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4.

Sterbehilfe

4.4 Aktive Sterbehilfe – erlauben oder verbieten? (1)


Während sich sowohl die indirekte wie auch die passive Sterbehilfe inzwischen einer breiten Zustim-
mung in Politik und Gesellschaft sicher ist, bleibt die aktive Sterbehilfe und deren genaue Interpreta-
tion weiterhin sehr umstritten.
Aktive Sterbehilfe, auch häufig als Tötung auf Verlangen bezeichnet, liegt dann vor, wenn ein Patient
in seiner aussichtslosen Situation den Todeswunsch hat, diesen aber nicht selbst ausführen kann
oder will, und für dessen Realisierung die Mithilfe einer dritten Person (Arzt oder Verwandter) in An-
spruch nimmt.

Die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland ist bei aktiver Sterbehilfe eindeutig:

§ 216 StGB Tötung auf Verlangen


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(1) I st jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getöteten zur Tötung
bestimmt worden, so ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu er-
kennen.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Selbstbestimmungsrecht des Menschen über sein Leben; eigene Entscheidung über Leben
2 und Tod; Staat hat nicht das Recht durch ein Verbot der aktiven Sterbehilfe das Selbstbe-
stimmungsrecht zu unterlaufen.
Das Recht auf Leben ist das höchste Gut, das der Staat zu schützen hat. Selbstbestimmungs-
3 recht findet dort Grenzen, wo Auswirkungen auf andere mitspielen; jedes Leben ist immer
von Gemeinschaft und Begegnung geprägt.
Recht auf Leben bedeutet nicht Pflicht zum Leben; Recht auf Leben heißt: das Recht haben,
4 das Leben zu beenden; mein Ende bestimme alleine ich.
Freiheit des Menschen bedeutet absolute Selbstbestimmung oder Eigenbesitz, ohne Rück-
5 sichtnahme auf andere.
Wenn das Selbstbestimmungsrecht absolut gilt, wird es langsam zum Standard; Druck auf
6 Patienten wächst, z. B. auf langwierige Pflege zu verzichten, die Familie nicht mehr zu be-
lasten oder keine unnötigen Kosten zu verursachen.
Ob Leben wertlos ist, entscheidet der direkt Betroffene; wird bei unheilbarer Krankheit und
Winfried Röser: Ethik schülernah unterrichten: Sterben & Tod

7 unerträglichen Schmerzen ein Weiterleben als vollkommen wertlos angesehen, ist nach kla-
rer Zustimmung und Einwilligung des Patienten das Leben zu beenden.
Das Ziel jedes Arztes ist das Retten von Leben, nicht das Vernichten; er ist kein Vollstre-
8 cker des Patientenwunsches; schwierig ist die Feststellung der objektiven Richtigkeit des
Todeswunsches; Schwerkranke sind oft nicht mehr in der Lage, sich entsprechend wertfrei
zu äußern.
Lebenswertes Leben gibt es auch im aussichtslosen Krankheitsfall; palliative Therapie zur
9 Schmerzlinderung und Betreuung wirkt aktiver Sterbehilfe entgegen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar, dies bedeutet, dass jeder Mensch in Würde ster-
10 ben darf. Wenn mein Leben durch unheilbare Krankheit und Schmerzen nicht mehr lebens-
wert ist, kann ich mein Leben beenden und damit meine Würde sichern.
© Auer Verlag

A1 Ordne die Meinungen und Fakten nach pro (P) aktiver Sternehilfe und kontra (K) aktiver
­Sterbehilfe. Schreibe P oder K in die jeweiligen Kästen.

II. Ethische Konflikte zur Beendigung des Lebens 49


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