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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Göttingen
(Begriffsklärung) aufgeführt.
Wappen Deutschlandkarte
Das erstmals 953 als Gutingi urkundlich erwähnte Dorf am Fluss Leine entstand im
Umfeld der heutigen St.-Albani-Kirche. Der später gegründete Marktflecken Gotingen
erlangte um 1230 die Stadtrechte, während das ursprüngliche Dorf Gutingi für lange
Zeit außen vor blieb und ein Schattendasein fristete. Göttingen wurde 1964 zur
Großstadt und ist eines der neun Oberzentren von Niedersachsen. Die Kreisstadt und
größte Stadt des Landkreises Göttingen wurde 1964 als bis dahin kreisfreie Stadt
durch das vom Niedersächsischen Landtag verabschiedete Göttingen-Gesetz in den
gleichnamigen Landkreis integriert, ist jedoch weiterhin den kreisfreien Städten
gleichgestellt.
Nach Angaben der Stadt lag die Einwohnerzahl im Jahr 2020 bei 131.436, davon hatten
118.480 ihre Hauptwohnung in Göttingen.[3]
Inhaltsverzeichnis
1 Geographie
1.1 Lage
1.2 Naturschutzgebiete
1.3 Klima
1.4 Stadtgliederung
1.5 Nachbargemeinden
2 Geschichte
2.1 Ur- und Frühgeschichte
2.2 Dorf Gutingi
2.3 Pfalz Grona
2.4 Stadtgründung
2.5 Ausbau und Erweiterung
2.6 Wachstum und Selbständigkeit
2.7 Reformation und Dreißigjähriger Krieg
2.8 Wiederaufstieg als Universitätsstadt
2.9 Von Napoleon bis 1866
2.10 1866 bis 1919
2.11 Nationalsozialismus, Kriegs- und Nachkriegszeit
2.12 Seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland
2.13 Eingemeindungen
2.14 Einwohnerentwicklung
3 Religion
3.1 Konfessionsstatistik
3.2 Geschichte
4 Politik
4.1 Politik- und Verwaltungsgeschichte
4.2 Rat
4.3 Weitere Wahlen
4.4 Oberbürgermeister
4.5 Abgeordnete
4.6 Ortsräte
4.7 Wappen
4.8 Flagge
4.9 Wahlspruch
4.10 Städtepartnerschaften
5 Bildung und Forschung
5.1 Bibliotheken und wissenschaftliche Serviceeinrichtungen
5.2 Sonstige wissenschaftliche Einrichtungen
5.3 Schulen
6 Kultur und Sehenswürdigkeiten
6.1 Theater
6.2 Musik
6.3 Literatur
6.4 Kunst
6.5 Museen und Archive
6.6 Botanische Gärten der Universität
6.7 Denkmäler
6.8 Bauwerke
6.9 Glockenspiel
6.10 Regelmäßige Veranstaltungen
6.11 Studentenverbindungen und Logen
6.12 Nachtleben
7 Wirtschaft und Infrastruktur
7.1 Verkehr
7.2 Ansässige Unternehmen
7.3 Energieversorgung
7.4 Trinkwasserversorgung
7.5 Abwasserentsorgung
7.6 Gesundheitswesen
7.7 Behörden und öffentliche Einrichtungen
8 Medien
8.1 Printmedien
8.2 Hörfunk
8.3 Fernsehen
8.4 Online-Medien
8.5 Filmstadt Göttingen
9 Sport
9.1 Alpinsport
9.2 Fußball
9.2.1 Fußballturniere
9.3 Basketball
9.4 Standard-Formationstanzen
9.5 American Football
9.6 Kanupolo
9.7 Hockey
9.8 Inline-Skater Hockey
9.9 Tischfußball
9.10 Göttinger Fallschirmsportclub
9.11 Inklusion
10 Persönlichkeiten
11 Sonstiges
12 Literatur
13 Weblinks
14 Anmerkungen
Geographie
Lage
Göttingen liegt am Leinegraben an der Grenze der Leine-Ilme-Senke zum Göttinger
Wald und wird in Süd-Nord-Richtung von der Leine durchflossen, der nördliche
Stadtteil Weende von der Weende, mehrere nordöstliche Stadtgebiete von der Lutter
und mehrere westliche Stadtbereiche von der Grone. Wenige Kilometer weiter nördlich
schließt sich der Nörtener Wald an. Am südlichen Stadtrand von Göttingen liegt der
vom Wasser der Leine gespeiste Göttinger Kiessee, drei Kilometer südlich davon der
Rosdorfer Baggersee.
Das zu Göttingen gehörende Gebiet liegt auf 138 bis 427 m ü. NN westlich der Berge
Kleperberg (332 m) und Hainberg (315 m), wobei die Mackenröder Spitze (427 m) an
der Ostgrenze des Göttinger Walds der höchste Berg Göttingens ist. Im Stadtgebiet
sowie westlich der Leine liegen mit gleichnamigen Stadtvierteln der Hagenberg (auch
Kleiner Hagen genannt; 174 m) und ungefähr 2 km südlich davon die sanfte Erhöhung
des Egelsbergs. An der westlichen Stadtgrenze erheben sich Knutberg (363 m) und
Kuhberg (288 m).
Das direkt westlich des Göttinger Walds befindliche Göttingen liegt zwischen
Solling (etwa 34 km nordwestlich), Harz (etwa 60 km nordöstlich), Kaufunger Wald
(etwa 27 km süd-südwestlich), Dransfelder Stadtwald (13 km südwestlich) und
Bramwald (19 km westlich); die Entfernungen beziehen sich per Luftlinie gemessen
auf die Strecke Göttingen-Innenstadt bis zu den Zentren und Hochlagen der
jeweiligen Mittelgebirge.
Naturschutzgebiete
Im Gebiet der Stadt Göttingen sind zur Erhaltung wertvoller und gefährdeter
Lebensräume zwei Naturschutzgebiete ausgewiesen: Das Naturschutzgebiet Stadtwald
Göttingen und Kerstlingeröder Feld wurde im Mai 2007 ausgewiesen und umfasst eine
Fläche von 1193 Hektar,[4] das Naturschutzgebiet Bratental in den Gemarkungen
Nikolausberg und Roringen besteht seit September 1982 und umfasst 115 Hektar in
drei räumlich voneinander getrennten Flächen.[5]
Klima
Stadtgliederung
Geschichte
Die Geschichte Göttingens:[9][10]
Ur- und Frühgeschichte
Das Stadtgebiet Göttingens ist seit der frühen Jungsteinzeit besiedelt, wie
zahlreiche Fundstellen der bandkeramischen Kultur zeigen. Eine dieser Fundstellen
wurde beim Bau des heutigen Einkaufszentrums Kauf Park im Stadtteil Grone in den
1990er Jahren von der Stadtarchäologie großflächig ausgegraben.[11] Darüber hinaus
finden sich Besiedlungsspuren der Bronze- und Eisenzeit.[12]
Dorf Gutingi
Göttingen geht auf ein Dorf zurück, das sich archäologisch bis ins 7. Jahrhundert
nachweisen lässt. Dieses Dorf wurde 953 unter dem Namen Gutingi erstmals in einer
Urkunde König Ottos I. erwähnt – mit der Beurkundung schenkte der spätere Kaiser
dem Kloster St. Moritz in Magdeburg Besitz im damaligen Gutingi[13] – und lag am
Ostrand des Leinetalgrabens im Umkreis der heutigen St.-Albani-Kirche auf einem
Hügel. Diese Kirche wurde spätestens zu Beginn des 11. Jahrhunderts dem Heiligen
Albanus geweiht und ist damit die älteste Kirche Göttingens, wobei das heutige
Gebäude ein Nachfolgebau aus dem 14. und 15. Jahrhundert ist. Neuere archäologische
Funde im Bereich des alten Dorfes weisen auf ein ausgebildetes Handwerk hin und
lassen auf weitreichende Handelsbeziehungen schließen. Durch das Dorf floss ein
kleiner Bach, die Gote, von der das Dorf seinen Namen bezog („-ing“ = „Bewohner
bei“).
Pfalz Grona
Evangelische Friedenskirche, erbaut in den 1950er Jahren am Rande des Geländes der
ehemaligen Pfalz Grona (Informationstafeln dazu am Kirchturm und in einem
Gedenkraum im Erdgeschoss)
Während – abgesehen von den archäologischen Funden – über das Schicksal des Dorfes
Gutingi im frühen Mittelalter nicht viel bekannt ist, tritt mit der Pfalz Grona
(dt. Grone) zwei Kilometer nordwestlich des Dorfes ein Ort deutlicher in der
Geschichte hervor. Als neu erbaute Burg 915 urkundlich erwähnt, wurde sie später
zur Pfalz ausgebaut. Diese über dem gegenüberliegenden Ufer der Leine auf dem
südlichen Sporn des Hagenbergs gelegene Pfalz gilt mit ihren insgesamt 18 bezeugten
Königs- und Kaiseraufenthalten zwischen 941 und 1025 als spezifisch ottonische
Pfalz mittleren Ranges. Insbesondere für Kaiser Heinrich II. und seine Gemahlin
Kunigunde war Grone ein beliebter Aufenthaltsort. Hierher zog sich Heinrich II.
schwer erkrankt im Sommer 1024 zurück, wo er am 13. Juli 1024 verstarb.
Die Burg verlor später ihre Funktion als Pfalz und wurde im 13. Jahrhundert zur
Burg der Herren von Grone umgebaut. Zwischen 1323 und 1329 wurde sie von den
Bürgern der Stadt Göttingen zerstört. Die Reste wurden 1387 von Otto der Quade
wegen seiner Fehde mit der Stadt Göttingen abgetragen.
Stadtgründung
Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert, das beim Jacobifriedhof gefunden wurde
An der zur Furt über die Leine führenden Straße, westlich des Dorfes Gutingi,
entstand im Laufe der Zeit ein Wik (= eine kaufmännische Siedlung), das den
Ortsnamen als „gotingi“ weiterführte und später 1230 als „Gotingen“ das Stadtrecht
erhielt.
Das nunmehr so genannte Alte Dorf, das der Stadt anfangs den Namen gab, war nicht
die eigentliche Keimzelle der neuen Stadt; es lag vielmehr außerhalb der ersten
Stadtmauer und ist noch im Stadtgrundriss als gesonderter Bereich um die
Albanikirche und die heutige Lange-Geismar-Straße erkennbar. Unter welchen
Umständen die Stadt Göttingen entstand, ist historisch nicht exakt zu bestimmen.
Man geht davon aus, dass Heinrich der Löwe die Stadtgründung zwischen 1150 und
1180/1200 initiierte. In der Zeit zwischen 1201 und 1208 wird Pfalzgraf Heinrich,
der Bruder Ottos IV., als Stadtherr angegeben. In dieser Zeit wurden bereits von
Göttingen aus welfische Besitz- und Herrschaftsrechte wahrgenommen. Zu dieser Zeit
wurden erstmals Göttinger Bürger (burgenses) erwähnt, was darauf schließen lässt,
dass Göttingen bereits auf spezifisch städtische Weise organisiert war. Die Welfen
verwalteten ihren Besitz um Göttingen von einem Hofe aus, der nördlich des alten
Dorfes, am heutigen Ritterplan, lag und in späterer Zeit zu einer Burg, dem
„Ballerhus“ (balrus) ausgebaut wurde. Die Ackerflur, die zu diesem Wirtschaftshof
gehörte, wird als „Bünde“ (gebundenes Land) bezeichnet und so noch in
spätmittelalterlichen Urkunden erwähnt. Die Hofleute besaßen ihren Wohnsitz neben
dem Herrensitz. In enger Verbindung zum Hof und zur späteren Burg befand sich zudem
die Jacobikirche, welche eine Stiftung Heinrichs des Löwen war, und ein südlich
angrenzender Hof, der 1303 von Herzog Albrecht an das Kloster Walkenried verkauft
wurde. Es liegt nahe, dass durch die Einbeziehung der Jacobikirche und des
angrenzenden Hofes der gesamte Burgkomplex im Süden bis an die heutige Speckstraße
sowie bis in die Nähe der Weender Straße gereicht haben mag.
Göttingen war jedoch keine Reichsstadt, sondern den welfischen Herzögen von
Braunschweig-Lüneburg unterworfen. Die landesherrlichen Statthalter hatten ihre
Residenz in der Burg, die in der nordöstlichen Ecke der ältesten, vor 1250
errichteten Stadtbefestigung lag und an die noch der Name Burgstraße erinnert.
Gleichwohl mussten die Herzöge der Stadt gewisse Freiheiten zubilligen und
Kompromisse schließen. Göttingen wurde in der Frühzeit seiner Geschichte als Stadt
in Konflikte der Welfen mit ihren Widersachern im südlichen Niedersachsen
hineingezogen. Die Auseinandersetzungen in den ersten Jahrzehnten des 13.
Jahrhunderts waren den politischen Interessen der Göttinger Bürger förderlich, und
diese konnten die politisch-militärische Situation geschickt ausnutzen und sich
umwerben lassen. In einer Urkunde aus dem Jahre 1232 bestätigte Herzog Otto das
Kind den Göttingern die Rechte, die sie zur Zeit seiner Onkel – also Otto IV. und
Pfalzgraf Heinrich – besessen hätten. Dabei wird es sich um solche Privilegien
gehandelt haben, die den Handel erleichterten, am Ort wohnende Kaufleute schützten
und Befugnisse der Göttinger Selbstverwaltung absteckten. Er stellte in Aussicht,
dass die Stadt nicht in fremde Hände gelangen solle. Es ist davon auszugehen, dass
spätestens zu dieser Zeit ein von den Bürgern gestellter Stadtrat und damit ein
praktikables Instrument der Selbstverwaltung existierte. Namen von Ratsherren
werden erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1247 genannt.
Geschützt wurde die Stadt zunächst durch Wälle, spätestens Ende des 13.
Jahrhunderts durch Mauern auf den Wällen. Von dieser alten Stadtbefestigung ist nur
in der Turmstraße der Mauerturm sowie ein Teil der Mauer erhalten. Das damals
befestigte Areal umfasste maximal 600 mal 600 m, etwa 25 ha, und war damit zwar
kleiner als Hannover, jedoch größer als die benachbarten welfischen Städte
Northeim, Duderstadt und Münden. Die Genehmigung zur Errichtung des Walls wurde
1362 von Herzog Ernst von Braunschweig-Göttingen erteilt, der Bau zog sich
schließlich über 200 Jahre hin.[14] Nimmt man die von den Landesfürsten angeordnete
Anlage von Außenwerken und die notwendigen Instandsetzungsarbeiten und späteren
Verbesserungen hinzu, summiert sich die Bauzeit auf insgesamt 400 Jahre. Gewaltige
Geldsummen und Anstrengungen waren nötig, um den Wall in einem solchen Zustand zu
errichten, wie er auf alten Stichen und Plänen zu sehen ist. Zunächst bildete er
einen einfachen Graben mit niedrigem Aufwurf, welcher durch Zäune und Knicks,
später mittels Planken und einer niedrigen gemauerten Brustwehr verstärkt wurde. In
ihrem Endzustand besaß der Wall eine starke Stützmauer und Brustwehr, einen
breiten, aus einer Kette von Teichen zusammengesetzten Festungsgraben, mindestens
30 am Außenrand der Wälle errichtete Türme sowie eine Reihe von Schanzen und
Außenbastionen. Vier Haupttore entstanden im Kontext zu den jeweiligen Toren der
alten Stadtmauer und wurden als äußere Tore bezeichnet.
Der südlich der Mauern fließende Bach Gote wurde um diese Zeit durch einen Kanal
mit der Leine verbunden. Der danach Leinekanal genannte Wasserlauf der Leine führte
wesentlich mehr Wasser in und durch die Stadt hindurch.
Im Zuge der welfischen Erbteilungen erhielt 1286 Herzog Albrecht der Feiste die
Herrschaft über Südniedersachsen. Er wählte Göttingen zu seinem Herrschaftssitz und
zog in die in der nördlichen Altstadt befindliche Burg, das Ballerhus (auch
Bahlrhus) ein. Von diesem wurde außerhalb der Mauern im Westen auf der
gegenüberliegenden Seite des Leinekanals eine Neustadt, ein beidseitig bebauter
Straßenzug von nur etwa 80 m Länge, noch vor 1300 angelegt. Albrecht beabsichtigte
mit der Neugründung ein Gegengewicht zur wirtschaftlich und politisch schnell
wachsenden Stadt zu schaffen, um von diesem Stützpunkt aus seine Macht neu zu
festigen. Der Herzog konnte das aufstrebende Göttingen jedoch nicht daran hindern,
sich nach Westen weiter auszudehnen, da es dem Göttinger Rat gelang, der Neustadt
alle Entwicklungsmöglichkeiten zu verbauen. Nachdem sich das Projekt schlecht
entwickelte, kaufte der Rat der Stadt Göttingen diese unangenehme
Konkurrenzgründung im Jahre 1319 für nur 300 Mark auf. Im Süden an die Neustadt
wurde zunächst als Pfarrkirche der Neustadt die St.-Marien-Kirche errichtet, die im
Jahre 1318 mitsamt den angrenzenden Höfen dem Deutschen Ritterorden übertragen
wurde.
Am Rande der Altstadt wurden zudem im späten 13. Jahrhundert zwei Klöster
gegründet. Im östlichen Teil der Altstadt, auf dem Gelände des heutigen
Wilhelmsplatzes, wurde zunächst ein Franziskanerkloster errichtet. (→ eigener
Artikel: Franziskanerkloster Göttingen) Nach Angaben des späteren Stadtchronisten
Franciscus Lubecus sollen sich die Brüder des 1210 gegründeten Franziskanerordens
seit 1268 dort angesiedelt haben, möglicherweise aber auch bereits 1246. 1306 wurde
wahrscheinlich die Kirche des Barfüßerklosters („Barfüßerkirche“) geweiht, von der
ein 1424 entstandenes Altarretabel erhalten ist. Der Konvent gehörte zunächst zur
Kölnischen Franziskanerprovinz (Colonia); 1462 wurde er von der Ordensleitung
gezwungen, die Ordensregeln der Observanz anzunehmen, und der Sächsischen
Franziskanerprovinz (Saxonia) zugewiesen.[15] Das Kloster bestand bis 1533, nachdem
es dort ab 1529 zu einem teilweise gewalttätigen Konflikt zwischen dem Stadtrat,
der Bevölkerung und den Franziskanern gekommen war. Der frühere Provinzial der
Saxonia, Andreas Grone (Fricke), wurde vom Rat 1531 wegen „aufwiegelnder Reden“ aus
der Stadt vertrieben. Am 23. Juli 1533 verließen alle Ordensbrüder auf Druck des
Rates hin in einer feierlichen Prozession die Stadt. Ihre Bibliothek mit rund 450
bis 500 Bänden wurde 1545 aufgelöst.[16] Da die Franziskaner als Ausdruck ihrer
Armut und Demut keine Schuhe trugen, wurde ihr Orden im Volksmund Barfüßer genannt;
daher erhielt die zum Kloster führende Straße ihren heutigen Namen Barfüßerstraße.
Ausgrabungen am Wilhelmsplatz förderten im Jahr 2015 zahlreiche Skelette zutage,
bei denen es sich um bestattete Franziskanerbrüder handelte.[17] Im Dreißigjährigen
Krieg versuchten die Franziskaner ab 1628, geschützt von der katholisch-
kaiserlichen Besatzung, ihr Kloster in Göttingen zu reaktivieren und gerieten dabei
in Konkurrenz zu den Minoriten; mit Hilfe von Kaiser Ferdinand II. und Nuntius
Aloisius Carafa konnten sich die Franziskaner durchsetzen. Bereits im Februar 1632
mussten sie jedoch aus Göttingen fliehen und das Kloster aufgeben, nachdem die
Stadt von protestantischen Truppen zurückerobert worden war.[18]
Im Jahre 1294 gestattete Albrecht der Feiste den Dominikanern im Papendiek, am
Leinekanal gegenüber der Neustadt, ein Kloster zu gründen, als dessen Klosterkirche
die 1331 geweihte Paulinerkirche diente.
Juden wurden im späten 13. Jahrhundert in der Stadt angesiedelt. Unter dem Datum
des 1. März 1289 erteilten die Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg dem Göttinger
Rat die Erlaubnis, den Juden Moses in der Stadt aufzunehmen. Die Juden wohnten
hauptsächlich in der Nähe der St.-Jacobi-Kirche in der heutigen Jüdenstraße. In
Göttingen war die Geschichte der Juden schon im Mittelalter von großem Leid
geprägt. Nachdem im Jahre 1369/1370 Herzog Otto III. der Stadt das Recht der
Gerichtsbarkeit über die Juden abgetreten hat, kam es hier immer wieder zu blutigen
Pogromen und Vertreibungen. Von 1460 bis 1599 wohnten über 100 Jahre überhaupt
keine Juden in Göttingen.
Das 14. und das 15. Jahrhundert bildeten für Göttingen eine Blütezeit
wirtschaftlicher Machtentfaltung, von der die Werke der Baukunst Zeugnis ablegen.
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann der Neubau der St.-Johannis-Kirche
als gotische Hallenkirche. Ab 1330 ersetzte ein gotischer Bau die kleinere St.-
Nikolai-Kirche. Nach dem Abschluss der Arbeiten an der St.-Johannis-Kirche wurde in
der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit dem Neubau der St.-Jacobi-Kirche
begonnen. In den Jahren nach 1366 entstanden wesentliche Teile des (jetzigen alten)
Rathauses. Die heutige Gestalt des Gebäudes erhielt es in Grundzügen erst um die
Mitte des 15. Jahrhunderts.
In den Jahren um 1360 wurde zudem der Befestigungsring um die Stadt neu abgesteckt
und umfasste nunmehr die Neustadt und das Alte Dorf. Im Zuge dieser Baumaßnahmen
wurden die vier Stadttore weiter nach außen verlegt und das Gebiet der Stadt wuchs
auf ein Areal von etwa 75 ha. Ab 1380 entstand im Umland die weiträumige Göttinger
Landwehr mit zunächst zwei unregelmäßigen Ringen um die Stadt.
Nach diversen weiteren dynastischen Teilungen und Herrschaftswechseln, die mit dem
Tode Otto Cocles’ (1463) einsetzten, erhielt Erich die Herrschaft über das
zusammengelegte Fürstentum Calenberg-Göttingen. Die Stadt verweigerte zunächst dem
neuen Herrscher die Huldigung, woraufhin Erich 1504 bei König Maximilian eine
Reichsacht gegen Göttingen erwirkte. Die andauernden Spannungen führten zu einer
wirtschaftlichen Schwächung der Stadt, so dass die Stadt letztendlich 1512 die
Huldigung leistete. Schon bald darauf zeichnete sich das Verhältnis zwischen Erich
und der Stadt durch eine eigenartige Friedfertigkeit aus, die darauf zurückgeführt
wird, dass Erich finanziell auf die Stadt angewiesen war.
Von der guten Verkehrslage zwischen den bedeutenden Handelsstädten Lübeck und
Frankfurt am Main profitierten die Göttinger Kaufleute. Der Göttinger Markt
erreichte überregionale Bedeutung. Viermal im Jahr kamen zum Jahrmarkt fremde
Händler in großer Zahl nach Göttingen. Die Kaufleute, die den Fernhandel als
Zulieferer für den Göttinger Markt und als Transithändler im überregionalen
Geschäft betrieben, besaßen in Göttingen die großen Vermögen.
Göttingen trat der Hanse bei. Die erste Ladung der Stadt zum Hansetag wird auf 1351
datiert.[19] Das Verhältnis zur Hanse blieb jedoch weitgehend distanziert. Als
Binnenstadt nutzte Göttingen zwar gerne das funktionierende Wirtschaftsnetz der
Hanse, wollte sich aber nicht in die Politik des Gesamtverbandes verwickeln lassen.
Zahlendes Mitglied wurde Göttingen erst 1426, und 1572 folgte bereits der
endgültige Austritt aus der Hanse.
Ansicht der Stadt von Westen (Holzschnitt aus dem Jahr 1585)
Das 16. Jahrhundert begann in Göttingen mit wirtschaftlichen Problemen, die
schließlich zu Spannungen führten. Zum offenen Konflikt zwischen Handwerksgilden
und Rat, der im Wesentlichen von der Schicht der Kaufleute gestellt wurde, kam es
1514, als der Rat zur Haushaltssanierung neue Steuern erlassen wollte. Am 6. März
1514 stürmten die Gilden das Rathaus, setzten den Rat kurzerhand gefangen und
jagten ihn anschließend aus der Verantwortung. Der Rat konnte zwar mit Hilfe von
Herzog Erich I. seine alte Stellung wieder zurückgewinnen, der Konflikt schwelte
jedoch weiter und bildete damit den Nährboden für die Einführung der Reformation in
Göttingen.
Die Reformation, die infolge von Martin Luthers Thesenanschlag 1517 und dem
Reichstag zu Worms im Jahre 1521 nach und nach weite Teile Deutschlands und
insbesondere die großen Städte ergriffen hatte, schien jedoch zunächst an Göttingen
vorbeizugehen. Selbst als der Bauernkrieg 1524/25 durch Deutschland tobte, blieb es
in Göttingen ruhig. Erst 1529, also zwölf Jahre nach Luthers Thesenanschlag, kam in
Göttingen die Reformation auf. Anlass dazu war zunächst eine Szene ganz
mittelalterlicher Prägung: eine Bartholomäus-Prozession. Derartige Prozessionen
waren in den großen Städten Deutschlands in diesen Zeiten selten geworden. Das alte
Kirchenwesen war in Göttingen bis zu diesem Zeitpunkt jedoch noch unbestritten. Der
Umbruch wurde von den neuen Wollenwebern eingeleitet, jenem Personenkreis also, der
erst ab 1475 in Göttingen angesiedelt war, und insofern dem neuen Gedankengut
offener gegenüberstand als die Alteingesessenen, also gewissermaßen das progressive
Element in der Stadt bildete. Diese neuen Wollenweber hatten eine
Gegendemonstration zu der Bartholomäus-Prozession formiert und die Prozession auf
der Groner Straße mit Luthers Choral „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“ empfangen
sowie den Zug mit weiteren christlichen Psalmen und Spottliedern begleitet. Über
den religiösen Aspekt hinaus stellten damit die neuen Wollenweber zugleich das in
der Stadt bestehende Herrschaftssystem in Frage.
Nunmehr drängten sich die Ereignisse, der vorherigen Verspätung folgte eine
überraschende Beschleunigung des Umbruchs: Mit dem ehemaligen Rostocker Dominikaner
Friedrich Hüventhal war jetzt ein evangelischer Prediger in der Stadt. Dieser
gewann zunehmend an Einfluss, hielt eine öffentliche Predigt auf dem Marktplatz und
konnte schließlich nach kontroversen Verhandlungen mit dem Rat gegen den Willen der
Paulinermönche in der Paulinerkirche am 24. Oktober 1529 den ersten regulären
evangelischen Gottesdienst in Göttingen feiern. Dieser Ort musste gewählt werden,
da der Rat der Stadt Göttingen anfangs noch keine Verfügungsgewalt über die
Pfarrkirchen in der Stadt hatte. Diese unterstanden der Verfügungsgewalt des
Herzogs Erich I. Dieser hing noch dem alten Glauben an und wollte evangelische
Predigten in den ihm unterstellten Pfarrkirchen nicht zulassen. Erich I. war
bereits 1525 dem Dessauer Bund, einem antiprotestantischen Bündnis norddeutscher
Staaten, beigetreten, und sah durch die Einführung der Reformation in der größten
Stadt in seinem Fürstentum Calenberg-Göttingen das Verhältnis zwischen der Stadt
und ihrem Landesherrn empfindlich gestört. Nachdem die Göttinger mit einem
abschließenden Rezeß am 18. November 1529 die Kirchenreform und politische
Neuerungen zusammenfassten, reagierte Erich prompt und schroff. Er wandte sich an
die Stadt in der harten Form eines Fehdebriefes. Hüventhal, der in der
reformatorischen Bewegung der Stadt nicht mehr unumstritten war, musste daraufhin
die Stadt verlassen. Dies bedeutete jedoch nicht das Ende der Reformation in
Göttingen, die Göttinger holten den gemäßigteren Prediger Heinrich Winkel aus
Braunschweig in die Stadt. Um diese Zeit wurde Johann Bruns einer der bestimmenden
Köpfe der Göttinger Kirchenpolitik. Schon vorher hatte er als Pfarrer von Grone als
einer der ersten in der Region lutherisch gepredigt; später wurde er Syndicus der
Stadt. Nachdem der Rat der Stadt die Pfarrkirchen, in denen nicht lutherisch
gepredigt werden durfte, hatte schließen lassen, wurde am Palmsonntag des Jahres
1530 die neu ausgearbeitete Kirchordnung Göttingens verlesen, die der Göttinger
Reformation den Abschluss gab. Die Kirchenordnung wurde Martin Luther zur Korrektur
und Absegnung vorgelegt und erschien 1531 in einer Wittenberger Druckerei mit einem
zustimmenden Vorwort des Reformators.
Im April 1533 gelang es der Stadt, sich mit dem Herzog ins Benehmen zu setzen und
in einem Vertrag die Kontroverse auszuräumen. Daran nicht unbeteiligt war Erichs
Frau Elisabeth von Brandenburg, die selbst 1538 öffentlich zum evangelischen
Glauben übertrat. Nach Erichs Tod im Jahre 1540 übernahm sie die vormundschaftliche
Regierung für ihren Sohn Erich II. und begann von ihrer Leibzucht Münden aus, im
Fürstentum Calenberg-Göttingen die Reformation durchzusetzen. Elisabeth machte den
Pfarrer Anton Corvinus aus dem hessischen Witzenhausen zum Superintendenten für das
Fürstentum und ließ von diesem die Calenberger Kirchenordnung ausarbeiten, die 1542
in Druck ging.
Nach der Niederlage der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg 1548 mussten diese
das Augsburger Interim hinnehmen. Wie in vielen Teilen des Reiches fiel dies den
Göttingern schwer und sie weigerten sich, dieses durchzusetzen. Herzog Erich II.
kehrte nach längerer Abwesenheit wieder in sein Fürstentum zurück, trat 1549 zum
katholischen Glauben über und begann – sehr zum Leidwesen seiner Mutter – das
Interim durchzusetzen. In Göttingen führte dies dazu, dass die Stadt ihren
Superintendenten Mörlin, der sich zu harsch gegen das Interim und gegen den Herzog
gewandt hatte, entlassen musste. In dieser Entlassung kann ein erster Schritt zur
Beseitigung der städtischen Autonomie im Kirchenwesen und in anderen Bereichen der
Selbstverwaltung im späten 16. und im 17. Jahrhundert gesehen werden.
Nachdem im Augsburger Reichs- und Religionsfrieden 1555 den Reichsständen das Recht
zugesprochen wurde, das Bekenntnis ihrer Untertanen zu bestimmen, versprach Erich
II., obwohl er dem katholischen Glauben treu blieb, das Fürstentum bei der
Kirchenordnung von 1542 und bei der evangelischen Lehre zu belassen. Der Rat der
Stadt Göttingen unterzeichnete 1580 die lutherische Konkordienformel von 1577.[20]
Nach dem Tode Erichs II. 1584, der keinen männlichen Nachfolger hinterließ, fiel
das Fürstentum an Herzog Julius von Wolfenbüttel, wodurch das Fürstentum Calenberg-
Göttingen wieder an das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel gelangte. Göttingen,
das schon 1582 durch den Verlust der umgebenden Leinedörfer an die Herzöge an
Einfluss verloren hat, musste neben dem wirtschaftlichen Niedergang, der nunmehr
einsetzte, 1597, 1611 und zuletzt 1626 mehrere Pestausbrüche verkraften.
1634 erlosch mit dem Tode Friedrich Ulrichs das Mittlere Haus Braunschweig.
Göttingen fiel nach der abermaligen welfischen Erbteilung an Georg von Braunschweig
und Lüneburg-Calenberg, der Hannover zu seiner Residenz wählte. Nach dessen Tod
1641 musste Göttingen unter Herzog Christian Ludwig die letzte große Belagerung
durch Piccolomini ertragen. Anschließend war der Krieg für Göttingen zwar zu Ende,
die Stadt hatte aber noch lange Jahre die Last der Garnison und der Kriegskosten zu
tragen.
Ansicht der Stadt von Südosten. Das Schriftband des 1735 entstandenen Kupferstichs
betont die neue Bedeutung der Stadt durch die Universitätsgründung.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg setzte sich der wirtschaftliche Niedergang der Stadt
weiter fort. Der Export von Tuchen und Leinwand war fast völlig zusammengebrochen.
Die Einwohnerzahl, die im Jahre 1400 noch 6000 Personen betrug, sank um 1680 auf
unter 3000. Dem wirtschaftlichen Niedergang folgte der politische. Die
Vorherrschaft der Gilden in Rat und Bürgerschaft wurde abgelöst durch die
Herrschaft des Landesherrn. Herzog Ernst August erreichte es 1690, dass durch den
so genannten Stadtrezess der Rat faktisch in ein fürstliches Verwaltungsorgan
umgestaltet wurde. Außenpolitisch änderte sich die Situation. Das Fürstentum
Braunschweig-Calenberg, zu dem Göttingen seit 1634 gehörte, wurde unter Herzog
Ernst August im Jahre 1692 von Kaiser Leopold I. zum Kurfürstentum ernannt. Die
nunmehr Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) waren ab 1714 zugleich
in Personalunion König von Großbritannien. Ernst Augusts Sohn, Kurfürst Georg
Ludwig von Hannover, sollte als Georg I. den britischen Thron besteigen.
Der Siebenjährige Krieg bedeutete für Göttingen zwischen 1757 und 1762 neue
Besatzungen. Die französische Armee quartierte sich ein, die Universität erhielt
jedoch ihren Lehrbetrieb aufrecht. Nach dem Krieg wurden in Göttingen die
Stadtwälle geschleift, aus dem Stadtwall wurde eine Promenade. Die insofern
entmilitarisierte Universitätsstadt konnte sich wieder voll dem Universitätsbetrieb
widmen und trat in ihre Blütezeit ein.
Der nach Jérôme Bonaparte benannte Jérôme-Pavillon auf der Göttinger Schillerwiese,
in dem er sich des Öfteren in weiblicher Begleitung aufgehalten haben soll
In den von Napoléon Bonaparte geführten Kriegen wurde das Kurfürstentum Hannover
1803 kampflos von französischen Truppen besetzt. Göttingen selbst blieb von
Besatzungen und anderen Belastungen verschont. Dies mag mit dem hohen Ansehen der
Universität zu tun haben. Kurzfristig wurde Hannover 1805 Preußen zugesprochen.
Göttingen wurde daraufhin von preußischen Truppen besetzt. Nach dem Frieden von
Tilsit im Jahre 1807 verschwand das Kurfürstentum Hannover von der Landkarte.
Göttingen wurde Teil des Königreichs Westphalen mit der Residenzstadt Kassel unter
Napoléons Bruder Jérôme Bonaparte. Im Königreich Westphalen war Göttingen
Hauptstadt des Leine-Departements, das sich zeitweise bis nach Rinteln erstreckte.
Göttingen wurde dadurch Sitz mehrerer Behörden und Gerichte mit Zentralfunktion,
die Präfektur hatte ihren Sitz im Michaelishaus. Die Fremdherrschaft wurde mit der
Zeit nicht als bedrückend angesehen. Die Studentenzahlen stabilisierten sich nach
einem anfänglichen Rückgang, und Göttingen passte sich der französischen Herrschaft
an, die bis 1813 dauerte. Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft in
Deutschland wurde das Kurfürstentum Hannover zum Königreich erhoben. Göttingen
gehörte ab 1823 zur Landdrostei Hildesheim, der neu gebildeten Zwischenbehörde.
Göttingen um 1810
Im Jahr 1807 wurde Carl Friedrich Gauß Leiter der Sternwarte der Universität; er
zählt zu den weltweit angesehensten Mathematikern und Physikern.
Unter Führung des Johann Ernst Arminius von Rauschenplat wurde im Zuge der
Göttinger Revolution im Januar 1831 das Rathaus gestürmt.
Die in Deutschland aufkommende Nationalbewegung ging einher mit Forderungen nach
politischer Liberalisierung und Demokratisierung. Als im Jahre 1830 die Pariser
Julirevolution auf Deutschland übergriff, erlebte Göttingen im Januar 1831 die so
genannte Göttinger Revolution. Während das Land Hannover weitgehend ruhig blieb,
kam es in Göttingen durch eine Verkettung verschiedener Ursachen zu einem
gewaltsamen Ausbruch, in deren Folge unter der Führung des Johann Ernst Arminius
von Rauschenplat ein Revolutionsrat gebildet und am 8. Januar 1831 der Magistrat
der Stadt Göttingen aufgelöst wurde. Vom König wurde eine freie Verfassung für das
Königreich Hannover verlangt und der Sturz der Regierung. Die Regierung zeigte sich
unnachgiebig und sandte Truppen in größerem Ausmaß auf die Stadt zu. Am 16. Januar
mussten die Aufrührer kapitulieren. Die Truppen zogen in die Stadt ein und
quartierten sich dort ein. Die Anführer des Aufstandes wurden, soweit sie nicht ins
Ausland geflohen waren, zu drakonischen Strafen verurteilt. Erst gegen Anfang März
1831 kehrte in Göttingen wieder Ruhe ein. Die Universität, die von der Regierung am
18. Januar geschlossen worden war, konnte Mitte April wiedereröffnet werden. Als
Folge des Aufstandes nahm die Regierung tiefgreifende Veränderungen an der
Stadtverfassung vor und ersetzte die alte Stadtverfassung von 1690 durch eine neue.
Die jahrhundertealte politische Rolle der Gilden endete, und an ihre Stelle traten
Repräsentanten einer bürgerlichen Honoratiorenschicht.
Zum 100-jährigen Bestehen der Universität wurde in Göttingen 1837 eine neue
Universitätsaula errichtet.
1837 – 100 Jahre nach Eröffnung der Universität – konnte als Repräsentations- und
Verwaltungsgebäude der Universität die Aula eingeweiht werden. Auf dem Platz davor,
dem heutigen Wilhelmsplatz, wurde dem damaligen Landesherrn und Stifter, Wilhelm
IV., ein Denkmal errichtet. Unter dessen Nachfolger König Ernst August I., mit dem
die 123-jährige Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover beendet wurde,
kam es noch im gleichen Jahr zum Konflikt. Bei seinem Amtsantritt hob dieser die
freiheitliche Verfassung, die sein Vorgänger 1833 erlassen hatte, wieder auf,
woraufhin sieben Göttinger Professoren Protest einlegten. Am 12. Dezember 1837
entließ Ernst August I. die Professoren und verwies drei von ihnen des Landes.
Dieses Ereignis hatte eine enorme Wirkung – nicht nur im Königreich Hannover,
sondern in ganz Deutschland. Die Göttinger Sieben, wie sie von nun an genannt
wurden, galten bald als Märtyrer eines politisch aufmerksamer werdenden Bürgertums.
Durch die Protestaktion wurde die Opposition im Königreich aufgerüttelt. Der
Widerstand des Bürgertums hatte teilweise Erfolg: mit dem Landesverfassungsgesetz
vom 6. August 1840 erhielt Hannover wieder eine konstitutionelle Verfassung, in der
jedoch die Rechte der Stände zugunsten des Monarchen stark beschnitten waren. In
Göttingen kehrte zwar bald wieder Ruhe ein, die Universität, die ohnehin schon seit
den 1820er Jahren an zurückgehenden Studentenzahlen zu leiden hatte, verlor jedoch
zusehends an Ansehen.
Nach den Verfassungskämpfen gab es jedoch wenig Entspannung bei den politischen
Freiheiten. Versammlungen mussten genehmigt werden, Leihbibliotheken wurden
kontrolliert, und die drei ausgewiesenen Professoren durften bis 1848 nicht zurück
nach Göttingen kommen. Die Universitätsangehörigen waren der Ansicht, dass das
strenge Polizeiregiment, das in Göttingen herrschte, für die Universität
verderblich sei.
Blick auf Göttingen aus der Vogelschau nach Nordwesten (Lithographie von Friedrich
Besemann um 1850)
Die Deutsche Revolution 1848/1849, bei der es in vielen Teilen Deutschlands zu
Tumulten und Aufständen kam, blieb in Göttingen ohne größeres Blutvergießen. Es kam
nur in der Nacht vom 11. zum 12. März 1848 zu einer kleineren Auseinandersetzung
zwischen der Polizei und einigen Korpsstudenten. In deren Folge verließen die
Studenten aus Protest geschlossen die Stadt. Da sich das Semester ohnehin dem Ende
neigte, war dieser Auszug wenig überzeugend. In Göttingen wurden als revolutionäre
Institutionen eine Bürgerversammlung und eine Bürgerwehr gegründet. Erstere löste
sich jedoch schon zum Jahresende auf, da sie mit und an ihrer Politisierung
gescheitert war.
Die Zeit nach den Märzunruhen war für Göttingen eine eher ruhige Zeit. Die
politischen Bewegungen verhielten sich ruhiger als vorher und die 1850er Jahre
werden als Zeit behäbiger Behaglichkeit beschrieben. Ein Datum von überragender
Bedeutung für die Stadtentwicklung war der 31. Juli 1854. An diesem Tage wurde die
Eisenbahnstrecke von Alfeld nach Göttingen eröffnet und der Göttinger Bahnhof mit
einem prächtigen Fest eingeweiht. Nunmehr machte Göttingen einen großen Schritt in
die Moderne, die Einwohnerzahlen stiegen an, Wirtschaftsbetriebe siedelten sich in
Göttingen an und außerhalb des mittelalterlichen Walles entstanden neue
Wohnviertel.
Die letzte öffentliche Hinrichtung unter der Gerichtslinde auf dem Leineberg fand
am 20. Januar 1859 statt. Friederike Lotze hieß die zum Tode verurteilte
Delinquentin. Sie hatte den Bäckermeister Sievert zu Münden, der ihr die Ehe
versprochen hatte und dessen Dienstmagd sie war, am 13. März 1858 vergiftet. Sie
wurde mit dem Schwert enthauptet.[22]
Das Verhältnis der Stadt zu ihrem Monarchen, seit 1851 Georg V., war weiterhin
angespannt. Königsbesuche in der Stadt waren selten und wenn, dann galten sie der
Universität, auf die er stolz war. Georg misstraute dem Göttinger Bürgertum, das er
als Opposition kritisch beobachtete. Zwar wurde in Göttingen keine Revolution gegen
den wenig überzeugenden Monarchen geplant, aber als am 22. Juni 1866 preußische
Truppen in Göttingen einrückten, und wenig später nach der Schlacht bei Langensalza
Hannover an Preußen fiel, gab es in Göttingen keine wesentliche Opposition gegen
das Preußischwerden.
Die Stadtbevölkerung Göttingen begann seit den 1870er Jahren stark zu wachsen. 1875
zählte Göttingen 17.000 Einwohner, 1900 waren es bereits 30.000. Der Großteil der
Bevölkerung lebte damals noch in der Altstadt; lediglich die Angehörigen der
Mittel- und Oberklasse, insbesondere die Professoren, setzten sich östlich der
Stadt auf den Anhöhen des Hainbergs nieder. Erst um 1895 herum begann die
Bevölkerung in den Gebieten außerhalb der Altstadt stärker anzuwachsen. In der Zeit
des Kaiserreiches wurde unter den Göttinger Bürgermeistern Merkel und Calsow damit
begonnen, die unterentwickelten öffentlichen Versorgungseinrichtungen auszubauen
und die Stadt zu modernisieren.
Nach fast dreißigjähriger Diskussion entschloss sich die Stadt im April 1914, eine
Straßenbahn einzurichten. Am 29. Juni begannen die Bauarbeiten. Schienen waren
bereits geliefert, aber nicht eingebaut. Bei Kriegsausbruch am 1. August wurden die
Arbeiten eingestellt und nie wiederaufgenommen.[23]
Nahe der Stelle, an der bis 1938 die Göttinger Synagoge stand, befindet sich seit
1973 das von Corrado Cagli entworfene „Mahnmal Synagoge“ (Platz der Synagoge)
Zwar gingen die Wahlerfolge der NSDAP in Göttingen kurz vor der Machtergreifung
noch leicht zurück, Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 wurde in
Göttingen am nächsten Tag jedoch mit einem großen Fackelzug gefeiert, an dem mehr
als 2000 uniformierte Angehörige von SA, SS und Hitlerjugend teilnahmen. Die
Machtübernahme in Göttingen verlief ohne Zwischenfälle. Nach der
Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar ging die Polizei gezielt gegen die
Kommunisten vor, und bereits am 5. März konnte die SA auf dem Rathaus ungehindert
die Hakenkreuzflagge hissen. Die SA schlug am 28. März 1933 die Schaufenster
jüdischer Geschäfte ein und griff jüdische Mitbürger tätlich an. Nicht weit von
Göttingen, im Arbeitshaus Moringen im Landkreis Northeim, wurde schon 1933 das KZ
Moringen eingerichtet, das ab 1940 als Jugendkonzentrationslager diente.
Im Zuge der Gleichschaltung der Studentenverbindungen mit dem Ziel der Überführung
dieser in die nationalsozialistischen Kameradschaften (der Feickert-Plan) kam es zu
Auseinandersetzungen, die von der Stadt unter dem nationalsozialistischen
Bürgermeister Albert Gnade noch geschürt wurden und 1934 in den Göttinger Krawallen
einen Höhepunkt fanden. Dennoch setzte sich die Staatsmacht durch, und alle
Verbindungen wurden, beschleunigt durch die reichsweite Wirkung des Heidelberger
Spargelessens im Mai 1935, bis Mitte 1936 entweder aufgelöst oder in
Kameradschaften übergeleitet. Am 12. Mai 1936 ordnete Rudolf Heß im Sinne einer
Unvereinbarkeit an, dass kein Parteigenosse oder Mitglied einer NS-Organisation
gleichzeitig Mitglied einer Studentenverbindung sein dürfe.
Während der Novemberpogrome vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Göttinger
Synagoge in der Maschstraße, die schon bei den Übergriffen im März 1933 erstmals
verwüstet worden war, von (systematisch auswärtigen) SA- und SS-Angehörigen und
Pöbel verbrannt. Von den vor 1933 fast 500 jüdischen Einwohnern lebten 1938 noch an
die 220 in der Stadt. Diese wurden fast ausnahmslos Opfer der Angriffe von SA und
SS. Am 30. September 1938 wurde den jüdischen Ärzten die Approbation entzogen. 1940
erhielten die Göttinger Heil- und Pflegeanstalten die Meldebögen, nach denen im
Rahmen der Aktion T4 1941 die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ durchgeführt
wurde.[29] Im Dezember 1941 beschwerte sich die NSDAP-Kreisleitung Göttingen, dass
die bevorstehende Deportation der Göttinger Juden in der Bevölkerung bereits
bekannt geworden sei und sie mit Anträgen auf Wohnungszuweisung überhäuft werde.
Widerstand gegen die Aktionen regte sich aber nicht. Die letzten 140 Mitglieder der
jüdischen Gemeinde in Göttingen wurden 1942 in die Vernichtungslager deportiert.
Auf dem Schützenplatz befand sich ein Ostarbeiterlager[30] und auf der Eiswiese am
Sandweg bestand ein Westarbeiterlager, die 1942 von der hannoverschen Abteilung
Rüstungsbau des Ministeriums Albert Speer geplant und dann sofort von der
Küchenvereinigung e. V. übernommen wurden.[31][32]
Göttingen wurde mit Bombenflüchtlingen überfüllt. Unter anderem wegen der gut
ausgestatteten Krankenhäuser war es im Laufe des Krieges zur Lazarettstadt
geworden, in der sich bei Kriegsende 3000 bis 4000 verwundete Soldaten befanden.
Mit Rücksicht darauf hatte man das Glück, dass das von General Otto Hitzfeld zur
Offenen Stadt erklärte Göttingen vor den anrückenden amerikanischen Truppen von
allen Kampfeinheiten verlassen wurde und so ohne größere Kampfhandlungen am 8.
April 1945 befreit werden konnte. Durch Artilleriebeschuss[33] wurden an diesem
Tage noch mehrere Häuser in Geismar und der Wilhelm-Weber-Straße sowie die St.-
Paulus-Kirche beschädigt. Insgesamt wurde Göttingen im Zweiten Weltkrieg nur zu 2,1
% zerstört.
Nach dem Krieg wurde die Stadt der britischen Besatzungszone zugeschlagen, die
amerikanischen Einheiten durch britische abgelöst. Göttingen lag nunmehr in einem
Zonendreieck: Das benachbarte Thüringen gehörte zur sowjetischen Besatzungszone,
Kassel im Süden zur amerikanischen. Durch diese Lage und da Göttingen weitgehend
intakt den Krieg überstanden hatte, wurde es Anlaufstelle für viele
Interzonenwanderer und Flüchtlinge. Die Göttinger Universität nahm als erste in
Deutschland (kurz vor Heidelberg) zum Wintersemester 1945/46 den Lehrbetrieb wieder
auf.
Der Neubau der Staats- und Universitätsbibliothek am Campus wurde 1993 eröffnet.
Wie die Stadt modernisierte sich auch die wachsende Universität. Die
Studentenzahlen stiegen von 4680 im Wintersemester 1945/46 auf 30.000 Anfang der
1990er Jahre; anschließend waren sie wieder rückläufig. Ab 1964 entstand der
heutige Campus und das geisteswissenschaftliche Zentrum (GWZ) auf dem Gebiet des
ehemaligen Universitätssportzentrums nördlich der Altstadt. Zwischen Weende und
Nikolausberg wurde die Nord-Uni aufgebaut, in der sich ein Großteil der
naturwissenschaftlichen Einrichtungen befindet. Ab 1973 wurde mit dem Bau eines
neuen Universitätsklinikums begonnen. 1993 wurde der architektonisch anspruchsvolle
Neubau der Staats- und Universitätsbibliothek auf dem Campus eröffnet.
Mit der Grenzöffnung 1989 und dem Beitritt der ostdeutschen Bundesländer 1990
verlor Göttingen seine Randlage und liegt seither verkehrsgünstig mitten in
Deutschland. Der Wandel war jedoch damit verbunden, dass die Bundeswehr 1993 ihren
Standort in Göttingen aufgab und so nicht nur die Geschichte der Stadt als
Garnisonsstadt ein Ende fand (siehe 2. Kurhessisches Infanterie-Regiment Nr. 82),
sondern ein bedeutender Wirtschaftsfaktor verschwand.
Bei der Explosion eines 65 Jahre alten Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg auf
dem Göttinger Schützenplatz starben am 1. Juni 2010 drei Mitarbeiter des
Kampfmittelbeseitigungsdienstes, zwei wurden schwer und vier leicht verletzt; alle
waren mit den Vorarbeiten zur Bombenentschärfung beschäftigt.[37]
Eingemeindungen
Folgende Gemeinden wurden nach Göttingen eingegliedert:
Religion
Konfessionsstatistik
Laut der Volkszählung 2011 waren 43,4 % der Einwohner evangelisch, 15,6 % römisch-
katholisch und 41,0 % waren konfessionslos, gehörten einer anderen
Glaubensgemeinschaft an oder machten keine Angabe.[42] Die Zahl der Katholiken und
vor allem die der Protestanten ist seitdem beträchtlich gesunken. Jahresende 2021
waren von den 118.510 Einwohnern (nur Hauptwohnung) 33,4 % (39.601) evangelisch und
13,3 % (15.712) katholisch. 53,3 % waren konfessionslos, gehörten einer anderen
Glaubensgemeinschaft an oder machten keine Angabe.[43]
Geschichte
Das Gebiet der Stadt Göttingen gehörte anfangs zum Erzbistum Mainz beziehungsweise
zu dessen Archidiakonat Nörten. Nach der Reformation war Göttingen über viele
Jahrhunderte eine fast ausschließlich lutherische Stadt. 1530 erhielt die Stadt
eine neue Kirchenordnung mit einem Stadtsuperintendenten, welcher dem
Landessuperintendenten in Grubenhagen unterstand. Alle Kirchengemeinden der Stadt
bildeten einen Gesamtverband. Im späteren Königreich Hannover wurde Göttingen Sitz
eines Sprengels, zu dem mehrere Kirchenkreise, darunter der Kirchenkreis Göttingen
gehört. Alle lutherischen Kirchengemeinden der Stadt Göttingen gehören zum
Kirchenkreis Göttingen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers.
Katholische Michaeliskirche
Ab 1746 wurden für die Studenten in Göttingen wieder katholische Gottesdienste
erlaubt, ein Jahr später für alle Einwohner der Stadt. Erst 1787 konnte die erste
katholische Kirche (St. Michael) nach der Reformation gebaut werden. 1825 entstand
eine selbständige Pfarrgemeinde, die zum Bistum Hildesheim gehörte. 1929 wurde eine
zweite katholische Kirche, die Pauluskirche, geweiht. Später wurde Göttingen Sitz
eines Dekanats des Bistums Hildesheim, zu dem alle römisch-katholischen
Pfarrgemeinden der Stadt gehören.
Neben den beiden großen Kirchen gibt es Gemeinden, die zu Freikirchen gehören,
darunter eine Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten, gegründet 1894), eine
Mennoniten-Gemeinde (gegründet 1946), die Evangelische Freikirche Ecclesia, eine
Adventgemeinde, eine Gemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche
(SELK) und eine Freie evangelische Gemeinde (FeG).
In Göttingen gibt es eine seit dem 16. Jahrhundert nachweisbare jüdische Gemeinde.
Die alte Synagoge von 1869[44] wurde in der Reichspogromnacht 1938 niedergebrannt.
Auf dem jüdischen Friedhof neben dem Stadtfriedhof sind über 400 Grabsteine
erhalten. Mittlerweile gibt es wieder ein reges jüdisches Gemeindeleben. Zum
Jahresbeginn 2004 wurde in der Angerstraße ein neues Gemeindezentrum eingeweiht. Am
6. Februar 2004 wurde der erste Erev-Sabbat-Gottesdienst im neuen Gotteshaus
gefeiert. Das neue Synagogengebäude war aus Bodenfelde nach Göttingen transloziert
worden.[45]
Salimya-Moschee am Königsstieg
Ebenso gibt es mehrere muslimische Gemeinden, unter anderem einige in Grone, in der
Nordstadt und eine in der Südstadt. Im Königsstieg stellte 2006 die türkische
DITIB-Gemeinde die Salimya-Moschee fertig.[46] Die Al-Taqwa-Moschee liegt in der
Güterbahnhofstraße.[47]
Seit Mitte der 1980er Jahre haben Jesiden in Göttingen Fuß gefasst, 2015 wurden 160
Familien in Südniedersachsen geschätzt.[48]
Darüber hinaus sind Gemeinden der Zeugen Jehovas, der Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage, der Neuapostolischen Kirche, der Russisch-Orthodoxen
Kirche und anderer Orthodoxer in Göttingen vertreten.
Politik
Politik- und Verwaltungsgeschichte
An der Spitze der Stadt stand schon seit dem 12. Jahrhundert der Rat mit 24
Ratsherren. Ab 1319 unterstand die Neustadt dem Rat. Die Wahl des Rates erfolgte am
Montag nach dem Michaelistag. Ab 1611 wurden die 24 Ratsherren von der gesamten
Bürgerschaft gewählt. Der Rat wählte aus seiner Mitte den Bürgermeister. Ab 1669
gab es nur noch 16 Ratsherren, später nur noch 12. Ab 1690 wurde das Stadtregiment
völlig neu geordnet. Danach gab es den Rat, der aus dem Gerichtsschulze, zwei
Bürgermeistern, dem Syndikus, dem Stadtsekretär und acht Ratsherren, die von der
Regierung zu wählen waren, bestand. Während der Zugehörigkeit der Stadt zum
Königreich Westphalen leitete ein Maire die Stadtverwaltung. Ihm stand ein
Munizipalrat zur Seite. 1831 wurde ein neues Verfassungs- und Verwaltungsreglement
erlassen. Danach gab es einen Bürgermeister beziehungsweise ab 1844 einen
Oberbürgermeister. Mit der neuen Städteordnung von 1852 gab es wieder einen
Bürgermeister, der ab 1885 erneut den Titel Oberbürgermeister trug. Während des
Dritten Reichs wurde das Stadtoberhaupt von der NSDAP eingesetzt.