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Entbürokratisierung der Pflegedokumentation


Worauf kommt es an? von Andreas Rüppel
Ende März, pünktlich zur Altenpflegemesse in Hannover, wurden die ersten Ergebnisse des Entbürokratisierungsprojektes unter der
Leitung von Frau Beikirch (Ombudsfrau zur Entbürokratisierung in der Pflege im BMG) vorgestellt.
Insgesamt wurden 23 stationäre und 29 ambulante Einrichtungen aus 5 Bundesländern (Bayern, NRW, Niedersachsen, Schleswig-
Holstein sowie Berlin-Brandenburg) in einem Praxistest in dieses Projekt erfolgreich mit eingebunden. Es liegen somit Ergebnisse aus
der vollstationären und ambulanten Versorgung vor. Der Einsatz in Versorgungsstrukturen der Kurzzeit- und Tagespflege konnte bis-
lang in diesem Projekt nicht verifiziert werden.

Im Kern sollte der derzeitig praktizierte 6-stufige Pflegeprozess auf ein praktikableres Analog der o. g. Themenbereiche wird eine
4-schrittiges System (PDCA) umgestellt werden. Mehrfachdokumentationen und unzählige IST-Statuserhebung inkl. biografischer As-
Einzelleistungsbestätigungen sollten nun endgültig der Vergangenheit angehören. pekte und initialer Risikobeurteilung als
Grundlage der zu vereinbarenden Maßnah-
Bisherige und neue Vorgehensweise im Vergleich: men durchgeführt. Nur in identifizierten Ri-
sikobereichen wird eine spezifische Beurtei-
Bisher Neu lung erforderlich. Eine separate Aufteilung
Pflegeanamnese (modellbezogen) Strukturierte Informationssammlung in Ressourcen, Probleme und Ziele ist nicht
Biografie (SIS) inkl. biografischer Aspekte (the- mehr vorgesehen.
Ressourcen-/Problemanalyse menbezogen in Anlehnung an NBA) Die Maßnahmenbeschreibung kann ab-
Zieldefinition Strukturierte Maßnahmenplanung laufbezogen (tagesstrukturiert) oder the-
Maßnahmenplanung Leistungsbestätigung (geplante Leis- menbezogen (ambulant – integriert in LKs)
tungen, schichtbezogen) erfolgen. Eine Bestätigung der geplanten
Dokumentation der Durchführung (Ein-
Abweichungen über Verlaufsbericht grundpflegerischen Interventionen ist sta-
zelleistungsnachweise)
Ggf. Fallbesprechung/Pflegevisite zur tionär nicht mehr erforderlich („Immer-so-
Abweichungen über Verlaufsbericht
Evaluation Beweis“), wurde allerdings von vielen Pro-
Evaluation jektteilnehmern schichtbezogen praktiziert.
Im ambulanten Bereich wird weiterhin eine
Leistungsbestätigung zur Abrechnung vor-
Die 5 neuen Themenbereiche der SIS genommen. Abweichungen und nicht plan-
1. Kognition und Kommunikation bare Veränderungen sind im Verlaufsbericht
2. Mobilität und Bewegung
ergänzt. Die Evaluation erfolgt in regelmä-
3. Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
ßigen Abständen im Rahmen einer Pflegevi-
4. Selbstversorgung
site und kann über den Bericht bzw. ein Fall-
5. Leben in sozialen Beziehungen
6. Haushaltsführung (nur ambulant!) besprechungsprotokoll abgebildet werden.

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Die Herausforderungen werden: • QM-Einbindung und konzeptionelle


Die größten Schwierigkeiten zeigten Ein- • Entscheidung des Trägers zur Umstel- Anpassungen
richtungen mit einer EDV-gestützten Pflege- lung • Kenntnis und Zustimmung der zu-
dokumentation, da eine strukturelle Anpas- • Genaue Planung der Umstellungs- ständigen Prüfinstanzen wie MDK und
sung und ein Aufbrechen der bestehenden schritte, der Zeitschiene, des zu errei- Heimaufsicht
Logik aktuell als nahezu unlösbar erschien. chenden Ziels sowie der Zwischenziele
Eine Umgestaltung des 13-teiligen Modell- der hierzu vorgesehenen Maßnahmen Eine juristische Stellungnahme zum Thema
prinzips zu einem 5(6)-teiligen Themenbe- • Einhaltung der Zwischenziele – erst liegt bereits ebenfalls vor. Diese wurde von
reich wird Anbieter von Softwarelösungen wenn alle am Prozess Beteiligten das einer für das Projekt hinzugezogenen Grup-
vor die nächste Herausforderung stellen. Wissen haben, kann die Dokumentati- pe z. T. bekannter Rechtsanwälte im Rah-
Auch hier wird zukünftig eine gewisse Do- onsstruktur geändert werden men der sogenannten “Kasseler Erklärung“
kumentationsvariable der einzelnen Einrich- • Intensive auf das Mitarbeiterklientel vor wenigen Monaten veröffentlicht und als
tungen bei der Entscheidungsfindung zum angepasste Schulungskonzepte zur unbedenklich eingestuft. Allerdings zeigt
Einsatz der Lösungen eine erhebliche Rolle Änderung der modellbezogenen zur sich leider meist erst in einer gerichtlichen
spielen. themenbezogenen Sichtweise Auseinandersetzung, ob Theorie und Praxis
• Absolute Kenntnisse und Strukturvor- hier in Einklang gebracht werden können.
Umsetzungsempfehlungen gaben zur Einschätzung und Verfol- Mittlerweile sind die detaillierten Ergeb-
Nachfolgende Empfehlungen sollten bei gung von Risikobereichen (insbeson- nisse auch im Downloadbereich des BMG
einer geplanten Umsetzung berücksichtigt dere Expertenstandards) abrufbar.

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Expertenstandard - Schmerzmanagement in
der Pflege bei chronischen Schmerzen
Es gilt die Abgrenzung zum akuten Schmerz zu erkennen!
von Andreas Rüppel
Der neu erarbeitete und im Oktober letzten Er bildet das Pendant zum bereits bestehen- Der Schwerpunkt für die Pflegenden in der
Jahres im Rahmen einer Fachkonferenz prä- den Expertenstandard Schmerzmanagement weiteren Vorgehensweise liegt insbesondere
sentierte Expertenstandard wurde jüngst im in der Pflege bei akuten Schmerzen in der ak- zu Beginn des pflegerischen Auftrags in der
April veröffentlicht und gilt sozialrechtlich tualisierten Fassung aus 2011. Sinnvollerweise Erhebung und Unterscheidung, ob es sich bei
somit als umsetzungspflichtig für Einrich- bietet es sich deshalb auch an, beide Stan- der vorliegenden Schmerzsituation um einen
tungen des SGBXI und zivilrechtlich für alle dards gemeinsam bzw. nebeneinander in der akuten oder chronischen Schmerz handelt.
pflegenden Institutionen. Einrichtung zu implementieren.

26. Ausgabe / 2014 17

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