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Welche verfahrenstechnischen
Prozesse sind erforderlich, um ein
Brot herzustellen / zu backen?
Gegenüberstellung
eines historisch-manuellen und
eines modernen Verfahrens
Lotta Scharf
Elena Christov
Michelle Hülsemann
Abgabetermin: WS 2015/16
1 Einleitung ……………………………………………………………… 03
1.1 Geschichte der Brot-Herstellungsverfahren ……………………. 05
1.2 Brot als Lebensmittel …………………………………………... 06
6 Fazit ……………………………………………………………………… 68
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1 Einleitung
Ein Brot, das wohl bedeutendste Nahrungsmittel für den Menschen, wird innerhalb der
hier vorliegenden Projektarbeit in Bezug auf sein Herstellungsverfahren thematisiert,
vorgestellt und untersucht. Im Fokus der Untersuchungen stehen die verfahrungstechni-
schen Produktionsprozesse, die erforderlich sind, um technisch ein Brot herzustellen,
bzw. backen zu können. Dazu gehören die baulichen Voraussetzungen, die prozesstech-
nischen Modalitäten sowie auch energetische Betrachtungen.
Der Vergleich zwischen einem historischen- und einem industriellen Produktionspro-
zess, als verfahrenstechnischer Produktionsprozess, zeigt auf, welche Stoffströme einst
und heute zum erwünschten Produkt geführt haben / führen.
Das erzeugte Produkt „Brot“ bleibt in seiner essbaren Erscheinung von der Zeit unver-
ändert. Vor 100 Jahren war ein Brot, genauso wie heute, nur ein Brot. Lediglich der
Produktionsprozess und dessen Modalitäten wurden zeitgemäß transferiert und techni-
siert. Technik ist die Art und Weise, mit der ein Produktionsprozess vorangetrieben /
umgesetzt wird.
„Ein Brot kauft man im Laden oder beim Bäcker1…“, diese prägnante Feststellung
könnte die kurze Antwort auf die Frage an einen Schüler2 sein: „Wo kommt das Brot
her?“
Das Produkt Brot entsteht in einem vielschichtigen verfahrenstechnischen Produktions-
prozess. Die grobe Übersicht (sh. Abb.1: S. 4) zeigt den Weg vom Korn zum Brot auf.
Thematisch soll in dieser Arbeit auf die farblich hinterlegten verfahrenstechnischen
Prozesse detailliert eingegangen werden. Um die Produktionseinrichtung bzw. die ur-
sächliche Funktionalität der Produktionsstätte zusammenhängend zu verdeutlichen,
wird einleitend aus bautechnischer Sicht die Produktionsstätte „historischer Backofen“
vorgestellt. Die Stoffströme des verfahrenstechnischen Vorganges in einem historischen
Backofen unterscheiden sich prinzipiell nicht von dem eines modernen Backverfahrens.
Ein detailliert dokumentierter Fotovergleich stellte beide Verfahren direkt gegenüber,
benennt alle Schritte innerhalb eines kompletten Backprozesses und deklariert, soweit
dies möglich ist, bautechnische, energetische sowie biochemische Prozesse in grund-
sätzlicher Analogie. Absicht ist es, nachhaltig aufzuzeigen, dass die Stoffströme inner-
halb der Produktionsprozesse prinzipiell identisch sind, im Jahre 1900, wie auch heute.
1
mit „Bäcker“ werden in dieser Facharbeit Bäckerinnen und Bäcker bezeichnet
2
mit „Schüler“ werden in dieser Facharbeit Schülerin und Schüler bezeichnet
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Diese wissenschaftliche Projektarbeit schließt mit dem folgerichtigen Gedanken, den
verfahrenstechnischen Prozess des Brotbackens umfassend, nachhaltig und methodisch
für die Schüler des WAT-Unterrichtes aufzubereiten und interessant darzustellen.
Anmerkung:
Eine ausschließlich verbale Beschreibung der Vorgänge und Verfahren kann der hier
dargestellten Thematik nicht gerecht werden. Um gegenüberstellende Untersuchungen
im Kontext aufzuzeigen, wird für diese Projektarbeit eine bildhaft-verbale Darstellungs-
form der Abläufe, Verfahren und Prozesse verwendet. Dazu gehören Fluss- und Block-
diagramme, schematische Übersichten, Zeichnungen /Skizzen sowie Fotoserien, die die
Kausalitäten der technischen Verfahren verdeutlichen.
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1.1 Geschichte der Brot-Herstellungsverfahren
Auf einem heißen Stein, der am oder auch im wärmenden Feuer lag, begann die Ge-
schichte des Brotbackens mit einem fladenbrotähnlichen Teigprodukt. Zum Ende der
Jungsteinzeit (vor etwa 10.000 Jahren) ließ man einen Getreidebrei auf einem heißen
Stein trocknen und buk so das erste Brot. Es wird vermutet, dass das Backen von Brot
in der uns bekannten Laibform, aus gegorenem Teig in einem Ofen, erstmalig durch die
Babylonier erfolgte. Über die Ägypter, Griechen und Römer breitete sich das Brotba-
cken als Kunsthandwerk in der damaligen Welt aus und wurden regional modifiziert.
Lehmbacköfen der jüngeren Steinzeit, rumänische Lehmbackglocken, hebräische Fla-
denöfen, nordafrikanische Backglockenöfen, römische Hausbacköfen usw. perfektio-
nierten die Technik des Backens. Die Menschen passten die Verfahren des Backens an
ihre örtlichen Gegebenheiten / Lebensumstände an. Im deutschsprachigen Gebiet geht
man davon aus, dass das Brot in Laibform erst gegen Mitte des ersten Jahrtausends un-
serer Zeitrechnung populär wurde. Für den Großteil der Bevölkerung spielte Brot erst
ab dem späten Mittelalter eine besondere Rolle. Backen war kostspielig, und so zog
man es bis dahin vor, sich mit Getreidebrei zu ernähren.
Das Handwerk des Bäckers war (und ist) ein eingetragenes Zunfthandwerk. Die bestän-
dige Suche nach Verfahren, die die Arbeit erleichterten und die Produkte wirtschaftli-
cher herstellen ließ, fanden in der Erfindung von ersten Teigknetmaschinen (18. Jh.),
der Züchtung von Backhefen (19. Jh.) und letztendlich in der Mechanisierung durch die
Industrialisierung, die im Bäckereigewerbe allerdings erst in den 1950er-Jahren einsetz-
te, eine konsequente Entwicklung der Arbeitsweisen.
Verfahrenstechnisch reifte der Prozess des Brotbackens vom Backen auf dem Backstein
zum vollautomatischen Backprozess.
Die folgende Übersicht benennt die Entwicklungsstufen der Bäckereitechnik vom aus-
gehenden 19. Jh. bis heute und zeigt auf, dass der Anteil an manuellen Tätigkeiten mit
dem Grad der Mechanisierung abnimmt.
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Abb.2: Übersicht über die Entwicklungsstufen der Bäckereitechnik 4
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dementsprechend aus einem gärungsgelockerten Teig hergestellt und sind Mahlproduk-
te der Brotgetreide Weizen, Roggen oder eines Hybrids aus diesen beiden. Nichtbrotge-
treiden wie Gerste, Hafer, Mais und auch Reis, fehlen die zum Backen notwendigen
Klebereiweiße (Gluten) und Enzyme. Durch das Mischen mit Brotgetreidemehl (Rog-
gen und Weizen) ist es möglich, mit Nichtbrotgetreiden und auch mit Kartoffeln (sh.
unser historisches Backen) Brot zu backen. Die Lagerung von Brot sollte bei Temperau-
ren von 15 bis 20° C sowie einer relativen Luftfeuchte von etwa 60% erfolgen. Je nach
Größe und Roggengehalt sind Brote zwischen vier und vierzehn Tagen haltbar.
5
so genannt in der ausgestellten Baugenehmigung
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Der Bauherr des Backofens hat seine Konzeption innerhalb eines Flussdiagrammes6 (sh.
Abb.3) schematisch dargestellt:
Idee
Literaturrecherchen vorhandene Objekte
Beispielsuche
Internetrecherchen Erfahrungen Dritter
steinfeger-
Prüfung der
Schorn-
meister
Materia beschaffung
baulichen gefestigte Idee
und Einlagerung
Voraussetzungen
Bauabsicht
Planung
steinfeger-
Schorn-
meister
Genehmigungs-
Bauantrag
planung
Bauamt
Vorbereitung der
Baustelle
Bauamt
Baugenehmigung Baubeginn
Bauausführung
steinfeger-
Schorn-
meister
Fertigstellungs-
meldung
Fertigstellung
Bauamt
Fertigstellungs-
meldung
Bauamt
Abnahmebescheid
Abnahmeschein
steinfeger-
1.
Schorn-
meister
Abnahmebescheid
Backofenfest
Inbetriebnahme
6
Abb. vom Backofenbesitzer zur Verfügung gestellt
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Nach Rücksprachen mit der zuständigen Unteren Bauaufsichtsbehörde wurde dem
Bauherrn mitgeteilt, dass es sich bei dem angedachten Projekt um ein genehmigungs-
pflichtiges Vorhaben handeln würde und sowohl der Bezirksschornsteinfegermeister als
auch die angrenzenden Nachbarn beim bauamtlichen Verfahren zu beteiligen wären.
Nachdem die grundsätzlichen Voraussetzungen geklärt worden waren, konnte mit der
Planung7 (Entwurfsplanung / Genehmigungsplanung) begonnen werden. Erst nach der
Erteilung der amtlichen Baugenehmigung durfte der erste Spatenstich getätigt werden.
Mit der Fertigstellungsmeldung des Bauwerks an die Untere Bauaufsichtsbehörde und
nach Vorlage der Abnahmebescheinigung des Bezirksschornsteinfegermeisters, konnte
das erste Anheizen, die Inbetriebnahme erfolgen. Produkte und Produktion bedingen
das Vorhandensein einer Produktionsanlage. Ein Backofen, als kleines solitäres Bau-
werk, eignet sich sehr gut, um gerade im WAT-Unterricht den Schülern prinzipielle Zu-
sammenhänge nachhaltig aufzuzeigen.
Baubeschreibung
Die Größe des Backraumes:
Die Größe des Backraumes wird der zu erwartenden Nutzung angepasst. Da sich diese
ausschließlich auf ein privates Betreiben für die Familie beschränken wird, wird die
Größe des Backraumes auf ca. 1 m² (12 Brote zu je einem Kg) begrenzt.
7
einen Bauantrag einreichen darf nur ein Bauvorlageberechtigter mit einer im jeweiligen Bundesland
ausgestellten Zulassung
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Das Baumaterial:
Der Baukörper und die Dacheindeckung werden, soweit dies möglich ist, mit wieder-
gewonnenen / geborgenen Baustoffen erstellt. Für den Backraum werden Schamotte-
steine verwendet, die nach den Regeln der Baukunst verarbeitet werden.
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Fundament:
Das Gebäude wird frostfrei gegründet und soll als monolithisches Streifenfundament
mit Beton der Festigkeitsklasse C 16/20 mit doppelter Bewehrungseinlage ausgeführt
werden.
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Abb.6: Schnittdarstellung Backofen10
Die Betonplatte ist allseitig konstruktiv vom Untergrund sowie von den angrenzenden
Bauteilen getrennt (schwimmender Aufbau, Gleitlager aus Bitumenpappe und Rand-
streifen). Grund dafür ist das Ausdehnungsverhalten von Beton, der sich der sich bei
starker Erwärmung ausdehnt und das ihn umschließende Mauerwerk beschädigen wür-
de. Der Backboden erhält eine ca. 5 %ige Längsneigung (Gefälle) zur Ofentür. Der
Grund hierfür ist der zum Bäcker geneigte Boden, durch den der Brotschieber leichter
untergeschoben werden kann. Die Stärke der Betonplatte ist mit ca. 10 cm Beton, einer
zweifachen Baustahlmattenbewehrung sowie umlaufenden Auflageflächen auskömm-
lich dimensioniert.
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Abb.7: Grundriss des Backofens11
Das Ofengewölbe:
Das Mauern des Ofengewölbes erfolgt als langgestreckter Korbbogen13 mit senkrechten
Schildmauern. In die vordere Schildmauer wird die Ofentür angeordnet, in die hintere
der Schieber zum Regulieren des Zuges. Die maximale Höhe (Stichhöhe) des Gewölbes
beträgt 50 cm.
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Das Gewölbe (Lehrgerüst):
Zum Mauern des Bogens wird ein verlorenes Lehrgerüst angefertigt, welches der nega-
tiven Schale des Gewölbes entspricht. Diese Konstruktion ist am Einfachsten herzustel-
len, wenn dazu aus Plattenwerkstoff die Querschnittsform des späteren Gewölbes aus-
geschnitten wird und darauf schmale Leistenstreifen befestigt werden. Je schmaler die
Leisten, desto gleichmäßiger gestaltet sich die Gewölbeform. Da die Belastung des
Lehrgerüstes während des Aufmauerns des Schamottegewölbes gering ist, muss auf die
Stabilität dieser Konstruktion kein großes Augenmerk gelegt werden. Das Lehrgerüst
kann nach dem Fertigstellen des Gewölbes nicht wiederverwendet werden. Es muss
freigebrannt werden. Die verwendeten Schrauben müssen (abgezählt) aus der Asche
entfernt werden!
Die Rauchgasführung:
Die Rauchgasführung erfolgt vom Backraum zum hinteren Bereich des Ofens zum
Schornstein. Durch die Zugrichtung des Abbrandes - von der Tür, durch die Brenn-
kammer zum Schornstein -, kann die abgegebene Wärme den Backraum gleichmäßig
aufheizen. Die Verbrennungsabgase werden über einen sich im hinteren Bereich des
Gewölbes befindlichen Rauchgasabzug zum Schornstein geleitet. Die Öffnung von der
Brennkammer zum Schornstein kann mittels eines Schiebers reguliert werden. Auf-
grund der hohen Abgastemperaturen ist unbedingt ein gusseiserner Schieber zu verwen-
den.
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Fotos: links: Schornsteindurchbruch durch den Firstbereich
rechts: Brennkammer (nach dem Backen) mit Zugöffnung (1/2 geschlossen)
Gewölbedämmung:
Die Gewölbedämmung verhindert einen übermäßigen Wärmeverlust während des
Backvorganges. Sie wird ebenfalls aus Leichtlehm, in fünf Lagen, erstellt. Die gesamte
Aufbaustärke beträgt allseitig 15-18 cm und ist mit verzinktem Kaninchendraht lagen-
weise bewehrt.
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Foto: Leichtlehmoberfläche Backgewölbe mit Getreidekeimen
Die Dachkonstruktion:
Die Ausführung des Dachstuhls erfolgt als Sparrendach. Ein überdachter Backofenvor-
bau bietet besonders bei schlechtem Wetter Schutz für den Bäcker. Das Dach wird mit
Biberschwanzziegeln in Kronendeckung gedeckt. Auf die Einfassung des Schornstein-
kopfes kann verzichtet werden.
Fotos: links: abgebundener Dachstuhl /rechts: gerichteter Dachstuhl mit Lattung, beim Dachdecken
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Die Backöffnung:
Die Backöffnung wird mit einer schamottegedämmten Tür zugfrei (fast luftdicht) ver-
schlossen.
Fotos: links: Ofentür Schnitt / rechts: geöffnete Ofentür mit Schamotte gedämmt
Messwertaufnahme:
Im oberen Bereich des Backgewölbes wird nach dem Anheizen ein Stabthermometer
(Messbereich 50°C – 550°C) eingebracht. Während des aktiven Heizens muss dieses
Thermometer aus der Backöffnung entfernt werden (thermische Zerstörungsgefahr).
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3 Backvorgang als Fertigungsverfahren / Verfahrenstechnik
Verfahrenstechnik ist die Umwandlung von Stoffen zu Produkten. Aus Erdöl wird
Kraftstoff, aus Holz Papier und aus Getreide Brot, so könnte es einfach formuliert wer-
den. Auf der Internetseite14 der Fakultät III der TU Berlin wird der Begriff der Verfah-
renstechnik wie folgt beschrieben:
14
Vgl. Internetquelle: o.V.; Technische Universität Berlin (2015)
15
Vgl. Internetquelle: Eschenhagen, U. (2014)
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eine Stoffumsetzung / Umwandlung stattfindet. Die Verfahrenstechnik wird in drei
grundsätzliche Bereiche unterschieden:
- Mechanische Verfahrenstechnik
- Chemische Verfahrenstechnik
- Thermische Verfahrenstechnik
- (Sonstige)
16
Vgl. Internetquelle: Stille, P.; Janßen, H. (2014) , S.3
17
Vgl. Internetquelle: Stille, P.; Janßen, H. (2014) , S.3 ; mit selbst erstellter Erweiterung
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Die allgemeine Darstellung eines Brot- Backverfahrens innerhalb eines Blockdiagramms ist
sowohl beim historischen- als auch beim modernen Backvorgang konvergent und in seinem
Fluss identisch. Eingangsgrößen, Stoffumwandlungsprozesse und Ausgangsgrößen sind
zeitlos gleich, sie beginnen mit dem Lagern des Getreides und enden mit dem Verteilen /
Vertrieb des Erzeugnisses, nämlich dem Brot. An der prinzipiellen Struktur der verfahrens-
technischen Abläufe hat sich nichts verändert, nur in den Modalitäten der einzelnen Prozesse
werden Unterschiede deutlich, die im Folgenden benannt werden sollen.
Anmerkung:
Die vergleichende Darstellung beider Verfahren ist dafür zwingend erforderlich. Wir haben
uns bemüht, beide Verfahren in ihrer jeweiligen Zeit, im Jahr 1900 sowie 2015, zu beschrei-
ben. Die sich anschließende direkte Gegenüberstellung der verfahrenstechnischen Prozesse
verdeutlicht, dass das Wesen des Prozesses gleich geblieben ist. Durch die Industrialisierung
der Prozesstechnik, haben sich die Methoden, Mengen, benötigte Zeit, jedoch nicht das
Produkt selbst, verändert. Zur späteren Verwendung für den WAT-Unterricht haben wir die
Prozesse direkt gegenübergestellt und vergleichend beschrieben.
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Abb.9: allgemeine Darstellung eines Brot- Backverfahrens18
18
Abb. selbst erstellt
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3.1 Historisches Backverfahren
Das von uns nachempfundene und beschriebe-
ne historische Backen von Broten hätte in der
wilhelminischen Zeit19 wohlmöglich so stattge-
funden haben können. Für diesen geschichtli-
chen Produktionsprozess haben wir versucht,
uns so weit wie möglich auch mit den Bedin-
gungen des Jahres 1900 zu arrangieren und be-
schreiben die selbsterlebten und nachempfun-
denen Verfahrensweise wie folgt:
Im Dorf Haage, im westlichen Havelland,
brannte das erste elektrische Licht im Jahre
1919. Wie buk man in diesem Dorf seine Brote? Intervalle beschreiben immer Abstän-
de, die in ihren zeitlichen Zwischenräumen solange etwas geschehen lassen bis Neues
beginnt oder Bekanntes in einem gleichen oder auch anderen Zeitraum fortgesetzt wird.
Eine dieser lebenswichtigen zeitlichen Einheiten war an den Kellerdecken der Bauern-
häuser und Katen abzulesen. So gab ein gerade mal zwei-meter-langes Brett, welches
mit Ketten mäusesicher und möglichst in der Nähe eines Kellerfensters von der Decke
herabhing, darüber Auskunft, wann der nächste Backtag abzuhalten wäre. Fast zwei
Wochen lang aß eine Familie die in einem Backgang gebackenen Brote. Mit dem zur
Neige gehen des Brotvorrates begann das Backen als dörfliches Gemeinschaftsereignis.
Das Backen der Brote an sich war, neben dem Heizen und dem Kehren des Ofens, nur
ein kleiner Teil von dem, was an einem solchen Tag20 zu erledigen war. … So wurde am
Vorabend des Backtages in der Dorfgemeinschaft die Reihenfolge des Backens ausge-
lost, die Kinder wurden mit einem Tonkrug ausgeschickt, um bei der Bäuerin eine gehö-
rige Kelle Sauerteig zu erbitten und begann anschließend die hölzerne Backmolle zu
reinigen. Bereits am Abend vor dem eigentlichen Backen wurde der Ofen angeheizt.
Heizen bedeutete nicht ein Feuer im Ofen anzuzünden, vielmehr fand mit diesem Feuer
eine kontinuierliche Wärmeübertragung vom verbrennenden Holz in die Wände des
speichernden schweren Ofengewölbes statt. Dieses Heizen eines Backofens ist mit dem
Laden eines Akkumulators vergleichbar.
Das Mehl, so es nicht direkt aus der Haager Mühle bezogen wurde, musste kräftezeh-
rend manuell gemahlen werden. Nach dem Anheizen des Ofens, wobei das Brennholz
19
1888-1918
20
es waren immer zwei Tage
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immer wieder nachgelegt werden musste, wurde der Vorteig angesetzt. Sauerteig war
das Triebmittel zur Lockerung des Backwerks und machte Roggenteige backfähig. Die
gehörige Kelle sauren Teigs wurde nunmehr mit der ersten Hälfte des Mehls sowie
handwarmen Wasser vermengt und zu einem breiigen Teig verrührt. Die hölzerne Molle
stand dabei auf zwei Stühlen in der Küche vor dem Holzherd und nahm den Vorteig
auf. Wärme und Feuchtigkeit waren hier ein guter Nährboden für die Vermehrung von
Bakterien, wie zum Beispiel die Milchsäurebakterien Lactobacillus plantarum21. Die
Backvorbereitungen an diesem Vortage wurden hiermit abgeschlossen. Alles Weitere
erledigen die Bakterien vor dem warmen Herd, in dem zur Nacht nun wertvolle Kohlen
oder schwere Eichenkloben eingelegt wurden, damit die Glut die Wärme halten konnte.
Am Morgen des eigentlichen Backtages zeigten kleine Bläschen im Teig an, dass bakte-
rielle Aktivitäten stattgefunden hatten und der Vorteig durchsäuert war. Die zweite
Hälfte des Mehls, das Schrot, der Quark, das Salz, die Gewürze, das Wasser und auch
die gekochte Kartoffelstampfe, wurden nun mit in den Holztrog gegeben, womit das
kräfteraubende Kneten des Teiges begann. Alles musste gründlich durchmengt werden,
damit der Lactobacillus sich erneut gleichmäßig verteilen konnten. Aus der breiigen
Konsistenz entstand nun eine Masse, die nicht mehr an den Händen kleben, aber auch
nicht zu trocken sein durfte. Im Anschluss ließ man dem Teig seine Ruhe, die sognannte
Teigruhe, deckte ihn mit dem Backtuch ab und überließ der Vitalität des Lactobacillus
nun wieder das Feld, die nun den gesamten Teig zu durchsäuern hatten. Der Teig be-
gann zu gehen und hob bei diesem Vorgang auch das abdeckende Backtuch an. Jede
Familie hatte ihre eigenen Brotrezepte. Unsere Brote erhielten: Koriander, Kümmel,
Anis und Fenchel. Diese Gewürze wurden mit einer Handmühle fein gemahlen und be-
reits mit dem Schrotanteil in den Vorteig gegeben.
Nachdem die Speicherkapazität der Ofenwandungen eine wärmetechnische Sättigung
erfahren hatte, wurden die Asche und die restlichen noch glühenden Holzstücke ausge-
kehrt, die heißen Schamottebodensteine immer wieder mit einem triefend nassem Tuch
gewischt und die Zugöffnung des Schornsteins verschlossen. Zum Auskehren wurde
hierfür ein Besen mit Metallborsten verwendet.
Hatte der Ofen die richtige Temperatur erreicht (bei uns waren das genau 300°C), die
mit sich beständig wiederholendem Auswischen auch langsam gesenkt werden konnte,
begann das Formen der Laiber. In jeder, der von uns verwendeten Backschüsseln war
Teig für sechs Ein-Kilo-Brote vorhanden, der mit einem großen Teigstecher in sechs
21
Milchsäurebakterien wie Lactobacillus plantarum, Lactobacillus brevis oder Lactobacillus fermentum
bilden zusammen mit Hefen (Gattungen Saccharomyces, Torulopsis Candida) die Flora des Sauerteigs
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gleichmäßige Portionen eingeteilt werden konnte und in den vorbereiteten Brotkorb ge-
drückt wurde. Beim Backen werden Brotkörbe, auch Gärkörbe genannt, aus unbehan-
deltem Korbgeflecht verwendet. Diese Brotbackkörbe werden ausschließlich dafür ver-
wendet, dem Brot seine Form zu geben und den Teig im Korb noch einmal gehen zu
lassen. Brotbackkörbe werden seit Jahrhunderten verwendet und dürfen auf keinen Fall
mit in den Ofen gelangen!
Die geformten und zum Backen vorbereiteten Brote (12 Stück an der Zahl) wurden nun
in den Ofen eingeschossen. Das muss, soweit dieses geht, gleichzeitig erfolgen.
Dieser Vorgang wird 12x wiederholt, bis alle 12 Brote in den Ofen geschossen wurden.
Nach ca. ½ Stunde Backzeit wird Wasser auf den heißen Backboden in den Ofen gegos-
sen, die sogenannte Schwadengabe. Hierdurch wird die Krustenbildung reguliert. Der
Schwaden (auch Wrasen oder Dampf, man denke an Nebelschwaden) hat beim Backen
von Broten mit Roggenanteilen die gleiche Wir-
kung wie bei Broten mit Weizenanteilen. Nach ca.
einer Stunde wird das erste Brot aus dem Ofen her-
ausgeholt und begutachtet. Die erfahrene Hand des
Bäckers beginnt mit dem Klopfen und dem in der
Hand Wiegen des Brotes. Der Bäcker hat es sozu-
sagen in der Hand und im Ohr, den Backstatus des
Brotes zu testen. Am Gewicht erkennt er, wieviel
Wasser noch im Teig steckt und der Ton, der durch
das Klopfen an der Unterseite des Brotes entsteht,
gibt an, ob die Brote nicht doch noch lieber einen
Moment länger im Ofen verbleiben sollten.
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Sind die Brote ausgebacken, werden sie zum Abkühlen in das Brotregal gelegt. Wäh-
rend die Brote abkühlen, wird damit begonnen, Kuchen oder anderweitiges Kleingebäck
in den Ofen einzubringen, um die Restwärme des Ofens auszunutzen.
Anmerkungen:
Wir kauften den Sauerteig in einer Falkenseer Bäckerei, verwendeten emaillierte Schüs-
seln und benutzten beim Mahlen des Getreides auch eine elektrische Getreidemühle.
Die Getreidesäcke kamen nicht vom Bauern, vielmehr kauften wir das bereits gereinigte
Getreide im Hofladen im Nachbardorf.
Ein Backvorgang als Fertigungsverfahren der Stoffumwandlung, ist die Summe aus ver-
schiedenen miteinander wirkenden und aufeinander abzustimmenden Prozessen und un-
terteilt sich in folgende Verfahrenstechniken:
Mechanische Verfahrenstechnik:
Sieben, Mahlen, Rühren, Kneten, Schneiden, Verpacken, Dosieren, Transportieren
Chemische Verfahrenstechnik:
Bio-Chemische Reaktion durch Milchsäurebakterien, Pyrolyse
Thermische Verfahrenstechnik:
Erhitzen, Abkühlen, Rösten, Trocknen
Sonstige:
Biologische Abwasserbehandlung, Lagern
Anmerkung:
Die hier verwendete Farbgebung haben wir bei auch der Gegenüberstellung der Back-
verfahren verwendet.
Das Heizen und Abkühlen des Ofens, als thermischer Prozess, fand ein besonderes Au-
genmerk. Die Aufnahme der Messwerte konnte nur ohne direkte Beflammung erfolgen,
da einen direkte Beflammung zur Zerstörung des Thermometers geführt hätte.
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Tab.1: Aufnahme der Temperaturen im Backofen während eines Backvorganges22
Außentemperatur: + 11,0°C / 6,0°C
Beginn der Messwert-
19.12.15 / 11:00 Uhr
aufnahme
Parameter:
Ende der Messwert-
analoges Bimetall-Stabthermometer Firma 20.12.15 / 20:00 Uhr
aufnahme
Häussler Messbereich: 50°C bis 550°C
10:00 80
14:00 65
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Abb.10: Messwerte des historischen Backofens23
Aus dem dargestellten Temperaturverlauf wird ersichtlich, dass das Zeitfenster, in dem
Brot gebacken werden kann (ca. eine Stunde), sehr gering ist. Die Energie, die aufge-
wendet werden muss, damit der erforderliche Temperaturbereich für den Brot-
Backvorgang eingestellt werden kann, wird für das Backen von Brot ausschließlich im
hellblau dargestellten Bereich verwendet. Die Restwärme des Ofens wird zum Backen
von Kleingebäck, Kuchen und Brötchen weiter genutzt. Auch das Dörren von Obst und
Gemüse ist unter 100 °C möglich.
23
selbsterstellte Grafik mit den Messdaten der Tab. 1
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Wirken (Kneten) des Teigs, nach der Gare, werden die hier beim Gärungsprozess ent-
standenen großen Blasen beseitigt. In einer Wirkmaschine werden die mittlerweile in
Stücke geteilten Teige durchgearbeitet, wodurch die Laibe eine gleichmäßige Porigkeit
erhalten und erneut in einen Gärschrank bis zur Ofenreife verwahrt werden. Nach dem
Erreichen der Ofenreife werden die Brotrohlinge in den Backofen eingeschossen. Ein
Rechner stellt diese Ofenreife fest und steuert das Transportband der Backstraße. Der
Ofen der Bäckerei ist stufenlos regulierbar. Das Einschießen der Brotmengen lässt die
Backtemperatur abrupt absinken, was messtechnisch sofort erfasst und elektronisch
nachgeregelt wird. Die Backtemperatur industrieller Öfen liegt zwischen 200 und
250° C, die Backdauer beträgt zwischen 20 und 90 Minuten. Nach dem Abkühlen der
Brote mit einer sich anschließenden mehrstündigen Zwischenlagerung werden die Brote
für den Vertrieb verpackt und ausgeliefert.
24
Beschreibung Modernes Backverfahren und Bilder aus der „Landbrot Fibel“ Großbäckerei Märkisches
Landbrot GmbH (sh. Anlage 3); Wohlers, H. (2014)
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dunklen Teige wollen lieber langsam und bedächtig, die hellen etwas
schneller und kräftiger durchgewalkt werden. Nachdem der Teig ruhte, wird
er geteilt und portioniert. Die runden Brote werden in Handarbeit geformt,
die kastenförmigen von Hand in die Backformen gelegt. Bevor sich die Brot-
laibe zu einer weiteren Ruhepause in den Garraum zurückziehen, kommt der
große Moment, in dem der Bäcker dem geformten Teig die Brotmarke auf-
drückt, dem Brot seinen ›Odem‹ gibt.
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Lagerhaltung
Modernes Verfahren:
Fotos: links: Lager für Gerste / rechts: in Silos lagert das gereinigte Getreide (hier Weizen und Roggen)
Das in der Neuköllner Großbäckerei verwendete Getreide kommt vollständig aus Deme-
ter-Anbau (80 Prozent aus der Region Berlin-Brandenburg). Die Lagertemperatur liegt
zwischen 8-9°C. Dinkel und Gerste werden in Mehrwegsäcken geleifert, Salz in Plastik-
tüten. Roggen und Weizen werden in großen Silos gelagert. Jeder Silo fasst 18 t Getrei-
de. Die Körner werden mittels Druckluftanlage vom Silo zu den Mühlen transportiert.
Das Getreidelager ist mit Schlupfwespen- und Mausefallen (Nagerköderstationen) aus-
gestattet.
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Historisch-manuelles Verfahren:
Das verwendete Mehl kommt direkt vom Bauern und muss vor dem Mahlen gründlich
gereinigt werden. Dieses Reinigen ist sehr zeitaufwendig und erfolgt mit großen Sieben.
Gelagert wird das Getreide mäusesicher in einer großen Truhe an einem kühlen Platz im
Stall oder der Scheune.
Getreide mahlen
Modernes Verfahren:
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Fotos: links: Schrotmaschine von vorne / rechts: Schrotmaschine von der Seite
Gereinigtes Getreide gelangt durch ein Schüttel- und ein Trommelsieb in die Mühle.
Das Korn der Großbäckerei Märkisches Landbrot GmbH wird täglich frisch auf original
Osttiroler Steinmühlen schonend gemahlen, damit möglichst viele der licht- und sauer-
stoffempfindlichen Aroma- und Vitalstoffe erhalten bleiben. Die Müller der Großbäcke-
rei mahlen es täglich zu Schrot und Vollkornmehl, welches noch handwarm in den Tei-
gen verarbeitet wird. 90 Prozent aller in der Bäckerei hergestellten Produkte beinhalten
frisch gemahlenes Getreide.
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Historisch-manuelles Verfahren:
Manuell Getreide zu mahlen erfordert einen großen Kraftaufwand. Für 12 Brote muss-
ten 8kg Mehl gemahlen werden. 120g könnten (gem. Angabe im Datenblatt der däni-
sche Diamant Mühle) pro Minute gemahlen werden. Für 8kg Mehl hätten wir fast
70 Minuten gebraucht. Nach ca. ½ Stunde schweißtreibender Mahlzeit, haben wir die
uns zur Verfügung stehende elektrische Mühle weiter benutzt.
Das Schwungrad der dänischen Handmühle ist mit einer umlaufenden Nut versehen,
sodass dieses über einen Transmissionsriemen angetrieben werden könnte.
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Zutaten
Modernes Verfahren:
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Auch beim Malzen von Getreide handelt es sich um einen Verfahrensweise, bei der
durch eine Stoffumwandlung ein wichtiges Zwischenproduckt entsteh. Malz ist durch
Mälzung gekeimtes, getrocknetes und gemahlenes Getreide. Zum Malzen können ver-
schiedene Getreidesorten verwendet werden. Bekannt ist im Brauereigewerbe die Brau-
gerste. Das gereinigte Getreide wird gewässert und so zur Keimung gebracht. Tempera-
turverlauf und Wassergehalt der Keimlinge sind hierbei sehr wichtig. Im Mehlkörper
des Getreides werden durch diesen Vorgang Enzyme gebildet. Nach etwa fünf Tagen
wird die Keimung unterbrochen und durch das Darren (Trocknung) beendet. (z.B. mit
der Restwärme des Backofens). Im Bäckereigewerbe wird Malz zur Verbesserung der
Triebfähigkeit von Mehlen eingesetzt. Der Gehalt an vergärbaren Zuckerstoffen fördert
das Gasbildungsvermögen im Backgut.
Historisch-manuelles Verfahren:
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Fotos: von links nach rechts: Gewürze unzermahlen, Roggen, Sonnenblumenkerne, Kartoffeln,
Leinsamen, Leinsamen gequetscht mit der Flockenquetsche
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Sauerteig, oder auch gesäuerter Teig, bezeichnet einen Teig, der zumeist durch Milch-
säurebakterien und Hefen in Gärung gehalten wird. Hierbei wird Kohlenstoffdioxid
produziert, dass den Teig in seiner Konsistenz auflockert. Sauerteig ist somit das
Triebmittel zur Lockerung von Backwerk, es macht Roggenteig backfähig, verbessert
die Verdaulichkeit, bereichert das Aroma und den Geschmack, verlängert die Haltbar-
keit der Backwaren und verbessert letztendlich die ernährungsphysiologische Eigen-
schaften eines Lebensmittels.
Typische Arten von Milchsäurebakterien:
Lactobacillus plantarum (homofermentativ) und
Lactobacillus brevis (heterofermentativ)
Typischer Hefestamm im Sauerteig: Saccharomyces cerevisi-ae.
Fotos: links oben: Temperaturkontrolle im Vorteig mit digitalem Thermometer / rechts oben: digitale Da-
tenkontrolle / unten: Messwertüberwachung und Steuerung am Rechner
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Historisch-manuelles Verfahren:
Brennholzmachen
nur Historisch-manuelles Verfahren:
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Ofen
Modernes Verfahren:
Fotos: oben: „alter“ Backofen aus den 1980er Jahren / links unten moderne rechnergesteuerter Thermo-Öl
–Öfen / rechtsunten: Touchscreen-Display und Bedienung
Historisch-manuelles Verfahren:
Ein Backofen hat die Aufgabe, dem Backgut die zum Backprozess notwendige Hitze
über einen erforderlichen Zeitraum zuzuführen. Verfahrenstechnisch sind der histori-
sche und moderne Prozess identisch. Durch Energiezufuhr wird Backwärme im Back-
raum für den Backprozess vorgehalten. Der Unterschied besteht im Wirkungsgrad der
technischen Anlagen, in der Prozessdauer und Handhabung.
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Anheizen des Ofens
Historisch-manuelles Verfahren:
Fotos: links: Rauchgasführung / rechts: Blick in die Brennkammer während des Anheizens
Das Anheizen eines historischen Ofens ist ein Vorgang, der niemals unbeobachtet blei-
ben darf. Ein Feuer braucht, um dicke Holzkloben zu entzünden, Kraft. Diese Kraft ge-
winnt es durch das Zuführen von Sauerstoff (Luft) und durch die Zugwirkung des
Ofens. Diese Zugrichtung verläuft (im Normalfall) durch die geöffnete Ofentür über das
verbrennende Holz, durch die geöffnete Zugklappe zur Rauchgasführung, dem Schorn-
stein. Auch Feuer sucht sich den Weg des geringsten Widerstandes. Wie auf dem rech-
ten Foto deutlich zu sehen ist, schlagen die Flammen aus dem geöffneten Ofen heraus.
Über dem Ofen befindet sich der hölzerne Dachstuhl. Dieser, durch Unachtsamkeit ent-
standene Vorgang, hat letzten Endes zu Ofen- und Dorfbränden geführt. Das Verschlie-
ßen der Ofentür verhindert ein Ausbrechen des Feuers. Durch die Thermometeröffnung
(das Thermometer wird erst nach dem Beenden des Heizvorganges in die Öffnung ge-
steckt) strömt genügend Luft in die Brennkammer um den Verbrennungsprozess auf-
rechtzuerhalten.
Anmerkung:
Im Jahre 1794 wurde eine neue "Verordnung wegen besserer Errichtung der Backöfen"
notwendig. Darin heißt es: "Die Backöfen in den Dörfern der Churmark sollen durch-
gehends so angelegt werden, daß sie in einer Entfernung von fünfzig Schritten von dem
nächsten Gebäude zu stehen kommen, wobei mit einer Windkehre, einer Tür von Eisen-
blech und einer hölzeernen Tür vor der Öffnung versehen, keineswegs aber mit Stroh,
Rohr, einem hölzernen Schauer oder einem Bretterdach bedeckt werden. Auch sind um
dieselben, um eine etwa ausbrechende Flamme desto eher zurückzuhalten, Bäume zu
setzen."25
25
( aus dem Repertorium der Polizengesetze und Verordnungen in den Koniglich Preussischen Staaten
von 1820 S. 794)
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Diese Verordnung gestattete es den Bauern, sich in ihren Hofgärten unter Beachtung der
erlassenen Vorschriften eigene Backöfen zu errichten. Von diesem Recht wurde hin-
länglich Gebrauch gemacht.
In der Backstube
Modernes Verfahren:
Fotos: oben links26: Die Backstube: links die Kneter, in der Mitte der Hebekipper und rechts die Thermo-
Öfen / oben rechts: Teigportionierer / unten: Backraum mit Teig und Portioniermaschine von oben
26
Vgl Internetquelle: o.V., Märkisches Landbrot (o.J.)
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Fotos: links: die bemehlte Backunterlage / rechts: beim Teigkneten
Historisch-manuelles Verfahren:
Fotos: in der historischen Backstube, der Küche, beim Kneten des Teigs
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Reglungstechnik Ofen
Modernes Verfahren:
Historisch-manuelles Verfahren:
Foto: von links nach rechts: Stabthermometer beim Einstecken in die ausgeräumte Brennkammer / Mess-
wert ca. ½ Stunde nach dem Ausräumen des Ofens / Schiebedraht zum Betätigen des Zug-Mechanismus /
Blick in die auszuräumende Brennkammer (im Hintergrund der geöffnete Zugschieber)
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Pyrolyse
Historisch-manuelles Verfahren:
Fotos: links: beim Abbrand, zu erkennen sind verrußte und „freigebrannte“ Wandflächen
rechts: Schamottesteine in der Ofentür (rechts verrußt, links freigebrannt (Ofeninnenseite))
Bei Temperaturen über 500°C zerfallen alle organischen Verbindungen durch pyrolyti-
sche Zersetzung. Die stofflichen Moleküle werden hierbei voneinander gelöst und selbst
Ruß verbrennt zu Asche. Moderne Backöfen in der Gastronomie oder auch im Haushalt,
verfügen über eine Pyrolysefunktion, die den Ofen bei hohen Temperaturen selbsttätig
reinigt. Diese technische Verfahrensweise ist sehr energieintensiv.
Historische Backöfen brauchen nach dem Backen (vor dem nächsten Backen) nicht ge-
reinigt werden. Der Abbrand im Ofen und die selbsttätige pyrolytische Zersetzung rei-
nigen den Ofen von allen Rückständen ohne Zutun.
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Vorteig ansetzen / Säuern des Vorteigs
Modernes Verfahren:
Fotos: alle: Sauerteigansatz und ein Teil des Mehls wird zu einem Vorteig angesetzt
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Historisch-manuelles Verfahren
Fotos: von links nach rechts: 1/8 des Mehls wird geschrotet / der Sauerteig wird hinzugegeben / vermengt
/ mit handwarmen Wasser / zu einer breiigen Konsistenz verrührt
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Fotos: von links: vor dem warmen Ofen über Nacht zum „Durchsäuern“ abgestellt /
rechts: Blasenbildung durch Kohlenstoffdioxidbildung am nächsten Morgen
Hauptteig ansetzten
Modernes Verfahren:
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Fotos: von links nach rechts: Zutaten / Knetmaschine / Teig- und Portioniermaschine von oben
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Historisch-manuelles Verfahren
Fotos: von links nach rechts: die Zutaten werden zunächst trocken vermengt / ein Teil des durchgesäuer-
ten Vorteigs wird zugesetzt / Zugabe weiterer Zutaten / Zugabe und Vermengen des restlichen Vorteigs
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Fotos: links: beim Vermengen / rechts: gekochte Kartoffeln werden geschält
Fotos: links: 8 Teelöffel Salzzugabe für 12 Brote / rechts: Zugabe des Quarks
Fotos: links: beim Teig kneten/ in der Mitte: Zugabe von Wasser / rechts: Bereitstellen der Backkörbe
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Teigreifung durch Teigruhe
Modernes Verfahren:
Historisch-manuelles Verfahren
Fotos: links: ruhender Teig vor dem Herd / ein Blick unter das Tuch…
Fotos: links: Bäckerinnenruhe während der Teigruhe / beim Ausmehlen der Backkörbe
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Foto: Teig nach der Teigruhe
Fotos: links beim Ausräumen des Ofens am Tage / rechts: Spektakel in der Nacht
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Fotos: von links nach rechts: Einstecken des Stabthermometers / beim Ablesen der Temperatur in der
Brennkammer / beim Auswischen des Ofens / Brotschieber, flache Kehrschaufel, Metallborstenbesen
Ein historischer Ofen, auch wenn es sich um einen Nachbau handelt, ist eine sensible
technische Einrichtung. Das Temperaturverhalten und die Reaktionen des Backraumes
müssen individuell analysiert, erkannt und angewendet werden. Diverse Parameter
nehmen Einfluss auf die Funktionalität des Ofens und beeinflussen den Prozess des Ba-
ckens. So sind externe Einflüsse wie Wind und Außentemperatur genauso maßgeblich
wie die Wärmesättigung der schweren Brennkammermaterialien und die Bedienung des
gusseisernen Schiebers zum Verschließen des Zuges. Nur mit dem wiederholten Auswi-
schen der Brennkammer und dem temporären Öffnen / Verschließen der Zugöffnung /
Ofentür kann die Temperatur der Brennkammer in geringen Grenzen beeinflusst (her-
abgesetzt) werden.
Der Bäcker kennt seinen Ofen und weiß um dessen Bedienbarkeit auch bei widrigen
Wetterlagen. Mit der flach ausgebreiteten Hand, die der Bäcker auf dem Leicht-
lehmmantel der Brennkammer auflegt, prüft er vor dem Backen die Wärmesättigung des
Backraumes.
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Teilen und Formen der Teige
Modernes Verfahren:
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Historisch-manuelles Verfahren
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Fotos: links: die Teigmasse für ein Brot / rechts: der Teig im Gärkorb
Die Teigportionierung ist in einer heutigen Bäckerei von wesentlicher Bedeutung. Es ist
verständlich, dass ein Bäckereibetrieb seine verkauften Brotgewichte genau einzuhalten
hat. Zu schwere Brote schmälern den Gewinn und zu leichte benachteiligen die Kund-
schaft. Bäcker, die im Mittelalter zu leichte Brote verkauft haben, hing man diese um
den Hals und führte ihn entehrend durch die Stadt zum Pranger.
Ein automatischer Teigportionierer schneidet den Teig in gleich große (und gleich
schwere) Stücke. Im historischen Brotbackverfahren geht es um die Anzahl der Brote.
Niemand wird die Brote nach dem Backen auf eine Wage legen. So differieren hier die
Werte unserer gebackenen Brote um bis zu ca. 10%.
Bei beiden Verfahren erfolgt die Laibformung per Hand. Teig kneten ist körperliche
Schwerstarbeit. Die Gärung in den Brotkörben erfolgt in einer modernen Bäckerei im
Gärraum bei ca. 50°C. Im Jahre 1900 stellte der dörfliche Bäcker seine Brote zum
Nachgären nochmal kurz vor seinen Herd.
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Backvorgang
Historisch-manuelles Verfahren
Fotos: links: Stürzen des ungebackenen Brotes auf den bemehlten Schieber / rechts: beim Abbürsten des
überschüssigen Mehls mit einer Brotbürste
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Die Schwadengabe bezeichnet das Vernebeln der Oberfläche des Backgutes. Das Wort
Nebelschwaden verdeutlicht uns diesen hier übertragenen thermischen Prozess. Back-
technisch wird durch die Schwadengabe physikalisch eine große Wärmemenge schlag-
artig auf die Teigoberfläche übertragen. Zwischen der Temperatur des Teigstücks (ca.
30°C) und der des Schwadens (ca. 100°C) entsteht ein Kondensationsvorgang der die
Klebereiweißstoffe an der Oberfläche der Brote gerinnen lässt und Wasser an die Stärke
abgeben. Die Stärke verkleistert in sich und lässt eine elastische und gasdichte Oberhaut
entstehen, die Kruste. Die Schwadengabe im modernen Backverfahren erfordert eine
verhältnismäßig große Energiemenge, so dass der Schwaden hier nicht überdosiert wer-
den sollte. Die Schwadengabe im historischen Ofen hingegen erfolgt durch das Eingie-
ßen von Wasser (sh. Foto) auf die heißen Schamottebodenplatten. Fast alle Brotsorten
erfordern eine relativ feuchte Backatmosphäre. Eine mindere Feuchtigkeit ließe an der
Teigoberfläche sofort eine trockene Haut entstehen, die eine optimale Ausdehnung des
Backgutes entgegenstehen würde. Durch die Schwadengabe erhält das Backgut ein grö-
ßeres Volumen und eine schützende (wohlschmeckende) Kruste, die zudem verhindert,
dass ein Brot beim Backvorgang aufreißt.
Das Brot
Modernes Verfahren:
aus der „Landbrot Fibel“ Großbäckerei Märkisches Landbrot GmbH; Wohlers, H. (2014)
27
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Fotos: Studentinnen beim Verkosten
Historisch-manuelles Verfahren
Fotos: links: beim Abklopfen (Prüfen der Durchbackung) des Probebrotes / rechts: alle Brote sind nach
einer Stunde ausgebacken
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Foto: Brote im Brotregal (seitlich vom Ofen) zum Abkühlen
Sonstiges
Fotos: ausnutzen der Restwärme zum Backen von Kleingebäck, hier: diversen Brötchen
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wiederum muss, ausgelöst durch die mechanische Bewegung, eine sichere chemische
Zündung erfolgen.
28
Tab. selbst erstellt
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Erhitzen, Abkühlen, Rösten und Trock-
nen heißen in einem historischen Ver-
fahren die Vorgänge / Prozesse der
thermischen Verfahrenstechnik. Die
Wärmeübertragung erfolgt immer von
Orten höherer Temperatur zu Orten
niedriger Temperatur. Im Backofen
wird die Wärme in Form von Energie
von der Wärmequelle, dem Schamotte
des Ofens, auf die Gebäckoberfläche
transportiert. Die thermische Verfah- Erhitzen, Abkühlen, Rösten und Trock-
renstechnik eines historischen Back- nen heißen auch in einem modernen Ver-
ofens wird von der Erfahrung des Ba- fahren die Vorgänge / Prozesse der ther-
ckenden gesteuert. Thermometerlose mischen Verfahrenstechnik. Die Wärme-
Messverfahren, wie die Kontrolle der übertragung erfolgt immer von Orten hö-
Ofentemperatur durch das Einwerfen herer Temperatur zu Orten niedriger
von Getreidekörnern auf die heißen Temperatur. Im Backofen wird Wärme in
Schamotteplatten, die ausschließlich Form von Energie von der Wärmequelle
manuelle Wärmeübertragung durch die auf die Gebäckoberfläche transportiert.
Zirkulation von Luft und Wärme und Die thermische Verfahrenstechnik eines
die durch frische Luft erfolgenden Ab- modernen Backverfahrens ist rechnerge-
Thermische kühlungsvorgänge, verlangen die Erfah- steuert. Kontinuierliche Messwertauf-
Verfahrenstechnik rung des Backenden. Die Ausrichtung nahmen und das vollautomatische Nach-
des Baukörpers des Backofens ist ein regeln der Wärmeübertragung durch die
nicht zu vernachlässigender Parameter, Zirkulation von Luft und Wärme garan-
der Einfluss auf das thermische Verfah- tieren ein optimales Backergebnis. Ver-
ren nehmen kann. dampfen und Kondensation während der
Das Anrösten des Getreides zum Her- Wärmeübertragung gelten ebenfalls als
stellen von Malz ist ein hochsensibler thermische Prozesse innerhalb der Ver-
thermischer Prozess innerhalb des fahrenstechnik.
Backvorganges. Der Stoffumwand- Gemalzt wird vollautomatisch, mit konti-
lungsprozess wandelt Getreide in Malz nuierlicher Messwertaufnahme und Tem-
um. Durch ein thermisches Verfahren peraturnachreglung.
wird hierbei ein bio-chemisches Verfah-
ren eingeleitet.
Grundlage für das thermische Verfahren
des Heizens ist die energetische Stof-
fumwandlung von Holz. Holz, als ein
durch die Fotosynthese entstandener
Energieträger, gibt mit dem Verbren-
nungsprozess die in ihm gespeicherte
Sonnenenergie an die Brennkammer-
und letztendlich an das Backgut ab.
Das Lagern des Getreidevorrates, das
Reinigen der Arbeitsmittel, das Verkau-
Das Lagern des Getreidevorrates, das fen des Brotes, die Beseitigung der Rück-
Reinigen der Arbeitsmittel, das Verkau- stände und auch die der entstandenen
Sonstige fen des Brotes usw., sind sonstige ver- Abwässer gehören zu den sekundären
Verfahrenstechnik fahrenstechnische Prozesse, die in ihrem verfahrenstechnischen Prozessen in ei-
Wesen wenig mit einer Stoffumwand- nem Bäckereibetrieb, die, so man sie
lung zu tun haben. gründlich hinterfragt, auch wesentliche
mechanischen, chemischen und thermi-
schen Komponenten beinhalten.
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3.3.2 Vergleich Produktionstechniken
Der Vergleich Produktionstechniken geht immer mit einem Vergleich der Eingangs- /
Ausgangsgrößen einher. Die Art und Weise, durch verfahrenstechnische Stoffumwand-
lungen ein Endprodukt zu erhalten, beschreibt das technische Artefakt der Produktion.
Im Jahr 1900 war, wie auch im Jahr 2015, das Produkt Brot das Ziel der Bemühungen
des Bäckers. Es ist festzustellen, dass bei einem historischen Herstellungsverfahren das
zu verarbeitende Material (Getreide, Zutaten usw.) den wesentlichen Wert des Endpro-
duktes bestimmten. Die verwendete menschliche Arbeitszeit wurde selten monetär be-
wertet und trat in den Hintergrund. Die industrielle Revolution kehrte diesen Prozess
um. Die menschliche Arbeitsleistung stand alsbald im Fokus der Wertfindung des nun
massenhaft herstellbaren Produktes. Automatisierte Produktionsprozesse und auch der
Preisverfall von Rohstoffen (Getreide wurde durch das maschinelle Dreschen billiger)
verkehrten die konventionellen Werte und stellen somit den wesentlichen Unterschied
im Vergleich der betrachten Produktionstechniken dar.
Seite 63 von 73
3.3.4 Energetische Betrachtungen bei Stoffumwandlungen
Energetische Betrachtungen bei Stoffumwandlungen, bei uns vom Korn zum Brot, las-
sen inhaltlich Aussagen zu chemischen, biologischen und physikalischen Zusammen-
hängen erwarten. Grundlegend ist festzustellen, dass in allen Stoffen Energie gespei-
chert ist, die innerhalb der Stoffumwandlung eine energetische Umwandlung erfahren.
Das Maß der im Stoff gespeicherten Energie stellt eine charakteristische Stoffgröße dar.
Beim Backen eines Brotes verändert sich die Energieform des Reaktionssystems durch
Austausch / Umwandlung von Energie mit der Umgebung des Backofens. Die im Holz
gespeicherte Sonnenenergie muss in einemverfahrenstechnischen Prozess in das Le-
bensmittel Brot übertragen werden, eine energetische Stoffumwandlung kann dieses
bewirken.
Monetäre energetische Betrachtungen beschreiben, in welchem Verhältnis in einem ver-
fahrenstechnischen Prozess Aufwand zu Nutzen stehen. Diese dimensionslose Größe
wird Wirkungsgrad (η) benannt und stellt das Verhältnis von abgeführter Nutzenergie
zur zugeführten Energie ( ), oder von abgeführter Leistung zur zugeführten Leistung
wird innerhalb dieser Projektarbeit exemplarisch der Energieverbrauch zum Backen ei-
nes Brotes im historischen Kontext untersucht. Im modernen Backverfahren hingegen
soll die Ökobilanzierung im Vordergrund der Untersuchungen stehen.
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Die verwendeten Holzarten: Kiefer, Fichte, Birke und Lärche (hauptsächlich Weich-
Bei einem Energiepreis (Elektroenergie) von ca. 28ct/kWh ergibt das einen Energiepreis
von:
Setzt man diese theoretischen Betrachtungen fort, kann festgestellt werden, dass sich
mit der Energie, die in ein Brot gesteckt wird:
» 9,85 Stunden lang die Haare föhnen ließen (Föhn hat 1,8 kW),
» 12,67 Stunden lang eine Waschmaschine (1,4 kW) betreiben werden könnte,
Energietechnisch ist das Backen von nur 12 Broten unwirtschaftlich. Geht man aber da-
von aus, dass das Brennholz im Wald kostenlos gesammelt werden kann, beim Ver-
brennungsprozess genau die gleiche Menge abgegeben wird, die der Baum mittels
Photosynthese in Holz (Cellulose) und erzeugt hat, vor dem Brot auch noch Pizzen
im Ofen gebacken wurden, nach dem Brot Kuchen und Kleinbackwaren und hieran an-
schließend die Wärme der Brennkammer zum Dörren von Obst und Gemüse verwendet
werden kann, so steht die Energiebilanzierung in einem anderen Licht. Lediglich die
nicht unerhebliche Arbeitszeit schlägt hierbei zu Buche.
Seite 65 von 73
Ins Verhältnis gebracht wird der Energieverbrauch zum verbrauchten Mehl. Der gesam-
Dieser Kennwert sollte bei einer energieoptimierten Bäckerei weit unter 2.000 kWh/t
liegen!
30
Vgl. Internetquelle: Schering, B. (2003)
Seite 66 von 73
zeitbeschäftigte), davon 5 Bäckermeister und 2 Auszubildende, arbeiten in der von uns
besuchten Großbäckerei. Mit ihrer Arbeitsleistung wollen sie letzten Endes ihren Le-
bensunterhalt erwirtschaften.
Produkte, als Ergebnis einer Produktion / eines Produktionsprozesses, beinhalten auch
heute immer soziale Komponenten als wesentliche Faktoren.
31
Vgl. Internetquelle: o.V., Technische Universität Berlin (2015)
Seite 67 von 73
Anmerkung:
Viele sehr gute Unterrichtsmaterialien, die eine mögliche Projektarbeit mit Schülern
vor- und nachbereitend unterstützen könnten, sind in verschiedenen Lernforen erhält-
lich. Einige davon haben wir exemplarisch als Anlage zu unserer Projektarbeit im An-
hang (sh. Anlage 1-3) hinzugefügt.
6 Fazit
Zweierlei zusammenfassende Betrachtungen ergeben sich aus dem Bearbeiten dieser
Projektarbeit:
Das technische Artefakt für die Herstellung eines Produktes ist immer die Summe ver-
schiedener verfahrenstechnischer Prozesse, die mit physikalischen Stoffumwandlungen
aus einem Ausgangsmaterial ein gewünschtes Produkt entstehen lassen. Die Anzahl der
dabei ablaufenden Prozesse ist mannigfaltig und kann differenziert in unterschiedliche
verfahrenstechnische Prozesse strukturiert werden. Die Herstellung des Lebensmittels
Brot stellt dafür ein sehr gutes Beispiel dar, welches auch im historischen Kontext be-
legt, dass es nur die Verfahren sind, die durch eine zeitgemäße Technisierung der Ver-
fahrensweisen katalytischen Einfluss auf das zu produzierende Endprodukt, das Brot,
haben. Eine direkte Gegenüberstellen eines historischen- und eines modernen Backver-
fahrens belegen diese Vermutung.
Das technische Artefakt für die Herstellung von Brot ist ein ausgezeichnetes Beispiel,
um Schülern verfahrenstechnische Prozesse zu verdeutlichen. Brot, als unverzichtbares
Lebensmittel, droht im Verständnis der Schüler zum industriell erzeugten Massenpro-
dukt zu werden. Am Beispiel eines gemeinsamen Backtages, könnten die kausalen Zu-
sammenhänge aufgezeigt, erläutert und zudem miteinander nachhaltig erlebt werden.
Schüler, die die Funktionalität der Produktionsstätte Backofen selbst erlebt haben, Kör-
ner in ihrer Hand untersucht und unterschieden haben, Getreide mit einer Mühle selbst
gemahlen haben, die Blasenbildung im Teig beobachten konnten, den Teig selbst ge-
knetet haben, die Laibe geformt und in den Ofen eingeschossen haben… diesen Schü-
lern werden beim gemeinsamen Essen ihres noch warmen Brotes die verfahrenstechni-
schen Prozesse nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Erlebte Verfahren begünstigen und erleichtern Analogien zu komplexeren Produktions-
prozessen zu erkennen, zu benennen und zu verstehen.
Seite 68 von 73
7 Quellen und Literatur
Wohlers, H. (2014): Landbrot Fibel: Mythen und Fakten zu Märkisches Landbrot. Aus-
gabe März 2014, Berlin. o.Verl.
Die uns vom Erbauer zur Verfügung gestellten Abbildungen, Diagramme, Zeichnungen
und Fotos wurden 2013 z.T. im Lehmbau-Bilderbuch (Fraunhofer Verlag) veröffent-
licht. (ISBN-10:3816787916); alle weiteren Fotos von Lotta Scharf und Michelle Hüls-
emann
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8 Abbildungsverzeichnis
Alle Fotos, so nicht anders bezeichnet, wurden von Lotta Scharf, Elena Christov und
Michelle Hülsemann gemacht.
Seite 70 von 73
9 Tabellenverzeichnis
Tab.1: „Aufnahme der Temperaturen im Backofen während eines Backvorgan-
ges“
Tabelle selbst erstellt
10 Anlagen
Anlage 1:
Unser tägliches Brot Arbeitsblätter
www.lehrmittelperlen.net
© Lehrmittelboutique Marisa Herzog | Lektorat: Monika Giuliani
Anlage 2:
Lernfeld Brotgetreide - 1. Ausgabe, Berlin 2015
Ein exemplarischer Lehr- und Lernpfad für die Sekundarstufe
zu Ernährung, Kultur, Verarbeitung und Märkten
Herausgeber
Verband Deutscher Mühlen e.V. (VDM)
Neustädtische Kirchstraße 7A
10117 Berlin
Anlage 3:
landbrot fibel
Wohlers, H. (2014): Landbrot Fibel: Mythen und Fakten zu Märkisches Landbrot. Aus-
gabe März 2014, Berlin. o.Verl.
MÄRKISCHES LANDBROT GMBH
Bergiusstraße 36
12057 Berlin–Neukölln
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11 Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erklären wir an Eides statt gegenüber der Fakultät I der Technischen Universität
Berlin, dass die vorliegende, dieser Erklärung angefügte Arbeit, selbstständig und nur
unter Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis genannten Quellen und Hilfsmittel an-
gefertigt wurde. Alle Stellen der Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder dem
Sinn nach entnommen wurden, sind kenntlich gemacht. Wie reichen die Arbeit erstmals
als Prüfungsleistung ein.
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12 Danksagung
Aus einer ungefähren Idee wurde eine umfassende Projektarbeit, die uns neue Erkennt-
nisse, praktische Zusammenhänge und zudem viele gute Ideen für unsere spätere Tätig-
keit als WAT-Lehrerinnen gab.
Ohne die engagierte Bäckereiführung von Herrn Jürgen Baumann, Mitarbeiter der
Großbäckerei Märkisches Landbrot GmbH (am 03.12.2015), dem Einsatz der Haager
Dorfbäckerin Frau Bettina Scharf am Feldbackofen (am 19. und 20.12.2015) sowie den
bautechnischen Unterlagen von Herrn Thomas Scharf, wäre es uns nicht möglich gewe-
sen, diese Arbeit zu verfassen.
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