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Störungsregime und

Waldentwicklung
BSc Waldwirtschaft und Umwelt
SoSe 2023

Dr. Friderike Beyer


Inhalt

I Störung
II Sukzession
III Konkurrenz

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Störung

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Präsentationstitel | 24. April 2023 3


Störung
Jedes zeitliche und räumliche
Einzelereignis, welches die:

• Ökosystemstabilität, die
• Vegetationsgesellschaft oder die
• Population stört

und zur Veränderung von


• Ressourcen,
• Substratverfügbarkeit und der
• physischen Umwelt führt.

(Pickett & White 1985)


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Störungen und Waldentwicklung

Störung
Entfernung der Vegetation oder von Teilen davon;
ein Ereignis oder eine Abfolge von Ereignissen,
durch die neuer Wuchsraum entsteht

Wuchsraum kann durch überlebende oder neue


Pflanzen wiederbesiedelt werden

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Störungen

• kommt in allen Waldgesellschaften vor

• schädlich, förderlich oder sogar nötig für die


Ökosystementwicklung

• natürlich oder anthropogen

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Eigenschaften eines Störungsregimes

• Art – natürlich oder anthropogen


• Intensität – Grad der Schädigung bzw.
Schäden, z.B. Ausmaß der Zerstörung
• Häufigkeit (Frequenz) - selten und
unregelmäßig bis häufig und regelmäßig
• räumliche Verteilung und Ausdehnung –
einzelne Bestandesindividuen,
Bestandesebene, Landschaftsebene,
Homogenität
• Saisonalität
• Zufälligkeit – räumlich und zeitlich

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2020 Anthony Caprio www.nps.gov
Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Wind
• Windwurf, Stammbruch und
Kronenbruch
• Das Ausmaß der Störung hängt von
der Art des Sturmereignisses
(Orkan, Tornado usw.) und der
Windgeschwindigkeit ab
• hinterläßt intakte Verjüngungsschicht
• Windwurf kann infolge hoher
Windgeschwindigkeiten, einem
plötzlichen Wechsel der
Windrichtung oder nach einer
Disposition eintreten
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Auswirkungen des Windes
Bedeutung
• Dichter Unterwuchs
(Lichtmangel)
• Rohhumusauflage nicht im
Pit/Keimbett
• Verbiss
• Stauwasser
• Mineralbodenkeimer
• Konkurrenzvermeidung
• Wuchsvorsprung (auch
entlang der Stämme „nurse
logs“ = Kadaververjüngung)

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Waldbauliche Gegenmaßnahmen

• Standortswahl
• Bestandesbegründung
• Weite Verbände
• Risikoarme Mischungen

• Bestandespflege

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Feuer
• Erfasst Bäume in der
Regel von “unten
nach oben”
• Auswirkungen
hängen von Intensität
und Dauer ab
• Legt den
Mineralboden frei;
verändert die
Bodenchemie

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Insektenkalamitäten

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Überflutung

Foto: V. Späth

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Eisbruch (Dufteis)

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Eisbruch (Dufteis) - Schaftbruch

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Wichtige Störungsarten in Waldökosystemen
Eisbruch (Dufteis) -Kronenbruch

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Zusammenspiel verschiedener Störungsursachen

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Interaktionen zwischen Ökosystemstörungen

Insekten

Schnee
und
Eis Pathogene
Wind

Dürre Feuer

Seidl et al. 2017


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Fallstudie: Northern Hardwoods im Nordosten
Nordamerika

Störungsart Intensität Ausdehnung Ausdehnung Intervall


(Bereich) () (Jahre)
Wind, Nat. Lücken 4-1135 m2 24-126 m2 50-200
Schädlinge,
Krankheiten
Wind Bestandes- 0,2-3 785 ha 14-93 ha 855-14 300
erneuernd

Feuer Bestandes- 2-80 000 ha 2-200 ha 806-9 000


erneuernd

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nach Seymour et al. 2002
Auswirkung der Störung
• Je stärker das Ausmaß der Störungsursache, desto geringer ist i.d.R. die
Störungshäufigkeit
• Das Eintreten einer Störung ist abhängig von der Anfälligkeit des Ökosystems (gegen
Wind, Insekten, Feuer usw.); die Anfälligkeit verändert sich mit dem Bestandesalter

Widerstandsfähigkeit des
Bestandes (Schwelle)

jährliche
Schwankung
der Störungs-
ursache

nach Oliver and Larson 1996 Bestandesalter 20


Widerstandsfähigkeit und Resilienz
= Elemente der Stabilität
(Abweichung vom Ausgangszustand)
Niedrige Resistenz, hohe Resilienz
Zustand des Ökosystems

Hohe Resistenz, niedrige Resilienz

Zeit
Störung
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nach Attiwill 1994
Störungen: Auswirkungen und
„Hinterlassenschaften“

Swanson et al. 2010 22


Bristlecone pine
(Pinus longaeva)
Langlebige Grannen-Kiefer

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Sukzession

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Präsentationstitel | 24. April 2023 24


Sukzession

Gerichtete Abfolge ineinander übergehender Zustände von


Pflanzengesellschaften an einem Wuchsort bei
fortschreitender Zeit als Folge sich ändernder standörtlicher
Rahmenbedingungen.
nach Fischer 2003

The process whereby one plant community changes into


another. It involves the immigration and extinction of species,
coupled with changes in the relative abundance of different
plants.

Crawley 1997

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Zusammenfassung: Beispiele

Altbestand Störung Erholung Neues


Gleichgewicht

Dürre, Feuer, Sturm, Insekten, usw. Vorverjüngung Neues


Ökosystem

Abgewandelt nach McDowell et al. 2020 Science


Sukzessionsmechanismen

1. Besiedlung

2. Veränderung der ökosystemaren Eigenschaften


(nicht nur Artenzusammensetzung und Struktur)

3. Artenverdrängung
• Konkurrenz
• Allelopathie
• Autotoxizität

Crawley 1997 27
Besiedlung
• Die Besiedlung ist das Ergebnis der
Samenverbreitung, der Keimung und der
Überlebensrate der Keimlinge

• Die räumliche und zeitliche Variation in der


Waldzusammensetzung wird stark von der
Besiedlungsphase geprägt

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Foto: Ladwig
Modelle der Florenentwicklung
Initiale Besiedlung Relaisbesiedlung

Starke Störung Starke Störung

Arten
Arten

Zeit Zeit
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nach Egler 1954
Models of succession - Sukzessionsmodelle

Wegbereitung (Facilitation)
• Ursprüngliche Wachstumsbedingungen werden durch
frühsukzessionale Arten verändert, so dass andere Arten
späterer Stadien sich etablieren können
Toleranz
• Spätsukzessionale Arten sind in der Lage sich trotz der durch
Pinoniere veränderten/verschlechterten Bedingungen
anzusiedeln
Verhinderung
• Frühsukzessionale Arten sichern sich den Raum und die
Ressourcen und verhindern das Einwandern
anderer/nachfolgender Arten Connell and Slatyer 1977

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Konkurrenz

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg | Präsentationstitel | 24. April 2023 32


Konkurrenz – benachbarter Pflanzen um dieselbe,
begrenzte Ressource
-
Konkurrenz (=endogene Störung) + exogene Störung
 Sukzession

• Konkurrenzkraft ist eine Funktion von Aktivität und zeitlich-räumlicher


Verteilung der Pflanzenorgane, welche lebenswichtige Ressourcen
aufnehmen (Kombination der Wuchseigenschaften)
• hohe Konkurrenzkraft spiegelt sich in der Fähigkeit zur schnellen
Produktion von Photosyntheseorganen und in einer schnellen
morphogenetischen Anpassungsfähigkeit

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Konkurrenz

Wichtige Eigenschaften der Konkurrenzkraft von Pflanzen:

• Höhe

• Räumliche Ausdehnung (Triebe und Wurzeln)

• Wachstumsrate (max. Höchenwachstum)

• Stressreaktionen (Plastizität)

• Reaktionen auf Schädigungen

• Speicherorgane

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Bestandesentwicklung
Initialphase Selbstdurch- Reife- und Altersphase
forstungsphase Reinitiierung (old-growth)

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Oliver & Larson 1996
Initialphase: Naturverjüngung 5 Jahre nach Sturm Lothar
und anschließender Flächenräumung, keine Bodenbearbeitung (Schwarzwald)
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Selbstdurchforstung:

30 Jahre alter Kiefernbestand


(Pinus sylvestris),
Künstliche Verjüngung
Keine Durchforstung
(Niedersachsen)

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Reinitiierung:

Norway spruce (Picea abies)


Unter Kiefernschirm (Pinus sylvestris)
(Niedersachsen)

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Reinitiierung: Balsam-Tanne (Abies balsamea)
unter Amerikanischer Zitterpappel (Populus tremoloides) (Minnesota, USA) 39
Reinitiierung durch die gleiche Art wie im Oberstand: Weymoutskiefer (Pinus strobus)
(Minnesota, USA)
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Zusammenfassung

• Störungen sind ein wichtiger Bestandteil eines jeden Wald-ökosystems


und Arten reagieren auf diese unterschiedlich
• Besiedlung und Sukzession sind sehr komplexe Vorgänge und folgen
keinem deterministischen Modell
• Das Ergebnis der Bestandesentwicklung hängt von den in der
Initialphase sich etablierenden Arten und deren Überlebenstypologie ab
• Spätsukzessionale Stadien der Bestandesentwicklung verändern sich
für gewöhnlich langsamer (hohe Resistenz) als frühsukzessionale (hohe
Resilienz)

• Waldbau versucht vielfach Störungen nachzuahmen und weniger


sie zu ersetzen

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Störungsregime und
Waldentwicklung
BSc Waldwirtschaft und Umwelt
SoSe 2023

Dr. Friderike Beyer

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