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653 Göttliche Allmacht im Zerrbild menschlicher


Sprache

Daß bei Gott kein Ding unmöglich sei, ist nur für einfache Gemüter eine
unproblematische Aussage. Es genügt zur Verunsicherung, wenn man daran
die bekannte Fangfrage knüpft, ob Gott denn einen Stein schaffen könne, der
so schwer ist, daß er selber ihn nicht mehr heben kann. Die Sprache ist offenbar
imstande, logische Fehler zu verschleiern. Das ist in diesem Beispiel noch leicht
zu durchschauen: von einem „Können“ – und dazu noch einem allmächtigen
Können – wird verlangt, daß es Nicht-Können produziere. Aber manchmal ist
die Sache nicht so einfach. Der Widerspruch mag sich darin verstecken, daß
man Definitionen, die man unausgesprochen voraussetzt, implizit wieder über
den Haufen wirft; es bedarf eines scharfen Blicks, um jeweils die contradictio
in adiecto zu entlarven.
Die islamische Theologie hat hierfür einen Begriff bereit: Fragen dieser
Art sind muḥāl, „denkunmöglich“, „absurd“. Festzulegen blieb allerdings, wie
diese Denkunmöglichkeit zu bestimmen sei; dies hing jeweils davon ab, welche
Denknotwendigkeiten oder Axiome man setzte. Wir haben kaum Texte, die sich
grundsätzlich oder doxographisch dazu äußern; wie sonst, so gilt auch hier
die Erfahrung, daß der kalām logische Prinzipien zwar anwendet, sie aber nur
selten erläutert. Umso dankbarer sind wir für einen Fragenkatalog, den wir an
entlegener Stelle erhalten; hier läßt sich zumindest aus den Beispielen einiges
erschließen. Er findet sich bei einem zaiditischen Autor namens al-Ḥusain b.
al-Qāsim, der, als entfernter Nachfahr des berühmten Qāsim b. Ibrāhīm ar-
Rassī, i.J. 401/1010 in jugendlichem Alter als al-Mahdī li-dīn Allāh im Jemen
654 | das Imamat für sich in Anspruch nahm. Drei Jahre später schon ist er im
Kampf gegen einen konkurrierenden Prätendenten gefallen (vgl. Madelung.
Qāsim ibn Ibrāhīm 198ff.). Jedoch hat er zahlreiche Schriften verfaßt, die zu
einem erheblichen Teil heute noch erhalten sind (vgl. gas 1/569 f.). Das Buch,
um das es uns hier geht, trägt den Titel K. at-Tauḥīd wat-tanāhī wat-taḥdīd;
es ist in zumindest zwei Handschriften erhalten (Berlin, Ahlwardt nr. 10271,
und Istanbul, Şehit Ali Paşa 1580). Es besteht aus zwei verhältnismäßig kurzen
Teilen; der von uns behandelte Passus stellt dabei, obwohl in der Berliner
Handschrift nur 2 Folio stark, den gesamten zweiten „Band“ dar.

© koninklijke brill nv, leiden, 2018 | doi: 10.1163/9789004336483_138


Hinrich Biesterfeldt - 9789004336483
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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1921

Die Aufteilung in zwei Teile wird bei Sezgin (gas 1/569 nr. 9) nicht vermerkt.
An der angegebenen Stelle sind für die Berliner Hs. irrtümlich beide Teile
als „1. Teil“ verzeichnet; bei der Istanbuler Hs. dagegen ist der zweite Teil
überhaupt nicht erfaßt. Das hat im letzteren Fall seinen besonderen Grund;
die Anordnung dieser Hs. ist etwas verwirrend. Teil 1 findet sich, wie von
Sezgin korrekt angegeben, auf fol. 84a–99b, Teil 2 jedoch ganz zu Anfang,
auf fol. 1b–7a. Dazwischen sind einige weitere Texte eingeschoben, die bei
Sezgin unter den nrr. 16 (= fol. 7a–10b)1, 18 (= fol. 10b–32a)2, 19 (= fol. 32a–39b)3,
20 (= fol. 40a–59a)3 und 8 (= fol. 59a–83b)3 verzeichnet sind. Dabei handelt
es sich bei nr. 18 und 19 um miteinander zusammenhängende Stücke, die im
jeweiligen Explicit als Band 2 und 3 des K. al-Muʿǧiz (min kutub al-Muʿǧiz)
bezeichnet werden; die bei Sezgin gegebenen Titel sind also in Wirklichkeit
nur Untertitel. Es bleibt zu untersuchen, ob nicht auch nr. 16 (als Band 1) und
nr. 20 (als Band 4) zu eben diesem K. al-Muʿǧiz gehören.
Von diesem K. al-Muʿǧiz hatte sich bisher keine Spur gefunden; dies hängt,
wie sich nun herausstellt, damit zusammen, daß seine einzelnen Teile unter
verschiedenen Namen laufen. Al-Mahdī hatte mit dem Titel Anstoß erregt:
nur der Koran verschlage seinen Nachahmern die Sprache, so sagte man,
nicht aber das Buch eines normalen Sterblichen (vgl. Madelung, Qāsim
ibn Ibrāhīm 199). Sollte dies der Grund sein, warum der Abschreiber der
Istanbuler Hs. sich auf die jeweiligen Untertitel beschränkte?

Die Berliner Hs. stammt aus dem Jahre 1054/1644. Die Istanbuler Hs. ist offenbar 655
um einiges älter; Sezgin datiert sie ins 7./14. Jh. Sie ist reichlicher punktiert als
die erstere und auch klarer im Ductus, aber dennoch nicht besser; im Vergleich
zu ihr weist sie ziemlich viele Lücken auf. Beide Hss. bieten neben wichtigen
abweichenden Lesarten nicht selten bloße Varianten im Ausdruck, die für den
Inhalt keinen Unterschied machen; hier konnte die Wahl bisweilen, bis zum
Vorliegen weiterer Textzeugen, nur in recht subjektiver Weise getroffen werden.

1 Auch hier findet sich der gleiche Fragestil und in den Antworten wiederum der Hinweis auf
Absurdität der gestellten Probleme. Vielleicht hat dies den Abschreiber veranlaßt, die beiden
Texte zusammenzubringen. Ob die Hs. verbunden ist, kann ich ohne erneuten Augenschein
nicht entscheiden.
2 Der Titel lautet entgegen der Angabe hier und schon bei Brockelmann (gal2 1/198) K. ad-
Dalāla … statt K. ad-Dalīl.
3 Die bei Sezgin angegebenen Foliozahlen sind hier z.T. unkorrekt.

Hinrich Biesterfeldt - 9789004336483


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‫‪1922‬‬ ‫‪part ix: momentaufnahmen. religion und theologie‬‬

‫‪656‬‬ ‫]‪1‬ب [ بسم الل ّٰه الرحمان الرحيم و به أستعين‬

‫ضل ّال فيما يقولون به في الل ّٰه و يعتقدون في المحال فقال‪ :‬أخبروني هل لو‬
‫‪ ١‬إن سأل بعض المشبّهة ال ُ‬
‫‪٣‬‬ ‫أراد الل ّٰه أن يفني نفسه أيجوز ذلك أم لا؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬كلامك هذا فاسد محال باطل لا‬
‫معنى له‪ ،‬و يستحيل أن ير يد الل ّٰه المحال لأن الإرادة لا تقع إلا ّ على الأفعال‪ ،‬والموت والفناء لا يقع‬
‫إلا ّ على الأجسام ولا يدرك إلا ّ ما كان جرما من الأجرام لأن الموت عرض يحلهّ الل ّٰه في الأشباح‪،‬‬
‫‪٦‬‬ ‫والل ّٰه ليس بشبح محدود ولا غيره من العدد والمعدود‪ ،‬إذ لا يقع إلا ّعلى مفترق من الأشياء أو مجتمع‬
‫ك من الطول والعرض‪،‬‬ ‫أو متحر ّك أو ساكن‪ .‬ولا يفني إلا ّ ما كان من الك ّ‬
‫ل و البعض وما لا ينف ّ‬
‫ل على‬
‫والل ّٰه ليس بذي كل ولا أبعاض ولا بذي أطوال ولا أعراض لأن في ذلك من الحدث ما يد ّ‬
‫‪٩‬‬ ‫الخالق المحدث‪.‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ٢‬كذلك إن سأل بعض المشبّهة الملحدين الظان ّين بالل ّٰه ظّن السوء المتجب ّر ين فقال‪ :‬أخبروني هل لو‬
‫‪١٢‬‬ ‫أراد الل ّٰه أن يدركه بعض خلقه أيجذ ذلك أم لا؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬وهذة المسألة أيضا ًمن‬
‫المحال والل ّٰه لا ير يد المحالات ولا يوصف بصفات المحدثات‪ ،‬لأن الأبصار لا تقع إلا ّ على مفترق من‬
‫صل والل ّٰه‬ ‫صل والمجتمع مو َ ّ‬
‫صل لا بد له من مو ِّ‬ ‫الأشياء أو مجتمع‪ ،‬والمفترق مف َ ّ‬
‫صل لا بد له من مف ِّ‬
‫‪١٥‬‬ ‫صلها ومفرقها وجامعها ]‪ 2‬أ[ ومبتدعها وصانعها‪.‬‬
‫صل الأشياء ومف ِّ‬
‫مو ِّ‬

‫‪657‬‬ ‫مسألة‬

‫‪ ٣‬وكذلك إن سأل فقال‪ :‬أخبروني عن الل ّٰه هل يقدر أن يخلق مثله؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا بّ الل ّٰه‪ :‬كلامك‬
‫‪١٨‬‬ ‫هذا فاسد محال لا معنى له‪ ،‬لأن ّك قلت »هل يقدر أن يخلق« فأوقعت القدرة على المخلوق ثم ّ نقضت‬

‫)‪ (٨‬أطوال‪ :‬أحوال‪ ،‬ب ش ‪//‬‬ ‫مجتمع‪ :‬مجمع ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٦‬العدد‪ :‬ـ ‪ ،‬ب ‪//‬‬ ‫)‪ (٢‬في المحال‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١١‬أخبروني‪ :‬خبروني‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٩‬الخالق‪ ،‬كذا في المخطوطتين ولعله »الخلق«‪.‬‬ ‫أعراض‪ :‬أغراض‪ :‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٧‬سأل فقال‪ :‬سأل سائل فقال‪ ،‬ش ‪ //‬أخبروني‪ :‬خبروني‪ ،‬ش ‪//‬‬ ‫)‪ (١٤‬موصل لا‪ :‬موصل فلا ب‪.‬‬

‫ثم نقضت … مخلوق‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٨‬هذا … قلت‪ :‬ـ ‪ ،‬ش ‪//‬‬ ‫عن الل ّٰه هل يقدر ان‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن‪ ،‬ب‪.‬‬

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‫‪chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache‬‬ ‫‪1923‬‬

‫قولك بقولك »مثله«‪ ،‬لأ ّ‬


‫ن الل ّٰه خالق وهذا مخلوق‪ ،‬والل ّٰه مدب ّ ِر وهذا مد َب ّر والل ّٰه صانع وهذا مصنوع‬
‫صله‬
‫صله ومف ّ‬
‫والل ّٰه غنيّ وهذا فقير والل ّٰه قديم وهذا محدث والل ّٰه لا نهاية له وهذا متناه ٍ والل ّٰه محّدده ومو ّ‬
‫صل‪ ،‬وهذا من أكبر المحال وأقبح المقال‪ .‬وكيف يكون مخلوق خالقا أو محدث قديما ً‬ ‫وهو مو َ ّ‬
‫صل ومف ّ‬ ‫‪٣‬‬

‫ب مربو با ّ؟ وكيف يكون المحدث مثل القديم أو الخالق مثل المخلوق‪ ،‬أو كيف يكون الرازق‬
‫أو ر ّ‬
‫مثل المرزوق؟‬

‫مسألة في المحال أيضا ً‬ ‫‪٦‬‬

‫‪ ٤‬وإن سأل فقال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن يخلق خلقا ً لا جسما ً ولا عرضا ً؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪:‬‬
‫ل‬
‫هذا محال وليس عن المحال مسألة‪ ،‬لأن كل محدث فيه آثار حكمة الصانع وذلك ما ذكرنا من الك ّ‬
‫ل والبعض لا يكون إلا ّجسما ًمن الأجسام الموصوفة بالطول والعرض‪ .‬فقولك هذا‬
‫والبعض‪ ،‬والك ّ‬ ‫‪٩‬‬

‫متناقض فاسد لا معنى له لأن ّك قلت »يخلق خلقا« والخلق فهو ما ذكرنا‪ ،‬ثم نقضت قولك بقولك »لا‬
‫جسما ًولا عرضا ً«‪ .‬فكأن ّك قلت »يخلق خلقا لً يس بخلق«‪ 2] .‬ب[‬

‫فإن قال‪ :‬فل ِم َ زعمتم أ ّ‬


‫ن ر ب ّكم شىء ليس بجسم‪ ،‬وقد نفيتم ما ليس بجسم ولا عرض؟ ـ قيل له ولا‬ ‫‪658‬‬
‫قو ّه إلا ّبالل ّٰه‪ :‬لأن ّا نفينا أن يكون خلقا ًمحد َثا ًلا محدِثا‪ ً،‬لأن ّك إذا قلت »محد َث« أوجبت أن فيه دلائل‬
‫الحدث‪ .‬فإذا قلت »ليس فيه دلائل الحدث« نفيته والنفي والإثبات لا يجتمعان في شىء واحد‪ .‬وأمّا‬
‫قولك لم نفينا عن الل ّٰه سبحانه أن يكون جسما ًأو عرضا ًواثبتناه شيئا ًفالجواب في ذلك أن ّا جعلناه‬ ‫‪١٥‬‬

‫قديما ًوالقديم لا يكون محد َثا‪ ً،‬وكذلك نفينا أن يكون المحد َث ليس فيه دلائل الحدث فيكون قديما ً‬
‫محد َثا ًو يستحيل أن يكون القديم محدثا‪ ً.‬وأما قولنا إن الل ّٰه شىء فإن ّما نر يد بذلك إثبات الموجود ونفي‬

‫)‪ (٧‬سأل فقال هل‪ :‬سأل سائل فقال هل‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٤‬رب‪ :‬ر ب ّا‪ ً،‬ش ‪ //‬الرازق‪ :‬الرزاق‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٠‬متناقض فاسد‪ :‬فاسد متناقض‪،‬‬ ‫)‪ (٩‬والكل والبعض‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٨‬عن المحال‪ :‬عند المحال‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٢‬زعمتم‪ :‬قلتم ب ‪ //‬وقد‬ ‫)‪ (١١–١٠‬بقولك لا جسما ًولا عرضا‪ ً :‬فقلت لا جسم ولا عرض‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫ش‪.‬‬

‫)‪ (١٣‬خلقا محدثا‪ :‬خلق محدث ولا محدثا‪ ،‬ش ‪ //‬محدث‪ :‬محدثا‪ ،‬ب ‪ //‬أن‪، :‬‬ ‫نفيتم ما ليس بجسم‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٧–١٦‬قديما محدثا‪ :‬قديما أو محدثا‪ ،‬ش‪ :‬قديما أو‬ ‫)‪ (١٥‬او‪ :‬ولا‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٤‬الحدث‪ :‬المحدث‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫ب‪.‬‬

‫)‪ (١٧‬الموجود‪ ،‬كذا في ب و ش ولعله »الوجود«‪.‬‬ ‫عدما‪ ،‬ب‪.‬‬

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‫‪1924‬‬ ‫‪part ix: momentaufnahmen. religion und theologie‬‬

‫العدم المفقود إذ ليس إلا ّ موجود أو معدوم والموجود شىء والمعدوم لا شىء‪ ،‬فلما وجدنا الصنع‬
‫علمنا أن الصانع شىء و يستحيل أن يصنع العدم شيئا ًو يستحيل أن يصنع الجسم جسما لً ما قد وصفنا‪.‬‬

‫‪٣‬‬ ‫مسألة‬

‫‪ ٥‬وإن سأل فقال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن يخلق خلقا ًلا نهاية له؟ ـ قيل له و لا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬مسألتك تحتمل‬
‫وجهين‪ ،‬إمّا أن تكون أردت جسما ًلا حدود له و لا جهات‪ ،‬وإمّا أن تكون أردت أعراض الزمان‬
‫‪٦‬‬ ‫والساعات وما وعد الل ّٰه بدوامه أهل الآخرة مثل ات ّصال الأوقات‪ .‬فإن كنت أردت جسما ًلا حدود‬
‫له فهذا محال وتناقض من القول والسؤال‪ ،‬لأن ّك سألت عن الجسم المحدود ثم ّ نقضت سؤالك بنفيك‬
‫‪659‬‬ ‫للحدود‪ 3] | .‬أ[ وإن كنت أردت بسؤالك و بما ذكرت من مقالك أعراض الآخرة ودوام ساعاتها او‬
‫‪٩‬‬ ‫ات ّصال حدوث أزمنتها وأوقاتها فكذلك نقول‪ :‬إن ّه لا انقطاع لدوامها‪.‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ٦‬وإن سأل فقال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن يعلم؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬كلامك هذا باطل لا يجوز‬
‫‪١٢‬‬ ‫ن شأنهُ ‪ .‬و ذلك أن ّك قلت »هل يقدر الل ّٰه أن يعلم« فجعلت العلم‬
‫ل شأ ٍ‬
‫على الل ّٰه سبحانه و عز من ك ّ‬
‫من المفعولات المحدثات وأخرجته من الصفات الأزليات والمقدور عليه لا يكون إلا ّمن المحدثات‪،‬‬
‫وذلك كعلم الإنسان المستفاد بالأفهام المدركات والل ّٰه يتعالى عن الجهل والنقصان و يتقّدس عن‬
‫‪١٥‬‬ ‫شبهَ الإنسان وغيره من الحيوان وغيره من صنع الواحد الرحمان‪.‬‬
‫َ‬

‫مسألة أيضا ً‬

‫‪ ٧‬وإن سأل فقال‪ :‬هل ير يد الل ّٰه أن يقدر؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬هذه المسألة من أحو َل المحال‬
‫‪١٨‬‬ ‫وأولى ما تنز ّه عنه ذو الجلال والإكرام‪ ،‬لأن ّك قلت »ير يد أن يقدر« والإرادة فمن المفعولات والقدرة‬

‫)‪ (٦‬مثل‬ ‫قد‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٢‬العدم … يصنع‪ :‬ـ ‪ ،‬ش ‪//‬‬ ‫)‪ (١‬العدم‪ :‬القدم‪ ،‬ب ‪ //‬المعدوم‪ :‬العدم‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٣‬المفعولات‪:‬‬ ‫)‪ (١١‬فقال‪ :‬وقال‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٧‬من القول‪ :‬في القول‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫اتصال‪ ،‬من انفصال‪ ،‬ب‪.‬‬

‫)‪ (١٨‬وأولى ما تنزه عنه‪ :‬وأولاه امره عنه )؟(‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫معولات‪ ،‬ش ‪ //‬وأخرجته … المحدثات‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

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‫‪chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache‬‬ ‫‪1925‬‬

‫ف ولا تقصير‪،‬‬
‫فمن الصفات الأزليات‪ ،‬ولا تكون الإرادة إلا ّ بقدرة من قدير لم يسبق قدرتهَ ضع ٌ‬
‫فجعلت الصفة القديمة من المفعولات فنقضت قولك لأن ّك قلت »ير يد« والإرادة فهي الفعل والفعل‬
‫لا يكون إلا ّ بقدرة‪ ،‬وكأن ّك قلت »يخلق القدرة بالقدرة« وهذا محال متناقض‪ 3]،‬ب[ ور ب ّنا محمود‪.‬‬ ‫‪٣‬‬

‫مسألة أيضا ً‬

‫‪ ٨‬وإن سأل فقال‪ :‬فهل ير يد الل ّٰه أن يعلم؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬هذه لمسألة تستحيل عن ر ب ّنا ج ّ‬
‫ل‬
‫جلاله وطهرت نعم ُه وأفضاله‪ ،‬لأن العلم ليس مفعولا ًولا هو شىء سوى الل ّٰه معقول والإرادة على‬ ‫‪٦‬‬

‫الأفعال فلا يتم ّ إلا ّ بعد العلم بالأعمال‪.‬‬

‫مسألة‬ ‫‪660‬‬

‫‪ ٩‬فإن رجع إلى الحّق وسأل عماّ يليق بالل ّٰه من الصدق فقال‪ :‬هل يعلم الل ّٰه أن يقدر؟ ـ قيل له ولا قو ّة‬ ‫‪٩‬‬

‫إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬نعم‪ ،‬وهو سبحانه يعلم أن ّه يقدر‪.‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ١٠‬وإن سأل فقال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن ير يد سبحانه؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬نعم‪ ،‬يقدر سبحانه وج ّ‬
‫ل‬ ‫‪١٢‬‬

‫ن الإرادة فعله والل ّٰه قادر على الأفعال‪.‬‬


‫علمه وسلطانه وظهر دليله و برهانه أن ير يد لأ ّ‬

‫مسألة‬

‫‪ ١١‬فإن قال‪ :‬فهل يعلم الل ّٰه أن ير يد؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬نعم‪ ،‬يعلم سبحانه أن ّه ير يد ولا يخفى عليه‬ ‫‪١٥‬‬

‫شىء في سابق علمه مماّ سينقص من فعله أو يز يد‪.‬‬

‫)‪ (١٦‬سينقص‪ :‬سىىقص ‪ ،‬ب ‪ //‬يز يد‪ :‬ىدنه‪ :‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٦‬معقول‪ :‬مفعولا‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٢‬فهي‪ :‬هي‪ ،‬ب‪.‬‬

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‫‪1926‬‬ ‫‪part ix: momentaufnahmen. religion und theologie‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ١٢‬فإن قال‪ :‬فهل يعلم الل ّٰه أن يعلم؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪ :‬نعم‪ ،‬إن ّه يعلم أن ّه يعلم ولا يخفى عليه شىء‬
‫‪٣‬‬ ‫من المحدثات في حال الق ِد َم‪.‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ١٣‬فإن قال‪ :‬فهل يقدر أن يقدر؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬هذا محال لأ ّ‬
‫ن القدرة إن ّما تقع على‬
‫‪٦‬‬ ‫المقدورات وليس لل ّٰه ]‪ 4‬أ[ عّز وج ّ‬
‫ل قدرتان تقع إحداهما على الأخرى فتكون واحدة في عداد‬
‫المفعولات وتكون الأخرى في عداد الصفات‪ .‬فإن قال قائل‪ :‬فكيف جاز قولك »يعلم أن يعلم«‬
‫ل يعلم‬ ‫و بطل قولي »يقدر أن يقدر«؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬للعلةّ التي ذكرنا وذلك أ ّ‬
‫ن الل ّٰه عّز وج ّ‬
‫‪661‬‬ ‫ل مقدور‪ ،‬و يستحيل قولك »يقدر أن يقدر« لأ ّ‬
‫ن القدرة إن ّما‬ ‫| أن ّه عالم بك ّ‬
‫ل معلوم كما هو قادر على ك ّ‬
‫ل ذي عقل وحجا‪ ،‬إلا ّأن تر يد بقولك »يقدر أن‬
‫تكون على الأفعال وليس لل ّٰه قدرة أخرى فيما يعلم ك ّ‬
‫يقدر« تر يد »يقدر أن يفعل المقدورات« فنقول‪ :‬قد أصبت فيما اقتصرت عليه ولم تخطئ فيما نسبت‬
‫‪١٢‬‬ ‫من لفظك إليه‪.‬‬

‫مسألة أيضا ً‬

‫‪ ١٤‬فإن قال قائل‪ :‬فهل ير يد أن ير يد؟ ـ قيل له و لا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬اعلم أ ّ‬
‫ن الإرادة قد اخت ُلف فيها على‬
‫‪١٥‬‬ ‫وجهين‪ ،‬إرادة ضمير و إرادة فعل‪ .‬فأمّا الضمير فينفي عن الل ّٰه سبحانه لما قدمنا في ذلك من التبيان‬
‫وأوضحنا بمّن الل ّٰه من البرهان؛ وأمّا الفعل فهو أولى ما و ُصف به الرحمان‪ .‬و إ ّ‬
‫ن ما قصدت فلن يخلو‬

‫)‪ (٧‬الأخرى‪ :‬الآخرة‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫إنما تقع على‪ :‬لا تقع إلا على‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٥‬فإن‪ :‬وإن‪ ،‬ش‪//‬‬ ‫)‪ (١‬الل ّٰه‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٤‬قال قائل‪ :‬سأل‬ ‫)‪ (١٢‬لفظك‪ :‬ٮٯصلك‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫نسبت‪ :‬نسبت إليه‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١١‬تخطئ‪ :‬ىحط‪ ،‬ب ش‪//‬‬

‫)‪ (١٦‬وان‪ :‬وانا‪ ،‬ش )وفي ب غير واضح(‪.‬‬ ‫)‪ (١٥‬فينفي‪ :‬فىىفى‪ ،‬ب ‪ //‬التبيان‪ :‬البيان‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫فقال‪ :‬ب‪.‬‬

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‫من أحد ثلاثة أوج ُه‪ :‬إمّا أن تكون تر يد »هل يضمر أن يفعل؟« أو »هل يضمر أن يضمر غير ما أضمر؟«‬
‫ل‪ 4] .‬ب[ فإن أردت أن ّه‬
‫أو تكون أردت تكر ير القول فقط لا غير الفعل الذي هو أراده الل ّٰه عّزوج ّ‬
‫يضمر أن يفعل فهذا محال لا يجوز على الل ّٰه ذي الجلال لما قدمنا من نفي الضمير عن الل ّٰه الواحد‬ ‫‪٣‬‬

‫اللطيف الخبير‪ .‬وكذلك إن أردت أن ّه يضمر أن يضمر غير ما أضمر فهذا من أكبر الـكفر والجحدان‬
‫ب و يهوى و يخطر على باله الأشياء لا يوصف بعلم ولا‬
‫ن من يح ّ‬
‫ل ما استحال عن الرحمان‪ ،‬لأ ّ‬
‫حو َ ِ‬
‫وأ ْ‬
‫خيرة ولا تدبير ولا فطرة ولا يخلو من أحد وجهين‪ :‬إمّا أن يكون على تلك | الشهوات مجبولا ًمصطنعا ً‬ ‫‪662‬‬

‫وإمّا أن يكون عزيزا ًعن ذلك ممتنعا‪ ً،‬فإن كان غير ممتنع من الخواطر والأحوال ولا عزيزا ًعن الزوال‬
‫ك من صنع العليم القدير‪ ،‬وإن‬
‫والانتقال فذلك مضطر ّ مفطور لا يمتنع من الحوادث والتدثير ولا ينف ّ‬
‫كان عن ذلك عزيزا ًوكان من الخواطر ممتنعا ًحر يزا ًفقولك هذا كفر بذي الجلال وجهل بالل ّٰه الـكبير‬ ‫‪٩‬‬

‫المتعال‪ .‬وإن أردت تكر ير القول بالارادة فقد أصبت فيما أردت وأخطأت في تكر ير القول وتر يده‬
‫على غير معناه‪.‬‬

‫مسألة‬ ‫‪١٢‬‬

‫‪ ١٥‬فإن قال‪ :‬أخبرْني عن الل ّٰه أيعرف نفسه أم ينكرها؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬اعلم أّيها السائل أ ّ‬
‫ن‬
‫ن المنكر لنفسهكالجاهل بها‪ ،‬إذا جهل نفسه فهو لغيره أجهل والل ّٰه تعالى عن الجهل‬
‫الل ّٰه لا ينكر نفسه لأ ّ‬
‫ل شأن‪.‬‬
‫والنقصان و يتنز ّه عن شبه المخلوقين في ]‪ 5‬أ[ ك ّ‬ ‫‪١٥‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ١٦‬فإن قال‪ :‬فأخبرني عن معرفة الل ّٰه لنفسه أهي هو أم هي غيره؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬اعلم أّيها‬
‫ن معرفة الل ّٰه لنفسه هي هو‪.‬‬
‫السائل أ ّ‬ ‫‪١٨‬‬

‫)‪ (٤‬اللطيف الخبير‪ :‬الـكبير‪ ،‬ب ‪ //‬أضمر‪ :‬اطهر‪،‬‬ ‫)‪ (١‬تكون تر يد‪ :‬يكون ير يد‪ ،‬ش ‪ //‬أضمر‪ :‬يضمر‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (٦‬ولا يخلو‪ :‬لأنه لا يخلو‪ ،‬ب ‪ //‬مصطنعا‪ :‬مضطيعا‪،‬‬ ‫)‪ (٥‬وأحول‪ :‬واحوال‪ ،‬ش‪ //‬من‪ :‬ما‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫ش‪.‬‬

‫)‪ (٩‬حر يزا‪ :‬حرىرا‪ ،‬ب ش‪.‬‬ ‫)‪ (٨‬والتدثير‪ :‬والتدبير‪ ،‬ش )غير معجم في ب(‬ ‫)‪ (٧‬عزيزا‪ :‬عزيز‪ ،‬ب ش‬ ‫ش‪.‬‬

‫)‪ (١٦‬مسألة‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٤‬كالجاهل‪ :‬الجاهل‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (١٣‬ايها السائل‪ :‬ـ ‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (١١‬على‪ :‬في‪ ،‬ب‪.‬‬

‫‪Hinrich Biesterfeldt - 9789004336483‬‬


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‫‪1928‬‬ ‫‪part ix: momentaufnahmen. religion und theologie‬‬

‫مسألة‬

‫‪663‬‬ ‫‪ ١٧‬فإن سأل سائل فقال‪ :‬أخبرني عن الل ّٰه سبحانه أخلق الأشياء من شىء | أم من غير شىء؟ ـ قيل له‬
‫‪٣‬‬ ‫ن الل ّٰه سبحانه خلق الأشياء من غير شىء واخترعها اختراعا ًمن غير ب َدِي‪ .‬فإن‬
‫ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬اعلم أ ّ‬
‫قال‪ :‬وما أنكرت من أن يكون خلقها من شىء قديم لم يزل فنقله إلى الحدث حت ّى أبان فيه صنعه من‬
‫غير أن يكون اخترعه؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬كلامك هذا فاسد محال لأنه لا يخلو من أن يكون‬
‫‪٦‬‬ ‫نقل كله أو نقل بعضه أو لم ينقل منهكل ّا ًولا بعضا‪ ً.‬فإن قلت‪» :‬لم ينقل كله ولا بعضه« نفيت ما عنه‬
‫سألت وجحدته‪ .‬وإن قلت‪» :‬بل نقل بعضه« أو »كله« أوجبت بأبين البيان حدثه ونفيت أزله وقدمه‬
‫ل والبعض فيما تقّدم من كلامنا وأوضحناه في أّول كتابنا‪ ،‬وإذا صح ّ الأصل‬
‫لأن ّا قد بيناّ حدث الك ّ‬
‫‪٩‬‬ ‫ن الأجسام محدثة‪ ،‬وإذا كانت‬
‫كل ّا ًأو بعضا ًوصح ّ أن ذلك لا يكون إلا ّ جسما ًفقد تقّدم من قولنا أ ّ‬
‫أصول الأشياء محدثة فقد فسد قولك في نقلها واصطناعها وصح ّ قولنا في اختراعها وإحداث أصولها‬
‫وابتداعها‪.‬‬

‫‪١٢‬‬ ‫مسألة‬

‫‪ ١٨‬وإن قال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن يظلم عبيده ]‪ ٥‬ب[ و يخلف وعده ووعيده؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّبالل ّٰه‪:‬‬
‫نعم‪ ،‬هو قادر على ما سألت وغير عاجز عماّ ذكرت‪ .‬وليس كل ما قدر عليه الحكيم فعله‪ ،‬لأن ّا نجد‬
‫ن الفاعل لا يفعل فعلا ًإلا ّ ‪١٥‬‬
‫الحكيم مناّ مع حاجته لا يفعل القبيح لذمامته‪ ،‬فكيف بالحكيم الغنيّ؟ لأ ّ‬
‫لحاجة تدعوه إلى اجتلاب منفعة أو دفع مضر ّة‪ ،‬والل ّٰه لا يحتاج إلى اجتلاب المنافع ولا إلى دفع‬

‫‪664‬‬ ‫المضارّ‪ | .‬والفجائع فتبارك وتعالى عن ظلم عبيده وإخلاف وعده ووعيده‪ ،‬وأيضا ًفقد يكون الـكذب‬

‫)‪ (٦‬نقل‪ :‬نقله‪ ،‬ش ‪ //‬منه‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٥‬كلامك‪ :‬قولك‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٢‬سائل‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١‬مسألة‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٢‬مسألة‪ :‬ـ‬ ‫)‪ (١١–١٠‬وإحداث … ابتداعها‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٧‬نقل بعضه أو كله‪ :‬نقل كله او بعضه‪ ،‬ب‪.‬‬

‫)‪ (١٦‬لايحتاج …‬ ‫)‪ (١٥‬القبيح‪ :‬ـ ‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫له‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٣‬عبيده‪ :‬عباده‪ ،‬ش )وانظر ‪// (١٧‬‬ ‫‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٧‬فتبارك‪ :‬فتبارك الل ّٰه‪ ،‬ب ‪ //‬وإخلاف‪ :‬واختلاف‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫والفجائع‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

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‫‪chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache‬‬ ‫‪1929‬‬

‫والسفه والعبث من الظالمين لغير حاجة تدعوهم إلى ظلم المظلومين‪ .‬فإن قال بعض الملحدين‪ :‬وما‬
‫تنكرون أن يعبث الل ّٰه تعالى سي ّدنا عن قول الجاحدين؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬إ ّ‬
‫ن عبثهم هذا الذي‬
‫ذكرنا وجورهم لغير حاجة فيما قّدمنا لا يدعوهم إليه إلا ّالبطر والهوى‪ ،‬والل ّٰه تعالى عن ذلك لا يبطر‬ ‫‪٣‬‬

‫ن الهوى داٍع إلى كل منكرَ ومنه تول ّد الظلم‪ ،‬والبطر والهوى فهو ضمير وخاطر والل ّٰه تعالى‬
‫ولا يهوى لأ ّ‬
‫عن الخواطر لأّنها شهوات لا توجد إلا ّفي القلوب وما يتعالى عنه علا ّم الغيوب‪ ،‬وقد تقدم من كلامنا‬
‫ب العالمين وتبيين حدوث ذلك في المخلوقين‪.‬‬
‫في الحزء الأّول نْفي الخواطر عن ر ّ‬ ‫‪٦‬‬

‫مسألة‬

‫ب الل ّٰه نفسه أو يبغضها؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا بّ الل ّٰه‪ :‬كلامك هذا باطل محال‬
‫‪ ١٩‬وإن سأل فقال‪ :‬هل يح ّ‬
‫ب يخرج على وجهين وكذلك ]‪ 6‬أ[ البغض‪.‬‬
‫ن الح ّ‬
‫ب والبغض‪ ،‬لأ ّ‬
‫لا يجوز على الل ّٰه لأن ّه غنيّ عن الح ّ‬ ‫‪٩‬‬

‫ب ما يكون ضميرا ًوفي ّه ْ‪ ،‬وشهوة في القلوب مبني ّه ْ‪ .‬وهذا من صفات المخلوقين المحتاجين إلى محب ّة‬
‫فمن الح ّ‬
‫أنفسهم المجبولين على فطرة شهواتهم‪ .‬وأمّا الوجه الثاني فهو ح ّ‬
‫ب الل ّٰه لأولياءه المؤمنين وهو ثوابه ونعمته‬
‫ن المحتاج إلى الرزق لا يكون إلا ّمبنياّ ًعلى الحاجة إليه والل ّٰه‬
‫للمطيعين‪ ،‬والل ّٰه غنيّ عنه وغير محتاج إليه لأ ّ‬ ‫‪١٢‬‬

‫ن الذى يرتزق و يغتذي لا يكون إلا ّ‬


‫يتعالى عن الحاجة إلى الأرزاق واجتلاب المنافع والإرفاق‪ ،‬لأ ّ‬
‫مضطراّ ًغير غنيّ ومن كان مضطر ّ فهو فقير | الى اللذ ّات مبنيّ على الحاجة والشهوات‪ ،‬والملتّذ لا يكون‬ ‫‪665‬‬
‫إلا ّجسما ًمجتمعا ًمتحر ّكا أً و ساكنا ًوقد بينّ اّ حدث الجسم فيما تقدم من كلامنا‪ .‬ـ والبغض يخرج على‬ ‫‪١٥‬‬

‫وجهين‪ .‬فمن ذلك بغض الآدميي ّن وإضمار كراهة ما يكرهون والل ّٰه يتعالى عن شبه المخلوقين‪ .‬والوجه‬
‫الثاني فهو بغض الل ّٰه للكافر ين وهو أليم عذابه ونكاله للفاسقين والل ّٰه ليس بذي جسم فتحلهّ الآلام ولا‬

‫بذي شخص فتعلقه الأسقام‪ ،‬بل هو الل ّٰه ر ّ‬


‫ب العالمين وفاطر السموات والأرضين فتبارك وتعالى عماّ‬ ‫‪١٨‬‬

‫يقول الظالمون‪ .‬وتقّدس عماّ يتفو ّه به الجاهلون‪ .‬وتنز ّه عماّ يقول المفترون‪.‬‬

‫)‪ (٢‬تنكرون‪ :‬تنكر‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫تدعوهم‪ :‬يدعوهم‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫الظالمين‪ :‬الظلمين‪ ،‬ش ‪//‬‬ ‫)‪ (١‬والعبث‪ :‬واللعب‪ ،‬ب‪// .‬‬

‫)‪ (١١‬نعمته‪ :‬نعمه‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٠‬محبة‪ :‬مىىه )؟(‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٧‬مسألة‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٣‬وجورهم‪ :‬وجودهم‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٤‬غير غني …‬ ‫يغتذي‪ :‬يفتدي‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (١٣‬المنافع‪ :‬النعم‪ ،‬ب ‪//‬‬ ‫)‪ (١٢‬على الحاجة إليه‪ :‬عليه‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٦‬وإضمار كراهة‪ :‬وإظهار كراهة‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫مضطرا‪ :‬ـ ‪،‬ش‪.‬‬

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‫‪1930‬‬ ‫‪part ix: momentaufnahmen. religion und theologie‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ٢٠‬وكذلك إن سأل فقال‪ :‬أيكرم الل ّٰه نفسه أم يهينها؟ ـ قيل له ولا قو ّة إلا بّ الل ّٰه‪ :‬من هذه المسألة ما يكون‬
‫‪٣‬‬ ‫ن الـكرامة على وجهين‪ :‬كرامة تنز يه عن الظلم‬
‫من المحال‪ 6] .‬ب[ ومنها ما يليق بالل ّٰه ذي الجلال‪ .‬لأ ّ‬
‫والعدوان‪ .‬وذلك أولى ما و ُصف به الرحمان‪ .‬فهو يكرم نفسه عن ذلك ج ّ‬
‫ل جلاله‪ ،‬وكر ُمت عن الدناءة‬
‫والجور أفعال ُه‪ .‬والوجه الثاني فهو كرامة النعيم‪ ،‬وما يتعالى عنه الواحد القديم‪ .‬وهذه الـكرامة فيستحيل‬
‫‪٦‬‬ ‫عن الل ّٰه الرحمان الرحيم‪ .‬ـ والهوان على وجهين يستحيلان عن الرحمان‪ .‬فوجه هو هوان دناءة الأفعال‬
‫والجور والسفه في الأعمال وذلك منفّي عن الل ّٰه ذي الجلال‪ ،‬والوجه الثاني فهو العذاب الأليم‪ ،‬وما‬
‫ل إلا ّ في الأجسام‬ ‫جعله الل ّٰه ضّدا لً لرحمة والنعيم‪ .‬وهو مماّ يستحيل عن الخلا ّق العليم‪ ،‬لأ ّ‬
‫ن الألم لا يح ّ‬
‫‪٩‬‬ ‫وذلك فيتعالى عنه ذو الجلال والإكرام‪.‬‬

‫مسألة‬

‫‪666‬‬ ‫ض خلقه جميَع | معلوماته؟ فإن قلتم »يقدر« فقد‬


‫‪ ٢١‬وكذلك إن سأل فقال‪ :‬هل يقدر الل ّٰه أن يعُ ْل ِم بع َ‬
‫‪١٢‬‬ ‫صار غيره في العلم مثله‪ ،‬وإن قلتم »لايقدر« عج ّزتموه‪ .‬ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬هذه مسألة متناقضة‪،‬‬
‫لأن ّك قلت »هل يقدر أن يعلم بعض خلقه جميع ما يعلم« فجعلت لمعلومه جميعا ًوالجميع يتناهى ومعلوم‬
‫يحصى أبدا ً ولا يعُ ّد‪ .‬فالنقص لمسألتك أتى من عندك لما في مسألتك من‬
‫يحّد ولا ُ‬
‫الل ّٰه لا يتناهى ولا ُ‬
‫‪١٥‬‬ ‫ن الل ّٰه معلوم نفسه وليس له جميع ]‪ 7‬أ[ فيكون محدودا ً وليس بعدد فيكون‬
‫تناقض قولك‪ .‬ألا ترى أ ّ‬
‫معدودا ً‪ ،‬فكيف ير يد أن يعُ ْل ِم خلق َه نفسه؟ ونفس ُه لا تعُ ْل َم ولا تدرك بغير الأدلةّ ولا يفهم لأّنها نفس‬
‫ل والأبعاض ولا من الأجسام ولا من الأعراض‪ .‬وسؤالك فإن ّما هو سؤال عن ك ّ‬
‫ل‬ ‫ليست من الك ّ‬
‫‪١٨‬‬ ‫ح إلا ّ من المصنوعات‪.‬‬
‫ل فلا يص ّ‬
‫المعلومات‪ ،‬والك ّ‬

‫)‪ (١٠‬مسألة‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬ ‫)‪ (٥‬والجور‪ :‬وىحور‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٢‬أيكرم‪ :‬هل يكرم‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (١‬مسألة‪ :‬ـ ‪ ،‬ش‪.‬‬

‫)‪ (١٦‬تعلم ولا تدرك‪ :‬يعلم ولا يدرك‪ ،‬ش )غير معجم‬ ‫)‪ (١٥‬معلوم‪ :‬من معلومه )؟(‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (١٤‬أتى‪ :‬انا‪ ،‬ب‪.‬‬

‫)‪ (١٨‬فلا‪ :‬لا‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫في ب(‪.‬‬

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‫‪chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache‬‬ ‫‪1931‬‬

‫مسألة‬

‫‪ ٢٢‬فإن سأل فقال‪ :‬أخبرني ل ِم َزعمتم أ ّ‬


‫ن هذه المسائل تستحيل ولا يجوز أن يوصف بها الواحد الجليل؟‬
‫ـ قيل له ولا قو ّة إلا ّ بالل ّٰه‪ :‬إن ّما استحالت هذه المسائل لتناقضها وتكاذبها في المقال وتداحضها‪ ،‬لأن ّك‬ ‫‪٣‬‬

‫أّيها السائل تسأل عن الل ّٰه الجليل ثم ّ تنقض سؤالك بالقول المستحيل وتشبه الل ّٰه بالعبد الذليل‪ ،‬مثل‬
‫قولك »هل يقدر الل ّٰه أن يفني نفسه؟« فجعلته ثلاثة وإن ّما هو الواحد الأحد القديم العليم الفرد الصمد‪.‬‬
‫ن المغُ ني هو‬
‫فكأن ّك سألت عن مخلوق وأنت تحسبه خالقا‪ ً،‬وسألت عن ثلاثة وأنت تحسبها واحدا ً‪ ،‬لأ ّ‬ ‫‪٦‬‬

‫الفاعل والمغن َى هو المفعول والفعل هو الثالث المجهول المتوّسط بين الفاعل والمفعول‪.‬‬

‫وصل ّى الل ّٰه على محمد النبي وآله وسل ّم تسليما‪ً.‬‬

‫)‪ (٧‬الفاعل والمفعول‪ :‬العامل والمعتول‪ ،‬ب‪.‬‬ ‫)‪ (٧–١‬المسألة ‪ ٢٢‬غير موجودة في ش‪.‬‬

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1932 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

667 Der Text ist einfach; es genügt, die Fragen kurz erläuternd zusammenzufas-
sen.
1) Kann Gott sich selber vernichten? – Antwort: Tod und Vernichtung gibt es
nur bei Körpern, d.h. zusammengesetzten und räumlich umgrenzten Dingen.
Gott aber ist kein Körper. Würde Gott also seine Vernichtung wollen, so wollte
er etwas Denkunmögliches; denn sein Wollen richtet sich nur auf „Handlun-
gen“ (afʿāl), d.h. verwirklichbare Dinge. Die Frage ist also absurd.
2) Kann Gott wollen, daß gewisse Geschöpfe ihn wahrnehmen? – Antwort:
Sinnliche Wahrnehmung richtet sich nur auf zusammengesetzte Dinge. Gott
aber ist nicht zusammengesetzt, sondern vielmehr derjenige, der den Dingen
ihre Zusammensetzung verleiht und sie damit in die Existenz ruft. Die Frage
ist also absurd.

Es geht, wie der Wortgebrauch zeigt, um das Problem der ruʾya bil-abṣār, der
visio beatifica im Jenseits. Die Formulierung ist bewußt so allgemein gehal-
ten, um die Widerlegung allgemein „philosophisch“ einsichtig zu machen.
Vgl. dazu Qāḍī ʿAbdalǧabbār, Muġnī iv 33ff. und G. Vajda in: Islamic Philoso-
phy and the Classical Tradition, Essays presented … to Richard Walzer, Oxford
1972, s. 473ff., mit allerdings z.T. abweichender und natürlich wesentlich
detaillierterer Argumentation.

3) Kann Gott seinesgleichen schaffen? – Antwort: „Schaffen“ setzt voraus, daß


das Produkt etwas „Geschaffenes“ ist. Ein Geschaffenes aber kann nicht „sei-
nesgleichen“ sein. Die Frage ist in sich widersprüchlich.

Die gleiche Frage mit ebendieser Antwort fand sich auch in einer Schrift
des baṣrischen Muʿtaziliten Muḥammad b. Šabīb, auf die Māturīdī in sei-
nem K. at-Tauḥīd zurückgreift (s. 131, 16ff. und 132, 14 ff. Kholeif). In einer
muʿtazilitischen Bestätigungslegende, die sich bei Qāḍī ʿAbdalǧabbār (Faḍl
al-iʿtizāl 266, 10ff. Saiyid) und von daher bei Ibn al-Murtaḍā findet (Ṭabaqāt
al-Muʿtazila 55, 5ff. Diwald-Wilzer), wird sie der indischen Sumanīya, die
Antwort dagegen einem jungen Muʿtaziliten aus der Zeit des Hārūn ar-Rašīd
in den Mund gelegt. Zur Sumanīya vgl. meine Erkenntnislehre des Īcī 257 ff.

4) Kann Gott etwas schaffen, das nicht Körper und Akzidens ist? – Antwort:
Alles Geschaffene ist körperlich; die Frage ist also absurd. – Frage: Warum
behauptet ihr denn von Gott, er sei „etwas“ (šaiʾ), aber nicht Körper oder Akzi-
668 dens? – Antwort: Weil er nicht geschaffen | (muḥdaṯ) ist, aber doch existent.
Alles Existente ist „etwas“; das Nichtexistente ist „nichts“. Die Existenz des
Schöpfers aber erkennen wir aus dem Vorhandensein von Schöpfung.

Hinrich Biesterfeldt - 9789004336483


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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1933

Al-Mahdī li-dīn Allāh bekennt sich also nicht zu der Lehre, daß auch das
Nichtseiende „etwas“ sei (al-maʿdūm šaiʾ; vgl. dazu Erkenntnislehre des Īcī
192 ff. und R. Frank in: Atti del iii. Congresso di Studi Arabi e Islamici
(Ravello 1966), Napoli 1967, s. 324ff.). Die eingeschaltete Frage scheint dar-
auf hinweisen zu wollen, daß Mahdī selber ja mit der Vorstellung arbeitet,
es gebe etwas, das weder Körper noch Akzidens sei; warum sollte Gott also
nicht weitere solche „Etwas“ (ὄντα) schaffen können. Die Antwort würde
dann vornehmlich betonen, daß dies eben nur auf Gott zutreffe: er ist exi-
stent, aber nicht geschaffen. Alles Geschaffene aber ist nicht nur existent,
sondern auch zusammengesetzt aus Körper und Akzidens. Daraus verrät
sich, daß es für Mahdī nichts Kontingentes gibt, das unkörperlich wäre; er
rechnet also nicht mit der Existenz intelligibler Wesenheiten oder einer
Geistseele. Der Wortlaut des Abschnittes, vor allem der ersten Antwort
scheint zudem zu implizieren, daß Geschaffenes nur als Verbindung von
Körper und Akzidens auftritt, nicht etwa als Körper oder Akzidens; die Akzi-
denzien haben keine separate Existenz. Es geht immer um „Körper, die mit
Länge und Breite beeigenschaftet sind“ (vgl. s. 1923, nr. 4, z. 3.).

5) Kann Gott etwas Unendliches schaffen? – Antwort: Nein, wenn damit ein
unendlicher Körper gemeint ist; denn ein Körper ist immer begrenzt. Ja, wenn
damit die akzidentielle Unendlichkeit der Zeit gemeint ist; denn die Seligen
werden in unendlicher Folge von Zeitmomenten die Freuden des Jenseits
genießen.

Eine interessante Unterscheidung von räumlicher und zeitlicher Unendlich-


keit, die in doppelter Weise nach weiterer Erklärung verlangt. Zu erläutern
bliebe, warum Länge und Breite, aus denen sich die räumliche Ausdehnung
u. a. definiert, nicht ebenso als Akzidenzien in die Unendlichkeit verlän-
gert werden können wie das Akzidens Zeit, und weiterhin, ob unendliche
Dauer nur im Jenseits möglich ist oder auch im diesseitigen Bestand der
Welt. Das erstere wäre vermutlich damit beantwortet worden, daß es sich
bei der unendlichen Zeit um eine ins Endlose verlängerte Aufeinander-
folge von endlichen Zeitakzidenzien an endlichen Körpern handelt, wäh-
rend Länge und Breite als selber unendliche zu einem Körper hinzutreten
müßten, der als endlich definiert ist. Bei dem letzteren aber würde sich wohl
herausstellen, daß die Distinktion nicht rational (ʿaqlan), sondern von der
Offenbarung her (samʿan) nahegelegt ist. Die Ewigkeit des Jenseits beruht in
einem Willensakt Gottes, der allenfalls in der Gerechtigkeit von Lohn und
Strafe begründet ist; die Ewigkeit der Welt ergibt sich daraus nicht zwin-
gend.

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1934 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

6) Kann Gott (etwas) wissen (= erkennen)? – Antwort: Die Frage ist unsinnig.
669 Gott kann nicht wissen; Gott ist allwissend. „Können“ | impliziert eine unzu-
lässige Analogie zum Menschen; der Mensch „kann“ wissen, weil er manchmal
auch unwissend ist. „Gekonntes“ ist immer auch Hervorgerufenes, In-der-Zeit-
Entstandenes; das gilt für das göttliche Wissen nicht.

Die Absurdität der Frage wäre eindeutiger, wenn statt ʿalima die Vokabel
ʿarafa gebraucht würde; maʿrifa „Erkenntnis“ im Sinne eines Wissenserwerbs
hat man ja nie Gott zugeschrieben (vgl. meine Erkenntnislehre 79). Aber die
Frage soll ja Verwirrung stiften, und in der vorliegenden Form tut sie dies in
der Tat. Es geht auch gar nicht so sehr um den Wissenserwerb (wobei dann
ʿalima eher als „sich bewußt werden“ zu verstehen wäre denn als „wissen“),
sondern – wie in den früheren Beispielen – um das Können: Unter der
Annahme der Allwissenheit bedeutet die Frage, ob Gott wissen könne, in
Wirklichkeit, ob er alles wissen könne; damit aber wird die Relativierung
seiner Allwissenheit, die darin steckt, deutlich.

7) Will Gott, daß er (etwas, alles) kann? – Antwort: Das ist der Gipfel der
Absurdität; denn hier ist die Rangfolge der göttlichen Attribute auf den Kopf
gestellt. Das Wollen ist eine Tateigenschaft, das Können dagegen (auch: die
göttliche Allmacht) eine ewige (Wesens-)Eigenschaft. Ein Tun aber setzt ein
Können immer schon voraus; in Wirklichkeit fragt man hier also, ob Gott
aufgrund eines Könnens das Können schafft.

Irāda bedeutet hier entsprechend dem Wortgebrauch der muʿtazilitischen


Theologie nicht den ewigen und unveränderlichen Willen Gottes (= mašīʾa
oder qadar), sondern ein einmaliges Wollen im Hinblick auf ein bestimmtes
Ereignis.

8) Will Gott, daß er (etwas) weiß? – Antwort: Das ist absurd aus ähnlichen
Gründen wie oben nr. 7. Das Wollen richtet sich auf Handlungen; das gött-
liche Allwissen aber ist nichts „Getanes“, ad hoc Hervorgerufenes. Viel-
mehr kann man umgekehrt nichts wollen, ohne vorher zu wissen, was man
will.

9) Weiß Gott, daß er (etwas, alles) kann? – Antwort: Ja.

Das ist, wie einleitend gesagt wird, eine Frage, die rechtens im Hinblick
auf Gott gestellt werden darf. – Es folgen einige weitere Beispiele dieser
Art:

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1935

10) Kann Gott wollen? – Antwort: Ja; denn das Wollen ist ein Tun, und das
Können richtet sich auf das Tun.

Das ist die Umkehrung zu nr. 7.

11) Weiß Gott, daß er will? – Antwort: Ja; Gott weiß alles voraus, was er tun wird 670
(also will) und nicht tun wird.

Umkehrung zu nr. 8.

12) Weiß Gott, daß er weiß? – Antwort: Ja.

13) Kann Gott können? – Antwort: Nein. Gott besitzt nicht zwei Allmachten, von
denen die eine ewig wäre, die andere aber von der ersteren hervorgebracht. –
Frage: Warum ist Frage nr. 12 möglich und diese nicht? – Antwort: Weil ein Kön-
nen sich im Gegensatz zum Wissen nur auf Handlungen, d. h. etwas Getanes
bzw. Hervorgebrachtes erstreckt. Die Aussage „Gott kann können“ ist nur dann
richtig, wenn man sie versteht als „er kann die Gegenstände seines Könnens
hervorbringen“.

14) Will Gott wollen? – Antwort: So läßt sich nur in höchst eingeschränktem
Sinne fragen. „Wollen“ nämlich läßt sich in zwiefacher Weise verstehen: als
etwas, das man „im Sinne hat“ (ḍamīr), oder als das (gewollte) Tun selber.
Gott nun hat keinen „Sinn“; Tun dagegen (bzw. daß sein Wollen sich sofort
in Tun umsetze) entspricht seinem Wesen völlig. Damit ist klar, daß der oben
genannte Satz im ersteren Falle überhaupt keinen Sinn ergibt. Dennoch wird
im Folgenden auch dies in seinen verschiedenen Möglichkeiten noch einmal
durchdacht. Man würde da entweder zu der Aussage kommen: „Hat Gott im
Sinn, zu handeln?“ (wobei für das erste „wollen“ die erste Bedeutung und für
das zweite die zweite gewählt wäre) oder: „Hat Gott im Sinne, (dereinst) etwas
anderes im Sinne zu haben, als was er (jetzt) im Sinn hat?“ (wobei in beiden
Fällen Bedeutung 1 gewählt wäre). Beide Interpretationen erledigen sich aus
dem bereits genannten Grunde; die letztere gibt sich dabei auch unabhängig
davon als krasser Unglaube zu erkennen, da sie Gott launisches Verhalten
unterschiebt. Anders, wenn man „wollen“ als „tun“ versteht. Dann ist der Satz
nicht falsch, aber ein bloßer Pleonasmus („Tut Gott sein Tun?“) und als solcher
irrig.

Diese Unterscheidung geht aus von Überlegungen des Naẓẓām. Von ihm
überliefert der Qāḍī ʿAbdalǧabbār – wohl, wie üblich, nach dem K. al-Maqā-

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1936 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

lāt des Abū l-Qāsim al-Balḫī – folgende Lehre: „Gottes Wille ist das, was er
tut, befiehlt oder entscheidet. Im Sprachgebrauch nämlich bedeutet Wollen
671 entweder das oder etwas, das man im Sinne | hat (ḍamīr), oder schließ-
lich, daß etwas ‚nahe daran ist‘ wie etwa in dem Koranbeleg ‚eine Mauer,
die zusammenfallen wollte‘ (Sure 18/77). Von ‚Sinn‘ läßt sich bei Gott nicht
reden; also muß ‚Wille‘ bei ihm das sein, was wir (zuvor) erwähnten. Das
Gewollte wird (in der Tat) im Sprachgebrauch als ‚Willen (Wollen)‘ bezeich-
net, wenn man etwa sagt: ‚Komm her mit meinem Willen‘ im Sinne von
‚mit dem, was meinerseits gewollt wird‘. (Weiterhin) sagt man: ‚Er wollte das
von mir‘ im Sinne von ‚Er befahl mir das‘, und auch: ‚Gott will Gericht hal-
ten (am Ende der Zeiten)‘, d.h. er hat darüber entschieden.“ (Muġnī vi, 3,
16ff.). Hier wird eine theologische Distinktion auf geschickte Weise von der
Sprache her begründet. Nur bei dem Menschen heißt „Wollen“, daß er etwas
„im Sinn hat“, ohne sich der Verwirklichung, die in der Zukunft liegt, schon
ganz sicher zu sein; bei Gott dagegen ist Wollen immer mit der Verwirk-
lichung des Gewollten identisch. Das wirkt auf den normalen Menschen,
der nur an menschliches Wollen denkt, merkwürdig; jedoch zeigt die Spra-
che, daß es in der Tat beide Möglichkeiten gibt – im Deutschen übrigens
ebenso wie im Arabischen: wenn man jemandem seinen „Willen“ tut, so ist
in Wirklichkeit das von ihm Gewollte gemeint. Daß sich das Experiment nur
mit dem Substantiv anstellen ließ, hat Naẓẓām nicht gestört. Seine Über-
legungen kreisten ja um das göttliche Attribut des Willens; den Sprachge-
brauch hat er nur stützend herangezogen, nicht aber vollständig erfassen
wollen.
Er hütet sich im übrigen davor, die Gleichung irāda = fiʿl zu sehr aus-
zudehnen; würde sie für alles gelten, was Gott will, so gäbe es weder eine
menschliche Willensfreiheit noch – vielleicht – eine Entwicklung in der Zeit.
Darum die beiden übrigen Wortbedeutungen: wenn Gott die Handlungen
der Menschen will, so heißt dies nur, daß er sie gebietet (wobei ihnen frei-
steht, ob sie sich an dieses Gebot halten oder nicht); wenn er jetzt schon
will, daß am Ende der Zeiten Gericht gehalten werde, so legt er es fest und
verkündet es (vgl. auch Ašʿarī, Maqālāt 190, 12ff. und 365, 3 ff., mit gewisser
Verdeutlichung gegenüber dem Passus bei Qāḍī ʿAbdalǧabbār).
Naẓẓām denkt also an insgesamt 5 verschiedene Bedeutungen:

1) „wollen“ = „tun“;
2) „wollen“ = „gebieten“;
3) „wollen“ = „festlegen und verkünden“;
4) „wollen“ = „etwas im Sinne haben, beabsichtigen“;
5) „wollen“ = „im Begriffe bzw. nahe daran sein, zu geschehen“.

Hinrich Biesterfeldt - 9789004336483


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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1937

Davon gilt 5 nur für Unbelebtes, 4 nur für den Menschen, 1–3 für Gott und in
gewissem Grade auch für den Menschen, soweit seine Machtfülle der Gottes
nahekommt, etwa bei einem Herrscher. Diese Differenzierung ist von der
Baġdāder Schule der Muʿtazila übernommen worden (vgl. Ašʿarī, Maqālāt
191, 1 und 590, 12ff.). Von daher findet sie sich bei dem Zaiditen al-Hādī ilā l-
ḥaqq (gest. 298/911), der Schüler des Baġdāder Muʿtaziliten al-Kaʿbī war, und
über ihn dann bei unserem Autor. Hier allerdings ist der Zusammenhang
vereinfacht; nur zwei Bedeutungen, die wesentlichsten allerdings, werden
erwähnt. Die baṣrische Schule vertrat ganz andere Ansichten, die eher auf
Abū l-Huḏail zurückgehen. Vgl. zu allem Madelung, Qāsim ibn Ibrāhīm 165 f.

15) Kennt Gott sich selber oder nicht? – Antwort: Würde Gott sich selber nicht 672
kennen, so kännte er alles andere umso weniger.

16) Ist Gottes Selbsterkenntnis mit ihm identisch oder nicht? – Antwort: Ja.

17) Hat Gott die Dinge aus etwas geschaffen oder aus nichts? – Antwort: Aus
nichts. – Frage: Warum soll er die Dinge nicht aus etwas Ewigem geschaffen und
seine Gestaltungskraft daran gezeigt haben, daß er dieses Ewige in die Zeitlich-
keit überführte? – Antwort: Das ist absurd. Er könnte es nämlich nur ganz oder
teilweise in die Zeitlichkeit überführen. Ein Ganzes oder ein Teil aber sind nur
als Körper denkbar; ein Körper nun ist immer selber schon in der Zeit entstan-
den (muḥdaṯ). Die Ewigkeit ist damit auch für diese „Urmaterie“ negiert.

Von „Materie“ ist im arabischen Text nicht die Rede; er spricht nur von šaiʾ
qadīm. Al-Mahdī beruft sich hier auf frühere Darlegungen, vermutlich im
ersten Band; dort hatte er eine sogenannte Ǧauharīya widerlegt, welche die
Lehre vertrat, daß die Materie als Ursprung aller Lebewesen eine Substanz
(ǧauhar) sei, welche die Akzidenzien in sich aufnimmt (vgl. fol. 87a der glei-
chen Hs.). Dennoch wird seine Argumentation auch dadurch nicht überzeu-
gender.

18) Kann Gott die Menschen ungerecht behandeln und Strafe und Lohn im
Jenseits anders verteilen, als er angekündigt hat? – Antwort: Ja, er kann das;
aber er tut nicht alles, war er kann. Auch unter den Menschen tut ein Weiser
nichts Böses, weil dies gemein ist. Dabei mag er bisweilen in einer Lage sein,
wo dies für ihn nötig wäre; bei Gott dagegen kann dies schlechterdings nicht
vorkommen. Allerdings gibt es unter den Menschen manche, die auch ohne
Not, aus reiner Frivolität (ʿabaṯ), Unrecht tun. – Frage: Warum sollte Letzteres
nicht auch bei Gott möglich sein? – Antwort: Bei den Menschen ist dies eine

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1938 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

bloße Laune; Gott aber hat keine Launen, denn Launen sind unkontrollierbare
Einfälle (ḫawāṭir).

Das erinnert an die Lehre des Abū Mūsā al-Murdār, eines Schülers des
Bišr b. al-Muʿtamir, durch dessen Wirken sich die muʿtazilitische Lehre in
Baġdād verbreitete (vgl. Ibn al-Murtaḍā, Ṭabaqāt 70, 7 ff.): „Gott kann (=
hat die Macht zu) Unrecht und Lüge; aber er tut beides nicht. Auf die
Frage ‚Und wenn er es täte?‘, antwortete er: ‚Er tut so etwas schlechter-
dings nicht. Derlei zu sagen, ist verwerflich (qabīḥ); es läßt sich nicht (ein-
mal) auf einen frommen Muslim anwenden, ebenso (also auch) nicht auf
Gott. Man darf ja auch nicht sagen: Was wäre, wenn Abū Bakr Unzucht
673 getrieben | hätte und ʿAlī ungläubig gewesen wäre? Wir wissen aufgrund
von Beweisen, daß Gott kein Unrecht tut; deswegen halten wir die Aus-
drucksweise ‚Wenn er nun Unrecht täte …‘ für verwerflich.‘ Wenn man aber
(insistierte und) die Frage erneut stellte, so sagte Abū Mūsā: ‚Würde er
unrecht tun, obgleich es Beweise gibt, daß er nicht Unrecht tun wird, so wür-
den (andere) Beweise darauf hinweisen, daß er Unrecht tun wird, und er
wäre ein tyrannischer Gott (rabban ilāhan qādiran ẓāliman)…‘ “; vgl. Ašʿarī,
Maqālāt 555, 9ff., ähnlich 201, 1ff. und Qāḍī ʿAbdalǧabbār, Muġnī vi1 128,
12ff.).
Das wurde, wie aus der gleichen Stelle hervorgeht, auch von vielen ande-
ren Muʿtaziliten (der Baġdāder Schule?) so behauptet; wir wissen es von
seinem Schüler Ǧaʿfar b. Ḥarb (gest. 236/850) und von dessen Zeitgenos-
sen und Schüler al-Iskāfī (gest. 240/854), die beide gleichfalls der Baġdāder
Schule angehörten (vgl. Maqālāt 201, 13ff. und 202, 9 ff.).

19) Liebt oder haßt Gott sich selber? – Antwort: Das ist absurd. Liebe ist ent-
weder eine Gemütsregung und Begierde; als solche findet sie sich nur bei den
Menschen. Oder aber sie tritt bei Gott auf als Liebe zu denen, die an ihn glau-
ben, als Lohn für ihren Gehorsam; als solche aber wendet sie sich nicht auf Gott
zurück, da er ihrer nicht bedarf. Ein Lohn nämlich erklärt sich aus Bedürftig-
keit. – Für den Haß gilt Ähnliches. Es handelt sich entweder um den Haß der
Menschen, der sich bei Gott nicht findet, oder aber um Gottes Haß gegenüber
den Ungläubigen, d.h. seine Strafe. Gott kann aber nicht sich selber strafen;
denn Schmerzen, die von einer Strafe hervorgerufen werden, können nur an
einem Körper sich ereignen.

20) Ehrt oder erniedrigt Gott sich selber? – Antwort: Ehre mag heißen „Erha-
benheit über jegliches Unrecht“, also „Würde“, oder „Gunstbezeigung, Bewir-
tung“; nur in ersterem Sinne läßt sich die genannte Frage sinnvoll formu-

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1939

lieren. „Erniedrigung“ heißt entweder „niedriges Handeln“ oder „Strafe“; hier


treffen beide Bedeutungen auf Gott nicht zu.

21) Kann Gott eines seiner Geschöpfe alles wissen lassen, was er selber weiß?
Nimmt man an, er könne es, so hätte er in der Allwissenheit seinesgleichen;
nimmt man an, er könne es nicht, so hält man ihn für unfähig. – Antwort: Die
Frage trägt einen Widerspruch in sich. Wenn man nämlich von „allem“ spricht,
was Gott weiß, hat man sein Wissen damit begrenzt; denn eine Summe ist
immer endlich. Dabei weiß Gott doch auch um sich selber, und er selber ist
unendlich.

Das erinnert an einen Passus im K. al-Intiṣār des Ḫaiyāṭ. Ibn ar-Rēwandī 674
hatte Abū l-Huḏail vorgeworfen, er verstehe das göttliche Wissen (und seine
Macht) als endlich, weil es sich auf „alles“ erstrecke, ein „Alles“ aber als
„Gesamt“ begrenzt sei. Ḫaiyāṭ erkennt Letzteres an, insofern die Summe alles
Geschaffenen qua Geschaffenes immer noch endlich sei, verweist jedoch
darauf, daß Gott auch sich selber kenne und er selber eben unendlich sei
(vgl. Intiṣār §4 und 80f. Nader, dazu R. Frank in: Le Muséon 82/1969/466 f.
und 474ff.).

22) Zusammenfassung: Warum sind diese Fragen absurd? – Antwort: Wegen


ihrer inneren Widersprüchlichkeit. Die Fragen beziehen sich auf Gott, sind
aber so gestellt, als ob es sich um einen Menschen handelte. Wenn man wissen
will, ob er sich selber vernichten kann (s.o. nr. 1), so hat man, ohne es zu
merken, seine Einheit zerstört und ihn in drei Komponenten zerlegt: den,
der vernichtet, das, was vernichtet wird, und das Vernichten selber, das die
Verbindung zwischen beiden herstellt.

Das ist wieder einmal extrem begriffsrealistisch gedacht. Allerdings verbin-


det sich mit dem Argument wohl eine bestimmte Absicht: Wer den einen
Gott zu dreien macht, verhält sich wie ein Christ. Das paßt zu der hier noch
einmal aufgenommenen Anfangsfrage besonders gut; die Christen schie-
nen ja mit dem Kreuzestod Christi vorauszusetzen, daß Gott sich selber
vernichten könne. Die benutzte Vokabel gehört hierher: Der Tod wird in
der muʿtazilitischen Theologie immer als fanāʾ, als Auflösung des Zusam-
menhalts zwischen den einzelnen Atomen verstanden, aus denen sich der
Mensch zusammensetzt; eine separate Geistseele, die nach dem Tode wei-
terlebt, kannte man im allgemeinen nicht. Jedoch ist diese besondere Spitze
hier nur angedeutet. Sie wird vielleicht dadurch etwas hervorgehoben, daß
die Bemerkung fa-ǧaʿaltahū ṯalāṯatan zuerst einmal isoliert stehenbleibt (in

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1940 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

z. 5) und erst nach einem kurzen Einschub im Sinn des oben Referierten in
z. 6ff. erläutert wird.


Die beiden letzten Paragraphen (nr. 21–22) führen wiederum auf den Anfang
zurück; in nr. 21 wird dabei besonders deutlich, daß es sich um Fangfragen
handelt. Diese Intention war nicht ganz konsequent durchgehalten worden;
die Fragen nach dem Können hatten andere ausgelöst, nach dem Wissen oder
dem Wollen, die kaum in ein Dilemma hineinführten, sondern sich einfach
mit Ja oder Nein beantworten ließen (nr. 7ff., ausgehend von nr. 6). Nicht
alle Fragen waren darum „absurd“, und manche waren es im übrigen nur aus
675 der Perspektive einer bestimmten Theologie. | Die Vorstellung einer ewigen
Materie war für einen Philosophen, der deswegen nicht gleich ein Ungläubi-
ger sein mußte, durchaus keine Denkunmöglichkeit (entgegen nr. 17); ebenso
enthielt für einen Kullābiten oder Ašʿariten die ruʾya bil-abṣār im Jenseits kei-
nen Widerspruch (entgegen nr. 2). Der Text steht eindeutig in muʿtazilitischer
Tradition. Aber selbst dort wurden die Grenzen nicht immer gleich gezogen.
Nach Ansicht zahlreicher Baġdāder ist es ungehörig, von Gott zu sagen, er tue
Unrecht; unser Text geht offenbar davon aus (s.o. nr. 18). Der Baṣrier Abū l-
Huḏail dagegen hatte auch dies für absurd gehalten (vgl. Ašʿarī, Maqālāt 200,
13ff.; dazu Frank in: Le Muséon 82/1969/486ff.), ebenso in seiner Nachfolge sein
Schüler Hišām al-Fuwaṭī und dessen Schüler ʿAbbād b. Sulaimān (vgl. Maq. 202,
15ff.). Die Abhängigkeit von Baġdāder Gedanken ist für unseren Autor schon
von W. Madelung festgestellt worden; sie erreichten ihn über seinen Vorgänger
al-Hādī ilā l-ḥaqq (vgl. Qāsim ibn Ibrāhīm 164ff. und 198). Das zeigt sich deut-
lich bei der Lehre vom göttlichen Willen (nr. 14, wo letzten Endes auf Naẓẓām
zurückgegriffen ist) und von Gottes Macht zum Bösen (nr. 18), ebenso aber
auch in dem stillschweigendcn Übergehen der baṣrischen Lehre vom ens in
potentia (al-maʿdūm šaiʾ; s.o. nr. 4). Der Text ist nicht unbedingt originell oder
tief; an mehreren Stellen drängt sich, in der Benutzung von Reimprosa, rheto-
rische Neigung vor.
Man ist, wie kaum anders zu erwarten, schnell mit dem Verdikt der Denkun-
möglichkeit bei der Hand gewesen. Manches erinnert an die Prozeduren der
heutigen linguistic analysis. Aber es geht nicht in erster Linie um Sprachliches.
Vielmehr sollen die Implikationen von Definitionen bzw. – im realistischen
Sinne der Zeit gedacht – von Wirklichkeiten der göttlichen Natur ins Bewußt-
sein gehoben werden. Immer wieder kommt die Attributenlehre ins Spiel: man
darf die ṣifāt aḏ-ḏāt nicht den ṣifāt al-fiʿl unterordnen, das Wissen dem Wol-
len z.B. (vgl. nr. 8, auch 7). Schwieriger ist es, wenn zwei Wesenseigenschaften

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1941

zueinander in Beziehung gesetzt werden (vgl. nr. 6 und 9) bzw. einunddieselbe


Wesens- oder Tateigenschaft „redupliziert“ wird (vgl. nr. 12–14).
Im Vordergrund aber hat die Reflexion über die göttliche Allmacht gestan-
den; so beginnt und schließt der Text. Die Frage danach, was | Gott alles 676
kann und was er vielleicht nicht kann, ließ sich unter verschiedenen Aspekten
betrachten. Man sollte sie sorgfältig auseinanderhalten. Da ist einmal Gottes
Allmacht im Verhältnis zu seiner Schöpfung: Kann er Gesetze, die er selber sei-
ner Schöpfung mitgegeben hat, wieder aufheben? Das Problem der Wunder
spielt hier hinein; man arbeitete mit dem Begriff des taǧwīz, der Anerkennung
einer theoretischen Möglichkeit, die von Gott aber de facto nicht – oder nur
unter ganz bestimmten Umständen, nämlich zur Bestätigung eines Prophe-
ten – ausgenutzt wird. Abū l-Huḏail hat hierüber nachgedacht (vgl. Maqālāt
312, 10ff. etc.); besonders weit sind, in seiner Nachfolge, Ṣāliḥ Qubba und dessen
Schüler Muḥammad b. Muslim aṣ-Ṣāliḥī gegangen (vgl. Maqālāt 406, 6 ff., und
310, 9ff.; dazu vorläufig Erkenntnislehre des Īcī 213 ff.). Die Geschichte der Dis-
kussion ist kompliziert; Ġazzālī hat bekanntlich noch, mit seinen vielzitierten
Bemerkungen zur Kausalität, in sie eingegriffen. Man fühlt sich an Ockhamʾs
Unterscheidung von potentia absoluta und potentia ordinata erinnert4.
Neben die Naturgesetze treten die Denknotwendigkeiten oder Axiome; hier
hat man Gott im allgemeinen viel weniger Freiheit gelassen. Zwar meinte
Ibn Ḥazm, die Offenbarung hätte durchaus auch verkünden können, daß das
Ganze kleiner sei als sein Teil (vgl. Iḥkām li-uṣūl al-aḥkām i 52, 17ff.); aber das
ist doch schon ein viel enger gefaßtes taǧwīz als zuvor: dieses Axiom kann
nicht – und sei es nur theoretisch – jederzeit aufgehoben werden, sondern
ist für unsere Welt schrankenlos gültig und erst in einer Art „Gegenwelt“ als
aufgehoben denkbar. Im übrigen aber steht Ibn Ḥazm damit ziemlich allein.
Man kleidete das Problem häufig in recht plastischer Weise in die Frage, ob
Gott die ganze Welt in einem Ei unterbringen könne, ohne daß das Ei größer
(d. h. zum Ganzen) und die Welt kleiner (d.h. zum Teil) | werde. Ibn ar-Rēwandī 677
behauptete, dies so von gewissen Muslimen gehört zu haben (vgl. Maqālāt 572,
11 f.); und der basriṣche Muʿtazilit Muḥammad b. Šabīb, den Māturīdī in sei-
nem K. at-Tauḥīd ausführlicher zu Wort kommen läßt, stellt sich selber das
gleiche Problem (vgl. Māturīdī, K. at-Tauḥīd 130, pu. ff.)5. Aber Ašʿarī findet Ibn
ar-Rēwandīʾs Aussage so unerhört, daß er in ihr eine bloße Erfindung sehen will

4 Ich kann auf diesen Punkt hier im Einzelnen nicht eingehen. Daß man ebenso wie in der
Fragestellung so auch in den Antworten genau auf den gerade behandelten Aspekt achten
sollte, hat kürzlich W.J. Courtenay mit Recht hervorgehoben (The Critique on natural Causality
in the Mutakallimūn and Nominalism, in: The Harvard Theological Review 66/1973/77 ff.).
5 1Die Exzerpte aus der Schrift des Ibn Šabīb beginnen s. 126, 1 ff.

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1942 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

(Maq. 572, 14f.); und Ibn Šabīb benutzt die Frage nur, um sie in der uns bereits
bekannten Weise zu verwerfen: sie ist in sich widersprüchlich (mutanāqiḍ),
da das Ei ein Teil der Welt ist und nun plötzlich voluminöser sein soll als
sie. Māturīdī pflichtet ihm bei mit der Einschränkung, daß Gott natürlich das
Ei vergrößern könne oder die Welt verkleinern, so daß sich das Teil-Ganzes-
Verhältnis umkehre; aber genau dies war ja in der Formulierung der Frage
selber schon ausgeschlossen (vgl. Tauḥīd 131, 5 ff.). Hier stehen also Ašʿarī und
Māturīdī mit der Muʿtazila in einer Front. Muʿtazilitische Argumentation über-
nimmt in der gleichen Frage auch, wie bei ihm kaum anders zu erwarten, der
jüdische mutakallim Saʿadyā (vgl. sein K. al-Amānāt 110, 4 ff. Landauer).
Daß man auch andere Lösungen des Problems versuchte – mehr in Richtung
auf Ibn Ḥazm, aber doch wieder von ihm verschieden –, zeigt eine der zahlrei-
chen Versionen, in denen man die Bekehrung des ʿAbdallāh b. Šākir ad-Daiṣānī
zur Šīʿa legendarisch verklärte: er stellt Hišām b. al-Ḥakam eben diese Frage6,
und Hišām, selber hilflos, holt sich Rat bei Ǧaʿfar aṣ-Ṣādiq; dieser vergleicht dar-
aufhin mit der Pupille: auch sie ist winzig klein und faßt doch die ganze Welt
in sich (vgl. Kulīnī, Kāfī i 79, 3ff. und Ibn Bābōya, K. at-Tauḥīd, Naǧaf 1386/1966,
s. 77, 14ff.). Das hätte zwar in seiner rein rhetorisch-gleichnishaften Form kaum
einen Muʿtaziliten überzeugt; aber es verrät doch zugleich, daß nicht jeder
678 sofort bereit war, um ihres rationalistischen Achselzuckens willen seine | Vor-
stellung von der göttlichen Allmacht aufzugeben. Daß man gerade ʿAbdallāh b.
Šākir die Fangfrage hier in den Mund legte, will nicht zuviel besagen; er hat sie
nicht aufgebracht, sondern wird hier nur als Ungläubiger geschildert, der mit
ihr die Muslime aus der Fassung bringen will. Allerdings war sie in der Tat auch
im iranischen Raum bekannt; im Škand-gumānīk vičār wird, wenn von Unmög-
lichkeiten die Rede ist, wiederum die Welt genannt, die in einem Ei Platz finden
soll (vgl. Übs. de Menasce, s. 67). Sicherlich ist das Beispiel nicht zufällig so
beliebt gewesen; es datiert wohl aus der Zeit, in der man sich mit der mytholo-
gischen Vorstellung vom Weltenei, die ja in der antiken Welt und weit über sie
hinaus verbreitet war, auseinandersetzen mußte7.
Wieder anders und ebenso vielgestaltig entwickelte sich die Diskussion
um die Notwendigkeit und Unverrückbarkeit der ethischen Prinzipien. Kann
Gott das Gute böse und das Böse gut machen? so heißt es in den Masāʾil

6 2Zur Beziehung zwischen Hišām b. al-Ḥakam (gest. 179/795–796) und ʿAbdallāh b. Šākir vgl.
das von mir zusammengestellte Material in: Der Islam 43/1967/258f. und Madelung in ei2 s. n.
His̲h̲ām b. al-Ḥakam.
7 1Vgl. Die Religion in Geschichte und Gegenwart3 s. v. „Ei“; H. Baumann, Das doppelte
Geschlecht (Berlin 1955) 268ff.; für die Orphik vgl. Baumstark in: Oriens Christianus 5/1905/24,
1f. und 25, 1f.

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1943

ʿUkbarīya des Šaiḫ Mufīd (gest. 413/1022)8. Das führt hinein in den Streit um
die Möglichkeit einer rationalen Ethik, in den Muʿtazila und Ašʿarīya sich
später bekanntlich verwickelten; wir können an dieser Stelle nicht näher darauf
eingehen. Wenn das Gute immer gut und das Böse immer böse bleibt, wie
die Muʿtazila annahm, so war die Allmacht am besten dadurch zu retten, daß
man Gott eine theoretische Fähigkeit zum Bösen zusprach, deren er sich nur
praktisch nicht bedient (s.o. s. 1937f. und 1940). Aber war man nicht auch
damit wieder in den Bereich des „Absurden“ eingedrungen? Wenn man Gott
die Allmacht zum Bösen zuspricht, so sagten die Gegner, warum dann nicht
ebenso die Freiheit, sich selber unwissend oder bedürftig zu machen? (vgl.
Qāḍī ʿAbdalǧabbār, Muġnī vi1 143, 14ff.). Oder wie Māturīdī es zuspitzt: Warum
sollte er nicht analog dazu die Macht haben, seinesgleichen zu schaffen, nur
wiederum mit der Einschränkung, dies dann nicht zu tun? (vgl. K. at-Tauḥīd
132, 4ff.).
Das war ironisch gemeint, als reductio ad absurdum. Denn hiermit redete 679
man nun endgültig nicht mehr vom Verhältnis Gottes zu seiner Schöpfung, son-
dern von seinem Verhältnis zu sich selber, den Gesetzen seines Wesens, und die
Diskussion um seine Fähigkeit zum Bösen machte nur den Übergang beson-
ders leicht. Hier nämlich hat niemand mehr bestritten, daß man es wirklich
mit Absurditäten zu tun habe, selbst Ibn Ḥazm nicht. Zwar hatte er, wie wir
schon sahen, die Meinung vertreten: „alles, was Gott als nach Verstandesgeset-
zen absurd schafft, das ist absurd erst, seitdem Gott es absurd gemacht, und erst
in dem Augenblick, wo er dem Verstand seine Form gegeben hat, nicht etwa
vorher. Hätte Gott es nicht absurd machen wollen, so wäre es nicht absurd“
(Fiṣal ii 182, 16ff.; dazu Arnaldez, Grammaire et théologie chez Ibn Ḥazm 122 ff.).
Aber man darf nicht übersehen, daß er hier von den in dieser Welt gültigen
Verstandesgesetzen spricht: daß Existentes nicht gleichzeitig nichtexistent sein
oder ein Körper nicht an zwei Stellen zugleich sein kann, wie er kurz darauf
erläutert; all dies hätte Gott auch anders einrichten können. Aber in seinem
Handbuch zur Logik, dem Taqrīb li-ḥadd al-manṭiq, erwähnt er jenseits die-
ser Kategorie, für die er wieder die gleichen Beispiele bringt (87, 21 ff. ʿAbbās:
al-mumtaniʿ fī l-ʿaql), noch eine weitere, das in echtem Sinne in sich Wider-
sprüchliche, „wie jede Frage, die eine Veränderung im göttlichen Wesen voraus-
setzt …, z.B. ob Gott seinesgleichen schaffen kann“ (88, 1 ff.). Über sein eigenes
Wesen, so werden wir ergänzen dürfen, kann selbst Gott sich nicht hinwegset-
zen.

8 2Frage nr. 30. Zitiert bei M. McDermott, The Theology of al-Shaikh al-Mufīd, Diss. Chicago 1971,
s. 62.

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1944 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

Allerdings sollten wir nicht unterschlagen, daß Ibn Ḥazm an dieser Stelle
auch von der ersteren Kategorie (der dritten übrigens in einer längeren hier-
archischen Aufzählung, auf die wir hier nicht eingegangen sind) schon sagt,
daß „dies schlechterdings nicht existieren kann, der Schöpfer es niemals tun
und es schlechterdings nicht geschehen wird“ (87, 24 f.). Aber das scheint
sich doch nur auf diese Schöpfung zu beziehen; denn diese Unmöglichkei-
ten bedeuten, daß „die Struktur der Welt zusammenbricht und die ratio-
nalen Ordnungen, aus denen die Erkenntnis der Wesenheiten hervorgeht,
vernichtet werden“ (25f.). Es ist damit nicht gesagt, daß sich nicht dane-
ben eine ganz andere Welt mit anderen Ordnungen aufbauen ließe. Wieweit
dies selbst für Sachverhalte gilt, die man normalerweise in der ersteren Kate-
gorie unterbrachte, zeigt die Fortsetzung des zitierten Passus aus den Fiṣal:
„Ebenso verhält es sich, wenn jemand fragt: ‚Kann Gott sich einen Sohn (Kin-
680 der) zulegen?‘ Da ist zu antworten, daß er dies kann. Gott hat dies | im Koran
explizit gesagt: ‚Wenn Gott sich Kinder (auch: einen Sohn) hätte zulegen wol-
len, hätte er aus seinen (eigenen) Geschöpfen nach Belieben (welche dazu)
ausgewählt‘ (Sure 39/4) und: ‚Wenn wir uns eine Zerstreuung hätten ver-
schaffen wollen, hätten wir das von uns aus gemacht – wenn wir (überhaupt)
vorgehabt hätten, etwas (Derartiges) zu tun‘ (Sure 21/17)“. Der entrüstete
Kommentar des Herausgebers zur Stelle, selten genug in dieser sonst völlig
unkommentierten Edition, zeigt, wie schnell ein Muslim diesen Punkt, der
an das Wesen des Islams rührte, auch mit dem Wesen Gottes zusammen-
brachte. Ibn Ḥazm bleibt hier natürlich seinen ẓāhiritischen Grundsätzen
treu; aber er hat zudem auch die Logik, zumindest die der Textexegese, auf
seiner Seite.


Was muḥāl „absurd“ ist, ergibt sich aus alledem ziemlich klar; es bedeutet das,
was sich nicht vorstellen läßt und darum auch nicht sein kann. Wenn man die-
sen Umfang des Begriffs allerdings in eine möglichst präzise und prägnante
Definition fassen wollte, kam es sehr schnell wieder zu Meinungsverschieden-
heiten. Das Material, das die Quellen uns hierzu noch bewahren, gibt, wie zu
Anfang bereits gesagt, nicht viel her; wir erhalten einige abschließende For-
mulierungen, aber kaum je die Begründungen dazu. Das Problem ließ sich am
besten von der Frage herangehen, ob muḥāl mit „falsch“ (kaḏib) identisch sei.
Man hat diese These in der Tat vertreten (vgl. Ašʿarī, Maqālāt 388, 10). Sie hatte
den Vorteil, daß man sich aller weiteren Diskussion über den Begriff entziehen
konnte. Aber sie war doch wohl zu einfach: „falsch“ ist nicht nur etwas, das man
sich nicht vorstellen kann, sondern auch jede Aussage, die momentan nicht

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1945

mit der Wirklichkeit übereinstimmt, aber sehr wohl unter anderen Umstän-
den richtig sein könnte; der Begriff ist also weiter. Dies allerdings nur unter
der Voraussetzung, daß man Unvorstellbares überhaupt als „falsch“ bezeichnen
wollte. Man konnte sich nämlich auch auf den Standpunkt stellen, daß es sei-
ner inneren Widersprüchlichkeit wegen gar nicht mehr als sinnvolle Aussage
anzusehen sei; dann mußte man es definieren als „jede Rede ohne Sinn“ und
es als „weder wahr noch falsch“ ansehen9.
Im allgemeinen aber scheint man in der Tat das „Absurde“ eher als einen 681
Spezialfall des „Falschen“ angesehen zu haben, etwas, von dem sich nicht nur
sagen läßt, daß es nicht zutreffe, sondern auch, daß es „nicht sein kann“ (lā
yumkinu wuǧūduh)10: eine Aussage also, die immer falsch ist. Wie aber ließ sich
eine solche Aussage in ihrer Besonderheit erkennen? Man versuchte es mit for-
malen Kriterien, die man der Logik entnahm: „absurd“ ist das, in dem zwei
Gegensätze zusammenkommen (Maq. 387, 9f.). Aber dann zerstritt man sich
darüber, ob es denn ein kontradiktorischer Gegensatz sein müsse oder auch
ein konträrer schon ausreiche. Für manche war der Tatbestand der Absurdität
schon erfüllt mit einem Satz wie „Jemand steht und sitzt (zugleich)“. Andere
hielten dem entgegen, daß sowohl Stehen als auch Sitzen positive Qualifika-
tionen seien, aus deren Kombination sich nie ein innerer Widerspruch ergebe;
vielmehr sei absurd nur ein Satz wie „Jemand steht und steht (zugleich) nicht“
(Maq. 387, 13ff.)11.

9 1Vgl. Maq. 388, 3 und Nāšiʾ, K. al-Ausaṭ 118, 2f.; beides scheint zusammenzugehören.
Die Vertreter dieser Ansicht sind dann wohl auch die, für welche „das Absurde nicht
falsch und das Falsche nicht absurd“ ist (Maq. 388, 9). Zwar ist diese Formulierung nicht
eindeutig; jedoch ließ sie mit ihrer postulierten absoluten Verschiedenheit der Begriffe
ja sonst nur die Alternative offen, daß das Absurde richtig sei, und das dürfte niemand
behauptet haben. Ob jene Theologen an eine „dreiwertige“ Logik dachten, läßt sich leider
auf dieser schmalen Basis nicht entscheiden. Zwar hat Ǧāḥiẓ z. B. neben wahren und
falschen Aussagen auch solche angenommen, die weder wahr noch falsch sind; jedoch
verstand er darunter – soweit wir über seine Lehre überhaupt etwas wissen – offenbar
vor allem Aussagen, die sowohl ein wahres als auch ein falsches Element in sich tragen:
Irrtümer etwa, die zwar objektiv falsch, aber subjektiv wahr sind, oder Sätze in denen von
zwei Dingen dasselbe, für das eine zutreffend und für das andere unzutreffend, behauptet
wurde (vgl. Logic in Classical Islamic Culture, ed. G.E. von Grunebaum 31). Daß er auch
das Absurde darunter subsumiert hätte, ist danach nicht sehr wahrscheinlich. Damit
entfällt aber auch vorläufig jede Möglichkeit, die von uns behandelte Gruppe näher zu
identifizieren.
10 1Vgl. Maq. 388, 11 und 387, 8; auch hier ist die Zusammengehörigkeit beider Thesen
wiederum nur erschlossen.
11 2Auch hier ist über die Identität dieser Parteien in unseren Quellen wieder nichts gesagt.

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1946 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

682 Warum aber diese Einschränkung auf den kontradiktorischen Gegensatz?


Auch Sätze wie „Jemand steht und sitzt zugleich“ sind doch an sich immer
falsch. Vielleicht hängt es damit zusammen, daß man muḥāl gerne synonym
mit mutanāqiḍ „in sich widersprüchlich“ gebrauchte, naqīḍ aber, vom gleichen
Stamm gebildet, das kontradiktorische Gegenteil bezeichnete12. Vielleicht auch
damit, daß sich Gegensätze wie „Sitzen“ und „Nicht-Stehen“ viel schwerer als
solche erfassen ließen denn „Stehen“ und „Nicht-Stehen“. Es ist aber anschei-
nend noch etwas anderes hinzugekommen. Man hat nicht immer nur in logi-
schen Kategorien gedacht, sondern auch inhaltliche Kriterien mitherange-
zogen; es ging ja nicht nur um die Unvereinbarkeit von Begriffen, sondern
um die Unvorstellbarkeit wesenhaft unmöglicher Tatbestände. So kam es zu
der Lehre, daß eine Aussage wie „Der Abwesende ist da“ (al-ġāʾib ḥāḍir) nur
falsch sei, aber nicht absurd, während der Satz „Der/Das Ewige ist in der Zeit
geschaffen“ sowohl falsch sei als auch absurd, da der Abwesende durchaus
(zu einem andern Zeitpunkt) auch einmal da sein könne, das Ewige dage-
gen niemals in der Zeit geschaffen sein könne (Maq. 388, 11 ff.). Da mag mit-
gespielt haben, daß in Aussagen wie al-ġāʾib ḥāḍir oder al-qāʾim qāʿid das
„zugleich“, das wir meist um der Verdeutlichung willen in die Übersetzung
mithineinschmuggelten, nicht ausgesprochen ist. Aber entscheidend war doch
etwas anderes: Der in diesen Sätzen enthaltene Widerspruch ließ sich, da nur
momentan, in der Vorstellung und in der Realität jederzeit aufheben; dage-
gen ist der Gegensatz zwischen „ewig“ und „in der Zeit geschaffen“ permanent,
da wesenhaft und nicht akzidentiell. Diese Differenzierung war offenbar recht
beliebt; sie ist die einzige, die von Ašʿarī explizit dargestellt wird, und Nāšiʾ
schreibt sie den mutakallimūn schlechthin zu (al-Kitāb al-Ausaṭ 118, 3 ff.). Sie
verträgt sich auch am besten mit den von al-Mahdī li-dīn Allāh behandelten
Beispielen.

Auch für Ibn Sīnā ist „absurd“ nur das, was „überhaupt nicht sein kann“,
„falsch“ dagegen ein viel weiterer Begriff (vgl. Šifāʾ, Qiyās 95, 13ff.). Jedoch ist

Jedoch hat Abū l-Qāsim al-Kaʿbī, wahrscheinlich in seinen Maqālāt, dem Muʿtaziliten al-
Iskāfī (gest. 240/854) und dem Kryptomanichäer Abū ʿĪsā al-Warrāq vorgeworfen, daß
für sie jemand gleichzeitig sitzen und stehen, sich bewegen und in Ruhe sein könne
(vgl. Tauḥīdī, Baṣāʾir waḏ-ḏaḫāʾir i 403, ult. f.). Vielleicht versteckt sich hinter dieser
unsinnigen Überspitzung, daß sie erst bei Vorliegen eines kontradiktorischen Gegensatzes
von „absurd“ reden wollten.
12 1Vgl. meine Erkenntnislehre des Īcī 452 mit Belegen. Diese Bedeutungsentwicklung ist
sekundär; der Passus bei Ašʿarī zeigt eindeutig, daß man mutanāqiḍ ursprünglich auch
auf einen konträren Gegensatz beziehen konnte.

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damit nicht | gesagt, daß er ebenso differenzierte, wie dies oben geschah. An 683
anderer Stelle legt er sich die Frage vor, wie denn Absurdes überhaupt vor-
stellbar sei, wenn es schlechterdings kein Sein hat. Er antwortet mit einer
Distinktion: An sich und seinem Wesen nach ist es in der Tat nicht vorstell-
bar, jedoch als Gegenbild zu etwas Seiendem (wie etwa die Vorstellung eines
Gegenteils zu Gott) oder in der Zusammensetzung von selber vorstellbaren
und seienden Dingen (wie der bekannte τραγέλαφος, ʿanz-aiyil; vgl. Šifāʾ, Bur-
hān 72).

Damit war der einfache konträre Gegensatz als unzureichend erwiesen. „Ewig“
und „in der Zeit geschaffen“ waren ja vom Inhalt her ein kontradiktorischer
Gegensatz. Dennoch bedeutete die neue Theorie keineswegs eine Entschei-
dung für die letztere Kategorie. Denn auch kontradiktorische Gegensätze sind,
ontologisch gesehen, üblicherweise akzidentiell und in der Vorstellung ebenso
aufhebbar wie konträre. Hier wurde eben nicht mehr nach logischen oder
sprachlichen Gesichtspunkten gegliedert. In dem Passus bei Nāšiʾ wird neben
„die Welt ist ewig“ (= etwas in der Zeit Geschaffenes ist ewig) als Beispiel auch
der Satz „10 ist die Hälfte von 5“ genannt; da geht es um das Verhältnis des Gan-
zen zu seinem Teil und nicht mehr um Gegensätze. Hierzu also paßt keine
der bisher behandelten Definitionen. Am nächsten kommt eine andere, die
auf Ibn ar-Rēwandī zurückgeführt wird, in ihrer rhetorischen Weitschweifigkeit
allerdings letzte Schärfe – zumindest für uns, die wir den Bezug im einzelnen
nicht kennen – vermissen läßt: „Absurd ist: jede Aussage (qaul), die aus der
ihr (angemessenen) Struktur (minhāǧ?) herausgenommen und anders aufge-
baut wird, als es sein sollte, die so verwandelt wird, daß sie ihrem Aspekt (unter
dem sie gültig ist) nicht mehr gerecht wird, zu der etwas hinzugefügt wird,
was sie zunichte macht, und mit der etwas verbunden wird, was nichts mit ihr
zu tun hat, was sie verändert und verdirbt und wodurch sie ihren Zweck und
ihren Kommunikationswert verfehlt – wenn man z. B. sagt: ‚Ich bin morgen zu
dir gekommen‘ oder ‚Ich werde gestern zu dir kommen‘“ (Maqālāt 288, 4 ff.).
Hier sind also die Beispiele gar nicht mehr mit Adjektiven gebildet, sondern
auf andere innere – und nun auch unaufhebbare – Widersprüche ausgerich-
tet. Der Unterschied zwischen Wahrnehmungs- und Wesensurteil, um den sich
die vorherigen Diskussionen zu drehen schienen, ist allerdings auch hier nicht
herausgearbeitet.


Dies alles wurzelt natürlich in antiken Überlegungen. Aristoteles hatte zwi- 684
schen relativer und absoluter Notwendigkeit unterschieden, „Notwendigkeit,

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die besteht, wenn oder solange etwas (anderes) besteht“ und „Notwendig-
keit schlechthin“ (vgl. Met. v 5, 1015b 9 und xii 7, 1072b 12; auch Anal. Priora
a 10, 30b 32ff. und Anal. Post. b 5, 91b 14ff.; De interpr. ix 19a 23ff.). Wenn
es dann weiter bei ihm hieß, daß „im ersten und strengsten Sinne notwen-
dig also das Einfache“ sei, so bezog sich das zwar an dieser Stelle (Met. v 5,
1015b 12) auf die ersten Prinzipien jeden Urteils (τὰ πρῶτα), die ewig und
unveränderlich sind (ἀΐδια καὶ ἀκίνητα, ib. 14): aber gerade dieses „ewig und
unveränderlich“ legte es doch nahe, solches auch von dem Einen, nämlich
Gott, ausgesagt sein zu lassen. Nicht erst Ibn Sīnā hat Gott bekanntlich als
wāǧib al-wuǧūd bezeichnet. Das bedeutete dann allerdings nicht nur, daß Welt
ohne Gott nicht möglich sei; es besagte auch, daß diese Notwendigkeit ihn
selber festlegt, insofern „das Einfache sich nicht auf mehrere Weisen verhal-
ten kann“ (Met. v 5, 1015b 12f.). Aristoteles selber hatte eben diese Formel
schon auf den „ersten Beweger“ angewandt (Met. xii 7, 1072b 8: οὐκ ἐνδέχε-
ται ἄλλως ἔχειν οὐδαμῶς). Alexander von Aphrodisias formuliert es nach ihm
in anderem Zusammenhang so: Es liegt nicht in der Macht der Götter, so zu
sein, wie sie sind, sondern es ist ihre Natur (De fato, cap. 32 = ed. Bruns in:
Suppl. Arist. ii 204, 12ff.); oder anders gewendet: auch für sie gibt es Unmög-
liches.
Wenn man dieses Unmögliche, das dann ebenso schlechthin unmöglich war
wie Gott schlechthin notwendig, mit Beispielen zu fassen suchte, dann ver-
fiel man verständlicherweise wieder auf jene πρῶτα, von denen eigentlich die
Rede gewesen war: Auch für die Götter, so sagt Alexander, kann 2 × 2 nicht
gleich 5 sein noch die Diagonale gleich lang wie die Seite; auch sie können
Geschehnisse nicht ungeschehen sein lassen (De fato 30 = 200, 20 ff. Bruns).
Denkgesetze sind hier gemeint, unter ihnen aber vor allem, wie aus dem letz-
ten Beispiel zu erkennen, der Satz vom Widerspruch: „es ist nicht möglich, daß
dasselbe zu einer und derselben Zeit sei und nicht sei, und was noch sonst in
dieser Weise einander entgegengesetzt ist“ (Met. xi 5, 1061b 36 ff.). Hier und
685 mehr noch in der parallelen | Formulierung Met. iv 3, 1005b 19ff., „daß näm-
lich dasselbe demselben in derselben Beziehung unmöglich zugleich zukom-
men und nicht zukommen könne“, springt in die Augen, wie eng dies mit der
Lehre vom Gegensatz, und speziell vom kontradiktorischen Gegensatz, zusam-
menhing. Entgegengesetzte Aussagen können niemals bei einunddemselben
Subjekt wahr sein, so hieß es in De interpretatione (xii 21b 18). Am falschesten
aber sind da Urteile wie „Das Gute ist nicht gut“, da sie nämlich ihrem Wesen
nach (καθ’ ἑαυτό) Unwahrheit in sich tragen, während ein Satz wie „Das Gute
ist schlecht“ nur per accidens (κατὰ συμβεβηκός) falsch ist (De int. xiv 23b 17ff.).
Damit ist der Umkreis, den die Diskussion im islamischen Raum haben sollte,
weitgehend abgeschritten. Auf welchen Wegen allerdings diese Gedanken in

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chapter 13: göttliche allmacht … menschliche sprache 1949

die islamische Theologie hineingefunden haben, muß weiteren Untersuchun-


gen vorbehalten bleiben.
Eines ist dabei von vornherein klar: die arabischen Aristotelesübersetzun-
gen haben dabei keine oder nur eine sekundäre Rolle gespielt. In ihnen kommt
muḥāl als festes Pendant eines bestimmten griechischen Begriffs, soweit eine
flüchtige Durchsicht ein Urteil erlaubt, nicht vor. Zwar benutzt z. B. im 4./10.
Jh. Ibrāhīm b. ʿAbdallāh al-Kātib, Mitarbeiter des Abū ʿUṯmān ad-Dimašqī
(gest. 328/940), das Wort in seiner Übersetzung von Buch viii der Topik (vgl.
Badawī, Manṭiq Arisṭū 707, -4 = Top. 159a 21f.); aber dort, wo man es erwarten
sollte, etwa in der Wiedergabe von griech. ἄδοξος oder παράδοξος, findet es sich
nicht13. Fārābī bringt es in passendem Zusammenhang in seinem Kommentar
zu De interpretatione: | muḥāl ist, wenn von einer Sache (zugleich) ihr kon- 686
tradiktorisches Gegenteil ausgesagt wird (178, 27f. Kutsch-Marrow); aber
an der entsprechenden Stelle des Grundwerkes (22b 15) steht in der Überset-
zung des Isḥāq b. Ḥunain stattdessen ḫulf (ib. 177, 13). Andererseits stoßen wir
auf das Wort bereits bei Ibn al-Muqaffaʿ (gest. 139/756?), in einem der Frag-
mente seiner manichäischen Streitschrift, und auch dort schon mit der Erläu-
terung „etwas, zu dem in der Vorstellung (wahm) kein Gegenstück besteht“ –
das Unvorstellbare also (vgl. M. Guidi, La lotta tra l’Islam e il Manicheismo,
arab. Text 44, 5). Wir müssen also damit rechnen, daß die Vokabel genuin ara-
bisch ist und nicht etwa durch Einfluß von außen in ihrer Bedeutung bestimmt
wurde.
Dafür sprechen auch die Angaben der einheimischen Lexikographen. Zwar
gehen sie nicht sehr in Einzelheiten; aber es wird doch klar, daß das Wort
nicht isoliert steht. Da ist aḥāla „Absurdes vorbringen“ und ḥauwala „(etw.)
absurd machen“, daneben das Intensitätsadjektiv miḥwāl „immerfort absurd
daherredend“ und schließlich das Synonym mustaḥīl (vgl. Lisān xi 186b; Qāmūs
iii 363). Muḥāl selber erklärte man als „das, was von seinem Aspekt (unter dem

13 1Vgl. die genannte Topikstelle unmittelbar vorher = 159a 19: ἀδοξότατα = laisat maḥmūda
(= Badawī 707, -5); oder kurz darauf 159a 38ff.: ġair mašhūr (708, pu. ff.). Sehr instruktiv
sind auch die Parallelen in den drei aufeinanderfolgenden Übersetzungen der Sophistikoi
Elenchoi, etwa für 172b 10. Die „alte“ Übersetzung (des Nāʿima?) hat hier šaiʾ ġair maḥdūd
(oder wohl eher, mit der übergeschriebenen Verbesserung: maḥmūd); Yaḥyā b. ʿAdī (gest.
974) ġair al-imkān; Ibn Zurʿa (gest. 1008) mā yuḫālifu r-raʾy al-mašhūr (vgl. Badawī 860, 5;
956, 5; 858, 5f.). Die Übersetzer sind, wie man sieht, häufig von der Grundbedeutung des
Wortes (Gegensatz zu εὔδοξος „berühmt“) ausgegangen (vgl. dazu auch R. Walzer, Greek
into Arabic 94ff.). – In der Übersetzung von Topik 159a 21 f. gibt muḥāl griech. ἀδύνατον
wieder; das unmittelbar benachbarte παράδοξον wird mit šanāʿa „Widerwärtigkeit“ wie-
dergegeben.

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1950 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

es gültig ist) abgebogen wird“ (mā ʿudila ʿan waǧhihī), und Rāġib al-Iṣfahānī
(gest. ca. 450/1060) hat dabei auf den Satz vom Widerspruch verwiesen (vgl.
Tāǧ al-ʿarūs vii 294, -6f.). Ibn ar-Rēwandī machte in der oben (s. 1947) zitierten
Definition deutlich, daß dies sich auch aus der Bedeutung der Wurzel selber
herausholen ließ: (mā) uḥīla ʿan ǧihatihī, „(was) so verwandelt wird, daß es
seinem Aspekt (unter dem es gültig ist) nicht mehr gerecht wird“. Ḥāla heißt
„sich ändern“, „sich verschieben“, „holprig, uneben werden“; muḥāl wäre von
daher eine Aussage, in der etwas verschoben worden ist oder in der man über
etwas stolpert – im Gegensatz zu mustaqīm „geradlinig; richtig“, wie bereits
Ḫalīl bemerkte (vgl. Lisān xi 186b, 16f.)14.
687 Über diese Ansätze kommen wir vorläufig nicht hinaus; die Wortgeschichte
bleibt noch zu schreiben. Jedoch gewinnt man den Eindruck, daß die frühe isla-
mische Theologie die Vokabel muḥāl – oder zumindest das ihr zugeordnete
Wortfeld – bereits soweit vorgeformt vorfand, daß ihr die Wahl und die Wei-
terbildung zum Terminus leichtfiel. Erst als es ans Definieren ging, ist unter
dem Einfluß aristotelischer Gedankengänge – oder eher dem, was die gän-
gige Schullogik davon bewahrte – sein Verständnis im einzelnen zum Problem
geworden.

Nachträge

Zu s. 1940, zweiter Abschnitt: Der Muʿtazilit Ismāʿīl b. ʿAlī al-Bustī, ein Zeitge-
nosse des Qāḍī ʿAbdalǧabbār (gest. 415/1025), war dafür bekannt, daß er jede
Frage, die an ihn gerichtet wurde, auf eine Denkunmöglichkeit zu reduzie-
ren versuchte (vgl. Ḥākim al-Ǧušamī, Šarḥ al-ʿUyūn, ed. Fuʾad Saiyid in: Faḍl
al-iʿtizāl, Tunis 1974, s. 386, 2f.).
Zu s. 1945, Anm. 9: Zu denen, welche muḥāl definierten als „etwas, das
keinen Sinn hat und weder wahr noch falsch genannt werden kann“, gehörte
der Grammatiker Abū l-Ḥasan Saʿīd b. Masʿada al-Aḫfaš (der Mittlere, gest.
zwischen 210/825 und 221/835). Etwas Absurdes, das dennoch nicht falsch
ist, war für ihn z.B. ein innerlich widersprüchlicher Imperativ oder Frage-
satz wie „Steh gestern auf“; falsch oder richtig kann ja nur ein Aussagesatz

14 1Die Nationalwörterbücher bringen merkwürdigerweise eine transitive Bedeutung für


aḥāla (im Sinne von „verwandeln; verschieben“) nicht, stattdessen aber mehrere Belege
für intransitiven, d.i. wohl denominativen Sinn (von ḥaul „Jahr“ = „ein Jahr alt (älter)
werden; sich im Laufe eines Jahres verändern“: auch von ḥāl = „in einen andern Zustand
übergehen“?). Jedoch lag der Wandel zum transitiven Wortverständnis nahe; wir werden
ihn bei Ibn ar-Rēwandī schon voraussetzen dürfen.

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sein (vgl. Sībawaih, Kitāb, Übs. Jahn i2 24, Anm. 1–2 zu § 6; dazu unten
Nachtrag zu s. 1947).
Zu s. 1946, Anm. 11: Die Frage, ob der Mensch zugleich sitzen und stehen
könne, wird als Beispiel für absurde Formulierung genannt bei Abū Bakr b.
ʿAbdallāh aṣ-Ṣairafī (gest. 330/941; vgl. Kaḥḥāla, Muʿǧam al-muʾallifīn x 220),
in dessen Kommentar zur Risāla des Šāfiʿī (vgl. Zarkašī, al-Burhān fī ʿulūm al-
Qurʾān, ed. Abū l-Faḍl Ibrāhīm, Kairo 1376/1957, ii, 54, 4 ff.). Jedoch ist er für
unsere historischen Überlegungen zu spät; er lebte ja eine Generation nach
Ašʿarī.
Zu s. 1946: Die Beziehung zu mutanāqiḍ findet sich auch in der Defini-
tion des Muʿtaziliten und Grammatikers ar-Rummānī (gest. 384/994): „was
durch den ihm innewohnenden Widerspruch auf den Kopf gestellt wird“
(al-munqalib bit-tanāquḍ allaḏī fīh; so in seinem K. al-Ḥudūd fī n-naḥw, vgl.
die von Muṣṭafā Ǧawād und Yūsuf Yaʿqūb Maskūnī herausgegebenen Rasāʾil
des Rummānī, Baġdād 1963, s. 42, 6). Naqīḍ wird ib. 41, 11 definiert als „das,
was etwas anderes ausschließt, insofern beides nicht gleichzeitig richtig sein
kann“, wobei dies in eine positive oder eine negative Aussage gefaßt sein
kann (Beispiel; „das Seiende ist nichtseiend“ und „das Seiende ist nicht sei-
end“).
Zu s. 1947: Die Beispiele, die Ibn ar-Rēwandī bringt (ataituka amsi und 688
sa-ātīka ġadan), sind, wie ich nachträglich bemerke, wörtlich von Sībawaih
entlehnt (vgl. Kitāb Sībawaih, ed. Muḥammad al-Ḥusain al-Aʿlamī, 2Beirut
1387/1967, i 15, pu. ff. / Übs. Jahn i1, §6). Dieser unterscheidet scharfsinnig
zwischen impliziter inhaltlicher Unwahrheit (in einem Satz wie „Ich habe
den Berg getragen“ oder „Ich habe das Meer ausgetrunken“) und expliziter
formaler Unverträglichkeit; dieser letztere Fall wird mit den beiden obenge-
nannten Sätzen illustriert. Beides kann natürlich auch zusammenkommen,
in einer Aussage wie „Ich werde gestern das Meer austrinken“. Die formale
Unverträglichkeit im Sinne eines explizit geäußerten inneren Widerspruchs
(tanquḍu auwala kalāmika bi-āḫirihī) wird auch hier schon mit dem Termi-
nus muḥāl bezeichnet (vgl. dazu M.J. Carter in: jaos 93/1973/147 f.; zur Kon-
troverse zwischen Jahn und Praetorius über diese Stelle vgl. M. Hartmann
in: za 11/1896/74ff.). Von daher hat auch Ibn ar-Rēwandīʾs Definition gegen-
über den anderen eine stärker formal-grammatikalische Ausrichtung. Daß
er als Theologe auf den berühmten Grammatiker zurückgreift, braucht nicht
zu überraschen: er hatte bei seinem Altersgenossen Mubarrad gehört und
überlieferte dessen K. al-Muqtaḍab (vgl. Ṣafadī, Wāfī viii 237, 15 ff. und Ibn
al-Anbārī, Nuzhat al-alibbāʾ, ed. Abū l-Faḍl Ibrāhīm, Kairo 1386/1967, s. 226,
ult. f.). Mubarrad aber setzt die baṣrische Tradition des Sībawaih fort; er hatte
sein Werk kritisiert (vgl. gal s 1/169).

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1952 part ix: momentaufnahmen. religion und theologie

Wahrscheinlich wird man bei zukünftiger Behandlung des Themas die


Grammatiker stärker berücksichtigen und bei Sībawaih, als unserem vorläu-
fig ältesten Beleg – neben Ibn al-Muqaffaʿ (s.o. s. 1949) –, ansetzen müssen.
Zu s. 1949: aḥāla wird häufig auch in der Bedeutung „für absurd erklä-
ren“ gebraucht (vgl. Baġdādī, Farq baina l-firaq 187, 3 / 199, -4 Kauṯarī). Der
Gegensatz mustaqīm – muḥāl „geradlinig“ – „holprig“ wird schon von Sība-
waih im Sinne formaler Richtigkeit bzw. Unverträglichkeit angewandt (vgl.
Kitāb i 15, pu.). Gerade diese Verbindung mit formalen Kriterien scheint dar-
auf hinzudeuten, daß wir hier auf den Ursprung des Terminus („holprig“ >
„formal unverträglich“) stoßen. – W. Madelung macht mich darauf aufmerk-
sam, daß man auch von dem theologischen Wortgebrauch ḥāla bainahū,
„dazwischentreten“ = „unmöglich machen“ ausgehen könne; dieser findet
sich bekanntlich schon im Koran (vgl. dazu Paret, Kommentar 186 zu Sure
8/24). Das liegt in der Tat inhaltlich sehr nahe. Die Frage ist nur, wie sich der
Übergang zwischen ḥāla bainahū und muḥāl (das ja zu aḥāla gehört) voll-
zogen haben soll; Belege finde ich dazu vorläufig nicht.
Zum Todesdatum des Rāġib al-Iṣfahānī vgl. jetzt Madelung in: Islamwis-
senschaftliche Abhandlungen Fritz Meier zum sechzigsten Geburtstag, Wies-
baden 1974, s. 155ff.

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