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Über die Erkenntnis Gottes bei den seiden.

1*
(Hctd) dem Vtcuen Testament.)

Von
Heinrich Schlier.

I.
B e i der Frage, ob und in welchem S in n die Heiden schon vor
der Verkündigung des E vangelium s um G ott wissen, ist von der
Tatsache auszugeben, die das N eue Testament deutlich bezeugt:
D a ß G o t t , d e r S c h ö p f e r , si ch d e n M e n s c h e n i n
e i n e r u r s p r ü n g l i c h e n w e i s e , näml i ch a u s dem
G e s c h a f f e n e n s e l b s t , zu e r k e n n e n g i b t . D avon spricht
Rom. i, 19— 20 in klaren W orten: „. . . denn das, w as von G ott
erkannt werden kann, ist ihnen offenbar; denn G ott bat es ihnen
offenbar gemacht. Denn sein unsichtbares W esen wird seit der
Schöpfung an dem Geschaffenen wahrnehmbar erschaut — seine
ew ige R raft und G otth eit — , so daß sie keine Entschuldigung
b a b e n , D i e Grundthese enthalt V . jga: G ott, sow eit er er­
kennbar ist, ist den Menschen bekannt, w a r u m ? D ie A ntw ort

2) w i r wählen m it Absicht diesen T itel fü r unsere Untersuchung und


reden nicht von der natürlichen G otteserkenntnis im allgemeinen. Denn das
konnte das verbreitete U rteil stärken, daß die natürliche Gotteserkenntnis
für jede Zeit eine gleiche Möglichkeit sei, sowohl fü r die Heiden v o r C h ri­
stus, wie für die Heiden nach Christus oder auch, wie man heute gerne sagt,
für die „Neuheiden". D ie Theologie sollte aber, statt die im Abfall begrif­
fenen oder schon abgefallenen Christen m it dem N am en Heiden zu hofieren,
der ja immer die Zusage einer gewissen Unschuld enthält, überlegen, ob und
wie weit es christlich gesehen einen Rückfall ins Heidentum gibt, der nach
der christlichen G otteserkenntnis die heidnische wieder aufleben läßt. D aß
der V organg problematisch ist, zeigen schon die geistesgeschichtlichen T a t­
sachen an, daß keiner der Heiden im S tande ist, wieder wirklich zu G öttern
zurückzukehren, und daß auch eine radikale „heidnische" Philosophie sich so
wenig von der christlichen Anthropologie lösen kann, daß manchem Theolo­
gen diese von jener bedroht erscheint. Durch solche Überlegung könnte die
Theologie und dann die Kirche die „Heiden" unserer Zeit besser v o r ihrem
Heidentum bewahren als durch die gewollte und ungewollte Schmeichelei,
die sie als echte Heiden zu verstehen sucht. Denn mancher sieht es wohl noch
als G ott wohlgefällig an, G o tt als Heide zu verehren, erschrickt aber doch
davor — ein N ihilist zu sein. Zur B eantw ortung des Problem s muß man
vor allem auf M atth . )r, r i f. und Hebr. 6, ) —S verweisen.

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gibt T>. 19b: weil er steh bekannt gemacht bat. Aus welche w e ise
aber bat er sich bekannt gemacht und auf welche w e is e ist er also
bekannt? Y>. 20: in den geschaffenen Dingen bat er sich bekannt
gemacht und also an den geschaffenen Dingen laßt sich der unstcht
bare G ott, läßt steh G o tt in der ewigen Schöpferkraft seiner
G o ttheit wahrnehmen. In d e m G o tt schuf, b at er sich als Schöp­
fer geoffenbart. I n dem Geschaffenen ist er offenbar. D a s beißt
aber nun: Die geschaffene W e lt gibt an sich das Zeugnis ihres
Schöpfers wieder. S ie ist als der Ausw eis des Schöpfers der
H inw eis auf ihn; sie trä g t — kann man auch sagen — als Ge­
schaffenes die Anweisung des Schöpfers in sich. Und zwar geht
diese Anweisung p rim är nicht aus ihn als causa mundi, sondern,
w as P a u lu s ja deutlich in XX rz sehen läßt, in einer viel u r ­
sprünglicheren w e ise dahin, ihn als G o tt zu ehren und ihm zu
danken. I n dem Geschaffenen erhebt G o tt den Anspruch an die
Geschöpfe, der G o tt zu sein, dem sie sich verdanken. Durch die
Schöpfung ru ft G o tt die Menschen aus zum Lobpreis S e in er
selbst als des Schöpfers. D ie ursprüngliche W irklichkeit des
Menschen ist also diese: D ie ewige M acht des aus seiner V e r­
borgenheit Heraus in dem Geschaffenen offenbaren G ottes dringt
aus der geschaffenen W e lt ständig auf den Menschen ein, um
ihn durch seine eigene W irklichkeit im demütigen G ehorsam des
G otteslobes am Leben zu halten.
Diese Anweisung G o ttes, die er m it dem Geschaffenen selbst
gibt, ist von den Menschen abgewiesen. D a s ist ein U rteil, das
der Apostel int Blick auf die tatsächliche Geschichte fällt. W o h l
sagt er in X>. 19: „D as, w as von G o tt erkannt w ird, ist ihnen
bekannt", aber er sagt auch V . rz : "obwohl sie G o tt erkannten,
haben sie ihm nicht als G o tt Lob und Dank gesagt, sondern sind
in ihren Erw ägungen nichtig geworden, und verfinstert wurde
ih r unverständiges Herz." B eide Aussagen gelten und müssen
m iteinander verstanden werden. D ann ist aber die geschichtliche
Lage des Menschen so gesehen, d a ß d i e v o n G o t t i n d e m
Geschaffenen ständig e r g e h e n d e O f f e n b a r u n g
i m m e r s c hon d u r c h d e n M e n s c h e n v e r h ü l l t ist. D er
Mensch, wie ihn die Geschichte zeigt, h at imm er schon den im G e­
schaffenen gegenwärtigen G o tt verkannt, er h at sich imm er schon
dem im Geschaffenen offenbaren G o tt versagt. E s gehört zur
„ N a tu r" der Menschen, daß sie den G ott, der sich in ih re r w ir k -

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lichfeit wahrnehmbar macht, nicht wahrnehmen wollen. D as ist
die „Xlatur" der W elt: „D as Licht scheint in der Finsternis, und
die Finsternis hat es nicht begriffen", Io h . i, Die Anweisung
des Lebens, das als göttliches w o r t zugleich Licht Gottes ist, bat
das Dasein immer schon nicht aufgenommen. Dem göttlichen
w o r t des Daseins ist die W elt immer schon taub begegnet. I n
solcher Abwendung von der ursprünglichen Selbstauslegung des
Geschaffenen sind dann aber auch die Gedanken der Menschen
„nichtig" geworden, so daß die Menschen miteinander immer schon
'•Tüchtigkeiten erwägen. Die W elt, in der G ott redet, begreift
die eigene Wirklichkeit nur mehr als Nichtigkeit und ist so in
ihrem Begreifen selbst nichtig. Aber noch in einer tieferen
Schicht des Menschen läßt sich sein Versagen gegenüber dem
offenbaren G ott aufzeigen: auch sein H er; erfährt in feinem Un­
verstand, in feiner „Bewußtlosigkeit" die W elt nur mehr un­
durchsichtig, in ihm scheint nur mehr die Dunkelheit einer nichts­
sagenden W elt wieder. Auch im verborgenen Zentrum ihres
Lebens erleben die Menschen immer schon die Verhüllung des
offenbaren Gottes.
w i r können also als e r s t e s E r g e b n i s unserer Untersuchung
der Gotteserkenntnis der Heiden feststellen: so wie die Geschichte
den Menschen vor Augen führt, hat er sich bis in fein H er; hin­
ein G ott, der ihn aus der geschaffenen Wirklichkeit zu dank­
barem preise seines Schöpfers aufruft, verschlossen und ver­
nimmt also in seinem G ott abgewandten Leben nicht mehr den
ihm zugewandten offenbaren G ott. W ir beachten, daß w ir mit
P aulus ausdrücklich noch vom „Menschen" reden. D as hat
seinen Grund darin, daß diese Aussage über die Gotteserkennt-
nis der Heiden eine Aussage über das „Heidentum" des Men-
fchen überhaupt ist. P au lu s hat natürlich im Zusammenhang
diese Sätze auch schon im Blick auf die Heiden geschrieben, aber
eben um zunächst das zu erhellen, was sie und alle immer schon
sind.
II.
M it unserer bisherigen Überlegung ist die Frage, die uns
unser Thema stellt, noch nicht beantwortet. Vielmehr drängt die
Aussage, daß der Mensch die ständige Anweisung des Geschaffe­
nen auf G ott ständig schon in eine solche auf sich selbst verkehrt

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h a t, zu d e r w e ite re n Ü b e rle g u n g , i n w e l c h e r A b a r t v o n
G o t t e s e r k e n n t n i s si ch d i e s e A b s a g e a n d e n u n -
e rinüdlichen A n s p r u c h des S c h ö p s e r s bei den
H e i d e n v o l l z i e h t . D a s N e u e T e sta m e n t w eist dazu a u f
z w e ie rle i h in : e in m a l a u f die V erd eckung des o ffe n b aren G o tte s
durch die F r a g e n a c h i h m , u n d z w eite n s a u f die V erdeckung
des o ffe n b a re n G o tte s durch d a s A u s r i c h t e n e i n e s B i l ­
des v o n ihm.

1.
D ie erste S t e ll e , die h ie r in B e tr a c h t k o m m t, ist A p g. i 7 ,
1 6 — 3 4 . A u s diesen S ä tz e n ist f ü r unsere F r a g e e in m al ersicht­
lich, d aß G o tt, d e r S c h ö p fe r u n d H e r r , sich den H e id en im m e r
noch g e g e n w ä rtig b ezeu g t. E r lä ß t sich v o n den V ö lk e rn d e r
einen M e n sc h h e it, d e re n Z eiten u n d G ren z en e r b estim m t, suchen
(V . 26 f.). E r e rw e ist seine G e g e n w a rt in seinen W e rk e n . E in
H in w e is a u f ih n ist u n te r a n d e re m d e r M ensch selbst, v o n dem
bei w a h r e r G o tte s e r k e n n tn is die G o tth e it G o tte s ersehen w e r ­
den k önnte (V . 29). B e z e u g u n g e n G o tte s sind auch die n a t ü r ­
lichen w o h l t a t e n , die e r den M enschen erw e ist u n d in denen er
sich a ls d e r fü rs o rg e n d e E r h a l t e r d e r V ö lk e r e rfa h r e n lä ß t, A pg.
14, 16 f. D ie P e r ik o p e in A p g . 17 zeigt noch ein zw e ite s, näm lich
d ie s, d aß die H e id e n u n te r U m stän d en a u f diese B e z e u g u n g G o t­
te s auch achten, d a ß sie sein a u s dem G eschaffenen a n sie e rg e h e n ­
d es G e b o t, ih n zu suchen, auch befo lgen. T ro tz d e r V erschlossen­
h e it g eg en ü b er dem u rs p rü n g lic h e n A n spruch G o tte s a u f E h r e
w ir k t d ieser doch noch a u s die H eid en ein, so d aß sie sich ih m nicht
en tzieh en können. D e s h a lb e rric h te n sie in fr o m m e r S c h e u den
A l t a r f ü r den „ U n b e k a n n te n G o tt " . D e s h a lb lo b t d e r A postel die
A th e n e r auch: „ich sehe w ie i h r in jeder w e i s e se h r g o ttessü rch -
tig seid" (V . 22). S i e w en d en ih r e S ch e u G o t t zu. A b e r n u n ist
d a s E ntscheidende d a s D r i t t e , w a s u n se r T e x t noch zeigt: w o sich
H eid en dem in d e r W e l t stän d ig ergehenden R u se G o tte s nicht
en tzieh en , d a e rric h te n sie einen A l t a r dem u n b e k a n n t e n
G o t t u n d geben so zu v e rste h e n , d aß sie um den b ekannten G o tt
nicht w issen. G e ra d e d o r t, w o sie sich dem E r w e is G o tte s im G e ­
schaffenen nicht v e rs a g e n , v e r r a t e n sie, d aß sie sich ih m schon
v e r s a g t h a b e n : sie v e r e h r e n den b ekannten G o t t a ls den un b e­
k an n ten . G e ra d e d o r t, w o H eid en sich dem A n blies des offen b aren

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G ottes zuwenden, erkennen sie G ott nur in der Frage -’) nach
G ott. Unwissend wissen sie von G ott: „D as, was ihr unwissend
verehrt, das verkündige ich euch" (XX r;h ). D am it ist aber die
Gotteserkenntnis der Heiden immer zugleich ein Zweifaches: ein­
mal das Offenhalten des an die XDelt ergehenden Anspruches
Gottes, zweitens aber das Verdecken des Anspruches Gottes.
D a ß d ie H e i d e n G o t t s u c h e n , ist A n e r k e n n u n g u n d
L e u g n u n g G o t t e s zugleich. Denn sie suchen ja den G ott,
der o f f e n b a r ist. D aß G ott ist, wissen sie, wenn sie nach ihm
fragen, wer G o tt ist, wissen sie nicht, wenn sie nach ihm fragen.
Eine andere Stelle, die denselben Tatbestand auf dem sittlichen
Gebiet zeigt, ist R ö m. 2, 1 4 — 16. Um die dortigen Aussagen
recht zu verstehen, muß der Zusammenhang, in dem sie stehen,
beachtet werden. D er Gedankengang im Römerbrief w ar bisher
folgender: im Evangelium enthüllt sich die Gerechtigkeit G ot­
tes dem Glauben: 1, Die menschliche Geschichte ist wesentlich
nur Enthüllung des Zornes G ottes: 1, i s —z, 20. Zunächst die
Geschichte der Heiden, die den offenbaren G o tt immer schon ab­
gewiesen haben und in Götzendienst und sittliche Anarchie gefal­
len sind: 1, iS—1, Z2. Ein theoretisch-kritisches V erhalten ihnen
gegenüber hilft nichts, sammelt vielmehr nur den Zorn G ottes
an; denn es kommt für alle, für Ju d en und Heiden, nur auf das
Tun und nicht auf das w issen des Guten an: 2,1 — 13. Die Hei­
den kennen den w illen Gottes. D as verraten sie dadurch, daß
auch bei ihnen ein Eingehen auf das Gesetz vorkommt: 2,14— 16.
D er Ju d e rühm t sich sogar des Gesetzes, tu t es freilich auch
nicht. I h m hilft dann auch die Beschneidung nichts: 2,17—29.
w i r sehen — und das zu betonen, ist wichtig — die A usführun­
gen des P au lu s über das w issen um das Gesetz bei den Heiden
in Röm. 2, 14—16, dienen einem ganz bestimmten Zweck: dem
Nachweis, daß auch von den Heiden W erke gefordert werden
können, daß das Gericht nach Werken immer gerecht ist, auch bei

2) D aß die Frage nach G ott nicht immer in solcher Ausdrücklichkeit w ie


hier in dem A ltar des „Unbekannten Gottes" zu geschehen braucht, daß
auch die V erehrung des unbekannten G ottes nicht nur in der Form kultischer
Verehrung geschehen kann, zeigt der H in w eis der Apg. auf die Dichter in
17, rS. Auch fie zeugen in den B ildungen ihrer Phantasie unwissend w is­
send von dem Schöpfergott, enthüllen und verdecken ihn in einem.

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den Heiden. 2(ud> sie kennen den w i l l e n G o ttes. S ie v e rra te n es
dadurch, daß sie a u f das Gesetz eingeben. E s bandelt steh also
bei diesen S ätzen um eine B e u rte ilu n g faktischer V orgänge in
der H eidcnw elt, die dem Apostel d as G la u b e n su rte il erlauben,
daß alle M enschen fü r ih r T u n v e ra n tw o rtlic h gemacht werden
können.
w a s sagen die S ä tz e nun im Einzelnen? E rstens: D ie Heiden
haben d as jüdische Gesetz, die T o ra , nicht. D a s w ird auch sonst
bei den J u d e n h erv o rg eh o b en , daß sie die Gesetzgebung und das
Gesetz haben (R om . 9 , 4 ; vgl. 9 , Zo f.; z, :). I n diesem konkreten
heilsgeschichtlichcn Unterschied sind alle sonstigen Gegensätze zw i­
schen J u d e n und H eiden beschlossen. Zw eitens: D ie Heiden haben
ab er auch ein Gesetz. S i e selbst sind sich nämlich Gesetz und zw ar
in dem S in n , daß sie a n d e rs a ls I s r a e l bei sich selbst und a u s
ih re r W irk lich k eit bestim m te F o rd eru n g en G o tte s vernehm en
und sich zu B ew u ß tse in bringen. D a s erg ib t sich d a ra u s, daß cs
d ritte n s H eiden (ohne A rtikel!) g ib t, die das, w as die T o r a fo r­
d ert, tu n . E s kom m t v o r, daß v on H eiden das Gesetz getan w ird ,
so w ie — kann m an ergänzen — u n te r den J u d e n d as Gesetz auch
getan w ird . V ie rte n s : ein solches E ingehen au f die F orderungen
des u n te r den H eiden lebendigen Gesetzes v e r rä t ab er — und das
w ird am T ag e des G erichtes entdeckt^) — , daß die H eiden das vom
Gesetz g eforderte W e rk in seinem eigentlichen S in n , also die
v o m Gesetz u rsp rü n g lich erhobene F o rd e ru n g v on G o tt in ih ren
H erzen eingeschrieben haben. Und zw ar fünftens so, daß diese
eigentliche F o rd e ru n g oder die F o rd e ru n g in ih rem eigentlichen
S in n im Gewissen und in der praktischen sittlichen Reflexion d is­
k u tie rt w ird . D a s G ewissen der H eiden ist der G rt, wo der au s
der W irk lich k eit ergehende A nspruch G o tte s kritisch vernom m en
und entschieden w ird . D ie D i s k u s s i o n dieses Gewissens ist

:i) M ir scheint in B ezug auf den vorliegenden Text von Rom. r, 15 f.


immer noch das Einfachste zu fein, mit Lieymann das on-ivec tvSeiicn'vTm
V . 15 mit ivpijiiepq jit X>. )t> zu verbinden und futurifch zu verstehen. Am
Tage der Aufdeckung des V erhüllten wird 1. das verborgene w issen der
Heiden um das von G ott geforderte W erk aufgewiesen, das sie jetzt schon
in der gelegentlichen und begrenzten E rfüllung des Gesetzes dem Apostel
verraten; 2. wird zwar nicht das G ew iffenszeugnis a ls solches offenbar, aber
die Tatsache, daß die Gewiffensreflrxion, die das Handeln begleitet, ebenfalls
auf jenes verborgene w isse n um G ottes Gebot verweist.

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die W eife, in der sich das W issen um das eigentliche W erk des
Gesetzes zur G eltung bringt und anzeigt. E s bandelt sich also in
Kein. 2, 14— j6 um die Ermahnung der Tatsache, das; Heiden
aus der ihnen von G ott gegebenen W irklichkeit heraus den An­
spruch G ottes in bestimmten Forderungen im Gewissen ver­
nehmen und auf diese Forderungen eingehen. D aß sie das tun,
daß sie also G utes tun, laßt erkennen — und das wird im G e­
richte G ottes, wo G ott das verborgene Herz des Menschen auf­
deckt (v g l. 1. Ror. 4, ?), aufgewiesen — , daß sie auch um das eigent­
lich G ute wissen, von G ott selbst belehrt. M an muß beachten,
daß P a u lu s im Zusammenhang nichts darüber sagt, in welchem
S in n und in welchen Grenzen die Heiden auf solche Forderungen
eingehen. D a sie aber hier dieselben sind, die nach Rom. 1, iS — 2:
die W a h rh eit G ottes schon immer in der Hand haben und zwar
als solche, die sich ihr schon immer verschlossen haben, ist es selbst­
verständlich, daß sie die Forderungen G ottes, die sie im G ew is­
sen 4) aus dem Geschaffenen hören, als Forderungen der auf sich
selbst bezogenen W irklichkeit vernehmen und auf sie als auf An­
sprüche ihres in sich begründeten und begrenzten Lebens ein­
gehen. D eshalb kann man doch sagen: „sie tun das, w a s das
Gesetz will". S i e tun es, so w ie der J u d e es auch, freilich wissen-
der, tut, zur Forderung des eigenen Lebens und also zur Festi­
gung des selbständigen Lebens. S i e tun es, konnte man auch
sagen, so, daß sie sich selbst bei solchem T un immer schon zurück-

*) M a n m u ß v o n d er christlichen E r k e n n tn is h e r z w e ie r le i fe sth a lte n : e in ­


m a l, d a ß d a s G ew issen dem M en sch en den eig en tlic h e n S i n n d er F o r d e r u n g
nicht e rh ellen kann ( j . R o r . 4, 4 ), u n d d aß d a s g e w is se n h a fte H a n d e ln nicht
schon d a s g u te , d. h. v o r G o t t rechte H a n d e ln ist. V g l . A . S c h l a t t e r , D i e
G erech tig k eit G o t te s , i s ; 5 , S . 94 . Z w e ite n s a b e r , d aß d a s G e w is se n a l s d ie
n o tw e n d ig e kritische I n s t a n z d e s m enschlichen H a n d e ln s a u fg e b e n n ich ts
a n d eres h e iß t, a l s sich d ie F r a g e nach dem G u te n selbst v e r s p e r r e n u n d d ie
E n tsch eid u n g ü b er d a s G u te sein en g e w iffe n -lo se n o d er zu m m ind esten ge-
w iffen s-sch w ach rn T r ie b e n ü b erla ssen . S c h lie ß lic h ist d a s nicht, w ie m anche
„H eid en " m ein en , h eroisch er, so n d ern sie h t ein er F lu ch t seh r ä h n lich . D e n V e r -
achtern d es G e w is se n s, zu V e r ä c h te r n g e w o rd en durch d ie u n g eb ü h r lic h e
R o lle d e s G e w is se n s a l s G o t t d er S u b j e k t iv i t ä t , sa g t d ie christliche E r k e n n t-
n is a lso , daß sie d ie gesch ich tsb ild en d e R r a f t d e s G e w is s e n s , in d em a lle in e s
zur E n tsch eid u n g k om m t, nicht le u g n e n sollen . D e n A n b e te r n d e s G e w is se n s,
zu A n b e te r n g ew o rd en durch den T u m u lt v e r a n t w o r t u n g s lo s e r I n s t in k t e ,
sa g t d ie christliche E r k e n n tn is , d aß sie d ie N o t w e n d ig k e it d er V e r g e b u n g
auch u n d m anchm al gerad e der g e w isse n h a fte n T a t e n nicht ü b erse h e n sollen .

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gehalten haben. Aber gerade dieses sich Einlassen auf den An­
spruch des Guten zur Bew ahrung und Erbauung des eigenstän­
digen Lebens der W elt, v errät durch das darin sichtbare Ab­
fangen des eigentlich Guten, wie die Heiden immer schon um die-
ses, also um das wirklich von G ott geforderte W erk wissen.
S o haben w ir in Rom. :, 14— )6 die analoge Aussage zu
Apg. 17: D as gute handeln der Heiden, das dem Andrang der
wahren Wirklichkeit der Schöpfung nachgibt, und das doch
infolge der vorgängigen Absage an sie seine eigentliche Richtung
verloren hat, erweist sich ebenfalls nur als Frage nach G ott, hier
als die praktische Frage nach dem Guten. I h r G u t e s t u n
ist n u r d e r p r a k t i s c h e V o l l z u g i h r e r F r a g e nach
G o t t . S ie vernehmen den Anspruch G ottes aus ihrer W irk ­
lichkeit, der sie für das Gute in Anspruch nimmt. Aber indem
sie darauf eingehen, verfehlen sie seinen w illen , da sie ihn im
Vkichtwissen-wollen G ottes als Anspruch der eigenmächtigen
Wirklichkeit verstehen und erfüllen und so offenhaltend ihn ver­
decken. D ies gute handeln der Heiden — dort wo es vorkommt
— ist also nicht deshalb dem christlichen handeln unterlegen,
weil es immer nur eine Annäherung an das Gute und ein unvoll­
kommenes handeln darstellt, sondern deshalb, weil es als g u t e s
handeln, das das Gute zugleich verkündet, sich selbst und anderen
verborgen, dem Glauben aber offenbar, w irk en des sich selbst
verfallenen Menschen ist. Daß die Tugenden der Heiden glän­
zende Laster sind, ist kein moralischer, sondern ein theologischer
S a tz 5). I n diesem gewissenhaften Raumgeben der den M en­
schen zu seinem Leben beanspruchenden Wirklichkeit G ottes ge­
schieht aber durch die Heiden die Erhaltung der W elt, so wie sie
vorkom m t,d.H.aber d ie E r h a l t u n g d e r W e l t zu i h r e m
E n d e h i n , w e i l die E r h a l t u n g der W e l t in i h r e m
V e r f a l l . M an darf beide Momente nicht übersehen, um die
konkrete Geschichte des Heiden nicht zu verkennen: e i n e r s e i t s
dies, daß in dem praktischen Aufnehmen der in der W elt durch«

•’>) Freilich, sollte man nicht sagen, daß sich dem Einsichtigen die geheime
superbia dieser Tugenden schon in einer gewissen angestrengten Art, tugend-
haft zu sein, verrät? I h r inneres Ziel enthüllt sich jedenfalls in einer gewissen
Erstarrung des Lebens, die dort eintritt, w o solche Lugend längere Zeit
geübt wird.

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waltenden Güte Gottes durch den Heiden das gefördert wird,
was im menschlichen Dasein und im Dasein der W elt immer
schon und also jeweils im V oraus geschehen ist: der Fall, die
Sonderung von G ott in der Desonderung und dem Verfall des
Menschen an steh selbst. Auch im w irk e n des Guten und im
Geschehen des Guten der W elt verfallt die W elt. Auch in ihm
besorgt stc steh ihren Tod. Es gibt kein lebenschaffendes Gutes
in der Geschichte der Menschen. D as ist kein abstraktes Urteil,
sondern eine konkrete und ausdringliche Erfahrung, die nur eine
von steh selbst verlassene Vernunft bestreiten kann. E s gibt keine
„schöpferische" T a t von Menschen, schöpferisch im strengen S in n
des W ortes. D as kann nur eine gottlose Philosophie behaupten.
D as höchste, was man von dem handeln der Heiden sagen kann,
ist dies: daß es in der sehnsüchtigen T a t des Guten die W elt in
ihrem Verfall erhält. D as aber besagt ja a u f d e r a n d e r e n
S e i t e unendlich viel. D as besagt nicht weniger, als daß im Er-
greifen der geordneten Wirklichkeit der W elt durch den Heiden
diese W elt gegen ihre eigene Tendenz frei» und bereitgehalten
w ird für die Möglichkeit der Umkehr bzw. des Gerichtes und
der Gnade Gottes. Indem der treibe auf das gute W erk Gottes,
das unaufhörlich weitergeschieht, eingeht, wenn auch immer
schon sich zu Gute, halt er den Prozeß der Selbstzerstörung a n 6),
nun freilich nicht zum Leben, aber zur Entscheidung Gottes, zur

ti) I n der Zeit der Rieche und das heißt in der Zeit der mit Jesus Chri­
stus begonnenen Brise der W elt, kommt dieses retardierende Moment des
Achtens auf den Anspruch der Wirklichkeit umsaffend darin zur Geltung,
daß das römische Imperium und im weiteren S in n die geordnete politische
Macht als das erscheint, was den Antichristen „niederhält", „bannt" (rö
Kat €) tov, b;w. o v, r.Theff. r ,; ff.). Solange der iustitia civilis die An­
forderungen der Wirklichkeit noch einigermaßen klar zugängig sind, ist es
nicht möglich, daß sich der Antichrist, „der Mensch der Anarchie", „der Sohn
des Untergangs" als Gegner Gottes über alles, was Gott oder Gottesdienst
genannt wird, hinwegsetzt, an die Stelle Gottes in der Rirche tritt und sich
kraft feiner Zeichen und Wunder für Gott ausgibt. Solange ist der w id e r ­
stand der geordneten W elt, das Schwergewicht der geschaffenen W elt zu
groß. Erst wenn in der Zeit des Abfalls der Glaube nicht mehr die 'Kraft
hat, den natürlichen Blick für die Wirklichkeit offen zu halten, wenn der
S in n für das Rechte durch die Begierde nach Zweckmäßigem betäubt und die
Ordnung durch ihre Hüter selbst fundamental zerstört wird, ist der Boden
für den Antichristen bereitet, der ja nicht ein geistiges Prinzip, sondern eine
reale endgeschichtliche Macht ist.
E vangelische T heologie 2

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echten Rrists, zur Umkehr, und also zur Möglichkeit des Lebens.
I m Tun des Guten, so wie es ihm möglich ist, laßt der Heide
die reiche Gute und Langmut Gottes das sein, was sie ist: wirk­
liche Seit zur Umkehr (Rom. 1,4). D a s ist das „positive" an dem
u n g e h o r s a m e n G e h o r s a m des se id e n gegen feine W ir k ­
lichkeit, das und nichts anderes. E r kann nicht, wie christlicher
Unverstand manchmal meint, in solchem Gehorsam gegen die
durchhaltende Ordnung Gottes in der W e lt (Schöpfungsord-
nung sagt man dann mißverständlich) unmittelbar sein zu G o tt
und gleichsam für seine Person oder auch stppcn« oder stammes
weise in das P aradies zurückkehren, aber er kann, einmal und
endgültig aus dem Paradies vertrieben und eben feiner W e lt
und sich preisgegeben, als solcher Dornen und Disteln wachsen
lasten oder sein Land bebauen und so G ottes W e lt erhalten für
die Umkehr an dem Ende, das G o tt bestimmt. E r kann ein säku­
larer Heide fein oder ein adventistifcher 7). D a s ist ein U nter­
schied, ein relativer freilich; denn auch dem adventistifchen Hei­
den müssen die Sünden in der Taufe vergeben werden. Aber
w arum sollen wir, wie christliche Ungeduld manchmal will, den
Unterschied übersehen, den doch der Apostel P a u lu s nicht über­
sehen hat? Die Ungeduld rächt steh auch. S i e kann den eschato-
logifchen S in n des irdischen Gehorsams im allgemeinen nicht
mehr wahrnehmen. S i e kann den realen S i n n irdischen G e h o r­
sams überhaupt nicht mehr erkennen.
I n einer d r i t t e n W e i f e wird die eigentümliche G o ttes­
erkenntnis der Heiden in den Sätzen von ). Ror. j, 21—24 be­
rü h rt: „Denn da inmitten der W e ish e it Gottes die W e lt G o tt
durch die W eisheit nicht erkannte8), beschloß G o tt durch die
T orheit der Verkündigung zu retten die Glaubenden. J u d e n for-

') V gl. dazu das reiche und schone Buch von Theodor H a c k e r , V ergil,
V ater des Abendlandes. - is ; z . Ulan kann auch an Augustin denken, dem
V ergil als poetarum quidam in R om ana lingua nobilissimus ein B ü rge für
die W ahrheit der S ib ylle ist. V gl. die Inchoata expositio des Xömerbriefes
zu Köm. 1,
8) Ich wähle diese Übersetzung, w eil dadurch der Sachverhalt des mit
<To<pia Gemeinten am umfassendsten zum Ausdruck kommt. D a s t v meint
<= v Tij
fachlich Hier zugleich in, unter, an, durch. D ie W eish e it G ottes ist ja die im
Geschaffenen die Uienfchenwelt umgebende, gleichsam einhüllende, ihr sich
anbietende, sie angehende W eish eit.

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dcrn Zeichen, Griechen suchen W e is h e it , w ir aber rufen lau t
C hristus a u s, den G ekreuzigten, J u d e n zum Fallstrick, H eiden
zur T o rh eit, den B eru fen en aber, J u d e n und Griechen, C hristus,
G o tte s W un dcrkraft und W e ish e it" . D ie W e lt ist hier zunächst
in analoger W e ise zu R om . i, )<■) s. beschrieben. D a s „inm itten
der W e ish e it" beschreibt den R o s in o s a ls S chöpfung. D ie V o r ­
stellung w ird durch J e s u s S ir a c h j, j ff. erhellt: „Alle W e is h e it
stam m t vom H errn, und bei ihm ist sie in E w igk eit. . . . F rü h er
a ls alle D in g e ward die W e is h e it geschaffen und verständige
Einsicht seit E w ig k eit. (Zusatz: D ie G.uellc der W e is h e it ist
G o tte s W o r t in den H öhen, und ihre W e g e sind die ew igen G e­
bote.) D ie W u rzel der W e is h e it — w ein w ard sie offenbart?
und ihre klugen P lä n e — w er erkannte sie? D e r H err hat sie
geschaffen, und er sah sie und zählte sie her, und e r g o s s s i e
a u s ü b e r a l l e f e i n e W e r k e , sam t allem Fleisch, entspre­
chend seiner G abe, und er spendete sie denen, die ihn lieben." D ie
W e lt , m eint P a u lu s , lebt „in der W e is h e it G ottes" so, daß diese
W e is h e it der W e g ist, auf dem sie G o tt erkennen kann („ m itte ls
der W e is h e it" ). V o n der W e is h e it G o tte s geschaffen ist sie
selbst T rä g er und V e r m ittle r der W e is h e it , durch die G o tt er­
kannt werden kann. A Is geschaffene W e lt ist sie die S elb sta u s-
Icgung der W e is h e it G o tte s und som it der Zugang zu G o tt in
seiner eigenen W e i s h e i t -'). D ie W e lt hat sich aber im m er schon
gegen diesen W e g zu G o tt verschlossen. S i e gin g auf diese S elb st-
a u sleg u n g des Geschaffenen nicht ein, sie liess sich das V erständ­
n is der D in g e nicht durch diese selbst geben, sie nahm die in der
S ch öp fu n g geg en w ä rtig e W e is h e it nicht an und liess sich nicht
durch sie au f G o tt verw eisen . V ie lm e h r gab sie den D in g en ih r
eigenes V erständnis, näm lich jenes, in dem sie sie auf sich selbst

9) Ai« rijc (Toyi'n? muß m. E . so verstanden werden. E s gehört zu ovk tyvo>


und die i r o y i « ( t o ü k 6 < t i i o i ) v on XX so und s s ist ja im m er schon nicht m ehr
ein Zugang zu G o tt. D ie stark betonte A n tith ese <5«1 i - > k i r a y w . - — ? , « r r j e
/ i t o p i a s toü K t i p v y f i a r o q konnte P a u lu s trotzdem w äh len, w e il die 0-091« t o ü

S t o v und dir 0-091« toü Koa/iov d as gem einsam haben, daß sie eben beide <ro<pia
sind, die Einsicht gew ährt, w ährend d as /oi/«"/«« a ls d as A u sru fen ein es
Geschehens und ein er Tatsache zunächst nicht Einsicht, sondern A nnahm e und
G lau ben v e rla n g t, um dann erst Einsicht des G lau b en s zu gew ähren. D er
Gegensatz 0-091« — Ktjpvy/ni ist also hier prim är ein form aler und die utapia
ist h ier prim är nicht die des I n h a lt e s , sondern die der F orm des R ery g m a s.
F reilich hängt die F orm im w eiteren S in n m it dem I n h a l t eng zusam m en.

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bezog, jenes, kann man auch sagen, in betn die Dinge steh — in
der Absage des Znenfehen an L o tte s Anspruch — auf steh selbst
hin auslegten. D ie W e lt verstand sich nur mehr in der eigenen
W e ish e it und das heißt in dem V erständnis, das die Dinge,
schon imm er aus steh selbst und nichts anderes verwiesen, jetzt
auswiesen.
Diese Ablehnung der göttlichen W e ish e it des Geschaffenen
durch die W e ish e it des sich ih r verschließenden Menschen kann
sieh nun wiederum in doppelter W eise konkret vollziehen: ent­
weder so, daß die menschliche W e ish e it bei vorgängigem M iß ­
verständnis der D inge doch auf die in ihnen durchhaltende A us­
legung ih rer selbst eingeht, sich auf den fortdauernden Andrang
der W a h rh e it einläßt. D ann w ird die menschliche W eish eit,
durch die ständige A nfrage der w ahren W irklichkeit der Dinge
beunruhigt, in der W eife der Forschung fragende W e ish e it fein.
Oder es ist so, daß die menschliche W e ish e it im V orbeihören
auch noch an dem in der U nw ahrheit der D inge sich durchhalten­
den Anspruch der W a h rh e it sich selbst systematisch zum M aße
und zur R risis des W a h re n macht. Beide Möglichkeiten mensch­
licher W e ish e it verdecken die Tatsache der offenbaren W a h rh e it
im Geschaffenen. B e i d e s i n d a l s o V o l l z u g d e r i m m e r
schon g e s c h e h e n e n A b s a g e a n d i e g ö t t l i c h e W e i s ­
h e i t d e s G e s c h a f f e n e n . Die erste darin, daß in ih r die
menschliche W e ish e it in der Frage nach der W a h rh e it, die doch
im Geschaffenen offenbar ist, die W a h rh e it verdeckt und sich
selbst behauptet, die zweite darin, daß die menschliche W e ish e it
in der Aufstellung eigener W a h rh e it die im Geschaffenen offen­
bare W a h rh e it verdeckt. Und doch ist auch hier der relative
Unterschied beider M öglichkeiten nicht zu übersehen. D ie fra ­
gende W e ish e it der W e lt h ä lt doch inm itten der V e rirru n g der
Menschen den Anspruch der W a h rh e it und göttlichen W eish eit
insofern offen, a ls sie durch ihre F rage die Fragw ürdigkeit der
W e lt erweist. D ie sich selbst A ntw ort erteilende menschliche
W e ish e it verdunkelt dagegen imm er m ehr das in der W e lt selbst
noch liegende Licht der ursprünglichen W a h rh e it bis zur un­
durchdringlichen F insternis des eigenen System s.
r.
VTun ist es bezeichnend, daß im Xleuen Testam ent diese zweite
M öglichkeit allein zur S prache kommt. D a s bedeutet an sich

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nicht, daß nach dein Verständnis des n eu en Testaments die fra­
gende W eisheit nicht in der menschlichen Geschichte vorkommen
kann. S ie bildet ja nur den analogen Fall zur fragenden G ottes­
erkenntnis und zum heidnischen Wissen um das Gute. Aber man
darf wohl in der Tatsache, daß in j. Ror. i, : i f. nur die W elt­
weisheit erwähnt ist, die einen A usw eis der W ahrheit Gottes
in Jesus Christus vor steh selbst als der n o r m aller möglichen
W ahrheit verlangt, einen Hinweis darauf erkennen, daß diese
W eisheit für Paulus vor allem das Heidentum charakteri­
siert '°). Die W eisheit, mit der es Paulus in Athen zu tun hat,
ist ja auch vor allem solche Philosophie, die aus der Sicherheit
eines weltanschaulichen System s heraus, wesentlich in neu«
gierde besteht, und daher der christlichen Verkündigung gegen­
über nur Ratlosigkeit und S p o tt aufbringt, Apg. 17, 16 ff.;
;r n ). Auch in ihr ist noch ein Wissen um G ott und um die
W ahrheit. Freilich weist sich dieses Wissen um G ott in solcher
W eisheit nur noch darin aus, daß sie W eish eit fein w ill und sich
im formalen Vollzug von Wissenschaft an W ahrheiten hingibt.
Insofern als jeder Unverstand verständig sein will und in seiner
Wirksamkeit Verständigkeit ausübt und voraussetzt, ist auch die
objektive Torheit der Heiden W eisheit.

10) Konkret ist die <ro<pla der <ro<pol in K o rin th nicht die griechische
Philosophie der Zeit, freilich auch nicht wie S ch iatter meint, W eisheit, die
die „jüdische Überlieferung fortsetzt", sondern „Gnosis" oder Theosophie,
die P a u lu s freilich — im Anschluß an das alttestamentliche Z itat — im Lichte
jüdischer W eisheit sieht und beschreibt. I n der Konsequenz ist aber jede
Philosophie als System profane Theosophie. M a n denke an Hegel und
Nietzsche.
H ) „Aus einem solchen, verhältnism äßig hohen' Standpunkte, auf wel­
chem sie alles Hinter und gewissermaßen unter sich Hatten (— in der T a t ist
es kein hoher, sondern n u r der letzte S tandpu n k t; beides aber w ird von den
.Gebildeten' der alten wie der neuen Zeit, die sich niem als durch Scharfblick
und Denkkraft ausgezeichnet Haben, stets verwechselt —), erschien ihnen der
gekreuzigte C hristus a ls ein unfertiges und ungeschicktes Religionsexperi­
ment auf einem ganz untergeordneten, von ihnen längst überlebten und über­
wundenen Standpunkte. E r erschien ihnen, die schon alles, w as ihnen R eli­
gion w ar, befaßen oder vielm ehr besessen hatten, . . . nichts weniger als
gefährlich, sondern nur lächerlich; wenn sie über ihre schönen G ö tter längst
hinausgekommen, wie sollte ihnen der häßliche, gekreuzigte G o tt irgend
etw as anders abgewinnen als ein m itleidiges Lächeln?" A. F. G. V i l m a r ,
Zur neuesten Kulturgeschichte Deutschlands II, j 99 f. ( 1S5 S).

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D aß diese W e ish e it die Heiden vor allein charakterisiert, ent­
spricht nun der Tatsache, daß sür den Blick des Xlcucn Testa­
m ents das oben gekennzeichnete fragende Wissen um G o tt und
sein Gesetz auci> nidit sozusagen den X lonnalfall des H eidentum s,
sondern den Aiisnahmefall darstellt. D i e F r a g e n a d> G o t t
und das T u n des G u t e n im oben e r m a h n t e n S i n n
m i i s s e n f i i h v i c l m c h r , iv i e c s f ihc i n t , m u h s a m
gegen eine a n d e r e , st ärkere Ü e b e n s t e n d e n z des
H e i d e n t u m s b u r e b h a l t e n und me r d e n vo n di es e r ,
s o w o h l b e i m E i n z e l n e n wi e in der Ges di i cht c
d e r G e s a m t h e i t s t ä n d i g b e d r o h t u n d e r d r u c k t . D er
A ltar, kann man sagen, den die Athener dem „Unbekannten G o tt"
errichten, und den P a u lu s als Beispiel des fernen W issens um
G o tt anerkennt (Apg. 17, 22), steht unter einer M enge von H ei­
ligtüm ern, die sehr bekannten G öttern erriditet sind, über deren
V erehrung „fein Geist ergrim m t" ist (Apg. 17, )6). D a s allge­
mein heidnische Lebensverständnis ist von P a u lu s ja auch nidit
in Rom. 2, 14— )6, sondern in R o m . 1 , 2 2 — z 2 des weiteren
entwickelt. Auf das Charakteristische gesehen entfaltet sich heid­
nisches Leben so, daß cs die W e lt in einem göttlichen B ild e v e r­
klärt (Röm. 1, 22 f.), und in solcher S elbstvergötterung zuneh­
mend der sittlichen Anarchie verfallt (Röm. ), 24—52).
I n der Undurchsichtigkeit des menschlichen Lebensverständnis-
fes bildet sich — weil man nicht loskommt von der Liebe zur
W e ish e it — d i e I l l u s i o n d e r W e i s h e i t und die W e is ­
heit der Illu sio n . M an gibt sich vor sich selbst und v o r den
anderen für weise aus: „sie sagen, sie seien weise und sind T oren
geworden" (Röm. 1, 22). M an ist weise als A ufklärer oder, wie
hier, als V erehrer von G öttern. I n der M itte solcher W e is ­
heit, die die W e ish e it der fortwirkenden Schöpfung zum Schw ei­
gen bringt, erhebt sich dann d i e V e r g ö t t e r u n g d e r R r e a -
t u r. D ie Abkehr der W e lt vom offenbaren G o tt und die Hin-
kelzr zu sich selbst vertieft sich zur Apotheose des R osm os. W a s
das heidnifd>e Dasein dem Schöpfer an E hre und Dienst v e r­
w eigert, erweist es dem Geschaffenen: „sie vertauschten den w ah­
ren G o tt m it der Lüge, und huldigten und dienten dem Geschaf­
fenen am Schöpfer vorbei" (Röm. j, 25). D ie Illu sio n der W e is ­
heit endet in der Groteske barbarischer und hellenischer G ö tte r­
bilder, die Illu sio n der Selbständigkeit in der seelischen und kul-

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tifcbcn Rnechtschaft unter die verklärte Schwachheit elementarer
(Kräfte der verfallenden W elt (Gal. 4, 8 f.).
D am it wird die Frage nach G ott, die durch die Macht des in
aller Wirklichkeit gegenwärtigen Gottes auch noch in der sich
verfallenen W elt je und je lebendig ist, unter der heidnischen
Eingabe an die sich darstellende W elt beendet durch die Antwort,
die aus dem "Kosmos nun ertönt, daß er selbst G ott fei. Und doch
ist auch h i e r d i e G o t t e s e r k e n n t n i s n i c h t g ä n z l i c h
e r l o s c h e n . Vielmehr zeigt sich ein Wissen um G ott noch darin,
daß die Heiden steh G ötter machen, die sie als ihren Lebensquell
und Lebensgrund in Scheu verehren. Und wenn G o t t nicht
G ott ist, so werden es Dauben, Rühe, Rayen und Schlangen,
aber auch Elemente und R räfte (Gal. 4, ;. 8; Rol. 2, 8. 20) der
Xlatur und Geschichte, auch Menschen (Apg. 14, 11 ff.).
D as Wissen um G ott hört nicht auf, auch dort nicht, ja oft
gerade dort nicht, wo der im Geschaffenen offenbare Schöpfer
von der Leidenschaft der Heiden völlig in das Geschaffene hinein
verhüllt wird, wo das Geschaffene selbst als G ott erscheint. D as
Wissen um G ott spricht auch aus der Verkehrung dieses Wif«
fens im Götzen. Dem Götzen dient ja die W elt w i e G ott. I n
diesem „wie G ott" v errät sich noch Gotteserkenntnis.
m it dem Götzendienst der Heiden hängt i h r s i t t l i c h e r
V e r f a l l zusammen, in dem sie konkret zugrundegehen. W as
soll denn im S inne des Menschen die Erhöhung der R reatu r zum
R reator, auch des Menschen zu G ott? Nichts anderes als Siche­
rung und Steigerung des irdischen Daseins. S ie ist die Flucht
des an sich selbst gewiesenen Lebens in seine höhere Macht. Aber
nun v errät die Geschichte der Heiden, daß die Eingabe an die
Größe der W elt nicht die erhoffte süße Frucht realer Lebens­
förderung, sondern vielmehr die unverhoffte bittere Frucht rea­
ler Lebenszerstörung mit sich bringt. E s folgt auf Röm. 1, 22 f.
der dreifache Refrain vom Verfall des Lebens, das sich selbst
preisgegeben ist. „Deshalb gab sie G ott preis in den Begierden
ihrer Kerzen hinein in Unreinheit, so daß ihre Leiber an sich
selbst geschändet werden" (Röm. 1, 24). Die Formulierung ist
hier zu beachten. G o tt gibt die Heiden auf Grund ihres Götzen­
dienstes der Unreinheit in ihren Begierden preis. In d em G ott
sie aus der Hand läßt, indem G ott das tut, was die Menschen
in der V erehrung der R reatur und ihrer selbst ja wollen: sich

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selbst überlassen fein, fallen ste in den Begierden ih rer Herzen
in die Unreinheit. S in d die B cgehrungen, der D rang, die Lust
des menschlichen Herzens nicht mehr hingm iscn und hingehalten
auf den einen G ott, auf das höchste G ut, sind ste freigegeben und
dam it nur an steh gewiesen, dann geraten ste in die Unordnung
der Zerstreuung und YPiUFür, schweifen haltlo s und ziellos aus
und münden in der Un-;ucht, die sich in einer objektiven Schön*
düng konkretisiert. D as selbst-süchtige Herz entlaßt den M en ­
schen aus der E inheit und R einheit des w ille n s in die v ielfäl­
tigen W irrnisse blinder Triebe, die sich in der V erunehrung der
gesamten Leiblichkeit dokumentieren bis zur perverston ih re r
selbst (Rom. i, 26 f.). E s ist klar, daß dann bei solchem H inge­
richtetsein aus den Anspruch der eigenen Leiblichkeit, bei solcher
V erklärung des Anspruches des eigenen Lebens zum göttlichen
Anspruch, jeder fremde 2lnspruch, wie er v o r allem im m er noch
aus den natürlichen und sittlichen Ordnungen, schließlich noch
aus dem Faktum der Ordnung selbst ergeht, als störend empfun­
den und allmählich durch die A u to ritä t regelloser S u b je k tiv itä t
zum Schweigen gebracht w ird. S u b je k tiv itä t ist freilich auch
hier noch nicht das Letzte. S ondern der W iderspruch des Heiden
gegen den Anspruch der im R osm os durchhaltenden Ordnungs-
tendenz der Schöpfung ist dort vollendet, wo durch die Abstump­
fung des sittlichen und religiösen S in n e s (durch den „unbrauch­
baren S in n " , Röm. i, 28), das Unterscheidungsvermögen erlischt,
und dadurch die W irksam keit der zerstörenden Selbst-sucht eine
gewisse S tetigkeit und Allgemeinheit erreicht, wo — kann man
auch sagen — die religiöse und sittliche Indifferenz ein Heer von
Lastern den Rest bloßer Menschlichkeit vernichten läßt: „erfüllt
von lauter Unbilligkeit, B o sh eit, H abgier, Nichtsnutzigkeit, voll
von N eid, M ord, S tr e it, T ru g , Verschlagenheit, Denunzianten,
V erleum der, Ruchlose, F revler, H offärtige, Ruhmsprecher, fin­
dig im Bösen, pietätlos gegen E ltern , unbeständig, unzuverläs­
sig, lieblos, erbarm ungslos" (Röm. i, 29—z j). w e n n sich in die­
sem offenen Ausbruch der G ottlosigkeit das Gewissen, wenn auch
vielleicht nur als Angst vor dem tödlichen W esen solchen T u n s,
noch regt, so w ird es durch den E ifer des Lasters und den Lärm
des p riv aten und öffentlichen B eifalls zu solcher P ra x is betäubt.
I n dieser Zerstörung der menschlichen Substanz, in der A uf­
lösung heidnischer H um anität, kommt jene Absage des Lebens

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an seine im Geschaffenen erhobene Anforderung durch G ott zur
Vollendung, real zum Ende. Aber selbst in dieser verwüstenden
P raxis der durch das Gewicht ihrer Sünde, ihrer Preisgabe
Gottes und ihrer Eingabe an steh selbst, mitgerissenen W elt
v e r r a t s i ch n och v e r b o r g e n e i n W i s s e n u m G o t t e s
A n f p r ii eh i n d e r S c h ö p f u n g . Denn auch diese Übertre­
tung des göttlichen Gebotes geschieht in der Zustimmung zu dem
als göttlich verstandenen Geheiß der aus sich gewiesenen Lebens-
bcgierdc. I n der Flucht vor dem göttlichen Gebot sticht der
Niensch in sein eigenes. Gehorcht die W elt nicht mehr G ott, so
gehorcht ste stch selbst w i e G ott. I n diesem „wie G ott" offen­
bart sie ihr w issen um das Gebot.
S o läßt sich a l s E r g e b n i s u n s e r e r G e s a m t Ü b e r ­
l e g u n g festhalten: G ott ist im Geschaffenen offenbar. Die
Heiden aber haben stch immer schon den offenbaren G ott
verhüllt. E n t w e d e r in der illusionären Vergötterung
der W elt und des Menschen, die ihre Eingabe an die
Forderung des halt- und ziellosen, vielfältigen Lebenstriebes zur
Folge hat. Diese Leugnung des offenbaren Gottes ist die im
Heidentum allgemein verbreitete und eigentlich charakteristische.
Um G ott wissen diese Heiden, wie man in der Lüge um die offen­
bare W ahrheit weiß: so, daß man gegen die W ahrheit eine
W ahrheit will kraft der W ahrheit. Sichtbar ist hier das w i s ­
sen um G ott im Mißbrauch der offenbaren Gegenwart Gottes.
<v d e r die Heiden verhüllen sich den offenbaren G ott in dem
Suchen nach G ott, dem ein sich selbst sicherndes Eingehen auf den
durchhaltenden Anspruch G ottes in der Wirklichkeit entspricht.
Diese Leugnung des offenbaren Gottes hält sich im Heidentum
immer nur mühsam gegen die erste Form aufrecht. Um G ott
wissen darin die Heiden, wie man in der Frage um die offenbare
W ahrheit weiß: so, daß man gegen die W ah rh eit eine W a h r­
heit offen läßt kraft der W ahrheit. Sichtbar ist hier das w issen
um G ott im Übersehen der offenbaren Gegenwart Gottes. Beide
Arten der Verhüllung des offenbaren Gottes durchdringen sich
natürlich sowohl beim einzelnen Heiden als auch in der W elt
der Heiden. Aber beide Arten sind auch sozusagen in sich von­
einander durchdrungen. Denn selbst in der leidenschaftlichen Ant­
w ort des heidnischen Götzendienstes ist, wie w ir sahen, die Frage
nach G ott nicht ertötet, und selbst in der bewegten Frage des

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heidnischen Suchen» nach G ott, ist der Götzendienst nicht zum
Schweigen gebracht. I m Blick auf das Gffenbarfein G ottes ist
die religiöse und sittliche W eltverklärung die radikalere Form
der V erw erfung G ottes. I m Blick aber auf das G ottfein G o t­
tes ist die religiöse und sittliche Frage nach G o tt die entschiede­
nere V erw erfung G ottes. Sachlich und geschichtlich a rte t auch
die erste Form der Leugnung des offenbaren G ottes in M rstizis-
m us, die zweite Form in Aufklärung aus.

D ie M öglichkeit einer B ekenntnis-U nion.^


Von
R a r l Barth.

üb er die Union sprechen heißt ein sehr heißes Eisen a n rü h ­


ren oder in ein Wespennest greifen. B eides soll nicht ange­
nehm fein! Und es soll kirchliche Gegenden geben, wo es ganz
besonders gefährlich ist, dieses Them a anzugreifen. S o habe ich
mich nicht ganz leichten Herzens entschlossen, als Redner über
dieses Them a gerade in diese Gegend mich rufen zu lassen. — E s
ist ja so m it der F rage der Union, daß man immer wieder, wenn
man darüber nachdenkt, glauben möchte, man habe es m it einer
G u a d ra tu r des Zirkels zu tun. W enn man es den Einen recht
macht, so notwendig den Anderen nicht, und wenn man die eine
notwendige S e ite der W a h rh e it sehen will, v e rlie rt man die
andere aus dem Auge. E s ist auch so m it der Frage der Union:
daß man wohl so lange es diese Frage gibt in der evangelischen
Rirche, einem jeden, der dazu eine S tellu n g einnim m t, bedeu­
ten kann: S a g m ir, wie du über die Union denkst und ich sage
dir, w er du bist. B ei diesem Them a kommt es heraus, wer einer
ist. An dieser Frage offenbart sich die B o rn ie rth e it des B o rn ie r­
ten und die Verschwommenheit des Verschwommenen. W ie sollte
ich versprechen können, hier als ein W eiser zu reden? W e r kann
da bestehen? „Befriedigend" pflegen hier eigentlich nur die zu
reden, die so dran sind, daß sie irgend eine ganz einfache p aten t-

i) V ortrag, gehalten am jj . Febr. io ;5 vor einer Versammlung von


Ältesten und Gemeindegliedern zu M . « G l a d b a c h , wiedergegeben nach
einem S t e n o g r a m m .

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