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Grundlagen der BWL II

Prof. Dr. Philipp Wunderlich


Sommersemester 2021
Literaturempfehlung

Standortwahl:
Vahs / Schäfer-Kunz (2015): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., 2015,
S. 97 – 126.

Rechtsformenwahl:
Wöhe / Döring (2013): Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25. Aufl.,
2013, S. 209 – 260.

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Gliederung

1 Managementprozess/ Unternehmensführung
2 Entscheidungstheorie
3 Konstitutive Entscheidungen: Standort und Rechtsform
3.1 Die Wahl des Standorts
3.2 Die Wahl der Rechtsform

4 Organisation
5 Personal

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Ziele dieser Vorlesungseinheit:
Konstitutive Entscheidungen – Standort- und Rechtsformenwahl

Vermittlung folgender Inhalte:


Standortwahl:
• Begriffliche Grundlagen: Standort, Standortentscheidung, Standortfaktor, Agglomeration
• Übersicht und Klassifizierung von Standortfaktoren
(unternehmensbezogene, produktionsbezogene, absatzbezogene Standortfaktoren)
• Nutzwertanalyse als Instrument zur Standortwahl

Rechtsformenwahl:
• Zielkriterien der Rechtsformwahl
• Öffentliche und private Rechtsformen
• Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften
• Merkmale der Rechtsformen privater Unternehmen

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Gliederung

1 Managementprozess/ Unternehmensführung
2 Entscheidungstheorie
3 Konstitutive Entscheidungen: Standort und Rechtsform
3.1 Die Wahl des Standorts
3.2 Die Wahl der Rechtsform

4 Organisation
5 Personal

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Standortentscheidungen

Standorte
geographische Orte, an denen
Unternehmen Leistungen
herstellen und / oder absetzen.

Standortentscheidungen
Entscheidungen darüber,
>
>
>

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 97 f.

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Komplexität von Standortentscheidungen:
Die Standorte von VW

Quelle: www.volkswagen-ag.de.

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Die attraktivsten Regionen der Welt

Quelle: EY (2016), S. 14.

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Die attraktivsten Regionen der Welt

Quelle: EY (2019), S. 5.

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Zahl der Investitionsprojekte sank erstmals seit 2012

Quelle: EY (2019), S. 28.

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Stärken des Standorts Deutschland

Quelle: EY (2016), S. 16.

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Stärken des Standorts Deutschland

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Strategische und operative Standortplanung

Internationale Angebotsstruktur
Was soll in welcher Menge angeboten werden?
Strategische
Standortplanung Internationale Standortstruktur
Verteilung von Produkten, Funktionen, Produktionsstufen auf
Staaten / Regionen

IST : Bestehende SOLL: Zukünftige


Standortstruktur Standortstruktur

Operative Standortmaßnahmen
Standortplanung Wachstum, Strukturveränderung, Schrumpfung

Stilllegung und / oder Errichtung


+
Erweiterungen (inkl. Standortbestimmung)

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 103.

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Wie viele Standorte sollen gewählt werden?

Lokal-differenziert

Global-lokal

Global-integriert

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 106.

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Die Wahl des Standorts – Übersicht möglicher Standortfaktoren

Standortfaktoren
entscheidungsrelevante Kriterien, anhand derer die Eignung eines bestimmten geographischen
Ortes für die Errichtung einer Betriebsstätte geprüft werden kann.

Unternehmens- Produktions- Absatz-


bezogen bezogen bezogen

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 111.

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Die Wahl des Standorts
1. Unternehmensbezogene Standortfaktoren

Gesellschaftliche
Situation

Politische
Situation

Unternehmens- Rechtliche
bezogen Situation

Wirtschafts-
politik

Staatl.
Verwaltung

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 113 f.

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Unterschiede in den Gewerbesteuerhebesätzen in Deutschland

www.destatis.de, Steuern regional (Stand 2011);


gewerbesteuer-hebesatz.de (Stand 2016)
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Die Wahl des Standorts
1. Unternehmensbezogene Standortfaktoren

Gesellschaftliche Sprache, Schrift, Kultur, Religion etc.


Situation > Auswirkung auf Arbeitsleistung / Sicherheit d. AN

Politische Politische Stabilität, Gefahr durch Krieg, Enteignung


Situation oder Änderung wirtschaftl. Rahmenbedingungen

Existierende wettbewerbsrechtl. Regelungen,


Unternehmens- Rechtliche Local-content-Bedingungen, Umwelt- &
bezogen Situation Verbraucherschutz etc. sowie deren Umsetzung

Wirtschafts- Finanz-, Steuer-, Konjunktur- und Beschäftigungs-


politik politik sowie Förderungen wie z.B. Subventionen

Staatl. Effizienz / Bearbeitungsdauer, z.B. bei der


Verwaltung Erteilung von Genehmigungen

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 113 f.

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Die Wahl des Standorts
2. Produktionsbezogene Standortfaktoren

Arbeitskräfte

Grundstücke &
Gebäude

Kapital

Produktions- Öffentliche
bezogen Infrastruktur

Zulieferstruktur

Importmöglichkeiten

Klima & Geologie

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 115 f.

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Die Wahl des Standorts
2. Produktionsbezogene Standortfaktoren

Verfügbarkeit, Qualifikation und Kosten


Arbeitskräfte
sowie „Organisationsgrad“

Grundstücke &
Gebäude

Kapital

Produktions- Öffentliche
bezogen Infrastruktur

Zulieferstruktur

Importmöglichkeiten

Klima & Geologie

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 115 f.

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Arbeitskosten in der europäischen Union 2016 je geleistete Std. in €

www.destatis.de, Pressemitteilung Nr. 125 vom 11.04.2017.

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Arbeitskosten in der europäischen Union 2016 je geleistete Std. in €

www.destatis.de, Pressemitteilung Nr. 142 vom 23.04.2020.

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Die Wahl des Standorts
2. Produktionsbezogene Standortfaktoren

Verfügbarkeit, Qualifikation und Kosten


Arbeitskräfte
sowie „Organisationsgrad“

Grundstücke & Qualität, Quantität und Expansionspotenzial,


Gebäude gewerbliche Nutzungsoptionen

Finanzinfrastruktur (Anzahl u. Qualität von


Kapital
Banken), Kreditmengen und -kosten

Produktions- Öffentliche Verkehrs-, Kommunikationsinfrastr., Energie-


bezogen Infrastruktur und Wasserversorgung, und Abfallentsorgung

Zulieferstruktur

Importmöglichkeiten

Klima & Geologie

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 115 f.

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Breitbandversorgung in Deutschland mit 50 Mbit/s
Die Wahl des Standorts
2. Produktionsbezogene Standortfaktoren

Verfügbarkeit, Qualifikation und Kosten


Arbeitskräfte
sowie „Organisationsgrad“

Grundstücke & Qualität, Quantität und Expansionspotenzial,


Gebäude gewerbliche Nutzungsoptionen

Finanzinfrastruktur (Anzahl u. Qualität von


Kapital
Banken), Kreditmengen und -kosten

Produktions- Öffentliche Verkehrs-, Kommunikationsinfrastr., Energie-


bezogen Infrastruktur und Wasserversorgung, und Abfallentsorgung

Produktionseinrichtungen, Roh-, Hilfs- und


Zulieferstruktur
Betriebsstoffe, Dienstleistungen, F&E

Importmöglichkeiten

Klima & Geologie

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 115 f.

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Agglomeration

Agglomeration / Clusterbildung:
Konzentration von Unternehmen einer
Branche in einer bestimmten Region

Vertikale Agglomeration:
Betriebe unterschiedlicher
Produktionsstufen

Horizontale Agglomeration:
Betriebe auf der gleichen Produktionsstufe

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Die Wahl des Standorts
2. Produktionsbezogene Standortfaktoren

Verfügbarkeit, Qualifikation und Kosten


Arbeitskräfte
sowie „Organisationsgrad“

Grundstücke & Qualität, Quantität und Expansionspotenzial,


Gebäude gewerbliche Nutzungsoptionen

Finanzinfrastruktur (Anzahl u. Qualität von


Kapital
Banken), Kreditmengen und -kosten

Produktions- Öffentliche Verkehrs-, Kommunikationsinfrastr., Energie-


bezogen Infrastruktur und Wasserversorgung, und Abfallentsorgung

Produktionseinrichtungen, Roh-, Hilfs- und


Zulieferstruktur
Betriebsstoffe, Dienstleistungen, F&E

Importzölle und -beschränkungen für nicht auf


Importmöglichkeiten
dem Binnenmarkt erhältliche Waren

Insbesondere für Landwirtschaft und


Klima & Geologie
Tourismus relevant

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 115 f.

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Die Wahl des Standorts
3. Absatzbezogene Standortfaktoren

Lokale
Nachfrage

Konkurrenz-
situation
Absatz-
bezogen
Absatz-
infrastruktur

Export-
möglichkeiten

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 120 f.

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Die wichtigsten Standortfaktoren aus Investorensicht

Quelle: EY (2012), S. 10.

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Methoden der Standortauswahl

Quelle: Vahs / Schäfer-Kunz (2015), S. 123.

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Vorgehen der Nutzwertanalyse

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Die Nutzwertanalyse als Verfahren der Standortauswahl

1 Standort- Gewich- Standort Standort Standort


anforderungen tung Leipzig Karls- War-
(G) ruhe schau

Personalkosten

Verkehrsinfrastruktur

Zuliefersicherheit

Umwelt & Entsorgung

Expansionsmögl.

Kundennähe

Politisches Umfeld

Steuern

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Die Nutzwertanalyse als Verfahren der Standortauswahl

2
Standort- Gewich- Standort Standort Standort
anforderungen tung Leipzig Karls- War-
(G) ruhe schau

Personalkosten 0,3

Verkehrsinfrastruktur 0,2

Zuliefersicherheit 0,1

Umwelt & Entsorgung 0,05

Expansionsmögl. 0,05

Kundennähe 0,15

Politisches Umfeld 0,05

Steuern 0,1

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Die Nutzwertanalyse als Verfahren der Standortauswahl

3 3 3

Standort- Gewich- Standort Standort Standort


anforderungen tung Leipzig Karls- War-
(G) ruhe schau

Personalkosten 0,3 6 4 9

Verkehrsinfrastruktur 0,2 5 10 3

Zuliefersicherheit 0,1 8 7 4

Umwelt & Entsorgung 0,05 7 4 9

Expansionsmögl. 0,05 8 5 8

Kundennähe 0,15 7 10 4

Politisches Umfeld 0,05 10 10 8

Steuern 0,1 7 4 10

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Die Nutzwertanalyse als Verfahren der Standortauswahl

Standort- Gewich- Standort Standort Standort


anforderungen tung Leipzig Karls- War-
4 4 4
(G) ruhe schau

Personalkosten 0,3 6 1,8 4 1,2 9 2,7

Verkehrsinfrastruktur 0,2 5 1 10 2,0 3 0,6

Zuliefersicherheit 0,1 8 0,8 7 0,7 4 0,4

Umwelt & Entsorgung 0,05 7 0,35 4 0,2 9 0,45

Expansionsmögl. 0,05 8 0,4 5 0,25 8 0,4

Kundennähe 0,15 7 1,05 10 1,5 4 0,6

Politisches Umfeld 0,05 10 0,5 10 0,5 8 0,4

Steuern 0,1 7 0,7 4 0,4 10 1

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Die Nutzwertanalyse als Verfahren der Standortauswahl

Standort- Gewich- Standort Standort Standort


anforderungen tung Leipzig Karls- War-
(G) ruhe schau

Personalkosten 0,3 6 1,8 4 1,2 9 2,7

Verkehrsinfrastruktur 0,2 5 1 10 2,0 3 0,6

Zuliefersicherheit 0,1 8 0,8 7 0,7 4 0,4

Umwelt & Entsorgung 0,05 7 0,35 4 0,2 9 0,45

Expansionsmögl. 0,05 8 0,4 5 0,25 8 0,4

Kundennähe 0,15 7 1,05 10 1,5 4 0,6

Politisches Umfeld 0,05 10 0,5 10 0,5 8 0,4

Steuern 0,1 7 0,7 4 0,4 10 1

5 Summe 6,6 6 6,75 6,55

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Übungsfragen zur selbständigen Lernkontrolle (Kap. 3.1)

1. Definieren Sie die Begriffe Standort, Standortentscheidung, -faktoren, -wechsel und -


standortteilung
2. Erläutern Sie die im Rahmen der strategischen und operativen Standortplanung getroffenen
Entscheidungen.
3. Welche Gründe kann es für einen Standortwechsel bereits bestehender (deutscher)
Unternehmen geben?
4. Nennen Sie Beispiele für Funktionen, die typischerweise lokal bzw. global erbracht werden.
5. Nach welchen Kriterien lassen sich Standortfaktoren systematisieren?
6. Nennen und erläutern Sie beispielhaft pro Kategorie jeweils 4 Faktoren.
7. Erläutern Sie das Vorgehen der Nutzwertanalyse.

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