auque1 nous autres
Latins sommes si sensibles, ct que nous appe10ns man q u e d ego Li t. Mais i1 est
permis-d'ajouter immediatement que ce que nous entendons par "goLit'\ equivaut
la plupatt du temps pOUt l' AlIemand a mievrerie, faiblesse. superficialite. Alors que
le Latin sourit avec suffisance des frequentes nai'vetes de rart germanique, l'AIlemand
hausse les epaules avee mepris devant nötre "frivolite" . Leque1 des deux a raison?
Aueun et tous denx, probablement . . .
Un mien ami - que 1'0n aceusait souvent pendant la guerre, d'excessive germano ...
phiIie - soutenait que le genie est depourvu de gout. CeIa est souvent vrai. Ni
Dante, ni M icheI-Ange, ni Rembrandt, ni Beethoven, ne furent "gens de gout". Ils
etaient assez grands pour s'en passer.
Et l'on peut affirmer des aujourd'hui, que Mahler fut un art;ste de trop haute
Iignee pour que ron s'attarde devant teIle ou teHe faiblesse de gout dans un oeuvre
aussi demesurel' que le sien. Ce qui importe, c'est l'actif d'une semblable ereation,
et non point le pass i f.
o
Ce qui ffi'attaehe plus particulierement dans rart de Mahler, c'est non point tant
sa valante de aeer une symphonie Ebre ct universeUe, reunissant en soi toutes les
ressources de la musique instrumentale "et vocale - mais plutöt la quaIite maitresse
de sa musique. eelle qui fait de lui, JYlahler, malgre le lourd heritage traditionnel
qui pesa toujours sur sa pensee, un frere aine de notre generation; je veux dire
son sens merveilleex ct suraigu de la qua 1i t e sonore, de ee quatri€~me element
musical dont je plr1ais tout. . jA'heure: le timbre.
I1 pouna sembIer un peu etroit - a. certains esprits - de mesurer un genie comme
eelui de Mahler prindpalement i ee point de vue. Cela prouve que taus les musiciens
n'attachent point la meme importanee i ce probleme de revolution muskaIe. Poul'
moi, pour d' autres, le sens qua I i tat i f du son est le plus recent que nous soyons
parvenus i aequerir, et aussi eelui qui renferme l' avenir de notre art.
Les Allemands nomment avec une singuIiere justesse le eompositeur "T 0 n ...
dichter" (poete du son). Cest sans doute le terme qui syntbetise le mieux Ja
finalite, Ia raison cl'etre de cette espeee de ereateurs. Trap souvent la masse admire
et aime tel ou tel eompositeur pour des quaIites qui n'onfrien i voir avec la musique
proprement dite - pour des quaIites, par ex., litteraires, picturales ou merne phiIo ...
sophiques. On oublie trap aisernent que la principale, I'unique fonction du musicien
ereateur est d'eveiller ehez d'autres homrnes des sentiments ou des sensations araide
de sons musi caux, c'est. . a . . dire de moyens purement vibratoil'es et auditifs. Taut
le reste n'est que litterature, peinture ou philosophie, et ne peut avoir avee la
veritable musique que des rapports fragmcntaires ct fortuits et en taus cas incompa-
tibles avec la nation de mttsique pure.

417
Pour me resumer, je dirai done que ce que j'admire da vantage chez Mahler,
cest le merveilleux pokte des timbres, le genial inventeur des nouvelles sonorites,
Ie chercheur inlassable des rapports sonores ineonnus. Aupres de eet aspeet de sa
persannalite - cdui qui fait sa vraie grandeur de musiden - peu rn'importent ses
preoccupations philosophiques, san souei canstaut de rnusique non..programmatique,
et meme sa puissance de ereation plastique ou arehitecturale. Musicien je suis avant
tout, et un accord rn'emeut plus qu'un raisonnement.
o
Cependant, pour ceux qui - comme moi - ont pu connaltre' de pres I'hoffilne
bon et admirable que fut Mahler, 11 est impossible de se defendre d'une emotion
toute particuliere, lorsque l'esprit du grand disparu revit a travers l'execution d'une
de ses oeuvres.
Car peu de personnes savent quelle fut la valeur morale de Mal>ler. Peu d'intimes
pourront vous dire combien il etait tendre et genereux, exemple lumineux d'altxuisme,
de sincerite et de desintE~ressement. Et - si l'exeeution de quelqu'unc dc ses oeuvres
peut produire chez taut auditeur cette impression si hautement bienfaisante
que degage chaque grande pensee survivant durablement i san auteur - pour moi,
pour d'autres amis, cette meme musique ravivera sans cesse la douIeur inguerissable
causee par la perte prematuree et erueHe d'un homme que 1'on eut aime a eroire
immortel, par la double valeur de san genie 'et de sa bonte.
Pauvre eher Mahler! La derniere fois que je Ie vis, e' etait le so ir du 12 sep"
tembre 1910, a Munieh, le soir de la "huitieme ll • Venu d'Italie, je repartais i
minuit pour mon pays. Je lui serrai Ia main~ au souper qui suivit le coneert. Je
,revois encore san etrange figure deja un peu emaciee et epuisee ce soir..1i par
l'immense effort de direetion. Sie j'avais su que je ne le reverrais plus, je n'aurais
pas eu le courage de partir, Je raurais regarde encore plus profondement. Taurais
emporte de lui, de san etre, de son esprit, taut ee qutil m'eut ete possible de
prendre . , .
Quelques mais apres - j' etais pres de lui - i Paris - duran t son agonie -
mais sans pouvoir parvenir a le revoir. Le jour ou on l'emporta pour Vienne, je
demandai i I'apercevoir, ne fut ..ce qu'un instant. Mais san beau..pere Moll me pria
doucement de ne pas insister: Na quai bon, me dit.. il, vous ne verriez qu'un mourant".
11 avait raison. 11 valait mieux que je eonserve inaIteree 1a vision de cette soiree
de Munich. On croit volontiers que taut heros est imperissablc; et il est toujours
revoltant et inadmissible de voir la maladie et la mort s'emparer de ces etres sur ..
humains qui semblent faits POU! braver le temps.
o
Mais nous ne sommes point reunis ici pour ceIebrer un rite funebre. Nous avons
ete convies pour connaitre entiere la pensee de Mahler - soit ce qui chez lui, ainsi
que chez taut grand createur, devait Ntranscendre < la mort. Et nous devons en meme
l

temps feter le jubile de Mengelberg, c'est-ivdire de I'un des plus grands interpretes
qui aient jamais existe. C'est assez signifier que cctte fete devra etre essentielIe:ment
un acte de vi c, de vie profonde et joyeuse, de vie creatrice et en perpetuel devenir.
Nulle ombre de tristesse ne doit voiler notre emotion. Si la clepouille mortelle de
Mahler naus a quittes, ne naus reste ..t .. i! pas ressense meme de sa spiritualite, 1a
flamme intense de son genie, et taut ce monde sonore qu'il sut decouvrir et qu'il

418
110US legua pour notre joie? Nous reunirons da ne en une seule acclamation I'oeuvre
magnifique ct I'interprete i11usttc, et ehaeun de nous reprendra cnsuitc le ehemin
de san foyer, emportant en lui le souvenir d'une exceptiollnelle emotion artistique
et d'une des plus hautes manifestations muskaIes de tous temps.
o
Bien que Mengelberg soit generalement non point aecompagne lnais plutot
ttpreeede" du sueces, je ne pense pourtant pas qu'i1 ait oublie certain dimanche
d'avril 1914, lorsqu'il dirigea paur la derniere fois a I'Augusteum de Rome Ia
l1neuviclue symphonie u de Beethoven. Je ne puis craire qu'iI alt perdu le souvenir
de Ia grandiose demonstration populaire dont il fut l' obiet ce iour'U. Ce fut plus
qu'un enthousiasmc, une veritable folie, un de ces cris immenses de jubilatioll
dyonisiaque dont notre peuple est seu! parfois eapable. Depuis lots, nous attendons
impatiemment Ie retour de notre grand an1i. Qu'iI me soit permis de dire iei -
au nom de tout ce que mon pays compte de ll1cilleur dans le domaine de la musique
- que n011S esperons ardemment toucher au terme de: notre attentc, ct revoir I'an
prochain lVlengeIberg acc1ame dans 1a vieille salle romaine aux muts vingt fois
seculaires.
o
Qu'il n1.C soit encore permis avant de vous quitter - de dhe combien grande
est mon emotion de voir revivre - eu ces jours mZlnorables ~ sur le sol hospitalier
de 1a noble Hollande - cette atmosphere internationale de solida.rite intellectuelIe,
dans laquelle les voeabIes aI1ies, ennemis et neutres pel'dent enfin cette sigoi . .
fication de haine fratrieide que nous dumes leur attl'ibuer durant cinq !ongues
annees. Po ur la premiere fais depuis 1914, je vors enfin renai'tre iei, au dessus de
la melee dont les dernieres 1ueurs ne sont point errcore eteintes, 1a fraternite la plus
belle, Ia plus haute qu'il puisse exister entre hommes: celIe de l' Art.
11 est infiniment doux, pour un ami de Mahler, de voil' cette reconciliation
humaine s'accompIir a I'ombre de son oeuvre, dc cet oeuvre si profondernent et
particulierement "universaIiste". Et c'est avec jüie que j'assoeie au non1 de Gustav
Mahlet celui de Willem Mengelberg, de rartiste qui n'appartient plus a san seuI
pays, mais a cette immense familIe humaine ~ laquelle a pour seule patrie le monde,
et pour unique religion le labeur et la foi en un nlcilleul' lendelnain . . .
o 0

EPILOG ZUM MAHLERFEST IN AMSTERDAM


Von Egon Wellesz, Wien
Es hätte ein lokales Fest werden sollen, mit dem Amsterdam seinen großen
Dirig-enten feiern wollte, der 25 Jahre lang an der Spitze des Concertgebouw ... Orehesters
steht. Es wurde zu einem Ereignis von internationaler Bedeutung durch den Willen
Mengelbergs, der die Ehrung, die ihm zugedacht war, zum Anlaß nahm, eine
zyklische Aufführung der Werke Mahlers zu veranstalten, um zu zeigen, welche
Kraft im Oeuvre des letzten großen Symphonikers steckt,
Jetzt erst, nachdem dieses Fest vorbei ist, kann man erkennen, wie bedeutsam
es gewesen ist, wie notwendig es war, um der Erscheinung Mahlers gerecht zu
werden. Uns Wienern, die das seltene Glück hatten, die Uraufführung der Symphonien

419
und Liederzyklen unter Mahlers eigener Hand zu erleben, die dann durch Bruno
Walte!, Loewc, Schalk, Nedbal, Fried, Furtwängler und einige jüngere Dirigenten
in ständigem Kontakt mit diesen Werken lebten, hätten doch die Aufführungen
keine neuen Offenbarungen sein dürfen, wie anderen Gästen, die aus Städten kamen,
wo man nur die eine oder andere Symphonie kannte; und waren es dennoch.
Denn erst aus der Gesamtheit von Mahlers Schaffen kann man das einzelne Werk
richtig einschätzen. Es wirkte alles zusammen: die Vollendung der Aufführungen,
die Konzentration während mehr als zwei Wochen auf den Stil eines Komponisten,
um einen Zustand erhöhter Empfänglichkeit, ein Schweben in der Sphäre des rein
Geistigen zu erzeugen, aus der heraus die Erscheinung Gustav Mahlers wieder zu
neuem Leben erwachte. Denn jede der Symphonien enthält einen Teil seines Wesens,
aber nur alle zusammen spiegeln die Totalität seines Genius wieder.
Und so betrachtet, wächst das Schaffen Mahlers von der ersten bis zur letzten
Symphonie. Gerade cl i e Symphonien, die man bei uns und auch im Auslande
weniger kennt, die Fünfte, Sechste, Siebente und Neunte, wuchsen unter Megelbergs
Führung zu erschütternder Größe; die innerliche Wirkung der neunten Symphonie
konnte weder vom "Lied VOll der Erdetl, noch durch die gigantische Größe der
achten Symphonie überboten werden. Hier hat Mahler eine Tiefe des Ausdrucks
und eine Vergeistigung der Form erreicht, an die keine Worte heranreichen.
D

Es war eine Zeit des Lernens ohne Ende. Man kop.nte sehen, wie Mengelberg
mit seinem Orchester probte. Das rein Technische verstand sich von selbst; die
gar)ze Aufmerksamkeit war auf den Aufbau, die Architektur der Symphonien
gerichtet. Darin ist Mengelbergs beherrschende Natur unvergleichlich. Er bestimmt
alles voraus: wenn man die einzelnen Parte durchsieht, erstaunt man, wie alles
mit Anweisungen vollgezeichnet ist. Mit seiner rechten Hand schlägt er präzis und
unbeirrbar den Takt, mit der Linken formt er, belebt er. Er gibt sich nie vor der
Zeit aus. Er weiß genau, daß jede Steigerung die nachfolgende gefährden kann und
nüanziert eine gegen eHe andere aufs Vorsichtigste. Deshalb gelang es ihm, den
letzten Satz der sechsten Symphonie so erschütternd darzustellen.
Es gibt in dem "Mengelberg'Gedenkbuch" ein Widmungsblatt von Jan Toorop:
Frauenköpfe, die ekstatisch nach oben gerichtet sind; über ihnen wölbt sich aber
begrenzend ein Bogen. Dieses Blatt trifft Mengelbergs Wesen: aufsteigende Ekstase,
gebändigt durch den bewußt gestaltenden Willen.
D

Man lernt hier, weich ein Glück für die musikalische Kultur einer Stadt es ist,
wenn ein genialer Dirigent jahrzehntelang an der Spitze eines Orchesters steht.
Einer der sich stets erneuert und wandelt und doch derselbe ist. Mengelberg und
das Conc~l'tgebouw .. Orchester sind eine Einheit. Das Orchester ist an seine Art
gewöhnt, kennt seine Zeichengebung; er wieder~n1 weiß, was er fordern kann und
wo zu bessern ist. Es ist bezeich!lend fi.ir die Kunst des Arbeitens unter Menge1 . .
berg, daß Musiker nach dem Ende des Festes sagten r sie könnten ohne Übermüdung
noch vierzehn Tage in gleicher Weise weiterspielen, allerdings nur Mahler, da ein
anderer Komponist eine zu starke stilistische Umschaltung erfordern würde. Und
Mengelberg selbst, der zu Beginn des Festes recht nervös und übermüdet aussah,
war am Ende der Konzerte völJig frisch und elastisch.
o

420
Ein äußeres Zeichen für den Erfolg, den Mahlers Schaffen vor einem inter-
nationalen Publikum errungen hat, bedeutet die Gründung eines Mahlerbundes. Er
soll keiner Vereinsmeierei dienen, denn nichts wäre weniger im Geiste dessen, der
das Wort gesprochen hat: "Tradition ist Schlamperei". Er soll aber helfen, die Auf...
führungen der Symphonien Mahlers dort zu fördern, wo die Mittel nicht reichen, darüber
zu wachen, daß nur gute Aufführungen zustande kommen, und endlich dazu helfen,
die Zwecke Mahlers den Zeitgenossen näher zu bringen. Alma Maria Mahler hat
das Protektorat des Bundes, Mengelberg den Ehrenvorsitz übernommen. Den Vor-
sitz führt Arnold Schönberg, von dem man sicher erwarten kann, daß alles ge-
schehen wird, im Geiste Mahlers zu wirken. .
Der Bund soll nicht zu einem formelhaften Kult führen, soll nicht den Buch-
staben pflegen, sondern das Werk lebendig erhalten. So wollte es Mahler, der un-
ablässig änderte und verbesserte, um den inneren Sinn der Werke mit möglichster
Deutlichkeit herauszuholen. Es war bei einer Probe der zweiten Symphonie, der letzten
Aufführung, die Mahler vor seiner Reise nach Amerika mit den Philharmonikern
dirigierte. Als bei der Stelle "0 Schmerz, du Alldurchdringer" die Singstimme nicht
genug deutlich zu hören war, strich er die Posaunenakkorde und sagte zum Orchester:
"Es kommt mir vor allem auf die Klarheit an. Heil dem Dirigenten, der in meinen
Partituren Änderungen anbringt, wenn der Raum und die Qualität des Orchesters
es erfordern, um die Intention herauszubringen In diesem Sinne soll der Mahler . .
lO

bund wirken.
a
Mit den Mahleraufführungen wurden noch Kammermusik-Aufführungen ver-
knüpft, die ebenfalls durch die geistige Einstellung erhöhte Bedeutung hatten. Pro-
fessor Alexander Schmuller, der am Konservatorium in Amsterdam als ausgezeichneter
Geiger wirkt, veranstaltete fünf Konzerte internationaler, moderner Kammermusik.
Der Erfolg dieser Konzerte gab Veranlassung, daß von einen Reihe Musikern aus
allen bei dem Feste vertretenen Ländern der Beschluß gefaßt wurde, dahin zu wirken,
daß derartige internationale Musikaufführungen jährlich in den verschiedenen Zentren
musikalischer Kultur stattfinden sollen, um dem gegenseitigen Verständnis die
Wege zu bahnen. Tatsächlich kamen ja beim Mahlerfest in Amsterdam zum
ersten mal Vertreter aller europäischen Staaten zusammen und begegneten sich mit
dem Wunsche, einander zu verstehen.
In richtige Hände gelegt und rein vom künstlerischen Standpunkt aus gel<itet,
könnten derartige internationale Musikfeste von großer Wichtigkeit sein.
a
Das Amsterdamer Mahlerfest bedeutet für alle Teilnehmer einen Anfang. Jetzt
ist Mahler und sein Werk nicht mehr Sache einer kleinen begeisterten Gemeinde,
sondern Angelegenheit der Allgemeinheit geworden. Amsterdam hat Mahlers Werk
ein überragendes Piedestal geschaffen und der Gedenkstein, der im Concertgebouw
mit den Reliefs Mahlera und Mcngelbergs errichtet wurde, ist ein äußeres Symbol dafür.
In Amsterdam sind aber auch die ersten Worte einer internationalen Ver...
brüderung ohne irgend einen politischen Hintergrund gefalIen. Das Individuum
tritt wieder in seine Rechte und beugt sich einzig vor dem Genie, ohne zu fragen,
welcher Nation oder welcher Partei es angehört. Dafür danken wir alle Mengelberg
~lnd seinen Helfel'n alll Werk.
o 0

421
U N G A R I s C H E M U s I K
11
Ungarische Bauernmusik*
Von BeIa Bartak, Budapest
\VCIlIl man über neuere ungarische Kunstmusik spricht, wird meistenteils
der Einfluß der ungarischen, d. h. magyarischen Bauernmusik erwähnt, welche
der ersteren gewisse EigentünIlichkeiten verliehen hat. Es wird vieI1eicht nicht des
Interesses entbehren, wenn wir nun auch einiges über letztere sagen, namentlich aber
in typischen Beispielen die besonderen Arten derselben vorführen.
Vor allem sei bemerkt, daß unsere Bauernmusik von den aIIgemein bekannten
ungarischen "National...Weisen'· grundverschieden ist. Diese sind volkstümliche
Kunstlieder von mehr oder minder bekannten, dem Herrenstande angehörenden
Autoren. Sie haben zwar einen gewissen exotischen Reiz, wodurch sie sogar die Auf..
merksamkeit eines Brahms oder Liszt usw. erwecken konnten; doch sie bergen
dabei auch viele gewöhnliche Wendungen, auch manches der westeuropäischen Musik
unfreiwillig Entnommene, Jedenfalls wurden sie in ihrer Entstehung auch durch
unsere Bauernmusik beeinflußt - daher ihr exotischer Zug; die Wechselbeziehungen
zwischen ihnen und unserer Bauernmusik sind jedoch einstweilen noch nicht klar.
Die von westlichem, resp. städtischem Einflusse freie, ältere magyarische Bauern. .
musik ist ungleich wertvoller; sie bietet durchaus ungewohntes in vollendeter Ge ..
staltung, weist nicht den geringsten Hauch gewöhnlicher Wendungen auf. Namentlich
wirkt sie durch das vollkommene Fehlen jeder, auf die Tonika ..Dominanten ..Ver ..
bindung hinweisende Melodieführung für das westeuropäische Ohr so ungemein
erfrischend. (Letzteres ist übrigens auch bei der übrigen osteuropäischen Bauern . .
musik der FalL)
Auf den ersten Blick bietet das gesamte Material unserer Bauernrnusik ein ziemlich
buntes, schwer übersichtliches Bild: Es enthält Melodien von - sowohl dem Alter,
als auch dem Ursprunge nach. - verschiedenen Musiktypen, Doch schon nach
einem kürzeren Studium ergeben sich - wie dies bereits im Programmbuch des
"Historischen Konzertes am 12. Jänner 1918" (Up.iversal-Ed,) dargelegt worden ist-
zwei Hauptkategorien, und zwar: Melodien älteren oder ganz alten Stils und Melodien
neuen Stils. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Kategorien, welcher schon
bei flüchtiger Betrachtung festgestellt werden kann, ist folgender:
Die neueren Melodien bewegen sich meistens im festen Marschrhythmus ; ihr
Aufbau zeigt eine Form CA A B A oder AB BA), die mehr oder weniger der kleinen
Liedform nahe steht; die älteren Melodien werden meistens par 1a n d 0 - r u bat 0
vorgetragen und entbehren eines ähnlichen Aufbaus, Eine wissenschaftliche Charak-
teristik der beiden Arten wollen wir hier unter1as~en; statt dessen verweisen wir
auf das oben genannte Programmbuch, wo dies eingehend besprochen wurde.
Die älteren Melodien sind - unseres Wissens nach - spezifisch magyarisches
Kulturprodukt; d, h, sie sind grundverschieden von den Melodie-Typen der an-
grenzenden Völker; über ihren Ursprung oder eine Verwandtschaft mit irgend einer
Stilart (z. B. gregorianische Musik, Choralmelodien usw.) ist nichts nachzuweisen.
Möglicherweise bergen sie, namentlich die an pentatonischen Wendungen reichen
... Hiezu eine Notenbeilage.

422
Melodien der Szekler in Siebenbürgen t gewisse Überreste e1ner asiatischen Musik..
kultur. Doch ist dies nur eine Hypothese; beweisen läßt sich in dieser Frage gar
nichtst nachdem es uns an genügenden Volksmusik .. Sammlungen der verwandten
Völker finno-ugrischer Rasse fehlt.
Die neueren Melodien sind zwar ebenfalls auf ungarischem Boden entstanden,
doch scheint ihre nffiodernereu Form, von welcher wir bereits spra.chen, für eine
gewisse westeuropäische Beeinflussung einen Beweis zu liefern. Trotzdem enthalten
sie so manche werkwürdige, vielleicht aus dem alten Stil herübergerettete, penta..
tonische Wendungen und, obzwar sich eine große Zahl derselben in ausgesprochenem
Dur-System bewegt, trifft man unter ihnen in fast ebensogroßer Zahl Melodien, die
in der dorischen, mixolydischen und aeolischen Tonleiter stehen.
Betreffs ihrer Entstehung können wir nichts sicheres feststellen, doch scheinen
sie in gewisser Beziehung zu den erwähnten nnationalen Kunstweisen zu stehen.
i
'

Recht merkwürdig ist das in die letzten 50 ~ 60 Jahre fallende rasche Emporblühen
dieses Stils: ein Revolutionsprozeß, welcher die herkömmliche alte Singweise
sozusagen gänzlich verdrängte. (Letztere wird heutzutage nur von Bauern höheren
Alters, nunmehr fast nur heimlich gepflegt.) Noch merkwürdiger ist es, daß diese
Revolution sich nicht auf den magyarischen Boden lokalisierte; sie griff auch die
Musikstilarten einiger Nachbarvölker, namentlich die der Slowaken und Ruthenen an.
Bei diesen Völkern singen die jüngeren Personen, natürlich mit unterlegten
Texten in ihrer eigenen Sprache, in der Mehrzahl nur diese neueren ffi:lgyarischen
Bauernme1odien, die entweder ohne Änderung von ihnen übernommen wurden, oder
aber bei der Übernahme gewisse, für das betreffende Volk recht charakteristische
Veränderungen erfahren haben. Wir müssen hier darauf verzichten, ausführlich über
diesen interessanten Vorgang zu sprechen; dies sei einer wissenschaftlichen Abhand.. .
lung vorbehalten.
Außer diesen zwei Kategorien, von denen jede für sich eine Einheit darstellt, gibt es
noch eine große Zahl Melodien von der heterogensten Art, die mehr oder minder
eine wahrscheinliche DUTchsickerung westeuropäischer Musikkultur aufweisen. Diese
Melodien sind von geringerem Interesse, jene ausgenommen, in welchen der Stempel
Osteuropas ganz bestimmt erkennbar zu Tage tritt.
Das Int~ressanteste, Anreg~ndste und Wertvollste bieten jedenfalls die Melodien
"alten StiIs u : ein Beweis dafür der Umstand, daß die rückständigen Musiker unseres
Landes, für die nur die nationalen Kunstweisen als ungarische Volksmusik gelten,
ihnen mit offener Feindseligkeit gegenüberstehen.
Einige Haupttypen dieses angefochtenen Materials sind als Proben in der
Notenbeilage zu diesem Heft enthalten.
Die Melodien Nr. 20-25 zeigen eine Formgestaltung, auf die besonders hin-
gewiesen werden muß: die zweite Hälfte der Melodien (3. und 4. Melodienzeile)
ist ungefähr die Wiederholung der ersten Hälfte (1. und 2. Melodiezeile) um eine
Quinte tiefer. Dieser Form, wenn auch nicht denselben Melodien, begegnet man im
slowakischen und mährischen Material ziemlich häufig, so daß es sich vorläufig
nicht entscheiden läßt, bei welchem Volke sie sich zuerst entfaltete.
Beispiele für ähnliche Formbildung sind ferner Nr. XX aus meinen Klavier-
stücken "Für Kincler(j und Nr. 12 aus den Klavierstücken "Ungarische Bauernliederu.
Sonstige Beispiele für ältere Melodien sind: Nr. XVI, XXXIV, vielleicht auch
XLI aus "Für Kinderu, Nr. 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 11 aus "Ungarische Bauernlieder"

423
und 1, 2, 3,4, 5 Notenbeispiel im Programmbuche des I,Historischen Konzertes<!.
Beispiele für neuere Melodien sind alle übrigen Melodien im letzteren, ferner
Nr. XIV, XV, XVIII, XIX, XXXIII, XXXVI, XXXVII aus "Für Kinder".
Zu der zuletzt erwähnten dritten Kategprie finden wir die Beispiele!
Nr. VII, XI, XXVII, vielleicht XXVIII, XXXII aus "Für Kinder" und vielleicht
N. 14 aus den "Ungarischen Bauernliedern'"i,
Die Melodien älterer Kategorie haben, wie aus den Beispielen ersichtlich, einen
ziemlich einheitlichen, für manche Musiker vielleicht sogar allzu schablonenhaften
Charakter, was jedoch bei der Bauernmusik einer einzigen Epoche eben nicht
anders möglich ist. Man erkennt gerade an dieser Einheitlichkeit des Stiles die
Zusammengehörigkeit der Melodien einer Epoche. Abgesehen von der Vollkommen-
heit und der anregenden Frische der Melodienführung war uns namentlich das
Vorfinden und Studium der parlando-Deklamation in diesem Material für die
Schaffung einer Deklamation in vokalen Werken von ungemein großer Wichtigkeit.
Wir hatten in der ungarischen Kunstmusik überhaupt keine Traditionen, auf denen
wir weiterbauen gekonnt hätten. Die deklamatorischen Versuche in vokalen Werken
unserer Vorgänger waren nichts anderes, als Nachahmungen westeuropäischer
Schablonen, die sich mit dem Rhythmus der ungarischen Sprache schlecht vertrugen.
Debussy konnte zu der Deklamation der alten französischen Musik zurückgreifen,
um siSh von der Wagnerschen Deklamation zu befreien. Wir haben außer diesen
par 1a n d 0 ... Bauernmelodien nichts, womit wir diese Frage hätten lösen können.
o 0

u s I K I N A M E R I K A
Von Cesar Saerchinger, Berlin
Das Musikleben Amerikas hat während des Krieges einen außerordentlichen
Aufschwung genommen. Wie in anderen Ländern, hat sich das Volk auch hier der
Musik mehr zugewandt, sei es um Zerstreuung, sei es um Trost in der Zeit der
Zwietracht ur.d des Leidens zu finden. Speziell in den mittleren Kriegsjahren erlitt
das Theater einen bemerkbaren Niedergang unter der allgemeinen geistigen
Depression, während die Konzertsäle ständig gefüllt und überfüllt waren. So ergab
sich denn auch die Notwendigkeit einer Erweiterung der musikalischen Organisation
und neue Orchester und neue Chöre erstanden überall. So hat New-York jetzt ein
drittes ständiges Orchester bekommen (das National Symphony Orchestral, dessen
Dirigenten in der nächsten Saison Artur Bodansky und Willem Mengdberg sein
werden. In Chicago wurde ein zweites Orchester geschaffen und in Detroit, Los
Angeles und anderen Städten zum ersten Male eigene Orchester mit großen nnan...
zieHen Garantien gegründet.
Aber auch die Qualität der bestehenden Vereinigungen hat sich verbessert. In
New . . York stehen das Philharmonische Orchester, welches zu Mahlers Zeiten aus
einer kooperativen Vereinigung in eine festbesoldete, ständige Körperschaft umge...
wandelt wurde und das New . . Yorker Symphonie . . Orchester auf der höchsten tech...
nischen Höhe, die sie je erreichten. Ersteres unter Stransky gibt über hundert
Konzerte im Jahr und macht durch billige Eintrittspreise auch weniger begüterten
Klassen die groBen symphonischen Werke zugänglich. Letzteres, unter Walter Dam-
rasch, hat sich in diesen Jahren mehr für moderne Musik eingesetzt, besonders für

424
die französische Richtung und gibt ebensoviele Konzerte vor einem etwas gewählte ren
Publikum.
Außer diesen Orchesterkollzerten hat New . . York noch Gastkonzerte der Bostoner,
Philadelphiaer und anderer Orchester. Das Philadelphia Orchester unter Leopold
Stokowsld hat eine besonders hohe Stufe erreicht, sowohl in klanglich . . technischer
Beziehung, als im Ausdruck und in dem großzügigen Aufbau der Programme. Gute
Orchester befinden sich auch in Cincinnati (Eugene Ysaye), Cleveland, Minneapolis,
St. Louis, San Francisco (Alfred Hertz), Seattle und anderen Städten. Viele dieser
Vereinigungen bereisen einen Teil.des großen Landes, oder versorgen benachbarte
Städte, so daß über den größten Teil der Vereinigten Staaten ein Art Konzertnetz
gesponnen ist. Die Teilnahme des Publikums ist überall stark und besonders in den
letzten Jahren sehr gewachsen.
Viele Kräfte tragen zum Wachstum des musikalischen Interesses bei. In erste r
Linie sind es die gesellschaftlichen Musikvereine, die auch in den kleinsten Städten
erstanden sind, wo sie oft die Forn1.cn von Musikstudienklubs annehmeon. Die
Leiter dieser Klubs, weIche iede Saison hindurch außer KonzertveranstaItungen auch
Vorlesungen und Besprechungen über Musik und Musiker abhalten, sind über-
wiegend Damen. Ein Verband, dem die meisten dieser Vereine angehören, hat
hunderttausende von Mitgliedern und gibt eine eigene Zeitschrift heraus. Chol'ver . .
einigungen sind natürlich überall vorhanden, und zwar große OratoriewGesell-
schaften, die jedes Jahr einige Meisterwerke dieses Genres aufführen und Madrigal-
chöre und allgemeine gemischte Chöre im Stile der "Schola Cantorum zu New . .
U

York. Diesen schlfeßen sich die zahlreichen Gesangvereine nationaler Färbung,


voran die deutsch-amerikanischen Männerchöre, an.
Zu besonderer Bedeutung gelangte gerade während des Krieges eine Bewegung,
die das sogenannte "geseIIige SingenIl (community singing) förderte. Riesengroße
improvisierte Volkschöre entstanden überall, unter Leitung von gewissen, typisch
amerikanischen Persönlichkeiten, ßie mit Energie und persönlichem Magnetismus
die Masse zu Leistungen hinrissen, die man ohne eingehende musikalische Schulung
nicht für möglich gehalten hätte. Die im amerikanischen Volke so reichlich vor-
handene natürliche musikalische Begabung kam dadurch manchmal auf verblüffende
Weise zum Ausdruck, in großen nSangesfestenU unter freiem Himmel, in historisch . .
symbolischen Volksfestspielen und (nach Ausbruch des Krieges) in patriotischen
Kundgebungen. Diese Art des Volksgesanges ersetzte in der improvisierten ameri-
kanischen Armee vielfach die gewöhnliche Militärmusik und die sogenannten "Ge-
sangleiter" wurden eine behördlich anerkannte Einrichtung jedes Regimentes. Da s
Singen einzelner Regimenter, so besonders der Negertruppen der Südstaaten, wurde
berühmt und rief außerordentliche Begeisterung hervor.
Diese natürliche Grundlage wird meiner Ansicht nach der Ausgangspunkt der
zukünftigen amerikanischen Musikkultur werden. Trotz einer gewissen Zurück. .
haltung der Massen - einer Erbschaft der englischen "reserve'\ welche z, B. für die
r,stummen Kirchengemeinden verantwortlich ist -liegt doch im Volke eine vielleich t
Il

unübertroffene natürliche musikalische Begabung. Die Mischung der Rassen und


deren Vereinheitlichung zu einem neuen National. . Charakter gibt dieser Bz.gabung
auch besondere Ausdrucksformen, die sich bereits jetzt in der schöpferischen Tätig--
keit gewisser alncrikanischer Musiker geltend machten. In verschiedenen Teaen des

425
Landes ist sogar das Werden des Volksliedes noch im Gange, dies allerdings haupt-
sächlich wieder bei der "gefärbten" Rasse (Neger).
Aber auch das übrige Volk hat ein reges musikalisches Bewußtsein, ,weIches
besonders bei der Jugend zum Ausdruck kommt. Man kann dies oft beobachten,
wenn man des Abends auf dem Lande oder in kleinen Städten junge Leute zu. .
sammen in der freien Luft bei der Ausübung einer naiven musikalischen Praxis -
des sogenannten "chording U , einer Art mehrstimmigen Improvisierens - belauscht.
Im Volksmunde heißt diese Art der Harmonie wegen ihrer meist banalen Wendungen
"Barbierakkorde" (barbershop chords). Trotzdem kommt darin oft entwickeltes
harmonisches Gefühl und natürlich gebildetes Gehör zum Ausdruck.
Auch in der musikalischen Volksbildung sind in den letzten Dezennien große
Fortschritte gemacht worden. Schon lange ist das englische "Tonic sol-fa"-System
mit gewissen Änderungen an den meisten Schulen eingeführt worden und der
musikalische Unterricht (d. h. Blattsingen, Melodien und Akkorde nach Diktat
schreiben sowie allgemeine Gehörausbildung) ist fast überall eingeführt. Im An-
schluß daran hat man an allen höheren Lehranstalten Musikkurse, und zwar haupt-
sächlich für allgemeine Ästhetik, mit besonderer Rücksicht auf die Analyse be-
rühmter Musikstücke durch praktisches Zuhören eingerichtet. Auch Musikgeschichte,
Harmonielehre, Kontrapunkt werden als fakultative Fächer auf den Colleges
und Universitäten gelehrt und von vielen Dilettanten und zünftigen Musikern
besucht, obwohl letztere im allgemeinen natürlich die Konservatorien vorziehen.
Das große Problem der amerikanischen Musikkultur liegt in dem Mangel an
bodenständigem Nachwuchs für die Orchester. Zur Zeit bestehen noch fast alle
Orchester aus - wenn auch naturalisierten - Ausländern, obwohl es genug ein. .
heimische talentierte Instrumentalisten gäbe. Diese alle streben aber die SoIlstenlauf. .
bahn an und nUr wenige gebürtige Amerikaner wollen sich damit begnügen, als
Glied eines, wenn auch noch so hochstehenden Kunstkörpers ihr Leben zu ver...
bringen. Man hat es hier mit einem nationalen Charakterzug zu tun, der dem Hange
nach "demokratischer« Gleichberechtigung entwachsen ist. Der allzurege Geschäftssinn
des Einzelnen, der auf große Karriere und hauptsächlich auf großen Gewinn ge-
richtet ist, beeinträchtigt natürlich die Entwicklung eines bescheideneren sachlichen
Ehrgeizes, das Entstehen einer heimischen Musikerzunft.
Die fremdrassige Zusammensetzung der Orchester hat auch die fortdauernde
Besetzung der DirigentensteIlen mit Ausländern zur Folge und diese bedauerliche
Notwendigkeit steht der gerechten Würdigung einheimischen musikalischen Schaffens
noch immer im Wege. Daß dennoch die musikalische Produktion an Bedeutung und.
Umfang derartig gestiegen 'ist, daß sie in absehbarer Zeit den meisten europäischen
Völkern ebenbürtig sein dürfte, ist eine unanfechtbare Tatsache. Aber solange wir
nur gute amerikanische Sänger, aber keine geschulten Kapellmeister haben, werden
eben nur lyrische und solistische Arbeiten zur Geltung kommen.
Die Sanierung dieser Verhältnisse ist nur zu erwarten, wenn die Regierung, die
bis jetzt grundsätzlich an jeder kulturellen Angelegenheit desinteressiert ist, durch
offizielle Anerkennung und Auszeichnung aller tüchtigen bodenständigen Künstler
neuen Ehrgeiz des künstlerischen Ensembles erzieht und wenn staatliche Subvention
mit der privaten Unterstützung Hand in Hand geht und die materielle Lage der
einzelnen Musiker auf das höchstmöglichste Niveau hebt. Außer diesem Übelstand
sind in Amerika alle Voraussetzungen für eine wirklich künstlerische Produktion

426
gegeben. Nirgends in der Welt außer Deutschland gibt es ein Land von der Größe,
der wirtschaftlichen Bedeutung und der kulturellen Dezentralisation Amerikas. Nicht
wie Frankreich, England und selbst Rußland, wo aUe Fäden in der Hauptstadt
zusammenlaufen, sondern mit Dutzenden weit von einander entfernten Großstädten,
die selbständig doch in dauernder Verbindung stehen. Überall häuft sich Reichtum,
mehrt sich lokaler Wohlstand und überall wächst der Ehrgeiz, auch auf geistigem
und ästhetischem Gebiet Eigenes zu schaffen.
So wird Amerika nicht ein Musikzentrum, sondern viele haben, nicht ein e
amerikanische Schule der Komposition, sondern verschiedene werden entstehen, beein...
f1ußt durch die Volksmischungen, Natur und klimatische Verhältnisse und Dialekte
verschiedener Art. Es gärt überall, und niemals war das Ziel so nahe als jetzt.
o 0

F R A N z s c H M I D T
Von Balduin Bricht, Wien
Jeder eigenartige Künstler ist und bleibt Problem. Jedes eigenartige Kunstwerk
ist so lange Problem, bis es in das Zeitbewußtsein eingegangen, von diesem assi . .
miliert ist. Mehr noch als in den anderen Künsten ist jetzt in der Musik die
Problemsuche auf der Tagesordnung. Den Musiker veranlaBt der Anblick der
gesprengten überlieferten Formen und Ausdrucksgrenzen, die Wünschelrute zur
Hand zu nehmen, um die Stelle aufzuspüren, wo seine Begabung, geheimnisvoll
angeregt, den Ausschlag geben werde. Ähnlich der moderne Beurteiler und Empfänger,
der in der neuen Musik den Widerklang der von vielen, zuvor nie geahnten Impulsen
bewegten Weltseele hören will. Von den Frühlingsstürmen der Neuzeit umbraust,
ist es dem Künstler, :dem Wissenschaftler, dem Kritiker, dem Publikum schwer
genug, die Orientierung zu finden und einzuhalten. Beruhigend, wegweisend vielleicht
sogar mag der Anblick eines Künstlers sein, dessen Schaffensart durch die den
Äther erfüllenden Kampfwellen nichts von ihrem eingeborenen, gesetzmäßigen
Ablauf verliert, der, sich selber treu, die geistige Bedeutung und den inhaltlichen
Wert des Ererbten hochhält, zugleich aber mit wahlverwandtschaftlichem Erfassen
das seinem Wesen angemessene Neue sich aneignet. Wir haben hier den Wiener
Musiker Franz Schmidt im Auge.
Will man die Erscheinung Frant Schmidts richtig würdigen, muß man zunächst
wissen, daß er ein Könner ist, ein starker Professional, im Sinne jenes anderen
deutsch. .ungarischen Franz, Franz Liszts. Er hat die immer seltener werdende, über
alle Gebiete des Musiktechnischen ausgebreitete Kapazität als Ausübender, als
gedächtnistreuer, zuverlässiger Kenner, als schlagfertiger Beurteiler, als einer, d~m
der handwerksmäßige Meistergriff jeden Augenblick zur Verfügung steht. Manchen
der vielbewunderten Könnerstreiche des Partiturenhelden Liszt könnte Schmidt
ohneweiters nachtun. Von dem Cellopult des Orchesters des früheren Hofoperw
theaters kommt er her, seit Jahren ist er Leiter einer Ausbildungsklasse für Klavier
an unserer Musikhochschule, nebenbei hat er eine bunte Reihe von Privatschülern
um sich versammelt. Seine Vielseitigkeit wird erst durch seine helle Klarheit richtig
beleuchtet, diese aber wird durch sein natürliches, von jeder Selbstbespiegelung
unberührtes Wesen besonders eindrucksvoll und sympathisch. Ein Künster, dem

427
die Kunst durchaus zur Natur geworden ist. Hier die Rezension eines Berufens ten
über Schmidt. Es werden Lieder gesungen Schmidt begleitet. Unten sitzt Mahler
1 1

neben ihm sein Famulus Wilter. Walter wird auf den Begleiter aufmerksam 1 den
er nicht kennt. 1,Wie?" ruft Mahler in seiner entzündlichen Art, nden kennen Sie
nicht? Das ist Franz Schluidt, der musikalischeste Mensch von Wien". Walter hat
dieses Wort Mahlers oft zum besten gegeben, sicher aber dann, wenn sich Leute
meldeten, die, anstatt verstehen zu wollen, auch dem Schmidt das Recht auf seine
Persönlichkeit nicht zuerkennen wollten.
An dieser Stelle ist es vornehmlich der Komponist, der unsere Aufmerksamkeit
erregt. Drei Werke sind es bis jetzt, mit denen er sich dem Urteile der Öifentlichkeit
gesteHt. Zwei Symphonien und die Oper I1N6tre dame!', Das ist in einer Zeit der
rasch ansteigenden Opuszahlell sicherlich nicht imponierend. Ein Orge1 . . Variationen. .
werk eigener Komposition, das er selbst auch vortrug, hat bei den Hörern Erfolg
gehabt, bei ihm nicht, er hat es aus der Welt geschafft. Ein lIaufgewälzter Taten. .
berg" ist es also nicht, auf den sich Schmidt zu stellen vermag und da er auch in
l~einem seiner \Verke mit bewußten Neuerungsabsichten oder gar kämpferischen
Revolutiollsgedanken auftritt, vielmehr mit dem Freimute der echten, aufrichtigen
Bescheidenheit sich als Jünger unserer kl2.ssischen rvleister bek ennt, so deutet das
allgemeine \Wohlgefallen, das diese Kompositionen in aUen Heerlagern erregten, auf
besondere Qualitäten dieser Musik hin.
Alles in allem: Jeder Hörer merkt sofort und Ilnausgesetzt, daß hier ein Voll-
billtmusiker am Werke ist, dem die Erfindung in elementarer Reinheit und Fülle
zufließt, der das Gestalten mit überragender Treffsicherheit vollbringt. Es mag dahin-
gestellt bleiben, ob der Komponist in seinem Schaffen bewußt von den Vibrationen
einer sich emporringenden Weltanschauung erregt ist, ob jene physisch-psychischen
Wechse1wirkungen, die nach den neuen Erkenntnissen unser Dasein geheimnisvol1
umfließen, auch der Musik ein wunderbares Neuland, erfüllt von subtiler Atmo-
sphäre erschlossen haben, in Schmielts Schöpfungen ihr Lichtspiel treiben. Also ist
Schmidt letzten Endes gar ein solcher, den die wortfertige Jugend einen "Konser-
vativen U heißt? Nichts weniger als das. Wie er innerhalb der Gesetzmäßigkeit der
Form - "Ihr stellt sie selbst und folgt ihr dann" sagt Sachs - die größte Be-
wegungsfreiheit gewinnt, das ist ebenso fortschrittlich, modern, original, wie seine
neuartige Auswirkung der TonaIität1 seine auch die entlegenen MÖ'glichkeiten
erfassende, dem Ausdruck dienende Harmonik, seine oft in reichkombinierter
Farbengebung, freilich immer VOn Schrullenhaftigkeit freie Instrumentation. Seine
zweite Symphonie läßt alle die Fa,etten seiner Satzkunst aufglänzen. Gleich die Art,
wie das Thema ohne erst anzuklopfen, ins Haus stürzt, die Klarinetten, neben Oboe
und Englisch-Horn Lieblingsinstrumente Schmidts, sich der Führung bemächtigen,
um so das Vorwärtshasten der motivischen Bewegung und den Abschluß des Haupt-
themenbestandes herbeizuführen, gibt die Kompositionsweise des Musikers wieder,
dessen Inspiration stets in der weitgeschwungenen WeIlenlinie der Melodie
heranschwebt, indes die Harmonik, gleichsam instinktiv empfundene, fertige
Orchesterharmonik den Melodiekörper auf Flügeln trägt. Wer den Sinn dafür
hat, muß es gleich erkennen: Diese Musik ist nicht erdacht, sie ist gefunden.
Noch bestimmter wird diese Einsicht durch die Beobachtung, wie die anscheinend
musivisch gefügten Variationen der zwei Schlußsätze der eingehenderen Analyse
sofort als organische Bestandteile des Ganzen, organisc....~ auch ua tereinander ver . .

428
bunden, erscheinen. Die Variation, so selbständig sie sich geberdet, ist Partikel des
symphonischen Bauplanes. Und auch das ist unverkennbar, daß die auf neuen,
oder doch erneuerten Bahnen einherschreitende Orchestration das ist, was die ältere
Naturkunde als generatio aequivoca bezeichnete, klangliche Urzeugung, die durch keine
Vorarbeit am Klavier, keine Skizze eingeleitet wurde. Wirklich hat Schmidt meines
Wissens nie ein Stückchen Kammermusik,. nie ein Lied geschrieben. Er empfängt
seine Ideen fix und fertig orchestriert, also' nur Orchesterideen. Einseitig, wenn man
will. Aber gerade darum unstreitig echt.
Diese zweite, auch im Temperament zu dionysischem Schwunge gesteigerte
Symphonie überflügelt die erste, die in E dur; aber auch in dieser seiner Erstlings,
schöpfung sieht man den Komponisten auf stattlicher ideeller Höhe und als kraft,
vollen Beherrscher des ganzen Apparates. Auch diese erste hat überall, wo sie auf,
geführt wurde, lebhafte Zustimmung gefunden, auszeichnend geradezu war die
Aufnahme gelegentlich der Aufführung bei den Wiener Philharmonikern. So mag
nun weiters die Betrachtung des Bühnenkomponisten, des Autors der Oper "Nötre
dame" den Eindruck ergeben, daß die romantisch gesteigerte Gegenständlichkeit der
Vorgänge, ein in höhere Sphären gehobener Verismus, wie er in dem Roman
Victor Hugos zu starken Spannungen sich gestaltet, die Phantasie des Tondichters
erregte. An dem Texte hat er, auch da willensbewußt, mitgearbeitet. Gelegentlich
der vorjährigen Jubiläumsfeier des Operntheaters hat man die Oper, von
Schmidt selbst dirigiert, nach längerer Pause wieder gehört und konnte sich
aller Vorzüge der wertvollen und wirksamen, gut theatermäßigen Komposition
erfreuen. Charakteristische Melodik rückt jeden Vorgang und jede Person in die
richtige Beleuchtung, die Szene findet die treffende, doch niemals ins Kleinliche
. sich verlierende Untermalung, dem Gesange ist an der wohlgewählten Stelle das
breitere, melodiöse Ausschwingen gestattet und wenn dann der Symphoniker den
dramatischen Komponisten unter den Arm nimmt, wie im Zwischenspiele und in
der Karnevalsmusik, zwei in Klangreizen prangenden, doch szenengerechten Stücken,
so wird der vorsichtigste Beurteiler die Berufenheit Schmidts zum Musikdramatiker
nicht in Zweifel ziehen können. •
Die Zeit seit Fertigstellung der "Nötre dame",Partitur hat reifende Erfahrung,
gekräftigtes Selbstbewußtsein, ein Weiter, und Höherrücken der Ziele und Mittel
des musikdramatischen Ausdruckes gebracht. In seiner allmählich· der Vollendung
entgegengehenden neuen Oper, deren HeIdin die fränkische Fredigundis ist, die
Hauptgestalt in dem fünften der dreizehn "Kleinen Romane aus der V ölkerwanderung(~
von Felix Dahn, wird sich die Theaterkunst Schmidts in voller Meisterschaft zeigen.
Man hört oft die von einem glücklichen, aber gewiß einseitigen Beobachter auf,
gestellte Behauptung, die Fruchtbarkeit sei eine Probe auf die Begabung. Die so
sprechen, wollen die Tücke des Objektes nicht gelten lassen, verschließen die Augen
vor den Lebensschicksalen gerade so manches deutschen und österreichischen
Komponisten. Franz Schmidt ist mit einer so naturwüchsigen, innerlich festen,
äußerlich anspruchslosen, dabei auf hohem Bildungsniveau stehenden Art aus,
gestattet, daß er wahrhaftig kein Gegenstand einer mit Bedauern gemischten Anteil,
nahme ist. Richtig ist es aber doch, daß die von den Umständen erzwungene
Tagesfron so Muße als Muse bedrängt. Franz Schmidt hat seine beste, schaffensfroheste
Zeit noch vor sich. Vielleicht, wir hoffen es bestimmt, wird die Zauberin Fredigundis
das erlösende Wort sprechen.
o 0
429
WESTDEUTSCHE MUSIK STÄDTE
Von Rudolf Kastner, Köln
Fuhr man in früheren Jahren zwischen Frankfurt am Main und Düsseldorf als
Kunst...Publizist zu irgendeinem Ereignis, konnte man häufig im Coupe des
n . . zuges einen Herrn sitze.n sehen, der vornübergebeugt einer für Eisenbahnfahrten
nicht ganz selbstverständlichen Beschäftigung huldigte: geneigt über eine Miniatur-
Schreibmaschine, die er auf seinen Knien wippte, tippte er wütend drauflos; das
Tick-Tack des Filig'rawMaschinchens ging mit dem Räder-Tack-Tack der schweren
WagewAchsen um die Wette, als ob es einen rhythmischen Rekord zu schlagen
gälte. Dieser Mann sah nur manchmal flüchtig vom Coupe in die lachende Rhein-
landschaft hinaus, wo dann sein funkelndes Auge aufleuchtete im Sonnenlicht; es
war Otto N ei t z e 1, der seine Kritik über ein gestriges Konzert schrieb, während
er schon von Köln unterwegs war nach Düsse1dorf, Krefeld oder sonstwohin, um
einen Klavierabend zu veranstalten, über die 11Salome~~ einen Vortrag zu halten oder
in einem seiner Konservatorien unterwegs ein Klavier . .Kolleg zu geben. Kam man als
Freund zu ihm ins Coupc, unterbrach er auch gern die Arbeit: "Plaudern wir, das
Referat schreib' ich dann nachts, in der neunzehnten Arbeitsstundz des Tages; vier
zum Schlaf bleiben immer noch übrig." Dann ging es los: geistreiche Witze flogen
durch das Coupe, glänzende Worte über lVIusik und lVIusiker, über Politik, Welt-
wirtschaft, kurz über alles, was Leben heißt. Einer der feinsten Köpfe Musik...Europas
war er, ein InternationaIist und wahrhafter Pazifist, von welchen wir mehr noch
gebraucht hätten ...
Diese Begegnung kann einem heute bei einer Rheinreise nicht mehr passieren, '
denn Neitzel ist tot. Vor einigen Wochen starb er, nachdem ihm tückische Krankheit
die letzten Lebensjahre verleidete, der Weltkrieg den Weltmann an der Welt selbst
verzweifeln ließ... Es bleibt von Neitzel: das Andenken an einen prächtigen
Menschen vom Schlage Mark Twains, an einen au~gezeichneten Pianisten, der einst
Init keinem geringeren als mit Sarasate spielend durch die Länder zog, an einen
vorbildlichen Musik-Kritiker, der auch - noch aus der Lisztschen Fortschritt-Sphäre
stammend - der Moderne bis zu einem gewissen Punkte feuriger Schrittmacher
war, einen der interessantesten Typen des Musik...Kosmos an der Säkular...Wende.
Eine Woche lang mußte der tote Neitzel warten, bis er in die Erde gesenkt wurde,
denn ein Generalstreik im besetzten Köln erzwang es. Es war, als ob die Erde ihn
noch gar nicht haben wollte, den ewig Lebendigen, ewig Geistesprühenden ! Ich sehe
ihn fast darüber. noch lachen ...
o

Auf Rheinreisen hat man aber jetzt andere kosmopolitische Begegnungen: in


Mainz Senegal . . Neger, in Wiesbaden Franzosen, in Koblenz Amerikaner, in Bonn
wieder Franzosen, am Kölner Dom Briten, in Aachen aber Belgier. Eigentlich hätte
ich also eine musikalische Völkerkunde zu schreiben, wobei die verschiedenen
Instrumente, die die M_usikbanden der alliierten Armeen in den rheinischen Städten
klingend aufziehen lassen, auf eine historische Formel zu bringen wären. Doch das
deutsche Musikleben geht trotzdem seinen Gang weiter, ja die Briten, Franzosen
und Belgier nehmen lebhaftesten Anteil daran, in den Konzertsälen und Opern-
häusern sieht man neben unseren' deutschen Frauen, die ünmer dominieren, viele

430
Khaki, und blau,rote Uniformen. Hier wird im Zeichen Beethovens, Schuberts oder
Mahlers Wilsons vorläufig zur Utopie verurteilter Völkerbund schon friedsame Wahrheit.
In Fra n k f ur t hörte ich kürzlich ein Opernhaus,Konzert. In einer Proszeniums'
Loge sitzt Edith Walker, sie singt nicht, applaudiert aber temperamentvoll dem
ganz farnosen Gustav Brecher, der eben nach Beethovens Vierter die erste Sinfonie
von Mahler mit .feinstem Stilgefühl und koloristischer Noblesse dirigiert. Brecher
ist sicher einer der originellsten Charakterköpfe unter den heutigen Dirigenten.
Seine Taktier,Technik umgeht mit Vorliebe jede Schablone, er zeichnet seltsame
Linien und Arabesken in die Luft, die ein fremdes Orchester vielleicht zunächst
verduzen könnten, aber die mit ihm in Kontakt stehenden Künstler zu höchster
Klangkultur und schwebender Melodik inspiriert. Er ist höchst sensitiv, geht dem
Kunstwerk analytisch zu Leiber viviseziert es gewissermaßen. Das psychologische
Filigran interessiert ihn mehr als die wuchtige Linie.
An Ruf übertrifft ihn bereits Wilhelm Furtwängler, der eben im Zenit
eines europäischen Ruhmes steht. Kann man ihn doch binnen einer Woche, wie mir
das passierte, in Frankfurt Bruckners titanische nAchte", in Mannheim Pfitzners
ffPalestrina und am dritten Tage in Berlin Beethovens "Neunte" dirigieren sehen
U

und hören. Und empfängt immer die allerstärksten Eindrücke einer e1ementaren t
impulsiven Musikerseele t die wirklich den heute oft zur Phrase gewordenen "großen
Zug" besitzt, die die Sinfonie plastisch von irgendeinem zentralen Erlebnis,Punkt
aus erfassend, auf diesen hin aufbaut und doch keinen Takt unlebendig läßt. Über'
morgen aber dirigiert Furtwängler schon in Wien, einige Tage später in Stockholm
und so geht das im circulus virtuosus fort - das arme Mannheim hat das Nach,
sehen. Es ist und bleibt t wie die meisten der vielen deutschen Musikstädte, immer
nur Sprungbrett für große Begabungen. Von hier aus ging ja auch Bodansky nach
New, York. Dabei hat dieses Mannheim einige der schönsten Konzertsäle mit beispiel-
hafter Akustik, ein kultiviertes Orchester und führt seinen Musikruhm bekanntlich
zurück bis zu den eigentlichen Konstrukteuren der klassischen Sinfonieformt zu
Stamitz, Cannabich t Richter, bei welchen der kleine Mozart auf seinen Pariser
Reisen so vieles gelernt.
Aus Frankfur t ist (wie schon oft in diesen Blättern) zu registrieren, daß es
Ruhmes,Geburtsstätte des heute im Mittelpunkt aller Opern-Diskussionen stehenden
Franz Schreker ist. Frankfurt hat der Reihe nach alle Opern Sehrekers zur Ur'
aufführung gebracht: nFerner Klang li t nSpie1werk und Prinzessin . . , die nGezeichneten"
und jetzt den .Schatzgräber". Über diese Werke und seinen Schöpfer ist in den
"Blättern des Anbruch" genügend gesprochen worden; hier sei nur d.er Hochstand
gepriesen, den die Frankfurter Oper mit dieser Schreker,Propaganda erreicht hat.
Rottenberg, der im allgemeinen ein mehr nach innen gerichteter, feingeistiger
Musiker ist und weniger plastischer, Kontrastwirkungen zugeneigter Operndirigent,
hat eminente Verdienste um Schreker, übrigens ebenso früher Intendant Volkner
wie jetzt Geheimrat Zeiß. Im Musikleben Frankfurts, das literarisch fast allen
anderen deutschen Städten gegenüber durch Paul Bekkers in der "Frankfurter
Zeitung" ausgeübte kritische Geistigkeit bevorzugt wird, geschieht demnächst insofern
ein großer Umschwung, als der große Sinfoniezyklus der Museumskonzerte nach
zehnjähriger Leitung Willem Mengelborgs an Furtwängler übergeht. Hoffent,
lieh wird damit auch der für das KunstIeben unzuträgliche Konflikt zwischen

431
Museumsgesellschaft und Presse beigelegt. Sind doch seit etwa sieben Jahren keine
Kritiken über diese Konzerte erschienen!
Eine inzwischen gegründete neue "Gesellschaft für Kunst und Kultur« hat ihrer ...
setts mit zwölf Kammermusik,....Konzerten außerordentlich verdienstlich gewirkt. Man
hörte hier von dem trefflichen Re b n e r. . Quartett,. von dem ganz vortrefflichen, zweimal
mit dem Rubinsteinpreis gekrönten Klavieristen Alfred H 0 e h n, den famosen Sängern
Rehfuss und Frau Kämpfert Musiken von Schön berg, Schreker (mit
Assisten; die heiden Kamm~rsinfonien als interessanteste Experimente des Winters),
ebenso Werke des ausgezeichneten Bernhard Sekles, der mit Bühnenwerken und
besonders tiefgründiger Kammermusik das schaffende Frankfurt repräsentiert, und
dann: noch des jungen H indemi th. Lautes Lob zu singen ist von dem Frauenchor
Margarete Dessoffs. Sie ist die Tochter des berühmten Dirigenten Otto Dessoff
(Siebzigerjahre Wiener Hofoper) und hat ihren Frauenchor durch rastlose künstlerische
Arbeit zu einem verblüffenden Klangkörper erzogen, der die ganze alte a capell.-
Literatur ebenso meisterhaft stiltein singt, wie die kühnsten Vokalimpression.en
Erwin Lendvais, dieses noch viel zu wenig beachteten ungarischen Musikers. Der
Dessoffsehe Frauenchor ist ein Unikum, schade, daß seine Wirksamkeit nur auf
Frankfurt beschränkt bleibt.
o

Eine kleine D'Zugsstunde führt von Frankfurt in das wundervolle Wie s bad e u.
Im ehemaligen Hoftheater unterhielt Kaiser Wilhe1m früher seine prunkvolle Oper,
in der es alljährlich zu den Festspielen hoch herging. Wilhelm ist in Amerongen und
die Republik Deutschland kann Wiesbaden keine Subvention zahlen. Und so geht
die Wiesbadener Oper einem fragwürdigen Schicksal entgegen. Was wird mit den
vielen trefflichen Künstlern, mit dem ganz ausgezeichneten Orchester geschehen?
Französische Kapitalisten hatten mit ihren Bewerbungen bisher kein Glück, denn
Wiesbaden will trotz der Okkupation keineswegs französisch werden. Hoffentlich
wird bald ein Modus gefunden, der die Situation rettet.
Inzwischen ist das musikalische Schwergewicht in den goldüberladenen Kurhaus'
saal verlegt worden. Hier hat einer der feinnervigsten Dirigenten der jüngeren
deutschen Musiker.. Generation, Kar! S eh u r i eh t, ein eigenes Orchester zu einer
klanglichen Sublimität, zu einer rhythmischen Elastizität in mühevoller Arbeit empor'
erzogen, wie sie nur wenigen Orchestern eignet. Der Lohn dieser heißen Künstler ..
mühung blieb nicht aus: Schuricht hat unlängst im Rahmen seiner von klassischem
Skelett ausgehenden durchaus modern angelegten Programme die eigenwillige, grandiose
fünfte Sinfonie von Mahler aufgeführt. Ich wünschte, diese Wiedergabe könnte
in den großen Musikweltzentren wiederholt werden. Man würde dann diesem so
bescheiden in einer westdeutschen Stadt wirkenden Künstler wohl einen größeren
Wirkungskreis schaffen. Wiesbaden darf sich seiner indessen freuen. Schuricht, der
vor dem Kriege in Frankfurt eines der gewaltigsten modernen Chorwerke, "Die
Messe des Lebens" von Frederick Deli u s erstmalig in Deutschland aufführte, machte
jetzt im Mai eine ganze Mahler,Woche. Er begnügt sich nicht allein mit der
Propaganda der musikalischen Tat, sondern hält das ganze Jahr hindurch den
Abonnenten der Konzerte instruktive Vorträge am Klavier, durch die das Publikum
liebevoll zu den problematischeren Erscheinungen hingeleitet wird. '
o

432
Dasselbe Verfahren hat Dr. Rudolf Siegel dem Konzerlleben in Krefeld mit
Erfolg dienstbar gemacht. Auch er ist einer von den zahlreichen jüngeren Dirigenten,
deren Ehrgeiz über das nur Musikantische hinaus zum allgemein Menschlichen,
letzten Endes zum Weltgeist strebt, de;' sie in Musik den bedürftigen Seelen der
Hörer zuführen wollen. Siegel ist noch des Segens teilhaftig geworden, den Felix
Mott! in Münchel). anno 1905/07 mit seinem großen Beispiel gespendet hat. In
seinem Dirigieren vibriert immer eine gewisse Spannung, die sich dem Gefühl
oder dem Intellekt, je nach dem interpretierten Werk zuneigt. Eines der letzten
Sinfoniekonzerte in der schönen Krefelder Musikhalle spiegelte so recht den Charakter,
den Siegel dem dortigen Musikleben aufprägte, das er erst in diesem Jahre über-
nommen hat. Im Programm waren: Chinesische Gesänge von Walter Braunfels,
die drei Vorspiele zu Pfitzners "Palestrina l4 und die vierte Sinfonie von Mahlet.
(Wie man sieht, geschieht in der Mahler-Pflege auch in westdeutschen Städten
rührend viel. Eine unrühmliche Ausnahme hiervon machen nur die ehemals ton ..
angebenden Gürzenichkonzerte, in Köln, wo der zwar sehr tüchtige, aber gänzlich
physiognomielose Abendroth im ganzen letzten Winter kein einziges Mahlerwerk
brachte. Auch darüber wird noch gelegentlich diskutiert werden.) Siegel hat in Krefeld
auch eine musikalische Volksbibliothek eingerichtet und ist in jeder Weise bestrebt,
das dortige Musikleben auf eine geistige Basis zu stellen, damit die Menschen hinter
der Musik, hinter den Tönen nicht nur vergnüglichen Gemütes einen schönen oder
weniger schönen Klang hören, sondern das Schicksal, das sich in der Musik großer
Meister künder. Das Resultat westdeutscher Musikfahrten ist: auch hier, an den heute
so wichtigen geographischen Kanten Deutschlands wird Musik als Kulturfaktor von
st,irkster seelischer Wirkungskraft getrieben.
o 0

433
GloSSPfT-reil
MEISTERAUFFÜHRUNGEN Wagner"'Symphonie (ohne Partitur, das ver...
steht sich bei ihm, wenn von Bruckner Sym...
WIENER MUSIK phonien die· Rede ist, von selbst!) und der
ERSTE WOCHE F moll Messe, die mit Recht als die bedeutendste
kirchliche Leistung des Meisters Anton gilt.
Da eine kritische Würdigung der gesamten Freilich ging es hier bei den mitwirkenden
Veranstaltung, die an Umfang in der Geschichte Sängern nicht immer festlich zu und viele
der Wiener Musik ohne Beispielist,einemEpilog Männer sah ich, die nicht da waren. Die singenden
aufgespart bleiben muß, sei heute nur über Herren wollen nun einmal unter sich sein,
Einzelnes aus der Überfülle des schon bisher Freiheitschöre aus geschwellter und vor allem
Gebotenen berichtet. zumal die Möglichkeit, schneeweißgestärkter Hemdbrust frisch~fröh1ich
alles zu genießen, nur jenem legendären Tiere hervorschmettern und meiden die "gemiscbte lt
sich erschlossen hätte, dem bekanntlich die Fähig.. Gesellschaft, in denen wertvollere Musik mit
keit zugeschrieben wird, an zwei Orten gleich.. dem schwächerent aber immer stärker ver ...
zeitig zu sein. So beginnt der gewissenhafte tretenen Geschlechtegeteiltwerden muß. Folgten
Chronist mit einem philharmonischen Sinfonie .. wieder die Philharmoniker, diesmal unter
konzert, das wenig bekanntem und wenig be ... Richard Strauß, mit Mahlers "Vierter" und
deutendem Haydn und Mozart gewidmet war, "Also sprach Zarathustra". Man kennt Strauß'
konstatiert ebenso gewissenhaft, daß die Phil... mehr bajuvarische Bedächtigkeit und magi ...
harmoniker unter Weingartner so delikat stra1e Ruhe im Dirigieren, die gerade bei Mahler
gespielt haben, wie sie es gerade bei klassischen allzu intensive Detailarbeit manchmal ver ...
Werken zu tun gewohnt sind, daß Frau Marce! missen läßt, manches beabsichtigt grelle un ...
etwas ermüdet schien und daß der Saal der nötig mildert, dafür die Steigerungen und
alten Universität sehenswert ist. Naheliegend HÖhepunkte, auf die es hauptsächlich angelegt
wäre es freilich gewesen, in dem intimeren ist, mit um so packenderer Wirkung machtvoll
Raume mit der Originalbesetzung des Streicher... hervortreibt. So gab es hier - wozu auch
körpers zu musizieren, was sich in unseren Frau Schumanns etwas kühler, doch korrekter
Konzertsälen von selbst verbietet. Kurz darauf Gesang beitrug - wie bei Zarathustras Tanz ...
vereinigte der erste Abend des Tonkünstler ... und Lachorgien - (" Wer am besten lacht, lacht
vereines Brahma und Goldmark mit Rückauf auch zuletzt'i) - eine hohe und genußl'eiche
und Reinhold (denn auch diese sind unser I) und Einheit produktiven und reproduktiven Ge ...
brachte Szell und Feuermann, . Frau Bricht... staltens. Jetzt erst kamen "junge/<" Wiener Kom ...
Pyllemann und dem Knoll ... Quartett verdienten ponisten zu Wort: Georg Szell mit seinen
Erfolg für verdienstvolles Wirken. Und schon bekannten, geistreich witzigen, klug gearbeiteten
trat aus dem Chor der Geister Rugo Wolf hervor. und blendend instrumentierten Orchester ..
Drei geistlicheChöre(vomThomas'schen a capella.. variationen; Hugo Kauder (es gibt also gottlob
Chor), Michel Ange1o...Lieder (von Richard Mayr), noch talentierten Nachwuchs an "Tonalikern" 1)
die Serenade (vom Gottesmann... Quartett), weitere mit einer warmempfundenen Fantasie für
Lieder (von Frau Gutheil, alles ausgezeichnet Violine und Orchester, Hugo Gottesmann, der
interpretiert) erklangen im Saale des alten Rat.. sie auch mit aller Inbrunst spielte, in die kunat..
hauses, das dem Hugo Wolf... Verein erste und.. reiche Geige geschrieben; Karl Weigl mit
gastliche Stätte gewesen war. Foll, der Treueste seiner Symphonie E dur, op. 5, die' vor 10 Jahren
der Treuen, begleitete, konnte wohl mit Michel geschrieben t heute noch so jung, blühend und
Angelo an sein "vergang'nes Leben denken" melodieselig ist, wie wir's alle einmal für schön
und seiner Arbeit daran, daß der Schluß des halten durften - (als wir noch jung waren .• ),
Liedes auch für Wolf wahr geworden: "daß ich zärtlich..verliebt, phantastisch... verträumt, über..
da bin, wissen alle Leute/<". Ähnlich gebührt mütig..beschwingt, dabei bei aller Kunst des Baues
Dank Ferdinand Loewe für seine rastlose Sorge immer unbekümmert singfreudig, unbewußt
um Bruckners Vermächtnis. Wie gut er's ver ... stolz auf ihre natürliche Anmut und anmutige
wahrt, bewies neuerlich seine Leitung der Natürlichkeit, und schließlich A. J. Scholz mit

434
einem 01'chestermelodram zu Verhaerens Ge .. einem Philharmoniker ... Konzert unter Wein...
dicht "Adam und Eval l, das bisher nur als gartner, in Programm (Brahms zweite Sym...
Klavierwerk zu hören war. phoniet Mozarts Violinkonzert, Schuberts Un...
Diese seit jeher problematische Kunstform, vollendete) und Ausführung in nichts von
bei der die Synthese von Wort und TOll so einem der abonnierten Mittagskonzerte ver ..
schwer gelingt, ist vielleicht noch am ehesten schieden. Will sagen genau so vollkommen,
in der Art möglich, wie Scholz die Musik be .. wie nur dieses Elite .. Orchestel' nach einer Pl'obe
scheiden zurücktreten und auf bloße Klanr zu spielen vermag. Erika Morini, die Solistin,
oft nur Geräuschwirkungen einschrumpfen läßt. ist schon ein biß~hen mehr Diva, als ihrer be ...
So bleibt im Ganzen das Wort verständlich wundernswerten Kunst gut sein kann. Tragisch
und alleinherrschend, während die geistreichen das Los eines Kindes, aus dem nichts mehr
Instrumente für Stimmung sorgen. Die paar. werden kann, das den Gipfel des ihm Erreich ...
Höhepunkte der schönen, nur viel zu langen baren zu früh erstiegen hat und kein Ziel mehr
Dichtung, reißen sie allerdings von Askese zu vor sich sieht, um das es sich mühen könnte.
Ekstase - da wars um die Herrschaft des Und dabei ängstlich besorgt sein muß, sein
Wortes geschehen - und unhörbar versank Niveau zu halten, um ja nicht zu sinken.
selbst Klitsch' dröhnendes Organ im Malstrom R. St. Hoffma.nn
deI' Töne ..• Der zweite Tonkünst1ervereins~ D D
abend mußte nicht weniger als sieben Herren
dienen: Außer Lustgartens Legende, einer HAUSEGGERS DIRIGENTEN,
Vision von überzeugender Innerlichkeit, Fritz ZEIT IN HAMBURG
Schreibers begabten Bratschenliedern und
aparten Frauenchören von Hans Gal, war alles Ein Rückblick
wohl bekannt: Ferdinand Scherbers Selbst... Die Ära Siegmund von Hau s e g ger liegt
biographie für Streichquartett, voll hohen hinter uns. Ein Jahrzehnt stand dieser Künstler
Wollens und reichen Könnens, überraschend als Leiter der Philharmonischen Konzerte an
mit der geistvollen Verarbeitung eines Strauß ... der Spitze unseres Musiklebens. Seine Stellung
Walzers im Finale, dessen Motto (Was soll all und die Autorität seiner Persönlichkeit hätten
der Schmerz und Lust), pessimistisch gekürzt, es ihm ermöglicht, auch über die Grenzen
von der Fortsetzung nichts weiß, dem süßen seines Amtes hinaus Einfluß auf die musikaIi ...
Frieden, der von dem Himmel ist. Von Arbter sehen Verhä.ltnisse unserer Stadt zu nehmen.
kleine, selbstgespielte Klavierreminiszenzen an Das entsprach wohl nicht seiner bei aller
sein letztes Konzert, von Robert Fuchs freund ... Liebenswürdigkeit verschlossenen Art, -die hier
liche, weibliche Chorgebilde, allzu weibliche, nicht heimisch werden konnte. So bleibt uns
auch von Richard Stöhr Frauenchöre, deren die Erinnerung und das Nachsinnen über etwa
sich, wie der übrigen, Hermann Schmeidels zehn mal zehn Konzerte, die Hausegger mit
tüchtige Schar liebevoll annahm und von denen dem vollen Einsatz seiner Kräfte dirigierte, in
die nett pointierte "Mittagsfrau'l nennenswert denen er kein Stück nur mit der Routine oder
ist. ---' Ein umfangreiches Programm führte aus der Virtuosität heraus gab. Der Schwer...
Alt..Wiener Musikgeschichte von 1400-1800 in punkt seiner Leistungen lag im Geistigen. Sinn...
gut gewählten Beispielen, vor. Lutinisten und liehe Freuden zu bescheren war und wird ihm
die unter Leitung Professor Richard Schmids nie höchste Aufgabe der Kunst sein. Ein strenger
stehende neugegründ~te Abteilung des Neuen ethischer Wille forderte Entsagungen im Klang ...
Wiener Konservertoriums stellten die alten In... lichen und verbot ihm, Augenblickseingebungen
strumente und die große Zahl Ausführender bei, zu folgen. Aber diese Starrheit. diese Askese
die alte und neue gleich verständnisvoll zu war echte Größe in Beethovens Symphonien,
behandeln wußten. Keines dieser Instrumente, oft genial lebendiger Ausdruck tragischer Ver ..
dieser Violen da gamba, Theorben, Handbassel, einsamung, löste sich zum Pathos einer sich
Spinette, Klavicembali ist im allgemeinen Ge ... selbst verschleudernden Menschenliebe, wandelte
brauch geblieben, alle sind die rückständigen sich bei Bruckner in tiefe Naturandacht und
Ahnen der heutigen, vorgeschrittenen Enkel, triumphierende Glaubensseligkeit •.. Die
nur die Geige ist wie sie war, wird es noch Pflege Brahmsscher Musik gehörte in den
bleiben, trotz aller bemerkenswerten Versuche Kreis der Pflichten, Strauß gab er sich mit
neuerer und neuester Zeit, sie zu reformieren. Leidenschaft hin, Mahler war seinen "An..
(Worüber zu sprechen noch Gelegenheit sein schauungentl fremd. Doch als Hausegger einmal
wird.) - Und dann schloß die erste Woche mit "Das Lied von der Erde u und ein anderes Mal

435
die Vierte Symphonie von Gustav Mahler auf... besten Kräfte bei der Interpretation tätig waren·
führte, da wußte es sein Musikerherz besser. Nennt man die Pianisten Casella, Artur
Kopf und Herz waren eins, wenn er für einen Schnabel, Lamond, Leonid Kreutzer und
der ihm wahlverwandten Münchener oder die für Europa meines Wissens neue, glänzende
Schweizer Komponisten eintrat. So brachte er Amerikanerin 01ga Stokowski .. Samaroff,
noch kürzlich Notturno und Scherzo von so ist, ohne Vollständigkeit erreichen zu können,
Volkmar Andreae (zum Stil der Jungfranzosen schon viel gesagt. Dazu kam Sem Vresdens
neigend) und als imponierendes Dokument der Niederländische Madrigal... Vereinigung, die un.-
Strauß .. Nachfolge das phantastisch ... groteske gemein präzis sang, das Böhmische und, in
Werk von Walter Braunfels: "Erschei .. einigem Abstand, das Holländische Streich...
nungen eines Themas von Hektor quartett; Geiger wie Sc h mull e r selbst, Adolf
Berlioz'" zur Erstaufführung. Ferner die Bus eh und der Schwede HaI vorsen (als Kom..
meisterliche und eigenartige "Passacaglia und . ponist seiner bekannten Passacaglia), Sänge..
Fuge" von Bernhard Sektes. Andere Ver... rinnen wie die Förste I undTherese Schn ab el ...
sprechungen wie die auf die Es dur Sym ... Behr, die Cellisten Marix Loevensohn und
phonie von Pranz Schmidtoderdie"Musik Judith B 0 kor; einige andere Solisten des
für Orchester" von Rudi Step han wurden nicht heutigen Concertgebouw..Orchesters. Die Namen
mehr eingelöst. Hauseggers Entwicklung als also waren glänzend und niemand verließ sich
Komponist führte ihn in dem verflossenen De.. auf seinen Namen; sondern jeder war bestrebt,
zennium von der Natur...Symphonie zu den "Auf,.. den Ruhm mit gutem Grund zu mehren.
klängen, symphonischen Variationen über ein
Nun aber zu den Werken: ich möchte auch
Kinderlied". Seelische Erinnerungen, die ihn
sie nur "demonstrativ", nicht etwa "taxativ'"
neue artistische Mittel erkennen, ihn stil...
aufzählen. Beginnen wir bei uns zu Hause -
schöpferisch werden ließen, hat er in dieser
so war Schönberg durch Lieder (früherer
Zeit nicht durchgemacht und bei der Bezwin ...
Zeit) und zwei Klavierstücke aus op. 11, leider
gung des größeren poetischen Vorwurfs floß
nicht ganz prägnant, Egon Wellesz dagegen
das Musikalische stärker und selbstseliger.
durch die Klavierstücke. soweit es der Rahmen
Robert Müller ... Hartmann, Hamburg zuließ, charakteristisch (und erfolgreich) ver,..
treten. Von deutscher Musik hörte man ein
o 0 Klaviertrio von Reger, eine gemäßigt moderne
Geigensonate von S tr a e s s e r, die klassizistische
KA MM E R M U S I K ]ugend ..Passacaglia von Adolf Busch und eine
I N AM S T E R DAM höchst interessante, das Publikum ob ihrer
Modernität einigermaßen erregende Liedkompo ...
Gustav Mahler selbst hätte es wohl begrüßt, sition Artur Schnabels. Die Geigensonate von
daß die Gäste seines Mahlerfestes . auch einige C. Rudolf Mengelberg, einem jungen Ver..
Kunde von zeitgenössischer, also noch neuerer wandten Willems, gab melodische und formale
Musik erhalten sollten. Es ist ein großes Ver... Verheißungen freundlichster Art. Von den
dienst Alexander Schmullers - des vor... Italienern hörte man Ca seil a selbst und durch
züglichen russischen Geigers, der jetzt in ihn kam auch Malipiero zu Wort: beides
Amsterdam weilt - dieses nach dem geister.. charakteristisch "lateinische'" Begabungen, die
trennenden Kriege so natürliche Verlangen durch uns durchaus: nicht fremd bleiben dürfen. Die
seine fünf Kammerkonzerte befriedigt zu Franzosen waren es uns, voran Debussy und
haben. Wie in solchen Fällen fast immer, gelang Ravel, schon lange nicht mehr. Dankbar war
ihm nicht alles so, wie er es sich gewünscht hätte. man Florent Schmitt, der sein Klavierquintett
Er konnte nicht durchwegs repräsentative Werke selbst mit aufführe.n half, ein in der Art der
bietenr mußte manches mitgehen lassen und Impressionisten eher etwas akademisches Werk,
hatte als Veranstalter nicht immer die Möglich.. offenbar nicht das, was sonst die Eigenart
keit. jede einzelne Auf... und Ausführung zu dieses Komponisten ausmacht: Paris ist, mit
kontrollieren. Aber weit über solche Zufälle Recht, stolz auf ihn. Ebenso sind uns S u k,
hinaus hat jeder Freund der Gegenwart und dessen zweites Streichquartett gespielt wurde,
der Jugend den echten Idealismus Schmullers Mussorgsky, Strawinsky undScriabine
bewundert und ein Wort des Dankes soll auch in ihrer Art vertraut; sie hatten ihre Plätze im
von dieser Stelle zuerst gesprochen sein. Programm durchaus, hätten vielleicht noch
Die kritische Betrachtung möchte in aller ge ... mehr verdient. Von den holländischen Kompo..
botenen KUrze feststellen, daß fast überall die nisten erfreute am meisten ein Trio des hoch ...

436
verehrten Klaviermeisters Röntgen und die "Fortsch:rittU , alles andere "Reaktionu. - Und
Cellosonate des jungen Willem Pijper. Skan.. so erleben wir das komische Schauspiel, daß
dinavien war außer durch Halvorsen durch z. B. die Ausläufer der alten Lisztschule - ver..
Carl Nielsens sehr dankbare Violinsonate treten in der öffentlichen Meinung des "All..
charakteristisch und würdig vertreten. gemeinen deutschen Musikvereins+l - noch
Nochmals: schon meine flüchtige Übersicht heute den "Fortschritt+l von anno 1860 (7) pre ..
beweist, wie sehr die Gäste des Mahlerfestes digen. Genau dasselbe wird sich eines Tages
auch mit den Kammermusikabenden zufrieden mit den Predigern des derzeitigen Fortschritts
sein konnten. ereignen.
Paul Stefan
Man muß immer wieder das selbstverständ..
o 0
liehe sagen: 1. mit der Eroberung neuer Aus..
drucksmittel sind nicht alle älteren aus der
DAS BIOGENETISCHE Welt geschafft t 2. es kommt nur darauf an, daß
einer Neues zu sagen hat und es in der ihm
GRUNDGESETZ IN DER eigentümlichsten, also auch eindringlich..
MUS I K sten Weise tut; 3. man kann und darf einem
anderen nichts bewußt nachmachen, keinem
Niemand kann bei den letzten Resultaten Toten, aber auch keinem Lebendigen, und nur
anknüpfe~n; jede Einzelentwicklung muß - in die Ausdrucksmittel anwenden, die im Laufe
starker Abkürzung freilich - die Gesamtent .. der eigenen Entwicklung von selber und durch
wicklung durchmachen. Das ist auch der Weg Ve rarb e i tu ng fremder Einflüsse gew ac h~ en
jedes guten Unterrichtes. nicht angeflogen - sind.
Zum Formproblem.
])ie Form ist nichts von außen in das Werk Von der Konvention.
Hineingetragenes, kein willkürliches Modellieren Man hört von Zeit zu Zeit immer wieder
eines gegebenen Inhaltes, sondern das letzte die unsinnige Ansicht und gewisse Erscheinungen
sichtbare und greifbare Resultat eines natür ... der letzten Dezennien (dasViertelton .. Klavier und
lieh wachsenden Organismus. Nichts anderes andere krampfhafte Versuche, neue Tonverbin ..
als die einfacher oder komplizierter geformte dungen zu finden) scheinen es zu bestätigen, daß
Schale der Frucht. Das sicherste Zeichen des die Angst besteht, eines Tages die Möglichkeiten
Epigonentums ist das genaue Übernehmen an ... unseres abendländischen Tonsystems erschöpft
derswo gewachsener Formen, die ihren Inhalt zu sehent womit das Ende der Musik gekommen
verloren haben. In diesem Falle ist der neue wäre. Diese Sorge beruht, wie mir scheint, auf
Inhalt nicht triebkräftig genug, um sich eine einem völligen Mißverstehen der Grundlagen
eigene, neue Form zu erzwingen. Freilich gibt aller Kunst. Mit derselben Berechtigung könnte
es auch eine gewisse tyrannische Faszination der Maler fürchten, mit seinen zwei Dimen..
durch ältere t bewährte Forment die zu um ... sionen nicht mehr auszukommen oder der
gehen oder beiseite zu werfen der Künstler Plastiker, an der Ausdrucksfähigkeit des ein..
zögert. Ich denke etwa an den letzten Beethoven, farbigen Steines zu verzweifeln.
der sich gescheut hat, die Sonate einer ähnlich Es wird da immer wieder 'die Notwendig..
kühnen Umformung zu unterziehen, wie sie keit und die Kraft einer bestimmten Konven ..
ihm in Variation und Fuge geglückt ist. Ein tion unterschätzt, welche zwischen Schöpfer
Problem, das erst von Liszt wieder aufgegriffen und dem Aufnehmenden wie ein stillschweigen..
und von Strauß, Mahler und Schönberg ver.. der Vertrag eingegangen wird, der zwar im
schiedenen Lösungen zugeführt wurde. Laufe langer Perioden langsam geändert oder
Forts eh ri ttsphiliste r. durch einen anderen ersetzt, aber nie ganz aus
So oft eine neue Ausdrucksform, ein neues der Welt geschafft werden kann. weil ja sonst
Ausdrucksmittel gefunden wird, meldet sich ein gegenseitiges Verstehen unmöglich würde.
sofort eine Anzahl Fanatiker, welche die Aus .. Unser heutiges Tonsystem ist das Resultat
schließlichkeit des neuen Kunstmittels pro .. einer langen Entwicklung, eine Auslese unter
klamieren - heiße es nun "Musikdrama", "Sym .. unzähligen Möglichkeiten, welche offenbar durch
phonische DichtungU , "GanztonreihtU u. s. w.- objektiv schwer nachweisbare physialogische
und dadurch eine Art von Uniformierung der Eigenschaften des europäischen Ohres bedingt
Produktion anstreben. ist, ähnlich wie die heute bei uns gebräuchliche
Alles, was sich nun innerhalb dieser eng- Perspektive durch das europäische Auge. Daß
gestellten Grenzpfähle abspielt, heißt jeweilig auch andere Konventionen vorhanden sind und

437
waren, ist aus .Japan, Ägypten u. s. w. hin ... mit dem linken Augenwinkel scheel ansehen
länglich bekannt. zu können. Genau so dumm ist die Aufstellung
Selbstverständlich schafft sich die reichere des geigenden, flötenden, kniegeigenden Solisten.
Völkerpsyche in ihrer Konvention ein mannig... Das Publikum will ihn zum greifen nahe, gleich
faltigeres und feineres Werkzeug zum Gebrauch vorn an der Rampe haben, er wieder will sich
für ihre Ausdrucksbedürfnisse, wie ja auch möglichst genau betrachten lassen. Darauf
die Sprachen der Völker reicher oder ärmer, kommt es an. Denn hören würde man ihn,
aber immer innerhalb gewisser Grenzen ihren wenn er zwei Meter entfernter postiert wäre,
Dichtern zur Verfügung stehen. genau so gut. Also wohin mit ihm? Ganz klar
Der jeweilige Zustand derVolkspsyche schafft ist, daß er und der Dirigent einander sehen
sich durch Auslese einen Zeitstil und eine müssen. Aber auch seinem Publikum muß er
weitere Auslese, die letzte, wird von der ein ... Aug' in Auge gegenübertreten. Er muß also
zeinen Künstlerpersönlichkeit getroffen. Eine vom Dirigenten aus seitlich und vorne bleiben,
Auslese, die so weit geht, daß gerade von den denn, gerade vor diesem, wäre er durch ihn
genialsten Naturen gewisse Klangkomplne, dem Publikum verdeckt. Am besten also links
Motivgruppen und Harmonie ... Verbindungen seitlich, neben und vor dem ersten Geigerpult.
dauernd bevorzugt werden, so daß man ge... In unserer üblichen Orchesteraufstellung bildet
radezu von "Leitmotiven" sprechen kann. sich ganz von selbst ein freier Raum zwischen
Umgekehrt haben bei verschiedenen Künst... den quer mit der Rechten dem. Publikum zu...
lern wiederkehrende Motive u. s. w. andere gewendet sitzenp.en Gruppe der ersten Geigen
Ausdrucksbedeutung, da ja das endgültige Ton ... und den senkrecht darauf, also mit dem Gesicht
bild nur Symbol für einen abgetauten seelischen dem Publikum zugekehrten Cellisten. Hier in
Vorgang, gewissermaßen die "Dauerform" des ... diese leicht zu verbreiternde. Lücke ließe sich
selben ist und zwei verschiedene Menschen ~ ohneweiters ein entsprechend großes Solisten ...
je genialer veranlagt, desto weniger ~ unmög.. podium, in der Höhe dem Dirigentenstand
lieh gleiche seelische Prozesse durchmachen gleich, errichten, nachdem man durch Zurück ...
können. drücken des Streichquartetts einen freien Halb ...
Somit ist es gleichgültig, welcher Kon ... kreis um den Dirigenten geschaffen hat, wie es,
vention wir uns zum Ausdruck und zur Ver ... wenn hier das Klavier steht, ohnedies geschehen
ständigung bedienen und es ist klar, daß sie muß. Hier ist dann Platz g~nug, hier sieht er,
desto besser ist, je reicher und ausdrucksfähiger hier wird er gesehen. Und ebenso gut gehört.
und anderseits je leichter verständlich und er... Nur die gewöhnlich am Ende dieses Spaltes
lernbar für den aufnehmenden Teil. placierten Harfen müßten, um nicht verdeckt
zu werden, näher zur Mitte rücken, sonst bliebe
Der neue Weg. alles beim alten.
Es ist dreierlei: einen neuen Weg suchen, Bei Choraufführungen gehören die Gesangs ..
ihn sehen und ihn zu Ende gehen. Wer möchte solisten unbedingt zum Chor, hinter das
entscheiden, welches der drei Stadien das Wich... Orchester, erhöht über dieses und unmittelbar
tigste für die Entwicklung der Kunst ist, denn vor dem Chor, als Quartett in der Mitte bei ..
selten sind die drei Fähigkeiten in einem Künstler sammen. So, standen sie, wie sich viele mit
vereinigt. Der dritte Fall ist der der Glücks... mir erinnern werden, unter Mahler in seiner
kinder, der Ausgestalter ; die nSucherl< und "Zweitenu.
"Seher4' sind die schwer Ringenden, Erfolglosen,
Ein Kapitel für sich ist die Aufstellung des
die großen Zweifler, die Fermente oder SChwung...
Klaviers. Die schwarze, aufragende Wand des
räder, jedenfalls die "Stiefkinder Gottes auf
Schalldeckels stellt den Dirigenten vor das Di ..
Karl Weigl lemma: entweder vor ihm, dem Publikum sicht...
bar zu bleiben und dafür auf den Anblick eines
Teils seines Orchesters, z. B. der Cetli zu ver...
SOLISTENAUFSTELLUNG ziehten, oder sich, wie heute die Regel ist, hi n tel'
ihm zu verstecken und dem Publikum nicht viel
Vor .kurzem gab es wieder zwei kata ... mehr als seine Glatze zu zeigen und überdies
strophale Umschmisse in sonst bedeutenden von hier aus den Pianisten nur bei Links ...
Konzerten. Ursache: der Sänger sieht den wendung zu bemerken. Glücklicherweise lernte
Dirigenten nicht. Dafür sieht aber der Dirigent ich neulich zweimal, im Großen Konzerthaus ...
den Sänger ebenso wenig. Beide müssen ver ... saal, als Rosenstock, im MittIeren. als Emerich,
zweifelte Halblinks~Drehungen machen, um sich auJ dem "zentralen" Podium in der Mitte des

438
Saales, beide mit offenem Klavier ohne Deckel dieser Art zu placie~en, schon früher einmal
spielten, daß der berühmte Schalldeckel gewiß ausgesprochen wurde: Anton Rubinstein hat ihn
nicht so unbedingt notwendig ist, wie die in einem kleinen Buche (ich habe es nicht
Klavicristen zu behaupten pflegen. Ich wenigstens zur Hand und kann mich nicht auf den Titel
habe im Klang keinen Unterschied bemerkt. besinnen) unter anderen Aphorismen über
Geht es aber ohne die schwarze Mauer, dann Musik und Musiker schon angeregt.
darf der Dirigent wieder ruhig vor dem In ... Zum Schluß: Einer Auffassung des Ver ...
strument an seiner gewohnten Stelle zunächst fassers kann ich nicht beipflichten. Die zitierte
der Rampe stehen. Stelle aus der Einleitung des letzten Satzes
Diese bescheidenen Vorschläge wären wohl der ersten Symphonie von Brahms hat für
einer Erprobung wert. Auf die Gefahr hin, daß mich einen großen Reiz durch die (meiner
dann ein biß ehen weniger oft umgeschmissen Ansicht nach gewollte) t,Zerstückelungl/. Ich
werden wird. R. St. Hoffmann meine, wenn Brahms es nicht so gewollt, hätte
er die Stelle als durchgehende Passage schreiben
o 0
können.
Es soll dies aber nicht als ein Versuch, die
ZUR REFORM DER Argumente des Verfassers zu schwächen, auf..
ORCHESTERAUFSTELLUNG gefaßt werde:n. Im Gegenteil! Ich stehe ganz
auf seiner Seite und hoffe, daß die von ihm
D isk ussi ons beHr äge vorgeschla.gene Reform sich durchsetzen wird.
Die Ausführungen von Egon Lustgarten Dir. Wouter Hutschenruyter, Rotterdam.
haben ohne Zweifel viel Bestechendes für sich.
Ob dem Gewinn anderseits nicht eine ge ... o
stei.gel'te Ausführungsschwierigkeit gegenüber ...
zustellen ist (durch die räumliche Trennung Der Aufsatz von Egon Lustgarten über
der Streichergruppen), kann nur die Praxis "Die Reform der Orchesteraufstellung" bat
entscheiden. Generell glaube ich: jeder Saal mich außerordentlich interessiert und muß ich
und jedes Konzertpodium sind - entsprechend sagen, daß der neue Vorschlag (Fig. 7) ganz
ihrer akustischen Eignung - individuell zu vortrefflich ist. Das einzige Bedenken, das ich
behandeln. zu äußern habe, wäre, daß die vorgeschlagene
Generalmusikdirektor Leo BI e c h, Berlin Aufstellung nur für ganz große Orchester in
o Frage kommt, denn bei einer Streicherbesetzung
von acht bis zehn ersten Geigen, mit weichen
Es ist gut, daß der Punkt "Reform der in der heutigen Zeit manches treffliche Or . .
OrchesteraufstellungU einmal berührt wird und chester rechnen muß, würde die Breite des
daß ihn ein offenbar der Sache Kundiger in so Pödiums wohl in den meisten Fällen nicht
beredter und überzeugender Weise den Fach... genügend ausgenützt. Vielleicht ließe sich durch
leuten unterbreitet. eine kleine Abänderung der Aufstellung der
Eigentlich ist das, was der Verfasser vor ... ersten und der zweiten Geigen und Bratschen
schlägt, so einleuchtend und selbstredend t daß ein ergänzender Vorschlag finden, der diese
man keine WOl'te darüber zu verlieren braucht! kleinen Bedenken zerstreut. Da der Autor des
Die Aufstellung der Streicher, wie Herr L. sie Artikels eine große Sachkenntnis und Erfahrung
vorschlägt, muß man als einzig richtige be .. zu haben scheint, so würde es mich sehr inter..
zeichnen und das Bild des Orchesters, welches essieren, auch seine Ansichten über die Or ...
Fig. 10 bietet, ist ein so harmonisches, daß chesteraufstellung innerhalb der Theater..
man nur wünschen kann, es bald in allen orchesterräume kennen zu lernen. Da sicb
Konzertsälen eingeführt zu sehen. deren Bauart auf ungefähr vier bis fünf Typen
Allein es werden auch hier Schwierig... zurückfUhren läßt, dürfte ein derartiger Vor...
keiten zu überwinden sein. Manches Konzert.. schlag ohne allzu große Schwierigkeiten aufzu ...
podium ist so eingerichtet (treppen weise Er... stellen sein. Ich bin überzeugt, daß auch solche •
hähungen. schräge Ecken u. s. w.), daß die Anregungen von. einer guten Wirkung sein
erwünschte Pladerung des Orchesters sich nicht würden.
so ohne weiteres verwirklichen läßt. Das Um...
Kapel1meistel' Robert Heger, Nürnberg
bauen aber wird fast immer leicht, niemals
unmöglich sein. Es sei mir gestattet. darauf o 0

hlnzuweisen, daß der Gedanke, die Streicher in

439
MAX SPRINGERS In N r. 3 werden wir Teilnehmer einer "Gletscher ..
wanderung". Verstehen wir den Autor richtig,
KLAVIERWERKE so will er mit absichtlich herber Tonsprache'
die endliche Bezwingung eines greisen Bergriesen
Als kürzlich die Pianistin Hedwig Andrassfy
versinnbildlichen.
in ihrem Konzert Kompositionen von dem als
Nach dieser beneidenswerten Fernreise
Theoretiker wie als schaffenden Künstler gleich
wendet sich unser Tondichter in seinem 34. Werk
hoch geehrten Professor Max Springer unter sehr
wieder der geliebten Heimat zu. In der "Weih..
lebhaftem Beifall vortrug, regte sich in dem
nachtU tritt er eine, auch am Klavier minder
Verfasser dieser Besprechung das Verlangen,
auch die übrigen Klavierkompositionen Springers schwierige "stillfrohe" Wanderung an, beim
Scheine glitzernder Sterne, wie die nähere, dank..
kennen zu lernen, welchem Wunsche die Uni ..
b .. r aufgenommene Weisung besagt und eine
versal . . Edition in zuvorkommender Weise eut..
reizende Sequenz (am Schluß der 3. Seite) nimmt
sprach. Nun liegen vor mir nicht weniger als
uns besonders gefangen. Im "Erwachenden Mai u
'vier Hefte mit den WerIezahlen 32-3S. Professor
läßt der Vielseitige den Ruf der Golddrossel
Springer muß sich in fruchtbarster Stimmung
lockend ertönen. Echter Frühlingssang hebt an,
befunden haben, als er so rasch Gabe um Gabe
am Rain aber bläst der Hirt "in freiem Tempo"-
'erstehen ließ.
seine Schalmei. Darauf regt sich in Des dur
"Sieben kleine TOl/-bilder u vereinigt Opus 32.
schüchtern eine leise Weise. Zu kräftiger Steige ..
'Wie jedes einzelne, so trägt auch das kleinste
tung aber führt der Schluß. "Frohes Stürmen'"
Tonbild seinem Titel "Versonnen" vollauf Rech..
bildet den Inhalt des letzten Stückes mit seinem
nung. Mehr Raum und Zeit beanspru_cht die
frischen As dur ... Abschluß vor der "Seligen Ruhe".
sehr hübsche "Kleine Geschichte/' Auch die sich
Drei Stimmungsbilder beschert uns Springer
höchst wichtig dünkenden "Wichtelmännchenu
dürften bei liebevoIl .. launigem Vortrag von im 35. Werk. Das Stück "Sinkende Herbstsonnc"
mit seiner feinflüssigen Ornamentik ist in zarte
-besonderer Wirkung sein.
In eine ganz andere Welt, ins "Reich der Farben getaucht. Auch die "Klage" verhaucht
sanft, wie in stiller Ergebung. (Einen schönen
Mitternachtssonne" versetzt uns Max Springer
~öhepunkt bietet der Beginn der 5. Seite.) Das
mit seinem 33. Werk. Feliden David, Friedrich
schönste aber begrüßen wir im Schlußstück :
Regar und andere haben uns die Wüste vors
geistige Auge geführt, Weber und Rubinstein ,.,BefreiungH • Dieser von warmer Leidenschaft
erfüllten, rhythmisch, melodisch und harmonisch
den Ozean, Nicode "Das Meer", aber erst Max
Springer blieb es, vielleicht als dem einzigen gleich anziehenden, dankbaren Komposition
möchten wir vor allen anderen recht bald
schaffenden Tonkünstler, der dem Nordpol so
wieder im Konzertsaal begegnen, zur Ehre ihres
weit zustrebte, vorbehalten, aus eigener An ..
über alle Maßen bescheidenen Verfassers .
.schauung, "an Ort und Stelle", die Erhabenheit
der in ewigem Eise starrenden Natur in Töne Kamillo Horn, Wien
zu bannen. Der Mitternachtssonne selbst gilt das
c c
erste Stück. "Wie unirdisch" . (zu spielen) lautet
die nähere Bezeichnung, und geheimnisvolle
Harmonik, etwa einem "fernen Klangi. von BESPRECHUNGEN
Schreker. vergleichbar, über dem Orgelpunkt
auf E und der seltsam fragende Schluß rufen Jas. B. FÖRSTER: ZWEITES KLA VIER-
..gänzlich ungewohnte Stimmung hervor. Nr. 2: TRIO B DUR, cp. 38. Universal..Edition, Wien ..
"ln der Kingsbay"- zeigt zwar ähnliche, aber Leipzig.
doch wieder andere Form, denn der Mittelsatz Ein bei einfacher, volkstümlicher Melodik
tritt infolge neuen Taktes und Zeitmaßes sowie phantasievolles und originell wirkendes Werk,
.seiner aufgeregten Figuren wegen zum zarten das durch Reichtum an lebendiger, ungesucht
ersten Gedanken in überraschend scharfen zuströmender Harmonik und interessante mo ...
Gegensatz. Ist es nicht der Sturm, den der Ton .. tivische Entwicklungen fesselt. Das Hauptthema
dichter kennzeichnen will? Wenigstens dünkt des ersten Satzes ist entweder einem böhmi ..
es uns so, denn die folgende Andeutung "leicht sehen Volkslied entnommen oder nachgebildet.
wiegend" scheint das sanfte Schaukeln des Ursprünglich liegt ihm offenbar ein einfacher
Schiffes zu malen. Im leisen Nachhall, gleichsam Dur..Dreiklang zugrunde, so daß nur der cha...
mit friedlichem Lebewohl, nimmt der Kom.. rakteristische Rhythmus auffälIt. Dieses drei ..
ponist von dieser für ihn jedenfalls unvergeß .. taktige Thema ist nun... durch eine Harmoni ..
lichen, ganz eigenartigen Erinnerung Abschied. sierung gehoben. in der die Dominante vÖ11i:g

440
vermieden ist und neben der Tonika ihre hin aber einen der begabtesten und gebildetsten
Parallele und Subdominante herrschen. In dieser Musiker der "neudeutschen Schule" zu erkennen
Form erscheint das Thema noch zweimal, am gibt). Am bedeutendsten wohl der zweite der
Beginn der Durchführung und am Schlusse des Hölderlin. . Gesänge "Der Tod fürs Vaterland",
Satzes als Gipfel prächtiger Steigerungen. In ein knapp und konzis gebauter symphonischer
der Durchführung selbst kommt es zweimal (in Satz, dessen beide, miteinander wirksam kon ..
Cis moll und in E dur), vergrößert und mit neuer trastierenden Hauptthemen in einem ausführ..
Harmonisierung vor, in der namentlich die licherem Vorspiel des Orchesters eingeführt
Dominant. . Harmonie von E dur reizvoll wirkt. werden. Kürzer und einfacher, aber vielleicht
Auch sonst steht die Durchführung ganz im noch eindringlicher ist "An die Parzen"; die
Zeichen des Hauptthemas, während das zweite Stelle: "Die Seele, der im Leben ihr göttlich
ruhigere Thema mit geistreicher Verwendung Recht nicht ward", wo in der Begleitung eine
des ersten Taktes des Hauptthemas unmittelbar ausdrucksvolle Umbildung des Anfangsthemas
an den Beginn der Reprise gestellt ist. Überall. durchgeführt wird, verdient hervorgehoben zu
zeigt sich vollendete und doch künstlerisch freie werden; der Mittelsatz imSechsachteltakt; "Will. .
Behenschung der Form. Der lebhaft bewegte kommen dann, 0 Stille der SchattenweWl ist
zweite Satz enthält wieder ein unmittelbar als etwas matter; umso stärker wirkt dann die
tschechisch... national imponierendes kapriziöses Wiederkehr des Anfangsthemas am Schlusse.
Thema, dem im ruhigeren Mittelteil ein Um zu ihrer vollen Wirkung zu gelangen,
breit dahinströmender, inniger Gesang ent. . bedürfen Braunfels' Gesänge der Ausführung,
gegentritt. Bemerkenswert ist die kurze, ganz mit Orchesterbegleitung; im Klavierauszug er ...
leise verhauchende Coda mit ihrem Plagal. . scheint manches dürftiger: so z. B. verlieren die
schluß in Dur. Höchst eigenartig und phan. . Stellen, wo ein Akkord im Tremolo mehrere
tastisch erscheint der letzt~ Satz, ein Adagio Takte hindurch angehalten wird, auf dem
mit einem etwas rascheren Mittelteil. In beiden Klavier viel von ihrer Wucht und Eindring..
Hauptgedanken kommt tiefe Empfindung zur lichkeit.
Aussprache. Der erste ist ein Rezitativ von o
schmerzlichem Ausdruck, das zuerst dem Cello
ohneBegleitung übertragen ist, dann vom Klavier HERMANN ZILCHER, op. 18: Skizzen aus
und später von der Geige übernommen wird. dem Orient für Violine und Orchester. (Verlag
Im Mittelteil herrscht ein kurzer Liedsatz, der Otto Halbreiter, München.)
sanft und tröstlich beginnt und sich zu kraft ... Zwei gute und wirkungsvolle Vortrags ..
voller Zuversicht erhebt. Aber das letzte Wort stücke f{ir Geige mit Orchester..., beziehungs..
erhält doch jenes Rezitativ, das mit schmerz... weise Klavierbegleitung•. Das erste, HGesang
licher Resignation, wenn auch in Dur (D dur eines Muezzin", beginnt mit einer breiten ge ...
statt D moll) schließt. Es ist wohl mit guter tragenen Melodie, die mit einem tanz artig be ...
Absicht die Rückkehr zur Tonart des ersten wegten Mittelsatz abwechselt. Das zweite Stück,
Satzes mit seinem fröhlichen Hauptgedanken HTanz der Derwische·l, ein wirbelnd schneller
vermieden. Das Werk kann als dankbar end Tanz im Zweivierteltakt, in der Mitte von einer
wirkungsvoll allen Kammermusikvereini . . ruhigeren Episode unterbrochen. Die sehr ge . .
gun gen bestens empfohlen werden. schickt behandelte Sologeige durchaus domi..
Dr. Felix Rosenthai nierend; trotzdem ist auch die Orchester . .
begleitung immer reich ausgestattet, sowohl
o hinsichtlich der motivischen Durcharbeitung,
als auch in der Farbe. So ist z. B. der Beginn
WALTER BRAUNFELS: Gesänge für eine des ersten Stückes von eigenartiger Klang ...
Baßstimme mit Orchesterbegleitung, op. 26; wirkung: der Gesang der Sologeige (auf der
Auf ein Soldatengrab ; op. 27 Zwei Gesänge G...Seite) wird von leisen Trillern der sordi ..
nach Gedichten Hölderlins. (Wien, Universal . . nierten Streicher in hoher Lage begleitet; ge . .
Edition.) dämpfte Hörner und Trompeten sowie das
Drei ernste, gehalts... und ausdrucksvolle reichlich verwendete pizzicato und col legno
Gesänge, bei allem Pathos einfach und vornehm; der Streicher erhöhen den bunt... phantastischen
ihr größter Vorzug die weitgespannte, immer Farbenglanz des Orchesters. H u g 0 Kau d e 1'"
breit und voll ausströmende Melodie (die freilich
das letzte: den Ausdruck einer großen schöpfe... o
rischen Persönlichkeit vermissen läßt, immer ...

441
ERWIN SCHULHOFF: VARIATIONEN zu verklären; die Substanz des Südens, dio? sich
FÜR KLAVIER ap. 10, NEUN REIGEN FÜR verschieden äußert und doch überall als das
KLAVIER ap. 13, FÜNF GROTESKEN. (latho ... eigentliche Energetikon der Kunst erweist. Nimmt
Verlag, Berlin.) man hinzu, daß diese Klavierstücke auch ganz
aus dem Geiste des Klaviers geboren sind und
Unter den Suchenden, die am Gebäude des
keine orchestrale Lösung und Chroma verlangen,
Stils zimmern und Ausstrahlungen der Zeit
so rundet sich das Bild Schulhoffs, der voraus..
im neuen Brennpunkt zu sammeln suchen,
setzungslos aus der Materie und für sie gestaltet.
verdient Schulhoff Beachtung. Ein jugendlicher
Ich möchte nichts prophezeien, weil es
Künstler, in dem das formale Element der
bei der Jugend dieser Produktion und
Musik starke revolutionäre Triebkräfte ausgelöst
der Phosphoteszenz aller Entwicklung ein zwei ..
hat. Aber sie versprühen nicht in eigensüchtigen
schneidiges Schwert bleibt, aber ich glaube, man
Subjektivismen, sondern enthalten eine Dosis
kann um Aufmerksamkeit für einen Künstler
fester, fast kühler Musikalität, die von dem
werben, der von starker, wenn auch spröder
Untergnmd erworbener Fertigkeiten getragen
Musikalität erfüllt ist. Unus de multis und doch
wird.
de pauds. Nicht so sehr in dem, was hier vorliegt,
Er besitzt. als gute Mitgabe, viel reines
als in dem, was sich von ihm erwarten läßt.
Österreichertum. dem es gegeben ist, alles
Spekulative zu bescheinigen und in Leichtigkeit M. Broesike .. Schoen, Dresden
o 0

z u UNSERE R NOTENBEILAGE
] osef R 0 sen s t 0 c k ist einer der besonders schwierigen, aber pianistisch sehr dankbaren
charakteristischen Impressionisten, die aus der Klaviersonate war es besonders das Klavier ..
Schule Professor Franz Schrekcrs hervor.. konzert op. 4, welches durch Orchesterkolorit
gegangen sind. Noch bevor er die Aufmerksam.. und Charakteristik der Themen auffiel und
keit als Komponist auf sich zog, hat er sich bei zwei Aufführungen in dieser Saison (das
als ausgezeichneter Klaviervirtuose nicht nur letzte Mal im Rahmen der Meisteraufführungen
in Wien, sondern auch in der österreichischen Wiener Musik) einen starken Erfolg erzielte, Das
und deutschen Provinz bewährt. Rosenstock, beiliegende Lied zeigt, wie der Komponist völlig
der in letzter Zeit als Stellvertreter Franz in der Stimmung des Gedichtes aufgeht und in
Schrekers sich auch als Dirig~nt des Phi!.. der Musik einen deD:. Worten völlig adäquaten
harmonischen Chores in Wien mit Erfolg Ausdruck festhält. Uberdies ist die Architek..
betätigen konnte, ist bereits tl}.it mehreren tonik der Liedform gewahtt und der Klavier..
prägnanten Kompositionen vor die Offentlichkeit satz sorgfältig, besonders im Hinblick auf
getreten. Abgesehen von seiner technisch äußerst Klangwirkungen ausgearbeitet .

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bergs Pe11eas und Melisande, op. 5 op. 69, Nr. 2, Danse des Moucherons
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für die Jugend Villanella in Festa
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Wilhelm Müller: Musikalische Kinderspiele 7 Klavierkompositionen
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5907 dth, vierh.3ndig ,

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6388 dlo.SHmm'en," < , • • >"
5803 11. Strekhquarfett Es dur, ParWuf
5'804 dIa. SUmmen : . • • • • • • . , .
Vokalmusik
5805 fünf Ueder·!'dr eine Altstimme 'mi! Orchester, Ausgabe fU!' Gesang und Klavier 3'-
i. Es 'dunkelt. 2. 'Gesang des Liebenden. 3. Das Standrnert· 4. Des Abends. 5. Hymnus
5956/57 Zwei heitere Lieder für eine Sfngslimme und K!avier • 5 1'50
> , • • , • , • • • ,

i. Sie ist absolut nicht w2idlsdi 2. Begegnung der GeliebHn von einem Jagdgehlifen
I mit elnem WdssergespensJ
5958 Seals lieder für eine SingsHmme und Klavier. . . , .' . . . • . . . , . J'-
I
> • ,

1. Am Morgen. 2. Mn ei!1~m Roserts1rau~: 3. Die frau. <i.lm Mai. 5. A,!lein. 6. Die Traurige ,
6319 Zwei lieder' für eine Sing:sllmme und Klavier, . • . . . ,,I
II L lob meines lekhfen Sinnes. 2, Herbsflied
2'-
,
6379
6380
Die Vorhut, Märmerrnor und kle!nes Orchesfer, Parlilur,
0(0. 'Ord1(~sfer$lfmthen • • . • , , _' • " , , • > • •
)'-
3'-' I
6381 dlo. Chorsflmmen . , • • . , , , . . • . , . . , . , , 0-'50
I 6382
6383
N,:khtllcnel' Gang dur,h's TauberlaI, i"'lännerrnor, Parmur .
dk.l.Chorsflmmen, . . • " . " .. " . ,
, , 1'50
, Il -·'40
6384 An di'e SfudiQsi. Märmerchor und B!äser, Pflrmur . , , 2'-
638:}, dIo. Ormesfersfimmen , , . . , . . > • , • • , , ' 2'~
6186 ' dto. Chorslimmen .

Ormesferwerke
5808 Vaterland, sfnfonisttre Dknfung, Parlilur {nur gegen' Revers) , •. , • , , , •• 20'-
Tänze aus Oslerreidl, P.:lrfi!ur (nur in Abschrift)

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U. E. Nr. 6320 Preis Mark 3"- U. E. Nr.5887 11. Der Wind. Für Gesang,
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787 Sinfonie 11 C moll, , , , " 4'50 2890 Sinfonie VII E dur, , , ' , , 10'-
2986 Sinfonie 111 0 moll, , , , " 6'- 5347 Sinfonie VIII C 111011 , , , " 8',-
2883 Sinfonie IV Es dur rom, " 6'-
427 Sinfonie V B dur , , , , " 4'50 Zwei Klaviere zu achl Händen
428 Sinfonie VI A dur, , , , " 4'50 944 Sinfonie V B dur , , , , , , , 12'-
2889 Sinfonie VII E dur, , , , " 6'-
2493 Sinfonie VIII C moll, , , " 6'- Kammermusik
843 Sinfonie IX 0 moll , ' , " 4'50
2893 Srnerzo aus der IX, Sinfonie 3'- Sfreirnquinlell Fdur
2987 Srnfonie IX u, Te Deum zus, 6'- 2924 Parlilur (8°) , , ' , , , , , " 3'-
5257 Andanfe aus der nadlge- 2925 Stimmen, , , , , , , , , , , , 10'-
lassenen Sinfonie F moll " 1'50
3601 Benediclus aus der F moll- I nlermezzo, Ein narnge,
Messe (Wöss) , , , , , , " 1'50 lassener Sfrelmqulnfeffsatz
2917 Erinnerung, Klaviersfü<k " 1'50 2922 Parlilur (16°) , ' , , , , , " 1'-
2923 Stimtnen , , , , , , , , , , " 2'-
Klavier zu vier Händen
420 Sinfonie I C moll , , , , " 6'- Taschenparliluren
421 Sinfonie 11 C moll" , ' , " 6'- 3593/94 Sinfonie I/li , , , '" a 4'-
422 Sinfonie 111 0 moll " ' , ' 6'- 3595/96 Sinfonie 11l/IV " " il 5'35
2882 Sinfonie IV Es dur rom, , , 12'- 3597/98 Sinfonie VIVI , ' , " il 4'-
424 Sinfonie V B dur , , , , " 6'- 3599 Sinfonie VII , " " " " 5'34
425 Sinfonie VI A dur, , , , " 6'- 2495 Sinfonie VIII C moll, , , " 4'-
2888 Sinfonie VII E dur, , , , , , 12'- 931 Sinfonie IX 0 moll " ' " 4'-
2494 Sinfonie VIII C moll, , ' " 1'50 2990 Sinfonie IX und Te Deum zu-
844 Sinfonie IX 0 moll , , , " 6'- sammen , , ' , ' , , , ' , " 5'-
2988 Sinfonie IX u, Te Deum zus, 1'50 2989 Te Deum allein (vgl. BrU(kners
2773 Te Deum allein (vgl. Bru<kners Chorwerke)
Chorwerke) 5259 Andanle aus der narnge-
5258 Andanfe aus der narnge- lassenen Sinfonie F moll " 2'-
lassenen Sinfonie F moll, " 2'- 2925, 2923 Sfreirnquinleft, Inler-
2926 Sfreirnquinfeft F dur, , , , , 10'- mezzo vgl. oben
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Messe 11 E moll Te Deum
für amtstimmigen Chor u. Blasinstrumente für Chor. Soli u. Orchester, Orgel ad lib.
2894 Parlitur .................. 12'- 429 Klavierauszug mit Texl, laI. 3'-
2895 Bläserslimmen (nam Verein- 2773 Klavierauszug vierhändig.. 3"-
barung) 2989 Tasdlenparti!ur (16°) .. .... 2'-
2896 Chorstimmen .......... il 1'20
Sinfonie IX und Te Deum zusam·
2915 NEU I Bearbeilung für Chor
men (vgl.lnstrumenfalwerke)
und Orgel (Goller) .. .. .... 6'-
Grolle Messe 111 F moll JJHelgolandrr
. für gemischten Chor und Orchester
für Männerchor und gro~es Orchester
2898 Partilur .................. 40'-
2899 Ordlesterstimmen (nadl Ver- 2902 Parlitur .................. 12'-
einbarung) 2903 Orchesferslimmen (nach Ver·
2899 a Orgelslimme .. .. .. .. .... 3'- einbarung)
2900 ald Chorstimmen ........ iI 1"80 2904 Chorslimmen .......... iI -'60
2901 Klavierauszug mit Texl, laI. 12'- 2905 Klavierauszug mi! Text d... 3'50
3601 Daraus einzeln: Benediclus
für Klavier zweihändig .... 1"50 "Das hohe lied"
150. Psalm MännerdlOr mil Tenorsolo u. Orchester-
für gemischten Chor. Soli und Orchester oder Klavierbegleilung

2906 Parlitur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 10'- 2910 Parlitur (mi! unterlegtem


2907 Orchesterslimmen (nach Ver- Tex!) .. .. .. .. .. .. .. .. .... 2'50
einbarung) 2911 Orchesterslimmen (nach Ver-
2908 Chorslimmen .......... iI -'50 einbarung)
2909 Klavierauszug mil Text d... 4'- 2912 Solo· und Chorslimmen .. iI -'25
Hiezu ein Verlegerzuschlag

Zu beziehen durch jede Budl- und Musikalienhandlung

Universal-Edition A.-G .. Wien-Leipzig

447
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 9
Waller Sdlrenk ............... _........ _..... :..... Umwertung der Melodie
M. Broesike·SdlOen .............................. '... _._ '"' ......... Parerga
Eugen SdJmilz .... _.... _._ ..................... Die Zukunft der Hausmusik
J. Hauer ....... __ ,.... _ ., ..... __ Die abendländische Musik im Mannesaller
G. M. Galli ....... _. _._ ._, _.. _....•. _.... _._ Jlalienisme Musik 11 (Ma!ipiero)
Joachirn ßeck .... __ ....... _...................... Dirigenten 11 (Leo Blech)
H. R. Fleismmann ............... _._ ... H. Nötzel und sein .. Meister Guido"
A. Weissmann ........................... Die Frau ohne Schallen in Berlin
G I os se n: Randnolen von Jean Corleau; Widmungen von R. SI. Hoffmann ;
Musik und WeHidee von Hugo Kauder; Musik in Wien von R. SI. Hoffmann;
Bespremungen I Zu unserer Notenbeijage I Berichfigung I Neue Noten
Notenbeilage: AJois Hciba Intermezzo op.2 Nr.2

NUMMER 10
Max Chop: Die wirtschaftliche Lage der konzertierenden Künstler und
der Musiklehrenden
Egon Lus/garfen ... ... ... ... ... ... ... ... Reform der Orchesteraufslellung
Max Brod ........ ' ... ... ... ... ... ... Gustav Mahlen jüdische Melodien
H. F. Redlich ..... _ '" Musikalisme Zusammenhänge und BeZiehungen
Ludwig Karpath ........................ Die Ausflüge des Herrn Broucek
Dr. H. R. Fleischmann ...........................' Paul August von Klenau
GI 0 S s en: Musikalisches Gespräm von H. F. Redlim; Die Feindsmaft
der Zeitgenossen von Josef ReiHer; Angenommen ... von R. SI. Hoff~
mann; Musik in Wien von R. SI. Ho{fmann I Besprechungen { Neue
Noten I Neue Bümer
NOlenbeilage: Paul von Klenau, Slimmungsbild

448
HERMANN KRETZSCHMAR
Geschichte der Oper
VI. 286 S. 80. Geheffef Mark 14'-. gebunden Mark 18.- und Teuerungszuschlag
jf Krefzsdlmars NGeschichle der Oper" wird eines der hervorragendsten Bücher der Musik~
M geschichte der neueren und neueslen Zeit veröffentlicht. das, seit Jahren sehnsümlig erwartet,
nun zum ersten Male im Zusammenhange Krefzsmmars Forscherarbeif auf dem Gebiete der
Oper bringt. auf dem die Musikgeschichte in ganz besonderem Ma~e lebendige Förderung von ihm
erfuhr. Es ist ein echtes Kretzsmmarsches Buch. ohne jede Weitschweifigkeit meistert es in der aus
Krefzsmmars Werken her bekannten lebendigen, freffenden Darstellung den Sioff in einer Art. die
ist und das Sludium seines Buches auch dem Nirnlhistoriker zu einem
jedem Gebildeten versländlim
Genusse macht. Krelzschmars "Geschichte der Oper" legl die Geschichte der Gaflung von Jacopo
Peri bis auf Richard Wagner so eingehend idar, da~ alle Komponisten und alle Werke, die einsl
Beachtung gefunden und verdient haben, zu ihrem Rechte kommen. Der Florentiner und der Römischen
Schule folgt die Entstehung und die erste Periode der Französischen Oper von Lully bis Rameau;
auch die dem 17. Jahrhundert angehörenden Anläufe zu einer Deutschen Oper werden mit besonderer
Berücksichtigung R. Keisers ,angeführt. Bei der Schilderung der Italienischen Oper des 18. Jahrhunderts
wird J. A. Hasse an die Spitze gestell! und die Gruppe Perez, Terradellas, Jommell; als "zweite
Neapolitanische Schule" ihm angeschlossen. Eine ganz neue Klärung erfährt im Widerspruch zu
O. Jahn die Frage nach der Bedeutung Mozarts für die Geschichte der Oper. Für die weifere Ent·
widdung wird Si mon Mayr eine bisher unbekannte Wichtigkeit zugeschrieben. Li. a. Meyerbeer in
dessen Gefolge gestellt und auch auf die nachwagnersche Produktion werden Streiflichter geworfen

VERLAG BREITKOPF '" HÄRTEL, LEIPZIG-BERLIH

In meinem Verlage erscheint Mille Juli:

Romantische Harmonik
und
ihre Krise in Wagners "Tristan"
von Dr. E. Kurth
Privatdozent für Musikwissenschaflen
an der Universität Bem

550 Seiten Gro~·Oktav. geheftet. mit 295 Notenbeilagen


Preis ca. 35 Mark

Verlag Paul Haupt, Bern


Akademische Buchhandlung
vorm. Max Drechsel.

449
SPE KA- M. LI SI KALI EN -\iE RLAG KONZl:RT -DJREKTION
LEIPZIG' ·KARLSTR.5
llllUlllllllllllUlllllll1 '1IUUIIIIIUll1llllll11111
Robert Kol'lits,ch

DR. SIE.GFRIED KARG-ELERT linz a. d. Donau . Landstra~e 30


Telegramme: Konzert Kollilsm Fernruf 389
Die Grundlagen der Musiktheorie
Praktische Kompositionslehre
Ein modl!flw5lehr- und AufQabenbudllilr die Farnausbildung
und den Selbslunlerrid1l. - MU einem Bildnis des Autors
)I(
1. TEIL, PREIS MK. 6·50
2. und 3. Teil ersrnein! Im Laufe des Jahre~. Preis nOm frei- Doppelpedalige Harfe
bleibend. Sonderprospekle kostenlos l11111111l11JHIIII!lIIIIlUIIIIIIIIIH1111111I111111l1111111111111111111111111111111111!111111l111 11111
Zum enlen Mal ein dlml1aUS modernes, der 'hofrenden Enl-
widdung der Musik in j üng$!er Zeil Re<lmung tragendes Elemenl<lf' Brown London from Erards, verkäuf-
burn der Musiklheorie I Sein praklismer Wer! Isl am lelpzlger
Konservatorium bereits erprobt. Die ganze Anlilge des in drei- lich. '" Anzufragen: Konzertdirektion
Tell<'n emhienenen Werkes Ist so gewahll. dab es für einen
möglldlSt gro~en Kreis (Musikstudierenden an SdlUlen, Semi· Birnbacher u. Kollitsch, Klagenfurt
naren und KOn$erVlllorien und Aulodiaklen) prakU$di verwend·
bar j$!. Selb$t' fur SpezIalisten (Sönger, In~trument<'lli~len) wird
das Elementarwerk zur Erlangung einer allgemeinbildehden
mU$jkalbdH~n Grundlage unentbehrlldi sein

MLISIKVEREIN INNSBRLlCK PIZZI & CO., VERLEGER


1lJllIIlIIlIllIlIlUUllUlIJlllllllllllIllllIllJlIlllUll1llllllltlllll1111l1111111 BOLOGNA. VIA ZAMBONIl
IIIlflllllUIIJfllUIIIIJUIIJlU1I11III1f1111l1lJ1ll1l1ll1U11J1I1Il1l1l1ll1l11l1U
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Geige oder Bratsche im bestehenden "ROMAGNA"
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Bild, Lebenslauf und Zeugnissen an
Emil Sc h e n nie h, Direktor des Musik- " TRIO"
vereins Innsbruck für Klavier. Violine und Violoncello

450
Klavier.

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- Verlag der UnivenmlcEdition. A. G. Wien, Leipzig.


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2. Jahrgang, Nummer 13 Juli-August-Heti 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
• Fi59+

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DIE "R Ü C K K EHR ZUR N A T U R"+


Von Paul Bekker, Frankfurt a. M.
ttEine neue Musik wird erst entstehen, wenn wir wieder komponierende Deutsche,
Franzosen, Italiener, Slawen ... und - Juden besitzen. Das riesige Talent, das hier
überall vorhanden ist, ist durch die kosmopolitische Erziehung heute auf das ernsteste
gefährdet. Vielleicht müssen wir erst durch den völligen Zusammenbruch hindurch,
ehe das Neue sich Bahn bricht." So schreibt Hermann W. v. Waltershausen, ein
bühnentechnisch beachtenswert begabter deutscher Musikdramatiker, Komponist des
erfolgreichen "Oberst ehabert". In einer jüngst erschienenen Schrift"D asS i e gIri e d-
Idyll oder die Rückkehr zur Natur"; München, Hugo Bruckmann), predigt
er die "Rückkehr zur Natur" in Anlehnung an Wagners "Siegfried-Idyll", das ihm
als "Symbol des Sichbesinnens auf die eingeborene und ererbte Art", als "Kom paß
zur Heimreise l' vom "Internationalismus 4l gilt.
Das Heftehen ist zwar in dem tendenziös alldeutschen Verlag Bruckmann-München
erschienen, aber es ist, im Gegensatz zu manchen anderen Publikationen ähnlicher
Art und Gesinnung, nicht bösartig gemeint. Es spiegelt eine ehrliche Sach-Über-
zeugung und man kann ihm sogar eine gewisse Gescheitheit nicht absprechen. So
wie Waltershausen mühen sich heute unter dem Druck politischen und kulturellen
Niederganges ernsthafte Leute in allen Ländern um die Probleme der Kunst und
Kultur, so wie Waltershausen glauben viele in noch schärferer nationaler und
stammesartlicher Sonderung das Heil zu finden. Das Phantom mißverstandenen und
mißdeuteten Selbstbestimmungsrechtes verwirrt auch in der Ästhetik die Geister.
Während uns die Wirklichkeit mit jedem Tage gewaltsamer zwingt, das Auge-
wiesensein aller auf alle anzuerkennen, während die Politik sich imnler mehr zum
Denken in überstaatlichen und überkontinentalen Begriffen bequemen muß, wird in
der Kunst - das D 0 r f als Rettung gepriesen.
"Rückkehr zur Natur!" Was aber ist Natur, wo und wie ist sie zu finden? Hat
die Natur damit angefangen, Deutsche, Franzosen, Slawen, Juden zu schaffen -
oder'hat sie mitMenschen begonnen? Es wäre gewiß töricht, volks- und rassen-
mäßig bedingte Verschiedenheiten in der künstlerischen Ausdrucksart zu leugnen.
>l< Aus der t,Frankfurter Zeitung".

451
Wir begegnen ihnen auf Sclttitt und Tritt und müßten blind sein, wollten wir sie
verkennen. Aber ist in ihnen das Wesentliche, innerlich Treibende, Wertgebende
zu sehen? Wenn wir heut durch ein Museum ostasiatischer Kunst wandern, wenn
wir Jahrtausende alte Schöpfungen erstorbener Kulturvölker bewundern - was ist
es, das da oft so mächtig zu uns spricht, uns bis ans Innerste greift? Ein Blick, ein
Ausdruck, eine Geste, eine Formung, vor der alle Unterschiede der Zeiten und
Rassen in nichts versinken, aus der Ur m e n s chI i eh e s in unzerstörbarer Prägung
uns zuruft, über alle Lautverschiedenheiten der Begriffssprache, über alle Grenzen
der Länder und Kontinente hinweg. Und wir, Kinder eines Zeitalters, eines Erd-
teiles, durch gemeinsames Schicksal, gemeinsame Not, gemeinsame Kulturziele an. .
einander gebunden, so eng, daß Schwankungen und Erregungen der einen Gruppe
sofort irgendwie auf die andere rückwirken .- wir sollten das Heil darin suchen
müssen, daß jeder von uns hübsch auf sein enges Stübchen geht, sich sorgfältig darin
abschließt und nun nationale Sonderkunst treibt? Fürwaltt, eine armselige Weisheit,
die solcher Behütung, eine armselige Kunst, die solcher Absperrung, eine armselige
Natur, die solcher Verstopfung frei fließender Quellen bedarf. Stünde es wirklich
so mit uns, wir täten besser, jeden Gedanken an Kulturarbeit aufzugeben und unser
Menschentum für bankerott zu erklären. Wir trieben sonst der traurigen Inzucht
entgegen. Eine Kunst, die ästhetische Schutzpolitik treiben muß, ist wert, daß sie
kaputgeschlagen werde.
Es steht aber gar nicht so schlimm um uns. Es ist nur ein Zeichen für die Ver-
wirrung, die gefühlsmäßig noch unfaßbare Ereignisse des Weltgeschehens auch in
gutartig und rechtlich denkenden Köpfen angerichtet haben, daß das Problem über-
haupt von dieser Seite erfaßt wird. Nationalismus und Internationalismus sind nicht
Begriffe, auf die sich künstlerisches Schaffen von vornherein bewußt einstellen kann.
Beide sind Erg e b n iss e, nicht Voraussetzungen. Bedingend für sie ist einzig die
produktive Kraft der einzelnen Persönlichkeit, der einzelnen Generation, des
einzelnen Stammes, der einzelnen Rasse. Je ärmer diese sind, um so enger werden
sie in iltter Aufnahmefahigkeit und ihren Wirkungsgrenzen beschränkt sein, je
reicher, um so vorbehaltloser werden sie Anregungen von allen Seiten empfangen
und sich allseitige Geltung verschaffen. Der Nationalismus in der Kunst führt not-
wendig zur Anerkennung des Dialektdichters als des denkbar höchststehenden
Künstlers. Solange wir aber das Göttliche als Teil aller Menschen, solange wir
Natur als Himmel und Erde erkennen, solange werden wir den höchsten Wert-
maßstab einer Kunst darin sehen, daß sie Himmel und Erde und alle Menschen
umfaßt, und wir werden die Beschränkungen, die auch der größten Kunst in iltten
Wirkungen gezogen sind, eben als Beschränkungen, nicht als Vorzüge ansehen. Das
Absolute zu erreichen ist keinem beschieden, wohl aber wird das Streben danach
stets das Ideal aller großen schöpferischen Geister sein. Und je stärker eine Kunst
sich international auswirkt, um so näher kommt sie diesem Ideal, je mehr sie sich
rassen... und volksmäßig verengt, um so kleiner und sch,,?,ächer wird sie.
Lassen wir die volks.... und stammesartliehe Betrachtungsweise als Wertmesser
beiseite. litte Verfechter zwar wollen sie eigentlich auch nicht als wertbestimmend
angesehen wissen, indessen sie wird es unvermeidlich. Jede nationalistisch eingestellte
Kritik muß, mag sie wollen oder nicht, im Nächstverwandten das Gute, im Fern..
stehenden das Schlechte erkennen. Ihre Wertbestimmung läuft daher schließlich auf
Gesinnungspolitik hinaus. So verzerrt sich notwendig das Bild zeitgenössischen

452
W ollens und Schaffens; an Stelle geistiger Grundströmungen treten im Spiegel der
Kritik Familienbeziehungen hervor. "Blutsverwandtschaft ist Drecksverwandtschaft",
sagt einmal Hans v. Bülow und nirgends hat dieses schroffe Wort mehr Berechtigung
als in der Kunst. Hier geht es nicht um mitleidvolle, in egoistischem Machtstreben
wurzelnde Unterstützung des Verwandten, hier geht es um klares Erkennen
des aus sich heraus Wertbringenden und Wertschaffenden. Wer die Reinheit dieses
Erkenntnisstrebens durch Nebenregungen privat nationalistischer Interessenpflege zu
stören sucht, treibt bewußte Verfälschungs-Ästhetik.
Was ist es denn, was wir "modern" nennen? Wir verehren Beethoven, Bach,
Wagner, Mozart, aber wir nennen sie nicht "modernu. Ist es also das Zeit . .
genössische schlechthin? Keinesfalls, denn gerade hier empfinden wir oft stärkere
Unterschiede dem "Modernen" gegenüber, als bei alten Meistern. Es ist also eine
Abgrenzung des Gegenwärtigen gegenüber dem Vergangenen, aber eine Abgrenzung
mit strenger Auswahl. Maßgebend für diese Auswahl ist einzig eine gewisse Über-
einstimmung der Anschauungsart, der Problemstellung. Wir sind nicht töricht genug,
an eine "Entwicklung/ der Kunst im Sinne des Fortschritt..-Philisters zu glauben.
Wir wissen, daß schon die alten Ägypter und noch frühere Kulturvölker grund-
gescheite und hochentwickelte Menschen waren. Wir wissen auch, daß eine neue
MaItechnik, eine neue Farbenskala, eine neue Harmonieverbindung, ein neues
Instrument, keinen F 0 r t s c h r i t t, keine Errungenschaft im absoluten Sinne
bedeutet, daß dies alles nur äußere Symptome innerer Umstellungen sind, bedingt
durch den ewigen Fluß und Wechsel der Dinge. An diesen Fluß und Wechsel aber
glauben wir, denn er ist das, was wir Leben nennen. Und dieses nennen wir
modern: was innerlich fließt, wechselt, zeugt und trägt. Es ist das Lebendige,
Quellende, Strebende, es ist das Wollen des ewigen Seins, das sich nicht anders
äußern kann, als in der Bewegung, im Sichlösen, im Fortpflanzen. Ob der Maler
dabei kubistisch malt oder impressionistisch, ob der Musiker nur alterierte Akkorde
schreibt oder reine Dreiklangsharmonien, ist zunächst gleichgültig. Wichtig ist nur,
daß wir den Herzschlag hören und die Wärme des schaffenden Blutes fühlen.
Die Erfahrung nun lehrt, daß d,e wahrhaft produktiven Menschen eines Zeit-
alters, einer Generation zu gewissen Ähnlichkeiten der Technik gedrängt werden. Die
seelischen Grundkräfte sind und waren stets überall gleich, Hunger und Liebe werden
immer das Handeln der Menschen beherrschen, ihr Erleben, die Probleme ihres
Seins bestimmen. Was sich ändert, ist nur die Art der inneren Reaktion auf dieses
Erleben, der Wechsel gegenüber der Problemauffassung. Dementsprechend ändert
sich die Art der künstlerischen Gestaltung, der schöpferischen Willensäußerung, dem-
entsprechend ändert sich die Technik. Die Redensart vom "Fortschritt der Technik"
ist eine kurzbeinige Lüge und traurige Oberflächlichkeit. Das Klavierspiel zu Mozarts
Zeit war nicht im mindesten einfacher und leichter als heutzutage, die Orchester ...
technik Haydns ist ebenso hoch entwickelt wie die des Berlioz oder Mahler. Jede
Technik ist Mittel zur Darstellung eines Organismus und alle in sich vollkommenen
Organismen stehen in dieser Beziehung einander gleich. Hier gibt es kein Über-,
nur ein Nebeneinander, keine Entwicklung, nur den Wechsel. Was übernommen
und scheinbar gesteigert wird, ist lediglich Unwesentliches, Äußerliches. Das zutiefst
Wesenhafte, das innere Geheimnis der Technik stirbt ab - spätere Generationen
ahnen es kaum noch und finden es nie wieder. Es ist unnachahmlich, wie der Lack
der großen italienischen Geigenbauer.

453
So gibt es in Wahrheit keine große Technik, die nicht Darstellung einer großen
Kunst wäre, so gibt es auch keine große Kunst, die sich nicht ihre ei gen e Technik
geschaffen hätte. Und SQ kann man inhaltlich Ausdrucksmäßiges und Technisches
der Kunst in Wahrheit überhaupt nicht tre:p.nen, Technik ist ein Element des
Ausdrucks. Technik im landläufigen Sinne, handwerklich manuelle Fertigkeit wird
sie erst in dem Augenblick, wo die schöpferische Kraft, die sie geschaffen hat, er-
lischt, wo an Stelle des inneren Ausdrucks z w an g e s die Ausdrucks s pe k u I a t ion
tritt, wo der treibende Formungswille schwach wird und sich in die Kunstfertigkeit,
in die Man i errettet. Dann erst wird Technik als Technik engeren Begriffes erkenn-
und fühlbar. Ihre Bedeutung als Ausdruckselement geht verloren, und in krampfhafter
Übersteigerung äußerlicher Wirkungen sucht sie den Mangel an organischer Not-
wendigkeit zu verdecken.
Das Haltlose, Unfruchtbare solcher Produktionsart wird sehr bald erkennbar,
ruft Widerstände, Reformversuche hervor. Man sieht die Unnatur und nun ertönt
der Ruf nach "Rückkehr zur Natur", Ist aber dieses Natur, wenn ein verwucherter
Baum von seinen Auswüchsen befreit, wenn er wieder auf den einstigen Normal...
typus gebracht wird? Gebe ich ihm durch solche kunst gärtnerische Behandlung die
Kraft seiner Triebe zurück? Ist es nicht Verkennung natürlicher Wathstumsgesetze,
wenn ich ein von innen her Erstorbenes durch kluge Lebensregeln der Einfachheit
und Mäßigkeit zu erhalten suche? Was soll die alte Technik, selbst in ursprüng-
licher, reiner Anwendung noch, wo doch das, was sie einst geformt hatte, unwider. .
bringlieh dahin ist? Will und soll sie noch weiterleben, für kurze Zeit eine blend-
hafte Scheinexistenz führen, so muß sie wuchern und zum Selbstzweck werden.
Eine andere Kunst kann nur erstehen aus neuem Ausdrucksbedürfnis ; neues
Ausdrucksbedürfnis aber setzt voraus neue Art des Erlebens und Schauens, neue
Auffassung der Lebens- und Schaffensprobleme. Dies ist die einzige Rückkehr zur
Natur für den Künstler. Nicht gewaltsame Vereinfachung überlieferter technischer
Formeln, nicht absichtliche Sonderung in begrenzte Interessenkreise. Sondern Mut
des neuen Erlebens, Mut des neuen Schauens einer neuen Welt, Mut, dem elementaren
Sein von sich aus frei entgegenzutreten, den Erdgeist zu beschwören. Natur wird
nicht gefunden durch planmäßige Abstreifung irgend welcher Konventionen,
Natur ist nichts außer uns, _Natur ist nur in uns. Erst wenn wir selbst wieder
Natur werden - erst dann werden wir zur Natur gelangen. Wir brauchen nicht
Gebirge und Wälder, nicht Meere und Flüsse, wir brauchen keine Schäferkostüme
und keine ländlichen Idylle. Mehr als alles dies ist der Mensch, der wahrhafte, der
aus eigenen Augen schaut, mit eigenen Sinnen fühlt und erfaßt. Erst durch ihn,
der höchste Natur ist, werden wir Natur recht erkennen lernen. Kehren wir also
nicht zur Natur zurück als zur deutschen, französischen, russischen Landschaft,
kehren wir zt;lm Menschen zurück und lassen wir ihn neu schauen, neu erleben.
Solches neue Schauen und Erleben weiß mit den Mitteln der alten Technik
nichts anzufangen, es wirft sie beiseite. Keineswegs aus Mißachtung der Vergangenheit
- sondern es gibt nichts mehr daraus zu lernen, die Seele dieser Technik ist tot.
Eine neue Technik formt sich, gewiß nicht völlig außer Zusammenhang mit
Früherem. Manches vorher Erprobte geht verwandelt in das Neue über, Anklänge
aus älteren, zuweilen weit zurückliegenden Zeiten mischen sich ein. Es kommt
niemals auf das Nichtdagewesene an, es kommt nur darauf an, daß Technik und
Ausdruckwille einander entsprechen und sich decken. Das Handwerkliche ist nicht

454
zu mißachten, aber es ist auch nicht zU überschätzen, und manches angeblich große
"Können 44 ist in der Kunst, nur eine große Lüge. Ein neuer Keim ist gelegt, eine
neue Pflanze treibt hervor, ein Organismus ganz für sich, lebensträchtig und voll
eigener Gesetze. Da und dort zeigen sich kleine Abzweigungen, kleine Wucherungen,
tastende Versuche, in die Luft hinein zu bauen, Irrungen, Mißbildungen. Aber von
unten her drängt und treibt es weiter, die aufwärts strebende Kraft hebt sich immer
machtvoller, immer sicherer, das scheinbar Gesetzlose wird mehr und mehr zur
neuen Wahrheit, und ein mächtiges Naturgeschaffenes, ruhend in sich, gerechtfertigt
durch die organische Vollkommenheit seiner Erscheinung, steht mit einem Male
vor staunenden, zweifelnden, ungläubigen Blicken:
Dies ist es, was wir heute erleben. Nicht nur in der Musik, nicht nur in der
Malerei, nicht nur in der Kunst - überall, wo Geistiges lebendig ist. Wir erleben
die Sehnsucht nach' dem Menschen, wir erleben das Ringen um die Kraft neuen
Schauens, um die Fähigkeit neuen Gestaltens, um die Gesetzlichkeit der neuen
Technik. Wir erleben das Geschrei und Gezeter derer, die nicht wissen, was hier
vorgeht und Untergang wittern, wo sich eine neue Schöpfung aufbaut. Dichtung,
Malerei, Plastik und Architektur zeigen diese Symptome des Kampfes um das, was
zusammenfassend neuer Stil zu nennen ist. Am vernehmlichsten aber klingt er
aus der Musik. Am vernehmlichsten und zugleich - scheinbar - wildesten. Denn
auf diesem Kunstgebiet wird das Menschliche, Persönliche stärker als anderswo mit
in den Streit gerissen. Hier ist das Ringen des Alten mit dem Neuen zugleich ein
Ringen um die private Existenz, und so sucht das bedrohte Alte, das nicht anders
kann und nicht anders mag als bisher, sich e t his c h zu drapieren, um sich wir t-
sc haft Ii c hund mac h t po Ii t i s c h in Geltung zu halten. Bilder und Plastiken aller
Richtungen können nebeneinander ausgestellt, Dichtungen können gedruckt werden.
Das Musikwerk aber lebt nur von derAuHührung, und je enger die Aufführungs-
möglichkeiten umgrenzt sind, um so heißer tobt ,die Schlacht ihretwegen. Dazu
kommt, daß. wir nirgends stärker unter der verhängnisvollen Nachwirkung einer
pathetisch aufgeblasenen Ideologie ·der Kunstbetrachtung leiden, als in der Musik,
daß auf keinem Schaffensgebiete die Wertbestimmung ähnlich mit falscher Kunst-
moral durchsetzt, daß nirgends die Kenntnis der neuen Produktion so unzureichend,
lückenhaft, der allgemeine Überblick schwieriger ist, und daß schließlich wohl in
keiner Kunst der Schaffende so wenig begriffliche Klarheit über die Urquellen seines
Wollens hat, wie in der Musik. Die Markttrommel beherrscht das Feld, und wenn sie
gar mit den Nationalfarben geschmückt ist, so bleibt ihr der Sieg des Augenblickes.
Und trommelt sie die "Rückkehr ZUr Natur", zum Krieg der Rassen und der Völker,
zum Haß und zur Geringschätzung unkriegsmäßiger Gesinnungen - wer könnte
ihr dann noch widerstehen?
Nun bleibt ein großer, still lächelnder Blick über all dies törichte Gezeter und
Gerassel hinweg, ein Blick der Hoffnung und Zuversicht auf unverlierbare Werte
der Menschennatur, auf die unbesiegbare, unzerstörbare Kraft des Zeugenden, die
jetzt in der Stille wächst. Wir wissen, daß der Verneinungsruf nur krampfhafter
Todesschrei einer sinkenden Welt ist. Wir wissen, daß Natur nichts anderes ist als
das ewig Wachsende, ewig sich Erneuernde in uns selbst. Dieser Natur glauben wir,
sie wollen wir fassen und halten.
o 0

455
WIE N UND DIE MUS I K
Vortrag beim Gustav Mahlerfest in Amsterdam
Von Felix SaIten, Wien
Seit zweihundert Jahren erklingt den Menschen jene Musik, die man nach der
Fülle ihrer Ausdrucksmittel ebenso wie nach ihrem geistigen und seelischen Inhalt
als Ewigkeitsmusik empfindet. Und seit ebenso langer Zeit erwachsen die größten
Meister dieser Musik aus dem Boden der wienerisch. . . österreichischen Landschaft;
oder sie nähern sich diesem Boden so früh und so bald sie können, wie herbei-
gezogen von geheimnisvoll rufenden Kräften, sie fassen hier Wurzel und bleiben
der Wiener Scholle so untrennbar eingepflanzt, daß man sie, der belanglosen Zu-
fälligkeit ihres Geburtsortes gar nicht mehr bewußt, überall als W iener Musiker
anspricht.
Ein Spaziergang durch die Stadt und die Landschaft von Wien gleicht denn
auch einer Wanderung durch die großen und wichtigen Kapitel der Musikgeschichte.
In diesem Hause, auf dem Kohlmarkt, hat Josef Haydn einmal gewohnt. Dicht
nebenan war d.. Laden seines Verlegers Artaria, der nachher auch Beethovens
Verleger gewesen ist. In der schmalen Seitengasse, in die wir von hier aus blicken,
steht der Palast des Fürsten Esterhizy, bei dem Josef Haydn eine Zeitlang Kapell-
meister war. Nur ein paar Schritte gehen wir über den Graben und an der Stephans...
kirche vorbei, dann sind wir in der Schulerstraße, vor dem hohen, düster armseligen
Haus, darin Wolfgang Amadeus Mozart dieser Welt ,mit "Figaros Hochzeit" einen
großen Reichtum geschenkt hat. Ein kurzer Weg und dort, wo sich inmitten der
eingeschlossenen Stadt ein Ausblick zu den nahen Hügeln des Wienerwaldes öffnet,
auf der Mölkerbastei, hat Beethoven gewohnt. Dort wieder, am Rand der Vorstadt,
war der Schwarzspanierhof, wo er starb. Ein wenig weiter die Vorstadt entlang und
da ist das liebe kleine Haus, darin Franz Schubert geboren wurde. So nachbarlich
beisammen ist dies alles, daß wir noch nicht müde werden, wenn wir jetzt, auf dem
Rückweg, an den Kirchen vorübergehen, in denen Anton Bruckner an der Orgel
saß. Und nun wachen auch in uns selbst viele Bilder der Erinnerung auf. Wir sehen
durch diese Straßen Anton Bruckner wandeln, wie wir ihn vordem, in Wirklichkeit,
oft und oft gesehen. Seine kraftvolle Greisengestalt tritt hervor, in dem schwarzen,
immer zu weiten Rock, mit dem er einem Batter in Sonntagskleidern ähnlich war.
Sein mächtiges Haupt, das dem Antlitz eines römischen Kardinals glich, leuchtet
silberüberschimmert. Wir sehen in der Erinnerung Johannes Brahms einherschreiten,
breit, wuchtig, lockenumwallt, sehen seine großen, seltsam strahlenden blauen Augen.
Dann, später, die edeI . . schmale, nervöse Gestalt Gustav Mahlers, sein wunderbar
beseeltes Gesicht, das in den von hoher Geistigkeit geschärften Linien, in der Energie
seiner Haltung an das leidenschaftlich beredsame Profil von Nicolo da Uzzano gemahnt.
Alle sind sie hier in dieser Stadt umhergegangen, haben alle hier ihr Werk
vollbracht und ihr' Schicksal erlebt. Und sind, alle, die tönende Stimme dieses
Landes gewesen.
Es ist eine ungeheure Kontinuität, die' sich da vor uns entrollt, von Haydn,
Mozart, Beethoven und Schubert bis zu Bruckner, Brahms und Mahler. Viele kleine
Momente wären leicht zu finden, neben der großen Gesamtwirkung viele kleine
Einzelheiten, an welchen diese Kontinuität wie etwas Lebendiges zu spüren ist.

456
N <hmen wir uns nur das eine Beispiel: daß Schubert vor seinem Tod den Plan
hegte, bei Sechter Kontrapunkt zu studieren und daß eben derselbe Sechter später
Anton Bruckners Lehrer wurde. So nah waren sie beisammen, daß sie einander
hören konnten, wie Haydn Mozart geh~rt hat, wie Schubert von Beethoven bezaubert
war und wie Mahlet Anton Bruckner vernommen hat.
Solch ein Aufblühen und Einwurzeln auf einer Handbreit Erde kann nicht mehr
Zufall sein. Solch einer Kontinuität in zwei Jahrhunderten - von 1732, der Geburt
Haydns, bis 1911, dem Hinscheiden Mahlers - entspricht wohl eine innere
Notwendigkeit.
Daß die Musik der wienerisch .. österreichischen Scholle entsprießt, gleich einer Saat,
die gerade hier üppigere Ernten trägt als anderswo, dürfen wir freilich feststellen,
aber es ist eine Tatsache und keine Erklärung. Wir haben uns damit weder das
Wesen der Kunst, noch dasjenige der Musik, am wenigsten aber das gleichsam
klimatische Phänomen der Wiener Musik enträtselt.
Wenn wir uns nun, wie so oft im Leben (manchmal vielleicht zu oft), nach
dem Wesen der Kunst fragen, dann mag es vorerst einmal erlaubt sein zu
sagen, daß diese "IJi/elt nicht ganz fehlerfrei. nicht ohne Mängel, nicht als ein voll-
kommen Gelungenes aus der Hand ihres Schöpfers hervorgegangen ist. Haben wir
d;l,s als eine Erkenntnis erfaßt, die Gott nicht verkleinert, sondern uns vielmehr
llij1er und inniger zu ihm hinträgt, dann begreifen wir, was Kunst im Eigentlichen
sein mag: die Sehnsucht Gottes nach Vollendung. Eine heiße, sacht auch von Reue
bC'Negte Sehnsucht des Schöpfers, den Seelen seiner Geschöpfe eingeha ucht, damit
sie hier fortwirke und rastlos dar an arbeite, uns in großen Werken eine bessere
·Welt, ein erhöhtes Leben aufzubauen und vorzuzaubern. Von solchen Werken
sagen wir ja doch, daß ein "göttlicher Funke" in ihnen glühe, und es ist in diesem
eine Ahnung von Gottes Sehnsucht nach Vollkommenheit und nach höchstem
Gelingen.
Nehmen wir es einmal, und gleichsam zur Probe, anders, dann wird es uns
wohl deutlich, daß eine durchaus gelungene Schöpfung, daß eine vollkommene
VI elt niemals einen Weg über sich selbst hinaus suchen, niemals über sich selbst
hinaus träumen, sehnen oder schaffen würde. Und wir merken, daß es in eIner
vollkommenen Welt überhaupt kein~ Kunst geben könnt e.
Denken wir nun weiter über das Wesen der Musik nach, dann hilft uns etwa
die Bibel mit einer ihrer schönsten und tiefsinnigsten Geschichten. Da ist die Erzählung
vom Turmbau zu Babel, von jener ersten, naiven und dennoch gewaltigen Gott . .
suche der Staubgebornen, die ihren Turm bis zum Himmel aufrichten wollten, um
das Antlitz des Ewigen zu schauen. Aber der liebe Gott war mehr für Distanz,
mochte die Zudringlichkeit nicht leiden, er bekam einen Anfall von Jähzorn. Genug,
er schlug sie damals mit Verwirrung, so daß sie anfingen, verschiedene Sprachen zu
reden und einander nicht mehr verstanden. Als sie aber einander nicht mehr ver . .
standen, wurden sie einander fremd. Und als sie einander fremd geworden waren,
wurden sie einander feind. Aller Streit und Haß der Nationen, aller Krieg und
jedes Unheil der Welt hat in jener furchtbaren Stunde begonnen.
Aber die Menschen hatten in den Unschuldszeiten ihrer Kindhei t, in den para-
diesischen Tagen.der beständigen Nähe Gottes den Gesang der Erzengel undSeraphim
gehört, sie hatten aus geöffneten Himmeln die Offenbarungen ew;iger ,Harmonien
vernommen und davon war ein K:lang in ihrer Seele zurückgeblieben, unsterblich

457
forttönend, von Geschlecht zu Geschlecht. In der Sprache dieses Klanges, die über
allen Worten ist, verstehen sie einander heute noch, ohne Unterschied der Nationen.
In dieser Sprache erkcl).nen sie einander heute noch als die verschwisterten Geschöpfe
eines gemeinsamen Schöpfers und alle Fremdheit fällt von ihnen ab. In dieser
Sprache reden die Menschen zu ihrem Gott, schütten ihm von ihrem Fühlen und
Denken das Beste und Geheimste aus, das in· Worten nicht zu sagen ist.
Fragen wir nun, wie es geschehen mag, daß auf dem KuIturboden Europas
gerade Wien die Stelle ist, an der Musik gleich einem Springquell, hoch und un-
erschöpflich, aus der Erde aufsteigt, dann gibt uns die Natur einen Hinweis.
Wann werden ihre schönsten Stimmen lebendig? Weder am vollen Tag, noch
in tiefer Nacht. Also nicht während eines ruhig in sich beharrenden Zustandes,
sondern des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, und des Abends, wenn sie sinken
will, Da rauscht das Meer, da braust der Wind in den Baumwipfeln, da singen die
Vögel des Waldes. Musik erwacht in den Übergängen, in den Dämmerungen, an
den Grenzen der Gezeiten. Musik ist in allen jenen Zwischenstunden, in denen
sich Rätselhaftes vollzieht, in denen etwas, das herankommt, geahnt und begrüßt
wird, etwas, das dahingeht, Abschied nimmt und sich löst.
So liegt denn auch die Stadt, von der wir sprechen, zwischen Morgen und Abend,
liegt zwischen den Nationen des Ostens und Westens, im Grenzbezirk vielerlei
Arten von Kultur. Von je war ihre historische Bestimmung ein Mittleramt zwischen
dem Orient und dem Okzident Europas. Sie war von je ein Übergang von Sprache
zu Sprache, von Geschichte zu Geschichte, von Rasse zu Rasse. Ihre Arbeit war von
je ein Ringen nach Einheit im Vielfachen, nach Harmonie im Wirrsal. Ihre große
Leistung war und bleibt diese farbensprühende, sonnenprangende, üppige Kultur, die
. ihr eigentümlich geworden und die aus den feinsten Essenzen des Nordens und des
Südens, des Ostens und des Westens gemischt ist. Das Verlangen aber, diese große
ideelle Leistung auch in einer praktisch-politischen Wirklichkeit zu fixieren, ist der
Stadt Wien zum Verhängnis und zum Schicksal geworden.
Aber was im Kampf um die Macht ihre Schwäche bedeutet, dies Hingebreitetsein
zwischen Morgen und Abend, das war die Kraft dieser Stadt in einem höheren
Belang. Das erschuf sie zum singenden Mund der Welt. Hier entsteht die Musik,
die wir, in ihren stärksten und entscheidendsten Werken als eine kosmische empfinden
und die, wir wollen es einmal ruhig aussprechen, die inhaltsreichste Botschaft in sich
trägt, welche der Menschenseele seit dem Sinai und Golgatha zuteil geworden, Hier
entsteht diese Musik, von der ihre Meister selbst bekennen, sie hätten sie nicht aus
Eigenem ersonnen, sondern sie als eine überirdische Eingebung empfangen. Haydn
bricht beim Anhören der "Schöpfung" in Tränen aus und gesteht voll Ergriffenheit,
diese Klänge seien nicht von ihm, sie kämen von Gott, Und Mahler, der mit so
viel wachem Bewußtsein gesagt hat, eine Symphonie sei ihm das Aufbauen einer
Welt, schreibt nach Vollendung der Zweiten über den Aufschwung, der das Werk
beflügelt, er wisse selber nicht, wie er dazu gelangen konnte.
Auf diesem Boden entstand das Nibelungenlied, das ~n seinem Vers, in seinen
Geschehnissen und Gestalten von Musik bewegt ist. Von diesem Land bekennt
Walter von der Vogelweide : "In Österreich lernt' ich das Singen." Von uralten
Zeiten her schlummert in diesem wienerisch... österreichischen Boden Musik. Sie ist
hier das Element einer besonders gestimmten Natur; sie atmet in den Seelen der
Menschen, die hier wohnen, sie klingt in der Art, in der diese Menschen einander

458
begegnen, in der sie miteinander sprechen. Sie ist in ihrem Lächeln unq. in ihrem
Schmerz, sie lebt als eine unhö,rbare, dem Gefühl aber stets verständliche Melodie
in den lebensfrohen, geduldigen und so leicht versöhnlichen Augen dieser Menschen,
sie schimmert in der Anmut ihrer Jugend, in der Kindlichkeit ihres Lächelns und
in der sinnlich seligen Wehmut ihrer Liebe.
Musik ist hier lange schon, stumm, vorhanden. In dieser Stadt, die von spanischem
Pomp geschmückt, von italienischen Baukünstlern erneut, von Deutschen und Slawen
bewohnt, von römischen Priestern erzogen wird; in dieser Stadt, in der die Völker
des Westens den Orient zu grüßen glauben und in der die Völker des Ostens sich
. an der Schwelle westlicher Kultur wähnen, in dieser Stadt, in welcher der Wanderer
aus dem Norden meint, uns begrüße der Süden, und der Wanderer aus dem Süden
denkt, hier betrete er die nördliche Zone; in dieser Stadt, in der alle Menschenarten
beieinander wohnen und ineinander gleiten, entsteht Musik als das Ergebnis hundert-
fach gemischten Denkens, hundertfältig gemengter Sehnsucht. Sie ist s<hon da, in
den Palästen der Barocke, sie fängt dann zuerst in Haydn zu klingen an, leise, naivt
fromm und voll Demut. Aber nun sie sich einmal selbst gehört hat, schweigt sie
nicht mehr, sondern bricht unaufhaltsam hervor wie ein Bekenntnis aus übervollem
Herzen. Es gibt keinen Stillstand mehr, denn ein Meister folgt dem anderen, einer
setzt immer wieder fort, was der andere begonnen und diese Kontinuität vollzieht sich
mit einer gesetzmäßigen Notwendigkeit. Der junge Beethoven muß nach Wien, wie
er selbst sagt, um da "aus den Händen Haydns das Vermächtnis Mozarts zu empfangen ll •
Und es ist auch in der Menschlichkeit all dieser Meister eine Kontinuität, die
ergreifend wirkt, wenn man ihre Spuren sucht. Haydn macht irgend einmal die
Bemerkung: "An meinem alten wurmstichigen Klavier beneide ich keinen König':'
Ein schönes Wort und in all seiner Demut dennoch ein stolzes Wort, wenn man
bedenkt, daß damals ein König noch sehr viel, ein Musiker aber nur sehr wenig
gewesen ist. Und Schubert schreibt an seinen Bruder: "Ich bin zufrieden, aber der
J\'Iensch will manchmal auch eine Semmel essen oder einen Apfe1.:: Sie gleichen
einander irgendwie in ihrem Wesen und in ihrem Schicksal, von Haydn bis Schubert,
von Schubert bis Bruckner und Mahler. An ihrem Klavier haben sie alle von ihrer
Erdensendung das feste Gefühl, das sie keinen König beneiden läßt. Aber was ihnen
vOn den Genüssen dieser Erde beschieden ist, geht über den Luxus der "Semmel"
nur sehr selten hinaus.
Sie sind österreichisch: in ihrer äußeren Armut und in ihrem inneren Reichtum;
in ihrer äußeren Unbeholfenheit und in ihrer inneren Bravour. Und sie sind
österreichisch in ihrer nobeln Unfähigkeit, sich in Szene zu setzen.
Sie sind österreichisch auch in diesem Eingewurzel tsdn, das sie hindert, das
Land oder die Stadt zu verlassen, um etwa anderswohin zu gehen, wo man sie höher
geehrt und freigebiger belohnt hätte. In jedem von ihnen lebt die Bereitwilligkeit,
lieber in Wien zu darben, als anderswo zu schwelgen. Es ist, als wüßten sie, daß
ihnen nur aus diesem Boden die rechte Kraft zuströmen könne.
Schubert liebt udie Felder zwischen Döbling und dem Kahlenberg am meisten".
Und Beethoven komponierte die Pastorale am Ufer des ,kleinen Baches von Heiligen-
stadt. Sie sind alle dieser milden, anmutigen, von Melodie erfüllten Landschaft
hingegeben und wenige Dinge wirken so menschlich rührend als jene Stellen, an
denen die Ewigkeitssprache Beethovens t Bruckners oder Mahlers ganz leise vom
Wiener Dialekt angefärbt wird.
459
Daß sie alle eine Zeitlang verkannt, daß sie nicht schnell genug erkannt, bewundert,
verehrt wurden, sollte man nicht mit scheltenden Worten bereden. Wer lange genug
gelebt hat, weiß, daß die Mitwelt immer eine Vereinigung von Menschen ist, die
einander das Leben so sauer als möglich machen.
Außerdem ist es von jeher eine Probe auf den persönlichen Wert der Menschen,
wie sie sich einer großen Erscheinung gegenüber verhalten. Aber ich meine hier nicht
jene Erscheinungen, die schon erkannt, schon gewertet und eingestempelt sind, nicht
jene Größen; denen man schon Altäre errichtet hat. Denn vor solchen Größe"
verneigen sich alle. Die einen aus jener frommen Einfalt, welche augenblicklich und
wahllos anbetet, was alle anbeten; die anderen aus Feigheit und wieder andere aus
wohlerzogener Rücksicht, wie man sich ja auch sonst in Kirchen und Tempeln, selbst
wenn man ungläubig ist, geziemend benimmt. Ich meine jene probe auf den
persönlichen Wert, die einer ablegt, sowie er vor eine neue große Erscheinung gestellt
wird und sie nun erkennen, begreifen und abschätzen soll. Die Menschen, solch einer
neuen Größe gegenüber, haben nur die Wahl: sie anzubeten oder anzuspucken. ~! er
lange genug gelebt hat, weiß, wOzu sich die meisten Menschen immer am leichtesten
entscheiden.
Um aber gerecht zu sein, müssen wir in dieser Sache trotz alledem bedenken,
daß die großen Meister, von denen wir sprechen, zu reich, zu schwer, zu stark
gewesen sind, um rasch erkannt und verstanden zu werden. Man muß bedenken;
anders ist das Tempo des Schaffens und anders das Tempo des nachfühlenden
Begreifens. Das Schaffen vollzieht sich im Sturm, ungeheure Werke entstehen
manchmal in der Induktion einer Sekunde und geheimnisvolle Kräfte helfen dann
ein Werk ausführen, das im Augenblick der Konzeption fertig vor dem inneren
Auge seines Schöpfers stand.
Mozart wurde fünfunddreißig Jahre alt und hinterließ ein Werk, das ein Jahrhundert
willigsten Begreifens nicht auszuschöpfen vermochte. Und Schubert, der schon mit
einunddreißig Jahren starb, hat in dem einzigen Jahr 1815 vier Opern geschrieben,
zwei Symphonien, zwei Messen, vier Sonaten, ein Quartett und die übrige Kirchen . .
musik, die Klavierstücke und Chöre nicht mitgerechnet, noch hundertdnundvierzig
Lieder. Wie hätten die Zeitgenossen ihm folgen können?
So hat auch Gustav Mahler, der als ein Fünfzigjähriger die Augen schloß, in
einer unheimlich dahinstürmenden Arbeit eine ganze Welt geschaffen, deren ungeheure
Räume wir erst nachträglich, langsam erst, in ihren Weiten, in ihren Höhen und
Tiefen durchmessen können.
Während dieser Festtage, die wir hier in Amsterdam erleben, vollkommen in de.t
Faszination seines Werkes, erkennen auch diejenigen, die Mahlers Größe: von Anfang
an geahnt haben, wie viel ernstes Studium, wie viel aufmerksames Sich . . Versenken,
wie viel Zeit und wie viel . . . Reife notwendig sind, um aII das zu empfangen,
was er gegeben hat.
In diesen Tagen, von seinem Werke oft im tiefsten erregt, denken wir eines
Ausspruches von Schubert. Irgend jemand sagte einmal zu ihm über eine seiner
neuen Kompositionen, diese Musik sei doch zu traurig; worauf Schubert entgegnete:
,;Kennen Sie eine lustige Musik? Ich nicht !04
Es ist ein Wort, das auch von Gustav Mahler sein könnte. Und es ist im
wesentlichen ein echt wienerisches Wort;
o 0

4'60
reif'
EINIGES ÜBER DIE ÄSTHETISCHEN
UND K Ü N S T L E R I S C H E N VOR AUS,
SETZUNGEN DER LEHRMETHODE
FRANZ SCHREKERS
Von Alexander Lippay, Frankfurt a. M.

Fällt es dem Musikhistoriker schon schwer, eine nach jeder Richtung hin er-
schöpfende Darstellung der stilistischen Eigenarten einer vergangenen Kunst...
epoche, deren Vor... und Nachentwicklung ihm gegeben vorliegt, zu entwerfen, und
wird seine Arbeit letzten Endes nur dann Anspruch auf ernsthafte wissenschaftliche
.Be~tchtung haben, wenn seinen Kriterien das Bestreben zugrundeliegt, aus der
F iille der Einzelheiten schließlich das Wes e n t1 ich e, Typ i s ehe herauszufinden
und dieses wieder auf einige wenige, einfache gültige G run d p r i n z i pie n und
. . möglichkeiten zurückzuführen, so gerät er in Unsicherheit und ins Schwanken,
oder tappt völlig im Dunkeln, wenn er an das Schaffen der unmittelbaren Ge gen...
war t hel·antritt. Seine Bemühungen werden hier vor allem dadurch gehemmt, daß
die Ziele dieser letzten Kunstentwjcklung nicht klar genug zu übersehen, und ihre
künstlerischen E!ldresultate entweder in der Zukunft liegen, oder aber als solche
nc eh nicht erkenntlich sind. Und er tut der Wissenschaft keinen Dienst, wenn er -
mangels tieferer Einsicht - die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit von Irrtümern
gende auf dieseln Gebiete ableugnend oder sogar in Kauf nehmend, vOl'ejEg eine
Uo.t.:rsuchung wagt. Denn der \Vissenschaft ziemt jenes behutsame Abw·arten, jener
in ·seiser Erkc.!1ntnis fre!wil1ig gewählte I\Tachtrab, dem sie sogar ihre Hauptstärke
verdankt, vermöge welcher sie schlie.ß1ich auch das letzte Wort zu sprechen vermag.
Aber auf den nötigen Voraussetzungen fußend, ist sie heute wohl schon in der
Labe, 11.'lit Bestimmtheit soviel festzustellen, daß - wenn auch (wenigstens auf dem
Gebiet.:! der absoluten IVlusik) d€l' überra.gende Geist noch nicht gekommen zu sein
r.chsint, welchel', jene geniale Synthese aus den technisch. . artistischen Errungenschaften
der letzten Epoche vornehmend, ganz im Dienste eines überwältigenden, im Ethischen
u~ld Religiösen wurzelnden Ausdrucksbedürfnisses schüfe und so den langersehnten,
befreienden Schritt entschiedener Abkehr vom überwiegend Experimentellen, Formal-
spekulativen zum einfach Emotionellen, unreflektiert Spontanen t naiv Ursprüng . .
lichen und damit zu ausgesprochener Verinnerlichung täte - aus der langen Reihe
hetüe produzierender Geister einzelne markante, scharf profilierte Erscheinungen
hervorragent durch deren Schöpfungen sich gewisse, allen gemeinschaftliche, das
Charakteristikum bestimmter stilistischer lYlerkmale und Be~lOnderheiten kenn . .
zeichnende Linien verfolgen lassen. Ohne den Boden strenger FOl'schung zu ver...
lasse!:.., wird sie indes über dieses, eine rn.ehr allgemeine Konstatierung ergebende,
allerdings durch zahlreiche - nach verschiedensten Gesichtspunkten hin geführte -
Detailstudien bewiesene Resultat kaum 'Ndt hinausgehen dürfen.

461
Im Stadium 1"eifender Kunstentwicklung wird unmittelbares Verständnis für ihre
treibenden Ideen, die Bedeutung der sich ihr eröffnenden Ausblicke, Erkenntnis der
Notwendigkeit ihr bestimmter Wegbeschreitung in seltenen Fällen schon dem. tnit
tiefstem Ein f ü h 1 u n g s ver m ö gen begabten Unp rod u k t i v e n, in erste1'
Linie aber dem Sc haff end e n selbst beschieden sein.
In t u i ti 0 n erfordert vor allem auch die Formalanalytik. Die Möglichkeit oder
Notwendigkeit jedoch einer solchen (wenigstens heute noch) "intuitiven" Analysis
ist von den Wenigsten erkannt und man findet naturgemäß für sie noch keine
Methoden ausgebaut. Im Mittelpunkt ihrer Betrachtungsweise steht die AuffassuClg
vom musikalischen Kunstwerke als selbständigem, lebendigem Organismus,
dessen Funktionen sie in ihren We c h seI b e z i e h u n gen und ihrer idealen
Abhängigkeit von einem waltenden Gleichgewichts . . und Proportiona.1itätsprinzlp
zu erklären hat. Kein Zweifel, ihr gehört die Zukunft und es besteht keine Ul'scoche
zur Annahme, daß sie nicht auch einstmals m.it - in ihrer Art - ebenso bestimmten,
eindeutigen Begriffen zu operieren in der Lage sein werde, wie schon heute die
bildende Kunst. Mit auffälliger Unabhängigkeit und überzeugter Bewußtheit hat
schon ihre Wege der Wiener Musikgelehrte Heinrich Sc h e n k e r in seinen Analysen
Beethovenscher Werke betreten.
Das Genie nun schafft aus hell ahnenden~ Erkennen der Zeitbedürfnisse heraus!
im unbeirrbaren Glauben an die Entwicklungsmöglichkeiten der Kunst und die Be . .
deutung des eigenen Werkes. Dieser GI a u b e, der etwas tief Optimistisches, ja Pro . .
phetisches hat, findet wieder Glauben und Anhänger und bildet das einende geistige
Band zwischen Meister und Jüngern einer Schule. Ihm wohnt allerdings, vom
individuell psychologischen Standpunkte aus betrachtet, etwas Übertriebenes. die
Tragweite des persönlichen Schaffens und seine Beziehungen zum Vergangenen
falsch Abschätzendes inne. Aber, seien wir gerecht, gera.de in dieser exaltierten Auf.-
fassung ihrer Mission findet geniale Schöpferkra ft eine so mächtige emotionelle
Triebfeder.
Als Franz Schreker den Plan betrat, war er ganz erfüllt von diesem Glauben
an sich und seine Sendung, zu dem er sich freilich erst nach schweren inneren
Kämpfen durchgerungen hatte. Denn kaum ein Zweiter mußte gleich ihm so un,
mittelbar nach beendeter Lehrzeit die verhängnisvollen Folgen einer künstlerischen
Erziehung verspüren, zwischen deren, in philiströsenl, engherzigem Regel.... und
Formelkram, in bequemer Schablone erstarrten Anschauungen und Grundsätzen
und dem im praktischen Musikleben längst nicht mehr Anstößigen, ja sogar Gang
und Gäben ein solch unüberbrückbarer Abgrund klaffte. Der schon frühzeitig mit
lebendigem Wirklichkeitssinn Begabte, in seinem starken Drange nach tätiger An-
teilnahme am modernen Kunstschaffen so lange gewaltsam Unterdrückte sah sich -
nunmehr auf seine eigenen Beine gestellt - sozusagen vor dem Nichts i:1nd der
Notwendigkeit, seine ganze bisherige Weisheit über Bord zu werfen.
Während zweier Jahre qualvollsten, bis an Verzweiflung und Selbstaufgabe
grenzenden Ringens verstummte seine Produktion völlig, bis sie sich endlich lllit
dem "Fernen Klang ll wieder Bahn brach, einelTI Werke, für welches jenes sehn . .
süchtige Suchen nach dem eigenen künstlerischen Ich nicht nur einen - selbst
erlebten - dichterischen Vorwurf, sondern auch ein Charakteristikum der un . .
gewöhnlich eindringlichen, stilistisch aber eben noch nicht völlig einheitlichen
und ausgeglichenen Tonspra.:he bildet. (Da:; lange Zwischenspiel und die zv/~itc

462
Hälfte des dritten Aktes bekunden allerdings schon eine Gefühlstiefe und zeigen
ihn im Vollbesitze einer Ausdrucksgewalt und genialen persönlichen Technik, die
er auch in seinen folgenden 'Werken, trotz ihrer festgefügteren Architektonik und
grandioseren Expansion nicht überboten hat.) In der Tat, mit dieser Schöpfung
hatte Schreker sei n e n "Fernen Klang tl gefunden.
Kein bloßer Zu.fall oder nur die Erwägung einer materiellen Lebenslnöglichkeit
veranlaßte damals den als Künstler wie als lVIcllschen von Grund auf Gewandelten.
sich dem Lehrberufe mit besonderem Nachdrucke zuzuwenden. Der mutige Ver..-
künder einer Musikmodernc '\voIlte ein junges Geschlecht heranwachsen sehel),
stark und unerschütterlich in seiner auf tief gegründetem Wissen um die Gesetze
der Kunst gestützten Überzeugung von der Notwendigkeit musikalischen Fort . .
schrittes. 'Yler war zu solchem \l{lirken lllehr berufen als er, dem 'diese Klarheit
und Anschaulichkeit der Darstellung, diese nur das Notwendigste berücksichtigende
Knappheit der Fassung zu Gebote stand?
Wie sich auch durch sein eigenes Schaffen das konsequente Streben nach fest
ull1.rissener,. plastischer F orril zieht, so erscheint ihm cl i e seals 0 b er s te s Pos t ul a t
f[;r ein musikalisches Kunstwerk überhaupt. Allerdings, sein F 0 r m beg r i f f hat
rn,it dem la.ndläufigen, von einer, der Entwic1dLlng der jüngsten Kunst im erbitterten
Widerstreit der Anschauungen und Meinungen nur gehemmt und mühsam folgenden
Ästhetik sanktionierten, darum aber oberflächlicher Kunstbetrachtung und billiger
Tagespublizistik um so genehmeren, wenig zu tun.
Die üblichen formalanalytischen Methoden der Feststellung und Abgrenzung von
Themen . . , Überleitungs ... und Durchführungsgruppen und ihrer harmonisch modu . .
latorischen, metrisch rhythmischen, periodischen Gliederung betreffen in jedem Falle
wohl die Art der äußeren Straktur des formalen Baues, nicht aber sein Wesen selbst.
Dieses würde erst durch den Versuch einer eindeutigen, auf be s tim m tel'
Methodik fußenden Erklärung der gegenseitigen Wechsel,
be z i e h u n 6' Ab h ä n gig k e i t, cl e s ge gen sei t i gen GI e ich g e w ich t s ...
ver h ä 1 t n iss e s all e r, die K 0 n tin u i t ä t des musikalischen Geschehens er ...
gebenden Faktoren erhellt. Dazu bedürfte es aber einer neuen Einstellung der
analytischen Denkungsweise. Daß und wie s 0 z. B. eine Überleitungs gruppe
innerhalb des betreffenden Ge sam tor g an i s mus tat s ä chI ich ihre Funktion
vertritt, und wie ihre spezifische Gestaltung, in allen Teilen vom Vorhergehenden
bedingt, das Nachfolgende ebenso involviert, wäre das mit dem ganzen gewichtigen
Rüstzeug exakter analytischer Forschungsm.cthode eigentlich zu Beweisende.
Als wie h t i g s t e s Kr i t e r i.u m muß der Formalanalysis in Hinkunft das
cl e I' K 0 n tin u i t ä t cl er mus i kaI i s c he n Er ci g n iss e geIten, als n ä c h s t e s
Ziel: Auffindung der zu seiner Gewinnung erforderlichen exakt wissenschaft ...
I ich e n H a n d hab e n.
Es ist ein unleugbares Verdienst der L ehr met h 0 deS ehr e k e r s, daß er
von allein Anfang an und mit unermüdlichem Nachdrucke im Schüler die a n.-
schauliehe Erkenntnis für dieses fundamentale Hauptmoment 111usikalischcl'
Gestaltungsmöglichkeit und das Gefühl für die Sicherheit in Wahl und
An wen cl u n g der formbildenden Mittel zu wecken wußte, deren harmonisches
\Valten sich ün 'V'J i r k U 11 g s k r eis e cl i e ses K 0 n tin u i t ä t s g e set z e s. SIe
aUe gIeichsatTI in seinem Brennpunkte versatnm,elnd, vollzieht.

46"
Unsere Gedankengänge führen damit an einen Punkt, wo sich diametrale Auf-
fassungen unvermeidlich kreuzen und an Stelle des Zwanges bindender Beweiskraft
die nicht minder gebieterische Macht des Bekenntnisses tritt. Wer unseren Standpunkt
einnimmt, der muß sich bei Betrachtung der Formen von der vorurteilsvollen An ...
nahme apriori gegebener Hülsen, Gehäuse, eines vom Schaffenden vorgestellten,
das musikalische Geschehen dann einfassenden Gerüstes lossagen und sein Haupt. .
augenmerk auf die latenten Gestaltungsprinzipien richten, in deren natur ..
gemäßer Auswirkung jeweils die Formen in Erscheinung treten. Die I d e e u, die
Pr i 11 Z i pie 11 sind das Unwandelbare, Ewige und sie walten ebenso in einem
Menuett von Ra m e a u, einer Fuge von B ach, einem Sonatensatz von IV10 zar t,
wie in einer beliebigenOpernszene von Schrcker; die äußeren Erscheinungs...
f 0 l' m e n aber sind unerschöpflich. Für die Praxis des Unterrichtes bleibt die Regi-
strierung von Formtypen und ihrer äußeren Merkmale ohne Erklärung der
Faktoren, Umstände und Kräfte, welche einen gefundenen oder gegebenen
musikalischen Grundgedanken sich eben zum betreffenden Typus ent-
wie k eIn las sen, ein völlig unfruchtbares Unternehmen.
Wenn das Beul'teilungsmoment musikalischer Form sich somit wesentlich ver . .
ändert darstellt so ist es auch klar, daß weder der Forderung nach Itneuen~Formen" noch
l

der nach starrern "Festhalten an den überlieferten 11, besond~l'e p r i n z i pie 1I e Bedeutung
zukommen kann. (In beiden Fällen werden - in Verkennung der Grund ta tsachen
mus i kali s c 11 erG e s tal t u 11 g S m ö g 1 ich k e i t e n - die [bloß sekundären,
oft zufälIigc!1 und belanglosen] Merkmale im äußeren Erscheinungsbilde eines Kunst. .
organismus in den Vordergrund der Betrachtung gerückt.) Das der sogenannten
ThcmenaufstelJung der Sonatenform zugrundeliegende GestaItungspl'inzip z. B.
stellt mit seiner innigen Verbindung zweier kontrastierender Themengruppen ein
so eminent naturgegebenes. einfaches, biegsaInes und wandlungsfähiges dar, daß
nicht abzusehen ist, dcHCh wi~ viele und entscheidende Phasen musikalischer EIlt . .
wicklung es für die KOlnponisten noch treibende Leben~kraft besitzen mag. Anderer . .
seits gibt aber dem historisch Bewanderten in diesenl Zusammenhange gcxacle bei
der Sonatenform ihre Entstehung aus der Liedform und die damit gegebene
hat' ni 0 n i s c h h 0 In 0 p h 0 n c, k a cl e n z m ä ß i g e - wenn auch schließlich noch
so ausgeweitete, di fferenzierte - G run cl 1a g e und speziell also da.s eng e ton ale
Ve l' h ä 1 t 11 i s cl erb eid e n T h e m eng r u p p e 11 zu denken. Ist nun nicht die
Sonatenform eben an dieses harmonische lVIoment gebunden? Und hat sie noch
Existenzberechtigung für eine Zeit, deren harmonischem Empfinden die Tonalität
H
nicht mehr absolut zugrundeliegt ? Oder gibt auch neuwertiges, "schwebend tonales
od,;:r "atonales" harmonisches Geschehen die Möglichkeit eines Äquivalentes für das
bisherige so eminent konstruktive Dominanten... und Par allen verhältnis und somit
weiterer Evolution und Extension der Sonatenform?"
\Vie dem auch sei, Erneuerung der Form kann nur aus erneuertem me Iod i. .
sc h e n und ha r mon i s ehe n E m p f i n cl e n erwachsen. Durch unsere Zeit geht
ein rnächtiges, fast verzehrendes Ringen und Sehnen nach solcher erneuerter, ent. .
wicklungsfähiger Melodik von formbildender Kraft. Wird sich diese als allmählich
aus den vielfältigsten Bestrebungen verschiedener Geister - man denke da an die
Ausnutzung von AusdrucksmitteIn, welche die Verwendung exotischer oder spekulativ
"konstruierter Tonsystcme, allerlei archaisierender melodischer und harmonischer Stil . .
elemente ermöglichen - entstandenes Produkt darstellen, oder wird sie sich nicht

464
letzten Endes - wenn auch keineswegs unberührt von all diesen Einflüssen-
se 1b s t her r 1ich immer differenzierterer Individualismus aus persönlichstem Eigen...
leben heraus prägen? Fast wäre man versucht, dies letztere aus dem leidenschaft...
lichen Streben nach immer vereinfachterem, innerlicherem und unmittelbarerem Aus ...
drucke der jüngsten Richtung (die so mächtig die Forderung nach "emotioneller
Kunst ll erhebt und die man selbst als "Expressionismus u bezeichnen könnte) zu
schließen. (Schluß folgt)

DIE KLAVIERKOMPOSITIONEN VON


MODEST PETROWITSCH MUSSORGSKI
Von Guido Gatti, Turin

i'l1ussorgski verdankt sejnen }Tamen und Ruhm seinem musikdramatischen


Schaffen und seinen lyrischen Kammerwerken, welche nichts anderes als Dramen
in kleinerem Rahmen sind. \Yfer den "Baris Godunow" und die "Gesänge des Todes"
geschrieben hat, kann einen Platz unter den repräseptativen Persönlichkeiten
beanspruchen: Mussorgski hat so tief menschliche und mit suggestiver ~!1acht wirkende
\''Verke geschaffen, daß dieselben niemals etwas von dem Wandel der Zeit und I'IIocle
zu befürchten haben i wie ewige El'scheinungen prangen SIe am Himmel und
leuchten mit unveränderlicher, durchdringender Kraft.
Es ist begreiflich, daß sich nur wenige I''!Iusiker des anderen IVlussorgski
angenomn'len haben. Denn neben seinen Hauptwerken, gibt es von ihn'! auch
wenigeT vollkornnlene Nlusik, dje im Schatten geblieben ist und niemand hat sich
jenlais bemüht, sich mit derselben eingehender zu beschäftigen. Und doch ist die
Kenntnis dieser kleineren \verke 1Ylussorgskis nicht durchwegs unfruchtbar und
überflüssig, Uln das Bild des IVIeisters zu vervollständigen; sie fügen, im Gegenteil,
dernsdben manch neuen Zug, ll1allch neuen Reflex zu und gestalten dasselbe dadurch
kL:rer und lebensvoller.
Daß der Mussorgski der 1treinen lrlusik u dem IVrusso:-gski der dramatischen
lVIt~siknachsteht, kann kein Gegenstand des Zweifels sein. Ein großer weiter Weg
treZlnt das ästhetische Niveau, das er mit seiner "Berceuse de la Mart" erreichte, von
jer~em seiner symphonischen Dichtung "Eine Nacht auf nacktem Felsen" oder
t!Am südlichen Ufer der Krinl". r.Jussorgski betrachtete die Kunst wie ein Fein ...
instrunlent der menschlichen Aussprache, aber niemals als Ivlittel einer schönen
Schwärmerei, die ihnl eine Verkennung, sogar Prostitution des Wesens der Kunst
erschien. Als Musiker wurde er daher nicht von Jem Zauber klanglicher Spielereien,
von dem Sprühregen d'er Phantastik, von der "Musik als Musik u angezogen, sondern
stand im Banne des musikalischen Ausdruckes als klanglicher Übertragung einer
äußerlichen Vision, eines Bildes aus der Natur oder einer Volksszene, beziehungs ...
weise des Gefühlsergusses eines leidenschaftlichen, innerlichen, poesiedurchtränkten
Zustandes. Pan tom i m i s ehe Musik, wie sie Calvocoressi genannt hat; nämlich eine
Musik, weIche Geste und Bnyegung in musiklJische Formen bringt oder cl r a m at i s eh e

465
Musik, weIche einen Gefühlsablaut oder einen Affekt mit gl'ößerer Tiefe und stärkerer
Verinnerlichung, als das Wort es vermag, ausdrückt. Und so wurde er eigentlich
zur dramatischen Musik hingezogen, für die Cl' Akzente von hoher Schönheit und
von gesundem Realismus zu finden verm.ochte. Und wenn er symphonische
Musik oder irgend eine andere Instrumentalmusik schrieb, hatte er immer dn
Programm vor Augen. Daher fehlt auch in seiner .iVlusik nicht nur jeder Charakter
von Virtuosität, sondern auch alle bewußte Ausbeutung der technischen Hilfsquellen ;
i~ unserem besonderen Falle kann man behaupten, daß in seinen Klavierkompositionen
nien1a.ls, wenn auch nUr flüchtig, Gelegenheit gebot.zn ist, das piallistische Interesse,
Schreib\-v"cise oder Klang, sondern nur das m. 11 s i k <!.1 i sc he Interesse hervorzuheben.
Nach a11 dem. Gesagten ist daher leicht zu begl'eifet:!, daß für lVlussorgski das Klavier
lediglich das beqtA-emste rYlitte1 zur Veranschaulichung seiner musikalischen Gedankzn
darstelJtz, wie um gleichsam in einer ersten Fassung skizzen artig seine Eindrücke
wiedzrzugeben, die er sp.lter mit anderen Mitteln ausdrücken konnte. Es wirke'n
sohin särntliche Klavierkompositionen von Mussorgski gleichsanl wie in ein Album
hingeworfene Skizzen und besitzen daher .luch die ganze Frische, abcr auch die
Unvolllr.:01umenheit und dell Abriß von Skizze,n. Si(~ sind übrigens niemals voll..-
ständig klavierluäßig, d. h. sie können in Partitur gebracht werden, ohne etwas
von ihrem Charakter und Geschmacke zu verliefen, wie es z. B. stets bei Chop in
und in vielen Fillen bei Deb~lssy der Fall ist. Von einigen derselben (z. B. von
dem Hopak) hat uns Mussorgski selbst eine Übertragung gegeben und sie haben
dadurch nichts von ihrem \VIerte verloren, was man auch von allen seinen anderen
Werken sagen kann.
Trotzdem kann man nicht behaupten, daß diese Werke schlecht für Klavier
geschrieben seien; sie sind Ilurnicht, wenigstens der Mehrheit nach, für dieses
Instrument erd a ch t worden. Die kIavieristische Schreibart Mussorgskis ist häufig
elegant und wirkungsvoll. Es ist übrigens bekannt, daß Mussorgski ein Pianist von
bedeutenden Fähigkeiten war. Seine Biographen, vor allem Wladimir Wassilie-
witsch Stassow, erzählen uns, daß er als Kind die ersten Klavierlektionen von
seiner Mutter, hierauf von einer deutschen Pianistin erhielt und derart rasche
Fortschritte machte, "daß er schon mit sieben Jahren (nämlich 1846) kleine Kompo-
sitionen von Liszt ausführte und mit neun Jahren ein großes Konzert von Field
vor einem zahlreichen Publikum spielte/-<. Mit 12 Jahr,en spielte er in einem
Wohltätigkeitskonzerte ein Rondo von Herz so vollkommen, daß ihm sein Lehrer
Herke ein Heft mit sämtlichen Beethovensonaten zum Geschenke machte, und
Balakirew berichtet, wie sie zusammen vierhändig das ganze klassische Repertoire
lasen, von Bach zu Beethoven, von Mozart zu Schumann, von Berlioz zu Liszt.
Aber ich habe bereits betont, daß die Werke von Mussargski für Klavier mehr
nach der 111usikalischen als nach der technisch instrumentalen Seite hinneigen.
Was nicht zu übe:rsehen ist und dazu dienen soll, das ä8thetische Bild ihres Urhebers
zu vervollständigen ...
Die erste Klavierkomposition Mussol'gskis ist ,eine Polka "Der Fahnenträger"
(1852), die er dem Korps der Fahnenträ.ger der Garde widmete, der er selbst an-
gehörte. Es handelt sich, wie man leicht erraten kann, um ein Stück ohne jede
Bedeutung, welche der Autor "zu seinem großen Mißbehagen 11 von dem Verleger
Bernard veröffcntEcht sah. Fünf Jahre später schreibt er als Offizier des Preobraschcnski..
Regimentes eine zweite Komposition mit dem Titel "Souvenir d'enfance u 1 die er

466
dem Kameraden Nikolaus Obolensky widmete und die unveröffentlicht blieb. So
ist auf uns auch nicht das für Klavier vierhändig bearbeitete Allegro der Symphonie
in D dur gekommen, von dem Balakirew spricht. Es folgen schnell darauf,
1859/60, der ,JGnderscherz" (veröffentlicht 1873) und ein "Impromptu appassionato'\
das nicht veröffentlicht wurde und von dessen geringem Werte uns Stassow berichtet.
Während der folgenden Jahre, die Mussorgski am Lande verbrachte, wurde wenig
geschrieben. Es fallen jedoch in diese Periode ein "Intermezzo" für Klavier
(orchestriert 1867) und zwei Stücke aus den ,tJugenderinnerungen"; "Nania und ich"
sowie nErste Strafe", die jedoch verloren gegangen sind. Schließlich die Klavier . .
übertragung .einiger Quartettsätze von Beethoven (Scherzo, Adagio und Finale aus
op. 131 sowie die Scherzi aus den Quartetten op. 59 und 135). Das Intermezzo
ist, wie der Autor sagt, in klassischer Art gebaut; trotzdem liegt darin, sowohl im
harmonischen Charakter, als auch in der melodischen, folkloristisch gefärbten
Ausprägung eine Mussorgskische Eigenart. Auch dieses Stück hat ein Programm
oder erwächst wenigstens, nach einem Geständnis des Autors zu seinem Biographzn,
aus einer konkreten Vision. Er erzählt darüber: "Während des Winters 1861 zog
am Lande eine Schar Bauern, an einem Feiertage durch die Felder und stampfte
mit Mühe in dem noch weichen Schnee unter einer milden winterlichen Sonne. Es
war ein schönes, Ina,lerisches, ernstes und unterhaltendes Schauspiel. Auf einm_al
erschien eine Gruppe von Mädchen, die sich auf einem hartgefrorenen Pfade,
lachend und singend, näherte. Plötzlich verwandelte sich dieses Bild in meinem
Geiste in ein musikalisches Gebilde und es entstand spontan die erste auf.... und
absteigende Melodie, während das frische weibliche Lachen mich zu dem Thema
anregte, aus dem ich später das Trio bildete./! Das Stück ist sehr gefällig, wenn
auch nicht übermäßig eigenartig. Dei:' Gegensatz zwischen den beiden Episoden - der
eine Teil gehämmert und im unbeholfenen Gange, der zweite gebunden und lnit
schmiegsatnen Linien, entbehrt nicht des Reizes. Wir glauben jedoch, daß die
Bearbeitung für Orchester viele Vorzüge erstehen ließ, welche sich in dem klavieristi . .
schen Gewande nicht recht entwickeln konnten.
Bis 1874 können wir keine weiteren Kompositionen von Mussorgski finden.
Erst in diesem Jahre (das Manuskript trägt das Datum vom 22. Juni 1874) schrieb
Mussorgski sein pianistismes Hauptwerk, nämlich die n Tableaux d'une exposition".
Diese Suite hat eine kurze, sympathische Geschichte. Viktor Hartmann, Maler und
Architekt, war einer der besten Freunde Mussorgskis. Ein Künstler von Geist,
fühlte er sich zu dem Musiker durch gemeinsame Bestrebungen sowie durch die
gemeinsame Idee von Freiheit und Fortschritt hingezogen. Als er 1874 starb,
empfand Mussorgski darüber den bittersten Schmerz und befand sich unter denen,
deren Streben dahin ging, die Vorzüge des verschiedenen Künstlers zur Anerkennung
zu bringen und sein Andenken würdig zu ehren; seine -guten Dienste hatten die nach . .
trägliche Ausstellung der Werke Hartmanns zum Gefolge - Bilder und architektonische
Skizzen - welche man im nächsten Jahre veranstaltete. Mit diesen "TableauxII wollte
der Musiker den Eindruck, den er vom Besuche der Ausstellung empfangen hatte,
musikalisch zum Ausdruck bringen. Die zehn Tableaux tragen ebensovie1 Titeln von
Bildern der Ausstellung und zu jedem hat Mussorgski einen kurzen erklärenden
Kommentar geschrieben, welcher in der ersten Ausgabe ebenfalls abgedruckt wurde.
1. G n 0 mus. Eine Zeichnung, die einen kleinen Gnomen dal'stellt, welcher sich
ungeschickt mit kleinen Schritten auf plu:m.pen Beinen bewegt. II. Das alt e

467
Schloß. Ein mittelalterliches Schloß, unter dessen Mauer ein Troubadour singt.
III. Tu i 1 e r i e n. Eine GartenalJee in den T uilerien mit einer Schar Kinder und
Ammen. IV. Bydlo. Ein polnischer, von Stieren gezogener Wagen auf enorn-lcn
Rädern. V. Tanz der Küchlein in den Schalen. VI. Samuel Golden-
berg und Schmuyle. Zwei polnische Juden, der eine reich. der andere arm.
VII. Der M a r k t von Li m 0 g e s. Frauen, die wütend auf dem Markte streiten.
V!I!. Katakomben. In dieser Zeichnung hat sich Hartmann selbst dargestellt.
während er, beim Lichte einer Laterne, das Innere der Pariser Katakomben ce'"
sichtigt. Bei Beginn des Andante in H moll führt der schöpferische Geist des
verblichenen Hartmann den Komponisten zu den Totenschädeln, die er befragt,
und diese erglühen zart im Jnnern. IX. Die Hütte auf den Hühnerfüßc::l.
Die Zeichnung Hartmanns zeigt eine Uhr in Form einer Hütte der phantastischc:l
Hexe Baba Yaga. X. Das Bojarentor in Kiel". Ein Plan Hartmalllls zur Er . .
richtung einer Eingangspfortc in Kiew im alten russiscpen Stile, mit einer Kuppel
in Form eines slawischen Helmes.
Von diesen zehn Bildern sind natürlich nicht alle gleichmäßig gelungen. Itn
allgemeinen kann man sagen - wie man übrigens zum großen Teil überhaupt von
der Musik Mussorgskis behaupten könnte - daß jene Stücke die gelungensten sind,
welche einen starken rhythmischen Einschlag haben und welche sich an einern
bewegten dynamischen Bilde entzünden. Da ist vor allem der großartige Bydlo mit
seinen wuchtigen und regelmäßigen, oder die Ausdruckskraft des nGnomus",
wo der groteske Tanz des kleinen häßlichen Wesens geschildert wird, oder die
prächtige humoristische Szene von "Samue1 Goldenberg und Schmuyle weIche als
ll
,

das schönste Stück der Sammlung betrachtet werden kann, während der Tondichter
in den ffKatakomben~' versucht hat, den geheimnisvollen solennen Charakter durch
breite Akko1*dik wiederzugeben ...
Im Jahre 1875 begann lVlussorgski die Komposition einer Oper "Der Jahrmarkt
von SOl'otschinsk", deren Handlung einer Novelle von GogoI entnonlmen ist.
Leider hat uns der Tondichter von dieser komischen Oper nur einige Fragmente
hinterlassen. Von diesen ist ein Tanz, der "Hopak'\ in seinem pianistischen Kleide,
VOZl Liadoy{ nachtr;iglich instrumentiert, .auf uns gekomlnen. Es ist ein kleines
Stück, aber von einer außerordentlichen Frische und Lebenc!igkeit und von so
mod.ernem Charakter, daß man es mit Rücksicht auf die seit, der Entstehung fast
ve1'flossenell 50 Jahre geradezu für unmöglich hält.
Im Jahre 1879 unternahm der Tondichtert verärgert über die vielen Widerwärtig. .
kcit~n und mit dem Wunsche, sich zu zerstreuen, eine Tournee nach Südrußland
als Begleiter der bel'ühmten Sängerin Dada Michailowna Leonowa (1825-1896);
zVl:i.schen einem Konzert und dem anderen fand er unter dem Eindruck der Land...
schJ.ften, die er bereiste, Zeit, einige Klavierkompositionen zu schreiben. Bezüglich
der Zahl und der Titel dieser Kompositionen herrscht ein wenig Ur..gevvißheit.
Stassow gibt uns folgende Titel bekannt: Baidarky, Gursoff und Sturm am Schwarzen
lVleere. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Titel der beiden ersten (wenigstens
in den modernen Ausgaben) vertauscht nnd sollen richtig heißen: "Reiseeindrücke
aus du Krim", (Gursoff ist nämlich eine Stadt der Krim) und "Capriccio in der
Krim", während das dritte Stück verloren gegangen ist.
Das erste Stück ist außerordentlich wertvoll: die Komposition vom technischen
Gesichtspunkte aus staunenerregend. Der Komponist besitzt die Kühnheit, offen

468
sei.ne Verachtung für die Regeln der schulmeisterlichen Harmonik zu zeigen und
gelangt zu eigenartigen und interessanten Resultaten. Das Capriccio schließt 8141 eng
an die vorhergehende Komposition an. Auch in diesem Stücke müssen die harmonischen
Freiheiten hervorgehoben werden, obwohl dasselbe in strenger Form gebaut ist und
von der vollkommenen Kenntnis zeigt, welche der Tondichter von der musikalischen
Form hatte. Neben den heiden Impressionen aus der Krim findet eine "Au Village U

betitelte Komposition ihren Platz. Diese Komposition ist einfach gehalten, aber
fernab von jeder Banalität, die ihr von dem französischen Kritiker Calvocor essi
ZUlll Vorwurf gemacht wird.
Wir wollen uns schließlich noch mit einem Stücke beschäftigen, welches den
bereits genannten nahe kommt, nämlich /1La Couturiere'*. Wenn dasselbe an ...
scheinend an die MendeIssohnschen Motus perpetui erinnert, so wird eine genauere
Beschäftigung mit demselben uns darin viel modernere Züge erkennen lassen.
IVIussorgski hat mit dieser Komposition eine junge, graziöse und schelmi sehe
Schneider!,., darstellen wollen, voll von Lebenslust und S:halkhaftigkeit, die sich,
nach ducr anregenden Unterhaltung, von uns grüßend mit einer anmutigen Gebärde
clupfichlt. Beachtenswert ist in der "Couturiere lt die wirkungsvolle Harmonik und
ci.s rhythmische Leben des Stückes.
Zur historischen Vollständigkeit wollen wir noch, ohne uns dabei länger auf. .
zuhalten, drei andere kurze Klavierkompositionen von geringelu \Verte erwähnen.
Ein "Scherzino'\ weIches eher von Tschaikowsky verfaßt sein könnte; "Une Larme",
welches ebenfalls sehr an eln anderes Stück von Tschaikowsky erinnert, und eü:e
"l:\'lcdita.tion". Freie deutsche Übertragung von Dr. H. R. FI eis c h m a 11 n
o 0

M u s I K I N D R E s D E N
Von M:ax Broesike . . Schoen, Dresden
Es ist, trotz des besonderen Klimas, das man in Dresden sucht und ahnt, ver...
geblich, .eine Gruppe Dresdner Komponisten zu konstituieren" die zusammengehörige
produktive Stilgl'undsätze oder Gefühlsformen aufweisen - sie würden sich selbst
dagegen sträuben, eine Dresdner Schule zu verkörpern oder Dresden die Ehre einer
inflammierenden Belebung zuzugestehen. Wo wäre das geistige Band, das selbst die
Gegensätze durch gleiche Unterströmungen oder Antriebe, im Gefühl einer Gegen,
seitigkeit, verkettet? Wenn man von Mraczek absieht, der der größte Stilbildner
unter ihnen ist und nichts mit saxonischer Luft zu tun hat, findet man in
Dresdenseher Musikalität nicht allzu viele Neuigkeiten 'oder Überraschungen, die zu
Höhen und Ausblicken der Erkenntnis führen. Trotzdem kann es für Nebew
strömungen der Produktion von Interesse sein, einiges Typische des Dresd,ner
Milieus in guten Vertretern zu erfassen, die, mehr oder minder bedingt, noch
latente Energien speichern und Willen zur Gestaltung im engeren Rahmen projizieren.
J. G. M r a cz e k, der - als Dirigent und Schaffender - erst Besitz Dresdens
werden möchte, ragt in ein internationales, freier getöntes Klima; eine leidenschaft . .
liehe und sensitive Natur, nicht sehr plastisch in der Formgebung, der Geste,
aber von reichem, fast romantischem Streben nach sanfter und klärender Schönheit
erfüllt. Seine ,für Dresden zur Uraufführung reservierte symphonische Dichtung
"Eva faßt in engem Rahmen einen kosmisch gewandeten Stoff, das "Mysterium des
l
'

469
Weibes und des Eros, in dunkle, üppige, oft metaphysische Klänge. Sie sind nicht
so brünstig und lockend wie die erotischen Klänge Schrekers, auch nicht so tief,
aber von pastoser Gefühlsstärke ; bei allen illustrativen Versuchen in der Art einer
Stimmung, einer ganz innerlich empfundenen Phantasmagorie gehalten. Wird man
es verstehen, diese beste Hoffnung einer feurigen und produktiv empfindenden
Entwicklung lokal zu binden?
Wenn man moderne Musik pflegt, so möchte man ihr eine gewisse Methodik
wünschen, in der Sinn und Aufgabe der Eigenmaterie und die Linien der ver ...
schiedenen Dogmen sich einigermaßen profilieren. Man findet immer nur das schöne
Ereignis, die Umrahmung oder die Mischung heterogener Ereignisse, die unver . .
sehens in unangenehme verwirrende Temperaturunterschiede stürzt. Das mosaik. .
artige oder· gesellschaftliche Programm, das frisch gewonnene und nachhallende
ästhetische Werte durch feindliche Nachbarschaften wieder vernichtet, vermag man
sich schwer abzugewöhnen. Die Symphoniekonzerte der Landeskapelle und die Phil-
harmoniker, die sich der Aufgabe spärlich und mißmutig unterziehen, bieten
alljährlich einen sorgsam gewogenen Ausschnitt neuer Produktion, der sich meistens
zufällig gruppiert. In einem Abend russischer Autoren hörte man neben
S t r a VI in s k y s "Feuerwerk", das man fälschlich in seiner bloß·stellenden Koloristik
für Strawinsky werben läßt, Scriibines "Poeme de l'extase dessen aufpeitschende,
U
,

zu einer Art Idee substanzierte Leidenschaft mit dem Lächeln der Ungläubigkeit auf-
genommen wurde. Die fünf Orchesterliecler von Marx, von der Sprödigkeit des
Klavierklanges erlöst, mit ihrer Sonne und naiven südlichen Schönheit, die in
deutscher Atmosphäre von romanischer Trivialität gereinigt ist, besitzen die schöne
Sinnlichkeit der Wirkung. Erwin Schulhoff, ein konsequenter Stilprophet mit
geringen Konzessionen, schloß die expressionistische Reihe neben einem "Danse
sacree et profane D e bus s y s voII kühler und griechischer Linie, in der schönen
H

Zurückhaltung die~es romanischen Geistes gefaßt, und eigenen Klavierstücken,


"Scherzen" ironisch. . s~urriIer Prägung (die etwas Dadaismus musikalisch einfangen
wollen), mit der Kammersymphonie von S eh ö n b er g ab. Die Aufnahme Schönbergs,
einer der größten Revolutionäre der Musik, der einem mühsam erworbenen Jahr . .
hundertlauf der Musikalität wieder in die Speichen fällt, ist immer mehr Ablehnung
als Bejahung. Sind wir die Verblendeten oder nicht? Stehen wir am
Wendepunkt einer ars nova, die zu den großen Wiederholungen, Gliederungen und
Steigerungen der Geschichte gehört und haben wir eine unmögliche Spekulation
vor uns? Eine sekundäre Tatsache, die die geringe Werbekraft des titanischen
Wollens zu einem Teil erklärt oder gerade hier in der Schwankung zwischen
potenzierter alter Tonalität und dem neuen Stil deutlich ist, kann heute,
wo über das Grundsätzliche in Schönberg so viel das Klugen und Exegetischen
gesagt ist, erwähnt werden: Schönberg war auch als I7Klassikerl' nie ein
Ergreifender, ein Siegender, nur groß durch den Ernst und die ganze Seele, die
durch jede seiner Äußerungen lief. Immer ein gewaltiger Architektoniker, der
materiell und seelisch barocke Bauten türmte und in jedem Werk neue Um-
schreibungen, Zerspaltungen, ästhetische Polyphonien, Mathematik der Proportionen
gab. Ein unbeirrbarer Glaube und ein Gottsucher. Er bleibt als Expressionist noch
begrenzt: Künstler d'es Instinkts, der formalen Intuition. Und auch die Atonalität
wird durch Temperament und Gestaltungskraft beeinflußt, sie steht nicht außerhalb
von Zeit und Individualität, mag ihre Melodie auch absoluter, abstrakter klingen.
o 0

470
G /oss PI1-
MEISTERAUFFÜHRUNGEN Retouchen finden, die, wenn sie im Scherzo
recht, auch im ersten Satz billig sdn müssen,
WIENER MUSIK. ZWEITE wo sie stellenweise ganz ebenso notwendig
UND LETZTE WOCHE sind, um den Klang auf die Höhe des Inhalts
zu steigern? Die produktiven Höchstleistungen
Des Festes zweiten Teil eröffnete die letzte sind an den Namen Sch ö n bel' g geknüpft. Das
der nur repräsentativen Veranstaltungen, die "moderne .... Sinfonie.. Konzert, das ganz unnötiger ..
Schubertiadc, bemerkenswerter durch den feen .. weise mit Siegmund Hauseggers wagnerisch..
haften Anblick des ehrw~rdigen, durch Beet- effektvoller, doch inhaltsleerer "dionysischer
hoven geweihten Redoutensaales der Burg, als Phantasie'4 begann, die mit Wiener Musik so
durch das Program·m, das um das Forellen.. wenig zu tun hat, wie mit Dionysos; das dann
quintett (Fitzner... Quartett und Grünfeld) und mit vier Gesängen nach Maeterlinck, von Zem~
von Duhan recht süßlich gesungene Lieder eine Hnsky in interessantester, bei aller Modernität
Reihe von Männerchören gruppiert hatte, die der Harmonik immer wieder sich musikanten ...
der Schubertbund seinem Schutzpatron zu haft ..melodisch aufschwingender Weise ver...
Ehren vortrug. Schon aber nahten die repra .. tont und in das betörendste instrumentale
duktiven und produktiven Höhepunkte des Kolorit getaucht, dem idealsten Dirigenten und
ganzen Festes. Die ersten im Zeichen Furt... bedeutenden Komponisten reichste Ehren
wänglers, der d'as Aufsehen seiner heurigen brachte, schloß mit Schön bergs sinfonischer
Aufführung der dritten Mahlersinfonie durch die Dichtung "Pel1eas und Melisande", eie seit der
Wiederholung womöglich noch zu steigern spektakelgestörten UrauffHhrung - (das tradi ..
vermochte. Dank ihm, daß er Einwände gegen tioneHe Schicksal fast -aUer Uraufführungen
sein allzu geschwindes Zeitmaß des Schluß .. Schönbergs!) - vor etwa fiinfzehn Jahren hier
Adagios keineswegs großberrlich verachtet, viel.. nicht mehr zu hören war. 1st Schön berg darin,
mehr diesmal wesentlich "ruhevoller", wenn ähnlich seinem berühmten Streichsextett "Ver ..
auch vielleicht noch nicht ,.langsamU genug klärte Nacht", noch stark im Tristan ..Erlebnis
musiziert hat. Analoge Zurückhaltung käme auch befangen, zeigt sich der Eigene doch gewaltig
seiner grandiosen Auffassung der "N euntenU in dem Adel des melodischen Einfalls, dem
Beethovens unbedingt nur zu statten. So genial machtvollen Pathos eines Epilogs, der, anders
die Intention, so hinreißend großartig der or... als die äußerlich malenden sinfonischen Dich ..
giasÜsche Wirbel höchstgesteigerten Freuden.. tungen, als eine Art geistvoller Reprise, die
taumels intendiert und erreicht ist, so kann angereihten Szenen des Dramas zur höheren
ich doch auch hier IVIahlers richtige Ansicht von musikalischen Einheit rundet, in der staunens..
der Heiligkeit der kleinsten Notenwe~,te nicht werten Kunst polyphonen Gestaltens wie in der
vergessen. Nach der kleinsten Note hat sieb das Beherrschung des ungeheuren Orchesterappa..
Tempo zu richten, und das Scherzo, das un ... rates. Noch imposanter freilich erschien er
begreiflicherweise jedesmal, auch bei der Wieder... dann, als er selbst seine Gurrelieder in der
holung, langsamer anheben, und bei der Wieder... Staats oper zweimal vo,rführte. Dieses herrliche
kehr des Themas schneller werden muß, bis die Werk zeigt deutlich den stilistischen Unter ..
Streicher aus ihrem Daktylus einen Zweiviertel .. schied auf, der den ersten Schön berg, vor ...
rhythmus gemacht haben, ein Marschtempo im wiegend Melodiker von seltener Inbrunst und
Finale, dem kein Tenor gewachsen ist, eine Wärme, von dem immer weiter fortschreiten ...
Schlußstretta, bei der überhaupt kein Ton mehr den Harmoniker des später geschriebenen
deutlich wird, ein Bässerezitativ im Finale, zweiten und dritten Teils - zumal des inter..
dem jedes Pathos mangelt - das alles sind essanten Melodrams darin - scheidet, der sich
Übertreibungen, der vortrefflichsten Absichten, dann weiterhin zum dritten Schönberg der
die ein wenig Moderieren sofort zur glänzend .. Klavierstücke und Orchesterstücke, dem "ato ..
sten Vollkommenheit zu ändern vermöchte. nalen u von heute entwickelt hat. Eine Ent..
Wann aber wird ein zweiter Wagner, gleich wicklung, die psychologisch gewiß begreiflich,
Mahler, den Mut weiterer instrumentaler doch für den, der von den Schönheiten der

471
nGurreIiederu immer wieder aufs tiefste er... Somit bleibt uns nur noch ein Wort des
griffen wird, beklagenswert bleiben wird. - Lobes für die besser gemeinte als gelungene
Die Aufführung, der Schönberg ein überlegener Fürsorge des Wiener Tonkünstlervereines für
Leiter war, litt unter der von Mahlers nAchterU die wenig oder gar nicht Bekannten, die sich
hel' bekannten ungUnstigen Aufstellung auf der zu siebent in einen Abend teilen mußten. Von
Opernbühne, dem mangelhaften Kontakt mit den letzten zweien verdienen folgende Siebentel
den Chören, der Unhörbarkeit der zutiefst im genannt zu werden: Guido Peters' Streich . .
im Orchester postierten Solisten (Damen Kiu .. quartett C moll (Quartett Kolbe), in eindring ...
rina, Bauer.. Pilecka, Herren Aagard... Oestvig, liehe Romantik getaucht, Rudolf Bellas freund ..
Manowarda, Leuer, Sprecher: Klitsch), was lich .. biedermeierisches Bläserquintett, Wilhelm
freilich den Triumph des nun endlich auch in Groß' vom Autor und Rudolf Kolisch brillant
seiner Heimat voll Anerkannten nicht zu gespielte, beweglich... witzige Violinsonate, Egon
schmälern vermocht hat. Kornauths etwas kühl .. vornehmes, aber wohl . .
o klingendes Klavierquartett C moll (Feistquartett
und Komponist) und von RudolfReti modernst..
In weniger hochragende Regionen begaben
fakturierte, aber - besonders das letzte -
sich die weiteren Ereignisse. Ein Konzert des
rhythmisch lebendige Klavierstücke. Dazu ein
philharmonischen Chors, zugleich Abschied
Heer von Liedern, von antiquierten Graedeners,
von seinem Schöpfer und Iangjähr~gen Diri ...
über gemäßigt moderne Heinrich Knödts,
genten Schreker. der nur Bekanntes vermittelte:
R. S. Hoffmanns und Kar! Horwitz', bis zu den
von Reznicek "Vater unser" fUr Chor und Orgel
(auch Wiener Musik?), von Rosenstock sein extrem atonalen von P. A. Pisk. Das war eine
schon einmal gewürdigtes Klavierkonzert. von Massenaufführung Wiener Musik, mit der keiner
Mandl den reizvollen Gesang der Elfen für zufl'ieden war; der Aufgeführte nicht und da
Frauenchor und Orchester, von Müller.. Her.. Nicht. . Aufgeführte -sogar noch etwas weniger ...
mann die wiederholt gehörten Frauenchöre. R. S. H.
Ein Kammerabend, neben Brahms und Haydn o D
anregend durch Joseph l\1iarx' temperamentvoll
musizierte Trio .. Phantasie (Kessissoglu, Fitzner,
Walter als Spieler). Ein Gesellschaftskonzert
E p I L o G
unter Schalk, mehr als durch die Aufführung Plan und Durchführung mußten von allem
von Prohaskas· wertvollem Oratorium.. El'stling Anfang an Bedenken erregen. Aber sie hatten
("Aus dem Buch Hiob") und die vielgespielte, zunächst zu schweigen. Es galt, mit allen Kräften
durch den dankbaren Variationensatz beliebte ~ soweit sie akzeptiert wurden - mitzuhelfen,
Symphonie in Es dur von Franz Schmidt den Erfolg, der für unsere ganze Zukunft so
merkwürdig durch die Nicht. . Aufführung von bedeutungsvoll werden sollte, zu fördern. Konnte
Korngolds Ouverture "Sursum corda", die der er das sein? Wien wollte zeigen, was es noch
Komponist infolge skandalösen Verhaltens hat, was es kann. Vor wem? Vor sich selbst!
einiger Mitwirkender, die die Probe durch Der Fremde? Aber das hat doch niemand im
Zischen störten, zurückgezogen hatte. Tiefer Ernste geglaubt, daß skh der Mutige finden
senkte sich das musikalische Niveau in der würde, der es wagen sollte, sämtlichen Paß .. ,
üblichen Chorliteratur des Wien er Männer .. ZoU.., Fahrplan ..., Gepäcks.., Hotel . . , Straßenbahn ..
gesanges (Ausnahme Bruckners stimmungs .. und sonstigen deutsch.. österreichischen Hinder..
voller "Abendzauber") und in den Freiheits.. nissen erfolgreich zu begegnen. Bis auf den
chören der Arbeiter .. Gesangvereine, deren Be.. gewissen Holländer, der wirklich zu den Gurre ..
strebungen übrigens aus sozial.. künstlerischen liedern hergereist sein soll, ist er denn auch
Gründen Förderung und Anerkennung ver.. pünktlich ausgeblieben. Und der Einheimische?
dienen. Seltsam genug fand sich hier die ur .. Der würde einen Tausender und mehr anlegen,
aufgeführte Ouverture zur Oper "Verirrt" von um zu hören, was er mit wenigen Ausnahmen
Robert Konta eingezwängt, mit unzureichendem das ganze Jahr hindurch billiger haben konnte?
Orchester unzulänglich studiert, so daß kein Der Arbeiterschaft waren mehrere Veranstaltun..
klares Bild von der tragisch empfundenen Kom .. gen freigegeben worden. Das Stammpubliku.m
position erstehen konnte. Auffallend in Wort unserer Konzertsäle drängte sich zu den paar
und Ton "Das rote Lied lO von Egon Lustgarten, repräsentativen, mehr gesellschaftlichen Ver ..
(Text von Basch), das revolutionären Schwung anstaItungen, und ließ die anderen, natürlich
in Mahlen Art zu besonderem Eindru ck alles, was nach nModernu roch, links liegen.
befeuert. So geschah es, daß selbst der moderne Abend,

472
der mit Schönbergs "Pelleas" ein musikalisches führungen persönlichem Belieben überlassen
Ereignis war, schlecht besucht, sogar die Auf... werden können. Ein Programm wie das diesmal
führungen der "Gurrelieder" in der Staatsoper beabsichtigte wäre reichlich für zehn Feste. So
keineswegs ausverkauft waren. Sprechen wir dankenswert der erste Versuch bleibt, ein
schon von der Höhe der Preise, so ist eine Gedenk... Wiener Musikfest auch Lebenden dienstbar zu
schrift zum Preise von 75 Kronen jedenfalls machen, kamen schließlich alle zu kurz, Tote
verurteilt, unter Ausschluß der Öffentlichkeit wie Lebende, weil jeder dabei sein sollte. Schlimm
zu erscheinen, was für einen großen Teil des bewährte sich auch jetzt wieder die reinliche
kunterbunten, zufällig zusammengefügten, im... Scheidung. Die ",Neunte"', Mahler, das typische
pro visierten Inhalts, in dem sogar eine "Philharmonische'" waren zum Erdrücken voll.
sonderbare Novelle sonderbaren Unterschlupf Alles neuere war gemieden. Der alte Fluch der
fand, und ein Notenbild von Karl Hontschik Novitäten..Konzerte, die sich in solchem Rahmen
sich Handschriften von Brahms, Richard nicht wiederholen sollten. Die unbeliebten
Strauß, Beethoven, Schubert und Schönberg modernen Weltkinder sind von den beliebten
recht unpassend anschloß, nicht sehr be... Propheten, rechts Beethoven. links Brahms, in
trüblieh bleibt. Damit soll dem Herausgeber, die Mitte zu nehmen, um so geschützt dem
dem mit Recht hochgeschätzten Kollegen Dr. D. J. störrischen Publikum aufgezwungen zu werden.
Bach, der das Übermenschliche zu leisten hatte Ob es will oder nicht •••
und geleistet hat, so wenig nahegetreten werden, Und schließlich die Hauptsache. W a n n sind
wie mit der Kritik des Festes überhaupt, das er Musikfeste zeitgemäß? "Dann, wenn ein Werk
zu veranstalten übernommen hatte und das in durch seine Größe, durch seine schwere Aus ..
so kurzer Zeit und unter den schwierigsten führbarkeit 1 durch seine Ansprüche an die
Umständen verwirklicht zu haben an sich eine besondere, dem Alltag entfernte Stimmung des
Leistung allerersten Ranges bedeutet. Wenn heute Hörers verlangt, aus gleichförmig rinnendem
Kritik geübt wird, so geschieht es in der Konzertbetrieb hervorgehoben zu werden. Dann,
Hoffnung, daß, wenn sich sehr Vieles geändert wenn auch Wille und Möglichkeit vor ..
haben sollte, dieses Fest nicht unser letztes, handen ist, es in ganz ungewöhnlicher
und das nächste von den diesmal begangenen Weise aufzuführen, nach sauren Wochen
Fehlern lernen wird ••• intensiven Studiums, mit erstklassigen, auch
Dann wird es aber Zeit, sich zu be... nicht jederzeit verfügbaren Kräften, mit der
sinnen. Es wird nicht, wie dieses, in ein paar stärksten Besetzung von Chor und Orchester ••.
Wochen aus dem Ärmel geschüttelt werden Nur unter solchen Voraussetzungen sind
dürfen, in unbegreiflicher Angst, man käme Musikfeste zeitgemäß.'"
damit im Herbst schon zu spät. Es wird nicht So schrieb ich in diesen Blättern im Novem..
der Einsicht und Arbeitskraft eines einzigen ber vergangenen Jahres, als von einem Wiener
Diktators, seien diese noch so imponierend, Fest noch keine Rede und die Verhältnisse
überantwortet werden dürfen. Es wird eine tausendmal günstiger waren. Die Praxis hat
Organisation zu schaffen sein, die diesmal so dem theoretischen Postulat recht gegeben. Das
völlig versagt hat, daß selbst eine einheitliche Fest unterschied sich nicht von dem gleich..
Kartenaus gabe gefehlt hat,wichtigste N a ehr ich t.en, förmig rinnenden Konze,rtbetrieb, gab keine
sogar über den Beginn einzelner Konzerte Möglichkeit für ungewöhnliche Aufführungen.
verspätet oder gar nicht bekannt wurden (siehe für seltene Kräfte, für intensives Studium. Unser
die Fahrt nach Klosterneuburg 1), nicht einmal einziges Sinfonieorchester ist für nächstes Jahr
die Konzert..Programme in genügender Zahl so wenig gesichert, wie der Betrieb derStaatsoper.
vorhanden waren, deren Preise übrigens zu Hätte die Gemeinde in ihrem edlen Eifer für
mehr als ausnahmsweise gebrachten biographi... die Rettung unserer Musik den Betrag geschenkt,
sehen und musikhiitorischen Notizen über Werk der, wie es glaubhaft heißt, jetzt den finanziellen
und Autor verpflichtet hätten. Es wird dann Mißerfolg des Festes bezeichnet, das Orchester
auch in der schwierigen Frage der äußeren Aus ... wenigstens wäre für ein Jahr erhalten gewesen.
stattung nicht dem Geschmack eines einzelnen Und sie hätte mehr damit getan, als mit der
Künstlers so weit vertraut werden dürfen, daß gewiß gut gemeinten Unternehmung, die nichts
ein abgeschnittener Kopf mit altgriechischem erreichte, die nichts bewies, als daß unter den
Stehkragen und neusteirischem Blähhals dem heutigen absolut trostlosen Zuständen in Wien
Feste von übler Vorbedeutung werden könne, selbst ('in Musikfest unzeitgemäß, schlimmer
als sei es von Haus aus mit "Peche" behaftet. noch: unmöglich ist. Solange die Zigarre für
Ebenso wenig wird die Auswahl der Auf... den Raucher, das Fleisch für den Darbenden

473
so unbezahlbar ist, wie eine Opernkarte für nisten handelte es sich einfach um eine
den Musikhungrigen, bleibt auch die Musik Glaubenssache. Die Ehilichen blieben still und
wie alles Übrige eine Angelegenheit der Schieber. sagten nur, sie verstünden nichts. Das Gros des
Verschieben, wir - es muß sein - das nächste Publikums - Du lieber Gott! - Verstand auch
Fest auf einen Zeitpunkt, da sie wieder der nichts, und ging darum lieber mit. Man hatte
Allgemeinheit gehören, da es wieder möglich sich ja schon so oft blamiert.
sein wird, Meisteraufführungen Wiener Musik Ich aber trachtete in die unsagbar fein ...
zu veranstalten. Wiener Meister in - meister.. mas~hige Klangstruktur mit den sonderbar
licher AUffUhrung! Dr. R. St. Hoffman n eruptiven, in allen' Tonlagen auftauchenden
melodischen Interjektionen voraussetzungslos
o 0
hineinzuhorchen und es dämmerten mir dabei
akustische Sensationen, und schwankende Neu..
GLOSSEN ZUM TON, lands:.Perspektiven.
KÜNSTLERFEST IN WEIMAR Kaum, daß bei dieser Aufführung noch das
Wort "Kakophonie" fiel. Gottlob, man sucht
Hauptversammlung. Es war eine keinen Unterschied zwischen Konsonanz und
Freude zu sehen, wie die Leute sich echauffierten. Dissonanz mehr. Spürt keiner "Berechtigungl l,
Am Vorstandstisch herrschte überlegene Ruhe, keiner "Erträglichkeitl l der Klänge mehr nach.
im Plenum dagegen angenehme Aufgeregtheit. Sondern hält es mit Goethe: "Was ist denn
Ein konzentrischer Angriff der Linksradikalen, eine Saite und alle mechanische Teilung -der..
die den Musikausschuß ganz in ihre Gewalt selben gegen das Ohr des Musikers?1I
bekommen wollten, wurde von der konser..
vativen Mehrheit abgeschlagen. Lange Aus .. Erdmann und Scherchen. Diese beiden
sprachen über die nächsten Ziele und Aufgaben jungen Musiker sind Apostel Schönbergs und
des "Allgemeinen Deutschen Musikvereines·1 er.. alles Neuen in seinem Geiste. Aber sie schreiben
gaben als vorläufiges Resultat nur das Übliche: nicht so, wie es ihre Überzeugung diktiert; oder
Entsendung von' Kommissionen. Ein schüch .. schrieben wenigstens nicht so vor zwei jahren,
terner Herr plädierte für die Hebung des als diese Werke entstanden. Zwei jahre sind in
künstlerischen Niveaus der Männergesangs.. den Zwanzigern eine lange Zeit; vermutlich
kompositionen; ein energischer Herr für die machen sie es heute schon ganz anders.
Hebung der sozialen und materiellen Lage der Namentlich Erdmanns Symphonie ist der
Orchestermusiker. Beide sparten nicht, ver .. Typus einer Musik, die kann und nicht möchte.
ständnisvoll unterstützt von der Rechten, mit Der jüngling, der mit begeisterter Hingabe in
Hieben und Stichen auf die modernen Kom ... seinen Konzerten Hans jürgen van der Wense
ponisten. Trotzdem fühlten sich die Alten spielt~ fällt ständig auf richtige, scharf..
nicht behaglich. Irgendwo durch eine Ritze der geschnittene, breit ausladende Themen herein,
festgefügtenSatzungwehte eine neue Zeit herein. die einen am Heimweg hartnäckig verfolgen.
Die bösen ..Atonalen - was würden sie bloß Er negiert die Tonalität und steckt plötzlich
bis zur nächsten Hauptversammlung noch alles mitten in einer wohUauttriefenden~ triolen..
anstellen? Nun die Musik: umspülten, achttaktig anmutenden As dur ..
Schönbergs fünf Orchesterstücke. Episode. Allen guten Vorsätzen zum Trotz
Immerhin auch ein Zeichen der Zeit: es kam rauscht der Schluß des Werkes mit elementarem
zu keinem Skandal. Bei der Generalprobe wurde Codendrang einem strahlenden D dur..Drei ..
ein gar zu enthusiastischer Kunstschüler vor klang entgegen. Ein 'echtes Pubertätswerk; das
die Türe gesetzt; alles in allem hatte das Publikum witterte Romantik, witterte etwas
Werk einen normalen Achtungserfolg. Ein wie Anfänge eines kommenden Strauß und be ..
letzter Schönberg einen normalen Achtungs .. nahm sich entsprechend. In Hermann Scherchens
erfolg: das gibt zu denken. Streichquartett steckt die Kraft eines· reifenden
Es war natürlich kein objektiv musik .. Mannes. Er ist nicht frei vom unseligen Hang
genießerisches Zuhören. Die zahlreichen Diri... des Deutschen, Gipfelndes wieder breitzutreten,
genten suchten aus den mitgebrachten Studien... einmal wirksam Gesagtes durch Wiederholungen
partituren die Geheimnisse des berühmten zu schwächen; aber seine vier Instrumente
liegenden Akkordes im dritten Stück zu ent.. reden mit unerhörter technischer Anstrengung
rätseln. Die Konservativen wo 11 t e n sich nicht die Sprache eines Künstlers.
erregen, und schüttelten bloß mit kühl' be .. Diese beiden jungen Musiker zitterten vor
dauernder Miene die Köpfe. Bei den Expressio.. Erregung, als ihnen der große Erfolg mit

474
ungeahnter Wucht vor die Füße fiel. Habt ihr SPRICHWÖRTER DES
je glücklichere Menschen gesehen?
Die Anderen. Man konnte nur sagen~ PESSIMIST E N
rätselhaft! Was ging das ganze Jahr über - Aller Anfang ist leicht; schwer sind Fort....
eigentlich die sechs Jahre, die es kein Ton... setzung und Ende;
künstlerfest mehr gab - in dem Musik... Müßiggang ist alles Schaffens Anfang.
ausschuß vor, in dem schließlich fünf bekannte, Wer einem andern eine Grube gräbt, sorgt
tüchtige, intelligente Musiker saßen, die d.ie schon dafür, daß er auch sicher hineinfällt.
Wahl hatten zwischen allem Guten, was tn Wenn zwei dasselbe tun, lügt mindestens
Deutschland komponiert wird? Denn es freut einer von ihnen.
jeden, auch den patzigsten, am meisten arri... Die Fußtritte für den toten Löwen sind
vierten Komponisten, vor diesem Parterre von ebenso niederträchtig, wie die Krokodilstränen
Dirigenten,Verlegern und mißgünstigen Kollegen für den verendeten Esel.
zu Worte zu kommen. Aus einer Mücke kann man einen Elefanten
Auf das Programm gerieten aber meistens machen, niemals aus einem Elefanten eine
Produkte prätentiöser Vielschreiber und dUet ... Mücke.
tantischer Nichtskönner; Produkte, die die. Verreden ist Silber, verschweigen ist Gold~
Opposition auf den Parkettsitzen herumrutschen Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis
ließen, dumpf stöhnend: "Habe ich es nicht das Wasser versiegt.
gesagt? Der Vorstand muß weg'~. Es fällt kein Meister vom Himmel, desto-
Zur Aufmunterung der meisten dürfte just häufiger ein Schüler aus den Wolken.
an dieser Stelle nichts getan werden. (Ver... Wenn Könige bauen, stehlen die Kärrner'
zeihung, - ich muß schon wieder Goethe die Ziegelsteine.
zitieren, das muß man in Weimar dauernd, Probieren geht über - Blatt dirigieren.
jeder muß esl -) "Weil man das Überflüssige Der gerade Weg ist der längste.
nicht befördern soll, während noch so viel Wo nichts ist, kommt nichts hin; was einer
Nützliches zu tun ist. Und weil der Welt nur nicht ist, kann er nicht werden.
mit dem Außerordentlichen gedient sein kann't. K. W.
Der Dirigent. In einem Bruchteil der Se...
kunde,die den letzten Schlag der Faust..Symphonie
Liszts vom Losbrechen eines aufpeitschenden
Beifallsturmes trennte, hatte Peter Raa b e S CH R E K ER_SCHÜLER
ein kurzes Kopfnicken fUr seine Musiker.-
"Es war gut, ich bin zufrieden". - Wer es be .. IM BERUF
merkte, fUhlte, daß in diesem Augenblick, vom Als seinerzeit Pranz S c h r e k e r als Lehrer
ersten Konzertmeister bis zum letzten, nur an die Wiener Akademie berufen wurde,
gelegentlich mitsingenden Lehrer, alle sich konnte man dasselbe erleben, was heute, wo-,
hätten für ihren Dirigenten in Stücke reißen er als Leiter des Berliner Staatskonservatoriums
lassen. Ich beneidete den Chor ~ der in dieses von Wien scheidet, sich dort wiederholt. In
scharfgeschnittene, fanatisierte Gesicht sah, von einigen konservativen Fach.. und Tageszeitungen
dieser geballten linken Faust in die strahlende wird entweder von dem Fehlgriff seiner Er ..
As dur..Höhe des Unbeschreiblichen hinan.. nennung gesprochen oder wenigstens seine
gerissen wurde. Beneidete noch mehr den Qualität als Lehrer der Jugend angezweifelt~
Mann, dem es gegeben ist, die in ihm akku ... Ein so radikaler Neutöner wie er, könne nur.
mulierte künstlerische Spannung beim Kontakt vergiftend auf die junge Generation einwirken.
mit diesem göttlichen Werk in emporschießender Nun ist es vielleicht, abgesehen davon, daß
Flamme zu entladen. Musikschriftsteller, die Schreker als Lehrer immer auf den großen
Ihr Dirigentenmonographien schreibt, Euch Meistern der Vergangenheit fußt und stets von
empfehle ich ihn! Neben Nikisch, Strauß, ihuen als Vorbildern ausgegangen ist, interessant
Weingartner da drinnen, Mengelberg dort festzustellen, wie viele von den Schillern
draußen, wird seit dreizehn Jahren in Weimar seiner Wiener Lehrtätigkeit sich schon feste
so musiziert. Fünf Stunden weit, in BerUn, Stellungen im Musikleben deutscher Städte
wußte man es bisher nicht. Nun ist Peter erworben haben. Natürlich muß zu der per ...·
Raabe entdeckt. sönlichen Begabung jedes einzelnen eben noch
Gise1la Selden .. Goth, Berlin die Schule eines so bedeutenden Meisters
o 0 gezählt werden, die mit daran teil hat t daß.

475
üiese jungen Künstler sich so rasch durchsetzen Dichtungen dieses hervorragenden italienischen
konnten. Poeten gewählt hat. Es bedeutete kein geringes
Als einer der ersten Schüler Prof. Schrekers Unternehmen, diese gedankenschweren, tief
ist Walter Gm ein d 1 als Kapellmeister an das innerlichen Dfchtungen in das passende musi ...
National... Theater in München gezogen. Er hat kalisehe Gewand zu kleiden und es kann auch
;3ich dort unter der Führerschaft Bruno W,alters nicht behauptet werden, daß Montico seine
bereits eine gesicherte Position und einen selb ... schwierige Aufgabe durchwegs restlos befde ...
ständigen Wirkungskreis geschaffen, gefolgt von digend gelöst hat. Doch sei anerkennend hervor ...
dem jüngeren l.H all asch, der Solokorrepetitor gehoben, mit welcher Gefühlswärme er die
in München ist. Selbständige Kapellmeister musikalische Bindung der Dichterworte vor ...
sind auch Alex. Li P P a y in Frankfurt a. M. nimmt und wie sein Streben in besonderem
und Kar! Winkler in Nürnberg. Ersterer Maße dahingeht, die Vertonung nicht bloß auf
hatte die Gelegenheit, sich um die Einstudierung die ihm als Italiener naheliegenden melodischen
der Werke seines Meisters anläßlich der Ur ... Werte einzustellen. Der Gesamteindruck der
.aufführungen große Verdienste zu erwerben; an Stimmungs gehalt überaus verschiedenen
letzterer ist eine unentbehrliche Hilfskraft für Lieder ist einnehmend und läßt uns in Montico
den Theaterbetrieb. Drei weitere große deutsche eine eigenartige,· schöpferisch kraftvolle Be ...
Theater haben Schreker ... Schüler als Solo ... gabung erkennen. Zart und in bittere Wehmut
korrepetitoren verpflichtet. Im Dresdner Opern ... getaucht ist seine "Antike Klage'<, duftig und
haus wirkt seit einigen Jahren Hans Heinz in bewegten Rhythmen dahinfließend die
K n ö 11, bekannt durch die Gründlichkeit seiner "Serenade". Ein süßer, rührender Zauber breitet
Arbeit und seine stets rege Initiative. ] osef sich über "Früh Morgens", während Montico
Rosenstock, der bis jetzt in Wien als Kom ... in "Mein Schifflein fährt'· ein Tonstück voll
ponist und Pianist wirkte, ist als Solokorrepetitor Farbe und Leben schafft und im "Neuen
an das Landes ...Theater in Stuttgart berufen, Frühling" mit inbrünstiger Sehnsucht das Er...
während ]erzy Maliniak nach Freiburg i. B. wachen der Natur besingt. Es wäre sehr zu
verpflichtet ist. Wenn wir, um vollständig zu wünschen, daß diese Lieder auch von deutscher
sein, noch Felix Petyrek erwähnen, der zwar Seite gebührende Beachtung finden. Schon des ...
nicht als Kapellmeister, sondern als Klavier ... wegen, um qas bei uns noch vielfach ver...
lehrer der Ausbildungsklasse des Mozarteums breitete Vorurteil zu widerlegen, als rege sich
in Salz burg wirkt, wäre die Zahl der älteren Interesse und Schaffensfreudigkeit der Italiener
Schreker...Jünger ersch6pft. nur auf dem Gebiete des Opernwesens.
Dieser Hinweis auf sie und ihre besonderen Dr. H. R. Fleischmann
Qualitäten wird vielleicht manchem, der sich
über die eminente Bedeutung Schrekers als
Lehrer noch nicht im klaren ist, die Berufung ERNST DECSEY: BRUCKNER. (Schuster
Schrekers nach Berlin in neuem Lichte zeigen.
und Loeffler, BerUn.)
Denn es steht zu erwarten, daß in wenigen
"Versuch eines Lebens", heißt das schöne
Jahren auch von Berlin aus eine neUe Generation
Buch. Es ist wahrhaftig ein ganzes Leben
junger, trefflich geschulter l\Iusiker und KapeU ...
geworden. Aus den ersten Teilen: "Das Leben"
meister die öffentliche Laufbahn betreten wird,
und "Persönlichkeit und Gesamtwerk" tritt mit
frei von der Konvention der Vergangenheit, unglaublicher Plastik, mit staunenswerter Be ...
einig in der Arbeit an einer neuen Kunst.
lebung die verehrungs.. und liebenswürdige
c c Gestalt des großen Meisters Anton hervor, wie
er leibte und lebte und mit ihm erscheint ein
BESPRECHUNGEN bedeutender, freundlicher, webmutvoll..ver..
trauter Ausschnitt aus einem Bilde, das wir,
MARIO MONTICO: Lieder für eine Sing... verzerrt und befleckt, wie es heute ist, kaum
-stimme mit Klavierbegleitung. (Verlag A. & C. wieder erkennen, das einmal das unserer Heimat
Carisch, Mailand.) war: St. Florian-Linz-Oberösterreich-Wien
Mario Montico ist ein Musiker aus Udine, -Altösterreich. Was Bruckners Ethik, wie
wirkte viele Jahre in Paris und bekennt sich Decsey so gründlich untersucht, so richtig er ...
als begeisterter Verehrer der jungdeutschen fühlt hat, bedeutet, sein Christentum, seine
Bewegung. Die vorliegenden sechs Lieder sind Heimatliebe, sein Deutsch ...sein, seine Kaiser..
ausschließlich Vertonungen von Versen Giosue treue - das alles ist so spezifisch altösterreichisch,
Carducds, die Montico aus verschiedenen daß eine Erscheinung, wie seine, anderwärts

476
gar nicht denkbar ist. So wenig ein Fremder Heller,' die unerträglichste Mischung von
dies heimatschwere, Wien..trunkene Buch hätte tüchtigem Können und lächerlichstem Dilettan""
schreiben können, behext von diesem Wien, tismus. Die reizvolle, gänzlich undramatische
daß für Bruckner seinen Hansliek und Heuberger, Musik Schuberts ist in der Bearbeitung Robert
seine lachenden Philharmoniker, aber auch Hirschfelds noch weniger zu retten, als in dem
Sechter, Herbeck, Loewe, Wolf, Schalk, seinen stumpfsinnigen Original von Castelli, gerade
ersten Verleger Rättig und den Mann bereit weil der mittelalterliche Unsinn zeitlich und
hatte, der ihm die Sorge des Alters abnahm. örtlich näher gerückt wurde. Uroso größeres.
Etwas weniger liebe ich den zweiten Teil, die Interesse fand das talenterfüllte neue Werk,
"Erläuterungen und Bemerkungen zu einzelnen das textlich und musikalisch voll überaus ver ...
Werken". Nicht exakt genug für fachliches heißender Ansätze einer echten dramatischen
Studium, zu detailliert für Laienüberblick, ver·.. Begabung steckt, die freilich noch der Routine
mag er bei allem Schwung der Darstellung, bei des Bühnenmetiers bedarf, um sich voll aus..
aller Poesie des Wortes, bei aller Kunst der zuwirken. Das besonders in den satanischen
Sachlichkeit nicht ganz die Gefahr der Monotonie Schilderungen eines gräflichen Verführerpaares,
und Wiederholung zu "bannen. Da es eben un.. dem der fromme Landpfarrer und seine Schwester
möglich ist, über jede der neun Sinfonien, mit gerade noch zu entrinnen vermögen, bei seiner
ihrer nahezu gleichen GefUhlswelt, jedesmal Kleinheit überaus merkwürdig behandelte und
neues zu sagen. Nach des Verfassers eigenem wirksame Orchester hatte in Dr. P. A. Pisk den
Bekenntnis, schien es ihm nals Schüler des verläßlichsten Führer. In beiden Werken ragten
Meisters, von seinem reinen Wesen durch .. die Leistungen des Fr!. Mihacsek, der Herren
dl'ungen, von den Gewalten seiner Musik er .. Madin und GaUos hervor. R. S. H ..
füllt, Pflicht, eine Beglückung, die so selbst ..
verständlich gewonnen war, auch weiter zu
e e
tragen~. Nichts Schöneres weiß ich zu seinem
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Preise zu künden, als daß es ihm voll gelungen
ist: Decseys Bruckner gehört neben Spechts Das "Lied der Jungfrau'" von Alexander-
HMahleru und Kalbecks nBrahms" zu den inner.. Zemlinsky wurde zuletzt in der Originalgestalt
lichsten, poesievollsten und bezwingendsten für Orchester im Rahmen der "Meister...
Musikerbiographien. D r. R . SI• H 0 ff mann aufführungen Wiener Musik unter persönlicher-
Leitung des Komponisten mit großem Erfolge
e e zur AuffUhrung gebracht. Es wird aber auch
nicht verfehlen, in der Bearbeitung für Sing..
WIENER KAMMEROPER stimme mit Klavier einen tiefen Eindruck auf
den Hörer zu machen. Hiezu trä.gt nicht nur
Ein neuer Verein zur' Pflege dramatischer die interessante formale Anlage, sondern auch
Musik, das ist löblich. Aber Vereine pflegen intime harmonische Reize und besonders der
zunächst das Persönliche. Das ist weniger tiefe Ausdruck der Melodie bei, die mit dem Text
löblich. So gab es im HHäuslichen Krieg" von zu vollkommener Einheit verschmolzen ist.
Schubert und in einer Uraufführung nSatan",
Operetta seria in einem Akt von Hans Ewald e e

NEU E NOT E N Vier Stücke für Violine und Klavier


Lied des Pagen für Gesang und Klavier
Universal .. Edition, Wien-Leipzig' Symphonische Ouverture (Sursum Corda}
Alex. Zemlinsky: 11. Streichquartett op. 15 für großes Orchester, op. 13
Alois Haba: Deux Morceaux op. 2: Scherzo Bote und Bock, BerUn
und Intermezzo Paul Graener: Vier Lieder op. 52
Beta Bartok: 15 Ungarische Bauernlieder Bos Verlag .G. m. b. H., BerUn
11. Streichquartett op. 17 Paul Graener: Schirin und Gertraude, Klavier ...
B. Schott's Söhne, Mainz auszug
Otto Klemperer: Missa Sacra in C für drei Verlag A. & C. Carisch, Mailand
Soprane, Alt, Tenor, Baß, Kinderchor, Mario Montico: Sechs Lieder für Gesang und
. großes Orchester und Orgel Klavier
E. W. Korngold : op. 11, aus der Musik zu Verlag Pizzi & Co., Bologna
"Viel Lärmen um Nichts" Ildebrando Pizzetti: Streichquartett A dur
Drei Stücke für Klavier zu zwei Rllnden e e
Verantwortlicher Schriftleiter: Dr.Alfred Kalmus, Wien, r. Karlsplatz 6. Herausgegeben von der Universal.-
Edition A.~G. - Druck von Otto Maaß' Söhne Ges. m. b, H., Wien, I. Wallfischgasse 10.

477
MODERNE LIEDER aus dem Verlag

B. SCHOTT'S SOHNE
)I(

A llen Sängern und Sängerinnen, die sich für moderne Kunst interessieren,
seien nachstehende lieder bei der Aufstellung ihres Repertoirs ein-
dringlich zur Berücksichtigung empfohlen. Das Verzeichnis enthält nur be-
sonders dankbare lieder der betr. Komponisten, in seiner Gesamtheit mit das
beste und dankbarste überhaupt, was die neuzeitliche Kunst hervorgebracht haI.
Frilz Jürgens t gefallen im Weltkrieg und mit ihm eine der aussichtsreichsten
Hoffnungen. Als musikalischer Lyriker und lieder komponist steht er mit an
der Spitze der jetzigen Generation.
Gedichte von Greif: 36 lieder in 3 Heften und komplett. , . . .. Mk. 5'-
Gedichte von Falke: 45 lieder in 3 Heften und komplett. , , , " Mk. 6'-
Darunter: (ieilweise einzeln) Der Geworbene I Husarendurrnmamh J Rosen / Wolken I Schön
Anno / Das mitleid'ge Mädel / Sommerglück I Keusche liebe I Geh' I Auf dem Maskenball
Lütt' Ursel I Ausfahrt u. ö. m. / Von anderen Dichtern: Der Feind (Brenfano) I Spielerei,
Goldammer (von Lilieneron) j Wildrosen (Frey) / Mit deinen blauen Augen (Heine)
Fritz Fle<k: Simon]ohanna!Feldbank/DerklugePeteru.a. je Mk. 1'-
Paul Graener: Vale carissima u. a. ' . , , , , , ' . , , , , , , "Mk. r-
Ollo Klemperer: Der Zufriedene / An lilli / Gebet I Aus
tiefer Not, , , ' , , , , , , , , ' , ' , , , , , ' , , . , je Mk, 1'-
E_ W_ Korngold : liebesbriefchen I Schneeglöckchen u, a, ' , , ' je Mk, r-
Gustav Mahler: liederundGesängeaus"DesKnaben Wunder-
horn" in 3 Heften. Daraus einzeln das wunder-
volle, bekannteZugabestück "Ich ging mit Lust
durch einen grünen Wald" , , , , ' , , ' , . , , Mk. J'-
Edvard Morilz: Die Wohnung der Maus (T rojan) u, a .. ' , , Mk.-'80
Der Frühlingskaspar (Dehmel) u, a" ' , , , , Mk. J'-
Max Reger: Das Mädchen spricht I Bauernregel! Winter-
ahnung I Verlassen hab' ich mein lieb u, a, je Mk. J'-
Bernh. Sekles: Rosenhag I Auf dem Bette Mondenschein '
Weihnachtslied der Pifferari u. a., .. ' . ' . , je Mk. 1'20
l. Windsperger : Auf ein schlummerndes Kind / Siegesfest / Sehn-
sucht u, a ..... , , ' , , , , , , , , , , , , , ' , , , , je Mk. 1'20
(Hiezu Verlegerzuschlag)

Vollständigen Katalog sowie Ansichts-


sendungen stell! der Verlag jederzeit gerne zur Verfügung

B. SCHOTT'S SOHNE • MAlM;!


478
Wieder ein gro~er Erfolg!' Eine neue, prachtvolle Violinkomposilion
1IIIIIIJIJIIIIIlIIIIIIJIIIIJIIIIIIIIIIIIJIIIIlUIIIUIUIIlIllIIIUIIlIIlIl1I11I1I1[ 111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111
Erstaufführung: Cassel. ~taafliche Sdtauspiele Soeben erschien:
(13. Juni 1920)

Arn. Winternitz JENO HUBAY


Meister Grobian ADIEU
Komisme Oper in zwei Akten und einem Vorspiel
TEXT VON RUD. KLUTMANN
(VordemAbsrnied)
U. E. Nr. 6036 Klavierauszug mit Text Mk. 12'- U_ E_ Nr_ 6355 FürVioline und Klavier
U.E.Nr.6057Textbuo:h ............ Mk. 1'- Preis Mk_ 2-- Hiezu Verlegerzuschlag
Hiezu Verlegerzuschlag Dieses elleklvolle Vlolinsfück, dlls Jenö Hubay
Kasseler Allgemeine Zeitung: Fein, vornehm tlnd der bekllnnlen Virluosln ERNA RUBINSTEIN
melodiö~, eine Freude und ein Genu~ für jedes Ohr. gewidmet hai, wird von derselben Ilu! ihren
Alle Achtung vor dieser Musik
Kilsself!r Tagblatt: Alle Regl~ler sliirmismer Beifalls-
KUn.l!lerlourneen allerorts mit grö!Jlem Er- ,
iilf~erungen wurden gezogen
folge :zum Vorlrag gebraml. Endlim wieder
einmal eine moderne Neuenmelnung, die
I
Kasseler Neueste Nachrichten: Eine wertvolle Be-
fl:!lmerung der komisd1en Oper••• pradllvo!le Heiter- unseren Geigern eine dankbare Aufgabe und
keil und Harmorl1e
DurchSlhlagender Erfolg anlälilhh der Ur·
:=: '" ::: $Iilrkste Wirkung versprichtl ::: ::: :::

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479
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 10
Max Chop: Die wirlsrna[ilidJe Lage der konzertierenden Künstler und
der Musiklehrenden
Egon Lustgarten ....... _. ,_, "" ... _.. ... Reform der Orchesteraufslellung
Max Brod ... ... ... ... ... ... ... ... ... Gusfav Mahlers jüdische Melodien
H. F. Redlich .. , .,_ ••• Musikalische Zusammenhänge und Beziehungen
ludwig Karpalh ............... ,........ Die Ausflüge des Herrn Broucek
Dr. H. R. fleismmann ........................... ' Paul August von Klenau
G I OB en: Musikalisches Gespräch von H. F. Redlid-r; Die FeindsdJaft
der Zeitgenossen von ]osef Reitler; Angenommen . . . von R. SI. Hoff-
mann; Musik in Wien von R. SI. Hoffmann / Bespremungen I Neue
, Noten J Neue Bücher
Not e n bei lag e: Pau! von Klenau, Slimmungsblld

NUMMER lli12
Alban Berg ......................... " ......... Die musikalische Impotenz
James Simon ................................. Musikalischer Expressionismus
Heinz Unger... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Vom Mah/erfest in Amsterdam
A. CaselJa ........................ Festrede beim Mahlerfest in Amslerdam
E. WeHesz ........................... Epilog zum Mahlerfest in Amsterdam
Bela Bart6k ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Ungarisme Musik 11
Cesar Saerminger ....................................... Musik in Amerika
Balduin Bridlf ............................................. Franz Schmidt
Rudolf Kaslner ..................... " ........ " Westdeutsche Musikstädte
Glossen: Meisferaufführungen Wien er Musik (I) 'von R. Sf. Hoffmann;
Hauseggers Dirigentenzeif in Hamburg von Robert Müller·Hartmann;
Kammermusik in Amsterdam von Paul Stefan; Das biogenefisrne Grund·
geselz in der Musik von Kar! Weig!; Solistenaufslellung von R. SI. Hoffmann ;
Zur Reform der Orrnesferau{51ellung (Diskussionsbei!räge); Max Springers
Klavierwerke von Kamillo Horn I Besprechungen I Zu unserer Noten·
beilage I Neue Noten
Notenbeilagen: J. Rosenstock, "So regnet es s'im langsam ein ...",
lied / Beispiele zu Bela Bart6k: Ungarische Musik

480
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Erster Teil (1756 - 1782). XXV, 1035 Seiten 80. Mi! 9 Bildnissen und 4 faksimiles
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ahns Mozartbiographie. das Mozartbu<h schled)lhin, haI leider gerau~e Zeit im Handel fehlen müssen.
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Verlag BREITKOPF & HARTEl, LEIPZIG-Berlin

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NEUE MODERNE LIEDER


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L. Rottenberg Fritz Schreiber


VIER GEDICHTE DREI LIEDER op. 10
fOrhohe SlngsUmme mit KlavIer. Worte von Rainer Marla Rllke für Alls11mme, Brahrne und KIllvier
ll.E.Nr.6511 • • • • . • • • • • • . . . . • . Mark 2"50 Worte von Chrislion Morgen~!~rn
1. Aus I!lner Kindheit 2. Von dem MlIdrnen U.E.Nr.63H . . • • . • • . • • . . . . . • . Mark 2'-
3. Zum EInschlafen zu sagen. 4. Die liebende 1. Vorabendgliick. 2. Stör' nlchl den Schlaf der lieblten
Frau. 3. Von zwei Ro~en
ZWEI LIEDER
für hoh<! Singslimme m!l Klavier. Warfe von franI Werfel SKHS LIEDER op. 13
U.E.Nr. 6512 • . • • . . • • . . • • • . • • . Mork 2'- jfir eine Sing~!imme rnll KlavIer
1. Warum, mt:ln Goll. 2. Millernarnlnprum U. E. Nr. 6369 • . • . . • . . • • • • . . . . . Mark 2'50
1. Abelldgejühl (Frledrlch Hebbel). liel. 2. Mein Höus höl
ZWEI LIEDER Slebe[1 Fe[1sler (0110 zur linde), hoch. 3. Mi! lusl lai Im
fur B6r!fon mil Klavier ausreiten (.. Des Knaben Wunderhorn"), hOmo 4. Es jleugl
U.E.Nr.6513 • . . . . , • • . • . • . . • . • Mark 1'50 ein kleins Waldvögelein ('l,?es Knaben Wunderhorn"), horn.
5. Der Abend (ChrlstJan j'lOrgenslern), mi!!el. 6. Morgen·
1. NadJ neuen Meeren (Nlelzsrne). 2. Trost (A. W. Heymli:l) anbrum (Ern~1 Egli), hoch
Dr. ROllenberg, dt:r hervorragende Kapellmelsler der Frank· Eine Anzahl dieser prilmllgcn lieder erzlelfe /.mlil~Ud1 der
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482
2. Jahrgang, Nummer 14 September-He:lt 1920

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DES ANBRUCH
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....
C///g emeiJ1er
-~_ .... reif ~

K 0 S M I S C H .. M U S IKALISC H E
E N T S P R E, C H U N G S L E H R E
Von Walther Klein, Wien
1
Grundgedanken
"Natur und Kunst, sie scheinen sich 2U fliehn -
Und haben sich, eh man es denkt, gefunden.~
Wer sich andächtig und treu in die Mysterien der Sprache zu versenken weiß,
kennt sehr. wohl deren wunderbare Fähigkeit, mit einem einzigen Worte blitzartig
das geheimnisvolle Dunkel zu erhellen, in welches das Rätsel des Menschen getaucht
ist, samt all den Dingen, die in und um ihn sind. Eine solche merkwürdige Leucht-
kraft geht auch von dem griechischen Worte .Kosmos" aus, in dessen sechs Buch-
staben eine erhabene Weltanschauung eine unübersehbare Fülle tiefster Gedanken
zusammendrängt. Es sind Ansichten, die man sehr alt nennen kann, da die Griechen
sie bereits von weit älteren Völkern übernommen haben. Aber anderseits sind
sie insofern völlig neu, als der geistige Schatz, den sie darstellen, zwar schon seit
jeher vorhanden, aber bisher unterirdisch und verborgen war. Es scheint, daß sich
Europa nunmehr anschickt, ihn zu heben und so endlich den kostbarsten Teil des
hellenischen Erbes anzutreten.
Wenn wir ein Wörterbuch über den Sinn des genannten Wortes befragen, so
erhalten wir eine recht erstaunliche Auskunft. Wir finden da nämlich neben der
allgemein bekannten Bedeutung. Welt" eine Gruppe von Begriffen wie Schmuck,
Zier, Ordnung, Schönheit, lauter Begriffe, die das Merkmal einer von ästhetischen
Gesichtspunkten ausgehenden Struktur gemeinsam haben. Dies ist in der Tat er-
staunlich. Aber es ist mehr als das: Ein Lexikon sagt uns Dinge, die wir in den
Büchern der Philosophen (meist vergeblich) zu suchen gewohnt sind und nichts
geringeres als ein völlig neues, und zwar höchst großartiges Weltbild tritt uns env
gegen in der
Gleichsetzung von Kosmos und Kunst.

483
Dies ist zunächst nur eine Formel und ich bin mir wohl bewußt, wie wenig
l;I).it ,einer sl'lcheq geleistet wi~,d. Sie. '!lt ein W egw.eis~r in un1>ek.~nntes !-an4.. ni,cilt
di"""" selbst. W4' werden si~ ~p,äter entbe,!)rell- könnl'Jil, aber y.orläufig b,!'dürfen >vir
ihrer zur Orientierung und sind zufrieden, uns ihren Inhalt klarzulegen. WeAn
ll-ämlich ;\'1le ßleichsetzung, o,der um es vorsichtiger allszudrücken, jene En~sprechung
gilt, .~o ergib~ sich Illit der ganzen G,ewißheit eine~ logischen ~"h1usses der Satz:
Das Weltall beruht auf künstlerischen Bauprinzipien - die Kunst
auf kosmischen.
Hiemit wäre für die Naturwissenschaft und für die Ästhetik eine fundamentale
Erkenntnis von ungeheurer Tragweite und Tragfähigkeit gewonnen. Eine Erkenntnis,
die uns berechtigen würde, die Arbeitsmethoden beider Gebiete auf eine neue Basis
zu stellen und zur gegenseitigen Kontrolle zu verwerten; die ferner eine weit größere
Sicherheit als bisher für die bereits gewonnenen Resultate gewährleisten und endlich
die Richtung weisen würde, in der man neue zu suchen hätte.
4ber ist denn jene Entsprechung auch wirklich vorhanden? Und kann man
dieses Vorhandensein beweisen?
Ich gestehe gerne, daß man das nicht kann, muß aber freilich sogleich hinzu-
fügen, daß es dessen keineswegs bedarf. Abgesehen davon, daß sogar der mathematische
Beweis letzten Endes auf Voraussetzungen beruh t, die ihrerseits vielleicht unmittel-
bare Evidenz besitzen, aber nicht beweisbar sind; abgesehen ferner davon, daß die
Naturwissenschaft selbst mit größtem Nutzen unbewiesene Sätze als Grundlage
ihrer Arbeitsweise zuläßt; abgesehen von a11 dem muß man sich endlich doch damit
vertraut machen, daß der Weg zu den Wahrheiten jener Sphäre, die über der
intellektuellen steht, das ist der Weg zu den Wahrheiten der gei s t i gen Sphäre,
memals über Beweise führt, sondern stets über Erlebnisse. Das Erlebnis aber
,erwächst aus der Anschauung der Tatsachen. Diese sind es somit, mit denen wir
uns jetzt - "andächtig und treu", wie ich anfangs sagte - beschäftigen wpIlen.

Tatsachen
"Drei Mütter, zwölf Einfache, sieben Doppelte."

Die Gedanken, welche ich zuvor als in gewissem Sinne alt bezeichnet habe,
.!l:önnte man mit lIeIllselb,en Rechte auch banal nennen. Dies ist keine Tautologie.
Alt ist, was man seit langem weiß; banal, was jedermann, sei es auch erst seit heute,
,bekannt ist. '
In eine,m gewissen, hÖ,chst l\llgeIlleinen und unbestimmten Sinne also ist das
Vo.rhandensein v0l! Beziehungen zwischen Kosmos und Kunst, rr.indestens soweit
.,<s sich um die Tonkunst handelt, eine ziemlich geläufige und banale Vorstellung.
Wir denken an so1ch,e B,eziehungen, wenn wir von der "Harmonie der Sphären"
~p,l'~chen und w,ir :we,rd,en 3rn sie erinnert, .wenn wir in Goethes ~Faust" lesen:

"P,ieSoooe ,tön:t in ;>lter Wei~e


,In:a~\!derjlP.1l~~en Wettgesang."
Vielleicht empfindet es mancher als Anklang an das Gleiche, wenn das Evangelium
uns zuruft: "Im Anfang war das Wort" und so den Keimpunkt der gesamten

4S4
Schöpfung in ein akustisches Ereignis legt. Allein dieser Anklang ist sehr
leise und jene Gedanken und Erinnerungen entbehren der wiinschenswerten Bestimmt-
heit und, was das wichtigste ist: Wir lieben sie als eine poetische Idee, als eine
besonders reizvolle Blüte philosophischer Phantasie, aber _. wir gl a u ben im
Grunde genommen nicht an ihre Wahrheit. Die bloße NebeneinandersteIlung
der Begriffe Astronomie und Musik erscheint uns absurd. Sie beleidigt uns beinahe
und wir empfinden sie als eine Zumutung, die ernster Prüfung nicht standhält.
Eine solche muß nichtsdestoweniger unternommen werden und sie ergibt gleich
beim ersten Schritt Übereinstimmungen von überraschender, ja fast erschreckendtt
Eindeutigkeit, die nicht etwa Zufällig"s oder Nebensächliches betreffen, sondern
sozusagen die innere Struktur, den Gruridriß des Ganzen.
Als aufbauende Tatsache des Sonnensystems erscheint uns, wenn wir es vom:
geozentrischen Standpunkt aus betrachten, der immer wiederkehrende Kreislauf des
lahtes und dessen Einteilung in zwölf Monate. Ich könnte natürlich ebensogut von
dem Weg der Erde um die Sonne und von den zwölf Tierkreiszeichen sprechen,
an denen er vorüberführt. Die Beziehung zu den astronomischen Phänomenen wird
dann noch klarer. Jedenfalls ist dies der Rahmen mit den eingezeichneten Feldern;
Abbildung 1 Abbildung 2

!

4--~E--->

! •
Tierkreis Quintenzirkel Ziffernblatt Chromatische Skala

über deren Grenzen es niemals hinausgeht und deren Eigenheiten in allen Ereignissen
J·.s 'Weltlaufes, mögen sie untereinander auch noch so verschieden sein, als wichtigste
Komponente in stiller, aber unentrinnbarer und entscheidender Weise mitwirken.
Es ist das Gefäß, nach dessen Wandungen sich der immer aufs neue hineinströmende
Fluß der Ereignisse formen muß.
Als ein in seinen Anfang zurückmündender Zeitverlauf spiegelt sich das Jahr in
der Kreislinie symbolisch wider. Nun bildet aber die Kreislinie mit ihren zwölf
Sektoren auch das Bauschema unseres 'I'onsystems. Wenn man von irgend eineni
Ton aus in reinen Quinten aufwärts oder abwärts geht und diesen Schritt zwölfmal
wiederholt, so gelangt man bekanntlich zu einem Ton, der fast genau sieben Oktaven
vom Ausgangspunkte entfernt ist. Da jede Oktav, also auch die siebente als mIt
diesem in gewissem Sinne identisch empfunden wird, so kann man den über die
zwölf Quintenstationen führenden Weg als rückläufig ansehen, so daß er mit Recht
den Namen eines Ouintenzirkels führt.
Den in zwölf Teile zerfallenden Kreis hat also das Sonnensystem mit unserem
Tonsystem gemeinsam (Abb. 1). Wir finden ferner einerseits von dem größeren
Kreis des Jahres die kleineren Tageskreisläufe mit einer gleichfalls auf der ZwÖlfzahl
beruhenden Unterteilung umschlossen und sehen :anderseits dem Quintenzirkel

485
die sieben kleinerenOktavenzirkel eingezeichnet. Denn da auch die Oktav ein in
sich selbst Zurückkehrendes ist, so gebührt ihr gleichfalls der Kreis als darstellendes
Symbol und auch dieser Kreis weist entsprechend den zwölf chromatischen Stufen
Zwölfteilung auf (Abb. 2). Ein Blick auf das Zifferblatt der Uhr liefert hiezu die
beste Illustration und lenkt dil: Aufmerksamkeit auf die weitere Analogie zwischen
der Unterteilung jedes Zwölftels in fünf Minuten und der Zusammensetzung des
Quintenschrittes aus f ü n f Stufen.
Hier liegt nun der wertvolle Einwand nahe, daß weder der Quintenzirkel, noch
die Oktav streng genommen einem Kreis verglichen werden kann. Zwar ist die An-
näherung so groß, daß sie gestattet, auf dem wohltemperierten Klavier für die siebente
Oktav und die zwölfte Quint die gleiche Taste zu verwenden; aber immerhin, voll-
kommen ist sie nicht. Ähnlich verhält es sich bei der Oktav, deren beide Endpunkte zwar
eine weitgehende psychologische Verwandtschaft, aber doch keine Identität aufweisen.
Ich habe diesen Einwand wertvoll genannt, weil er zum Hinweis auf eine weitere
Übereinstimmung Gelegenheit gibt. In der Tat, weder der Quintenzirkel noch die
Oktav sind im strengen Sinne des Wortes rückläufig und es ist ungenau, sie mit
einem Kreise zu vergleichen. Aber verhält es sich nicht ebenso beim Kreislauf des
Jahres? Ist denn die Erde nach Vollendung eines Umlaufes um die Sonne wirklich
genau dort im Weltemaum, wo sie sich ein Jahr zuvor befand? Das ist sie eigentlich
nicht, da ja inzwischen die Sonne (und mit ihr die Erde) ein beträchtliches Stück
ihres eigenen Weges zurückgelegt hat. Analoges gilt bezüglich des Kreises, mit
welchem man die auf der Achsendrehung der Erde beruhende Tag- und Nacht-
periode zu vergleichen pflegt.
Man könnte ferner sagen, daß die Einteilung des Jahres, des Tages und der
Nacht sowie der Oktav in zwölf gleiche Teile willkürlich sei und nichts anderes
beweise, als daß alle diese Festsetzungen Relikte einer älteren Kultur seien, in der
die Zwölfzahl infolge irgend eines Zufalles die gleiche Rolle spielte, wie heute die
Zehn. Nehmen wir das einen Augenblick lang als richtig an! Dann bleibt noch
immer die Übereinstimmung in bezug auf das Kreissymbol, ja sogar in bezug
auf die unvollständige Deckung. ·Aber außerdem spricht sehr vieles gegen die
Annahme eines Zufalles. Es ist vielleicht richtig, daß der Mensch oft genug die
Welt ohne genügende äußere Anhaltspunkte nach seinem Innern formt. Aber
er selbst ist ja aus dem Stoffe der Natur geformt - vielleicht sogar nach ihrem
Spiegelbilde - und wenn er etwas aus sich selbst nimmt, dann nimmt er es auch
aus ihr. Innere Gründe sind immer auch äußere. Überdies fehlt es an letzteren
selbst im engeren Sinne des Wortes nicht so ganz. Hierher zähle ich vor allem das
eigentümliche Verhältnis der Mondbahn zur Erdbahn. Unser Trabant beschreibt
nämlich während eines Jahres einen Weg, dessen Projektion auf eine Fläche eine
zwölfmal in sich selbst zurück schwingende Linie ergibt, die sich somit in zwölf
Knotenpunkten mit sich selber schneidet.
Im übrigen muß ich nochmals erinnern, daß innere Gründe im Äußeren wurzeln
und umgekehrt. Indes will ich vorläufig die trügerische und vor der Einsicht des
tiefer Blickenden verschwindende Grenze zwischen Objektivem und Subjektivem
als wirklich bestehend annehmen, weil sich eben im Gebiet dieser scheinbaren
Grenze ein letztes Motiv für die Wahl der Zwölfzahl zu befinden scheint.
(Schluß folgt)
o 0

486
re i/'
ÜBER DIE AUFGABEN DES MODERNEN PIANISTEN
Von Eduard Steuermann, Wien
Kunst ist Sach:e des Individuums. Der Unterschied zwischen Künstler und Nicht-
künstler besteht in der Stärke des Kunstgefühls, das beim Künstler aktiv wird.
Das Verhältnis des Künstlers zum Publikum kann daher nur das der aktiven
künstlerischen Individualität zur latenten sein. Daraus ergibt sich in jedem einzelnen
Falle die Daseinsberechtigung des Künstlers. Während sich nun beim Schaffenden
das Verhältnis zur kunstempfangenden Masse von selbst reguliert - durch das
Eigenleben des Werkes - ist es beim Reproduzierenden häufig weniger klar, weil
hier die nur relative Wirkung und der Grad dieser Wirkung entscheidet, ob eine
künstlerische Tat besteht. Leicht verwirren sich hier die Maße, besonders, wenn es
wenig Persönlichkeiten von unbedihgter künstlerischer Suprematie gibt und wenn
die Beschäftigung mit dem Kunsthandwerk so allgemein wird, wie zum Beispiel
in der gegenwärtigen Zeit. Daraus folgt die allgemeine Skepsis, mit der Kunst-
darbietungen aufgenommen werden, und die wenig bewunderungswürdige Anspruchs ...
losigkeit der Künstler (wenn es sich um die Tatsache der Wirkung handelt), die so
weit geht, daß die ganze Tätigkeit eine problematische wird.
Wollte man diese Frage, die so unabweisbar ist, daß sie kaum von Einem, der
zum Leben etwas gutes Gewissen braucht, nicht gefühlt worden wäre, ergründen,
so wäre man versucht, zunächst die a 11 zug roß e Z a h I an reproduzierenden
Künstlern - die, wenn man die Lernenden mitrechnet, zugleich einen großen Teil
ihres eigenen Publikums bilden - als eine der Hauptursachen anzunehmen. Doch
ist gerade das der Angelpunkt des Problems; diese Kräfte sind nun einmal vor-
handen, sie bilden das wesentliche Charakteristikum der Zeit: es handelt sich ja
immer nur um Wirkungsgrade, - also alles in allem um Wirkungs-
möglichkeiten.
Um nun die absolute Wirkungsmöglichkeit kennen zu lernen, müssen wir uns
das Ideal ansehen, nach dem all diese Kräfte streben. Die Blütezeit des Virtuosen-
turns des 19. Jahrhunderts entspricht der Entdeckung des "romantischen Menschen";
die Sehnsucht nach der Persönlichkeit fand hier in Liszt oder Paganini ihre
Erfüllung. Das Bild des "dämonischen" Künstlers: größte Wucht der Affekte, ver-
bunden mit unbeschränkter Herrschaft über die Materie. Der Glaube an das Virtuosen-
turn - der Glaube: Geschwindigkeit ist Hexerei. Die Virtuosität verschafft allein
schon das Glücksgefühl, wie etwa beim Bewußtwerden der Möglichkeit, daß ein
Mensch die Gesetze der Schwere überwindet. - Dies wäre das äußere Bild: vorn
K ü n s tl e r aus gesehen, war diese Wirkung nur darum möglich, weil dieser
die künstlerischen Ideale sei n erZ e i t lebendig macht•• Der "dämonische" Ausdruck
des Spieles entsprach der Pathetik des damaligen Kunstempfindens, die jedes Gefühl
ins Überlebensgroße steigern wollte. Man denke nur an die Transkriptionen von
Liszt und ihr Verhältnis zum Original (ungewöhnlich ausgedehnte Einleitungen
und Schlußsätze); der "virtuose" Klang und die rauschenden Wirkungen entsprachen

487
der dafI'als angestrebten "Volltönigkeit" (auskompanierte Verstärkung d~r Obertöne).
Daraus ging die Entwicklung der Instrumente, ihrer Klangfülle und Beweglichkeit
- besonders beim Klavier - hervor. Es war der geeignete Boden für die Virtuosität
in der mechanischen Bedeutung des Wortes; da konnte es heißen: je schneller und
stärker, desto schöner (das heißt dem Geiste des Werkes entsprechender). Der Kiinstler
erfand neue Passagen und schuf damit neue Klangwerte ; was er zum Ausdruck
brachte, war neu e r Ausdruck, neu für die Zeit, neu für ihn, darum frisch und
lebendig und unbedingt in der Wirkung.
Man sollte, bei Bewertung der reproduktiven Kunst, ihr Verhältnis zur Zeit und
Umgebung besonders berücksichtigen, da ja doch für sie Gegenwart alles ist. Anderseits
bleiben die Voraussetzungen einer Wirkungsmöglichkeit zu allen Zeiten dieselben:
es gilt eben, zwischen diesen beiden Möglichkeiten den Weg zu finden, wenn mari
Irrtümer vermeiden will. Vor allem die Tatsache: die reproduzierende Kunst steckt
heute unbewußt immer noch im Ideal des Virtuosentypus des 19. Jahrhunderts, weil
dieser scheinbar die größte Wirkungsmöglichkeit gibt. Es handelt sich nun darum,
welche von den Hauptmerkmalen dieses Kunsttypus für unsere Zeit noch gelten
und welche sich verändert haben müssen; zunächst: ist die Gegenwart, ihre
ideelle Einstellung für das Gedeihen der solistischenKunst ebenso
geeignet? Man wäre versucht, diese Frage negativ zu beantworten, wenn man
an die unbeschränkte Vorherrschaft der Orchestermusik in der nachwagnerischen
Zeit denkt, der höchstens die Pflege der Kammermusik der Brahmsschule entgegen,
gestellt werden kann; und an die relativ geringe Ausbeute an bedeutender Klavier,
musik,welcher überdies der konzertante Charakter vollkommen abhanden gekommen zu
sein scheint. Doch hieße es voreilig urteilen, wenn man daraus auf den Niedergang
der solistischen Kunst schließen wollte. Diese entspricht einem ganz bestimmten
Ausdrucksbedürfnis und ihr künstlerischer Gewinn ist auf andere Weise nicht
hereinzubringen. Sie hat daher einen Eigenwert und kann durch Mode nicht ver,
drängt werden. Ihre wichtigsten Vorzüge: größte Beweglichkeit des Ausdrucks und
Zuverlässigkeit in der Wiedergabe des seelischen Affektmomentes, müssen auch
heute ihre Bedeutung behalten haben. Also könnte sich nur unsere Einstellung auf
die Ausdrucks art, nicht auf das Wesen der solistischen Kunst verändert haben.
Das Bild des "dämonischen" Virtuosen ist verblaßt, seine technischen Künste ver ...
blüffen uns wenig, da wir sie schon so oft bestaunt haben; die übergroße Pathetik
rührt uns nicht mehr, denn sie ist nicht die Sprache unserer Zeit; der Glaube an
das Wunder ist vorbei- wir wissen ja, wie es gemacht wird. Daher der Skeptizismus
einerseits, die Überzeugungslosi'gkeit anderseits, daher die lähmende Atmosphäre,
welche "technische Tüchtigkeit" und "Musikalität" fördert, das ist: Sport und Senti,
mentalität. Das Wichtigste scheint verloren gegangen zu sein: der Anschluß an die
leb end eMu s i k der Z e i t. Man bedenke: hätten Liszt oder Chopin ihre hinreißende
Wirkung ausgeübt, wenn sie, wie wir es heute in Hülle und Fülle haben, Rameau
oder Scarlatti . . Spezialisten gewesen wären. Wir haben heute lauter Brahms . . oder
Chopin,SpeziaIisten und leider oft unbewußte, die alles, was sie spielen, zu Brahms
oder Chopin machen. Der besondere Anstrich, den sich einige der jüngeren Klavier,
spieler geben, weil sie Debussy oder Scriabine spielen, beweist, wie verkehrt das
Verhältnis zur modernen Musik aufgefaßt wird. Es gibt aber für den modernen
Künstler nur moderne Musikt'Es wird eben nur dann Musik; wenn es moderne
Musik wird. Dazu ist er doch da, der reproduzierende Künstler, der Spiegel, drahtlose

488
Leitung, verstärkendes Mikrophon, Stromumschalter - um den Kontakt zwischen
der Ewigkeit und dem lebenden Augenblick herzustellen. Jede Musik, die aus dem
Herzen kommt, ist moderne Musik. Man muß nur horchen, was die Zeit, was die
Großen der Zeit sprechen, wie die Vergangenheit in der Gegenwart klingt, und
darf nicht vergessen, daß, wer nichts Neu e s sagt, Nie h t s sagt. Und es wäre gerade
für den Solisten ein dankbares Feld, den musikalischen Idealen der Zeit nachzu-
streben. Die Lebhaftigkeit und Veränderlichkeit des Ausdrucks, die größere Einfach-
heit und Ungebundenheit der musikalischen Rede, der neue (dünnere) Klang (ich
denke an Schönberg) -' das alles müßte doch im Vortragsstil des Solisten zu spüren
sein, müßte die Entwicklung mitmachen und die Möglichkeiten des Instrumentes be-
fruchten. Ebenso wie die innere Wandlung des Künstlers, der uns nicht mehr ideale
Glücksmöglichkeiten vortäuschen, sondern die Wirklichkeit künstlel'isch sehen lehren
will, gerade in der musikalischen Lyrik eindringlich zur Wirkung gebracht werden
könnte.
Anders ist die Einstellung zum Instrument, anders die Art der Virtuosität
geworden. Wir glauben nicht mehr so leicht an Wunder, wollen uns nicht blenden
lassen; was wir fühlen, ist das Organische der Kunstleistung, die Angemessenbeit
des Klanges, wir verlangen nach einer Körperlichkeit der Kunst, die ihr Eigenleben
benützt, um neue geistige Werte zu finden. - Das Klavier, das durch technische
Vervollkommnungen zum Reich der unbeschränkten Möglichkeiten und darum
charakterlos geworden ist (es hat einen Ton von ganz undefinierbarer Dauer, es
gilt als .neutrale" Farbe und hat alle Nachteile der Lagenunterschiede in der
Dynamik, ohne Ausdrucksdifferenzen dafür zu gewinnen), möchten wir zu einem
dem Material entsprechenden Klang bringen. Und wer Bus 0 n i gehört hat, wird
diese Welt von neuen Klängen nicht vergessen.
Verändert hat sich schließlich die Stellung des reproduzierenden Künstlers
zur Öffentlichkeit. Mit dem .dämonischen Zauber" hat sich die Ausnahms
stellung in der Gesellschaft gewandelt. Kunst ist viel zu sehr verbreitet, die Zahl
der Ausführenden zu groß. (Dabei kommt es nicht auf persönliche Bedeutung an
- man bedenke, wie eine Persönlichkeit wie Paganini heute wirken würde.) Das
Wirkungsfeld für den Einzelnen ist kleiner geworden. Es fehlt die große Plattform,
von welcher aus der Künstler zu reden gewohnt war. Hier zeigt sich das Miß-
verständnis und Mißverhältnis, das jeder unfreiwillig mitmachen muß. Der Künstler
ist durch "Traditionu und "Nimbus u seines Berufes unwillkürlich gezwungen, so
aufzutreten, als ob er die Welt erobern müßte (er soll es ja, aber rein geistig) -
dabei fällt es ihm heute oft schwer, den Kreis seiner nächsten Freunde zu überzeugen.
Das interna tionale W el tpubl ikum ist es, das jedes Konzert zu einer Prüfung
oder zu einem abgekarteten Gesellschaftsspiel macht. Davor verschwindet leicht die
künstlerische Eigenart; was sich behauptet, ist die rohe Manier. Laßt den Künstler
vor einer kleineren Zuhörerschaft, die sich weniger willkürlich verändert, auftreten,
so wird seine Überzeugungskraft wachsen - und damit der Glaube der Zuhörer, ohne
den keine Kunst zustande kommt. Die Verständigungsmöglichkeiten werden größer
werden, in einer reineren Beziehung wird der Eifer um die persönliche Wirkung
einem anderen Platz machen: dem um die künstlerische Sache.
Kunst ist des Künstlers Alltag; und nur für den Alltag können Theorien eine
Geltung haben. Ein Einziger, auf den es ja ankommt, wirft sie über den Haufen.

489
Doch ist es von Nutzen, in einem Beruf, der den individuellen Trieb naturgemäß
aufstachelt, sich auf die Bewegung, zu der man gehört, zu besinnen. Der Einzelne
kann sich dann selbst leichter finden und es geht ihm doch nichts verloren: er
st keine Ausnahme, und lebt doch sein eigenes Leben.
o 0

M u s I K H o C H s C H u L
Von Franz Schreker, Berlin
Vor mir eine Fülle von Zuschriften, Zeitungsartikeln, Anträgen aller Art: Neue
Lehrmethoden, neue Notensysteme, neue Instrumente, neue, nein, neueste Musik,
so neu, daß sie sich bedenklich urältester annähert; bedeutende, verkannte Lehr. .
kräfte, die irgendwo seit dreißig Jahren des großen Rufes harren, Warnungen,
Drohungen, Ratschläge - mir schwindelt der Kopf! Wollte ich ein Zehntel von all
dem verwirklichen - statt einer Musikhochschule hätte ich gar bald ein Narrenhaus.
Und hinter a11 dem, verstohlen, unve1'blümt, in flötendem Piano, in kräftigstem
Fortissimo die große Frage: Mensch, was hast du vor? Enthülle dich! Bekenne
Farbe! Dein Programm! Reformiere! Hüte dich davor - alles Heil ruht in der
Vergangenheit! Gestalte, zerschlage .. jag alIes zum Teufel! Gut, gut - aber, man
bedenke - ich bin erdgeboren. Ich bin wohl Künstler, also Phantast in höherem
Sinne, aber - ich habe zwei Füße und wandle auf festem Boden. Ich kann gehen,
laufen - aber fliegen - dazu bedarf ich der großen Maschine. Und ich kenne
ihr Räderwerk nicht, no ch nicht. Man lasse mir Zeit, ein Jahr - ein kleines Jahr!
Auszutauschen, was verbraucht, zU ölen, was erstarrt oder - auch dies kann in
einiger Ferne sein - sich heißge1aufen haben wird.
Und dann - wohin geht der Flug? Nun ja - darauf weiß ich Antwort: Zur
Jugend in des Wortes weitester, umfassendster Bedeutung. Um derentwillen bin
ich, sind wir, denen die Zukunft, die Entwicklung der Kunst am Herzen liegt und
anvertraut ist, da. Alles andere ist Mittel zum Zweck, Arbeit im Dienste der Idee.
Das eigene Ich, selbstische Interessen haben sich unterzuordnen. Und ich weiß, was
Jugend will und was sie braucht: Verstehende Liebe, gepaart mit Strenge, Führung
und Freiheit. Man bedenke: Der junge Mensch kommt als "Zeitgenosse" zur Welt.
Was uns fremd erschien vor zwanzig Jahren - ihm ist es ein Selbstverständliches.
Was uns vielleicht Bedenken, Angst einflößte - er steht davor mit leuchtenden
Augen. Und nun kommt die Schule - und sie fragen: Wir wollen - wir können -
wir sind voll Sehnsucht. Du beschwerst uns mit Regeln, mit Formeln - wozu:
Dies alles gilt nicht mehr. - Da heißt es überreden, begreiflich machen: Auch ihr
könnt nicht fliegen. Unsere Kunst ist einen weiten Weg gegangen durch all die
Jahrhunderte. Ihr sollt ihn in wenigen Jahren durchschreiten. Ihr erlernt eine Sprache,
ein Ausdrucksmittel, ein Handwerk, eine Technik. Geduld! Die Freiheit, nach der
ihr strebt, will errungen, erkämpft sein. Und dann - die nalten Meister"! Aus
vergilbten, abgegriffenen Bänden, aus denen Modergeruch aufsteigt - wie leicht
entschlüpft dem "Jungen" das voreilige Wort: Antiquiert - veraltet! Und man
sagt den Jüngern in den meisten Fällen: Hier habt ihr ein Vollendetes. Dies ist
.;. Mit Bewilligung der Redaktion dea: ..Berliner Tageblatt"', in dem der Artikel im Mai 1920
erschien.

490
Gesetz! Vier Takte hier und vier Takte dort, und diese Beziehung und jene, und
so ist es und nicht anders. Und sie heucheln Respekt und langweilen sich grenzen-
los. Man gebe ihnen aber neue, schön modern gestochene Ausgaben und sage ihnen:
Der das geschaffen, war einst ein junger und heißer Mensch wie ihr. Er war im
Vollbesitz seiner Technik aber sie war ihm nicht das Wesentliche. Er kannte alle
Regeln der Kunst seiner Zeit, aber nur, um sie zu übertreten. Er beherrschte die
Form, aber er erweiterte sie oder füllte sie mit neuem Inhalt. Er war ein Revolutionär
wie jeder große Schaffende vor und nach ihm. Da und dort seht ihr bereits die
Keime künftiger Entwicklung. Was euch sein Werk teuer machen wird? Nicht
die Form, nicht die Meisterschaft in der Anwendung technischer Mitte1- das innere
Erleben, aus dem heraus es geboren wurde, das mit feurigen Zungen zu euch spricht.
Hier habt ihr euer eigenes Selbst, hier findet ihr eure eigenen Schmerzen, euer
Sehnen, Leid und Glück. Und wenn ihr das Werk wiedergebt, so füllt es mit eurer
eigenen, warmen Empfindung, mit dem Geiste, der Seele eurer Zeit und ihr werdet
dem Kunstwerk und seinem Schöpfer besser, aufrichtiger dienen, als mit der beliebten,
"stilvollen" historischen Wiedergabe, die gewöhnlich nur ein Deckmantel ist für den
Mangel individueller, also künstlerischer Gestaltungskraft. Kunst ist: vergeistigte
Natur, Wirklichkeit ins Visionäre gesteigert.
Bedarf es nach solchem Glaubensbekenntnis einer künstlerischen Weltanschauung
noch der Betonung, daß die Tore einer musikalischen Hochschule weit offenstehen
sollen allem wertvollen Neuen? Was aber ist wertvoll? Sicherlich nicht das, was
sich in Nachahmung gefällt vergangener Epochen, vergangener Stile; sicherlich nicht
das, was in allzukühner Experimentierlust alle Schranken übersteigt, die ewige,
ungeschriebene Schönheitsgesetze jedweder Kunstgattung gezogen haben. Ich kenne
keine "RichtunglI, Was mich überwältigt, tiefe, zwingende Eindrücke in mir zurück·
läßt, empfinde ich als "schön", künstlerisch wertvoll. Die subjektive Anschauung
eines einzelnen kann aber für eine Schule nicht maßgebend sein. Für eine Schule
gilt das, was sich allgemach, mit oder ohne Kampf, "durchgesetzt"', die Allgemeinheit,
die Welt erobert hat. Es geht nicht an, bei Brahms Halt zu machen und sich VOr
Richard Strauß, Mahler oder gar noch vor Wagner (ich habe es erlebt!) zU bekreuzigen.
Reger ist eines der wichtigsten und be:wnders in seiner Bedeutung für die Schule
noch viel zu wenig gewürdigten Kapitel, und auch an Schönberg (man verzeihe!)
können wir nicht gleichgültig vorübergehen. Der Instrumentallehrer ist in dieser
Hinsicht bereits zu einem viel aufgeklärterell~ liberaleren Standpunkt gelangt als
gerade der Theoretiker. Er konnte, er durfte (schall aus praktischen Gründen) die
Bereicherung, die Ausgestaltung der Technik, die jedes Instrument durch die
Werke der genap.nten Meister im Laufe der letzten Jahrzehnte erfahren hat,
nicht übersehen.
In allen Orchestern werden sie gespielt, und es ist bezeichnend und erfreulich, daß
mich schon vor Jahren ein Wiener Akademielehrel' für Kontrabaß um meinen Rat
bezüglich der Notierung der Ganztonskala befragt hat, die er in einem Unterrichts-
werk für sein Instrument nicht missen wollte. Ein Programm? Nur Selbst...
verständliches, wie ich es empfinde. Und doch ist dieses S e1bstve1'ständliche noch
nicht Gemeingut aller unserer Musikschulen geworden. Harmonielehre zum Beispiel
(ich habe es als "Prüfender" oft erlebt und beobachtet) I eh1't man tatsächlich nach
Methoden, die vor etwa hundert Jahren schon veraltet waren. Man denke doch an
S. Bachs unerhörte harmonische Kühnheit und ihre Auswirkung auf das gesamte

491
kompositorische Schaffen bis auf den heutigen Tag. Aber das ist unbequem; man
geht allzu gern mit Scheuklappen durch die Welt und durch die Zeit.
Lehrkräfte für eine musikalische Hochschule, die ihren Namen mit Recht führen
will, zu gewinnen, ist nicht leicht. Es kommen nur Künstler von hohem, höchstem
Range in Betracht. Und wenn eS sich um die erste deutsche, die Berliner Musik-
hochschule handelt, müßten es eigentlich Künstler von internationalem Ruf sein.
Diese aber sind nicht immer geneigt, einen großen Teil ihrer Zeit pädagogischer
Tätigkeit zu widmen. Manche haben nicht die Lust, andere nicht die Begabung
hierzu. Der geborene "Lehrer" t jener aus innerer Berufung, der nicht so sehr als
schaffender oder reproduzierender Künstler hervortritt, vielmehr seine ganze Kraft
und Zeit aus wirklicher Liebe zum Lehrberuf' diesem widmet, ist rar. Nach ihm
wäre mit beiden Händen zu greifen. In allen anderen Fällen müßte ein Ausweg
gefunden werden, der dem lehrenden Künstler Recht und Zeit zu freier, persönlicher
Ausübung seiner Kunst, seines Schaffens wahrt, dem Kunstjünger aber die Möglich-
keit zu rastlosem, ununterbrochenem Fortschreiten und gedeihlicher Entwicklung
bietet. Da halte ich nun den Unterricht in continuo, wenn auch eine relativ geringe
Zeitspanne umfassend, für glücklicher, als jene gelegentlichen Gastspiele konzertierender
Künstler an den von ihnen geleiteten Schulen, die, beherrscht von Unlustgefühlen,
begreiflicher Ermüdung (das Reisen ist besonders heutzutage kein Vergnügen),
Nervosität und Hast, bei beiden Teilen, Lehrendem und Lernendem, das nicht
aufkommen lassen, was mir für den hohen Kunstunterricht, der schon einer Art
freier Kunstübung angenähert sein soll, unerläßlich erscheint: Konzentration, Freude,
ja eine Art Glücksgefühl, hervorgerufen durch den Verkehr, den Gedankenaustausch
der reifen Kraft mit der werdenden, ringenden, sich messen wollenden, Begeisterung
für das beiden Teilen vorschwebende Ziel des Kunstideals, mit einem Wort -
Stimmung. Wie läßt sich nun dies alles erzielen, vereinen, lösen? Ich schlage etwas
vor, was meines Wissens an den Musikhochschulen nicht, an anderen Kunstschulen
und selbstverständlich an den wissenschaftlichen Universitäten üblich ist: der
Studierende erachte sich nicht an einen Meister gebunden. Er bleibe in der Hoch-
schule in stetem Verkehr mit seiner Kunst, unabhängig (etwa semesterweise) von
der Person des Vortragenden. Ja, ich gehe so weit, den Schwesterinstituten in Leipzig,
München und Wien, der im Entstehen begriffenen Dresdener Hochschule, den
Schüleraustausch vorzuschlagen. Dies erschiene bedenklich, insolange es sich um
die rein technischen Probleme handelt. Da gibt es zahllose Methoden, die sich leicht
gegenseitig in die Haare geraten, ins Gehege kommen könnten. An einer Hochschule
handelt es sich aber (es sollte wenigstens so sein) letzten Endes um das Geistige,
Gefühlsmäßige der Kunst. Da erscheint es mir nur von Vorteil, wenn der Studierende
nicht auf die Art, die Manier eines Meisters festgelegt wird. Das führt leicht zu
allzu großer Abhängigkeit, zur Nachahmung, ja - in vielen Fällen - zur Nach-
äfferei. Die Individualität des Werdenden vermag sich freier, ungehemmter zu ent-
wickeln, wenn sie, nicht im Bann einer Eigenart stehend, verschiedene, oft einander
entgegengesetzte Individualitäten beobachtend, prüfend, vergleichend, auf sich wirken
lassen wird.
An die Möglichkeit internationalen Tausches der künstlerischen Kräfte (es kämen
auch Lehrer in Betracht), starker Begabungen wage ich vorläufig nicht zu denken.
Noch ist alles verfahren; das Schlagwort von nnationaler Kunst" mächtiger in den
Völ1cern als vor dem Kriege. Aber ich lasse mir die Hoffnung nich trauben: In der·

492
Jugend schlummern (den Jüngsten noch unbewußt) freiere, edlere Gefühle. Nicht
spurlos kann diese furchtbare Zeit an dem Empfindungsleben, an der Psyche der
Menschheit vorübergegangen sein. Die nach uns kommen, werden bereits die Brücke
schauen, die uns dem leuchtenden Ziel zuführt, ohne das ich mir das Blühen, den
Aufschwung wahrer Kunst nicht denken kann: All, und alles umfassende Liebe.
Kunst ward geboren aus Natur, entflammt durch deren Schönheit - und ist die
Menschheit nicht deren herrlichster Teil? In diesem Gedanken sollen, müssen wir
unsere Jugend erziehen. Mit Haß im Herzen läßt sich nicht musizieren. Die Tore
der Hochschule sollen weit offen stehen, allem, was zu uns kommen will und
begabt und begeisterungsfähig ist. Haben wir Befruchtung in dem Sinne zu scheuen,
daß die starke, gesunde Art unserer Kunst darunter leiden könnte? Waren wir
nicht stets die Gebenden? Wir wollen eS weiter bleiben und in die Herzen der
Jugend aller Völker einen Samenkorn säen, aus dem dereinst ein mächtiger, blühender
Baum aufsprießt, in dessen Schatten sich alle finden können: Völkerversöhnung
durch die Kunst, letztes Vermächtnis des Größten der Großen, Beethovens-
"Seid um",hlungen, Millionen - -I"
c c

EINIGES ÜBER DIE ÄSTHETISCHEN


UND K Ü N S T L E R I S C H E N VOR A U S-
SETZUNGEN DER LEHRMETHODE
PRANZ SCHREKERS
Von Alexander L i p p a y , Frankfurt a. M.
Schluß
Aus d r u c k verlangte Schreker vom Schüler schon für seine allerersten Kom'
positionsversuche. Hierin war er - wahrscheinlich infoIge seiner eigenen bitteren
Erfahrungen, die ihm später alles Formelhafte, Nachempfundene so verhaßt werden
ließen - radikal und unerbittlich. Und er besaß einen wunderbar feinen Spürsinn,
der ihn befähigte, augenblicklich das wirklich Erlebte, Persönliche - mochte es sich
zunächst naturgemäß noch innerhalb der Grenzen his tor i s ehe r Stil, und Aus-
drucksmittel halten - vom bloß intellektuell Erarbeiteten, Nachgeahmten zu scheiden,
auch wenn sich dieses äußerlich in scheinbar noch so modernem Gewande präsen..
tierte. Von vorbildlicher Objektivität, predigte er nicht das Alleinseligmachen be-
stimmter Ausdrucksmittel oder gar der seinen. Gerade von den Hemmungen starrer
Dogmen wollte er den Schüler befreien und ihm dazu verhelfen, so bald als möglich
sie h s e1 b s t zu finden. Auf seine eigenen Werke wies er als Lehrender nur in
den seltensten Fällen hin, ja, da er sich der individuellen und persönlichen Voraus,
setzungen ihrer Ausdrucksmittel nur zu sehr bewußt war, bezeichnete er sie geradezu
als "süßes Gift tür den Anfanget".
Es würde uns weit über die gegebenen Grenzen dieser Abhandlung hinausführen,
wollten wir nunmehr die persönliche Stellungnahme Schrekers zu den vielfachen
kompositionstechnischen Gestaltungs' und Ausdrucksmitteln festzulegen versuchen,
wie sie seinen Schülern im Laufe vieler Jahre, und bei der großen Reihe verschieden..
artigster Werke, die unter seiner Anleitung entstanden, klar werden konnten. Wir

493
wollen uns vielmehr bloß mit der Betrachtung eines Momentes begnügen, das aller-
dings in seiner formal .. ästhetischen Gesam tanschauung eine große Rolle spielt und
für sein Schaffen selbst, wie das der Moderne überhaupt, von außerordentlicher
Wichtigkeit ist: das der konstruktiven Bedeutung der harmonisch-
modulatorischen Vorgänge.
Wenn wir da - in kurzem historischen Rückblicke - zunächst bei den Werken
Joh. Seb. Bachs verweilen, erkennen wir, daß in ihnen auf linear kontrapunktischer
Grundlage die vollendetste Synthese gleichwertigen melodischen und harmonischen
Seins in Erscheinung tritt. Zwar hat man allerdings gerade in jüngster Zeit bei
Bach die Prävalenz des Melodischen gegenüber dem Harmonischen - in Wirklich-
keit hat keine spätere Epoche mehr eine gleich restlose Verschmelzung dieser bei den
formbildenden Faktoren aufzuweisen - feststellen zu können geglaubt. Wer aber
einmal - in zunächst rein vertikaler Betrachtungoweise - das Schaffen Bachs auf
die Intensität und Energie der darin sich auswirkenden harmonisch. . .modulatorischen
Entwicklung hin ernstlich geprüft hat, dem muß die Einseitigkeit einer Auffassung
einleuchten, welche diese als mehr sekundäres Akzidens der melodischen Spann-
und Schwungkräfte, des kontrapunktischen Stimmgeflechtes, ja sogar als ein Zufalls-
produkt erlelärt. Man kann sagen, daß mit Bachs Schaffen die melodischen und
harmonisch .. modulatorischen Möglichkeiten der tonal organisierten Diatonik -
wenigstens im kontrapunktischen Stil - so gut wie erschöpft waren.
Einen neuen Entwicklungsantrieb gewann die lVlusik durch das Stilprinzip, welches
in den Tonschöpfungen der \Viener Klassiker und ihrer klassizistisch romantischen
Gefolgschaft zu so reicher Entfaltung gelangte. Es wurzelt im Harmonischen~ ja seiner
absoluten Prävalenz und - selbst in seinem individuellsten, charakteristischesten und
wandlungsfähigsten Formtypus, dem Sonatensatze - in der Iiedförmigen, strophisch
und periodisch gegliederten Kadenz mit ihrer stereotypen Umkreisung der Tonika
und Dominante. Aber gerade in dieser Bindung (an die liedhafte Kadenz) liegt
etwas Beschränkendes, das zunächst auch ein e Ver m i n der u n g der h arm 0 n i ...
s ehe n Gestaltungsmöglichkeiten gegenübe r denen der kontrapunktischen Hoch-
biütezeit brachte. Auf Kosten der gleichmäßig individualisierten Durchbildung aller
Stimmen. tritt durch die thematische und motivische Arbeit auf harmonisch homo-
phoner Grundlage eine ornamentale und figurative Bereicherung des melodischen
Lebens ein e r Hau p t s tim m e (meist der Oberstimme) ein, die so neue Aus-
drucksfähigkeit und bildnerische Impulse gewinnt.
Eine Weiterentwicklung auf diesem Wege, wie sie vor allem von den
Romantikern erstrebt wurde, ermöglichte die immer subtilere, gewähltere und mannig-
faltigere Ausgestaltung der Kadenz und harmonisch-modulatorischen Anlage, wobei
insbesondere die zunehmende Erkenntnis der Differenzierungsmöglichkeiten des
C h rom a s als fördernder Faktor mitwirkte. Die Liedformen erhalten so durch
Chopin und Schumann kaum noch zu überbietende Feinheit und Reichhaltigkeit
ihrer Gliederung.
Zu gewaltigster Spannungssteigerung der latenten Tonalitätskraft und mächtigster
Auswirkung der modulatorisehen Bewegungsenergien führt die schrankenlose Aus-
beutung der Chromatik im Tri s t a n Wagners; Init ihm eröffnen sich für die
Moderne ungeahnte Perspektiven. Aus diesen heraus betrachtet gewinnen heute für
uns die barocken Schöpfungen M a x Re ger s nicht nur deshalb so erhöhtes Inter-
esse~ weil sie - mit ihrem wertvollsten Teile - den gelungenen Versuch der
Wiederbelebung alter kontrapunktischer Formen darstellen, sondern vor allem wegen
des sich in ihnen vollziehenden großartigen Aus g I ei c h s pro z e s ses (innerhalb der
Grenzen ch rom a t i s ch er Organisierungsmöglichkeiten verlaufenden) melodischen
und harmonischen Kräftespiels.
Es erübrigt sich jetzt noch die Feststellung zweier Richtungen, deren Tendenzen
für die Zukunft von ausschlaggebender Bedeutung zu sein scheinen.
In den Werken der einen - ihre Linie geht von mehreren markanten Fugen..
sätzen der letzten Stilperiode Beethovens aus, streift das Schaffens Brahms' und
Wagners, durchschneidet das Max Reg~rs und Gustav Mahlers und erreicht in der
Kammermusik A r ri 0 I d S c h ö n b erg s ihren vorläufigen Kulminationspunkt -
tritt das Bestreben offenkundig zu Tage, auch innerhalb der neueren Instrumental-
formen und ihrer spezifischen Thematik eine an Tragfähigkeit und Schwungkraft
derjenigen der Hochblütezeit kontrapunktischer Kunst gleichwertige li n e are Pol y_
p h 0 nie auszubilden. Die der andern, welcher auch Sc h r e k e r angehörtt erweisen
jedoch gerade die unermeßlichen weiteren Gestaltungs- und Formungsmöglichkeiten
des h ar mo nis ehe n S ti I prinz i p s. Freilich, die periodische Symmetrie
hat zunächst ihre tragende und formende Lebenskraft für unser Empfinden ver-
braucht, das vielmehr zu der (linearer .Polyphonie wesenseigenen) Freiheit und Un-
gebundenheit, zum Verfließenden und ins Ungemessene Strebenden ihrer Bewegungs-
züge hinneigt.
Fraglich bleibt es auf jeden Fall, ob diese Strömungen zu immer schärferer
Sonderung und Ausprägung selbständiger, lebensvoller Kunststile, an Vielfältigkeit
ihrer Erscheinungsformen und Variabilität ihrer Gestaltungsmöglichkeiten denen der
vergangenen Epochen vergleichbar, führen werden. Aber gerade bei Annahme endlich
eintretender Scheidung (ausgeprägter Zukunftsstile) wäre die Tatsache zu beachten,
daß dann in den Entwiclclungsprozeß eines jeden von beiden eben die Fortwirkung
der stilistischen G e sam t e r run gen s c h a f t e n bei der vergangenen großen
Kunstepochen hereingespielt haben müßte. Schon im gegenwärtigen Stadium er ...
scheinen die Hauptzüge der gekennzeichneten Richtungen mit ihren Stile1ementen
gegenseitig durchsetzt: die neue Melodik und Polyphonie gedeiht in der Atmosphäre
der während der klassischen und romantischen Epoche zu so hoher Differenzierung
gelangten Harmonik, und auf das harmonische Stilprinzip wirkt die von regelmäßiger
Periodik und stereotyper Gruppierung freie Struktur-Eigenart der kontrapunktischen
Schreibweise modifizierend.
Trotz aller so hoffnungsvollen, bestimmten und energischen Emanzipierungs...
bestrebungen hat aber bis jetzt das ha r mon i s ehe Empfinden noch das Übergewicht.
Der suchenden Generation erschlossen sich eben gerade durch den überraschenden
Entwicklungsgang, den die Harmonik während der letzten Jahrzehnte nahm, die
seltsamsten und verlockendsten Aspekte. Die praktische Auseinandersetzung mit
den vielfach noch neuartigen Ton a I i t ä t s pro b I e m e n bildet eines der aller-
nächsten, deutlich hervortretenden Bedürfnisse. Die immer rastloser moduHerenqe,
dichtere und auf engeren Spielraum konzentrierte Häufung vieldeutiger vagierender
und chromatisch-alterierter Akkordbildungen mußte allmählich zur Höchstspannung,
.Überhitzung" der latenten Akkordenergie und damit zur Zersetzung, Zerreißung
der Tonalität führen. Daß solchen harmonischen Vorgängen eine mächtige mo t or ische
Energie innewohnt, verspüren wir aus der Wirkung der Werke Maz Regers t
Fr e der i c k DeI i u s' und Fra n z S ehr e k e r s auf uns.

495
Die Radikalsten unter den Jüngsten, an ihrer Spitze Ar n 0 I d Sc h ö n b erg,
streben in weiterer Konsequenz zur bewußten völligen Dur c h b r e c h u n g der
Tonalität. Wird dieser in seinem Endziele noch nicht klar erfaßbare Organisierungs-
prozeß allgemeinem Gefühle und Empfinden zur Selbstverständlichkeit und Natür-
lichkeit eines lebensfähigen, neuwertigen Ton- und K I a n g - Ver bin dun g s-
s y s t e m s reifen? Wer vermöchte dies schon heute zu beantworten? Hier haben
die Komponisten das Wort und wird die Zukunft entscheiden.
In unserer von Reflexion und Skeptizismus zerwühlten Zeit bildet der unver-
wüstliche künstlerische Optimismus,der in zukunftsahnendem Erkennen rastlos
vorwärtsstürmende Arbeitsdrang Franz Schrekers eine auffällige Erscheinung; ihre
Beobachtung zwingt zu Innehalten und Besinnung auf Probleme, zu deren Aufrollen
nicht nur das Werk, sondern die ganze geistige und ethische Persönlichkeit Anstoß
gibt. Selbst der schwärzeste Pessimist wird wohl geneigt sein, aus so gewichtigen
Symptomen einer bejahenden, einzig auf tatkräftiges Wirken gerichteten Lebens-
auffassung den Schluß abzuleiten, daß auch der Kunst einer untergehenden, ver'
sinkenden Kultur, wie der unsrigen, noch große Aufgaben harren müssen, ja, daß
sie gerade da für ein zum Bewußtsein seines Schicksals, seiner Bestimmung erwachtes
Geschlecht zu vertiefter Bedeutung, sehnsuchtsvollerem Bedürfnis gelangen und
so erneutem, vielleicht letztem, Aufschwunge zutreiben könnte.
Von seiner Glaubenskraft, seiner Zuversicht hat Schreker schon vielen mitgeteilt;
vielen durch sein Beispiel für ihr eigenes Werden entscheidende Wegrichtung vor-
gezeichnet. Der ethische Grundzug im Charakter eines Künstlers, der zum Typus
der Kämpfenden zählt (die sich selbst aus geistiger Nacht zum Lichte der Erkenntnis,
zur Höhe reifer Meisterschaft durchgerungen haben, die nie aufhören, den Sieg zähen
Ausharrens, nimmer erlahmenden Strebens über die Tücke und Widerspenstigkeit
der Materie, den Haß und die Mißgunst der Widersacher und Neider zu predigen)
wirkt vor b i I d 1i c h und prädestiniert zu gei s t i ger F ü h r e r s c h a f t inner'
halb einer Schule; Schnle in des Wortes ed<!!ster Bedeutung, als einer Gemeinschaft
Erkennender, geeinigt im gleichgerichteten Glauben und Willen zur künstleri-
schen Tat.
n n

ZUR URAUFFÜHRUNG VON MAHLERS


S E e H S T E R SY M P H O N I E
Von Klaus Pringsheim, Berlin-Halensee
Tonkünstlerfest in Essen, UrauffÜhrung der sechsten Symphonie - so oft ich
mich an die Tage erinnere, die ich nie vergessen werde, fällt mir wie zufällig ein
Wort Mahlers ein - nein, nicht eigentlich ein 11 Wort", noch weniger ein "Ausspruch";
etwas, an sich durchaus bedeutungslos, was er in einem bestimmten Augenblick,
in einer bestimmten Situation gesagt hat ... es war, als er den letzten Satz probierte:
ein Dröhnen von Posaunen und Trompeten, Holzbläser in den höchsten Lagen,
Paukenkanonaden, Becken' und Trommelschläge, die wie Blitz und Donner drein'
fuhren - ein tönendes Chaos in dem leeren Saal - ohrenbetäubend, daß die paar
Zuhörer, die unten saßen, staunend, ungläubig lächelnd, kopfschüttelnd, bald in die
kleine Partitur, die jeder vor sich hatte, bald nach dem Dirigenten starrten, dem es

496
noch immer nicht genug schien, der das Orchester zu immer größerer Kraftentfaltung
antrieb, mit jener unbeschreiblichen Geste, deren befehlende Gewalt grenzenlos war.
Da endlich klopft Mahler ab. Nun also, jetzt wird er abdämpfen. Aber nein, er
fordert die Trompeten auf: "Können Sie das nicht stärker blasen?!" Hat man recht
gehört? Doch noch einige Male unterbricht er, wendet sich bald der, bald jener
Gruppe zu: .Können Sie das nicht stärker blasen?!" Und das Wunder geschieht,
daß die chaotischen Tonmassen sich sinnvoll ordnen, in den Wogen Gipfel sich
bilden, er baut, türmt Gipfel auf Gipfel und so ersteht, überwältigend, riesenhaft
groß, in Massen, die Mahler nie zuvor und in Wahrheit nie wieder gewagt hat, der
letzte Satz.
Nach der Probe sagte Richard Strauß in seiner selbstverständlich-legeren Art,
der Satz sei nüberinstrumentiert" - der Strauß der "Salome" . . Partitur. (Es war ein
großes Jahr deutscher Musik, das uns .Salorne" und Mahlers Sechste brachte.) Über-
instrumentiert? Das Wort gab Mahler viel zu denken. (Weil Strauß es gesprochen
hatte.) Er kam oft darauf zurück, sprach viel über sein Verhältnis zu Strauß -
er sprach, wie immer, einfach, rührend. . menschlich, und alle lauschten ihm wie
einem Weisen; denn Mahler lehrte, wie Sokrates gelehrt hat: gab in Ge-
sprächen, ohne die Geste des Gebenden, unendlich viel - er sprach damals
nicht von sich, sondern von dem andern, den er nie verkannt hat, fragte ohne
Neid, ohne Bitterkeit, fast demutvoll'ergeben, woran es wohl liege, daß jenem alles
so leicht, ihm so schwer würde; und man fühlte den ewigen Gegensatz der Sieg-
haft-Blonden und der Dunklen, Schicksalbeladenen. Jemand hielt den Augenblick
für gekommen, höflich opponierend ihm von seiner "meisterhaft sicheren Instru.-
mentation" zu reden. Sicherheit (und gar meisterhafte)? Nein, davon wußte er nichts.
Man erfuhr, wenn mans noch zu erfahren hatte, daß Mahlers .Können", die
unerhörte Beherrschung des orchestralen Apparates, ihm nichts Selbstverständliches
war, nicht ein festes Kapital, mit dem siehs bequem wirtschaften, mit dem siebs
schließlich auch leicht Symphonien schreiben läßt (wie oft haben seine Gegner ihm
das vorgeworfen, versucht, mit seiner Meisterschaft den Meister zu schlagen!) -
nein, daß es ein höchst mühseliges Können war, mit jedem Tage, mit jedem Takt
neu erworben, ein wahrhaft schöpferisches Können, weil sein künstlerischer Wille
es immer neu schuf. Man erfuhr, daß seine letzte Arbeit, bevor er eine Partitur
niederschrieb, die orchestrale Disposition war; daß er selbst, wenn das musikalische
Bild feststand, oft noch kaum ahnte, welche klanglichen Mittel er zu seiner Ver-
wirklichung werde aufwenden müssen, wie einmal das Partiturbild aussehen werde.
An der Partitur, auch wenn sie längst fertig, schon gedruckt war, arbeitete er Tag
und Nacht - er arbeitete, richtiger: es arbeitete in ihm, zu jeder Stunde, während
der Proben, auf Spaziergängen, wenn er bei Tische saß, arbeitete einer immer
höheren - und der unerreichbaren, höchsten Vollkommenheit zu. Ganz gewiß,
"leicht" ließ er sichs nicht werden. Und wie stand es mit seiner .Sicherheit"?
Mußte er nicht instinktiv-unbewußt Sicherheit verwerfen, wie er öffentlich
Routine und Tradition verworfen hat? Doch seine Unsicherheit war die des ewig
Ringenden, ewig Suchenden, dem kein Maß, kein Messender sichere Gewähr bietet;
und dem doch kaum je, in tiefsten Augenblicken des Lebens, das eigene Gefühl
sagen kann, ob er auf rechten Wegen ist ...
Die ihm Nahestehenden wußten um Mahlers .Unsicherheit". Noch nach der
Generalprobe war er sich nicht klar darüber, ob er im. Scherzo das rechte Tempo

497
genommen habe; schwankte er noch, ob er nicht lieber den zweiten und den dritt
Satz in der Reihenfolge vertauschen sollte. (Später hat er sie vertauscht.) Er änderte 9
verb~serte fortwährend und immer wieder; nach jeder Probe fragte er alle, die um
ihn waren, Musiker und Freunde, jeden nach seinem Eindruck, forschte bis in
kleinste technische Einzelheiten, wie weit in der Wirkung auf die Hörer Absicht
und Erfüllung sich deckten, forschte nicht nur Bestätigung heischend, auch jeder
kritischen Anregung geneigt. Sogar der junge Korrepetitor, der ihm aus Wien
gefolgt war, auch er durfte mitreden, sagte seine Meinung, erst knabenhaft~scheu,
dann, als sein Urteil, ja, auch sein Rat, gehört wurde, mutiger, wenngleich an der
Wirklichkeit dessen, was er geschehen fühlte, ernstlich zweifelnd. Aber wahrhaftig,
ich würde es nicht glauben, könnte ich nicht, als wäre es gestern geschehen, noch
heute Stellen der Partitur angeben, auf die der Schüler mit dem Finger wies, und
die, meinte er - es handelte sich um minimale Kleinigkeiten der Instrumentation
- vielleicht doch so und so zu ändern seien;' Stellen, die geändert wurden und
geändert blieben .
. . . Welch ein Erlebnis des Zweiundzwanzigjährigen, der sich als Freund Mahlers
fühlen durfte, von Mahler als Freund geachtet wurde - ein Erlebnis, tiefbeglückend
damals, das sich dem Bewußtsein in einem Gefühl grenzenloser Dankbarkeit kund-
gab - ein Erlebnis von so nachhaltiger Wirkung, ein Menschenleben zu bereichern,
bestimmt für den Weg deo Musikers, für das Schicksal des Künstlers - doch
ein persönliches Erlebnis nur dessen, dem es beschieden wurde. Genug also ...

o 0

498
G/oss ·~i/
"JEDERMANN" IN SALZBURG effekten, die kein Beleuchter nachabmen kann,
mit einer wirklichen Abenddämmerung, wo es
Es war die dritte Generalversammlung der ans Sterben ging, mit erschütternden, lang..
Festspielbausgemeinde. Es ginghochoffiziell her. gezogenen, von weither, von überallher, von
Staatliche, Landes.. und Gemeindefunktionäre, Türmen und Dächern drohenden Rufen nach
waren zugegen, die Referenten erstatteten ihre dem Sünder Je~der~mann .•• , mit dem Brausen
Berichte, die Festrede hielt Professor Poelzig der Kirchenorgel (keines Bühnenharmoniums).
aus Berlin, der ein Modell und Skizzen für das der unheimlichen Unwirklichkeit eines in der
projektierte Salzburger Festspielhaus ausgear .. Kirche versteckten, dumpfhallenden Orchesters,
beitet hatte, und man darf hoffen, daß der mit Kirchenglocken (keine Metallröhrenl), die
bedeutende Plan, dank den Wiener Kronen, die von fern und nah sich zum mächtigsten Schluß ..
nicht so iingstlich kontrolliert werden, wie die akkord zusammenfanden. Beneidenswert der
Wiener Touristen, auch verwirklicht werden Regisseur, dem sie zu Gebote standen, der sie
wird. Das in Aussicht genommene Terrain liegt wie Reinhardt so meisterhaft zu nützen
ziemlich weit vor der Stadt, im Gebiet des verstand, diesmal so einfach, so fern aller
lieblichen Hellbrunner Schlößchens mit seinen Theaterei gearbeitet hat, ohne Reflektoren, ohne
herrlichen Parkanlagen, die so unmerklich in Maschinen, ja beinahe ohne den demokratischen
wilde Naturszenerien, zu ernsten Fe1sabgründen Helden vieler moderner Regietaten, den -
und nteinernen Naturtheatern überleiten, mit StatistenJ Nur in der Gantmahlszene kam er
seinen naiven Wasserkünsten, Zeichen eines - bescheiden - zu Wort, und geschieht es in
kindlichen und kunstreichen Spieltriebs. Hier so anmutiger Form, wie diesmal in dem Reigen
kann man in künstlicher Grottenromantik eine schöner, sti!1os .. reizend gewandeter Mädchen,
Krone sehen, die am Wasserstrahl frei in die darf man sich's füglieh gefallen lassen. Wie
Höhe schwebt. Nie hätte ich gedacht, in diesem dann die Angst sich lähmend auf den lustigen
Lande eine Krone zu finden, die derart steigen Trubel legt, wie die fernen Glocken, die Rufe
kann ••. dem Fassungslosen erschallen (weniger die
Im ernsten feierlichen Geviertdes Salzburger Erscheinung des skelettierten Todes, der Tages..
Domplatzes, vor der ehrwürdig strengen Fassade licht zu scheuen hat), wie er plötzlich allein ist,
der schönen Kirche erhebt sich frei das hölzerne und gottsjämmerlich verlassen '-- ich habe lange
Schaugerüst. Hier spielt das Sterben des reichen nichts so Packendes erlebt. Dazu Moissi, un~
Mannes, nach dem altenglischen Original Herneu .. vergleichlich in dieser Gestalt, blendender
ert ll von Hugo Hofmannsthal. Eine gewiß vortl'eff.. Sprecher, unvergleichlich besonders in dieser
liche Einfühlung in den einfachen, einfältig~gläu ... ganz unpathetischen Erschütterung würgender
bigen Stil der Allegorie. Manchmal, zumaHn der Todesangst, etwas weniger in der Bekehrung
zweiten Hälfte des Dramas, zu wortreich, zu des Vaterunsers, das vielleicht wärmer hätte
zerdehnt, vielleicht zu plötzlich, zu wenig im wirken können, dazu die übrige fast in allen
Vorhergegangenen begründet in der Rettung Figuren mustergültige Besetzung, vor allem
des dem Satan Verfallenen durch einen GlaubeIl:, Werner Kraus als gebietender Tod und als allzu
der zu ihm tritt, von dem man früher in dem mephistophelischer Teufel, Raoul Lange (Stimme
reichen Selbstsüchtling wenig bemerkt hat. So des Herrn), Heinrich George als interessanter
wenig wie von den guten Werken, die auch in Mammon und He1ene Bleibtreu, bildhaft schön
ihrer krückengestützten Schwäche noch mächti... als hoheitsvoll siegreicher Glaube. Und Musik.
ger sind, als sie vom "Jedermann<l zu erwarten Auch diese. Von Einar Nilsen. Eine simple
wären. Aberdas wissen viele, die das vielgespielte Hochzeitsmusik. Und der Reigengesang, mit der
Spiel gesehen haben. Was sie nicht wissen BeharrlichkeitundBelanglosigkeit eines qualvoll
können, ist, wie überaus neu und eindrucksstark verfolgenden Kinderrefrains gesegnet. Diesmal
es hier vor den vier Aposteln der Salzburger allerdings vermehrt um eine orchestrale Ein..
Domfassade gewirkt hat. Mit Behelfen, die leitung, einen Trauermarsch und einsinfonisches
jedem Theater versagt bleiben: mit frei im Schlußstück, von Bernhard Paumgartner unter
Lufthauch wehenden Gewändern, mit Licht..- Benützung alter Salzburger Weisen neu kom ..

499
ponhirt. Nach allem, was ich von dem verdienten ein großangelegtes Unternehmen, das nament.-
Mozarteums...Direktol', verdient auch als Samm... lich auch auf den Geldsäckel der Talutastarken
ler von Kriegs.. und Volksmusik, als Komponist auswärtigen Besucher rechnete, den lediglich
und Schriftsteller, weiß, zweifle ich nicht, daß an den finanziellen Mitteln krankende:n staat:.-
ich viel Lobendes darüber zu sagen hätte. Aber lichen Bühnen wieder einigermaßen aufzuhelfen.
ich habe nichts von ihr gehört. Der leitende künstlerische Gedanke der Opern...
Vielleicht war gar nicht mehr, als diese festspiele war: die Entwicklung der Oper von
unbestimmte Geräuschwirkung, als diese Ver.. den klassischen Meisterwerken Mozarts über
wirrung von grellen Fanfaren, rollenden Pauken, die ~,Romantiker (Marschner, Weber, Wagner)
hallenden Posaunen gemeint, wie sie tatsächlich bis auf die jüngste Zeit (Strauß, Schreker,
apperzipiert wurde. Die weite Entfernung, die Pfitzner) vorzuführen. Es lag sohin all diesen
starke Resonanz der Kirche, der durch die Aufführungen ein strenges, festumschriebenes,
mächtigen Mauern gedämpfte Klang - dies befriedigendes Programm zugrunde. Im Gegen..
alles vermischte die Musik zur Unkenntlichkeit. satze zu dem früheren Wiener Musikfeste,
Und einige Schläge des Klöppels an sein ehernes das auch sonst mannigfach zu Vergleichen,
Gefängnis hoch oben im Turme genügten, das nicht eben zum Vorteil des letzteren, anregte,
ganze Orchester einfach auszulöschen. Aber die speziell, was Einheitlichkeit und Konzentration
zweifellos bedeutende, die Stimmung der Szene der Durchführung anbelangte.
fördernde Unterstützung durch diese völlig Die organische Gliederung des Festes, die
unartikuliert erscheinende musikalische Masse Disziplin und straffe Hand, die in jedem Detail
lehrte wieder einmal, was in neueren Opern zu spüren war, der glühende Enthusiasmus der
schon oft zu beobachten Gelegenheit war, daß Aufführungen, der den genießenden Musiker
das musikalische Geräusch rur kurze Zeit und so warm berührte, war nur möglich, indem
bestimmte Effekte ein ungemein wirksames ein Vollblutmusiker wie Bruno Wal ter un ...
Stimmungselement sein kann. umschränkter Leiter des ganzen Festes war,
Allerdings hätte ein frei phantasierendes, der die Einzelheiten nach strengen Gesichts.-
ein stimmendes Orchester in diesem Singularfall punkten ordnete und künstlerische Hochziele
vielleicht ähnliches erreicht. hierbei . verfolgte. Was Bruno Walter an
Dieser mir unbekannt gebliebenen Musik künstlerischer Energie und Initiative während
zuliebe müßte man wünschen, das merkwürdige dieses sechs Wochen lang währenden Festes
Werk an einer ihr gemäßeren Stätte wiederzu ... aufbrachte, ist wirklich staunenswert und bleibt
hören. Obwohl ich weiß, daß der große Eindruck eine musikalische Tat ersten Ranges. Die
nicht zu erneuern ist. Sie schwingen lange im Münchener und auswärtigen Festteilnehmer
Innern nach, die Salzburger Glocken, die Salz... wußten denn auch diese restlose Hingabe an
burger Tage. • .. R.. S. Hoffmann die Riesenarbeit dankbar zu schätzen und
brachten ihm beispiellose Bewunderung eut..
C 0
gegen. Es ist dabei selbstverstä.ndlich, daß sich
Walter zur Bewältigung seiner Ziele der Mit-
MüNCHENER OPERNFESTE wirkung von all seinen Ansprüchen genügenden,
des Wertes der geforderten Leistungen volY
1920 bewußten Künstler bedienen mußte. Diese
Nach vielen Jahren unfreiwilliger Unter.. waren in erster Lini~ das hervorragende
brechung hat es in diesem Sommer in München Münchener Opernorchester und Opernensemble,
wieder Ftst.spiele gegeben. Sie waren aus.- die hier der Kürze des Berichtes wegen mit
schließlich der Oper gewidmet und wurden in einem einzigen, gemeinsamen Lobe bedacht
sämtlichen staatlichen Bühnen Münchens: sein sollen. Von auswärts kamen unter anderem
Nation...ltheater, Residenztheater und Prinz.. Pranz Schreker und Hans Pfitzner, die ihre
regententheater abgehalten. Sie verfolgten neben eigenen Opern dirigierten, ferner Franz Schalk
dem rein künstlerischen Zwecke- der Musikwdt und Karl Muck.
zu beweisen, daß, im Gegensatze zu .so vielen Im Einzelnen sei noch hervorgehoben:
anderen deutschen Bühnen, an denen die Opern.. Neuheiten im eigentlichen Sinne wurden
pflege seit Jahren merklich verfällt oder über.. während der Opernfeste nicht geboten. Denn
haupt infoIge der schwierigen Verhältnisse auf.. sowohl Schrekera ,.,Die Gueichncten"" wie
gelassen wird, die Münchener Oper als einzigea Pfitzners "PalestrinaU und Rieh. Strauß' ,.,Die
Theater ihr hohes Niveau vollauf bewahrt hatte Frau ohne Schatten'" waren auch früher schon
- noch daB weitere praktische Ziel, durch im Spielplane der Münehener Oper. Es: war für

500
den modern gestimmten Musiker bloß inter.. BESPRECHUNGEN
a.sant, diese Hauptwerke zeitgenössischen
Opernschaffens, die J:ugleich Hauptrichtungen TOSEPH MARX: ROMANTISCHES KLA_
desselben repräsentierten, in ihren so ver.. VIERKONZERT, Bearbeitung für zwei Klaviere
achiedenen Stilarten an Abenden nacheinander zu Tier Händen vom Komponisten. (Universal..
auf sich einwirken %u lassen. Umsomehr, als Edition.)
die Münchener Oper für diese Aufführungen Ein ganz gewaltiges Instrumentalwerk des
dnen ganz bestimmten, von anderen Bühnen als Liederkomponisten so rasch zu inter..
vielfach abweichenden Stil hat, sowohl was die nationalem Ansehen gekommenen Tondichters.
Hauptpartien, all!. die Darstellung der Bühnen... Das schmückende Beiwort "romantisch" für
vorgänge anbelangt. Zumal anläßlich der un .. das ohne Opuszahl erscheinende Klavierkonzert
mittelbaren Aufeinanderfolge von den Ge- von Joseph Marx räumt der Phantasie im
zeichneten und Palestrina wurde man durch weitesten Sinn, der klanglichen wie der for...
Vergleich erst auf die starken Ausdrucks .. malen, den größten Raum zur Entfaltung ein.
möglichkeiten der Schrekerschen Oper auf.. Ein "romantisches" Werk, in modernem Geist
merksam, der gegenüber die Pfitzner..Oper viel geschaffen, sprengt die Fessel der überlieferten
autokratischer erscheint. Es ist doch ein Unter.. Satztechnik und die Ketten einer an bewä.hrten
schied zwischen breit ausladender Phantasie Vorbildern hängenden Harmonik. Bei MarI
mit ihren ungezählten Möglichkeiten, wie bei ist es eigentlich Torteilhafter, von einer
Schreker, und dem, wenn auch noch so groß .. Akkordik zu sprechen; denn die Melodien seiner
artigen Erdenken eines Problems, wie bei Erfindung stellen sich nur ganz selten als
Palestrina I Melodie dar, weit häufiger als eine Reihe
Die einzige Novität, wenn man sie als interessanter, faszinierender und auch oft genug
solche angesichts: ihres hohen Alters überhaupt verblüffender Gleichklänge. Spart Marx keines ...
bezeichnen kann, war Webers Oberon in der wegs mit Neuem, so verliert er sich trotzdem
neuen Bühnenbearbeitung von Gustav Mah I e r. nirgends in das Dunkel noch unerforschter
Mahler ist es hierbei als einzigem Bühnen... musikalischer Welten. Er weiß den Wert der
praktiker gelungen, das Widerspiel zwischen Diatonik und eines kräftigen, lebendigen und
musikalischer und szenischer Gestaltung d~r kerngesunden Rhythmus zu schätzen. Gleich
gerade dadurch leidend gewordenen Oper durch der erste Satz, der, obwohl ohne Überschrift,
veränderte musikalische Anordnung aus dem wie auch die beiden anderen Sät%e, einem
Kunstwerke selbst heraus zu iiberwinden, ohne poetischen Vorwurf dienen dürfte, steHt sich
daß er aus Eigenem etwas hinzukomponieren nach einer ganz kurzen Einleitung gleichsam
mußte, wie es bei anderen früheren Bearbeitern mit beiden Beinen auf ein ehrliches E dur und
dieser Oper der Fall war. In Mahlers Be... kehrt trotz mannigfacher Modulierungen immer
arbeitung wirkt der neue Oberon ungemein wieder bald zu dieser Tonart zurück. Er enthält
erfrischend und befreit von den ihm an.. markante Themen und für den Solisten wie auch
haftenden Sinnwidrigkeiten, die durch Mahlers für das Orchester große, dankbare und lohnende
Technik gebannt, in dem Hintergrunde unmerk .. Aufgaben. Der zweite Satz, in Fis moll "nicp.t
lieh verschwinden. zu langsamN , verarbeitet glficklich erfundenen
So rauschte denn das Münchener Musikfest Gesang zu einem prächtigen symphonischen
in der Farbenpracht sehenswerter Aufführungen, Gemälde. Die tanzartigen Rhythmen des dritten
in dramatischen Klängen erlesener Art an uns Satzes (Allegro molto), wieder in dem hellen
vorüber. Möge der große Erfolg, der demselben Licht von E dur einander haschend, weisen mit
beschieden war, Anlaß zu weiteren ähnlichen all ihrer kontrapunktischen Kompliziertheit
Leistungen auf dem Gebiete der Münchener am ehesten nach einer Romantik, die an Weber
Opernpflege sein, bei der wir das Schaffen und Brahms erinnert. Die Ktlnstler, die Marxens
jüngerer, noch nicht im Strahlenkranze der romantisches Klavierkonzert den Intentionen
Berühmtheit sich sonnender Opernkomponisten seines Schöpfers entsprechend spielen werden,
nur noch mehr betont wissen möchten, als el5 die dürfen wohl nur unter den Besten der
bei den abgelaufenen Festspielen diesmal der Besten gesucht werden. Das Konzert enthält
Fall war. Dr. H. R. Fleisch mann mitunter ganz außergewöhnlich schwierige
Stellen, deren Bewältigung nur wirklichen
o 0 Meistern gelingen wird.
o

501
ALOIS HABA: DEUX MORCEAUX, Opus 2. bilder erinnernde Durchführung, ebenso wie
(Universal...Edition.) er die in klassischer Schönheit leuchtende
Prägt sich in einem Opus 2 die Eigenart "CanzoI}-e u des dritten Satzes in der geschick..
eines Komponisten aus, dann braucht niemand testen Weise, bald als rhythmisch frisch be..
um die weitere Entwicklung des Komponisten lebten Tanz, bald als zartes Wiegenlied, bald
zu bangen. Dies ist bei Alois Haba der Fall. als markante Imitation variiert. Im Adagio
Seine beiden Klavierstücke, das eine der rührt uns ein aus tiefstem Herzen aufsteigender
Pianistin Gise1a Beck, das andere Fräulein und in wundervollem Klangschmelze dahin ..
Bugenie Reiß gewidmet, fallen schon allein dank strömender Gesang, während uns das siegreiche,
ihrer flüssigen Stimmführung angenehm auf. von den kräftigsten Impulsen bewegte Finale
Das erste StUck, ein Scherzo in A dur, wandelt in dem Bewußtsein entläßt, daß sich in diesem,
zwei überaus charakteristische Themen in an .. wie aus einem Gusse gestalteten, empfeh1ens ..
regendster Weise ab. Die wohlüberlegte Führung werten Kammerwerke wirklich einmal ein
der musikalischen Gedanken bringt eine 'na tür.. Musiker auf der Höhe der Kunst und im Voll...
liehe Steigerung mit sich. Das Trio in D dur besitze eines reifen Könnens ausgesprochen hat.
steht in sdner Bedeutung dem Hauptteil nicht Dr. H. R. Fleischmann
nach. - Das zweite Stück, ein als Intermezzo
[J
iiberschriebenes Andante cantabiIe in F moll,
betont sowohl durch den häufigen und be..
gründeten Taktwechsel ala auch durch die N o T I z
liienge der Alterationen die moderne Note. Der
l\Httelteil, als abgeschlossene Form ohne Paul v. Klenau schreibt uns:
bindende Vorzeichnung in keine geltende Ton.. WoIlen Sie mir Raum geben für eine kleine
art gebannt, wechselt fast in jedem Takt das Anregung"l Ich habe über Musik und Musik...
bunte Kleid einer immer raffinierten Chromatik. geschichte Monographien, kritische Aufsätze
Die beiden Klavierstücke IUbas dürfen in der etc. etc. ziemlich viel gelesen, aber uns fehlt, so
Hausmusik und im Konzertleben einen be.. weit meine Kenntnisse reichen, eine ausführliche
sonderen Platz beanspruchen. "Entwicklungsgeschichte der modernen Musik u•
Dr. Robert Konta Ich habe kürzlich die hervorrragende Arbeit
[J
von Julius Meier... Graefe gelesen: "Entwicklungs ...
geschichte der modernen Kunst u• - Es ist mir
von neuem zum Bewußtsein gekommen, wie
ILDEBRANDO PIZZETTI: STREICH, außerordentlich bedeutungsvoIl es wäre, wenn
QUARTETT Adur.(VerlagPizzi & Co.,Bologna.) ein Musikge1ehrter uns ein ähnliches Buch über
Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß die die Musik schenken würde. Es genügt nicht
moderne italienische Konzertmusik bisher in länger, daß eine Sammlung von Monographien
deutsche Musikkreise nur in den allerseltensten als Musikgeschichte bezeichnet wird. Es ist viel
Fällen Eingang gefunden hat. Als ob die eher eine Geschichte der Musik sei b s t, die
Puccinis, Mascagnis und Leoncavallos etc. die uns fehlt, nicht eine Geschichte der Musiker-
maßgebenden Faktoren des italienischen Musik.. aber anderseits auch nicht rein theoretische
lebens wären, dessen gewaltige Entwicklung oder kontrapunktische Lehrbücher. (Diese sind
sich gegenwärtig in ganz anderer Richtung ja meistens nur für die Musiker geschrieben.)
vollzieht. Auch an dem Florentiner Meister Die Aufgabe ist gewiß nicht einfach, darum
Pizzetti ist man bei uns achtlos vorbei.. aber um so reizvoller. Ebenso wie zum Bei..
gegangen und selbst die letzte Ausgabe von spiel M eier.. Graefe die Entwicklung des rein
Riemanns Musiklexikon verzeichnet nicht Malerischen an Hand der großen Meister des
diesen Namen, obwohl Pizzetti heute bereits Impressionismus und der Neuzeit verfolgt,
in die vorderste Linie jung...italienischer Ton.. ebenso wäre es möglich, die Entwicklung des
künstler gerückt, ist. Das vorliegende· Streich.. Klanges' und des ganzen harmonischen Systems
quartett gehört - 1906 entstanden - einer an Hand der großen Musiker des 19. und 20. Jahr...
früheren Schaffensperiode des Meisters an und hunderts darzustellen. Bedenken Sie, um bloß
zeichnet sich vor allem durch ein ausnehmend ein paar Beispiele zu nennen, wie interessant
feines Formgefühl aus, das Pizzetti befähigte, eine Untersuchung über die Verwendung des
diesen tönenden Kunstbau zu errichten. So Septimenakkordes und Nonenakkordes bei
bietet er uns im ersten Satze H Vivace ma sereno~ Beethoven, Wagner, Strauß, Debussy, Delius
eine glänzende, an die besten deutschen Vor.. u. s. w. wäre, oder eine Untersuchung über das

502
Verhältnis von Stimmführung als Ha~monie ... gegliedert, wo auch seine Konzerte stattfinden
ergebnis und Harmoniebildung als Stimm.. werden.
führungs... (respektive Kontrapunkts..)ergebnis c
(Schönberg), oder eine geistvoll durchgeführte Das Resultat des Preisausschreibens des
Untersuchung über die klangliche Entwicklung, ,.Anbruch" fiir Klavierkompositionen kann erst
welche Haupttendenzen sich in der Instrumen.. im Spätherbst 1920 veröffentlicht werden. da das
ta tionB eethovens, Wagners, Debussys, Scriabincs Preisrichterkollegium die Sichtung des überaus
etc. geltend machen, die Verwendung der Hörner zahlreichen Materials noch nicht beendet hat.
u. s. w. Wir finden zwar in verschiedenen
Werken Betrachtungen dieser Art (am vor.. c c
züglichsten finde ich die Ausführungen von
Schweizer über die Phrasierung und Figurationen ZU UNSERER NOTENBEILAGE
bei Bach), aber meist werden die Elemente, Die Lyrik Fritz Schreibers knüpft an den
worauf es in einer solchen Geschichte ankommen Stil der Gesänge Gustav Mahlers an. Naivität
müßte, ganz bei Seite geschoben und poetische und fast volkstümliche Melodik finden sich in
Parallelen herbeigezogen, die ziemlich billiger fast allen seinen Liedern. Das vorliegende gibt
Natur und vor allem höchst unsachlich und eine ruhige Abendstimmung in warmer Melodie
nicht immer zutreffend sind. Es täte Not, daß wieder und enthält auch, trotz ausgesprochener
ein Musikgelehrter den Versuch machte, die Wahrung des tonalen Empfindens, interessante
Geschichte der Musik, von der Musik aus ge.. Alterationen und harmonische Feinheiten.
sehen, zu schreiben. Es würde ein solches
Buch für den Musiker viele Anregungen bieten o 0
und den Laien einen Begriff davon geben, daß
die Musik eine Kultur ist, die als ein g!roßes, NEU E NOT E N
wohlgebautes Haus anzusehen sei. Verlag Universal .. Edition, Wien-Leipzig
o 0 Waltet Braunfels : "Die Vögel", Klavizrauszug
mit Text
KLEINE NACHRICHTEN Karol Szymanowski; "HagithU , Klavierauszug
mit Text
Ich erfahre von verschiedenen Seiten, daß Fritz Schreiber: Drei Lieder, op. 10, Gesang,
Publikationen von Briefen Gustav Mahlers durch Bratsche und Klavier
die Adressaten in Zeitungen und Zeitschriften Sechs Lieder, op. 13, Gesang, Klavier
bevorstehen. Ludwig Rottenberg : Zwei Lieder, Hohe Sing..
Da ich allein berechtigt bin, über den lite.. stimme, Klavier
rarischen Nachlaß Gustav Mahlers zu verfügen, Zwei Lieder, Radton, Klavier
so weit es Veröffentlichungen betrifft, mache Vier Gedichte, Hohe Singstimme, Klavier
ich darauf aufmerksam, daß ich jede ohne Verlag Ed. Bote & G. Bock, BerUn
meine Zustimmung erfolgte Veröffentlichung
Robel't Kahn: "Zwischen Sommer und Herbst",
von Briefen Gustav Mahlers aus prinzipiellen op. 67, 11 lUavierstücke
Gründen gerichtlich verfolgen werde.
Suite für Violine und Klavier, op. 69
Alma Maria Mahler Paul Graener: Vier Lieder, op. 52
o losef G. Mraczek: Zwei Lieder: "Glut",
" \Wiegenlied l '
Herr Jerzy Maliniak teilt uns mit, daß
sein Engagement nach Freiburg, welches wir Verlag Breitkopf & Härtel, Leipzig
in dem Artikel ,.Schrekerschüler im Auslande" Othmar Schoeck: "Das Wandbild", Szene und
in der Augustnummer mitteilten, nicht zu .. Pantomime (Text von Fertucdo Buwni)
stande kam. Er befindet sich daher weiterhin Verlag A. & G. Carisch, MaH;;.nd
in Wien. L. Zanuccoli: Cavatine für Violine u. Klavier
Verlag G. Seyfarth, Lemberg
St. Niewiadomsld: "Slonko" (Die Sonne), acht
Der Philharmonische Chor in Berlin hat
Lieder, op. 49, nach Texten von Adam Asnyk
sich als selbständige Vereinigung aufgelöst und
wird als Abteilung der l'lIusikhochschule an... o 0
Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Alfred Kalmas, Wien, I. Karh:platz 6. - Herausgegeben von deI' Univerna1~
Edition A.~G. - Druck von Otto Maa!3' Söhne Ges. m. b. H., Wien, I. Wallfisc.hgas.;;e 10.

503
Op. 2 Sonate Nr. 2 in E dur für Klavier
Op. 3 Märmenbilder: Sieben Slücke für Klavier
Die verzauberte Prinzessin I Die Prinzessin aul der Erbse / Rübezahl/Wichtel·
männchen I Ball beim Märmenkönig / Das tapfere Sdmeiderlein / Das Märmen
spricht den Epilog I

Op. 4 Smauspiel-Ouverlüre für grolles Ormesler


Desgleimen Ausgabe für Klavier zu vier Händen von F. Rebay
Op. 5 Sinfonielfa für grolles Ormesler
Desgleimen Parlitur in Gro[l-Oklav für Sludienzwecke
Op. 6 Sonale für Violine und Klavier
Op. 7 "Der Ring des Polykrales" Heilere Oper in einem Akl
nam H. Teweles. Parlifur I Klavierauszug mit Texl. Auswahl von
Melodien für Klavier I. und 11
Op. 8 "Violanta", Oper in einem Ak!. Dimlung von Hans Müller
Parfifur/Klavierauszug mit Tex!. Auswahl von Melodien für Klavier
Vorspiel und Karneval aus • Violanla" für grolles Ormesler
Op. 9 Einfame lieder
Sdmeeglöckdlen (EidlendoMO / Namlwanderer (EidlendorfO / Sländdlen (Eidlen.
doMO I liebesbrie{men (E. Honold) / Das Heldengrab am Prulh (H. Kipper)
Sommer (H. Trebifsch)
Op.10 Sexte" in D dur für zwei Violinen, zwei Bralsmen und
zwei Violoncelle. Desgleimen Sludien·Parlifur
*Op. 11 Aus der Musik zu "Viel lärmen um nimls"
Drei Slü<ke für Klavier zu zwei Händen
Mäddlen im Brautgemach / Holzapfel und SdlJewein (Marsch der Warne) I
Mummenschanz (Hornpipe)
Vier Stücke für Violine und Klavier
! Holzapfel und Sdtlewein (Marsdl der Wache) I
Mädchen im Braufgemadl
Mummenschanz (Hornpipe) I Gartenszene
lied des Pagen (alfenglism) für Gesang und Klavier
*Op.12 "Die tote Stadt", Oper in drei Bildern, frei nam G. Roden·
bams Smauspiel .Das Trugbild" (Bruges la Morle). Parlifurl
Klavierauszug mil Texl
*Op. 13 Sinfonisme Ouvertüre (Sursum (orda) für grolles Ormesler
-In Vorbereilung

B• Wlt
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Werke zur Ansiml versendei bereitwillig,l der d 4-,nZ
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S.·0 hne .. . LONDON
BROSSEL

504
lOS. GUSl. MRACZEK
Bühnenwerke: Klavier zweihändig:
Ikdar 3 Stücke in Tanzform
Oper in drei Aufzügen (Walzer-Menuelf-Reigen)
Dichtung von Guido Glück u. E. Nr. 3274 .................... Mk. 1·50
U. E. Nr. 6325 Klavierauszug m. Text Mk.15"-
U. E. Nr. 6326 Texlbuch ............ Mk. 1·- Violine und Klavier:
Urauffünrung an der Dresdener Sfaafsoper I
Elegie
Kammermusik: u. E. Nr. 3979 .................... Mk. 1·-

Klavierquintett Es dur Nocfurno


U. E. Nr. 2804 .................... Mk. 8·- U. E. Nr. )060 _ .........•........ Mk. 1·-

Hiezu Yerlegerzusdllag ::: ::: ::: ::: ::: Zu beziehen durch jede Buffi· und Musikalienhandlung

Universal·Edition A.·G., Wien-Leipzig
,,
- .-

NEU E, M 0 DER N E K LA V I ER K 0 N ZER TE!


-
Hervorragendes neues Klavierkonzert I
'*l§ee1W

JOSEfMARX
ew.·'M'
Ein neues, modernes Klavierkonzert r
• H

J. Rosenstock
",mi MMW • fi

ROMANTISCHES Symphonisches Konzerll für


KLAVIERKONZERT Klavier und Orchester, op. 4
Bearbeilung für zwei Klaviere zu vier Händen Bearbeilung für zwei Klaviere zu vier Händen
U. E. Nr. 6017 .............. Preis Mark 6·- U. E. Nr. 6483 ....... _ .. _, .. Preis Mark 6"-
Hlezu Verlegerzusch!ag Hiezu Verlegerzuschlag
Ober das von PR 0 F. KESS I SS 0 G LU mit Rosenslo<ks .. Symphonismes Konzert" gelangte
gro~em Erfolge gespielfe Klavierkonzert smreibt in der Saison 1919/20 durch den Komponisten in
das Grazer Vo!ksblafl: "Es ist von geradezu Wien im IV. Konzert des "Anbruch" (Dirigent
magisdler Sdlönheif, von einer unerhört singen· Georg Szel1) sowie in dem Feslk6nzerte des
den Pradll. Alle modernen Harmonien, alle Wiener Philharmonisdlen Chors, veranstaltel
Chromatik, alle Hilfsmlllei fedlnismer Arl sind im Rahmen der "Meisleraufführungen Wiener
hier in einem einzigen gropen Taumel von Klang Musik" (Dirigent Franz Smreker) mit durch-
und Melodie aufgelöst. Man isl geblendet." ;-; :-: schlagendem Erfolg zur Aufführung :.: :-:
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH- UND MUSIKALIENHANDLUNG
UNIVERSAL- EDITION A.-G., WI EN· LEI PZIG

505
JULIUS BITTNERS
WERKE IN DER UNIVERSAL-EDITION

U,E, Nr, Klaviermusik Mark


5909 Tänze aus Oslerreim. zweihändig . . . . . . . . . . 3'-
5907 dlo. vierhändig • . . . . . . . , . . . . . . . . . . 4'-

Kammermusik
6387 I. Streimquartell A dur, Parfilur . . . . . . . . . . .
6388 dlo. Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5803 11. Sireimquarfeit Es dur, Parlilur . . . . . . . . .
5804 dlo. Stimmen . . . . • . . . . . . • . . . . . .

Vokalmusik
5805 Fünf LIeder für eine Alfsfimme mif Orrnesfer, Ausgabe für Gesang und Klavier 3'-
1~ Es dunkel!. 2. Gesang des liebenden. 3. Das Ständchen. 4. Des Abends. 5. Hymnus
5956/57 Zwei heitere lieder für eine Singstimme und Klavier . . . . . • • . . . . • .:. 1'50
1. Sie ist absolut nimt neidism. 2. Begegnung der Gelieblin von einem )agdgehilfen
mit einem Wassergespensf
5958 Sems Lieder für. eine Singstimme und Klavier. . . . . . . • . . . . . . . . . 3'-
1. Am Morgen. 2. Mit einem Rosenslrau~. 3. Die Frau. 4.1 m Mai. 5. Allein, 6, Die Traur ige
6319 Zwei lieder für eine Singsfimme und Klavier. , . . • , 2'-
1. Lob meines leichten Sinnes. 2, Herbstlied
6379 Die Vorhuf, Männerdior und kleines Orchester, ParliIur, 3'-
6380 dlo, Orrneslerslimmen • . , . . . , , ' , , . . , , 3'-
6381 dfo. Chorslimmen • • • • , • . • . • . • . • , , • • ,0-'50
6382 Näditlidier Gang durm's Tauberlai, Männerdlor, Partilur • , , 1'50
6383 dlo, Chorsfimmen • • • • • . • . • • • • • • • ,0-'40
6384 An die Studiosi. Männer<hor und Bläser, Parlilur • . . 2'-
6385 dlo, Orchesferslimmen • • • • • • . • . • • • . •. 2'-
6386 dto, Chorslimmen • .0-'50

Orchesterwerke
5808 Vaterland, slnfönisme Didlfung. Parfitur (nur gegen Revers) • • • • • • . • • • 20'-
Tänze aus Osterrei<h, Parlifur (nur in Abschrifl)

HIEZU VERLEGF.RZUSCHLAG
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH. UND MUSIKALIEN· HANDLUN G

506
JULIUS B'ITTNERS
WERKE IN DER UNIVERSAL-EDITION

Bühnenwerke
DER BERGSEE
U.E.Nr. Ein Vorspiel und zwei Akte. Dimlung vom Komponisten Mark
6266 Klavierauszug mit Text •••••••• ,15'-
6267 Texlbuch • . . . • . . . . . . . . . . , 1'-
6312 Potpourri, Klavier zweihändig • • • • • , 2'50
6315 Klavierauszug, zweihändig . • • • . . . ,10'-
6310 .. Einsam steh kh", Gesang und Klavier. 1'50
6311 "Sonn kar", 'Gesang und Klavier . . . . , 1'50

DER ABENTEURER
Oper in drei Akten. Dkhfung vom Komponisten
6316 Klavierauszug mit Tex! . . . . . , . . . . • . . . . . . ,20'-
6317 Texlbum • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . , 1'-

DAS HOLLISCH GOLD


Ein deutsches Singspiel in einem Aufzug. Dichtung vom Komponisten
5771 Klavierauszug mit Text • . . . . . . . . . . , . . . . , 8'-
5770 Texlbum . • . • . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . , . . . . . , -'60

DER LIEBE AUGUSTIN


Szenen aus den Leben eines wienerismen Talenls in vier Aufzügen
6773 Klavierauszug mil Text . . . . . , , 8'-
5772 Textbudl . . . . . . . . . . . . . , 2'-
5772 a dia. Bütfenausgabe . . . . . . . . ,12'50
6078 Drei Tänze, Klavier zweihändig . . 2'-
6090 Augustin-Walzer, Klavier zweihändig I'SO
6075 Drei Gesänge des Auguslin . . 2'-
6076 Drei Gesänge der Tini . . . . . • 2'-
6077 Gesänge des Srnmidl . . . . . . . 2'-
6079 lied der zwei kleinen Mäddlen . . 1'-

DIE KOHLHAYMERIN
Oper in drei Akten. Dirnlung vom Komponisten
6430 Klavierauszug mit Text . • . . . . • • . . . . . . . . . . • . . . . . . . . 20"-
6431 Texlbum . . . . • . . . . . . . . . . • • . • . . . . . . . I'SO

LA TARANTELLE DE LA MORT, (Die Todes-Tarantella)


Mimodrama von Bruno Werden und J. M. Welleminsky
6435 Klavierauszug mit Text • . . . . . 8'-
6436 Textbudl . . . . . . . . . • . . . , -'60
6500 Menuelf, Klavier zweihändig . . • . 1'50
6501 Valse lente, Klavier zweihändig 1'50
6502 Valse de Ninon. Klavier zweihändig , I'SO

507
Soeben ersmien:

aDOLF WEI'/MANN
IE PRIMADONNA
Mit mehreren Abbildungen im Text
und 24 zum Teil handkolorierten ganzseitigen limtdrumen
*
Umsddagzeimnung von Ha n.s Me i d

In smönem Halbleinenband 60 Mark *


Wie in E. T. A. Hoffmanns Zauberbuch,· aus dem die Gestallen. wenn sie der Stab
berührt. lebendig aufstehen, springen die Bilder der Primadonnen verschiedenster
Zeilen und Länder - der DaUi, der Lucca, )enny lind, der beiden Garcias,
Isabella Colbrand, der Mara, Arnould, Schröder·Devrfent, Krones -, da~
man sie zu sehen und zu hören glaubt, aus diesen Blätlern. Aus Ihrer Kelle
entwickelt sim die Gemeinsamkeit der Art, und die buntesten Schicksale und
Charaktere zeigen sim verbunden. niml durm den Beruf und die gemeinsame
Kunst. sondern auch durrn eine milgeborene Yerwandtschafj der Wesensart.

In zweiter Auflage erschien:

ADOLF WEil/MANN
E VI TOSE
Mlt einem Bilde d'Andrades,
radierl von MAX SLEVOGT
*
39 Faksimiles und lichtdrucken und einer
Umschlagzeichnung von Hans Meid

In smönem Halbleinenband 60 Mark *


Oskar Bie in der "Neuen Rundsdlau": Das schön gedruckte und ausge·
staffele Buch Adoll Weij3manns hat seine au~erg~wöhnlichen Vorzüge in dem
künstlerischen GeisI, der den Sloff bis in seine letzten Widersprüche durmdringt. Es
i5f so angeordnet. daf$ die wichtigsten Typen - Paganini, liszf, Rubinstein, Joadlim.
Bülow, d'Albert. Busoni - persönlich gefaflt werden, während eine historische Ein-
leitung die Enfwicklung des Typus durrn die Geschichte und ein Nachwort die Ver-
bürgerlichung in der Gegenwart behandelt. Durch diese Einstellung ragt das Burn
aus der Musikliteralur heraus oder vielmehr sleigerf ihre moderne historisch·
subjeklive Form auf ein SpezialmoHv. das skh für die Beirarlliung memchlhn-
künst!erisrl,er Probleme besonders eignet. Elwas Ähnlidles gab es bei uns bisher nicht.

1IIIIIIIllIl\I1ll1ll11l1U111l1ll11111l\11I1UUIIIIIIIUIIIII1II11I1U11l1U1l1111!!1II111111mUUlIIlI!\!lIltllllllllUIi1i1I1I1I1I1I\1I1111U1tH1I1II1I1IUl111UUlII1II1IU1I1II1I111l1111ll1l1111UlIlllllllllllilll1llUlIIlIl

VERLEGT BEB PAU&. CASSRRER IN BERUH W 10

508
1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

Bela Bartök Franz Mittler


U.ENr. Merk U.E.Nr. Mark
5802 Rumänische Volkstänze aus Ungarn 1'20 5541 Op.4 Kleine Walzer • • • • • . 2"50
1. Der Tanz mit dem Stabe; 2. BraClI;
3. Der Stampfer; 4. Tanz der Bu-
tsdlUmer; 5, RumäriisdJe Polka;
n ..... der.·lJIl'k..
....... y .. n l1"li a .. 11....
II,lI
... ..
0 ilf l" """'V." ""
6. Sdmelltanz. 6054 Zwei Klavierstüilie . . • . . . . . 1'-
5890 Rumän. Weihnamfsliederaus Ungarn 2'-
5904 Allegro barbaro. . . . . • . . • 1'50
5891 Op, 14 SuUe , , , , , , , , , , 2"50
Frrall'llz Mosel'
..
6370 .15 ,ungarische Bauernlieder • . • • 2'50 6390/91 Op. 12 ... Aus meinen Leben", Zwölf
Stücke 1/11, , , , , • , , ' , ," 3'-
Julius Bittner
5909 Tänze aus Osterreich . . . . . . . 3'-
5542 Gp. 3 Sonale. Emoll . . . • . . 3'-
Josef B. lFoerster Mal( Springer
5831 Op, 79 Abendmusik ' . " , . , • 1.50
5835 Op, 98 Maskenspiel des Eros ' , , 2'50 6050 Op. 32. Sieben kleine Tonbilder . 1'50
Gedenkblall; Wichtelmännchen; Ver·
sonnen; Kleine Gesdlichte; Wehes
.grasz friedman Glück; Ein lied: Gestörtes Idyll
6051 Op.· 33 Im Reime der Milfernamts-
5658/59} Wie~"er Tänze (nam Motiven von , sonne , . . , . , , . . . , .• 1'50
6198 Garlner) . . . . . . . . lJ 2- Milfernachlssonne; In der Kingsbay;
6023 Op, 66 Ballade ' , , , , , , , • 3'- Glelscherwanderung
6022 Op, 72 Polnische Lyrik. 3. Folge , 2"- 6052 Op. 34 Drei Klavierstücke . • . , 1'50
Fünf kleine Slücke: Weihnadllslied;
Von Lieb' und Leid: In der Dorf- Weihnacht: Erwachender Mai: Frohes
schenke; Soldalenmarsm; Tändelei Stürmen
6020/21 Op, 79 Stimmungen 1/11 , , ,Ii 2'- 6053 Op, 35 Drei Slimmungsbilder •• , ·1'50
6460/64 Op, 81 Cinq Morceaux . . CI 1'50 Sinkende Herbstsonl1i.:; Klage: Be-
Seren..,de; Masque galante: Arle- freiung
quinade; Mirage; Ecossaise
6197 -üp. 82. Nr. t Sonolina Cdur. ' , 3'- Karol $zymanowski
Alois Haba 5858 Op. 34 Masken, drei Klavierslülke 4'50
Sdleherazade; Tanlrisder Narr; Eine
6389 Op. 2 Deux morceaux. . . . , . 2'- " Don Juan-Serenade
5543 Op, 3 Sonole D moll ' , • , • ' 3'- 5859 Op, 36 Sonate 111, D moll , , , , 4'-

Paul v. Klenau IEgon Wenesz


59,63 Drei SJimmungen . . . • • , • . 1'50· 6091 Op, 21 .Idyllen", fünf Klovterslücke 3'-

HIEZU VERLEGERZUSCHLAG """" ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG


1II1111111UIIIIIIIIIIUIIIIIIUIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUm.lllllllllllllllllllllli1111111111111111111111111111111111111111111111

Universal·Edition A.-G .• Wien·Leipzig

509
Der führer der polnischen Moderne:

Karol Szymanowski
11111111111111111111111111111111111111 m1111111 n11 n11111111111111 111111111111 U11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

KLAVIER ZU 2HANDEN GESANG U. KLAVIER


U. E. Nr. M<.'Irk U.E.Nr. Mllrk
3852 op. 1 Neuf Pr.Hudes '" 3'- 3857 op. 7 Der SdJwan, deutsch,
3853 - Nr. 1 Pre!. H moll ..... -'80 polnisch, miltel . . . . . . . . .. 1"-
3854 - Nr, 8 Pre!. Es moll ~ .... -,80 3860 op. 11 Vier lieder (F. Mi·
3855 op_ 4 Vier Etüden ... '. 3'- ciliski) deutsch, poln., hoch . 3'-
3856 - Nr. 3 Etüde B moll .... , 1'- J. Ich bin so trübe. 2. 1m ver-
3859 op. 10 Variationen über zauberten Walde. 3. Im Blau des
ein polnisdJ_Volksthema 3"- Meeres. 4. Brause. 0 Sturm
3864 op. 21 Sonate 11 A moll 5'- 3861/63 op. 17 Zwölf lieder
5858 op. 34 Masken, 3 Klavier- deutsch, poln., hoch, 3 Hefte" 2'-
slücke .......... ,.,' .. 4'50 I. HEFT: 1. Horn in der Frühe
(Scheherazade; Tantris der Narr; (Dehmel). 2. Geheimnis (Dehmel).
Eine Don Juan-Serenade) 3. Werbung (Dehmel). 4. Manche
Nachl (Oehmel)
5859 op. 36 Sonate 111 D moll 4'- 11. HEFT, 5. Aufblick (Dehmel).
6. Verkündigung (Dehmel). 7. Nach
einem Regen (Oehmel). 8. Ent-
VIOLINE U. KLAVIER führung (Dehmel)
111. HEFT,9. S<hlummerlled (Mom·
3868 op. 9 Sonate D moll ... 6'- bart). 10. Seele (Falke). 11. Frag·
ment (Mombert). 12. liebesnadlf
3866 op. 23 Romanze D moll 1"50 (Greif)
3865 op. 22 Bunte lieder
SINFONISCHE WERKE . deutsch, polnisch, hoch. , .. 3'-
1. Einsiedel (Bulcke). 2. lied des
nur in -Abschriften vorhanden Mädchens (PaQueO. 3. An kleine
Op. 19 11. Sinfonie Mädchen (Faktor). 4. Sommernadlf
(Riller). 5. Bestimmung (Rle. Huch)
Op. 27 111, Sinfonie
Konzert-Ouvertüre 3867 op, 24 Des Hafis liebes·
SinfonisdJe Ouvertüre lieder(Nachdichtungen von
Penlhesilea (Sinfonische Dichtung) H. Bethge), deutsch, polnisch 3'-
1. Wünsche. 2. Die einzige ArzneI.
3. Die brennenden Tulpen. 4. Tanz.
BOHNENWERKE 5. Der verliebte Osfwind. 6. Trau-
riger Frühling
Hagilh 5932 op. 41 Vier Gesänge für
Oper in einem Akt von Fe!. Dörmann mifllere Frauenstimme(Worle
aus .Der Gärtner" v. Rabin-
5912 Klavierauszug,deutsch,poln. 20'- dranath Tagore)deutsch,poln. 3'-
5913 Textbuch, deutsch. . . . . . .. 1"- 1. Mein Herz. 2/3. Der junge
5914 Textbuch, polnisch. . . . . . .. ]"- Prinz. 4. Das letzle lied
Hiezu Verlegerzuschlag
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH, UND MUSIKALIEN - HANDLUNG
UlIIIIIIIIIIIIlIlIlIlIlIlIlIlIlIlIlIllIlIUIIIIIIIIIIIUIIIIIIIIIJIIJIIIIIIIIJIlIIIIllIllIIIIllIIJIlIlIIiIllIllIlIIllJIIIIIIl1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUIIIIIIIIIIIllllIII

UNIVERSAL· EDITION A:-G., WI EN-LEI PZIG

510
Brnold Schönberg
111111111 [1111 mIllIlIIllI 111111 t11111111111111111U1II1l 111111111111111111111 n 11 UIU 11111111111111111 11111111111111111111 U1111111111 tu UIIIIIII U" 111111111111111111111

ehor. und Orchesterwerke Kammermusik


6urre.llleder StreIchsextett <' Verklllrte nacht ••
U;E,nr. Inr Soll, ehor und Ordtesfer mark u. E. nr. op. ~ m"k
6300 Parlltur. DappellaUa.rormal. . 100'- ffir zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli
3691 rakslmlleparlituI, ßrobquart • 30'-
3696 Klavierauszug mit Text (Berg) . 20'- 3662 Parflfur (kleInes rarmaf) . . • • . 2'-
3696 Dasselbe, BOHenausgabe . . . 25'- 3663 Slimmen . . . . . . . . . . . . 10'-
3695 rOhrer (Berg) • . . . . . . 2'-
5275 Kleiner rOhrer (Berg). . . . 1'- StreIchquartett nr. 1, Dmoll op. 7
Einzelausgaben fitr eine Singstimme und Klavier fOr zwei "loHnen, Viola und "loloDeeIIo
5330 "SO tanzen die Engel_ . . . . . 1'20 3665 Partllur (kleln.s rarmal) • . . • . 2'-
5331 «nun sag'lch dir zum ersfenmal.. 1'20 3666 SUmmen. . • . • . . . . . . . 8'-
5332 «Du wunderliche TODe" • • • •• 1'20
5333 "Tauben von 13urre, • . . • . . 2'50 StreIchquartett nr. 2, i'ls moll
Verklllrte nacht op. ~ op.10
Bearbeitung fOr Streldumhester fitr zwei l'lollnen, "1010 und "loIoneeIIo
6065 PartItur (nur gegen Reuers) . . . 12'- IlI. und IV. Satz mit (3esang nach (3edlchten tlOR
Steton George
Pelleas und ffiellsande op. 5 2993 Parflfür (Okfao). • • . . . . . . 5'-
299~ Sflmmen. . • . . . . . . . . . 12'-
Sinfonische Dlchfung 10r gra~es Orchesfer
3371 Parflfur (nur gegen Revers) • . . ~O'- . Kammersln!onle e: dur op. 9
Kammersln!onle e: dur op. 9 für 15 Solo·lnstrumente
Bearbeitung [Or Orchester 3667 Partitur (nur gegen Retters) . . . . 12'-
3661a Parutur (nur gegen Reuers) • • • 20'- 6aO ThemafIsch. Bnalyse (Berg) • . • -'35

DIe Sakobslelter PIerrot lunaIre op. 21


e:ln OratorIum Dreimal sieben GedIchte nach Hlbert Glraud
6061 Texlbuch . . . . . . . . . 1'50 533~ Parfifur (fOr BufiOhrung) . • . • . 15'-
6061 Dasselbe, BaUenausgabe . . 2'SP Dasselbe auf Bfittenpapler . • • . 25'-
5336 Sfudlenparfllur . . . . . . . . . ~'-
Bühnenwerke
e:rwartung Klauler ZU zwei Händen
IDonodram 2991 Drei KlaolersfOck. ap. 11. . • • . 2'50
5361 Orchesferparflfur (nurg.gen Reaers) 20'- 2992 Klatllerstnck op. 11, nt. 2, Konzert-
5360 Textbuch . . . . • • . • " _·~o m(Hjlge 3nterpr. tlOß rerr. Busont • 1'50
5069 Sechs kleine KlaalersfOcke ap. 19 1'50
DIe glückliche Hand
Drama mit musik
5670 Orchesferparflfur (nur gegen Reaers) 20'-
musiktheorie
5672 Texlbuch . . . • • • . . . . . _·~O 3370 Harmonielehre (ll. Huflag.). . . • 8'-

1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111"111111111111111111111111111111111111111111111111111

Hlezu \)erlegerzusd!lag. Zu beziehen durd! Jede Bud!- und IDuslkaUenhandlung


Universell·Edition 8 .• (5" Wien - keipzig
511
MUSIKBLATTER
. .

DES ANBRUCH
, . " ' . '

HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK


. .

SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:


NUMMER 11/12
Alban Berg _.................... ,_............. Die musikalisme Impotenz
]ames Simon ............ _................... Musikalischer Expressionismus
l-Ieinz Unger ... '" ....... _........ _. ... ... Vom Mahlerfest in Amsterdam
A. Casella ...._. ,_, ....... ,....... Festrede beim Mahlerfesf in Amslerdam
E. Wellesz .•................. _ ...... Epilog zum Mahlerfesf i,n Amslerdam
Bela Barl6k ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Ungarische Musik 11
Cesar Saerrninger ..................... '" ........_ ...... Musik in Amerika
Balduin Bri<hf ._ ......... "" ... '"' ............ ,.. _... ... ... Franz Schmidt
Rudolf Kastner ...... '" .__ ... '" ...... '" ... ... Westdeutsme Musikstädte
G I os sen: Meisferaufführungen Wiener Musik (I) von R. Si. Hoffmann ;
Hauseggers Dirigentenzeil in Hamburg von Robert Müller-Harlmann;
Kammermusik In Amsterdam von Paul SIefan ; Das biogeneIische Grund-
gesetz in der Musik von Karl Weigl; Solislenaufslellung von R. SI. Höffmann;
Zur Reform der Onhesleraufstellung (Diskussionsbeilrage) ; Max Springers
Klavierwerke von Kamillo Horn I Besprechungen I Zu unserer Noten-
beilage I Neue Noten
Notenbeilagen: ). Rösenslod<, .. So regnet es sich langsam ein ...• ,
lied I Beispiele zu Bela Barf6k: Ungarische Musik

NUMMER 13
Paul Bekker .................................... Die "Rüd<kehr zur Natur"
Felix Saiten ...... '" .•. ... ... ... ... ... ... ...... ... Wien und die Musik
Alexander lippay: Einiges über die ästhetischen und künstlerischen Voraus-
setzungen der Lehrmethode franz Schrekers (I)
Guido Götti: Oie Klavierkomposifionen von Modest Pefrowilsdl Mussorgski
Max Broesike-Schoen ............ _...................... Musik in Dresden
o Ios s en: Meisteröufführungen Wiener. MUSix. (ll) von R. S'. H.; Epilog
I

von or. R. SI. Hofimönn; Glossen zum Tonkünsllerfest in Weimar von


Gisella Selden-Golh; Sprichwörter des Pessimisten von K. W.; Sdlreker·
Schüler Im Beruf / Bespremtingen I Wiener Kammeropei- I Zu unserer
Notenbeilage I Neue Noten
Notenbeilage: Lied der Jungfrau von A. Zemllnsky

512
VIOLINEN PIZZI K CO., VERLEGER
VIOLEN BOLOGNA, VIA ZAMBONIl
111 1111111 m111111111111111111 [lJIIUIIJ 1111 lIJlIlIJllIIlIIlIlIlIlIIlIlIIlIIllIIlll

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für Cello und Klavier lire 5"-

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für Violine u. Klavier lire 3"50
linz a. d. Donau ' Landsfra~e 30
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Verlag der Buchhandlung Richard Lanyi, Wien, I. Kärnfnersfra~e Nr. 44


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ifflff W ee?/
* =
Im November 1920 ersmeint:

ARTHUR PUNZEN
Sechs Radierungen zum "Lied von der Erde" von
GMstav Mahler
Die Mappe ersmeint in einer einmaligen Auflage von 100
vom Künstler numerierten und signierten Exemplaren
Nr. 1 bis 25 Vorzugsausgabe auf Kaiserl.Japan (jede Radierung vom Künstler signiert)
Preis c\" K 2500'- (Mark 1000'-, Francs 400'-, holl. Gulden 100'-)
Nr. 26 bis 100 Aul handgesmöpftem Bütten (jede Radierung vom Künstler signiert)
Preis ca. K 1800'- (Mark 800'-, Francs 250'-, holl. Gulden 75'-)
Subskriptionen übernimmt der Verlag und jede gufe Buch· und Kunsfhandlung
Prospekle übersendel der Verlag kostenlos I Nadl Emheinen wird der Preis der Mappe erhöht
,8< e '&N iiii*SD""'" ' ; !

Verlag der Buchhandlung Richard Lanyi. Wien, I. Kärntnerstra~e Nr. 44

513
Eine hervorragende Ausgabe für alle S<hönberg-Freundel

Im November 1920 erscheint die


Vorzugsausgabe der Partitur zu

Arnold Schönberg
GURRE-LIEDER
Prachtband mit Goldaufdruck, holzfreies Papier, vorzüglicher Notenstich,
Doppelfolio·format ,U. E. Nr. 6300. Die Ausgabe erscheint in einer einmaligen
Auflage von 100 vom Komponisten numerierfen und signierten Exemplaren
Subskriptionspreis ...... Mk. 375'- inklusive Verlegerzus<hlag
Nach Erscheinen wird der Preis der Ausgabe auf Mk.450·- erhöh!. Subskrip·
tionen nimmt jede Buch· und Musikalienhandlung sowie der Verlag entgegen

Universal-Edition Ä.-G .• Wien-Leipzig

Hermann
,
Zilchers Konzertwerke , t
WSb

"Die liebesmesse". Oidttung von Will Vesper. für gemischten Chor,


Knabenchor, Soli, Orgel und Orchester. Op. 27.
Aus dem Hohelied Salomonis. Ausgewählt aus den neudeutschen Nach·
dichtungen von Will Vesper. Variationen für zwei Singstimmen (Alt
und Bariton), Streichquarteff und Klavier. Op. 38.
Hölderlin. Sinfonischer Zyklus f. Gesang u. Orchester. Op.28(im Erscheinen).
Oeutsdtes Volksliederspiel. 16 Volkslieder für vier Singstimmen und
Klavier. Op. 32.
Sinfonie in A dur für Ordtester. Op. 17 (im Erscheinen).
Nadtl und Morgen. für zwei Klaviere, Streichorchester u. Pauken. Op. 24.
Konzert für zwei Violinen und Ordtesler, 0 moll. Op. 9.
Konzert für Klavier und Ordtesler, H moll. Op. 20.
Konzert in H moll für Violine und kleines Ordtesler. Op. 11.
Klage. Konzerlslü<k für Violine und kleines Ordtester. Op.22.
Konzerlslü<k für ViolonceIl und Ordtesler, A moll. Op.21.
Suite G dur für zwei Violinen und Ordtesler. Op.15.
QuintelICis moll f. Klavier, 2Violinen, Bratsdte u.Violoncell. Op.42.

- neUHle-eeee

VERLAG BREITKOPF
e.

& HARTL. LEIPZIG.BERLIN

514
2. Jah.rgang! Nummer 15 :1. Oktober-He:tt 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

E. N. v. REZNICEK
c c

D A s L E B E N
Aus der biographischen Sttidie von Prof. Max Chop, Berlin.
Emil Nikolaus v. Reznicek wurde am 4. Mai 1860 in Wien als Sohn des
Feldmarschalleutnants J osef v. Reznicek, eines bekannten österreich ischen Truppen'
führers der Sechzigerjahre, geboren. Seine Mutter, eine geborene Ghika, entstammte
einem &üher regierenden rumänischen Fürstengeschlechte. Beide Eltern sind über
den Durchschnitt musikalisch begabt. Daß für die Musikpflege im Hause um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts neben den Klassikern vornehmlich Meyerbeer,
Rossini, Verdi, eherubini in Betracht kamen, darf nicht auffallen, ebensowenig
die Tatsache, daß diese Geschmacksrichtung sich mit hartnäckiger Energie gegen
alle Neuerer, namentlich gegen Wagner auflehnte.
Die Verhältnisse im Elternhause brachten es mit sich, daß man der beim Zwölf,
jährigen mit immer größerer Entschiedenheit zu Tage tretenden Hinneigung zur
Musik erst ablehnend, später sogar eine Weile feindlich gegenübertrat. Der Dreizehn'
jährige schrieb in der Verborgenheit und Stille seines Zimmers seine ersten Musik,
stücke nieder, Lieder und Sonaten. Als Vorbilder dienten ihm Verdis und Wagners
Werke. Zu dem genialen Italiener zog ihn dessen unerschöpfliche Melodik, zu
Wagner das dramatische Pathos und die Größe der Konzeption. In das Wiener
Idyll griff die Übersiedlung der Familie nach Graz störend ein. Der junge Reznicek
verließ darum das Schottengymnasium und folgte den Eltern. Er bestand 1878 seine
Gymnasial,Reifeprüfung und ließ sich an der juristischen Fakultät der Grazer
"alma mater" als akademischer Bürger eintragen. Seine gesellschaftlichen Talente
und seine musikalische Begabung scharten einen großen Freundeskreis um ihn. Der
ausgezeichnete Professor Wilhelm Mayer war sein Theorielehrer. In diesen Stunden
lernte er neben Ferruccio Busoni auch Felix Weingartner kennen, mit dem ihn
dann nicht nur innige Lebensfreundschaft, sondern auch verwandtschaftliche

515
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6 Jahre (1866) 12 Jahre (1872)

20 Jahre. Konservatorist in Leipzig (1880) 40 Jahre. Wiesbaden (1900)

E. N. v. REZNICEK
Beziehungen verbanden. Seine erste Heirat fällt in jene Universitätsperiode. Der
einundzwanzigjährige Student reicht der siebzehnjährigen Milka Thurn aus W indisch-
Feistritz die Hand zum Bunde.
Im nächsten Jahre finden wir Reznicek am Konservatorium in Leipzig wieder
als Schüler Carl Reineckes und Salomon Jadassohns. Es war ein Jahr unermüdlicher
Arbeit. Bald bot das Lesen selbst komplizierter Partituren keinerlei Schwierigkeiten
mehr. Auch die Direktionstechnik war leicht begriffen. Unter den Kompositionen
aus diesem Jahre (1883) fällt besonders eine symphonische Suite in E moll nach Form
und Inhalt auf. Sie ist dreisätzig (Ouvertüre, Andante, Scherzo-Finale) und zeigt
die kundige Hand eines sicheren Gestalters schon in bemerkenswerter Weise.
Dr. Muck hat sie späterhin in Prag aufgeführt. Daneben erstand eine Anzahl von
Liedern und Sonaten.
Als Reznicek 1884 als hervorragender Schüler des Leipziger Konservatoriums seine
Abgangsprüfung betanden hatte, wandte er sich zunächst wieder nach Graz, um hier
der Praxis als Theaterkapellmeister sich zu überantworten. Er begann als Kor-
repetitor unter Kapellmeister Skraups Leitung. Skraup selbst war über die Gelehrigkeit
seines Schülers derartig erfreut, daß er ihm ein Jahr später (1885) ein Engagement
als Chordirigent und zweiter Kapellmeister an das Stadttheater in Zürich verschaffte.
Nach einer Saison winkte ihm der Posten eines ersten Kapellmeisters am Stettiner
Bellevue-Theater, einer kleinen Operettenbühne, an der er mit seinen künstlerischen
Absichten nichts auszurichten vermochte. Kurz entschlossen siedelte er nach Berlin
über, in der Hoffnung, hier würde sich für ihn eine zusagende Stellung finden. Die
Hoffnungen, die Reznicek an Berlin geknüpft hatte, erfüllten sich jedoch nicht. Er
war nicht der Mann, der in die Intrigen- und Protektionswirtschaft des reichshaupt-
städtischen Theaterbetriebes paßte. So versuchte er sein Glück weiter an den
Operettenbühnen in Jena und Bochum. Für den Rest der Saison kehrte er nach
Berlin zurück und war am W allner-Theater tätig; eine seiner kläglichsten Stellungen!
Der Leidensweg des jungen Musikers war jedoch damit beendet.
Vom Stadttheater in Mainz traf ein Ruf ein und Reznicek leistete Folge.
In der Zwischenzeit war aber in Prag die Stellung des Militärkapellmeisters beim
88. Inf.-Reg. frei geworden. Kurz entschlossen, angesichts der Miseren des Theater-
kapellmeister-Berufes, bewarb sich Reznicek um den Posten und erhielt das Amt.
Nunmehr kam Reznicek auch als Schaffender allmählich zur Geltung. Im Anfang
des Jahres 1886 hatte er seine Erstlingsoper nDie Jungfrau von Orleans" begonnen.
Im Herbst desselben Jahres lag die Komposition beendet vor. Diese Oper war vom
Komponisten aus Mainz beim Prager Landestheater eingereicht und dort angenommen
worden. 1887 und 1888 folgten zwei neue Opern, die ebenfalls in Prag ihre Urauf-
führung erlebten.
Im Juli 1894 hatte Reznicek einen neuen Stoff für ein Bühnenwerk entdeckt
und sich mit Eifer seiner Bearbeitung zugewandt: Moretos nDonna Diana". Es
sollte ein Volltreffer werden. Die Ouvertüre zu nDonna Diana", dieses Kabinettstück
musikalischer Feinkunst, die man getrost neben Smetanas n Verkaufte Braut" und
Cornelius' nBarbier von Bagdad" stellen darf, ist an einem Vormittag konzipiert,
niedergeschrieben und instrumentiert worden. Die ganze Oper erstand in Partitur
innerhalb weniger Wochen. Sie kam am 16. Dezember 1894 am Landestheater zur
Uraufführung und hatte einen beispiellosen, jubelnden Erfolg. Mit einem Schlage war
Reznicek ein berühmter Mann und in den Brennpunkt des europäischen Kunstlebens

516
gerückt worden. In diese Zeit fällt noch die Komposition eines Reqniems in D moll
in memoriam Francisd Schmeika1i, des Prager Politikers, zu dessen Fertigstellung
die Gesellschaft zur Förderung der deutschen Wissenschaft, Kunst und Literatur
den jungen Tondichter veranlaßt hatte, eines geistlichen Chorwerks (sechsstimmig,
zwölfteilig) mit Orchester, Orgel und Glocken.
Daß Reznicek seinen militärischen Posten in Prag längst aufgegeben hatte, muß als
äußeres Lebensdatum nachgetragen werden. Bei einem kurzen Aufenthalte in Leipzig
als Dirigent des Musikfestes erfuhr Reznicek vom Freiwerden des Mannheimer
Hofkapellmeisterpostens. Da ihm der Wirkungskreis zusagte, bewarb er sich (mit
Erfolg) um die Stellung.
Im Höhepunkt der allgemeinen Beliebtheit Rezniceks in Mannheim setzt mit
Beginn der Saison 1898/99 ein zielbewußtes Ränkespiel gegen den hervorragenden
Künstler und Menschen ein. Die Verhältnisse spitzten sich derartig zu, d~ß Reznicek
selbst beim Intendanten um Enthebung von seinem Posten einkam. Er siedelte
im Jahre 1902 nach Charlottenburg über und ist hier - kleine Unterbrechungen
abgerechnet - seit achtzehn Jahren seßhaft geblieben. Im Beginne des Winters 1906/07
reiste er mit einem seiner Kompositionsschüler nach England und leitete in Queen's
Hall eine Reihe von Konzerten, in denen er auch seine D dur Symphonie erfolgreich
zur Aufführung brachte. Im November kehrte er von London nach dem europäischen
Kontinent zurück, um sich sofort zum, Antritt einer neuen Stellung als Opern...
kapellmeister nach Warschau zu begeben. Reznicek zog dort zur Mitwirkung bedeutende
Solisten heran, brachte auch eine stattliche Anzahl moderner Werke zur Aufführung.
Mit Ende der Saison 1909 ging aber das Theaterunternehmen in andere Hände über
und auch sein Posten wurde vakant. In Berlin hatte Hans Gregor einige Jahre zuvor
seine "Komische Opee' an der Weidendammer Brücke geschaffen. Seine Kapellmeister...
wahl fiel jetzt auf Reznicek, der dem Rufe folgte und neben Selmar Meyrowitz und
Ignaz Waghalter das Dirigentenamt annahm. Mit dem Ausgang der Spielzeit 1910/11
hörte diese fruchtbringende Arbeit auf. Die Berliner "Komische Operl~ ging ein.
Sechs Jahre waren seit der Niederschrift der Orchesterfuge in Cis moll (1906)
verstrichen, ohne daß Reznicek zum Komponieren gekommen war. Außer seinem
anstrengenden Berufe hatte er auch noch für kurze Zeit ein Amt als Theorielehrer
am Klindworth,Scharwenka,Konservatorium zu Berlin verwaltet. Nunmehr drängte
es ihn nach Arm&eiheit. Die gleichsam zurückgehaltene und angesammelte ton,
dichterische Potenz verlangte danach, sich Genüge zu tun. Und so sehen wir den
Meister in den Jahren voller LebensreHe, als Fünfziger, in fast jugendlich feuriger
Aufeinanderfolge Werk an Werk reihen. Es folgte eine Uraufführung der andern:
"Der Sieger U - "Frieden U - "In memoriam" - "Bet. . und Bußlieder ll - "Traumspie1"
(zu Strindbergs Bühnenwerk) - das a cappella Chorwerk "Vater unser" - die

1917/18 vollendete Oper .Ritter Blaubart" - die Symphonien in D dur und Fmoll
sowie ein Violinkonzer t.
Im März 1919 berief die Berliner Akademie der Künste den Meister in ihre
Reihen und trug damit eine alte, längst fällige Schuld ab. Zahlreiche ehrende Anträge
großer Institute sind in letzter Zeit an Reznicek ergangen. Er hat sie allesamt
dankend abgelehnt, um ungestört seinem Schaffen weiterzuleben. Der Blick in die
Zukunft mag ihm und uns ein verheißungsvoller sein. Denn wir erwarten von ihm
noch Bedeutsame s.
o 0

517
AUS DEN P RAG E R TAG E N
Von W ilhelm Klein, Prag
Es war im Frühjahr 1887, als in Prag eine aristokratische Gestalt mit ungewöhn,...
lieh großem, prächtig-schwarzem Bart, die die Mitte der Zwanzigerjahre eben hinter
sich hatte, eintraf. Emil Nikolaus Freiherr von Reznicek, ein geborener Wiener, Sohn
des Feldmarschalleutnants von Reznicek und seiner Gemahlin Fürstin Clarisse
Ghika, hatte seine juristischen Studien in Graz, wo er zugleich bei Dr. Wilhelm
Mayer gemeinsam mit Felix Weingartner musik~1ischen Unterricht genoß, verlassen,
und entschlossen, sich ganz der Musik zu widmen, bezog er das Leipziger Konser-
vatorium, nach dessen Absolvierung er eine Reihe VOll rasch verschiedenen Theater ..
kapellmeisterstellungen bekleidete, was seiner praktischen Ausbildung zugute kam.
Dabei entstand seine erste Oper, "Die Jungfrau von OrleanslI, die er dem Prager
Deutschen Theater anbot. Angelo Neumann erkannte sofort, daß es hier ein wirk-
liches Talent zu fördern gab und nahm das Werk zur sofortigen Aufführung an.
Diese freudige Überraschung brachte Renzicek zu dem Entschluß, im goldenen Prag
sich seßhaft zu machen und als im Sommer desselben Jahres sein Erstlingswerk
unter Dr. Mucks Leitung die Probe bestand, so ging der junge Meister sofort daran,
eine neue Oper zu komponieren. Da er literarische Fähigkeiten zur Genüge besaß,
um sich seine Textbücher selbst zuzurichten, so nahm er die Übersetzung des Epos
Satanella von Koschitzky zur Hand, dramatisierte sie, und die wiederum sofort
aufgeführte Oper Satanella errang einen starken Erfolg, der dem Komponisten
die dauernde Hochschätzung Angelo Neumanns und viele enthusiastische Freunde
eintrug. Aber da diese Opern sowie eine dritte, Emerich Fortunat, deren Stoff der
Komponist selbst erfand und die 1890 gleichfalls erfolgreich gegeben ward, Manu-
skript blieben, so drang sein Ruf nicht über die Bannmeile von Prag hinaus und
das finanzielle Erträgnis war gering. So entschloß sich Reznicek, der eine junge
Frau und einen reizenden Sprößling (der sich nun im Weltkrieg als hervorragender
deutscher Flottenoffizier das eiserne Kreuz.; erster Klasse erworben hat) zu ver-
sorgen hatte, eine MilitärkapellmeistersteIle anzunehmen, die er mit seiner eisernen
Energie anfaßte und seine Kapelle zur vollen Blüte brachte; zur großen Freude
seines kleinen kugelrunden Musikhauptmanns, dessen Gesicht noch nach Jahren
bei Begegnung mit Reznicek in hohem Glanze strahlte.
Diese Herrlichkeit dauerte zweieinhalb Jahre und nahm dann zum Heile des
Komponisten ein dramatisches Ende. Der heißblütige Künstler, gereizt durch eine
hämische Bemerkung, ließ sich zu einer tätlichen Beleidigung hinreißen, für die er
ritterliche Genugtuung leistete. Aber er mußte nun seine KapellmeistersteIle nieder-
legen und benutzte die unfreiwillige Muße zur Schöpfung einer neuen Oper, der
Donna Diana. Der Schreiber dieser Zeilen hatte damals das Glück, dem Komponisten
näher zu treten, von dem er bis dahin keinerlei Notiz genommen hatte. Er war
eben von einer halbjährigen Forschungsreise zurückgekommen und fand zu seiner
Freude seinen alten Freund Rudolf Kryzanowski als Kapellmeister des Deutschen
Theaters und gleichzeitig als Kollegen in der "Gesellschaft zur Förderung deutscher
Wissenschaft, Kunst und Literatur" vor, die, 1891 gegründet, den Rang einer
Akademie rasch erreicht hat. Nach einer Sitzung der Kunstabteilung dieser Gesell-
schaft sprach deren Präsident und Gründer, Hofrat Prof. Philipp KnolI, zu Kryzanowski

518
von den Talenten deutsch-böhmischer Komponisten, worauf dieser die entschiedene
Antwort gab, er kenne nur ein musikalisches Volltalent, das sei der Herr von
Reznicek. Eine bedauernde Bemerkung Knolls ließ erkennen, daß dieser eifrige
Musikfreund zwar diesem Urteil beistimmte, aber die "Affäre" schien ihm ein
schweres Hindernis für dessen Förderung. Mir aber machte der kräftige Ausspruch
lebhaften Eindruck und als mein Freund fortfuhr und mir von dem überwältigen-
den Eindruck erzählte, den ihm unter der Masse der von aner Welt in die Theater-
kanzlei eingereichten Opern, die er als Schund erklärte, die nDonna Diana" als sie
ihm in die Hände gekommen sei, gemacht habe, und daß er sofort an deren Ein-
studierung geschritten sei und mir von dieser Oper vorschwärmte, so richtete ich
an ihn die Bitte, ob er mich mit Reznicek bekannt machen wollte, was er sofort ver...
sprach, nicht ohne ein Kraftwort über die sogenannte gute Gesellschaft, die sich
jetzt von Reznicek zurückgezogen habe, auszusprechen. Wenige Tage d~rauf fand
unsere Zusammenkunft in einem Gasthausgarten statt. Der erste Eindruck, den ich
vom überaus liebenswürdigen, fein gebildeten Wesen Rezniceks, von~seinem sprudeln...
den Humor und seiner Art, in Hyperbeln zu sprechen, empfing, war der eines
großen künstlerischen Genius, und da ich in meinen früheren Wiener Tagen das Glück
hatte, mit Künstlern, auch ersten Ranges, zu verkehren, so war ich dem Geschick
besonders dankbar, das mir nun in Prag einen solchen Fund beschied. Wir schlossen
sofort Freundschaft, die vom Jahre 1894 bis heute unerschüttert blieb. Mein erstes war,
einen Kreis junger befreundeter KoIIegen, die schon mit Kryzanowski bekannt
waren, nun mit dem neuen Freunde bekannt zu machen und Reznicek schloß sich
ihm eng an.
Wir speisten im selben Gasthaus, besuchten gemeinsam das Kaffeehaus, Sonn-
tags gab es in meinem Institut eine gemütliche Zusammenkunft und bald stand
der ganze Kreis im Banne der starken Persönlichkeit. Unser Kapellmeister sprach
uns fast nur mehr von den Schönheiten der Donna Diana, aber er ergriff doch so..
fort die günstige Gelegenheit, die sich ihm bot,: ein neues Werk Rezniceks aus der
Taufe zu heben. In der Förderungs-Gesellschaft war durch den Tod des damaligen
politischen Führers der Deutschen in Böhmen, Dr. Schmeikal, der Gedanke erwacht,
ein Requiem für den Verstorbenen komponieren zu lassen, und nun ließ Knoll alle
Bedenken fallen und stimmte dem Vorschlag bei, diesen Auftrag Reznicek zu geben.
Es war das einzigemal, daß Kryzanowski in der Vollversammlung eine Rede hielt.
Sie begann mit dem Kraftwort: "E. N. von Reznicek, welcher den Pragern mehr
durch eine Skandalafrare im Deutschen Hause, als durch sein kolossales Talent
bekannt ist", und hatte den Erfolg der einstimmigen Bewilligung. Reznicek warf
sich nun mit glühendem Eifer auf die neue Arbeit und bald nach der Uraufführung
der "Donna Diana", folgte auch die des Requiems. Die Aufnahme dieser Oper
übertraf die hochgespannten Erwartungen. Weingartner war zu dem Ereignis
eingetroffen und konnte seinen alten Freund beglückwünschen. Das Publikum
bereitete dem Komponisten stürmische Huldigungen, das entzückende Zwischenspiel
wurde, wie später fast überall, wiederholt und noch in derselben Saison wurde dies Werk
vierzehnmal gegeben. Die berühmt gewordene Ouvertüre fand jedesmal begeisterte
Aufnahme. Schuch in Dresden und Weingartner in Berlin haben in Konzerten
Ouvertüre und Zwischenspiel in Meisteraufführungen zu Ehren gebracht und die
"Donna Diana U fand unter Mottls Leitung in Karlsruhe eine Aufführung, die für
ihre aIIgemeine Verbreitung entscheidend wurde. In Prag wurde noch das Requiem

519
gegeben und mit rauschendem Beifall aufgenommen; es hat auch in Mannheim
bei Gelegenheit des deutschen Tonkünstlerfestes die gleiche Aufnahme gefunden.
Aber nun war Reznicek zu berühmt geworden, um weiter in Prag zu bleiben. Im
Winter 1895 mußten seine Freunde die Mitteilung entgegennehmen, daß er vom
1. September 1896 als Hofkapellmeister in Mannheim engagiert sei und in der
Zwischenzeit am Hoftheater in Weimar dirigieren werde, den Prager Staub aber
sehr bald von seinen Füßen abzuschütteln gedenke, und so geschah es. Aber
Rezniceks Beziehungen mit Prag waren doch mit seinem,:Weggang noch nicht ganz
zu Ende. Im Jahre 1898 war das fünfzigste Jahr der Regierung des Kaisers Franz
Josef, an dem sich auch die Prager Förderungs-Gesellschaft zu beteiligen anschickte.
Reznicek, der ihr korrespondierenees Mitglied geworden war, erhielt den Auftrag, eine
Kaiserjubiläumsmesse zu komponieren. Sie wurde unter seiner persönlichen Leitung
hier aufgeführt und der Eindruck bleibt denen, die das Werk damals hörten, unvergeß-
lieh. Von dem weiteren künstlerischen Aufstieg E. N. von Rezniceks haben die
Prager leider nur Zeitungsberichte.
o 0

DIE ORCHESTERWERKE
Von Arthur Dette, Dessau
Die orchestralen Werke nehmen im Gesamtschaffen Rezniceks einen ziemlich
breiten Raum ein. Ein geradezu erstaunlicher Fleiß, ein fast titanischer Schaffens-
drang und Wille muß in diesem Komponisten stecken, der bei der Vielfältigkeit
seiner Berufsarbeit - er war in früheren Jahren auch als nachschaffender Künstler,
als Kapellmeister tätig - Werke dieser Gattung von höchstem künstlerischem Ge-
präge und nicht unbeträchtlichem Umfange hervorbringen konnte. Daß die inneren
Werte der Werke nicht einer verdienten Anzahl von Aufführungen und weitgehend-
ster gebührender Beachtung nicht die Wage halten, ist keineswegs Schuld des Kom-
ponisten. Die Lässigkeit der meisten Dirigenten modernem Schaffen gegenüber er-
klärt alles - und die wenigen Ausnahmen vermögen eben nicht, Wande! darin zu
schaffen. An Orchesterwerken schrieb Reznicek drei Sinfonien: eine "tragische" in
D moll, eine "ironische" in B dur und (sein letztes sinfonisches Werk) eine Sinfonie
in D dur für kleines Orchester, die Nikisch 1919 im Gewandhaus zu Leipzig zur
Uraufführung brachte, ferner eine "Lustspie!ouvertüre" und eine "Idyllische Ouver-
türe", zwei sinfonische Suiten (in E moll und D dur), "Der Sieger", sinfonisch . . satiri ...
sches Zeitbild für Altsolo, Chor und Orchester und die sinfonische Dichtung
"Schlemihl" für großes Orchester. Es sind dies die hauptsächlichsten Werke für
Orchester und seine bedeutendsten. Aus einer Anzahl kleinerer Orchesterwerke sei
nur noch die entzückende "Serenata für Streichorchester" hervorgehoben.
Reznicek gehört als Komponist zu jenen, denen die Form kein Tummelplatz
für Willkür ist; seine sinfonischen Werke sind von einem wahren Geist des.
klassischen Formideals erfüllt. Künstlerische Umgrenzung und Umfriedung, der
Ausdruck einer strengen künstlerischen Selbstzucht, der inneren Notwendigkeit,..
der aus dem Wesen der logischen Entwicklung eines seiner selbst bewußten Kunst ...
werkes fließenden geistigen Verarbeitung der Idee, die in der Form nicht eine hin..
dernde Schranke, sondern ein mehr naturgemäßes Gefäß für den künstlerisch,

520
geklärten Inhalt empfindet, sind die typischen Merkmale der Reznicekschen sinfoni,
sehen Werke. Nehmen wir von den größeren Instrumentalwerken eines heraus: die
B dur,Sinfonie. Diese (und vor allen Dingen die letzte in D dur, die aher in Er,
mangelung der Partitur nicht eingehend besprochen werden kann) nimmt unter
den modernen Werken ihrer Art nacH eine AusnahmesteI1ung ein, insofern, als
ihre Besetzung die denkbar einfachste ist. Ein Orchester von Beethovenscher Größe:
eine kleine, zwei große Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, je zwei
Hörner und Trompeten, ein Paar Pauken, Streichquartett. Das ist alles. Und mit
diesem kleinen Orchester bringt Reznicek ganz verblüffende Wirkungen hervor.
Was das Orchester dieser Sinfonie an schönen, wirksamen und charakteristischen
Klangfarben produziert, ist erstaunlich. Aber auch die Thematik der vier formell
im allgemeinen den klassischen Vorbildern nachgebildeten Sätze sichern dieser Sin,
fonie ihre überragende Bedeutung unter den sinfonischen Werken der Neuzeit.
Ein ganz anderes Profil zeigen die sinfonischen Dichtungen "Der Sieger" und
"Schlemihl". "Der Sieger" wird von Reznicek ein sinfonisch'satirisches Zeitbild ge,
nannt. Ein merkwürdiges Stück, das der Komponist hier mit all seinem Können
gestaltet hat, ein Bekenntnis seines Fühlens und Denkens, eine Auseinandersetzung
mit seiner Zeit. In einem Programm teilt Reznicek mit, daß "Der Sieger U ein
Gegenstück zu "Schlemihl" sein soll. Im Mittelpunkt steht ein kalter, kühner und
unternehmender Mensch, der der Liebe entsagt, sich eine Gefährtin seiner Wesens. .
art nimmt und schnell den Gipfel des Erfolges erreicht und große Reichtümer er,
wirbt. Plötzlich erkrankt er und stirbt vereinsamt nach hartem Todeskampf.
Kein idealistisches, wohl aber ein zeitgemäßes Thema. Eine besonders gewaltige
Eingebung ist der zweite Satz, "Der Tanz um das goldene Kalb". Es ist ein meister,
lieh in dreiteiliger Rondoform gefügtes Scherzo, unheimlich, ja verwirrend in seinem
höllischen Taumel, in der atemlosen Wut und Gier seines Hinrasens.
Befreiung und verklärender Schönheit voll ist der Schlußsatz. Ein Todeszug von
milder Feierlichkeit mit seinem zart aufrausehenden, zur ewigen Ruhe einsingenden
Liebeslied. Im ganzen ist HDer Sieger ein Werk von höchster Bedeutung, das wohl
l
'

einzig in der einschlägigen Literatur dasteht. Die Eigenkraft dieser Musik, die Präg,
nanz und Treffsicherheit dieser ernsten Musiksatire großen Stils, die wundervolle
Orchesterbehandlung, die Farbenfreude und Phantasiekraft stellen Reznicek mit
Mahler und Strauß auf eine Stufe.
"Schlemihl", für Tenorsolo, großes Orchester und Orgel geschrieben, hat mit
ehamissos gleichnamigem Helden nichts zu schaffen. Es ist ein "sinfonisches Lebens'
bild" eines vom Unglück verfolgten und von Schicksalen hin, und hergeworfenen
Menschen.
Man hat Rezniceks "Schlemihl" und Strauß' "Heldenleben" oft gegenüber ge,
stellt. Man könnte ja eine solche Parallele bis ins Detail verfolgen, könnte die
phantastische Orgie mit ihren verzerrten Themen und grotesken Instrumentations..
effekten den "Widersachern" gegenüberstellen und die Charakteristik der Frau, die
Liebesszene und das Familienglück mit "Des Helden Gefährtin" vergleichen - aber
alle diese Anlehnungen und Weiterbildungen eines älteren Programms bilden nur
ein äußerliches Kennzeichen der Tondichtung. Musikalisch führt Reznicek sein
dichterisches Programm durchaus selbständig durch; er bringt auch durch die Auf,
nahme von Gocthes "Wanderers Nachtlied ll einen eigenen, freudig . .zuversichtlichen
Ausklang des realistisch gezeichneten Lebensbildes, das in der Aufstellung und

521
Durchführung der Themen überall die Meisterhand eines phantasiereichen, modernen
Musikers zeigt.
Aber auch für das Volkstümliche weiß Reznicek die rechten Töne anzuschlagen.
Unsere Zeit krankt entschieden an einer dichterisch'philosophischen Überlastung
der Musik. Dichtung und Musik zeigen eine fast unaufhaltsame Abwendung vom
Volkstümlichen. Echte Suiten, Serenaden oder Lustspielouvertüren sind sehr selten.
Nur wenige Meisterproben sind irl den letzten Jahren geboten. Rezniceks reizvolle
Lustspielouvertüre und die durch seine Instrumentalwirkungen, hübsche Erfindung
und leichte, durchsichtige Arbeit gleich ausgezeichnete Suite in D dur sind Kraft,
proben eines sonnigen Humors und eines in unserer reflexionswütigen Zeit wohl...
tuenden volkstümlichen Einschlags.
Mögen diese kurzen Betrachtungen helfen, Rezniceks bedeutenden Instrumental,
werken den Weg in die Konzertsäle in höherem Maße als bisher zu öffnen. Eine
größere Broschüre über das Gesamtschaffen und Leben Rezniceks wird eine ein'
gehendere Beschäftigung bringen. Sie soll noch in diesem Jahre abgeschlossen
werden.
o 0

"R I T T E R B L A u B A R T"
Von Paul Bekker, Frankfurt
Vierzehn Jahre sind vergangen, seit Herbert Eulenbergs Märchenstück "Ritter
Blaubart" im Berliner Lessingtheater aufgeführt und mit einem Theaterskandal be'
grüßt wurde. Man sollte dieses Urteil über Eulenbergs "Blaubart" ein wenig revi'
dieren. Die Hebbel, und Shakespeare,Reminiszenzen in der Titelrolle und einzelnen
Episoden zngegeben - aber der erste und zweite Akt dieses Werkes zeigen nicht
nur eine gestaltenbildnerische und sprachliche Kraft von ungewöhnlichem Schwunge
und kühner dichterischer Intuition, es steckt auch bühnensinnliches Leben
darin und eine naive Sicherheit der Theaterbegabung, die damals hätte starke Er'
wartungen wecken müssen. Der dritte Akt freilich zerbricht, eine eigene Lösung
wird nicht gefunden. Die Fassung des Opernbuches weicht hier anscheinend von
der des Schauspieles ab. Blaubart fällt nicht durch den Bruder der bei den letzt'
gemordeten Frauen, er kommt um im Brande des Schlosses, wird "erlöst", Der-
Geist der romantischen Heldenbaritone von Hans Helling und Vampyr über den
fliegenden Holländer bis zu Wotan und Amfortas geht um und zeigt, daß hier
wohl ein Weg angebahnt, ein Ziel aber noch nicht erreicht wurde.
Sehen wir ab von diesem Feuerzauber . . Finale, so bleibt ein Text, der, mag man
über ihn als Literatur streiten, als Opernbuch erstaunliche Ausdeutungsfähigkeit er,
weist. Was im gesprochenen Dialog irgendwie peinlich, störend, unvollkommen er. .
scheinen konnte, gewinnt durch die Musik nicht nur Daseinsberechtigung - es
wird lebendig, glaubhaft, überzeugend, löst Anregungen von bedeutsamer Kraft für
den Musiker, zwingt den Hörer und spinnt ihn ein in jene seltsame, geheimnis . .
volle Erscheinungswelt des Traumlebens, deren Spiegelung wir gerade heute von der
Kunst erwarten. Zumal wenn die Musik sich nicht zur Sklavin des Textes macht,
wenn sie nicht instrumentierte oder deklamierte Literatur sein will, sondern von
innen her singt und Worte und Szenen dem breit fließenden Strom dieses Gesanges
nur Bett und Richtung geben.

522
E. N. v. Reznkek hat aus solchem Drang und Willen heraus die Komposition
des Eulenbergsehen Buches gewagt, und sie ist im wesentlichen gelungen, so gc. .
lungen. daß dem Werk über den einmaligen aufrichtigen Erfolg hinaus Aufnahme
in den Spielplan wenigstens der großen führenden Opernbühnen zu wünschen ist.
Es gehört zu den Stücken, die gezeigt werden müssen. Echtes Schöpfertum leht
darin und ein künstlerisches Vermögen, das aus Eigenem werden und wachsen läßt.
Dies zu sagen jst um so größere Freude, als Reznicek bisher, seit seiner "Donna
Diana" der durchgreifende Erfolg versagt geblieben ist. Und doch gehört gerade er
zu den Wenigen, die unbeirrt durch Moden und Tagessensationen ihren besonderen
abseitigen Weg gegangen sind, klug, ein wenig skeptisch, ein wenig sarkastisch,
humorvoll, ein wenig ironisch. .beobachtend, zum Führer nicht berufen, zum Ge...
führtwerden aber doch zu selbständig, kritisch veranlagt, mit feinem Spürsinn für
die technische Erfindungskraft der Gegenwart, das Brauchbare davon ges,chickt auf,
greifend - im Grunde aber doch stets die klang' und sinnenfrohe Österreicher'
natur, die nicht spekulieren, sondern musizieren will. So ein Mensch und
Künstler, den man in seiner Mischung von Urwüchsigkeit des Empfindens und
Kultiviertheit des Geschmackes gern haben muß und demgegenüber man sich freut,
daß es noch immer Erscheinungen dieser Art gibt. Er persifliert sich selbst in einer
seiner letzten sinfonischen Schöpfungen als "Peter Schlemihl 11; der jetzt fast schon
Sechzigjährige mag im Symbol des fehlenden Schattens das des versagten Erfolges
in der Welt gesehen haben - ein Schicksalsschluß, der ihn nicht hindert, seine
Künstlermission treu und selbstlos weiter zu erfüllen.
Nun kommt !tRitter Blaubart U und man sieht mit einem Male die Zusammen...
fassung eines solchen Lebens. Eine ganze Zeitepoche spiegelt sich hier, Wagnerische
Ideen spuken, Straußsches Orchester funkelt, italienisierende Melodik, in süddeutsche
Gefühlswärme um geschmolzen, singt. Die bizarre Phantastik der Dichtung lockt
den skeptischen Träumer, die Mischung mit grellen Realismen regt sein illustratives
Talent an. Gleich das erste Bild: Vater und Bruder der künftigen Gattin auf Blau'
barts Schloß, die balladenhafte Erzählung vom ungetreuen Freund, dem Verführer
der ersten Frau, gibt die drohencVunheimliche Stimmung mit knappster Prägung
und Prägnanz. Die gefährliche Szene im Grabgewölbe wächst durch die Kraft der
Musik zu einer Dämonie des Ausdruckes, die das Schauerliche völlig vergessen läßt.
Blaubarts Geigenton klingt so weich und schmerzlich, daß das äußere Bild über
der Gefühlserkenntnis menschlicher Tragik verblaßt. Eine prächtige Finalsteigerung
bringt das dritte Bild: das Hochzeitsfest mit Judith im stürmisch ansteigenden Brio
der Abreise. Im zweiten Akt die düster lastende Ruhe des schwarzen Teiches, aus
der die Leiche des erschlagenen Freundes immer wieder nach Blaubarts Frauen zu
greifen scheint, ihn stets von neuem zum Argwohn, zur Prüfung treibt. Musikalisch
in üppiger und doch nicht überladener Farbengebung dargestellt, die schwüle, träge
Stille des Sommertages, die anfänglich idyllische Heiterkeit des Zwiegesprächs
zwischen Blaubart und Judith, die Steigerung zur Schlüsse!übergabe, Blaubarts er,
regter Abschied, das wehmütige Lied der Judith, die kurze Aussprache mit dem
blinden Diener Josua, der Kampf mit der Lockung des Schlüssels, Entdeckung,
Blauharts Rückkehr, Ringen mit Josua, das sinfonische Zwischenspiel bei Ermordung
der Judith und dann das den Kreis dieses Aktes rundende Schlußbild : Blaubart in
vernichtendem Selbstvergessen aus dem Teich trinkend. Dies alles in ständig an. .
schwellender, gegensätzlich belebter musikalischer Gestaltung, im orchestralen wie

523
vokalen Ausdruck stets zwingend und innerlich lebendig, der Gefühlsstrom über'
sichtlich und mitreißend geleitet, dabei warm und melodisch beredsam fließend.
Rezniceks sinfonische Kunst kommt diesem Werk besonders zugute. Unaus . .
sprechbares, Undarstellbares, wie etwa die Ermordung der Judith, fügt sich hier zwang-
los im natürlichen Bau der Entwicklung dem musikdramatischen Organismus .ein.
Der dritte Akt klingt ab. Judiths Begräbnis, die Entführung der jüngeren
Schwester vom Grabe der älteren, die Szene der beiden Leichendiebe, die den Mord
entdecken, dann auf Blaubarts Schloß der blinde J osua als Brandstifter und die
Schlußszene: Agnes' Todessprung vom Söller, Blaubarts Feuerhymnus - dies alles
zeigt noch die feine, kunstgeübte Hand, aber nicht mehr die Fähigkeit, über das
bisherige innerlich hinauszugelangen. Hier ist doppeltes Erlahmen: der Dichter ver-
sagt und der Musiker rettet sich in die Wagnerwelt. Aber trotzdem - oder viel-
leicht gerade deswegen - wollen und dürfen wir ein solches Werk nicht kurz und
hochfahrend abtun. Es kommt nicht darauf an, "Richtungen" zu propagieren oder zu
bekämpfen. Alles Lebendige, Erzeugte, nicht "Gemachte" hat Anspruch auf Pflege.
D D

ZUR URAUFFÜHRUNG VON "RITTER BLAUBART"


Von Leopold Schmidt, Berlin
Die Sage vom Ritter Blaubart und seinen Frauen, altfranzösischen Ursprunges,
hat schon im 18. Jahrhundert den Komponisten Opernstoffe geliefert.
Eulenbergs "Blaubart" ist wohl die eigenartigste und bedeutsamste dramatische
Fassung der Märchenidee und zugleich das literarische Denkmal einer anbrechenden
neuen Epoche.
Inhaltlich läßt er den Kern des Märchens unberührt. Nur daß er mit dem Ende
beginnt. Wir erleben das letzte Abenteuer des Ritters mit dem unheimlich blau-
schimmernden Barte (dem äußeren Zeichen seines Dämonentums). Schön Judith,
deren Vater und Bruder Blaubart auf einer Jagd in sein Schloß geladen hat, wird
die Seine und fällt, wie ihre Vorgängerinnen, seiner Blutgier zum Opfer. Am offenen
Grabe verführt der Unmensch die eigene Schwester der Ermordeten und nimmt sie
mit sich zu neuer Wollust. In der Charakterisierung und Motivierung aber hat es
der Dichter verstanden, dieser hartgemeißelten MärchengestaIt versöhnlichere Züge
zu geben, sie in den Kreis des Allgemein-Menschlichen zu rücken und dem Gefühl
des Grau~ns das des Mitleids für seinen Helden beizumischen. Dieser Blaubart ist
das Produkt einer verfehlten Erziehung, ein erblich belasteter Psychopath. Ein
faustischer Grübler in der Einsamkeit, getrieben von donjuanhafter Liebesdämonik.
Wie Lohengrin stellt er das Verbot als Prüfstein der Treue auf und geht daran zu-
grunde, daß er sich nicht so geliebt sieht, wie seine Natur es verlangt. Die sadistische
Form der Gefühlsauslösung wird so gewissermaßen nur zu einer Begleiterscheinung.
Vielleicht hat Eulenberg, indem er den (bei krankhaften Naturen sich bis zur Grau-
samkeit steigernden) Ehrgeiz der männlichen Liebesempfindung zum Hauptmotiv
machte, den eigentlichen, geheimsten Sinn der Sage enthüllt. Jedenfalls hat er das
Blaubartproblem von einer neuen Seite gesehen. Für die musikalische Ausgestaltung
mußte die wortreiche Dichtung natürlich stark gekürzt werden. Bei der nach den
Wünschen des Komponisten von Eulenberg selber vorgenommenen Umformung

524
sind einige Nebenfiguren und ganze Szenen in Fortfall gekommen. Die Handlung
ist dadurch vereinfacht, freilich auch sprunghafter geworden, der Musik die Füllung
der Lücken überlassend. Die stärkste Veränderung hat der Schluß erfahren. Blau,
bart wird nicht wie im Drama erschossen, sondern kommt in den Flammen seines
von dem geblendeten Diener Josua in Brand gesetzten Schlosses um. Ein opern...
hafter, vielleicht allzu opernhafter Ausgang der Tragödie.
Reznicek mußte sich bewußt sein, daß er sich mit der Wahl eines solchen Stoffes
eine schwierige und heikle Aufgabe stellte. Der Komponist der harmlos,heiteren
"Donna Diana lt hatte schon im "TiU Eulenspiegel" ernstere, phantastische Töne
angeschlagen. Aber weit mehr als an frühere dramatische Arbeiten knüpft er im
"Blaubart" an den symphonischen Stil des "Schlemihl" und des "Sieger" an. In for'
maler Hinsicht bedient er sich mit richtigem Instinkt zweier entgegengesetzter
Mittel; einer knappen, aber prägnanten Ausdeutung aller wichtigen und ,charakteri,
stischen Einzelheiten, die verstanden werden müssen - wobei die Singstimme (auf
Kosten des musikalischen Flusses) nicht selten frei sich selbst überlassen bleibt -
und breitausladender 0 rchestraler Zwischenspiele} die die Stimmung vertiefen und
das in der Handlung nur Angedeutete fortspinnen und dem Hörer gefühlsmäßig
nahebringen. Im Ausdruck ist das Transzendente, der Wirklichkeit Entrückte,
meisterlich getroffen und festgehalten ; die Grundfarbe ist nicht sowohl die des
Naiv'Märchenhaften, als die einer spukpaften Phantastik. Und noch ein anderes
Wesenbestimmendes fällt auf. Reznicek hat bei aller Schärfe der Charakteristik als
echter Musiker es nicht zu unterlassen vermocht r den mildernden, versöhnlichen
Zauber der Tonsprache walten zu lassen. Was im Drama leicht allzu grausig oder
abstoßend wirkt, ist in der Oper (vergleiche Salome!) erträglich, wenn nicht gar
von unheimlichem Anreiz.
Die Harmonik des Werkes scbeut nicht vor kühnsten Kombinationen t in der
Schilderung des Entsetzlichen auch nicht vor absichtlich schneidenden Kakophonien
zurück; sie ist modernster Art wie die Thematik und das glänzend behandelte
Orchester. Nur eine aus dem 16. Jahrhundert übernommene Volksweise, die Judith
anstimmt, zeigt archaisierendes Gepräge.
Mit dramatischer Verlebendigung folgt die Musik bis ins einzelne den
rasch sich entwickelnden Ereignissen, nach der Mordtat aber nimmt sie da, wo
Blaubart sich dürstend zum Teiche neigt, die Wogen der Leidenschaft ebbend,
märchenhafte Mondscheinstimmung in sich auf. Die Liebesduette des Ritters sind
den beiden Frauengesta,lten entsprechend differenziert; die Lyrik des zweiten, am
Grabe mit Agnes gesungenen, wirkt durch ihren noch glutvolleren Ausdruck. Ein
genialer Einfall ist die Leichenräuberszene, ein burleskes Scherzo von musikalischer
Bildhaftigkeit, das sich höchst wirksam zwischen die gleichmäßig düsteren Stimmungen
schiebt; ein prachtvolles Orchesterstück die sich anschließende Überleitung zum
letzten Bilde. Hier zeigt sich Reznicekganz besonders als der große Könner und
Kontrapunktiker, der mit der Kunst der Farbenmischungen und sinnvoller Themen. .
verwebung wie wenige die symphonische Ausdeutung des Dramas beherrscht. Der
Schluß selbst erhebt sich zu eindringlicher Größe, wobei freilich, wenn kein stimm'
gewaltiger Sänger auf der Bühne steht, Wort und Ton Gefahr laufen, im Orchestral,
Dekorativen unterzugehen.

525
R E z N I c E K
Von Felix Weingartner, Wien
leh lernte Emil von Reznicek bereits im Jahre 1879 kennen, als er, ebenso wie
ich, Schüler des Grazer Musiklehrers Dr. Mayer war. Schon damals erregten die
großen musikalischen Fähigkeiten Rezniceks die Anteilnahme seines Lehrers,
der auf der anderen Seite aber auch nicht verschwieg, daß ihm die Extravaganzen
des jungen Mannes Sorgen machten. :Als ich Reznicek zu Anfang der Achtziger-
jahre in Leipzig traf, war er durchaus nicht extravagant, sondern in künstleri ..
scher Beziehung sehr klardenkend und zidbewußt. Kompositionen, die er damals
verEaßte, zeigten allerdings das Streben, originell zu sein, ein Streben, das vielleicht
zu deutlich hervortrat und dadurch der Natürlichkeit Abbruch tat. Aber alles was
er schuf hatte doch bereits Physiognomie, Form und klare Zeichnung. Nament-
lich in instrumentaler Beziehung war es ganz erstaunlich, mit weicher Meisterschaft
er ziemlich komplizierte Partituren schrieb. Er wußte, was er wollte und hat sich
auch nie in einer orchestralen Wirkung getäuscht.
Frühzeitig hat sich sein Schaffen der Bühne zugewendet. Seine Opern "Die
Jungfrau von Orleans" und "Satanella", die Angelo Neumann in Prag aufführte,
enthielten viele bedeutsame Züge, doch haben sie offenbar eine höhere Wertung, als
die talentvoller Jugendarbeiten, nicht erzielen können. Den ersten wirklich großen
Erfolg errang Reznicek mit seiner "Donna Diana", eine der besten modernen Spiel-
opern. Die Ouvertüre, ein Meisterstück der leichtgeschfuzten und doch keineswegs
trivialen Muse, hat sich über die ganze Welt verbreitet.
Reznicek ist sehr produktiv. Wohl etwa nur die ,Hälfte seiner Werke ist gedruckt.
.
Ich erinnere mich an ein vielleicht etwas theatralisches, aber sehr stimmungskräftiges
und in einzelnen· Partien wirklich ergreifendes Requiem, das ich in Berlin mit
größter Anteilnahme aufführte, das aber dort in einer Art, die ich nicht verstehen
konnte, angegriffen wurde. Auch einer großangelegten Symphonie in D moll gedenke
ich noch mit Freude. Neuerdings ist Reznicek wieder mit einer symphonischen
Dichtung "Schlemihl·· und einem dreisätzigen symphonischen Werk "Der Sieger·'
hervorgetreten. Beides in größtem Maßstab angelegte Orchesterkompositionen, von
denen namentlich die erstere, bedeutendere, berechtigten großen Erfolg errungen hat.
Eine Symphonie für kleines Orchester, die von Nikisch in Leipzig aus der Taufe
gehoben wurde, habe ich heuer im siebenten philharmonischen Konzert gebracht.
Sein neuestes, sehr anspruchsvolles und schwieriges Werk, die Oper "Ritter Blau...
bart" nach der Dichtung von Herbert Eulenberg, soll eine diesjährige Novität der
Volksoper sein.
Ich bin dem Schaffen von Reznicek stets mit größter Sympathie gegenüber-
gestanden und freue mich, daß ich Gelegenheit gehabt habe, fast alle seine Werke
aufzuführen. Aber, auch wer diese Sympathie nicht aufbringen kann, wird Reznicek
zu den interessantesten Erscheinungen unserer Tage zählen müssen.

526
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610

Faksimile emer Partiturseite von Rezniceks "Ritter Blaubart",

527
Leipziger Neueste Nachrichten,: 3. Fe.. bei lyrischen Stellen freundliche liebliche Oasen
bruar 1920 in dem Aufruhr der Instrumente. Lenzhaftes
Mit dem Titel ist schon die Handlung ge.. Waldweben in dem zweiten Akte, zärtlich bange
kennzeichnet. Das gleichnamige Märchen liefert Stimmung bei Agnes' erwachender Liebe zu
den Stoff zu Eulenbergs Dichtung. Mit gutem Blaubart und be rUckender Feuerzauber zum
Erfolg versucht Eulenberg den vielfachen Schluß. Bruno Behr
Frauenmörder Blaubart zu einer tragischen D
Gestalt umzuwandeln, sein Handeln seelisch
zu begründen und der ganzen Fabel den Hessische Landeszeitung, 30. Jänner 1920
Stempel des Schicksaldramas aufzudrücken. Die Bearbeitung des Märchens durch Her...
Aus betrogener Liebe wird Blaubart hier zum mann Eu I e n b erg sucht den Ritter Blaubart
ersten Male zum Mörder an seiner Frau und als tragischen Charakter darzustellen, der in..
seinem Freunde. Durch die Tragik dieses Vor... folge der Untreue seiner ersten Gemahlin dem
falles wird die Hemmung des Gebotes "Du Wesen des Weibes mißtrauend, allen seinen
sollst nicht töten" bei ihm vollends aufgehoben. späteren Gemahlinnen nacheinander die
So wurde er zum vielfachen Mörder. Das Stück SchlüsseIprobe auferlegt, die sie nicht bestehen
beginnt damit, daß Blaubart den Grafen Nikolaus und deshalb von seiner Hand fallen.
und dessen Sohn Werner, dem Vater und Was nun die Musik betrifft, so überläßt der
Bruder seiner künftigen sechsten Frau erzählt, Komponist die Hauptrolle dem Orchester, welches
wie ihn seine erste Gattin mit seinem Freund in reichster Weise und mit dem Aufwande
betrog und wie er die Tat rächte. Das zweite aller Farbel1-pracht ton.. und stimmungsmalend
Bild zeigt Blaubart in einem düsteren Keller.. den Gang der Handlung illustriert. Hiezu treten
gewölbe, wo er sich in selbstquälerischen Ge.. die Singstimmen im Arioso. Außer Duetten
sprächen mit den abgeschlagenen Köpfen seiner kommt es nur am Schlusse des ersten Aktes
fünf ersten Frauen, die er auf steinernen zu einem kurzen Quintett; Ouvertüre und Chöre
Sockeln dort aufgestellt hat, unterhält. Dann sind nicht vorhanden. Der ganze Charakter
folgt die Hochzeit mit Judith, jäh unterbrochen der Komposition ist modernster Opernstil, in
durch einen Anfall der Gewissensqualen, der welchem die Entfaltung technischer Mittel die
Blaubart überkommt. Voll zartester Reize ist Hauptrolle spielt, bedeutendere thematische
der Beginn des zweiten Aktes: Ein strahlender Entwicklung aber nur stellenweise eintritt. Der
Morgen vor dem Schlosse Blaubarts und er Komponist verbraucht sehr rasch und ver..
mit JudUh in kosendem Geplauder. Mit Sturmes.. schwenderisch gleich von Anfang an die In..
schritt aber naht das Unheil. Blaubart, von strumentaleffekte, besonders in den die Pause
tiefstem Mißtrauen gequält, stellt sie auf die zwischen den Verwandlungen fü:lIenden Zwi..
Schlüsselprobe, die sie ebensowenig wie seine schenspielen des Orchesters. Hier feiern die
früheren Frauen besteht. Darum muß auch sie grellsten Dissonanzen und bis zur Abenteuer...
den gleichen Weg gehen. Blaubart ermordet lichkeit gesteigerte, wir möchten sagen: vulkan..
sie. An JudUhs Grabe wendet sich Blaubarts artige Tonausbrüche, wahre Orgien. Im Gegensatz
Liebe schon wieder ihrer jüngsten Schwester hiezu stehen einzelne lyrisch veranlagte Szenen,
Agnes zu, an deren reinem Herzen er Genesung von großer Schönheit und von genialer Er..
zu finden hofft. Sie aber, als er in einem Anfall findungskraft zeugend. Wir meinen hier vor
von Verzweiflung gesteht, daß er ein sechsfacher allem die Szenen nach dem Hochzeitsfeste,
Mörder ist,_ wird von solchem Grauen vor ihm oben bereits näher bezeichnet, die eine Fülle
erfaßt, daß sie sich, um Blaubart zu entkommen, edler und herzbewegender Melodik bergen. Auch
in die Tiefe und in die Flammen stUrzt, die in der Person des blinden Josua tritt uns ein
Josua, Blaubarts blinder Diener, im Schlosse versöhnender, beschwichtigender Faktor ent..
angefacht hat, als er erkannte, daß er einem gegen. Nicht minder schwierig wie die Aufgabe
Mörder dient. Da sieht er es ein, daß es in des Orchesters ist die Titelpartie gestaltet, die
diesem Leben für ihn keine Rettung mehr gibt außerordentlichen Stimmaufwand und die
und stürzt sich, um zu sühnen, gleichfalls in größte Ausdauer erfordert. Dankbarer, infolge
die reinigenden Flammen. der Charakterzeichnung und der ihr zufallenden
Mit den gleichen düster ...grellen Farben wie Lyrismen, ist die RoIIe der "Judith" gehalten,
der Textdichter malt auch der Komponist. ebenso erregen die der "Agnes"', des "Werner"
Nervenpeitschende Dissonanzen jagen sich. Es unnd "Josua" wärmere Teilnahme. Samet
tost und schrillt und schreit im Orchester wie
D D
von tausend gemarterten Seelen. Dann wieder

530
K o S lVI I s C H-lVI u S I K ALl S C H E
E N T S p R E C H u N G S L E H R E
Von Walther Klein, Wien
Schluß
Es ist nicht leicht, sich von den Gesichtszügen des Alls, in dem wir nichts als
winzige Zellen, wahrscheinlich sogar nur Atome bedeuten, ein Bild zu machen.
Immerhin scheint es bereits gelungen zu· sein, einige Charakteristika dieser Physio . .
gnomie festzustellen. Hierher gehört vermutlich die Neigung sämtlicher Energiearten,
sich in Wärme umzusetzen und die Tatsache, daß dem ein Druck in entgegengesetzter
Richtung nicht gegenübersteht. In neuerer Zeit hat - um ein weiteres Beispiel zu
nennen - Christian von Ehrenfels in seiner "Kosmogonie" auf einige sehr merk...
würdige Eigenheiten hingewiesen, die es uns leichter machen, aus der Gegenwart
auf die Vergangenheit zu schließen, als auf die Zukunft.
Jedenfalls und vielleicht in erster Linie ist hierher auch dasjenige zu rechnen,
was ich als
Tendenz zur Dreiteilung
bezeichnen möchte. Es scheint sich um etwas zu handeln, was der Wurzel der
Dinge noch näher ist, als das Prinzip der Zwölfgliederung und darum kann wohl
das Tageslicht moderner intellektueller Methoden hier nicht so leicht etwas aus'
richten, wie die wünschelrutenhaft wirkende geistige Intuition, deren sich längst
vergangene Epochen bei geschlossenem Verstandesauge zu bedienen gewohnt waren.
In jenen Zeiten nahm eine Einsicht nicht mathematisch. .wissenschaftliche Form an t
sondern mythisch,symbolische, in der sie uns denn auch überliefert ist. So haben
die Inder an die Spitze ihrer Götterwelt die Dreiheit von Brahma, Vishnu und
Shiva gestellt, die Germanen Wotan, Wille und Weih, die Kabbalisten Ajin Sof,
Ruach und Schemesch und bei den Christen thront über Erzengeln, Engeln, Cherubim,
Seraphim, Heiligen und allen anderen übermenschlichen Bewohnern der Sphären
die Dreifaltigkeit: Gottvater, Gottsohn und der heilige Geist.
Auch die Welt des Mikrokosmos dachte man sich - im Gegensatz zur dualisti,
sehen Anschauung neuerer Zeiten - stets als in drei Teile zerfallend. Die Erinnerung
daran ist heute ein wenig verblaßt, aber sie ist festgehalten in der Tatsache, daß
die Griechen neben Soma und Psyche noch das Pneuma, die Lateiner neben Corpus
und Anima den Spiritus kennen, wie ja schließlich auch im Deutschen der Geist
als drittes zu Körper und Seele hinzutritt.
"Man könnte hier ferner - um auch äußerere Tatsachen zu bringen - auf die
drei Dimensionen des Raumes und auf die Dreigliederung der Zeit in Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft hinweisen. Wenn es auch nicht gelingen mag, Beispiele für
das Vorhandensein der behaupteten kosmischen Tendenz einfach - wie vorhin bei
der Zwölfzahl - vom gestirnten Himmel herunterzuholen, so glaube ich doch
gezeigt zu haben, daß zum mindesten in den Menschen selbst eine Art Notwendig'
keit gelegt ist, das Weltbild im Sinne dieser Tendenz aufzufassen.
Wenn wir nun einen Kreis zu Orientierungszwecken, wie das so nahe liegt, durch
zwei aufeinander senkrecht stehende Achsen in Quadranten zerlegen und dann das
immanente Prinzip der Dreiteilung' auf jeden Sektor anwenden, so ist damit die
Zwölfteilung gegeben. Daher denn auch die zahlreichen Mythen, in denen runenhafte

531
ihrer überlieferten Schriften. Dagegen besitzen wir in Platon einen Zeugen, der mit
vollendeter Deutlichkeit spricht und demgegenüber der beliebte Einwand der Miß-
deutung oder Hineindeutung verstummt. Im tt Timaeus" wird klipp und klar gesagt,
daß der W.ltbau nach Dimensionen erfol,gt ist, deren Maßzahlen, als Schwingungs-
zahlen aufgefaßt, die Intervalle unserer diatonischen Dur-Skala ergeben. Die christliche
Kirche hat;nach anfänglichem Schwanken sehr bald eine dem Gnostizismus feindliche
Richtung eingeschlagen. Das war ein Verzicht auf Tiefe, der vielleicht zugunsten
einer Wirkung in die Breite und Weite historisch notwendig war. Jedenfalls war
die Abkehr von Platon und jene ausschließliche Faszination, die Aristoteles im
Mittelalter ausübte, die Folge.
Jahrhundertelang schlummerte der Gedanke von der kosmisch-musikalischen
Entsprechung, um erst in J 0 h a n n e s K e pIe r eine großartige Auferstehung zu
feiern. Kepler hat sich nicht begnügt, jene Ideen wieder aufzunehmen, sondern er
hat ihre Richtigkeit an den Bahnelementen der Planeten z i ff er m ä ß i g überprüft
und - bestätigt gefunden. Es ist schwer, sich einen Begriff von dem erschütterungs-
vollen Entdeckerglück zu machen, das sich, beim Studium der Originalwerke des
großen Astronomen, vom Autor ausgehend dem Leser mitteilt. Dieses Studium ist
in allerneuester Zeit sehr erleichtert worden durch die bei Diederichs unter dem
Titel "Zusammenklänge" erschienene Übersetzung von Otto Bryck. Man darf sich
nicht wundern, daß erst in unseren Tagen eine solche Übersetzung möglich war.
Sie erfordert nämlich eine Reihe von Eigenschaften, die schon an sich selten, noch
seltener vereinigt zu finden sind. Man mußte, um der Aufgabe gewachsen zu sein,
Musiker, Astronom, Mathematiker, Astrologe und Philosoph von Fach sein. Bryck,
dessen Übersetzung überdies als eine sprachschöpferische Tat ersten Ranges bezeichnet
werden muß, ist übrigens selbst einer der tiefsten Kenner und Forscher auf dem
Gebiete der modernen Entsprechungslehre.
Meine Übersicht wäre allzu unvollkommen, ließe ich jenes Kapitel unerwähnt,
das Schopenhauer in seinem Hauptwerke der Metaphysik der Musik gewidmet hat.
Ohne seine vielen Vorgänger zu erwähnen, offenbar auch ohne sie zu kennen,
gelangte er zu ähnlichen Ergebnissen wie sie. Wenn er freilich die vier Stimmen
den vier Naturreichen zuordnet, und zwar den Baß dem Mineralreiche, unter Hinweis
auf die für beide charakteristische Unbeweglichkeit, so wird der Musiker nicht zu-
stimmen können, da der Baß unter Umständen ebenso beweglich ist, wie die
anderen Stimmen.
Die innere Einheit von Welt und Musik war auch Goethe ein vertrauter, ja
selbstverständlicher und grundlegender Gedanke. In der Übereinstimmung so vieler
großer Geister darf ein Äquivalent für etwa fehlende Beweise erblickt werden.
Übrigens scheint sich die Welt, wenn nicht viele Anzeichen trügen, der lang-
vergessenen Lehre, deren Elemente ich dargelegt habe, allmählich wieder zu be-
sinnen. Der Tag, an dem diese Lehre von neuem die Lehre sein wird, wie sie es
einstens war, wird ein wahrhaft neuer Tag sein. Möge er, der sich dem geistig
Hörenden bereits verheißungsvoll ankündigt, bald anbrechen!
o 0

Verantwortlicher Schriftleiter; Dr. ,Alfred Ka1mus~ ,Wien, I. Kar1splatz 6. Herausgegeben von der Unlveraal~
Edition A.,G. - Druck von Otto Maaß' Söhne Ges. m. b, H., Wien I. Wallfischgasae 10.

534
.

KURHAUS WIESBADEN

ZYKLUS VONZWOlF KONZERTEN


im Winter 1920/21
teilung, earl S<lmfidJl Or<nesfer-: Stadt Ormesler
KONZERHAOE,
16. Oktob@!" 1920. Sollsfen: Armte S!bel1, Hedwlg Rod<!, ' 21. Jänner 19;!1~ Sollst:: Helge Undberg (B<lrllon). G.
fillz SdJerier, Alexander'l(!!Jnls. (hOf, Cöd!len~Vefe!n. AnIon Mahlen Adagio aus der Seen!en Symphonie (:wrri er~len Male);
Brudmer, Neunte Symphonie (zum ers!ell i'll.1h,); Te Deu!Tl {zum Ueder eiIJes jahrenden GeseHen (zum ers!enMale): Erste 5ym"
ersten Ma!e) phonle
19~ Oktober 1921,}., Sol1.d 1 Ma:< S!rub- (VIoline). R. Sc!m- 4. F~bt'uar1921~ J, Hayd!'L: SymphonIe C mo!l; A.Brutkn'0h
mann; Owerlure; Fan!asie fill" Vlol1n.e u~d Ormester; ). )olldlJm: Adlle Symphonie '(zum er~len, Male)
V!o!inkor12:erl, J. Brdhms~ Symphonl~)'~r. 3
. f kf M" I n~ febrtli'u' 1921. Sol!~Hn:-Sjgrld Hoffmemn-Om!gln (AHl.
12~ November 1920. rim urter a".rlgu -Vereinlgung. Ä. SttJönberg: Pelle,~s und Meliöilnde (:tum erster! Male); E. $,
A!t~ MeIster: Madrigale; Jnsfrumenfalmuslk Oneglf1: Cies1!rlg~ ml! Ormes/er, S. v> Hau,egger: "Aufklänge
~ N-ovember 19Z0. $o!'Jsh Edwrn Fl$(,!rer (Klavler), W.A. (;turn enten Male) ,
MOlar!: Com:erJanles-Qu8r!e!! !ilr Oboe, K!ar!neH, fagoll lind
Horn mH Beg!eihmg des"Ord1estem Klayierkonzert, Syrnp!'!oni\! 4~ März 1921.. SoUsl: Adolf BlI!m (Vio!fne). J. S, Büm ~
D dur, Sulle f[ir Ord:1es!er; M. Reger: V!oli'nkol1zert (zum ersflOll Mak);
1\)~ DezembEr j9m~ Soll51:' Kat! Flesd1 (V/oHne), l. van J. ßrafllll» Symphof1110 Nr. 4
Beethoven r Vlo!lnkonzerl: brille Symphonlg 11~ März 1921~ G. Mah!en Siebente Sympl10nfe (zum
7. Jänner 19Z1. S(,Ii.. !; lOIe! Mann '(l'~n{!r)" C. Debussy: erslen Nöle)
"la 1!'t<~I"" (zum ersten Mate}; 'I{. Sjrau~! Sufle ;;111$ der i"!uslk :w 18. Mlil"X 19n~ Sollsfenl Else Lf€bhbld, Rmy Hahn, Ludwig
MoH<'!re$ f~iJrger ßl~ Ed-efmann" (zum er~!en Male); fr<!nz Rof/mann; Ridr<lrd Breilenfe1d. Chor: Cilcl!!en.VeteitJ, L Wltl
SG'rreker: vorspiel zu elnem,Dl'tI!l1<l Bee!hovel1: Ne!.mJe Symphonie
Die Konzerle beginnen abe:nds 1 1/2 Uhr. - ~nderungen vorbehalfen
KASSf:NPRE!SE~
Ir, l",ge •• , ••• , . • . • • • . < , •••• , •• B;"- Mk. MWel!oge 3. b11 lel:de Reihe , . , •• , , .• , ,10'- Mk.
MilIe!lClge i. und 1. Re!he .• ' • • • • . • • , • "15'- ~ Gaferle . . . • , . • • . • • . . • , .• , • , .. 8'- ~
J. ParkeH L bIs 11. Reihe. , • , • < , • • • • • • 15'- ~ U. Parken " " .• , ' . , . , . • • • . • • , ]'- "
1. P<lrkell U-. bis 24.. R"lhe •••• , .• , . • • • 12'-,. Gal~ri"! Rüduilz, ••• > • ' •••••••• , • , 5"- »

(larderobegebü!Jr for jede. !\onl,ert 50 Pf!;!· STÄDTISCHE KUR:VERWAL1UNG

MUSIKAUENrlANDlUNG UND LEIHANSTALT


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WIEN.I.OPERNGASSE(OPERNHAUS)
-_. ---
535
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 13
Paul Bekker .. ' ,_, ............ _,_ ,.. ,_.......... Die "Rü<.kkehr zur Natur"
Felix Saiten ............ _, ... , ... ... ... ... ... ... ... Wien und die Musik
Alexander lippay: Einiges über die äslhelisdlen und künstlerischen Voraus-
setzungen der Lebrmelhode Franz Smrekers (I)
Guido Galli: Die Klavierkomposllionen von Modest Pelrowilsm Mussorgski
Max Broesike·Schoen ............... ,_, .................. Musik in Dresden
Glossen: Meisferaufführungen Wiener Musik (11) von R. S. H.; Epilog
von Dr. R. SI. Hoffmann; Glossen zum Tonkümflerfesf in Weimar von
Gisella Selden·Golh; Sprknwörfer des Pessimisten von K. W.; Schreker·
Sdlüler im Beruf / Besprechungen I Wiener Kammeroper I Zu unserer
Notenbei!age / Neue Noten
Nofenbeilage: lied der Jungfrau von A. Zemlinsky

NUMMER 14
Walther Klein ............... Kosmism-musikalisme Enlspremungslehre (I)
Eduard Steuermann ......... Ober die Aufgaben des modernen Pianisten
Franz Sdlreker ..................... ... ... ... ... ... ...... MusikhomsdlUle
Alexander Lippay: Einiges über die ästhelisdlen und künsllerischen Voraus-
setzungen der lehrmethode Franz Schrekers (11)
Klaus Pringsheim ... Zur Uraufführung von Mahlers sechster Symphonie
Glossen: .. Jedermann" in Salzburg von R. S. Hoffmann; Münchener
Opernfeste 1920 von Dr. H. R. Fleismmann I Besprechungen I Notiz /
Kleine Nadtrichten / Zu unserer Nofenbeilage / Neue Nolen
Nolenbeilage: Frilz Schreiber op. 13 Nr. 1 Abendgefühl. lied

536
S
PATENT. TONVEREDLUNGS-VERFAHREN,
Gitarren,
Lauten,
~,~,~,!,~,~,81~,~ Mandolinen,
Zithern,
Flügel Bogen,
VIOLINEN.VIOLEN.CELLI Pianinos Saiten,
,eI! Jllhren mll nllrnwehb. Erfolge D.II!!en u. neuen
Formetuis
hutrumenten (lnQewendel. Prospekle ko~tenlO$ In allen Pte!~lagen. etc.
Musikinstrumentenhandlung, Wien, I. Kolowratring 10
ARl'HUR LION '~~r:;;;@~ En gros - Def<'ll1 - Export. - Telephon Nr. 6227 P.;;iua6l~~

Komponist u. Musiksmriftsteller Ego" Lustgarten


KONZERT· DIREKTION hält einen Kurs über .. Sinn und Wesert der Musik·
ab, in dem Kunstprobleme in neuem Sinne beh:1ndelt

Robert Kollifsch und zur Diskussion gestellt werden. Beginn Novem-


ber 1920. Anfragen u. Anmeldungen a. d. Adressse:
Wien, XIX. Formanekg. 40, T01.93·1·88 ('/22-'/23)

Soeben endJlen un~er zwöl(se!IJQer Ausw<'Ihlk(l!<'Ilog 1920/21


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537
URAUFFDHRUNG
Mille November gleimzeitig in WIEN (Operntheater). HAMBURG (Stadttheater). KOLN (Opernhaus)

ERICH WOLFGANG KORNGOLD

Die tote Stadt


Oper in drei Bild~rn, frei nach G. Rodenbachs Schauspiel
,0 asT ru g b i I d" (Bruges la morte) von Pa u I S ch 0 ff

DEN BOHNENLEITUNGEN STEHT ANSICHTSMATERIAL BEREITWILLIGST ZUR VERFDGUNG

H.Schot"s Söhne, Mainz-Lelpzig

Hermann Zilchers Konzertwerke


. Wli 4 !iM "

... Die Liebesmesse". Didllung von Will Vespe~. Für gemischten Chor,
Knabenchor, Soli, Orgel und Orchester. Op.27.
Aus dem Hohelied Salomonis. Ausgewählt aus den neudeutschen Nach-
dichtungen von Will Vesper. Variationen für zwei Singstimmen (Alt
und Bariton), Streichquartett und Klavier. Op. 38.
Hölderlin. Sinfonischer Zyklus f. Gesang u. Orchester. Op.28(im Erscheinen).
Deutsrnes Volksliederspiel. 16 Volkslieder für vier Singstimmen und
Klavier. Op. 32.
Sinfonie in A dur für Ormester. Op. 17 (im Erscheinen).
Namt und Morgen. Für zwei Klaviere. Streichorchester u. Pauken. Op. 24.
Konzert für zwei Violinen und Ormes!er, D moll. Op. 9.
Konze~1 für Klavier und Ormester, H moll. Op. 20.
Konzert in H moll für Violine und kleines Ormesler. Op. 11.
Klage. Konzerlstüdk für Violine und kleines Ormesler. Op. 22.
Konzertstüd< für ViolonceIl und Ormester, A moll. Op.21.
Suite G dur für zwei Violinen und Ormestel". Op.15.
QuintelICis mollf. Klavier, 2Violinen, Bratsme u. Violoneeil. Op.42.
....r • h
'" NtM! te .& "M

VERLAG BREITKOPF & HARTEL, LEIPZIG-BERLIN

538
2 . .1ahrgang, Nummer 16 2. Oktcber-HIJrt 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
iM' *P**WM 'M I. . . .

er //g •
r;il
ZUM WESEN DER HARMONIK
Von Dr. Ernst Kurth, Bern
I
Harmonien sind Reflexe aus dem Unbewußten. Alles Erklingende an der Musik
ist nur emporgeschleuderte Ausstrahlung weitaus mächtigerer Urvorgänge, deren
Kräfte im Unhörbaren kreisen. In ihnen liegt auch die Naturgewalt aHer Harmonik,
nicht aber im Tönespiel, dessen farbig leuchtende Bewegtheit überhaupt nur in
Spiegelungen psychischer, aus dem unterbewußten Tiefenbereich ausbrechender
Energien besteht.
Was man gemeinhin als Musik bezeichnet, ist in Wirklichkeit nur ihr Aus,
klingen; noch besser wäre es als' ihr Auszittern zu kennzeichnen. Denn wo mit den
Klängen die Erregung der Sinne anhebt, schlagen die tiefen Unruhen der Musik
bereits an die Sphäre ihres letzten Verebbens; ihre wirklichen und ursprünglichen,
die tragenden und gestaltenden Inhalte sind psychische ,Spannungsentwicklungen
und diese vermittelt sie nur in der sinnlichen Form, in der sie ans Ohr dringt.
Die Klänge sind der hauchartige Niederschlag, den der eigentliche Lebensatem
der Musik im Aufsteigen an die Tagessphäre findet. Die Energien gehen in die
sinnlich wahrnehmbaren Klangwunder über, wie der Lebenswille ins Weltbild. Erst
an ihrer letzten Oberfläche tönt die Musik.
Im Werden der Formen liegen daher die schöpferischen Inhalte auch der Har'
monik. Für sich betrachtet stellen die Harmonien leere Materie dar und alle Gesetz'
mäßigkeiten, Formen und Formeln, wie sie die Organisierung vom Klangbild auf,
weist, streifen nur die erstarrende Oberfläche der Musik und gleiten von ihr ab,
ohne zu ihrem Kern hineinzuleiten. Das lebendige Grundgeschehen der Harmonien
aber beruht darin, daß sie immer die heraufwirkenden Kräfte empfinden lassen,
die sich aus den unbewußten Untergründen des Gestaltens zu greifbarer Gestalt in
den sinnlich wahrnehmbaren Klangformen umsetzen. Das Wes end e r Ha r'
monik ist daher ihr stetes Erstehen, das Überfließen von Kraft in
Erscheinung.

539
Und hier hat auch die Theorie anzusetzen, statt der Erscheinungen deren Vor-
quellen, das Wesen und den Ausdruckswillen der eigenartigen psychischen Kräfte-
bewegung zu erfassen, aus welchen sich die Harmonik entwickelt und erbaut und
die im Bilde der Klänge und im Strom der Klangfortschreitungen in Gestaltung
schießen. Die Umsetzung gewisser Spannungsvorgänge in Klänge zu
beobachten ist die Kernaufgabe aller Musiktheorie. So allein ist es auch möglich,
ein Einfühlen und Mitschwingen der lebendigen schöpferischen Kräfte auch im
theoretischen Betrachten zu erwecken und die längst losgerissene Verbindung
zwischen Theorie und Kunst wieder herzustellen. Wer zur Erkenntnis dieser
inneren Lebensgestaltung der Harmonik vordringt, dem wird die Musik aus einer
Symphonie der Töne zu einer Symphonie energetischer Strömungen, die sich breit
ausladend im Flusse der Klangentwicklungen auswirken, anschwellen und verfluten,
die Wellenbilder wirr verzerrtester Formen aufschießen lassen und sich wieder zum
klaren Ausgleich glattgerundeter Verschmelzung lösen.
Nicht die äußere Natur und aller Aufbau physikalisch vorgebildeter Grund-
formen ist Schöpfer der Harmonik, sondern die innere, psychische Natur, die
kraftbewegtem Gestaltungswillen in der Phantastik der Klangvorstellungen sinn-
lichen Ausdruck schafft. Der Anteil der Physik, deren Stellung zur Musiktheorie
bisher gänzlich und verhängnisvoll verkannt wurde, besteht nur in gewissen organi...
sierend eingreifenden Normen und auch dies, wie gerade die romantische Harmonik
bezeigen kann, in sehr wechselndem, beschränkungsfähigem Maße. Soll daher nicht
nur für die ästhetische Kunstbetrachtung, sondern für die Theorie selbst der Gesichts-
punkt gewonnen werden, die lebendigen Kräfte der Gestaltung den Erscheinungs-
formen, die nur ihr Ergebnis und letzte Verfestigung darstellen, voranzustellen, so
gilt es auch hier, statt bei Klangformen und Klangverbindungen, bei gewissen
psychologischen Grundvorgängen anzusetzen, die sich in ihnen nur darstellen, die
ihr tönendes Ausschwingen in jene Formen und auch jene Klangwirkungen treibt.
'Zugleich aber vermag ein Zurückgreifen zu den eigentlichen Spannkräften selbst
und ihren typischen Entwicklungsformen von der Musik aus ungeahnte Einblicke
in psychologische Phänomene überhaupt, innerhalb der Musik insbesondere aber
in die Grundlage ihrer Stilpsychologie zu eröffnen.
Musik ist eine Naturgewalt in uns, eine Dynamik 'von Willensregungen. Hat man
einmal den Blick dafür gewonnen, wie sich ihr unendliches Ineinanderwirken im
unruhvoll bewegten Oberflächenspiel der Harmonik darstellt, so begreift man bald,
in welchem Maße die eingewohnte, in das Klangphänomen selbst verkrampfte Be_
trachtung~weise der Theorie geeignet ist, die Erkenntnis vom Wesen der Musik
und auch ihrer technischen Grundbedingungen zu zerstören.
Der Blick in die Musik ist durch Klänge verhängt. Die Theorie aber hat das
Ohr für das Unhörbare verloren und damit für die Erfassung der Grundvorgänge,
die durch Töne und Klänge nur hindurchschimmern. Aus dem Ausströmen
drängender Willensspannungen, aus Ertönen in Klang und Farbe ergeben sich auch
alle typischen Formen, in denen sich die Harmonik entwickelt, und die Eigen-
tümlichkeit ihrer inneren Wirkungen. Die Klänge sind nicht wie einzelne Kristalle
vorgebildet, deren sich wie zum Spiel einer schönen "Zusammenstellung" die
"Komposition ll bedient; Kristallisation ist Ende und Erstarrung einer Entwicklung.
Die Theorie muß am lebendigen Grundprozeß, dem Ausbrechen und Werden
zum Klan g, einsetzen, um sich nicht zu Forme1wesen und Schematismen in

540
weitem Bogen aus der Musik herauszuverirren ; sie darf nicht den Zauber des Un-
bewußten, der in ihr liegt, zerstören, sie muß ihn begreifen.
Neben diesem Kräftewirken mutet alles Klangsinnliche nur wie ein Spiel an,
das die innere Dämonik der Musik übertäubt und in die Tiefen zurückgedrängt hält.
Die große Lautlosigkeit ihrer Abgründe birgt überhaupt erst die ganze Furchtbar-
keit ihrer Spannungen; hier liegt auch, was im Grunde alle Sehnsucht zur Musik
sucht, die romantische vor allem.
Der Klang ist tot; was in ihm lebt, ist der Wille zum Klang.
Die Urform musikalischer Willensregung aber sind psychische Spannungen,
die nach Auslösung in Bewegung drängen; alles musikalische Geschehen beruht
auf Bewegungsvorgängen und ihrer inneren Dynamik. Wir verspüren die elemen...
tarsten psychischen Grundvorgänge der Musik in einem gleichartigen Wirkungs-
ausdruck in uns, wie ihn alle physischen Kräfte darstellen; die musikalische Energie
verdichtet sich zur ersten Deutlichkeit in der Form oder wenigstens zunächst in
der Empfindung von Bewegungsvorgängen. Die Musik ist daher keine Spiege-
lung der Natur, sondern das Erlebnis ihrer rätselhaften Energien selbst in uns;
die Spannungsempfindungen in uns sind das eigentümliche Verspüren von gleich-
artigen lebendigen Kräften, wie sie sich im Uranfang alles physischen und organischen
Lebens offenbaren.
Mit all ihrem drangvollem Trieb in die Form findet diese Urempfindung
musikalischer Energie ihre rudimentärste, schlichteste Gestalt im Phänomen der
melodischen Linie. Diese ist daher als Einheit eines Bewegungszuges zu fassen,
der in den Tönen nichts als seine ;sinnliche Auswirkung findet, seinem Wesen
nach ein untersinnlicher, psychischer Energicvorgang, ein Spannungsverlauf.
Der Ursprung aller Melodik vollzi.eht sich im U n be w u ß t e n, wie der weitaus
größte Teil aller Lebensbetätigung, indem überhaupt das innere Weltganze von
Bewußt und Unbewußt nicht eigentlich im Bilde von zwei Hemisphären zu ver...
gegenwärtigen ist (was zwei gleiche Hälften bedeuten würde), sondern nur mit einer
kleinen' gegen das Licht hinausragenden und bestrahlten Kuppe.
Das UberfIießen von energetischen Inhalten in ihren sinnlichen Ausdruck, das
Grundphänomen aller erklingenden Musik, bedeutet daher ihr Werden, zugleich
aber ihr Fr e i wer den aus den unbewußten Spannungen, ihre Erlösung in die
Sinnlichkeit. Zu Faßbarem drängt das Unerfaßliche. Die Zweiheit von seelischen
und sinnlichen Inhalten, die alle Musik durchdringt, findet im Phänomen des
Melodischen ihre reinste und ursprünglichste Objektivierung; in der melodischen
Linie als dem klangdünnsten, nicht über die Fülle des einzelnen Tones hinaus-
schwellenden musikalischen Gebilde liegt die Grenze, wo der Gestaltungs-
wille und seine Spiegelung im klangsinnlichen Ausdruck sich berühren
und ihre Vereinigung finden, wo der mystische Grundvorgang des Ausbruches von
Spannungen ans Erklingende sich vollzieht, die Wende von innen nach außen. Die
melodische Linie ist die erste Projektion des Willens auf ttMaterie", auf zeitliche
und räumliche Erscheinungsform (räumliche insofern, als aus dem Charakter des
melodischen Spannungsverlaufes, der eine Bewegungsempfindung ist, sich die un-
klare, unterbewußte Scheinvorstellung von Tonbewegung im Raume herausbildet,
während objektiv Räumliches an den musikalischen Sinneseindrücken gar nicht
existiert; die gesamten musikalischen Raumvorstellungen sind daher se k un där e

541
Beg 1ei t vorstellungen, Folgeerscheinungen aus dem energetischen Grundvorgang
der Bewegungen).
So stellen die melodischen Erscheinungen zwar den unmittelbaren Ausdruck
der gestaltend bewegten Strömungen dar, aber bereits auch in erklingendem Aus,..
druck, in Tönen, und damit schon zugleich weiter in gewisse Abhängigkeit von
klanglich-harmonischen Erscheinungen gebannt.
Somit ist der tragende Inhalt einer jeden Melodiebewegung, aber auch jedes
einzelnen Tones, den sie durchstreift, eine lebendige Kraft, ein aus dem
Tone herausdrängender eigentümlicher psychischer Spannungszustand, den ich als
"kinetische Energie" bezeichnet habe. Er wirkt in weitestem Maße und in ver..
schiedenartigen Erscheinungsformen in die gesamte musikalische T h e 0 ri e, die sich
demnach als eine energetische Entwickl ung darstellt und diese in Aufbau
und Entfaltung der klanglichen Erscheinungen nur spiegelt; diese
Auswirkung betrifft aber alle Zweige der Musiktheorie, die Harmonik ebenso
wie die Melodik und lineare Kontrapunktik und (in gewissen Umformungen)
die Rh y t h m i k, alle F 0 r m e n kunst und schließlich über die Theorie hinaus die
Ästhetik und Stilpsychologie; denn auch für die Erscheinungen der Ton-
s y m bol i k sind die Bewegungsspannungen von grundlegender Bedeutung.
Für die Theorie der Melodik, namentlich aber auch für die technischen und
ästhetischen Fragen der Melodik und Polyphonie findet sich dieser Gesichtspunkt
bereits in meinen uGrundlagen des linearen Kontrapunkts" (Bern 1917) von den
Grunderscheinungen aus in breiter Anwendung durchgeführt, zugleich auch dort
(I. Abschnitt, 6. Kap.) in seiner Auswirkung zu den Spannungsformen der Harmonik
dargestellt, letzteres in Grundzügen auch schori in meiner Vorstudie über die t1 Vor. .
aussetzungen der theoretischen Harmonik" (1913). Um mich hier nicht zu wieder-
holen, beschränke ich mich auf die knappe Heraushebung weniger Hauptzüge, nur
soweit sie der praktischen Durchführung und dem Verständnis der nachfolgenden
Studien zur Harmonik dienen müssen.
Man muß vor allem daran festhalten, daß ein geschlossener melodischer Zug
eine Ein h e i t und zwar urs p r Ü n gl ich e Einheit ist, die psychische Energie einer
Bewegung, aus deren lebendigem, fortlaufendem Zuge sich erst die Einzeltöne her...
auslösen. Die geschlossene Einheit einer ganzen Bewegungsphase beansprucht
Primärbedeutung gegenüber den einzelnen Tönen, welche sie auswirft. Aus den
Tönen selbst ist nichts zu erklären, aus der Spannung, die sie durchstreift und
erfüllt, all~s. Der Ton, soweit er irgendweIchem musikalischen Zusammenhang
angehört, ist nur einzelnes Moment eines Spannungsverlaufs ; der einzelne Ton tritt
überhaupt nur als Träger eines gewissen Energiezustandes in die Musik: wie
sich zeigen wird, auch da, wo er keinem geschlossenen Linienzug angehört; denn
die Bewegungskräfte der Musik beruhen längst nicht allein in geschehender, als
Melodie sichtbarer Bewegung, sondern im Bewegungsdrangc; dieser ist der eigent. .
liehe Träger aller der verschiedenartigen musikalischen, zugleich in Klang und Farbe
ausstrahlenden Wirkungen.
Darum ist schon vom einfachsten melodischen Gebilde an der eigentliche musi...
kalisehe Inhalt der Schwung des linearen Entwicklungszuges, der Entstehungs...
vor g a n g selbst, und schon hier erscheinen die Töne als das relativ Bedeutungs . .
losere. Der Kerninhalt liegt in der inneren Dynamik, die sich im Ansetzen und

542
Ausgreifen, im Ausbausehen und Abebben der Linienwellungen, im Steigen und
Sinken zu wechselnden Tonhöhenintensitäten spiegelt. Die Bewegungskraft ist der
unbewußte Ursprung aller Melodik: man könnte ihn darum auch ur-bewußt nennen.
Von ihm sind wie die Töne und überhaupt alles Erklingende auch die ganzen
rh y t h m i sc h e n Erscheinungsformen nur ein konkret wahrnehmbarer Ausdruck.
Daher ist aber der geschlossene lineare Zug, der über die Töne gleitet und diesen
gegenüber das Ursprüngliche bedeutet, auch nicht etwa als die n ach t r ä g I ich
gezogene Ver bin cl u n g zwischen den Tönen anzusehen - ein Mißverständnis,
vor dem nachdrücklich zu warnen ist - sondern als der bewegende Gestaltungswille
selbst: die geschlossene melodische Bildung ist daher nicht als Summe von einzelnen
Tönen zu verstehen, aber aue h nie h t als eine A n ein a n der r ei h u n g ihrer
einzelnen In t e r v a 11 e, eine Vorstellung, bei der wieder nur die abgesteckte Ton-
reihe als das Gegebene, die nachgleitende Verbindung als etwas Passives, Sekundäres
erscheinen würde. Der Bewegungsvorgang beansprucht vielmehr die Auffassung der
akt i v e n, gestaltenden Ursprungskraft, die in allen erklingenden Erscheinungsformen
ihre vielfachen Strömungen nur der Wahrnehmbarkeit vermittelt.
Die Töne sind eigentlich nur der Ballast der Linie. Anfang aller Erkenntnis
vom Wesen der Melodik und damit überhaupt der Musik ist die Gewöhnung an
den Gedanken, daß schon von der einfachen melodischen Linie an der eigentliche
und weitaus bedeutungsvollere Inhalt das Unh ö r bar e an ihr ist, oder, um es
äußerlicher zu kennzeichnen, in ihrer Niederschrift die nicht gezogene Linie, die sich
nur in einzelnen Noten andeutet; über die leeren Räume zwischen den Noten und
über diese selbst hinweg flutet die Kraft. Daß sie und nicht das Tönespiel und das
äußere Bild rhythmischer Anordnung die lebendige Spannung ist, die das melodische
Empfinden ausmacht, ist im Grunde nichts als auch eine der vielen "verloren
gegangenen Selbstverständlichkeiten", deren Erkenntnis gewaltsam durch den
ver kehrten Standpunkt unserer heutigen Musiktheorie verdrängt ist, die überall an
den Erscheinungsformen, am Geworclenen, statt am Werdeprozeß ansetzt, die Töne
ausschließlich und einseitig in ihre harmonische und rhythmische Organisierung
hinaus verfolgt, statt zu der Dynamik ihrer tragenden unhörbaren Zusammenhänge
zu dringen, die ihr Aufleuchten im Blitzeszug der Linienbewegungen auswirft. Wie
diese Bewegungskräfte den Ursprung im Schaffensvorgang der Melodie darstellen,
so erregen sie auch ein Miterleben ihrer Schwingungen in ihrem jedesmaligen Hören;
ihr Mitmachen ist die Tätigkeit des Temperaments. Das musikalische Hören, das
Erlebnis des Kunstwerks, ist gar nicht im wesentlichen eine Geh ö r s.. noch auch
von Grund auf harmonisch-logische Ver s t a n des - Tätigkeit, sondern der psychische
.spannungsverlauf eines Mitströmens .mit dem Urvorgang der Bewegungskräfte.
(Schluß folgt)

c c

543
rei/
!VI A u R I c E R A v E L
Von Egon Wellesz, Wien
Zwei Männer sind es, denen Frankreich die gegenwärtige Blüte seiner Musik
verdankt: Claude Debussy und Maurice Ravel. Nun, da der erstere frühzeitig durch
ein schweres Leiden hinweggerafft wurde, ist Ravel allein Hüter und Wahrer des
Ruhmes, der die Namen beider umgab. Ihre Kunst ergänzt sich in wunderbarer
Weise. Gleicher Quelle entstammend, hat jede ihre Besonderheiten. Debussys Musik
ist von einer unendlichen Zartheit der Linien, bevorzugt weiche Harmonien und
unbestimmte Rhythmen. Ravel, baskischer Herkunft, bringt einen natürlichen Hang
für scharfe Konturen, kräftige Harmonien und packende Rhythmen als Natur'
anlage mit. In seinen Klavierwerken findet sich eine äußerst brillante, an die
Grenzen der Virtuosität reichende Technik. Und doch verbindet beide eine gewisse,
mit Worten allein nicht leicht zu beschreibende Einheitlichkeit im Melodischen und in
der Form. Es herrscht in ihr eine Klarheit der Linien, ein Ebenmaß zwischen Idee
und Form, Melodie und Harmonik, die höchste Bewunderung verdient.
Ravel wurde am 7. März 1875 in Ciboure, einem kleinen Ort an der Küste des
Golfes von Biskaya, geboren, kam aber frühzeitig nach Paris, wo seine musikalische
Begabung durch Erik Satie erkannt und gefördert wurde. Durch diesen, für ein
jugendliches Empfinden entscheidenden Einfluß, den der eigenartige, bizarre Satie
auf Ravel ausübte, war sein Weg bestimmt. Kluger, fördernder Unterricht, besonders
durch Gabriel Faure, ließ sein Talent sich rein und ungebrochen entfalten.
So entstand in dieser vorbereitenden Zeit das 11M e n u eta n t i quell, die
.p a v a n e po ur une In fan ted e fun t e" und das eine neue Epoche der
Klaviermusik einleitende .] eux d'eau".
Der äußere Anlaß dieses Stückes ist d,ie Impression einer Fontaine, die leicht
plätscherndes Wasser herabfließen läßt; wie dieses Problem aber klavieristisch gelöst
ist, das zu würdigen versteht wohl nur der Kenner. Jedermann muß die Grazie
dieser Musik fühlen, muß erkennen, daß hier die sublimste Loslösung der Kunst
von der Person des Künstlers vollzogen ist, aber es scheint mir, daß nur wenige
die unerhörte Meisterschaft der Proportionen dieses Stückes erfaßt haben, die
Vollendung, die hier zwischen dem Willen, etwas zu formen, und der Fähigkeit,
dem intendierten Inhalt eine adäquate Form zu geben, erreicht ist. Wer hier nUr·
die Anmut, die leicht spielerische Grazie bemerkt, und diese Musik deshalb als
"hübsche Unterhaltungsmusik" bezeichnet, der weiß nicht, daß es höhere Kunst ist,
die Sublimierung einer musikalischen Idee zu geben, als sich dem Drängen der
Phantasie hemmungslos hinzugeben. (Und dies macht vielen die Musik von Debussy
und Ravel unverständlich, die immer verlangen, daß der Künstler sein Innerstes
zeige; während beide hinter ihr Werk zurücktreten und nur Mus i k, nicht
PSI' cho log i e geben.)
Die ,,]eux d'eau" und das Streichquartett, das in den Jahren 1902/03 (zwischen
drei Kantaten, in denen sich Ravel um den Rompreis bewarb) entstand, haben

544
seinen Namen zuerst bekannt gemacht. Man erkannte sogleich das Außerordentliche
an diesem reichen und, klangschönen Werkc, das, gemeinsam mit Debussys Quartett,
seit langem zum ständigen Repertoire aller westlichen Quartettvereinigungen gehört.
Und nun folgt 1905 die Sammlung der "Miroirs", in denen der Klaviersatz
wunderbar reich geworden ist: eingeleitet durch die zarten "N octuelles", denen das
eigenartig monotone Stück "Oiseaux tristes" sich anschließt; dann, ein rauschend
virtuoses Gebilde upd - das äußerlichste Stück dieser Sammlung - "Une barque
sur rOcean"; dann, mit einem faszinierendem Rhythmus, "Alborado de1 Graciozo"
und als Abschluß "La ValIee des Cloebes".
Im gleichen Jahr entsteht die So na tin e; knapp in den Konturen, formal dem
nach Cesar Franck üblichen Aufb"" folgend, bei dem alle Sätze der Sonate durch
einheitliche Motive verbunden sind. Sie knüpft damit an das Streiebquartett an
und ist das letzte Werk, in dem Rave1 der traditionellen Sonatenform folgt. Von
da an entwickelt er seine Gedanken nicht an einem F ormsebema, sondern naeb
den ihnen liegenden formsebaffenden Bedingungen.
So entsteht die Klaviersuite "Gaspard de Ja Nuit", die "Rapsodie espagnole" für
Orchester, die Kinderstücke "M a M er e 1'0 y e"; ursprünglich für Klavier zu vier
Händen geschrieben, nachträglich instrumentiert. Die "Rapsodie espagnole" mit
ihren vier Sätzen (PreIude a la nuit, Malaguena, Habanera und Feria) ist davon
das bekannteste Werk. Am höchsten steht aber wohl die Klaviersuite "Gaspard de
la Nuit", ein kühnes, großangelegtes Werk zu drei Gedichten von Aloysius Bertrand:
"Ondine", "Le Gibet tl und "Scarbo'\ Die Beziehung zum Text hat nichts Program..
matisches. Denn seit Couperin sind die Franzosen gewohnt, ihren Klavierstücken
Namen zu geben, die nicht mehr bedeuten, als eine lose, innere Beziehung, die sich
bei dem Komponisten einstellte, als er durch einen Vers, ein Bild, eine Landschaft
die Anregung empfing, das Stück zu schreiben. So erneuern die zeitgenössischen
französischen Komponisten nur die alte Tradition, wenn sie ihre Stücke benennen.
Und es ist ein stolzes Bekenntnis, in dem Bewußtsein zu leben, Erbe der großen
Klavizinisten zu sein, wenn Debussy eines seiner bedeutendsten Klavierstücke den
Manen Rameaus widmet, wenn Rayel sein letztes großes Klavierwerk "T 0 m b e a u
d e Co u p eri n" nennt und darin zu einem streng gebundenen Stil zurückkehrt.
Es scheint mir dies ebenso bedeutsam, wie die Tatsache, daß Debussy, der in
der mittleren Periode seines Schaffens die Architektur seiner Stücke ganz aufgelöst
hatte, in den letzten Sonaten für verschiedene Instrumente größte Geschlossenheit
zeigt und hier auch ,den letzten Rest eines Zusammenhanges mit der Romantik
überwunden hat.
Das Hauptwerk Ravels, dem in der Geschiebte der neuen französischen Musik
eine ähnliche Stellung zukomm(wie "Pelleas et Melisande ll von Debussy, "Arianne
et Barbebleue" von Dukas, ist seine Symphonie choreographique "Daphnis et
Chloe", die er in den Jahren 1906 bis 1911 komponierte, und die vom russischen
Ballett am 18. Juni 1912 zum erstenmal in Paris aufgeführt wurde; die Hauptrollen
waren mit Nijinsky, Bolm und der Kasarina besetzt. Ravels reiche rhythmische
Begabung drängte zu dieser Kunstform hin, die durch die grandiosen Leistungen
der russischen Tänzer belebt wurde. In seinem ganzen Sebaffen läßt sich die Hin'
neigung zu stilisierten Tänzen verfolgen: das "Menuet antiquell, die "Pavane u ,
der zweite Satz der Sonatine, die "Habanerall in den ttSites auriculaires u für zwei
Klaviere und in der spanischen Rhapsodie geben Beweise dafür, und die später,

545
1911, entstandenen" Valses nobles et sentimentales" knüpfen an eine Kunstübung
an, die seit Chopin in Verfall geraten war. Die Partitur von nDaphnis und Chloe"
ist von einem bewunderungswürdigen Reichtum der Farbe. Rave1 verbindet die
Kraft und Eindringlichkeit des Orchesters von Rimsky-Korsakoff mit der Subtilität
der Franzosen. Dadurch gelingen ihm neben den kraftvollsten auch die zartesten
Akzente. Die lange Arbeitszeit, die er an dieses Werk gewandt hat, beweist die
Sorgfalt, mit der er es komponierte. Er behandelt jedes einzelne Instrument mit
feinster Kenntnis seiner Eigenheiten; er geht an die Grenzen des Möglichen, ohne
sie aber je zu überschreiten. Die wundervolle Klarheit aber, die seine Musik kenn . .
zeichnet, spricht am reinsten aus seinen beiden letzten Werken, dem Tri 0 für
K I a v i e r, Vi 0 li neu n d G e 11 0, und dem "T 0 m b e a u d eGo u p e ri n"
für Klavier. Hier sind die Anfange eines neuen Klassizismus zu suchen, eine har ...
monische Ausgleichung von Form und Inhalt, die man nur bei den romanischen
Völkern finden kann, ohne den Eindruck des Akademischen zu haben. Diesem
Oeuvre von Instrumentalkompositionen steht ein an Zahl geringeres, aber an Wert
ebenbürtiges von Gesangskompositionen gegenüber. Die Führung der Melodie ist
bei Ravel viel intensiver, leidenschaftlicher als bei Debussy. Die außerordentlichen
"H ist 0 i l' e s na t ure 11 e sU, die bei ihrer Erstaufführung auf starken Widerstand
stießen, vermittelten mir zuerst das Bild der Persönlichkeit Rave1s, und ich fühlte,
daß hier ein Musiker spricht, der die seltene Gabe besitzt, das Ungemeine in der
einfachsten und zwingendsten Weise auszudrücken. Zwischen diesem Werk und den
nT r 0 i s Po em e SU nach Mallarme liegt ein weiter Weg der Entwicklung in kurzer
Spanne Zeit; sie sind komprimierter im Ausdruck, kühner in der Linienführung
und zeigen Rave1 auf Wegen, die ihn in die Nähe Schönbergs und Strawinskys
bringen.
Ravel ist kein Künstler, der sich viel in der Welt herumtreibt; wenn er jetzt
nach Wien kommt, so liegt dem wohl ein doppelter Zweck zugrunde: der Wunsch
einer kleinen Gruppe von Menschen, die ihn und sein Werk seit langem schätzen,
die Kenntnis seiner Werke weiteren Kreisen zu vermitteln und eine, vielleicht
unbestimmte Sympathie Ravels für Wien und seine Musik. Er verfolgt die Be-
strebungen des Vereines für musikalische Privataufführungen, an dessen Spitze
Arnold Schönberg steht, mit lebhaftem Interesse und beabsichtigt in Paris nach
diesem Vorbild eine ähnliche Organisation zu schaffen. So mag dieser Besuch auch
dazu dienen, verwandte Geister einander näher zu bringen, die ein äußeres Geschehen
jahrelang auseinanclerhie1t. Er, der immer au. . dessus de la melee stand, darf einer
herzlichen. Aufnahme sicher sein.
C D

ALFREDO CASELLA UNSER GAST


Von Paul Stefan, Wien
Alfredo Gasella ist dem "Anbruch" kein neuer Mann. Man hat hier den biographi-
schen Aufsatz von Gatti gelesen und bald darauf, den Lesern dieses Aufsatzes viel-
leicht ein wenig unerwartet, die wunderschönen Worte, die Casella in Amsterdam
beim Mahler-Fest gesprochen hat. Ich versuche, das Bild des Turiner Kollegen Gatti
(das ich deutsch nachformen durfte) derart auszugestalten, daß es den Gasella dieser
Rede mit wiedergibt.

546
Casella nämlich, von Bildung und Erlebnissen ein guter Europäer, hat in Paris,
der Stätte seiner ~ Lehre und seiner ersten Wirksamkeit, Gustav Mahler kennen
gelernt. Den Dirigenten, den Komponisten, den Menschen. Das war ihm ein großer,
ein unzerstörbarer Eindruck. Wer mit Casella davon gesprochen hat, sei es bald nach
Mahlers Tod, sei es nach dem alles wandelnden Krieg, dem ist aus dem Munde
des noch so jungen Italieners jene Zeugenschaft von Mahler erstanden, die alle,
soweit sie IVIahler zeitlich kannten, übereinstimmend ablegen: dieses "ich werde
nimmer seinesgleichen sehen". (Übrigens hat Casella die Werke Mahlers eifrig
studiert und so den Klavierauszug der Siebenten Symphonie angefertigt.) Als im
Krieg, dessen begleitende Dummheiten schon heute nur noch historisch begriffen
werden können, Landsleute Casellas ihren angeblich lateinischen, in Wirklichkeit
aber allerweltbarbarischen Furor gegen Wagner kochen ließen, lachte sie Casella,
immer noch Europäer, immer noch irgendwie Gustav Mahlers Schüler, sehr
redlich und tüchtig aus; er hatte da eine eigene Zeitschrift - hat sie leider nicht
mehr - in der er allen Hohlköpfen die Meinung sagte, die dort und aller-
orten die Zeit gekommen glaubten, weil sie ja doch innerhalb der Grenzpfähle, also
"heimisch" geboren waren. Und als man wieder sprechen durfte, reiste Casella nach
Amsterdam, dem ersten möglichen Treffpunkt mit sogenannten Feinden, und be-
kannte sich zu Mahler.
Er tat es, wie billig, ohne seine lateinische Art zu verleugnen. Eben das hat er
gezeigt, wie ein so sehr österreichisch . . deutscher Künstler, als den der Ausländer
Mahler nun einmal sieht - wir Inländer fangen ja andere Grillen - wie eben dieser
Mahler auch einem Romanen Flügel geben könne. Und auch darüber hinaus war
seine Rede ein großes Bekenntnis der Künstler- und Friedensgesinnung, deutlich,
bescheiden, dankbar, anständig.
Der Meister dieser Rede, der Schüler Mahlers und nicht nur der Komponist
CaseIla kommt nach Wien, kommt mit der ersten Gelegenheit. In diesem Verstand
wollen wir ihn herzlich begrüßen! Wien war immer eine Welt . . Musikstadt, also
auch, und das ganz besonders, eine Hauptstadt italienischer Musik. Es wird wieder
die Stadt sein, die von den Meistern der Barockoper an bis zu Puccini und Casella
die Künstler eines glücklicheren Landes, eines helleren Lichtes über die Alpen all'
zieht. Sie kommen in eine zweite Heimat.
o 0

ÜBER DIE ENTSTEHUNG MEINER OPERNBÜCHER


Von Franz Schreker, Berlin
Aus zwiefacher Not heraus entstand der "Ferne Klang". In mir - ich war ein
ganz junger Mensch - gärte es. Jugend, Sehnsucht wollte sich Ausdruck schaffen.
Sehnsucht - ein Kunstideal zu erjagen, Ruhm, Freuden des Lebens. Weib, Liebe!
Und ich wollte schaffen, wollte all das zu tönenden Gebilden formen - doch mit
fehlte ein Buch, ein Opernbuch, denn es war mir klar, daß ich jene wühlenden
gebundenen Kräfte nur in der dramatischen, in der musikdramatischen Kunst zu
klingendem Leben erwecken konnte. Und was sich mir bot, war armseliges Zeug;
Librettis verkrachter Dichter, tantiemenhungriger Journalisten. Da besann ich mich
zu rechter Zeit auf mich selbst. Auf das Drama des Werden den; auf das Narrenspiel

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dieses Lebens mit unsicherem Ausgang; auf a11 die Tragödien, die hart an uns
vorbeistreifen und uns hin und wieder - oft flüchtig nUr - in ihr Szenengewirr ver...
stricken. Und schrieb den nFernen Klang", aus mir selbst heraus, aus meinem
eigenen jungen Erleben.
Ieh las eine Zeitungsnotiz. Ein greiser, berühmter Violinvirtuose kehrt in seine
Heimat zurück. Irgendwo in Spanien ein kleines Dorf. Und am Abend versammelten
sich die Einwohner des Dörfchens vor dem Häuschen ihres Landsmannes mit Fackeln
und Lampions - ihm zu huldigen. Da trat der greise Künstler, die Geige unterm
Arm, tiefbewegt heraus auf die Terasse des Häuschens und spielte der atemlos
lauschenden Menge bis in die sinkende Nacht hinein all seine Weisen. Ich selbst
las dies in den Weingärten Grinzings an der Peripherie des großen Wien an einem
herrlichen Sommerabend. In seltsam chaotischem Klingen tönte das Glockengeläute
von allen Türmen der Stadt herüber. Und im glühenden Rot der scheidenden Sonne
erstanden meinem Auge die vagen Umrisse eines Schlosses. Und in das offene Tor
jenes Schlosses unserer fernsten Träume sah ich ihn hinschreiten, in jünglingshafter
Gestalt, den greisen Künstler auf der Höhe seines Lebens. Diese bei den in Eins zu-
sammenfließenden Stimmungen ergaben - seltsamerweise - die erste Idee zur
Konzeption meiner Oper "Das Spielwerk und die Prinzessin". Ich vollendete das
Werk an einem anderen Abend. Da feierte Wien ein großes Fest. Alle Gebäude
erstrahlten in feenhaftem Glanze. Ein mittelalterlicher Festzug,' hundert Musik-
kapellen, eine brausende Menge durchzog die Straßen, die Glocken dröhnten. Und
ich - fieberhaft schreibend - sah mich plötzlich eingekeilt in furchtbarem Gedränge.
Schreie ertönten, eine entsetzliche Panik erfaßte die Menge. Ich entkam mit knapper
Not einer Gefahr, deren Größe mir erst zum Bewußtsein kam, als ich erfuhr, daß
der Tod Einkehr gehalten und alle Festfreude jäh zerstört hatte.
Über die Entstehung des "Gezeichnetenl·. . Buches ist nur wenig zu sagen. Ein
Komponist verlangte von mir, ich solle ihm ein Opernbuch schreiben. Erstaunt und
etwas befremdet fragte ich ihn, ob er einen Stoff habe, mir ein Thema wüßte. Er
antwortete nichts als dies: "Schreiben Sie doch einmal die Tragödie des häßlichen
Mannes!" Und ich schrieb sie. Nun muß ich freimütig gestehen: je weiter die Arbeit
gedieh, um so verhaßter, unerträglicher wurde mir der Gedanke, nicht ich, ein
anderer solle die Musik dazu schreiben, eine Musik, die in mir bereits feste Umrisse,
Gestalt gewann. Und es war mir, als gäbe ich dem andern mit der Dichtung zu. .
gleich mein musikalisches Selbst, als verschacherte
, ich damit mein Inneres, meinen
Lebensnerv. Und ich nahm mir vor, um das Buch zu kämpfen. Es war nicht not-
wendig. ~ein Kollege in Apoll war ein einsichtsvoller Mann und verstand mich,
ohne daß es vieler Worte bedurft hätte.
Ich bewohnte vor einigen Jahren mit meiner Familie ein kleines Haus im
Semmeringgebiet. Das gehörte seltsamen Leuten. Sie waren weit gereist und hatten
sich aus aller Herren Länder alles mögliche zusammengetragen. Da gab es ein alt . .
fränkisches, ein persisches, ein türkisches Zimmer, eine mit allem möglichen phantast!. .
sehen Kram, ausgestopftem Tierzeug angefüllte Jagdstube in der Mansarde - doch
das reizvollste waren zwei Siebenbürger Bauernzimmer im Erdgeschoß. Mit einem
jener riesigen Ofen, die verwachsen scheinen mit einer anheimelnden Ofenbank,
wundervollen Schränken; an den Wänden verstreut uralte Waffen, Gewänder,
Kostüme in grellen Farben, getrocknete Maiskolben, Zinngeschirr, Krüge, Teller und
ein Schrank, aus dem glitzerte zwischen vergilbten Schleiern und Brautkränzen

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Schmuck aller Art. Wir saßen - es war spät abends - alle um den Tisch; das
flackernde Licht der Kerzen eines eisernen Kronleuchters, der von der Decke herab-
hing, gab dem Raum etwas gespenstisch mittelalterliches. Und herein trat ein junges
Mädchen unserer Bekanntschaft in gewollt phantastischem Kostüm, eine Laute, von
der viele bunte Bänder flatterten, im Arm. Und sie sang mit leiser, rührender
Stimme alte deutsche Volkslieder, vergessene Balladen. Es kam eine seltene
Stimmung über uns alle. Meine liebe alte Mutter hatte nasse Augen und ich selbst,
ich blickte durch Tränen wie durch Kristall: die Stube wurde ZUr Szene. Das
Mädchen - sie hies Else - wandelte sich seltsam. Die Laute prangte in den
Händen eines schönen Jünglings, die Hellebarden an den Wänden bekamen Träger,
die Zinnkrüge füllten sich mit schäumendem Wein, und aus dem Schrank gleißte
in überirdischer Pracht ein königlich Geschmeide. In dieser Stunde ward mir die
ganze Handlung meiner Oper "Der Schatzgräber".
Ich fuhr - es ist noch nicht lange her - von Dresden nach Nürnberg. Meine
Gedanken - ich hatte eben die Partitur des "Schatzgräber" vollendet - weilten sehn-
süchtig bei neuen dichterischen Plänen. Der Zug hielt. Da schien es mir, als riefe
der Schaffner den Namen "Irrelohe". Ganz deutlich. Und ich blickte hinaus und
buchstabierte wahrhaftig am Stationsgebäude den Namen einer Ortschaft Irrelohe.
Da war es mir klar, daß dieser Name, über dessen möglicherweise höchst prosaische
Entstehung ich nicht weiter nachfragen wollte, den Keim einer Dichtung in sich
trage. Und so war es. Die Oper, an der ich eben arbeite, trägt ihn; das Buch war
in drei Tagen vollendet. "Irre1ohel~ - Flammen aus einem Wahn!
c c

GESPRÄCH EINES WIENER MUSIKERS


MIT G I A C 0 MO PUCCINI
. . Sie verlangen also nicht zu wissen, wie mir Wien gefallt und ob ich es
verändert finde ..• Ich bin ja hier und das sagt manches, auch Ihnen, der Sie mich
damals noch nicht kannten. Aber Sie kennen Italien, das Italien der alten Meister
und Sie wüßten gern, ob es auch junge Meister unserer Kunst nähre und was die
etwa auszeichne. Nun wohlan, wir haben eine Jugend, aber sie versucht sich, soweit
ich das italienische Theater kenne, auf diesem noch nicht oder eben erst. Und ich
spreche nur vom Theater, nur von den Partituren und Noten, die ich klingen höre,
also nicht von symphonischer und Kammermusik; nUr vom Theater.
Der Angeredete sieht den Meister vor sich, für den zu schwärmen in extremen
Zirkeln nicht Brauch ist (aber er schwärmt für ihn, was hilft es!): auch im Wort
unglaublich fein und kultiviert, jugendlich, mit leuchtenden, eher strengen Augen,
mit den Bewegungen des Weltmannes, das ist eines Mannes, der viel Welt gesehen
hat, der abgewogen spricht, aber unwillkürlich ins Feuer der eigenl-.a.l Rede gerät.
Und es kann gar nicht anders sein: für den Meister (der seine Worte menschlich
.schön und schlicht ordnet) kann es nUr Theater, nur Opernmusik geben, wirksame,
mühelose und doch nie leichtfertige Musik, Musik des Südens, Melodie, Verführung
der Harmonie, der Instrumente, Erbgut eines Volkes, das die Oper bei sich auf...
blühen sah, das ein Theater von Goldoni bis zu Verdi hatte ••.
Der Meister spricht von der Zukunft seiner Arbeit, von dem Werk derer, die
nach ihm kommen. Italienisch SCI, so sagt er, Melodie und Harmonie, Melodie vor

549
allem. In den Mitteln aber könne man nicht genug neu sein, nicht genug lernen.
Nur müsse das Neue aus den Forderungen des künstlerischen Lebens, des Zweckes,
bei der Theatermusik also aus den Forderungen der Szene kommen. Nicht aus dem
Kopf, aus dem Verstand, aus dem bewußten Willen neu zu sein.
Wir haben aUe viel zu lernen, sagt er und fragt sofort nach dem Neuen bei uns,
fragt fast stürmisch nach Schönberg und Schreker. Er hat noch so wenig von
Schönberg gesehen, fast nichts gehört und er muß hören. Ob es von Schönberg
nichts für Orchester gibt? Und warum man das nicht hören kann? (Was soll ich
ihm antworten?) Und ob denn nicht eine Oper von Schreker zu hören wäre .••
(0 ja, wenn sie angesetzt wird, und wenn gerade niemand absagt.) Also Schönberg
hat Schüler? Und was, wie komponieren sie? So, und es klingt? Wie, wo hört
man es? (So einfach geht das nicht, aber vielleicht im Verein für musikalische
Privataufführungen.) Was ist das? Und was hört man da? Auch Schreker? Ja, sage
ich und Reger, die Franzosen, die Russen. Da will Pucdni, wenn irgend möglich,
dabei sein.
Und er, der Meister selbst? Das "Triptychon" wird Ihnen, so meint er, mehr
sagen als die "Schwalbe". Nun aber hoffe ich auf ein neues Buch, eine T ur a n d 0 t.
Zwei Italiener schreiben es. Das Szenarium ist gebilligt. Wenn jetzt der erste Akt
gut wird, fange ich an. Ich brauche etwas, was die Vision des chinesischen Märchens
gibt und so will ich eine "chinesischell Musik finden, wie V erdi für die Ai'da eine
ägyptische gefunden hat und wie es mir geglückt ist, eine japanische für die Butterfly
zu ersinnen. Eine theaterägyptische, ein Märchen China ...
Die Turandot von Busoni kennt Puccini nicht. Versuch, sie ihm zu schildern:
Esprit, spirito. Er, Puccini, wird wohl die Märchenmelodie ahnen lassen. Das Herz
einer Prinzessin wird klingen, die man töten und~umarmen möchte. Und die kleine
Näherin auf der Galerie (in Italien versteht sich, nicht mehr in unserer sonst so
herrlichen und vom Meister zu höchst bewunderten Staatsoper) die kleine Näherin
wird träumen, sie wäre die Prinzessin. Und der Leiermann wird die Weisen auch
dieser Turandot spielen, aber das wird seinen Leierkasten adeln. Wie es ihn adelt,
wenn er den T raubadour spielt.
c c

550
6/05 5('11-
VOLKSOPER "LA RONDINE" und singt einen Hymnus auf Paris (nicht den
aus "Luise U ). Liesette, die unausstehlichste
Text von Willner und Reichert, Musik von sämtlicher Kammerzofen der ganzen Opern...
Giacomo Puccini und Operettenliteratur - (das will schon was
Es muß recht schwer sein, durch Per... sagen!) - rät ihm, zudringlich wie sie ist, den
mutation einiger feststehender Operettentypen Abend bei Builler zu verbringen. "Bui11er geht
und .. situationen ein neues "Buch" zu erzeugen. ins Blut! Da kriegt man Mut! Das_ tut gut -
Noch schwerer aber stelle ich mir die Erfindung das tut gut! Brennst bald in Liebesglut!U Un ..
des Titels vor, der bekanntlich der halbe Er.. nötig, zu sagen, daß alle Anwesenden den
folg ist. Hier ist auch zum Unterschied von Abend, id est zweiten Akt, bei Builler ver..
der Handlung jede Wiederholung ausgeschlossen. bringen werden. Lisette wie die Adele der
Nachdem Hanni, HHoheit'~ und Yuschi ihre Fledermaus in der Toilette ihrer Herrin, Made...
Walzerträume, Liebeswalzer und Walzerlieben taine wieder als die einfache Grisette von einst.
erledigt haben, ist es immerhin ein Fortschritt, "Ach, wenn ich's doch nur wüßt'/I - wer heut'
wenn man von dem sattsam beliebten Wiener der Herr gewesen ist? Nein, sondern "ob noch
Spatz oder Hernalser Lercherl aus in al1egori... einmal die Liebe heiß mich küßt." Bei Builler
sehe Tierreihe über Lehars singende Lerche findet die abendliche. echt Pariser ische Orgie
zur Schwalbe (rondine) gediehen ist. Diese statt, Das sieht so aus: t,Mit Champagner
VJiener Abart der Rauchschwalbe nistet nach keiner geize! Her t ihr Mädchen, zeigt
dem letzten Brehm (Herausgeber: Willner und die Reiz e I" Ein weiterer Reiz ergibt sich, bis
Reichert) in Rauchtheatel'n und Tanzlokalen, sich Roger und Madelaine in schneller Liebe
zwitschert und tanzt. Sie nennt sich fälschlich "gefunden", mit dem zweiten Paar (Lisette ...
l\iladelaine, während sie jedermann seit vielen Prunier) zum Quartett "verbunden" haben,
Jahren unter ihrem rechten Namen Mimi wohl.. nämlich der Hsüße Reiz dieser Stunden. Was
bekannt ist. Jawohl, die lieb, alte Mimi aus mein Herz tief für Dich empfunden, immerdar
Puccini ...Murgers Bohemewelt und mit ihr diese treu es bewahr'!11 Worauf Rombaldo erscheint
ganze halbe Welt gleich mit. Es ging schon und mit ihm die Entscheidung. Die Schwalbe
in einem Aufwaschen. Aus Musette eine Lisette, wünscht sich zu verändern, entsagt dem glän...
aus Rodolfo ein Roger, aus dem Maler Marcel zenden Leben, um Roger zu folgen. "Das Fest
ein Dichter Prunier, Liebhaber m:usettes und rauscht abi. bemerkt die treffliche Einführung.
Lisettes, aus dem Cafe l\iomus ein Tanzlokal Der dritte Akt vermehrt die bisherigen zahl ...
Builler - Paris kann so bleiben ~ ecco Maestro reichen Reize um den der Landschaft fern
Puccini, hier haben Sie die Wiener Operette, von Paris, dem sich das Liebespaar, freilich
die Sie sich 1913, als Sie zur Premiere von nicht ungetrübt. hingibt. Rager hat, geldbe ...
"Mädchen aus dem goldenen Westen" hier dürftig, seiner alten Mutter brieflich gebeichtet.
waren, in einem unbedachten Augenblick Die Gute schickt postwendend ihren Segen,
zu komponieren gewünscht haben. Doch die falls das "brave gute Wesen. das ihr Sohn sich
Handlung? Machen wir! Madelaine, Maitresse erwählt, rein ist wie der TauII. Roger, der von
des Rombaldo, führt in Paris großes Haus, den verschiedenen früheren Nestern seiner
Hohneil ~ wie es in der trefflich geschriebenen Schwalbe keine Ahnung hat, hält schon selig
Einführung der Volksoper heißt - "darob den Verlobungsring bereit. Sie aber erkennt.
glücklich zu seinli. Sie gedenkt wehmütig ihrer daß sie in dieses Paradies der Häuslichkeit
bescheidenen Grisettenvergangenheit und "jenes nicht paßt, sein und der Mutter Vertrauen
Abends, wo sie damals weglief ihrer alten nicht täuschen darf. Prunier und Lisette
Tante!11 Prunier wahrsagt aus Handlinien (ein kommen eben zurecht, um auch ihrerseits
"Handleser", sagt die treffliche Einführung) und sie zur Rückkehr nach Paris mit starken
bedeutungsvoll wird das Schwalbenmotiv dabei Gründen zu bestimmen. ,,0 folgen Sie, 0
angeschlagen. "Wandert die kleine Schwalbe folgen Sie, 0 folgen Sie dem Rufe... Ein
nicht übers Meer in die Ferne? .•• Land der Schritt ist's bis zur Stufe!" So bringt sie das
Liebe 1 Leuchtender Süden!'" Erscheint Roger unermeßliche Opfer ihrer Liebe. Nicht ohne

551
diese Abschiedszeilen zu hinterlassen: "Kehr' sich von nordischem Nife1heim zu befreien.
zurück zu des Elternhauses Weihe - meinen Noch immer ziehe ich diesen melodisch be..
Flug lenk' ich heimwärts zu bitt'rer Reue.14 zaubernden, anmutig schwebenden, leicht fließen ..
Schade. Diese poetische Schlußpointe hätte sich den Parlandoton manchem unentwegt stimm..
vielJeicht noch verhindern lassen, hätte man widrigen neueren germanischen Sprechgesang
die dichtende Schwalbe rechtzeitig mit einem vor, der las Erbe des Secco Rezitativs, von diesem
ihrer schönen, so echt Pariserischen Worte ge.. so oft nur das Secco. das Trockene, unterstreicht.
warnt, das da lautet: ttNicht sag' daS!" Die unnachahmliche Kunst der Einteilung, der
Dieser Text, von dessen poetischer Gestal .. Pausen, der lyrischen Aufschwünge, der wunder..
tung ich einige wenige, leider viel, viel zu voll gesetzten, niemals "gedeckten" Singstimmen,
wenige Proben gegeben habe, "ward/I , wie ich der noblen, von selbst klingenden Orchestrie..
wieder der trefflich geschriebenen Einführung rung, der sicheren Effekte klug gebrachter
entnehme, "zunächst deutsch" (wirklich?) Reminiszenzen ist die alte geblieben. Begreif..
"niedergeschrieben und dann ins Italienische licherweise weniger inspiriert diesmal die Er..
übersetzt, als welcher er Puccinis Wohl.. findung, und schwächer das Temperament, das
gefallen weckte. Die !,Iusik entstand i nd es" selbst das Pariser Nachtleben nach ganz kurzem
(wann?)"ü b e r"(wo?) "einer französischen Über.. Anlaufe wieder rettungslos syrupsußlicher Sen..
tragung." Ich habe selbst genügend viel über.. timentalität überläßt. Neu die Neigung zur
setzt, um die Schwierigkeit dieser Rücküber.. Operette, zum Walzertakt, darin mehr an
tragung würdigen zu können. Trotzdem ist Strauß und seinen Rosenkavalier erinnernd,
über die Qualität dieser Text- und Geschäfte.. als mit dem bescheidenen Witz eines Salome ..
macherei kein ernstes Wort zu verlieren. Was zitats. Aber auch Strauß hat das Wienerische
mich geradezu verwundert hat, ist die absolute nicht gut getan. Aus der italienischen Buffa
szenische Hilflosigkeit und Naivität zweier haben die Franzosen "die kleine Oper, die freche,
routinierter Librettisten, die es nicht einmal spottfrohe Operette gemacht, die die Wiener
zuwege bringen, ihre Figuren von der Bühne dann durch Wärme, Humor und Gemüt ihrer
wegzubekommen, die im ersten Akt eine ganze ländlerentstammten Walzer verschönten. Wäh..
Szene lang Roger und Made1aine um einen rend die entarteten Sprößlinge von heute die
Wandschirm herum Verstecken spielen lassen, Wärme zur penetranten, brechreizenden Senti..
ohne daß der Gast der Dame des Hauses auch mentalität, das Gemut zu verlotterter, verlogener
n ur guten Abend sagen dürfte, die auch nicht Gemütlichkeit verdorben und den Humor in
einen einzigen szenisch wirksamen Auftritt englisch radebrechende Knock .. about..Rhythmen
gefunden haben. Unglaublich, daß puccini das verbannt haben. Der Aufenthalt in diesen
komponiert hat. Unglaublicher, wie er das Potemkiniaden der Lebensfreude kann nur
komponiert hat! schaden. So Strauß, so Puccini. Ein Hannibal,
der in diesem Capua der Geister sich wohl
Erkennt man jetzt erst durch Vergleich,
weIch unerhörte textliche Kunstwerke selbst gefühlt, verliert die Schlacht.
eine ordinäre Spekulation auf sadistische Ge.. Die Aufführung der Wiener Volksoper
muter wie Tosca, selbst die bluttropfende Henker.. hätte doch mehr der Bedeutung bewußt sein
und Pokerromantik des Mädchens aus dem mussen, die eine deutsche Uraufführung eines
goldenen Wildwest war, so ist ein Vergleich Pucdni unbedingt hat. Sie begnügte sich mit
mit der Komposition eines ähnlichen undank.. der typischen, nur wesentlich bescheideneren
baren, wenn auch literarisch viel wertvolleren Wiener Operetteninszenierung, Pariser Milieus
Stoffes lehrreich, womit ich Mascagnis kleine mit den abschreckendsten Farben der Nüchtern..
Lerche "Lodoletta" meine. Als ich dieses senile heH, Langeweile und Schäbigkeit schildernd.
Werk des jüngeren Meisters hörte, dachte ich Besser gelang das Musikalische unter Pietro
sofort an Pucdni. Ist er auch diesmal nicht der Stermichs Direktion, die Madelaine der Frau
Pucdni der sieghaften, hemmungslos zwingenden Debitzka, die Lisette des Fräulein Wagschal,
Kantilene, der ungebändigten Bohemelaune, ist der Roger des (italienisch singenden!) Herrn
die Gewähltheit seiner harmonischen Quarten.. MicheIe Fleta, und der Prunier. des Herrn
und Quintenpikanterie schon ein wenig Manier Hagen. Pucdni, groß, elegant, kaum angegraut,
geworden, ist dem Theatraliker hier keine wurde bejubelt.
kleinste Möglichkeit geboten, wirksam zu Dr. RudoIf Stephan Hoffmann
werden, so ist er doch Pucdni, und damit mehr
als deutsche Bilderstürmer gern zugeben. Es o 0

ist leichter, welschen Dunst zu verachten, als

552
WIE N E R K 0 N ZER T- Grosz ist man uns im vorigen Jahr schuldig
geblieben. Die Ouvertüre "Sursum (orda" von
PROGRAMME FÜR 1920/21 Korngold ist keine Uraufführung, wie das
Wir sind schon lange nicht mehr verwöhnt Programm angibt, Korngold hat sie hier schon
und niemand hatte daran gedacht, etwa gerade zweimal zu unserer herzlichsten Freude selbst
in diesem Herbst mit schönen Versprechungen dirigiert. Im Programm des Konzertvereins ist
überrascht zu werden. Die Zeit ist ungünstig mir eine Neuheit von Heinz Unger aufgefallen,
und schlimmer als das, man muß die Solisten ein für Wien neuer Mann. Furtwängler dringt
aller Arten nehmen, wie und wann sie überhaupt immerhin bis zum ersten Schönberg vor. Von
der Kammermusik will ich schweigen. Sie endet
kommen, unser bestes Quartett dient dem
Export, die Stardirigenten sammeln Valuten bei Brahms. Solisten? Wir kennen die Weise,
und eins von unseren zwei Orchestern ist soeben wir kennen den Text ••• Vielleicht kommen
uns irgendwelche außerordentliche, jetzt noch
erst umständlich und mühsam gesichert, um
nicht zu sagen, herübergefrettet worden. Proben unbekannte Veranstaltungen zu Hilfe, wie das
Musikfest Ravel.. Casella..Fried. Vielleicht bringt
kosten Geld, es fehlt an Zeit und Nervenkraft
und Notenmaterial ist kaum herzustellen, ge.. der Frühling, der Frühsommer ~twas recht
schweige denn zu bezahlen. Alles das ist so Schönes nach dem Winter dieses Mißvergnügens
bekannt wie wahr, Bescheidenheit ist eine Zier und Selbstgenfigens .••
- und dennoch, glaube ich, gibt es Grenzen. Wer sich indes bei dieser Hoffnung nicht
Es ist nämlich gerade jetzt eine Zeit - unsere beruhigen will, der werde Mitglied des "Vereins
Veranstalter mögen diese Mitteilung nicht übel ffir musikalische Privataufführungen. u Er wird
nehmen - eine Zeit, in der auf unserem Kunst.. dann sehen und lernen, wo die Musik heute
gebiet allerhand geschieht, vorgebt, sich ereignet. hält und, vor allem, wie man sie zu treiben hat.
Einige behaupten, es bilde sich eine neUe Musik. Faul Stefan
Vielleicht haben sie Unrecht und es wären, o 0
gesetzt den Fall, nur Entartungen eines ka..
nonisch Guten und Schönen zu verzeichnen:
so sollte doch, möcht' man sprechen, eine auf..
!.VI U S I K IN WIE N
merksame Hörerschaft berufen werden, darfiber Als Echo des Amsterdamer Mahler..Pestes
selbst zu urteilen, wie das anderswo möglich folgt Wien mit einem Zyklus, der alle Sinfonien,
ist. Museumsleiter kaufen Werke jüngster, wage.. die achte ausgenommen, das Lied von der Erde,
mutiger Künstler als Beispiele für die Geschichte von Orchesterliedern einige aus dem Wunder..
der Gegenwartmalerei und ..plastik, sie erwerben horn, die eines fahrenden Gesellen und die
sie, ohne sie zu billigen oder zu verwerfen, nur Kindertotenlieder umfaßt. Daß die Achte fehlen
um sie zu zeigen. Den Musikern und ihrem muß, ist ein Stück Wien. Wir besitzen ohne
Publikum wird nichts gezeigt. Was wissen wir die Männerehöre an gemisch"ten Chören: Sing..
von Schönberg, Webern, Berg, Wellesz, Scher.. verein, Singakademie und philharmonischen
ehen, Tiessen, Rudi Stephan, Leichtentritt, was Chor, von denen der erste und der letzte das
von Busoni, was von den Franzosen nach Werk wiederholt gesungen haben. Es liegt an
Debussy, von den neuen Italienern, von den traurigen, unwürdigen, nicht genug zu ver..
Russen, Tschechen, Ungarn? Ich habe aufs dammenden Eifersuchteleien, die auch vor
Geratewohl ein paar Namen genannt, es ließen wichtigen Fragen der Kunst bei uns niemals
sich leicht noch andere nennen - aber was stumm werden, wenn es diesmal nicht mög..
erfahren wir iiberhaupt von der Gegenwart? lieh war, diese mehr als ausreichende Sänger..
Daß heuer Beethovens 150. Geburtstag gefeiert schar unter dem Stabe Oskar F ri e d s zu ver..
wird. Man wird uns also alle seine Symphonien einigen. Schon heute, da der Zyklus mit fünf
und Quartette bescheren. Sehr schön. Wäre es Konzerten bis fiber die Hälfte gediehen ist, läßt
Beethovens 149. oder 151. Jahr, man hielte es sich der große künstlerische und, was angesichts
kaum anders, denn Beethoven "ziehtU; zieht der heutigen unsinnig hohen Kosten einer
doch selbst schon Mahler, der ja erst vor zehn solchen Veranstaltung und des Zweckes, das Sin..
Jahren gestorben ist. Aber muß es wirklich fonie .. Orchester zu erhalten, fast ebenso wichtig
sein, daß in einer Stadt, deren Musikfest im ist, der geschäftliche Erfolg des Unternehmens
Sommer ihren Beruf bestätigt hat, sonst fast einwandfrei feststellen. Der Löwenanteil gebührt
ausschließlich Zyklen der Trägheit und Bequem.. dem Dirigenten, den in Wien eingebürgert zu
lichkeit vorgeführt werden? Die Philharmoniker haben sich die Leitung der vorjährigen .,An..
verheißen zwei Neuheiten, Grosz und Respighi; bruchu..Konzerte als Verdienst anrechnen darf.

553
Es ist kaum Neues über diesen Meister des undfünfzigsten genau so feiern I Und den vier...
Taktstocks zu sagen. Selbstverständlich, daß in undneunzigsten Todestag dazu I - wie langsam
einem solchen Riesenprogramm, das in ver... dagegen das Verständnis für Neueres, aller
hältnismäßig knapper Zeit zu absolvieren ist, Propagierung zu trotz, wächst, bewies kürzlich
nicht alles bis ins Kleinste nach Wunsch ge.. ein Berliner HAnbruchu..Konzert mit Mahlers
lingen kann. Aber man man spürt - und HFünfter u und den Kindertotenliedern. Der
nicht zuletzt an dem erfreulich hohen, und Kritiker des "Berliner TageblattU nennt die
immer noch steigenden Rang, den sich das Sinfonie l\Iahlers "schwächstes Werk. u Doch
Sinfonie.. Orchester wieder errungen hat - die was ist das gegen Herrn Professor Karl Krebs,
ernste künstlerische Arbeit, die von Mahler ge .. der sich im "Tag!< verbittet, daß "Mahler jetzt
lernt bat, daß Studieren über Nichtprobieren neben Schönberg dem deutschen Volke durch..
geht. Die Präzision dieses Studiums ist impo... aus als Genie aufgebrummtU werden solle.
nierend und zeigt sich in der blitzenden Blank... H Wie lange wollen wir uns denn noch die
heit aller Details nicht minder, wie im großen Terrorisierung durch eine kleine Clique ver ..
Aufbau. Fried versteht seinen Mahler und stellt stiegener Journalisten gefallen lassen?" Zuge..
ihn mit überlegener Sachlichkeit dar. Durchaus geben sei, daß das Programm, über das er sich
richtig in der Intention, scheint die rechte Ab... lustig macht, nicht geeignet ist, für Mahler
sicht bisweilen ubertrieben deutlich gemacht. Freunde zu werben, daß es besser Spechts
Gleichsam unterstl'ichen. So leugne ich nicht, mustergiltigen Analysen (wie bei uns) zu ent ..
daß die Vorliebe für verlangsamte Tempi nicht nehmen, als der Feder des sehr jugendlichen
überall die meine ist, was im Adagio noch Hans Ferdinand Redlich anzuvertrauen war.
immer eher angeht, als etwa im Totenaufzug Abe,r was kann Mahlers Musik für ihre
der zweiten Sinfonie, der kein Trauermarsch Verehrer? Und was schaden ihr Wider ...
sein darf, vielmehr ein Auferstehungsgetümme1 sacher, vom Typus Krebs, der entdeckt hat,
bedeutet. daß die Kindertotenlieder "schrecklich eintönig
Damit soll die gewaltige Leistung Frieds und langweilig" sind, "nichtssagende Musik",
nicht verkleinert werden, der mit seiner Auf.. die Rückerts tiefe und ergreifende Dichtung
gabe noch zu wachsen· scheint, und speziell banalisiert und zu Boden drückt. "Die Kinder..
mit der Dritten und Fünften Hochgipfe1 repro ... totenlieder...• Nun - mir genügt vollauf zu
duktiven Schaffens erklommen hat. So wäre wissen und bei mir zu bewahren, was mir diese
uns nur zu wünschen, wenn wir an Stelle nichtssagende Musik so oft gesagt hat, und immer
manches durchreisenden Dirigenten Fried wieder sagt, um sicher zu sein, daß es nicht
dauernd den unseren nennen dürften. Volles ihre Schuld ist, wenn sie bei anderen versagt.
Lob auch den Mitwirkenden: der Singakademie, Ein Krebs hat in der Regel eine harte Haut -
dem philharmonischen Chor, den neuen Soli .. und folgt bloß seiner Natur, wenn er - zu..
stinnen, charlotte Sauermann und Eleanor rück gehtl R. S. Hoffmann
Reynolds .. Schloßhauer, unserer Gutheil o 0
und Herrn W eil von der Staatsoper. Schon
sind Wiederholungen einzelner Konzerte not..
wendig geworden. Das große Publikum drängt
BESPRECHUNGEN
sich zu Mahler. Ob es ihn auch - empfindet? FRITZ SCHREIBER: DREI LIEDER op.10
Warnungen wurden laut, vom Abspielen war für Altstimme, Bratsche und Klavier; SECHS
die Rede, von Mode und Nicht..Verstehen. Keine LIEDER op. 16 mit Klavierbegleitung. (Wien,
Angst. Die Empfindenden, die Verstehenden U niversal..Edition.)
sind immer nur einzelne. Das große Publikum Diese Lieder - die erste Veröffentlichung
muß den Respekt haben, den Instinkt für Größe, des jungen Komponisten - sind weit mehr als
muß Neues oft hören, daß der Einzelnen mehr eine bloße Talentprobe und Verheißung für die
werden, die es begreifen. Darum sind solche Zukunft, sind vielmehr eine reife und voll..
Veranstaltungen löblicher als die gedankenlose wertige künstlerische Leistung. Schreibers Musik,
Programmache, die hier üblich ist. Wir feiern in vielem von Mahler beeinflußt (der ja der große
heuer - ganz ernsthaft - den hundertfünf.. Wegweiser der heutigen Generation ist), ist
zigsten Geburtstag Beethovens. Sämtliche Sin.. dabei doch von unverkennbarer Eigenart, so ..
fonien! Sämtliche Quartette I Sämtliche .••• wohl in der stets reich und voll aus dem
Aber was haben wir vergangenes Jahr gefeiert? Innersten quellenden Melodie als auch in der
Den hundertneunundvierzigstenl Und werden bei aller Freiheit und Farbigkeit dUl'chaus
ganz bestimmt nächstes Jahr den hundertein.. ungesuchten Harmonik.

554
Von den drei Liedern des ersten Heftes Gavotte des P. Martini und ein Ballett über ein
(nach Gedichten von Christian Morgenstern) Thema von Gluck, die sich hoffentlich bald in
ist nur zu sagen, daß alles, was die Gedichte die Programme der Virtuosen Eingang ver..
auszeichnet, Reinheit und Innigkeit, tiefe und schaffen werden. Allerdings gehört zu allen
reiche (dabei doch zart verhaltene) Empfindung diesen Bearbeitungen eine sehr ausgebildete
auch in der Musik wiederzufinden ist. Die Alt.. Technik.
stimme, der tiefe, weiche Gesang der Bratsche o
und die klangsatte Klavierbegleitung wetteifern
miteinander in süßestem Wohllaut. • GUlDO GATTI, MUSICISTI MODERN I
Bilden diese Lieder ein einheitliches Ganzes, D'ITALIA E DI PUORI, Verlag Pizzi u. Comp.,
in welchem durchaus der gleiche Grundton Bologna.
festgehalten erscheint, so sind dagegen die sechs
Dieses interessante Buch, geschrieben von
Lieder des anderen Heftes zwanglos aneinander..
dem als unerschrockener Vorkämpfer der Mo..
gereiht. Hier herrscht - zwei Lieder ausge..
derne wirkenden, durch seine gehaltvollen
nommen ("Abendgefühl u nach Hebbel und t;ODer
Artikel auch den Lesern dieser Zeitschrift be..
Abend~ nach Chr. Morgenstern) - eine helle
kannten Turiner Musikschriftsteller Guido Gatti,
heitere Grundstimmung vor; von entzückender
hat für uns Deutsche vor allem die eine wert..
Anmut ist: "Mein Haus hat sieben FensterU volle Eigenschaft, daß es uns in kompaktem
(nach Otto zur Linde-nebenbei bemerkt: dieser
Abrisse das Schaffen einer Anzahl junger, viel..
größte deutsche Lyriker der Gegenwart ist dem
versprechender Komponisten des Auslandes mit
heutigen Deutschland fast gänzlich unbekannt!); dem scharfen Urteile, aber auch mit der liebe..
das letzte Lied, t;OMorgenanbruch u (Ernst Egli)
vollen Hingabe und warmen Durchdringung
ist eine einzige große Steigerung von zart..
eines selbst vor den äußersten Konsequenzen
geheimnisvoller Dämmerungsstimmung bis zu
fortschrittlicher Auffassung nicht weichenden
hellem Sonnenaufgangsjubel.
Beobachters und Forschers zu schildern und
Schießlich sei noch bemerkt, daß Schreibers
zu erklären sucht. Wie Guido Gatti in der
Lieder auch im höchsten Grade t;Odankbar u sind
Vorrede mitteilt, enthält die Arbeit fast aus ..
(übrigens: welch niederträchtiger Sprachge.-
schließlich Profile, wie sie derselbe im Jahre
brauch, der das Kunstwerk dem Ausführenden
1918 in verschiedenen Musik... Zeitschriften, na..
und Aufnehmenden dankbar sein läßt, wo es
mentlich in der in Florenz erscheinenden "La
sich doch umgekehrt verhalten müßte 1). Sänger
Critica Musicaleu veröffentlicht hat; frische
und Sängerinnen, die mit den künstlerischen
und unmittelbare Eindrücke, die sich dem Autor
Aufgaben der Gegenwart einigermaßen vertraut
lediglich aus dem gewissenhaften Studium der
sind, werden in ihnen neue, wertvolle und will..
betreffenden Werke selbst, ohne persönliche
kommene Bereicherung ihres Repertoirs finden.
Fühlungnahme mit ihrem Urheber ergeben
Hugo Kauder haben.
o Kosmos ist das Stichwort, unter dem der
CHOPIN_MANlm, BERCEUSE (Universal_ tiefs chürfende Autor sein Thema durchführt.
Edition). Und nach diesem Gesichtspunkte stellt er uns
Diese soeben erschienene Bearbeitung des Italiener, Franzosen, Engländer, Belgier und
Chopinsehen Klavierstückes für Geige benutzt Normannen vor, alle mit gleicher Liebe und
das Original in völlig freier Weise und kann gleicher Gründlichkeit behandelnd. Im Ganzen
.als eine selbständige Schöpfung des spanischen sind es siebzehn Musiker, deren Schaffen er
Virtuosen bezeichnet werden. Der Geigenpart zusammenhängend in zwei Abteilungen unter...
ist technisch sehr schwierig und stellt die sucht. Die erste Gruppe vereinigt ausschließlich
größten Anforderungen, besonders in bezug ]ungitaliener, nämlich Franeo Alfano, Alfredo
auf die Bogentechnik. Es ist wirklich eine dem Casella, Mario Caste1nuovo ...Tedesco, Vincenzo
Instrumente entsprechende Umdichtung. Manen Davico, Vittorio Gui, G. Francesco Malipiero t
hat auch andere Stücke aus den Werken alter Luigi Perracchio, Ildebrando Pizzetti, F. BalIiUa
Meister, die für Konzertaufführungen gewöhnlich Pratella; während die zweite Serie den Aus...
nicht mehr in Betracht kamen, da sie entweder ländern Emanuel Chabrier, Claude Debussy,
technisch nicht dankbar genug waren oder in Eugene Goosens, Gabriel Grovlez, ]ohn Ireland,
einem nicht allgemein zugänglichen Rahmen Erik Satie, Cyril Seott, Deodat de Severac ge..
vorkamen, in ähnlichen Neubearbeitungen widmet ist. Welche imponierende Fülle an
herausgegeben. Abgesehen von einer Toccata schöpferischen Talenten und wie wenig hat man
von Paradis u. a. sind es besonders die berühmte sich bislang bei uns um dieselben gekümmert 1

555
Von einer unzureichenden Anzahl selten entspre ..
chender Auffiihrungen, etwa der Debussy, Scott
N o T I z E N
und Casella abgesehen I Hiebei ist es Gatti ge .. Kammerkonzerte des Wien er Volks...
lungen, mit Schärfe die stilistische Eigenart bildungsvereines. Nach mehrjähriger
eines jeden Komponisten aus dem Komplexe Unterbrechung nimmt der Wiener Volks..
der sie umgebenden Ballungen verwandter bildungsverein die zyklische Aufführung musi...
Geister, in der sie eingebettet ist, herauszu.. kalischer Werke im Volksbildungshause im
schälen und in voller Reinheit zur Darstellung Rahmen seiner Sonntagsvorträge und Konzerte
zu bringen. Ich erwähne nur die vollendete wieder auf, weIche Lieder, Klavierwerke und
Meisterschaft, mit der er den zu Unrecht ver.. Kammermusik allel' bedeutenden Komponisten
kannten Erik Satie als Vorgänger und Bahn.. von Bach bis Mahler und Pfitzner umfassen
brecher Debussys in knappen Zügen charak .. sollen. In jedem Monat finden unter der Leitung
terisiert oder jene, mit der er den um Cyrir von namhaften Musikern zwei Sonntag..Abend..
Scott von sein,en kurzsichtigen Landsleuten wie konzerte statt, die dem Unbemittelten Gelegenheit
eine echtstrahlende Glorie gelegten Überschwang geben werden, die Meisterwerke der Musik
auf sein natürliches Maß zurückschraubt und kennen zu lernen. Das Programm enthält 16 or..
gleichzeitig zu dem überraschenden Resultate dentliche und 4 außerordentliche Konzerte. In
gelangt, daß Scott nicht jener "neue Dehussy" Anbetracht der gegenwärtigen hohen Eintritts ..
ist, mit welchem freigebigen Attribute er miß .. preise für alle anderen musikalischen Veran.-
verständlich oft belegt worden ist, sondern daß staltungen werden diese Volkskonzerte bei allen
die letzten Wurzelstränge seiner immerhin be.. Musikfreudigen sicher wärmste Aufnahme und.
deutenden Kunst ihre treibenden Säfte aus der Beifall finden.
deutschen romantischen Schule Schumanns be.. D
zogen haben, wie denn überhaupt sein künst.-
lerischer Kontakt mit Deutschland ein ungemein Der von Mrs. Frederic S. Coolidge ge...
schließender ist, mit Deutschland, woselbst er botene Kammermusik..Kompositions..Preis (Ein..
als Kompositionsschüler am Frankfurter Hoch.. tausend Dollars) wurde für die Saison 1920 dem
sehen Konservatorium unter Iwan Knarr sowie italienischen Komponisten FrancescC) Mali ..
mit einer erfolgreichen Aufführung seiner Sym .. pie r 0 für das von ihm eingereichte Streich..
phonie I in Darmstadt die ersten Weihen seines quartett zuerkannt.
erwählten Berufes erhalten hatte. Malipiero, 1882 in Venedig geboren, lebt
Auffällig mag es sein, daß Guido Gatti in jetzt in Capri und ist eine der führenden
seinem gehaltvollen Buche nicht mit einem Persönlichkeiten in der italienischen Musik.
Worte die deutsche Moderne berührt. Man Auch für das Jahr 1921 hat Mrs. Coolidge
möge aus dieser nur scheinbaren Unterlassung einen Preis von derselben Höhe (1000 Dollar)
nicht etwa den voreiligen Trugschluß ziehen, für ein Kammermusikwerk zur Ausschreibung
als ob Gatti mit unserer eigenen fortschritt .. gebracht. Die Bewerbung ist international und
lichen Musik nicht hinlänglich vertraut wäre. bereits eröffnet und wird am 1. August 1921
Gatti ist, ganz im Gegenteile, ein glühender geschlossen.
Anhänger der deutschen Moderne, der er höch ..
[J [J
stes Interesse entgegenbringt. Der wahre Grund
scheint mir eben darin zu liegen, daß es zur
Zeit, als das in erster Linie für das italienische ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Publikum bestimmte Buch entstand, vom ver.. Carl Prohaska gehört eigentlich nicht der
legerischen Standpunkte nicht opportun er.. jungen Komponistengeneration an. Er wirkt
scheinen mochte, einen Teil der Abhandlungen schon seit Jahren als Professor in Wien und
der deutschen Musikpropaganda zu widmen. hat auch die Schwelle des reifen Mannesalters
Hingegen ist jetzt dieser Grund hinweggefallen überschritten. Trotzdem hat seine stilistische
u~d :daher anzunehmen, daß Gatti in der- Entwicklung mit der konservativen oder
hoffentlich baldigen - 'nächsten Auflage zu .. epigonenhaften Richtung nichts zu tun. In seiner
mindest unsere führenden Modernen, wie etwa beim Wiener Musikfest aufgeführten Motette
Schönberg und Schreker, berücksichtigen werde. aus dem Buche Hiob konnte man seine Kontra..
Dr. jur. phi!. H. R. Fleischman n punktik, die alte Kunstmittel in neuem Sinn
ausdeutet, bewundern, während er sich in seiner
c c Lyrik mehr mit harmonischen Problemen aus..
einandersetzt. So zeigt auch das beiliegende

556
Lied besonders interessante Akkordfolgen, die "Schlesische Musikwarte", Breslau,
in enharmonischen Verwechslungen scheinbar Oktoberheft
Ferneliegendes verbinden. Besonders das all.. P. Epstein: Regerfest
mähliche chromatische Herabsteigen von E dur
bis zum C dur.. Schluß der ersten Strophe gibt AUSLAND:
die Stimmung des sich allmählich hernieder .. "Musical Courierl l New..York 30.September
j j
senkenden Abends treffend wieder. G. H. Gartlan: Deve10ping High School Mude
c c W. Reich: Jenny Lind's Life
"Musical America" New..York, September
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Hermann Unger: Die Musik als volksbindende Charles Bouvet: Suggestion pour I'Edcution
und volkserziehcnde Macht des Ouvrages anciens '
Karl Holl: Rudi Stephan Fatti Bianco: La Renouvellement Musical
"Rheinische Musik .. u. Theaterzeitung«, Italien
Köln, Oktoberheft "Le Menestrel i l• Paris,!. Oktoberheft
Gerhard Tischer: Dreigliederung Rene Brancour: Henri Rabaud
Max Bruch t 1/Rivista Musicale Italianal l, Turin
HZeitschrift für Musik", Leipzig, Oktober.. E. Romagnoli: Nuovi frammenti di musica.
heft greca
Max Steinitzer: A. Nikisch, 25 Jahre Leiter "Musica d'oggi'l, Milano, Oktober
der Gewandhauskonzerte Pietro Crispi: Musicisti del Settecento in Roma
Paul Bülow: Wege und Pflichten eines musik.. Giovanni Tebaldini: Polifonia e monodia.
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557
Großer Erfolg am Münchener Nationaltheater I
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anlä~lim der Münmener Opern{estspiele sowie früber in Köln durchsmlagende Erfolge
und gelangl in die5er Spielzeit aum in Wien zur Aufführung. Das an musikalhmen
Smönheilen reime Meisterwerk erfährt durm die Mahlersche Bearbeilung insbesondere eine
straffere Konzentralion sowie eine gründlime Vertiefung der psymologismen Motivierung
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Bela Bartok Franz Mittler


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5802 Rumänisme Volkstänze aus Ungarn 1'20 5541 Op. 4 Kleine Walzer , . , , • , 2'50
1. Der Tanz mil dem Stabe; 2. Braul;
3. Der -Stampfer; 4. Tanz der Bu·
fsmumer; 5. Rumänisdle Polka; Roderich Moisisovics
6. SmneHlanz. 6054 Zwei Klaviersfücke. , , . , , , • 1'-
5890 Rumän. Weihnachtslieder aus Ungarn 2'-
5904
5891
Allegro barbaro. . . . . • . , .
Op. 14 Suite .....•...
1'50
2"50
franz Moser
6370 15 ungarische Bauernlieder. • . • 2'50 6390/91 Op. 12 "Aus meinen leben", Zwölf
Slüd<e 1/11 . . . • . . . . . . . 11 J'-
Julius Bittner Jos. Rosenstock
5909 Tänze aus Oslerreich . . . . . . . '3'-
5542 Op. 3 Sonate, E moll • • , , , , 3'-

Josef B. foerster Max Springer


5831 üp. 79 Abendmusik . . . . • . . 1.50
5835 üp. 98 Maskenspiel des Eros . . . 2'50 6050 Gp. 32, Sieben kleine Tonbilder . 1'50
Gedenkblall; Wichtelmännchen; Ver-
sonnen; Kleine Geschichte; Wehes
Ignaz Friedman Glück: Ein lied: Gesförtes Idyll
6051 Gp. 33 1m Reiche der Miflernamts-
5658/59 } Wie~.er Tänze (nach Motiven von . sonne . . . . . . . . . . . . 1"50
6198 Gartner). , . . . . . . a 2- Mitternachtssonne; In der Kingsbay:
6023 Gp. 66 Ballade . . . . . . . . 3'- G Ictscherwanderung
6022 üp. 72 Polnisrne Lyrik, 3. Folge . 2'- 6052 Gp, 34 Drei Klavientücke , , . , 1'50
Fünf kleine Sfüdte: Weihnachts~ied;
Von lieb' und Leid; In der Dorf- Weihnacht; Erwachender Mai; Frohes
smenke; Soldaten marsch ; Tändelei Stürmen
6020/21 Op. 79 Stimmungen I/li , .. cr 2'- 6053 Gp. 35 Drei Stimmungsbilder. , . 1'50
6460/64 üp, 81 Cinq Morceaux . , a 1'50 Sinkende Herbslsonne; Klage; Be-
Serendde; Masque galante; Arie- freiung
quinade; Mirage; Ecossaise
6197 Op. 82. Nr, t Sonatina Cdur, , . 3'- Karo. Szymanowski
5858 Op, 34 Masken. drei Klavierslücke 4'50
Sdleherazade; Tanlris der Narr; Eine
6389 üp, 2 Deux morceaux . . , , . . 2'- Don Juan-Serenade
5543 üp. 3 Sonate D moll , , • , , ' 3'- 5859 Op, 36 Sonale 111, D moll , •. , 4'-

Paul v. Klenau Egon Wellesz


5963 Drei Stimmungen , . , , , , , • 1'50 6091 Op. 21 .Idyllen", fünf Klavierslüd<e J'-

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Universal·Edition A.·G .• Wien·Leipzig

559
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 14
Weither Klein ............... Kosmism-musikalisme Enlspremungslehre (I)
Edul:!rd Steuermann •••.••.•. Ober die AufglIben des modernen Pianisten
Franz Schreker .. , ,_, ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ..• Musikhochschule
A1exander lIppay: Einiges über die aslhellsrnen und künsflerismen Voraus·
setzungen der Lehrmelhode Franz Sdtrekers (11)
Klaus Prlngshelrn ... Zur Uraufführung von Mahlers semster Symphonie

Glossen: .. Jedermann'" In Salzburg von R. S. Hoffmann; Münmener


Opernfesle 1920 von Dr. H. R. Fleismmann I Bespremungen I Noliz I
Kleine Neuhrjmfen / Zu unserer NOlenbeilelge I Neue Noten

NOlenbellnge, frUz Sdlrelber op. 13 Nr. 1 Abendgefühl. lied

NUMMER 15
SONDERHEfT E. N. v. REZNICEK
Mox Chop ...................................................... Dos leben
Wflhelm Klein ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ...... Aus den Prager Tagen
Arthur Delle ................................... ! ...... Die Orchesterwerke
Poul Bekker ............................................... Ritter Blaubart-
leopold Schmidt .................. Zur Uraufführung von "Rilfer Blaubc':lrl·
Felix Weingarlner ...... " ........................................ Reznicek
Die Kritik
Walther Klein ............... Kosmisch-musikalische EnlspredlUngslehre (11)
Be 116 ge n: Porlräl Rezniceks. )ugendbilder des Komponisten. Faksimile
einer Parlilurseile aus aRiller Blaubart"

No I en b e 116 g e: E. N. v. Rezn/cek .. Sd1e1mlsme Abwehr". lied

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. • je \'50
1"50 srEBNWAV
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Slimmungsblld . . . . . . . . . . . . . ....•. 1"20
PAßST Louis, ap. 41. Nr. 2 STERNENFR[[OE. Nr. 5
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PilZ Eduard. op.12.1KlEINEWAlZER.1.A~dUl·.1.Adur je \'10
REIiBERG Walter. GAVOTTE (ß dur). . • . . • . 2'~
SCHWEIZER Ridwd, op. 1. SCHERZO B dur, op. 5 b.
ROMANZE f dur . . . . ' • . • • . . . je 1'50
rOCH Ernst. op. 11. SCHERZO H moll. . . • . . . • 1'-
_ _ Ferner sei auf die soeben erswienenen ~

Vier Intermezzi yon Herrn. Kögler (op.49)


besonders aufm<,rksam gcmad!t.
GEN ERAL-VERTR ETUN G
Der leipziger Musikkritiker Dr. ADOlF ABER ,
FDR OSTERREICH, TSCHECHO-SLOWAKEI.
sdlreibt darüber in den LN. N. UNGARN, S.H.S., KLEIN POLEN
"Ich wülite in deI' modernen Kla\'ier.
I k.ein KI;'!\'lerstück zu
_ Intermezzi eben- I!B'I
_ bÜl'tig an die Seife zu stellen wäre.'" aa
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"40 - Zw~i Konlrapllnlll-Sllidien nadl ). S. ßad! .
- qp. 16. SNhs Elüden !llr Klavier . .
2·50
3'- ADOlF BEYSC!lLAG. Die Ornam~nlik der Musik . . _ 18'-
- 01'.17, Etüde in form von V'lI"iiJliolWII, ]',.- TONY BAND MANN. Die (Jewidlllfemnik des Kldvieröpie!s 3'--
ltONID KREUrZER. Di'ls nOl"lllille Klavierp~dal vorn
3911/22 E. A. MAC DOWEll. 01'. 46. Nr. 1-·12. Zwölj
Virluo,cn-clliden
- T~dlni~d]e Ubllngen, 2 H~Jte . . . ,
. i~
. je
,-
,-
öklllli,men und ä,lnelildlen Slandpunki . , . . . , ' 3·-
LUDWIG RIEMANN. Düs Welen do Klavi~l·klallgC'5 lIlld
sein~ ßezi<=hungen zum Amdlldg . . . , . . . . . . 6'-
1958 XA VER. SCHARWENKA.op.77. Beiträge: zur finger- XAVER SCHARWtNKA. Melhodlk des Klavlenpiels, . . 2'50
bildung. HeU I. Hand und fif19~r il1 Grund~lellllng 3"·- 1"'. A. STEINI-tAUSfN. Die phy'iologism"n Fehler lmd die
1959 - - HeU 11: finger,preil-Obllngen , , 3- lIm9c,till!lIng der KldvlNlemnik . . . . , , . . • , 6'-
1960 lieft IJI: Obllng<m im einJadlen und kom- EUG[N TETZEl. Da, Probl~m der modernQn KIClvierlemnik 4'
binierlen Seil<2mmlag . . . . . . . . . . . . 3·- " MAr~IE UNSCHULD VON MtlASt--EUJ. Die Hand de~
1994
2919
28\8,20
01'. 78. SIlIdien im Oklavempicl . . , . , • .
VorsluJe zur Meislersmule de, KliJvierspids n.
Meisj~l"smule des KlaviQl"spiels. J Bande. je 11.
,.-
3'-
5·-
Pianislen. ..",'..
TEllEllUNGSZUSClilAG 40 PllOZENT
11·-

VERLAG BREITKOPF &. HARTEl, lEiPZIG-BERLIN


-
562
'fiW
1

Aufführungsrechl vurbehalten. (Aus" Vigilien:')


(R. M. Rilke.)

Garl Prohaska.
And ant lllO. (geh 18()9~
c
~

Gesang. • . .
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Dü' fal-be~l Fül-uer s(;hla - fell o->ChOll:o----- mein Her'z nur
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2. Jahrgang, Nunllner 17' 1. November-Heft 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

er //g f m'f? j 11 f r
M A L E R I s c H E M u s I K
Von Prof. Adolf Weismann, Berlin
Die Verbindung der Künste, die im 19. Jahrhundert durch das Aufblühen des
Orchesters zur Tat wurde, hat allmählich die Musik in völlige Abhängigkeit von
der Malerei gebracht. Das Malerische in der Musik, mit verschiedenen instrumentalen
Mitteln ausdrückbar, ist ihr Reiz und ihre Schwäche zugleich. Jedenfalls beeilt sich
die Musik, ihrer Schwesterkunst in möglichst raschem Schritt zu folgen. Noch immer
liegt zwischen einer Richtung in der Malerei und der durch sie hervorgerufenen in
der lVIusik ein Zeitraum. Der malerische Impressionismus zum Beispiel ist ent...
thront, während der musikalische, von Debussy ins Leben gerufen, für viele noch
modern ist.
Nun aber, im letzten Jahrzehnt, im Zeitalter der Ismen, fühlt sich auch die Musik
zu einem neuen Bekenntnis gedrängt. Und schon sind auch, ganz wie in der Malerei,
Programm, Gruppe und Richtung da; schon scharen sich, ganz wie dort um die
seltenen Echten, Könner, Bekenner, die Unechten, Mitläufer, Nichtskönner, Un...
begabten. Das Programm ist mächtig, Gruppe und Richtung deckt alle. Unbegabt-
heit, Unechtheit als solche zu entlarven, ist weder leicht noch bequem. Wo nach
Rezept gearbeitet wird, möchte man noch immer Zukunft entdecken. Der schaffende
Musiker, der sich so radikal gebärdet und so frei dünkt, ist fast immer politisch
radikal. Seine scheinbare Unabhängigkeit macht ihn zum echten Revolutionär, zum
Bolschewisten. So wird auch "musikalischer Bolschewismus" ein Schlagwort. Und
nichts natürlicher, als daß diese neue Kunst sich gern an den Mann aus dem Volke
wendet, der ja zuerst empfinden soll, wie frei der Schaffende ist.
Musik aber, sonst so nachgiebig, ist hier zum ersten Male störrisch. Sie behauptet,
daß die Etikette "impressionistisch", die man ihr aufklebt, selten paßt; straft Gruppe
und Programm Lügen. In der Tat herrscht in der Musik, weit mehr noch als in
der Malerei, ein Durcheinander. Hier laufen alle Ismen ineinander. Der überzeugteste
Expressionist ist' mit Impressionismus behaftet. (Ganz davon zu schweigen, daß,
wie in der Malerei, entschieden Normale sich über Nacht zu Expressionisten um...
häuten.) Und endlich erklärt, um diesem ganzen Gerede ein Ende zu machen, die

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Musik, sie sei von jeher expressionistisch, das heißt eindrucksvollste Ausdruckskunst
gewesen, habe daher soviel Aufregung und die Umtaufe nicht nötig.
Auch für die Kunst der Töne liegt die echte Revolution vor der politischen.
Aber erst nach der Revolution ist sie das Programm einer Gruppe und der Deck-
mantel für revolutionäre Pose geworden. Der musikalische Impressionismus hatte
nichts Revolutionäres gehabt. Revolution geht aus Kraft hervor. Der musikalische
Impressionismus eines Debussy war eine in sich volIend"ete Kunst der Schwäche.
Die Schwäche liegt eben im Musikalischen. Ein großes Zentrum fehlt. Der Im-
pressionismus Debussys überträgt den flüchtigen malerischen Eindruck, also ein an
sich im musikalischen Sinne Unübertragbares, mit höchst verfeinerten eigenen
harmonischen und klanglichen Mitteln in die Musik. Der Rhythmus, das Gerüst
der Architektonik, das Thema, das mit ihm durch ihn lebt, sind entrechtet, sind zu
einem Schemen geworden. Eine neue Form ohne Umrisse ist da.
Zwischen dem malerischen und dem musikalischen Impressionismus scheint voll...
kommenste Übereinstimmung zu herrschen; aber es besteht zwischen ihnen auch,
wegen des gänzlich verschiedenen Charakters der beiden Künste, ein grundlegender
Unterschied: hinter dem Impressionismus der Malerei liegt das Faßbare, das Ding,
hinter dem der Musik liegt ein Nichts. So kann der malerische Impressionismus
als Programm noch Leben gebären, kann, durch die Kraft der Persönlichkeiten, von
Manet bis Leibl und Liebermann, Meisterwerke in Fülle zeugen. Der musikalische
Impressionismus aber als Programm ist an die Persönlichkeit des einen Debussy
gebunden. Der Komponist von nPelleas und Me1isande u war ein Meister in der
Übertünchung eingeborener Schwäche. Seine musikalische Schwäche machte ihn zum
Bruder Massenets. Aber seine Nervenschwingungen waren in vollendeter Weise
schöpferisch geworden. Das Flüchtige hatte wie durch Zauber Gestalt gewonnen.
Debussy hatte, nach Wagner und in Auflehnung gegen Wagner, Frankreich eine
typisch französische Scheinmusik geschenkt. Heute wissen wir, daß er nur die über . .
raschendste moderne Episode war.
Er hat Wagner selbst bei seinen Landsleuten nicht töten können. \Vie konnte
auch ein Schwacher, obwohl Meister, gegen revolutionäre
, Riesenkraft aufkommen 1
Der musikalische Impressionismus, aus der Schwäche geboren, mußte als Programm
notwendig Artistik, geistreiche Spielerei werden. Das wunderbar Schwebende mußte,
wenn man es vervielfältigen wollte, das Starre zeugen, Debussys Ganztonleiter
wanderte als Manier durch die Musik der Welt.
Diese Kunst, geistreich und in sich vollendet, aus Hirn und Nerven eines höchst
kultivierten Menschen im Pariser Experimentierkabinett geboren, zog einen Trennungs . .
strich zwischen sich und dem Volk. Dieses, soweit es für höhere Musik zu gewinnen
ist, will Umrisse, Kontraste, Sinnfällige.s. Der Impressionismus, voll Nuancen und
Schattierungen, gab ihm doch nichts von alledem. Hier, in dieser genialen Kunst,
war zum erstenmal die Architektur der Musik, der Zeitkunst, durch die der Malerei,
der Raumkunst, vollkommen bestimmt. Das Nacheinander sollte dem Nebeneinander
gehorchen. Daraus ergab sich eine Form, die nUr eine Scheinfol'm war. Ein Neben . .
einander kann nur von der Nuance leben, weil das Auge es mit einem Blick um. .
faßt; ein Nebeneinander kann es nicht, weil das Ohr im Verlaufe des Tonstückes
nach Anhaltspunkten sucht, nur durch Stützpunkte zu seiner vollkommenen Auf. .
fassu!lg geführt wird. Der Impressionismus konnte nur durch eine rasche Über . .
tragung des Räumlichen auf da.s Zeitliche vom Zuhörer aufgenommen und verstanden

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werden. Das Volk aber vermißte hier Inhalt und Form: die Form, die sich bisher
als die tragfähigste erwieseIl. hatte: die Sonatenform, die zugleich auch das Gerüst
der Symphonie war. Sie gab Einschnitte, Gegensätze, Wiederholungen. Sie bot das
Bild eines gegliederten, leicht überschaubaren Organismus. Die romantisch-malerische
Musik hatte an ihr gerüttelt, aber sie nicht beseitigt.
Der "Expressionismus u will aus einem Kraftgefühl heraus zertrümmern: die
Schablone und das Artistische. Explosivstoff ist in ihm. Den Kampf mit der Schablone
hat er mit dem Impressionismus gemein. (Ein ewiger Kampf, den die Großen mit
Erfolg ausfochten.) Beide sind überdies malerisch orientiert; das sagt schon ihr Name.
(Sind sie's aber wirklich? Höchst selten 'hat ein Musiker innere Beziehung zur
Malerei; die äußere Beziehung zu ihr ist heutzutage für ihn Ehrensache.) Impressionist
und Expressionist also wollen ihre Form von den gleichen Richtungen der Malerei
entnehmen, weil sie behaupten, die gleichen seelischen Zielrichtungen ,zu haben
wie sie.
Bei dieser Form beginnt die Verwirrung. Wie könnte es auch anders sein? In
der Musik fließen Inhalt und Form wie nirgends zusammen. Richtig; so wird die
Form immer wieder aus dem Inhalt gewonnen. (Der Maler Kandinsky sagt es ja
auch; schon der Musiker Liszt sagt es, ohne ganz von der Tradition loszukommen.)
Debussys Impressionismus hatte die Sonate überwunden und eine musikalische
Scheinform gefunden. Das Nebeneinander hatte sich, durch geistige Übertragung,
zu einem Bild geformt. Natürlich gab es hier auch ein Miteinander: den Akkord.
An ihm haftete die Klangfarbe. Da der Mann aus dem Volke nicht fähig war, sich
beim Klang die Farbe vorzustellen, konnte er sich am Ende in dieser Musik nicht
zurechtfinden. Und selbst die Aufmerksamkeit des sogenannten Kulturmenschen
war schließlich ganz von ihrer wunderbaren Technik festgebannt. Er spürte die
Manier und fühlte sich unbefriedigt.
Jedenfalls hatte Debussy der Form etwas Schwebendes gegeben. Das paßte zu
seiner reizvollen Schwäche. Der Expressionist aber fühlte sich kraft- und temperament-
voll. Trotzdem brauchte er die schwebende Form. Auch die Klangfarbe brauchte er;
sie war sein Ausdrucksmittel. Nun sollte sich sein höchstpersönliches Ich in voll-
kommenster Freiheit aussprechen; es soUte sich im Ton herausschleudern. Das
Klangmaterial wird um- und umgeknetet. Es darf den Künstler in seinem Fluge
nicht hemmen. Bausteine haben schon die Impressionisten herbeigeschafft. Diese
Feinnervigen haben für seelische Zwischentöne neue Klangfarben entdeckt; haben
das Reich der Viertel... und Dritteltöne durchforscht. Da ist einer unter ihnen,
Busoni, einer von den wenigen, wirklich mit der Malerei verheirateten Musikern:
in schwerer Gehirnarbeit hat er eine reichere Farbigkeit geschaffen. Ein Weg ist
gebahnt.
Ein letzter Schritt wird getan. Das Endergebnis: die vielhewullderte Symmetrie der
F Drm wird zer stört. Dasallein kann dem Expressionisten seine schwebende Form geben.
Der Rhythmus, der die Kraft war, ist längst bei den Romantikern, durch die
Nerven zur Nachgiebigkeit gezwungen; er ist allmählich und zuletzt durch den
Impressionismus zur Kraftlosigkeit erweicht worden. Die Nerven der Romantiker,
eines Chopin zumal, haben, indem sie den Rhythmus schwebend machten, über-
raschenden harmonischen Reichtum in die Welt gezaubert; der Neuromantiker
Liszt, und in seinem Gefolge Wagner, hat ihn gemehrt. Debussy endlich hat alle
Elemente der Musik nur als Vorwand benutzt und zur Schattenhaftigkeit gedemütigt.

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Aber in alledem, sagt der Expressionist, steckt noch Tradition, steckt noch
Schablone. Die Romantiker empfanden melodisch. Die Romantiker, Gefühlsmenschen,
verbarrikadierten sich den Weg zur letzten Freiheit durch die Achtung vor der
"Tonalitäe'. Das ist bürgerlich, sentitnentaI. Immer noch herrschte, auch wenn alle
Teufel durch die romantische Musik geisterten, auch wenn die Sehnsucht tausend
Schritte vom "\YI ege machte, in diesel' Vielfarbigkeit, oft versteckt, die Grundfarbe.
die Tonart. Gesetz? Man streiche es. Denn es ist die Quelle aller Gebundenheit.
Den harmlosen Mitbürger packt hiebei ein Alpdruck. Er verliert den Boden
unter sich, glaubt alle Kultur über den Haufen gerannt; denkt an einen Trümmer-
haufen, in dem sein Liebstes, zum Beispiel sein Franz Schubert, sein Robert
Schumann begraben werden. Der Persönlichkeit aber scheint nun freie Bahn
geschaffen. Wird so schwebende Form? Ein Programm ist jedenfalls da. Der Schrei
gegen die Tonalität ist Programm. Persönlichkeit, tummle Dich 1
An dieser Stelle tritt eine Stockung ein. Der Expressionist wollte ja sein Ich
herausschleudern. Nun aber fehlt zum Furioso der innere Zündstoff. Wird er durch
das Progralum gelöscht? Wer wagt es, asymmetrisch, atonal schaffen zu wollen '.1
Arnold Schönberg wagt es. Er überquert den Abgrund. Schönberg ist die
merkwürdigste Persönlichkeit der heutigen Musik, eine, in der ihre Krise sich
beinahe tragisch äußert. Denn in ihm kämpft, je weiter er vorrückt, der Hirnmensch
wohl am stärksten gegen die schöpferische Natur. Bis sie erliegt. Aber dies alles
geschieht mit soviel Logik, Verantwortungsgefübl, Selbständigkeit, daß die gesamte
Musikwelt überrascht, begeistert oder empört aufhorcht. Man nannte ihn ver...-
ächtlich einen Autodidakten. Sicher ist, daß Schönberg nie ein starrer Sonaten,
mensch war, daß aber keiner wie er mit so viel Bewußtsein alle Stadien der
modernen Musik durchlaufen hat. Er ist lange Wagnerianer, dann Impressionist.
endlich Expressionist. Auf der letzten Wegstrecke ist der Hirnmensch Schönberg,
kein Jüngling mehr, ganz zum Tüftler, zum Sophisten geworden. Er hat das Ohr
als Instanz abgesetzt und hört nur noch von innen. Der Klang hat alles Körper'
liche verloren; ist ganz seelisch geworden. Oder sagen wir besser: geistig bis ZUr
Entartung.
Dazu bedurfte es einer Riesenanstrengung. Mit Ge'\lalt suchte er den Wagnerianer
in sich auszurotten. der doch allzusehr mit dem körperlichen Ohr hört. Wagner
und der Impressionismus vertragen sich noch. Das Streichsextett "Verklärte Nachtl-l,
die Gurrelieder zeigen den Wagnerianer und den Impressionistzn im poetischen
GefL!hl verknüpft. Aber man spürt schon in "PeI1eas und IVlelisande!i ein schweres
Ringen. Schwer wird etwas Halbgestaltetes geboren. Das Programm des Führers
Schönberg bohrt an ihm selbst. Es macht ihn hellsichtig und lähmt ihn zugleich.
Nie entrangen sich Werke schwerer dem tiefsten Innern eines Menschen, der jeden
Schritt bedenkt und wähnt, daß es ein Schritt vorwärts sei. So daß der Expressio . .
nismus, der stürmende und herausschleudernde, gerade durch den bedenkenvollen
und selbstquälerischen Führer in seinen seelischen Quellen getrübt, widerlegt wird.
'JVas himmelstürmender Impuls scheinen möchte, ist ein Akt schöpferischer Ver...-
zweiflung. Gewiß, auch der Ausdruck solcher Not kann tief bewegend sein.
Der verantwortungsvolle Führer Schönberg begreift, daß auch er an die große
Vergangenheit anknüpfen müsse, um wirklich Meister zu heißen. Auch für die
schwebende Form wird schließlich eine Stütze in der Tradition gesucht. Das Ge . .
heimnis Schönbergseher Form ist, nach einem nun aufgestellten Programm, eine

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r:lIehrstimmigkeit von lauter selbständigen Stimmen. Wie sie zusammenklingen, ist
gleichgültig. Auf wen beruft man sich da? Auf den Beethoven der letzten drei
Fugen. Dies ist das Bezeichnende für unsere Zeit. Man findet den Beethoven der
mittlereIl Periode, den vollkräftigen, . nicht interessant genug. Erst der letzte Beet. .
hoven, der innerlich zerrissene, ist interessant, weil er problematisch scheint. (So
wird etwa auch der Verdi des "Falstaff", der blutarm, wissend, stilrein geworden
ist, als der höchste gCl·ühlnt.) Der alternde Beethoven, an dem Selbstqual und Ver . .
zweiflung bohrte, der imnler grüblerisch, immer problematisch, nur selten noch die
Kraft zur Zusam_menfassung fand, ist nun der Zukunftsseher. Die Taubheit Beet. .
hovens ist nun keine Schwäche mehr; im Gegenteil, sic machtc ihn zum inneren
I-löten reif. Daß sein K!angsinn geschwächt war, wird nicht zugegeben. In der Tat
bricht auch zuweHen in seinen letzten Werken Sonnenschein durch. Der Ausdruck
der Innerlichkeit ist immer bewundernswert. Ja, man kann, etwa i01 Variationen. .
teil der Sonate OPU3 111 - gegen alle Problematik - noch Spielerisches und
Freude am I'einen Klang finden. So ganz progl'arnlnatisch verfuhr also Beethoven
nicht. Und el' folgte gewiß gern den Gehörserinnerungen, wenn sie in ihm auf. .
tauchten. Die große B dur . . Fuge der Hammerklaviersonate aber ist für mich ein
peinlicher Beweis verzweifIungsvoI1er Ohnmacht. Gerade sie wird angeblich Ausgangs . .
punkt einer neuen Form. N atürIich, denn sie bricht alle Beziehungen zum normalen
Hören, zum Musikantischen ab. Sie klingt nicht. Aus Not, nicht nach Programm.
In Schönbergs Kammersymphonie wird, sagt man, hier angeknüpft. Ich finde sie
sehr wertvoll als seelisches Dokument. Nie haben sich bis dahin in der neuen
Musik AusdrudrswilIcn, Programm, Schöpferisches gestritten wie hier. Wenn ich
sie höre, stehe ich staunend vor dem beispielhaften, unerbittlichen Ethos, das jedes
Zugeständnis an das Spielerische ablehnt, vor der eisernen Konsequenz, die alle
Erinnerungen an frühere Entwicklungsetappen auslöschen will. (Und natür!ich nicht
kann.) Aber der Eindruck bleibt: hier ist Krampf, nicht Kraft.
Der Klang wird abstrakt. Klavierstücke werden rasche Entlacl.ungen gegen das
Klavier. Und die Menschenstimme folgt, im Pierrot lunaire, dem vcrzwculUngs.-
vollen Ausdruckswillen gegen die Menschenstimme. So wird ein neues "l\i1elos"
gesucht. Gegen das Ohr.
TItlan kann sich nichts Kc-l1sequenteres denken. Sehe ich mich um, so finde ich
nur in dem Ungarn Be1a Bart6k noch so viel Echtheit mit so viel Können gepaart.
Eartcik aber ist doch, so sehl' CI' sich gegen die Tonalität wendet, in einem nicht
Expressionist: sein Rbythm_us ist stark und symmetrisch. Und so bleiben auch selbst
Zusamt1.1cnhänge mit der Sonatenform in seir.em ersten, harmonisch neuartigen
and leuchtk:äftige:1 Streichquartett. Eine Sehnsucht nach Volkstümlichkeit lebt in
ihm. Er ~am_mc1t Volkslieder. Heimische und fremde Volksweisen werden auf
Fl2.schen gezogen, vielmehr grarnlnophoaisch aufbewahrt. So zeigt sich Bedürfnis
unrl Wille, das Blut der schaffenden Musilrer aufzufrischen.
Schönbergs Programlu, sein Atonales, seine schwebende Form greifen um sich.
r~an fühlt sich als Gruppe, als Partei. Man möchte alles Traditionelle in sich aus . .
rotten. I~ur so ist höchs-:<! I\:Iodernität, Exp:ressionismus zu erreichen. Und aus
Angst vor der Rückständigkeit entwickeln sich musikalische Chamäl~ons. I'vIittel . .
eut'opa wimmelt davon.
Wie erreiche ich irgenddpe Form? spricht der Expressionist. Nicht immer ist
seine Technik, die der neuen Kunst, normal gewachsen. Der Kont!'&pun.l::::t des

567
Asketen Schönberg, der den Bauwillen der großen Meister hat, ist nicht jedermanns
Sache. Das Freiheitsgefühl des expressionistischen Musikers liebt es nicht, sich in
großen Formen auszusprechen. Zumal, wenn er Dilettant ist. Und die Dilettanten
sind hier zahlreich. Daher auch die musikalischen Falschmünzer. Unter ihnen Ge'
räuschmusiker und Dadaisten. •
Nur natürlich, daß der aristokratische Impressionismus und noch mehr der
atonale Expressionismus Bürger und Volk abstoßen.
Schönberg, in der Volksbühne aufgeführt, sprach zu tauben Ohren. T rotzdern
sind die musikalisch Radikalsten Kommunisten. Spotten ihrer selbst ... Denn eine
unübersteigbare Schranke trennt sie von ihren Volksgenossen.
D D

ZUM WESEN DER HARMONIK


Von Dr. Ernst Kurth, Bern
II
(Schluß)
Die Energie der melodischen Linie verliert und verflüchtigt sich in die Töne,
wie ins Bild der Tropfenstrahlen die Kraft, die Quellen aufschießen läßt: in ihrem
Aus d r u c k geht die schöpferische Kraft bereits unter. Über die einfache Linie
hinausgehend, durchzieht aber der große tragende Schwung bewegender Energien,
der alle Einzelwirkungen und Einzelstimmen verwebt und überstreicht, die ganze
Musik, als eine Melodie im Großen, ein ins Riesenhafte aufschwellender Vorgang
einer in ihren Ursprüngen energetischen Strömung; sei es, daß er sich in linearer
Polyphonie über eine mehrfache Stimmenzahl ergießt, oder wie in der homophonen
Musik unmittelbar zu dem mächtig verbreiterten Ausdruck der ganzen harmonischen
Klangfülle anschwillt. Das Fließen einer Kraft, wie es seine einfachst~ Erscheinungs'
form in der einzelnen Linie findet, schlägt hier im Schillern der Klänge und Klang'
übergänge an die sinnliche Außenschicht, und der Akkord erscheint hier als die
verbreiterte Ausstrahlung des Tones wieder, die Töne der Linie, bildlich gesprochen,
ins Flächenhafte ausgebreitet. Und wie schon die Töne der melodischen Linie längst
nicht deren Inhalt bedeuten, sondern nur letzte verstäubte Andeutung ihres Ausdrucks'
wilIens, so sind auch in der verbreiterten Melodie, die über Harmonien verströmt,
die Klänge bei aller sinnlichen Fülle nicht Verdichtung, sondern Ver fl ü c h ti gun g
vom Kerninhalt der Musik; wie überhaupt jegliche musikalische Ausdruckserscheinung
sich bei weitem nicht in der Bedeutung dessen erschöpft, was an ihr wahrnehmbar
für das Bewußtsein hervortritt, sondern nur ver mit tel t, was unbewußt zu ihr
gedrängt, ihre Gestaltung bestimmt hat.
Alle Ausdruckserscheinungen in der Kunst Llennt man daher, weil sie sich nur
gleichnishaft offenbaren, S y m bol e, "Sinnbilder", d. h. sinnliche' Ausdruckshilder
des Seelischen. So ist auch die musikalische Technik seIbst, als G a n z es genommen,
S y m bol, indem sie in allen ihren Wandlungen durch die verschiedenen Stil,
perioden mit ihrer gesamten Charakteristik und mit ihren vielfachen Einzelmerk...
malen nur einen tieferen künstlerischen Gestaltungswillen zum Ausbruch hervor . .
dringen läßt. Der künstlerische Schaffensvorgang, dessen VoIlkraft nur zersprengt
in die Ausdrucksform hineinkIingt, ist darulll stets auch nur aus einem Zurt.:ckfiihlen

568
ins Unbewußte zu erfassen, aus einer 1<esonanzfihigkeit für die lebendigen Kräfte,
die sich ans Licht des Kunstwerkes verloren haben.
Indessen ist die nkinetischeu Energie nur die eine Form, in der die unterbewußten
Spannungen der Musik sich äußern. Sie beruhen nicht nur in der Kraft fließender
Bewegung. wie sie in der Linie oder ihrer verbreiterten Ausströmung durch ganze
Klangkomplexe am Wirken ist, sondern mehr noch in dem psychischen Energie. .
zustand verhaltener Bewegung, der nach einer Auslösung in weiterem Fort. . .
schreiten andrängenden Spannung. Indem die Töne, die von der fließenden Kraft
eines linearen Zusammenhanges durchströmt sind, in einen Akkord aufgenommen
werden, überträgt sich ihr Spannungszustand auf den ga n zen K I a n g, als ein fort-
wirkender Wille, der zur Auslösung in Bewegung herausdrängt. Wie ge-
sc h ehe n d e Bewegung das Ereignis der Melodie, so ist verhaltene Bewegungsspannung
Inhalt der akkordlichen Bildungen. Ich bezeichnete sie in meinen theoretischen
Arbeiten als "poten tielle" Energie, auch diesen Ausdruck in freier Anlehnung
der Bezeichnungsweise der Physik entnehmend. Die Umsetzung von kinetischer zu
potentieller Energie in Akkorden beruht hiebei zum wesentlichen Teil, aber nicht
ausschließlich, in den erhöhten Energiezuständen sogenannter "Leittöne".
Das Bestehen dieses eigentümlichen Kraftzustandes im Akkord an sich ist in der
wunderbaren Fähigkeit des musikalischen Empfindens begründet. Von der Aus-
wirkung des Willens (die sich in der strömenden Unienbewegung erfüllt) zu
seiner Spannkraft selbst (drängendem Ausdruck der Willensrichtung) überzugehen
und in den gehörmäßigen (bisher einseitig nach ihrer klanglichen Seite überschätzten)
Eindrücken die Dynamik dieser psychischen Energien zu "symbolisierenu • Dies ist
das Grundphänomen der Harmonik überhaupt.
Wie jeder Ton einer melodischen Strecke seine fortweisende Bewegungskraft, so
enthält jeder Akkord seine bestimmte Spannungsform, die aus ihm hinausdrängt,
zur Weiterentwicklung harmonischen Geschehens. In ihr beruht auch die Charak-
teristik der Harmonik mit ihren unendlich reichen und zarten Wirkungen; sie sind
ein Einfließen' und Umsetzen von Spannungsenergien in Klangreize; und wie die
Melodik nur im Ausbruch bewegender Energien zu ihrer tönenden Andeutung
beruht und schon der einzelne Ton in der Musik nur als Träger gewisser Spannungen
Bedeutung hat, so läßt sich als erster und leitender G run d s atz der H ar-
mon i k definieren:
Je der K la n gis t nur ein geh ö r m ä ß i g ge faß t e s Bild von e n e r-
getischen Strebungen.
Nicht bloß alle akkordlichen F 0 r m e n der Harmonik stellen sich als Ausdruck
von bestimmten Spannungen dar, sondern auch alle akkordlichen Ver bin dun g s-
wir k u n gen. Schon in der einfachsten Kadenz und den konsonanten Dreiklängen
selbst - um nur die Urformen klanglicher Erscheinungen herauszuheben - zeigt
sich der musikalische Inhalt erst aus der Dynamik von Spannungen gegeben; denn
Inhalt jeder Fortschreitung ist der lebendige innere Effekt, ein Kräftevorgang, aus
dem erst das klangliche Idiom selbst bestimmt ist. Schon die harmonischen Grund-
vorgänge, die dominantisch .. subdominantischen Wirkungen, sind rein energetisch
begründet, ebenso wie bereits die schlichtesten konsonanten Akkordgebilde, Dur-
und Molldreiklang, nur als Gegensatzformen potentieller Energie Grundformen
einer zweifach und gegensätzlich ausstrahlenden Harmonieentwiddung, der heiden

569
"Tongeschlechter", darstellen. Jeder Klang trägt die Spuren der unklanglichen Tiefe
in sich, aus der er emporgerissen.
Konnte die Theor ie schon bei der melodischen Linie übersehen, daß in einem
dynamischen Grundvorgang ihr Ursprung und Inhalt beruht, so ist es erklärlich,
daß bei der intensiven klangsinnlichcn Wirkung der Harmonik die energetischen
Grundlagen umso eher übertäubt und verdeckt bleiben konnten. Von dem Augenblick
an, da die Theorie darauf verfallen war, am äußeren Klangbild anzusetzen, war sie
verurteilt, im Trockenen zu versanden. Sie ist aus den unendlich reichen Vorgängen
einer inneren Dynamik bestimmt. Die klanglich-physikalischen Strukturrücksichten
greifen nur modifizierend in die Ausstrebung der energetischen Spannungen ein;
sie wirken auf eine Normalform hin, zu weIcher unter einer Kohäsionswirkung
der Töne aller Aus g lei c h der Kr ä ft e hinstrebt, und welche diesen als
k I a n g I ich e K 0 n s 0 n a n z symbolisiert.
Im übrigen sollen diese Grundlagen hier weniger theoretisch und abstrakt
ausgeführt, sondern mehr von der praktischen Seite einer Einführung in einen
bestimmten Kunststil her beleuchtet werden, dem sie hier nur im allgemeinsten
Grundzug und Umriß vorangestellt sein mögen. Erst im Laufe dieser Darstellungen
wird sich erweisen, wie die Gesamtheit der harmonischen Erscheinungen auf diesen
einen Gesichtspunkt zurückgeht.
In den beiden Erscheinungsformen von geschehender und verhaltener Bewegung,
melodischer Strömung, die sich unmittelbar auswirkt, und der Spannkraft, die nach
Bewegung drängt, liegen die eigentlichen Elemente der Theorie; es gibt keine
harmonische Erscheinung, die nicht von diesen Spannungen durchsetzt wäre, mögen
diese noch so verborgen und in letzten Ausstrahlungen die Klangwirkungen durch-
dringen. Von unten herauf steht die ganze Harmonik wie unter einem gewaltigen
Vibrieren von Kräften, die in ihr Klanggefüge hinaufwirken, wie gegen eine un...
gemein leichtflüssige, nie auszitternde Oberfläche. Schwingungen ganz anderer Art
als die vielfach kombinierten Tonschwingungen selbst sind die Seele der Harmonik.
Erblickt man aber als das Wesen der Harmonik das Einströmen von unter...
bewußten Energien in Klang, von Kraft in Erscheinung, so wäre anderseits dieser
Vorgang nicht in seiner Vollendung erfaßt, wenn man die klangsinnlichen Momente
selbst in ihn nicht einbeziehen würde; die harmonischen Wirkungen sind erst mit
dem Ausschwingen in alle die farbenreichen Verschmelzungseindrücke erfüllt, und
den klangsinnlichen Ausdruckscharakter der Musik übersehen hieße nichts anderes
als die umgekehrten Fehler begehen wie die bisherige Theorie, die von ihm allein
ausgeht und die unterbewußten Gestaltungskräfte nicht sieht. Jede einzelne Erscheinung
der Musik, von der einfachsten Linie angefangen, zeigt dieses Übergehen von Un. .
hörbarem ins Hörbare, von psychischen Spannungen ins sinnliche Ertönen. Nicht
also di'e Verkennung oder Außerachtlassung der in der klanglichen "Materie"
liegenden Momente, sondern ihre Erkennung aus anderer,entgegengesetzter Einstellung
ist mit der hier vorangestellten Grundanschauung vom Wesen der Musik für die
Theorie gegeben. Man muß von unten... und innenher, nicht von außenher zu ihnen
dringen. Ihr vollsinnlicher Ausdruck selbst ist sogar erst damit zu erschöpfen. Die
verschiedenen historischen Epochen zeigen auch ungeheure Verschiedenheiten in der
Bedeutung und Eigenwirkung, zu welcher sie die klangsinnlichen Momente der
Musik gegenüber den inneren dynamischen hervortreten lassen; es gibt Stilperioden,
in welchen sie gegenüber einer intensiven Zuwendung an die rein linearen

570

Ausdrucksenergien stark zurückgedrängt bleiben, was sich auch in eIner gewissen
asketischen, blassen Gleichförmigkeit der Harmonik äußert (wie etwa in der
holländischen Polyphonie des 14. und 15. Jahrhunderts), während gerade für die
Epoche der romantischen Musik die zu höchster Klangsinnlichkeit gesteigerte Farben...
kunst eines der Hauptmerkmale darstellt. Schwankungen der Harmoniestile sind
aber nicht nur durch das Maß, in dem das sinnlich,konkrete Moment gegenüber
den psychischen Spannkräften hervorgekehrt ist, bestimmt, sondern auch durch
die Art ihres Ineinanderwirkens. Auch das vermag namentlich die Romantik zu
erweisen. Alle historischen Wandlungen in der Musiktechnik sind nichts als reich
verschiedene Formen, in weIchen dieses vielfache Schwanken zutage tritt.
Aber auch davon abgesehen, daß es ganz mißverständlich wäre, das klangsinnliche
Element in seiner Bedeutung für die Musik und ihre Stile zu übersehen, besteht
gerade zwischen diesem selbst und den energetischen Vorgängen ein inniger ZJ.1sammen;
hang, und es wird sich durchgängig zeigen, wie erhöhte innere Dynamik auch
gesteigertes Farbenspiel auslöst, und daß eine diffuse Unruhe der Energien es ist,
die auch deo Taumel der klangsinnlic~en Reizwirkungen in der Romantik zeitigt.
Selbst die k 1 a n g prä c h t i g s t e Harmonik beruht nicht in ihren tönenden
Ausdrucksformeo, und diese machen keineswegs ihren wesentlichen Inhalt aus. Aber
ebenso sind auch die Entwicklungslinien, aus denen sie innerhalb eines bestimmten
Musikstiles selbst historisch bedingt ist, von einer theoretischen Betrachtung nur zu
gewinnen, wenn diese statt auf die sichtbaren Klangformen, auf das Erstehen zu
ihnen gerichtet ist. Kein Musikstil mag vielleicht' deutlicher als derjenige Wagners
im "Tristan" erkennen lassen, daß wir in der ganzen Harmonik mit dem Willen,
in letzter Linie erst mit dem 0 h r hören.
o 0

571
9Bf'solrdf'rf'r ~i/
w o H A L T E N w I R?
Von Egon Wellesz, Wien
Wie Vieles und Bedeutsames ich auch über Dinge der Kunst gelesen habe,
kaum etwas hat auf mich so erschütternd gewirkt, wie einige Verse von Rilke in
dem Gedicht "Archaischer Torso Apollos", die mehr vom Wesen der Kunst aus-
sagen, als sublimste Gedankengänge es vermöchten:
. . . . . . denn da ist keine Stelle,
die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.
So steht unsere Generation zur Kunst. Sie fordert vom Kunstwerk das Höchste,
das, was in anderen Zeiten der Glauben zu bieten vermochte: hinübergetragen zu
werden, aus dem Alltag in eine reinere Welt. Dies scheint mir der verbindende
Zug zu sein, der durch alle große Kunst unserer Zeit geht.
Es wird viel über Richtungen in der Kunst heute geschrieben; dies scheint mir
verwirrend und gefährlich. Anders ist es, wenn wir uns über eine abgelaufene
Epoche Rechenschaft zu geben haben, anders, wenn wir über Erscheinungen urteilen
sollen, oder zu ihnen Stellung nehmen, die erst in der Entwicklung sind. Nichts
ist tötender, als Dinge klassifizieren zu wollen, die erst im Entstehen begriffen sind.
Woher sollten wir den Maßstab für etwas hernehmen, das noch nicht meßbar ist,
woher die Richtung eines Kunstprozesses bestimmen, dessen Bahnen noch nicht
beendet sind? Denn in der Kunst entscheidet nicht der Wille zu gestalten, sondern
die Vollendung des Gestalteten. Und über jeder ~ichtung steht das Individuum.
Allzusehr hat die Kunstforschung der letzten Jahrzehnte auf die Bestimmung
der Herkunft und Umwelt des Künstlers und seines Werkes Wert gelegt. Daß über
allem aber, als unbestimmbar Entscheidendes die EinzelgestaIt steht, deren Besonder . .
heiten gerade das Bestimmende für den Wert eines Kunstwerkes sind, das hat sie
vernachlässigt.
Deshalb meine ich, alles Prophezeien über die Zukunft der Musik, wie jeder Kunst,
sei eine müßige Beschäftigung. Und ebenso halte ich es für unmöglich, die Forderung
danach zu- erheben, alles zu begründen, was. geschrieben wird. Denn das Unvermögen,
die ha-rmonischen und formalen Besonderheiten neuerer Kunstwerke erklären zu
können, bedeutet nicht, daß diese unzureichend fundiert sind, sondern lediglich,
daß der Instinkt des Künstlers seiner Zeit vorausgeeilt ist und, gleichsam im
Trancezustand einer höheren Eingebung folgend, Dinge geschaffen hat, über die er
sich im Wachen noch keine Rechenschaft zu geben vermag. Deshalb lehne ich alle
Theorien ab, die die zukünftigen harmonischen Entwicklungen in feste Bahnen
leiten wollen. Hat es doch fast ein Jahrhundert gedauert, bis wir zu den letzten
Quartetten und Sonaten Beethovens genügend Distanz gewonnen haben, um SIe
formal erklären zu können.
Ich kann lediglich sagen, was jedem auffällt, der unbefangenen Auges die
europäische Produktion der Gegenwart überblickt.

572
Ein Jahrhundert lang hat die Vorherrschaft der klassischen Formen, wie Sie
Beethoven in seiner mittleren Epoche ausgestaltet hat, gewährt. Wenn auch in der'
neoromantischen Schule in Deutschland und in der Schule um Cesar Franck in
Frankreich Modifikationen dieser Formen· sich herausgebildet haben, blieb doch
das Wesentliche unverändert.
Eine grundsätzliche Änderung ergab sich erst, als, Mussorgskys Beispiel folgend, in
Rußland. Frankreich und England eine Gruppe von Musikern sich von dem Kom-
ponieren im Rahmen der klassischen Formen befreiten und neue Wege suchten. Später
folgten einige Musiker anderer Länder; durch ganz andere Voraussetzungen bewirkt,
geschah dieser Prozeß bei Schönberg und der Gruppe der um ihn wirkenden Musiker.
Hand in Hand mit der Zertrümmerung der alten Formen ging der Prozeß der
Befreiung der Dissonanz und der Altfhebung des Gegensatzes zwischen Konsonanz
und Dissonanz. Hier zeigt sich aber der Unterschied zwischen den franzosen,
Italienern, Spaniern einerseits, Deutschen und Slawen anderseits. Während erstere
Akkordketten, gleichsam im Sinne des alten Organum, parallel verschieben, herrscht
bei den letzteren größte Mannigfaltigkeit innerhalb der verwendeten Akkorde.
Dadurch ist die romanische Musik auch leichter zugänglich, als die neuere deutsche.
Der Durchschnitt ihrer Musik übertrifft den Durchschnitt deutscher Musik durch
formale Geschlossenheit, Geschmack in der Verwendung der Mittel. In den höchsten
Äußerungen scheint mir aber noch immer die deutsche und russische Musik die
westliche an Tiefe und Gewalt des Ausdruckes zu überragen.
Trotz aller Verschiedenheit dessen, was geschaffen wird, geht ein einheitlicher
Zug durch die ganze Produktion der Zeit. Scheinbar gibt es nichts disparateres,
als Werke von Reger, Schönberg, Debussy und Strawinsky. Und doch haben sie
alle eine verwandte Grundcinstellung zur Form. Man könnte es so fassen: sie alle
haben nicht die Beethovensche Entwicklung symphonischer Gedanken zum Vorbild,
sondern die Mozarts; sie bilden nicht aus einem Grundmotiv durch das Mittel der
Zerlei:ung und Zusammenfügung, durch sequenzartige Steigerung ihre Formen,
sondern fügen verschiedenartige, häufig scharf kontrastierende Gedanken aneinander,
bringen die Themen nicht unverändert wieder, sondern variieren sie melodisch und
rhythmisch. Allen harmonischen und ,kontrapunktischen Weiterführungen über die
Vorgänger hinaus kommt neben dieser Erscheinung nur sekundäre Bedeutung ZU;
a11 das ergibt sich aus der Art, Melodien zu erfinden und zu Formen zusammen...
zufügen. Und immer deutlicher wird es, daß die Entwicklung zur Stabilisierung
neuer Formen hindrängt.
• a a

D I R I G E N T E N
V
Oskar Fried
Von Richard Specht, Wien
Wenn er vor dem Orchester steht, anfeuernd, belagernd, erpressend, mit geballter
Faust zu höchsten Steigerungen antreibt, mit zusammenfassendem Griff die Ton...
massen zu ordnen scheint und mitten im Tumult irnmer noch Zeit findet, jedes
Nebenmotiv organisch und plastisch einzugliedern, der ganze Mensch nur mehr ein

573
,einziger angespannter Wille ist, der in jeder Seele die Stnrmglocken läutet, gegen
alle Äußerlichkeiten achtlos, in Hitze und Brunst zerfließend, gleichsam deformiert
bis auf den Hemdkragen, der schließlich zu einem phantastisch aufgeweichten,
amorphen, strangulierenden, undefinierbaren Etwas wird, und dabei doch der zwin . .
gende Eindruck einer gestrafften Energie übrigbleibt, hinter der die äußere Gestalt
des Dirigenten beinahe verschwindet -- dann hat man das Gefühl, das sich auch
bei Nikisch oder Strauß oder Mengelberg oder Furtwängler einstellt; hier ist einer,
der aus dem Lande der Musik kommt. Nur daß sich bei Fried doch auch die
Empfindung meldet, daß er dabei einen Umweg über Berlin gemacht hat. Wenn
auch vielleicht nur, um dort geboren zu werden.
Solange man nicht, und das ist zuguterletzt seine beste Wirkung, selbstvergessen
wird, wie er selber es zu sein scheint, und nur mehr vom Strömen der Musik fort ...
gerissen wird, die er macht, wirkt er sehr berlinisch. Vielleicht sogar, wenn es gesagt
werden kann, ohne sofort das dümmste und plumpste Mißverständnis zu wecken:
berIinisch...jüdisch. Nicht in seinem zweifellosen Intellekt, der aber immer mehr ver...
dampft, je heftiger er sich seiner Musik hin schleudert und sich ganz von ihr über-
schwemmen lassen möchte. (Möchte - denn ganz gelingt es nie, immer noch bleibt
ein Stück Bewußtheit übrig, das dominiert, ja manchmal "objektiviert U ; was mir
der besondere, nicht ganz untragische Zwiespalt in seinem kurios gemischten, aus
den disparatesten Elementen legierten Wesens zu sein scheint.) Aber in einem be...
stimmten, ganz unwagnerschen Sinn jüdisch ist dieser fanatisch der Sache hingegebene
und eben darin und im Verzicht auf alles äußerlich Lockende ganz deutsche Künstler
vor allem in dem durchaus analytischen seines Musizierens, in dem manchmal bis
zur Spitzfindigkeit gehenden Geistreichturn im auffallenden Herausarbeiten des
Details, in einer oft der Keuschheit entbehrenden Preisgabe der letzten Geheimnisse,
aU dessen, was verhalten, verschwiegen, verborgen sein will und was eine gewisse
Sucht nach Überdeutlichkeit aus dem gewollten Dämmerschein in allzuhelles Licht
zerrt und dadurch entschleiert und geheimnislos wirkt, wo es doch verschleiert und
geheimnisvoll wirken sollte. Und nicht zuletzt in der Orthodoxie seiner Sachlich-
keit, in dem eifervollen Einstehen und der unduldsamen Konzessionslosigkeit in
aller Kunst, die er zu der seinen gemacht hat. Wozu ein merkwürdiger Mangel an
Sentimentalität im Gegensatz steht, der wieder sehr berlinisch ist: oft scheinen
Wissen und Willen, ja manchmal sogar die bloße Gescheitheit und Bewußtheit zu
entscheiden, wo eigentlich das Gefühl sprechen sollte - und gerade dann "vergreift"
er sich, übertreibt in Temponahmen, die in der Intention richtig, in der Ausführung
didaktisch... outriert sind; der Bülow. . Zug wird hfer wahrnehmbar, der ihm beigemengt
ist und der ja stark norddeutsch akzentuiert ist. Berlinisch ist bei Fried das ganze
äußere Gehaben; der spöttische Blick durch das ewige Monokel (mit dem er auch
zu schlafen scheint I), hinter dem doch oft so viel frohe, kindliche Herzlichkeit
versteckt ist; ebenso wie hinter der Blague und Pose seines Wesens, das sich so
gern auf sarkastisch...schnodderige Unabhängigkeit, auf ungeschminkte, rücksichtslose
Offenheit und auf selbstpreisende, witzigscharfe Frechheit eines self. . made... enfant
terrible aufspielt und das im Grunde das eines guten Jungen ist, der aus innerer
Schüchternheit vorlaut wird, den wilden Mann macht, aus Furcht, seine Weich...
herzigkeit zu verraten und der bei aller Klugheit doch ein Instinktwesen ist, nur
dann ganz sicher und frei, wenn der Verstand schweigt und die Seele laut wird.
Eine ganz sonderliche Mischung; die fatalistische Trägheit eines Menschen, der sich

574
reifen lassen will wie die Frucht am Baum, ohne viel dazu zu tun und willensvoll an
sich zu arbeiten; und der fessellose Fleiß eines künstlerischen Arbeiters, der sich nie
genug tun kann, wenn er einmal am Werk ist: Hang zu gutem Leben und uner ...
bittliche Härte gegen sich selbst, wenn es gilt, sein bestes Teil zu verteidigen und
sich und seine Kunst nicht zu verleugnen (er ist lieber Hundezüchter geworden, als
schlecht Musik zu machen); eine ostentative Wurschtigkeit, der auch an geistigem
Verkehr mit Menschen und Büchern nicht allzuviel gelegen scheint, dazu die Maske
gIeichgiltigen Wartenkönnens, bis sein wahrer Tag anbricht und dabei ein brennender
Ehrgeiz, der aber mit persönlichem Erfolg oder gar mit materiellem Vorteil nicht
das mindeste zu schaffen hat, sondern nur danach fiebert (und sichs nicht merken
lassen will), sich auszuwirken, den Werken tönende Gestalt zu geben, die ihm die
teuersten sind, zu zeigen, was in ihm lebt und auf welche Weise er die Tongedichte
geliebter Meister versteht und verstanden wissen will.
All das merkt man oder besser, spürt man, wenn er oben steht, nachdem er unauf. .
fällig, lässig eingetreten ist, als wäre nicht das Dirigentenpodium sein ZieI~ sondern
als mischte er sich nur unter die anderen Orchestermusiker, mit schlaffen Schultern,
mit Armen, die nur lose in Haken zu hängen scheinen, lachenden Gesichts, mit
all dem dreisten Spott in den lustig glotzenden Augen, der begierig zwischen
schmalen Wangen hervorschießenden Nase eines sanften Habichts, dem sonderbar
gekurvten, schmalen Mund, dessen Winkel wie von fortwährendem Pfeifenrauchen
herabgezogen sind, der kurzen, von schlichtem Haar umrahmten Stirn - ein Gesicht,
dessen Grundform die Ellipse in allen möglichen Größen und Lagen ist und in
dem zunächst nichts als der Ausdruck nichtswürdig herausfordernder, schonungs . .
loser Spottlust und Schnauzigkeit, ein wenig Diogeneseitelkeit und legere Gleich,
giltigkeit gegen das Publikum steht, dessen BegrüBungsapplaus er fast wie neben-
bei quittiert, gleich einem, der jetzt rasch etwas besseres zu tun hat. Das hat er
auch. Und wenn er wie aus einer Versenkung plötzlich zwischen den Primgeigern
aufgetaucht ist, vor das Pult tritt und den Stab ergreift, ist das Gesicht plötzlich
ein anderes, gleichsam verhängtes, hinter Schleiern erstarrtes, das erst allmählich,
diesmal aber zum Ausdruck der Musik gewandelt, lebendig wird; die mittelgroße,
schmale Gestalt scheint ins Podium eingewachsen, die Arme schlenkern nicht mehr
puppenhaft und wie Wergwü!ste, sondern haben plötzlich ihr eigenes, wie von
elektrischen Strömen entbundenes Leben. Und wenn man auch noch zu Beginn
wirklich all jene widerspruchsvollen und gar nicht sehr kaptivierenden Elemente
einer Berliner Agilität fühlt und all die Imponderabilien einer starken, nicht gleich,
mäßigen, aber zwingenden Künstlerschaft, so verflüchtigt sich an Frieds guten
Abenden dieser Anfangseindruck nach zehn Minuten und kein anderer mehr ist da
als der der Musik und eines Nachschöpfers, der ringt, unterliegt, obsiegt und
schließlich triumphiert, mit den Dämonen kämpft und sie schließlich kraftvoll, ja
mit Ruhe meistert, nicht über der Sache steht, sondern mitten in der Sache, zu
deren Teil er selber wird.
An seinen guten Abenden: sagte ich. Denn er ist ungleich. Nicht nur ungleich,
wie jeder wahrhafte Künstler es ist, der nichts mechanisches kennt und aus der
Stimmung der Stunde heraus sein Wesenhaftes holt. Fried ist es noch in anderem
Sinn: nicht nur, daß er dasselbe Werk zu verschiedenen Malen durchaus anders
interpretiert - er ist auch gewissen Schöpfungen, bestimmten Meistern gegenüber
gebundener als bei anderen, die ihn ganz aufschließen, ganz frei machen, ihn ganz

575
zu sich und schließlich (soweit es bei einem Ichmenschen, wie er einer ist, möglich
sein kann) zu völliger Selbstvergessenheit zu bringen. Man nennt ihn ja gerne einen
ttmodernen Dirigenten und meint damit, daß er der Musik unserer Tage ein
U

lebensvollerer, liebreicherer und ausdrucksmächtigerer Interpret ist als für die ver...
gangener Zeiten. Aber ich muß gestehen, daß ich an eine solche Art moderner
Dirigenten als an wirkliche nachschaffende Künstler nicht recht zu glauben vermag.
Denn es gibt nur eine Art wahrhafter Musik und sie ist von der Zeit durchaus un-
abhängig; und es wäre ein trauriger Musiker, der für Mahler und Strauß den rechten
Ausdruck fände und für Beethoven und Bach nicht: entweder er wird beides treffen,
aus sich heraus, aus seinem wachen Gefühl des musikalisch Echten und Lebendigen
oder irgendwo wird etwas Falsches oder Unwahres zu finden sein.
Fried gilt als Spezialist. (Mengelberg übrigens ebenso und ganz gewiß mit Unrecht.)
Das mag nicht nur an der Sucht der Durchschnittsmenschen liegen, die keine Ruhe
haben, ehe sie eine künstlerische Erscheinung rubriziert und etikettiert haben.
Sondern darin, daß sein Name mit dem der modernen Tonschöpfer verknüpft ist:
nur wenige außer ihm haben den schöpferischen Musikern unserer Tage Vorkämpfer,
dienste von gleicher Energie und gleichem, 'j'eithintragendem Eindruck geleistet
und was Oskar Fried in Berlin, aber auch in Rußland und Skandinavien für Mahler
lmd Strauß, aber auch für Schönberg, Strawinsky, DeHus und manchen anderen an
Verstehen und Liebe erobert hat, wird ihm unvergessen bleiben müssen. (Für
Schönbergs Pelleas und Melisande, dieser dirigiertechnisch unsäglich schwierigen,
schon rein optisch schwer zu erfassenden Tondichtung, deren Partitur er sich ab ...
schrieb, um sich das Ganze ebenso wie jede einzelne Stimme vollkommen zu eigen
zu machen und die er dann in einer Aufführung von prachtvoIIer Deutlichkeit, voII
Glanz und Temperament und unter dem hingerissenen Jubel einer höchst skeptisch
eingestellten Zuhörerschaft hinstellte, hat er geradezu das Amt eines Entdeckers
geübt!) Sicher, daß aII diese Musik, in der unsere Nerven vibrieren, in der alles
positive und negative unserer Zeit mitschwingt, dem Dirigenten Fried - der ja als
Tondichter, wenn auch viel zu selten, selber solche Musik macht und solche erlesener
Art dazu - besonders "liegt". Aber so wenig ich mir einen Dirigenten denken
kann, der Beethovcn ernsthaft zu interpretieren vermag, aber dann bei Mahler
versagt, kann ich mir einen Mahler. . Dirigenten von Rang denken, der Beethoven
nicht in voller Lebendigkeit zu erfassen und wiederzugeben vermag. Eine Über...
zeugung, die ich mir auch dann nicht -nehmen lasse, wenn die Tatsachen sie vor . .
läufig zu widerlegen scheinen. Vorläufig: denn es mögen äußerliche Einflüsse,
Stimmungsmomente, Orchesterermüdung und andere Ursachen sein, die im Fal1
Fried die Annahme eines Spezialistentums, ja sogar die des Wesens eines "Blenders"
zu rechtfertigen mochten; so falsch sie wahrscheinlich ist.
Denn: die Tatsachen haben wirklich gegen mich gesprochen. Fried kam, dirigierte
und siegte: mit Mahlers nNeunter"', dem subtilsten, intimsten und heikelsten
Orchesterwerk des Meisters, ja vielleicht der symphonischen Literatur (wenn man
lVIozarts helle, schwebende Transparenz und die empfindliche Harmonie seiner
unsäglich feingliedrigen, gewichtlosen Musik nicht für noch diffiziler als Dirigenten . .
problem werten möchte). Er hat sie wunderschön herausgebracht, mit einer Liebe,
die jedes Detail hegte, einer Treue des Handwerklichen, der keine Arbeit des
Gliederns und Ausschleifens zu viel war und einem Musikgeist, der die ganze
schwermütige Scheidestimmung des Werkes ebenso eindringlich machte wie seine

576
<liabolischen Ironien und den derben, primitiv bunten Holzfigurenstil des zweiten
Satzes. Dann kam Berlioz' Fantastique und mit ihr eine leichte Enttäuschung. Es
war nichts einzuwenden, es war schwer zu sagen, was man anders gewünscht hätte;
aber die Dämonie fehlte, die Freiheit im Bizarren und in der höllischen Groteske
des Finales empfand man etwas wie Pose. Die Größe fehlte. Fehlt sie Fried über-
haupt und muß er sie vortäuschen, indem er musivisch Glied an Glied, Strich an
Strich setzt, um die genial hingeViliorfene Linie, den grandios aufgetürmten Bau
dem Geist des Hörers glaubhaft zu machen? Fast scheint es so. Denn Beethovens
"Neunte U unter Fried war einfach ein Versagen, war von einer betrübenden Korrekt. .
heit ohne Schwung und Beseelung, ohne Geist der Liebe, kein Gruß an die Mensch-
heit, bestenfalls einer an die Musikphilologen. Und trotzdem: ich möchte keine
Schlüsse daraus ziehen. Denn: wenn Fried der Liebe fähig ist, so ist er es bei
Mahler und er gibt sich ihm mit seinem ganzen Selbst hin. Er dirigier,t jetzt den
Mahler-Zyklus - und es zeigt sich, daß er hier ebenso ungleichmäßig ist: nicht
nur innerhalb dieses Gesamtwerkes, sondern auch in der Wiedergabe der gleichen
Schöpfung. Die Zweite, die er vor anderthalb Jahren geradezu triumphal gemacht
hat, war diesmal - den übereinstimmenden Aussagen liebreich Verstehender nach -
im ersten Teil verschleppt, im zweiten von einer seltsam trockenen Flüchtigkeit
und erst im Schlußsatz wieder großartig und mit überwältigendem Schwung empor-
gerissen; die Vierte geradezu rätselhaft in ihren langsam versickernden Tempi.'
Dafür hatte die Dritte eine außerordentliche Lebendigkeit, eine Klarheit, ohne
kleinlich ins Detail zu geraten und einen immer breiteren und gewaltigeren Fluß;
man vermochte es, der wunderbaren Amsterclarner Aufführung unter Mengelberg zu
,gedenken, ohne verstimmt zu werden. Und man fühlte die werbende Liebe, die
Fried immer durchdringt, wenn er für Mahlers Ivlusik einsteht. Auch dann, wenn
die Aufführung problematisch wird.
Bei alledem ist er eine Erscheinung für sich i ist in der Zähigheit seines Willens,
im Ablehnen aller Zugeständnisse anziehend und hat etwas bezwingendes, wenn
Musik ihn entzündet und aUe gute I<:~indlichkeit, ernstliche Liebe und frohe Ehrlichkeit
in ihm aufgeweckt hat. Mit einem Wort: wenn man den Berliner in ihm vergißt
und nur den Musiker fühlt, der im Reiche aUes Großen und Ewiglebendigen
daheim ist.
D D

PUCCINI IN DER STAATS OPER


"Der Mantel", "Schwester Angelica", "Gianni Schicchi"
Von Dr. R. St. Hoffmann, Wien
Zunächst, wie gewöhnlich: eine neue Oper Puccinis - und schon regt sich der
Protest gegen den Text. Irgendwie ist er gewiß eine Spekulation a la baisse, auf
die niedrigen Theaterinstinkte eines sensationslüsternen Unter...Durchschnitts ...
publikums. Auch diesmal. "Der Mantel#. Etwa so, wie wenn "Kabale und Liebe"
hieße: "Die Limonade u , oder Harnlet "Der Degen/>. Nicht etwa, daß ein symbolisch...
determiniertes Objekt okkulte Bedeutung erhielte, schicksalhaft betont würde.
Bewahre. Worüber Platens "verhängnisvolle Gabel" schon gelacht hat, das bedeutungs . .

577
und belanglose, ganz beliebig-zufällige Requisit wird mit schlauem Augenzwinkern
zu dramatischer Bedeutung aufgepumpt. Dieser bei allen Haaren herbeigezogene
Mantel hat vor Zeiten Frau und Kind des Seineschiffers Marcel zugedeckt. Seitdem
ist das Kind gestorben, die Frau zur Ehebrecherin geworden. Nun umhüllt er
seinen Besitzer, da dieser gerade seinen N ebenhuhlcu Henti erwürgt, umhüllt auch
den Leichnam, den der Mörder neben sich darunter verbirgt. Wozu? Damit er die
unhcilahnende Frau unter das erinnerungsreiche Kleidungsstück locken kann,
aus dessen geöffneten Falten er ihr den toten Geliebten vor die Füße wirft. Wenn
das nicht Leichenschändung ist! Zum zweiten: "Schwester Angelika", Auch hier ein_
Minimum an Handlung. Die Nonne büßt seit sieben Jahren im Kloster ihre Verr
fehlung, allem entsagend, nur einem nicht: der Erinnerung an ihr in Sünde-
empfangenes und geborenes Kind. Die alte fürstliche Muhme verlangt Verzicht
auf ihren weltlichen Besitz zugunsten ihrer jüngeren Schwester, die Braut ist. Wer
ist der Bräutigam? Wer anders, als der Verführer Schwester Angelikas, der Vater·
ihres Kindes. Was ist's mit dem Kind? Natürlich seit zwei Jahren (1) tot 1 Die alte
Methode, die Armen der Pein zu überlassen. Die Verzweifelte vergiftet sich. Dann
erst fällt ihr die neue Todsünde auf die Seele, sie wird ihr Kind auch im Jenseits
nicht wiedersehen. Aus solchem Dilemma kann niemand helfen, als eine Madonna
ex machina. Die Kulissen fallen und wie seinerzeit die trostlose Langweile des
Männerklosters in "Gaukler unserer lieben Frau ll (keine Frauenstimme !) wird hier'
die womöglich noch langweiligere Monotonie des Nonnenklosters (keine Männer-
stimme 1) durch das ganz identische Wunder abgelöst. Die Himmelskönigin - ich
seh's am Glanze - erscheint in der wohlbekannten Gregorschen Beleuchtungs . .
kapelle, an Wolken, Lichtern und Christkindeln wird nicht gespart und der Gaukler
unserer lieben Frau quittiert den Beifall des ergriffenen Publikums. Zum dritten:
Gianni Schicchi. Und das ist einer der besten Witze und wahrhaftig wie eine feine
symbolische Ironie. Will der Maestro, wie hier, wirklich einmal unbeschwert, ohne
Augenblinzeln, unbefangen übermütig, harmlos lustig lachen, so fängt es damit an,
daß - ein Toter aus seinem Bett geworfen werden und einem anderen Platz
machen muß 1 Er und Nestroy können die Schlamperei nicht leiden.
Im übrigen ist diese Episode aus dem alten Vater Dante wirklich von erquick...
lichem Humor, und Schicchi, der die Betrüger betrügt und die erbschleichenden Ver-
wandten um das beste des Erbgutes hintergeht, das er im Namen des Verstorbenen
sich selber vermacht, nicht ohne dabei nach guter Lustspielsitte seiner Tochter zu.
ihrem geliebten Manne zu verhelfen, ein ergötzlich . . sympathischer Spitzbube. Be . .
zeichnend,. daß die sadistische Vorliebe für den geschundenzn Cavaradossi, die auf...
geschlitzte Butterfly, den halb gehenkten Liebhaber des Mädchens aus dem goldenen
Westen sich sogar hier einen Moment nur, aber doch in einer feineres Empfinden
verletzenden Weise bemerkbar macht, nämlich in dem Lied von dem Armstummel,
mit dem der wegen Fälschung zum Verlust der Hand und ZUr Verbannung Ver-
urteilte seine Vaterstadt zum Abschied zu grüßen pflegt.
Die Musik zu diesen drei inhaltsarmen Einaktern steht so hoch über "Rondinel~
wie unter seinen besten Eingebungen. Stupend wie stets die Beherrschung des
Theaters. Nun freilich, Kulissen malt man anders als Porträts. Auf Illusion kommt
es an, auf Täuschung. Am besten gelingt es im ersten Stück, mit virtuos durch. .
gehaltener Grundstimmung, die aus düsterer Abendröte, Monotonie der Fluß ...
landschaft, hartem Lastträgerschicksal den wirk~amsten Hintergrund für grelles

578
Geschehnis schafft, und ihn durch heitere (der köstliche Ulk des verstimmten
Leierkastens, die hübsche Reminiszenz an die Boheme ...Mimi) und skurrille Momente
("das Frettchen", eine Art Rattenmamsell und ihre interessante Kater-Murr-Ballade)
klug belebt. Eine schön gesteigerte Kantilene singt von Paris und leuchtet hell in
das Grau der unheilschwangeren Stimmung. Fast ergreifend die Schilderung sozialer
Bedrängnis dieser kleinen, eintönigen Existenzen. Enttäuschend die Szene a faire,
die ein Strauß wohl aufregender illustriert hätte. Am bescheidensten hält sich die
Erfindung in den blassen Konturen des Frauenklosters. Der Heiligenschein trugt.
Erst in der dramatischen Zusammenkunft von Nichte und Muhme hebt sich die
Melodik mit eindringlicher Gebärde, die Dramatik in der Verzweiflung der trauernden
Mutter. Nur Pucdni konnte es wagen, eine chromatische Schmerzensfigur in sechzehn
aufeinanderfolgenden Takten, sechzehnmal zu wiederholen. Eine weiche schmerz. .
lösende Dur . . Me1odie ist nicht reich genug, ein symphonisches Intermezzo ,zu speisen.
Die musikalische lUustration der Schlußapotheose ist ziemlich konventionell.
Unvergleichlich lebendiger, die Krone der drei, ist das SatYl'spiel, das den Tragödien
folgt. Hier findet sich etwas vom Geiste und noch mehr von der Technik des
unsterblichen Verdi . . FaIstaff. Neu hier konsequente motivische Verarbeitung eines
hübschen rhythmischen Einfalls. Meisterhaft die Gliederung durch weise, in den
temperamentschwingenden Wirbel eingefügte lyrische Haltepunkte, die freilich in
verschämtem 6/S Takt die 3/4 der Operette nicht immer verstecken können. Aber aus
Dantes Hölle entschlüpften zugleich mit dem Lumpen Schicchi so viele reizende
Sprühteufelehen echter Buffolaune, daß man der artigen Schlußwendung gerne folgt
und mildernde Umstände applaudierend bewilligt. Die Faktur Pucdnis - immerhin,
es ist die seine - ist im Ganzen die gleiche, bekannte, sichere geblieben. Seine
Harmonik ergeht sich noch immer in den Quinten... und Quartengängen, die zu
Zeiten der Boheme auf uns junge Leute so alarmierend gewirkt hat, liebt Dreiklangs-
und Nebenseptimenfolgen und bestätigt auch mit Ganztönen ihre westlich...französische
Orientierung.
Sauber, fein und elegant präsentiert sich das Orchester, etwas blasser, etwas
älter geworden, die einstens jugendlich prangende Kantilene; bezaubernd, wie sonst,
der Klang der unnachahmlich behandelten Gesangstimmen. Was die Herren
Wiedemann, Piccaver, Maikl und Norbert, die Damen Jeritza, Lehmann, Kittel,
Mihacsek und Born in dankbar angenehmster Weise zu nützen verstanden. (Wie
denn überhaupt die ganze Aufführung unter Schalk und Wymetals Leitung von
einer glanzvollen Vollkommenheit war, deren sich heute nicht leicht eine zweite
Bühne zu rühmen vermöchte.) Dieses Triptychon (so hieß diese Dreiheit ursprünglich)
hat ein Meister gemalt, der, auch ohne es signiert zu haben, erkannt und geschätzt
würde. Nur - die Farben dunkeln nach. Ein Makart der Musik?
o 0

579
6/05 stJf1- ~jl
DEUTBARKElT VON SYM, Auswirkungen als Bühnenbildern, Kostümen,
Farben, Beleuchtungen und weiterem mehr.
PHONIE
, UND OPER Man denke ihn sich völlig fortgenommen, emp ...
fange einzig die Musik und man wird bald emp ...
Die grundlegenden Unterschiede zwischen
finden, daß den jetzt isolierten Klängen Halt
Symphonie und Oper - zwischen der Ton..
und Anlehnung an die Szene fehlen. Die Opern..
dichtung ohne Worte und der mit Worten -
musik ist eben doch nicht selbständiger Aus...
bedingen naturgemäß eine wesentlich ver..
schiedene Art der Darlegung oder Erläuterung druck an sich, erst ihre Zusammenwirkung mit
der Szene bildet ein vollkommenes Ganzes.
für den kunstaufnehmenden Laien.
Es ist zweierlei, musikalischen Gehalt eines Die Symphonie ist klanggewordene Emp...
Werkes ohne jede Möglichkeit der Greifbar.. findung. Darum spricht sie auch nur zur E m p ..
machung desselben am gegebenen Wort, arn findung. Die Oper wendet sich mit ihrem
unterlegten Text zu veranschaulichen, oder mehrteiligen Sein an Ge dan k e n und S i n n e.
gerade mit Hilfe des eindeutigen. gedanklichen Gedanken und sinnliche Wirkungen, auch
Ausdruckes, des Wortes, die tonale Gestaltung musikalischer Natur, lassen sich deuten, können
einer Komposition zu durchleuchten. Im ersten und sollen erläutert werden. Mit WOl'ten läßt
Falle gilt es, verstandesmäßig Ungedachtes, rein sich der Kreis ihrer Bedeutung umfrieden.
Seelisches durch gedanklichen Ausdruck zu Jedoch bei Gefühlsbewegungenreichen Worte
klären - gewiß von vornherein eine wenig nicht hin, den Sinn zu verdeutlichen. Und wären
Aussicht auf Erfolg versprechende Aufgabe. sie noch so treffend gewählt, sie bleiben allzu
Beim anderen Mal steht hilfreich der dem Werke sehr im Materiellen stecken, ohne das mystische
von Anfang an unterlegte Text erläuternd bei. Wesen musikalischer Erschütterung el'fassen zu
Er bildet den ungemein wichtigen Anhaltspunkt, können. Die feinen Schwingungen, in welche
um an ihm aufzuzeigen, wie der Tondichter in der Eindruck einer Symphonie die Empfindung
seiner Sprache den gedanklichen Gehalt der be... des Hörers, bringt, lassen ~ ich ihrer Beschaffen ..
treffenden Arbeit behandelt hat. heit nach durch verstandesmäßige Erklärung
Wie bei der Erläuterung, so sind auch bei nur mangelhaft aufzeigen, Weil ihr Dasein nur
der schöpferischen musikalischen Arbeit die gefühlsmäßig wahrnehmbar ist, kann auch ihre
Wesensverschiedenheiten von Smphonie und Deutung nicht gedanklich versucht werden.
Oper leicht und deutlich erkennbar. Sympho... Warum haben sich verschiedene Meister-
nische Werke, zum größten Teil Musik ohne unter ihnen ist beispielsweise Mahler - gegen
Worte, sind aus Motiven seelischer, empfin.. Zerlegungen und Erklärungen ihrer Werke aus..
dungsmäßiger Natur hervorgegangen. Sie haben gesprochen? Weil sie befürchteten, ihre Inten..
nicht den Zweck, mit ihrer musikalischen Honen könnten falsche Auslegung erfahren, die
Linie einer vorgezeichneten Gedankenkette zu dem musikalischen Verständnis ihrer Schöp ..
folgen, sie wollen vielmehr einer über die fungen nicht dienten, eher schadeten. Und nicht
Gedankensphäre erhöhten seelischen Erregung zuletzt deshalb, weil mit gedanklicher Ausein...
irgendwelcher Art Ausdruck und Gestalt ver... andersetzungihnen lächerlich wenig getan schien,
leihen. Während eine Komposition, die eine weil sie der unerschütterlichen Meinung waren.
Handlung, jedenfalls literarisch aufgebaute Ge ... Empfundenes muß nachempfun d en und nicht
danken musikalisch nachzeichnet, aus dem Be ... nach g e d ach t werden. Hätten sie "Handlung'"
streben, Gedanklichem Ausdruck zu sein, ent... durchführen wollen, konnten sie an etwaigen
standen ist. gegebenen 'Text sich klammern, um "verständ ...
Der Oper muß daher immer mehr oder lieh'" zu sein. Doch da sie aus dem Chaos und der
weniger Äußel'lichkeit anhaften. Das bringen Harmonie musikalischer Erfindung schöpften.
die ihre Wirkung unterstützenden Dinge un ... mieden sie das Wort und gaben den 'Ton, der
löslich mit sich. Ja, man ist versucht, zu sagen, tausendmal beredter ist.
mit diesen Äußerlichkeiten wird sie stehen oder Jedes Oktroyieren einer persönlichen Mei...
fallen. Denn was bedeutet nicht im Opernbetrieb nung bei diese:? Kunst birgt größte Gefahr. Es
der ungeheure szenische Apparat mit all seinen besteht die Möglichkeit, daß dem Belehrten ein

580
individuell gerichteter, rur ihn einzig wertvoller die gewonnene Freiheit mit dem Maße des
Eindruck unwiederbringlich genommen ist. In Geschmackes. Sie denken ihrer Rameau ... und
seinen krampfhaften Bemühungen, den Beweis Couperin...Tradition. Sie streben, in bewußt...
der Ansicht des Erklärenden aus dem Werke nationaler Abkehr von deutscher Romantik,
selbst zu hören, verirrt er sich weiter und weiter, Wagnerischem Chroma - diesem "bösen
kann nicht herausfinden, was der andere fühlt Traum"f wie eine vor dem Kriege geschriebene
und wagt doch nicht den eigenen Empfindungen Broschüre über Ravel so bezeichnend sagt -
zu folgen. eine Synthese mit der Tradition der Einfachhdt,
Wo der Komponist gedankliche Klarheit des mehr spielerischen Musizierens, der tönend
wünscht, bedient er sich des Dichterwortes bewegten Form an. Nichts beweisender, als
(Beethovens "Neunte"). Dann ist von selber jeder daß dieses Bestreben ein frühes Werk Ravels,
Zweifel, jedes Mißverständnis ausgeschlossen. wie die anmutige Klavier ... Sonatine mit dem
Musiziert er aber ohne Worte, so ist sein Werk, letztenf dem Klavier ...Trio enger verknüpft, das
wie schon gesagt, nur Angelegenheit der Emp ... ich unbedingt für sein wertvollstes halte.
findung, die allen Hörern gemäß auszudeuten Renaissance - Wiedergeburt - ewige Wieder...
k ein e r imstande ist. kehr. Was wirklich lebendig war in einer
Kunst, gaht nicht mehr verloren, kommt irgend...
Alfred Dreßler, Dresden
wie wieder. Gesetz von der Erhaltung der
geistigen Energie.
Die Klavierstücke, die Alfredo Casella
virtuos spielte, erinnern mich, trotzdem viele
MUS I K IN WIE N es gern bestreiten, stark an Debussy. Der Ein ...
I fluß des voranschreitenden Meisters ist unver..
kennbar, wenn auch für die spätere Zeit eine
Ravel...Konzerte gegenseitige Influenz, auch des jüngeren auf
Der Führer der Jungfranzosen ist den den älteren nicht geleugnet werden soll. Sie
Lesern dieser Zeitschrift von berufener Hand geben Bilder von suggestiver Deutlichkeit.
vorgestellt worden. Dann kam er selber und Freilich darf nie vergessen werden. wie weit
mit ihm ein wesentlicher Teit seines quantitativ diese suggestive Tätigkeit durch das Stichwort
nicht aIIzu umfangreichen Gesamtwerkes. des Titels und durch eine gewisse Bereit...
Natürlich sein Bekanntestes, die "Rhapsodie willigkeit des Höters gefördert wird, auf
espagnole" für Orchester, die im erstetlKonzerte gleichsam stillschweigend vereinbarte Zeichen
zweimal gespielt wurde. Was gar nicht schlecht zu reagieren. Siehe zum Beispiel die Über...
und keineswegs langweilig war. Den beweglichen, tragung eines Gesichteindrucks von bewegten
zierlichen Franzosen fragte nachher ein Kom ... Wellen aufKlavierfiguren. Trotzdem zeigt sich
ponist, für den Musik identisch ist mit Motiv die Grenze des Möglichen, wenn mir infolge
und "Arbeit·.. nach der Form dieses Werkes. einer Programmänderung die Unterscheidung
Das absteigende Vierton...Thema mit den zwei zwischen "valtee des döches" und "le Gibet"
Halbtonschritten habe er wohl verfolgt, doch sei unmöglich geworden war, da ich die Bedeutung
ihm der intimere Aufbau entgangen. Eine dieses Wortes nicht kannte und beide Male be..
Frage, die Ravel kaum verstand. Das besagte zauberndes Glockenklingen vernahm. Denn
Motiv sei nur ein Stimmung erregendes, im 1,Gibet" ist der Galgen, und das Sünden glöckchen,
übrigen sei "la forme !ibre.... frei. Diese Freiheit das den Weg zu ihm begleitet, spielt auch beim
im Formalen~ wie im Harmonischen war viel... größeren Chor des Glockenta1es mit. So würden
leicht das wertvollste, was deutschem Forma ... diese schönen Stimmungen noch gewinnen,
lismus der vorg-eschrittenere, seinerseits wieder wenn die melodische Linie wichtiger genommen,
russisch~öst1ich beeinflußte Westen geschenkt deutlicher geführt wäre. Was auch von den
hat. Es drängte zum anderen Extrem, zum reizvoll erfaßten naturgeschichtlichen Gesang...
anarchischen. Ravel selbst sagte mir von Miniaturen der "historiettes naturelles'" gilt.
zweien unserer Modernsten, sie seien ihm ntrop Überhaupt scheint mir die Singstimme das
Schönberg 1" Der kultivierte ästhetische Ge ... einzige Instrument zu sein, in dessen Behand ...
schmack der Franzosen bewahrt sie vor diesem lung Ravel nicht Meister ist. Ein lauwarmes
Extrem, vor asiatisch... bolschewistischer Zügel.. Psalmodieren begleitet Wort für Wort, so auch
losigkeit der letzten Russen, wie vor der in "Sheherazade", so auch in "Chants de
Negierung aller rhythmischen, formalen, Mallarme.... (alles von Marya Freund, die hier
thematischen, Mnalen Bindungen. Sie nützen schon vor Jahren erfolgreich aufgetreten ist,

581
mit müder Grazie vollendet gesungen), bekennt H.
sich nirgends zu dem, was ehemals oder später Der Mahler .. Zyklus ging strahlend zu Ende.
Melodie geheißen hat, hat keinen Antrieb als Orchester und Fried, der Dirigent, schienen noch
den des Wortsinnes; keine Gliederung als die der zu wachsen und diesem speziell der zweite
Atempausen. Viel höher zu werten sind die sehr Mahler näher zu stehen, seiner geist.. und
merkwürdigen nchants hebrai'ques U , besonders temperamentvollen Deutkunst noch mehr zu
das "enigme eternelle" benannte, eine originelle sagen, als der erste.
Variante zu Reines "Ein Narr wartet auf Ant... Die Solisten des "Liedes von der Erde"
wort", das einzige Exemplar einer Kunstform, für waren die schon gerühmte Frau Reynolds ..
die die Franzosen kein Wort haben, "un Iied u. Schloßhauer, und der helle Tenor Richard
Aber wie beherrscht Ravel seine anderen Schubert (aber warum kein Bariton, statt
Instrumente 1 Ungewöhnliches, aber immer voll.. der Altistin, Heber Herr Fried 7). Die "nichts..
kommen ihrer Art gemäßes, verlangt er be.. sagende<4 Musik der Kindertotenlieder Herrn
sonders von Holzbläsern. Er war glücklich, Helge Lindberg anvertraut, der sich an
wie besser alles herauskam - (wenn auch in dieser Flamme nicht entZÜndete und sich bei
Paris das Englisch ...Horn "plus puissantfl klingt) seinem Bach und Händel sichtlich wohler fühlt.
- als er's von zu Hause gewohnt war, wo die Nicht ohne Vorurteil habe ich damals seine
Leute nicht so willig mittun, auch nicht so Bekanntschaft gemacht, nachdem wenig taktvolle
geübt sind, wenn es um Neues geht. Rave1 ist Reklame 'ißn gleichzeitig zu einem Modell für
mir lieber als Debussy. Er ist nicht umsonst Meunier, Goga und Kokoschka, überdies zum
Baske, am Abhang der Pyrenäen geboren, über Urbild eines buddhistischen Mönches gestempelt
die südlichere Sonne und südliche Musik herrscht, und ihn auch als - Boxkünstler gerühmt hatte.
hat nicht umsonst an seiner Wiege spanische Trotzdem ist er ein Gesangphänomen, nicht
Lieder singen gehört. Er ist saftiger, blutreicher, an Stimme, doch an Technik. Seine Atemkunst
rhythmischer, temperamentvoller, wo er sich ist ganz exzeptionell, sein Martellato erinnert
gehen läßt. Der Schlußsatz der Suite nach dem an Messchaert, und die Kunst, den Ton zu
Ballett von "Daphnis und Chloe", das zwischen "öffnen'" an beste italienische Muster. Dabei hat
dem Atelier der Brüder ]aponet und der diese hohe Virtuosität gar nichts Gekünsteltes,
Prinzessin von Tragant zur Abwechslung klingt wie die natürlichstt: Sache der Welt und
unserer Balletthabitues ganz gut einmal riskiert stellt sich mit edler Subordination und schöner
werden könnte, ist eine tolle, hinreißende Sache Einfachheit der Empfindung ganz in den Dienst
und der rasende Wechse1 zwei ... und dreiteiliger strengster und erhabenster Kunstübung. Die
Rhythmen müßte einem Dirigenten, dem nicht Kreuzstab..Kantate soll man von Lindberg gehört
das wilde Feuer und zugleich die magistrale haben.
Beherrschtheit Oskar Frieds innewohnt, ge.- Eine ganze Serie ausgezeichneter reproduk..
fährlich werden. Ist hier trotzdem das artistische tiver Leistungen kann nur kurz erwähnt werden.
Möment immer noch zu verspüren, so scheint Richard Byk, der technisch reifsten Klavier ...
es mir fast völlig überwunden, fast ganz erlöst spieler einer, mit einer brillanten Wiedergabe
durch echte l\~usikalität in dem jüngsten Werk, von Schumanns "Carneval.... Emil Fr i e d..
dem Klavier..Trio - dessen unerhörte Schwierig.. berg,er, der Brahms' Händel.. Variationen und
keiten nur drei Meister wie Casella im Verein Schumanns Phantasie ungemein plastisch auf...
mit Lehner und Hartmann, den Stützen des baut, und auch Lisztscher Virtuosität nichts
ungarischen' Quartetts, gewachsen sind. Hier schuldig blieb. Zwei Sängerinnen : Anna R.
ist ein Weg, der wie jeder aus einer Sackgasse Ha r d 0 r ff, intelligent, geschmackvoll, immer
führende, wieder ein Stückehen nach rückwärts ihrer Mittel bewußt, und EIisabeth K a 116 s,
schauen muß: nach größerer Geschlossenheit mehr durch Jugend und Anmut zu wirken
allzu freier Form nach gebundener Melodie. bestrebt, im ungarischen Original in harmlosen
Hier wird frei, neuartig aber - wunderbar Buttykay.. Liedel'n gleich viel heimischer.
warm melodisch musiziert, hier besinnt sich Zwei Sänger: B aklanoff, der erfolgver...
eine tiefe Musikernatur wieder ganz auf sich wöhnte Routinier, mit einem bösen Programm,
selbst, auf die geheimen Quellen seiner adeligen aus dem ich mir Bembergs "il neige", Typus
Kunst und auf die Kunst, sie zu fassen: auf eines elenden Kitsches (der Erfolg des Abends 1),
den zwingenden Einfall und seine formale merken werde, und der besonders geschmackvoll..
Gestaltung 1 - Zu unserer Ehre sei konstatiert, sympathische Bariton Anton Tau s ehe mit
daß Rave1 die auszeichnendste Aufnahme ge ... einer Liederfolge, die sogar eine Idee hatte:
funden hat und 'sie erfreut zu würdigen weiß. Goethe...Lieder von Zelter und Reichhardt bis

582
Brahms und Wolf. (Interessant Reichhardts
strophisch vertonter Erlkönig, die einzige Form
BESPRECHUNGEN
der Komposition, die Goethe für seine Sachen EGON KORNAUTH: SONATE für Violine
gelten ließ. Der Vortrag des Sängers hatte, wie und Klavier, E moll, op. 9. Verlag Ludw.
der alter Rhapsoden, für Variation und wech... Doblinger (Bernh. Herzmansky), Wien.
seluden Ausdruck zu sorgen J) Zuletzt eine kleine Ein Meisterstück ist mit dieser Sonate
Geigerin Minnie Tomschinsky, die mit ihrer dem auch durch seine anderen Werke den
fabelhaften Technik - mehr war nach dem, mittleren Durchschnitt der Wiener Jugend ...
was sie gespielt hat, nicht zu erkennen - bald begabungen weit überragenden Autor gelungen.
von sich reden machen wird. Unwillkürlich gewinnt man aus ihr den sicheren
Eindruck, daß hier ein kühn gestaltender
Das erste Gesellschafts ..Konzert brachte -
moderner Musiker in machtvollem Aufbau eine
zum wievie1ten Male in den letzten Jahren? -
vollreife Leistung vollbracht hat, welche sich
das deutsche Requiem. Man hat sich damit
den repräsentativen Werken der Gattung Violin...
abgefunden, daß diese Körperschaft von neuer
sonate, die in letzter Zeit auch von anderen
]tJIusik nur regardiert, was in befreundeter
modernen Musikern, wie Marx, Szymanowski.
Akademie~Nähe entstanden ist. Aber auch aus
J. B. Foerster etc., in wertvoller Weise bereichert
der bekannten Literatur wäre wohl eine etwas
worden ist, würdig an die Seite stellen kann.
mannigfaltigere Auslese denkbar, als Bequem ..
Die Kornauthsche Sonate bietet den beiden
lichkeit und Gewohnheit sich gerne gestaltet.
Ausführenden keine leichte Aufgabe: ist sie
Ein zweites ffweltliches Requiem" hat die eifrige
schon bloß technisch von immenser Schwierig ..
Oratorienvereinigung (Professor Hans Wagner)
keit, sowohl was die meist in den höchsten
bekannt gemacht. Sepp Rosegger hat es nach
Lagen sich bewegende, auch durch ein ständiges
sinnig zusammengestellten schönen Worten
Modulieren reinste Intonation erfordernde
seines großen Vaters Petri Kettenfeier für Soli,
Violinstimme als den in dichtgeballten Akkord..
gemischten Chor, Knabenchor, großes Orchester
gruppen wühlenden Klavierpart anbelangt, so
und Orgel in Musik gesetzt und den Manen
steigert sich dieselbe womöglich noch durch
des liebenswerten Dichters gewidmet. Wie sicher
eine komplizierte, zuweilen VOn Reger be ein...
und glaubensstark ist diese so gar nicht ver..
flußte Stimmführung und durch die formale
pfaffte Bauernfrommheit, die sich von alter
Anlage der Sonate, in der einem riesenhaft
deutscher Mystik einen Hauch bewahrt hat.
gedehnten ersten Satz eine die anderen üblichen
Diesen Geist atmet auch die Musik. Sie beginnt
Sonatensätze vereinigende zweite Abteilung
mit einer Hoffnung und endet mit einer
gegenübersteht. Das Ganze abgeschlossen durch
Enttäuschung. Aus dem Rhythmus der Anfangs ..
einen warm gesangvollen, ergreifend schönen
worte (Tick .. tack, tick ...tack, die Stunde geht im
Epilog. Die Sonate bedeutet einen markanten
Zick...zack) gewinnt sie eine eigenartige Motion,
Höhepunkt in dem steil aufsteigenden Schaffen
deren hartnäckige Obstinatheit unerbittliches
Kornauths und zugleich eine wertvolle Novität,
Schicksalswalten tragisch ahnen läßt. Doch
würdig des eingehenden Interesses aller ernsten
nach diesem ersten Stück läßt die Kraft der
Inspiration nach und wo Kunstgemäßes gezeigt Kammermusiker. Dr. H. 1<.. Fleischmann
werden soll, wie in einer Choralbearbeitung D
und einer "FugaU , deren in vierfacher Sequenz
stufenweise aufsteigendes Thema schon darum STAN. LIPSKI: DREI CHARAKTERISTI_
ungeeignet ist, enthüllen sich erst recht Mängel SCHE TÄNZE. Verlag Breitkopf & HärteI,
handwerklicher Schulung, wie auch in Chorsatz Leipzig.
und gewaltsam suchender Modulation: Weit Lipski zählt zu der jüngeren Garde zeit...
günstiger ist das Orchester behandelt, das eine genössischer polnischer Komponisten. Seine
ausgesprochene Begabung verrät. Jedenfalls für nicht übertrieben modernen Kompositionen -
einen, der ein beschäftigter Arzt ist und im meistenteils Klavierstücke und Lieder - kenn ..
Nebenamt komponiert, eine höchst bemerkens... zeichnen sich durch anmutige und ebenmäßige
werte Leistung! R. St. Hoffmann Melodienführung, stramme Rhythmik und
fließenden musikalischen Satz. Sie sind in
D D farbenprächtiger Ausstattung der Mehrzahl
nach im Vertage von Piwarski, Krakau, er ..
schienen. Die vorliegenden Tänze vereinigen
unter dem Opus 12 einen "Souvenir de Vienne"
betitelten kleinen Walzer, einen "Valse noble"

583
und eine "Polonaise l " Es sind Tongebilde, wie bewußt verbreitet hat. Und die feine Bemerkung
sie nur eine echte Poetennatur erfinden kann, über den Klavierspieler ! Kritiker auch in Leder..
nicht aufdringlich, ohne aber deshalb auf gut.. strümpfen, auch mit dem Kriegsbeil Held der
angebrachte Effekte zu verzichten. Es ist Feder, immer bereit, wahrheitsgetreu zu be..
Salonmusik, aber nicht mit dem süßlichen richten, .,was ist", auch in den Wigwams der
Beigeschmacke einer bloß für klavierspielende Bleichgesichter jenseits des großen Wassers.
Backfische bestimmten musikalischen Tändelei, Hugh I • • • R. S. H.
sondern durchaus solide, Begabung und Können D D
gleicherweise äußernde Arbeit eines ernst und
unabhängig von den Zeitströmungen schaffen.. ZU UNSERER NOTENBEILAGE
den, sympathischen Künstlers. Hans Ga I, ein junger, viel aufgeführter
Dr. H. R. Fleischmann Wiener Komponist, zeichnet sich besonders
D durch seinen Formenreichtum aus. Er knüpft
EGON WELLESZ: WERK 22, Lieder nach in seinem Schaffen an ]ohannes Brahms an und
Dichtungen von Stefan George. EDUARD ERD .. versteht es, durch fein stilisierte Arbeiten
MANN, 5 Klavierstücke, op. 6, (Jatho..Verlag). wirksam dort fortzufahren und anzuknüpfen,
Eine klare und ludde Musik, die Egon wo Brahms' stilistische Entwicklung stehen
Wellesz um die danteske zarte Linie der blieb. Wie bei allen seinen Werken ist auch
Georgeschen Lyrik gesponnen hat. Auch für die bei der beiliegenden Skizze für Klavier die
Untertöne dunkler Bitternis, wie im letzten besondere Feinheit im Auswählen der Kunst ..
Lied, hat er gedämpfte schmerzliche Akzente. mittel und die außerordentliche Sicherheit des
Im Stil ist ihnen jener Neo..Debussysmus eigen, Satzes hervorzuheben.
der durch ein flüssigeres und ausdrucks.. D D
geschärfteres Fluid Charakteristikum einer be..
sonderen Schule in individuellen Gegensätzen NEU E NOT E N
geworden ist. Verlag Breitkopf & HärteI, Berlin
Als Paralipomena zu seinem gärenden, Otto Frederich: Geistliches Lied
Trinklted
inneren Erklingens vollen Schaffen gibt Erd.. Die einsame Mühle
mann seine fünf Klavierstücke, aphoristische, Verlag ]unfermann, Paderborn
pr~lude .. artige Gebilde, die als Studien, Skizzen WiIhe1m Schnippering: Löns .. Lieder, Band
wirken und viel phantastische, herbe und helle I u. II, op. 25
Reflexe des suchenden Empfindens bergen. Verlag Ries & Erler, Berlin
Der fingierte Katf'fscherz "Poptilpus" spitzt Josef Zach: Erwartung, Vorfrühling, Märzlied
dieses oft eigenwillige Besonderheitsbemühen Stdngräber .. Verlag, Leipzig
Ed.Erdmann: Symphonie für großes Orchester
des Stils, zu Widerspruch anregend, zu. in D dur
M. Broesike .. Schoen, Dresden Hermann Scherchen: Streichquartett, op. 1
D D
Verlag Universal .. Edition, Wien-Leipzig
Egon Wellesz: Viertes Streichquartett, op.28,
KRITIK DER KRITIK Partitur
G~ido Peters: 3. Symphonie, Fis moll, Partitur
Aus einem Referat über die Puccini..Premiere: D D
;,In Amerika las ich einmal an der Wand eines
Vergnügungslokales: ,Es wird gebeten, auf den NEU E B Ü eHE R
Klavierspie1'er nicht zu schießen; er tut sein Verlag F. Bruckmann A. G.; München
Bestes' (und der Klavierspieler war wirklich Komponisten ..Porträts (Kunstdrucke in vier
gar nicht schlecht)!'•••• Farben)
Ich bin zwar wenig in Vergnügungslokalen Verlag Oskar Laube, Dresden
herum . . und heruntergekommen, und schon gar Dr. Arthur Schurig. Reiseaufzeichnungen dea
nicht in amerikanischen. Aber ein amerikani .. Leopold Mozart 1763-1777
sches Vergnügungslokal kenne ich wohl und Verlag Emil Pahl, Dresden
Arno Liebing: Lerne gesundheitsgemäß klang..
habe manche gute Stunde darin verbracht: es und lautrichtig sprechen
heißt Marc Twain, und - seltsam! - auch dort
findet sich eine Wand mit derselben Inschrift. Diesem Hefte liegt der soeben erschienene
Offenbar war es unser Männchen aUS dem Katalog "Moderne Musik in der Universal ..
goldenen Westen, das diese Sitte drüben ziel.. Edition .... bei.
Verantwortlicher Schriftleiter 1 Dr. P. A. pisk, Wien. I. Kar1splatz 6. Herausgegeben VQn der UnJ.vusa1~
Edition A.~G. - Druck von Otto Maatl' Söhne Gea, m. b. H •• Wien I. Wallfillc:hgassc 10.

584
Kompositionen von Egon Kornaufh
Op. 1. SECHS LIEDER netto Mark nello Mark
Nr. 1. Ganz im Geheimen (Königsbrunn~ Nr. 5. Ringelreihen im Frühling • . . 1'50
Smaup) ' . . . . . . . . . . . . . 1"- Nr. 6.liebeselegie. . . . . . • . . . 1'-
Nr. 2. Landsknerntlied (H. v. Reder) . . 1'50 Nr. 7. Abendlied in der gro~en Sladt . . 1'5b
Nr. 3. Leid (M. Siona) . . . . . . . . 1"50 Nr. 8. Maiwanderung • . . • • • . . • • 1'50
Nr. 4. Frühlingsruhe (L Uhland). • •• 1'- Op. 15. SONATE (0 dur)fürVioline u. Klavier 6'-
Nr. 5. Mein und Dein (J. G. Fischer).. 1.50 Op. 21. SECHS LIEDER
Nr. 6. In der Kirschenblür (J. G. Fischer) 2'- Nr, 1. Srn1ie~e mir die Augen beide, , •
Op. 2. FONF KLAVIERSTDCKE . . . . 6·- (Theodor Storm) , " ... "." 1'-
Op. 3. SONATE (Cis molllfürViola u. Klavi,,· 6·- Nr. 2. lied in die Ferne (Rirnard Smekal) 1'50
Ausgabe für Klarinelle und Klavier (Alfred Nr. 3. Du (Rieharda Hueh) . . . . . . . 1·-
Piquet) . . . . . . . . . . . . . • . . 6'- Nr. 4/5. Aus den "Frühen Gedichfen" von
Op. 4. SONATE (As dur) für Klavier . • . 5.·- Rainer Maria Rilke 1/11, . . . . '., 1'50
Nr. 6. Abendlied (Albreehl Sehaefler) . r-
Op. 9. SONATE (Es moillf. Violine u. Klavier 7·50
Op. 22. LIEDER nach Hermann Hesse
Op. 10. PHANTASIE für Klavier. . •. 5·- Nr. 1. Im Grase hingeslredd 1'50
Op. 12. GESANGE naeh Riehard Smekal Nr. 2. Böse Zeit. . . . 1'-
Nr. 1. Nächllirne Fahrt . 1'50 Nr. 3. Okfober . . . . 1'-
Nr. 2. Sdmiltersprum. • 1'50 Nr. 4. Im Nebel . . . . 1·-
Nr. 3. Versunkenheil . . 1'50 Nr. 5. Drüben. . . . . 1"50
Nr. 4. Brief am Abend. 2'- Nr. 6. Die leise Wolke. 1'-
200 Drozent Teu('nmguu~dllag
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586
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lOS. GUST. MRACZEK


Bühnenwerke: Klavier zweihändig:
Ikdar 3 Stüd,e in Tanzform
Oj)er in drei Aufzügen (Walzer-Menuett-Reigen)
Did:!ung von Guido Glü<k U. E. Nr. 3274 .................... Mk. 1"50
U. E. Nr. 6325 Klavierauszug m, Text Mk.15'-
U. E. Nr. 6326 Texlbum ............ Mk. 1'- Violine und Klavier:
Uraufführung an der Dresdener Staalsoper!
Elegie
Kammermusik: u. E. NI". 3979 .................... Mk. 1·-

Klavierquinlelf Es dur Nocturno


u. E. NI". 2804 .................... Mk. 8·- U. E. Nr. :060 .................... Mk. 1'-

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Bearbeitung fiir zwei 1<laviere z:tl vier !'länden Bearbeltullg für zViei Kliwiere zu vier Händen
U. E. NI', 6017 ....... ' ...... Preis Mark 6'- U, E, NI', 6483 .. " .. " " .... Dreis Mark 6'-
HiczlJ Vcrlegel'zusm)ag l'liczu Verlegerzusdllag
Ober das von PRO F. K E S S ISS 0 G LU mil Rosenslocks "Symphonisdl<:s Konzerf" gelangte

I großcm Erfolge gespielte [(laYie:'konzer! sdlr<:!ibf


das Grazer Volksbla!l: "Es isl \'on geradezu
mdgismer Sd,önheif, von einer unerhört singen-
in der Sflison 1919/20 durch den Komponislen in
Wien im IV. Konzert des "Anbrudl" (Dirigent
Georg Szcll) sowie in dem Feslkonzerle des

I den Pr(ld,1. Alle modcrm.'11 HDl'mon:en, alle


Chromalik, ulle Hilfsmilfe! ledmismer Art sind
hier in einem einzigen gro~en TrIl;r,lEd VOll Klo:1g
und Melodie aufgelöst. rvroll isl geblendet."
Wieller Philharmonischen Chors, verflnstaltcl
im Rühmen der "Meislerauffühnmgen Wien er
Musik" (Dirigent Fratlz Schreker) m\! durdl-
:-: :-: sdllügendem [rfarg zur Aufführung :.: :-:
ZU BEZIEHeN DURCH JEDE BUCH- UND MUSIKALIENHANDLUNG
H UNIVERSAL-EDITiON Ä.-G., WI EN -LEI PZIG
~ ~""""""'"_
_. . . ""'-- _.-==._~..... ,,",,--=,*,",,'L"'~_--"w'''''' ~."-"""'.._........
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587
JULIUS BITTNERS
WERKE IN DER UNIVERSAL-EDITION
MD' !". RflWWB • "e'

Bühnenwerke
DER BERGSEE
u. E. Nr. Ein Vorspiel und zwei Akfe. Dichtung vom Komponisten Mark
6266 Klavierauszug mit Text • • • • . . • . .15'-
6267 Texlbuch . . . . . . . . . . . . . . . .1'-
6312 Potpourri, Klavier zweihändig . . . . . · 2'50
6315 Klavierauszug, zweihändig . . . . . . . .10'-
6310 "Einsam sieh ich", Gesang und Klavier. 1'50
6311 "Sonnkar". Gesang und Klavier . . . . · 1'50

DER ABENTEURER
Oper in drei Aiden. Dirnlung vom Komponisten
6316 Klavierauszug mit Texl . . . . . . . . . . • . • • . .
6317 Texlbuch • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

DAS HOLLISCH GOLD


Ein deutsches Singspiel in einem Aufzug. Dirnlung vom Komponisten
5771 Klavierauszug mil Texl . . . . . . . .'. . . . . . . . · 8'-
5770 Textbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . · -'60

DER LIEBE AUGUSTIN


Szenen aus den Leben eines wienerischen Talenls in vier Aufzügen
6773 Klavierauszug mit Texl . . • . . , · 8'-
5772 Texlbuch , . . . . . • , . • . . . · 2'-
5772 a dia. BOlienausgabe . . . . . . . . · 12'50
6078 Drei Tänze, Klavier zweihändig , 2'-
6090 Äuguslin·Walzer, Klavier zweihändig 1'50
6075 Drei Gesänge des Auguslin . . 2'-
6076 Drei Gesänge der Tini , . . . . . 2'-
6077 Gesänge des Schmidl . . , . . . , 2'-
6079 lied der zwei kleinen Madchen . . 1'-

DIE KOHLHA YMERIN


Oper in drei Aklen. Oimlung vom Komponisfen
6430 Klavierauszug mil Texl . • . . . . • • . . . . . . . . . . • . . . . . . . . 20'-
6431 Texlbudl . . . . . . . . . . ' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . ' 1'50

LA TARANTELLE OE LA MORT. (Die Todes-Tarantella)


Mimodrama von Bruno Warden und ), M, Welleminsky
6435 Klavierauszug mil Texl . . . ' 8'-
6436 Tcxlbuch " ..,.,..." · -'60
6500 Menuett. Klavier zweihändig , ' • . 1'50
6501 Valse lente. Klavier zweihändig , , · 1'50
6502 VaJse de Ninoll. Klavier zwejhälldig · 1'50

588
Brnold SchGnberg
!llllltl1IIII1I1I11UUllllltlllllllllllllllllllllllllllll\l1l1l11l1t11I1IUlIlIIIIIUlIIILllIlIIIIUIIUI11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

ebor. und Orchesterwerke Kammermusik


6urre·uleder Streldtsextett ., Verklarte fiadttll
u. e:. Ur. für Soli, ehor und Orchester mark u. €. n,. op. 4 m"k
6300 Partitur, DoppeHollo-forrnat. . 100'- für zwei \1ioUnen, zwei \1loIen und zwei \1ioIontelli
3697 takslmilepartiiur, Großquart. 30'- 3662 Parlifur (kleines rorma!) . . . • . 2'-
3696 Klavierauszug mit Tex.t (Berg) . 20'- 3663 SUmmen . . . . . . . . . . . '. 10'-
3696 Dasselbe, Büttenausgabe . . . 25'-
3695 rUhrer (Berg) . . . . . . . 2'-
5275 Kleiner rUhrer (Berg). . . . 1'- Streldtquartett fir. 1, 0 moll op. 7
Einzelausgaben für eine Singstimme und Klavier fOr zwei \1lolinen, Viola und \1ioIoI1ceIIo
5330 ~So tanzen die Engel~ . . . . . 1'20 S665 Partitur (kleines format) . . . . . 2'-
5331 "nun sag' ich dir zum erstenrnal,.. 1'20 3666 Stimmen, , , _' , . , . . , , , 8'~
5332 «Du 'Wunderliche TOlle~ . . . . . 1'20
5333 ~TQuben 1)on Gurrei> • . • . .• 2'50 Streidtquartetf fir. 2, fis moll
Verklarte fiadtt op. 4 op. 10
Bearbeitung Inr Streichorchester für zwei \1ioHnen, "iota und \1iolontello
6065 Partitur (nur gegen Revers) • . • 12'-
m. und IV. Satz mit Gesang nach Gedichten tlon
S!elan ßeorge
Pelleas und ffiellsande op. 5 2993 Parfltür (Ok!ao). . . . . . . . . 5'-
Sinfonische Dichtung iilr großes Orchester 2994 Stimmen . . . . . . . . . . . . 12'-
3371 Parfitur (nur gegen Revers) . . . 40'- Kammersinionle E dur op. 9
Kammerslnionie E dur op. 9 Ulr -15 Solo·Instrumente
Bearbeitung für Orchester 3667 Partitur (nur gegen Reuers) . , . . 12'-
36670 Partitur (nur gegen ReueTs) . . . 20'- 6HO Thematische Hnalyse (Berg) . . • -'35
Die '::takobslelter Pierrot luna Ire op. 21
Ein Oratorium Dreimal sieben Gedichte nach Blbert Giraud
6061 Texlbuch . . . . . . . . . 1'50 5334 Partitur (für BuHührung) . . . . . 15'-
6061 Dasselbe, Bütfenausgabe .. 2'50 Dasselbe aut Büttenpapier . • • ,25'-
5336 Studienpartitur . . . , , . , , . 4'-
Büfm.enwer{te
Erwartung Klavier zu zwei Händen
monodram 2991 Drei K[auier5tüd~e op. 11 . , . . . 2'50
5361 Ormcsfcrpartitur (nur gegen Reuers) 20'- 2992 Klavierstildt op. 11, nr.2, }{onzcrf.
5360 Textbuch . . . . . . . . . ' -'40 mäijige 3nterpr. Den rerr. Busen! . 1'50
5069 Sechs klcine Klauiers/iicke ep. 19 1'50
Die gIilddidte Hand
5670
Drama mit musik
Orchesterpartitur (nur gegen Rcuers) 20'-
musiktheorie
5672 Textbuch . . . . . . . . . . . -'40 3370 Harmenieiehre (!I. Huflage) . .

1Il111111111111111111l11l1l11lllll1liI1I1IIII1IIlI1I!1I1I1II1UUtll!lIIlt11I1II1!111111111J1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

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U.E.Nr. Mark U.E.Nr. Murk


5802 Rumänische Volkslänze aus Ungarn 1-20 5541 üp. 4 KleinE' Walzer . . . . . . 2'50
1. Der Tanz mil dem Stabe; 2. Brau!;
3. Der Stampfer; 4. Tanz der Bu- ft,ft"dte;"II'RAlL. ~Oi"B·"-VI-"'t>
ts<numor; 5. Rumäni,m< Pollla; 1l'lO ... 1i.l!,..; ... n lC"ll ""..... .."
6. SdmeHlanz. 6054 Zwei Klaviersfücke . . . . . . . . l'~
5890 Ruman. Weihnachtsliederaus Ungarn 2'-
5904
5891
Allegro barbaro. . . . . _ . . .
üp. 14 Sulle . . . . . . . . . .
1"50
2'50
franz Mosel'
6370 J5 ungarisdle BauernBeder. . . . 2"50 6390/91 Op. 12 uAus meinen Leben", Zwölf
Slüd<e 1/11 . • . • . . • . • . . " 3·-

5909 Ttinze aus Oslerrejd-J . . . . . . . 3"-


5542 Op. 3 Sonate. Emoll . . . . , . 3'-

Josef B. Foerster Mall!: Springer


5831 Op. 79 Abendmusik . . . . . . . 1.50
5835 Op. 98 Maskenspiel des Eros . . . 2"50 6050 Op. 32, Sieben kleine Tonbilder . 1'50
Gedenkblal!; Widllelmänncnen; Ver-
sonnen; Kleine Gesdlicnte; Wehes
Ignaz friedman Glück; Ein lied; Gestörtes Idyll
6051 ap. 33 Im Reime der Miflernamls·
5658/59} Wie~.er Tänze (nach Moliven VO~ . sonne , . . . . . , . , . , . . 1'50
6198 Garlner) . . . . . . . . a 2- Mitternachtssonne; In der Kingsbay;
6023 Op. 66 Ballade . . . . . . . , . 3'- GI elsmerwanderung
6022 Op. 72 Polnisme Lyrik, 3, Folge . 2'- 6052 ap. 34 Drei Klaviersfücke . . . . 1'50
Fünf kleine Stücke: Weihnadllslied;
Von lieb' und Leid; In der Dorl~ Weihnacht; Erwadlender Mai; Frohes
smenke; Soldalenmarsm; Tändelei Sli.irmen
6020/21 Op. 79 Slimmungen 1/11 . . ,a 2'- 6053 Op. 35 Drei Stimmungsbilder. . , 1'50
6460/64 Op. 81 Cinq Morceaux . , d 1'50 Sinkende Herbstsonne ; Klage; Be-
Serendde; Masque galante; ~rje· fndung
quinade; Mirage; Ecossaise
6197 Op. 82, Nr. 1 Sonalina Cdur . . , 3'- Karo! Szymancwski
5858 Op. 34 Masken, drei KlaviersHlcke 4'50
Scheherazade; Tanfris der Narr; Eine
6389 Gp. 2 Deux morceaux . . . . , , 2'- Don Juan-Serenade
5543 Op. 3 Sonate 0 moll . . . . . , y- 5859 ap. 36 Sonate 111, D moll . . . . 4"-

IEgon Wellesz
5963 Drei Stimmungen . . . . . , . . 1'50 6091 Op. 21 "Idyllen", fünf K!avierslücke 3'-..

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i
.
11111111111111111111111111111111111111111 1111111111111111111 111111111111111111111111111 illllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllili1111111

~~~~rsal.~~tion A .. ?~ \Vi=n.leipzig
590
Der führer der polnisdlen Moderne:

KaraI Szymanowski
1IIIIIlIUillllllllllllUillllllllllllllllllllIJIIIlIIIIIIIIIIIIJIlIIIllii1lIlllrrrllllllllllllillllJllll[111111I11l1I11l1I1111I1l1I1II111J1J1111l11I1111J1I11I1I11l1111111111111111

KLA VI ER ZU 2 HANDEN GESANG



U. KLAVIER
U. E. Nr. Mark U.c.Nr. Mark
3852 op. 1 Neuf Preiudes ,., 3'- 3857 op. 7 De~ Schwa". deutsch,
3853 - Nr_ 1 Pr,,!. H moll. , , , , -'80 polnisch, miftel , _ . , ... , " ]"-
3854 - Nr, 8 Pr,,!. Es moll, . , , . -,80 3860 op. 11 Vier lieder (F_ Mi-
3855 op. 4 Vier Etüden . ' , " 3'- ciliski) deutsch, poln" hoch , 3'-
3856 - Nr, 3 Elüde B moll, , , __ 1'- 1. Idl bin so frübe. 2. Im ver-
3859 op. 10 Variationen über zauberten Walde. 3. Im Blau des
ein polnisch.Volk,lhema 3'- Meeres. 4. Brause. 0 Sturm
3864 op. 21 Sonate 11 A moll 5'- 386 I /63 op. 17 Zwölf lieder
5858 op, 34 Masken, 3 Klavier- deutsch, poln" hoch, 3 Hefte iJ 2'-
i stücke " , ' . " , _ , , , , , "
(Sdleherazade; T;-Jntris der Narr;
4'50 I. HEFT: 1. Hoch in der Frühe
(Dehmel). 2. Geheimnis (Dehmel).
I,
I
Eine Don )uan-Sc!'enade) 3. Werbung (Dehmel). 4. Mandle
Nadl! (Dehmel)
5859 op. 36 Sonate EIl i) moll 4'- 11. HEFT, 5, Aufblick [Dehmel).
6. Verkündigung (Dehmel). 7. Nam
einem Regen (Dehmel). 8. En!-
VIOLINE U. KLAVIER fuhrung (Dehme!)
lIL HEfT: 9. Schlummerlied (Mom·
3868 01'. 9 Sonate D moli , _ , 6'- ber!). 10. Seele (Falke). 11. I~rag·
3866 op. 23 Romanze D moll 1"50 men! (MomberO. 12. liebesnacht
[Greif)
3865 op. 22 Bunle lieder
SINfONISCHE WERKE deutsdl, polnisch, hod, . , , _ 3'-
1. Einsiedei (Bulcke). 2. lied des
nur in Abschriften vorhanden
11 Op_ 19 11. Sinfonie
MCidchem (Paquet). 3. An kleine
Mad<hen (Faktor). 4. Sommernadlt I
Ii Op. 27 m. Sinfonie (Ritter). 5. Bestimmung (Ric. Huch)

11 Konzert-Ouvertüre
Sinfonisd, > Ouvertüre
3867 op. 24 Des Haf;, liebe,·
lieder (Nadldichlungen von I
I PenlhesH oa (Sinfonische Dichfung) H. Bethge), deutsch, polnisch 3'--
I 1. Wümdle. 2. Die einzige Arznei.
3. Die brennenden 1 ulpen. 4. Tanz.
! BOHNENWERKE
Hagilh
5. Dcr verliebte 'Ostwind. 6. TrflU-
riger Frühling
5932 op. 41 Vier Gesänge für
I
i
Oper in einem Akt von Fe!. Dörmann miit!ere Frauensflmme(Worte
aus .. Der Gärtner" v. Rabin-
5912 Klavierauszug, deulsdl, poln, 20'- dranath Tagore)deutsdl, poln, 3'-
5913 Texlbuch, deulsch . . . . . . .. 1'- T. Mein Herz. 2/3. Ocr junge
5914 Texlbuch, polnisch ..... , ., ]"- , Prinz. 4. Das lelzte lied
Hiezu Vcrlegerzusmlag
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591
MUSIKBLATTER
DES ANBRUCH
HALBMONATSSCHRIFT FDR MODERNE MUSIK
SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 15
SONDERHEFT E. N. v. REZNiCEK
Max Chop ............... " ..................................... Das Leben
Wilhelm Klein ................... ,.. _.... "" ... ... Aus den Prager Tagen
Arthur Deffe .......... ,..... ,.......... _._ "'" ....... ,. Die Orcheslcrwerkc
Paul ßekker ... '"' "'" .................................... "Riller Blaubart"
Leopold Schmidt .................. Zur Uraufführung von "Riller Blaubart~
Felix Weingarlner ...... "" '"' '"' ... "'" ." ... "" '"' ... ,_. _........ Reznicek
Die Kritik
Walther Klein ............ '"' Kosmism-musika!isdle Enlspred-tungslehre (11)
Bei lag e n: Porträt Rezniceks, Jugendbilder des Komponisfen. Faksimile
einer Parlilurseife aus "Rilfer Blaubari"

Nolenbeilage; E. N. v. Reznicek "Schelmische Abwehr~, lied

NUMMER 16
Dr. Erosl Kur! ...... ' ................... ' Zum Wesen der Harmonik
Egon Wellesz ...... ' ................. _.. ... ... ... ... ... ... Maurice Rdvel
Paul Sfefan ......... '.. ... ... ... ... ... ... Allredo CaseJla - unser Gas!
Franz Schreker .................. Ober die Enslehung meiner Opernbüdler
Giacomo Puccini ... '.. ... ... ... ... Gesprädl mit einem Wiefler Musiker

Glossen: "La Rondine" in der Volksoper von R. S. Holfmann; Wiener


Konzerlprogramme 1920/21 von Paul Slejan; Musik in Wien von
R. S1. Hoflmann I ßespredwngen I Nolizen / Zu unserer Nolenbeilage i
Zeitsmrillensdlau / Neue Noten

Nolenbellage: Kar! Prohaskai "Die falben Felder' schlafen schon"

____ ~___ .. ~ - - - i

592
S~1~1~1~1~1I~181~,~ Gitarren,
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Lauten.
Mandolinen,
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24 ukrainische Volksweisen
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Robert Kollitsch
FELIX PETYREK
U. E. Nr. 6165 Dreis Mark 3'-
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HEYER-STOLZENAU Wilh., op. 59. AM AßEND.
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wicklung und gesmim!limen Bedeutung und nach ihrer wemseinden Benennung.
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sieht sich einer au~erordentlimen Fülle neuer Fonmungsergebn-sse gegenüber; die
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dienen kann, dessen Interessen mil den Werkzeugen der Tonkunsl verknüpft sind
IIUlIllIlIlIllllllllllmUIIIIIIlUIIIII11II1IU::lf1llllllllll11IIlIUUlIIIUIIlI1Ill1l111111!ll1UIIUllIUlIlIIUIIIUlIIllllllllllllllltll1lll1

Verlag BREITKOPF & HARTEL, LEIPZIG -Berlin


594
2. ;ahrga1:J.g, Nu.m!l::Jer 1S 2. Nov6mbezo..kelt 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

O//gpmpjITPr reif

ZUR PSYCHOLO,GIE DER CHROMATIK
Von ]ames Simon, Berlin
In dieser Betrachtung ist natürlich das altgriechische Klanggeschlecht ausgeschaltet:
Fortschreitung durch zwei halbe Töne und kleine Terz im Tetrachord. Vielmehr
meine ich hier die eigentliche, im italienischen Madrigal des 16. Jahrhunderts
verwurzdte Chromatik im Gegensatz zur Diatonik in dem Sinne, den wir heutt
damit verbinden. Die Tatsache, daß Halbtonfortschreitungen in einer Motette von
Schütz, einer Bachsehen Kantate, bei Mozart, Chopin, Wagner eine völlig unterschiedliche
Wirkung hervorbringen, beweist schon die Vielseitigkeit ihres Charakters und läßt
eine psychologische Einstellung der Chromatik als lohnend erscheinen.
Die überaus fruchtbare Entwicklung, die die Chromatik im ganzen durchmessen
hat, legt sie gleichsam zusammenfassend schon in ihren ersten Stadien zurück. Wir
beobachten da, wie sich ihre AusdrucksmögliChkeiten immer mehr steigern, wie
naive Text..Illustration - auf Worten wie affetto, lagrime tauchen gern Chromatismen
auf - bei Rore zu sinniger Tonmalerei sich vertieft, bis mit Meister Marenzio und
dem noch kühneren Gesualdo das Chroma zum Träger von Seelenbewegungen wird.
Eine chromatische Tonfolge übt zunächst - namentlich als chromatische Skala
- eine rein äußerliche Wirkung in allen Bravour.. und Virtuosenstücken, die es
mit der Bewältigung technischer Schwierigkeiten zu tun haben. Manche rasende
Passage bei Liszt, chromatische Oktavenfolgen in höchsten Lagen bei Paganini,
Terzenchromatik bei Saint·Saens (Etude aus op. 111) erregen eine Spannung, wie sie
ebenso gut von einem Seiltänzerkunststück ausgehen kann. Die künstlerische Sphäre
streift die Chromatik schon, wo sie als Arabeske und Ornament auftritt. Eine uns
vertraute Melodie wird etwa bei ihrem Wiederauftreten durch chromatische Seitentöne,
die vor den diatonischen die größere Geschmeidigkeit voraushaben, reizvoll verziert.
Überhaupt erscheint die Chromatik sehr oft als melodieschmückendes Beiwerk, zum
Beispiel in Chopins Berceuse, in einer Melodie von R~chmaninoff ••• Mitunter wird nur
ein bestimmter Akkord chromatisch zerlegt, wie der Nonenakkord beim Einsatz
des Klaviersolos im ersten Satz (nach dem Ritornell) des Beethovenschen Es dur-
Konzerts. Mit besonderer Vorliebe wurden von jeher äußere Erscheinungen des

595
Naturlebens in chromatische Tonreihen gebannt, die sich ja zu solchen Illustrationen
besonders eignen. Von grob . . naturaIistischen Versuchen steigt es auf zu wuchtigen
Darstellungen des Natur..Elementaren: man vergegenwärtige sich den dramatischen
Männerchor im 1. Akt von Mozarts "Idomeneo" mit der orchestralen Schilderung
des Meeressturms, das Gewitter in Beethovens Pastorale, die Ouvertüre des .fliegenden
Holländer" und die entsprechenden Partien in Sentas Ballade; die Sturmszene, mit
der Verdis Othello einsetzt. Erweist sich das Chroma hier als wichtiger N aturstimmungs-
faktor, so erhöht sich noch seine Ausdruckskraft überall da, wo es sich um die
Wiedergabe menschlicher Affekte handelt. In dieser Hinsicht bieten unter den
Klassikern namentlich Bach und Mozart eine unermeßliche Fülle von Belegen. Wie
überwältigend wirkt der chromatisch sinkende basso ostinato im Crucifixus der H moll-
Messe! (bereits im Eingangschor der Kantate "Weinen, Klagen" - Anregungsquellen
für Liszts Variationen). Die Vorstellung der Kreuzespein ]esu, die Bach auch sonst
vielfa.ch "chromatische Schmerzmotive" , wie sie Schweitzer nennt, eingab, läßt in
den Herzen der Frommen die Klage nie zur Ruhe kommen, und so wiederholt
der Baß immer denselben starren, unabweislichen chromatischen Gang. In der
Kantate ,,]esu, der du meine Seele" dient die chromatische Choralfiguration dem
Ausdruck majestätischer Trauer, in "Ach Gott, vom Himmel sieh darein ll ist sie eine
inständige Bitte um Erbarmen. Solche Chromatik hat wahrhaftig nichts von weichlichem,
weinerlichem Wesen an sich, wie man ihr, besonders der absteigenden, mitunter
nachsagt. Bedürfte es noch eines Gegenbeweises, so erbringt ihn die Chromatische
Fantasie und Fuge, worin sich Bachs Drang zum Chromatischen so recht sättigt.
Sein in zwei Chromatismen auflösbarer Name, der ihn selbst noch zuletzt zu dem
großartigen Fragment anregte, hat bis in die jüngste Gegenwart tiefsinnige Stücke
veranlaßt wie Busonis Contrappuntistica und die Orgelfantasie Regers, der innerhalb
des Chromas melodische und harmonische Kräfte ins Gleichgewicht zu bringen sucht.
Nicht minder eindringlich als bei Bach wirkt die Chromatik bei Mozart, und um
so ereignishafter, als er im allgemeinen zum Diatonischen neigt. Herb-süße Vorhalte
erzeugend, breitet sie den wehmütigen Schimmer über die Heiterkeit seiner Tonsprache
und hat an jenem Lächeln unter Tränen wesentlichen Anteil. Man denke an die
Einleitung zum C dur-Quartett, wo sie das trübe Element gegenüber dem diatonisch-
hellen vertritt, oder an den rührenden Geigengang am Schluß des ersten Satzes des
G moll-Quintetts. Unter den Opern erweist besonders Don ] uan die unbegrenzten
Ausdrucksmöglichkeiten der Chromatik. Ich erinnere nur an das Nachspiel des
Männerterzetts, an die einfallenden Holzbläser, die im Duett zwischen Ottavio und
Donna A,nna deren uferlosen Schmerz um den verlorenen Vater künden, an die
Chromatismen des Sextetts, die der Fürbitte Elviras für den angeblichen Don ]uan
und dem Flehen Leporellos um Schonung Nachdruck verleihen. In Beethovens
Werken spielt die Chromatik eine verhältnismäßig geringe Rolle. Wo sie sich aber
geltend macht, wie im Streichquartett op. 132, wirkt sie desto intensiver; gewaltige
Steigerungen werden oft' auf chromatischem Wege erzielt; letzte Tragik spricht aus
dem chroma#schen Gang am Schluß des ersten Satzes der Neunten. Und gibt es
großartigere chromatische Rückungen als beim Miserere aus dem Gloria der Missa
solemnis (F dur-Fis moll!) und umgekehrt (Fis moll-F dur) im Finale der Achten?
Unter den Romantikern beutet namentlich Chopin die Chromatik in ihren
mannigfaltigen Charakteren aus. Stücke wie das E moll-Präludium, die meisten der
Mazurken und Nocturnes leben von ihr und beziehen daher ihre elegische, müde

596
Stimmung. Kaskadengleich stürzen am Schluß der ersten Ballade oder im ersten Satz
des Fmoll-Konzerts vor dem Rentreedie chromatischen Töne herunter - man vergleiche
hiezu den allgemeinen Zusammenbruch in Mahlers zweiter Symphonie (Schluß des
ersten Satzes) - , widersetzen sich trotzig dem Hauptmotiv in der A moll..Etude, wie
denn auch die bloße Skala als vorwärtsdrängende Baßfigur (H moll-Sonate bald nach
Beginn) Bedeutung gewinnt. Bei Chopiu, wie in der romantischen Periode überhaupt,
dient die Chromatik immer mehr dem Ausdruck der Unruhe, zumal des Sehnsüchtigen.
Begünstigt wird diese Erweiterung durch die neuen technischen Errungenschaften,
wie die Einführung der Ventilinstrumente, die über aUe chromatischen Durchgangs...
töne verfügen und an der halbtonigen Führung der Nebenstimmen - hervorstechendes
Merkmal moderner Polyphonie! - teilnehmen können.
Man muß bei einer psychologischen Betrachtung der Chromatik den Unterschied
zwischen klassischem und neuerern Musikstil mitbedenken. Während dort die
Beziehung zu einer bestimmten Tonika gewahrt bleibt (bei Mozart durchweg, bei
Bach mit grandiosen Ausnahmen), verwendet Wagner, die Seele der modernen
Chromatik erst entdeckend, die enge nachbarliche Beziehung der Töne als Akkord--
verkittung, wobei er immer bewußter den tonalen Grundcharakter aufhebt. Das
verdeutliche ein Beispiel: im Nachspiel des eben erwähnten Männerterzetts aus Don
Juan fallen die Töne c h baas g innerhalb der Tonalität, bei Brünhildens
Versenkung in den Zauberschlaf gleiten sie als Akzidenzien selbständiger Harmonien
herab. Was Beethoven einmal "obligate Begleitung" nannte, wird nun zu einem
Gewebe lebender Stimmen weitergebildet. Bezeichnend, daß Wagne r in der neuen
Fassung der Sirenenmusik aus Tannhäuser durch chromatische Ausfeilung des
Stimmengewebes den Charakter des Wollüstig-Betörenden unterstrich. Lohengrin
zeigt dann das Chroma vornehmlich in seiner Eignung für das Weiche, Schmiegsame.
Nirgends aber erfahren wir die Ausdruckskraft der Chromatik mit solcher Intensität
wie im Tristan. Hier, wo ihre Alleinherrschaft sanktioniert ist, wird sie geradezu
zum sinnlichen Ausdrucksbild des Seelischen. In allen Stimmen durchgeführt. gleich
im Vorspiel, als Melos auch in den Singstimmen, die bis dahin einer so verschwenderisch . .
chromatischen Behandlung zu widerstreben schienen, als treibende oder erschlaffende
Mittelstimme, als tiefe Gegenstimme zum Seemannslied, zur Hirtenweise verleiht
die Chromatik diesem Werke den nie wieder erreichten zwingenden Ausdruck
. sehnenden Verlangens. Überströmendes Leben in seinen heftigsten Affekten und
inniges, weihevoIles Todessehnen sind gleichermaßen ihr Bereich. Die Tristan . .
Chromatik, die in vielen Werken der Nach-Wagnerschen Epoche fortwirkt (Schillings
Ingwelde, Cesar Francks Violinsonate, Schönbergs Pelleas und Melisande, Ansorges
Vigilien quartett), bestimmt jedoch nicht nur die ungeheure, manchmal bis zum
Fatalistischen anwachsende Dringlichkeit der Tonsprache, sie wirkt auch modifizierend
auf die Harmonik, erzeugt eine Menge alterierter Bildungen - seit der Bekanntschaft
mit Liszts Werken gestand Wagner, "ein ganz anderer Kerl als Harmoniker"
geworden zu sein - so daß man hier mit Ernst Kurth von einer Krise der
romantischen Harmonik sprechen kann. In entscheidendem Gegensatz zum Tristan
bevorzugen die Meistersinger die ruhigere Diatonik, während Parsifal eine sinnvolle
Verquickung beider Arten zeigt. In "Tod und Verklärung" von Richard Strauß ist
dieser Gegensatz deutlich ausgeprägt: in drei musikalischen Perioden, die den Kampf
des Fieberkranken mit dem Tode behandeln, ist chromatisches Wesen heimisch
ich verweise besonders auf die zehn chromatisch aufrückenden Quintenakkorde -

597
die Diatonik wird erst für den letzten Abschnitt aufgespart. So scheint es mir auch
charakteristisch für das Ethos Bruckners, daß bei ihm, dieser synthetischen Natur,
noch durch dichtes Stimmengewirr immer eine· klare Diatonik hindurchschimmert.
So bedenklich es scheint, die Chromatik zum grundlegenden Tonsystem zu machen
- die im Archicembalo des alten Vicentino schon vorgeahnte Janko-Klaviatur (1882)
konnte sich nicht durchsetzen - so wird sie doch neben der Diatonik und der
Ganztonleiter, die sie in psychischer Ergiebigkeit überragt, stets neue Ausdrucksgebiete
erschließen. Ob sich die Bichromatik, wie sie das differenzierte Empfinden des
Musikers unserer Tage erträumt, einbürgern wird?
o 0

DIE MUSIK IN SPENGLERS


"UNTERGANG DES ABENDLANDES"
Von Siegfried Salomon, Hamburg
Spenglers Buch hat seit seinem Erscheinen eine tiefgehende Wirkung ausgeübt,
deren Ursachen nicht überall zu Tage liegen. Gewiß ist die trübe Konstellation der
deutschen Dinge - oder darf man schon sagen, der europäischen, des "Abendlandes"?
- seiner gram belasteten Psy.chologie entgegengekommen. Der Kassandrablick des
prophetischen Philosophen sah schon vor 1914 Wahrscheinlichkeiten, die heute in
großem Umfange Wirklichkeit geworden sind, in tienen übrigens der zerschmetternde
Fall Deutschlands noch nicht als ausdrückliche Voraussage enthalten war. Indessen:
es ist doch so vieles in diesem Buche in solchem Gegensatz zu der bisherigen
künstlerisch und politisch allgemein henschenden Anschauungsweise, daß seine
ungeheure Durchschlagskraft rätselhaft bleibt.
Freilich, die Dissoziierung der Zustände hatte schon lange einen sehr hohen
Grad erreicht. Das Gefühl einer immanenten Krisis bedrückt nicht erst heute alles
wie ein Alp, und es ist schon vor Spengler versucht worden, die Situation zu be..
stimmen. Aber es wurde doch nur wenig geleistet. Wells' l1Antidpationsll, ein Buch,
das die Katastrophe der Zivilisation ziemlich einseitig auf technisch .. mechanistischer
Basis voraussagte und zu begreifen suchte, lasen nur wenige. Anatole Frances
gallisch-gallige, swiftisch-danteske Sarkasmen in der "Isle des pingouins" oder der
U
I1Revolte des anges blieben ihren europäischen Lesern eine literarische Leckerei,
die über das Niveau ohnmächtiger Ironie nirgends hinausgelangte, so bedeutend
ihr künstlerischer Wert erscheinen mochte - von der deutschen Produktion, die
sich in die Wirrnisse einseitig politischer, einseitig doktrinärer Kulturmacherei völlig
verlor, zu schweigen. Monismus, Antisemitismus und soziale Ethik haben so wenig
wie Nationalismus, Militarismus und Bündnispolitik in dieses Dunkel hinein
geleuchtet. An vorurteilslosen, philosophischen Bemühungen aber war so gut wie
nichts vorhanden.
Hier ist denn nun Spengler mit ungeheurer Energie aufgetreten. Er hat den
Riesenkomplex in aU seinen Verknotungen mit ebensoviel Geduld wie Kraft ge ..
packt und hat eine Lösung geboten. Sein erkenntnistheoretisches Fundament kann
hier nur kurz gestreift werden. Er löst den falschen Paral1elismus Kants: "Raum-
Zeit" durch eine neue, tiefbegründete Ableitung des Zeitbegriffes ab. Seine Antithese
des Lebendigen, schicksalsmäßig Empfundenen zum Dinglichen, Starren, wissenschaftlich

598
Erkannten ist die letzte uns zugängliche. Über diesen Gegensatz können wir
nicht hinaus. Sie mündet freilich in einen Agnostizismus, den zu bekennen er
sich nicht scheut. Und hier lägen denn die Angelpunkte einer neuen Weltanschauung
Seine Einwendungen gegen die Realität der Bewegung sind klassisch, wie die der
Eleaten, seine Ableitung des Wesens der dritten Dimension ist klar und tiefgründig.
Es gelingt ihm, Heraklits berühmtem Wort so gut wie etwa dem Fehlen der
Kausalitätskategorie bei Aristote1es einen neuen und tiefen Sinn zu verschaffen.
Er hat nun den Umfang unserer Erscheinungswelt in solchen Maßen umrissen,
wie sie die heutige Physik und Geschichte, Kunst und Mathematik bedingen, er
hat nach derjenigen Synthese gesucht, die seinem individuellen Denken entsprach.
Es gelang ihm, eine Antwort zu finden. Sein Buch war mehr als eine "Arbeit" -
wie er sie der heutigen Zivilisation als allein mögliche Leistung zutraut - es gedieh
zur Tat.
Die von Spengler entworfenen Zusammenhänge korrespondieren mit den großen
Kulturperioden der Menschheit. Sie sind nicht konstruiert, sondern aufgesucht. Er
gedenkt auch der Musik lediglich in solchem Zusammenhange. Es gibt für ihn so
wenig eine Geschichte der Musik, wie es eine der anderen Künste oder der Philo. .
sophie gibt. Die kulturellen Unterschiede bleiben auf ewig bestehen. Was die antike
Musik war, wissen wir nicht. Nach Spengler bedeutete sie den Alten das Gegenteil
dessen, was uns unsere abendländisch,e geworden ist. Die antike Seele findet sich
im Einzelwesen beschlossen und erfüllt. Ihr Kunstideal ist die Plastik, die voll-
kommene klare Begrenzung und Formung des Individuellen. Hierzu konnte die
Musik Wesentliches nicht beitragen.
Für den Menschen des Abendlandes ist sie dagegen die ideale Repräsentantin
seines Weltempfindens geworden. Sie verkörpert ihm in ihrer "funktionell. . infini..
tesimalen u Polyphonie den unendlichen Raum, metaphysischen Gegensatz des antiken
Dinges. Spengler redet in diesem Sinne hauptsächlich von der polyphonen Instru-
mentalmusik des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts und spricht ihr eine
künstlerische Bedeutung zu, die in dem von ihm beabsichtigten Sinne der hoch. .
entwickelten Vokalkunst des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts zumindest
ebenfalls zukäme. Manchen Musiker mag es sicherlich be dünken, daß sie ihr sogar
ausschließlich zuzusprechen wäre und es liegt in dieser Urteilsweise des Autors
etwas Befremdendes, etwas, das manchesmal den Gedanken nahelegt, als ob hier
nicht mit sonst gewohnter Selbständigkeit geschlossen worden wäre. Das ist ein
Eindruck, und er wird noch etwas verschärft durch die Art, wie Spengler den Sinn
des Wortes "polyphon" aufzufassen scheint. Für ihn ist anscheinend alles Polyphonie,
von den Niederländern bis auf die Gegenwart. Des jedem Musiker geläufigen Unter-
schiedes homophoner und polyphoner Setzweise gedenkt er mit keinem Worte. Es
ist das jener interessante, auch heute noch nicht ausgetragene Konflikt zwischen
den Ansprüchen der Melodie und denen der Harmonie, der mit dem Erscheinen
der ersten großen Melodiker Durante, Jomelli, Pergolese auftrat, der in verkleideter
F arm so gut dem Widerstreit der Gluckisten und Piccinisten wie dem Rossinis zu
Beethoven zugrunde liegt. Nach Spengler wären sie alle Vertreter einer rein poly-
phonen Kunst, wofür niemand sie ohne weiteres insgesamt anerkennen wird. Insofern
als jede Melodie durch Kadenzierung die ihr innewohnende latente Harmonie
kundgibt, ist auch sie nfunktioneIlI4 im mathematische.n Sinne, und Spengler hätte
Recht, aber ein anderes ist es, ob die Harmonie den Lauf der Dinge und somit

599
die F"rm der einzelnen StiIJlmen bestimmt oder eine der letzteren - ein Sopran-
eine Oberstimme sei. In qiesem F!11~e, mit dem Erscheinen des Liedes, der Arie
oder ~uch des Symphoniethem~s, dessen architektonische Absichten allerdings die
Lage schon wieder funktionell beeinflussen, haben wir es doch mit der Bildung
einer melodischen Individualität zu tun, und es tritt in die faustische Kunst ein
plastisch räumliches, euklidisch-apollinisches Element ein.
Wir kennen übrigens alle die Augenblicke immanenter Transzendenz bei den
größten und genialsten Melodikern. Wer erinnerte sich ihrer nicht in Mozarts
Requiem und Quartetten, wer spürte nicht ihren Atem in Schuberts H moli-Sym-
phonie! Sie treten überall ein, wo die Polyphonie die Herrschaft wieder übernimmt,
das Leben der Einzelstimme erlischt und die Harmonie fr e i wird.
Das Fugenthema und die streng polyphone Kunst sind die wahren Repräsen-
tanten der Spenglersehen Anschauung,· auf sie allein komm t es an. Beethovens
gewaltiger Gang aus dem Melos der Zopfzeit in die gotische Polyphonie seiner
letzten Werke ist der machtvollste Beleg für den dem abendländischen Musiker
innewohnenden Trieb ins Räumliche. Er mag es rechtfertigen, daß Spengler nach
ihm keinen großen Musiker mehr zählen will.
So ist denn auch der zeitgenössischen Produktion mit dem Begriff einer zivili-
satorischen das Urteil gesprochen. Es gibt heute nur noch Techniker, keine Künstler
mehr. Beethoven war, wie eben erwähnt, der letzte. Spengler sieht im Tristan und
Parsifal die Schwanengesänge der Musik und verweist im übrigen auf Wagners
stark abnehmende musikalische Produktionskraft. Er sieht ihn vielIeicht zu literarisch,
jedenfalls in sehr literarischen, sozial. . ethischen Zusammenhängen, aber Wagner wollte
auch oft so gesehen sein. Die formalistische Kraft Brahms', die kindliche Reli-
giosität Bruckners, das technische Raffinement Richard Strauß' und die persönliche
Symphonik Mahlers bedeuten Spengler nicht so viel, daß er sie in seinem Zusammen-
hange registrieren müßte. Gekräusel an der Oberfl~che eines bereits stagnierenden
Gewässers. Der Aspekt des gegenwärtigen Musikgetriebes ? - Tamtam oder Pro-
vinzialismus. -
Nun, es ist ja "Morphologie der Weltgeschichte", die Spengler geben wollte und
keine Kompendienschreiberei. Der Ehrgeiz, Plinius oder Poseidonios der Musik-
geschichte zu werden - um seine Namen zu nennen - konnte ihn nicht locken. Es
galt auch einmal, Musik in großen Zusammenhängen zu sehen. Es schmerzt, sie
so starr und kalt, ägyptisch schweigsam und schicksalshaft zu erblicken, aber es
gilt, sich damit abzufinden. Wer den Blick hatte zu erkennen, daß Bayreuth nur
zu wolIe;n vermochte, was Pergamon war und den Mut hatte, es auszusprechen,
wer die Linie, die durch Wagner, rbsen und Nietzsehe hindurch zu dem zynischen
Shaw führt, nachfühlte - von ihm haben wir eine der unerbittlichsten und ent-
setzlichsten Umschreibungen Wagners trotz Chamberlain und sämtlicher Grundlagen
des neunzehnten Jahrhunderts - wer die Möglichkeit einer vollkommenen Negation
des Weltraumes und seiner Gebilde in einer künftigen Kultur als Wahrscheinlichkeit,
ja als Notwendigkeit empfinden mußte, wer die tiefe Überzeugung der absoluten
Relativität alles Geschehens, aller Dinge, alles Wissens als letztes Ergebnis aller
menschlichen Bemühungen erkannte und verkünden mußte, den darf man von dem
Verfolge und der Darstellung einzelmusikalischer Gegenwartsphasen entbinden.
o 0

600
9!J ('soJ1derer
ZUR FORMFRAGE DER BRUCKNER-
S C H E N S Y M P H 0 NIE
Von Werner WoIH, Bamburg
Es ist eme eigentümliche, nicht zu leugnende Tatsache, daß die Z e i t, das
sichere Mittel, große Persönlichkeiten im Zusammenhange mit der Umwelt zu
erkennen und ihnen ihren historischen Platz zuzuweisen, im Falle Bruckner ver. .
sagt hat. Solange er lebte und solange besonders in Wien die Losung: hie Brahms -
hie Wagner galt, wurde er aus rein äußerlichen Gründen von Brahms' Gegnerschaft
sozusagen zum Symphoniker der Wagnerianer gestempelt und ihm damit ein Platz
in der zeitgenössischen Musikgeschichte zuerteilt, den wirkliches Verständnis seines
Lebenswerkes ihm niemals verschafft hätte. Bruckners eigene glühende Begeisterung
für Richard Wagner, die Einführung der Wagner-Tuben in sein Symphonie-
Orchester, die Verwendungsart der Trompete, gelegentliche Anklänge an Werke
des Bayreuther Meisters, befestigten noch diese ihm zugewiesene Stellung. Gewiß
hatte er nun zwar seine Partei, die in ihrer Weise für ihn arbeitete. Aber eben
diese Einreihung in eine bestimmte Kategorie hat lange, ja bis in die heutige Zeit
hinein der Erkenntnis seiner Bedeutung hindernd im Wege gestanden. Erst spät
mit dem Verstummen des Feldgeschreis, als der Blick für Wagner von Partei-
leidenschaft sich befreite, erkannte man, auf welch verkehrtes Postament man
BrucImer gesetzt hatte - aber - und das eben ist das eigentümliche: das alsbald
einsetzende Bestreben, ihm für den verlorenen Platz einen neuen zu finden, ist bis
heute ohne positives Ergebnis geblieben. Ganz zu schweigen von der Linie
Betlioz - Liszt - Strauß, ist es klar, daß er auch in die Reihe der Spätromantiker:
Brahms, Reger nicht aufzunehmen ist; allein schon das Gigantische in der Wahl
seiner Themen trennt ihn von diesen. Wie im Leben, so ist Bruckner auch in der
Geschichte ein Einsamer geblieben, ein Problem, das immer aufs neue Betrac~tung
und Vertiefung fordert und das allerdings ohne Liebe nicht gelöst werden kann.
Aber nicht nur dem historisch Betrachtenden, sondern auch den Vcrfechtern
seiner Werke mit Wort und Tat hat es Anton Bruckner, wie zu Lebzeiten, so·' auch
nach seinem Tode nicht leicht gemacht, für sich Liebe und Verständnis des großen
Publikums zu erringen. Gewiß ist im Laufe des vergangenen Jahrzehntes mit der
stets steigenden Aufführungsziffer seiner Symphonien das Interesse der Musiker und
weiterer musikalischer Kreise gewachsen t die Zahl der Dirigenten, die ihn mit
Überzeugung darzustellen vermögen oder versuchen, hat sich nicht unerheblich ver. .
mehrt, das Staunen so mancher ist aufrichtiger Bewunderung und Liebe gewichen.
Und doch - will man ermessen, wie gering die Fortschritte eigentlicher Bruckner-
Propaganda geblieben sind, s6 muß man dem toten Meister wieder den alten
Schmerz antun und zum Vergleiche Brahms ihm gegenüberstellen. Nur Monate
liegen zwischen helder Todestagen und wie gewaltig ist der Unterschied in der
Popularität beider Meister! Nichts gefährlicher aber, als hierin ein Kriterium für

601
die Beurteilung des Wertes ihrer Werke zu erblicken. Die wahre Kunst verschmäht
es von jeher, der Gunst der Menge nachzugehen; indessen, wenngleich jeder Satz,
der mit den Worten: "Die Kunst soll oder soll nicht" beginnt, von vornherein das
Wesen der Kunst verkennt, so ist sein konträrer Gegensatz "Die Kunst will" nicht
von der Hand zu weisen. Ein Kunstwerk soll nicht, aber es will überzeugen;
hiezu allein muß ihm die nötige Kraft innewohnen, oder es verzichtet auf seine
eigene Existenzberechtigung. Hiebei ist niemals das Werk mit seinem Schöpfer zu
identifizieren. Denn dem Schaffenden wohnt während des Schaffens jener Über-
zeugungswille keineswegs ione, wohl aber dem geschaffenen und frei dastehenden,
losgelöst von seinem Entstehen betrachteten Werke. In ihm ist, um einen der Wort,..
forschung entlehnten Ausdruck zu gebrauchen, ein nBedeutungswandell1 eingetreten.
Daß ein Haupterfordernis solcher Überzeugungskraft : die originale ergreifende
Phantasie, Bruckners Symphonien innewohnt, ißt selbst von seinen Gegnern nie
bestritten worden. Über die Fülle, Eigenartigkeit und Tiefe seiner Erfindung kann
kein Zweifel obwalten. Umso heftigeren Angriffen war die "Form" von jeher aus ..
gesetzt; ja selbst von denen, die seine Werke für das Verständnis weiterer Kreise
zu analysieren hatten, hat so mancher seinen Bedenken und seiner Verärgerung
darüber, daß die "Form" dem Verständnis entgegenstehe, allzu beredten Ausdruck
gegeben.
Die Frage nach der Berechtigung solcher Vorwürfe bedingt eine, wenn auch·
kurze vorherige Berührung zweier allgemeinerer Fragen: einmal die des Wesens
der musikalischen Form überhaupt, sodann die ihrer Notwendigkeit.
Die Grenzpunkte dieses Begriffes (Form) liegen weit auseinander. Die Ver-
deutschung des Lehnwortes Form durch Gestalt weist auf die ursprüngliche Be-
deutung hin. Der Komponist, der den Einfall rhythmisch und harmonisch gestaltet,
ist an der Form des ganzen Satzes, beziehungsweise des Werk es in nuce tätig;
denn von der Gestaltung eines wesentlichen Einfalles können die ganze innere
Entwicklung sowie der Aufbau in hohem Grade beeinfInßt werden. (So auch dem
Sinne nach Busoni im nEntwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunstl~). Ja, es kann
darüber hinaus hier angedeutet werden - der Beweis wäre der Ausführung wert -
daß alles musikalische Denken, sobald es aUs der Sphäre der unbewußten Inspiration
heraustritt, überhaupt nur in Formen vor sich gehen kann. Gerade so, wie das
begriffliche Denken nur in Worten erfolgt - vergleiche hierüber Mauthner "Kritik
der Sprache" - so ist die Metapher (Übertragungsform) des musikalischen Denkens
der Ton (hier nicht im akustischen Sinne). Denken wir in Tönen, so denken wir
bereits in bestimmter Form. Diese Erkenntnis in Verbindung mit der oben dar-
gelegten, daß alle Bedeutungen des Begriffes Form nur dem Grade, nicht dem
Wesen nach verschieden sind, beweist, daß das Leugnen der Notwendigkeit zugleich
die Existenz der musikalischen Form überhaupt bestreitet, mithin der Wirklichkeit
nicht ins Gesicht sieht. Zugleich wird klar, daß eben dieser Begriff "Form" nicht so
scharf seinem scheinbaren Gegensatze, dem Inhalt, gegenübergestellt werden sollte,
wie es gewöhnlich geschieht. Beide Begriffe haben vielmehr ein beträchtliches gemein...
sames Grenzgebiet, innerhalb dessen ihnen dieselben Merkmale zukommen.
Von dieser weitesten Bedeutung musikalischer Form nun bis zu ihrer engsten,
dem Schema einer bestimmten Gattung von Musikstücke n, ist ein weiter Weg, der
in die Beschreibung allgemeiner Musikgeschichte gehört.

602
Die Untersuchung der gegen Bruckner ganz allgemein gemachten Einwendungen
liefert das merkwürdige Resultat, daß Bruckner sich keineswegs über das Schema
der symphonischen Form hinweggesetzt hat, sondern gerade in den am meisten
angefochtenen Ecksätzen ihm genau gefolgt ist. Wir finden die Dreiteiligkeit des
Sonatensatzes streng gewahrt, Haupt. . und Seitenthema im herkömmlichen tonalen
Verhältnis, eine kontrapu;"ktisch reiche Durchführung mit allen traditionellen Mitteln,
wie Vergrößerung, Verkürzung, Umkehrung, Engführung der Themen, der Repe . .
tition des ersten Teiles unter sorgfältiger Beobachtung der tonalen Vorschriften
und eine stets deutlich erkennbare Coda. Und trotzdem formale Unzulänglichkeiten?
Lange Zeit waren es die riesenhaften Dimensionen der Brucknerschen Werke,
die die Übersicht des Aufbaues erschwerten. Man hat sich an sie gewöhnt, sie wurden
von Gustav Mahler noch überboten. Dann wieder waren es die allzu häufigen
Generalpausen, denen man die Schuld beimessen wollte. Sie sind in der Tat typisch
für Bruckner und nicht immer ohne weiteres einleuchtend.
Ganz allgemein lassen sich drei Arten von Pausen unterscheiden. Die Pause ist
entweder 1. Rhythmus oder 2. Stimmungsmoment (Spannung, Überraschung) oder
endlich 3. formal trennendes Element. Bruckner hat sich, wie Arthur Nikisch erzählt,
einst bitter über den Tadel beklagt, dem diese Pausen, speziell in der Fünften
Symphonie, ausgesetzt waren, indem er darauf hinwies, daß man doch "tief atem . .
holen u müsse, bevor man etwas Wichtiges ausspräche. Hiemit ist wohl die Pause
als Spannungsmoment authentisch erklärt, wenngleich nicht zu leugnen ist, daß
ihre häufige Verwendung die Wirkung abzuschwächen vermag. Befremdend hingegen
bleiben die häufigen Pausen, die Haupt' und Seitensatz, den Durchführungsteil vom
Vorhergehenden und Nachfolgenden scharf voneinander scheiden, sowie zahlreiche
andere Cäsuren formaler Art. Sie sind vom allgemeineren Gesichtspunkte aus zu
betrachten und können erst weiter unten bei Beschreibung der Gesamtpsyche des
Meisters - wo nicht ihre Rechtfertigung - so doch ihre Erklärung finden.
Eigentümlich, ja Verwunderung erregend, wirken ferner oft die für den
Gesamteindruck so wichtigen Abschlüsse der einzelnen Sätze. Die Coda hebt meist
deutlich erkennbar an~ verläuft in grandioser dynamischer Steigerung - und doch
tritt der Abschluß oft überraschend ein infolge des Fehlens der erwarteten breit
ausladenden Kadenz. Meist wird anstatt dieser die zweite Stufe zu dem zur Tonika
führenden allgemeinen Crescendo benutzt und auch diese zweite (beziehungsweise
vierte) Stufe ist oft so unauffällig eingeführt, daß sie nicht eigentlich kadenzierend
wirkt. Bei einem Meister der herrlichsten Kadenzen, als welcher Bruckner sich
innerhalb der einzelnen Sätze so oft zeigt, eine erstaunliche Tatsache, die die Ver . .
mutung nahelegen könnte, daß Bruckner es auf die Überraschung abgesehen hätte!
Hinzukommt, daß im Hinblick auf den ganzen Satz die Coda oft recht kurz er'
scheint-und hiemit sind wir zum wichtigsten Punkt, dem Verhältnis der einzelnen
Teile eines Satzes zu einander und ihrer Proportionen gelangt.
Der erste Teil des Brucknerschen Symphoniesatzes gliedert sich in der Regel
dreifach. Dem verhältnismäßig knapp gehaltenen Hauptsatze folgen zwei Seitensätze,
meist durehe scharfe Cäsuren getrennt. In ihrer Ausdehnung übertreffen sie oft den
Hauptsatz und lassen, da sie meist aus gänzlich anderer Sphäre stammen, den
Hauptgedanken in der Erinnerung zunächst sehr zurücktreten. Erst die Durchführung
oder die Überleitung zu ihr nimmt die anfängliche Hauptrichtung wieder auf,
während der dritte~ repetierende Teil Haupt. . und Seitensätze wi e d er in voller

603
oder in no c h w e i t e r e r Ausdehnung und vor allem abermals scharf getrennt von
einander bringt. Es leuchtet ohne weiteres ein, welche Folgen sich für den Gesamt. . .'
eindruck ergeben müssen.
Läßt die starke Ausdehnung der Seitensätze nur vom engherzig formalistischen
Standpunkt aus Einwendungen zu, so bedingt der völlig heterogene Ursprung und
Inhalt der Seitenthemen umso genauere Prüfung.
Die Entwicklung jedes musikalischen Formschemas ist, abgesehen von äußeren,
historisch gegebenen Einflüssen, stets inneren Gesetzen der Kunst gefolgt. So wird
der von Bach zur höchsten Vollendung erhobene imitatorische Stil (und auch das
Repetitionsschema des Sonatensatzes) von dem inneren Prinzip beherrscht, daß das
intensive Überzeugungsmittel des musikalischen Gedankens die Wiederholung ist.
Diese. Prinzip wieder hat seine ästhetisch-psychologischen Gründe: Während die
bildende Kunst, um mit Lessing zu reden, zur Darstellung des "Koexistenten im
Raume'" eine Dauerwirkung auf das Auge hervorzurufen imstande ist, bedarf das
dramatische und, wie der Verfasser eines neuen "Laokoon u hinzufügen müßte, in
noch viel höherem Grade das musikalische Kunstwerk zur Beschreibung des
"konsekutiven (einander sich fo1genden) in der Zeit'· andere Mittel. Das Wort, be...
ziehungsweise das melodische Gebilde ist nach seinem Erklingen real nicht mehr
vorhanden; was ist natürlicher, als sich in erster Linie des Prinzips der Wieder. .
holung, sei es eines einzelnen Gedankens oder eines ganzen Teiles zu bedienen,
um den akustisch sich momentan verflüchtlgenden Eindruck aufrechtzuerhalten und
zu verstärken. (Schluß folgt)
c c

ARNOLD SCHÖNBERGS BÜHNENWERKE'"


Von Egon Wellesz, Wien
Die Dichtung des Monodrams "Erwartung'" setzt sich das Problem, dramatisch
darzustellen, was in einem Momente höchster .Spannung und Intensität der Empfindung
in einem Menschen vorgeht. Marie Pappenheim, der Schönberg diese Idee mitteilte,
hat das Problem dergestalt zu lösen versucht, daß sie die Spannung in eine Folge
von Szenen auflöst.
Schönberg hat die Musik zu diesem Werk, das den eigenartigen Versuch darstellt,
eine einzige Person zur Trägerin des gesamten dramatischen Geschehens zu machen,
für großes Orchester geschneben. Die Besetzung besteht aus: 1 kleinen Flöte, 3 großen
Flöten, 3' Oboen, 1 Englischhorn, 1 D Klarinette, 1 Klarinette in B, 2 Klarinetten
in A, 1 Baßklarinette in B, 3 Fagotten, 1 Kontra_Fagott, 4 Hörnern in F, 3 Trompeten
in B, 4 Posaunen. 1 Baßtuba, 1 Harfe, 1 Celesta, Pauke, Glockenspiel, Xylophon,
Schlagwerk und Streichorchester.
Die Szene beginnt am Rande eines Waldes. Straßen und Felder sind mond-
beschienen; der Wald steht hoch und dunkel da. Eine weißgekleidete Frau kommt
suchend, ängstlich, zögernd. "Hier hinein? Man sieht den Weg nicht". Mit zartesten
Klängen sucht die Musik diese leise vibrierende Stimmung, die sich an de~ Natur
immer mehr zu Grauen und Angst steigert, zu schildern. Endlich faßt sie Mut und
.... Aus dem demnächst erscheinenden Buch "Arnold Schönbtrg" von Egon Welle.iOz. Mit
Genehmigung des Verlages E. P. Tal in Wien.

604
betritt den Wald. Während sich die Szene wandelt, führt zuerst die Sologeige, dann
die Baßtuba mit der Klarinette, deren Melodie führend ist, eine Zwiesprache. Die
zweite Szene zeigt den Wald, in dem sich die Frau durchtastet. Inmitten der Angst
überkommt sie die Erinnerung: "Es war so still hinter den Mauern des Gartens ...
Keine Sensen mehr •.• Kein Rufen und Gehn •.. Und die Stadt in hellem Nebel .•.
so sehnsüchtig schaute ich hinüber". I ,

Die Stelle ist von einer bezwingenden Schönheit. Ein leiser Akkord aus Oboe,
gedämpfter Trompete und Flöte setzt ein und wird von einer sehr innigen Mdodie
der Geigen umspielt, die von einer Flötenmelodie abgelöst wird; bei dem Worte
"Sehnsüchtig" übernehmen zwei Solobratschen und zwei Solocelli die Führung,
darüber schwebt eine ausdrucksvolle Kantilene der Oboe, die von schwelgerischen
Passagen der Klarinette abgelöst wird. Das alles ergibt ein Klangbild von völliger
Neuheit, wie jeder Takt dieser prachtvollen Partitur.
Nun wechselt wieder die Szene. Die Frau kommt aus dem Dunkel über die
Baumlichtung. Immer quälender drückt die Angst, sie vermeint ein Tier zu sehen
und ruft verzweifelt nach dem Geliebten. Dann wieder Verwandlung, wobei das
Orchester ein Motiv in allmählichem Anschwellen vom Pianissimo bis zum Fortissimo
steigert und wieder verklingen läßt.
Die Frau kommt aus dem Wald auf die mondbeschienene breite Straße, an der,
im Hintergrund, ein Haus liegt. Sie ist erschöpft, ihr Gewand ist zerrissen, ihre
Haare sind verwirrt. Sie hat blutige Risse an Gesicht und Händen. Die unbestimmte
Furcht in ihr wird zur Angst um das Leben des Geliebten.
I,Ich kann kaum weiter ... und dort läßt man mich nicht ein ... die fremde
Frau wird mich fortjagen! Wenn er krank ist! Eine Bank ..• ich muß ausruhn .•.
Aber so lang hab' ich ihn nicht gesehn". Da stößt sie mit dem Fuß an etwas und
erkennt schaudernd einen Toten zu ihren Füßen. Das Orchester hat sich hier zur
wildesten Kraft gesteigert, dann bricht es in sich zusammen.
Sie will nicht glauben, daß der Tote ihr Geliebter ist. Und nun wechseln unter
dem Eindruck des furchtbaren Geschehens wirr die Bilder in ihr. Sie redet ihn an,
zärtlich, schmeichelnd, klagend, traurig. Und bei all dem Suchen in Erinnerungen
wird ihr immer klarer, daß zwischen ihr und ihm ejn fremdes Leben gestanden ist,
ein ihr unbekanntes, das sie jetzt zu erkennen vermeint.
lI}etzt erinnere ich mich ... der Seufzer im Halbschlaf ... wie ein Name ... Du
hast mir die Frage von den Lippen geküßt ... Aber, warum versprach er mir heute
zu kommen? •.. Ich will das nicht ... Nein, ich will das nicht ... (aufspringend,
sich umwendend): Warum hat man dich getötet? , .. Hier vor dem Hause ... hat
dich jemand entdeckt? ... " Und ihre Verzweiflung wendet sich in Wut gegen die
Frau, die ihr den Geliebten genommen hat. Dann kommt sanfte Schwermut über sie:
"Wie lieb, wie lieb ich dich gehabt hab' ... Allen Dingen fern lebte ich - allem
fremd ... (in Träumerei versinkend): Ich wußte nichts als dich •.• dieses ganze
Jahr ... seit du zum erstenmal meine Hand nahmst'~.
Hier sind durchwegs die weichsten und zartesten Klänge verwendet, der Gesang
ist breit hinströmend und von größter Innigkeit; dann wird er zum leise geflüsterten
Parlando, wenn sie - nunmehr ohne Haß - der fremden Frau gedenkt; und geht
in ruhige Verklärung über. "Liebster, Liebster, der Morgen kommt ... Was soll ich
allein hier tun? In diesem endlosen Leben ... Das Licht wird für alle kommen ...
aber ich allein in meiner Nacht ?. ~

605
Und nun verliert sich ihr Denken in unbestimmte Fernen. Der Morgen lrommt
und gemahnt sie an die vielen Male der Trennung, des Abschieds und sie vermeint
den Geliebten kommen zu sehen. Mit unheimlicher Kraft ist diese fahle visionäre
Stimmung in Musik ausgedrückt; dann ein Aufschrei, ,,0 bist du da ... Ich
suchte . .. ~ Und mit einer geisterhaften, chromatischen Gegenbewegung des ganzen
Orchesters, die gleichsam ins Unbestimmte endet, fällt der Vorhang.
Sicher ist noch nie etwas von annähernder Kühnheit und Neuheit für die Bühne
geschrieben worden und erfordert von der Aufführung die Schaffung eines neuen
dramatischen Stiles, der auch auf die "Glückliche Handf~ anzuwenden ist. Was aber
über der Kühnheit und Neuheit steht, ist die erschütternde Wärme und Leiden-
schaftlichkeit dieses in wenigen Tagen wie in einem Trancezustand komponierten
Werkes, das seiner Zeit um Jahre voraus ist.
Es ist schon mehrfach der Versuch gemacht worden, eine Aufführung der
"Erwartung~ vorzubereiten, immer wieder scheint man vor den großen Mühen eines
solchen Unternehmens zurückgescheut zu haben. Und doch müßte endlich eine Auf-
führung, wenn auch im Rahmen einer besonderen Veranstaltung vorbereitet werden,
um den Freunden und denen, die an der Erneuerung des Theaters arbeiten, zu
zeigen, daß hier ein Werk von epochaler Bedeutung für die dramatische Musik
geschaffen wurde. an dem die Zeitgenossen nicht achtlos vorbeigehen können.
Einen ähnlichen Versuch, zu neuen Formen des Dramatischen zu gelangen,
stellt die "Glückliche Hand" vor. Hier, in diesem von Schönberg dichterisch und
musikalisch geschaffenen Werk ist der Mann Träger der Handlung. Aber er ist
in wechselnde Kreise mit wechselnden Begebenheiten gestellt und die Handlung
auf die knappste Form gebracht, so daß sich oft das Geschehen in einem Takt
erledigt und im nächsten bereits etwas N eues vorbereitet wird.
Im stärksten Maße arbeitet Schönberg mit Lichtwirkungen. Jede Szene hat ihre
besondere Färbung, und innerhalb der Szene wechseln die Nuancen des Lichtes
nach der Stimmung.
Die Personen der "Glücklichen Hand u sind: Ein Mann, eine Frau, ein Herr.
Sechs Frauen und sechs Männer, die den Chor bilden. Die Fra u und der Her r
haben nur pantomimische Rollen; für den Mann ist ein hoher Bariton erforderlich.
Die Besetzung des Orchesters ist die gleiche wie in der "Erwartung".
Das erste Bild, in das die Musik mit einem heftigen Motiv der Fagotte und
Baß-Klarinette - ohne Vorspiel - einführt, zeigt die Bühne fast ganz finster.
Vorn liegt der Mann. Auf seinem Rücken sitzt ein katzenartiges Fabeltier, das
sich in seinen Nacken verbissen zu haben scheint. , Der Hintergrund des klein
gehaltenen Bühnenausschnitts wird durch dunkelvioletten Sammt abgeschlossen, in
dem kleine Luken ausgeschnitten sind, aus denen die grün beleuchteten Gesichter
von sechs Frauen und sechs Männern schauen, die halb gesprochen, halb gesungen
den Chor ausführen, der hier die gleiche Funktion hat, wie in der antiken Tragödie.
Zu diesem ChOf, der vom Orchester umspielt wird, führen Pauke und Harfe eine
Triolenbewegung aus, die durch die ganze Szene festgehalten ist. Der Chor, dessen
Worte Mitleid mit dem Schicksal des Mannes ausdrücken, der sich nach irdischem
Glück sehnt, obgleich ihm das überirdische beschieden ist, mischt in ganz eigen . . .
artiger Weise melodramatischen Sprechgesang mit wirklichem Singen.
Nachdem der Chor beendet ist, verschwinden die Gesichter und auch das Fabel-
tier; es wird ganz dunkel. Plötzlich ertönt hinter der Szene eine laute, gemeine

606
Musik und grelles Lachen einer Menge. Da erhebt sich der Mann mit einem Ruck
und steht in zerfetztem Gewande aufrecht da; gleichzeitig öffnet sich der Hinter-
grund und die Bühne ist ganz hell. Dieser Übergang von äußerster dramatischer
Prägnanz vollzieht sich in drei Takten ... Wie ein Seufzer klingt die Melodie der
Celli, dann folgt ein dumpfer, schwerer Akkord von vier Fagotten. NUll setzt
zum erstenmal die Stimme des Mannes ein j ein neuer, weit auseinander liegender
Akkord von zwei Klarinetten und tiefer Baß tuba begleitet die Stimme. Dann ändert
sich die Instrumentation völlig. Eine helle Flötenmelodie ertönt, von der Celesta
rhythmisch unterstützt, sie wird iin nächsten Takt von der Celesta weitergeführt,
während die Flöten den Akkord angeben, wird aber noch in diesem Takt von
schwellenden Streicherklängen abgelöst.
Ein junges, schönes Weib erscheint und blickt voll Mitleid auf den Mann, der
erschauert, ohne sich umzusehen. Sie ,reicht ihm einen Becher, der in violettem
Lichte erstrahlt. Der Mann leert ihn langsam. Während er aber trinkt, bekommt
ihr Gesicht einen kalten Ausdruck und sie läuft auf die andere Seite der Bühne.
Der Mann steht in tiefem Sinnen und singt.
Da erscheint dicht vor der rechten Seitenwand ein eleganter Herr. (Die musika-
lische Illustration dieser Stelle ist sehr eigenartig. Hohe Tremoli der sechs fach
geteilten Geigen; in der Bratsche ein scharf rhythmisches Motiv.) Er nimmt die
Frau, die ihm entgegeneilt, in die Arme und entflieht mit ihr. Der Mann sieht es
und stöhnt schwer auf. Sie kommt wieder und scheint um Verzeihung zu bitten;
sobald der Mann ihr aber zu vertrauen beginnt, wiederh olt sich das gleiche Spiel
wie früher und sie läßt ihn neuerdings im Stich. Der Mann aber merkt nicht, daß
sie ihn verlassen hat; er erhebt sich zu riesiger Höhe und singt: "Nun besitze ich
dich für immer!1l
Rasch verwandelt sich die Szene. Die Bühne stellt eine wilde Felsenland-
schaft dar, die sich plateauartig aufbaut. Vor einer Schlucht ragt ein mannes. .
großes Felsstück in die Höhe. Dahinter sind zwei Grotten. Aus der Schlucht steigt
der Mann auf, ein blutiges Schwert in der Hand; ein scharf rhythmisches Motiv
der tiefen Holzbläser, Harfe und Streicher schildert den Aufstieg.
Die Grotten erhellen sich, man sieht in ihnen Arbeiter, die feilen und schmieden.
Der Mann tritt hinzu, nimmt ein Stück Gold auf und läßt den Hammer schwer
niederfallen; der Amboß bricht unter dem Schlag entzwei und aus dem Spalt
hebt der Mann ein reiches Diadem. Die Arbeiter wollen sich drohend auf ihn
stürzen, da wirft er ihnen lachend das Geschmeide hin; die Grotte wird wieder
dunkel.
Nun beginnt der eigenartigste Teil des Dramas; es erhebt sich ein Wi\1d, der
allmählich anschwillt: gleichzeitig damit beginnt aber auch ein Crescendo der
Beleuchtung, das mit schwach rötlichem Licht einsetzt, über Braun in ein schmutziges
Grün übergeht, dann in ein dunkles Blaugrau, dem Violett folgt. Diesem folgt ein
intensives Dunkelrot, das immer heller und schreiender wird, bis es über Orange
und Hellgelb in ein blendendes, gelbes Licht übergeht.
Und dieses Crescendo des Lichtes und des Windes muß den Eindruck hervor-
rufen, als ginge es vom Manne aus. Von allmählicher Mattigkeit geht sein Zustand
in wachsende Aufregung über und beim Aufleuchten des gelben Lichtes muß sein
Kopf so aussehen, als ob er platzen würde.

607
Diese Szene baut sich nun musikalisch über einem Motiv von drei Tönen auf,
das harmonisch zwei Auslegungen erfährt. Es liegt hier ein ähnlicher, rein harmonisch. .
instrumentaler Einfall vor, wie im dritten der Orchesterstück.e opus 16. Dieser
Klang steigert sich aber allmählich, bis er auf dem Böhepunkt, imitierend, mit
stärkster Kraft von den Trompeten gebracht wird. Dann legt sich der Sturffi der
Farben und der Töne; das Licht geht in einen milden, bläulichen Schein über,
zarte Klänge der Holzbläser und der Celesta ertönen; und eine Sologeige spielt
eine graziöse Melodie im Dreiachtel-Takt.
Die Frau erscheint mit dem Herrn; der Mann sucht zu beiden hinaufzugelangen
und kriecht nach aufwärts; vergebens. Er wirbt um die Frau; sie hat nur Verachtung
für ihn. Da beginnt er aufs neue, sie zu erreichen. Er klettert ihr nach; sie aber
stößt den Fels, der plötzlich von innen erglüht und wie das Fabeltier des ersten
Bildes aussieht, nach ihm, so daß er davon begraben wird. In diesem Augenblick
wird es finster, und die gemeine Musik und das grelle Lachen ertönen wieder hinter
der Szene. Sobald es wieder hell wird, erblickt man die gleiche Szene, wie im
ersten Bild. Der Mann liegt unter dem Fabeltier, die sechs Männer und sechs
Frauen singen zuerst rezitatorisch, dann in immer wärmere Kantilene übergehend:
"Mußtest du's wieder erleben, was du so oft erlebt? Mußtest du? Kannst du
nicht verzichten? Nicht dich endlich bescheiden? Ist kein Friede in dir? •.. Fühlst
du nur, was du berührst?U
Der Gesang wird zum Geflüster: "Und suchst dennoch! Und quälst dich! Und
bist ruhelos! Du Armer!"
Noch ein Aufschwung der Geigen, dann fällt der Vorhang.
Ich bin mir bewußt, daß es kaum möglich ist, durch diese Angaben mehr als
eine erste Andeutung zu geben. Man kann namentlich bei einem dramatischen
Werk, das eine so eigenartige Szene erfordert, die Wirkung des Musikalischen durch
die Farbe unterstützt, einen vollen Eindruck nur dann haben, wenn man es szenisch
dargestel1t sieht. Und so kann auch ich nur nach dem Bilde der Partitur urteilen,
nach den ersten Impressionen, die das Werk mir gemacht hat, und ich glaube, es
soweit erfaßt zu haben, daß ich nach Beurteilung der musikalischen Struktur und
der wunderbaren Instrumentation an eine starke Wirkung glaube, die das Werk
auszuüben vermag.
Das eine kann man jedenfalls auch an Hand der Partitur erkennen, daß die
"Glückliche Hand u eine unerhört kühne und gänzlich neue Auseinandersetzung mit
dem szenischen Problem bedeutet; daß hier ein musikdramatischer Stil geschaffen
ist, der, richtig erfaßt, und entsprechend ausgeführt, ebenso erschütternd wirken
muß, wie ein Drama von Strindberg; denn man merkt, hier handelt es sich nicht
darum. daß beliebigen Personen dramatischer Atem eingeblasen ist, sondern um
eine höchst persönliche Aussprache durch die Mittel des Dramas.
o c

608
B/ass rei/
APHORISMEN Unlust und daraus erwächst alles, was ihm der
HGeist" zuführt. Der vergeistigteste Musiker weiß
Technik ist musikalisch..menschlicher Natur, auchaufseine Weise in der Physiologie Bescheid!
keine spezialistische Begabung, resultiert aus e
dem zusammengefaßtesten Kontinuitäts .. Punk..
Mahler besann sich seines "Herrscher..
tions.. W i11 e n, ist die Übertragung physiologi ..
Willens" - dies war der energische Kampf
scher Hemmungen ins Musik..Ästhetische. Indi ...
mit seiner genialen Natur - er strebte zur
vi dualität ist in bezug auf Technik psycho..
Vereinfachung der Wirkung, die von seinem
physikalische Verknüpftheit in bestimmtester
innersten Wesen ausging, er mußte sein
und beherrschtester Form.
Künstlerisches - vermenschlichen.'
e
e
Ist der Virtuose in der Hauptsache -
Gesangs..Technik ist unmittelbarer Erguß
Techniker?
seelischen Ein... und Ausatmens-ihr eigentlicher
Gibt es eine Wertunterscheidung, einen
Stützpunkt von der Sprachtechnik völlig un..
Beurteilungs .. Maßstab zwischen Künstler und
abhängig. Farbe und Stimmung dagegen in
Virtuosen? Sind es unverknüpfte Bezieh~ngen,
Affekten begründet, von rhetorischen und
die im "Musikalischen" nebeneinander, ohne
rhythmischen Akzenten getragen. Biologisch..
trennendes Band bestehen oder ist Künst ..
Psychologisches führt zur Gebärde. Es ist nicht
Ierisch..Virtuoses ein Streben zur Einhei t, zum
nur das Melodische, das durch den Gesang zum
Ga n zen? Fragen sind schon Antworten: Es
Ausdruck kommen will - in der Brust des
gibt kein Technisches an sich, es gibt nur
Menschen sc h r e i t es nur zu oft nach - Gesang.
Vollkommenhei ts .. Willen. "Herrscher ..
Wille", "Gottes .. Gnadentum" sind nur Mittel für Ludwig Rottenberg, Frankfurt a. M.
Einbildungskraft. - Gedächtnis schafft GI a u .. e e
ben, Selbstwahrnehmung gibt Erlebniskraft.
Der souveräne Vollkommenheits~Wi11e ist der zu..
verlässigste Grund aller Wirkungs..Kontinuität.
R E Z N leE K S
e "R I TT E R B LA U BAR Tu
Das Manuelle beim Instrumentalisten, beim Erstaufführung in der Berliner Staatsoper
Dirigenten widersetzt sich gerne der Gewohnheit, Dieser "Ritter Blaubart"', von Herbert Eulen ..
physisch und psychisch stets auf gleiche Weise berg gedichtet und von Reznicek gesungen, ist
zu verfahren, es riecht leicht nach HHandwerk .. das schaurige Märchen von ungestillter Mannes...
lichem" I Überschätzung des letzteren ist aber liebe, mit all ihrer Sehnsucht nach völliger,
bürgerliche Anmaßung, ist ein gefährlicher Weg zweifelloser Hingabe, nach unbedingtem Ver..
zur Nüchternheit, dem begreiflichen Schrecken trauenkönnen und nach erlöstem Ausruhen
aller "Idealisten~l. von aller Qual der verstörten Seele am Herzen
e eines wahrhaft liebenden, fraglos hingegebenen
Publikum und Dirigent, eine no twen .. Weibes. Was den Mangel des verkürzten und
d i g e Beglaubigung von Wirkungs~Beziehungen, teilweise zu Opernformen umgeschaffenen, einst
die Affekte schafft und auf diese Weise das vielumstrittenen Dramas Eulenbergs ausmacht,
Musikverständnis kräftig belebt. In dieser Be.. ist vor allem dies: daß es Qigentlich nur ein
ziehung wirkt der Dirigent geistig entmateriali.. großer, "letzter Akt" ist, daß die Hauptfigur
sierender als der Instrumentalist. nicht recht exponiert wird und sich auch nicht
in Konflikten entwickelt, sondern in ihrer
e ganzen Pathologie als etwas "Gegebenes<~ hin...
Ruhe und Energie sind von der Technik.. gestellt ist. Neu in dieser Dichtung, deren
Kontinuität des Vol1~Begabten gewährleistet. eigentümlicher Ton und deren krankhaft tiefe,
Der technische Apparat versagt nicht, hat seine unheimlich starke Stimmung nicht verkannt
eigenen "Stimmungen", seine eigene Lust und werden darf, ist die Gestalt des Dieners Josua,

609
den Blaubart in seiner Kindheit blenden ließ, die geistvollen Zitate einer Volksweise und
um ein Werkzeug, aber keinen Zeugen für seine eines alten Schelmenliedes, die mitten in atem ..
Untaten zu haben, der in den Stimmen der zuschnürenden Stimmungen aufklingen und
Vögel, die er mit traurig zarten Liedern lockt, wie das Auftauchen längstvergessener Kindheits ..
die klagenden Laute seiner getöteten Herrinnen klänge befreien. Die Szene mit den Frauenköpfen
vernimmt und der, nachdem er vergeblich um zumal ist in ihrem Gewebe von dämonisch..
der schönen Judith Leben gefleht hat, das Schloß sadistischer Wildheit, von banger, innig sehn..
in Brand steckt, um mit dem entsetzlichen süchtiger Erinnerung, von Tönen einer Märchen..
Mann unterzugehen, der am Sarge der Ge.. geige und einer wahnwitzig aufgejagten Men..
mordeten ihre junge Schwester Agnes an sich s;:hensee1e ein wahres Meisterstück. Eines der
gerissen und auch sie dem Tode entgegen.. wenigen Werke von heute, mit denen man
getrieben hat. Es sind ein paar sehr starke nicht so leicht fertig wird, das einem nachgeht
Szenen da, deren dichterischer, bildhafter und und einem innerlich zu schaffen macht. Ein
tonhafter Reiz ganz ungemein ist. Die schauer.. Werk, das anzieht und abstößt zugleich; das
liehe im Gewölbe vor allem, in das der Blaubart befremdet und heiß macht, das man bewundert,
hinabsteigt, um Zwiesprache mit den Häuptern ohne es eigentlich zu lieben und das doch Liebe
seiner fünf Frauen zu halten, geigespielend, weckt: für seinen Schöpfer.
Erinnerungen lockend, :dch selbst verfluchend, Eine außerordentliche Aufführung der Bel'''
der Sonne entgegenfliehend - an sich maßlos liner Staatsoper, die unter Max Schillings
gräßlich, noch über die Salome hinaus und Führung dem schönsten künstlerischen Geist
doch durch ihr Unwirkliches, märchenhaft Be .. allem Zeitunfug zum Trotz immer wieder Siege
klemmendes gemildert und zu sonderbarer schafft, hat die ungewöhnliche Wirkung des
Schönheit des Grausigen gesteigert; die der "Blaubart" dargetan. Karl BI' a u n, den barer
Hochzeitstafel, an der er sich des Verbrechens Mißverstand aus Wien vertrieben hat, gibt dem
bezichtigt und sich zugleich so stolz erhebt, Titelhelden mehr melancholische II,'Ienschlichkeit
daß er trotz des zornigen Widerstandes der als· Satanismus und erweckt Mitgefühl, wo
anderen die Braut widerstandslos fortschleift; sonst leicht Abwehr des allzu Pathologischen
die Waldszene vor dem Schloß mit ]udiths sich einstellen könnte. Vera Schwarz ist eine
Verfehlung, dem seltsamen Vogelruf des blinden ]udith von beweglicher Wärme und Anmut,
Dieners und Blaubarts Mordtat und dann der Herr No C, auch einmal einer der unseren, als
Schluß mit seinen reinigenden Flammen, die Werner sehr frisch und herzlich, scheint eine
auch in einer Musik aufschlagen, die, es ver.. Art Maikl der Berliner geworden zu sein. Herr
steht sich, pünktlich zu einem neuen "Feuer.. Hanke singt den blinden ]osua sehr schön,
zauber u ernannt worden ist. wenn auch ohne die phantastische Kraft, die der
Eine Musik übrigens, in der trotz ihres Gestalt nötig ist. Beispielloses aber leistet Leo
singenden Loderns, ihres von roten Trompeten.. BI e c h mit dem Orchester. Alles ist da; jedes
motiven durchblitzten Holzbläserrauschens, dem Detail sitzt, ein Klangrausch aus höchster
Funkenstieben des Schlagwerkes und dem bren.. Präzision geholt, überwältigt während des ganzen
nenden Farbenspiel der gleichsam verdampfen.. Abends. Und dem Wiener Kritiker wird trüb
den Thematik ebensowenig der Höhepunkt des ums Herz. Warum muß er diesen glanzvollen
Werkes zu sehen ist, wie in dem fast zu Sym.. Dirigenten in Berlin hören und in Wien loben;
phoniebreite gedehnten großen Zwischenspiel statt ihn in Wien zu haben und in Berlinzu loben?
des Schlußaktes, dessen packende Einzelheiten Richard Specht, Wien
durch akustisches Übermaß erdrückt werden. o 0
Ich empfinde vielmehr die Höhepunkte des
"Blaubart!< in den wundersam schönen, mär.. DIE "MÜNCHNER ZEITUNG"
ehen traurigen, lyrischen Teilen, in dem Zwie..
gesang JUdiths und ihres Bruders, in dem eine ÜBER
ganze helle Jugend klingend wird, in Josuas SCHREKERS "SPIELWERK"
Feuerbeschwörung, deren still frohlockender •
Zur Uraufführung im Nationaltheater zu
Wahnsinn in diesen fast lieblichen und doch
drohenden Tönen etwas unentrinnbar Beängsti.. München
gendes und zugleich Beschwichtigendes hat, die ..• Ob Schrekel' seine Stoffe im historisch
sinnlich schwülen Liebeswerbungen Blaubarts, Begrenzten (Der ferne Klang, Die Gezeichneten)
den reizend kindlichen einfältig frohen Hoch.. oder im legendär Undatierbaren (Der rote Tod,
zeitsspmch der kleinen Agnes, nicht zuletzt Das Spielwerk, Der Schatzgräber) einpflanzt:

610
in Konzeption und "Problem~ gleichen sie sich Partitur das Letzte heraus: die ozeanischen
alle wie ein Ei dem andern. Stets ist es das Fluten von Klängen und Farben, die nicht bloß
HMysterium" des KlangeSt und zwar als akustisch die menSChlichen Stimmen bedrohen, sondern
sinnliches Phänomen wie als harmonisch .. auch den posthumen Titel Mysterium mühelos
rhythmische Exaltation. Diese klangliche Ur .. wegschwemmten und hinwiederum die nur
empfindung, zunächst ein vages, unbestimmt mehr schimmernden und huschenden Sensi ..
chaotisches Gefühl, verlangt im weiteren Ver.. bilitäten, die in diesem Märchenspiel den
lauf nach stofflich wortlicher Klärung, die Flügelschlag des Todes künden ••...•...•..•
logischerweise im Lyrischen sich verankern •.. Die Mehrheit der Zuhörer stieß sich weder
müßte, bei Schreker stets aber nach Drama.. an der überladenen Symbolik noch an dem
tislerung drängt. "In mir gärte es, Jugend, Allzuviel der rein malenden Musik, bereitete
Sehnsucht wollte sich Ausdruck schaffen. vielmehr ungeachtet einem vereinzelten Wider ..
Sehnsucht - ein Kunstideal zu erjagen, Ruhm, spruch dem Werk eine stürmische Kundgebung
Freuden des Lebens. Weib, Liebe! Und ich und spendete reichste Anerkennung allen Mit. .
wollte schlafen, wollte all das zu tönenden wirkenden. Dr. JOs. LU,d. Fischer
Gebilden formen". So kennzeichnet Schreker
die seelischen Prämissen, aus denen der nFerne o 0
Klang U mit logischem Zwang erstanden und
seither alles, was Schreker vom "Klang" in
Worte und von Worten in Töne gewandelt hat.
"DER ARME HEINRICH"
~ .• Nun über das dem "Spielwerk" Eigentüm ..
VON HANS PFITZNER
liche: Es liegt vor und nach den Gezeichneten Anläßlich der Hamburger Erstaufführung.
und dem Schatzgräber, es ist frei von dem
Italienisierenden der Gezeichneten, arbeitet Im Hamburger Stadttheater gab man zum
außer dem Espressivo der "Erlösung durch den ersten lIiIale Pfitzners Musikdrama "Der arme
Klang U , dem beherrschenden A dur . . Satz der Heinrich", 25 Jahre nach der Uraufführung des
Flöte und der Es dur . . Melodie, mehr mit Themen Werkes in Mainz. Eben weil es kein Werk von
und Motiven, als mit der in den Gezeichneten so unmittelbar theatralischer Wirkung ist, hätte
breiten Melodik, ist also eher musikdramatisch, unser Stadttheater, das doch den Ruf eines
als der schon recht opernhaft empfundene Kunstinstituts beansprucht, den "Armen Hein..
Schatzgräber mit seinen großen Nummern rich" um seiner hohen musikalischen Eigen. .
(Schlaflied, I1s~Erzählung). Allerdings sind die schaften willen weit früher zur Wiedergabe
Binnefabeln im Spielwerk wesentlich kürzer bringen müssen. Ein erheblicher Abstand trennt
geraten als in den anderen Werken. Wie eine heute die Vertreter und Verkünder eines neuen
wehmütige Sehnsucht nach dem Paar Tristan Kulturwillens von Pfitzners Kunst .. und Welt..
und Isolde, das "statt ins Brautbett in den Tod anschauung, wie sie sich in seinen Bühnenwerken
geht"', klingt das Tristanisehe "Ich habe geharrt'(. und in seinen polemischen Schriften offenbart.
Auch diesmal geht der Oper eine richtige Das Verhältnis zur unverblaßten Schönheit seiner
Ouvertüre voran, die die bereits genannten l\iusik an sich läßt der Kritik viel weniger Raum.
Hauptstimmungen verarbeitet. Besondere Wir . . Je einseitiger man in einer Vorstellung des
kungen - an Effekten ist Schreker üb~rhaupt "Armen Heinrich4 sein Interesse auf die Musik
nicht arm - erzielten die breiten Folgen von konzentriert, um so besser. Das ist nicht so zu
vollen Akkorden, kleine, aber eindringliche verstehen, als ob diese Musik nur in äußerlicher
melodische Untermalungen (Ich hatt' einen Sohn) Anpassung an die szenischen Vorgänge ge ...
und vor allem die berauschenden Farben . . schrieben wäre und für sicb allein existieren
paroxysmen, die aparten Reize der Chöre. Eine könnte. Sie trägt durchaus dramatischen Cha ..
wichtige RoUe spielt auch diesmal die Bühnen. . rakter, ist in ihrer Färbung vom seelischen
musik: "die unbeschreiblichen Klänge des Spiel. . Klima des Stoffes entscheidend beeinflußt und
werks u mit ihrem sirenenhaften Glockenspiel, - gelegentlich auch zu ihrem Nachteil - von
die Flötenmelodik des Burschen, des Geigen .. Zeit, Ort und Umständen der Handlung und von
agitato des Totenkopfs, die "hundert Musik.. der Prägung der Worte abhängig. Man muß
kapellen des Wiener FestesU • • • • • • • • • • ~ • • • • sich deshalb ganz auf Pfitzners Musik einstellen,
•.• Der Hauptanteil der Wiedergabe eines weil die Dichtung des James Grun nur in ihrem
Schreker ..Werkes fällt immer an den Dirigenten. klangvermittelten symbolischen Gehalt starke
Bruno Walter brachte mit seinem hingebungs.. Mitgefühle zu erwecken vermag. Die Handlung
vollen Orchester aus der notenwimmelnden an sich ist nicht aus der Kraft sinnlicher

611
Anschauung geboren, sondern aus einer Idee, dem schwebenden, nur von den Violinen ganz
deren Ethos fragwürdig bleibt. Die Legende frei umspielten Gesang Heinrichs im letzten Akt.
vom miselsüchtigen Ritter und seiner Erlösung Die verspätete Hamburger Erstaufführung
durch eine tugendreine Jungfrau t soll sie nicht machte auf den besseren Teil des Publikums
unglaubwürdig und abstoßend wirken t bedarf tiefen Eindruck. Die Seele der Aufführung war
einer breiten psychologischen Motivierung. wie Kapellmeister Ego n Pollak, der Orchester und
sie nur das Epos und das gesprochene Drama Sänger zu einer ausgezeichneten Gesamtleistung
geben kann. Eine Opernhandlung muß nahezu anspornte. Hoffentlich gelingt es ihm, das Werk
pantomimisch verstä.ndlich sein. Der begriffliche bis zur Pfitzner.. Woche, die in Anwesenheit des
Inhalt der Worte geht in der Verbindung mit Komponisten stattfinden soll, im Spielplan zu
der Musik verloren. und noch sinnenfäUiger erhalten.
als in der Oper älteren Stils muß sich im Musik .. Robert'Müller .. Hartmann, Hamburg
drama das seelische Geschehen in den szenischen
Bildern ulid Vorgängen spiegeln und die Gesamt.. c c
wirkung sich auf die innere Einheit der tönenden
und der sichtbaren Symbole stützen können. BESPRECHUNGEN
Der erste Akt gipfelt musikalisch in der F. PETYREK: 24 UKRAINISCHE VOLKS_
langen Salomo .. Erzählung Dietrichs, dessen WEISEN. Universal.. Edition.
Erscheinung, wahrscheinlich zum Dank für seine Es tut immer wohl, Kunstwerke zu finden,
hingebende Mannentreue, mit Motiven reich welche noch nicht angekränkelt sind von der
ausgestattet ist. mit all den hellen und freudigen heute herrschenden Degeneration, die ihre
Rhythmen, die so angenehm zur schmerzlichen phänomenale Impotenz unter dem Deckmantel
Grundstimmung des Ganzen kontrastieren. Der intellektuellen Raffinements zu verbergen
dramatisch noch schwächere zweite Aktwird den trachtet. So seien auch diese ukrainischen
Erfolg des HArmen Heinrich~' immer am meisten Volksweisen als Boten aus dem Ideallande
beeinträchtigen; der letzte hat dem Gestaltungs.. gesunden Menschentums wärmstens begrüßt.
vermögen Pfitzners reichere Anregung geboten. Aus ihnen sprechen alle charakteristischen
Hier läßt uns die Musik, die feierliche (an den Merkmale ostslawischer Musik: urwüchsige
Schluß des .,Tannhäuseru gemahnende) Akkordik Kraftt tiefes Empfinden, starkes, leidenschaft-
der Holzbläser das Wunder göttlicher Gnade, liches, mitunter brutales Fühlen, üppig quellende
das sich vollzogen hat, ahnend erkennen. - Erfindung.
Pfitzner hat sich an Wagner dramatisch geschult Diese Melodien zu bearbeiten, war ein
und knüpft an dramatische Prinzipien an, die heikles und schwieriges Unternehmen, das aber
jedem verhängnisvoll werden müssen, der nicht Felix Petyrek restlos gelungen ist. Die Be..
die universale Begabung Wagners, seine Lebens .. arbeitungen zeugen für die Meisterhand, die
fülle und sein despotisches Genie besitzt. Das sie geschaffen, beweisen aber auch - und das
Liebenswerteste an Pfitzner sind nicht diejenigen bedeutet noch mehr - daß Petyrek sich in die
Eigenschaften, auf Grund derer er zur Wagner .. Weisen ganz eingefühlt hat. Sie hinterlassen
Nachfolge gewählt wird, vielmehr jene zartere nicht bloß den Eindruck einer technisch hervor..
romantische Innigkeit, jene stille Kraft des ragend gut gelösten Aufgabe, sie wirken viel..
Gemüts, die ihn in manchen Momenten Naturen mehr, sei es einzeln, sei es - einer Anregung
wie Schumann und Cornelius verwandt er.. Petyreks folgend - zusammenhängend in
scheinen lä'ßt. Wo sich die romantische Emp .. Suitenform vorgetragen, als organisches, echtes
findsamkeit mit religiös..mystischer Schwärme.. Kunstwerk. Dr. Jos. A. Dasatiel
rei paart, da greift Pfitzner sehr glücklich auf
archaisierende Mittel, wie Kirchenton und Cho ..
c
ralfiguration, Bachischen Kontrapunkt und vor.. O. G. SONNECK : Vier pessimistische Lieder,
bachische Quintenparallelen zurück. Manche op. 17 t ein kleiner Liederzyklus, op. 18.
andere gar zu liederselig geratene Stellen ent.. G. Schirmer, New..York.
gehen knapp einer trivialen Wirkung, sie sind Besonders glücklich ist in den pessi ..
jedoch weniger bezeichnend für Pfitzners Stil mistischen Liedern der Ton der düsteren Ver..
als seine Furcht vor billigem Wohllaut und bitterung getroffen. Im ersten Liede (Nachtigall)
sein Streben nach Verfeinerung der melodischen kommen auch leicht groteske Stellen vor und
Linie. Das schönste Beispiel der Überwindung eine sich wiederholende, höhnisch und gehässige
konventioneller Melodik und den weitesten Phrase, die bald wieder durch eine klagende
Ausblick in musikalisches Neuland zeigt er in Melodie abgelöst wird. Das Gesamtbild des

612
Klavie:rsatzes ist a.bwechslungsreich und farbig, seinem Fernbleiben erklärt sich auch die Ver..
wenn auch den Stoffen entsprechend die zägerung der Bekanntgabe der Resultate.
dunkleren Töne der Palette bevorzugt werden. Von den 49 eingelangten Manuskripten
Was an den Kompositionen aber vor allem wurden 12 zur engeren Wahl ausgeschieden
sympathisch berührt, ist nicht so Neuheit des und von diesen einstimmig der erste Preis
Stils, als Wahrhaftigkeit des Ausdrucks. Diese an das Motto!,. Variationen und Fuge" in C dur
findet sich aU(;h in dem Zyklus nach Gedichten zuerkannt, dessen Verfasser Fe1i:z: Pe ty r e k,
von Storm, die meistens in ganz kleinen Formen Professor am Mozarteum, Salzburg, ist. Den
vertont sind. Zarte und schlichte Töne herrschen %weiten Preis erhielt das Motto "Minna"
vor, an manchen Stellen findet sich sogar eine (Komponist Georg JOkl, Wien) und den dritten
Auflösung der gebundenen Melodie in freiere, die Elegie unter dem Motto ,.a ]osefine Mai 1919"
dem Sprechton mehr angenäherte Phrasen. (Or. Laszl6 Fabian, Budapest).
Im ganzen sehr ansprechende Arbeiten, die Die übrigen Manuskripte stehen den Kom..
verdienten, in weiterem Kreise bekannt zu ponisten zwecks Abholung zur Verfügung.
werden. P. A. P.
o 0
o 0
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
"ExzentrikU von Felix Pety rek ist ein sehr
PREISAUSSCHREIBEN FÜR dankbares Stück, dessen Grundcharakter1 dem
KLAVIERKOMPOSITIONEN Titel entsprechend, das Groteske ist. In dem
DES "A N B R U C H" Festhalten eines bestimmten Motives und der
Art der Harmonisierung nähert es sich zuweilen
Die Sichtung des eingelaufenen Materials den Bizzarerien des berühmten russischen, in
ist beendigt; nur Prof. Rosenthai, der mehrere Frankreich lebenden Komponisten Igor Stra..
Monate hindurch auf Konzertreisen weilt, winsky, trägt aber doch die eigene Note des
konnte das Preisrichteramt nicht ausüben. Aus Komponisten.

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Groteske und Gavotte Verlag UniversaI .. Edition, Wien-Leipzig
Zwei Lieder Paul v. Klenau: Die Weise von Liebe und
Verlag P. Pabst, Leipzig Tod des Cornet Christoph Rilke, für
Baritonsolo, Chor und Orchester
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op. 11 ]ulius Bittner: Todes ..Tarantella, Partitur
Zwei kleine Walzer, op. 12 Hans GM: Zwei Lieder für gemischten Chor

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613
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MODERNE LIEDEIl

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MAX ETTINGER. op. 16: Drei Gesänge
aus dem Chinesismen. Je Mk. I'SO
PAUl GRAENER, Vier lieder. (Nach
Texlen von Dehmel. Daulhendey und Soeben mit s!ürmismem Erfolg zum erslenmal
Wildgans: .. An den Mond", "Durdl gesungen von Kammersä.nger K. Erb
Einsamkeilen·, "Wir gehen am (München),Jul. Neudörfer·Qpilz
H
Meer Der Himmel öffnel die
, ..
(Slullgarl), Herrn, Gürl-
blaue Tür") Je Mk. 1"50 ler (Wien)
E. 8. ONEGIN, Marienlieder. (1. Ave
MarilI, Königin d. Rosen. 2, Marien·
garn. 3. Durchs leben. 4. Ave Maria LIEDER DES GLDCKSop.52
graHa plena.) Nr. 1 u. 4 je Mk.l'SO Sieben Gedimle von KClrI Adolf Metz:
Nr. 2 u. 3 je Mk.2·- 1. Das Glück. 2. Slilles, kleines Kämmer-
ARNOlD WINTERNITZ,op. 18, lein. 3. Du bist die Macht. 4. Du und im.
1. Maiwunder. Mk. 2'-, 2. Rose. Hk. 1'50 S. Warte, wenn wieder den Veilchen blüht
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Mahler-Festin Amsterdam, Mai 1920
Klavier und Orchester, op. 4
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AUS DEM INHALT: In der Saison 1919/20 durm den Komponisten In
C. Rudoll Mengelberg •...•. Gustav Möhler und sein Werk Wien im JV. Konzert des .Anbruch" (Dirigent
Guldo Adler .... , ....•.•••• Guslav Mahlers Persönlidlkeil
Alfredo Casella ............................. '" Festrede Georg Szell) sowie in dem Feslkonzerle des
Paul Sle!,m .•••.••...•... Gusla ... Mahler und döS Theöler
Fe1Jx. Saiten ......................... Wien und die Mmik Wien er Philharmonischen Chors. veranstaltet
Rlchard Sp",hl ...................... Gusle.... M.:Ihlers Sieg im Rahmen der .. Mcislerau{führungen Wiener
Ferner AUJZüge lila Beridllen v. Dr. Guido ßagler, Dr. üKar
Bie, Alfredo Caselto, Helnridl Chevllltey, Dr. Wölther Jacob~. Musik" (Dirigent Franz Sd1reker) mil durch·
Dr. Rud. Kmlner. Somuel Langford, Dr. Hugo LeidllenlrW,
Cesor SoerdJinger, Dr. Rud. Siegel, Dr. Paul Sle!an. Dr. Mox. :.: :.: schlagendem Erfolg zur Aufführung :.: :-:
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SCHRIFTLEITUNG: DR. OHO SCHNEIDER

INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 16
Dr. Ernst Kurt ... ,.... , ............... _.. '"' ' .. Zum Wesen der Harmonik
Egon Wellesz ... '"' ... " .... ," ... ... ... ... ... ... ... ... ... Maurice Ravel
Paul Stefan ...... ,,_ ... ... ... ... ... ... ... Alfredo Casella - unser Gast
franz Schreker ............... ,.. Ober die Enslehung meiner Opernbüdter
Giacomo Pucc;ni ...... _,' ...•.. _,_ Gesprärn mit einem Wiener Musiker

GloHen: "la Rondine" in der Volksoper von R. S. Hoffmann; Wiener


Kenzer/programme 1920/21 von Paul Sfefan; Musik in Wien von
R. SI. Hoffmann I BespredlUngen f Nolizen / Zu unserer NOfenbeilage I
Zeilsdlri{fenschau I Neue Noten

Not e n beil a 9 e:: Karl Prohaska; .Die falben Felder sdllafen smon"

NUMMER 17
Ad. Weismann ..•.......................................... Maferjsch~ Musik
Dr. Ernst Kurlh ... '" ... ... ... ... ... ...... Zum Wesen der Harmonik 11
Egon WeHesz .............. ' ... ... ... ... ... ... ... .... ...... WO"' halfen wir?
Rich. Specht ................ _................ Dirigenlen V (Oskar Fried)
R. SI. Hoffmann ................................. Puccini in der Sfaafsoper

Glossen: Deulbarkeil von Symphonie und Oper von Alfred Dressler;


Musik in Wien von R. SI. Hoffm{]nn; ,Krjjjk der Krilik von R. S. H. /
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Kühnheit und urwümsiger Kraft, die für IIdebrando Pizzetti
jeden fortgcsdlrillenen Pianisten von
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617
9:~~~~e~~nz~r~: BLOTHNER
PERLEN
iiiiiiioiiiiiiiiiiiiiüiiiiwüiiiiii.
:: und Vortrags- ::

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111111111 IIIIIUlI 11111111111 11111111111111111111111

HOLDE Arlhur,op.10. SuHe. I. Intrada. 2.10«",la. 3. lor-


heuo. 4. PöWIC/lglia. 5. Fl:!ghel1d . . . . :. • . . . . • 2'-
Mk. SCHWEIGHOFER
'I'He\1lund 11 . • .
lE: DER fritl, ap. 10. TANZWEISEN IM lÄNDlERSTlL
Imll111If1II1II1I1lIl1I11I1I11I11I1I11I1II1I1U1I11I11I1II1I111111111111
, . . . . . . . . . . . . . . . • je
- ap. 12. KONZERf·WALZER (Ei dur) . . . • . . . . .
MEYER·STOLZENAU Wilh., ap. 59. AM ABEND,
Slimmungsbild . • • . . • . . • . . . . . • . • . . .
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i'50
1'20
STEINWAY 111111111111111111111 IUIIHIlIllIUIU 1111111 tU
PABST loui~. ap. 41. Nr. 2 STERNEN FRIEDE. Nr. :;
SPIELENDE ELFEN . . . . . . . . . . . . . • . • Ic 1'50
PETERS Mllx, op.56. AN DER RIVIERA. Brillante$ CHpricdo I-SO
PILZ Eduard. ap. 11. SECHS KLAVIERSTUCKE für Klilvier
zu 4 Händen
Nr. I. Berceuse, Nr.2. Bolero. NI'. J.lnlermezzo, NI'. 4. Reigen
NI'. 5. Nocturno, Nr. 6. Zingarese, , , ' , , , • ' , ,je 1'20
- op.12. 2 KLEINE WALZtR. J. Asdur. 2. Adur . . ,je 1:20
REHBERG Walter. GAVOTTE (B dur) • . . . • , . . . 2-
SCHWEIZER Ridwd, op. 1. SCHERZO 6 dllf. op. 5 b.
ROMANZE F dllf • . . , . . . . . . • • . . . • je 1'50
lOCH Ernst, op. 1J. SCHERZO H moll . . . . . . . . • 2'-
.... ferner seI auf die soeben ernhienenen ~

Vier Intermezzi von Herrn. Kögler (op.49)


besond~n au[merk!;<lnl gelTlödlf. '
GEN ERAl·VERTRETUNG
Der Leipzigel' MUlikkriliker Dr. ADOLF ABER , FDR OSTERREICH, TSCHECHO·SlOWAKEI,
srnreibt döl'über in den l. N. N. UNGARN. S.H.S., KLEIN POLEN
.. Ich wüJjte in der modernen Kla"ler·
musik seIt Brahms keIn KI.wlerstüc:k zu
nennen. das den 4 Interme:z:;r;1 eben- _
11 bürtig an die Seite zu stellen wäre." . .
NI'.' J 0 moll (1'50). Nr. 2 A dur (2'-), Nr. 3 E dur (1'-).

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Nr. 4 G dur (2'-)
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M AX ETTINGER, op. 16: Drei Gesänge
auS dem Chinesischen. Je Mk. 1'50
Eine werlvolle Neuersd1einung für jeden
1IIJIIIII1IIUlIUIIIUt Mahler-Freund IIIIIIUIIIIIIIIIIIIIIII

Veräffentlidtung des M ah ler-Bu ndes


PAUl GRAENER, Vier lieder. (Nach
Texlen von Dehmel. Daulhendey und
Wildgans: "An den Mond", "Durch Das
Einsamkeifen" , "Wir gehen am
Meer", "Der Himmel öffnel die
blaue Tür") Je Mk. 1'50
E. B. ONEGIN: Marienlieder. (1. Ave
Mahler-Fest
in Amslerdam, Mal 1920
Maria, Königin d. Rosen, 2, Marjen- Vor!räge und Beriehle, herdusgegeuen VOll
garn, 3, Durchs leben, 4. Ave MClria
grafia plenö.) Nr. 1 u. 4 je Mk. 1'50 Dr.C. Rud. Mengelberg
Nr. 2 u, 3 je Mk,2'--
ARNOlD WINTERNITZ. op. 18, U. E. NI'. 6649 Gewöhnliche Ausgabe.""., .•• ,.Mk. 2'-
U. E, Nr. 6649 Pramtausgabe auf Bül1ellpapier •• ,Mk. 8'-
1,Maiwunder. Mk.2·-, 2. Rose_ Mk.l·50
Zuzilglidl 250 Prozent T eucl'ungszusd'liag! AUS DEM INHALT:
C. Rudolf Mengelberg ...... Gu~lov Mahler und sein Werk
SOllilIEN ERSCHIENEN: Gllido Adler" ...• , ......•• Guslav f'lllhiers Persönlichkeit
MAX REGER-MAPPE Band I tl,l!. MWelsd1\vere Aljredo C.:IS"l!d .. , , , ... , , , ... , ................ , festred"
Klövl~rstüd<.e. Jeder Bond Mk. S'-, ll1züglldl 2SG Prozen! Pöul SIelan .. , ... ", .. , .. GmtllV Mahler und das ThellIef
Tf'uerung~zu~ml<lg. - Audl gebunden 7.U haben, felix Sallp[l ......................... Wien und die Musik
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618
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IJroits' d'execution '1"eServes.
Felix Petyrek.
Sehr rasch.
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M.A.iB.
2. Jabrgang, Nummer H' 1. Dezcmber~H.ft 1920

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
......LL.;; AM. Ai! 'ws -
Ol'l'g f' m

f'111f'r r; il
INTELLEKTUALISIERUNG DER MUSIK
Von Dr. Jos.ph Dasatiel, Wien
Die Musik löst im Menschen viererlei Wirkung aus. Sie wirkt auf die Sinne,
auf den Intellekt, auf die Phantasietätigkeit und auf das Gefühl. Während sie uns
in den drei ersten Wirkungen anregt und interessiert, erschließt uns die letzte und
und stärkste das innerste Wesen der Freude am Schönen: in ihr spricht die Seele
des Künstlers und des Kunstwerkes unmittelbar zum Gefühl des Hörenden.
Nun ist in jüngster Zeit eine neue Richtung hervorgetreten, die sich die
Intellektualisierung der Musik zum Ziel gesetzt hat. Sie ist bestrebt, dem ver-
standesmäßigen Moment in der Musik zur Hegemonie über das gefühlsmäßige zu
verhelfen und muß so - eide natürliche Folge - auch dem objektiven Faktor
eine Art Vornlachtstellung einräumen; ein Beginnen, das von vornherein zum
Mißlingen verurteilt ist. Denn auf keinem Gebiet ist das subjektive Moment so
mächtig, wie auf dem der Kunst.
Das Kunstwerk ist die Auswirkung höchst subjektiver Erlebnisse des Künstlers.
Die Urteile, zu denen es das Publikum auf dem Wege der Auslösung ästhetischer
Lust- und Unlust-Gefühle anregt, sind auch wieder subjektiv. Denn es fehlt in der
Regel jeder Maßstab, oder er ist, so wie die Hand, die ihn anlegt, unverläßlich.
Seit Kant wissen wir, daß Geschmacksurteile keine Erkenntnisurteile sind, daß in
ihnen die Vorstellung nicht durch den Verstand auf das Objekt bezogen wird,
sondern durch die Einbildungskraft auf das Subjekt und das Gefühl der Lust und
Unlust, daß sie also nicht etwas am Objekt bezeichnen, sondern die Wirkung der
Vorstellung auf das Subjekt.
Bei der Beurteilung eines Kunstwerkes ist Kern und Schale zu unterscheiden.
Kern: das Innere, Seelische, der Einfall; Schale: das Äußere, Handwerksmäßige, die
Technik. Der Einfall wirkt unmittelbar auf das Gefühl, die Technik auf den Verstand.
Diese Gefühlswirkung des Einfalls ist gleichzeitig das Wesentliche des Kunstwerkes
und des ästhetischen Genusses. "Wo sie fehlt, bleibt er gleichsam an der Oberfläche,
er entbehrt der inneren Wärme Gewiß ist auch sie subjektiv verschieden. Und
ll

doch kann man gerade dort, wo sie sich mit großer Intensität einstellt, oft ein

619
Hervortreten des objektiven Moments bemerken. Es gibt nämlich Werke, die seit
. Jahrhunderten - Dichtungen und Bildwerke mitunter seit Jahrtausenden - bei den
verschiedensten Menschen dieselbe elementare Gefühlswirkung auslösen. Man kann
bei ihnen von objektiver Schönheit sprechen, sie tragen den Ewigkeitszug in sich.
Allerdings, hier kommt noch ein mächtiger Faktor zu Worte: die Zeit. Dem
Individuum ist es versagt, im Augenblick der Betrachtung über das Innere des
Kunstwerkes objektiv zu urteilen, aber aus den subjektiven Gefühlen, die dasselbe
Kunstwerk bei unzähligen Individuen ausgelöst hat, kristallisiert sich im Laufe der
Zeit das Urteil, das die Stimme der Menschheit spricht, ein Urteil, dem durch die
Distanz Objektivität zukommt. Hingegen ist das Individuum viel eher befahigt,
über die technische Seite des Kunstwerkes objektiv zu urteilen. Denn hier ist es
viel leichter möglich, einen Maßstab zu finden. Und ist er auch nicht unbedingt
verläßlich, so wird er doch desto sicherer, je mehr es sich um rein handwerksmäßige
Fragen handelt.
Hier liegt also der einzig mögliche Angriffspunkt für die objektive Kritik des
einzelnen. Und bier setzen naturgemäß auch die neuen Bestrebungen ein. Die
Tendenz, das Hauptgewicht der Kritik auf das vorwiegend Verstandesmäßige, die
Technik, zu legen, ließe sich aus der zwar selbstverständlichen, aber immerhin
löblichen Einsicht erklären, daß die Urteile des einzelnen über den Kern des Kunst-
werkes subjektiv sind und wäre nicht zu verwerfen, solange er als die Seele betrachtet
wird, ohne die der Körper, das Technische, tot ist. Nun hat aber die neue Richtung
das genaue Gegenteil zum Prinzip erhoben. Sie hat die Erfahrung von Jahrtausenden
und, was noch viel schwerer wiegt, das Gefühl gegen sich, ohne über eine ver-
standesmäßige Rückendeckung zU verfügen. Sie ist eine noch unbewiesene Behauptung.
Selbstverständlich: das Gefühl läßt sich nämlich auch heutzutage nicht wegbeweisen.
Es liegt in der Natur der Sache, daß die neue Lehre von der Theorie ausgeht;
basiert sie doch auf dem rein Verstandesmäßigen. Sie zerstört, ohne aufzubauen.
Sie nimmt an, daß nicht der Einfall das Wesentliche ist, sondern die technische
Arbeit. Wesentlich ist aber naturgemäß beides. Jedoch das Technische sei das Wert-
vollere, das eigentliche Charakteristikum des Kunstwerkes. Es wäre interessant zu
erfahren, wie diese Behauptung entstehen konnte. Was wir über das Wesen der
Musik wissen, gründet sich auf Gefühle und ihre Beobachtung. Denn die Musik
regt das Gefühl "durch die sinnliche Wahrnehmung der Töne direkt, ohne Ver-
mittlung des Intellektes" an. Man müßte also die gefühlsmäßige Erfahrung gemacht
haben, daß der technische Faktor im Kunstwerk die eigentliche Ursache der Gefühls-
wirkung sei. Die "Erfahrung beweist uns aber das Gegenteil. Nimmt man einen
Einfall (eine Melodie, ein Thema) aus dem Kunstwerk heraus, so wirkt er nach
wie vor auf das Gefühl. Versuchen wir das gleiche Experiment mit einem Stück
rein technischer Arbeit, so wird vielleicht der Verstand angeregt werden, das Gefühl
aber jedenfalls kalt bleiben. Und die Auslösung einer Wirkung auf den Intellekt'
sollte das Charakteristikum der Musik sein! Wodurch wird sie hervorgerufen?
Nicht durch den Klang, sondern durch den systematischen Aufbau, die Verbindung
und Vereinigung von Tongruppen, die als solche oft ganz wirkungslos sind. Wozu
brauch!'s aber dann noch der Töne? Nein, dieser Weg führt uns von der Musik,
von der Kunst überhaupt fort zur Technik im alltägliChsten Sinn des ,Wortes.
Dabei stellt uns die neue Lehre noch vor eine andere Frage. Ist die Kunst
esoterisch oder exoterisch, gehört sie Wenigen, Eingeweihten oder Allen? So stehen

620
die Verfechter der neuen Richtung vor der Wahl, entweder eine esoterische Kunst
zu wollen, oder der Oberflächlichkeit das Wort zu reden. Nolens volens tun sie das
letztere. Es ist nämlich so zi,emIich ausgeschlossen, daß ein Laie die technische
Arbeit eines Musikwerkes, besonders eines modernen, wirklich versteht und zu
würdigen weiß. Wenn er sie aber nicht auffaßt, wie soll sie dann auf ihn wirken?
Höchstens verblüffend. Das genügt leider so manchem modernen Komponisten.
Oberflächlichkeit ist ja heute Trumpf und Halbbildung Ideal. Man braucht nur
gewisse Leute zu beobachten, wie. sie über die tiefsten Werke die oberflächlichsten
Urteile fällen und dabei mit meist mißverstandenen Fachausdrücken, Gemeinplätzen
sowie allen möglichen und unmöglichen Schlagworten herumwerfen. Daß sie für
ihre "Urteile" Allgemeingültigkeit in Anspruch nehmen, ist ein bedauerlicher,
allzumenschlicher Zug; charakteristisch ist aber, daß sie die Kunstwerke in der
Regel nicht etwa als "schön l4 oder "unschön" bezeichnen - das entspräche wenigstens
der Gefühlswirkung - sondern als "gut" oder "schlecht" und das bezieht sich auf
die intellektuelle Wirkung, denn in ihrer ethischen Bedeutung sind diese Begriffe
da offenbar nicht gebraucht. Nein, sie bedeuten hier technisch-ästhetische Urteile,
die zu fällen nur ein wohldurchgebildeter Fachmann befähigt, also auch berechtigt
ist, nicht aber diese Gattung Leute, denen der Begriff des Schönen entfremdet, der
Einblick in das Wesen der Kunst versagt ist, Sie sind ein guter Boden für die
neue Heilsbotschaft, die zwar nicht für die Entstehung, wohl aber für die Festigung
dieser Zustände verantwortlich gemacht werden kann. An der Entstehung trägt
zum großen Teil das Bestreben die Schuld, dem Publikum die Kunstwerke durch
Vorträge und Programmbücher zU erklären. So sehr nun die künstlerische Erziehung
des Publikums, besonders der Jugend zu begrüßen ist, muß sie doch in ihrer heutigen
Form von ernst fühlenden und ernst denkenden Künstlern und Kunstbegeisterten
abgelehnt werden. Sie führt ja nur zu immer größerer Äußerlichkeit.
Dem Publikum die Musik zU erklären, ist ein ganz verfahrener Gedanke, der
geradezu katastrophale Folgen gezeitigt hat. Die Musik braucht und soll vom
Publikum nicht 1fverstanden"', d. h. verstandesmäßig sezierend betrachtet werden.
Nein, sie wirkt als organisches Ganzes durch das Gefühl auf die Seele, sie will
erfühlt, erlebt werden. Und hat ein Mensch dieses Erlebnis, dann schwebt er entrückt
und im Innersten gepackt in einem Gefühl, das ihm das ausführlichste Programmbuch
und der gelehrteste Vortrag nicht geben können. Die Programmbücher sind im
Gegenteil geradezu hervorragend geeignet, die Gefühlswirkung zu beeinträchtigen,
dagegen vollständig außerstande, einem Laien Einblick in die tieferen technischen
Feinheiten zu verschaffen. Die Folge ist entweder, daß das Programm buch überhaupt
keinen Eindruck hinterläßt - der günstigste Fall - oder daß es einerseits das
Gefühl hindert und anderseits den Leser womöglich noch zu technisch-ästhetischen
Urteilen anregt, zu denen er gar nicht befähigt ist. AJlerdings gibt es Werke, die
lediglich eine intellektuelle Wirkung auslösen; ihnen können Programm bücher nicht
schaden, denn wo nichts ist, da kann auch nichts zerstört werden. Ja, manchmal
hat man geradezu den Eindruck, als sei das Werk geschaffen worden, um als Thema
sogenannter "Einführungsvorträge l4 zu dienen. Musik kann man aber diese degene . .
rierten Produkte einer dekadenten Kultur jedenfalls nicht nennen.
Was die Werke derjenigen Autoren betrifft, die sich der neuen Lehre angeschlossen
haben oder zu ihren Begründ~rn zählen, so machen sie mehr oder weniger alle den
Eindruck des Absichtlichen, Gezwungenen und entbehren im aI1gemeinen der Kraft

621
und des Schwunges. Das Gesamtbild ist das einer krankhaften, saft- und kraftlosen
Frucht. Daran tragen unter anderem folgende wichtige Faktoren die Schuld. Er~tens,
daß sich jene Autoren häufig von Schlagworten leiten lassen, die teils von der neuen
Richtung perharreszierte, teils von ihr als ideal angestrebte Eigenschaften bedeuten.
Zweitens, daß sich beim Vorwiegen der technischen Arbeit sehr bald und leicht
Mangel der persönlichen Note geltend macht. Was nun die Schlagworte anbelangt,
so sind einige von ihnen immerhin einer gewissen Aufmerksamkeit wert; zum
Beispiel "banal!', "trivial«, Es ist klar, daß jeder anständige Komponist bestrebt i8t t
Gassenhauer aus der ernsten Musik zu ~liminieren. Die neue Richtung ist nun aber
mit den Ausdrücken "banal"' und "trivialu erstaunlich freigebig, ja einige ihrer
Anhänger gehen sogar so weit, alles, das "ins Gehör gehtl> mit einem der heiden
Epitheta zu bedenken. Man kann nun mit einem der bedeutendsten lebenden
Komponisten die musikalische Impotenz als Ursache dieser Ästhetik annehmen,
man kann zweitens die neue Ästhetik als Versuch auffassen, die musikalische
Impotenz zu bemänteln, drittens kann man aber der neuen Lehre mindestens eben ..
sogut musikalische Impotenz vorwerfen, wie der Halten" Ästhetik. Es ist nicht der
Zweck dieses Aufsatzes, zu entscheiden und zu beweisen, welche dieser Annahmen
auf Richtigkeit beruht. Traurig ist aber jedenfalls, daß schon einige Künstler aus
lauter Furcht vor dem Trivialen in die Wüste der Melodielosigkeit geraten sind und
so das Publikum dem musikalischen Verdursten aussetzen. Eine heitere und
psychologisch interessante Seite hat die Sache aber doch. Man soll nämlich konstatiert
haben, daß die Empfindlichkeit gegen die Banalität fremder Melodien bei manchen
Komponisten im umgekehrten Verhältnis zu ihrer eigenen melodischen Potenz steht.
Der Begriff "geistreich" genießt zwar bei den Vertretern der intellektualisierenden
Richtung große Sympathie, besondere Beachtung verdient er jedoch nicht. Es ist ja
klar, daß dieses Prädikat sich nur auf Verstandesmäßiges, vorwiegend auf technische
Arbeitsleistungen beziehen kann, also den tiefsten Kern des Kunstwerkes nicht berührt.
Oberflächenwirkung, wie bei so vielem, das die "modernen Intellektuellen" ausbrüten.
"Interessant'" wird von ihnen hauptsächlich in der Bedeutung von "überraschend"
gebraucht. Das probateste Mittel, Interesse zu erwecken, ist ja heute das Überraschungs-
moment. Allerdings ist dieses Interesse meist recht oberflächlicher Natur. Aber das
macht nichts. (Wir sind doch die Generation der großen Zeit!) Das Publikum wird
heute in des Wortes verwegenster Bedeutung überrascht. Ununterbrochen. Die
Überraschungskünstler gehen nun zwar von der richtig<en Ansicht aus, daß jede
allzuhäufige Wiederholung einförmig, ergo langweilig wirkt, scheinen sich aber noch
nicht zu der schon sehr alten Einsicht durchgerungen zu haben, daß dieser Satz auch
für das Überraschungsmoment gilt. Jedenfalls empfindet das Publikum solche Werke
im allgemeinen nicht als "interessant.... Aber, das verschlägt nichts, "es gibt ein
andersdenkendes Geschlecht", die Fachleute. Wieder die Frage: esoterische Kunst?
Drei weitere, geradezu krampfhaft angestrebte Eigenschaften aber sind "originelP',
"modern und "fortschrittlich u. Will nun ein Autor originell sein und beschränkt
U

er sich dabei nicht darauf, denjenigen Themen und Wendungen den Vorzug zu
geben, die ihm ursprünglicher erscheinen (das deutsche Wort für "originelI/j:) so
weiß man schon, wes Geistes Kind er ist. Man erfindet nämlich entweder von Haus
aus originell, oder man wird es nie dazubringen. Auch mit der besten und festesten
Absicht nicht. Jedenfalls ist aber Vergewaltigung der Inspiration eine Sünde wider
den heiligen Geist der Kunst.

622
Mit den Begriffen "fortschrittlich" und "moderni' hat es seine eigene Bewandtnis.
"Modernil umfaßt alles, was eine Neuerung bedeutet. Da nun keineswegs jedes
Neue als Fortschritt bezeichnet werden kann, decken sich die beiden Begriffe - im
Gegensatz Z'.J einer verbreiteten Meinung - durchaus nicht. Ihre Inhalte ändern
sich übrigens unausgesetzt, während ihr Verhältnis zueinander immer gleich bleibt.
Ob etwas neu ist, kann uns Gefühl und Verstand sagen, und zwar in der Regel
sofort r zu beurteilen, ob es auch einen Fortschritt bedeute, ist hingegen dem Verstande
allein vorbehalten, der aber das Urteil im allgemeinen erst nach einiger Zeit, wenn
er genügend Distanz hat, wird fällen können.
Was "geistreichi' und "fortschrittlich" betrifft, so sind das Eigenschaften, die lediglich
intellektuelle Wirkungen auslösen, also nicht zum innersten Wesen der Musik
gehören. Nun kann man allerdings nicht behaupten, daß die besprochenen Begriffe
Produkte der neuen Lehre seien. Nein, sie waren schon früher da, wahrscheinlich
immer und bedeuten mit Ausnahme von "banal li gewiß dann lobenswerte Eigenschaften
eines Musikwerkes, wenn sie die Seele und nicht bloß der Verstand des Autors in
das Werk hineingetragen hat. Ist es hingegen nur vom Intellekt in den Bahnen
der angeführten Begriffe gehalten, so stellt dieses tragikomische Unternehmen Autor
und Werk unter das Damoklesschwert der Lächerlichkeit. Die neue Lehre birgt nun
in dieser Hinsicht insofern eine große Gefahr in sich, als sie einerseits die in Rede
stehenden Begriffe extrem intellektuell deutet und anderseits durch den Reiz dei
Neuheit manchen Künstler betört, der ihr - oft unter der Autosuggestion, aus
seinem Gefühl heraus zu handeln - auf das tote Geleise trockener Verstandesarbeit
folgt. Dieser bedauerliche Fall kann umso leichter eintreten, als das Vorwiegen der
technischen Arbeit fast immer mit dem Fehlen der persönlichen Note verbunden
ist. Diesem Übelstande abzuhelfen bemüht "man" sich, auf jede Weise eigenartig
zu schreiben. Da sich das nicht erzwingen läßt, ruft dieses Bestreben den Eindruck
des Unnatürlichen hervor, führt zu fortwährender innerlich meist unbegründeter
Komplizierung und nötigt überdies die neue Kunstrichtung, sich unvermeidlich
bis zum Extrem esoterisch zu entwickeln. Doch der wahre Künstler schafft nicht
für einen kleinen Kreis, sondern für die ganze Menschheit. Er spendet ihr Freude,
durch die er sie läutert und wirbt für die Werke, die er geschaffen, um bleibende
Liebe. Gelingt es ihm, sie in unserer Seele zu wecken, so· ist sein höchstes Ziel
erreicht. Das Band der Liebe aber knüpft nicht der Verstand, sondern das Gefühl.
Um jedem Mißverständnis vorzubeugen, sei nochmals kurz klargelegt, was dieser
Aufsatz sagen will. Die Berechtigung auch einer intellektuellen Wirkung der Musik
soll nicht geleugnet, es soll vielmehr nUr gezeigt werden, daß, da die unmittelbare
Gefühlswirkung das Charakteristikum der Musik ist, die intellektualisierende Richtung
diese Kunst in ihr wesensfremde Bahnen drängt und esoterisch macht. Die Vormacht...
stellung des intellektuellen Faktors widerspricht dem Wesen der Musik, ihre
Esoterisierung dem der Kunst überhaupt. Denn - welche Ironie, dies heute betonen
zu müssen - auch hier spielt der soziale Faktor eine große Rolle. Die Kunst ist
nicht Spiel, sondern soziale Arbeit. Sie ist berufen, uns auf dem Wege der reinen
Freude zu immer höheren, freieren Stufen der Kultur zu führen. Das aber kann sie
nur dann, wenn sie zur Seele spricht, zur Seele der Menschheit.
o 0

623
~i/
BEETHOVEN UND DIE MODERNE MUSIK
Von Universitätsdozent Dr. WiIheIm Fischer, Wien
HRecensent, der bisher die Klaviersachen des Verfassers nicht kannte, muß,
nachdem er sich mit vieler Mühe durch diese ganz eigenen, mit seltsamen Schwierig...
keiten überladenen Sonaten durchgearbeitet hat, gestehen, daß ihm bei dem wirklich
fleißigen und angestrengten Spiele derselben zumute war wie einem Menschen, der
mit einem genialischen Freunde durch einen anlockenden Wald zu lustwandeln
gedachte und, durch feindliche Verhaue alle Augenblicke aufgehalten, endlich ermüdet
und erschöpft ohne Freude herauskam •.... Eine Sträubigkeit, für die man wenig
Interesse fühlt, ein Suchen nach seltener Modulation, ein Eke1tun gegen gewöhn..-
liehe Verbindung, ein Anhäufen von Schwierigkeit auf Schwierigkeit. daß man alle
Geduld und Freude dabei verliert . . • • • Wenn der Verfasser sich nur mehr selbst
verleugnen und den Gang der Natur einschlagen wollte, so könnte er bei seinem
Talente und FIeiße uns sicher recht viel Gutes für ein Instrument liefern, dessen
er so außerordentlich mächtig zu sein scheint. 41
"Mit diesen Variationen kann man nun gar nicht zufrieden sein. Wie sind sie
steif und gesucht und welche unangenehmen Stellen darin, wo harte Tiraden in
fortlaufenden halben Tönen gegen den Baß ein häßliches Verhältnis machen und
umgekehrt. Nein, es ist wahr, der Verfasser mag phantasieren können, aber gut zu
variieren versteht er nicht."
Es geht hier durchaus nicht Max Reger an den Kragen, auch Richard Wagner
nicht, wie der Beginn der ersten Rezension vermuten lassen könnte, wenn nicht
von Sonaten die Rede wäre! der auf Abwegen wandelnde talentvolle Mann ist
Beethoven, die gemaßregelten Verirrungen seines Geistes sind die Violinsonaten
op. 12 und die Klaviervariationen über Salieris "La stessa", den Beckmesser spielte
der Rezensent der "Allgemeinen Musikalischen Zeitung" im Jahre des Herrn 1799.
Nichts Neues unter der Sonne! Und es kann ja auch nicht anders sein: der
"Konservativismus", das psychische Gegenstück des biologischen 11Selbsterhaltungs..-
triebes" und der physikalischen "Trägheit", ist eine I-.Jaturerscheinung und damit
eine Nat\1rnotwendigkeit. Jede neue Richtung in Natur und Geist erweist ihre
Daseinsberechtigung und Lebensfähigkeit erst dadurch, daß sie den Sieg über die
Trägheit des bestehenden Zustandes davonträgt. Soviel Neues, Ungewohntes wie
Beethoven hat allerdings nicht so bald ein Schaffender der Mitwelt zugemutet.
Um das Jahr 1790 beginnt die "neueste Zeit", in der allgemeinen Geschichte
sowohl als in der Entwicklung der Tonkunst. Neue Inhaltsprinzipien und ,probleme
verlangen gebieterisch nach neuen Mitteln, die Epoche der Romantik kündigt sich
an. Und Beethoven war es, der der Romantik, vom Musikdrama abgesehen, die
Wege gewiesen und gebahnt hat. PauI Bekker bezeichnet als den Geist der Romantik
"die Flucht vor dem AlItag"; positiv statt negativ gefaßt, könnten wir sagen: das.
Schwelgen im Ungewöhnlichen und seiner Darstellung. Die herlrömmlichen Kunst. .
inhalte werden beibehalten, aber zu den äußersten Extremen entwickelt, Schmerz

6 k.
~A
'-;I,:
und Freude, Leidenschaft und Innigkeit treten in stets mehr und mehr gesteigerter
Intensität auf, auch der heftigste Gefühlsausbruch wird künstlerisch "hoffähig", wir
wollen sagen "kunstfähig" . Kunstfähig werden aber auch alle die Regungen des
Seelenlebens, die früher kein Schaffender zu berühren gewagt hätte, Leidenschaften,
die an der Grenze der Vernunft stehen, die diese Grenze überschreiten. So rückt
allmählich auch das Pathologische in den Bereich der Kunstinhalte. Aber die Ton'
kunst bleibt beim rein gefühlsmäßigen Inhalte nicht stehen, sie wird zur Tondicht,
kunst, gruppiert ihre Mittel nach außermusikalischer Logik. Von dieser .. psychischen
Programmusik" ist nur ein Schritt zur realistischen Schilderung akustischer und
optischer Vorgänge, die eigentliche Programmusik wird ein anerkannter selbständiger
Zweig der Tonkunst. Diese Verschiebungen aufinhaItIichem Gebiete haben natürlich
kompositionstechnische Neuerungen zur Folge, und zwar in allen Kategorien der
musikalischen Mittel; es ändern sich die großen Formen, die Melodik, die Harmonik
und Modulation, die Stimmführungsweise, die Zusammensetzung der Klangkörper,
der Klavier', Kammermusik, und Orchestersatz. Der viersätzige Zyklus der Sonaten,
form strebt einerseits nach Erweiterung, anderseits nach Knappheit und Ver'
einheitIichung: Berlioz geht bis zu sieben Sätzen, Mendelssohn und Schumann
versuchen die pausenlose Aufeinanderfolge der Sätze, letzterer unter deren melodischer
Verknüpfung. So bereitet sich die mehrteilige Einsätzigkeit der .. symphonischen
DichtungU vor. Die Sonatenform des Einzelsatzes wird dimensionell erweitert und
aus tondichterischen Gründen fallweise modifiziert; die Kontraste zwischen den
einzelnen Satzgruppen verschärfen' sich, oft bis zur Heranziehung von Takt... und
Tempowechsel. Diese Kontrastwirkungen erscheinen aber auch innerhalb einer einzigen
Satzgruppe, deren einzelne Glieder dann melodisch, rhythmisch, harmonisch, dynamisch
scharf von einander abstechen. Der Modulationskreis der zyklischen Form sowohl
als des Einze1satzes wird erweitert, die Harmonik bereichert. Die homophone Setz. .
weise mit motivisch gearbeiteter Begleitung geht infalge Ersatzes der geschlossenen
Melodie durch kurze prägnante Motive auch innerhalb der Themengruppen in reine
motivische Arbeit über, oft veranlaßt die V'/iederbelebung der Kunst Bachs und
HändeIs zu reia kontrapunktischer Stimmführung. Die klanglichen Mittel werden
stark bereichert, die stark zu besetzenden Streicher oft geteilt, Holz, und Blechbläser
bedeutend verstärkt, Harfe und Schlagwerk aner Art ständig verwendet und auch
die Menschenstimme dient als Orchesterinstrument. Oft sind reine Klangwirkungen
angestrebt, auch solche mißtönender Art, wenn es ein seelisches oder realistisches
Programm erfordert, wie man in solchen Fällen auch vor harmonischen Kakophonien
nicht zurückscheut. Kurz, die Kunst der fortschrittlichen Romantiker geht lückenlos
in die moderne und modernste Kunst über oder, anders gefaßt: unsere moderne
l\lIusik gehört in ihren Anschauungen, Zielen und Mitteln noch immer dem Bereiche
der Romantik an, ihr hemmungsloses Sichgehenlassen in Inhalt und Form ist echt
romantisch.
Und aII das hat Beethaven in die Wege geleitet. Es gibt kaum ein inhaltliches
oder formales Kriterium der Romantik, das in seinen Werken nicht wenigstens
angedeutet wäre. Schon die rückhaltslose Subjektivität seines op. 1 weckte den
Widerspruch Haydns, ohne daß sich der junge Stürmer und Dränger beirren ließ.
Die Ouvertüren zu Coriolan, Egmont und Leonore, die dritte, fünfte und neunte
ymphonie sind längst als typische Vertreter "psychischer Programmusik u erkannt
und so manch~s Klavier... und Karnmermusikwerk wäre ihnen anzuschließen. In

625
der Pastoralsymphonie erfolgt der Schritt zur "realistischen« Programmusik, wenn
auch mit der Einschränkung: "Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei." Dieser
Vorbehalt fällt in der "Schlacht bei Vittoria weg, wo die "Malerei« an Deutlichkeit
li

nichts zu wünschen übrig läßt. Hand in Hand mit all dem geht die Weiterbildung
der Kompositionstechnik. Die Pastoralsymphonie zeigt fünf Sätze wie die "Phantastische "
von BerHoz und wie in dieser ist der überzählige, eingeschobene Satz der vorletzte.
Die "Sonata quasi una fantasia'< ermutigte Mendelssohn und Schumann zur pausen. .
losen Symphonie, die Konzertouvertüren nZur Weihe des Hauses" und "Zur
Namensfeier" regten die ,,}ube1ouvertüre« r "Meeresstille und glückliche Fahrt 'l
und die "Fingalshöhle" an, die "Bagatellen" sind die ersten Vertreter des kleinen
romantischen Klavierstücks. Modifizierungen der Satzformen aus tondichterischen
Gründen weisen zum Beispiel die Ouvertüren zu "Coriolan li und Nr. 2 zu "Leonore i
'

auf, ebenso die fünfte und neunte Symphonie. Besonderer Hinweise auf starke
Kontraste zwischen den Satzgruppen und innerhalb dieser bedarf es wohl nicht,
ebensowenig der Anführung von Eelegstellen für die Bereicherung von Modulation
und Harmonik. Auch die Entwicklung längerer melodischer Gebilde aus kurzen
charakteristischen Motiven geht auf Beethoven zurück und die (oft tondichterische)
Anwendung kontrapunktischer Stimmführung nimmt in seinen späteren Werken
immer mehr überhand. Die Erweiterung der klanglichen Mittel endlich ist die
sinnfälligste seiner Reformen; ohne das Finale der Neunten kein "Lobgesang"
keine "Romeo und Julia . . Symphonie ll
keine Dante . . und Faust... Symphonie, keine
,

zweite, dritte, vierte und achte Symphonie von Mahler. Und selbst der Kako-
phonie ist Beethoven nicht aus dem Wege gegangen, wenn ihn tondichterische
oder tonmalerische Absichten leiteten: der berühmte Horneinsatz vor der Reprise
des ersten Satzes der "Eroica", die ebenso berühmten "falschenuBässe im Gewitter
der "Pastorale'" beweisen es.
Daß ein großer Teil der Zeitgenossen soviel Neues, Unerhörtes nicht aufzufassen,
geschweig~ denn zu würdigen vermochte, kann nicht Wunder nehmen. Und die
Schaffenden unter ihnen, denen sich die Größe des Meisters erschloß, standen in
ehrfürchtigem Staunen und wagten nur zagend, selbst nach diesen Mitteln zu greifen,
geschweige denn, darauf weiter zu bauen. So trägt die deutsche Romantik fast
bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, an Beethoven gemessen, ein ausgesprochen
konservatives Gepräge; der Fortschritt, die tatsächliche Ausnützung seiner Errungen. .
schaften, ging in Frankreich vor sich. Zwei Jahre nach Beethovens Tode entstand
die "Phantastische Symphonie", deren Schöpfer der wichtigste Lehrer der neudeutschen
Sch~le "Curde. Mit dem Siege Liszts und Wagners war auch der Beethovens
entschieden. Die Tonkunst der allerletzten Jahre scheint andere, völlig neue Wege
wandeln zu wollen, die Kunst des 19. Jahrhunderts stand im Zeichen Beethovens.
c c

R I c H A R D s p E c H T
Von R. St. Hoffmann, Wien
Nun ist er Fünfzig alt geworden. So muß er's - wohl oder übel - dulden,
daß einmal auch über ihn geschrieben werde, der ein Menschenalter gelebt hat, über
andere, für andere zu schreiben. Der Beruf des Tageskritike:rs ist fürwahr kein
gesegneter. Vogelfrei, immer noch Elementen zugänglich, deren wesentliche Vorbildung

626
gewissenlose Unbedenklichkeit ist, immer noch "keine Kunst U für Leute, die es zu
nichts bringen. Oder schlimmer noch: Mittel zunl unsauberen Zweck. Aber hundert
und mehr Sünder wiegt ein einziger Gerechter auf, wie Richard Specht einer ist.
Er und die paar, die seinesgleichen sind, würden rechtfertigen, daß eine Geschichte
der Musikkritik, die noch zu schreiben wäre, zugleich eine Geschichte der Musik
wäre, ihr Bild im Spiegel der Wahrheit, besser: im Spiegel der Liebe.
Weichheit ist der Grundzug eines Charakters, dem technische, kaufmännische
Betätigung unmöglich erscheinen mußte. Kränklichkeit förderte, wie so oft, seelisches
Innenleben, ererbte Hochkultur kunsdiebenden Wien er Bürgertums gab den idealen
Nährboden. In dem lieblich gelegenen Berghof am Attersee mögen unvergessene
musikalische Eindrücke entstanden sein, wo 19naz Brüll und Kar! Goldmark als
treue Hüter einer hoffnungsreichen Jugend zur Seite schritten. So ist die adelige
Tradition einer schon unwirklich fernen Zeit dem jungen Specht zuteil ,geworden,
und das Glück persönlicher Nähe großer Menschen und Musiker, das ihm dann mit
Brahms, Mahler und Richard Strauß beneidenswert treu geblieben ist. Nichts
vernichtender als der Gedanke, d,aß dieser wertvolle Teil Wiener Kunstpflege heute
von der widerlichen Rotte abgelöst ist, die im Burgtheater bei "Macbeth stürmisch
U

den Dichter herausruft, und von einer Opernaufführung immerhin das eine behält,
daß T ristan und - noch etwas aufgeführt wurde. - Lange schwankt Specht zwischen
literarischer und musikalischer, zwischen produktiver und reproduktiver Betätigung,
Er war ein begabter Dichter und gerne erinnere ich mich noch formschöner 1
gefühlsstarker Verse, die er aus dem Buchhandel zurückzog, als er endgültig Kritiker
geworden war, weil sie den Anforderungen, die er selbst an andere stellen mußte,
ihm nicht zu entsprechen schienen. Das ehrt ihn ebenso, wie die Tatsache, daß er
verhältnismäßig spät, als ihm die Mängel seiner musikalischen Ausbildung klar
wurden, sich nicht gescheut hat, sie in ernstem Fachstudium so gründlich zu beheben 1
wie seine mustergültigen Analysen dem Musiker bezeugen.
Die intensivste, aufreibendste Tätigkeit begann. Ewig schade um die Unsumme
geistiger Werte, die in journalistischer Kleinarbeit täglich und stündlich feuerwerks_
gleich aufleuchten und - verpuffen. Ewig schade um zahllose filigrane, aber auch
bedeutende Kunstwerke, die, Eintagsfliegen der Kunst, mit dem Tage leben und
verschwinden. Kaum ein Trost, daß auch geistige Energien nicht verloren gehen
können, und ihre Gesamtheit irgendwie wirksam bleibt, die Atmosphäre schafft,
in der die Idee gedeiht.
Kein Wunder, daß die Musik- und Theaterkritik - denn Specht ist mit allen
Zweigen der Kunst aufs innigste verbunden und in der "Burg" nicht minder
heimisch als in der "Oper tl - ihn nicht vol1 befriedigen konnte. HArbeiter. . Zeitung U ,
"Wiener Al1gemeine Zeitung U , die nicht mehr bestehende HZeit to , das u Wiener
illustrierte Extrahlatt 14 der Berliner "Börsenkurieru , die "Musik u zeigten durch lange
Zeit ständig, andere, auch zahlreiche Fachzeitschriften hier und im Reich, gelegentlich
immer wieder seine Chiffre, die bald gekannt und geschätzt war. Aber immer
drängte es ihn, der seine Kräfte wachsen, seinen Stil reifen fühlte, von der Tages . .
kritik weg, in der er - charakteristisch genug· für unsere Zustände - den ihm
gebührenden Wirkungskreis bis heute nicht gefunden hat. Darum gründete er 1909
die kurzlebige" Wiener Zeitschrift für Musik", übernahm bald darauf die Leitung
des "Merker", an dem er mit geringer Unterbrechung bis 1919 tätig war, redigierte
die Programmbücher für Wiener Konzerte, verfaßte Opernführer, hielt Vorträge,

627
unterrichtete am Neuen Wiener Konservatorium, an der Staatsakademie und -
schrieb Bücher.
Das Erlebnis Brahms hatte den Dichter Specht der Musik gewonnen, der
Glücksfall Mahler den Menschen und Kritiker zum großen Künstler erhöht. Nicht
daß er's nicht .vorher gewesen wäre. Auch in seinen Kritiken war das menschliche
Erleben, das künstlerische Empfinden, die formvollendete Übertragung alles dessen
auf den Leser das Entscheidende. Paul Bekkers intelligent-dialektische Schärfe war
seiner Art so wenig gemäß, wie Julius Korngolds überlegewanalytische Sachlichkeit.
Sein Ahnherr ist der weiche Eusebius mit dem im Tiefsten verankerten ungeheuren
Respekt vor dem Mysterium des Schaffens, wie ihn nur ein Selbstschaffender, ein
selbst unzureichend zum Schaffen Begabter spüren kann.•Hut ab, ihr Herren, ein
Genie _u getreu diesem Ausruf des liebenden und liebenswürdigen Eusebius,
immer mit dem Hute in der Hand, immer die anderen zur Nacheiferung alar. .
mierend. Seine Weichheit ist darum nicht Schwäche, sie ist reine Güte, nur Ver . .
antwortlichkeitsgefühl, Unvermögen, den Geist der Musik, selbst im Abbild,
Zerrbild der Kritik anders zu fassen, als Richard Wagner; durch die Liebe.
Gerade deshalb kann er auch losschlagen, wo es um das Heiligtum geht, mit
seiner ganzen Person vor die gerechte Sache treten. Hat seine Stelle bei der "Zeie'
um Mahlers Willen aufgegeben, hat jahrelang die Verfolgung und VerhÖhnung
der kompakten Majorität auf sich genommen, als wir drei, Specht, Karl \'Veigl
und ich Unter dem Widerstand der offiziellen Musikkreise die Abschiedsadresse
an Mahler zustandebrachten und als "Mahlerc1ique" verlacht wurden, hat sich
mutig in den Kampf mit Bekker um Richard Strauß' Alpensymphonie begeben
und sich sogar an unsere Philharmoniker gewagt, als die Strauß .. Hetze uns wieder
einmal vor aller WeIt blamiert hatte.
Doch nicht mitzuhassen, mitzulieben ist er da. Und so hat er, weniger in dem
kleinen Johann Strauß_Büchlein (1909 bei Marquardt und Comp.), das ihm nicht
recht vom Herzen kam, aber umso hinreißender in seinem "l'iIahler u (1913 bei
Schuster und Löffler, und heuer schon in zwölfter Auflage erschienen) zum ganzen
deutschen Publikum gesprochen. In seinem höchstpersönlichen Stil, der durchaus
und unverkennbar sein eigen ist, mit einem Überschwang der Sprache, der in der
Häufung der Adjektiva, in der kunstvollen Verschlingung der Perioden manchem
Geschmack zu weit gehen mag, aber immer aus dem Überschwang echten Gefühls
geboren ist, mit einer Plastik des Wortes, einem Reichtum des Ausdrucks, einer
suggestiven Gewalt der Rede, die man nicht anders als bewundern kann, wenn
man es nicht vorzieht, sich ihnen ohne Besinnung hinzugeben. Ich wünschte mir
seine Feder, um über ihn zu schreiben.
Es mag ihn freuen, heute von der Höhe des Lebens aus rückschauendfestzuhalten,
daß er nie für Falsches, Verlogenes, Unechtes eingetreten ist. Daß er aber in
kongenialem Erfassen immer voran war, Talente zu spüren, zu fördern. So war er
unter den ersten und begeistel'tsten Wegbahnern für Schreker, Schönberg, Korngold,
Bittner, Pfitzner, lVIahler, Strauß, als es noch weniger bequem, und weniger selbst . .
verstän.dlich war, mit der Menge Hunah zu schreien. Es mag ihn freuen, daß er,
der die "schenkende Tugend" hat, wie wenige, sein schönstes Geburtstagsgeschenk
darin findet, uns' zu beschenken: mit dem ersten Bande seines "Richard Strauß",
der bei E. P. Tal erschienen ist, und bald von delll zweiten gefolgt sein wird. Kein
schöneres Lob gebührt diesem neuen, großen, reichen, bedeutenden, imponierenden

628
Werk, als daß es das würdigste Gegenstück seines "Mahler" ist. Auf dem Sockel
des gewaltigen Denkmals jedoch, das er seinem Helden weithinragend gebaut hat,
_steht, bescheiden auf der untersten Stufe eine sympathische, liebenswerte Figur:
seine eigene. Wie sich nörer, klein, unansehnlich, in der Ecke der "Dreifaltigkeit"
porträtiert hat, so Specht sich selbst in den schönen Worten der bekenntnisreichen
Vorrede, die das Ideal einer Kunstkritik aufrichtet, die eine Kritik. .Kunst wäre.
"Für mich gibt es keine frohere Aufgabe, als für Künstler einzustehen, die mir in
ihrem Werk und in ihrer Menschlichkeit viel gegeben haben: für sie Zeugnis
abzulegen, ihr Wesen, ihre besondere Art anderen deutlich zu machen, zu ihrer Kunst
hinzuführen, nicht durch Zergliederung, sondern durch Darstellung der von ihnen
kommenden Bereicherung ein Mittler zu sein, die Empfangsbereiten, aber auch die
Zögernden und Widerstrebenden etwas von dem Wunder ihrer Existenz spüren zu
lassen, den Abseitsstehenden Lust zu machen, in den einzigartigen magi~chen Kreis
zu treten, der das Wesentliche jedes Künstlers und Menschen umschließt, und des
Rufens nicht müde zu werden." "Aus all dem dürfte noch eines hervorgehen: daß
ich auch kein Kritiker bin. Zumindest nicht in dem Sinn, dafür angestellt zu sein,
,alles besser zu wissen und Zensuren zu erteilen. Es ist nicht mein Ehrgeiz, der
Staatsanwalt der Künstler zu sein, sondern ihr Rechtsanwalt; nicht ihr überheblicher
Richter, sondern ihr Verkünder und Austrommler, einer, der auf seine Weise an
der gleichen Sache arbeitet, nach den gleichen Zielen zu weisen sucht; dem es nicht
ums Urteilen und Aburteilen, sondern ums Verstehen und Verstehenmachen geht,
um die Deutung eines Eindrucks~ der ihn fruchtbar gemacht hat: der nicht in
dürren Formeln, sondern in Reproduktion sich und den anderen Rechenschaft
über das Empfangene ablegen muß. Muß - denn auch er steht unter einem Zwange •.. "
nBravo, lieber Eusebius' sage ich, und usurpiere kühn die Rolle des bedächtigen
l
,

Meisters Rara, die mir sonst, weiß Gott, nicht liegt, "Bravo! Dir ist auch diesmal
gelungen, was Du wolltest: Du hast in Wahrheit ein Buch der Liebe geschrieben,
und Liebe wird es wieder wachrufen. - Auch für Dich !Il
o 0

ZUR FORMFRAGE DER BRUCKNER,


S C H E N S Y IV! P H 0 NIE
Von Werner Wolff, Hamburg
II
Glücklicherweise stehen der Musik hiezu noch andere Mittel zur Verfügung und
deren wichtigstes ist: der Kontrast. In ihm liegt das Motiv, dem der Seitensatz
seine innere Herkunft verdankt. Alles Musizieren ohne Kontrast ist flächenhaft j
erst die GegenübersteI1ung wirkt plastisch j sie kann mittels scharfer konträrer, ja
selbst kontradiktorischer, also widersprechender, ausschließender Gegensätzlichkeit
erfolgen. Hievon hat Bruckoer in seinen, dem Hauptsatz oh völlig unverwandten
Seitens ätzen reichsten Gebrauch gemacht. Niemals aber ist zu übersehen, daß auch
der schärfste Gegensatz eine (wenn auch negative) Beziehung ist. Sage ich von
einem Blatt, es ist grün, von einem anderen, es ist gelb oder auch: es ist nicht
grun, so ist die gemeinsame Beziehung der gegensätzlichen Aussagen die, daß

629
beide Blätter sind, die eben verschieden gefärbt sein können. Ziehe ich diesen
Schluß nicht, so stelle ich zwei Urteile auf, die nichts beweisen und die Beziehungen
ungeklärt lassen: stelle ich zuerst ein heroisches Thema und so dann ein elegisches
oder lyrisches auf, so lasse ich zunächst unausgesprochen, welcher Art die Beziehung
heider ist, welches ihr gemeinsamer Nenner ist. Hier kann eingewendet werden:
ist dies im Kunstwerk nötig? Die Beantwortung hängt von der vorherigen Er ..
ledigung der Frage ab: Was will das Kunstwerk? Wir sagten vorher, das Kunstwerk
will überzeugen. Leugnen wir auch dies, so berauben wir das Kunstwerk seiner
Lebensäußerung. Denn das Kunstwerk spricht (in weitestem Sinne). Sprache aber
ist Betätigung ,eines Willens. Was spricht es aus? Die in ihm ruhende Idee seines
Schöpfers. Wollte man auch diesen Satz leugnen, so nähme man der Kunst jedes
Objekt ihres Ausdrucks und damit diesen selbst. Diese Idee kann allgemeinster,
nicht in Worte zu fassender Natur oder auch positiv. . poetischer Art sein. Sie dar . .
zustellen sei der Wille des Kunstwerkes, von ihr will es überzeugen. Hiezu bedient
es sich seines höchsten Mittels, des Ausdrucks. Die Ausdrucksformen sind mannig. .
faltig, ja gegensätzlich; gleichwohl: sie dienen dem Wohl des Kunstwerkes, also der
Idee. Sie allein ist der gesuchte gemeinsame Nenner, sie gibt dem Werk die
Richtung, in deren Gemeinsamkeit die Beziehung auch der schärfsen Gegensätze ruht.
Im ersten Teil des Brucknerschen Symphoniesatzes nun erzeugen Haupt. . und
Seitensatz, scharf plastisch gegliedert auftretend, in ihrer Unverbundenheit und
Gegensätzlichkeit das Gefühl der Spannung, des Suchens nach der gemeinsamen
Idee. Der Durchführungsteil bringt in kontrapunktischer Kombination uns der
Lösung der Spannung scheinbar näher oder er erhöht dieselbe noch; dann jedoch
tritt das für den Gesamteindruck entscheidende Moment ein, wenn im Repetitions . .
teil alle Gegensätze unberührt vom Vorhergegangenen in voller Schärfe und Aus'
dehnung wie der erscheinen. Dieselbe Spannung, wie im ersten Teil, vermögen sie
nicht mehr zu erzeugen. Kein Versuch, sie als Ausdrucksform eines verbindenden
Willens, einer Gesamtidee hinzustellen, kein Bestreben, von etwas anderem als von
ihrem isolierten Dasein zu überzeugen. In ihrer wundervollen Schönheit und Kraft
genügen sie sich selbst. Die im Durchführungsteil angegebene Richtung ist als solche
wieder aufgegeben. Es ist klar: die Ausdrucksmannigfaltigkeit der unüber'
brückten Gegensätze kann nichts anderes als Man n i g falt i g k e i t des Ein d r u c k s
hervorrufen. Hierunter aber muß naturgemäß die Überzeugungsfähigkeit des Werkes
leiden. Dies der Kernpunkt der ganzen Frage.
Sofort aber erhebt sich die weitere: Wie kommt diese Bruckner eigentümliche
Form zustande? Die Antwort ist merkwürdig genug. Nicht, wie man früher glaubte,
mangelnde, sondern zu strenge Befolgung des symphonischen Schemas hat dieses
Resultat gezeitigt. Die genaue Beobachtung der Vorschriften erfordert die wörtliche
Repetition des ersten Teiles im dritten Teil (von gewi.<sen Transpositionen abgesehen)
- aber bot dieses starre Schema Platz für den ungeheuren Gedanken' und
Empfindungsreichtum eines Bruckner? Was er zu sagen hatte, war von allergrößter
Dimension und neuartig. Warum gestaltete und erweiterte er die Form, wenn er
die hergebrachte schon übernahm, nicht mit kühnem Griff für seine persönlichsten
Zwecke, wie Beethoven, Berlioz und Richard Strauß es taten? Die Antwort auf
diese Kardinalfrage kann nur eine Betrachtung der Psyche des Meisters geben.
Zeitgenossen wie Biographen wissen nicht genug immer wieder von der bis
zum Greisenalter reichenden, fast kindlichen Naivität des Meisters zu berichten.

630
Naiv sein bedeutet nichts anderes, als den Zusammenhängen der Außenwelt fremd
gegenüberstehen. Wir wissen nun, daß Bruckners allgemeine Bildung stets eine
primitive geblieben ist. Hieraus für die Beurteilung eines Künstlers Schlüsse zu
ziehen, wäre Anmaßung. Hervorragende, ja allergrößte Künstler aller Zeiten, die zu
universalster Bedeutung für die Geistesgeschichte ihrer Epochen gelangten, verdankten
diese keineswegs der ihnen zuteil gewordenen Bildung. Nicht das Wissen, sondern
das innere Streben gibt dem Geiste des Menschen Form und Richtung. Kunst-
bestätigung ist aber immer nur ein e Seite menschlicher Geistestätigkeit. Es ist nicht
denkbar, daß das künstlerische Schaffen unbeeinflußt von der gesamten intellektuellen
Anlage des Künstlers bleibt. Wer das Bedürfnis nach geistiger Vervollkommnung
empfindet, der sucht den Dingen Zusammenhang, Beziehung und Form zu geben.
Dieses Streben verleiht den Menschen die Fähigkeit, formal (in philosophischem
Sinne) zu denken. Jede geistige Tätigkeit wird vom formal gerichteten Intellekt
aufs stärkste beeinflußt. Nach allem, was wir von Bruckner wissen, hat' er dieses
Bedürfnis nach allgemeine~ geistiger Vervollkomn1nung nie empfunden. Sein kind . .
lich rührendes Verhältnis zu Gott war ihm von seiner Kirche vorgeschrieben. Seine
Werke legen von dieser echt katholischen Frömmigkeit immer wieder beredtes
Zeugnis ab. Daneben erkennen wir ein starkes allgemeines Naturgefühl (romantische
Symphonie)1 das jedoch sein persönlichstes Verhältnis zur Natur unausgesprochen
läßt. Seine Musik betrachtete er wohl als einen ihm von Gott anvertrauten Schatz,
den er unter steten Dankesbezeugungen gegen seinen Spender verwaltete. Das Be. .
dürfnis, sich als denkender Mensch mit seinem Gott und der Welt auseinander
zusetzen, empfand er jedoch nicht.
Mit formaler Geistesrichtung geht das Assoziationsvermögen Hand in Hand.
War bei Bruckner die Fähigkeit, die Dinge der Außenwelt untereinander und mit
sich in Beziehung zu setzen (Assoziation) nur schwach entwickelt, so mußten sich
hieraus die gleichartigen Folgen für die Wirkungen seines Werkes ergeben. Gewiß,
nur der Programmusiker betrachtet die konkrete Weit oder seine Vorstellungen
von ihr als Vorwurf (Objekt) seiner Kunst. Aber der allgemein assoziativ
arbeitende Geist auch des absolut schaffenden Komponisten wird stets entsprechende
Wirkung auszulösen vermögen. 'Wie deutlich erkennen wir bei Brahms in der
ersten Symphonie den gewaltig ringenden, Befreiung suchenden Menschen. In der
dritten den Mann im Vollbewußtsein befestigter Kraft, in der vierten den rück . .
schauenden! Von alledem kann bei Bruckner naturgemäß keine Rede sein. Von
einer Entwicklung der gesamten geistigen Persönlichkeit innerhalb der neuen
Symphonien ist kaum etwas zu verspüren. Wir erkennen sein kindlich frommes
Gemüt, aber zum Ausdruck universeller Religiosität eines Bach können sich seine
Werke nicht erheben. Alle Versuche seiner Interpreten, seinen Symphonien ein
Programm, ja nur die Schilderung positiver Seelenvorgänge unterzulegen, tun den
Werken Gewalt an. Selbst Bruckners eigene nachträgliche Aussprüche in dieser
Richtung sind mit Vorsicht aufzunehmen. (Vereinzelte Ausnahmen, wie die Jagd-
fanfaren im dritten Satz der romantischen Symphonien, die österreichischen Ländler
in mehreren Scherzi, beziehungsweise Trios beweisen nichts dagegen.)
Aus dieser Betrachtung Brucknerscher Psyche erklärt sich seine musikalische
Formgestaltung : er akzeptierte gläubig das traditionelle Schema, aber sein nicht
allgemein formal denkender Geist empfand die innere Notwendigkeit der Form
nicht. So blieb sie, starr und ungebildet vom Willen dessen, der sie mit gewaltigstem

631
Inhalt überflutete. Alle oben beschriebenem Eigentümlichkeiten: d.ie unbekümmerte
Anwendung trennender Generalpausen, das Wiederauftauchen unversöhnter, der
gemeinsamen Richtung entbehrender Gegensätze in der Reprise gewinnen so ihre
psychologische Erklärung. Sie sind zugleich die eigentlichen Ursachen für das
mangelnde und nur schwer sich erschließende Verständnis Brucknerscher Werke,
die bis heute ihrer populären Verbreitung hindernd im Wege gestanden haben.
Nicht daß die für die Beliebtheit maßgebenden Faktoren, Fachkritik und Publikum,
sich selbst über die Gründe ihrer oft skeptischen Haltung Rechenschaft zu geben
bemüht gewesen wären - es genügte, daß man sich an den Ecken und Kanten
der <an die Zyklopenbauten von Mykene erinnernden) Riesenblöcke immer wieder
stieß, um paradoxerweise dort von Formlosigkeit zu sprechen, wo gerade im
Gegensatze zu kühnen Neuerern der Form an ihr vom Schöpfer des Werkes starr
festgehalten wurde.
Noch ein Moment mag der. Verbreitung der Brucknerschen Symphonien bis zu
einem gewissen Grade im Wege gestanden haben: Zur selben Zeit, da man über. . .
haupt an häufigere Aufführungen der Werke denken konnte, erschienen die ersten
symphonischen Dichtungen eines Richard S t rau ß auf dem Plan, und ohne daß
dieselben in ihrem hohen musikalischen Gehalt und Werte von vornherein richtig
erkannt werden konnten, wandte sich ihnen schon aus objektiv. . stofflichen Gründen
das allgemeine Interesse so frühzeitig zu und beeinfIußte die öffentliche Meinung
und Sinnesrichtung 80 stark, daß eine Zeitlang. die Aufnahmefähigkeit für jede dem
Gedanklichen so ferne Musik wie für die Brucknersche in weiten Kreisen nur
gering war. Erst das letzte Dezennium hat - sicherlich auch unter dem Eindruck der
in der Mitte stehenden Mahlerschen Werke - zutage treten lassen, wie gut beide
"Richtungen<4 nebeneinander bestehen können.
Mag auch dem Brucknerschen Lebenswerk eine eigentliche Popularität nicht zu
prophezeien sein, immer wird eine große Gemeinde von Gläubigen den Offen...
barungen dieses erhaben. . einfältigen Genies im Innersten ergriffen lauschen.
a a

J0 SE P H G U S T A V M RA C Z E K S WE R K E
Von Dr. Guido Glück, Brünn
In Deutschland macht jetzt ein nicht mehr allzu junger Komponist immer mehr
von ~ich reden: seine Lieder erklingen in Konzertsälen, seine Kammermusik wird
gepflegt, seine symphonischen Dichtungen werden aufgeführt, er unternimmt
Dirigierfahrtell, Leipzig und Chemnitz widmen ihm ganze Abende, ja geradezu eine
Woche, die Dresdener Landesoper schickt sich an, sein neuestes Musikdrama zur
Uraufführung zu bringen, Nikisch und Muck haben ihn wiederholt aufgeführt,
Amerika ist er kein Fremder mehr: \Vien kennt ihn nicht oder wenigstens fast
gar nicht. Überflüssig zu sagen, daß es sich um einen deutschen Österreicher
handelt. Es ist Joseph Gustav Mraczek.
Er wurde am 12. März 1878 zu Brünn in f..1:ähren geboren und verriet schon
als Kind musikalische Begabung. War Kirchensänger, Geiger, mit 12 Jahren
Vollender einer "Oper" nach Schillers"S e m e I eil, studierte am Wiener Konservatorium,
wurde Konzertmeister am Brünner Stadttheater, begründete ein Quartett und

632
widmete sich bald ganz der Komposition. In seiner Vaterstadt hielt er es bis zum
September 1919 aus. Dann hatte er genug von seinem typisch österreichischen Künstler-
schicksal verbitternder Nichtbeachtung und floh nach Deutschland. Nun lebt er in
Dresden auf.
Zunächst trat er mit zwei Opern hervor. Die romantische Märchenoper ffD e r
gläserne Pan to Hel", deren Libretto Platens heroische Komödie gleichen Namens
lieferte, wurde am 14. April 1902 in Brünn uraufgeführt. Neben recht bunten,
begreiflichen Abhängigkeiten von Wagner, aber auch Humperdinck, De1ibes, Massenet
und Schumann, verrät seine Musik' doch schon interessante Selbständigkeiten,
namentlich in anheimelnden lyrischen Ergüssen. Meisterliche Beherrschung polyphonen
Stils und eigenartigen Orchester kolorits zeichnen ihn hier schon aus.
Gewaltigen Fortschritt zeigt sein nächstes Bühnenwerk "Der Traum~4, zu dem
er sich selbst das Textbuch nach Grillparzers "Der Traum ein Leben" s<huf. Der
Uraufführung am 26. März 1909 in Brünn folgte am 29. März 1912 eine Aufführung
im Reich, und zwar an der Berliner Hofoper, wo sich Leo Blech für das interessante
Werk einsetzte. Weit über die bloße, wenn auch meisterliche Beherrschung des
größten Orchesterapp.rates, virtuoser Instrumentierung und blendender Koloristik
hinaus offenbart sich hier eine künstlerische Gestaltung, die dem Ausdruck des
geradlinig Heldischen, des teuflisch Intrigierenden, des mädchenhaft Liebenden,
dem ganzen Komplex des dramatisch Tragischen wie des Bizarr . .Phantastischen
gewachsen ist. Die allgemeine Erwartung aber, daß dieses Werk über alle großen
Opernbühnen gehen werde, erfüllte sich nicht: Mraczeks Anforderungen an Orchester,
BühnendarsteIlung und Publikum schienen im Verhältnis zu seinem Namen damals
als zu groß.
Inzwischen wandte er sich absoluter Musik zu und errang hier eindringlichere
Erfolge: am 11. März 1911 gelangte sein Klavier-Quintett in Es dur in Brünn zur
Uraufführung. Dessen warmblütige Melodik ist in stets fesselnder, oft frappierender
Harmonik gehalten. Die vier Sätze sind trotz wohltuender Gegensätzlichkeit rund
und geschlossen und in stilgerechtem Kammersatz gehalten. Dieses Werk setzt sich
von Jahr zu Jahr erfreulicherweise immer mehr durch.
Einen großen entscheidenden Sieg errang Mraczek am 1. Dezember 1911 mit
der Uraufführung seiner "Symphonischen Burleske" für großes Orchester,
frei nach Wilhelm Busch' "Max und Moritz". Seine ungewöhnliche Klangphantasie,
unendliche Fülle drastischen Witzes, burlesker Einfälle, grotesker Geistesblitze
rücken seine Eigenart in hellstes Licht, nicht ohne seiner überaus blühenden, warmen
Gefühlslyrik allen Raum zu innigster Entfaltung zu geben. Mag auch einzelnes an
Richard Strauß erinnern, dem das Werk gewidmet ist, Mraczek bleibt auch hier
der von Phantasie überquellende Erfinder ureigener Art. Das Werk errang denn
auch ungeheuren Erfolg: unter Nikisch in Leipzig und Berlin, unter Band in
Stuttgart, in Chicago unter Stock, in Boston unter Muck, in Breslau, Graz, Königs . .
berg u. s. w. Nur in Wien (1918) blieb er ihm versagt. Trotz Nikisch, der weiter
an diese Burleske und an Mraczek glaubt.
Für das Münchener Künstlertheater schrieb er zu "Kismee', einem grotesken
Traumspiel aus "Tausend und eine NachtU, eine so originelle, in aller bunten
Farbenpracht des traumhaften Märchenorients aufglühende :rvIusik, daß sie der
eigentliche Erfolg wurde, der sich in Berlin bestätigte. Aus ihr steHte Mraczek im

633
Vorjahr sieben erfolgreiche "Orientalische Orchesterskizzen u zusammen,
die voll genialer Charakteristik sind.
Sein bis nun größter Opern erfolg wurde "Äbelö", eine romantische Oper -
nach dem Roman von Sophus Michaelis - von Amelie Nikisch und Else Friedländer.
Außer der entzückenden Rokokomusik zum "L i e b e s r a t ll
einem Schäferspiel,
,

das in Brünn, T eplitz'Schönau und Aussig aufgeführt wurde, und zahlreichen Liedern
schrieb Mraczek eine symphonische Dichtung "E va" nach einigen Wedekinds
"Erdgeist" verpflichteten Versen von Emmy Russo. Die Uraufführung fand im
Dezember 1919 in Dresden statt. Breslau und Chemnitz folgten bereits. Nun sieht
die musikalische Welt voll Spannung der Uraufführung seines jüngsten musikalischen
Dramas "Ik dar" entgegen, die im Jänner 1921 in Dresden unter Fritz Rainer stattfindet.
Wien, das eben jetzt Italiener und Franzosen begeistert feierte, sollte sich wahrlich
auch Mracz,eks erinnern, der wohl nur ein deutsch . . österreichischer Komponist, doch
von internationaler Bedeutung ist!
c c

HERMANN NOETZELS "MEISTER GUIDO"


Erstaufführung in Kassel (Staatl. Schauspiele)
Von Dr. K. F.
Vor kurzem gab es eine Neuheit, die man als eine lobenswerte Bereicherung des
Spielplanes anerkennen muß. Das Werk hinterließ, im Ganzen genommen, einen
nachhaltigen Eindruck und regte das gefüllte Haus zu stürmischem Beifall an, da
man sich von Akt zu Akt mehr an dem Werk freute.
Der Komponist, der zugleich der Dichter des von feinem Humor getragenen
Librettos ist, hat sich jahrelang mit dieser Arbeit beschäftigt. Das ist auch deutlich
herauszufühlen, denn der sorgsam mit gesteigertem Effekt aufgebaute Text ist mit
einer geradezu verschwenderischen Musik umkleidet, die in ihrer polyphonen Ton..
malerei eine Fülle von guten Gedanken, von Schönheit, von entsprechender
Komik vereint, daß es fast zu viel des Guten ist. In dem Vielerlei geht manche
musikalisch beachtenswerte Stelle verloren. Namentlich im ersten Akt entwickelt
sich ein so lebhaftes Karnevalstreiben, daß weder vom Gesang, noch vom Orchester
die Einzelheiten zur Geltung kommen. Dagegen ist der zweite Akt klar und schön
herausgearbeitet, ganz auf den lyrischen Konversationston gestimmt und mit einem
prachtvollen Geigenquartett und entzückenden Duetten und Liedern geschmückt.
Hier erreicht die Oper ihren seelischen Höhepunkt. Der dritte Akt bringt eine
stimmungsvolle Szene zwischen Guido und Amata, ein humoristisches Duett Mosca
und Fiametta, dann lustige Verwirrung, Aufklärung und das große Finale. In der
Instrumentierung sind die modernen Ausdrucksformen sehr geschickt mit gefälliger
Melodie verwebt.
Die Aufführung stand unter einem günstigen Zeichen. Dirigent, Regisseur und
Bühneninspektor hatten ihre Künste in allen Farben schillern lassen. Es war zu
erkennen, wie KapeIlmeister Lau g s die schwierigen Ensemblesätze beherrschte
und die neben, und durcheinandergehenden Stimmen sicher führte. An der Regie
des Herrn Derichs erkannte man die kundige Hand des erfahrenen Praktikers.
Das Publikum rief zum Schluß den KapelImeister und den SpielIeiter heraus.
o c

634
{ilass reil
KONZERTNACHRICHTEN ~ so wird man "ausdrücklich". "nochmals"
"wiederholt"l aufmerksam gemacht, und muß
.
Wie lieb alle sindl Wie wir - sprich einmal "technischer Schwierigkeiten" halber
Publikum - verhätschelt werden J Da werden ganz abgesagt werden, braucht sich niemand
geschwind noch ein paar Podiumsitze aufgestellt, zu beunruhigen: "Das Geld für die gelösten
schnell noch zwei Cerc1ereihen eingeschoben. Karten wird zurückerstattet", selbst wenn die
Wenn der größte, der allergrößte, der weitaus technische Schwierigkeit darin bestanden haben
größte Teil der Sitze vergriffen, der Saalnnahezu u, sollte, daß keine Karten gelöst wurden.
"fast gänz1ich~t ausverkauft ist, einige wenige Diese Art von Reklame ist kindisch. Sie ist
ffrestliche", schlimmstenfaIls nur "riickwärtige U noch nicht marktschreierisch, noch ,nicht ameri..
Karten werden immer noch an der Abendkasse kanisch genug, um zu wirken, sie verkennt das
bereitgehalten. Sie tun wahrhaftig ihr mäg.. Wesen der Reklame, indem sie für jedermann
liehstes, die Herren Konzertdirektoren. Die dieselben abgeleierten Phrasen jahraus, jahrein
klugen Lotsen, die uns durch die Konzertflut parat hält, sie ist dennoch geschmacklos, da es
dirigieren, führen denselben Namen, wie die sich nicht um Schuhpasta handelt. Damit lockt
Leiter der Konzerte. Man könnte sie zur Unter,.. man keinen Hund vom Ofen, und schon
scheidung: indirekte und direkte Direktoren gar nicht in einen ungeheizten Konzertsaal !
heißen. Sie "laden lt die Kilnstler "ein", sie Spaltenlang dehnen sich diese Lächerlichkeiten
"bestimmenu, sie "bewegen", ;a "verpflichten" auf dem knappen Rotationspapier. Kein Wunder,
sie. Und die Künstler 1 Sie ändern ihre Reise .. daß für die Mitteilungvon-Konzertprogrammen
dispositionen, überwinden diese und andere meistens kein Platz bleibt. Schätzt man das Pub ..
Indispositionen, unterbrechen ihre Tournee, likum richtig ein, daß ihm nämlich das Pro ..
verabschieden sich vor, stellen sich nach dieser gramm "WurschtU ist, weil es ins Konzert nicht
vor, scheuen keinerleiPaßschwierigkeiten - und geht um zu hören, sondern um zu reden, oder
dies alles nur, um "vor das Wien er Publikum nimmt man an, daß der bessere Teil der
treten" zu können. Manche legen Wert darauf, Besucher die typischen "Vortl'agsfolgen" ohne..
d.ies "erstmals" zu tun. Sie wählen ein Programm, dies kennt, und es erst recht Papiervergeudung
eIn "fesselndes", "interessantes", "künstlerisch wäre, sie immer wieder abzudrucken? Dallll
wertvolles'l, (das darum noch immer kein - würden sich vielleicht Typen nach Art der
gewähltes sein muß), sie ändern es, und zwar Dollarpakete empfehlen, so daß der Käufer eines
auf "vielseitiges VerlangenU, erweitern es, setzen Programms B sicher wäre, eine Dose Bach,
-es schließlich fest, worauf es "endgültigfeststehtu. ein Kilo Beethoven (Betonung auf der zweiten
Dann kann man freilich nichts mehr machen. Silbe!) und drei Büchsen Chopin .. Konscrven zu
Sie wiederholen das Programm, das sie in - bekommen, und die vereinfachte "Konzert.-
sagen wir: Svakopmund so erfolgreich vorge .. nachricht" bloß zu melden hätte, an welchen
tragen haben, und verschweigen listig, daß sie Tagen die Type D "durchgeführt/< werden wird.
Im übrigen bleibt uns die bisherige beliebte
dort .g~nz e~enso das Programm w\ederholten,
das sie m Wien so erfolgreich vorgetragen hatten. Fraterbuden...Methode; "Erstes selbständiges Kon ..
Sie führen sich ein als .,hochbegabte" Nach.. zert··, "erstes in dieser Saison/J, "erstes nach
kommen des oder der "unvergeßlichen ll ..• -, Wiederherstellung", "einziges", "der Vorverkauf
und dann folgt mit dem Namen die Bestätigung beginnt, hat begonnen", "Anmeldungen, Vor..
des philosophischen Lehrsatzes, daß es unmöglich merkungen werden entgegengenommen", "der
ist, zu vergessen, was man nie gewußt hat. Sie Kartenverkauf beginnt, hat begonnen", "aus ..
erklären sich in liebenswürdiger Weise bereit verkauft", - "wenige restliche" - Konzertkasse
und verlangen dafür, daß ihnen ein "großer Ruf - Abendkasse - Kasse - ! - Kasse .•• ! ! - -
vorausgeht" von uns nichts weiter, als daß sich Das Publikum aber, das solche Konzert ..
allseits das regste Interesse kundgebe und nachrichten braucht, hat sich auch alle Vortrags ..
starke Nachfrage herrsche. Ist es nötig ein folgen selber zuzuschreiben! -
Konzert "vorzulegen", - verlegen hieße es bei R. S. Hoffmann
denen, die die Sprachlehre nicht verlegen machte a a

635
MUS I K IN WIE N sich erst unter den Strahlen der Frühsonne zu
wärmerem Leben entfaltet. Das feinziselierte
Ausländische Gäste: Schweden und Italiener. Orchester hat viel Ähnlichkeit mit manchem
Höflichkeit verpflichtet den Gastfreund, Dank.. der jüngeren Italiener. Das sind die bunten
barkeit den Bedürftigen, dessen Gäste den Wirt Nuancen~ die man heute trägt.
noch beschenken. Trotzdem: Herzlichkeit wäre Viel weniger auffallend in dem pseudo,..
nur möglich gewesen, wenn das magische modernen "momento dramatico" Granellis, der
Fluidum herzensentströmter Musik Verwandtes weinende Trauer und tobende Verzweiflung
in uns influenziert hätte. Was zu hören war, gegenübersteHt, oder in G. Mules simpler
bezeugte viel hohen Kunstverstand, viel re .. Kantilene, die "eine Nacht in Taormina " als
spektables Können. Kaum aber Eigenart, am Operninter'mezzo schildert, doch angenehm sicht..
wenigsten nationale. Und das deprimierte. bar in Riccardo Zandonais impressionistischen
Die harmonische und orchestrale Entwicklung Skizzen "Primavera in Val di sole." Sehr hoch
vermischt das Bodenständige, Urtümliche immer entwickelt hier die Kunst, in Orchesterfarben
mehr, wie die moderne Großstadt.. Zivilisation zu malen, Waldes.. und Bachstimmungen mit
den nationalen Charakter, verwischt das Ur .. der Manier der ]ungfranz:osen mehr vor das
sprüngliche zu einem charakterlosen internatio .. Auge als in das Ohr zu zaubern, obwohl der
nalen Brei. Nationale Akzente wirken fast wie sinnliche und artistische Reiz dieser Wohlklangs ...
Rückfälle, gewollte Rückschritte, nicht mehr als mischungen keineswegs gering geschätzt werden
gerade gewachsene Natur. So bei den Schweden soll. Am überraschendsten aber äußert sich eine
die "pie cola sinfoniaU von Kurt Atterberg, die höchst gesteigerte Klangphantasie in den Werken
so gut wie ausschließlich aus schwedischen Ottorino Respighis, von denen eines, die "Fon..
Volksmotiven, meistens aus der Provinz Wester.. tane di Roma" vorher bei den Philharmonikern,
götland stammend, aufgebaut ist; weshalb es ein zweites, "Gnomenballade·... im italienischen
der Komponist "vorgezogen hat, dem Werke Konzert zu hören war. Den harmonischeren
eine diminutive Form zu geben, und die Eindruck hinterläßt die besonders geschmack...-
thematische Arbeit auf ein Minimum einzu .. voIle und anmutige Schilderung von vier der
schränken". So bei den Italienern Edoardo berühmten römischen Brunnen in der ver ..
Granellis, des gewandten, unitalienisch eleganten schiedenfarbigen Beleuchtung verschiedener
Dirigenten Opernarie aus "Anna Karenina'*, die Tageszeiten. Ländliche Morgendämmerung, lu . .
plötzlich alle irisierenden Schleier unorganischer, stiges Tagesgeplätscher übermütiger Najaden und
anempfundener Modernität weit von sich wirft Tritonen, mittäglich rauschende Festzugsfeier..
und schamlos sich bewährter, reißerischer, sinn.. lichkeit zu Ehren des dreigezackten Gottes,
lich..spekulativer Bajazzo..Operntradition in die abendliches Verdämmern unter melancholi...
erfolgverheißenden Arme wirft. In beiden Fällen sehern Glockengeläute - dies alles ergibt ein
immer noch das Sympathischere, weil Echtere. kleines, formgerundetes, beinahe symphonie ..
Was die Schweden unter der so durchaus artiges Gebilde, das an Klangwundern überreich
natürlichen und sicheren, Sympathie erwecken.. dem aufhorchenden Genießer immer neue Pro..
den Direktion ihres Hof..Kapellmeisters Adolf bleme stellt. Weit weniger angenehm, wenn
Wiklund noch brachten, war farblose, kon.. auch technisch ebenso bewundernswert die
ventionelle Ge1egenheitsmusik, wie Oscar Lind .. grausige (der Wiener würde sagen: grausliche)
bergs gut gesetzte Fest-Polonaise, oder epigonen ... Ballade, mit ihren abstoßenden, an die blut ..
haft vergeb~iches Bemühen, sich zu Strindbergs rünstigen symphonischen Dichtungen des altern...
Riesenmaß aufzubäumen, wie in der Cis moU .. den Dvotak gemahnenden, in das lächerlichste
Symphonie, die Ture Rangström den l\Ianen "wahnschaffene+i Deutsch übertragenen Details.
des großen Revolutionärs gewidmet hat. Hier Hier fehlt vor allem die formale Geschlossenheit,
werden mit gewaltiger Gebärde Keulen ge... die getreu der Tradition nur literarisch orien..
schwungen, die aus Pappe sind, wie mittel.. tierter Programmusik der novellistischen Er ...
europäische Kapellmeisterei nicht anders getan zählung fortlaufender Begebnisse geopfert
hätte. Orchestral anregender verlief des ge- werden mußte. So hält man sich weniger an
schätzten Dirigenten Tondichtung "Sommar'*, das Sujet von den zwei wilden Weibern, die
obwohl die instrumentale Phantasie, die den einen "faselnden Gnomen"'rauben, vergewaltigen
ersten sehr reizvoIlen Effekt eines nordischen und dann umbringen, als an die spannende, in
Sommernachtstraums geschaffen hat, auf die Atem haltende Darstellung. - Dann aber, wenn
Dauer kaum die Beengtheit des knappen the.. alles vorüber ist, regt sich noch ein ebenso
matischen EinfaIls auszugleichen vermag, der bescheidener, als hoffnungsloser Wunsch: nach.

636
ö.w tcrreichischen F elitkonzerten, nach öaterrdchi ... Elberfeld wirkte, h'lt ab öbcr.tlter musikalischer
Bchen Kapellmeistern, nach Aufführungen öster .. Leiter nach Diisae1dorf berufen worden. Kloiber
reichi.lilcher Atterbergi und Respighh1. Wer .sucht, ist ein warmer Anhänger der modernen Mulik:
wird sie finden. R. S. Hoffmann und hat unter anderem in der vorigen Konzert..
e e saison drei Mahler.. Symphonien in ElberfeId
zur Auffiihrung gebracht.
N o T I z E N e c
nD i e V ö gel", ein lyrisch.. phantastisches
Spiel nach Aristophanes, von Walter Braun..
fels in Worten und Musik verfaßt, hat bei
BESPRECHUNGEN

EGON WELLESZ:IV.STREICHQUARTETT,
seiner Uraufführung im Münchener National...
theater einen äußerst starken, völlig unbe.. ap. 28. Universal..Edition Wien-Leipzig.
strittenen Erfolg erzielt. Grazie, Laune und Dieses Quartett ist nicht nur in seiner
Humor haben sich in dieser Musik mit warmer, Harmonik, sondern auch in seiner formalen
wahrhafter Empfindung vereint und echte Anlage radikal..modern. Hier ist keinerlei
musikalische Lyrik zeichnet die Grundstimmung Zusammenhang mit der Sonatenform der
des Werkes. Die Aufführung unter Bruno Klassiker merkbar, man müßte eigentlich von
Wal t e r war vollendet und zeigte die Liebe, fünf aneinander gefügten kurzen Stücken
mit der alle Beteiligten diese, in vielem ganz sprechen, die höchstens in der Wahl der
neue Aufgabe angepackt haben. Im nächsten Mouvements, nicht aber in ihrer Anlage mit
Anbruchheftewird eine ausführlicheWürdigung den Satztypen der herkömmlichen Formen in
dieses Werkes von unserem Berichterstatter Beziehung gebracht werden können. Der erste
erscheinen. Satz, der sehr gehalten beginnt, zeigt einen
e Ansatz zur Dreiteiligkeit, da nach dem beweg..
Die zweiaktige Oper ttP r i n z e s I!I i n te ren, kontrastierenden Mittelteil eine, wenn
Girnara" von Egon Wellesz nach dem auch stark modifizierte Reprise merkbar wird.
Texte von Jakob Wassermann wurde vom Im zweiten Satz erscheinen gleichfaUs zwei
Operntheater in Frankfurt a. M. zur Urauf.. Themencharaktere : Eine weitgeschwungene
führung angenommen. Das Werk wird im Melodie, allerdings eigenartig skurril harmo..
März 1921 in Szene gehen. nisiert, beziehungsweise kontrapunktiert und
o ein graziöser, hauptsächlich durch seinen
Rhythmus wirkender Gedanke. Der dritte Satz,
Aus Anlaß der 150. Wiederkehr von Beet...
am ehesten ein Adagietto einer Sonate, fällt
ho-vens Geburtstag werden nicht nur in Wien,
dadurch auf, daß das Thema zuerst im Cello,
sondern auch in anderen deutschen Städten
und zwar unbegleitet gebracht wird. Der Über..
Beethoven... Ausstellungen veranstaltet, so in
gang zum vorletzten, schnellen Satz, erfolgt
Frankfurt a. M. durch das Mannskopfsche
unmerklich. Dieser, an Dimension längste, steht
Musikhistorische Museum, wo eine besondere
im Charakter zwischen einem Scherzo und
Abteilung dem "Fidelio" und seinen Darstellern
einem Finale und wird von einem getragenen
aus Vergangenheit und Gegenwart gewidmet ist.
Epilog gefolgt, der dieses merkwürdige
e Werk beschließt. Thematische Zusammenhänge
Prof. Faul Graener, der Nachfolger Regers zwischen den einzelnen Stücken sind nur
am Leipziger Konservatorium für Musik, spärlich angedeutet. Bloß eine gemeinsame
vollendete soeben ein neues Streichquartett und Idee, die Entwicklung einer Stimmung, herrscht
eine Rhapsodie, welche am 9. Februar 1921 im vor. Auf die Harmonik näher einzugehen, wäre
Gewandhaus zu Leipzig zur Aufführung ge .. in diesem Rahmen unmöglich. Es genüge der
langen werden. Hinweis, daß das Werk völlig atonal ist und
e neuartige Akkordbildungen, die manchmal sogar
Der Trauermarsch aus d er D moll ..Symphonie modern geschulten Ohren ziemlich hart klingen,
von Dr. H. Unger gelangte in den Symphonie ... bevorzugt werden. Das Quartett wird im Er...
konzerten des Bochumer Stadtorchesters mit klingen sicher stark wirken und wäre sehr dazu
großem Erfolge zur Erstaufführung. geeignet, unsere Kammermusik..Vereinigungen
aus ihrer Lethargie, in der sie stets dieselben
e klassischen Werke abhaspeln, emporzureißen.
Kapellmeister Erich Kleiber, der bis jetzt P. A. P.
'Ul den yereinigten StadttheaNrn Barmen ... o

637
]ULIUS KAPP: GIACOIolO IIIEYI'!RBEER. Zugegeben: die melodische Potenz ist nicht
Verlag Schu:ster und Löffler, Berlin. gerade himmelstürmend, die Leidenschaft nicht
Der letzterschienene Band der Musiker. . von elementarer Kraft, aber trotzdem reißt das
biographien des Verlages Schuster und Löffler Werk mit. Es ist keine "Papiermusik"'; nein,
entstammt der Feder Julius Kapps. Berlioz, man spürt von Anfang bis zu Ende ein starkes,
Liszt, Paganini und Wagner hat er bereits in tiefes Erleben, man fühlt: da ist ein Geist am
diesem Rahmen biographisch gestaltet. Auch Werke, der meist versonnen t oft auch stark
hier liegt wiederum lkeine geschichtliche Tat .. ver grübelt, aber immer der eines ehrlichen,
sachen a.nhäufende Leb.ensbeschreibung vor, warmfühlenden Künstlers ist.
sondern eine lebendige Schilderung des Lebens Die Erfindung kann durchwegs als edel,
Meyerbeers. Kapp versucht zum ersten Mal, den die Technik als rein bezeichnet werden. Alles
großen Meister des Effekts aus den psycho ... ist zielbewußt und sicher gebaut und der
logischen Zusammenbän~en seiner Zeit heraus Komponist verliert sich nicht in maßlose Längen...
zu fassen und sein reines künstlerisches Ge,.. dimensionen; ein nicht .zu unterschä.tzender
wissen prüft völlig sachgemäß Wert und Un,.. Vorzug, dessen sich nicht allzuviele moderne
wert der Werke dieses Beherrschers der Oper. Tondichter rühmen dürfen.
Dank der tiefschürfenden Quellenarbeit Kapps So bleibt auch bei kritischester Betrachtung
ist ein ganz neues Bild dieses einzigartigen ein Gesamteindruck, der diese Symphonie
Genies vor unseren Augen erstanden. Der als sympathisches Werk eines durchaus auf..
trefflich skizzierte Lebenslauf des Maestros richtigen und ernsten Künstlers freundlich
liest sich wie ein fesselnder Roman, die geist.. begrüßen heißt. Dr. Jos. A. Dasatiel
volle Analyse seiner Werke aber eröffnet unge..
ahnte Blicke in die Geisteswerkstatt des ge..
o c
walti«cn Operntyrannen.
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Willy Werner Göttig, Frankfurt
Kar! W ei g 1 ist einer der markantesten
c
Erscheinungen unttr den Wiener Komponisten.
GUIDO PETERS: III. SYMPHONIE, Fis moll. Unbeirrt von allen Strömungen des Tages hott
Universal..Edition. er, ursprünglich von den strengen Formen der
Wenn man im Jahre 1920 eine schön Meister des 19. Jahrhunderts ausgehend, seinen
gestochenc t eben fertiggewordene Partitur einer eigenen Weg zur Moderne gefunden. Besonders
neuen Symphoniq: in die Hand bekommt, fragt seine Streichquartette und Orchesterlieder zeigen
man sich unwillkürlich: war es gerechtfertigt, deutlich Züge der neuen Zeit. Das beiliegende
dieses Werk zu drucken? Bei der Symphonie Liedistzwar aus der Jugendzeitdes Komponisten,
in Fis moll von Peters darf die Frage ruhig wirbt aber durch Ernst und Tiefe für dessen
glZ:stellt werden - man wird sie bejahen. starke Persönlichkeit.

Verlag P. Pabst, Leipzig


NEU E NOT E N Fritz Leeder : 12 Tanzweisen im LändlerstiI,
Verlag Bote & Bock, Berlin op. 10
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von Dehmel, Dauthendey und Wildgans c c
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instr~mente und Klavier
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A. Winternitz: Zwei Lieder, op. 18 Verlag Joh. A. Böhmet Hamburg
Fünf Klavierstücke, op. 19 Die Musikwelt : Monatshefte für Oper und
Verlag A. und G. Carisch & Co., Mailand Konzert
Luigi Cornago: 50 Solfeggi Cantati Verlag Erich Reiß, Berlin
Tribüne der Kunst und Zeit: Schöpferische
Fritz Kirchner: Drei Klavierstücke
G. Linder: Fünf Klavierstücke Konfessiönen
Verlag I Universal .. Edi tion, Wien-Leipzig
Verlag Friedrich Stahl, Nürnberg Das MaWer..Fest. Herausgegeben von Doktor
Siegfried Fall: Streichquartett, op. 9 C. Rudolf Menge1berg
Vel'ilntwottllcher Schriftleiter: Dr. P. A. Piak, Wien, I. KarIsplatlri 6. - Herausgegeben von der Univerlal-
Edition A.~G. - Druck von auo MaaJl' Sahne Ges. m, b, H., Wien I. WaIIfis~hxaslJe 10.

638
USI BL -TTE
S
liALBMONATSSOiRIFT FfJR MODERNE MUSIK
U H I
t SCHRIFTLEITUNG; DR. OHO SCHNEIDER I

INHALT DER ZULETZT ERSCI1IENENEN I1EFTE:


I
NUMMER 17
Ad. W~ismänn,.. "" ,.. '" ", ,.... > H' ....., ...... '" , .. "" Male!'lsme MusiK
Df'c Erns! Kul'fh '""" ...... .,. ". '"" " .." Zum W~sef! der Hqrmonik II
Egon W~llesl .. , '" ... '" ,.. U, H' " • • • " "> • • " '"' " . ' " ",. Wo halfen wir-?
Rim. Spedll ................................ Dirigenlen V (Osl<o, fricd)
R. SI. HoffmaorI ." 0<0 .........., .... "" H' .>0 ••• Putöl1i in der Staaisopet

Gloss.erL~ DeulbarkeH von' Syrriphorüe und Oper von A/fl"ed Dressler;:


lYiuslk in Wien von R. SL Hoffrndnn; Kl'ifik der Kriilk von R. S. H. ,I
Besprechungen! Zu um'el'-Qf Nüfenbeilage I Neue Noten I Neue BüdlN'

NOfenbellage: Hans Gal. SkIzze für Klavier

NUMMER 18
James Simo» ...... >"' ••• ,,. . " ."" ...... Zur Psyd101og1'e der Chr-omallk
Siegfri.ed Salomon: Die t'1U5ik in Spenglel's "Unlergang des Abendkmdcs"
We:rnel' WoHl." ."' ." H' Zür Formfrage der 13fUi:kl1ersdlen Symphonje
Egon Wd!esz ...... _,_ ., .... "" ....... ,. Arnofd ,SdJönuel'gs Bühmmwerke

Glossen: Aphorismen von L RoUenoerg; Reznh::eJ;s "Rmer B!aubarl"


von Rh:hard Spernf; DIe "Müfldmer Zeitung" übel' Schtekers "SpiC!W€l'!\"
von Jos.lud. ffseher~ "Der arme Helol'ld1" von Hans Pfjfzfler vön Roberf
Müner-Harfmnrm I ßespredlUngen i Pl'eJsaussdweibcn für !\llwI0l'ltompo-
sHfonen (h~s Anbrudl" ! Zu l!Os€rer Noletlbe!!ag~ ! N~u-e NOTen'

I Nbfenbeilage,: Fefix Petyrek, "txztmlrik"

639
",,'"'' 1 ..,wo ...
-----.---.--1
"'",IM"_~'''''' 1",_

Verein
. I
Salzburger Festspielhaus-Gemeinde
Q(!grundet am I, August 1917-
Silz in Wien, t Giselasfra~e 12, Gebäude der Gesellsd1ajl der Muslk.freunde

Der'Verein nezwedd die Errichtung von fesJspieihau:S,~Baufei1 in Sa!zhurg zur Abhaltung


von inlernatJonaleil musikölisdlefi und dramaUi,,:hen Fe'sfsplelen w~lflkhen I.md geisUimenlnl!a!ts
unler führung der dwlsm€.!!'l Kunsf
Präsidiu", der Dir"ldi"", AI"",,,nde, Thu,.. ·Taxis (Wien) Präsiden!, Direktor fr'edri<h
Qehm.,<he. (Salzburg)I. Vizepl'ö'idel1!' Dr. Karl Wle""r (Wien) P,ä'idenl d. R.. d. SIeai,·
akademie für ,Musih, 'und darslel/k>nde Kumt~ befraut mit der funktion öls ILVizepl'dSident;
Redakteur,He:iilf'h:h Oami,§d! (Wien) ge:st:höftsführendu Direkiiommitglied; Direktor EmO
~on$perger (Wien) fhlönzre[erenf; lande$~Oberredmung!iri;lf ArUmr Samer (Salzburg)
Zenlralkassle" ObersJleulnan! d. 11. Adulf 1'.",,1<
(,"Izborg) Huupl,dlrifl!ül1I'er; Oe"rg
j ....g (SalzburgJ Zenl,"lv""ieher der Orl,gruppen
in die Direktion enisendete Re9iei"UU1gsve:rff'efe:r~ SekJionsral Dr. Kar! Koba~d vom
Sfaafsamf für Inneres und Unferridlf; SekHoosMt Dr. Guslav Hilber vom Slaafsamf fU!,
Verkehrswesen; Obel'oauraf Ing. Gusfav (ielsE! vom Slaatsarni für Handel und Gewerbe,
industrie l.md Bauten:
Kllnst,,,,, .0,. Hllgo Il"fm".."stha' (Wie"], Prol.ssorf'l"x Relnllilrdl (Senm), HolMI
P,p!. Alf.ed Rolle. (Wien), Ql,ekllommilglied Operndir.klor Pro!. fr ....", S<h"lk(WI<m),
On.mdi,eklor Q,.Ri<h""d S,.""" (Wien)
Vordibu:ie der .zweigvereine: Direkflommitgfied Generaldlreklor Dr. Siegmund SffilJ;1skY$ I
Zweigverein Wien; Dlrekl1ol15mifglied D\ft:l,för fl"iedwim Gehmamer§ Zweigvere!n 5a!zburg I

I Se"rl!,...iafe, Wien: L Gi,ela'lro~.12(Karlsp!alz 6), Nü,ikvereinsgeboude. Salzbtlr9' ChurfOrslon.


siraße 1, Resioelizgebaude f

Auszug aus den Satzungen


1111 O.d"..tIi<he Mitglied" •• I. Gruppe, a)Slifl"', weldl. ein jür allemal e1"." Belrag van
K 50,000'- erlegen. bj Gä"ib:tdEä"» welche ein für alkmal einen- Betrag von K 10,000'-
erlegen, <:) fördere«'" we!t:he-eifl fOrallema! einen Betrag von K 2000'- erlegen, d) Spend~r§
weldle ein für a!!emal einen Belrag VOll K '1000'- erlegen
n. Grtlppe~
e) fö,rdernde MU-gii~der mlt einem jährlimerd3eilrag wm mindesleNS K 100"-,
n Unter'stub:ende MUg!ieder 111ft einem jährlidlen BeHr .og von mindestem; K 10'-,
g} Orfsgruppen ais $oldle. weh:he einen Gesöm1betlrag von mindestens K 100'-' j'ähr«
lidl lei,len. (Orl'gruppe,,·Einzelbeil,ag!ü,· werb"nd" NilglIeder l\ 5'-)

Der Verehl glbi mormtlich eine eigene 'Kum!zelfschrfft ~j\-'nHeiiuttgen der Salzburger fest:"
sJ>ielhaus",Gemeinde"$ he!'äUS', w-ekne $k1'1- mit aHen eltlsmlägige:n kuosUerlsmen:und lilerarlschen
fragen bela~hmd die laufenden Ver-elnsang-elegenh-eifel1 behandelt, Hauplsdiriftieiter =Heinridi
Oami.<h, Wien, I. Gi'.laslro~e 12. Se",,!)spr,," für Milglieder iähtlidl K (Mk.) 10'--, für Nidll·
mllg!lede, jandiru K (l"Jk.) 15'--, Einzelnummer K (Nk.) 1';0
J\nmelch,mgen als 'Mitglied und Abofmemetds der "MilteiIungen" werden f-agllm mundfkh
oder sthrlfflid'! angenommen in den Sekretariaten der Saizburger Feslspielhaus.Gemelnde. Wien,
I•. Gisefa'lra~e 12, "nd ,"'zburg, ChurjO"'e",I,"". ,

640
diweignofer
S , !1ll!!IJI!III!!1I1!!!lmlflU!1IIH1JI1!!!H!IlH!!

Flügel
Iinen,
Zithern,
Bogen,
tI~~~~~~~~;;;.;;r.;;~p~ia~n~i:no:sd~
" oll", form!~Uis
Saiten,
P""',g".

6217

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op.19 Drei Löml!eder. • ., .. .,,.,,,,, .. ,,,.,.,,,,.Mark
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oP,. 20 Vl<lml$d!"'r Uederkrei$, .•• , ... " ..•. ,_" ... ' Mark
op.21 Au! den iod eülH Kinde, (Elm'endor!!)".,"rktrk "-
"- Sieben sinfonfsd1e !mpres$lonen für
op. 23 Sdl1<lI·Ueder VOf! Hebbel, ....•.•••. ,'", .... Merk 3"- Orme:ster. ParlHur und ßearbeilim'g
op. 34 Dt~ vo!ksliimhdte lieder." .. ,., .. ,.," ... " Mark
"- für Klavier vierhändig .. Ure 8"-
*
Teuettmgsl1Jsthltl9 250 Prouml
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\!erlagTisrner &. Jagenberg, Cöln a. Rhein
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641
STEINWAY
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Tür")
E. 11. Ol\lEGlN, Ma,·ie"II"<I".. (1. Ave
Mgtla, Kqr1g\f!~' R~s~fJ. 2, ~~rle~,7
90fl1' 3. Otll;dlS Leben._ dtAvl? MfJrHl, ',_"
grClHa pleM.) Nr;, 1 lJ, .4 Je Hk. r50
Nr. 2 u. 3 je Mk.2'-
ARNOlO WINTERNI1:l, op. 18,
t ,Ma/wunder. Mk,l:-. 2. Rose. Mk. }'50
ZuziigUth zso Pn)l':~nt T;etterungulu:ddagl
SOIlIilI!N i;ItSI:HIII!Ml!lih
Q EN ER A L, VERTR ETUN G MAX REGER-MAPPE San'cl 1u. H. MÜlelsdlwere
Fl:lll OSTERREICH, TSCHECHO,StOWAKEI, Klcivie!:S!U<i\e: J.eq5~\ Btllld M1(. ;;".,; .<:!.F;()gli,p:250 ,Prozent
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für MusiK,eingeführt.
. WII!!DI!R I.IEl'l!l1l1UUh '.
KUI\IOWORTH.jbi'gab"" "'". Cllopln-
Werke~ Von L!i1:! e& dl<: be~l~ Chopln.AU:l<il.lbe be.

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PS;lLMU$ 42 "JlUDICA MIIl"
\ürBaf"Sölo, Orgel und Orche~er (ln VorbereUung)
D!lE U811ll'll'Il,USSfiGill VO!lllbftCIfI!'\l"
Koloratur-Arie. Einlage, der Rosine zu Rossln!s ",Barbier von Sevilla"
Parmur ", Nk, 5',- ohne: TeuerungszU$Cil!ag, Klavierauszug o. Mk. 1'1'0
Änsldllsmalerio! bel'€:llwllligs!
Lieder filiI' eine Singstimme uilll:llll:lavier hoch und tief
Aus tiefer 'No! sdlrei ich zu Dir Mit. j,'2O Su!eika (Goelht:) . . " • Hk. 1'20
Sie liEbfen, sich 'b€Jde (HeJrie) . . " Mk. 1"10 Gebel (Klemperer) .. ,., Hk, l<20
An Uli (Goelhe!, , , . , • , • , Mk. 1'- Der Zujriedene (Müller) MI<. 1'50
Lied (Klempel'er) . , , . , •. , . Mk, 1'20 liebeslled (Klemperer! ' , ,. Mk. 1'20
Gefunden (Goe/he). , . . • , , , Mk, 1'l() Hab' mein lieb so lieb (H. S,) . Mk, 1'20
Teuerungszosm!ag, sOl.'lelf nicht anders bem~rkl, 250 Prozent
J

642
2. Dezemher-Haft 1920

USI LATTE
ES SCHRIFTLEITUNG: pR. OTTO
ueH
~.CHNEIDER

4t "*'1... ., "Li_ ,"Mi'M t#

tI/lg emel11er •
j/
--'/

u s I K .. Z I E L
Von Othmar l'leier, Wien
Die wissenschaftliche Darstellung du Gesetze. und. Mittel b.ei der Erziehung zur
Musik, kann man zum größten Teil als ein Ergebnis von Experimenten, Messungen
und Beobachtungen, als aus.chHeßlichesResultat selbstb.obaeb.tende, Erfahrung
deuten, Dennoch kann dttrch biologisch-psychologische Untersuchungen manch ••
Dunkel erhellt und manchu Schleie, geHiftet werden, Es kann ein Zusammen-
stimmen von altu mit n.uer Erfahrnng bedingt werden, und beid. gelangen dadurch
in ein neues,entsch.idender•• Licht,
Der Musik 1st in unserem Gehirn eine Art Zentrale, du Musik- oder Tonsinn
genannt, dngerlchtd, Er Hegt in ein." Stirnwindung lokalisiert, die der Foss"
Silvii angrenzt. Eine besonders starke Entwicklung zeichoet sich durch eine Erwelt.rung
d.. Stirn unmittelbar liber dem äußeren Winkel des Auges nach der Schllife hin aus,
so daß d1.Stirn breiter und gewölbter erscheint. netTonsinn ist Menschen und Tieren
gemeinllam. Kann man schon aUs der Lage auf die Wichtigkeit für die Entwiek-
lung der anderen Sinne schließen, so entgeht der Gemeinsamkeit des Besitzes da.
große Alter inder. epochalen Entwicldung, Aneh di.Mannigfaltigkeit der Natur-
laute. spricht dafür, daß der Tonsinn <iner der ersten sich bildenden Sinne war.
E. taucht hier dle Frage auf, warum d.. Ton"nn bei den Tieren auf der unteren
Stufe stehen bleibt, und nieht wie bei den Menschen höher steigt, umsomehr als
do,h die Tiere und besonders die auf einer höheren Entwicklungsstufe stehenden Haus-
tiere von deh M.enschen mit vi.lerlei Art Musik umgeben werden, narauf die
Antwort: Der Tonsinn wird durch die Außenwelt geweekt, d.. Ton ist somit .ine
in unS aufgenommene Wahrnehmung der Außenwelt. Diese Wahrnehmung wird
dttrch ein Sinne.organ, das Ohr, übermittelt. Die Zahl, Sicherheit und Klarheit
hängt somit von du Zahl, Stärke und V",.bmdung du entsprechenden Nuven ab;
mit anderen Worten: Di. Wahrnehmung und ihr Bewulltwerden ist "uf di.
Tiitigkeit der N.rven und Sinnesorgane angewi.sen andje b.esse. konstruiert
und zahlreicher di.se sind, umso klarer nnd d.utlich.. ist diese Wamnehmung.
Di. Zeit nun, ind.r das Bewußtwerden der Wahrnehmung entsteht, ist a!so
naturgemäß abhängig von der Zelt, in welcher der Körperorgani$mus seine
Ausbildung erhält, und wenn nun in der Entwicklungsreihe von, Tier zu Mensch
epochal irgend einmal das befiihigte Ohr eine Tonempfindung übermittelte und
das beigeordnete Muskel- und Nervensystem so weit ausgebildet war, daß der
Mechanismus der Reize ungehindert tatig s.,in konnte, war damit schon die Be-
dingung zur Bildung des Tonsinn•• gegeben. Die. erklart aber auch, warum der
Tonsinn solbst bd den Vögelt, kein", weiter. Fortbildung erfahren kann und warum
bel den den Menschen nächststehen.den Individnen dasselbed.r Fall 1st. Die
Trennung der Vögel in .Slng"- und .Raub"-Vögel zeigt zum ersten. und a!lf~
fälligsten Mal. den Zusammenhang zwischen Tonsinn und Organismus als
entscheidende. Moment de. Entwidclungsstadiums. Es erscheint klar, dall dk Ent-
wicklung des Tonsinnes von der des Organismus abhängig ist, und wenn der
Organismus eines Individuums eine Überentwiclclung erfahren hat,. die durch die
überwiegenden niederell Triebe (zum Beispiel de, Raubtiere) bedingt wurde, so ist
auch der Tonsiun zurückgeblieben. Selbst bei den Menschen kann man die."lb.
Erscheinung beobachten, wie die Musik der Naturvölker und niederen Völkerklassen
beweist. Diese Abhiingigkeit in der Entwicklung von Tonsinn und Organismus
ist auch der Grnnd des so lebhaften Einflusse. von Organismus auf Tons!nn, sowie
des Tonsinnes auf den Organismus. Der Einfluß des Organismus auf den Tonsin"
ist nicht nur ein veränderlicher. z\lm Beispiel, ein Musikstück wird vom Tonsinn,
während det Körper Schmerz empl1ndet, nicht so aufgefaßt werden können, als
wenn er schmerzfrei wäre, ebenso wie· die Gemüts- und S.elenverfassung, ::rum
Beispiel traurig, Instig, melancholisch, die auffassende und kritisierende Tätigkeit
des T ouslnns verändern; der Einfluß ist aueh ein dauernder, wie chronische organische
Erkrankungen, zum Beispiel Lungen- oder Nervenleiden etc. sich in allen Tätigkeiten
d". TOl1sinnes wiederspiegeln. Der Einfluß des Tonsinnes auf den Organismus hat
seine praktisehe Anwendung im Kriege und beim Militär vielfach g"funden. Diese
Wirkungen (belebend, beklemmend, aufregend, rührend ete.) sind das Resultatd,,<
Arbeitsleistung einer bestfmmten Ner"lmpartie und zwar der "motorischen" Nonen.
Der Weg, den ein Musikstück in uns zuriicklegt, ist ungefabr folgender:
Die Tonw,,!!.n l' gelangen zu unserem Ohr A, werden durch di" sensorischen
Nerven zum. Organ des TonslnMs Bgeloltet, dieses übernimmt die kritische Be,
urteilung (es fallt sie auf oder nicht) und nun erfolgt die Umschaltung; nämlich die
gesamte Setlemnasse U wird jetzt antworten, mit Lust ode. mit Unlust,Befriedigung
ode. nichtbefriedigt, \lnd die motorischen Nerven leiten die Antwort an den äußeren
Organismus C ...

Die Arbeitsleistung. auf dem Gebiete der Musik ist somit abhängig: "on dem
Bildungsstadium des Tonslnnes selbst; dem Entwkklungs&l'ade der sensorischen und
motorischen Nerven (also du Organisnlllll) und dem Entwlcklungsstadium . des
gesamten Seelenlebens. Ein Musikstück, das vom Tonsinn noch nicht aufgefaUt
und verstanden werden kann, wird daher auch kein Inhaltsgefühl auslös." können,
sondernwu,d al. ein bloß.s sinnliche. Geräu.eng.fühl hauptsächlich vom Ohr und
den N erveh beantwortet werden,
Eine gleich komplizierte Abhangigkeit von dem Bildung"stadium, sowie der
Beschaffenheit der einzelnen in Betracht. kommenden Momente ist hei der Unter'
suchungilber aie Gdilhlsauslösung zu heachten, Um die Gefi.illlsauslösungen in ein
rkhtig•• Verhältnis zum musikalischen Erleben zn bringen, ist es unbedingt not'
wendig, die Stellung des Gefilhles selbst zu berichtigen, Das Gefilhi ist die Antwort
des Individuums auf irgend dnen Reiz (Empfin<!ung, Erlebnis, Erkenntnis etc.),
Empfindung und Erkenntnis sind reine Erscheinungen ffu sich, Erst durch die
Tatsache, wie ich mich zu irgend einem Reize verhalte, ob ich Lust oder Unlust
empfinde, kann von einem Gefühl gesprochen werden, Das Gefühl ist also nicht
erkennend, 'sondern bewertend. Durch die Beschaffenheit der ein Gefühlauslöseuden
Momente einerseits, anderseits durch die Variabilität des Verhältnisses letzterer
gegeneinander, ist auch das Gefühl .derart veränderlich, daß die Gefühlsauslösungen.
notwendigerwelse zu einer Stufenleiter von steigender Form präzisiert erscheinen,
Der einfachen Tonempfindung entspricht auch ein einfaches Gefühl, sinnliches
Geräusch oder AktionsgefilhL Die Änderung der Intensität oder Qualität kann da.
Gefiihl bis zum Affekt steigern, bei dem die Beziehung zum Selbsterhaltungstriebe
klar zu erkennen ist. Zum Beispiel ein schriller, zu starker Ton löst ZOfnafl'ekte aus~
Der zusammengesetzten Tonempfindung entspricht wiederum ein zusammen,
gesetztes Gefühl; die einzelnen Töne eines Akkordes werden als Teilgefühle und
bloße Klangsgefiihle in ilner Zusammensetzung zum T otalgefiihl einer Harmonie,
um schließlich in immer verwickelteren Zusammensetzungen die jeweilige Gemüts,
lage oder Stimmung zu resultieren.
Nunmehr beginnt der Einfluß der Tätigkeit des. Tonzinnes auf die Geiiibls,.
auslösungen bestimmend hinzuwirken. Das Gefühl wird durch den vorgeschrittenen
Entwi<klungsgtad des T ons;nncs auf eine höhere Stufe gestellt. und mitJedet Erweiterung
des Fassungsvermögens vom Tonsinn erweitert sich der Bewertungskreis des Gefühles,
Wir haben. bis jetzt das Gefilhl alselne Antwort des .Subjekts auf irgend einen Reiz
behandelt. Mit der Fortblldung des Tominnes sowie des Gefühles wird der bisher
unvorbereitet eint<effende Reiz ein vorbereiteter, das heißt der Tonsinn, de,"sen Tätigkeit
sich bisnerim Ieldenden Sinne vollzog. wirddurch da. Gefühl bestimmt, Reize abzuändern
und neue (dem Geiiibl entspre"hende) Reize zu bilden. Di. Wirklichkeit tritt somit
in die Scha:tlweltund nun tritt diesonder.hare Erscheinung auf, daß seIhst Reize.
die man inder Wirklichkeit fliehen würde, zum Beispiel Angst, SeInecken ete, in de1'
Schauwdt gesucht und gern miterlebt werden,
Unter den Einstellungen der Gefüh!smasse auf Reize unterscheidet man sechs
Grundformen des ästhetischen Schauens_ und zwar:
I. die naturalistische Betrachtung.
IL die romantische Betrachtung,
m. die klassische Betrachtung.
IV. die symbolische Betrachtung,
V, die impressionistische Betrachtung,
VI. die expressionistische Betraehtung,
Der naturalistische Musiker stellt Erlebnisse so dar, wie er sie eben sieht und
erlebt. Er läßt dabei die :Form der Darstellung in den Hintergrund treten .und

645
überliißt alles seiner natürlichen Begabung, Der romantlsmeMusikel' hingegen wird
nut diejenigen Erlebnisse darstellen, die auf einem Gegensatz beruhen und er wird
die inneren Erlebnisse dem Wesen äußerer, auf Gegensatz beruhender Erlebnisse
gemäß darstellen, Als Gegensatz wäre zum Beispid das Schönt im Schrecken, der Edel-
mut des Riiubers, die Minne der Raubritter und zuletzt alles Wunderbare, Ahnungsvolle
und Abenteuerliche zu verstehen, In der romantischen Musik spiegelt sich die ganze
christlich-mystische, gemütsion.erliche Betradltungsweiseund phantastische Gefühl.welt.
Im Klassizismus hat die Form d.r Darstellung ihren. Höhepunkt errekht. Die
symbolische Darstellung versucht es, die Dinge durch symbolische Begriffe anzudeuten;
die letzteren zwei Arten legten den Hauptwert auf den Ausdruck,
Man unterscheidet .xtreme, gemälligte und vermischte Darstel!ungsa~ten, sO daß
"uch unzählige Typen in der Praxis denkbar sind. Für den Komponisten ist es
egal, welche Grundform oder Zwischenstufe er einnimmt, denn 11tU' der Bewertungs,
kreis seines Gefühles, die Tiefe seiner individuellen Ausdruckskraft würde llier
wertbestimmend sein, Anders 'bei dem Virtuosen, Der Virtuose müßte eigentlich alle
Datstellungsatten zu den seinen machen können; denn um die Interpretation eines
Musikstückes vollkommen werdeu zu lassen, muß der Virtuose den Komponisten
(und seine Darstellungsart) auch ganz ventehen. D,n dnen Komponisten aber zn
verstehen, müllte er in diesem Moment auch der betreffende Komponist sein können,
lell erinnere zn den Ausspruch: Liszt konnte Chopin sein, Chopin aber nioht
List! , , , Das Hinneigen einzelner zn bestimmten ,Da..telltmgsarten llat solchen
Virtuosen die Bezeichnung als Chopinspieler, Schumannspider etc" gebracht. Der
Kritiker hingeg~n mull aber sä m t li ehe Betrachtungsarten verstehen l<önnen und
dennoch selbst auf dem Boden der vollkommenen ästhetischen Freiheit stehen; denn
wenn zum Beispiel det Kritiker selbst Naturalist wäre, wie sollte ihm da der Klassi,i.t
nicht fremd erscheineu und wie könnte er gerecht über diejenigen urteilen, die er
nicht verstehen kann?
So wird bei allen drei Gruppen der Bewertungskreis ihres Gefühles ihxen persönlichen
Wert . bestimmen, um .i. als "Künstler" auf die letzte Höhe d •• AusbHckes gelangen
zu lassen,
Von dnem musikalischen Ziel aber kann nm dann gesprochen werd~n, wenn
Tonsinn, Organismus, Gefühl, Seele, Persönlichkeit und Geist glekhbefähigt sind,
in Entwicklung und Ausbau gleichen Schritt zu halten.
Das Ziel selbst bestimmt die Natur,

""

646
9!Jesonderer reif'
ARNOLD SCHÖNBERGS MUSIK IN UNGARN
Von BHa Bart6k, Budapest
Ein~r meiner Schüler brachte mir im Jahre 1912 aus Wien eine Kopie der
damals noch nicht erschienenen drei Klavierstiicke (op, 11) Schönbergs; es wir die
erste. Schönbergsche Musik, di" ich kennen lernte, Es ist wohl anzunehmen, daß in
Bud"pest bis zu jener Zeit - soweit ich mich wohl erinnere - kaum etwas von
Schönoerg bekannt war, ja selbst seln Name w"" den. meisten Musikern fremd,
Seit jenem Jahr indessen fauden sich einzelne junge Musiker - meistens. kaum der
Schule entwachsene - die sich mit großem Eifer auf das Studium der Schönbergsehen
Werb warfen, Es ist begreillich, daß die neuen technischen und Ausdrucks'
möglichkeiten, die "kh inSchiinbergs Werken infolge der Al1fhebung des Tona1ität.'I'
pr,nzlpesofl'enbarten, a"t einige unserer jungen, ja sdbst reiferen Komponisten,
die bereits ähnlichen Zielen zustrebten, einen mehr oder minder großen Elnflua
ausübten. Das Wort ffEinlluß4 wende kh bier im besten Sinne des Wortes an! es
sol! darunter kein. knechtische Nachahmung "erstanden werden; ich meine damit
einen ähnlichen Vorgang, der .ich im Schaffen Strawlnskys (etwa seit 1913) Iw
merkbar macht (namentlich in "Rossigllo1")! Durch den Einfluß Schönbergs biißte
des ersteren Persönlichkeit durchaus nichts ein, im Gegenteil, si. entfaltete sich
dadurch sozusagen no.ch unheschränkter; die dareh Schönberg angedeutete Richtung
fUhrte ihn in .iner ähnlichen Richtung, jedoch auf .anderemPfade weite•.
Im Gegensatz zu dem großen Interesse umete. jungen Musiker für Scbönbergs
Schaffen blieben die W orke Schönbergs unserem Publikum bis zum heutigen Tage
".rschlosse". Zu unser.r Schande müssen wir hier reststellen,daJl in Budapest noch
kein einziges Werk "on Schönberg aufgeführt wurde."
Wir wollen hier nur zwei erfolglos gebliebene bescheidene Versuehe anführen;
Im Jahre 1912 wurde V(ln jungen Musikern ein Verein mit tortschrittliche. Tendenz
gegründet,der U, M. Z, E. Im erstetl (und letzten) Lebensjahre desselben sollte
in einem der vom Vereine veranstalteten Konzerte Op, 11 durch Busoni aufgeführt
werden, in einem folgendem das Strekhquartett mit einer Singstimme. Erstues
scheiterte "n der "usunbekannten Gründen ",folgten plötzlichen Absage Buson,s,
das zweite an finanziellen Gründen.
Man kann sich leicht vorstellen, daß, wenn Werke, die bescheide"e Mittel ..-
fordern, nicht aufgefillrrt werden konnten, an Auffiilirungen der Orchesterwerke
nicht einmal gedacht ,,·erden konnte, Erst in den l~tzten Jahren konnte an dem
Opernhaus- infolg!! der Tätigkelt des Kapellmeisters Eglsto Tango - ein be-
deutender Aufschwung wahrgenommen werden; es wurde die AufRlhrung von
Strawinskys "toSa"". du Printemps" und Debussys "Pelle"s" geplant, so daß man
mit der Zeit die Aufführung eines Bühnenwerkes von Schiinberg erhoffen kon.nte,
* Ausgenommen dne wen'ig geglückte Einreihtmg des zweiten Klaviel'stüekes aus op. 11 In
das Programm des: durch die Zeitschrift ~;Ya-H veranstalteten Vortragsabendes im Dezember 1917~

647
So war es in d<1tt Vergangenheitl und was für Aussichten bieten sich uns 1n der
Zukunft dar? Eine Besserung kO!il>en wir kaum erhoffen. Die Möglichkeit einer
Auffühtung von Kammermusikwerkm, Liedern ist wohl nicht zu verneinen, die
weit wichtigeren Orchester-Aufführungen sind jedoch m absehbarer Zeit nicht zu
erwarten. Das Organisieren einer lebensfähigen Ko:nzert-Orchesterveremigung - der
Wunsch eines jeden uns.... ernsteren Musiker .- wurde in den Jahren d.. finanziellen
Wohlstandes von maßgebenden Kreisen beständig vereitelt. in unsererietzigenLage
ist die Ausführung dieses Planes eine Unmöglichkeit, Dem Orchester unseres
National.Opernhau... werden zu ledern der zehn philharmonischen Konzerte je
vie, Proben gewährt: selbst weit weniger komplizierte neuere Werke können bei
einer so knapp bemessenen Zeit nicht aufgeführt werden. Das Opernhaus selbst
hat .eit September 1919 keinen einenchwlerigeren Aufgabe gewachsenen Dirigenten.
Man kann skh vorstellen, wie seltr eS jedem unserer Musik.,· nah. geht,
darauf verzichten zu mussen, Schönbergs Orcbesterwerke nicht nur zu lesen, sondern
auch vom Hören aus kennen zn lernen.
lJ "

D I R I G E N T E N
VI
Arturo T ollcanini
Von Guido M. Gattl, Tutin
Toscaninis BedeUt!1,1.g wurde ;n Italien vor zwei oder drei Jahren erkannt, als
er nach ."'er Rubepause, die auf eine langere Tätigkeit in Amerika folgte, wieder
in Rom, Mailand und T urin als Kon".rtdirigent auftrat. Daß man seine Größe jetzt
voll wurdigt. zeigt sich in den Triumphen des von ihm geschaffenen und. geleiteten
Orchesters, da. sich jetzt auf ein< Toutneenach Amerika begeben hat,
Arturo Toscanini ist ndet nie ZufriedeneN genannt worden" wenigstens von den
italienischen Orchestermusikern, die meistens an matte Auffülrrungen tausendmal
wie"erholt.rWerke gewöhnt sind, Aufführungen, denen jede persönliche Note fehlt.
Bei T oscaninl ist das allerdings ganz anders, er baut langsam, zielbewullt vom
Grund auf mit einer liebevollen Sorgfalt tür jede Kleinigkeit, die nur von nicht
sachverständigen oder trägen Menschen als Pedanterie oder übertriebenes Virtuosen-
mm bezeichnet werden kann. !st es doch lediglich die Empfindlichkeit seines
künstlerischen Gewissens dem Komponisten gegenüber, zu dessen ergebensten Ver'
emern er gehilrt, sobald er eine Komposition von ihm auffUhrt, Maestro Tosca:n;ui
hat noch nie auch nur eine tlnzlge Partitursei!e dirigiert - speziell in letzter Zeit
- von deren Bedeutung er nicht ganz uberzeugt gewesen wäre; so erklärt sich auch
der. jugendliche Feuereifer und die aufrichtige Hmgabe, die aus semer Dirigenten,
leistung sprechen.
Für ihn hat auch die kleinste, schembar nebensächlichste Kleinigkeit wesentliche
Bedeutung: .er begnügt sich nicht damit, die Umrisse und großen Linien eines
W ..kes zu zeigen, er vernachlässigt auch nicht das kleinste Detail, die feinste
Nuance. So sehr er sich auch seiner eminenten Bedeutung bewußt ist - und das
muß wohl so sein - auf dem Gebiet", der Kunst kennt er keine Intoleranz. Für·

648
jede Epoche, jeden Stil hat er V erständnis.Eiu junger italieni.scher. Musiker hat
ihn kiirzlich in einer Skizze einen Apostel genannt. Und in der Tat, führt er auch
das Werk eines noch so jungen Komponisten auf, seine Stel1uugdiesem gegenüber
ist immer wie die eines Apostels zu Gott :di<:llstfertig und ergeben, brüderlich,
freundschaftlich ergeben, nicht etwa sklavisch.
Toscanini impro1l!si ••t deshalb "ucnnieht. Die Coriolan-Ouvertiire zttm Beispid
dirigierte er etst nach zweijährigem Studium und trotzdem zweifelte er manchmal,
ob er .ine solche Aufführung zu Stande bringen werde, wie er si. intuitiv als Ideal
sah und fühlte. Aber gerade das macht es erklärlich - wenn auch manche darüber
Hieh.ln wudeu ~ daß seine AuffÜhrungen den Charakter vollster Reife und höchster
Meisterschaft tragen, daß sie so unbedingt überzeugend wirken, wie die Leistungen
nm sehr weniger anduer Dirigenten!
Toscanini gibt seine ganze Persönlichkeit her, damit sie dem Werke diene. So
ist es nur natürlich, daß er dasselbe von den anderen im gleichen Maße vulangt,
das heißt ohne Maß. Die anderen: das sind die Orchestermusiker. Leider oft Leute,
die zwar über ein bedeutendes technische. Können verfilgen, aber. - angeekelt
von den Widrigkeiten und Niedrlgkeiten des Berufes - nicht mehr begeisterungs,
r,;hig sind, Dadurch entstanden Zwischen Arturo Toscanini und den Orchesterleuten
oft persönliche Konflikte, die nicht selten einen hohen Hitzegrad erreichten, ja mil>'
unter auch mit einem gerichtlichen Nachspiel endeten, bd dem du Maestro allu-
dings regelmäßig freigesprochen wurde. Wenn Toscanini auf dem Podium steht,

mehr um ihn her, die Partitur und er werden eins: .i.


hört für ihn jedes Denken und Urteilen auf: er ist ganz G"fiihl,Nichts gibt es
beginnt zn. klingen. Sein
BHck, seine Gesten lllssen jene unwirldicheWe1t der Klänge erstehen, deren Schön'
heiten er den Zuhörern zeigen will. Spielt nun ein Musik.rnieht g.nau so, wie e~.
der Maestro will, so ist das für T oscanini, als bliebe plötzlich .ineTaste unter.
seiner Hand stecken. Da ist es deun nur logisch - flellleh von einem Standpunkte
aus, der. mit det alltäglichen, materialistischen Logik nichts zu tun hat - daß er
den Ungeschickten oder Böswilligen (oft genug ist bddes vereintl), der ihn plötzlich
aus dem berauschenden Traum reißt und mit einem Schlag in die allzuwirkliche
Wirklichkeit versetzt, als Frevler betrachtet, der bestraft und aus dem Tempel der
Kunst hinausgewiesen ""erden mull
Ich edlmere mich sehr gut, wie Toscanini bei einer Probe del' N.unten B.::ethovens
im Sommer 1919 in Turin zu einigen Musikern sagte: "Ich will doch nicht Noten.
horen, nein, um den Sinn, die Seele der Klänge handelt sich's«, Ein Ausspruch,
der seine Kunstauffassung wohl genügend charakterisiert; eine Auffassung, der eine
tiefgriindige, in jeder Beziehung mustergültige Analyse der Partitur entspricht, die
sich in eine sonOre Schönheit umsetzt, wie sie wohl nUr selten verwirklicht wird.,
Die zahlreichen Schattenseiten, die jedes zusammengewürfelte Orchester aufweist
(und leider sind. heute all. italienischen Orehester mit Ausnahmedesjenlgen des
"Augusteo" in Rom zusammengewürfelt), weckten in Toscanini schon vor Jahren
den Gedanken, ein Orchester zu schaffen, das den Stempel se;ne~ Persönlichkeit.
tragen und jedem seiner Winke verständnisvoll gehorchen würde. Nach vielem
Nachdenken und Versuchen ist es. ihm nun heue. gelungen, seinen Plan zu Ver'
wirklichen: der "ni. Zufriedene" ist endlich doch rufrieden.
Dieses neue O.,heste. setzt sich aus den hesten italienischen Musikern zusammen,
der<:ll meisterhafte Beherrschung. der Technik ihrer Instrumente, verbunden mit

649
wumem Empfind.nund scharfe. IntelHgl:nz sie befähigt, allen Wilnschen imes
Führers voll nachzukommen. Und was besönders wertvoll ist: im Enthusiasmus
lIpart T osc"nin! die Millie, tausendmal dasselbe sagen zu müssen. Ein Blick vOn
ihm und sein WlIlen, sein. Begeisterung überträgt sith auf jeden einzelnen Musiker.
So ""Nicht er Dinge, die unmöglich, Feinheiten, die unerreichbar schienen, Klange,
die in ime, Reinheit oder Kraft einzig dastchen. Sein Orchester gleicht einem
Klavier, auf dem. er mit zlelbewußter Meiste,hand alle erdenklichen Möglichkeiten
v""wirklicht. .
Mustergültig sind sein. Aufffihrungen moderner Franzosen. ("Iberia" von Debussy
zum Beispiel odor "te festin d. 1'Araignee" von Roussel.) Auch die kleinste
Kleinigkeit steht hier klar an ihrem Platze, Das Orchester rauscht, flimmert, singt
in allen Farbennuancon.• allen Empfindungsgraden. Die außergewöhnliche analytische
Begabung Toscaninis stellt die modernen Werk. in einer Klarheit hin. die auch
den hilchsten Anford""uogen standhält. So werden auch die wenigen Einwände
hinfällig, die man viellekht bei der Filnften Beethovens ocler bei der Zweiten
Brahms' machen könnte. In diesen Symphonien bringt er alles zu schön, ZU exakt
heraus, als dall nicht gewisse herbe, den belden Werken wesenseigene Einzelheiten
v""lnren gingen.
Was ich üher die modernen Franzosen sagte, gilt aueh fm die von Toscanini
heiß geliebte G moll,Symphonie von Mozart, deren göttlich'poetisches und geffihls#
warmes Andante er wie kein and.... Dirigent wiederzugeben weiß. Um Irrtümern
vorzubeugen: wenn lch von mehr oiler weniger gelungenen Wiedergaben spreche,
so handelt .s si<:h dab.i nUr um geringe graduelle Unterschiede. stehen sie doch
alle auf einer Höhe, in der auch die Schattenseiten noch Lichtpunkte hedeuten ~
.i. sind ja auch charakteristische Merkmale eine. starken P~rsönlichk.it. Toscanini.
stand und steht in der Kunst imme. über den Parteien und hat nie eine. sein••
Prinzip,,,,, durchbrachen, um Geld zu erwerben oder populär zu werden. Es ist
bekannt, daß". d•• ganze Jahr hindurch jeMn Tag reichlich Gelegenheit natte zu
ditigieren. Bekannt ist aber auch, daß er die lockendsten Angebote unbeachtet lällt,
weil er sich keinem ullkiinstlerisch.n Zwang mehr unterwerfen, mit keiner
Organisation etwas zu tun h.bell will, dereIl Triehfede. die Spekulation ist. Deshalb
stellt auch das von ihm geschaffene Orchester ein Unternehmen dar, das nicht lIU!
Gewinn berechnet ist und deshalb. wird Tos,anin; wamschellllich die Stellt dnes
Generaldirektors der MailiinderSca!a allnehmen und mit der Saisol:l1921/22 "nueten.
Zu dleser. Zeit wird dieses größte italienische Theater von Grund auf renoviert und
modernisiert wiedererllffnet werden. Und nimmt er die Stclle wirkfichan, dann
kann man sicher sein, daß die Scala .intr neuen Slüt. entgegengehen und so
in Italien eine Heimstiitte der Kunst ,,,stehen wird, wie wir schon lange keine hatten.
Freiilbertragen von Ur. J 0 s. A. Da u ti er

650
OTTO KLEMPERE·RS MISSA IN C
Von Dr. Arno!d Schmitz, Be.lin
Die Unterschiede zwischen einer Palestrina- !:Ind Bach-Messe (H moll) beruhen,
wie W., Kutthen kilrzlich in einer s.hr bemerkenswerten Studie'" dargelegt hat,
letzten Endes auf eluer Wesensverschiedenheit du katholischen und Protestantischen
Liturgi.. Trotz all.r äußeren Prachtentfaltung ist die kachollsch. Liturgi. primär
auf tmmltt.lhaten Gottesdienst gerichtet, wäbrend die protestantische I,iwrgi. bei
äußerst•• Einfachheit ihru Formen in erster Linie"uf innere Erhauung der christ-
lichen Gemeinde hinzielt. Bei Palestrina hält sich der musikalische Ausdruck in
einer überindividuellen Sphäre, in der für das musikalische Ohr der meisten Hörer
ein Crucifixus nicht wesentlich verschieden von einem Resurrexit ertönt; aber Bach
wirkt gerade durch die muslkaHsche Betonung der Effektsunterschiede, durch die
Ausdeutung des wechselnden Wortsinnes im 1iturgisch~n Messetext. Hierin Hegt
bei ihm die Beziehung auf das Individuum, die mittelbare Auseinaudersetanng mit
Got! durch das Individuum. Die Missae .olemnes der Katholiken Beethoven und
Liszt sind dem Bachschen Messetypus innerlich verwandter als dem Palestrine.nsischen.
Neben einek diffi:renzierten Gefühls"usschöpfuog der Hturglschen'\Vorte und det
Unterschiedsbetonung der Effekte tritt bei Beethoven noch ein zweites Erbauungs'
momentstärk.er und deutlicher auf, als in der H moll-Messe, die Beleuchtung d~.
szenischen Bildes, dessen sich der in der katholischen Liturgie aufgehende Gelst
nicht zu erinnern braucht, um Gott zu finden und ibm zu dienen. Diese Beleuchtung
du Szene geschieht bei Beethoven an einer Stelle iiberraschend rationalistisch: ich
meine die Kriegsmusik im Agnus Dei, die als Folie komponiert ist zur Bitte um
inneren und außeren Frieden (Dena .11ehl. pacem}, Mit nur geringen Ausnahmen
1st die künstleris,h wertvollste Messeliteralur des 1!f. Jahrhunderts bis auf Unsere
Zeit durch den Geist dieses in Bach, Beetheven, Liszt, Brucknerlrulminierenden
Messetyp!:ls gekennzeicbnet.
Seiner Missa in C .... hilI KJem.perer sehr bewußt liturgische Akzente im katholischen
Sinn gegeben. Das merkt mlln schon an äußeren Dingen, me Mes.e fügt sich du
Dauer ihru Au:ffiihrung nach zwanglos in d"" Rahmen eine. katholischen
Hocham.tes, ohne d.. Tempo der gottesdienstlichen Haodlung zu verschleppen.
Die Worte. "Gloria in e:s:celsis Deo" und .Credo in unum Deum" können, wenn du
zelebrierende Pdester sie; anstimmt, unbeschadet des musikalischen. Zusammenhanges
vom Chor, beziehungsweise der Sologtuppe atlllgd"ssen werden. Eine ganze Reihe vOn
Themen uudmelodischen Gebilden atmet in einer vorherrschend diatonischen Sphäre
den vOn leidenschaftlichem Affektwechse! sich freihaltenden und um musikalische
Erschöpfung des einzelnen W orts/nue. unbekümmerten Gelzt des gtegorianischen
Chorals. Dies.Verwandtschaft mit dem musikalischen Kern der katholischen Littttgie
...treckt sich auch oft auf die äußere Struktur der melodischen Linien, doch nicht so, daß
man sofort auf .in bestimmtes Voibi!d hingewi••en wird, Di. Befruchtung geschah hier
offenhar nicht durch historische Reflexion, sondern durch den lebendigen Gei~t,
"J:IGregoriusblatt 192Q~ Nr~ 3114 .21 ff.
*>J..Die Miss:a in C (Pa:.rtittu.' und Klavierauszug bei Schott) ist eine Soiomesse Eh.' 3 Sopra:ne~
:1. A1t~ 'rtno.fJ Baß~ Der Cl:u,',u:"l' gemischter und Kinderchot't setzt nur hilfsweise ein, außer im
Credo, wo er Haupthedeutung hat. Es begleiten. Orgel und gr-'Oßes Ordiestelt'#

651
Gerade im Credo wirkt die 1Ylesse eines Bach, B..thoven und andere dureh die
musikalische Gefilhlsdelit!1ng des weehselnden Wortsinnes; ",ber selbst bel der
glikkHehsten und glänzendsten künstlerische" Lösung entrinnt sie, "om liturgische"
Standpllnkt aus gesehen, der Gefahr der Zersplitterung nleht, Klempe."" wahrt und
gestalte! zugleich Einheit in seinem Credo, durch immer wiederkehrende Gruppen
im Orchester, welche teils über das Cleclothem", tdls über den Kontrapunkt zum
Credo thema und seine Vergtößerung, oder über eine vom Orehester gleich zu Anfang
angestimmte Auferstehungsfigut gebildet s1m!. Dies. stete Wiederholung der Gruppen
zu den fortwährend sinnw.chselndelf liturgischen Worten zeigt eben dentlieh, dall
das Musikalisehe hier nichts mit A.4'ekten, die aus dem W o.tsinn herausgeholt
werden könnten, zu tun hat. Aber dennoch steht das Credo Ottö Klempe,.!s - und
das ist gerade sein innerstes Wesen - ganz unter einem einzigen Affekt, sein
Gebetsgeist wird in himmelstürmendem Tempo (lmpe!u<>so) genieben von einem
einheitlichen Grundgdtllll unwiderstehlicber Vehemenz.
Eine andere Beziehung zu dem Geist des gregorianischen Chorals liegt in der
rhythmischen Gestaltung dieser Missa. Der häufige Taktwechsd verursacht kdn.s-
wegs Eindrücke der Unrast, Unbeherrschtheit, sondern 1st, "Befreiung vom Gesetz
der Taktschwet." eS<humann I), eine Loslösung vom körperlichen Element, eine
Vergeistigung, wi. es der sakrale Tut erfordert, Gerade die Stelle höehster Ver'
geistigung, da. So10,Benedictus, ist ohne Taktvorzeiehnung,
Doch finden wir bei Klemperer auch noch Beziehungen zu jenem JliIessetypus,
von dem er im allgemeinen fortstreh!, so hesonders im Gloria, Hier und nicbt, wie
man das gewöhnt ist, im Credo baben wir eine musikalische Schilderung der
Leidensgeschichte. Der schmerzdur.chwiihlte Affekt des Miserere nobi. wie"erholt
sich mit sein.r Beziehung auf die Sünden der Welt (pe"ata mund!) im letzten
Satz der Messe, dem Agnus Dei, Gleichfalls im Gloria ist bei den Worten "Tu
solus sanctus" .ine Stelle, die offenbar aus der Vergegenwärligung .iner bildlicb.n
Szene entstanden ist, In den oberen Stimmen jubilieren Engelspntten. Ein Analogon
taucht im Sanctus auf, bei den Worten "Hosanna in e"c.lsis".Chtisti Ein""g in
Jerllsalem, Kinde. mit wehenden Palmzweigen. Das aUes ist Erhauung der Gläubigen,
einschließlich des schauerlichen Miserere, aber nicht; Erbauung der orthodo"en
Kunstgläubigen.
An der Satzteehnik der Messe Klemperer. fallt sofott zweierlei auf. Das erste
ist, ein deutliches Abrücken von den Methoden einer motivisehen Entwicklung
und Durchbildung. Das Aneinanderreihen von Satzgruppen und ihre fordanfende
Wiederholung wird bevorzugt, Diese Wiederholung der Gruppen entspricht oft dem
l'"xt (zllm Beispiel "Miserere" im Gloria und Agnus Dei; "Hosann.." im Sänctus und
Benedictus) aber sie bindet skhdurehaus nieht än den Text; im Credo ist sie durch
das B.and des Credo#Hallptthemas lind der A!1ferstehungsfigur besonders sinnvoll.
Das Bekenntuis "Ich glaub~# und du Gedauk. an die Auf,,<stehung stellt ja auch
im liturgischen Text die Verbindung her zwischen den verschi"denen "neinande.'
gereihten Sätzen. Das andere ist eine auffallende Gehundenheit der Vokal' wie
Instrumentalstimmen, So sind zum Beispiel im ganzen "Christ. eleison" Solosopran
und Alt in Terzen aneinandergefe..elt.Hänfig stößt man auf lange Ketten von
Quinten, und Quartenparallelen, auf außergewöhnlich lange Halterön. in den
Singstimmen, Orgelpunkte, ostin"te Bässe; dazu kommt eine stereotype Konna,
punktik, die in ve.sehiedenen Sätzen der Messe immer wiederkehrt und dadurch

652
geradezu etwas Formelhatte. an skh hat. Aber trotzdem iib""z~ugt diese formale
Gebundenheit musikalisch durchaus. Si. ist nicht Mache, sondern wahret künst_
leris<:.her Ausdruck, in dem sich symbolisch jene freiwillige Bindung des Individuttfns
atl~spricht. das nach .iner Renais.an<:e, nach eine, Reformation, nach einem Zeit,
alter der Aufklärung, kurz l1ach dem gal1zen Apparat modernen Fortschrittes das
alte nieiliseh. Credo bewußt annimmt.

"" , ,
DIE ERSTE OPER BELA BARTOKS
Von Zoldn Kodaly, Bud"pest
Bartoks Musik wird nunmeM weder vom Publikum, noch von der Kritik als
jene Burg mit den sieben verschlossenen Türen betrachtet, die sie ihnen noch vor
zehn· Jahren bedeutete, doch wenige konnten ihm auf dem VI ege folgen, den e. VOll
dem. auf aHe, Basis stehendem Suchen bis zu dem Finden semes elgroen Ichs ging.
Selbst seme bisherigen Widersacher anerkennen wohl oder übel den Reichtum seL"1.'
Phantasie, die individuelle Färbung semes Orchesters, das Unzertrennliche seiner
Farben und Einfälle, den streng-organischen Zusammenhang .einer Gedanken. Er
konnte in keine Kategorie der "modernen Musik" ldassifiziert werden, weder in den
bunten Stil des Alt-Neu,Gemisches, noch in das Anarchie,Chaos der Halb- und
Trugtalente.
Seine musikalische Persönlichkeit wird durch das ganz individuelle Verwachsen der
Urprlmitivität mit eine. zur höchsten Höhe entwickelten Kultur zu einer. allein,
stellenden Erschelmmg. Seine Musik ist homogen, em in sich selbst abgeschlossener,
einheitlich.r Organismus, fast ohne jede Spur von Geliehenem oder Nachahmungen.
Vorgänger hat auch er, doch ist seine Anschließung an jene keine ä.ußerliche: die
Seele der alten, g:rollen Musik lebt in ihm, das an keine .Zeit Gebundene, Ewig--
Gilltige. Doch am schwersten 'Zugänglich für die durchschnittliche musikalische
Bildung ist das an ihm, was sich aus seinem Verwachsensein mit der Volksmusik
entwickelte,
Man Hebte neuerer Zelt, die Vc1kskuust als den unvollkommenen Rest einer
älteren Entwicklungsstufe der Kunst hinzustellen. Es gibt viele solche. Reste in der
Volkskunst, doch ist sie in ihnen nicht erschöpft. Ihr waMet Wert liegt in dem,
wa. si. aus der Ur-Musik behalten hat und Wozu sie ein antreibendes Exempel
gibt: den aller Formeln baren, in kein Schema eingezwängten und deshalb ungemein
intensiven Ausdruck des Gefiihles, die freie, unll;dttelb"r" Sprache der S.ele. Wer
dl.s" Volksmusik nicht kennt - und wie viele slnd es, die si. kennen? - der
kann sie auch bei Bart6k nicht erkennen und fühlt nUr ein große. Befremden, d.no
eben das ist es, dessen Analogie weder in der Kunstmusik, noch in der bishedgw.
magyarischen Musik naChztlweisen ist.
m. ersten musik.lischen Versuch. der Vierzigerjah•• des vergangenen Jahr-
hunderts hatten zu unmittelbaren Vorgangerneine kraftlose Lied,Literatm uod die
Zigeuner-Tanzmusik und schlossen sich an diese beidenan. Was. in diese Entwicl<1ung
hieuod da von unten, aus eme. älteren Schicht gelangte, das fÜMt, wie zerstreut.
Felsen zwischen dem Moorgras, zu d~m neuen Aufsehwuog der magyarischen Musik,

653
die an einem altherkömmlicheten, originelle~en Punkte den zerrissenen Faden dn
Tradition neu anknüpfte.
Ich glaube gerne, daß Leute, die den. Stil einiger hundert, um 1850 entstandener
Lieder als einzig .,ht,magyarisch erkennen wollen, diese Musik nicht als magyarisch
~empfindenu. Da. ist \lme Halb,Dllettanten,Litetatur, die zwar als solche nicht ganz
wertlos, doch dermaßen oberflächlich 10 Hinsicht de. Nationalen und mit so viel
Assoziation von Wirtshausgeruch, Wein> und Zigeuner,Stimmung behaftet ist, daß
si. außerha!b der Tore der höheren Kunst bleiben mußte.
Aus d« neuenmagyarischen Musik strömt die keusro,reme Luft eines anderen,
tiefer wurzelnden, t!l1verbrauchten Magyarentums, eine Luft, wie die der Szekler
Fichtenwiilder, zwischen denen noch aus dem einst das ganze Land umfangenden
Lebensstrom monument"le Kraft zurückgeblieben ist. Aus diesem Keim erwuchs
10 der vulkanischen Arbeit einet ganz "uJlergewöh"liche" Schaffenskraft auch Bart6ks
Musik zn einer unendlich ausdruckslttäfllgen, doch solid konstruierten See!ensl'rache,
dergleichen wir heute umsonst anderswo suchen •••
Es ist eine auffallende Erscheinung, wenn ein Operntext von emem .chten
Schriftsteller, ja sogar von einem Dramatiku stammt. Deshalh ist es ein besonderes
Verdienst Balazs', daß es ihn .nicht ~el!te, eine seiner schönsten, po"tischesten Kon'
zeptionen als Operntext auszuarbeiten 'und so an dem Zustandekommen eines
gl70ßarligen Werkes l'eil zU haben. Sein "aktionslo"er" T.xt ist zwat jeder her-
kömmlichen Opernsch"blone bar; doch wie er den Kern der alten Sage aufknackt
t!l1d. uns das ewig =!ösbare des Mann- um! Weih-Problems vor Augen stellt,
bestiirzt und ergreift er in tragischer Spannung den Zuhörer vom Anfang bis znm
Ende. Das Skizzenhafte des Textes und daß er die Belebung der Kontruen der
'. Musik iiberläßt, ermöglicht die organische Verschmelzung mit derselben, Weder das
Drama, noch die Musik ist gezwungen, ihr eigenes Wesen zU verleugnen u"d doch
können beide in eine höhere Einheit verschmelzen. Das Symphonische d•• Aufbaue.
der Musik stört nicht im mmdesten diese Eitiheit, im Gegenteil, eS hebt dieselbe.
Der Bogen des Dramas uod der parallele Bogen der Musik verstärken sich gegen'
seitig zu emem machtigen doppelten Regenbogen.
Die konstruktive Kraft der Musik kommt am besten zur Geltung, wenn ihr
nDe. holzgeschnitzte Prinz" folgt. Das Tanzspie1 gleicht das trostlose Adagio der
Oper mit dem Gegengewicht seines spielerisdvlebhaften Allegro a;us, Die zwei
Werk. schmiegen sich wie zwei Sätze. einer Riesen,Symphonie aneinander. Und
diejenigen, die die Atonalität als Haupterrungenschaft Batt6ks hinzustellen li.ben-
sie merken doch endlich, daß beide Werk. eint wiederkehrende Grt!l1dtonatt
haben - ganz wie die eme oder lindere der Mozartschen Opern •••

" l:l

654
D I E v ö G E L
Ein lrrisch'phantillltisoh.s Spiel von .Waltet Braunf.l.
Von Egon Welhsz, Wien
Zm Uraufführung 11m 30. November im Münchner Nationaltheater
Ein Zufall fügte es, daß ich in München der Generalprobe und ersten Auf,
führung der neuen Oper von Walter Braunf.!. beiwohnen konnte. Am Tage vor
de. Generalprobe hielt de. K<:>mponist im Pfitzner'Verein einen einfühunden
Vortrag in sein Werk, in dem er begründete, was ihn veranlaßt hatte, in
wichtigen Motiven von der Komödie des Aristophanes, die seiner Dichtung als Stoff
zugrunde lag, abznweichen. Aristophanes steht, souverän formend, il b er seinem
Stoff und über den Gestalten seiner Komödie. Sein Witz macht selbst vor Promethelfs
und den Göttern nicht Halt. Braunfds ist Romantiker und als solcher Individualist.
Er kann keinen Prometheus auf die Bühne stellen, der, durch einen großenSchlrm
verdeckt, vom Olymp ins Reich der Vögel kommt, um mnen eine Botschaft "on
Zeus zu bringen, sondern bringt den gewaltigen und nun durch die Macht der
Götter gehändigten Übermenschen auf die. Szene, der die leichtfertigen Vögel vor
de.• unfaßbaren Größe und Gewalt de. Götter warnt. So schafft er emen bedeutenden
Kontrast durch die Erscheinung des Promecheus und gewaltige Wetter, die der
.rgrimmte Z""s üher das Reich der Vögelnereinbrechen läßt, beschwert aber ander'
seits das lufti~e Spiel dmch das Hereinspielen eiuer tragischen Welt, deren musikalische
Schilderung nur nicht so geglückt erscheint, wie die rei:wolle und spielerische
Lösung aller Angelegenheiten, die zwischen den beiden Menscnen, die ins. Reich
der Phantasie flüchten, und den Bewohnern die••• Reiches, den Vögeln, handeln,
Hier hat BraunE.!s .ine Füll. de. Neuen und wahrhaft Erfreuenden gegeben,
das Schönste zweifellos in den Szenen der Nachtigall, für deren dramatische
Verkörperung Miincben in Marle Ivogiln eine Siingerin besitzt, wie si. nicht
vollkommener gedacht werden kann. S.hr gliicldich scheint. mir auch die Lösung
zu sein, daß Braunfels trotz aller tondichterischen Schilderungen der Vögel das
Geschwltte der mannigfachen Stimmen nicht Selbstzweck werden läßt, sondern die
Tonschilderungen einer hreit Und waxm empfundeuen Melodik einordnet.
Reizvon ist schon der Prolog, mit dem die Nachtigall die Zuhörer hegriillt, ein
Koloraturstilck von schwebender Anmut, in das sich gegen Enele Töne schwarme'
tischer Sehnsucht mischen, Dann treten, mit kräftigen Strichen gezeichnet, di"
heiden Menschen, Ratefreund nod Hoffegut, auf, die von der Erde fortwollen und
den Weg ins Vogelreich suchen. Der kleine Zaunschlüpfer bringt si. zum Wiede'
hopf, dem König der Vögel. Ihm trägt Ratefreund seinen Plan vor, eine ungeheure
Wolk.nstadt zu hauen, die den Himmel VOn der Erde trennt, so daß die Götter
nicht mebr den Dampf der Opfergabe" empfangen können; durch das lockend.
Singen der Nachtigall werden. alle Vögel v"",sammelt, um si. von dem Plan. zu
bellachrichtigen. na. gab Braunfe1s Gelegenheit, ein brillantes Orchosterscherzo mit
obl1gattm Chor Ztl schreiben, uber dem wie eine Flöte de,. Koloratursopran Marle
Ivogiins schweht•.
Im Gegensatz zu Ratefreund, dem "Aktivisten·, ist Hoffegut der versonnene
Träume,., der. deutscheste Athene., den es nur gehen kann. Mußte er in. dem Akte,
wo es galt, den Wegi"" Vogdrdch zu findon, Freundschaft mit .mnen zu schli.ßen,

655
die Idee des Vogelr.khes zu fassen undauszufiihren, an zweiter Stelle stehen, so
tritt er jetzt, im zweiten Akt, wO das Unwirkliche Wirklichkeit geworden ist, in
den Vordergrund der Handlung,
Ein zart klingendes Orthesterstiiclr, das den Zauber der Vollmondnacht sthildert,
- am ehesten der Einldtungsmusik zum ersten Akt der "Rose vom Liebesgarten"
vergldchhar - e.öffnet die erste Szene des zweiten Aktes, die für mkh den Höhe'
punkt des Werkes hedeutet, Hoffegut schliift, die Nathtigan singt ein sehnsüchtiges
Lied und zaubert ihn in einem Wathtraum hinüher in das Reith der Phantasie, so
daß er, dnen Augenhlick lang, in ein höheres Dasein entrückt erscheint und die
Sprache der stummen Natm versteht, Das ist mit .ine. Wärme und Einfalt des
Herzens musiziert, daS man empfindet, wie das Sthicksal Hoffegu!s n1th!. vom
"Theater" mehr an sich hat und zn einer allgemeinen, ergreifenden Angelegenheit whd.
Der dämmernde Morgen zeigt die Wolken.tadl, die von den Vögeln erbaut
worden isl. Als erste soll.n ein Tauhenpaar Einzug halten, das mit vielem Gefolge
auf die Szene kommt. Braunfels legt hier eine Ballettpantomime .in., die sehl:
hubschwirkt, aher nach der starkenlyrlsthen Szene doch etwas abfallt, S1. gilt als
Vorbereitung der ;lramatisthen Erstheinung des Prometheus, der die Vögel vor dem
Zorne Zeus' warnt und das nahende Unhdl kundet, Ein Gewitter erhebt sich und
nach einem fml:htbaren Blitz lodert die ganze Wolken.tadt auf. Der Traum de.
Vogelreiches ist ausgetränmt. Die Vögel kommen, vorn Wetter arg zugerichtet.,
herbei. Da lichtet sich der Himmel und leise beginnen sie, ergriffen von der ~,I!achl
Zeus', .inen Hymnus auf seine Größe und sthwej,en der Sonne entgegen, der
Menscueu nicht mehl: achtend. Ratefl'eund kommt k!äg1ith aus einer Höhle gekrochen
und denkt an nithts anderes, als eilends helm in dl. große Stadt zU kommen,
Hoffegut trägt in sdnem Innern das Erlehnis der Vollmondnatht und folgt dem
Freunde nach,. wiilirend die Nsthtigall ihm die letzten Grüße sendet, deren Sinn '"
ahnt, deren Worte er ab", nitht mehr verstehen kann,
Man kann gegen diese Oper den Vorwurf erheben, daß sie nicht, im gewöulV
lichen Sinne, theatralisch sei. Ich sehe darin nur einen Vorzug; denn gerade das
Theatralische wirkt auf den feiner organisierten Menschen von heute desillusionierend.
Hier steigt der Komponist nitht zum Zusthauer nieder, sondern zieht ihn zu sich
empor. Es ist manches in den" Vogeln", gegen das ith prinzipielle Einwiinde zU
machen hätte, aher diese Einwande bewegen skhanf einer höheren Stufe der
Bemteilung und beziehen sich wohl auf Dinge, die mit der Natur des Komponisten
wesenhaft verwurzelt sind, wie die Einwände meinem Naturell entspringen, Ith
möchte nur einen anfilhren, er rkhtet sich gegen die dithterlsthe Gestaltung der
Figur des Prometheus und die daraus resa1tieunde musikalisthe, Denn die Wucht
der Prometheus,S.ene bringt in da. sonst so leithte oder zart gefühlvoll. d~.
Werkes ein Kontrastmotiv, we!the. das EhonIDail d•• Werkos zu sprengen droht, und
diese Szene wirkte auch nltht üherzeugend, si. bedarf j,;:denfalls einer ganz Un-
gewöhnlichen Darstellung.
Im angemeinen muß di. lli'liinthne, Auffilhrung als eine bis in die kleinsten
Rollen sorgfiltig vorhereitete, hervorragend genannt werden. BrunoWaltn dirl-
gierte mit hewl1lldexungswütdiger Klarheit und aller Intensität des Einlehens, deteu
er .fähig ist•. Walte, Buunfels .debte .inen starken Erfolg, der auth für das
Verständnis der Hörer spricht, di. fühlten, daß ein ganz aullerordentliches Werk
hier seine Uraufführung erlehte.

656 ""
G!ossen-re;!
IN WIEN an Umfang und: FUne noch W.aChl::H!l'1der Ba.it
MUS I K Chelly--und EmU E'riedberge:r auf zwei Klav.i~ren
Der Konzertabschnittt über den :ich heute den Spuren der Brüder Thera in s,hötu?l'
be'ri~htet zeigt zunehmende Vetflachung und Gemeittsarokeit folgend, wenige:r gut beraten
Monotonie der Programme. Spärlich Neues" bei der Wahl d1!sSchttmaünschenKlaviet'kol1zerts.
und dies so wenig gR:siebt, daß manches geradezu (mit Kla:vie:t'-begldtung). Elisabeth Schumanns
den. Eindruck macht~ es solle damit nur die Lieb1ichkeit~ viel verwöhnt durch momtänetl
Minderwertigkeit' neuer Produktion bewIesen. Erfölg7 qem und eigener Untiefe zuliebe ein,em
werden~ Was besonders von einem großen Programm von Rosenröte und Him.me.1bläue
abelldfiUlenden Werk in solchem Maße gilt, rettungslos, doch, beifal1,sskher verfaUen. Und
daß h:h. immer· petnUht, zu fördern, immer Lilly Lehmann, Reverenz vor dem 'kaum, begreif.,
abgeneigtt zu vetdammw t es vorziehe, darüber Hehen physiologischen Wunde:t\ Respe:kt VÖ1'
gar nichts Zu sagen. Unter dem Spärlichent dem tmernört heroischen Kampf ltiner körper-1kh
das Erwähnung verdien~~ hörte ich einige und gdstig glekh gewaltigen Energie. Liebe?
angenehme, von Frau AÜ:n.-"echt .. rd:-ühl mit Nein. ,Wer der' Suggestion der seltenen Tatsache
schöner Alt",Stimme gesung~ne Lieder des sehl' 'tmd' des klingenden Namens nicht bUnd und
begabten Särtgers Lothat Riedinger, die das taub verfäl1t, muß ehr1:l.ch gestehen. da.ß die
MißvexhliHnis zwischen einfach~volkstUm1iclien Grenze erreidit ist~ die eL'"le hohe Gnade hier
TeJ1:ten und gewoHt-tmgewöh:nlicner Komposition um so,viel weitet ge,steckt 'tUit1 als ande:ren Ste'rb",
fteilkh nicht ganz; verbergen können. Lieder Hchen. und in tiefster Wehmut empfinden. daß
'mit Vio'la... d'amo'U:r..Begleihtng im KönzeTt: M., un'sel' 'Los Entsagen heißt.
L+ Goldh präsentierten ihren AutQl'r Hel'l'li E, Musikgeschkhtlich, aber nur in diesem
CälH:t als ta.Ient1-erte,nAmateuff der allerdings B.eIang richtig t stellte das zweit'e Gesdischafts"
in I{inderliedertt mit populären Wirkungen konzert Liszts Dante..Sympnonie und BetHoz'
allztlsehr lie,bäugeIt. Ernst gab sich eine Manü'" wenig gehörtes: ;~ Te detttnUzusa:rnmen.lnteressan..
skript.. Sonate für Cello und Klavier von Franz ter jedenfalls: dieses weltliche, sehr wdtllchc f
:r p pis clir in der votzUglichen Wiedergabe durch Von französischer Gloire und Napoleonischen,
das Geschwiste.i.'paa1' StigHtz. Die klangschöne, Kiiegst1'oph'äen imperialistisch begeisterte vra..
Lyrik eines t,Requieril.u 'betit?H:el1 Andantes tor1t1m. als Liszts sanfte HöHen... und Himmel __
spricht stärke1' ffit die Befähigung des Kom'po.. , falu:t. Wer hier eintritt, muß jede Hoffnung
nisteu1 .als ,die ß,hw~.re mothisc.ne Arbeit leisten"', schwinden lassen, aus einem musikblstorischen
den Außensätze-. :flan UH::1'kt die Mühe! Was PurgatQrium in das. Paradies der erlö-sendeu
wirklich Kraft istr wirft mit Leiclrtigkdt Blöcke. Melodie zu. gelangen. Der Rest ist - B-eethov€:l1.
Etwas. von solcher motorischer- Ene1"gie treibt We.nn man es Ihm prophezeit hätte! Daß 'Ei"
die Sonate: Cmoll 'Von Rathaust die der auch der ewig Unbequeme, Symbol der llequemlichkeit
an Brahms' H.iinde1..Variationen einen selb.. Zu werden vel::'möcht~ daß Er' von' einem ver".
ständiKe:ti künstlerischen Wil1en glückliCh oe.. ehrungswUrdigen Pub1:ico gepachtet, WUrdet das
tätigende Pianist Stefan Askenase erfolgreich Ihn, lebte: Br, verlachen -roitEte, daßt dit Ihn
zur UrauftUhrtmg brachte. Kein eingäng1iches1 am, werd.g'stc11 erke,nnfe.n, am' la.utesten ihr ~ Er
kein verführerisches Werk. Aber man spiitt wat unser! in die Welt posaunen würden. Er-
darin viel kraft.·genialischen' Übetl;1t;nwang' - ist· Unsel'f die ihn im Herzeu t ,nil":ht im ".Munde
ähnlich den Sonaten des jungen KorngoId, nur hiben. Wat"t ist und wIrd' sein!
ohne dessen spielerische Anmut - der Zukunft Zweimal die Chorphantasiet beidemal von
ver.heißt. Pranz Schmidt virtuos benanddt1 zuerst von
Aus der UberfL1Ue'de:r Gesangs.. und Klavier,.,. Furtwiingler; dann von Schalk: di:t'igiert~ Ein
abende ein, pRar ku-rze: p'röben bemerkenswerte:r recht verwittertes Werk, met1twürdi~ bloß als
Leistungen: Elsa Weigis Llederabe,nd. mit Ferdi·· Vorarbeit fftt, symphonische Verwendung des
nand Foll, immer- ein Fegt für Freunde hingeben.<' Chors übe:thau:pt~ "Und fÜf das Thema. der
den, reklamefteien~ künstler1s.ch..reifen Musi..- Fl'eudenhymn-e,. diesen sdn halbes Leben durch..
ziereng~ NikoIa Ze(:~ des vortrefflichen Sängers. zi~henden Faustgedankens Beethovens im be,..

657
sotu:lel'en. Nicht, anders zu werten der Christus die Ruhe und den Frieden, uel' :Meisterjahre.
am Ölbcrg, nur Vorstufe zum Fidelio~ Veraltet Mit großem Verständnis und. feinem Stilgef'ub.l
auch t ausgenommen den bekannten und oe.. und echt künstleris,her Kritik 'bespricht der
liebten tür1dschen Marsch, die ",Ruinen von zWi!:1te Hauptteil Brahms" Schaff-en ttnd schließt:
AthenM~ Dan,u ,abe:\ türmt sich Ossa auf den die, Tore auf zum Paradies des reinen Genitßens
FeH on: die ftNeunte'" auf die E:roica~ der Instrumental... uud Vokalschöpi'ungcn des
Ein neuer Mann, kein ,1letle:t Falt Ernst hehren Meisters.
Kunwald l ein Wienert du als .reife:!\ -"cb.'au.ßenu W~ W. GötHg r Frähkfurt ;t. M.
längst anerkannter Dirigent in' seiner- Vaterstadt
debütiert. So wolI~t1 wir's. Macht erst euren
Weg. Wir hahen Zeit zu warten. Ihr kommt
schon wiede.l' J PRE ISA US SCHREIBE N
Ex dirigierte die Neu.nt~\ atmwendig, versteht
sich'St wie's heute schon zum guten Ton gehöft FÜR KAMMERMUSIKWERKE
und machte sofort den allergUnstigstenEind:ruck.
Der Ausschuß rot das L Rheinis'cll-e
Voll klaren W.illens t bester Intentiont oe..
Kamroetmüsikfest welches im Frühjahr
t
IHofl'scht" doch beherrschend, sparsam in den
nJ1cüs't<?u Jahres in Köln unter Mitwirkung
nlitteln. mit einem Blkk~ dnemklduste!LZei<:he:n
allererster Kammermusikve.t:'einigungen staU,..
um jeden Einsatz besot'gt~ oft den Scblag zu
Fmden wird r schreibt einen Wettbewerb fUr
völligem Stillstand ve:rringc:t':tHl} nur selten) dann
Kammermusikwetke deutscher Komponisten
'timso clud.dngHcher, zu weitem Schwung be..
aus. Dcr erste Preis beträgt 2QOO, dei" zweite
feuernd. Ausgezeichneter Cho.rldtet'r d\lhcf r bei
1000, der dritte 500 Mark. Die eingel'ekhteu
dU1'chweg's vernünft.iget1~ :tJ:iemals "persönlichen'"
Werke sollen eine AufführungsdaulZr '9'01115 bis
Tempis; gej,'ade mit i;!em Finale die größte
30 Minuten t:H~ansptuchen und noch unaufgeführt
Wirkung erzielend. Auch ein Teil t.mscrt':l' an
sein. Der Name des Komponisten ist in ver...
Dirigenten so stark aktiven~ daher passiven,
schlossenem Kouvert mit Kennwort beizufUgen~
Handelsbilanz.ZemlinslrY1BodanzkYtKlempere.rt
Zug-elass-en sind auth Kammersymphoni:en. Die
Stiedl'Yf die paar", die mir :im Augenblicke preisgekrönten We:rke~ eventuell auch -die zwar
einfallen. Wahrlich, wir verschenken uns :an
nkhtmitei:tu:mP-reis. aber mitAncrkennu:I.rg aus""
die Wlt.!tl
gezeichneten, werden innerhalb des llicrtägigen

"" Musikfestes zur Urauffi1hrup.g gebracht: Dem


P:tüiungsausschuß gehören führende Pe:l:'sö:nlich,.,
BESPRECHUNG keiten 'des Kölner Musiklebens- an. Efnl'eh:.:h:ung~
termin ist der 1,. Mä:rz~ Die cingudchten Werker
.wALTEE NlEl\l:ANN: l0l'lANNES BRAl'll\l:S. we'lehen Rücksendungsporto beizufügen' ist;
Vedigt bei Schuster und Loe:ffler" Be:tlil'l und sind Ztl rkhten an den Auss'Cuuß des
Leipzig. 1" Rheinischen Kammermusikfestes,
Die riihmHchst bekannte. 1\1hjsik",BibHothek Köln"" LindenthaI" Klos,terstraße 54.
des ta.tenfrohen Verlages. Schuster und Lo'effl.er
ist um einen Band vermehrt worden. Walte:r
Niemann r aus dessen wissensl'eicher Feder in .
derselben Bibliothek die beiden Bände tlDie
Musik der Gege:nwa1'tlf und ,.,Meistcl' desKl<.wiers"-
N o T z N
erschienen sindr hat es unternommen, des Von der Pra'ger Akademie für K.unst und
'!1o:rddeutsehen Meister:::, ,]ohannes Brahmst WiSBeuachaft ist soeben de:r Akademiepl'ei.s: fur-
Leben und S(haf:fun aUfzuzeichnen. Es gibt dne musikalizehe Komposition dem Schüler der
unendiich reichhaltige Brahms..Litera'ttH;'; WOZtt l\ompositionsldasse von Pranz Schreker an
also noch dn Buch über den. Meister? Nie,maM de'l' Berliner Akademis<:hen Hochschule für
beantwortet diese Fra.ge im Vorwort 'sdbst;: Musik, Aloig Hab "4 fiir sdne Kla.viersonate:
Einmal 'fehlte es an, einet ei.nbändigen Bio'" D moli verliehen worden.
graphie und dann waren zweitens die bisher
erschienenen Leb-ensbesc..hl'eibuügen entweder
kritiklos oder Bxahm$-'Bewunderung. Diese
'"
Der Zwetkvetbal1d deutSCher Musiklehr..
heiden Kardinalfehler hat Niemann gänzlich kräfte hat sich kürzlich axt die --Vereinigten
vermieden. ln lebendiger Darstellung edebe:tt Musikpädagogischen Vel'b 1inde: 'DctttE:H;hla.ndst
wir die Lehr.. und Wanderjahre; genießen wir die sich, aus einer A:nzah: seit viden Jabren

658
bestehender VereInt: zusammensetzen; ange .. ~as kluge FeHd$en", Komisc:h~ Oper
:sehl()sstn~ von Waldemar WendIa'fid t wurde vot'
kurzem mit großem 'Erfolge im Stadttheatei> zu
"
Des scllwelzerischen Komponisten Othmar Nllrnbttg zur' Auffünrung gebracht,
Schoeck Musik zu Goethes Si'ngsplel nErwin t:l
und Elmireu ist vom Deutschen National...
"tnea.ter in Weimar zur reichsdeutschen Ur.. Bernnard $ e k 1e s~ der Kom:ponist der
aufführung.angenommen und wird zum nächsten Oper ",S,har-az'ade# hat soeben ein-e neue abend,.
:füll~nde Oper ,tDie: Hochzeit des Faun"', bur...
Goethetag aufgefUhrt werden.
leskes Traumspid in zwei Akten (drei. Bildetn)t
D
Dichtung 'Von Rode-dch Morr, vollendet.
Del" Assisterrt am siichsischen staatlichen
Forschungsinstitut für Musikwf.ssens")laft in o n
Ldpzigr Gustav Becldngr veröffentlichte (im
Ve1'lage Bl'dt1ro;pf &: Härte!) neue Studien zu
Beethovens 'PersonalsiU (Das: Scherzothema)
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
mit einem' bisher ungedt'uckten Scherzo fÜl' Das IJrlsc.he Schaffen Max Re ger oSt dessen
ein mechanisches Werk. Ube:rragende Bedeutung über jeder Kunst",
richtung steht, wird leider in ,weiteren Kreisen
"
Bugen cl' Albe.:rt hat nach Jahren zum ersten nocn immer ~f<ht genügend gewürdigt., Wh:
Male wieder sieben einstimmige' l,ieder, mit schließen daher diesem Hefte ein" wenn auch
Klavier nach Gedkhten des jungen Schweizer KUl'ZeS f so doch mr den Stil dieses Meisters
Dichfers Karl S€:~Hg Komponiert. repräsentatives Lied bei.
o n n

NEU E NOT E N 01'. 3 Stl'eicl:tt:pjaftett [1909!10]t Pa:l.'titut und


Stimmen
Ve:r1ag Bote &; Bock, BerUn o:p~ 5 Viel' Stücke Tti-:t
Klarinette [in:8} und
W4 Deckett! Romanze -von Duport für Cellö Klavier [1913]
und Klavier VeHag Universal ..'Eclition r Wien-Leipzig
Religioso von Mercadante für Cello und F. Neuhofe-r: op. 90, Friedensme,sse für geru.
Klavier Chor, .stte:l.dlCl'~ Orges und zwei Hörner,
Max Reget Mappe in ~wei Bänden Partitur und Stimmen
Beta BattO.k: op.18, Drei Etüdtn fur Klavier
Hein-richshof-e',ns Ve.r1agj Magdevurg
loset Labcrt. op.16,. .Pater noster ffit' Männe!'",
'WHh:e1m Rinkeüs! o'p~ 11, sechs' Lieder chot' und Orge! (Neudruck)
Verlag p~ Pabst;, Leip:dg Ign. Friedroan..Gättner ~ Drei Wiener Tänze
Kar! Vogb 1.5 Lieder in drei 'Teiten (aus: filt Klavier (m)
,Minü-eliedern i Dichtungen von Kriegs,. C~ Davidoff: op~ 20 'rAm' Springbrunnen"
gefangenen 'Und Volkstextm) fitr Cello und Klavier
Selbstve'rtag des Komponisten 01' .. 23 HRomance: sans parole,sN für Cello
ViktoT Merz: 01'. 7 neun Lieder füt eine
t
und Klavier,
Sin,gstb:nme mit Klavier'begldtung 01'. 25 "Ballade" für Cella und Klavier
op. 5f 14. 18, 31 "Vier Ce11okönzc:rte
Verlag SChlesinger .. Lien"lu, ß,erllü
Arnöld Schönberg; Pelleas und Melisandc t
Alban Berg: 01'. i Sonate für Klavier [Kamp. große Partitur. N.euges1:ochene Ausgabe
190'81 (zweite' verbesserte Auflage) Beethoven..Vio1inkonzel·t~ n~tt bearbeitet von
01'.:2 Vier 'Lieder fO-r eine Singstimme mit. Arnold Rose
Klavier nach, Gtdkhten von H~bbel uno Mende1siSÖnn..VioH.nkonz;e.rt] neubearbeitet-voll
Mamoer! [1909] Arnold RORe
o "
Vu&nJwol'tlkher Scn:t'Ht1dtel:'! Dx-. :P~ A~ Pis!.." Wien:. :r. Kal'lsplatz 6, __ Hegtli:lgeg'eb~l1 von, di!;i' Uni~
Edition A.,.G:~ - Druck von Otto Mitaßt Sohne G~s~ m~ b, H.! Wien I c Wn.l1fis;:ngaase- 10~

659
-----~

GroßartigerErfolg am Münc:hener Nationaltheater


llJiIlUllllliHI!I!!1l11!1IjIHUI!IJ!UHlllfl!11!lJfI!II!Il!I!il!l!fll1l!1ll1ll111l111IlIIlIIIHlHllllll!!lnl!!mltmllIIlIllIlIllUlll!IIlIlUHIlII!!IlIIlIJjiUllnUlli"

UuufffilU;Ul1g: 2\). November 1920

11 Waltet Braunfels
I
Ein lyd:sch"'phanbstisches Spiel rtach
I Aristophan.es~ - D'ic~tung
L vom Komponistexf
U.E.Nr~642o Klavierauszug m-lt Text .• ~ ~ 4 ,Muk 20.'-, '
, , •• , , • • , •••••

U, E, Nr, 6421 Te,xto,,'h , , , , ' , , , , , . , . . . . . . . . . . . , . . . Mark 1'50


U.E. Nr. 6421 Die Taubenhöchzeit,:Hir Kbvle!' zweihändig • . . . . . , .• Mark 2·-_
MUNCHENER NEUESTE NACHlUCHTEN (P,ul Eh!ers);, Von Anf.ng bIs nnde !\ilusik,
klingende Schönheit '" ~ ~ gtarkcr~ vom Herzen komme-fidel' Bcifa1!
llIiUNCHEN,AUGSBURGER ZEITUNG (AlbertNoelte): Eine Qtle!le dau.rnden Genu.se.",
von kiass1s.:he.1' Reinheit tUld Schönheit ••• ein äußetst starketf völlig Ull'"
bestrittener Erfolg
MÜNCHENER TAGBLATT (I,Dachs): lllilhendePhantastik,leuehte"de Farben, durchau.
moderne Tonsprache ... Dei" Erfolg war glänzend
MüNCHNER ZEITUNG (1. L. Fischer) tEine formvollendete t feingearbeitete Partitur,
ungemeinf:l:'isches und pulsierendes Leben~ •. DasWerk i!rntete großen BeHa.11 >"
DEUTSCHE ALLGSMElNE ZnlTUN'G (Ale:<, Bettsche); Das Sehleste, lleg!!icKendsta,
Deut&chester was unsl.'!ter heutigen Opunofihne bleiben wird ~ .. ,
Ferner erschienen von Walter Braunfe1s:

I Phantastische Erscheinnngen eines Themas von


Hector Bedioz, op. 25
fiit' großes Orchester
11 Zahlreiche Aufführungen diese,$ hervor:r.agende'n 'Werkes haben bereHs von den

I
namhaftesten deutschen O.t'chestervereinigu.ngen mit starkem Erfolge stattgefunden
lLE. Nt\ 6398 Große Partitur-' . Mark 50"- U. E.Nr~ 6374 Themat. Analyse Mark -'6(J ,

11 Drei Gesänge für eine Baßstimme mit Orchesterbegleitung;


i Ausga!:n; mit Kl.a.vierbegleitu!1g!'
U,E.Nr, 6395 Auf ein S"ldatengtab (Helm, Hesse) , , , , , , , , ' . , , . MarI< 1'50
U. E, Nt, 6396 An die Parzen (Hil!detl!n) •. , • , , . , , , . . . , , . . . Mark 1'50.
U, E, Nt, 6397 Tod filrs Vaterland, . , , , . , , . , . • , , , , . . , , , ,Mark 1'60
11t einfar:her, melodischer Littie, zeichnet hier Braunfe1s das von edle:'!" Größe getragen,e' ':,
Pathos der Dicutti11.g' nach und steigert de'n Stimmungsgehalt zu hinreißenden Höhe.. ,:,
punkte'n, die beim Jlörcr dne tiefe Wirkung hinterlassen
In Vorbereitung:
ff Vor- und Zwischenspiele·", op. 31 tür Klavieuweihändig
Hiezu Ve:t'legerzuschlag. - Zu beziehen. durth jede Buch.. und Musika1ien.handlung
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5904-AUe:gwo barb,aro .. "" ., .. '" .... 1':50 637015 Ungarisme- Siniernlle.)t!,er 2'50
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INHALT DER ZULETZT ERSCHIENENEN HEFTE:

NUMMER 18
J-ames Simon ......." .............,. '"" Zur Psymologie der Chrornaflk
Siegfried Sruomon, Die MusIK in $pe'ngfers »Unl~fgaflg desAbencllandf:s'"
Werner Wo!ff ... ....,. "" Zur formfrage der Brullinemhen Symphonie
1:9011 We!!esz ... ,..... ". ;.• "" ...... Amokl S<hönhergs Bülmenw~rke
">0

Glossen: Aphorismen von L Roflf:oberg; Reznlceks ",Rllfer Blaubari"


von Rlchard Spedll; Die -"MOmhner Zellung" über Smrc:ken ",Spielwerk"
vön )os. lud. fismel'; . . Der arme Heinrich" von Hans Pfllzner von Rober!
Müner~Harfrrmnn ! Besprechungen! PreJsausschrelhen für Klavierkompo*
sHlonel1 des Anbl'uch" j Zu l.!flser-er Noh;mbeJiage I Neue Noten
No! e TI b (! 11 CI 9 e~, fe!!x Pelyrek, "Exz~nlrik '"

NIJM1"IER 19
]oseph Da.saHeI .. " .. _ ... m ...... !nfellekluaHslerung der Musik
".. ... •••

Wilb~!m fischer ..........., ... ,.. .., Beelhoven und die moderne M'usik
R. SI. Hojfmann .n .., ........................ .,....." ... Rid10rd Sped11
Wer'ner WolH ... ...... Zur formfrage der BtucknersdJen Symphonie H'
Ouldo Glück ...... ,"' .... " ...... ". Joseph Gusfav Mratzeks Werke
H'

Herrhann Noe!zel:s "Meisfer Guido" in Kassd

C!JOBetiJ Konzer!rmdlriol!en von R. S. !;offmann; Mus!k in Wien' Vo'll


R. S. Hoffman'n ! NöHzen !Bespremungen ! Zu unserer Nolef1b~!lage
N€lJ'e. Nolen I Neue Bikher und Zei!smrjflen' ,

No1e!1beilage~ Kad'\Velgl. Sdm1ied Sd1merz

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Gesang.
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