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KÜNSTLERISCHE MASTERARBEIT

BRAHMS´ ZIGEUNERLIEDER op. 103 und

DVOŘÁKS ZIGEUNERMELODIEN op. 55

Ein Vergleich

Eingereicht von

NIKOLINA VIRGEJ

Betreut von

Ao.Univ.Prof.Dr.phil. Renate Bozic

Universität für Musik und Darstellende Kunst Graz

Institut 7 Gesang, Lied Oratorium

März 2011

0
EINHEIT

EINLEITUNG...............................................................................................................2

JOHANNES BRAHMS UND ANTONIN DVORAK – Rivalen und Freunde……...4

ZIGEUNER...................................................................................................................9

ZIGERUNERROMANTIK........................................................................................10

ZIGEUNERMUSIK...................................................................................................12

BRAHMS ZIGEUNERLIEDER op. 103...................................................................15

DVORAK ZIGEUNERMELODIEN op. 55..............................................................25

VERGLEICH.............................................................................................................34

LITERATUR……………………………………………………………………….36

1
EINLEITUNG

Die Musik der Zigeuner hat Franz Liszt, Jacques Offenbach, Léo Delibes, Claude
Debussy, Erik Satie, Maurice Ravel, Jules Massenet,… und noch viele andere sehr
begeistert. Viele Komponisten suchen sehr oft ihre Inspiration in der Volksmusik,
unter anderem auch in der Zigeunermusik, um deren Elemente mit dem eigenen
Kompositionsstil verschmelzen zu lassen. Jeder von ihnen praktiziert auf seine Art
und Weise Variationen über die Themen, welche sie auf ihren Reisen kennen gelernt
haben.

Genauso haben auch Johannes Brahms und Antonin Dvořák ihre Inspiration in der
Zigeunermusik und in der Volksmusik gefunden. Brahms im Ungarischen und Dvořák
im Slawischen. Aber nicht nur die Musik der Zigeuner hat den beiden großen Freunde
begeistert, sondern auch die „zigeunerische“ Lebensart, die Freiheit, die Romantik und
die Seele.

Ich habe den Vergleich zwischen Brahms’ und Dvořáks Zigeunerlieder als
Magisterarbeitsthema aus mehreren Gründen ausgewählt. Ich bin im Landkreis
Medjimurje, in der Stadt Kotoriba, geboren, die an der ungarisch-kroatischen Grenze
liegt. Meine Landsleute lassen den Alltag, also die Lebensfreude, aber auch die
Lebensschwierigkeiten in die Musik einfließen. In meiner Heimat ist man mühsame
Lebensumstände gewöhnt. In der Bevölkerung ist überwiegend der Beruf des
Landwirts zu finden, für den harte Arbeit alltäglich ist. Aus der Musik schöpfen sie
ihre Kraft für den darauf folgenden Tag. Aus all diesen Begebenheiten entwickelte
sich im Laufe der Geschichte bei meinen Landsleuten eine besondere Gabe für das
gemeinschaftliche Musizieren, welches einen positiven Effekt auf das soziale
Miteinander hat.

Unsere Volksmusik hat sehr viele Elemente der ungarischen Zigeunermusik


übernommen. Die Lieder handeln von dem durch harte Arbeit erschwerte Leben, aber
auch von Freiheit und Liebe. Die Melodien sind pentatonisch und in Strophenform

2
gehalten. Die Begleitung ist die für die Zigeunermusik typische: Kontrabass, Zimbel,
Geige, Akkordeon, usw.

Ein weiterer Grund für die Themenwahl liegt in meinem persönlichen Lebensumfeld:
Mein Heimatort bedingte ein gemeinsames Leben mit der Roma Bevölkerung, wir
lebten sogar in einer Straße. Sie wurden immer als eine besondere Volksgruppe
betrachtet. Mein persönlicher Eindruck war immer, dass die Roma unter sich bleiben
und sich nicht in die Gemeinschaft der Gemeinde integrieren wollten. Diese Arbeit
war für mich ein Anstoß, diese Umstände zu hinterfragen und neue Erkenntnisse zu
erlangen.

3
JOHANNES BRAHMS UND ANTONIN DVOŘÁK – Rivalen und Freunde

Antonin Dvořák (geb. am 8.September 1841 in Nelahozeves, gest. am 1. Mai 1904 in


Prag) und Johannes Brahms (geb. 7. Mai 1833 in Hamburg; gest. am 3. April 1897 in
Wien) haben sich 1863 bei einem Wettbewerb (Österreichischer Staatspreis für „junge,
arme und begabte Maler, Bildhauer und Musiker“) kennen gelernt.

Dvořák reichte neben einigen anderen Werken die Es-Dur Sinfonie ein und bekam das
Stipendium von 400 Gulden. Eines der Mitglieder der Kommission erkannte den
echten schöpferischen Instinkt bei Dvořák. Dieser war Johannes Brahms. In Dvořáks
jugendlichen Werken erkannte er eine Natur, die ihn selbst in mancher Beziehung
ergänzte. Der acht Jahre ältere Brahms empfand tiefe Achtung für den bäurischen und
fast unbekannten Tschechen.

Brahms hatte einen beträchtlichen und positiven Einfluss auf Dvořák. Durch seine
zahlreichen Bekanntschaften in der Musikwelt, verhalf er Dvořák in jene einzutreten.
„Klänge aus Mähren“, vier Lieder die Dvořák 1875 für zwei Singstimmen und Flöte,
haben Brahms so sehr begeistert, dass er an seinen Berliner Verleger Simrock einen
Brief schickte, in dem er über Dvořák ganz bewegt spricht:

Wien, 12. Dezember 1877.

Lieber S.

Bei Gelegenheit des Staatsstipendiums freue ich mich auch schon mehrere Jahre über
Sachen von Anton Dvořák (sprich Dworschak) aus Prag. Dies Jahr nun schickt er
unter anderem ein Heft (10) „Duette für 2 Soprane mit Pf.“, das mir gar zu hübsch
und praktisch für den Verlag vorkommt. Er scheint das Heft auf eigene Kosten haben
drucken zu lassen. Titel und leider auch die Texte sind bloß böhmisch. Ich veranlasste
ihn, Ihnen die Lieder zu schicken! Wenn Sie sie durchspielen, werden Sie sich wie ich
darüber freuen und als Verleger sich über das Pikante besonders freuen. Nun müsste
sehr vernünftig für eine sehr gute Übersetzung gesorgt werden. Vielleicht sind manche

4
der Texte bereits von (dem kürzlich verstorbenen) Wenzig übersetzt. Sonst wäre
vielleicht Dr. Siegfried Kapper in Prag dafür zu haben. Dvořák hat alles Mögliche
geschrieben, Opern (böhmische), Sinfonien, Quartette, Klaviersachen. Jedenfalls ist er
ein sehr talentierter Mensch. Nebenbei Arm! Und bitte ich das zu bedenken! Die
Duette werden Ihnen anleuchten und können ein „guter Artikel“ werden. Die Adresse
ist: Prag, Kornthorgasse Nr. 10, II....

Bestens Ihr J.Br. 1

Brahms hat die Musik der Völker der Donaumonarchie wie regelrecht aufgesaugt, und
gerade Dvořáks „Klänge aus Mähren“ waren auch für sein eigenes Schaffen sehr
bereichernd.

Nach diesem großherzigen Akt hat sich die Freundschaft zwischen beiden
Komponisten entwickelt, angeregt von echter, gegenseitiger Anerkennung.

„…Ich finde nicht genug Worte, um Ihnen, hochverehrter Meister, das alles zu sagen,
was in meinen Inneren jetzt vorgeht. Ich kann Ihnen nur so viel sagen, dass Sie mich
schon jetzt für mein ganzes Leben zum größten Danke verpflichtet haben, indem Sie
die besten und edelsten Absichten, die eines wahrhaft großen Künstlers und Menschen
würdig sind, mit mir hegen und mich in meinen künstlerischen Bestrebungen zu
fördern die Gute haben….“2

Für Dvořák war das Interesse, welches Brahms ihm entgegenbrachte, ein Segen. So
haben sich zwei von der Herkunft und von den Lebensumständen völlig verschiedene
und doch in einem gewissen Sinn gleich strebende Künstler getroffen. Die Bedeutung,
welche wir heutzutage Brahms zumessen, muss nicht näher erklärt werden, aber was
Brahms damals für Dvořák bedeutete, war: eine neue, große Welt.

Da der Wunsch Musiker zu werden, dem Vater versagt war, übertrug er diesen schon
sehr früh auf seinen Sohn. Schon als Zwanzigjähriger ist er in das Blickfeld Robert
Schumanns eingetreten, was für seine Karriere von großer Bedeutung war. Seine
1
Zitiert nach: Alec Robertson „Antonin Dvořák, Leben und Werk, Zürich 1947, S.84
2
Brief an J. Brahms, Prag, 1878, Quelle:Alena Wagnerova: Smetana, Dvořák, Janacek Musikbriefe,
Tschechische Bibliothek, Deutsche Verlags – Anstalt München 2003, S.179

5
Bildung war fundiert und erweiterte sich konstant. Er lebte in Wien und sah viel von
der Welt. Seine Musik wurde oft missverstanden. Die Misserfolge des Deutschen
Requiems und der Ersten Symphonie hat er nie überwunden, dennoch wurde er von
mächtigen Musikern als der Musiker gesehen, zwischen dem auf der einen und
Wagner auf der anderen Seite, es sich zu entscheiden galt..

Brahms war vom Wesen her der typisch kühle, norddeutsche Protestant. Mit großer
Sehnsucht nach dem Süden, genoss er die Atmosphäre des österreichischen Lebens.
Seine stärkste Gabe war die strenge Logik in der Arbeit.

Dvořák, auf der anderen Seite, war, überspitzt dargestellt, der provinzielle
Dorfmensch. Er hatte eine Familie, die ihm sehr wichtig war, ein Glück, welches
Brahms nicht kannte. Er ging in seinem Schaffen vollkommen auf. Er kam aus einem
Land mit unerschöpftem Musikgut eines erst erwachenden Volkes, unter der Macht
der Donaumonarchie. Dies alles interessierte Brahms sehr.

Die musikalische Interaktion zwischen beiden Komponisten ist wie folgt zu sehen:
Brahms war der weltliche Stadtmensch, welcher der berühmten deutschen Tradition
folgte, und Dvořák, welcher eher dörflich geprägt war, hatte das Talent „gute Töne“ zu
komponieren, aber anders als Brahms hatte er kaum die Möglichkeit, sich intellektuell
zu entwickeln. Er nahm stets den Rat und das Beispiel Brahms´ an, aber versuchte
auch unbewusst seine eigene Richtung zu verfolgen.

Brahms hat Dvořák nie als „typisch böhmischen Dorfmenschen“ gesehen, trotz seines
starken deutschen Nationalismus. Obwohl Dvořáks Devise „Gott, Liebe, Vaterland“
lautete, sah Brahms ihn nie als fanatischen „Böhm“. Er wusste sogar, dass Dvorak
unter den nationalen Zänkereien sehr litt. Die Auslandserfolge, die Dvořák hatte,
nahmen ihm die Nationalisten in Böhmen übel. So schrieb er an Simrock 1880:

„Ginge das nicht, dass man die Stimme mit böhmischen Text extra drucken ließe (…)
mir würden Sie dadurch ein großes Vergnügen machen, da ich doch auch meinen
Landsleuten die Aufmerksamkeit schuldig bin.“ (Dieser Vorschlag betraf die
Zigeunerlieder.)3
3
Zitiert nach: Thussy Gorischek: Tschechische National-Komponisten – Die Böhmisch – Mährische
Musiktradition, Studio Edition Verlag Kurt Pachla 2009, S. 115,f.

6
Beide waren auf ihre Weise zurückhaltend, Brahms ein einsamer Junggeselle, Dvořák
ein glücklicher Ehemann. Brahms komponierte mit Kopf und Herz, und Dvořák mit
Herz und Kopf. Beide hatten eine tief verankerte Sinnlichkeit, dessen Brahms sich
nahezu schämte, wohingegen Dvořák in seiner bäurischen Art darin schwelgte.

Brahms hat, als absoluter Musiker, in seiner Laufbahn oft mit Erschütterungen durch
Wagner gekämpft. Unter diesem Aspekt bedeutete Dvořák für ihn die nötige
Bestätigung und Sicherheit. Brahms hat deswegen oft versucht Dvořák nach Wien zu
holen, um seine „Anti-Wagner-Partei“ zu stärken. Brahms schrieb:

„Sehen Sie Dvořák, Sie haben viel Kinder und ich habe fast niemand mehr. Wenn Sie
etwas brauchen, mein Vermögen steht Ihnen zur Verfügung.“4

Obwohl man allgemein nicht gerne darüber spricht, spricht doch einiges dafür, dass
Brahms von Dvořák manche Momente kopiert hat. 5 So hat zum Beispiel die
3.Symphonie von Brahms, komponiert 1883, viele ähnliche Elemente mit Dvořáks
fünfter Symphonie, komponiert 1875. Beide sind in F-Dur, die Einleitung für Dvořáks
Scherzo und Hauptthema sind langsame Sätze für Celli und sehr ähnlich zu der
Orchestration und dem Thema in Brahms´ drittem Satz. Dvořáks Symphonie mit dem
oben angegebenem Satz endete in Moll (was sehr merkwürdig für diese Zeit war) und
Brahms hat das gleiche getan. Brahms langsamer Satz klingt auffällig ähnlich wie
Dvořáks. Die Beweise, dass Brahms von seinem Freund manche Parameter
„übernommen“ hat, sind ziemlich eindeutig.

Brahms und Dvořák haben noch etwas gemein: die Vorliebe zur Volksmusik, Brahms
für ungarische (Zigeunermusik) und Dvořák für slawische.

Zitiert nach: Thussy Gorischek: Tschechische National-Komponisten – Die Böhmisch – Mährische


Musiktradition, Studio Edition Verlag Kurt Pachla 2009, S. 107

5
David Hurwitz: Dvořák – Romantic Music´s Most Versatile Genius, Amadeus Press,New Jesrey 2005, S.4

7
Dvořáks Liedschaffen ist von bescheidenem Umfang. Er war der erste tschechische
Komponist, der diesem Feld überhaupt größere Aufmerksamkeit geschenkt hat.
Dvořák verwendete mehr Energie als andere seiner Landsleute auf das Lied,
beginnend mit dem Zypressen-Zyklus von 1865, 18 Lieder immerhin, die als Ganzes
verworfen wurden, von denen er die meisten aber später bearbeitete und in anderen
Zusammenhängen publizierte, unter anderem auch als Abendlieder op. 3. Der
Höhepunkt seines Liedschaffens waren die Zigeunermelodien op. 55.

Brahms hat sehr viele Bearbeitungen von Volksliedern, einige für Solo-Gesang mit
Klavierbegleitung, andere als Chorfassungen, hinterlassen. Schon als sechzehnjähriger
Junge zeigte er seine große Liebe zum Volkslied und deutet dies auch in den
Grundstrukturen seiner Bearbeitungstechnik an: der schlichte akkordische Satz, der
zweistimmige Hornsatz, dazu kunstvolle Begleitung durch Vor- und Nachspiel. Das
Volkslied kann man als die Seele der Musik des Komponisten Brahms bezeichnen. In
jedem seiner Lieder ist die Liebe zur Volksmusik zu spüren.

Auch bei den Vorbildern gab es Überschneidungen der beiden Komponisten: Hier ist
besonders Beethoven und die Harmonik Schuberts zu nennen.

In seiner Freundschaft war Brahms überaus großzügig. Er hat Dvořák sehr viel
geholfen, nicht nur mit der Empfehlung bei dem Verleger, sondern auch mit seinen
Korrekturen, die notwendig waren, weil Dvořák noch im Lernprozess war. Brahms
sprach über Dvořák immer völlig neidlos und mit großer Achtung und Bewunderung.
Dafür erntete er lebenslang die Liebe und Verehrung des Anderen. Jedoch war in
dieser Freundschaft nicht nur Brahms der Gebende. Dvořák hat auch etwas Wichtiges
für Brahms vermocht: sein Selbstbewusstsein gestärkt mit konstruktiver und positiver
Kritik. So waren die beiden von einander in positiver Art und Weise abhängig. 6

Obwohl man annehmen kann, dass Dvořák und Brahms durch den gleichen Beruf
einander Konkurrenz waren, ist ihr Verhältnis eher von großer und enger Freundschaft
bestimmt.

6
Otokar Sourek / Paul Stefan: Dvořák Leben und Werk, erlag Dr. Rolf Passer, Wien – Leipzig – Prag 1935

8
ZIGEUNER

Vor 200 Jahren begannen die Historiker sich mehr für die Kultur und die Geschichte
der Zigeuner zu interessieren. Wie fast immer in der Geschichte dieser Nomaden
wissen wir dabei mehr über die herrschende Mehrheitskultur und ihren Umgang mit
den Zigeunern als über die Reaktionen und Gefühle der Nomaden. Nur durch den
Schleier der Dokumente, die Schreiber und Politik hinterlassen haben, kann man die
verdeckte Wirklichkeit der Lebensumstände der Zigeuner erahnen.

„Zigeuner werden als heterogene soziale Gruppe mit dem gemeinsamen Merkmalen
der Delinquenz und einer nicht ortfesten Lebensweise dargestellt.“ 7

Zigeuner sind als eine ethnische Gruppe mit eigenständiger Kultur zu verstehen, und
eine soziographische Sammelkategorie für unterschiedliche Gruppen, die als
nomadisch, randständig und delinquent beschrieben werden.

Johann Heinrich Zedler erklärt in seinem Artikel „Zigeuner“ des Universallexikons,


der einflussreichsten deutschsprachigen Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts, dass
Zigeuner (Roma, wie sie sich selbst nennen) ursprünglich aus Ägypten kamen, und am
Peloponnes auf den Berg Gyp(p)e siedelten. Es habe demnach dort vor der Stadt
Modon (heute Methoni) eine Siedlung namens „Klein Ägypten“ gegeben. Die
Zigeuner sind in ganz Europa aufgetreten und haben sich als ägyptische Pilger
ausgegeben. „Ägypter“ wurde zu einer europaweiten mehrheitsgesellschaftlichen
Bezeichnung: spanisch Gitano, französisch Gitan, italienisch Zingari, englisch Gypsy,
griechisch Gyftos.

Wohnen und Reisen

7
Aus Artikel „Zigeuner“ Johann Heinrich Zedler, Universallexicon (1731-1754) sibiuaner.de/.../zigeuner
.../zigeuner-nach-zedler-q-wikipedia 3. März 2011

9
Reisen ist das bedeutende Element zigeunerischer Kultur, das in den Augen der Nicht-
Zigeuner als Synonym für Zigeuner erscheint. Die Frage an die Nomaden; „Woher
kommt ihr?" verwandelte sich in die Frage „Wohin geht ihr?" Die Zigeuner sind nicht
durch die Sehnsucht nach Sesshaftigkeit, sondern durch eine Sehnsucht nach Freiheit
und Reisen getrieben. Das Nomadentum ist eine gesetzte Lebensweise der Zigeuner.
Dies scheint das auffälligste Unterscheidungsmerkmal zwischen Zigeunern und Nicht-
Zigeunern zu sein.

Zigeunerromantik

Zigeunerlieder - Zigeunerliedchen - Zigeunermelodien

So lauten einige der zahlreichen Titel, derer sich romantische Komponisten wie
Tschaikowsky, Liszt, Schumann, Brahms oder Dvorák für die Vertonungen von
Texten aus dem 19. Jahrhundert, bedienten.

Worin ist dieses große Interesse an "Zigeunermusik" im 19. Jahrhundert begründet?

Die Romantik ist, als Ablösung und Abgrenzung zur Klassik, erfüllt von dem Gefühl
der Sehnsucht: Sehnsucht nach der "Blauen Blume", Grenzüberschreitung, nach dem
Anderen, Wahren und Besseren, dem Geheimnis des Todes, den Sagen- und
Märchenwelten, dem Aufbrechen der Formen und vieles mehr. Innerhalb dieser
romantischen Sehnsucht sind "Zigeuner" ein Symbol für grenzenlose Freiheit, Liebe
ohne gesellschaftliche Zwänge, intensive Verbundenheit mit der Natur, sowie
verschlungene Liebes- und Todessehnsucht.

Die romantischen Komponisten haben etwas Neues, ein weiteres symbolisches


Thema, gesucht und in der „Zigeunerromantik“ und „Zigeunermusik“ gefunden.

10
Als Anfang der Zigeunerromantik ist Goethes „Götz von Berlichingen“, erschienen
1773, zu sehen. Im fünften Akt, in welchem Götz von Berlichingen auf der Flucht ist,
gibt es eine Szene, die überschrieben ist mit: „Nacht, im wilden Wald. Zigeunerlager."
Der Zigeunerhauptmann rettet den verwundeten Götz, schützt ihn vor Verfolgern und
verliert am Ende dabei sein Leben. Der Zigeuner tritt hier also auf in der Gestalt des
„edlen Wilden" auf. Bei Goethe wird die Gruppe, auf die Götz trifft, dennoch als eine
ethnisch besondere Gruppe beschrieben, die nicht nur eine sozial außen stehende,
sondern eine Gruppe mit einer eigentümlichen Kultur ist. Der Zigeunerhauptmann
wird wie ein Robin Hood dargestellt, der als Verfolgter die Verfolgten schützt. 8

Wenige Jahre später ist 1786 Heinrich M. Grellmanns Historischer Versuch über die
Zigeuner erscheinen. Es ist das erste große Werk über Zigeuner, das neuere
wissenschaftliche Ansprüche zu zeigen versucht. Grellmann formuliert die für
damalige Zeiten neue, für heutige Zeiten sehr überholte Sicht über den Zigeuner: Sie
sind nicht die „Barbaren, die auszurotten oder zu vertreiben sind, sondern ein
primitives, aber menschliches Wesen, das gebessert, erzogen und zivilisiert werden
muss.“ "Längst würde er aufgehört haben negerartig zu sein, wenn er aufgehört hätte,
zigeunerisch zu leben."9

Wie schon in der Zeit der Klassiker die „Türkenmode“ populär war, so kommt in der
Romantik die „Zigeunermode“ auf. Zigeunerromantik ist der Zusammenhang von
Realität und Idealisierung. Und so haben Komponisten gleich reihenweise so genannte
Zigeunerlieder komponiert.

Goethe und Grellmann: Die Zigeunerromantik und die Zigeunerbesserung traten fast
gleichzeitig auf den Plan und bestanden künftig nebeneinander: Die Zigeuner
einerseits als Projektion für bürgerliche Aufbruchssehnsüchte, andererseits als
Missionsobjekt, „welches notfalls mit Zwang und Gewalt der 'Zivilisierung' zu
unterwerfen sei.“ Goethe und Grellmann markieren den Umschwung in der
intellektuellen Szene: Hier begann einerseits ein Strom zigeunerromantischer Kunst
(von Puschkin bis Bizets Oper Carmen), andererseits die Zigeunerwissenschaft.
8
www.minderheiten.org/.../gronemeyer_Zigeunerbesserung.htm, 3. März 2011
9
www.minderheiten.org/.../gronemeyer_Zigeunerbesserung.htm, 3. März 2011

11
Zigeunermusik

Zigeunermusik ist eine Art und Weise osteuropäischer Unterhaltungsmusik, die


meistens in Restaurants, Kaffeehäusern, und manchmal, in heutiger Zeit, auf der
Bühne in europäischen Städten gespielt wurde. Die Musik ist in der Regel ungarischer,
rumänischer oder russischer Tradition.

In der ungarischen Zigeunermusik unterscheidet man verschiedene Arten von


Musizieren: die langsame Balladen oder Lassans, Palotas in mittlerem Tempo und
schnelle Csárdás.

Die Musik der Zigeuner unterscheidet sich von der ursprünglichen Volksmusik durch
reiche und manchmal orientalische Ornamentik. Die Musik wird manchmal so stark
verziert, dass die ursprüngliche Melodie kaum erkennbar ist. Eine wirksame Art der
Improvisation ist die Verwendung von rhythmischen Variationen in der Melodie (vor
dem Schlag oder nach dem Schlag), was in den schnellen Rhythmen einen
„hüpfenden“ Charakter begünstigt.

Musik wird (mit einigen Ausnahmen) hauptsächlich instrumental gespielt mit


Saiteninstrumenten (Geige, Kontrabass, Gitarre...), Blasinstrumenten (Panflöte,
Klarinette...) und in der Begleitung von Zimbeln. Dank dieser Begleitung wirken die
Melodien erhaben über der Ebene einfacher Volksmusik und auch die Harmonien, von
Zimbel und Bass gespielt, machen die Zigeunermusik so besonders interessant und
schön.

Der sogenannte „ Primas“ (Konzertmeister und Solist) spielt Geige. Er gibt das
Tempo durch subtile Bogen- und Körperbewegung vor. Die Geige (Zigeunermusiker

12
mögen Geigen oder Bratschen mit dunklerer Ton-Qualität) entwickelt die Melodie,
und der Zimbel-Spieler formt die Harmonien, den Rhythmus und beeinflusst die
Lautstärke mit seinen Hämmern.

Die Zimbel (Cimbalom) ist ein charakteristisches Instrument zur Herstellung der
Zigeunermusik. Sie hat eine Spiel-Oberfläche mit Stahlsaiten, welche durch Hämmer
in Schwingung versetzt werden. Die Harmonien sind in Arpeggi gespielt (eine Note
nach der anderen in rascher Folge). Diese Art von Spielen ergibt einen klingenden
Sound, der eine wichtige Charakteristik der Zigeunermusik ist.

Der Kontrabass unterstützt die Melodien mit seinem tiefen Dröhnen. Er verleiht eine
profunde Basis. Ohne Kontrabass würden die Stärke und die Seele der Musik fehlen.

Die Bratsche spielt eine typische Rolle in der Musik dieses Stils. Entweder spielt sie
die zweite Stimme oder Zwei-Saiten Harmonien in langsamen Bewegungen. In
schnellen Bewegungen steigert der Bratschist den Rhythmus, indem er oftmals in einer
kraftvollen Weise den typischen Zigeunerrhythmus "Estam" (nach dem Schlag)
erschafft.

In ungarischen Orchestern übernimmt manchmal die Klarinette die Hauptmelodie.


Meistens hat sie eine einzigartige Rolle. Sie soll die Melodie verzieren und
ausschmücken, „um die Melodie herum spielen“. In rumänischen Orchestern
übernimmt diese Rolle oftmals die Panflöte.

Ein typisches Element in der Zigeunermusik ist das sogenannte „Musizieren am


Tisch“. Die Spieler versammeln sich um den Tisch eines bestimmten Gast und geben
dort eine Art privates Konzert. Das ist eine alte Tradition, bei der die Zigeunermusiker
extra belohnt werden für ihr Bemühen, den Gast glücklich zu machen.

Die wichtigsten Arten von Zigeunertonleiter

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Moll Zigeunertonleiter oder Ungarische Zigeuner-Skala

Die Reihenfolge der Schritte der Moll Zigeunertonleiter ist Ganzton - Halbton -
übermäßige Sekunde - Halbton - Halbton - Ganzton - Ganzton

Spanische Zigeuner Skala

Die Reihenfolge der Schritte der spanischen Zigeuner Skala umfasst Halbton -
übermäßige Sekunde - Halbton - Ganzton - Halbton - Ganzton – Ganzton.

BRAHMS ZIGEUNERLIEDER op. 103

Zigeunerlieder, op. 103

1. He, Zigeuner, greife in die Saiten


2. Hochgetürmte Rimaflut
3. Wißt ihr, wann mein Kindchen
4. Lieber Gott, du weißt
5. Brauner Bursche führt zum Tanze
6. Röslein dreie in der Reihe
7. Kommt dir manchmal in den Sinn

14
8. Horch, der Wind klagt in den Zweigen
9. Weit und breit schaut niemand mich an
10. Mond verhüllt sein Angesicht
11. Rote Abendwolken ziehn10

Wie schon gesagt, die Musik von Brahms ist zu großen Teilen beeinflusst von
Zigeunermusik, was leicht zu erkennen ist. Er war zu unterschiedlichen Momenten
seiner Karriere von ungarischer Volksmusik hingerissen. Seine erste große
kompositorische Leistung in diesem Kontext waren „21 Ungarische Tänze“ (1852-
1869). Die „Zigeunerlieder“ erschuf er am Ende seiner Karriere (1887).

„Die Zigeunerlieder op. 103“ sind ein Liederzyklus für vierstimmigen Chor und
Klavier. Die Texte sind ungarische Volkslieder in deutscher Nachdichtung von Hugo
Conrat, einem Bekannten von Brahms aus dem Wiener Kreis. (Manche behaupten,
dass die Übersetzungen von dem Kindermädchen der Familie Conrat stammen.)

Die elf Lieder, die in bestimmter Anordnung fast wie ein Roman im Zusammenhang
stehen, vertonte Brahms entweder im Thuner Sommer 1887 oder im Winter 1887/88
im Zuge seines Aufenthalts in Budapest. Der Zyklus „Zigeunerlieder“ verdankt seine
Popularität den nationalen Strömungen in der Musik des 19. Jahrhunderts, wobei in
dieser Zeit der Begriff Zigeunermusik fälschlicher Weise weitgehend mit ungarischer
Volksmusik gleichgesetzt wurde.

Der Zyklus besteht aus 11 unbetitelten Liedern für Vokalquartett und Klavier. Kurz
nach der ersten öffentlichen Aufführung arrangierte Brahms acht davon (1 bis 7 und
11) für eine Stimme und Klavier. Die Lieder eigneten sich auch sehr gut für (kleine)
chorische Besetzungen, gerade in Verbindung mit dem voluminösen Klang moderner
Klaviere, sodass die Aufführung durch Chöre in der Konzertpraxis eher die Regel
dargestellt hat. Heute sind die „Zigeunerlieder“ häufig in solistischer Besetzung zu
hören.

10
1-7 u. 11 bearbeitet für Singstimme und Klavier

15
Die erste öffentliche Aufführung der Lieder op. 103 fand am 31. Oktober 1888 in
Berlin statt. Der Zyklus war von Anfang an ein großer Erfolg.

Die Lieder haben bestimmte volkstümliche Elemente. Dennoch hat Brahms die Musik
selbst komponiert, die Melodien und die Harmonien sind für Brahms typisch.

Das erste Lied „He, Zigeuner, greife in die Saiten“ ist lebhaft und feurig. Die Saiten
des Instruments weinen mit dem Zigeuner wegen seines ungetreuen Mägdeleins. Das
Lied ist in Strophenform gehalten, in klassischer AB-Form. Die Melodie in
punktierten Rhythmus erinnert an den „Ungarischen Tanz“ in g-Moll, Nr.1.

Die Klavierbegleitung symbolisiert die Aufregung und Wut, die sich in dem Zigeuner
sammelt und sich nicht äußern darf. Die Singstimme imitiert die Geige durch lange
Töne und die Schmerzen durch Intervallsprünge. (Sext-, Septim- und Nonintervalle).
Mit der romantischen Führung der Stimme durch Intervallsprünge schafft Brahms eine
emotionale Spannung. Springende Sext- und Nonsprünge in Bezug zum Höhepunkt
sind ein starkes Zeichen für die gesamte nachkommende romantische Musik.

Durch das ganze Stück gibt es ein harmonisches Wechselspiel zwischen Dur und Moll,
sowie Dominante und Auflösung. Brahms beendet das erste Lied in diesem Zyklus in
Dur, aber, als ob er es bereuen würde, schließt er noch eine Coda an, die uns wieder
nach a- Moll führt. In den letzten zwei Akkorden fehlt die Terz, was die harmonische
Abwechselung symbolisiert. Die Coda in Moll kann man als ein Präludium für den
ganzen Zyklus betrachten.

Das zweite Lied „Hochgetürmte Rimaflut“ beinhaltet viel Leidenschaft und


Dramatik. Der Text behandelt erneut den Liebeskummer des Zigeuners. Auch in
diesem Lied nutzt Brahms die Intervallsprünge für die Gestaltung des Höhepunkts.
Man erwartet nach den klassischen Regeln eine genaue Wiederholung in der Melodie
nach der ersten Phrase. Brahms entscheidet sich aber für eine kleine Veränderung, was
die Intervalle des Höhepunkts angeht: Statt der Oktave bei der Wiederholung
komponiert er eine None und schafft somit eine Intensivierung des Höhepunkts bei der
Wiederholung.

16
Brahms entfernt sich von dieser Logik und fühlt sich der Romantik näher, welche
immer nach Veränderung und nach einer größeren Spannung beim Höhepunkt sehnt.
Das Lied ist harmonisch einfach. Der zweite Teil beginnt mit kleinen harmonischen
und melodischen Sequenzen. Der Text sowie die Musik beginnen mit „Wellen“, die
unterstützt werden durch eine Harmonie, die alle zwei Takte steigt, bis sie die
Dominante der Grundtonalität erreicht hat.

Die harmonische Spannung steigt bei den letzten zwei Takten gleich vor dem
Aufgangsthema durch eine Doppeldominante und ihre Auflösung in die Dominante.
Das letzte Stadium der Entwicklung des Höhepunktes schafft Brahms mit einer
Dezime.

Was die Klavierbegleitung angeht, so wird die Melodiestimme durch Synkopen


imitiert, damit vermeidet er die Statik und erreicht Beweglichkeit.

Die Liebe und Sehnsucht sind durch Fluss symbolisiert. Zigeuner als Naturmenschen
finden in die Herrlichkeit der Natur einen Ausweg von Schmerzen. Der Schmerz und
die Seufzer werden durch kleine Appogiaturen in Singstimme und Begleitung
symbolisiert.

Die Lieder Nr. 3 Wißt ihr, wann mein Kindchen und Nr. 4 Lieber Gott, du weißt sind
spielerische Liebeslieder voller Leichtigkeit und Sonnenschein. Der Text ist verbunden
und erzählt von Erinnerungen einer jungen Frau an ihren ersten Kuss.

Beide Lieder haben eine vollkommen andere Struktur.

Im dritten Lied zeigen Punktierungen in der Kombination mit Staccati einen


kindischen Charakter. Das Lied ist ein Beispiel für den klassischen Brahms, der ein
bisschen an Schubert erinnert.

17
Das Begleitung ist sehr einfach strukturiert, nach dem die rechte Hand die Melodie
unterstützt. In zweiten Teil, Allegro, erinnert die Klavierbegleitung an eine typisch
klassische „Alberti Begleitung“. An der Stelle, wo diese „Alberti Begleitung“ aufhört,
beginnt eine romantisch aussehende Begleitung die trotzdem klassisch klingt.

Das vierte Lied hat auch einen veränderten Charakter. Dramatik ist mehr mit
romantischer Musik verbunden und in diesen zwei Liedern, die ganz leicht klingen,
verwendet Brahms mehr klassische Elemente.

Akkordzerlegungen in Begleitung, typisch klassische Struktur:

Das 5. Lied Brauner Bursche führt zum Tanze, wo der Bursche seine Mädchen zum
Tanz führt, klingt festlich, freudig und sorglos.

Das ist das einzige Lied im Zyklus, das durchkomponiert ist. Brahms nutzt jetzt schon
bekannten Rhythmen:

Die rhythmische Verwirrung in der Begleitung, die Triolen, die einen Wechsel
(Sechzehntel und Achtel) schaffen den rhythmischen Kontrast und ziehen die
Bewegung der Phrasierung nach vorne.

Brahms lässt die kurze Einleitung ganz einfach, was den Rhythmus angeht und setzt
die Triolenbegleitung gleich mit dem Melodiebeginn ein. Durch die Begleitung schafft
er es immer den Charakter der Melodie zu ändern, der so oft durch die gleiche
Rhythmik komponiert ist. Das Lied wird oft mit Glissando nach der Fermate
interpretiert der in einem starken Bezug zum Zigeunermusik steht (imitiert die Geige)
auf dem anderen Seite gut kombiniert mit dem Wort „spring“ ist.

Zum Schluss, die ganze runde Begleitung, die bis jetzt durch Triolen durchgeführt ist,
schließt sich mit einem Ganzschluss ab.

Das ist ein deutliches Zeichen der klassischen Musik, mit welche meiste Phrasen in
klassische Musik enden.

18
In anschließende Lied, Röslein dreie in der Reihe wiederholen sich langsam die
kompositorischen Elemente, wie Punktierungen. In den erstem Teil ist aber die
Begleitung neu (Martellato Begleitung11).

In der zweiten Teil kommen die Begleitungselemente die wir schon gesehen haben,
z.B. Akkordzerlegungen, oder die Coda bei der letzte vier Takte die sehr stark an das
zweite Lied erinnert, besonders wenn man die rechte Hand anschaut. Die Melodie in
der Singstimme ist mehr erzählerisch geschrieben.

Das Einfügen von Elementen dürfte nicht als Mangel von Ideen interpretiert werden,
sondern Brahms versuch durch dieses Wiederholen die einzelne Stücke in einem
gesamten Werk zu verbinden.

Mit dem Lied Kommt dir manchmal in den Sinn erschafft Brahms der notwendige
Kontrast. Auch in diesem Lied wiederholen sich schon bekannte Punktierungen, nur
diesmal in einem langsameren Tempo und in eine sehr zarte Melodie.

Obwohl das Stuck in Dur komponiert ist darf man über Melancholie reden die beim
zweiten Teil sehr verstärkt wird durch den Text und Harmonie.

Kleinere Höhepunkte in dem ersten Teil entwickeln sich zu besondere intensive


emotionale Explosionen in zweiten Teil. Man spürt einen romantischen Brahms in der
ganzen Stück, trotzdem darf man über eine deutliche klassische Struktur in dem ersten
Teil reden und eine sehr breite romantische Komposition in den zweiten Teil. Man
hört zwei verschiedene Lieder die sich perfekt ergänzen, obwohl sie ziemlich
kontrastierend sind und man denkt an Anfang dass das einzige das sie verbindet ist das
langsame Tempo.

Der erste große Höhepunkt ist der erste Ton des zweiten Teils. Vier Takte später
kommt der zweite Höhepunkt, noch stärker, noch intensiver. Das Stück endet in Dur,
obwohl die Dramatik den ganzen Stück sehr stark ist.

11
Martellato, aus Italienisch: martellare, schlagen mit Hammer

19
Das letzte Lied Rote Abendwolken ziehn ist ein freudevolles, romantisches Liebeslied.
Man sieht sehr große Ähnlichkeit mit dem zweiten Lied in Zyklus, wie Punktierung.
Der große Unterschied aber, ist die Tonalität (Dur).

Was die Begleitung angeht, die Synkopieren in linke Hand, wehrend die Melodie von
der Akkorden in der rechter Hand synchron unterstützt wird.

Zum ersten Mall, statt einer Wiederholung entscheidet sich Brahms für eine
Modulation.

Für das B Thema endet er die Dynamik und der Richtung der Melodie, wie er auch
beim zweiten Lied gemacht hat.

Das ganze führt zum einen Wiederholung in Anfangstonalität, nur diesmal verstärkt er
das Thema mit einem Auftakt. Den Auftakt erfolgt er mit einer Sext und kommt er
zum Höhepunkt mit einer Veränderung in der Melodie durch eine Septime.

DVOŘÁK (Ciganske pisne) ZIGEUNERMELODIEN; OP: 55

1. Ma pisen zas mi laskou zni (Mein Lied ertönt)

2. Kterak trojhranec muj (Ei, wie mein Triangel)

3. Ales je tichy kolem kol (Rings ist der Wald so stumm und still)

4. Kdyz mne stara matka (Als die alte Mutter)

5. Struna naladena (Reingestimmt die Seiten)

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6. Siroke rukavy a siroke gate (In dem weiten, breiten, luft´gen Leinenkleide)

7. Dejte klec jestrabu (Darf des falken Schwinge)

Antonin Dvořáks Lieder hätten ebenfalls mehr Aufmerksamkeit verdient, als ihnen
bislang außerhalb Tschechiens widerfuhr.

Mit Ciganske Pisne (Zigeunerlieder), op.55 erreichte Dvořák den Höhepunkt seines
Liedschaffens. Er hat die Lieder im Januar 1880 komponiert. Die Texte hat er von
Heyduck12 genommen. Die sind gestützt von Volksquellen und auch voll mit
freiheitsliebende Geist und Natur. Das machte tiefen Eindruck auf den Komponisten.
Alles ist hier auf seinem Platz. Texte und Melodien, aber auch Klavierbegleitung
ergänzt sich perfekt.

Vor allem Melodik und Rhythmik von Volksliedern sind in die eigene Musiksprache
Dvoraks miteingeflossen. Die Zigeunerlieder nehmen darunter eine herausragende
Stellung ein: der national-tschechische Charakter der Melodien ist unverkennbar, Text
und Musik gehen unbedingte Synthese ein. Dynamisch aufgebaute Phrasierungen und
der Intensität erwachen tiefe Emotionen.

Ma pisen zas mi laskou zni (Mein Lied ertönt )

Sowie bei Brahms, Dvořák empfindet auch die Punktierung als einem wichtigen
Bestandteil der Zigeunermusik. In Kontrast zu Brahms ist die Punktierung nur ein
Aufgangspunkt seiner Musik. Er setzt mit anderen rhythmischen Motiven fort. Durch
die Abwechselung von Triolen und normale Achteln schafft er mehr Bewegung in der
Melodie.

In Begleitung von diesem Lied spürt man die pianistische sowie das orchestrale. Die
Arpeggi ersetzen eine Zimbel und der schnelle Zweiunddreißigsteln in der dritten
Strophe sind ein gutes Beispiel für ein Streicher Tremolo.

12
Adolf Heyduk (* 6. Juni 1835 in Rychmburk; † 6. Februar 1923 in Písek) tschechischer Dichter

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Gleich am Anfang bei der Einleitung hört man wie wichtig die verminderten Akkorde
in der slavische Musik sind. Die wiederholte Einleitung durch das ganze Stück sorgt
für große Spannung und Kontrast, immer nach der Gesangsmelodie. Dvořák
verwendet weiter tänzerischen Anfangstakt um Verse zu verbinden und erzielt ein
vollkommenes Gleichgewicht zwischen Singstimme und Begleitung.

Die extremen dynamischen Unterschiede bringen viele Farben und ermöglichen eine
sehr gefühlvolle Phrasierung. Das Lied hat ABA Form. In B-Teil die Dur-Elemente
sind intensiver, aber anschließend endet das Lied wieder in Moll. Am Schluss kommt
wieder die Einleitung.

Das zweite Lied Kterak trojhranec muj (Ei, wie mein Triangel) hat andere Struktur in
vergleich zum ersten Lied.

Die Klavierbegleitung ist viel pianistischer geschrieben, das orchestrale fehlt aus. Die
Sechzehnteln beginnen in eine höhere Lage und sinken immer tiefer und tiefer. Je
näher man zum Wort „Tod“ kommt wird die pianistische Lage immer tiefer. Nach
dem man die Begleitung nicht so tief schreiben soll wegen dem klanglichen Resultat
kommen jetzt die Oktaven in die linke Hand die zum ein Forte crescendieren. in den
Zwischenspiel wird der Triangelklang durch die Abwechslung der Sechzehnteln und
Zweiunddreißigsteln in dem rechtem Hand präsentiert, wehrend die linke Hand eine
lustigere Staccato Begleitung spielt.

Das Verabschieden von der Welt wird am Ende oft wiederholt mit neuem
melodischem Material in der Form einer Coda.

Das Lied „stirbt“ unter eine Kombination von Ritardando und ppp.

Ales je tichy kolem kol (Rings ist der Wald so stumm und still) das dritte Lied in
Zyklus ist eine die Brahmsens Einfluss verrät. Sie ist ein Wiedersprung in die
Romantik, sehr deutliches romantisches Stück.

Die Natur, der Wald wird in diesem Lied ein typische Symbol wo man die Ruhe
findet, aber auch das Symbol der Finsternis. Die extrem ruhige Begleitung verbindet
sich mit den Worten „Wald“, „stumm“ und „still“. Das Lied baut sich auf in drei

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Stufen die mit dem Text verbunden sind: die ruhige Melancholie bei der ersten Teil,
die Traurigkeit in der zweiten Teil, die Liebesschmerzen die durch das Singen
ausgedrückt werden müssen, nur so kann man den Tod ins Gesicht sehen, nur so
fürchtet man nicht vor den Tod, nur so wird der Tod besiegt. Dvořák zeigt sich darin
feinfühlend gegenüber den wechselnden Stimmungen des Inhalts. Den gesteigerten
Ausdruck der Worte trägt er durch veränderte Führung der Stimme in der zweiten
Strophe. Die None am Ende jeder Strophe hat die ganze Spannung um sich und
symbolisiert eine Auflösung. Das G-Dur Zerlegungen am Anfang verändern sich in ein
e-Moll Akkord am Schluss.

In zweiten Teil führt Dvořák die Stimme in eine andere Richtung, nach oben, und
damit erreicht er große emotionale Intensität, sowie mit verstärken Intervalle in den
dritten Teil. Bei jeden Satz gibt es mehr und mehr Bewegung, aber ohne konkretes
System.

Kdyz mne stara matka (Als die alte Mutter) das bekannteste von allen Dvoraks Lieder
ist wahrhaft inspirierte Musik. Ein vollkommenes und sehr ergreifendes kleines
Kunstwerk.

Das Thema dieses Lied ist die Abwesenheit, die Mutter ist nicht mehr da. Das Singen
ist ein Mittel um die Erinnerungen hervor zu rufen. Sie gibt weiter das Geschenk des
Singens an ihre Kinder und behält in Erinnerung ihren geliebten Mensch durch die
Musik.

Mit eine einfache Melodie, mit eine simple Sequenz schafft Dvořák die Schmerzen der
Abwesenheit zu komponieren. Das Lied erreich seinen Höhepunkt in der zweiten
Strophe mir einer Phrase von unvergesslicher Ausdruckskraft.

In Kontrast zu Brahms, die Melancholie wird nicht durch Dur präsentiert, sondern mit
ein ehrliche Moll. Die Dur Akkorde die das Ohr auszutricksen versuchen,
verschwinden hinter der gesamtes Moll Charakter des Stückes. Trotzdem entscheidet

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sich Dvořák für einen Schluss mit ein sterbender H-Dur (morendo). Die Begleitung
und die Melodie haben zwei verschiedene Rhythmen was mehr Bewegung gibt.

Das Lied ist ein sehr konkretes Beispiel der romantischen Zigeunermusik.

Nächste zwei Lieder sind, meine Meinung nach, von Dvořák so ausgedacht, als ein
Wegweiser zum Höhepunkt in das letzte Lied:

Struna naladena (Rein gestimmt die Seiten), ist eine tänzerische Lied in Strophen
Form. Was hier interessant ist das die verschiedenen Emotionen durch das Tempo
Angabe ausgedrückt werden. (Allegretto = froh, Poco meno mosso, Piu animato =
Mut, usw.). Das Lied wird sehr oft so interpretiert das man bei zwei Halbe Noten
piano singt und, als von Träumen erwachen, kommt das Forte zurück, obwohl Dvořák
das ganze Phrase einen Forte mit Akzente geschrieben hat.

Dvořák komponiert das Stück, dass das Leben von jungen Menschen in eine kleine
Umgebung zeigt. Wie beim vierten Lied das Singen ein Mittel zum Erinnern ist, ist bei
dieses Lied das Tanzen, bzw. die Musik die Flucht von Alltag.

Das Lied endet mit ein Stringendo als ein Ruf und Befehl: Struna naladena, hochu tǒc
se kolem! (Rein gestimmt die Seiten! Bursche tanz’ im Kreise!) was meiner Meinung
nach, symbolisch für die Flucht von Alltag ist.

Mit vorletzte Lied Siroke rukavy i siroke gate (In dem weiten, breiten, luft´gen
Leinenkleide) beruhigt Dvořák das Tempo und Temperament von vorigem Lied mit
Synkopieren in Klavierbegleitung. Das ist auch das einzige Lied im diesen Zyklus die
das Rhythmus von Csárdás hat und an Brahms´ Zigeunerlieder mit ungarische
Elemente erinnert.

Das Lied spricht über die besondere Freiheit des Lebens der Zigeuner. Die brauchen
keine Seide und Gold, die fühlen sich frei in Leinenkleide.

Wieder die Musik wird als Symbolik benützt, in dem Fall, der sterbende Musik, wenn
„das Kleid zu eng ist“.

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Auch bei diesem Lied wird die Wichtigkeit der Musik, des Singens in jeden Aspekt
des Zigeunerlebens betont, diesmal kombiniert mit der Freiheit.

Das Lied ist in ABA Form. Der erste und dritte Teil des Stückes betonen die Freiheit
und so wird der festliche und tänzerische Charakter erklärt. Anderseits, das Verbieten
der Freiheit wird durch einen gravierenden mittleren Teil, durch die Melodie und den
Text ausgedrückt.

Jaj! Der gold´ne Dolman


Schnürt die Brust so enge,
hemmt des freien Liedes
wanderfrohe Klänge.

Dejte klec jestřabu (Darf des Falken schwinge) besonders hervorgehoben, das Lied in
die Dvořák seine ganze Kühnheit zeigt, besonders im Begleitung die Steigernd und
variiert ist. Das macht eine hoch dramatische Spannung. Wie beim ersten Lied dieses
Zyklus, auch in der letzte sieht man die Mischung einen pianistischen und orchestralen
Begleitung. Die „Tremoli von der Zimbel“ dominieren in den gesamten mittleren Teil.
Das Zwischenspiel hat einen festlichen Charakter der sich immer zwischen Dur und
Moll pendelt.

Ähnlich wie das erste Lied ist das letzte auch voll von verschiedenen Elementen, sehr
abwechselungsreich, was die Dynamik, das Tempo und der Charakter angeht,
Unterschiede die man deutlich durch Begleitung erkennt.

Die verlängerte Periode in Singstimme in letzten Vers bildet nicht nur einen prächtigen
Höhepunkt für den ganzen Zyklus sondern ist auch für Sänger eine dankbare Aufgabe.

Mit dem wichtigem Satz endet das letzte Lied dieses Zyklus:

Hat Natur Zigeuner, etwas dir gegeben?


Ja! Zur Freiheit schuf sie mir das ganze Leben!

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Wenn man sich drei Worte merken sollte von diesem Zyklus, dann wäre das Musik,
Natur, Freiheit!

VERGLEICH

Mit Brahms verband Dvořák der Rückgriff auf das Volkstümliche.

Brahms und Dvořák waren engstirnige Nationalisten, obwohl Brahms einmal sagte,
dass Dvořák kein fanatischer Böhme war. Dvořák wurde, trotz der Zeit des großen
tschechischen Nationalismus, im Vergleich zu Smetana, nie auf die Ebene der
Nationalkomponisten erhoben. Wahrscheinlich wegen seiner engen Kontakte nach
Österreich und Deutschland, dem Sprachbereich, in dem er seine größten Erfolge
feierte, kam er geradezu in den Verdacht, ein vaterlandsloser Geselle zu sein. Umsonst
beteuerte er, dass »Gott, Liebe, Vaterland« seine Devise sei. Als Beweis hätte er auf

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seine Zigeunermelodien verweisen können, in denen Ungarisch /Zigeunerisches zwar
mitklingt, wenn im Klavier der Zymbaleffekt anvisiert wird, im Melodischen aber
dominieren slawische Wendungen, slawische Atmosphäre. Die Schwermütigkeit der
slawischen Volksmelodien, mit ihren häufigen Dur-Moll-Wechseln, durchpulst seine
Zigeunermelodien.

Zigeunerlieder von Brahms klingen andererseits ganz ungarisch mit Csardas


Rhythmen und Melodien. Seine Lieder sind eine Einverleibung der weltbekannten
Zigeunermusik, eigentlich das, was die ganze Welt als Zigeunermusik kennt.

Brahms hat strenge tänzerische Rhythmen und Tempi in seinen Zigeunerliedern


vorgegeben, und Dvořák spielt mit freien, nicht konstanten Tempi und Rhythmen, um
Emotionen besser auszudrücken.

Brahms nützt die Punktierungen als wichtigen Bestandteil der Zigeunermusik. Bei
Dvořák sind die Punktierungen nur ein Ausgangspunkt seiner Musik. Er setzt auch
andere rhythmische Motive fort (Triolen).

Die Harmonie der Zigeunerlieder von Brahms ist einfach, meistens ein abwechselndes
Spiel zwischen Tonika und Dominante. Dvořák komponiert komplizierte Harmonien,
verwendet auch sehr viele verminderte Akkorde, was typisch für die slawische Musik
ist.

In den Liedern ist auch zu sehen, dass Brahms pianistisch denkt und schreibt, während
Dvořák mehr orchestral schreibt, was eigentlich für die Pianisten schwieriger zum
Spielen ist, aber produziert volleren und reicheren Klavierklang.

Die Texte die Brahms genommen hatte, sprechen meistens über die Liebe und
Liebeskummer. Die Texte in Dvořáks Zigeunermelodien sind sehr philosophisch,
sprechen über die Freiheit, die Natur, die Musik und die Lebensweise der Zigeuner.

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LITERATURVERZEICHNIS:

 Reimer Gronemeyer, Georgia A. Rakelmann: Die Zigeuner. Reisende in Europa,


1988

 Peter Jost (Hrsg.): Brahms als Liedkomponist, Franz Steiner Verlag Stuttgart, 1992

 David Hurwitz: Dvorak, Romantic Music´s Most Versatile Genius, Amadeus


Press,2005

 Alec Robertson „Antonin Dvorak, Leben und Werk“, Albert Müller Verlag, Zürich
1947

 Otokar Sourek/ Paul Stefan: Dvorak Leben und Werk, Verlag Dr. Rolf Passer, Wien
Leipzig, Prag, 1935

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 Alena Wagnerova: Smetana, Dvorak, Jancek Mudikbriefe, Tschechische Bibliothek,
Deutsche Verlags – Anstalt München, 2003

 Johannes Brahms: Briefe, Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig, 1983

 Michael Musgrave: The Music Of Brahms, Routledge & Kegan Paul London, 1985

 Hans Becker: Brahms, Metzler Stuttgart, 1993

 Malcom MacDonald: The Deut Master Musicians – Brahms, J.M.Dent London, 1990

 Internet: www.minderheiten.org/.../gronemeyer_Zigeunerbesserung.htm, 3.März 2011


sibiuaner.de/.../zigeuner.../zigeuner-nach-zedler-q-wikipedia, 3.März 2011

NOTENVERZEICHNIS.

 ANTONIN DVOŘÁK: Opus 55, Zigeunermelodien, N.Simrock London / Hamburg


1909

 JOHANNES BRAHMS: Acht Zigeunerlieder aus Opus 103 (No.1.2.3.4.5.6.7.11),


N.Simrock, London / Hamburg

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