Sie sind auf Seite 1von 151

Technische Universität Berlin

Fakultät IV Elektrotechnik und Informatik


Institut für Energie- und
Automatisierungstechnik
Fachgebiet Sensorik und Aktuatorik
Einsteinufer 19, Sekr. E 3, 10587 Berlin

Laborskript
Halbleiterbauelemente Praktikum

Texte von
Uwe Kerst, Theodor Borsche, René Fischer, Christian Gallrapp, Michael Sadowski und
anderen
Betreuer:
Prof. Bernd Szyszka
Prof. Roland Thewes
Dr. Uwe Kerst
M.Sc. Bilgrim Seibertz

Stand 17. Oktober 2023


HLB-PR

Inhaltsverzeichnis

0 Einführung und Durchführung 7


0.1 Ziel des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
0.2 Die verwendeten Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
0.3 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
0.4 Quickstart AutoMessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

1 Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung) 23


1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
1.2 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
1.3 Die PCD-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
1.4 Rechenaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
1.5 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
1.6 Versuchsauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
1.7 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
1.8 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

2 Die Diodenkennlinie 55
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.2 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
2.3 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
2.4 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

3 Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor 75
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.2 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
3.3 Rechenaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
3.4 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
3.5 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

4 Der MOS-Transistor (MOSFET) 91


4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
4.2 Theorie zum MOS-Transistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Text Revision 1
(459)
HLB-PR

4.3 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103


4.4 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

5 Der Bipolartransistor 108


5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
5.2 Theorie zum Bipolartransistor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
5.3 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
5.4 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

6 Der beleuchtete pn-Übergang


am Beispiel der Solarzelle 133
6.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
6.2 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
6.3 Versuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
6.4 Vorbereitungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149

Text Revision 2
(459)
HLB-PR

Sicherheitsvorschriften für die


Durchführung experimenteller Arbeiten

Bei experimentellen Arbeiten am „Institut für Hochfrequenz- und Halbleiter-Systemtech-


nologien Fachgebiet: Halbleiterbauelemente“ im Spannungsbereich der SELV (Safety Ex-
tra Low Voltage - früher „Schutzkleinspannung“) und Netzspannung bestehen erhöhte
Gefahren. Jeder muss sich deshalb über die vorhandenen Gefahren im Klaren sein und ist
verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich und andere vor Schäden
zu schützen.
Voraussetzung für eine wirksame Unfallverhütung ist, dass alle Laboreinrichtungen in
einwandfreiem Zustand erhalten werden. Wer durch Vorsatz oder Grobfahrlässigkeit einen
Unfall verursacht, ist dafür voll haftbar.
Einschlägige Bestimmungen sind:

• VDE 0100 / Teil 723 (Unterrichtsräume mit Experimentierständen)

• VDE 0105 / Teil 1 (Bestimmungen über den Betrieb von Starkstromanlagen)

• Unfallverhütungsvorschrift / allgemeine Vorschriften der Unfallkasse Berlin

Sie können in der Institutsbibliothek eingesehen werden. In Zweifelsfällen ist stets der
verantwortliche Betreuer anzusprechen.
Folgende Punkte sind besonders zu beachten:

1. Allgemeine Vorschriften

(a) Vor Aufnahme einer experimentellen Arbeit erfolgt eine Einweisung durch den
verantwortlichen Betreuer. Hierbei hat sich jeder über die Lage und Handha-
bung der Sicherheits- bzw. Schutzeinrichtungen zu informieren (z.B. Feuerlö-
scher, Not-Aus-Schalter).
(b) Das Betreten von Laborräumen ist in der Regel nur eingewiesenen Personen
gestattet. Bei Besuchern ist die jeweilige eingewiesene Begleitperson verant-
wortlich.
(c) Experimentelle Arbeiten an Spannungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn
sich mindestens eine weitere vertraute Person im gleichen Raum befindet.
(d) Bei Unfällen sind sofort die nötigen Maßnahmen zu ergreifen:
• Not-Aus-Schalter, Erste Hilfe, Feuerlöscher

Text Revision 3
(675)
HLB-PR

• Notruf per Telefon


3333 über Hauptpförtner
0-112 Feuerwehr (nur von Amtsapparaten)
0-110 Polizei (nur von Amtsapparaten)
(e) Den Anforderungen des Aufsichtspersonals (Tutor/WM) ist Folge zu leisten.
(f) Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort (LSM) sind bis zum Eintreffen
des Notarztes einzuleiten

2. Aufbau von Schaltungen

(a) Ein Auf- bzw. Umbau von Schaltungen darf nur im spannungslosen Zustand
erfolgen.
(b) Die Gefahr der Berührung spannungsführender Teile soll so weit wie möglich
ausgeschlossen werden.
(c) Der Arbeitsplatz und der Schaltungsaufbau sind übersichtlich zu gestalten. Die
Bedienung der Schaltelemente, vor allem des Not-Aus-Schalters muss jederzeit
möglich sein.
(d) Der Weg zum Feuerlöscher sowie Fluchtwege dürfen nicht verstellt werden.
(e) Alle Zuleitungen müssen betriebssicher angebracht sein. Auf ausreichende Lei-
tungsquerschnitte ist zu achten.
(f) Metallische Gehäuse oder größere Metallteile müssen mit dem Schutzleiter
sicher verbunden werden (Klemmverbindung). Die Verbindungsleitung muss
grün-gelb gekennzeichnet sein, wenn Arbeiten über der SELV stattfinden. Auf
ausreichenden Querschnitt ist zu achten. (Siehe VDE 0100 / Teil 540) Der
Schutzleiter darf nicht als Rückleiter benutzt werden.
(g) Schutzvorrichtungen dürfen nicht beseitigt werden.
(h) Das Abtrennen des Schutzleiters von Oszilloskopen und anderen Messinstru-
menten ist in bestimmten Fällen erlaubt. Diese Maßnahme muss dann ein-
deutig gekennzeichnet sein. Metallteile sind hierbei durch isolierendes Material
abzudecken.
(i) Defekte Geräte, Instrumente oder schadhafte Leitungen dürfen nicht verwen-
det werden. Diese oder ähnliche Mängel sind dem verantwortlichen Betreuer
sofort zu melden.
(j) Die Verwendung von ausgebesserten Sicherungen ist verboten.
(k) Auf Aufspannplatten, Maschinen, Leitern oder Schränken dürfen keine Gegen-
stände abgelegt werden.

3. Schalthandlungen

(a) Schalthandlungen an den Steuerpulten, an Schaltschränken, bereits vorhande-


nen Versuchsschaltungen und am Leistungsverteiler dürfen nur von Personen
ausgeführt werden, die im Gebrauch der Anlage unterwiesen sind.

Text Revision 4
(675)
HLB-PR

(b) Bei neu aufgebauten oder umgebauten Schaltungen erfolgt die Freigabe und
das erstmalige Einschalten durch den verantwortlichen Betreuer.
(c) Schalthandlungen sind so auszuführen, dass eventuell auftretende Lichtbögen
nicht zu Verletzungen führen.
(d) Die Betätigung von Schaltern oder anderen Einstell- oder Bedienungselemen-
ten soll nur mit einer Hand ausgeführt werden. Dabei soll mit der anderen
Hand kein metallischer Gegenstand berührt werden.
(e) Nach Beendigung der Arbeiten ist darauf zu achten, dass die Schaltungen
einschließlich der Hilfsbetriebe abgeschaltet sind.

4. Schaltungen, die unter Spannung stehen

(a) Bei Schaltungen, die unter Spannung stehen, dürfen nur Bedienelemente be-
rührt werden. Messleitungen (z.B. Tastköpfe, Messklemmen) dürfen nur im
spannungslosen Zustand angelegt werden.
(b) Nach dem Durchschalten von Wahlleitungen an den Arbeitsplatz muss eine
Spannungskontrolle erfolgen.
(c) Ein Prüf- oder Laboraufbau darf im eingeschalteten Zustand nie ohne Aufsicht
bleiben.
(d) Dauerversuche müssen von dem verantwortlichen Betreuer genehmigt werden.
Solche Versuche müssen abgesichert und gekennzeichnet sein.
(e) Kondensatoren, deren selbsttätige Entladung nicht sichergestellt ist, müssen
mit geeigneten Vorrichtungen entladen werden.
(f) Geräte und Maschinen, deren Bedienung oder Funktion nicht bekannt sind,
dürfen nicht benutzt, bzw. nicht in Betrieb genommen werden.
(g) Eingriffe in fremde Schaltungen sind nur zur Abwendung akuter Gefahren oder
zur Verhinderung von Schäden erlaubt.
(h) Das Tragen von Ringen, metallischen Armbändern oder Halsketten ist wegen
Unfallgefahr verboten.

Text Revision 5
(675)
Arbeitsschutzbelehrung
Gruppennummer: Semester: Betreuer:

Nr. Name, Unterschrift Matr. Nr. Datum 3G-Status


1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

Vorschriften zur Verhütung elektrischer Unfälle


Es wird darauf hingewiesen, daß es sich bei den Übungsräumen um elektrische La-
boratoriumsräume im Sinne der VDE-Vorschrift 0100 Teil 723 handelt. Beim Arbeiten
in diesen Räumen ist eine erhöhte Sorgfalt hinsichtlich des Berührens evtl. spannungs-
führender Teile und hinsichtlich der Kurzschlußgefahren notwendig. Leitende Fingerringe,
Armbänder und lange leitende Halsketten dürfen während der Versuchsdurchführung nicht
getragen werden.
Beim Aufbau der Schaltungen ist darauf zu achten, daß keine der beteiligten Strom-
quellen zur Wirksamkeit kommen kann, bevor der Assistent bzw. Tutor die Schaltung
überprüft und für in Ordnung befunden hat.
Nach Inbetriebnahme der Schaltung stellen die Gruppenteilnehmer nach eigener Ent-
scheidung die verschiedenen zu untersuchenden Betriebszustände ein. Für alle Maßnah-
men hierbei trägt die Gruppe selbst die volle Verantwortung. Alle Gruppenteilnehmer
müssen daher klar und eindeutig wissen, wo im Notfall Abschaltungen vorzunehmen sind.
Folgende Regeln sind unbedingt einzuhalten:
1. Schaltungsaufbauten oder -änderungen niemals unter Spannung, d.h. bei einge-
schalteten Stromquellen, ausführen.
2. Ungeprüfte Schaltungen nie unter Spannung setzen. Vor dem Einschalten alle Wi-
derstände, Steller etc. in die Stellung bringen, die den minimalen Leistungsumsatz
gewährleistet.
3. Alle eingetretenen Schäden an Instrumenten, Geräten und Maschinen ebenso wie
an Leitungen sofort melden.
4. Experimentelle Arbeiten und Messungen niemals alleine durchführen.
Thema 0
Einführung und Durchführung

0.1 Ziel des Praktikums

Im Rahmen dieses Praktikums sollten die Studierenden die grundlegenden Eigenschaften


realer Halbleiterbauelemente kennenlernen. Die realen Halbleiterbauelemente unterschei-
den sich in ihrem Verhalten von den dazugehörigen einfachen theoretischen Modellen aus
der Vorlesung. Diese Unterschiede beruhen oft auf den pragmatischen Vereinfachungen,
die im Rahmen der Modellierung (Beispiel Shockley-Bedingungen) getroffen wurden und
können am besten durch eine oder mehrere Messungen nachvollzogen werden.
Normalerweise findet dieses Praktikum an Standardmessgeräten statt, wie sie auch
in anderen Praktika benutzt werden. Damit können prinzipielle Eigenschaften sichtbar
gemacht werden, obwohl für Einzelbauelemente häufig eine höhere Messgenauigkeit be-
nötigt wird, z.B zur Charakterisierung parasitärer Kapazitäten oder Leckströmen. Speziell
beim Solarzellenversuch ist naturgemäß die eingestrahlte Leistung unterschiedlich, so dass
die Ergebnisse schwer mit einem Absolutwert vergleichbar sind.
Um Messungen effektiv und möglichst fehlerfrei durchführen zu können, muss eine
gewisse Erfahrung im Umgang mit den im Labor vorhandenen Geräten vorhanden sein.
Dieser Termin dient dazu, die im Rahmen anderer Veranstaltungen erworbenen Erfah-
rungen im Umgang mit Messgeräten aufzufrischen und zu vertiefen. Zunächst werden
die verwendeten Geräte kurz vorgestellt und ihre grundlegende Funktionsweise erklärt.
Anhand einiger einfachen Messungen werden die Anleitungen durch praktische Erfahrung
untermauert.

0.2 Die verwendeten Messgeräte

0.2.1 Hameg-Netzteil
In der Abbildung 0.1 ist das Hameg-Netzteil abgebildet. Dieses beinhaltet zwei regelbare
Spannungsquellen und eine konstante Spannungsquelle. Die Anschlüsse der konstanten
Spannungsquelle befinden sich in der Mitte und sind mit 5 V, 2 A gekennzeichnet, was
bedeutet, dass die Spannungsquelle konstante 5 V Spannung liefert und bis maximal 2 A
belastet werden darf. Links und rechts befinden sich die Anschlüsse zweier identischer

7
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.1: Hameg-Netzteil

regelbarer Spannungsquellen, diese sind mit der Aufschrift 0 - 30 V und 2 A versehen.


Die Aufschrift ist selbsterklärend. Die Spannungseinstellung erfolgt durch das Betätigen
der VOLTAGE -Taste neben dem Display, daraufhin kann durch das Drehen des Reglers,
welcher sich oberhalb der Anschlüsse für die konstante Spannungsquelle befindet, die ge-
wünschte Spannung eingestellt werden. Während die Spannung eingestellt wird, leuchtet
eine LED oberhalb der VOLTAGE -Taste, nach einigen Sekunden Inaktivität hört diese
auf zu leuchten und die Spannungsanzeige zeigt die aktuell vom Netzteil bereitgestellte
Spannung, unter Umständen können sich die eingestellte und die tatsächlich anliegende
Spannung deutlich unterscheiden. Einer dieser Umstände ist die Strombegrenzung.
Hinweis: Die eingestellte Spannung wird erst auf den Ausgang gegeben wenn die
Taste „OUTPUT“ betätigt wird.

0.2.1.1 Strombegrenzung
Die Bauelemente setzen einen Teil der elektrischen Leistung in Wärme um, dies kann zu
einer Überhitzung und schlimmstenfalls zur Zerstörung des Bauelements führen. Um die-
sen Fall zu vermeiden, wird die maximale Verlustleistung definiert. Sie ist das Produkt aus
der anliegenden Spannung am Bauelement und des Stromes der durch das Bauelement
fließt.

P tot = U max · I max (0.1)

Eine fehlerhafte Verschaltung oder ungenaue Dimensionierung können dazu führen,


dass die maximale Verlustleistung überschritten wird. Um dieses zu vermeiden, bietet
das Hameg-Netzteil eine Option den maximalen Strom, welcher vom Netzteil geliefert
wird, zu begrenzen. Um die Strombegrenzung einzustellen, muss die Taste CURRENT
betätigt werden, die dazugehörige LED leuchtet auf und der maximale Strom kann durch
das Drehen des Reglers wie im Falle der Spannung eingestellt werden. Nachdem die
LED erlischt ist, zeigt das Netzteil unten auf dem Display den aktuell fließenden Strom.
Wird der Grenzwert des Stromes überschritten, so leuchtet die LED über der Taste
„CURRENT“ rot auf und die Spannung wird automatisch heruntergeregelt, bis der Strom
seinen maximalen Wert annimmt.

Text Revision 8
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Das kann bei langsam veränderlichen Messungen auch genutzt werden eine Strom-
quelle zu emulieren, bei der die Spannung einem vorgegebenen Strom folgt.
Hinweis: Die Strombegrenzung ist ebenfalls wichtig, damit die Messgeräte, vor al-
lem das Multimeter nicht überlastet werden. Da das Fluke-Multimeter einen maximalen
Strom von 100 mA zulässt, sollte in keinem der Versuche eine höhere Strombegrenzung
eingestellt werden. Sollte ein höherer Strom gemessen werden, so ist der 10 A-Eingang
des Multimeters zu nutzen.

0.2.1.2 Output
Wenn die Spannungen und die jeweiligen Strombegrenzungen eingestellt sind und der
Aufbau durch den Tutor kontrolliert wurde, kann die Taste OUTPUT betätigt werden.
Erst dann werden die Spannungen eingeschaltet und die grüne LED oberhalb der Taste
leuchtet auf. Ab diesem Zeitpunkt sollte die Schaltung nicht mehr berührt werden, erst
nach dem erneuten Drücken der Taste OUTPUT erlischt die LED und die Spannung ist
ausgeschaltet.

0.2.1.3 Sense Buchsen


In Serieschaltungen kommt es an allen Komponenten mit einem elektrischen Widerstand
der Schaltung zu einem Spannungsabfall. Der Strom durch, in Serie geschaltet Kompo-
nenten, ist jedoch gleich und letztlich vom höchsten Widerstand begrenzt. So wird die
Spannung am Bauelement kleiner sein als der eigentliche Sollwert. Die Sense-Funktion
der Spannungsquelle kann nun die Spannung in den gewünschten Knoten messen und die
Differenz zur Sollspannung nachregeln. Verbindet dazu zusätzlich zum normalen Aufbau
die Sense-Buchse des jeweiligen Pols der Spannungsquelle mit dem jeweils dazugehörigen
Knoten in der Schaltung. Beispiel: Die IU-Kennlinie einer Diode soll vermessen werden.
Die Spannung wird durch die Spannungsquelle vorgegeben und der Strom wird durch das
Fluke-Multimeter gemessen. Der Innenwiderstand des Multimeters beträgt beispielsweise
1 Ω(unrealistisch hoch). Wenn durch die Schaltung 100 mA fließen, fällt am Multimeter
eine Spannung von 0,1 V ab. Die Diodenkennlinie wäre also nicht für den vollen Mess-
bereich charakterisiert. Mit Hilfe der Sense-Buchse regelt die Spannungsquelle dann so
nach, dass an der Diode die gewollte Spannung anliegt, dementsprechend nimmt der
Gesamtstrom in der Schaltung zu.

0.2.2 Multimeter Fluke


Die Abbildung 0.2 zeigt das Fluke-Multimeter. Die An/Aus-Taste ganz rechts ist selbster-
klärend. Die beiden mit grün umrandeten Anschlüsse dienen der Messung von Spannungen
und Ermittlung von Widerstandswerten, die beiden blau umrandeten Anschlüsse dienen
der Strommessung (Ströme müssen jedoch kleiner als 100 mA sein (Siehe Strombegren-
zung!). Ist mit höheren Strömen zu rechnen, so ist anstatt des 100 mA-Einganges der
10 A-Eingang zu nutzen. Dabei ist darauf zu achten, dass der LO-Anschluss derselbe wie
bei der 100 mA-Messung bleibt.

Text Revision 9
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.2: Fluke-Multimeter

Die Wahl der zu messenden Größe erfolgt mittels der Tasten DCV, ACV, DCI, ACI
und Omega. Dabei steht DCV und DCI für die Gleichspannungs-/Gleichstrommessung.
Die Ω -Taste dient der Widerstandsmessung. Die ACV- und ACI-Tasten dienen der
Wechselspannungs-/Wechselstrommessung, in diesem Falle entsprechen jedoch die an-
gezeigten Größen den Effektivwerten.


Û = U eff · 2 (0.2)

Die Taste range dient der manuellen Umschaltung des Messbereiches. In diesem Fal-
le zeigt das Display ein kleines man an. Nun kann mittels Pfeiltasten der Messbereich
eingestellt werden. Das erneute Drücken der range-Taste schaltet den automatischen
Modus ein. Werden später mittels LabVIEW Kennlinien aufgenommen, so ist es nütz-
lich den Messbereich manuell festzulegen. So werden Quantisierungsfehler auf Grund von
Messbereichsumschaltungen minimiert.

Parameter-Taste & Beschreibung


FREQ & Einstellung der Frequenz
AMPL & Einstellung der Peak-To-Peak-Amplitude
OFFSET & Eine Verschiebung des Signals auf der Spannungsachse
PULSE WIDTH & Einstellung der Breite der positiven Halbwelle des Signals (in % einer Periode)

Tabelle 0.1: Die Signalparameter am Frequenzgenerator

Text Revision 10
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.3: Hameg-Funktionsgenerator

0.2.3 Funktionsgenerator
Die Abbildung 0.3 zeigt den Hameg-Funktionsgenerator. Dieser dient der Erzeugung peri-
odischer Wechselstromsignale in gewünschter Form. Über die Tasten, die unter FUNCTI-
ON zusammengefasst sind, lässt sich die gewünschte Signalform einstellen, die Taste für
die gewählte Signalform leuchtet dabei auf. Die unter PARAMETER zusammengefassten
Tasten dienen der Einstellung der Signaleigenschaften. Durch das Betätigen der jewei-
ligen Parameter-Taste kann mittels des oben vorhandenen Drehreglers der gewünschte
Parameter geändert werden. Die Pfeiltasten daneben dienen der zu ändernden Dezimal-
stelle des gewählten Parameters, die Tasten ×10 und ÷10 dienen der Multiplikation des
aktuellen Parameterwertes mit 10 oder einer Division von 10. Die einzelnen Parameter
sind durch das Betätigen der jeweiligen Taste zu wählen.
Die Tasten rechts direkt über dem Ausgang des Funktionsgenerators sind wie folgt
belegt: OUTPUT -Taste dient dem Ein- und Ausschalten der Spannung am Ausgang,
ähnlich wie beim Netzteil. Wird ein Offset erwünscht, wird dieser durch das Betätigen
der OFFSET -Taste aktiv. Das heißt, leuchtet die Taste OFFSET nicht, so führt die
Änderung dieses Parameters zu keinem Ergebnis, das Signal schwingt um 0 V. Die Taste
INVERT dient einer Invertierung des Ausgangssignals.

0.2.4 Oszilloskop (Agilent Technologies DSO3062A)


Das in den Laboren vorhandene Oszilloskop der Firma Agilent Technologies ist in Ab-
bildung 0.4 dargestellt. Es kann dazu genutzt werden, elektrische Spannungen grafisch
darzustellen, wobei die Spannung über der Zeit aufgetragen wird. Dabei wird auf der
vertikalen Achse die Spannung und auf der horizontalen Achse die Zeit abgebildet. Das
Oszilloskop ist ein Zweikanal-Oszilloskop, welches zwei Eingänge besitzt, um zwei Si-
gnale gleichzeitig auf dem Bildschirm darzustellen. Im Folgenden werden die wichtigsten
Funktionen erläutert.

0.2.4.1 Ausschaltknopf
Unterhalb des Bildschirms links befindet sich der Ein- und Ausschaltknopf des Oszillo-
skops.

Text Revision 11
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.4: Oszilloskop

0.2.4.2 Autoscale und Run/Stop


Die Autoscale-Funktion ist eine Komfortfunktion moderner Oszilloskope und hilft, insbe-
sondere bei wenig Erfahrung, schnell eine brauchbare Einstellung zu finden, die dann noch
Bedarf angepasst werden kann. Es handelt sich dabei um eine Autoskalierungsfunktion,
die automatisch beide Eingänge und die Zeitbasis des Oszilloskops skaliert und übersicht-
lich am Bildschirm wiedergibt. Somit ist „Autoscale“ ein sehr hilfreicher Knopf, um schnell
einen Überblick über das Eingangssignal zu erhalten. Wir empfehlen aber trotzdem sich
im Umgang mit der manuellen Einstellung zu üben, um auch bei schwierigen Signalen,
bei der Autoscale scheitert, eine Signaldarstellung zu erhalten. Die Autoscale-Funktion
diese Oszilloskops funktioniert nur für Frequenzen oberhalb von 50 Hz.
Unterhalb dieser Frequenz muss auf die manuelle Skalierung, auf die im nächsten
Kapitel eingegangen wird, zurückgegriffen werden. Mithilfe von „Run/Stop“ kann die
Signaldatenerfassung des Oszilloskops gestoppt werden. Die Ausgabe auf dem Bildschirm
wird demzufolge eingefroren. Das ist besonders bei nicht periodischen Signalen nützlich.

0.2.4.3 Skalierung und Positionierung


Mit Hilfe der vertikalen und horizontalen Bedienelemente kann das Signal manuell skaliert
und positioniert werden. Die Regler für die vertikalen Elemente sind zweimal vorhanden,
diese beziehen sich jeweils auf die entsprechenden Eingänge des Oszilloskops, sodass die
beiden Eingangssignale separat voneinander skaliert werden können.
Der große Drehknopf ist für die Skalierung und der kleine für die Positionierung des
Signals zuständig.

Text Revision 12
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.5: Bedienoberfläche des Oszilloskops

Abbildung 0.6: Die horizontalen und vertikalen Bedienelemente des Oszilloskops

Text Revision 13
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Die horizontalen Bedienelemente dienen der Skalierung und Positionierung der Zeitach-
se. Wie bei den horizontalen Bedienelementen ist der große Drehknopf für die Skalierung
und der kleine für die Positionierung des Signals zuständig. Bei der Benutzung der Zeits-
kalierung werden beide Eingangssignale gleichermaßen skaliert.

0.2.4.4 Bildschirmauflösung
Im unteren Bereich des Bildschirms ist die Auflösung angegeben. Die Werte „CH1“ bzw.
„CH2“ geben die vertikale Auflösung der Eingangssignale an. Daraus kann abgelesen wer-
den, wie viel Spannung ein Kästchen in y-Richtung entspricht. Der zweite Wert von
rechts gibt die horizontale Auflösung, also wie viel Zeit ein Kästchen in x-Richtung ent-
spricht. Die letzte Kennzahl ganz rechts gibt die Abtastrate des Signals an, also wie viele
Abtastwerte in der Sekunde gemessen werden.

0.2.4.5 Kanalknöpfe
Durch drücken auf die Knöpfe „1“ und „2“ kann die Kanalkopplung gesteuert werden.
Dabei kann zwischen DC-, AC- und GND-Kopplung ausgewählt werden. Die DC-Kopplung
lässt sowohl den Gleichspannungs- als auch den Wechselspannungsanteil passieren. Die
AC-Kopplung hingegen lässt lediglich die Wechselspannungsanteile durch und blendet die
Gleichspannungsanteile aus.
Hinweis: Überlegen sie sich was diese Einstellungen bewirken.
Die GND-Kopplung legt den Eingang auf das Massepotential des Oszilloskops, wo-
durch das Signal von dem entsprechenden Eingang getrennt wird. Das Oszilloskop zeigt
folglich ein 0 V Signal für diesen Eingang mehr an. Damit kann die vertikale Positionie-
rung am Positionierungsknopf zentriert werden. Weiterhin kann mit dem Menüeintrag
„Bandbr-Lim.“ die Bandbreite begrenzt werden, um irrelevante Hochfrequenzkomponen-
ten des Eingangssignals zu unterdrücken.

0.2.4.6 Cursor-Funktion
Nachdem ein Spannungssignal auf dem Oszilloskop angezeigt wurde, ist es manchmal
notwendig bestimmte Spannung-Zeit-Wertepaare aus dem Graphen zu kennen, um ge-
gebenenfalls das Signal auszuwerten. Diese Funktion wird von dem „Cursor“-Knopf be-
reitgestellt.
Die Cursor-Funktion dient somit dazu, Spannungs- und Zeitwerte aus dem Bildschirm
auszulesen. Drückt man den „Cursor“-Knopf, so erscheint im Oszilloskop ein Menü. Dieses
Menü kann mit den menüabhängigen Tasten rechts neben dem Bildschirm des Oszillo-
skops bedient werden. Zudem steht oberhalb dieser Tasten ein „MENU ON/OFF“-Knopf
zur Verfügung um das Menü bei Bedarf auszublenden.
Es gibt zwei unterschiedliche Modi. Im Handmodus kann der Cursor entweder in verti-
kaler oder in horizontaler Richtung gesteuert werden. Im Wellenmodus hingegen wandert
der Cursor entlang des Signals. Dabei stehen einem zwei Cursor zur Verfügung. Mit „cu-
rA“ bzw. „curB“ kann auf die einzelnen Cursor zugegriffen werden. Nachdem einer der
beiden Cursor ausgewählt wurde, leuchtet der Eingabedrehknopf auf und der Cursor kann

Text Revision 14
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

gesteuert werden. Zudem kann angegeben werden auf welchen Eingang („Quelle“) sich
der Cursor bezieht. Auf dem Bildschirm werden die Koordinaten des Cursors angezeigt.
Verwendet man zwei Cursor gleichzeitig, so erscheint auf dem Bildschirm als weitere
Information der Abstand zwischen den beiden Cursor.

0.2.4.7 Measure-funktion
Mithilfe der Measure-Funktion können automatische Messungen durchgeführt werden.
Es werden Informationen zur Spannung und zur Zeit am Bildschirm ausgegeben. Die
automatischen Messungen lassen sich selbsterklärend durch die Menüpunkte „Spannung“
und „Zeit“ auswählen. Es stehen 20 verschiedene Messgrößen, wie beispielsweise V max ,
V min , V pp , V rms für Spannungsmessungen oder Frequenz und Periodenlänge für Zeitmes-
sungen zur Verfügung. Am Bildschirm des Oszilloskops können maximal drei Messgrößen
gleichzeitig angezeigt werden. Wichtig ist zu wissen, dass das Oszilloskop diese auto-
matische Messung mithilfe der Pixel des Bildschirms berechnet. Das bedeutet, dass für
eine einwandfreie Messung das Signal möglichst groß, deutlich und vor allem vollständig
am Bildschirm zu erkennen sein sollte. Andernfalls kann die automatische Messung zu
falschen Messergebnissen führen.

0.2.4.8 Math-Funktion
Zuletzt sei noch die Mathematik-Funktion des Oszilloskops erwähnt. Sie ermöglicht dem
Benutzer Summen, Differenzen und weitere mathematische Funktionen aus den beiden
Eingangssignalen zu berechnen und am Oszilloskop anzuzeigen.

0.3 Versuch

0.3.1 Geräte kennenlernen

0.3.1.1 Spannungsquelle (HAMEG HM8143)

1.1. Messen Sie die Kennlinie (Spannung über Spannung) der Spannungsquelle von
0. . . 1 V. Verwenden Sie hierbei die Schrittweiten 50 mV, 10 mV und 1 mV.
1.2. Ermitteln Sie den Unterschied zwischen der angelegten und der real anliegenden
Spannung.

Text Revision 15
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

0.3.1.2 Multimeter (FLUKE 8846A)

1.3. Legen Sie verschiedene Spannungen an einen R = 390 Ω an und und messen Sie die
Spannung. Setzen Sie die Strombegrenzung auf (20 mA) ein. Stellen Sie dabei den Mess-
bereich manuell ein (Wechsel zwischen der manuellen und der automatischen Anpassung
des Wertebereichs).
Hinweis: Spannungen werden parallel gemessen.
1.4. Was passiert mit der Spannung, wenn die eingestellte Stromgrenze überschritten
wird?
1.5. Messen Sie den Strom, der durch den Widerstand fließt, ein Mal mit dem 100 mA-
und ein Mal mit dem 10 A-Eingang!
Hinweis: Ströme werden in Reihe gemessen.
1.6. Was würde passieren, wenn der Strom diesen Wertebereich überschreitet? Bitte
nicht praktisch testen!
1.7. Bestimmen Sie zuerst den Widerstand R rechnerisch aus der angelegten Spannung
und dem gemessenen Strom. Dann messen Sie anschließend den Widerstand mit dem
Multimeter. Sie werden einen Unterschied feststellen. Woran könnte das liegen?

0.3.1.3 Funktionsgenerator (HAMEG HM8150)

1.8. Stellen Sie eine Rechteckspannung mit einer Amplitude von 2,5 V und einem Offset
von 2 V ein! Die Frequenz des Signals soll dabei 1 kHz betragen.
1.9. Schließen Sie den Funktionsgenerator an das Oszilloskop an, um das Signal auszu-
geben und das eingestellte Signal zu überprüfen.
Hinweis: Beachten Sie die Oszilloskop-Kopplung.
1.10. Machen Sie sich mit den anderen Signalformen vertraut. Achten Sie darauf, ob sich
die Spannungseinstellung am Funktionsgenerator auf die Amplitude oder auf die Differenz
der Extremwerte (Spitze-Spitze oder Peak-to-peak Wert) bezieht.
1.11. Variieren Sie die Amplitude und die Frequenz der Signale, sowie die Pulsbreite,
fügen Sie den Signalen ein Offset hinzu und beobachten Sie die Änderung.

0.3.1.4 Oszilloskop (Agilent Technologies DSO3062A)

1.12. Benutzen Sie die Kanalknöpfe, um zu überprüfen, ob das Signal richtig gekoppelt
ist und testen Sie die Bandbreitenbegrenzung.
1.13. Benutzen Sie zunächst die Autoscale-Funktion, um das Signal automatisch zu
skalieren und zu positionieren. Was passiert bei Signalen, die deutlich kleiner als 50 Hz

Text Revision 16
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

sind?
1.14. Machen Sie sich nun mit den vertikalen und horizontalen Bedienelementen vertraut.
Verschieben und skalieren Sie dazu das Signal. Achten Sie dabei auf die Bildschirmauflö-
sung.
1.15. Benutzen Sie die Cursor-Funktion. Stellen Sie die Quelle des Cursors auf den
richtigen Kanal. Testen Sie den Unterschied zwischen den beiden Betriebsmodi (Manual,
Tracking). Messen Sie mit Hilfe zweier Cursor den Spitze-Spitze-Wert des Signals.
1.16. Benutzen Sie die Measure-Funktion, um eine automatische Messung durchzufüh-
ren: V max , V min , V pp und V rms sollten ausgegeben werden (Menüelement Spannung).
1.17. Geben Sie auch die Frequenz und Periodenlänge aus (Menüelement Zeit).
1.18. Was passiert, wenn ein Signal nicht vollständig auf dem Bildschirm angezeigt wird?
1.19. Löschen Sie alle Einträge vom Bildschirm!
1.20. Legen Sie zwei Eingangssignale an (das zweite Signal kann das HAMEG-Netzteil
liefern) und benutzen Sie die Mathematik-Funktionen des Oszilloskops!

0.4 Quickstart AutoMessung

0.4.1 Die Benutzeroberfläche von AutoMessung

Abbildung 0.7 zeigt die Benutzeroberfläche von AutoMessung nach dem Starten des
VIs. Links befinden sich die Bedienelemente zur Steuerung der Laborgeräte und rechts
ein noch leeres Plotfenster zum späteren betrachten der aufgenommenen Daten. Die
Dropdown-Menüs oben werden zur Bedienung der zugrunde liegenden LabVIEW Pro-
grammieroberfläche verwendet. Im Labor werden sie nicht benötigt. Das Speichern der
aufgenommenen Daten muss also über den Button unten in der Benutzeroberfläche er-
folgen. Der entsprechende Menüpunkt im Dropdown-Menü speichert lediglich das VI.
Im Folgenden werden die Bedienelemente zur Gerätesteuerung von oben nach unten
erklärt.

Text Revision 17
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.7: Die Benutzeroberfläche von AutoMessung nach dem Programmstart

0.4.2 Die Bedienelemente der Geräte

0.4.2.1 Geräte lokal bedienen

Die Bedienelemente zur Steuerung der Geräte befinden sich auf der linken Seite des
Startfensters. Ganz oben befindet sich ein Button um die Geräte lokal bedienen zu können
(Abbildung 0.8). Ein Klick ermöglicht es Einstellungen am HM8143 und am HM8150
direkt an den Geräten selbst vorzunehmen. Die Bedienelemente des Programms sind
derweil deaktiviert. Ein erneuter Klick auf Geräte lokal bedienen aktiviert sie wieder und
lässt die Geräte die Einstellungen des Programms übernehmen.

0.4.2.2 Die Bedienelemente für das Netzgerät HM8143

Spannung links Setzt die Ausgangsspannung des linken Kanals.

Abbildung 0.8: Der Button der die Geräte in den lokalen Modus setzt

Text Revision 18
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.9: Die Bedienelemente zur Fernsteuerung des HM8143

Abbildung 0.10: Die Bedienelemente zur Fernsteuerung des HM8150

Spannung rechts Setzt die Ausgangsspannung des rechten Kanals.

Strom links Setzt die Strombegrenzung des linken Kanals.


Hinweis: Bei mehr als 95 mA muss auf den richtigen Anschluss beim Fluke geachtet
werden!

Strom rechts Setzt die Strombegrenzung des rechten Kanals.


Hinweis: Bei mehr als 95 mA muss auf den richtigen Anschluss beim Fluke geachtet
werden!

On/Off Schaltet die Ausgänge des Netzgerätes an und aus. Der Button zeigt dabei den
aktuellen Zustand der Ausgänge an.

0.4.2.3 Die Bedienelemente für den Funktionsgenerator HM8150

Wellenform Setzt die Wellenform des Funktionsgenerators. Es kann zwischen Sinus,


Rechteck, Dreieck, Puls, und Sägezahn ausgewählt werden.

Amplitude Legt die Amplitude des ausgegebenen Signals fest.


Hinweis: Der hier eingegebene Wert ist die Spitze-Spitze-Spannung U PP des Aus-
gangssignals! Die tatsächliche Amplitude ist nur halb so hoch.

Text Revision 19
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.11: Die Bedienelemente zur Fernsteuerung des Fluke 8846a

Frequenz Legt die Frequenz des Ausgangssignals fest. Diese sollte bei Wechselstrom-
messung im Bereich zwischen 200 Hz und 10 Hz liegen. Bei Wechselspannungsmes-
sungen kann die Frequenz zwischen 200 Hz und 200 kHz liegen. (Messbereichsgren-
zen des Fluke)

Offset Hier kann der Wert des Gleichspannungsanteils eingetragen werden, welcher zum
Signal hinzuaddiert wird.

Output On/Off Dieser Button schaltet den Ausgang den Funktionsgenerators an bzw.
aus und zeigt den aktuellen Status an.

Offset On/Off Dieser Button schaltet den Gleichspannungsanteil an bzw. aus und zeigt
den aktuellen Status an.

0.4.2.4 Die Bedienelemente für das Multimeter Fluke 8846a

Messgröße Hier kann zwischen einer Gleichspanungs-, Wechselspannungs-, Gleichstrom-,


Wechselstrom- und einer Widerstandsmessung gewählt werden.
Hinweis: Bei einer Strommessung muss auf den richtigen Anschluss des Multime-
ters geachtet werden!

Messbereich Hier wird der Messbereich des Multimeters bestimmt. Die Auswahlmög-
lichkeiten sind hier von der Messgröße abhängig.
Hinweis: Bei einer Strommessung mit einem Messbereich über 100 mA muss der
entsprechende Anschluss am Fluke gewählt werden!

0.4.2.5 Die Einstellungsmöglichkeiten der Messvariable

Variable Hier wird der für die Messung zu variierende Parameter bestimmt. Der Wert,
der in dem entsprechenden Bedienelement steht, wird ignoriert. Zur Auswahl stehen
„Spannung links“, „Spannung rechts“, „Strom links“, „Strom rechts“ und „Frequenz“.

Startwert Bei diesem Wert wird der erste Messpunkt der Kennlinie aufgenommen.

Text Revision 20
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Abbildung 0.12: Einstellungsmöglichkeiten der Messvariable (oben) und Bedienelemente


zum starten, stoppen und speichern der Messung

Schrittweite Hier wird der Abstand zwischen zwei Messpunkten eingegeben. Wird die
Frequenz variiert ändert der Button sein Bezeichnung zu „Schritte/Dek.“. Dann
bestimmt der hier eingetragene Wert die Anzahl der Messpunkte pro Dekade.

Zielwert Hier wird der Maximalwert der Variable angegeben.


Hinweis: Der Zielwert muss größer als der Startwert sein.

Start Hier wird die Messung gestartet. Die Ausgänge des Netzgerätes und des Frequenz-
generators werden automatisch angeschaltet, der eingestellte Parameter variiert
und an jedem Messpunkt ein Messwert aufgenommen.

Stop Sollte sich bereits im Laufe der Messung herausstellen, dass die Daten fehlerhaft
sind oder sonstige Komplikationen auftreten, kann die Messung hier vorzeitig ab-
gebrochen werden.

Speichern Sind die aufgenommenen Daten in Ordnung, können sie mit diesem Button
abgespeichert werden.

Der Fortschrittsbalken zeigt dabei an wie weit die Messung bereits gekommen ist. Zu
beachten ist, dass bei Frequenzsweeps der Fortschritt anfangs sehr langsam aussieht,
da hier ein exponentieller Anstieg der Variable stattfindet. Die Messung kann „live“ im
Plotfenster verfolgt werden. Tabelle 0.2 gibt die minimalen und maximalen Werte an, die
in die Felder für die Variable eingetragen werden können.

Text Revision 21
(759)
HLB-PR Thema 0 - Einführung und Durchführung

Variable Startwert Schrittweite Zielwert


min max min max
Spannung [V] 0 30 10 · 10−3 30
Strom [A] 0 2 1 · 10−3 2
Frequenz (Wechselstrom) [Hz] 50 8 · 103 1 8 · 103
Frequenz (Wechselspannung) [Hz] 50 240 · 103 1 240 · 103

Tabelle 0.2: Minimal- und Maximalwerte der Variable innerhalb derer man ohne Fehlermel-
dungen mit hinreichender Genauigkeit messen kann. Die unterschiedlichen Grenzfrequen-
zen gelten für Wechselspannungs- bzw. Wechselstrommessung beim Fluke 8846a. Die
maximale Schrittweite ist immer durch den Start- und Zielwert begrenzt. Der minimale
Zielwert ist immer durch den Startwert begrenzt.

Text Revision 22
(759)
Thema 1
Die PCD-Methode (Minoritätsträgerle-
bensdauermessung)

1.1 Einleitung

In diesem Versuch soll die Minoritätsträgerlebensdauer τ über die PCD-Methode (photo-


conductive decay) ermittelt werden. Die PCD-Methode ist eine Standardmethode zur
Messung der Minoritätsträgerlebensdauer in Halbleiterkristallen. Gemessen wird das Ab-
klingen der Leitfähigkeit nach vorhergehender Bestrahlung des Halbleiters mit einem
Lichtpuls, da die Leitfähigkeit linear mit der gesamten Ladungsträgerdichte zusammen-
hängt. In erster Näherung klingt die Ladungsträgerdichte exponentiell mit der Zeit ab.
Aus der Abklingkonstante erhält man τ . Das stimmt nur näherungsweise, denn durch
das inhomogene Profil der optisch generierten Ladungsträger vor dem Abschalten, findet
auch eine Umverteilung der Ladungsträger statt. Im Mittel stimmt es aber ganz gut und
wir diskutieren das hier nicht weiter.
Vom Lichtpuls wird gefordert, dass seine Abschaltzeit klein gegenüber der zu mes-
senden Ladungsträgerlebensdauer ist, d.h. dass die Abnahme der Lichtintensität min-
destens 10 Mal schneller geschieht als die Abnahme der Ladungsträgerdichte aufgrund
der begrenzten Ladungsträgerlebensdauer. Sonst kommt es zu einer Überlagerung der
abfallenden Verläufe, etwas das in der linearen Signal- oder Systemtheorie dann mit ei-
ner Faltung beschrieben wird. Bei Lebensdauern von mehreren hundert Mikrosekunden
eignen sich mechanische Licht-Chopper und rotierende Spiegel, bei Lebensdauern unter
zehn Mikrosekunden sind solche Lichtpulser jedoch weitgehend ungeeignet. Diese Auf-
bauten erzeugen den Lichtpuls durch Abschatten der Lichtquelle mit einer Blende, durch
die begrenzte Geschwindigkeit mit der die Blende arbeitet ist aber auch die Abnahmege-
schwindigkeit der Lichtintensität begrenzt.
Alternativ stehen längerwellige Galliumarsenid-Lumineszenzdioden (LEDs) zur Verfü-
gung, die schnell genug abschalten. Dabei beruht die Lichtaussendung auch auf Ladungs-
trägerinjektion, wird aber viel schneller abgebaut wird als in Silizium. Deshalb eignen sich
GaAs-LEDs als gepulste Lichtquellen bei der PCD-Methode. Mit relativ geringem Auf-
wand lassen sich damit Abschaltzeiten von weit weniger als einer Mikrosekunde erreichen.
In diesem Versuch soll ein p-dotierter Halbleiter untersucht werden, die Minoritäts-
ladungsträger sind also Elektronen. Die Dotierstoffkonzentration ist gering und beträgt

23
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Tabelle 1.1: Übersicht über wichtige Formelzeichen im Halbleiter

Formelzeichen Bedeutung
n0 , p0 Ladungsträgerkonzentration im Gleichgewicht
n, p Ist-Konzentration der Ladungsträger
∆n, ∆p Überschussladungsträgerkonzentration
Lp , Ln mittlere Diffusionslänge
Dp , Dn Diffusionskonstante
τ Ladungsträgerlebensdauer

etwa 1 · 1015 /cm3 . Eine niedrige Dotierstoffkonzentration führt zu weniger Kristallstö-


rungen und somit einer längeren Lebensdauer, die sich leichter messen lässt.

1.2 Theorie

Wir gehen zunächst von einem Halbleiterkristall im thermodynamischen Gleichgewicht


aus. Das bedeutet, dass der Kristall mit seiner Umgebung im Gleichgewicht bezüglich
der Temperatur (kein Wärmeaustausch) und des chemischen Potentials oder hier auch
Fermi-Niveau ist (kein Teilchenaustausch). Die freien Ladungsträger haben eine bestimm-
te Gleichgewichtskonzentration n0 (Elektronen) und p 0 (Löcher). Durch Zuführen von
Ladungsträgern auf unterschiedliche Art entsteht eine Nichtgleichgewichtssituation.
Die Strahlungsenergie in Form eines Photonenstromes (Quanten des elektromagne-
tischen Feldes) bewirkt die Generation von Ladungsträgerpaaren, wobei ein Photon mit
einer Energie größer als der Bandabstand W = hf ≥ W G von Silizium ein Elektronen-
Lochpaar erzeugt.
Ein Halbleiterkristall ist ständig bestrebt, das thermodynamische Gleichgewicht wie-
derherzustellen. Wird die Anregung abrupt beendet, so klingen ∆n und ∆p durch Rekom-
bination auf den Wert Null ab. Bei schwacher Anregung (n0 + ∆n  p 0 im p-Halbleiter)
ist die Abnahme in erster Näherung exponentiell über der Zeit.
Die damit verbundene Zeitkonstante τ nennt man Lebensdauer. Sie gibt die mittlere
Zeitdauer zwischen dem Auftreten eines Elektrons oder Lochs als freier Ladungsträger
im Halbleiter und seiner Rekombination an. Präziser formuliert, reduziert sich die durch
Anregung erzeugte Erhöhung der Konzentration nach Ablauf der Lebensdauer √ im Mittel
auf e1 ihres Anfangswertes (vgl. Gleichung 1.4). Die Diffusionslänge L = D × τ ist mit
dem Halbleiterparameter Lebensdauer verknüpft. Sie gibt an, wie weit die Minoritätsträger
innerhalb einer Lebensdauer per Diffusion im Kristall im Mittel transportiert werden.
Bei der Messung der Lebensdauer misst man im Allgemeinen die effektive Lebensdau-
er τ eff . Diese wird durch die Volumenlebensdauer τ v (Rekombination im Volumen) und
durch die Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit S0 (Rekombination an der Ober-
fläche) bestimmt. Messen möchte man eigentlich nur die Volumenlebensdauer τ v , denn

Text Revision 24
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

I LED
I max

I LED

0
0 t1 t2 t

∆ n(t )
u(t )

0 t1 t2 t
Rek. (τ ) Gen.

Abbildung 1.1: Zeitlicher Verlauf des LED-Stromes I LED , der Überschussladungsträger-


dichte ∆ n(t ) und der Signalspannung u(t ) über der Probe.

sie kennzeichnet den Werkstoff. Dabei verkürzen Rekombinationszentren die Volumen-


lebensdauer, während so genannte Haftstellen den Abklingvorgang verlängern. Die hier
eingeführten Begriffe sollen nachfolgend etwas näher erläutert werden, um ein tieferes
Verständnis der Vorgänge in Halbleitern zu erlangen.
Bei der Generation von Ladungsträgern kann man ebenfalls eine Zeitkonstante defi-
nieren. Diese ist jedoch nicht mit der Volumenlebensdauer τ bei der Rekombination der
Minoritätsladungsträger zu verwechseln. Die Generation wird durch Photonen vermittelt
und ist deshalb ein anderer Prozess, der in Silizium um Größenordnungen schneller abläuft
und im Vergleich vernachlässigbar ist. Für die Auswertung des Versuchs betrachten wir
nur den Rekombinationsvorgang im Halbleiter.

1.2.1 Volumenlebensdauer τ
Die Volumenlebensdauer ist eine Zeitkonstante, welche die durchschnittliche Lebensdauer
von Minoritätsladungsträgern in einem idealisierten homogenen, unendlich ausgedehnten
Kristall beschreibt. Diese Konstante wird in der Bilanzgleichung als Parameter des linearen
Rekombinationsgesetzes angesetzt (siehe 1.3).

Text Revision 25
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

1.2.2 Ansatz Bilanzgleichung


Das zeitliche Verhalten der Überschussladungsträger wird durch die Bilanzgleichung be-
schrieben.

∂p 1 #»
= − ∇· ( j p ) − R + G (1.1)
∂t e
∂n 1 #»
= ∇· ( j n ) − R + G (1.2)
∂t e
In diesen Gleichungen geben R und G die Rekombinationsüberschussrate bzw. die Ge-
nerationsrate an (jeweils in der Einheit 1/(cm3 s)). Allgemein sagen R und G aus, wie
viele Teilchen pro Volumen- und Zeiteinheit über die Raten im Gleichgewichtszustand
hinaus rekombinieren bzw. generiert werden. Bei „normalen“ Dioden, die lichtdicht ver-
packt sind, gibt es keine Generation über die thermische hinaus. R berücksichtigt nur die
Rekombination über das Gleichgewicht von thermischer Generation und Rekombination
hinaus.
Setzt man schwache Injektion voraus (n0 + ∆n  p 0 im p-Halbleiter), so ist R
proportional zu ∆n und ∆p (lineares Rekombinationsgesetz). Die Bilanzgleichung für
Elektronen nimmt folgende Form an.
∂n 1 #» ∆n
= ∇· ( j n ) − +G (1.3)
∂t e τ
∆n
R=
τ
Hierbei entspricht τ (Einheit: [s]) der Volumenlebensdauer.

1.2.3 Vereinfachte Lösung der Bilanzgleichung


Für lange Wellenlängen ist die Generation näherungsweise homogen (konstant über dem
Ort). Wenn dann die Oberflächenrekombination vernachlässigbar ist, so erfolgt der Abfall
exponentiell mit der Zeit. Wenn eine homogene Generation von Ladungsträgern zur Zeit
t = 0 abgebrochen wird, so erhält man mit G = 0/(cm3 s) (es werden keine Ladungs-
träger mehr generiert) und ∇· (j ) = 0 (es fließen genauso viele Teilchen in das Volumen
wie heraus) als Lösung der Bilanzgleichung für Elektronen:
 
t
∆ n(t ) = ∆n0 exp − (1.4)
τ

Das konstante Ladungsträgerprofil klingt also exponentiell mit der Zeit ab. Die Zeitkon-
stante ist die Lebensdauer τ . Tatsächlich gibt es aber Oberflächenrekombination und Ab-
sorption. Mathematisch betrachtet erhalten wir dann eine partielle Differentialgleichung
mit unendlich vielen Lösungen d.h. Zeitkonstanten, die sich überlagern. Wir könnten also
auch schneller abfallende Lösungen sehen, die dann wegen der linearen Überlagerung in
einen langsameren Abfall übergehen.

Text Revision 26
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

1.2.4 Profile der optisch generierten Ladungsträger


Das stationäre optisch generierte Ladungsträgerprofil kann eindimensional analytisch be-
rechnet werden. Das ist in Abschnitt (1.8.1) durchgeführt. Dabei muss für eine eindeutige
Lösung auf der Rückseite ein fester Wert vorgegeben werden. Da nichts besseres bekannt
ist, wird die Gleichgewichtskonzentration, d.h. effektiv keine Generation gewählt. Das
entspricht einem rückwärtigen Kontakt oder einer unendliche hohen Rekombination an
der Grenzfläche, und führt somit zu mehr Rekombination als im realen Bauelement. Der
dazugehörige Parameter ist die Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit S 0 , die weiter
unter gesondert diskutiert wird. Dieses Problem kann nur mit einer mindestens zweidimen-
sionalen Modellierung überwunden werden, wo die Festlegung des Gleichgewichtswertes
außerhalb des beleuchteten Bereichs sein kann.
Für die stationäre Lösung verschwindet die Zeitabhängigkeit in der Bilanzgleichung
(1.3), da die Beleuchtung sich bis zum Abschalten nicht ändert. Die Berechnung nach
dem Abschalten ist nicht einfach, kann aber numerisch durchgeführt werden. Im Gegen-
satz zur vereinfachten Lösung, muss noch die Umverteilung des nicht homogenen La-
dungsträgerprofils berücksichtigt werden (siehe Abbildung (1.8)). Deshalb ist die Abnah-
me der Ladungsträgerkonzentration nicht überall gleich. Im Mittel, d.h. nach Integration
über die gesamte Tiefe ergibt sich jedoch wieder eine exponentielle Abnahme.
Wir nehmen wegen der geringen Dotierung eine Lebensdauer von einer Millisekunde
an. Eine realistische Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit ist S0 = 100 cm/s. Um
den Einfluss der Oberflächenrekombination zu verdeutlichen, betrachten wir auch den
Fall S0 = 5000 cm/s, der bei den Proben mit Sicherheit nicht vorliegt. Die Einstrahlungs-
intensität ist mit 100 W/m2 sehr viel höher als in dem Experiment mit Leuchtdioden.
Es ergeben sich verschiedene Ladungsträgerprofile, für die im Versuch gemessene Wi-
derstandsmodulation ist jedoch die mittlere Erhöhung der Ladungsträgerdichte im gesam-
ten Halbleitervolumen, also im Prinzip des Integrals über die Tiefe ausschlaggebend. Im
eindimensionalen Modell ist der Maximalwert der optisch generierten Ladungsträgerdich-
te ungefähr doppelt so hoch wie der Mittelwert (siehe Tabelle (1.2)). Dementsprechend
ist die maximale Erhöhung der Ladungsträgerdichte ungefähr doppelt so hoch, wie die
aus einer Strommessung erhaltene mittlere Erhöhung.

Tabelle 1.2: Maximaler und mittlerer Wert der optisch generierten Ladungsträgerdichte
gemessen in Teilchen pro µm3

Wellenlänge [nm] S 0 = 100 cm/s S 0 = 5000 cm/s


Maximum Mittel Maximum Mittel
660 411 206 60,3 30,7
850 514,4 266,3 85 46,6
950 520,8 291 111 69,3

Damit kann man unter Berücksichtigung der Messergebnisse die maximale Anhebung
der Ladungsträgerdichte abschätzen und das Vorliegen einer starken Injektion beurtei-
len. Aus der Berechnung wissen wir aber bereits, dass die generierte Ladungsträgerdich-

Text Revision 27
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

te um mindestens zwei Größenordnungen unterhalb der p-Dotierungskonzentration von


1 · 1015 /cm3 liegt. Die nachfolgenden Abbildungen geben die Ergebnisse der Berechnun-
gen für Beleuchtungen bei unterschiedlichen Lichtwellenlängen λ wieder und verdeutlichen
den Einfluss der Lebensdauer und Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit S 0 .
Es ist das unterschiedlich starke Eindringen des Lichtes in Abhängigkeit von der Wel-
lenlänge und das Abfließen der Ladungsträger zur Oberfläche in Abhängigkeit von S 0
sichtbar.
Ladungsträgerdichte stationär S 0 =5 · 103 cm/s Ladungsträgerdichte stationär S 0 =100 cm/s

60 τ =1000 µs τ =1000 µs
τ =100 µs 400 τ =100 µs
50 τ =10 µs τ =10 µs
300
40
cm3 ]

cm3 ]
[ 1E12

30 [ 1E12 200
∆n

∆n

20
100
10

0 0

0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 400 500
x [µm] x [µm]

Abbildung 1.2: Optisch generierte Ladungsträgerdichte bei verschiedenen Volumenlebens-


dauern, λ=660 nm.

Ladungsträgerdichte stationär S 0 =5 · 103 cm/s Ladungsträgerdichte stationär S 0 =100 cm/s

τ =1000 µs τ =1000 µs
80 τ =100 µs 500 τ =100 µs
τ =10 µs τ =10 µs
400
60
cm3 ]

cm3 ]
[ 1E12

[ 1E12

300
40
∆n

∆n

200
20
100

0 0

0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 400 500
x [µm] x [µm]

Abbildung 1.3: Optisch generierte Ladungsträgerdichte bei verschiedenen Volumenlebens-


dauern, λ=850 nm.

Text Revision 28
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Ladungsträgerdichte stationär S 0 =5 · 103 cm/s Ladungsträgerdichte stationär S 0 =100 cm/s


120
τ =1000 µs τ =1000 µs
τ =100 µs 500 τ =100 µs
100
τ =10 µs τ =10 µs
400
80
cm3 ]

cm3 ]
[ 1E12

[ 1E12
60 300
∆n

∆n
40 200

20 100

0 0

0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 400 500
x [µm] x [µm]

Abbildung 1.4: Optisch generierte Ladungsträgerdichte bei verschiedenen Volumenlebens-


dauern, λ=950 nm.

Ladungsträgerdichte stationär λ=660 nm Ladungsträgerdichte stationär λ=950 nm

S 0 =2500 cm/s S 0 =2500 cm/s


100 150
S 0 =5 · 103 cm/s S 0 =5 · 103 cm/s
S 0 =50 · 103 cm/s S 0 =50 · 103 cm/s
80
S 0 =500 · 103 cm/s S 0 =500 · 103 cm/s
cm3 ]

cm3 ]

100
[ 1E12

[ 1E12

60
∆n

∆n

40
50
20

0 0

0 100 200 300 400 500 0 100 200 300 400 500
x [µm] x [µm]

Abbildung 1.5: Optisch generierte Ladungsträgerdichte bei verschiedenen Oberflächenre-


kombinationsgeschwindigkeiten und τ = 1 ms

Text Revision 29
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Abschalten der generierten Ladungsträgerdichte

1 λ = 660 nm
λ = 850 nm
λ = 950 nm
0.8
∆n(t=0)
∆n

0.6

0.4

0 2 4 6 8 10
t [µ s]

Abbildung 1.6: Abklingen des Integrals der optisch generierten Ladungsträgerdichte bei
τ = 1 ms, S 0 =5000 cm/s

Abschalten der generierten Ladungsträgerdichte

1 λ = 660 nm
λ = 850 nm
λ = 950 nm
0.8

0.6
∆n(t=0)
∆n

0.4

0.2

0
0 20 40 60 80 100
t [µ S 0 ]

Abbildung 1.7: Abklingen des Integrals über das gesamte Volumen der optisch generierten
Ladungsträgerdichte bei τ = 1 ms, S 0 =100 cm/s

Text Revision 30
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Optisch generierte Ladungsträgerdichte: τ = 1 ms, S 0 = 5000 cm/s

60
cm3 ]
[ 1E12

40
∆n

20

0 1
0 0.8
·104
50 0.6
100 0.4
150 0.2
x [µm] 0 time [µs]
200

Abbildung 1.8: Zeitliche Abnahme der verteilten induzierten Ladungsträgerdichte: λ =


660 nm

Text Revision 31
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

1.2.5 Rekombination im Halbleiter


1.2.5.1 Direkte und indirekte Halbleiter
Je nach Lage der Energiebänder werden Halbleitermaterialien in direkte und indirekte
Halbleiter unterschieden. Von einem indirekten Halbleiter spricht man, wenn der Übergang
vom Leitungsband zum Valenzband nur durch eine Energieänderung und eine Änderung
des Quasiimpulses möglich ist, während bei einem direkten Halbleiter eine Energieände-
rung ausreicht. Der Quasiimpuls ist der (quantenmechanische) Impuls unter Einfluss des
umgebenden Gitterpotentials.
In einem Halbleiter gibt es verschiedene Rekombinationsmöglichkeiten. Grundsätzlich
unterscheidet man zwischen strahlender und nichtstrahlender Rekombination. Strahlen-
de Rekombination liegt vor, wenn die freiwerdende Rekombinationsenergie W Rek unter
anderem zu einer Rekombinationsstrahlung der Größe W Rek = hf führt. Bei der nicht-
strahlenden Rekombination führt die freiwerdende Energie W Rek zur Erwärmung des Kris-
tallgitters bzw. zur Anhebung von Elektronen auf ein höheres Energieniveau innerhalb des
Leitungsbandes.

1.2.5.2 Strahlende Rekombination


Bei der Band-Band-Rekombination rekombiniert ein Elektron aus dem Leitungsband mit
einem Loch aus dem Valenzband unter Aussendung eines Strahlenquantes (Photon). Die
Rekombinationsüberschussrate RS der strahlenden Rekombination, also die Häufigkeit

Abbildung 1.9: (a) indirekter Halbleiter, (b) direkter Halbleiter im Energie-Quasiimpuls-


Diagramm

Text Revision 32
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

WL

WV

Abbildung 1.10: Band-Band-Rekombination, beim Übergang von W L nach W V wird die


Strahlungsenergie hν freigesetzt.

strahlender Rekombinationsvorgänge, hängt von der Konzentration der Elektronen n, der


Konzentration der Löcher p und einem Proportionalitätsfaktor ξS (Xi) ab.
RS = ξS np (1.5)
Dieser Prozess ist in Silizium als indirekter Halbleiter unwahrscheinlich.

1.2.5.3 Nichtstrahlende Rekombination


Bei der Auger-Rekombination rekombiniert ein Elektron aus dem Leitungsband mit ei-
nem Loch aus dem Valenzband. Hier wird die freiwerdende Energie nicht in Form von
Strahlung abgegeben, sondern an ein weiteres Elektron im Leitungsband durch einen Stoß
übertragen. Dieses Elektron wird auf ein höheres Energieniveau im Leitungsband angeho-
ben. Es fällt unter Abgabe thermischer Energie W th auf die Leitungsbandkante zurück.
Die Auger-Rekombination ist also ein Dreiteilchenprozess. Die Rekombinationsrate der
Auger-Rekombination RA hängt ebenfalls von der Ladungsträgerkonzentration und von
der Augerkonstante cn,p ab.
RA = cn n2 p + cp p 2 n (1.6)
Es müssen viele Ladungsträger vorhanden sein, damit dieser Prozess ablaufen kann. Das
ist bei uns nicht der Fall.
Bei der Zwischenniveau-Rekombination geht ein Elektron zunächst aus dem Leitungs-
band unter Abgabe thermischer Energie W th an das Kristallgitter über in ein bevorzugt
in der Bandmitte liegendes, neutrales Rekombinationszentrum W R . Dieses Rekombinati-
onszentrum kann aufgrund von Kristallfehlern, Verunreinigungen oder durch Dotierstof-
fatome entstehen.
Anschließend rekombiniert das Elektron im Zentrum wiederum unter Abgabe thermi-
scher Energie W th mit einem Loch aus dem Valenzband. Es bleibt ein neutrales Zentrum
zurück. Die Rekombinationsrate der Zwischenraumrekombination RZ bestimmt sich aus
den elementaren Lebensdauern τ n0,p0 , der Konzentration im Leitungsband und Valenz-
band für W F = W R , der Konzentration der Rekombinationszentren N r auf dem Energie-
niveau W R in der Bandlücke und dem Einfangsquerschnitt σ n,p . Aus einem Ratenmodell

Text Revision 33
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

W th

WL WL
W th
1.

WR
W th
2.
WV WV
(a) Auger-Rekombination (b) Zwischenniveaurekombination

Abbildung 1.11: Nichtstrahlende Rekombination

erhält man:
1
τ n,0 = (1.7)
N T σ n v th
1
τ p,0 = (1.8)
N T σ p v th
Wi −WR
nr ≡ ni e kB T
(1.9)
W −W
− ki T R
pr ≡ ni e B (1.10)
np − ni 2
RZ = (1.11)
τ p,0(n + nr ) + τ n,0(p + p r )

In einem n-dotierten Halbleiter n  p, ∆n = ∆p und n  nr folgt wieder das lineare


Rekombinationsgesetz

(n0 + ∆n )(p 0 + ∆n ) − ni 2 1
≈ ≈ (1.12)
τ p,0(n0 + ∆n ) τ p,0
Entsprechendes gilt für τn,0 in einem p-Halbleiter. Die Minoritätsträgerlebensdauer be-
stimmt das Rekombinationsverhalten.

1.2.6 Oberflächenrekombination
Bei einem realen Kristall ändern sich an der Oberfläche die elektronischen Eigenschaften.
Da dort das periodische Gitter endet, sind nicht mehr alle Bindungen der Kristallatome
abgesättigt. Weiterhin können sich Moleküle und Atome aus der Umgebung (Wasser,
Sauerstoff etc.) anlagern.
Die Folge ist die Bildung von Energieniveaus zwischen Valenz- und Leitungsband an
der Oberfläche. Sie wirken wie Volumen-Rekombinationszentren, sind aber wegen ihrer
größeren Dichte effektiver als die Zwischenniveaus im Volumen. An der Oberfläche ist

Text Revision 34
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Tabelle 1.3: Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeiten

Oberflächenbehandlung S0 in cm/s
Sandstrahlen 1 · 104 . . . 1 · 106
Polieren 1 · 103 . . . 1 · 105
Ätzen 10. . . 300
Oxidieren 10

der Kristall in einem schmalen Bereich dicht unterhalb der Oberfläche gestört und es
findet dort vermehrte Rekombination statt. Multipliziert man das lokale τ1 an der Ober-
fläche mit der Tiefe des gestörten Bereiches, so erhält man eine Größe der Dimension
Geschwindigkeit. Da man die die Tiefe des gestörten Bereiches nicht kennt, ist es einfa-
cher die Oberflächenrekombination mit einer Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit
S0 zu beschreiben.
Die Folge der Oberflächenrekombination und des damit verursachten Gradienten ist
ein Diffusionsstrom freier Ladungsträger aus dem Volumen zur Oberfläche.
Nimmt man für die Oberflächenrekombination ebenfalls ein lineares Rekombinations-
gesetz an, so folgt daraus die Oberflächenbedingung:

DO ∇ (∆ n(x) )|x=0 = S0 ∆ n(x = 0) (1.13)

Der Diffusionsstrom zur Oberfläche (DO ∇ (∆n)) ist gleich den pro Flächen- und Zeit-
einheit an der Oberfläche rekombinierenden Ladungsträgern (stationäre Bilanzgleichung).
S0 wird wegen seiner Dimension (cm/s) Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit ge-
nannt. Sie ist stark von der Oberflächenbeschaffenheit abhängig und nimmt bei Silizium
die Werte aus Tab. 1.3 an. An der Rückseite würde die sich das Vorzeichen wegen der um-
gekehrten Flächennormale umdrehen. In unserer eindimensionalen Rechnung müssen wir
jedoch das Gleichgewichtsniveau festlegen. Höherdimensional setzt man an der Rückseite
die Randbedingung:

DO ∇ (∆ n(x) )|x=b = −S0 ∆ n(x = b)

1.2.7 Haftstellen
Haftstellen bieten, wie Rekombinationszentren auch, freien Ladungsträgern Energienive-
aus im verbotenen Band an. Sie fangen jedoch nur eine Ladungsträgerart ein und tragen
somit wenig zur Rekombination bei. Die Re-Emission in den freien Zustand ist wahrschein-
licher. Zwischen Einfang und Re-Emission liegt eine Zeitdauer, in der der Ladungsträger
weder rekombinieren noch zur Leitfähigkeit beitragen kann. Er bleibt als Überschussla-
dungsträger erhalten, deshalb können Haftstellen den Abbau der Überschusskonzentration
verzögern.

Text Revision 35
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

WL

W HE

W HL

WV

Abbildung 1.12: Haftstellen

1.2.8 Absorptionskoeffizient
Im Versuch werden die Überschussladungsträger durch optische Generation (Strahlung
einer LED) erzeugt. Die Konzentration der optisch generierten Ladungsträgerpaare klingt
nach dem Lambertschen Gesetz exponentiell in das Probeninnere hinein ab (siehe Abb. 1.13).
Die optische Generationsrate wird mit G0(λ) bezeichnet. Dabei ist zu beachten: Die Ge-
neration konkurriert mit der Rekombination und dem Abfluss durch Diffusion in weniger
stark beleuchtete Gebiete bzw. zu den Rändern mit erhöhter Rekombination. Deshalb ist
pgen 6= p(x)

pgen(x ) = G0 exp (−αx ) (1.14)

Hier ist α der Absorptionskoeffizient des bestrahlten Halbleiters. Er hängt von der
Lichtwellenlänge und dem Halbleitermaterial ab und beschreibt allgemein, wie stark ein
Material Strahlung absorbieren kann. In Abb. 1.17 ist der Absorptionskoeffizient für Si-
lizium in Abhängigkeit der Wellenlänge dargestellt. Mit α verknüpft ist die mittlere Ein-
dringtiefe des Lichts d = α1 (siehe auch Abschnitt 1.3.1.2). Es ist also durch Variation der
Lichtwellenlänge möglich zu bestimmen, an welcher Stelle und in welcher Tiefe innerhalb
der Probe der Hauptteil der Überschussladungsträger erzeugt wird.
Wählt man Licht mit großem α, also kleiner Eindringtiefe d , so wird der Hauptteil
der Ladungsträger in Oberflächennähe generiert. Bei der Rekombination wäre dann der
Oberflächeneinfluss größer als bei Generation im Probeninneren (wenn α klein und d groß
ist).

Text Revision 36
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

α1 < α2

0.5
G0
g

exp (−α2 x ) exp (−α1 x )

0
0 20 40 60
x in µm

Abbildung 1.13: (Normalisierte) Ladungsträgergeneration in Abhängigkeit von der Ein-


dringtiefe in die Probe nach dem Lambertschen Gesetz. Bei niedriger Absorption werden
verhältnismäßig viele Ladungsträger im Innern des Halbleiters generiert.

1.2.9 Zusammenhang zwischen Diffusionslänge, Diffusi-


onskonstante und Lebensdauer
Mit steigender Minoritätsträgerlebensdauer τ steigt auch die (mittlere) Diffusionslänge
Ln .
p
Ln = Dn τ n (1.15)
Die Diffusionskonstante für Elektronen beträgt bei sehr niedrger Dotierung typischerweise
Dn = 36 cm2 /s und nimmt bei höherer Dotierung ab.

1.3 Die PCD-Methode

Die PCD-Methode ist ein klassisches Standardverfahren zur Bestimmung der Minoritäts-
trägerlebensdauer.
In Abb. 1.14 ist die Probengeometrie dargestellt. Die Siliziumprobe wird über die
schraffierte Fläche mit Lichtpulsen bestrahlt und die Strahlung gemäß dem Lambertschen
Gesetz absorbiert, was zu einer Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit führt.
Wie in Abb. 1.15 zu sehen, wird die Widerstandsänderung ∆ Rp(t ) , die durch das Licht
hervorgerufen wird, über einen Spannungsteiler als Wechselspannung über den Koppel-
kondensator C k dem Oszilloskop zugeführt. Damit wird nicht eine kleine Stromänderung

Text Revision 37
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

l1

l2

l1

A0
h

l tot

Abbildung 1.14: Probengeometrie: A0 = hb, l tot = l 1 + l 2 + l 1

auf einem großen Gleichanteil detektiert, sondern es wird nur der Wechselanteil gemes-
sen. Der Wechselanteil ∆ up(∆n(t) ) hat ein negatives Vorzeichen, da der Widerstand
unter Beleuchtung sinkt. Der Kondensator muss groß genug sein, dass er sich zwischen
dem Ein- und Ausschalten nicht zu schnell auf ein neues stationäres Niveau umlädt, son-
dern idealerweise alle Umschaltanteile passieren lässt (hinreichend idealer Hochpass). Der
Kondensator am AC Eingang eines Oszilloskops ist kleiner als C k und das direkt über RP
abgegriffene Signal enthält dementsprechend mehr Umladeartefakte. Der Vorwiderstand
mit der Spannungsquelle U B fungieren als eine Art schlechte Stromquelle oder anders
betrachtet handelt es sich um einen Spannungsteiler mit variablen Widerstand Rp .

Text Revision 38
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

UB

RV u RV
Ck

uPCD(t ) RP uP(t) = U P0 + ∆ uP(t )

Abbildung 1.15: Prinzipschaltbild für die PCD-Methode

1.3.1 Vorüberlegungen zum Versuch


1.3.1.1 Abschaltzeit der LEDs
Die Abschaltzeit t f der LEDs kann mit einem schnellen Photodetektor gemessen werden.
Die Abschaltzeit ist festgelegt als die Zeitdifferenz beim Abklingen des Signals von 90 %
auf 10 % (siehe Abb. 1.16).
Zur Messung bestrahlt die LED diesen Detektor und das so entstehende Signal kann
als Spannung abgenommen werden und auf dem Oszilloskop dargestellt werden. Um
den zeitlichen Rahmen dieser Veranstaltung nicht zu sprengen, wird die Abschaltzeit
der Dioden nicht nachgemessen. Es kann angenommen werden, dass t f  τ v ist. Die

90%

10%
t0 t0 + tf t

Abbildung 1.16: Abschaltzeit

Text Revision 39
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

106
105
Absorptionskoeffizient α [1/cm]

104
103
102
101
100
10−1
10−2
10−3
10−4
10−5
10−6
10−7
10−8
250 500 750 1,000 1,250 1,500
Wellenlänge λ [nm]

Abbildung 1.17: Absorptionskoeffizient von Silizium

elektrischen Abschaltzeiten der verwendeten LEDs liegen laut Datenblatt bei unter 1 µs.
Diese sind zwar nicht identisch zu den optischen Abschaltzeiten, sollten aber in etwa in
derselben Größenordnung liegen.

1.3.1.2 Eindringtiefe des Lichtes in die Probe


Je nach Wellenlänge dringt das Licht unterschiedlich tief in Silizium ein. Das heißt, dass
der Absorptionskoeffizient α des Halbleitermaterials abhängig von der Wellenlänge ist.
Die Lichtintensität und damit auch die Konzentration von generierten Ladungsträgern
fällt exponentiell im Probeninneren ab.
Die mittlere Eindringtiefe ist definiert als d = α1 , d.h. d ist die Tiefe bei der die
Lichtintensität auf e1 des Anfangswertes abgefallen ist. Werte für α können aus dem
Diagramm in Abb. 1.17 entnommen werden.

1.3.1.3 Aufnahme der Abklingkurve


Wird die optische Generation zum Zeitpunkt t = 0 schlagartig abgeschaltet, folgt die
Ladungsträgeränderung mit Verzögerung durch Rekombination. Das ist beim Einschalten
nicht so. Wir messen nicht ∆ uP(t ) , sondern weil es direkt zugänglich ist uPCD(t) ≥ 0,
das den Unterschied (Differenz) zum beleuchteten Zustand misst.

Text Revision 40
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Die Pulsfrequenz der LEDs sollte niedrig genug sein, um das Ein- und Ausschalten
zu trennen. Andererseits darf der Abstand zwischen den Pulsen nicht zu groß sein, damit
der Koppelkondensator nicht zu stark umgeladen wird.
Die Auskopplung des Unterschieds der Spannung über der Probe erfolgt durch den
Koppelkondensator. Dieser entfernt den Gleichspannungsanteil U P0 und den Mittelwert
UP des Wechselsignals, der nicht null ist, da ∆ uP(t ) immer negativ ist. Damit enthält
auch ∆ uP(t ) einen Gleichspannungsanteil UP < 0. uPCD misst also ∆ uP(t ) befreit von
allen Gleichanteilen. Der Koppelkondensator lädt sich dazu auf die Spannung U P0 + UP
auf. Effektiv wird also uP (t ) verschoben:

uPCD(t ) = uP(t ) − (U P0 + UP ) = ∆ uP(t ) − UP

Zum Zeitpunkt des Abschalten des Lichts ist die Spannung ∆ uP(t = 0) maximal negativ
und uPCD(t = 0) ist ebenfalls negativ. uPCD(t → ∞) ist der theoretische Bezugswert.
t → ∞ ist nur im Modell realisierbar. Tatsächlich jedoch entlädt sich der Koppelkon-
densator ein wenig, so dass uPCD ein Maximum aufweist. Der Maximalwert ist dann der
reale zu verwendende Bezugswert. Überlegen Sie sich, wie sie aus uPCD (t) ∆ uP(t) er-
mitteln können. Die Umrechnung ist wichtig, weil nur −∆ uP(t) > 0 proportional zur
Ladungsträgerdichte ist und nicht uPCD .
Das PCD-Signal wird entweder am Oszilloskop oder direkt vom RedPitaya aufgenom-
men und gespeichert.

1.3.1.4 Schwache Injektion


In Abschnitt 1.2.2 wurde für die Lösung der Bilanzgleichung die Voraussetzung gefordert,
dass die Zahl der erzeugten Überschussladungsträger plus der Gleichgewichtskonzentra-
tion der Minoritätsladungsträger sehr viel kleiner ist, als die Konzentration der Majori-
tätsladungsträger. Es soll also in diesem Fall (p-dotierter Halbleiter) gelten n0 p+∆n
0
 1.
Diese Bedingung nennt man schwache Injektion. Da in der Praxis die Konzentration der
Überschussladungsträger bei G > 0/(cm3 s) schnell größer wird als die Konzentration
der Minoritätsträger im Gleichgewicht, kann z.B. in einem p-Halbleiter n0 gegenüber ∆n
oft vernachlässigt werden ( n0 p+∆n
0 p 0 im p-Halbleiter). Aus der Simulation können wir
≈ ∆n
annehmen, dass schwache Injektion vorliegt, denn die angenommene eingestrahlte opti-
sche Leistung von 100 mW/cm2 ist viel höher, als die (nicht bekannte) der verwendeten
LEDs.
Um die Voraussetzungen der schwachen Injektion während der Generation von Über-
schussladungsträgern bei der Probenbestrahlung mit einer LED zu überprüfen, muss der
Spannungsabfall über der Probe im unbeleuchteten Zustand U P0 und im beleuchteten
Zustand u P = U P0 + ∆u P gemessen werden, wobei ∆u P negativ ist. Die Änderung kann
aus den beiden Extremwerten der Abklingkurve ermittelt werden.
Die Spannungsänderung geht unmittelbar auf die Widerstandsänderung, also die Än-
derung der Ladungsträgerkonzentration zurück. Mit der Gleichung zur Spannungsände-
rung und den Probenabmessungen lässt sich dann die Bedingung der schwachen Injektion
überprüfen (Herleitung siehe Anhang), die maximale Ladungsträgeranhebung ist bei ma-
ximalem ∆uP .

Text Revision 41
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

∆nmax 1 l tot (RV + Rp0 )2 ∆uPmax


≈− 1 (1.16)
p0 2 l2 RV Rp0 UB

l tot und l 2 sind die Probengeometrie, RV ist der Vorwiderstand bzw. RP0 der Dunkel-
widerstand. u P wird gemessen, woraus sich ∆uPmax ergibt. U B und U P0 werden im Versuch
gemessen, im Prinzip genügt jedoch der eingestellte Spannungswert und berechnete Wi-
derstandswert von RP0 für die Abschätzung.

1.4 Rechenaufgaben

1.4.1 Ermitteln der Eindringtiefen

1.4.1.1. Bestimmen Sie die Eindringtiefe d der verwendeten LEDs. Die verwendeten
LEDs haben folgende Wellenlängen:
LED-A: 660 nm
LED-B: 850 nm
LED-C: 940 nm
1.4.1.2. Welche Wellenlänge bräuchte eine LED, um durch die Probe hindurchzuschei-
nen? Es soll dabei mindestens e1 der einfallenden Strahlung hindurchdringen.
Hinweis: Nehmen Sie als Probendicke etwa 500 µm an!
1.4.1.3. Wie können Sie aus dem gemessenen uPCD(t) das gesuchte ∆ uP(t) bestim-
men?
Hinweis: ∆ uP(t) bezieht sich auf den Dunkelfall, also nach Abklingen es Ausschaltens
der Bestrahlung.

1.4.2 Dunkelwiderstand der Halbleiterprobe I

1.4.2.1. Ermitteln Sie einen zu erwartenden Wert für den Dunkelwiderstand der Halb-
leiterprobe.
Hinweis: Die Dotierstoffkonzentration kann mit 1 · 1015 /cm3 angenommen werden. Ver-
wenden Sie Abb. 1.18.
Anmerkung: eine PCD-Probe weist aus unbekannten Gründen nur die halbe Dotierstoff-
konzentration auf. Das hat auf die weitere Durchführung des Versuchs keinen wesentli-
chen Einfluss.

Text Revision 42
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

1021
p (Bor-dotiert)
1020 n (Phosphor-dotiert)
1019

N D bzw. N A [1/cm3 ]
1018
1017
1016
1015
1014
1013
1012
10−4 10−3 10−2 10−1 100 101 102 103
Spezifischer Widerstand ρ [Ω cm]

Abbildung 1.18: Spezifischer Widerstand in Abhängigkeit von der Dotierstoffkonzentra-


tion für Silizium

1.5 Versuch

1.5.1 Labor-Messaufbau

Es stehen zur Verfügung:

1. PCD-Messvorrichtung (Probenhalterung)

2. Oszilloskop

3. Spannungsquelle für Gleichspannung (DC)

4. Funktionsgenerator

5. drei Lumineszenzdioden (LEDs) -A, -B und -C mit verschiedenen Wellenlängen

6. Multimeter

7. Widerstandsdekade

Text Revision 43
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

• Die Widerstandsdekade muss auf 150 Ω eingestellt werden.

• Der Funktionsgenerator muss auf eine Rechteckspannung mit V low = 0 V und vor-
erst auf V high = 5 V eingestellt werden, die Frequenz sollte ≈ 100 Hz betragen.
Die Strombegrenzung der LEDs geschieht über die Widerstandsdekade – unbe-
dingt darauf achten, dass diese den richtigen Wert eingestellt hat. Entsprechend
der Strombegrenzung der LEDs darf für die beiden infraroten LEDs die Spannung
am Funktionsgenerator auf bis zu 10 V angehoben werden, bei der sichtbaren LED
sind es bis zu 8 V . Das sind aber nur irrelevante Obergrenzen, tatsächlich betrei-
ben wir die Dioden für konsistente Ergebnisse der Lebensdauer eher an der unteren
Grenze (siehe unten).

• Der linke Kanal vom Hameg-Netzgerät wird für die Betriebsspannung von 25 V
benötigt. Er ist mit einem BNC-Banane-Adapterkabel an die linke Buchse der PCD-
Box (U B ) anzuschließen. Eine Strombegrenzung ist nicht nötig, da der interne
Widerstand der Schaltung hoch genug ist (I < 1 mA).

• Das Oszilloskop ist an den Funktionsgenerator sowie an die PCD-Box (u PCD ) anzu-
schließen. Die Kopplung muss auf DC eingestellt werden, als Messgeschwindigkeit
sind etwa 3 Div für eine komplette Signalperiode einzustellen (Beispiel: f = 100 Hz
1

3 Sekunden, also 2 ms pro Division oder 5 ms pro Division). Es empfiehlt sich


⇒ 100
außerdem, zusätzlich die Average-Funktion zu aktivieren, um deutlichere Signale
zu erhalten.
Wenn noch Zeit ist, kann auch einmal das Signal direkt an der Buchse U P in DC
und AC Modus abgegriffen werden. Vergleiche die Verläufe mit u PCD .

• Nachdem der Versuch läuft, sollte die Spannung U B so eingestellt werde, dass sich
ungefähr 25 mV für den maximalen Anstieg von u PCD einstellen.

• Bezeichnungen der LEDs:

– Rote LEDs (660 nm): A (maximal mit 20 mA belasten!)


– Infrarot (880 nm): B (maximal mit 100 mA belasten!)
– Infrarot (940 nm): C (maximal mit 100 mA belasten!)

Der Aufbau ist in Abb. 1.19 grafisch dargestellt. Die von einem Funktionsgenerator ge-
speisten LEDs senden das Licht der jeweiligen Wellenlänge auf die Probe. Der Funktions-
generator ist eine gepulste Spannungsquelle mit einem niedrigen Ausgangswiderstand, das
bedeutet sie kann leicht erheblichen Strom treiben. Deshalb muss ein Serienwiderstand
von 150 Ω als Strombegrenzung an der Widerstandsdekade eingestellt und in Reihe mit
der LED geschaltet werden. Im praktischen Schaltungsentwurf wird bei LEDs der Strom
und nicht die Spannung eingeprägt, weil die Lichtintensität vom Strom bestimmt wird
und die Spannung durch Exemplarstreuung nicht gleich ist.
(Für Interessierte: Deshalb ist eine Reihenschaltung von LEDs einer Parallelschaltung
vorzuziehen).

Text Revision 44
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Probenbox

Signalgenerator
LED
Rechtecksignal,
so dass Probe
|uP CD | ≈ 25 mV C RV

UP (t ) UPCD (t ) +U B

Triggersignal

Oszilloskop

Abbildung 1.19: Messaufbau: Betriebsspannung U B ≈ 25 V wird durch das HAMEG


Netzteil bereit gestellt.

Als Faustregel gilt: I max = 100 mA bzw. bei der sichtbar roten LED I max = 20 mA. Die
bei Maximalstrom erreichte optische Strahlungsleistung ist jedoch viel zu groß für unser
Experiment.
Über einen Koppelkondensator zur Abtrennung des Gleichspannungsanteils wird das ∆ up(t ) -
Signal auf das Oszilloskop gegeben, das das wesentliche Messgerät in diesem Versuch
ist. Zu Kontrollzwecken können Sie das Multimeter zusätzlich zur Hilfe nehmen. Die
Betriebsspannung U B ist an der Spannungsquelle einstellbar. Der Vorwiderstand RV wird
benötigt, um mit Hilfe des Spannungsteilers zwischen RV und RP (Widerstand der Probe)
die Änderung von RP am Oszilloskop erkennbar zu machen. Eine unmittelbare Strom-
messung ist am Oszilloskop nicht möglich.
Um die Kurven und Messdaten vom Oszilloskop zu erhalten, wird die Steuersoftware vom
PC benötigt. Befolgen Sie die nachfolgenden Schritte:

• Starten Sie den PC und das Oszilloskop

• Starten Sie vom Desktop des PCs Windows XP (Oracle VM)

• Starten Sie in der Virtual Box vom Desktop die Steuersoftware DSO3000

• Schließen Sie nun das Oszilloskop mittels USB an den PC an.

• Wählen Sie nun in der DSO3000-Software: Connect to oscilloscope.

Text Revision 45
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Tabelle 1.4: Werte der verwendeten LEDs

Typ λ [nm] I max [mA] t f [ns]


LED-A 660 20 —
LED-B 850 100 —
LED-C 940 100 800

Tabelle 1.5: Probengeometrie für diesen Versuch

b: 500 µm
l2: 2,3 cm
l tot : 2,5 cm
h: 1 cm
Dotierung: NA = 1 · 1015 /cm3

Das Oszilloskop ist nun mit der Software verbunden. Es kann über die Software gesteuert
werden und die Anzeige kann von der Software ausgelesen werden. Dazu haben Sie drei
Fenster. Waveform zeigt die Ausgabe des Displays an, diese Bilder können als Bitmap
(Bild) exportiert werden. Data0 erstellt eine Tabelle mit den Spannungswerten passend
zum Bild in Waveform, exportieren Sie diese als .xls Datei. Diese Daten sind sinnvoll
zur weiteren Auswertung. Measurements zeigt die Werte an, die durch Cursors oder
Math ermittelt werden. Mittels Refresh werden die aktuellen Daten vom Oszilloskop
ausgelesen. Die Software sperrt das Oszilloskop für die lokale Bedienung, wenn Sie das
Oszilloskop wieder lokal bedienen wollen, trennen Sie die USB-Verbindung. Denken Sie
beim Exportieren der Daten daran, dass Sie in einer Virtual Box arbeiten, wählen Sie
einen Speicherort den Sie auch von Windows 8 aus erreichen können, um Ihre Daten auf
ein USB-Stick zu kopieren.
Die Daten der LEDs sind in der Tab. 1.4 zusammengefasst, die Probengeometrie ist
Abb. 1.14, Abb. 1.20 und Tab. 1.5 zu entnehmen.
Abb. 1.20 zeigt die Abmessungen der Siliziumprobe und die Größe der beleuchteten Flä-

2,3 cm
0,8 cm

1 cm

Pad beleuchteter Bereich Pad

4 cm

Abbildung 1.20: Beleuchtete Probe

Text Revision 46
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

che.
Der LED Stimulus wird am BNC-Ausgang des Signalgenerators ausgegeben. Die Signal-
frequenz liegt bei 100 Hz mit einem Duty-Cycle (An-Gesamtzeit Verhältnis) von 50 %. Die
Spitze-Spitze Spannung ist anfangs 5 V. Die BNC-Verbindung stellt die richtige Polung
der Leuchtdioden im LED-Modul sicher, jedoch muss die BNC Verbindung zum Einschlei-
fen des 150 Ω Widerstandes mit Adaptern und Bananenkabeln aufgebrochen werden.
Die konstante Betriebsspannung U B wird von der linken Spannungsquelle bereit gestellt
und beträgt 25 V.
Das Rechtecksignal wird zur Kontrolle und als Triggerquelle an den linken Kanal des
Oszilloskops angeschlossen. Den Trigger auf den linken Kanal einstellen und das LED-
Stimulus Signal darstellen. Bei der LED im sichtbaren roten Bereich können Sie die
LED Strahlung sehen, bei den anderen können Sie die Strahlung mit einer elektronischen
Kamera sehen.
Zur Bestimmung des Dunkelwiderstandes an U P entweder mit dem Multimeter oder auf
dem zweiten Kanal des Oszilloskops die Gleichspannung messen. Was müssen Sie bei der
Messung einer Gleichspannung am Oszilloskop beachten?
Die Messung des Wechselsignals erfolgt an U PCD über den Koppelkondensator, deshalb
sollten Sie im DC Modus messen. Zum Vergleich können Sie das Wechselsignal auch an
U P im AC Modus messen. Sieht das Signal genauso aus?

1.5.2 Versuchsdurchführung

2.1. Dunkelwiderstand der Halbleiterprobe II Nachdem Sie die Betriebsspannung U B


eingestellt bzw. nachgemessen haben, wie würden Sie den Dunkelwiderstand messtech-
nisch bestimmen? Ermitteln Sie den Dunkelwiderstand Rp0 mit einer Messung von U P .
Hinweis: Der Vorwiderstand beträgt RV = 1,2 kΩ
2.2. Führen Sie nun den eigentlichen PCD-Versuch durch. Verwenden Sie LEDs mit drei
verschiedenen Wellenlängen.
Hinweis:

• Versuchsaufbau in Labor:
Stellen Sie die Intensität der LEDs so ein, dass die am Oszilloskop gemessene Span-
nung uPCD ca. 25 mV beträgt. Weniger ist besser, könnte aber zu unbrauchbaren
Messwerten führen. Stellen Sie den Zeitbereich so ein, dass der Anstieg voll abgebil-
det wird. Speichern Sie die Daten auf einem USB Speichermedium zur Darstellung
und Auswertung.

• Achten Sie darauf, dass die roten LEDs mit maximal 20 mA Strom belastet wer-
den! Eine Testmöglichkeit besteht darin, durch eine elektronische Kamera die ange-

Text Revision 47
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

schlossenen LEDs zu betrachten, da der Sensor auch auf diese, für das menschliche
Auge nicht sichtbaren Wellenlängen reagiert.

1.6 Versuchsauswertung

Alle Studierenden sollen die Lebensdauer anhand der Messkennlinie schätzen. Die Proben
entstammen keiner professionellen Herstellung und unterliegen deshalb Schwankungen.
Viele Proben zeigen ein von der Theorie abweichendes Verhalten, d.h. der Anstieg der
Kennlinie ist erst stärker als vorhergesagt und geht dann in ein exponentielles Verhalten
über.

Wenn Sie kein Protokoll anfertigen:


• Geben Sie die Messdaten der Bestrahlung mit allen Wellenlängen und den pdf-
Ausdruck einer ihrer Versuchsdurchführungen ab.

• Zeigen Sie ihre Abschätzung an einer grafischen Darstellung in einem aussage-


kräftigen zeitlichen Ausschnitt von u PCD . Ihre Auswertung beginnen Sie mit dem
offensichtlich exponentiell ansteigenden Teil der Kurve.
Wenn Sie ein Protokoll anfertigen:
• Was sind Ihrer Meinung nach die Ziele des Versuchs?

• Geben Sie Ihren ermittelten Dunkelwiderstand an.

• Bestimmen Sie die Lebensdauer aus dem der Theorie nach ideal verlaufenden Teil
der Kennlinie in geeigneter logarithmischer Skalierung (siehe oben) für alle Wellen-
längen.

• Führen Sie die Abschätzung der schwachen Injektion für eine Wellenlänge durch,
wozu auch der Probenwiderstand ermittelt werden muss.

• Wie ist die Abhängigkeit von der Wellenlänge und entspricht das ihren Erwartungen?
Kommentieren Sie eventuelle Abweichungen von der theoretischen Beschreibung.

1.7 Vorbereitungsaufgaben

1. Warum ergeben sich bei Ein- und Ausschalten der Beleuchtung unterschiedliche Ver-
läufe der Widerstandsänderung über der Zeit?

Text Revision 48
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

2. Erklären Sie den Begriff schwache Injektion.


3. Was ist der Unterschied zwischen direkten und indirekten Halbleitern?
4. Wie lautet die Bilanzgleichung für Löcher?
5. Erläutern Sie die Auger-Rekombination.
6. Erläutern Sie die Zwischenniveau-Rekombination.
7. Erläutern Sie die Oberflächenrekombination.
8. Was sind Haftstellen?
9. Was wird durch den Absorptionskoeffizient beschrieben? Wie hängt er mit der Ein-
dringtiefe zusammen?
10. Warum muss die Abschaltzeit der Diode t f viel kleiner sein als die Volumenlebens-
dauer τ v ?
11. Wie lautet die mathematische Bedingung für schwache Injektion in einem n-Halbleiter?
12. Ist die Elektronenbeweglichkeit genauso groß wie die Beweglichkeit der Löcher (De-
fektelektronen)? Begründen Sie ihre Antwort.
13. Was bezeichnet der Begriff thermodynamisches Gleichgewicht?
14. Welche Probenoberfläche bewirkt eine größere Ladungsträgerlebensdauer? Wie kann
man die Ladungsträgerlebensdauer noch weiter reduzieren? Begründen Sie ihre Antwort!
15. Warum variiert bei einer schlecht passivierten Oberfläche die Ladungsträgerlebens-
dauer mit der Wellenlänge der LED?
16. Bei welchem Pegel des LED-Eingangssignals (aus oder an) erwarten Sie ein Einbre-
chen der Spannung UPCD ? Warum ist das so?
17. Warum ist UPCD ungefähr gleichmäßig positiv wie negativ, während der Spannungs-
abfall über der Probe immer positive Werte aufweist?
18. Was begrenzt die Einsatzmöglichkeit von mechanischen Aufbauten zur Lichtpulser-

Text Revision 49
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

zeugung beim PCD-Versuch?

1.8 Anhang

1.8.1 Berechnung der Dichte der optisch generierten sta-


tionären Ladungsträgerdichte
Die Berechnung der generierten Ladungsträgerdichte aus der Widerstandsänderung be-
darf eines Modells, da die Widerstandsänderung nur die mittlere Ladungsträgeranhebung
repräsentiert. Die Berechnung ist nicht einfach und wird hier nur eindimensional durchge-
führt. Das führt zu dem Problem, dass ein Randwert, d.h. auf der Vorder- oder Rückseite
in dem beleuchteten Gebiet festgelegt werden muss. Es gibt nur eine mögliche Festle-
gung, die bekannt ist: am Kontakt ist Gleichgewichtskonzentration unabhängig von der
Beleuchtung. Andere Festlegungen wären willkürlich und könnten keinem realen Aufbau
zugeordnet werden. Da das erzwingen der Gleichgewichtskonzentration ein Verlust der
optisch generierten Ladungsträger bedeutet, wählen wir die Rückseite als schwächer be-
leuchtete Seite für den Kontakt.
Die reale Anordnung hat jedoch die Kontakte am Rand außerhalb des beleuchteten Be-
reichs und erlaubt somit auch an der Rückseite eine höhere Ladungsträgerkonzentration.
Deshalb unterschätzt das eindimensionale Modell die Lebensdauer, weil die Rekombina-
tionsverluste am Rückseitenkontakt als niedrigere Volumenlebensdauer im vereinfachten
Exponenentialmodell des Ladungsträgerabbaus eingehen. Tatsächlich ist die Rückseiten-
rekombination viel geringer.
Um die Leitfähigkeitsänderung ∆σ unter Lichteinfluss zu berechnen, ist es notwendig,
die Bilanzgleichung für den stationären Fall zu lösen. Zur Vereinfachung nehmen wir
schwache Injektion im p-dotierten Halbleiter an ∆n = ∆p  p0 und betrachten die
Elektronen als Minoritätsladungsträger. Da bei schwacher Injektion der Feldstrom der
Minoritätsladungsträger klein ist, wird für den Strom der Diffusionsstrom angesetzt:

∆ j n = eDn ∇ (∆n)

Es wird angenommen, dass an der Oberfläche eine Oberflächenrekombinationsge-


schwindigkeit s als zusätzlicher Rekombinationsbeitrag zur Volumenrekombination exis-
tiert. Die Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit kann man sich als eine reziproke
Lebensdauer an der Oberfläche multipliziert mit der Dicke, in der sie wirksam ist, vorstel-
len. Die Oberflächenrekombination führt gemäß der Bilanzgleichung zu einem Einströmen
von Elektronen, das s proportional ist. An der Vorderseite x = 0 gilt deshalb:

∂∆ n(x )
= s n ∆ n(0) Randbedingung 1
∂x x =0

Text Revision 50
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

an der Rückseite b ist Gleichgewicht

∆ n(x = b) = 0 Randbedingung 2

Mit diesen Randbedingungen ist die Bilanzgleichung des Volumens zu lösen:


1 ∂∆j n ∆n
= − G0(λ) exp (−αx )
e ∂x τ
∂ 2 ∆n ∆n
Dn 2
= − G0(λ) exp (−αx )
∂x τ
E0(λ)
G0(λ) = α E 0 ist die Bestrahlungsstärke
h c0
Die Generationsrate ist das Lambertsche Gesetz.
Ansatz für die homogene Lösung:
x x
∆ nH(x ) = C1 e − Ln + C2 e Ln

partikuläre Lösung
G0(λ) τ n −αx
∆ npart(x ) ∝ e −αx → ∆ npart(x ) = e
1 − α2 L 2
| {z n }
≡K

Anpassung der Randbedingungen


∆n = ∆nH + ∆npart
2b 1
C1 = −C2 e Ln − Ke −(α− Ln )b aus RB 2
1 2b 1
(C2 e Ln + Ke −(α− Ln )b + C2 ) − Kα = aus RB 1
Ln
   
sn 2b
−(α− 1
)b 1 b b −αb
(−C2 e Ln − Ke Ln + C2 + K) = e Ln 2C2 cosh + Ke − Kα
Dn L Ln
    n    
b 1 b sn b sn −(α− 1
)b sn 1
→ 2 C2 e Ln cosh + sinh =K +α−e Ln +
Ln Ln Dn Ln Dn Dn Ln
b
K (LN sn + αLN Dn )e − Ln − (sn Ln + Dn )e −bα
C2 = →
2 Dn cosh Lbn + s n Ln sinh Lbn
b 2
!
1 (LN sn + αLN Dn )e Ln − (sn Ln + Dn )e −(α− Ln )b −(α− L1n )b
C1 = −K + e
2 Dn cosh Lbn + s n Ln sinh Lbn

Damit ist die in den Abbildungen des Abschnittes 1.2.4 verwendete stationäre Lösung:
  
G 0 (λ)τ n LN sn + αLN Dn x −b
∆ n0(x) = sinh
1 − α2 Ln 2 Dn cosh Lbn + s n Ln sinh Lbn Ln
  
−(α− L1n )b LN sn + Dn b−x −αb − xL−b −αx
+e sinh −e e n +e
Dn cosh Lbn + s n Ln sinh Lbn Ln
(1.17)

Text Revision 51
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Es fehlt noch die zeitabhängige Lösung nach Abschalten der optischen Generation.
Die zeitabhängige Bilanzgleichung mit dem stationären Profil als Anfangsbedingung ist
∂∆ n(t, x) ∂ jn(t, x) ∆ n(x, t) ∂ 2 ∆ n(x, t) ∆ n(x, t)
= − = Dn 2

∂t ∂x τn ∂ x τn
Diese ist analytisch schwerer zu finden. Eine Möglichkeit ist es, die Zeitabhängigkeit mit
einer Laplace-Transformation in den s-Raum zu transformieren und die resultierende Glei-
chung mit der Anfangsbedingung 1.17 zu lösen. Dann muss noch die Rücktransformation
ggf. unter Anwendung des Residueensatzes gefunden werden. Alternativ kann auch die
numerische Lösung mit dem Profil 1.17 als Anfangsbedingung berechnet werden. Das
Ergebnis ist in Abbildung 1.8 dargestellt.

1.8.2 Überprüfung der schwachen Injektion


Es soll die Bedingung der schwachen Injektion überprüft werden. Bekannt ist die Pro-
bengeometrie und die Spannungsänderung über der Probe. Aus der Spannungsänderung
kann man auf die Widerstandsänderung im Silizium schließen. Die Widerstandsänderung
aber wird durch die Änderung der Minoritätsladungsträger hervorgerufen. Es lässt sich
damit also abschätzen, wie viele Ladungsträger induziert werden.

1.8.2.1 Spannungsänderung in Abhängigkeit von der Widerstands-


änderung
Wir haben einerseits die Dunkelspannung U P0 über der Probe, aus der sich ganz ein-
fach auch der Dunkelwiderstand RP0 berechnen lässt. Andererseits haben wir in ∆up die
Differenz der Spannung an der Probe im beleuchteten und unbeleuchteten Zustand, die
jedoch nur indirekt mit der Widerstandsänderung ∆RP < 0 zusammenhängt. Die dem
Schaltbild zugeordneten Größen können Abb. 1.15 entnommen werden.
RP0
U P0 = UB
RV + RP0
RP0 + ∆ RP(t)
uP(t) = UB
RV + RP0 + ∆ RP(t)
 
RP0 + ∆ RP(t) RP0
∆ uP(t) ≡ uP(t) − U P0 = − UB < 0 (1.18)
RV + RP0 + ∆ RP(t) RV + RP0
UPCD(t) = ∆ uP(t) − UP ∆ uP(t → ∞) = 0 ist Bezugspunkt für Wechselsignal

Man bringt die Gleichung für ∆uP nun auf den gleichen Nenner und multipliziert den Zähler
aus. Da die Widerstandsänderung ∆RP in Gleichung 1.18 um einige Größenordnungen
kleiner ist als der Dunkelwiderstand RP0 der Probe, kann im folgenden Schritt im Nenner
∆RP vernachlässigt werden. Im Zähler fallen bis auf den Term RV ∆RP alle anderen
Summanden wegen dem Minuszeichen gegeneinander weg.
(RV + RP0 )(RP0 + ∆RP ) − RP0 (RV + RP0 + ∆RP ) RV ∆RP
∆up = ≈ UB
(RV + RP0 + ∆RP )(RV + RP0 ) (RV + RP0 )2

Text Revision 52
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Es wird nun das Verhältnis gebildet zwischen der Differenzspannung und der Dunkelspan-
nung.
∆uP ∆RP RV
= (1.19)
U P0 RP0 (RV + RP0 )
oder in Bezug zur bekannten Betriebsspannungen
∆uP ∆RP RV
= (1.20)
UB (RV + RP0 )2

1.8.2.2 Widerstandsänderung in Abhängigkeit von der Leitfähig-


keitsänderung
Zur Erinnerung: wir suchen nach der Änderung der Ladungsträgerkonzentration. Diese
versteckt sich in der Änderung des Widerstandes. Wir betrachten im Folgenden den
Widerstand des beleuchteten Teilbereichs der Probe.
Bei der Bestrahlung mit Licht ändert sich der Widerstand im beleuchteten Gebiet A0
(siehe Abb. 1.14) und damit auch der Leitwert. Der Widerstand eines Volumens berechnet
sich allgemein zu R = σA l
. Wir bekommen also für den untersuchten Teilbereich die
folgenden Widerstände für den beleuchteten und unbeleuchteten Fall.
l2
R1,AUS =
σ 0 A0
l2
R1,AN =
A0 (σ 0 + ∆σ)
R1,AUS ist der Widerstand bei ausschließlich thermisch generierten Ladungsträgern. R1,AN
beschreibt den Widerstand mit zusätzlich optisch generierten Ladungsträgern. Die Diffe-
renz zwischen den beiden ist die Widerstandsänderung ∆RP
∆σl 2 ∆σl 2
∆RP = R1,AN − R1,AUS = − ≈− <0 (1.21)
(A0 σ 0 )(σ 0 + ∆σ) A0 (σ 0 )2
Wir können wieder ∆σ im Nenner vernachlässigen, da es wesentlich kleiner ist als σ 0 . Das
negative Vorzeichen ist korrekt, da der Widerstand der beleuchteten Probe kleiner ist als
der Widerstand der unbeleuchteten Probe! Der Dunkelwiderstand berechnet sich zu
l tot
RP0 = (1.22)
A0 σ 0
Hierbei ist l tot die Gesamtlänge der Probe.

1.8.2.3 Leitfähigkeitsänderung in Abhängigkeit von der Überschuss-


ladungsträgergeneration
Die Leitfähigkeitsänderung ∆σ wird von den im Mittel generierten Überschussladungs-
trägern ∆n = ∆p (es werden genauso viele Löcher wie Elektronen generiert) verursacht:
∆σ = e(µn + µp )∆n (1.23)

Text Revision 53
(752)
HLB-PR Thema 1 - Die PCD-Methode (Minoritätsträgerlebensdauermessung)

Somit ist die Spannungsänderung proportional zur Überschussladungsträgerkonzentration


∆n.
Die Dunkelleitfähigkeit im p-Halbleiter beträgt:

σ 0 = eµp p 0

Im Silizium ist das Beweglichkeitsverhältnis µn


µp ≈ 3 ⇔ µp ≈ 13 µn . Daher gilt:

∆σ e µn + µp ∆n ∆n
= =4 (1.24)
σ0 e µn p0 p0

1.8.2.4 Einsetzen und Überprüfung der schwachen Injektion


Man erinnere sich nun an Gleichung 1.20. Dort setzt man nacheinander Gleichung 1.21,
1.22 und 1.24 ein. Man kürzt und bekommt
∆U P ∆n l 2 RV RP0
= −4 (1.25)
UB p 0 l tot (RV + RP0 )2

Diese Gleichung muss noch umgestellt werden, so dass die Beziehung ∆n p 0 auf der einen
Seite steht. Die maximale Generation ist gemäß den Simulationen ca. doppelt so hoch
als die mittlere Anhebung. Schwache Injektion ist erfüllt, wenn 1.26 immer wesentlich
kleiner als eins ist. Man beachte, dass ∆U P negativ ist!

∆nmax 2 l tot (RV + RP0 )2 ∆U P


≈− 1 (1.26)
p0 4 l2 RP0 RV UB

Text Revision 54
(752)
Thema 2
Die Diodenkennlinie

2.1 Einleitung

Es soll die physikalische Funktionsweise einer Diode besprochen werden. Wir wollen an
dieser Stelle den Inhalt der Vorlesung und Übung wiederholen und ggf. vertiefen wo es
notwendig ist. Um eine mathematische Beschreibung der Diode möglich zu machen, füh-
ren wir fünf Vereinfachungen ein. Diese sind die drei Shockley-Bedingungen sowie zwei
weitere Bedingungen. Mit diesen Vereinfachungen ist die stationäre Diffusionsgleichung
lösbar in Form des einfachen, idealisierten Diodenmodells. In der Praxis ist diese Kennlini-
engleichung häufig zu stark vereinfacht und bedarf Ergänzungen. Insbesondere werden wir
die in der Praxis verwendete Fluss- oder Knickspannung der Diode als eine Eigenschaft
der realen Diode kennenlernen, die es in der einfachen Theorie nicht gibt.
Im experimentellen Teil untersuchen wir Abweichungen der gemessenen Kennlinie von
der idealisierten Kennlinie ebenso wie den Einfluss der Temperatur auf die Kennlinie und
den Sperrsättigungsstrom.

2.2 Theorie

2.2.1 Die Diode


Zunächst soll an dieser Stelle die Modellierung des Stromflusses durch eine Diode wieder-
holt werden. In der Vorlesung wurde das Energie-Bändermodell für n- und p-Halbleiter ein-
geführt. Bringt man diese beiden Halbleiter zusammen, so erhält man einen pn-Übergang
oder auch Diode genannt. Aus der Halbleiterbauelemente Vorlesung sind die wichtigsten
Grundgleichungen für eine abrupten pn-Übergang bekannt. Wir geben eine Zusammen-
fassung. Das gesamte Problem wird eindimensional betrachtet.
Die Elektronenenergie ist definitionsgemäß gegeben als

W (x) = −eφ(x) (2.1)

55
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

Um also die Energie für das Bändermodell berechnen zu können benötigen wir das orts-
abhängige Potential φ(x). Dieses errechnet sich aus der Poisson-Gleichung, die das elek-
trische Feld als Ableitung des Potentials mit seinen Quellen verknüpft.
d Φ(x)
= −E(x) (2.2)
dx
ρ
∇2 Φ = − (2.3)

Hierbei beschreibt Φ das elektrostatische Potential, ρ die effektive Ladungsträgerdichte
und  = r ·0 die Dielektrizitätszahl. Das Quadrat des Gradienten ist gerade der Laplace-
Operator oder die Divergenz des Gradienten des Potentials. Die Lösung der Poisson-
Gleichung führt uns auf die wichtige Größe der Diffusionsspannung UD , eine dem pn-
Übergang eigene eingebaute Spannung, die z.B. bei einer Solarzelle in Erscheinung tritt.
Sie kann jedoch nicht mit herkömmlichen Methoden gemessen werden.
Nun müssen ein paar Vereinfachungen getroffen werden, um die Poisson-Gleichung zu
lösen. Was geschieht am pn-Übergang bei Raumtemperatur, d.h. bei vollständiger Ioni-
sierung der Dotanden? Im p-Gebiet liegt eine hohe Konzentration an quasi-freien Löchern
vor. Im n-Gebiet dementsprechend eine hohe Konzentration von quasi-freien Elektronen.
Dieser Konzentrationsunterschied wird durch Diffusion ausgeglichen. Die Elektronen aus
dem n-Gebiet diffundieren nun in das p-Gebiet und umgekehrt. Die quasi-freien Ladungs-
träger rekombinieren in der Nähe des pn-Übergangs und zurück bleiben im Wesentlichen
die ionisierten Atomrümpfe. Es verbleiben auch bewegliche Ladungsträger, die bei Anlegen
einer äußeren Spannung für Stromfluss sorgen. Ohne weitere Begründung in dieser Lehr-
veranstaltung gilt innerhalb des eigentlichen Übergangsbereiches, der als Verarmungszone
oder Raumladungszone (RLZ) bezeichnet wird, ein exponentieller Verlauf der Ladungsträ-
gerkonzentration. Beispiel: Bei einem auf der n-Seite mit ND = 1 · 1016 /cm3 und auf der
p-Seite mit NA = 1 · 1018 /cm3 dotierten Halbleiter, fällt die Elektronenkonzentration von
n = 1 · 1016 /cm3 auf n = 1 · 102 /cm3 exponentiell. Durch diesen exponentiellen Abfall
ist schon nah bei der inneren Raumladungszonengrenze auf der n-Seite die Konzentra-
tion wesentlich unter n = 1 · 1016 /cm3 abgefallen. Deshalb wird für die Berechnung der
Diffusionsspannung UD die Konzentration der freien Ladungsträger vernachlässigt und es
verbleiben die ionisierten Störstellen.
Diese bauen ein elektrisches Feld auf, das der Diffusion der freien Ladungsträger
auf die jeweils niedriger dotierte Seite entgegenwirkt. Der pn-Übergang befindet sich
ohne externe Spannung oder optische Stimulation im thermodynamischen Gleichgewicht.
Weiterhin nehmen wir an, dass das p- und n-Gebiet abrupt aufeinander folgen, dann
kann man sich modellhaft vorstellen, wie der Konzentrationsunterschied durch Diffusion
versucht wird auszugleichen. 1 Abbildung 2.1 veranschaulicht den Diffusionsprozess zum
Ausgleich, zur Erlangung des Gleichgewichts des pn-Übergangs. Mit den zwei Annahmen:
• In der RLZ gibt es keine quasi-freien Ladungsträger, da diese vollständig rekombi-
nieren. Die Ladungsträgerkonzentration ρ in der RLZ vereinfacht sich zu: ρ(x) =
ND+ − NA− .
• Die Dotierprofile sind abrupt. Man kann die Profile als Kasten annehmen, dement-
sprechend sind ND+ und NA− konstant.
1
Tatsächlich kann man nicht ein n- und p-Gebiet auf diese Weise zusammenbringen.

Text Revision 56
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

W Diffusion
WL
WD
W Fn

W Fp
WA
WV
x

Abbildung 2.1: Diffusionsstrom am pn-Übergang vor Ladungsausgleich

kann nun die Poisson-Gleichung formal gelöst werden.


x
ρ(x 0 )
Z
2
−∇ Φ(x ) =0
dx 0 (2.4)
 −w p

Durch beidseitige Integration erhält man:


Z x
1
−∇Φ(x ) =0
ρ(x 0 ) dx 0 (2.5)
 −w p

Mit Gl. 2.2 folgt:


Z x
1
E(x) = ρ(x 0 ) dx 0 (2.6)
 −w p

Außerhalb der Raumladungszone herrscht Ladungsneutralität, daher sind die Integrati-


onsgrenzen −wp im p-Gebiet und wn im n-Gebiet. Dies führt uns zu einer maximalen
Feldstärke bei x = 0.
eND wn eNA wp
|Emax | = = (2.7)
 
Aus dieser Überlegung kann man schlussfolgern, dass die Ladungen im p- bzw. n-Gebiet
sich kompensieren müssen. Es gilt folglich wp · NA = wn · ND . Durch erneute Integration
von Gl. 2.6 erhalten wir das Potential aus dem die Energie für das Bändermodell aus Gl.
2.1 berechnet werden kann.
Z x
Φ(x) = − E(x 0 ) dx 0 (2.8)
−w p
Zx Zx 0
1
−Φ(x) = ρ(x 00 ) dx 00 dx 0 (2.9)

−w p −w p

Wir erhalten einen quadratischen Verlauf des Potentials und damit auch einen quadrati-
schen Verlauf für die Energie, sofern die Dotierprofile konstant sind. Die Potentialdifferenz

Text Revision 57
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

ist die sogenannte Diffusionsspannung UD . Im Bändermodell kann man diesen Wert eben-
falls wiederfinden, nun als Energiedifferenz W = e · UD . Mit der ermittelten Energie kann
nun das Bänderdiagramm für den pn-Übergang im thermodynamischen Gleichgewicht
dargestellt werden, siehe Abbildung 2.2. Die errechnete Bandverbiegung ist in der RLZ
zu sehen. Das Ferminiveau ist durch das gesamte Material konstant. Unter der Annahme,

W
RLZ
eU D

WF

−w p 0 wn x

Abbildung 2.2: pn-Bändermodell im thermodynamischen Gleichgewicht nach Ladungs-


ausgleich

dass die Dotierprofile stufenförmig sind, hat das elektrische Feld einen linear fallenden
Verlauf und einen linear steigenden Verlauf. Das entspricht einem Dreieck. So lässt sich
vereinfacht die Diffusionsspannung errechnen.
Z wn
E(x) dx = ∆U (2.10)
−wp

vereinfacht man diesen Problem zum Dreieck und berechnet die Fläche nach:
1
ADr eieck = A·B (2.11)
2

So ergibt sich für das Problem:

1
UD = Emax · wRLZ (2.12)
2
1 eND wn 1 eNA wp
UD = wRLZ = wRLZ (2.13)
2  2 
Diese interne Spannung ist nach außen nicht elementar sichtbar, weil eine Spannungs-
messeinrichtung an den Kontakten genau eine entgegengerichtete Raumladungszone auf-
weist. Mittelbar ist es jedoch möglich die Diffusionsspannung zu bestimmen.
Das interne Feld der Raumladungszone sorgt bei Beleuchtung für die Trennung der
optisch generierten Ladungsträgerpaare und wird im stromlosen Fall als Klemmenspan-
nung messbar, die jedoch nicht genau der Diffusionsspannung entspricht.

Text Revision 58
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

2.2.2 Idealisierte Kennliniengleichung


Die idealisierte Kennlinie der Diode entspricht dem Verlauf einer Exponentialfunktion.
Im einem engen Bereich um ca. 0,4 VBereich gilt näherungsweise die Diodencharak-
teristik, wobei die thermische Spannung U T = kBeT ist:
 U 
I(U ) = I 0 e − 1
UT
(2.14)

Hierbei entspricht I 0 dem Sättigungssperrstrom, kB der Boltzmann-Konstante und T der


absoluten Temperatur in Kelvin. Insbesondere gilt die Gleichung nicht für den Durchbruch.

Diese Formel wird in der Vorlesung ausführlich hergeleitet. Kernstück der Herlei-
tung sind die drei Vereinfachungen, die sogenannten Shockley-Bedingungen. Die vorigen
Vereinfachungen der Integration der Poisson-Gleichung sind hier nicht angebracht, weil
quasi-freie Ladungsträger die Raumladungszone passieren und somit ihre Konzentration
nicht null sein kann. Wegen der Shockley-Bedingungen ist die Berechnung ausschließ-
lich am Rand der Raumladungszone möglich. Man kommt damit auf ein Modell, das
nur einen sehr begrenzten Gültigkeitsbereich hat. Das liegt daran, dass für Germanium
entwickelt wurde, wo es besser passt und weil die übermäßigen Vereinfachungen nach-
träglich korrigiert werden können. Das ist erheblich einfacher, als auf die Vereinfachungen
zu verzichten.
Legt man eine negative Spannung an die Diode, so geht die Exponentialfunktion in
Gleichung 2.14 gegen null. Der fließende Strom ist dann näherungsweise −I 0 , weshalb I 0
als „Sperrstrom“ oder „Sperrsättigungsstrom“ bezeichnet wird.

I0

U Br
U

Abbildung 2.3: Diodenkennlinie

Text Revision 59
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

2.2.2.1 Shockley-Bedingungen
Um rechnerisch auf die Kennliniengleichung zu kommen, werden einige vereinfachende
Annahmen gemacht. Diese Bedingungen nennt man nach W. Shockley, der maßgeb-
lich an der Erforschung des pn-Übergangs und des Transistors beteiligt war, Shockley-
Bedingungen. Das Modell ist vor allem hilfreich, um die prinzipielle Funktionsweise der
Diode zu verstehen.
Die drei Bedingungen sind

Kein Spannungsabfall über den Bahngebieten Die gesamte äußere Spannung, die an
die Diode angelegt wird, fällt über der Raumladungszone ab. Über den Bahngebieten
fällt hingegen keine Spannung ab.
In der Literatur findet man die schwächere Forderung der Quasi-Neutralität, d.h die
Summe aller freien Ladungsträger und ionisierter Störstellen ist null. Zusammen mit
der schwachen Injektion folgt daraus. dass der Spannungsabfall vernachlässigt wird.
Diese Bedingung ist im Normalbetrieb nicht mehr erfüllt, kann jedoch durch einen
Serienwiderstand modelliert werden.

Schwache Injektion Es werden wesentlich weniger Ladungsträger injiziert als Majo-


ritätsladungsträger vorhanden sind. Daraus folgt: An allen Orten außerhalb der
Raumladungszone und insbesondere an der Grenze der Raumladungszone ist die
Majoritätsladungsträgerkonzentration in etwa genau so groß wie die jeweilige Do-
tierstoffkonzentration.

Keine Generation oder Rekombination in der RLZ Wenn in der Raumladungszone kei-
ne Generation oder Rekombination stattfindet, bedeutet dies, dass sämtliche in die
Raumladungszone fließenden Ladungsträger auf der anderen Seite auch wieder her-
auskommen (das impliziert natürlich, dass es im Gegensatz zu den Annahmen bei
der Berechnung der Diffusionsspannung freie Ladungsträger in der RLZ vorhanden
sind.)

2.2.3 Funktionsweise der Diode


Die Diode besteht aus einem pn-Übergang, also einem Halbleiter der auf einer Seite
mit Akzeptoren (p-Gebiet) und auf der anderen mit Donatoren (n-Gebiet) dotiert ist.
An der Grenze zwischen p- und n-Gebiet kommt es durch die thermische Eigenbewe-
gung und dem Konzentrationsgefälle der freien Ladungsträger zu einem Diffusionsstrom
(vgl. Abb. 2.1). Dabei wird im Leitungsband das starke Gefälle der Elektronenkonzen-
tration (viele Elektronen im n-Leitungsband, wenige im p-Leitungsband) durch diesen
Diffusionsstrom ausgeglichen. Im Valenzband fließt entsprechend genau entgegengesetzt
ein Löcherstrom, um das Gefälle der Löcherkonzentration im Valenzband auszugleichen.
Hierbei fließen Löcher vom p-Gebiet, wo sie Majoritätsträger sind, in das n-Gebiet.
Durch die Diffusion der Löcher und Elektronen entsteht eine Raumladungszone (RLZ)
am pn-Übergang. Dies ist ein Bereich, in dem fast ausschließlich ortsfeste Ladungsträger
(Donatoren bzw. Akzeptoren) zu finden sind. Das elektrische Feld zwischen diesen zwei

Text Revision 60
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

Bereichen ionisierter Störstellen, verhindert die weitere Diffusion und ein thermodynami-
sches Gleichgewicht entsteht. Das Feld zeigt vom n-Gebiet in das p-Gebiet und bildet die
Diffusionsspannung UD . Das Ferminiveau ist jetzt in beiden Gebieten konstant auf dem-
selben Wert. Es entsteht das in Abb. 2.2 dargestellte Bändermodell des pn-Übergangs.
Wird dieses elektrische Feld mit einem äußeren überlagert, so kann wird dieses Gleichge-
wicht gestört und es kommt zu einem Stromfluss.
Die Diffusionsspannung U D entspricht der Stufe zwischen dem p- und n-Gebiet. U D
ist proportional zur Stärke des internen elektrischen Feldes über der Raumladungszone.
Genau wie das elektrische Feld, ist die Diffusionsspannung U D vom n- zum p-Gebiet
gerichtet.
Zur Wiederholung: U D ist nur eine interne Größe. Sie lässt sich nicht direkt durch
Messung von außen erfassen.

2.2.3.1 pn-Übergang unter Spannung


Es soll nun betrachtet werden, was bei einer angelegten äußeren Spannung passiert.
Die Spannung U über der Diode ist allgemein so definiert, dass der Spannungspfeil vom
p-Gebiet (Anode) zum n-Gebiet (Kathode) zeigt. Ist die Spannung positiv, leitet die
Diode. Ist die Spannung negativ, sperrt sie. In beiden Fällen befindet sich das System im
Nichtgleichgewicht.
Liegt eine negative Spannung an, so zeigt das durch die Spannung induzierte äuße-
re Feld in die gleiche Richtung wie das Feld über der Raumladungszone. Die erhöhte
Spannung entspricht mehr Raumladung. Es werden zusätzliche freie Ladungsträger zu
den Kontakten transportiert und die Raumladungszone zur Aufnahme der Spannung ver-
breitert. Die Minoritätsladungsträger werden dabei durch die Raumladungszone auf die
andere Seite als Majoritätsladungsträger gebracht. Die Konzentration der Minoritätsla-
dungsträger sinkt am Rand der verbreiterten RLZ unter das Gleichgewichtsniveau. Durch
Diffusion werden weitere Minoritätsladungsträger an die RLZ nachgeliefert, wo sie vom
Feld in der RLZ auf die andere Seite und von dort zum Kontakt als Majoritätsladungsträ-
ger transportiert werden. Der nachgelieferte Strom der beiden Minoritätsladungsträger
ist der Sperrstrom der Diode. Nach den Shockley-Annahmen genügt das zur Berechnung
des Gesamtstromes. Da das ohnehin geringe Niveau der Minoritätsladungsträgerkonzen-
tration im Gleichgewicht abgesenkt wird, ist der Strom auch gering.
Liegt hingegen eine positive Spannung über der Diode, so wirkt die äußere Span-
nung gegen das interne Feld und die Diffusion zum Ausgleich der Ladungsträger wird
nicht mehr vollständig verhindert. Es strömen Majoritätsladungsträger in großer Zahl
auf die jeweils andere Seite, wo sie dort die Minoritätsladungsträgerkonzentration stark
(d.h. exponentiell mit der angelegten Spannung) am Rand der RLZ anheben. Es findet
eine Abdiffusion zum Kontakt in Form eines Diffusionsstrom statt. Das ist der Fluss-
oder Durchlassstrom, der wegen der exponentiellen Anhebung über das Gleichgewichts-
niveau hinaus groß ist. Wieder genügt nach den Shockley-Annahmen die Betrachtung
der RLZ-Ränder zur Berechnung des Gesamtstromes. Die injizierten Minoritätsladungs-
träger rekombinieren zum Kontakt hin, wodurch die Majoritätsladungsträger den Strom
übernehmen . Das ist im Sperrfall genauso, nur in die entgegengesetzte Richtung. Am
Kontakt fließen die Ladungsträger zur äußeren, treibenden Quelle.

Text Revision 61
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

2.2.4 Reale Kennlinie


Nach dem Modell wächst mit steigender Spannung exponentiell und würde schon für klei-
ne Spannungswerte nahezu keinen differentiellen ohmschen Widerstand aufweisen. Das
wird nicht beobachtet, es verbleibt ein ohmscher Anteil. Dieser kommt vor allem aus dem
im idealisierten Modell als widerstandslos betrachteten Transport durch die Bahngebiete
außerhalb der RLZ.
Ebenso bleibt bei stark negativer angelegter Spannung der Strom nicht konstant.
Stattdessen bricht die Diode durch und wird in Rückwärtsrichtung leitend. Das kann man
sich prinzipiell zum einen leicht mit der Analogie des dielektrischen Durchbruchs beim
Überschreiten der Durchbruchfeldstärke eines Dielektrikums klar machen. Zum anderen
tragen Halbleiter-spezifische Mechanismen wie der Lawinendurchbruch oder der Tunnel-
effekt bei.

2.2.4.1 Diode im Durchlassbetrieb


Die in Abschnitt 2.2.2.1 eingeführten Shockley-Bedingungen sind bei realen Dioden nicht
erfüllt. Daher kommt es zu einem Unterschied zwischen der realen gemessenen Kennlinie
und der theoretisch mit dem Shockley-Modell berechneten Kennlinie.
Trägt man die idealisierte Kennlinie
 halblogarithmisch
 auf, bekommt man im Durch-
U
lassbereich eine Gerade (da I(U ) ∼ e U T ). Die gemessene Kennlinie spaltet sich hinge-
gen in drei Bereiche mit unterschiedlicher Steigung auf. In Abb. 2.4 ist die reale Kennlinie
schematisch gezeichnet. Die drei Bereiche werden wir im folgenden kurz diskutieren.
Im unteren Bereich
 
a ist die Steigung geringer. Die Kennlinie wird hier annähernd
U
durch I(U ) ∼ e 2U T beschrieben. Im Shockley-Modell wurde die Rekombination in der
RLZ vernachlässigt, da die Rekombination in den Bahngebieten bis zum Kontakt über-
wiegt. Bei kleiner angelegter externer Spannung ist die Rekombination in der RLZ jedoch
größer als in den Gebieten außerhalb der Raumladungszone. Dieser Strom wird dazu
addiert, da er einfach nur vernachlässigt wurde. Allerdings steigt die Rekombination in
Abhängigkeit von der Spannung langsamer an als außerhalb der RLZ. Ab einer bestimmten
äußeren Durchlassspannung in Bereich b ist die Anhebung der Minoritätsladungsträger-
dichte am Raumladungszonenrand so groß, dass die Rekombination in den Bahngebieten
überwiegt und die ideale Kennliniengleichung erfüllt ist.
Im Bereich größerer Ströme c steigt die Kennlinie wieder langsamer an. Dafür sind
zwei Effekte verantwortlich. Zum einen gibt es einen Spannungsabfall über den Bahn-
widerständen (nach Shockley ebenfalls vernachlässigt). Der Strom wächst deshalb nicht
mehr exponentiell mit der Spannung, sondern nähert sich immer mehr einem linearen
(ohmschen) Zusammenhang an. Das ist als Verschiebung der Kennlinie in halblogaritmi-
scher Darstellung zu sehen bzw. in linearer Darstellung wird die Steigung vom Serienwi-
derstand dominiert. Zum anderen ist die Ladungsträgerinjektion sehr hoch, daher spielt
in diesem Bereich auch der Majoritätsladungsträgerdiffusionsstrom eine Rolle. Dieser ist
aber genau entgegengesetzt zum Minoritätsladungsträgerdiffusionsstrom und damit auch
der Flussrichtung entgegengesetzt. Der Majoritätsladungsträgerdiffusionsstrom reduziert
also den durch die Diode fließenden Strom.

Text Revision 62
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

log (I )

a b c

U U
   
   
I ∼U
I ∼ e 2U T I ∼ e UT

Abbildung 2.4: Schematische Darstellung der realen Kennlinie einer Siliziumdiode im Vor-
wärtsbetrieb

In Abbildung 2.5a ist das Schaltzeichen der Diode dargestellt. Die Anode ist am p-
dotierten Gebiet, die Kathode am n-dotierten. Als Merkregel: positive Spannung muss an
das p-Gebiet, negative an das n-Gebiet damit die Diode leitet.
Abbildung 2.5b zeigt ein einfaches Ersatzschaltbild für die Diode. Der Schalter ist
ein idealer spannungsgesteuerter Schalter, der nur positive Ströme durchlässt. Die Span-
nungsquelle simuliert den Spannungsabfall über der Diode im Durchlass, der Widerstand
RB steht für die ohmschen Verluste in den Bahngebieten. Schon bei einer moderaten
Durchlassspannung fällt jeder kleine Zuwachs an äußerer Spannung fast ausschließlich
am Serienwiderstand RB ab, so dass die Kennlinie nicht mehr exponentiell ansteigt, son-
dern der vereinfachten linearen Kennlinie wie in Abb. 2.6 folgt. Verlängert man diese
Kennlinie bis zum Schnitt mit der Abszisse ergibt sich der Schnittpunkt U F .
Für viele Anwendungen reicht dann das vereinfachte Bild: Ist die anliegende Spannung
U kleiner als die Flussspannung U F , sperrt der Schalter (Bereich a in Abbildung 2.6), es
fließt kein Strom. Ist U größer als U F , fällt ein Teil der Spannung über dem Widerstand
ab, und zwar U R = U − U F . Daraus lässt sich der fließende Strom berechnen (Bereich b
in Abb. 2.6). U F kennzeichnet in der Kennlinie somit den Beginn des steilen Anstiegs des
Stromes im Durchlass. Die Flussspannung U F ist dabei nur eine Hilfsgröße aus der Praxis
und kann keinem einzelnen konkreten physikalischen Effekt zugeordnet werden. Sie ist

Text Revision 63
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

Anode
I

RB

U
UF
Anode
I
U

Kathode Kathode
(a) Schaltzeichen (b) Ersatzschaltbild

Abbildung 2.5: Schaltzeichen und Ersatzschaltbild der Diode mit Bahnwiderstand RB ,


Flussspannung U F und spannnungsgesteuertem, idealem Schalter

lediglich die Spannung, die sich bei „normalem“ Gebrauch der Diode in Vorwärtsrichtung
einstellt. Für Siliziumdioden nehmen wir U F ≈ 0,7 V an.

Die Flussspannung U F ist nicht mit der Dif-


fusionsspannung U D zu verwechseln! U D ist
die Spannung über der Raumladungszone
und nicht messbar. Die Flussspannung U F
kann an den Kontakten einer Diode gemes-
sen werden.

2.2.4.2 Sperrbereich und Durchbruch


Legt man eine negative Spannung an, so wäre nach dem idealisierten Diodenmodell der
Strom konstant −I 0 . Natürlich kann auch hier der Rekombinationsstrom in der Raum-
ladungszone nicht vernachlässigt werden. Die Ladungsträgerkonzentrationen am Rand
der RLZ ändern sich nicht mehr wesentlich, da die Minoritätsladungsträgerkonzentration
im Vergleich zur Majoritätsladungsträgerkonzentration praktisch null ist. Damit ist auch
der Generationsstrom pro Weite der RLZ konstant. Allerdings ändert sich die Raumla-
dungszonenweite wurzelförmig mit der angelegten Sperrspannung und somit auch der
Sperrstrom. Der Strom ist also auch ohne Durchbruch nicht konstant, ändert sich aber
im Vergleich zum Durchbruchstrom nur wenig.

Text Revision 64
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

a b

∆U
RB

∆U

UF U

Abbildung 2.6: Vereinfachte Kennlinie einer Diode. Durchgezogene Linie ohne Bahnwi-
derstand, gestrichelt mit Bahnwiderstand modelliert.

Unterschreitet die negative Spannung einen bestimmten Wert U B , so wird die Di-
ode plötzlich leitend und es fließt ein sehr großer Strom. Elektronen, die im Feld über
der Raumladungszone beschleunigt werden, können bei Stößen gegen Gitteratome neue
Elektron-Loch-Paare generieren.
Dazu muss die kinetische Energie des Elektrons gleich groß oder größer sein als der
Bandabstand. Je größer die negative Spannung an der Diode, desto größer ist die Feld-
stärke in der Raumladungszone und damit die kinetische Energie der Elektronen. Generiert
jedes Elektron, das in die Raumladungszone hereinfließt, im Schnitt mindestens ein neues
Elektron-Loch-Paar, so kommt es zum Lawinendurchbruch.
Normale Dioden sind nach einem Durchbruch zerstört. Bei speziellen Lawinen- (engl.
avalanche) bzw. Zener-Dioden (quantenmechanischer Tunneleffekt siehe Vorlesung) ist
das nicht der Fall.

2.2.4.3 Bestimmung des Sperrsättigungsstromes


Ein wichtiger Wert der aus der Diodenkennlinie bestimmt werden kann ist der Sperr-
sättigungsstrom I 0 . Um diesen graphisch zu ermitteln, muss man die Kennlinie in der
halblogarithmischen Darstellung bis zu einer Spannung von 0 V verlängern. Der Wert,
der sich aus dem Schnittpunkt der Stromachse mit der verlängerten Kennlinie ergibt
entspricht dem Sperrstrom. Dies folgt aus dem Shockley-Modell. Man startet mit
 U 
I(U ) = I 0 e − 1
UT
(2.15)
U
Zuerst betrachten wir den Bereich, in dem U  U T ist. Dann gilt auch e U T  1 und
man kann die Gleichung umformen zu
U
I(U ) ≈ I 0 e UT (2.16)
U U T

Text Revision 65
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

10−8

|I | [A] 10−9

10−10

Shockley Kennlinie
10−11 angelegte Gerade

0 0.05 0.1 0.15


U [V]

Abbildung 2.7: Graphische Bestimmung des Sperrstromes. Der Schnittpunkt der Geraden
mit der logarithmischen Stromachse ergibt den Sperrstrom. Der Sperrsättigungsstrom
beträgt also 1 · 10−10 A.

und damit kann die −1 in diesem Bereich der Kennlinie vernachlässigt werden. Geht
man nun wieder in die halblogarithmische Darstellung der Kennlinie (indem man den
Logarithmus auf Gleichung 2.16 anwendet) erhält man
U
log ( I(U ) ) = log(I 0 ) + (2.17)
UT

Das ist eine ganz normale Geradengleichung mit der Steigung m = U1T und dem Y-
Achsenabschnitt b = ln(I 0 ). Wenn man diese Gerade in die logarithmische Darstellung
der Diodenkennlinie einzeichnet, dann ist der Schnittpunkt mit der (logarithmischen)
Stromachse also gerade der (logarithmische) Sperrsättigungsstrom.
Wir haben oben die Bedingung U  U T gesetzt. Wenn diese erfüllt ist, dann enst-
pricht die Hilfsgerade der Diodenkennlinie. Für (relativ) große Spannungen müssen beide
also Deckungsgleich sein.
Im letzten Abschnitt haben wir bereits die Unterschiede zwischen der realen und
der Shockley-Kennlinie diskutiert. Um das grafische Bestimmungsverfahren anwenden zu
können, muss man den Teil der Kennlinie verlängern, der dem Shockley-Modell entspricht.

2.2.5 Weitere Effekte an der Diode


Bisher wurde die Temperatur als konstant Raumtemperatur angenommen, was im realen
Betrieb eher unrealistisch ist. Allerdings wollen wir annehmen, dass weiterhin vollständi-
ge Ionisierung gilt. Eigenleitung geschieht bei Temperaturen, die die Metallisierung und
Verkapselung schädigen würden.

Text Revision 66
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

Im Betrieb wird die Diode geschaltet. Das kann unterschiedlich schnell geschehen. Es
müssen dabei Ladungen in die oder aus der Raumladungszone transportiert werden. Wei-
terhin sind im Durchlass in den Bahngebieten die Minoritätsladungsträgerkonzentratio-
nen angehoben, die auch auf- und abgebaut werden müssen. Ferner wird die Leitfähigkeit
der Bahngebiete im Durchlassfall moduliert. Letzteres führt zu einem pseudo-induktivem
Kleinsignalverhalten, das in der Regel vernachlässigt werden kann.

2.2.5.1 Temperaturabhängigkeit
Der Strom durch die Diode ist stark temperaturabhängig. Allerdings rührt diese Ab-
hängigkeit nicht nur aus dem Exponenten in der Diodencharakteristik, sondern wird auch
durch den Sperrstrom I 0 verursacht. Zur Erinnerung: Die Diodencharakteristik (oder auch
Kennliniengleichung) der Diode lautet
 eU 
I(U ) = I 0 e kT − 1
Wg
Der Sperrstrom ist proportional zu ni 2 , und ni 2 ist proportional zu T 3 ∗ e − kT .
 
Dp Dn
I 0 = eni 2
+ (2.18)
Lp N D Ln N A
Wg Wg
ni 2 = N V N L e − kT ∼ T 3 · e − kT (2.19)

2.2.5.2 Temperaturabhängkigkeit des Sperrsättigungsstromes


Die letzte Gleichung rührt aus der Tatsache, dass N V N L ∼ T 3 ist, was hier nicht näher
gezeigt werden soll.
Bei höheren Temperaturen werden mehr freie Ladungsträger generiert. Die Leitfähig-
keit des Halbleiters nimmt deshalb zu, es fließt ein höherer Strom.
Im Flussfall kommt es wegen der höheren Leitfähigkeit bei gleichem Strom zu einer
geringeren Spannung über der Diode. In der halblogarithmischen Darstellung in 2.8 wird
ersichtlich, dass die Spannungsänderung bei konstantem Strom von der Änderung I0 (T )
und dem Arbeitspunkt (eingeprägter Strom) abhängt. Mit I0(T ) aus der Vorlesung gilt
für die relative Stromänderung:
 
1 ∂ I(U ) 3 Wg − e · U
≈ + (2.20)
I(U ) ∂T T kB T 2
In Halbleitern kann dieser Effekt zur Temperaturmessung verwendet werden.
Hinweis: Im praktischen Teil soll die Diodenkennlinie bei verschiedenen Temperaturen
aufgenommen werden!

2.2.5.3 Sperrschichtkapazität
Die Raumladungszone einer sperrenden Diode wirkt wie ein Plattenkondensator, da die
Ladung an den Rändern der Raumladungszone moduliert wird. Es fließt fast kein Gleich-
strom (nur der Sperrstrom), der Wechselanteil hängt von der Frequenz ab. Es lässt

Text Revision 67
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

10−9

10−10
|I | [A] T

10−11
T = 300 K
10 −12 T = 312 K
T = 336 K

10−13
0 0.05 0.1 0.15
U [V]

Abbildung 2.8: Halblogarithmische Darstellung der idealen Diodenkennlinie für 3 verschie-


dene Temperaturen.

sich also eine Kapazität definieren, die sogenannte Sperrschichtkapazität. Sie ist für
hochfrequente Anwendungen wichtig und muss berücksichtigt, auch bei parasitären pn-
Übergangen. Durch die Spannungsabhängigkeit ist die Kapazität abstimmbar.

2.2.5.4 Diffusionskapazität
In Flussrichtung ist eine weitere pseudo-Kapazität wichtig. Durch die Modulation der
Flussspannung ändert sich exponentiell die Minoritätsladungsträgerkonzentrationen. In
der Regel ist wegen asymmetrischer Dotierung nur eine wesentlich. Es gibt dabei keine
unmittelbare Verknüpfung der Ladungen über ein elektrisches Feld, aber eine stark vari-
ierend Ladung in Abhängigkeit von der angelegten Spannung. Diese muss z.B. bei einem
Abschaltvorgang einer Leistungsdiode erst abgebaut werden, bis die Diode sperrt.

2.2.5.5 Schaltverhalten
Da die Diode leitet, solange die Raumladungszone mit Ladungsträgern überflutet wird,
schaltet sie nicht sofort ab. Erst fließt der Strom zum Abbau der dominierenden Minori-
tätsladungsträgerkonzentration weiter in Vorwärtsrichtung. Ist diese komplett abgebaut,
so fließt ein Rückstrom, der durch Abfluss von Majoritätsladungsträgern die Raumla-
dungszone ausweitet, so dass die Sperrspannung aufgenommen werden kann. Dieser darf
nicht mit dem Sperrstrom, der immer in Sperrrichtung fließt, verwechselt werden! Der
Rückstrom ist wesentlich größer als der Sperrstrom, fließt aber üblicherweise nur sehr
kurz.

Text Revision 68
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

2.2.6 Datenblatt
Im Datenblatt zu einer Diode finden sich oft sehr viele Angaben. Hier soll ein kurzer
Überblick gegeben werden, wie die wichtigsten Werte definiert sind. Da Dioden reale
Bauteile sind, können sie nur begrenzt Spannungen sperren und Ströme führen. Außerdem
fließt auch im Sperrfall ein Sperrstrom, und in Durchlassrichtung fällt die Flussspannung
(engl. forward voltage) U F ab. Bei den Angaben im Datenblatt ist darauf zu achten,
unter welchen Bedingungen (Temperatur, Frequenz etc.) die Werte gemessen wurden.

2.2.6.1 Grenzspannungen
Sperrspannungen (engl. reverse voltage) an der Diode werden in Datenblättern mit po-
sitivem Vorzeichen und dem Index U R angegeben.
Die maximale Sperrspannung U R,max ist so angegeben, dass höchstens ein Strom im
µA-Bereich fließt. Betreibt man die Diode mit periodischen Pulsen, so ist die periodische
Spitzensperrspannung U RRM zulässig (reverse repeated maximum). Ferner gibt es noch
die Spitzensperrspannung U RSM (repeated spike maximum), die einen einmaligen Span-
nungspuls beschreibt. Es gilt: U R,max < U RRM < U RSM . Alternativ gibt es die Definition
eines Grenzwertes über den Effektivwert der Sperrspannung, U RRMS (engl. reverse root
mean square).
Sperrspannungen liegen üblicherweise im Bereich von 50 V bis 1000 V. Hochspan-
nungsdioden erreichen Spitzensperrspannungen von bis zu 12 000 V, allerdings als PIN-
Dioden Bauform. Eine verkürzte Lebensdauer von Dioden führt allgemein zu einer er-
höhten Fehleranfälligkeit einer gesamten Schaltung. Darum empfiehlt es sich, für den
Dauerbetrieb eine maximale Sperrspannung von in etwa der Hälfte der Spitzensperrspan-
nung zu dimensionieren.

2.2.6.2 Grenzströme
Die Grenzströme beschreiben die maximal zulässigen Ströme in Durchlassrichtung. Ähn-
lich wie bei den Sperrspannungen wird hier zwischen dem maximal zulässigen Dauerstrom
I F,max , dem periodischen Spitzenflussstrom I FRM und dem Spitzenflussstrom I FSM unter-
schieden. Es gilt entsprechend I F,max < I FRM < I FSM
Die Spitzenströme liegen zwischen 100 mA für Signaldioden und 6000 A für Leistungs-
dioden.
Außerdem gibt es noch eine Angabe für die maximal zulässige Strom-Zeit-Fläche
IR t in Sperrrichtung. Fließt bei einem Impuls in Sperrrichtung ein Strom, so darf I 2 t =
2

I R 2 dt den angegebenen Wert nicht überschreiten. Die maximale Verlustleistung ist wie
am Transistor definiert. Sie wird aber selten angegeben, da sie sich aus den maximalen
Strömen ergibt.

2.2.6.3 Sperrstrom und Flussspannung


Der Sperrstrom I R (reverse current) einer Siliziumdiode liegt üblicherweise im Bereich
von 0,01. . . 1 µA. Er ist nicht zu verwechseln mit dem theoretischen Sperrstrom I 0 . Die-

Text Revision 69
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

ser ist ein Strom, der dem theoretischen Model entspringt und Größenordnungen kleiner
als I R ist. (I 0 ≈ 1 pA) Die Flussspannung U F beträgt üblicherweise etwa 0,6. . . 0,7 V
und befindet sich in der Größenordnung der Diffusionsspannung U D . Durch Sperrstrom
beziehungsweise Flussspannung kommt es zu Verlusten in der Diode. Die Flussspannung
darf nicht mit der Diffusionsspannung verwechselt werden! Sie wird durch den Seriens-
widerstand der Bahngebiet beeinflusst und ergibt sich als Schnittpunkt mit der Abszisse
durch rückwärtige Verlängerung des scheinbar linearen Bereichs des Stromanstieges.

2.2.7 Spezialdioden
2.2.7.1 Zener-Diode
Die Zener-Diode ist eine Diode, die in Sperrrichtung betrieben wird. Der Stromfluss
entsteht durch quantenmechanisches Tunneln durch die Potentialbarriere, diese wird im
klassischen Sinn nicht überwunden. Die Diode ist so ausgelegt, dass sie bei einem Durch-
bruch nicht beschädigt wird. Ist die anliegende Spannung betragsmäßig größer als die
Durchbruchspannung, fließt der Strom (rückwärts) durch die Diode. Ist die Spannung
kleiner, so sperrt die Diode. Zener-Dioden (Z-Dioden) gibt es in einem Bereich von 2,5 V
bis 300 V. Man kann sie beispielsweise verwenden, um Spannungsspitzen abzuleiten.

2.2.7.2 LED und Photodiode


Fließt durch eine Diode ein Strom in Vorwärtsrichtung, so rekombinieren Ladungsträ-
ger an der Raumladungszonengrenze. Bei strahlender Rekombination werden Photonen
freigesetzt. In Siliziumdioden ist strahlende Rekombination sehr unwahrscheinlich und die
Wellenlänge der Photonen liegt im Infrarotbereich. Bei LEDs können die Wellenlängen der
emittierten Photonen im sichtbaren Bereich liegen. Außerdem ist eine LED so aufgebaut,
dass die Photonen das Gehäuse verlassen können. LEDs zeichnen sich durch eine sehr
enge Bandbreite der emittierten Strahlung aus, jedoch nicht so selektiv wie ein Laser.
Durch spezielle Bauweise kann aber auch ein breitbandiges Spektrum erzeugt werden.
Photodioden und Solarzellen funktionieren auf umgekehrte Weise. Durch einfallendes
Licht werden Ladungsträger generiert und am pn-Übergang getrennt. Die Energie der ab-
sorbierten Photonen kann (teilweise) abgeführt werden. Dieser Effekt wird in Solarzellen
zur Energiegewinnung verwendet. Photodioden werden mit Sperrspannung betrieben und
finden Verwendung als Sensoren.

2.2.7.3 Weitere Spezialdioden


Weitere Diodentypen schließen die Tunneldiode ein, die als sehr schneller Schalter in der
Hochfrequenztechnik Anwendung findet. Zudem wird die Sperrschichtkapazität in den
sogenannten Kapazitätsdioden als spannungsabhängige Kapazität verwendet.

Text Revision 70
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

2.2.8 Anwendung von Dioden


Dioden finden vielseitige Verwendung in elektronischen Schaltungen.

• Wegen des Ventilcharakters werden Dioden in Gleichrichtern und als Verpolungs-


schutz verwendet.

• Die Flussspannung von z.B. 0,7 V wird ausgenutzt, um verlustbehaftet konstante


Spannungsabfälle zu erzeugen.

• Zener-Dioden werden zur Spannungsstabilisierung bzw. Begrenzung verwendet.

• In Photodioden und Solarzellen steckt ebenfalls ein pn-Übergang. Sie werden als
Sensoren und Energiequellen eingesetzt.

• Spezielle Dioden (Laserdioden, LEDs) können am pn-Übergang Photonen im sicht-


baren Spektrum emittieren.

• Kapazitätsdioden werden zur Abstimmung von Schwingkreisen verwendet.

• Beim Schaltungsentwurf nicht zu vernachlässigen sind die pn-Übergänge von Tran-


sistoren oder Wannen, die als unerwünschtes Bauelement oder Kapazität wirken
können.

2.3 Versuch

2.3.1 Labor-Messaufbau

Es stehen zur Verfügung:

• steuerbare Gleichspannungsquelle (HAMEG HM 8143)

• Multimeter (FLUKE 8846A)


Hinweis: Hier Sollten Sie den Messbereich fest einstellen

• Diode 1N4001 und 1N4003 auf Heizplatte

• PC mit der Software LabVIEW 8.5

• Es dürfen selbstverständlich sämtliche andere Geräte des Labors benutzt werden


(Oszilloskop etc.)

Text Revision 71
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

I0
A

Heizplatte
0. . . 1 V
Θ = RT, 35 ◦C, 50 ◦C, 65 ◦C

Abbildung 2.9: Prinzipieller Messaufbau

Für die Messung in Durchlassrichtung schließen Sie die Dioden in Vorwärtsrichtung mit
einer Strombegrenzung von 2 A an und schalten dabei das Multimeter in Reihe auf dem
Hochstromeingang, so dass sich eine positive Stromrichtung ergibt. Verwenden Sie die
linke Spannungsquelle.
Frage: Wie misst das Multimeter den Strom und welchen Einfluss hat das auf die Kenn-
linie?
Man kann den Einfluss des Multimeters auf die Messung eliminieren, indem die Span-
nung ohne das Messgerät zurück gemessen wird. Dazu verbinden Sie die beiden Sense
Anschlüsse links und rechts der Quellenanschlüsse so, dass das in Reihe geschaltete Multi-
meter von der Spannungsquelle nicht berücksichtigt wird. Dabei wird am Bezugspotential
Sense mit dem zugehörigen Ausgang kurzgeschlossen.
Wählen Sie den festen 3 A Messbereich. Die Spannung geht bis etwas über 1 V, wird aber
letztlich durch die Strombegrenzung limitiert. Welche Buchsen an der Heizplatte richtig
sind, müssen Sie kurz im manuellen Modus ausprobieren.

2.3.1.1 Versuchsdurchführung

Über das LabVIEW-Skript wird der HAMEG Spannungsquelle eine Ausgangsspannung


vorgegeben, so dass der bei richtiger Verkabelung der Fehler durch das Multimeter kom-
pensiert wird. Diese Spannung treibt einen Strom durch die Testdioden (1N4001 bzw.
1N4003). Das FLUKE 8846A dient dabei als Messgerät für den Strom (Stellen Sie zur
Messung einen festen Messbereich ein um brauchbare Ergebnisse zu erzielen). Die Span-
nung wird in den von Ihnen vorgegebenen Schritten (z.B. 30 mV in Durchlassrichtung)
erhöht. Das LabVIEW-Skript speichert die Wertepaare aus angelegter Spannung und
gemessenem Strom ab und erzeugt daraus eine Kennlinie.
Es sind insgesamt acht Messreihen aufzunehmen. Beide Dioden sollen jeweils bei 30 ◦C
mit und ohne Sense Verbindung vermessen, 60 ◦C und 90 ◦C mit Sense Verbindung un-
tersucht werden. Vor einem Temperaturwechsel immer beide Dioden in Vorwärtsrichtung
vermessen.

Text Revision 72
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

Zur Kurzdokumentation lässt sich nach Rechtsklick auf den Graphen lässt sich dieser
mithilfe der Funktion simplified image als .bmp-Datei speichern. Dabei ist auf sinnvolle
Beschriftung der Dateien zu achten, welche eine nachträgliche Zuordnung zu der jewei-
ligen Messung ermöglicht. Zur Auswertung muss die Messung als Tabelle abgespeichert
werden. Aus dieser lassen sich dann mit einem externen Programm (Libre Office Calc,
octave, scilab, pgfplots) die Daten in Fluss- und Sperrrichtung zusammenführen, Graphen
erstellen und beliebig formatieren. Außerdem kann die Darstellung auch später noch ange-
passt werden, sollten Sie für die Auswertung zum Beispiel eine logarithmische Darstellung
benötigen.

2.3.2 Versuchsauswertung

Wenn Sie für diesen Versuch kein Protokoll anfertigen:

1. Stellen Sie den Diodenstrom bei Raumtemperatur linear und logarithmisch dar und
kommentieren Sie kurz, ob die Daten plausibel sind und wie sich die Dioden unter-
scheiden. Bei der logarithmischen Darstellung müssen Sie den Betrag des Stromes
darstellen und vorsichtshalber 10 pA addieren, damit ein Strom von 0 A kein Pro-
blem ist.

2. Was geschieht mit dem Strom bei den höheren Temperaturen?

Wenn Sie für diesen Versuch ein Protokoll anfertigen:

1. Was sind Ihrer Meinung nach die Ziele des Versuchs?

2. Stellen Sie den Diodenstrom grafisch bei allen Temperaturen linear und logarith-
misch dar. Bei der logarithmischen Darstellung müssen Sie den Betrag des Stromes
darstellen und vorsichtshalber 10 pA addieren, damit ein Strom von 0 A kein Pro-
blem ist. Erläutern Sie offensichtliche Unterschiede der Dioden durch Vergleich der
Messwerte in linearer und logarithmischer Skalierung.

3. Vergleichen Sie die beiden Kennlinien mit und ohne Sense-Rückkopplung.

4. Erläutern Sie die Abhängigkeit der Dioden von der Spannung vor allem mittels der
Darstellung in logarithmischer Skalierung in Bezug auf die Theorie. Geben Sie den
Bereich der Gültigkeit der Shockley-Theorie an.

5. Bestimmen Sie den Sperrsättigungsstrom aller Dioden. Gehen Sie dafür von dem
geeigneten Bereich der Kennlinie in geeigneter Skalierung aus. Führen Sie das bei
den Dioden 1N4001/3 für verschiedene Temperaturen aus.

6. Diskutieren Sie die Temperaturabhängigkeit des Sperrsättigungsstroms und verglei-


chen Sie die Verläufe ihrer Messungen mit den theoretischen Vorhersagen.

Text Revision 73
(735)
HLB-PR Thema 2 - Die Diodenkennlinie

7. Diskutieren Sie das Temperaturverhalten im Bereich großer Ströme. Beachten Sie


die spannungsabhängige Gleichung 2.20.

8. Bestimmen Sie durch Extrapolation die empirische Flussspannung für eine der Di-
oden.

9. Schätzen Sie in linearer oder besser in halblogarithmischer Darstellung den Serien-


widerstand am Punkt des Maximalstromes grob ab.

2.4 Vorbereitungsaufgaben

1. Zeichnen Sie das Schaltzeichen der Diode. Markieren Sie zusätzlich, wo p- und n-
Gebiet liegen!
2. Zeichnen Sie das Ersatzschaltbild der Diode. Erklären Sie stichpunktartig die Bedeu-
tung der einzelnen Teile.
3. Nennen Sie vier Anwendungsgebiete von Dioden.
4. Nennen Sie vier Spezialdioden und Ihre Anwendung
5. Erklären Sie, wie es im spannungsfreien Fall zur Bildung einer Raumladungszone
kommt.
6. Welches sind die drei Shockley-Bedingungen? Welche weiteren Annahmen werden für
die Herleitung der Diodenkennlinie gemacht?
7. In welchem Bereich gilt die Formel für die Kennliniengleichung?
8. Erklären Sie kurz, unter welchen Bedingungen und warum eine Diode sperrt.
9. Was ist der Unterschied zwischen Spitzensperrspannung und maximaler Sperrspan-
nung?
10. Was ist der Sperrstrom?
11. Was ist die Flussspannung?
12. Wie berechnen sich die Verluste an der Diode in Fluss- und Sperrrichtung im
Shockley-Modell?
13. Warum muss der Einfluss des Multimeters zur Strommessung mittels der Sense
Anschlüsse eliminiert werden?
14. Wie kann der Serienwiderstand abgeschätzt werden?

Text Revision 74
(735)
Thema 3
Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

3.1 Einleitung

Ein MOS-Varaktor besteht aus einer leitenden Schicht, einer Oxidschicht als Isolator und
einem Halbleiter. MOS steht dabei für das Englische metal-oxid-semiconductor . Streng-
genommen ist „metal “aber erst seit der 65 nm Generation wirklich aus Metall. Vorher
und in dem vorliegenden Bauelelement handelt es sich um hochdotiertes polykristalli-
nes Silizium, das mit einer Metall-Silizium m Schicht (Silizid) bedeckt ist. Das „oxid “ist
traditionell Siliziumdioxid, aber in modernen Bauelementen wurde es wegen der höheren
Dielektrizitätszahl durch Hafniumdioxid ersetzt.
Eine solche Struktur hat eine spannungsabhängige Kapazität, sie ist also ein Varak-
tor. Eine Vielzahl von Halbleiterbauelementen bestehen im Kern aus einer solchen Struk-
tur, insbesondere der MOS-Feldeffekttransistor (MOSFET). Dieser wird bereits jetzt
eingeführt, aber erst im nächsten Versuch genauer untersucht. Um die Funktionsweise
des MOSFETs zu verstehen, muss vorher die Funktionsweise und das Bändermodell des
MOS-Varaktors verstanden worden sein.

3.2 Theorie

3.2.1 CV-Messung
Ziel des Versuches ist die Untersuchung eines MOS-Varaktors mit der CV-Analyse (engl.
capacitance-voltage). Dabei soll die Kapazität in verschiedenen Arbeitspunkten eines
MOS-Varaktors durch eine Überlagerung des Gleichspannungsbias mit einer kleinen Wech-
selspannung bestimmt werden. Der MOS-Kondensator, der Grundbestandteil der MOS-
Schaltungen ist, wird häufig als Testobjekt in die Teststruktur einer Schaltung eingesetzt.
Durch die Untersuchung von CV-Kennlinien eines MOS-Kondensators lassen sich vielfäl-
tige Kennwerte ermitteln. Einige Beispiele sind:

• feste Oxidladungen

• Substratdotierungskonzentration

75
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

• Oxiddicke

• Flachbandspannung

• Einsatzspannung (auch Schwellenspannung oder aus dem Englischen threshold volt-


age)

• umladbare Grenzflächenzustände (engl. surface states)

Aus diesem Grund ist die CV-Analyse eines MOS-Varaktors ein Standardverfahren.
Bei der CV-Messung wird die differentielle Kapazität eines Zweipols über der Spannung
bestimmt. Man unterscheidet zwischen quasistatischer CV-Messung (QSCV), Niederfre-
quenz- (LFCV) und Hochfrequenz-CV-Messung (HFCV). Bei der QSCV-Methode wird
die MOS-Kapazität durch eine langsame Spannungsrampe von Akkumulation in Inversi-
on (mehr dazu in Abschnitt 3.2.4) gefahren und dabei eine Ladungsänderung gemessen,
aus der die Kapazität berechnet wird. Beim LFCV- und HFCV-Verfahren wird die Gate-
Spannung, die durch den Gleichspannungsbereich gefahren wird, mit einer kleinen Wech-
selspannung von einigen 10 mV überlagert und die Impedanz der MOS-Struktur für jeden
Spannungspunkt bestimmt. Die LF- und die HFCV-Methode unterscheiden sich durch
die Frequenz der überlagerten Wechselspannung. Typischerweise werden HFCV-Kurven
bei Frequenzen größer als 500 kHz und LFCV-Kurven eher unter 50 kHz gemessen. Dies
führt zu einem unterschiedlichen Verlauf in der Inversion. Bei reinen MOS-Kapazitäten
kann die Inversionsschicht nur durch die Generation von Ladungsträgerpaaren aufgebaut
werden. Bei MOS-Transistoren hingegen können durch die angrenzenden Diffusionsge-
biete sehr schnell Minoritätsladungsträger für die Inversion bereitgestellt werden, so dass
man bei allen Frequenzen eine LFCV-Kurve erhält.

3.2.2 Der MOS-Varaktor


Unter dem Begriff MOS-Struktur versteht man die Anordnung von Metall- oder hoch-
dotierter Poly-Silizium-Elektrode, Oxid und Halbleiter. Wie bereits erwähnt, bildet eine
solche Anordnung eine spannungsabhängige Kapazität.
Der Gatekontakt und Halbleitermaterial bilden jeweils eine Platte eines Plattenkon-
densators mit dem Oxid als Isolator dazwischen. Diese Kapazität ist am Varaktor immer
vorhanden und ist nicht spannungsabhängig.
Legt man nun eine positive Spannung an einen Varaktor mit n-Halbleiter an, so wer-
den die beweglichen Majoritätsladungsträger, also die Elektronen, vom elektrischen Feld
verstärkt in Richtung Oxid gezogen. Es kommt zu einer Anreicherung der Ladungsträger.
Legt man hingegen eine negative Spannung an, so bewegen sich die beweglichen Elek-
tronen vom Oxid weg. Es verbleiben wie in eine pn-Übergang die ionisierten Dotanden
und entsteht eine Raumladungszone. Der Unterschied zum pn-Übergang besteht darin,
dass die Gegenladung durch den Isolator räumlich entfernt ist. Diese Raumladungszone
bildet eine zusätzliche Kapazität analog der Sperrschichtkapazität eines pn-Überganges.
Demnach ist elektrische Ersatzschaltbild des idealen MOS-Kondensators eine Reihen-
schaltung einer konstanten Oxidkapazität C ox und einer spannungsabhängigen Raumla-
dungskapazität CSi (Ψs ) des Si-Substrats.

Text Revision 76
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

UG

Gate QG
C ox SiO2 Qox
QInv + Qss
C Si RLZ QRLZ

Halbleiter

Abbildung 3.1: Aufbau des MOS-Varaktors mit entsprechenden Elementen des Ersatz-
schaltbildes

C OX C Si

Abbildung 3.2: Ersatzschaltbild des idealen Varaktors

Den Aufbau des MOS-Varaktors, die Ladungsträger im Varaktor und den Ort der
Kapazitäten soll Abb. 3.1 verdeutlichen. Dabei sind
QG Die auf der G ate-Elektrode vorhandene Flächenladung (bei angelegter Spannung).

QInv Inversionsladung an der Grenzfläche zwischen Oxid und Halbleiter, je nach Span-
nung am Gate kann es sich auch um akkumulierte Ladung handeln. (umladbar,
positiv oder negativ)

QRLZ Im Halbleiter hervorgerufene, ortsfeste Ladung bestehen aus ionisierten Dotier-


stoffatomen und einem Anteil vom Minoritätsladungsträgern. 1 . Die Ladungsträger
der Raumladungszone (RLZ) sind hauptsächlich für die Bandverbiegung im Halb-
leiter verantwortlich.
Weitere Ladungen die in MOS-Strukturen gefunden werden können:
Qox Im Isolator (Oxid) vorhandene ortsfeste, positive und nicht umladbare Ladungen,
welche bei SiO2 z.B. durch nicht vollständig mit Sauerstoff abgebundene Siliziuma-
tome entstehen können. Sie wirken wie Ladung auf dem Gate.

Qss Ortsfeste, umladbare Ladung an der Grenzfläche von Oxid zu Halbleiter durch un-
gesättigte Bindungen oder Kristallfehler. Der Ladungszustand hängt von der Band-
verbiegung ab und umgekehrt beeinflussen die Ladungen Qss die Bandverbiegung.
Der Übergang zwischen Raumladungszone und Inversionskanal ist fließend. Im Kanal überwiegt die
1

Konzentration freier Ladungsträger

Text Revision 77
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

Beschrieben werden Oberflächenzustände (surface states) die direkten Einfluss auf


die spannungsabhängige des Kapazität des Varaktors oder MOS-Transistors haben.
Durch fluktuierende Besetzung sind sie außerdem eine Quelle für Rauschen.

Der MOS-Kondensator wird hier als ideal betrachtet, wenn

• kein Ladungstransport durch das Oxid stattfindet,

• keine weiteren Ladungen existieren, außer der Raumladung im Halbleiter und der
gleich großen Ladungsmenge auf der Gate-elektrode

Diese Bedingungen werden in der Realität nur annähernd erfüllt.

3.2.3 Der MOSFET


Bevor wir uns das Bändermodell des Varaktors anschauen, soll der Vollständigkeit hal-
ber der prinzipielle Aufbau eines MOSFETs angesprochen werden. Ein MOSFET ist ein
Feldeffekttransistor mit der Mehrschichtstruktur von Gate-Oxid-Halbleiter. Legt man bei
einem p-Kanal MOSFET eine negative Spannung an das Gate an, so werden die frei
beweglichen Elektronen in das Volumen gedrängt und zurück bleiben die ortsfesten Do-
natoren an der Oberfläche. Man kann sich also einen Plattenkondensator vorstellen, bei
dem das Gate die negative Platte bildet und das Substrat die positive Platte.
Bei ausreichender Spannung wird die Ladungsdichte am Gate-Kontakt groß, dass
die positiv geladenen Donatoren und thermisch generierten Löcher eine Bandverbiegung
bewirken, die genügt die Potentialbarriere des pn-Überganges zu Source und Drain ab-
zusenken, ähnlich wie bei einem pn-Übergang in Vorwärtspolung. Das geschieht aber nur
an der Oberfläche. Löcher aus der p-Wanne der Source/Drain-Kontakte können dann

S G D

Gate

Oxid

p−Si p−Si

n−Si

Abbildung 3.3: Aufbau eines p-Kanal MOSFET (selbstsperrend), zwischen den gestri-
chelten Linien liegt der MOS-Varaktor. Die drei Anschlüsse bezeichnet man als Source
(S), Gate (G) und Drain (D)

Text Revision 78
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

ohne thermische Generation weitere Gegenladung aufbauen und es entsteht eine positiv
leitende Inversionsschicht an der Oberfläche im n-Material unterhalb des Gate-Oxides.
Man nennt diesen Bereich auch Inversionskanal, dessen Höhe und Widerstand je nach
Variation von U GS bestimmt wird.
Das Verhalten des MOSFETs wird maßgeblich durch das Gate und den Bereich des
Halbleiters unter dem Gate bestimmt. Dieser Bereich, der eine spannungsabhängige Kapa-
zität darstellt, wird als MOS-Varaktor bezeichnet. Seine Eigenschaften dienen bestimmen
wesentlich das elektrische Verhalten des MOSFETs. Das in diesem Versuch verwendete
CV-Verfahren ist zur Charakterisierung von MOS-Bauelementen sehr wichtig.

3.2.4 Aussagen des Bändermodells


Für das Verständnis dieses Abschnitts ist der Umgang mit dem Bändermodell nötig. Infor-
mationen hierzu findet man in der begleitenden Vorlesung sowie in einschlägiger Literatur.
Liegt eine Spannung am Gate-Kontakt an (U G oder auch U GB für Gate-Bulk, wobei Bulk
gleich dem Substrat ist), ist die Gate-Elektrode mit der Ladung QG belegt. Der Halbleiter
reagiert darauf mit einer Gegenladung QSi , die durch eine Verbiegung des Energiebänder-
modells an der Halbleiteroberfläche beschrieben werden kann. Die Bandverbiegung ΨS
(griechischer Großbuchstabe „Psi“), beschreibt die Potentialdifferenz zwischen der Halb-
leiteroberfläche und dem Halbleitervolumen. Im Bändermodell entspricht dies der Ener-
giedifferenz von W i im Volumen und W i an der Oberfläche (siehe Abb. 3.4 bis 3.7). Je
nach angelegter Spannung unterscheidet man vier Zustände: Anreicherung (Akkumulati-
on), Flachbandfall, Verarmung und Inversion der Halbleiteroberfläche. (Bei der folgenden
Darstellung wird stets von einem n-Halbleiter ausgegangen. Der p-Halbleiter verhält sich
analog bei umgekehrten Vorzeichen.)

3.2.4.1 Anreicherung (Akkumulation)


Die Spannung am Gate ist positiv gegenüber dem n-Substrat. Dadurch wird die Halb-
leiteroberfläche stark mit Majoritätsladungsträgern angereichert und es kommt zu einer
Bandverbiegung (ΨS > 0 V). Die Ladungsträgerdichte ändert sich gemäß der Boltzmann-
Verteilung auf die Änderung der Bandverbiegung, so dass schon geringe Erhöhungen der
Gate-Spannung ausreichen, um eine hohe Ladungsträgerdichte an der Grenzfläche zum
Isolator zu bilden ( ∂Ψ
∂U G sehr klein). Es bildet sich eine dünne Inversionsschicht als Gege-
S

nelektrode zum Gate-Kontakt aus. Die meiste zusätzliche Gatespannung fällt über dem
Kondensator ab, da sich die Bandverbiegung im Halbleiter kaum ändert.

3.2.4.2 Flachbandfall
Wenn U G gleich der sogenannten F lachbandspannung U FB ist, verschwindet die Band-
verbiegung an der Grenzschicht. Die Flachbandspannung U FB kompensiert die materi-
alabhängigen Unterschiede der Austrittsarbeit ∆WA und eventueller Ladungen Qss oder
QG . Sie beträgt bei wenig Grenzflächenzuständen typischerweise für p-Silizium mit (100)-

Text Revision 79
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

W(x )

U GB > 0 V
WL
WF
eΦB
−eU GB Wi
eΨS > 0
W FM
WV

Gate SiO2 n-Si (Halbleiter) x

Abbildung 3.4: Bändermodell bei Anreicherung (Akkumulation, n−Si): Die positive Ga-
tespannung influenziert weitere negative Ladungsträger in das n-Gebiet

Orientierung und Aluminium als Gate-Elektrode für N D = 1 · 1015 /cm3 ca. −0,45 eV, bei
n+ dotiertem Poly-Silizium als Gate-Elektrode ca. −0,85 eV.

3.2.4.3 Verarmung
Sinkt die Gatespannung unter die Flachbandspannung, so werden die Majoritätsladungs-
träger von der Oberfläche verdrängt und es kommt zu einer Bandverbiegung (ΨS < 0 V).
Die Gegenladung zur Gateladung wird durch die ionisierten Donator-Dotieratome gebil-
det. Da üblicherweise wegen der moderaten Substratdotierung die Ladungsträgerdichte
in der Raumladungszone vergleichsweise gering ist, ist eine große Änderung der Bandver-
biegung ΨS notwendig, um eine Ladungsänderung hervorzurufen ( ∂Ψ ∂U G groß).
S

3.2.4.4 Inversion
Die negative Gateladung ist so groß, dass die ionisierten Dotieratome nicht alleine die
Gegenladung bilden können. Durch die Bandverbiegung steigt die Anzahl an Minoritätsla-
dungsträgern an der Grenzfläche zum Isolator, die thermisch generiert werden. Die Anzahl
der Minoritätsladungsträger an Grenzfläche kann so groß werden, dass ihre Anzahl grö-
ßer wird als die der Majoritätsladungsträger. In diesem Fall spricht man von Inversion.
Im Bändermodell wird dies dadurch deutlich, dass das Fermi-Niveau eines n-Substrates
an der Grenzfläche unterhalb der Bandmitte W i liegt. Für die Bandverbiegung ΨS be-
deutet dies, dass sie mindestens gleich dem negativen Volumenpotential ΦB ist (siehe
Abb. 3.7). In der Inversion, insbesondere bei starker Inversion (|ΨS | ≥ 2|ΦB |), liegt jetzt
ein ähnlicher Fall wie bei der Anreicherung vor, da die Ladungsträgerdichte recht hoch
ist und die Bandverbiegung sich nur noch wenig ändern muss, um auf die Änderung der
Gatespannung zu reagieren ( ∂Ψ ∂U G sehr klein). Beim MOSFET wäre beginnt bei dieser
S

Bandverbiegung die Öffnung des Kanals zwischen Source und Drain.

Text Revision 80
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

W(x )

U GB = 0 V
WL
WF
W FM eΦB
Wi

WV
Gate SiO2 n-Si (Halbleiter) x

Abbildung 3.5: Bändermodell im Flachbandfall (n−Si): Es befinden sich keine zusätzli-


chen Ladungsträger im Halbleiter (Hier wird vereinfachend angenommen, dass sich die
Anordnung bei U GB = 0 V im Flachbandfall befindet. Dies ist im Allgemeinen nicht der
Fall).

W(x )

RLZ
W FM U GB < 0 V
−eU GB WL
WF
eΨS < 0 eΦB
Wi

WV
Gate SiO2 n-Si (Halbleiter) x

Abbildung 3.6: Bändermodell bei Verarmung (n−Si): Die negative Gate-Spannung ver-
drängt die beweglichen Elektronen von der Grenzschicht. Eine RLZ ensteht.

Text Revision 81
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

W(x )

W FM Wi > WF

U GB < 0 V
−eU GB
WL
eΨS < 0 WF
eΦB
Wi

WV
Gate SiO2 n-Si (Halbleiter) x

Abbildung 3.7: Bändermodell in der Inversion (n−Si): An der Grenzschicht überwiegen


Löcher. Der Halbleiter wird p-leitend!

Das Volumenpotential ΦB ist ein Maß für die Position des Fermi-Niveaus (genauer, für
die Differenz zwischen Ferminiveau und intrinsischem Niveau) in der Tiefe des Halbleiters
und damit insbesondere von der Dotierung abhängig. Auf die Berechnung wird an dieser
Stelle nicht näher eingegangen, aber es entspricht der Diffusionsspannung eines einseitig
hochdotierten pn-Übergang, wobei die hochdotierte Seite durch den Gatekontakt mit
Isolator dargestellt wird. Die Lösung für einen n-Halbleiter lautet:
kT ND
ΦB = · ln (3.1)
e ni

wie es sich aus der Vorlesung oder vorhergehender Übung für einen p+ n Übergang ergibt.

3.2.4.5 Ladungsverteilung im MOS-Varaktor


Die Ladungsverteilungen im MOS-Varaktor während der vier Fälle Anreicherung, Flach-
bandfall, Verarmung und Inversion sind in Abb. 3.8 für einen n-MOS-Varaktor schematisch
dargestellt. Es sei angemerkt, dass jede Ladung die sich auf der Gate-Elektrode befin-
det im Siliziumsubstrat und an den Grenzenflächen die jeweilige Gegenladung aufweisen
muss. Es gilt: QG = −QSi .

Text Revision 82
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

UG > 0 V UG = 0 V UG < 0 V UG  0 V

(a) Anreicherung (b) Flachbandfall (c) Verarmung (d) Inversion

Abbildung 3.8: Ladungen im n-MOS-Varaktor bei verschiedenen Spannungen

3.2.5 Das Ersatzschaltbild eines realen MOS-Varaktors


Das kapazitive Verhalten des MOS-Varaktors lässt sich als Kombination dreier verschie-
dener kapazitiver Anteile beschreiben. Zum einen gibt es die Oxidkapazität C ox , die durch
die Schichtenfolge Gate-Oxid-Halbleiter gebildet wird. Diese Kapazität entspricht einem
Plattenkondensator und ist spannungsunabhängig.
∂QG A
C ox = = ε0 εr (3.2)
∂U ox d ox
Die Kapazitäten werden meist als flächenbezogene Größe verrechnet, die hier mit einem
hochgestellten Strich gezeichnet werden sollen (z.B. C 0 ).
1
C 0ox = ε0 εr (3.3)
d ox

Die Änderung der Ladungsverteilung von freien Ladungsträgern und ionisierten Do-
tieratomen im Halbleiter, welche durch die Bandverbiegung eingestellt wird, kann durch
die Halbleiterkapazität C 0Si beschrieben werden.
∂QSi
C 0Si = − (3.4)
∂ΨS
C 0Si beschreibt den Zusammenhang zwischen der Bandverbiegung ΨS , der Dotierung und
der Konzentration der Minoritäts- und Majoritätsladungsträger. Sie stellt im Ersatzschalt-
bild eine Parallelschaltung der Inversionskapazität und Raumladungskapazität dar. Eine
strikte Unterscheidung von Inversionsschicht und Raumladung ist eigentlich nicht mög-
lich, da der Übergang fließend ist und auch in der Inversionsschicht Raumladung existiert.
Der Anstieg der Inversionsladungsträgerkonzentration zur Oberfläche ist jedoch sehr steil

Text Revision 83
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

und für die abstrahierte schaltungstechnische Betrachtung ist die Vorstellung zweier par-
alleler Kapazitäten vorteilhaft. Die Berechnung der Raumladungskapazität erfolgt durch
Integration der Poisson-Gleichung sehr ähnlich wie am pn-Übergang und wird an die-
ser Stelle nicht erläutert. Wie bei der Bandverbiegung ΨS ähnelt sie dem entsprechende
Ausdruck der Sperrschichtkapazität eines einseitig hochdotierten pn-Überganges.
Der dritte kapazitive Anteil berücksichtigt die energetischen Oberflächenzustände
(oder auch Phasengrenzzustände zwischen Oxid- und Halbleiteroberfläche) an der ge-
störten Halbleiteroberfläche. Diese Energiezustände können je nach Bandverbiegung mit
Elektronen besetzt oder unbesetzt sein. Ob ein Zustand mit Elektronen besetzt ist oder
nicht, wird durch die Fermi-Verteilungsfunktion geregelt. In vereinfachter Darstellung
kann man davon ausgehen, dass alle Zustände unterhalb der Fermi-Energie mit Elektro-
nen besetzt sind. Die Zustände über der Fermi-Energie sind unbesetzt. Verbiegen sich nun
die Energiebänder und mit ihnen die Oberflächenzustände, so ändert sich die energetische
Lage der Zustände relativ zur Fermi-Energie, die konstant ist. Dies hat zur Folge, dass
eine Umladung der Zustände erfolgt. Die Ladungsänderung der Oberflächenzustände in
Abhängigkeit von der Änderung der Bandverbiegung wird durch die Umladungskapazität
der Phasengrenzzustände C 0ss beschrieben.

∂Qss
0
Css =− = e Nss(ΨS ) (3.5)
∂ΨS
N ss beschreibt die Dichte der Phasengrenzzustände. Mit Dichte ist dabei sowohl die
Flächendichte als auch die energetische Dichte gemeint, das heißt die Dichte der Pha-
sengrenzzustände auf der Energieskala des Energiebändermodells. Diese Dichte ist im
Allgemeinen nicht konstant, hat also einen Verlauf über der Energie, der so gestaltet
ist, dass ein Minimum in der Mitte der verbotenen Zone vorliegt und der Verlauf zu den
Bandkanten (Valenz- und Leitungsband) hin zunimmt. Die Einheit von N ss wird meist in
1/(eV cm2 ) angegeben. Die Bandverbiegung ΨS wird hier als Potential ausgedrückt und
demzufolge wird mit der Verteilung der Phasengrenzzustandsdichte über dem Potential
gerechnet (Einheit 1/(V cm2 )). Beide Formulierungen entsprechen sich völlig, da 1 eV
der Energie entspricht, die eine Elementarladung beim Durchfallen einer Potentialdiffe-
renz von 1 V aufnimmt oder abgibt. Diese drei bzw. vier kapazitiven Anteile überlagern
sich entsprechend dem Ersatzschaltbild in Abb. 3.9.
1 1
C 0ges = 1 1 = 1 1 (3.6)
C 0ox + C 0Si +C 0ss C 0ox + C 0RLZ +C 0Inv +C 0ss

Der Verlauf der MOS-Kapazität als Funktion der angelegten Spannung U G ist in
Abbildung 3.10 zu sehen. Um aus der Formel für die Gesamtkapazität auf den span-
nungsabhängigen Funktionsverlauf zu schließen, bedarf es einer genaueren und physika-
lisch komplexen Betrachtung. Im Rahmen dieser Veranstaltung ist es uns nicht mög-
lich alle Grundlagen und Prozesse für die exakte Beschreibung des spannungsabhängigen
Verhaltens der MOS-Gesamtkapazität zu erläutern. Es sei an dieser Stelle auf spätere
Lehrveranstaltungen verwiesen.
Wir können uns das Verhalten der spannungsabhängigen Gesamtkapazität aber leicht
vereinfacht erklären.

Text Revision 84
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

C Inv

C ox C RLZ

C ss

Abbildung 3.9: Ersatzschaltbild des realen Varaktors

Im Falle der Akkumulation oder starken Inversion befinden sich die meisten Ladungs-
träger, deren Summe das Komplement zur Gateladung bilden, an der Grenzschicht von
Oxid und Halbleiter. In der Raumladungszone ist ein kleinerer Anteil von Gegenladung,
der aber mit fortschreitender Akkumulation praktisch konstant bleibt CRLZ ≈ 0. Das gilt
auch für die Ladungen in den Oberflächengrenzzuständen bie praktisch konstanter Band-
verbiegung CSS ≈ 0.
Die Inversionsladung hingegen steigt stark bei sehr kleiner Änderung der Bandverbie-
gung, somit ist die Kapazität extrem groß und CInv → ∞. Damit trägt das Halbleiterge-
biet zu einer differentiellen Kapazität nichts bei. Sämtliche Ladungsänderung geschieht
an der Grenzfläche zum Isolator. Differentiell existiert nur eine Kapazität zwischen Gate
und Halbleiter.
Anders gesagt haben die Kapazitäten C Si und C ss keinen Einfluss auf die Gesamtkapa-
zität da schaltungstechnisch betrachtet C Si eine dirkte Verbindung zum Substratanschluss
herstellt. Es verbleibt alleine die Oxidkapazität in der Reihenschaltung der Kapazitäten.
Bei Verarmung oder Inversion befindet sich das Komplement der modulierten Gatela-
dung nicht mehr an der Grenzschicht von Oxid und Halbleiter allein, sondern auch inner-
halb des Halbleiters in der Raumladungszone, die wie die Sperrschicht eine pn-Überganges
moduliert wird. Dies hat zur Folge, dass die beiden Kapazitäten C Si und C ss nicht mehr
vernachlässigt werden können. Ihr Einfluss auf die Gesamtkapazität macht sich durch die
starke Verkleinerung der MOS-Gesamtkapazität bemerkbar.
Verdeutlichen Sie sich die genannten Zusammenhänge und tragen Sie die entspre-
chenden Bereiche in Abbildung 3.10 ein.

Text Revision 85
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

Gate-Source Kapazität C GS [pF] 550

500

450

400

350
−1 0 1 2 3 4
Gate-Source Spannung U GS [V]

Abbildung 3.10: C(V )-Kurve: MOS-Kapazität eines n-Kanal (p−Si) MOSFET als Funkti-
on der angelegten Gate-Spannung. Flachbandspannung des verwendeten MOS-Varaktors
ist 0 V.

3.3 Rechenaufgaben

3.3.1 MOS-Varaktor

Es wird ein n-dotierter MOS-Varaktor mit folgenden Daten angenommen:


N D = 1 · 1015 /cm3 , d ox = 20 nm, AGate = 1 mm2 , U T = kT
e = 25,875 mV.

3.3.1.1. Aus den Daten soll die Oxidkapazität errechnet werden.


Hinweis: ε0 = 8,8543 · 10−14 A s/(V cm), εSiO2 = 3,9, ni = 1,01 · 1010 /cm3
3.3.1.2. Ermitteln Sie nun die flächenbezogene Oxidkapazität des MOS-Varaktors mit
den Grunddaten aus der vorigen Aufgabe

Text Revision 86
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

3.3.1.3. Bestimmen Sie den Wert des Volumenpotentials aus den bekannten Größen.

3.4 Versuch

3.4.1 Labor Messaufbau


Es stehen zur Verfügung:

• steuerbare Gleichspannungsquelle (HAMEG HM 8143 )

• Multimeter (FLUKE 8846 A)

• Oszilloskop

• Funktionsgenerator (HAMEG HM 8150)

• PC mit der Software LabView

• MOS Leistungstransistoren 2SK1058 und J162

Sie können wie gewohnt auf sämtliche Geräte des Arbeitsplatzes zugreifen. Ziel ist
es, die CV-Kennlinie des MOSFETs bei −5. . . 5 V aufzunehmen. Dessen Anschlüsse sind
Abb. 3.11 zu entnehmen. Die HAMEG-Spannungsquelle kann nur positive Spannungen
ausgeben. Damit man für den gesamten Messbereich keine Kabel umstecken muss, kann
der zweite Kanal wie in Abb. 3.11 dargestellt als Gegenspannungsquelle verwendet wer-
den. Stellen Sie dafür am zweiten Kanal eine Spannung von 5 V ein. Alternativ können Sie
auch die Konstantspannungsquelle in der Mitte verwenden, diese stellt standardmäßig 5 V
zur Verfügung. Das LabVIEW Skript muss nun einen Spannungsbereich von 0 V bis 10 V
durchlaufen. Sollte Ihnen dieses Vorgehen unklar sein, zeichnen Sie sich einen Schaltplan
mit den beiden Spannungsquellen.
Der Funktionsgenerator kann sinusförmige Signale verschiedener Frequenz und Amplitu-
de ausgeben. Dessen Signal muss addiert werden. Die Amplitude des Funktionsgenerators
bezeichnet Spitze-Spitze Spannung, also das doppelte einer üblichen Angabe eines Sinus-
signals, da die Angaben bei Signalgeneratoren meist auf 50 Ω Lastwiderstand bezogen
sind und es am Gate deswegen zu einer Spannungsverdopplung kommt.
Die Effektivwertmessung des Wechselstromes erfolgt wie üblich durch das Multimeter.
Es muss unbedingt vermieden werden, das Multimeter zwischen die Laborspannungsquel-
le und den Signalgenerator anzuschließen. Es ergibt sich dann durch Masseverbindungen
ein wesentlich größer Strom, so dass keine CV-Kennlinie aufgenommen werden kann. Die
Anordnung wie in Abb. 3.11 funktioniert. Wählen Sie den kleinsten Strommessbereich
für Wechselstrommessung.

Text Revision 87
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

8 kHz
30 mV

2SK1058|J162
G
0. . . 10 V
S D
5V

Abbildung 3.11: Messaufbau

3.4.1.1 Durchführung des Versuchs


Die DC-Vorspannung bzw. Arbeitspunkt wird von dem HAMEG Netzteil bereitgestellt und
im LabVIEW-Skript konfiguriert. Wegen des Sinussignals kommt es zu einem Stromfluss
Verschiebungsstrom an der MOS-Kapazität. Dieser Wechselstrom wird über das Multi-
meter gemessen und an den Rechner weitergegeben. Der gemessene Strom wird über der
Spannung aufgetragen und in einer Tabelle abgespeichert.
Sie erhalten einen Transistor zur CV-Charakterisierung. In einer ersten Messreihe pro-
bieren Sie vier verschiedene Amplituden von 100 mV bis 2 V bei 10 kHz Frequenz. Nehmen
Sie zusätzlich eine Kennlinie mit 0 mV Amplitude auf. In einer zweiten Messreihe mit einer
Amplitude von 100 mV wählen Sie Frequenzen von 250 Hz bis 16 kHz, dabei jeweils die
Frequenz verdoppeln.

3.4.2 Auswertung
Wenn Sie kein Protokoll anfertigen:

1. Was sind Ihrer Meinung nach die Ziele des Versuchs?

2. Leiten Sie die Formel zwischen dem gemessenen Strom am Multimeter und der
gesuchten differentiellen Kapazität her. Gehen Sie von i(t ) = C ∂ u(t
∂t
)
aus. Achten
Sie dabei darauf, dass das Messgerät den Effektivstrom misst.

3. Berechnen Sie die Kapazitätskurve aus den gemessenen Stromwerten für die Ihrer
Meinung nach besten Parameterkombination und stellen Sie dieses grafisch dar.

4. Kommentieren Sie kurz, ob die Daten Ihres gewählten Experiments den Erwartun-
gen mit Bezug zur Referenz entsprechen. Falls nicht, nennen Sie Abweichungen als
Aufzählung.

Text Revision 88
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

5. Um welchen Dotierungstyp von Substrat handelt es sich?


Wenn Sie ein Protokoll anfertigen:
1. Was sind Ihrer Meinung nach die Ziele des Versuchs?

2. Leiten Sie die Formel zwischen dem gemessenen Strom am Multimeter und der
gesuchten differentiellen Kapazität her. Gehen Sie von i(t ) = C ∂ u(t
∂t
)
aus. Achten
Sie dabei darauf, dass das Messgerät den Effektivstrom misst.

3. Aus der Tabelle mit dem gemessenen Strom können Sie nun die Kapazität des
MOS-Varaktors berechnen. Zeichnen Sie daraus die C(V )-Kurve für alle Experi-
mente. Welcher Verlauf ist Ihrer Meinung der in Hinblick auf die Theorie das beste
Experiment?

4. Zeichnen Sie in die Ihrer Meinung besten C(V )-Kurve die Bereiche Akkumulation,
Verarmung ein.

5. Stellen Sie den gemessenen Stromwert in maximaler Akkumulation als Funktion


der Frequenz dar. Entspricht das Ihrer Erwartung? Welche Frequenz erscheint am
besten zur Messung der Kapazität geeignet?

6. Kommentieren Sie kurz, ob die Daten den Erwartungen mit Bezug zur Theorie
entsprechen. Falls nicht, nennen Sie Abweichungen. Erklären Sie die Unterschiede
der gemessenen Kurven bei verschiedenen Parametern.
Was geschieht bei unterschiedlichen Wechselsignalamplituden?

7. Ermitteln Sie den Dotierungstyp des Substrats mittels der Kurven.

8. Labor-Messaufbau: Wie entsteht die C(V )-Kurve ohne Stimulation?

3.5 Vorbereitungsaufgaben

1. Welche Kennwerte lassen sich mit Hilfe der CV-Kennlinie ermitteln?


2. Welche CV-Messungen werden bei einer differentiellen Kapazität eines Zweipols un-
terschieden?
3. Zeichnen Sie das Energiebändermodell eines p-Substrats in Anreicherung.
4. Zeichnen Sie das Energiebändermodell eines p-Substrats in Verarmung.
5. Zeichnen Sie das Energiebändermodell eines p-Substrats in Inversion.
6. Zeichnen Sie das Energiebändermodell eines p-Substrats im Flachbandfall.
7. Beschreiben Sie die Gleichung der Halbleiterkapazität C 0sc .

Text Revision 89
(482)
HLB-PR Thema 3 - Kapazitätsmessung am MOS-Varaktor

8. Was geschieht bei einer sehr kleinem Wechselsignal zur Kapazitätsmessung?


9. Wird eine Kapazität von ca. 1 nF mit ca. 10 kHz vermessen, verfälscht der Messwi-
derstand des Multimeters von ca. 100 Ω signifikant das Messergebnis?
10. Was geschieht bei einer großen Wechselspannung zur Kapazitätsmessung?
11. Aus welchen Kapazitäten besteht der reale Varaktor und wie lautet die Gleichung?
12. Wie sieht das Ersatzschaltbild eines idealen Varaktors aus?
13. Zeichnen Sie die Ladungsverteilung an einer MOS-Struktur mit p-Substrat bei un-
terschiedlichen Spannungen.
14. Wann kann der MOS-Kondensator als ideal betrachtet werden?

Text Revision 90
(482)
Thema 4
Der MOS-Transistor (MOSFET)

4.1 Einleitung

In diesem Versuch soll der MOS-Feldeffekttransistor untersucht werden. Ein MOSFET


erfüllt schaltende und verstärkende Funktionen wie auch ein Bipolartransistor. Der MOS-
FET nutzt den Feldeffekt um einen leitenden Bereich (Kanal) an der Substratoberfläche
zu erzeugen, um so den Kanalwiderstand und damit den Strom zwischen Source und
Drain zu steuern. Der Feldeffekt wird vom Gate gesteuert und der Widerstand wird in
nichtlinearer Weise mittels der Gatespannung moduliert.
Als praktische Aufgabe sollen Eingangs- bzw. Übertragungskennlinien und das Aus-
gangskennlinienfeld eines MOSFETs gemessen werden. Der Begriff Eingangskennlinie
kommt aus der Schaltungstechnik, da beim Schaltvorgang das Gate umgeladen werden
muss und ein Strom in das Gate fließt. Im stationären Fall fließt idealerweise kein Strom
durch das Gate, daher wird diese Art der Kennlinie auch Übertragungskennlinie genannt.
Es wird hier darauf hingewiesen, dass Übertragungskennlinie und Eingangskennlinie am
MOSFET dasselbe meinen (Ausgangsstrom als Funktion der Eingangsspannung).

4.2 Theorie zum MOS-Transistor

Abb. 4.1 zeigt einen n-Kanal-MOSFET. Ein MOSFET besteht im Kern aus einem MOS-
Varaktor wie er im letzten Versuch ausführlich behandelt wurde. Zusätzlich zu der MOS-
Struktur (Metall, Oxid, Semiconductor) hat der MOSFET aber noch zwei weitere An-
schlüsse, Source und Drain. Ist das Substrat p-dotiert, sind Source und Drain n-dotiert,
und umgekehrt bei n-Substrat sind Source und Drain p-dotiert. Source, Bulk (Substrat)
und Drain bilden zwei gegeneinander geschaltete pn-Übergänge. Zwischen Source und
Drain kann daher kein Strom fließen. Sorgt man allerdings dafür, dass der Bereich un-
ter dem Oxid mit Minoritätsladungsträgern geflutet wird, so dass in dem eigentlich p-
dotierten (Beispiel Abb. 4.1) Bereich mehr Elektronen als Löcher zur Verfügung stehen
(Inversion), dann kann Strom zwischen Source und Drain fließen. Um einen derartigen
Kanal aufzubauen, wird der Feldeffekt ausgenutzt, der im letzten Versuch beim MOS-
Varaktor erklärt wurde. Die Majoritätsträger im Substrat sind in diesem Fall (Abb. 4.1)

91
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

U GS

Gate
Source Drain
SiO2
n−Si n−Si

RLZ U DS

p−Si

Abbildung 4.1: Ausbildung des leitenden Kanals in einem n-Kanal-MOSFET.

die Löcher. Im Gegensatz zum MOS-Varaktor, der nach der Dotierung des Substratma-
terials benannt wird, leitet sich beim MOSFET der Name vom Leitungstyp des Kanals
ab. Aus einem p-MOS-Varaktor entsteht also ein n-(Kanal-)MOSFET. Wird am Gate
eines n-MOSFETs eine positive Spannung angelegt, so werden unter dem Gate-Oxid die
Löcher nahe der Halbleiteroberfläche verarmt. Wird die Gate-Source Spannung noch po-
sitiver, sind irgendwann alle Löcher direkt unter dem Oxid weg und die negativen ortsfes-
ten Dotierstoffatome und mobilen Minoritätsladungsträger müssen die positive Ladungen
auf dem Gate ausgleichen. Wenn die Gate-Source-Spannung den Wert der sogenannten
Schwellenspannung U TH (engl.: threshold) erreicht hat, ist an der Halbleiteroberfläche
die Bedingung für starke Inversion erreicht ΨS > 2ΦB . Die Bedingung ΨS = 2ΦB bezeich-
net klassische starke Inversion, die jedoch bereits für eine Gatespannung unterhalb von
U TH erreicht wird. Erhöht man beim n-MOSFET die Spannung U GS weiter, so werden
zusätzliche Elektronen nahe der Oberfläche des Halbleiters generiert und bilden einen
leitfähigen Kanal zwischen den n-dotierten Source- und Drain-Gebieten. Diese einfache
Beschreibung gilt nur für eine geringe Drain-Source-Spannung. Wie sich der Kanal bei
höherem U DS verändert folgt in Kap. 4.2.2.
Der Strom I D zwischen den Source- und Drain-Inseln (S und D) wird vom Gate-
Kontakt (G) aus über eine dünne dielektrische SiO2 -Schicht (Oxid) kapazitiv gesteuert.
Die Source- und Drain-Gebiete weisen dabei stets einen anderen Leitfähigkeitstyp auf als
das Substrat (Bulk oder Body). Der Gate-Kontakt ist vom Halbleiter durch eine SiO2 -
Isolatorschicht von weniger als 10 nm (typisch einige nm) Dicke getrennt und steuert
mittels Feldeffekt durch Influenz die Leitfähigkeit an der Halbleiteroberfläche zwischen
Source und Drain. Auf diese Weise können von der Source injizierte Ladungsträger als
Majoritätsladungsträger im MOS-Oberflächenkanal (engl.: channel) als Feldstrom ge-
führt und am Drain über eine Raumladungszone (RLZ) hinweg wieder extrahiert werden.
Der S-B-pn-Übergang ist dabei typischerweise spannungslos (Source und Bulk auf dem
selben Potential), der D-B-pn-Übergang in Sperrung gepolt. Die Dichte der influenzier-

Text Revision 92
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

ten Ladungsträger im MOS-Kanal zwischen Source und Drain steuert damit seine elek-
trische Leitfähigkeit und den Spannungsabfall dieses Feldstromes zwischen den Source-
und Drain-Bereichen. Die Steuerung des Gate-Kontaktes ist rein kapazitiv und der Gate-
Strom für niedrige Frequenzen deshalb meist vernachlässigbar. MOS-Transistoren seit
ca. 2005 weisen eine nicht mehr vernachlässigbaren Leckstrom durch das Gate auf, weil
das Gate-Oxid mit einigen Atomlagen sehr dünn ist.

4.2.1 Feldeffekt
Abhängig von der angelegten Spannung sind beim Feldeffekt vier Zustände zu unter-
scheiden, die bereits aus dem vorherigen Versuch bekannt sind: Anreicherung, Flachband,
Verarmung und Inversion. Hier sollen sie anhand der Ladung im Kanalbereich q ch und der
Ladungsträgerdichten im Halbleiter beschrieben werden. Die Angaben der Ladungsträ-
gerkonzentration und der Ladung im Kanalbereich sind jeweils nur in einem Bereich unter
dem Oxid gültig. Im Rest des Substrats wirkt die Steuerung über die Gate-Elektrode
nicht, dort bleiben die Ladungsträgerdichten unverändert. In Tab. 4.1 sind die vier Fälle
für die Raumladung und Ladungsträgerdichten aufgeführt.

Tabelle 4.1: Ladung im Kanalbereich und Ladungsträgerdichten für einen MOSFET mit
p−Si als Substrat (n-MOSFET)

Zustand q ch nn pn
Anreicherung der Majoritätsträ- > 0C < nn0 > p n0
ger (engl.: enhancement)
ni 2
Flachband 0C np0 = NA p p0 = N A
Verarmung der Majoritätsträger < 0C > np0 < p p0
(engl.: depletion)
Inversion (Minoritätsträger  0C  np0  p p0
dominieren) (engl.: inversion) np > pp

Text Revision 93
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

4.2.2 Kennlinien des MOSFETs


Wenn sich ein Kanal ausgebildet hat, kann signifikanter Strom durch den MOSFET flie-
ßen. Dabei fällt eine Spannung über dem Kanal ab und überlagert den Feldeffekt vom
Gate. Der Drainstrom ist deshalb nicht proportional zur Gatespannung und die die Kenn-
linie eines MOSFETs setzt sich aus mehreren Bereichen zusammen, Das ortsabhängige
Potential im Kanal ϕ(y ) unterhalb des Oxids ist auf die Source bezogen und steigt von
0 auf U DS über den gesamten Kanalbereich bis zum Endpunkt L an (U DS = ϕ(L)). In-
nerhalb des Kanals steigt ϕ(y ) und damit sinkt die Differenzspannung UGK zum Gate
auf dem Potential U GS und infolge die influenzierte Ladungsdichte im Kanal.

Die Ausgangskennline des MOSFETs ID(U GS , U DS ) wird in zwei Bereiche unterteilt

linear / parabolischer Bereich


 
W 1
| ID(U GS , U DS ) | = µC ox (U GS − U TH )U DS − U DS 2
(4.1)
L 2

Sättigungsbereich

W1
| ID(U GS ) | = µC ox (U GS − U TH )2 (4.2)
L 2

Die Beweglichkeit µ der Ladungsträger im Inversionskanal und C ox die Kapazität auf


Grund der MOS-Varaktor Struktur beschreiben im Wesentlichen Materialparameter. W
die Weite des Transistors senkrecht zum Stromfluss im Kanal ist eine wichtige Größe für
das Design integrierter Schaltungen.
L beschreibt in der Modellierung die Distanz zwischen Source und Drain und stellt
einen Technologieparameter dar. Wenn Prozessoren mit "gefertigt im 120 nm Prozess"
beworben werden, ist hier traditionell die Gatelänge gemeint. Mit immer kleiner werden-
den Strukturen hat diese Zahl nicht mehr die Bedeutung einer physikalischen Gatelänge.
Ein 7 nm FinFet hat immer noch eine physikalische Gatelänge von ca. 20 nm. Die mate-
rialspezifischen Größen können zu einem Vorfaktor k zusammengefasst werden: k = µC ox

Die einzelnen Bereiche der Kennlinie ergeben sich folgendermaßen aus den Kennlinien:

linearer Bereich Es gilt U DS  U GS − U TH . Aus diesem Grund vereinfacht sich die


Ausgangskennlinie zu einer linearen Funktion:
W
| ID(U GS , U DS ) | = k ((U GS − U TH )U DS ) (4.3)
L
Der Kanal an allen Stellen etwa gleich ausgebildet, der Spannungsabfall im Kanal ist im
Vergleich zu U GS klein und die Ladungsträgerdichte im Kanal ist näherungsweise konstant.
In diesem Kennlinienbereich verhält sich das Bauteil wie ein nur von U GS bestimmter ohm-
scher Widerstand und es gilt, dass I D ∼ U DS ist. Kennlinie, Kanal und Potentialverlauf
ϕ(x ) sind in Abb. 4.2 dargestellt.

Text Revision 94
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

I D [mA] Pinch-Off Parabel G

SiO2
S D
Kanal
Bulk
U GS
ϕ(x )
U GS − U TH

UGK (x 0 )
U DS
U DS [V] x0 x

Abbildung 4.2: MOSFET-Kennlinie in Fett: linearer Bereich, gestrichelt Pinch-Off Parabel

I D [mA] Pinch-Off Parabel G

SiO2
S D
Kanal
Bulk
U GS
ϕ(x )
U GS − U TH
U DS
UGK (x 0 )

U DS [V] x0 x

Abbildung 4.3: MOSFET-Kennlinie: parabolischer Bereich

parabolischer Bereich (Triodenbereich) Es gilt U DS < U GS − U TH . Die Spannung


zwischen Drain und Source ist in der Größenordnung von U GS und die Ladungsträgerdichte
im Kanal sinkt zur Drainseite hin. Je weniger Ladungsträger im Kanal, desto größer wird
der Widerstand - mit steigender Spannung steigt der Strom also immer langsamer. Der
Drainstrom ergibt sich in einem einfachen Leitfähigkeitsmodell zu Gl. 4.4:
 
W 1
|I D | = k · (U GS − U TH )U DS − U DS 2
(4.4)
L 2

Text Revision 95
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

Der Strom steigt in diesem Kennlinienbereich nur noch mit parabolischem Verlauf und
strebt einen Maximalwert an. Die Kennlinie ist in Abb. 4.3 dargestellt1 .

I D [mA] Pinch-Off Parabel G

SiO2
S D
Kanal
Bulk
U GS
ϕ(x )
U GS − U TH U DS
UGK (x 0 )

U DS [V] x0 x

Abbildung 4.4: MOSFET-Kennlinie: Pinch-Off-Punkt

Pinch-Off-Punkt Es gilt U DS = U GS − U TH . Nach der Formel für den parabolischen


Bereich folgt |I D | = 12 k WL ·(U GS −U TH )2 . In diesem Bereich beginnt die Kanalabschnürung.
Direkt am Drain-Gebiet kompensieren sich U DS und U GS − U TH gerade so, dass in dem
Modell keine Ladungsträger zur Verfügung stehen (vgl. Abb. 4.4).
Das bedeutet nicht, dass dort keine Ladungsträger mehr vorhanden sind, sondern
lediglich, dass es um Größenordnungen weniger sind (gemäß Boltzmann-Verteilung). An-
dernfalls wäre kein Stromfluss möglich. Dieser Effekt wird mit Abschnürung (pinch-off)
bezeichnet

Sättigungsbereich Im Sättigungsbereich ist U DS > U GS −U TH . Für diesen Bereich wird


in erster Näherung weiterhin der Zusammenhang |I D | = 21 k WL · (U GS − U TH )2 6= f(U DS )
angenommen. Unter dieser Annahme ist I D nicht mehr von U DS abhängig.
Tatsächlich jedoch dehnt sich der Bereich ohne Kanal (∆L) aus, wenn U DS ansteigt,
Da der Widerstand im abgeschnürten Bereich sehr groß ist, fällt dort nun die zusätzliche
Drainspannung ∆U DS ab (die elektrische Feldstärke in Stromrichtung ist sehr groß). Er-
höht man nun die Drain-Source-Spannung weiter, wird ∆L noch größer und der Strom
I D kann noch wenig ansteigen (siehe folgend unten).
I D bleibt also nur näherungsweise konstant und hängt vor allem von der Gate-Source-
Spannung U GS ab. Der kleine, verbleibende Anstieg der Kennlinie ist allerdings entschei-
dend für die Verstärkung in analogen Schaltungen und für die Schaltgeschwindigkeit in
Logikgattern.
Der absteigende Verlauf für U DS > U GS − U TH ist ein Artefakt aus dem Influenzmodell, wo nach
1

dem Maximalpunkt entgegengesetzte Ladungsträgertypen im Kanal angenommen werden und im Mittel


der Strom sinkt.

Text Revision 96
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

I D [mA] Pinch-Off Parabel G

SiO2
S D
Kanal
Bulk ∆L
U GS
ϕ(x )
∂ϕx U DS
∂x ∼ Ex  0

U GS − U TH
UGK (x 0 )
U DS [V] x0 x

Abbildung 4.5: MOSFET-Kennlinie: Sättigungsbereich

4.2.2.1 Parameter der Kennlinie


Die Kennlinie des MOSFETs außerhalb der Sättigung und über Schwellspannung ist durch
 
W 1
| ID(U GS , U DS ) | = k · (U GS − U TH )U DS − U DS 2
(4.5)
L 2

beschrieben. Der Parameter k (häufig auch β 0 ) ist hierbei abhängig von den material-
spezifischen bzw. Prozessparametern. Für eine flächenunabhängige Darstellung wird an
Stelle von C ox auch die flächenbezogene Kapazität C 0ox genutzt.
1
C 0ox = ε0 εSiO2 (4.6)
d ox
Multipliziert man diese mit der Fläche des Gate (W · L) erhält man die Gatekapazität
des Transistors.

Für die Beschreibung einer MOSFET-Kennlinie sind drei Parameter nötig:

• die Schwellenspannung U TH (ab der es einen vollständig ausgeprägten Inversions-


kanal geben kann)

• der vereinfachte Steilheitsparameter k

• im Sättigungsbereich: der zusätzliche Parameter der Inversionskanallängenmodula-


tion oder auch Kanallängenmodulation genannt λ

4.2.2.2 Die Inversionskanallängenmodulation


Der Begriff der Inversionskanallängenmodulation beschreibt eine Modellierung des Sät-
tigungsverhalten. Langkanalfeldeffekttransistoren und das ideale Modell (Square-Law)

Text Revision 97
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

leiten im Sättigungsbereich einen konstanten Strom, der unabhängig von U DS ist. Kurz-
kanaltransistoren mit Kanallängen kleiner als 1 µm zeigen dagegen einen linearen An-
stieg des Drainstrom mit Drain-Source Spannung. Dieses Verhalten lässt sich durch
die Inversionsbedingung im Kanal erklären. Überschreitet U DS die Sättigungsspannung
U D, sat = U GS − U th so ist die Inversionsbedingung am Drain-Gebiet nicht mehr erfüllt
und die Länge des Inversionskanals nimmt ab. Im Bereich, in dem die Inversionbedin-
gung nicht mehr erfüllt ist, liegen nun deutlich weniger Ladungsträger vor. Über diesen
Kanalbereich fällt die restliche Drain-Source-Spannung ab. Die Spannung, die über dem
Inversionskanal abfällt bleibt jedoch konstant U D, sat (siehe Abb. 4.5). Diese Modulation
beschreibt die Modulation des ohmschen Widerstandes des Inversionskanals. Der An-
stieg der Kennlinie im Sättigungsbereich wird linearisiert durch das oben eingeführte λ
beschrieben. Die Gleichung 4.5 für den Sättigungsbereich erweitert sich zu:
1 W
|I D | = k · (U GS − U TH )2 · (1 + λU DS ) (4.7)
2 L
Stellt man Gl. 4.7 grafisch dar und verlängert den Sättigungsbereich so kann an der
Nullstelle λ bestimmt werden.

I D [mA]

U GS

1
λ
U DS [V]

Abbildung 4.6: MOSFET-Ausgangskennlinienfeld: Extrapolation der Steigung im Sätti-


gungsbereich, bestimmung des Faktors der Inversionlängenmodulation

Typische Werte für λ liegen zwischen 0,033 bis 0,0066 V −1 . Schaltungstechnisch wird
eher der differentielle Ausgangswiderstand genutzt, der das gleiche beschreibt:

∂UDS
rout = rDS ≡ (4.8)
∂ID UDsat

4.2.3 Bauformen
Beim MOS-Feldeffekttransistor (MOSFET) gibt es zwei Grundtypen. Der p-Kanal MOS-
FET, bei dem sich im leitenden Zustand ein leitender Kanal aus Löchern bildet, und ein

Text Revision 98
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

n-Kanal MOSFET, bei dem sich im leitenden Zustand ein Kanal aus Elektronen zwi-
schen Drain und Source bildet. Beide Typen enthalten drei unterschiedlich dotierte Be-
reiche und jeweils zwei pn-Übergänge, von denen wiederum der eine spannungslos und
der andere in Sperrrichtung betrieben wird. Beim MOSFET fließt durch keinen der pn-
Übergänge ein relevanter bipolarer Diodendurchlassstrom. Nur unterhalb von U th gibt es
eine Unterschwellen-Diffusionsstrom.
In den Abbildung 4.7a ist die Eingangs- bzw. Übertragungskennlinien für einen n-
Kanal MOSFET zu sehen. Analog zeigt die Abbildung 4.7b die Eingangs- bzw. Über-
tragungskennlinien eines p-Kanal MOSFETs. Das Ausgangskennlinienfeld eines n-Kanal-
MOSFETs und eines p-Kanal-MOSFETs werden in den Abbildungen 4.7c und 4.7d ge-
zeigt. Wie bereits weiter vorne erläutert wurde, benötigt der traditionelle MOSFET nach
dem Einschalten keinen stationären Eingangsstrom am Gate. Deshalb ergibt eine Ein-
gangskennlinie, in der die Gatespannung U GS mit dem Gatestrom verknüpft wäre, keinen
Sinn. Eingangs- bzw. Übertragungskennlinien verknüpfen daher die Eingangsspannung
mit dem Ausgangsstrom für eine konstante Drain-Source-Spannung.
In Leistungsanwendungen werden überwiegend n-MOSFETs verwendet, da diese eine
bessere Leitfähigkeit und damit weniger Verluste im Bauteil als p-MOSFETs aufweisen.
p-MOSFETs finden sich dennoch in fast jedem integrierten Logik-Schaltkreis wie zum
Beispiel in dem später behandelten CMOS-Inverter (n-MOSFET und p-MOSFET ge-
meinsam) wieder.
Von beiden MOSFET-Typen gibt es zusätzlich noch zwei Formen, die sich in ihrem
Aufbau und in ihren elektrischen Eigenschaften unterscheiden. Zum einen die selbstlei-
tende Form oder Verarmungstyp (engl.: depletion) und zum anderen die selbstsperrende
Form oder Anreicherungstyp (engl.: enhancement). Abb. 4.8 zeigt verschiedene Schalt-
zeichen der beiden Grundtypen mit den beiden Formen. Wie die Namen jeweils verraten,
leitet der selbstleitende Typ ohne anliegende Gate-Spannung, während der selbstsper-
rende Typ bei fehlender Gatespannung sperrt. In der Praxis wird der selbstleitende Typ
nur in Spezialanwendungen verwendet, da seine Ansteuerung durch die benötigte nega-
tive und positive Gate-Spannung wesentlich komplexer ausfällt als beim selbstsperrenden
Typ. Außerdem fallen beim selbstleitenden Typ ständig Durchlassverluste im Bauteil an.
Erzielt wird dieser Effekt der Selbstleitung ohne angelegte Gatespannung durch gezielte
Wahl der Materialien oder Substratdotierung. Darauf wird in dieser Veranstaltung nicht
weiter eingegangen.
Jeder MOS-Transistor verfügt typischerweise über vier Anschlüsse: Gate (Steuerelek-
trode), Source (Ladungsträgerquelle) und Drain (Ladungsträgersenke) und Bulk (Sub-
strat, häufig sind Bulk und Source technologieseitig verbunden). Abb. 4.9 zeigt einen
Querschnitt durch einen n-Kanal- und p-Kanal-MOSFET mit typischer Source-Schaltung
für beide Typen. Hier sind Source und Bulk kurzgeschlossen, wie es bei diskreten Bau-
elementen üblich ist. Das diskrete Bauteil hat daher in der Regel nur 3 Beinchen. Der
Substratanschluss wird nur dann eingezeichnet, wenn er nicht mit der Source kurzge-
schlossen ist.

Text Revision 99
(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

Kennlinien n-MOSFET Kennlinien p-MOSFET

ID U GS
U TH

ID
U TH U GS
(a) Eingangs- bzw. Übertra- (b) Eingangs- bzw. Übertragungs-
gungskennlinie n-MOSFET kennlinie p-MOSFET

ID
U DS

|U GS |
|U GS |

U DS ID
(c) Ausgangskennlinienfeld des (d) Ausgangskennlinienfeld des
n-MOSFET p-MOSFET

Abbildung 4.7: Eingangs- bzw. Übertragungs- und Ausgangskennlinien der selbstsperren-


den MOSFET-Typen.

Text Revision 100


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

nMOS, pMOS, nMOS, pMOS,


selbstsperrend selbstsperrend selbstleitend selbstleitend
(“normally-off“) (“normally-off“) (“normally-on“) (“normally-on“)

D S D S
G G
• DIN-Norm B W B W
(70‘er Jahre?) G G
S D S D

D S D S
• Viele (vorwiegend US)
Textbücher G G G G
(Substrat/Wanne hier
nicht eingezeichnet) S D S D

S/D S/D
• Viele moderne
Textbücher und G
Publikationen
S/D S/D

Abbildung 4.8: Sammlung von Schaltbildern für Transistortypen, historisch hin zu moder-
nen (aus Schaltungstechnik, R. Thewes)

G G
B S D ID B S D ID
SiO2 SiO2
p−Si n−Si n−Si RL n−Si p−Si p−Si RL
U GS U GS
n−Wanne
p−Substrat UB p−Substrat UB

(a) n-Kanal-MOSFET in Source-Schaltung (b) p-Kanal-MOSFET in Source-Schaltung

Abbildung 4.9: Querschnitt durch einen n-Kanal- und p-Kanal-MOSFET. Die Spannungs-
und Strompfeile sind beide Male gleich eingezeichnet. Die Richtungen sind dennoch ent-
gegengesetzt, da die Werte des p-Kanal-MOSFETs ein negatives Vorzeichen haben!

Text Revision 101


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

4.2.4 Datenblatt
An dieser Stelle wollen wir auf die wichtigsten Kenngrößen eines MOSFETs eingehen.
Als Beispiel soll hier der 2N7000 Kleinsignal-MOSFET dienen.
Sucht man einen geeigneten Transistor, richtet man sich in der Praxis häufig nach der
Verfügbarkeit (auch künftige Verfügbarkeit, um die Schaltung später ohne Veränderungen
produzieren zu können), sowie den wichtigsten Parametern eines solchen Bauteils.
Zu diesen gehören die Höchstnennwerte (engl.: maximum ratings). Sie beschreiben
die maximal zulässigen Temperaturen, Leistungen, Spannungen und Ströme denen das
Bauteil ausgesetzt werden sollte, um Schädigungen und oder gar Zerstörungen zu ver-
meiden. Diese Belastungen werden wiederum in dauerhafter und sich nicht wiederholende
Spitzenbelastungen unterschieden.
Der Dauerdurchlassstrom, den das Bauteil aufnehmen kann ohne thermisch beschä-
digt zu werden, ist I D max (ca. 200 mA). Alternativ kann auch die zulässige Verlustleistung
P max oder P D (engl.: power dissipation) herangezogen werden. Die Verluste entstehen
durch den Durchlasswiderstand RDS, on (P D = I D 2 RDS, on ). Der 2N7000 weist einen On-
Widerstand von nominal RDS, on = 3 Ω auf.
Weiterhin ist die maximale Gatespannung U GS,max wichtig (ca. −20. . . 20 V bzw.
−40. . . 40 V gepulst) . Wird diese überschritten, kann das Oxid zerstört werden und
der MOSFET ist dann nicht mehr einsatzfähig. Auch die Drain-Gate und Drain-Source
Spannungen haben eine Grenze von jeweils 60 V. Ab der Schwellenspannung U TH geht das
Bauteil in den leitenden Zustand über (ca. 2 V). Außerdem von Relevanz ist der zuläs-
sige Temperatureinsatzbereich (typischerweise −55. . . 150 ◦C), wobei in Datenblättern
häufig auch die Bauform, die thermischen Widerstände zwischen Bauteil (engl.: junc-
tion - Sperrschicht) und Kühlkörperanschluss (engl.: case) RΘJC und zwischen Sperr-
schicht und Umgebung (engl.: ambient) RΘJA für kühlkörperlose Montage angegeben
sind. Je nach Einsatzgebiet stehen Transistoren mit angepassten Werten zur Verfügung.
Leistungs-MOSFETs beispielsweise können mit deutlich höheren Strömen & Spannungen
umgehen.
Neben diesen gibt es viele weitere Parameter, die für einige Anwendungen relevant
sein können. Insbesondere interessiert im Fehlerfall einer Schaltung oftmals, wie stark
ein Bauteil kurzzeitig belastet werden kann. Auskunft hierüber gibt der maximal gepulste
Drainstrom I DM ((ca. 500 mA), der durch die Temperatur im Bauteil limitiert ist (je
besser die Kühlung, desto höher bzw. länger kann ein solcher Puls ausfallen ohne das
Bauteil zu beschädigen).
Wird aufgrund einer induktiven Last eine Spannungsspitze die U DS übersteigt erzeugt,
so beherrschen einige diskrete MOSFETs einen speziellen Avalanche-Modus (Durchbruch-
betrieb), bei dem ein geringer Strom (I AR , engl.: avalanche current) geführt und peri-
odisch ein Energiebetrag (E AR , engl.: repetitive avalanche energy ) zusätzlich in das Bau-
teil eingebracht werden kann. Vergleichbar ist diese Betriebsart mit einer Zener-Diode bei

Text Revision 102


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

der maximalen Spannung U DS .

4.3 Versuch

Der praktische Teil dieses Labortermins besteht in der Messung der zwei wichtigsten
Gleichstromkennlinien und das Kennenlernen eines für den praktischen Schaltungsentwurf
sehr wichtigen Effektes der Kennlinienverschiebung durch Ansteuerung vom Substrat. Alle
Untersuchungen werden an einem n-MOSFET vorgenommen.

4.3.1 Labor-Messaufbau
Für die Messung verwenden wir einen CD4007UBE IC. Dabei handelt es sich um einen
14-poligen Dual-Inline (DIL) IC mit zwei komplementären MOSFET Paaren mit sepa-
ratem Substratanschluss sowie einem CMOS-Inverter. Die PIN-Belegung entnehmen sie
dem Datenblatt. Wir verwenden den mittleren n-FET Transistor mit zugänglichem Sub-
stratanschluss. Im Labor vermessen wir zusätzlich zu den Kennlinien qualitativ den in der
späteren Entwurfspraxis wichtigen Einfluss der Substratspannung auf die Bauelement-
charakteristik.
Es stehen zur Verfügung:

• Netzteil HAMEG HM8143

• Digitalmultimeter FLUKE 8846A

• IC HEF4007UBP auf der vorbereiteten Platine mit einem Inverter und zwei n-MOS
und p-MOS Einzeltransistoren.

• PC mit LabVIEW-Skript

• Leitungen mit Bananenstecker

• Hirschmann-Klemmen

Bei allen Kennlinien fungiert eine Spannung als Parameter, während eine weitere Mess-
variable ist. Mit dem Digitalmultimeter wird der Drainstrom gemessen. Über dem Mess-
gerät fällt bei der Strommessung etwas Spannung ab, so dass ein systematischer Fehler
entsteht, der vor allem im Triodenbereich relevant ist. Wie bei der Diodenkennlinie können
Sie den Fehler mittels der Sense-Eingänge eliminieren.

4.3.1.1 Konfiguration für die Übertragungs- und Ausgangskennlinie


Die Anschlüsse zur Vermessung für Übertragungs- und Ausgangskennlinie sind identisch,
allerdings vertauschen Parameter und Messvariable die Rollen.

Text Revision 103


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

Aufgabe: Skizzieren Sie den Messaufbau, und bauen Sie ohne Einschalten der Spannung
den Versuch auf. Benennen Sie jeweils Parameter und Messvariable. Entnehmen Sie dem
Datenblatt die korrekten Anschlüsse des mittleren n-MOSFETs. Per Konvention benutzen
Sie bitte die rechte Spannungsquelle für den Drainanschluss.
Wo müssen Sie die Sense-Eingänge anschließen?
Schließen Sie Substrat und Source zusammen. Zum Schutz des Bauelements wählen
Sie die kleinst mögliche Compliance für den Gatestrom und 10 mA für den Drainstrom
in LabVIEW.

4.3.1.2 Vermessung der Übertragungskennlinie


Die elektrischen Anschlüsse bleiben gleich. Welche Spannung ist nun Parameter und wel-
che Variable? Führen Sie die Messung der Kennlinie mit drei festen Drainspannungen im
Bereich von von 1. . . 7 V durch, wobei die variable Gatespannung maximal 7 V erreichen
darf.
Probieren Sie mit den Drainspannungen herum, bis Sie drei gut unterscheidbare Kurven
haben. Identifizieren Sie jeweils den parabolischen und Sättigungsbereich.

Für eine der Drainspannungen wiederholen Sie den Versuch mit Vertauschen von Drain
und Source. Vergessen Sie nicht den Substratanschluss.

Frage: Unterscheiden sich die Kurven mit und ohne Vertauschen?


Speichern Sie jeweils die Daten.

4.3.1.3 Vermessung der Ausgangskennlinie


Führen Sie die Messung der Kennlinie mit 5 Gatespannungen im Bereich von 0. . . 5 V
durch. Die Drainspannung sollte im Bereich von 0. . . 10 V variieren, wobei Sie durch Pro-
bieren eine sinnvolle Anzahl von Messpunkten ermitteln. Identifizieren Sie jeweils den
parabolischen und Sättigungsbereich.

Speichern Sie jeweils die Daten.

4.3.1.4 Konfiguration für Vermessung in Diodenschaltung


In diesem Versuch soll der Einfluss der Substratspannung demonstriert werden. Lab-
VIEW wird dazu nicht benötigt. In Diodenschaltung werden Gate und Drain zusammen-
geschlossen, damit ist der Transistor sicher in Sättigung. Schließen Sie den gemeinsamen
Gate/Drainanschluss an die rechte Spannungsquelle, setzen Sie die Compliance auf 6 mA
und die Spannung auf 7 V. Jetzt wird die Spannungsquelle als eine langsam regelnde
Stromquelle benutzt, der Strom wird durch Anpassen der Spannung and Gate und Drain
auf 5 mA festgehalten. Zur besseren Spannungsmessung messen Sie mit dem Multimeter
in der Messart Gleichspannung die Gate-Source Spannung im 10 V Messbereich.

Text Revision 104


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

Schließen Sie die linke Spannungsquelle zwischen Source (positiv) und Substrat an,
so dass sich die Source-Substrat np-Diode in Sperrung betrieben werden kann. Stellen
Sie eine Compliance von 5 mA ein.

4.3.1.5 Qualitative Untersuchung des Substratsteuereffektes (Body-


Effekt)
Verändern Sie nun die Spannung an der linken Spannungsquelle im Bereich von 0. . . 3 V
und beobachten Sie die Gatespannung.

Frage: Was beobachten Sie? Notieren Sie die Abweichung der Gatespannung.

Der Drainstrom
W1
ID(U GS ) = µC ox (U GS − U TH )2
L 2
ist fixiert. Fragen:

• Welcher Parameter ändert sich also in der Kennliniengleichung, so dass der Strom
trotz beobachteter Änderung der Gatespannung sich nicht ändert?

• Überlegen Sie, warum es im integrierten Schaltungsentwurf wichtig ist, das Substrat


geeignet anzuschließen bzw. warum bei diskreten n-MOS Transistoren Source und
Substrat fast immer kurzgeschlossen sind.

• Wo müssen Sie die Source eines p-MOS Transistors anschließen in einer CMOS
Technologie (siehe Vorlesung), um den Substratsteuereffekt zu vermeiden?

• Wenn anstelle des Einprägen des Stromes die Drain/Gatespannung in üblicher Wei-
se konstant gehalten wird, was erwarten Sie für das Verhalten des Stromes bei
Erhöhung der Substratspannung?

4.3.1.6 Auswertung der Kennlinien


Wenn Sie kein Protokoll anfertigen:

1. Stellen Sie beide Kennlinien grafisch dar.

2. Kennzeichen Sie jeweils den linearen Teil und das Sättigungsgebiet und markieren
Sie die Schwellenspannung in der Übertragungskennlinie.

3. Wie verändert sich qualitativ die Gatespannung mit zunehmender Sperrspannung


des Source-Substrat Übergangs?

4. Kommentieren Sie kurz, ob die Daten Ihres Experiments den Erwartungen entspre-
chen.

Wenn Sie ein Protokoll anfertigen:

Text Revision 105


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

1. Einleitung

• kurze Einführung in die Thematik


• Beschreiben Sie, was Ihrer Meinung nach die Ziele des Versuchs sind.

2. Versuch

• jeweils Versuchsaufbau und -durchführung (Anschlüsse). Erläutern sie den sys-


tematischen Fehler durch die Strommessung mit dem Multimeter.
• Plot der aufgenommenen Übertragungskennlinien des MOSFETs in einem Dia-
gramm mit Angabe der Variablen- und Parameterwerte. Benennen Sie die ver-
schiedenen Arbeitsbereiche des Transistors in Ihrer Darstellung.
Zusatz: gemeinsame Parabel einzeichnen, Bereiche an einer Kennlinie kenn-
zeichnen
• Plot der aufgenommenen Ausgangskennlinien in einem Diagramm mit Angabe
der Variablen- und Parameterwerte. Benennen Sie die verschiedenen Arbeits-
bereiche des Transistors in Ihrer Darstellung.
Zusatz: Ortskurve der Pinch-off-Punkte einzeichnen, Bereiche kennzeichnen
• Eine Tabelle mit mindestens drei Werteapaaren Substratspannung und Ände-
rung der gemessenen Gatespannung

3. Auswertung

• Wurzel der Übertragungskennlinien mit dem größten Strom auftragen und mit
der Theorie vergleichen. Daraus U th abschätzen
• Gibt es in den Darstellungen Abweichungen von der Theorie?
• Die im Aufgabentext gestellten Fragen beantworten.

4. Zusammenfassung

• Wurden die Versuchsziele erreicht?


• Welche Probleme traten auf?
• Gab es Unterschiede zwischen Theorie und Praxis?

4.4 Vorbereitungsaufgaben

1. Welche MOS-Transistortypen kommen heute in der CMOS Technologie zum Einsatz?


Zeichnen Sie die Schaltzeichen der beiden Typen, wie sie heute im überwiegenden Teil
der Literatur zu finden sind.

Text Revision 106


(740)
HLB-PR Thema 4 - Der MOS-Transistor (MOSFET)

2. Nennen Sie die vier (bzw. fünf) Zustände des Feldeffekts (vgl. Versuch zum MOS-
Varaktor). Ab welchem Punkt ist der Kanal gut leitfähig? Welcher Gate-Source-Spannung
entspricht das?
3. Wie lautet die Formel der MOSFET-Kennlinie ID(U GS , U DS ) für den parabolischen
Bereich?
4. Zeichnen Sie die Eingangs- bzw. die Übertragungskennlinie eines n-Kanal-MOSFET.
5. Zeichnen Sie das Ausgangskennlinienfeld eines n-Kanal-MOSFET mit Beschriftung
und dem entsprechendem Parameter.
6. Nennen Sie die Parameter, die für die Beschreibung der MOSFET-Kennlinie nötig sind.
Welche davon sind Materialgrößen, welche sind Technologieparameter und welche sind
Designparameter im Schaltungsentwurf? Welchen Einfluss haben sie auf die Kennlinie?

Text Revision 107


(740)
Thema 5
Der Bipolartransistor

5.1 Einleitung

In diesem Versuch soll der Bipolartransistor untersucht werden. Ein Bipolartransistor über-
nimmt sowohl schaltende als auch verstärkende Funktionen. Kennengelernt haben wir so
etwas schon beim MOSFET im letzten Versuch.
Historisch gesehen ist der Bipolartransistor das ältere realisierte Bauteil. Das Konzept
des MOSFETs wurde zwar schon früh vorgestellt, scheiterte jedoch lange an der Um-
setzung (isolierendes Gate). Der Bipolartransistor wurde erstmals durch Bell Labs unter
der Leitung von W. Shockley von John Bardeen and Walter Brattain demonstriert, ein
Nachbau ist in Abb.5.1 zusehen1 . Diese Entwicklung wird oft als Beginn der modernen
Elektronik bezeichnet. Aufgebaut wird der Bipolartransistor aus den drei unterschiedliche
dotierten Gebieten: Emitter, Basis und Kollektor. Sie werden so strukturiert, dass die Ba-
sis zwischen Emitter und Kollektor liegt. Die Bezeichnung npn- & pnp-Transistor kommt
durch die Dotierung der Schichten. Für einen npn-Transistor sind Emitter und Kollektor
n dotiert und die Basis ist ist p dotiert. Das ist prinzipiell bei einem MOS-Transistor
genauso, aber es fehlt ein Gate und die Schichtfolge ist vertikal, um eine schmale Basis
ohne Lithografie erzeugen zu können. Die Anwendung ist der des MOS-Transistor in vie-
len Aspekten der analogen Anwendungen verwandt, die physikalischen Prozesse dahinter
sind jedoch andere. Über eine Steuerspannung an der Basis wird der Strom zwischen
Emitter und Kollektor mittels eines Steuerstromes an der Basis moduliert. Die Kennlinie
ist exponentiell und damit deutlich steiler als die eines MOS-Transistors.
Beim MOS-Transistor ist das Gate die Steuerelektrode und moduliert (gleich)stromlos
den Strom zwischen Source und Drain. Die Kennlinie ist parabolisch.
Bipolartransistoren wurden durch den MOS-Transistor in vielen Anwendungen ver-
drängt. In der Audioverstärkung und Messtechnik werden noch Bipolartransistoren ver-
wendet, da sie ohne das rauschbehaftete Gate auskommen. Andere Bereiche in denen sie
noch zum Einsatz kommen sind Anwendungen aus der Hochfrequenztechnik wie z.B. op-
toelektronische oder Radaranwendungen, da sie in der speziellen Bauformen des Hetero-
Junction-Bipolar Transistors mit ihren hohen Transitfrequenzen bei vergleichsweise hoher
Leistung im Vorteil sind. Einige MOS-Transistoren sind ähnlich schnell, können aber nur
wenig Leistung generieren.
1
Das ist eine Vorstufe der planaren Bauform mit Metall-Halbleiterkontakten. Die planare Bauform mit
pn-Übergängen wurde etwas später gleichzeitig in den USA und Frankreich entwickelt.

108
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Abbildung 5.1: Nachbau des Bipolartransistor-Prototypen aus den Bell Labs. Quelle:
Science & Society Interfoto

Als praktische Aufgabe sollen die Eingangs- und Ausgangskennlinien in Emitter- und
Basisschaltung aufgenommen werden. Aus diesen Kennlinien sollen dann wesentliche Pa-
rameter des Transistors bestimmt und diskutiert werden. Zur Verdeutlichung der Asym-
metrie des Bauteils werden in der Emitterschaltung Emitter und Kollektor vertauscht.
Die exponentielle Abhängigkeit des Diodenstromes von der Temperatur wird mittelbar
als Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitterspannung untersucht.

5.2 Theorie zum Bipolartransistor

Der Bipolartransistor besteht aus Emitter, Basis und Kollektor. Diese sind abwechselnd
n oder p dotiert und erzeugen so zwei pn-Übergänge. Die Dotierung wird von Emitter
zu Kollektor schwächer und die Basisweite wird so gewählt, dass sie viel kleiner als die
Diffusionslänge der Minoritätsladungsträger in der Basis ist. Durch zwei diskrete Dioden
auf einer Leiterplatte kann kein Transistoreffekt d.h. Verstärkung realisiert werden. Um
das zu verstehen, muss man den Wirkungsmechanismus verstehen. Minoritätsladungs-
träger werden durch die in Durchlassrichtung gepolte Emitter-Basis Diode in die Basis
injiziert. Hier diffundieren sie in der Raumladungszone (RLZ) überwiegend zu der nahe
gelegenen und in Sperrrichtung gepolten Basis-Kollektor Diode. Am Rand der Raumla-

Text Revision 109


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

dungszone werden die Minoritästsladungsträger schließlich durch das Feld in der RLZ in
Richtung Kollektor beschleunigt und auf der anderen Seite zu Majoritätsladungsträgern.
Die Diffusion über einen Kontakt ist nicht möglich, da am Kontakt die injizierten Minori-
tätsladungsträger rekombinieren und somit nicht direkt in den Kollektor gelangen können.
In der Ersatzschaltung mittels zweier Dioden wäre dann die Basis-Kollektordiode einfach
nur eine Diode in Sperrbetrieb. Ein kleiner Teil des Emitter-Basis Dioden Durchlassstro-
mes fließt in die Basis zum Basiskontakt. Dieser Strom ist dem größeren Kollektorstrom
proportional, so dass bezogen auf den Emitter-Basisstrom eine Stromsteuerung vorliegt.
Diese Sichtweise ist in der Darstellung der Kennlinien von Vorteil.
Eine schematische Vereinfachung dieser Struktur und das dazugehörigen Schaltzei-
chen sind in Abb. 5.1 dargestellt. Die reale Umsetzung von Bipolartransistoren erfolgt
entweder in Planartechnologie oder, besonders in Silizium-fernen Technologien, in der
sogenannten Mesa-Technologie. In letzterer werden verschiedene Schichten, häufig auch
mit unterschiedlichen Bandlücken (hetero), übereinander auf dem Substrat abgeschieden
und später zum (Hetero)Bipolartransistor strukturiert. Dies steht im direkten Kontrast
zu Planartechnologie, bei der die Funktion durch Implantation im Substrat entsteht. He-
terostrukturen und Mesa-Technologien führen über diese Lehrveranstaltung hinaus.

5.2.1 Der Unterschied zwischen MOS- und Bipolar-Tran-


sistor
Der Unterschied zwischen stromgesteuertem Bipolar- und spannungsgesteuertem MOS-
Transistor ist wie folgt zu beschreiben: Beim Bipolartransistor fließt durch den mittleren
Bereich zwischen den zwei pn-Übergängen ein Diffusionsstrom der Minoritätsträger, des-
sen Steuerung über den Trägerrückfluss des anderen Trägertyps aus der Basis in den
Emitter bzw. über die ihnen gemeine Basis-Emitterspannung erfolgt. Anders gesagt, wird
die Potentialbarriere über dem pn-Übergang in Form der Diffusionsspannung abgesenkt,
was den normalen Diodendiffusionsstrom zur Folge hat. Der größte Teile des Diffusionss-
tromes fließt zum in Sperrichtung gepolten Kollektor. Die Potentialbarriere eines jeden
pn-Überganges kann nicht beliebig abgebaut werden, da unmittelbar ein exponentieller
Stromanstieg folgt und Zuleitungswiderstände den Strom begrenzen (bipolare Arbeits-
weise).
Beim MOS-Transistor hingegen wird die Potentialbarriere lokal der pn-Übergänge lo-
kal durch das elektrische Feld über das Gate abgesenkt. Diese Form der Absenkung der
Potentialbarriere ist stromlos und damit kann sie viel stärker ausgeführt werden. An der
Oberfläche fließen Majoritätsladungsträger der Source über die abgesenkte Potentialbar-
riere und es bildet sich überall, wo die Barriere ausreichend abgesenkt ist, ein Inversions-
kanal bestehend aus Minoritätsladungsträgern der Basis aus. So lange der Bereich von
Source zu Drain stark invertiert ist, kann wie in einem ohmschen Widerstand ein Feld-
strom fließen, der hinsichtlich seiner Stromdichte durch die Influenz der Gate-Elektrode
bestimmt wird. 1
Bei einer schwachen Absenkung der Potentialbarriere kommt es zu einem ähnlichen Verhalten wie beim
1

Bipolartransistor, was als Unterschwellbereich bezeichnet wird.

Text Revision 110


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Insofern repräsentiert der Bipolartransistor ein bipolares Bauelement, da er einen bipo-


laren Steuerstom braucht. Der MOS-Transistor hingegen wird als unipolares Bauelement
bezeichnet. In beiden Fällen wird jedoch der Kollektor- bzw. Drainstrom (meist Last-
strom), nur von einem Ladungsträgertyp getragen.
Der MOS-FET braucht bei niedrigen Frequenzen fast keine Ansteuerleistung: Ist er
einmal eingeschaltet fließt ein sehr geringer Strom ins Gate 2 . MOS-Transistoren lassen
sich im Aufbau gut parallelisieren, der Widerstand über dem Bauelement Ron und damit
der Spannungsabfall am Ausgang ist damit ähnlich wie beim Bipolartransistor, der durch
die (exponentielle) bipolare Ladungsträgerinjektion über das gesamte Basisvolumen ohne
Kanalbildung hier prinzipiell im Vorteil ist. Allerdings müssen beim Abschalten die injizier-
ten Ladungen wieder abgebaut werden, während beim MOS-Transistor mittels des Feldes
schnell der Inversionskanal ausgeräumt werden kann. Deshalb haben MOS-Transistoren
in fast allen Bereichen der Elektrotechnik die klassischen Bipolartransistoren verdrängt.

5.2.2 Aufbau und Schaltzeichen

Abbildung 5.2: Bipolartransistor mit seinen komplementären Bauformen in Basisschal-


tung. Schaltungsymbole und Basis-Schaltung mit Spannungen und Strömen (Hinweis:
der Pfeil im Transistor-Symbol zeigt stets in die positive Stromrichtung (+ → −)

Die Schaltzeichen der pnp und npn Transistoren, sind sehr ähnlich, sie unterscheiden
sich lediglich in der Richtung des Pfeils am Emitter. Ein Merkspruch zur Identifizierung
ist "Pfeil-Nach-Platte", zeigt der Pfeil am Emitter auf die Basis handelt es sich hierbei
um einen pnp-Transistor. Oder man orientiert sich an der Emitter-Basis Diode, die im
Normalbetrieb in Durchlassrichtung gepolt ist. Im Falle eines pnp-Transistors zeigt die-
se auf die Basis (n-dotiert). Für einen npn-Transistor zeigt die Diode in Richtung des
Emitters.
In den Querschnitten, dargestellt in Abb. 5.3, werden die wesentlichen Merkmale des
Aufbaus ersichtlich. Die Basis am pnp-Übergang ist moderat dotiert und dünn gewählt
2
In sehr modernen Technologien ist dieser nicht mehr zu vernachlässigen.

Text Revision 111


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

E B C C B E B
p+
p+ n+ p+ n

p+ p
n
p+
p Substrat

pnp pnp

(a) (b)

Abbildung 5.3: Links (a) ein pnp-Bipolartransistor in Planartechnologie, rechts (b) in


Mesa-Technologie. Graustufen stellen Dotierstoffkonzentration dar.

(typischerweise WBB  1µm). WBB bezeichnet dabei die metallurgische Basisweite. In


späteren Betrachtungen wird klar, dass im Betrieb die Basisweite nicht mehr WBB ent-
spricht, sondern sich mit den Potentialen an dem Bauteil ändert.
In der Darstellung des pnp-Transistors in Planartechnologie (a) werden die Gebiete
durch Ionenimplantation erzeugt. Wie in Abbildung zu erkennen, ist die Basisweite in die
Tiefe und somit nicht auf laterale Strukturierung angewiesen. Die Schichtenfolge in die
Tiefe kann durch Ionenimplantation viel einfacher kontrolliert werden. Deshalb hatten
Bipolartransistoren für lange Zeit einen Geschwindigkeitsvorteil.
Im Gebiet des Kollektor wird für die Anwendung in integrierten Schaltkreisen zusätzlich
ein hoch dotiertes Gebiet eingebracht um einen niederohmigen Pfad zum Kollektorter-
minal zu ermöglichen. Für diskrete Bauteile kann der Kollektor auch auf der Rückseite
des Substrats kontaktiert werden. Die gestrichelten Rechtecke in den Querschnitten sol-
len den Bereich kennzeichnen, in dem sich der Bipolartransistor in quasi-eindimensionaler
Weise ausbildet.
In Mesa-Technologien (b) werden die Schichten durch epitaktisches Wachstum über-
einander, in der gewünschten Dicke, aufgebracht und mittels Ätzschritten strukturiert.
Die Dotierung wird direkt beim Wachstum eingestellt. Fortgeschrittene Planartechnolo-
gien machen sich ebenfalls Epitaxie zur Fertigung von Bipolartransistoren zunutze.

5.2.3 Funktionsweise
Bevor sich der mathematischen Beschreibung des Bipolartransistors gewidmet wird, sol-
len an dieser Stelle das Funktionsprinzip dargestellt werden. Für Beispiele wird hier der
pnp-Transistor herangezogen. Wie aus dem Abschnitt 5.2.2 bekannt, besteht der Bi-
polartransistor aus zwei unsymmetrischen pn-Übergängen. Der Emitter ist am stärksten
dotiert und die der Kollektor am schwächsten. Die Basisweite soll wesentlich kleiner ange-
nommen werden als die Diffusionslänge der Minoritätsladungsträger in der Basis. Damit
ist die Rekombination in der Basis gering. Im thermodynamischen Gleichgewicht kommt
es zu keinem Stromfluss über einen pn-Übergang, das interne elektrische Feld verhindert
die Diffusion der Ladungsträger.

Text Revision 112


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Die Transistorfunktion entsteht, wenn von außen nun Potentiale an die Kontakte
angelegt werden. Man unterscheidet dabei drei verschiedene Arbeitsbereiche des Transis-
tors. Der Transistor sperrt bzw. arbeitet im Cut-Off Bereich, wenn beide pn-Übergänge
in Sperrrichtung gepolt sind. Für den pnp-Transistor bedeutet das, dass am Emitter und
Kollektor ein kleineres Potential anliegt als an der Basis. Hierdurch werden die Minoritäts-
ladungsträgerkonzentrationen an beiden pn-Übergängen abgesenkt und es fließt jeweils
der Sperrsättigungsstrom der pn-Übergänge.
Der Transistor ist im Sättigungsbetrieb wenn beide pn-Übergänge in Durchlassrich-
tung betrieben werden. Am pnp-Transistor liegen dann an Emitter und Kollektor größere
Potentiale als an der Basis an. Gemäß der Boltzmannfaktoren werden die Minoritätsla-
dungsträgerkonzentrationen an den Raumladungszonengrenzen exponentiell angehoben
und die Basis enthält sehr viele Ladungsträger. Sämtlicher Strom fließt über den Basis-
kontakt.
Der wichtigste und für Anwendungen relevante Betriebsbereich ist der sogenannte
aktive Bereich. Dieser liegt vor, wenn die Emitter-Basis Diode in Vorwärts- und die Basis-
Kollektor Diode in Sperrrichtung betrieben werden. Die Injektion von Elektronen aus der
Basis in den Emitter ruft eine große Injektion von Löchern in die Basis hervor. Die Mi-
noritätsladungsträgerkonzentration am Emitter-Basis Übergang wird angehoben. Auf der
anderen Seite wird die Anzahl der Minoritätsladungsträger am Basis-Kollektor Übergang
abgesenkt. Im Gegensatz zu einer Diode gibt es nun zwei Senken: den Basiskontakt und
den in Sperrrichtung gepolten Kollektor. Der Kollektor ist konstruktiv viel näher an der
Basis als der Basiskontakt und damit attraktiver.
Es stellt sich ein starkes Konzentrationsgefälle der Minoritätsladungsträger in der Basis
ein und folglich ein großer Diffusionsstrom vom Emitter zum Kollektor (siehe Vorlesung,
Diffusionsdreieck). Der Sperrstrom des Basis-Kollektor Übergangs ist nahezu konstant.
Dazu kommt der Strom vom Emitter durch eine erhöhte Injektion am Emitter-Basis
Übergang, die von der Emitter-Basis Spannung über den Boltzmannfaktor eingestellt
wird (Transistorfunktion).
Durch die hohe Ladungsträgerinjektion kann der Bipolartransistor auch große Ströme
tragen und wurde deshalb auch als Schalter verwendet. Allerdings sind die injizierten
Ladungsträger ein Problem beim Abschalten. Mittlerweile gibt es MOS-Transistoren, die
hohe Ströme schalten können. Für noch höhere Leistungen gibt es andere Bauelemente,
die MOS- und Bipolartransistor vereinen.
Um diese Überlegungen zu vertiefen und Stromgleichungen berechnen zu können,
müssen die jeweiligen Stromanteile genauer betrachtet werden. Als Grundlage dient die
Basisschaltung, da an ihr die wichtigsten Phänomene diskutiert werden können und diese
Erkenntnisse auf die wichtige Emitterschaltung übertragen werden können.
Generell werden Bipolartransistorschaltungen nach dem gemeinsamen Bezugpotential
benannt, bei der Basisschaltung werden Emitter- und Kollektorpotential auf das Basis-
potential bezogen. Abb. 5.4 zeigt die Stromanteile für einen pnp-Transistor im aktiven
Betrieb in der Basisschaltung. Die Basis liefert hier alle notwendigen Ströme um die
Transistorfunktion aufrecht zu halten. IBE liefert die Elektronen, die wegen der Vorwärts-
polung des Basis-Emitter Übergangs in den Emitter injiziert werden. Wegen der höheren
Dotierung des Emitters erfolgt umgekehrt eine große Injektion von Löchern in die Basis.
IBB beschreibt Elektronen, die bei Rekombinationsprozessen von Löchern und Elektronen

Text Revision 113


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Emitter Basis Kollektor


p+ n p

αIE
IE IC
IBB

IBC0
IBE
00 0
0 0 wB 0
IB

Abbildung 5.4: pnp-Kastenmodell zeigt Stromanteile eines Bipolartransistors in Basis-


schaltung

in der Basis verloren gehen. Ideale Bipolartransistoren haben keine Rekombinationsver-


luste in der Basis. Wenn keine Rekombinationsverluste vorliegen, findet sich der injizierte
Emitterstrom vollständig am Kollektor wieder. IBC0 ist den beiden vorherigen Strömen in
der Basis entgegen gerichtet und speist sich aus dem Sperrsättigungsstrom des Basis-
Kollektor Übergangs.

5.2.4 Bestimmung der Stromgleichungen


Aus dieser Betrachtung der Ströme lässt sich allgemein für den Kollektorstrom folgende
Gleichung aufstellen.
IC = αIE + IBC0 (5.1)
Die Verstärkung α ist die Stromverstärkung der Basisschaltung und kann maximal den
Wert eins annehmen. Sie ist das Produkt aus Transportfaktor αT , der die Rekombinati-
onsverluste beim Transport durch die Basis beschreibt, sowie γ dem Emitterwirkungsgrad,
der die Effektivität der Injektion von Minoritätsladungsträgern vom Emitter in die Basis
beschreibt. Ziel ist es αT und γ als mit Material- und Technologiegrößen auszudrücken.
Hier hilft es, sich die Eingangs und Ausgangsgrößen der Basisschaltung zu vergegenwär-
tigen und zu überlegen, aus welchen Strömen sich die Parameter zusammensetzen. Der
Emitterstrom ist der Eingangsstrom und der Kollektorstrom der Ausgangsstrom. Der Ba-
sisstrom sollte Anteile sowohl beim Ladungstransport αT als auch der Injektion γ haben.
Zur Bestimmung der beiden Parameter müssen formale Ausdrücke für den Emitter- und
Basisstrom gefunden werden.
Die Berechnung der Ströme wird analog zur Diode auf die Minoritätsladungsdichten an
den Raumladungszonenrändern als Randbedingung zurückgeführt. Die Stromberechnung
erfolgt mittels der Lösung der stationären Diffusionsgleichungen beider pn-Übergänge un-
ter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungen gelöst. Dies wird hier exemplarisch
in fünf Schritten für den Emitterstrom dargestellt. Zur Vereinfachung der Ergebnisse,

Text Revision 114


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

wird ein Emitter mit einer sehr viel größeren Ausdehnung als Diffusionslänge der Mi-
noritäatsladungsträger angenommen. Davon kann man in der Realität nicht ausgehen.

p + -Emitter n-Basis p-Emitter

pB (0) 0
nC (0 )
00
nE (0 )
nC,0

pB,0 pB (wB )
nE,0

00 00 0 0
x 0 0 wB 0 x

Sättigung Cut-Off aktiver Bereich


Abbildung 5.5: Minoritätsladungsträger in den drei Gebieten eines idealen pnp-Transistors.

Der Ansatz für den Emitterstrom unterscheidet sich nicht von der Berechnung des
Stroms über einen pn-Übergang und es werden die selben Annahmen getroffen. Der
Emitterstrom setzt sich aus dem Löcher- und Elektronenstrom an der Emitter-Basis-
RLZ zusammen. Zu seiner Bestimmung muss:
• die Diffusionsgleichung der Minoritätsladungsträgerdichte
√ in der Basis gelöst wer-
d 2 ∆pB (x)
den: dx 2 = L2 mit LB = DB τB
∆pB (x)
B

• die allgemeine Lösung der Minoritätsladungsträgerdichte der Basis wird an die


Randbedingungen ∆pB (0) und ∆pB (wB ) (Boltzmann-Faktoren) angepasst

• die Diffusionsgleichung der Minoritätsladungsträgerdichte


√ im Emitter gelöst wer-
d 2 ∆nE (x)
den: dx 2 = L2 mit LE = DE τE .
∆nE (x)
E

• die allgemeine Lösung der Minoritätsladungsträgerdichte des Emitters muss an die


00
Randbedingungen eines einseitig unendlich ausgedehnte Emitters ∆nE (0 ) (Boltzmann-
00
Faktor Emitterseite) und ∆nE (x → −∞) = nE,0 eingesetzt werden. Lösungen dazu
wurden bereits zur Diode erarbeitet.

• mit den errechneten Ladungsträgerprofilen kann nun die Stromgleichung der Mi-
noritätsladungsträger (Diffusionsstrom, Vernachlässigung des Feldstroms) an der
Emitter-Basis RLZ gelöst werden:

00
IE = IEp (0) + IEn (0 ) (5.2)

d∆pB d∆nE
IE = −qADB |x=0 − qADE | 00 (5.3)
dx dx 00 x =0

Text Revision 115


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Diese Schritte gelten entsprechen auch auf den Kollektor.


Beim idealen Transistor wird für die Basis angenommen, dass die Lösung der Diffusi-
onsgleichung auf eine lineare Funktion führt. Dies ist dann die Approximation mittels
Diffusionsdreieck aus der Vorlesung.
 
∆pB (0) − ∆pB (wB )
∆pB (x) = − x + ∆pB (0) (5.4)
wB
Aus dieser Geradengleichung ist die Steigung der Minoritätsladungsträgerkonzentration
(p) an den RLZ-Grenzen in der Basis ablesbar und vereinfacht die Lösung der Strom-
gleichungen. Bei schon geringen Sperrspannungen am Basis-Kollektor Übergang gilt:
∆pB (wB ) ≈ 0 und das Diffusionsdreieck ist einfach zu berechnen.
Es bietet sich an, den Basisstrom als die Differenz zwischen Emitter- und Kollektor-
strom (gemäß Knotenregel) zu berechnen:

IB = IE − IC (5.5)

Die Ströme ergeben sich gemäß Gl. 5.6 - 5.8. Die Gleichungen gelten für die drei Be-
reiche Cut-Off, Sättigung und den aktiven Bereich. Sie können analog auch auf den
npn-Transistor angewendet werden. Hier ist auf das Vorzeichnen bzw. die Polung der
Spannungen am jeweiligen pn-Übergang zu achten.

Die Stromgleichungen des idealen pnp-Transistors in Abhängigkeit der Material-, Pro-


zessparameter und Spannungen:

Emitterstrom
  qU   qU
DE DB EB D B
CB
IE = qAni2 + 2
(e kB T − 1) − qAni (e kB T − 1) (5.6)
LE NE wB NB wB NB

Kollektorstrom
  qU   qU
DB EB DC DB CB
IC = qAni2 k T 2
(e B − 1) − qAni + (e kB T − 1) (5.7)
wB NB LC NC wB NB

Basisstrom
  qU   qU
DE EB DC CB
IB = qAni2 k T 2
(e B − 1) + qAni (e kB T − 1) (5.8)
LE NE LC NC

5.2.5 Parameter der Basisschaltung


Mit den ermittelten Stromgleichungen können nun auch die Parameter der Basisschal-
tung in Abhängig von Prozessparametern angeben werden. Dies verdeutlicht die zuvor
genannten technologischen Maßnahmen zur Optimierung der Bipolartransistoren. Für
die weitere Diskussion betrachten wir den sogenannten aktiven Betrieb des Transistors

Text Revision 116


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

in analogen Verstärkeranwendungen, d.h. wir betrachten nicht den kompletten Teil der
Kennlinie. Konkret wird der Kollektor-Basis Übergang in Sperrrichtung betrieben und die
Kollektorspannungsterme in 5.6, 5.7 sowie 5.8 können im Vergleich zum im Durchlass
betriebenen Emitter vernachlässigt werden. Nehmen wir weiterhin an, dass die Basisweite
weit kürzer als die Diffusionslängen ist, so verbleibt für IE
  qU
2 DB EB p
IE ≈ qAni e kB T LB = DB τB
wB NB
αT lässt sich durch den Rekombinationsstrom in der Basis und dem Emitterstrom aus-
drücken:
IE − IBB IBB w2
αT = =1− ≈ 1 − B2 (5.9)
IE IE 2LB
Die Herleitung des Rekombinationsstroms ergibt sich aus dem linearen Rekombinations-
term R = ∆τBp integriert über die Basisweite, denn der Strom speist die Rekombination
(Kontinuitätsgleichung, siehe Ladungssteuerungsmodell in der Vorlesung). Das Profil ist
das Diffusionsdreieck in der Basis (siehe 5.4) mit pB (W ) ≈ 0 am Kollektor. Die Flächen-
berechnung eines Dreiecks ergibt:
DB wB qUk BE
IBB ≈ qAni2 e BT (5.10)
2L2B NB
Mittels Massenwirkungsgesetz wurde die Minoritätsträgerkonzentration in die Dotie-
rungskonzentration umgeschrieben werden (vollständige Ionisierung bei Raumtempera-
tur). Es wird ersichtlich, dass αT gegen eins strebt, falls es keinen oder nur einen ver-
schwindend geringen Rekombinationsstrom -IBB gibt. Um dies zu gewährleisten ist die
Basisweite wB sehr viel kleiner als die Diffusionslänge in der Basis zu wählen.
Der Emitterwirkungsgrad lässt sich durch die Rückinjektion aus der Basis in den Emit-
ter und dem Emitterstrom ausdrücken:
IE − IBE IBE DB wB nE,0 NB
γ= =1− =1− ≈ 1 − const. (5.11)
IE IE DE LB pB,0 NE
γ strebt gegen eins, wenn eine Injektion in die Basis ohne Rückinjektion IBE stattfinden
könnte. Dies ist so nicht möglich, um jedoch möglichst dicht an den idealen Wert heran-
zukommen, muss die Basisdotierung deutlich niedriger als die Emitterdotierung gewählt
werden.
Abschließend ergibt sich für die Stromverstärkung der Basisschaltung

α = γ · αT (5.12)

Wenn α kleiner eins ist, treten Verluste auf. Diese lassen sich durch Ströme in der Basis
beschreiben. Im Fall des pnp-Transistors werden Elektronen in der Basis zur Verfügung
gestellt.

5.2.5.1 Kennlinien der Basisschaltung


Die Basisschaltung zeichnet sich dadurch aus, dass die Basis das feste Bezugspotential für
den Emitter und Kollektor darstellt. Es bietet sich an, die Basis auf die Masse zu legen und

Text Revision 117


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

dann die gewünschten Spannungen an Kollektor und Emitter anzulegen. Die Eingangs-
kennlinie stellt den Eingangsstrom (Emitter) über der Eingangsspannung (Emitter-Basis)
dar. Der Emitter-Basis Übergang ist eine Diode, die Kennlinie sollte dementsprechend
einen exponentiellen Verlauf haben. Parameter dieser Kurve kann die Kollektor-Basis
Spannung sein. Für eine gesperrten Kollektor-Basis Übergang ist der Einfluss der Kol-
lektorspannung in dieser Darstellung gering und es wird häufig darauf verzichtet das
darzustellen.
60
UCB = 0 V
UCB = 5 V IC (A)
50 UCB = 10 V

UBE = 0,70 V
UCB = 15 V 0,02

40 UCB = 20 V
Aktiver Bereich
0,01

Sättigung
IE [mA]

30

20
-1 1 2 3 4 5
Cut-Off UCB (V)
10
-0,01

0 UBE = 0,62 V ... 0,01 V... UBE = 0,70 V


0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
-0,02
UBE [V]

(b)
(a)

Abbildung 5.6: BD237 (npn) in Basisschaltung: (a) Eingangskennlinien für verschiede-


ne Ausgangsspannungen, (b) Ausgangskennlinien für verschiedene Eingangsspannungen,
Kennzeichnung der drei Arbeitsbereiche.

Die Ausgangskennlinie der Basisschaltung stellt den Ausgangsstrom (Kollektor) über


der Ausgangsspannung (Kollektor-Basis) dar. Es werden in dieser Kennlinie die drei Be-
reiche ersichtlich, siehe Abb. 5.6. Cut-off wurde bereits beschrieben. Der Strom, der über
den Basis-Kollektor Übergang fließt ist maßgeblich von der Injektion des Emitters abhän-
gig. Sperrt der Übergang stellt sich ein hoher konstanter Strom in Sperrrichtung ein, der
sich aus der Injektion des Emitters speist, es sich also um keinen typischen Diodensperr-
strom handelt. Parameter dieses aktiven Bereichs ist die Spannung am Emitter-Basis
Übergang oder der zugehörige Emitterdiodenstrom.
Betreibt man hingegen die Basis-Kollektor Diode in Durchlass so fließt ein diodenty-
pischer Durchlassstrom und die Basis wird mit Ladungsträgern „gesättigt“. Die Dioden-
kennlinie von IC ist um IE versetzt, da der Stromfluss vom Emitter noch kompensiert
werden muss, bevor sich die Stromrichtung am Kollektor-Basis Übergang umdreht.

5.2.6 Parameter der Emitterschaltung


Hier ändern sich nur die Festlegungen der Eingangs und Ausgangsgrößen der Schaltung.
Der Basisstrom bzw. die Basis-Emitter Spannung wird zur Einganggröße und der Kollek-
torstrom bzw. die Kollektor-Emitter Spannung zur Ausgangsgröße. Unter Zuhilfenahme

Text Revision 118


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

der Knotenregel lässt sich eine Gleichung für den Kollektorstrom der Emitterschaltung
ermitteln (siehe Vorlesung).

α α
IC = IB + ICB + ICB0 (5.13)
1−α 1−α 0

IC = βIB + βICB0 + ICB0 (5.14)

Dieses neu definierte β ist die Gleichstromverstärkung der Emitterschaltung.


α
β= (5.15)
1−α
Geht man davon aus, dass die Gleichstromverstärkung der Basisschaltung ideal, also
eins ist, wäre die Stromverstärkung unendlich groß. Real ist α etwas kleiner eins, dies
führt dennoch zu großen Stromverstärkungen im Bereich 100 bis 1000.
Dies bedeutet für die Anwendung als Verstärker, dass kleine Basisströme große Ströme
am Kollektor verursachen.

5.2.6.1 Ausgangskennlinie der Emitterschaltung


Analog zum MOSFET werden Eingangskennlinien und Ausgangskennlinien definiert. An-
ders als beim MOSFET wird beim Bipolartransistor für die Eingangskennlinie der Basis-
strom über die Basis-Emitter Spannung aufgetragen, auch im stationären Betrieb stellt
das eine echte Eingangskennlinie dar. Das Ausgangkennlinienfeld des Bipolartransistors
stellt den Kollektorstrom über die Emitter-Kollektor Spannung dar. Der Parameter ist

IC (A) U_BE = 0,62 V ... 0,01 V ... U_BE = 0,70 V

0,025

0,020

0,015

0,010

0,005

0,000
0 1 2 3 4 5
UCE (V)

Abbildung 5.7: BD237 (npn) in Emitterschaltung: Ausgangskennlinien für verschiedene


Eingangsspannungen

üblicherweise der Basisstrom, wir können im Praktikum jedoch nur die Basis-Emitter
Spannung steuern, mit den externen Messgeräten im Labor können wir mit einem Trick
eine Stromsteuerung nachbilden. Im aktiven Bereich ist der Unterschied zwischen Strom

Text Revision 119


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

und Spannungssteuerung unbedeutend, im Sättigungsbereich jedoch kommt bei gleicher


Basis-Emitter Spannung der Durchlassstrom des Kollektor-Basis Übergangs zum Basiss-
trom hinzu.3

5.2.7 Basisweitenmodulation
Da im Transistor einer der beiden pn-Übergänge, im aktiven Bereich in Sperrrichtung
betrieben wird, ändert sich die Weite der Raumladungzone des Überganges. Dies hat
direkten Einfluss auf die Basisweite, die wiederum Einfluss auf den Strom hat. Die Ursache
in Abb. 5.8 verdeutlicht.

U EC

U EB B U BC

IE Emitter Basis Kollektor IC


RLZ -
E p+ n Weite p C
00
wB wB
pB
pB (0)

U EC
pB,0
pB (wB )
wB wB x
00
0
Abbildung 5.8: Darstellung der Basisweitenmodulation für verschiedene Emitter-
Kollektor-Spannungen

Durch die verkürzte Basisweite für größere Emitter-Kollektor Spannungen wird das
Diffusionsdreieck steiler. Der Diffusionsstrom ist proportional zur Steigung des Diffu-
sionsdreiecks. Dieser Effekt macht sich in der Ausgangskennlinie der Emitterschaltung
bemerkbar, in der U EC die Ausgangsspannung ist. Dies ähnelt dem Verhalten des MOS-
FET und seiner Kanallängenmodulation.
Verlängert man die Steigung der Kennlinien bis I C = 0, erhält man die sogenannte
Early-Spannung U ea . Typische Werte liegen um 50 V für pnp-Transistoren und 125 V für
npn-Transistoren.
Wie beim MOSFET überlagert sich also ein sehr großer differentieller ohmscher Wi-
derstand zur Kennlinie des idealen Transistors.

Was können Sie tun, um im Sättigungsbereich den Basisstrom wieder auf den gewünschten Wert
3

einzustellen?

Text Revision 120


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

IC

I C (0)

IB
U ea U EC

Abbildung 5.9: Grafische Bestimmung der Early-Spannung

5.2.8 Temperaturabhängigkeiten
Halbleiterbauelemente wie z.B. Transistoren ändern ihren Innenwiderstand bei Tempera-
turänderung. Somit nimmt die Temperaturänderung Einfluss auf das Strom- und Span-
nungsverhalten von Halbleitern. Die Ladungsträgerdichte in einem Halbleitermaterial wird
durch die Temperatur beeinflusst. Bei einer höheren Temperatur werden mehr Ladungs-
träger generiert. Die Eigenleitung des Halbleiters steigt.

5.2.8.1 Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitterspannung


Die Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitter-Spannung entspricht der einer Diode.
 
−3 1
UBE(T = T 1 ) = UBE(T = T 0 ) 1 − 2 · 10 (T 1 − T 0 ) (5.16)
K

Wird der Basisstrom konstant gehalten, verringert sich die Basis-Emitter-Spannung um


ca. 2 mV/K. Für die Änderung der Basis-Emitter-Spannung gilt der Zusammenhang in
Gleichung 5.17 mit U T = kT
e .

∂U BE
= −C U T (5.17)
∂T
C ist die Temperaturkonstante. Sie beträgt für Silizium C = 0,07/K und für Germanium
gilt C = 0,05/K

Abschätzung der Formeln:


In der Vorlesung wurde bereits die Temperaturabhängigkeit des Sättigungssperrstromes
I 0 berechnet. Löst man die vereinfachte Diodengleichung für den Flussfall nach der Basis-
Emitterspannung auf und entwickelt die Lösung bis zum linearen Glied, bekommt man
ungefähr (5.16). Der Strom ist bei dieser Betrachtung fest, d.h. es wird die lineare Än-
derung der Basis-Emitterspannung in Abhängigkeit von der Temperatur bestimmt.

Text Revision 121


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

kB T
UT(T ) =
e
I
UBE(I , T ) = UT(T ) ln Diodengleichung
I0(T )

Entwicklung um eine Temperatur T 0 , I 0

∂ UBE(T )
≈ UBE(T 0 ) + (T − T0 )
∂T T0

∂ I0(T )
∂T aus der Vorlesung zur Diode und Kettenregel
  
kB I kB T 0 3 WG
≈ UBE(T 0 ) + ln − + (T − T0 )
e I0(T 0 ) e T0 kB T 0 2
  
UBE (T 0 ) kB T 0 3 WG
= UBE(T 0 ) + − + (T − T0 )
T0 e T0 kB T 0 2

bei T 0 = 300 K und UBE (T 0 ) = 0,8 V


   
V V V
= UBE(T 0 ) 1 + 0,002 666 − 0,000 325 − 0,004 666 (T − T0 )
K K K
   
V
= UBE(T 0 ) 1 − 0,001 658 3 (T − T0 )
K

5.2.8.2 Temperaturabhängigkeit der Sperrströme


Für die Temperaturabhängigkeit der Restströme gilt:

IE = IB + IC
I C = αI E + I CB0
I C = βI B + (1 + β)I CB0 = βI B + I CE0
I CE0 = (1 + β)I CB0

αI E ist der Anteil des Emitterstromes, der den Kollektor erreicht. β ist hier die Gleich-
stromverstärkung der Emitterschaltung. Der Strom I CB0 ist der Sperrstrom der in Sperr-
richtung gepolten Kollektor-Basisdiode. Er wird auch als Reststrom bezeichnet und kann
auch als derjenige Strom aufgefasst werden, der bei offenem Emitter (I E = 0 A) fließt.
I CB0 ist ein durch Eigenleitung verursachter, stark temperaturabhängiger Minoritätsträ-
gerstrom.

I CB0 = I CB00 e C (T −T 0 )

Text Revision 122


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

I CB0 IC
T2 > T1 I E3 > I E2

T1 > T0 I E2 > I E1

I E = I E1 = konst.
T = T 0 = konst. IE = 0 A

U CB U CB

Abbildung 5.10: linke Abb.: Abhängigkeit des Sperrsättigungsstromes I CB0 über U CB von
der Temperatur (Parameter T ); rechte Abb.: Abhängigkeit des Kollektorstromes vom
Emitterstrom (Ausgangskennlinie Basisschaltung), wobei die Linie bei I E = 0 A dem
Sperrsättigungsstrom I CB0 entspricht

Wobei I CB00 der bei der Temperatur T 0 fließende Sperrstrom ist (z.B. kann T 0 = 300 K
sein). In gleicher Weise können wir den Kollektor-Emitter-Reststrom I CE0 schreiben. I CE0
ist derjenige Kollektorstrom I C , der bei offener Basis (I B = 0 A) fließt.

I CE0 = I CE00 e C (T −T 0 ) (5.18)

Der Reststrom I CB0 fließt bei offenem Emitter über die Basis, bei offener Basis dagegen
durch die Basis-Emitter-Diode ab. In der Basis-Emitter-Diode wird der Strom I CB0 genau-
so behandelt wie ein über den Basisanschluss eingespeister Strom β, d.h. er wird um den
Faktor β verstärkt. Deshalb setzt sich der resultierende Kollektorstrom bei I E = 0 A aus
dem Anteil I CB0 und dem durch die Verstärkung entstandenen Anteil βI CB0 zusammen
und ist mit (1 + β)I CB0 = I CE0 wesentlich größer als der Reststrom I CB0 .

5.2.8.3 Transistorkennwerte
Die Transistorkennwerte sind grundsätzlich in Grenzwerte und Kenndaten unterteilt.
Grenzwerte dürfen auf keinen Fall überschritten werden, da eine Zerstörung des Transis-
tors unvermeidlich ist. Eigenschaften eines Transistors werden als Kenndaten angegeben,
die das Verhalten in bestimmten Arbeitspunkten kennzeichnen.

5.2.8.4 Grenzwerte für Sperrschichttemperatur


Durch die Verlustleistung bei Dauerbetrieb entsteht in der Sperrschicht Wärme, durch die
sich die Sperrschichttemperatur erhöht. Diese Sperrschichttemperatur T J , darf bestimm-
te Werte nicht überschreiten, da sich sonst die Halbleitereigenschaften des Transistors
stark verändern würden, was die Zerstörung zur Folge hat. Diese Temperatur hängt vom
Halbleitermaterial ab.
Hinweis: T J : 90 ◦C Germaniumtransistoren, T J : 150. . . 200 ◦C Siliziumtransistoren

Text Revision 123


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

IC = 0 A
U cbo

U ceo
IB = 0 A U ebo
IE = 0 A

(a) Messschaltung (b) Messschaltung U ceo (c) Messschaltung


U cbo U ebo

Abbildung 5.11: Messschaltungen für die Grenzwerte des Transistors

5.2.8.5 Grenzwerte für Umgebungstemperatur


Einige Hersteller geben statt der maximalen Sperrschichttemperatur die höchstzulässige
Umgebungstemperatur T U als Grenzwert an. T U ist stets kleiner als T J . Zu diesen beiden
Angaben ist in den Datenblättern meistens ein Diagramm zu finden in dem die Tempera-
turabhängigkeit der höchstzulässigen Gesamtverlustleistung aufgezeigt wird. Aus diesem
Diagramm kann die Verlustleistung bei bestimmten Umgebungstemperaturen entnom-
men werden. Als Parameter ist der Wärmewiderstand RTh zum Halbleiter aufgetragen.
Denn wird durch einen Kühlkörper oder durch die Montage des Transistors an einem
Gehäuse die Wärme besser abgeführt, so ist die Gesamtverlustleistung auch bei höheren
Umgebungstemperaturen zulässig.

5.2.8.6 Zulässiger Arbeitsbereich


In Transistorschaltungen dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Der
zulässige Arbeitsbereich einer Transistorschaltung wird somit durch den Kollektorstrom
I c , durch die Kollektor-Emitter-Spannung U CE und durch die Verlustleistung P tot be-
grenzt. Wird der Transistor außerhalb des erlaubten Arbeitsbereiches betrieben wird der
Transistor zerstört.

5.2.8.7 Grenzwerte des bipolaren Transistors


Die drei Sperrspannungsgrenzwerte, deren Überschreiten zum Durchbruch in der jeweili-
gen Sperrschicht führen kann, sind:

Maximale Kollektor-Basis-Sperrspannung U cb0 bei Emitterstrom I e = 0 A (Emitter


offen), siehe Abb. 5.11a.

Maximale Kollektor-Emitter-Sperrspannung U ce0 bei Basisstrom I B = 0 A (Basis


offen), siehe Abb. 5.11b.

Text Revision 124


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Maximale Basis-Emitter-Sperrspannung U eb0 bei Kollektorstrom I c = 0 A (Kollektor


offen), siehe Abb. 5.11c.
In Durchlassrichtung wird der maximale Kollektorstrom angegeben, dessen Überschrei-
tung zu physikalischen Veränderungen der Halbleiterstruktur durch zu hohe Stromdichte
führen kann: Maximaler Kollektorstrom I cmax (Schaltung beliebig).

P = U ce I ce (5.19)

Der Leistungsumsatz im Basisstromkreis ist im aktiven Bereich vernachlässigbar. Einen


wesentlichen Einfluss auf die Sperrschichttemperatur übt bei gegebener Verlustleistung
die Wärmeabfuhr aus. Deshalb werden Grenzwerte für die maximale Verlustleistung P tot
für verschiedene Randbedingungen gegeben. Zum Beispiel P tot,U bei T U = 25 ◦C ist die
maximale Verlustleistung, wenn der Transistor ohne besondere Wärmeableitung bei einer
Umgebungstemperatur von T U = 25 ◦C betrieben wird. Oder aber P tot,G bei T G = 25 ◦C
ist die maximale Verlustleistung, wenn durch geeignete Wärmeableitung dafür gesorgt ist,
dass die Temperatur des Transistorgehäuses den Wert T G = 25 ◦C nicht überschreitet.

5.3 Versuch

In diesem Labortermin werden die dem MOS-Transistor entsprechenden zwei wichtigsten


Gleichstromkennlinien vermessen. Im Gegensatz zum MOS-Transistor ist die Ansteuerung
nicht stromlos. In der Regel wird der Bipolartransistor stromgesteuert betrieben, man
findet jedoch auch Darstellungen mit Spannungssteuerung.
Alle Untersuchungen werden an einem npn-Transistor vorgenommen. Der Transistor ist
auf einer Heizplatte montiert, so dass auch Messungen bei unterschiedlichen Tempera-
turen möglich sind.

Hinweis: Es ist sinnvoll, wenn Sie sich zur Vorbereitung das entsprechende Datenblatt
zum Bipolartransistor BD237 aus dem Internet herunterladen und ausgedruckt zum Termin
mitbringen!

5.3.1 Labor-Messaufbau

Es stehen zur Verfügung:

• Netzteil HAMEG HM8143

• Digitalmultimeter FLUKE 8846A

Text Revision 125


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

• npn-Bipolartransistor auf der Heizplatte. Die Buchsen sind mit Emitter, Basis und
Collector beschriftet.

• PC mit LabVIEW-Skript

• Leitungen mit Bananenstecker

Bei allen Kennlinien fungiert eine Spannung oder Strom als Parameter, während eine
weitere Messvariable ist. Mit dem Digitalmultimeter wird der Strom gemessen. Über dem
Messgerät fällt bei der Strommessung etwas Spannung ab, so dass ein systematischer
Fehler entsteht, der vor allem im Sättigungsbereich relevant ist. Wie bei dem Dioden-
versuch können sie mittels der Sense Leitung den Fehler eliminieren, indem die Span-
nungsquelle die wahre Spannung am Bauelement misst und damit die Ausgangsspannung
nachregelt. Frage: In welchem Bereich der Kennlinie wird sich das bemerkbar machen?
Sie müssen also die sense-Leitungen direkt über dem Bauelement unter Ausschluss des
Multimeters anschließen.

Hinweis: Als Konvention legen hier hier in diesem Versuch fest, dass alle Ströme im
aktiven Normalbetrieb positiv gezählt werden, unabhängig davon, ob sie hinein oder hinaus
fließen. In Simulationsprogrammen (SPICE) wird eine Stromrichtung festgelegt. Es dient
hier nur der einfacheren Darstellung.

5.3.1.1 Vermessung der Ausgangskennlinie in Emitterschaltung

Per Konvention benutzen Sie bitte die rechte Spannungsquelle für den Kollektoranschluss
und die linke für die Basis-Emitterspannung.
Zum Schutz des Bauelements wählen Sie in Emitterschaltung eine Compliance von 15 mA
für den Basisstrom und 1 A für den Kollektorstrom in LabVIEW. Die notwendige Um-
kehr des Kollektor-Basis Übergangs für die vollständige Ausgangskennlinie, findet bei der
Emitterschaltung implizit statt, d.h. es genügt die Kollektorspannung von 0. . . 5 V zu
variieren.
Frage: Warum ist das so?

Überlegen Sie sich den Messaufbau, wobei der Einfluss des Multimeters eliminiert werden
soll. Schließen Sie das Multimeter direkt am Kollektor an.
Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen der Ausgangskennlinie mit konstantem Ba-
sisstrom als Parameter oder mit konstanter Spannung als Parameter. Setzen Sie manuell
die Compliance von Basis- und Kollektorstrom auf die oben genannten Werte. Bestim-
men Sie die größte Basis-Emitterspannung bei einer Kollektor-Emitterspannung von 5 V,
so dass ein Kollektorstrom von 1 A fließt.
Führen Sie für den Vergleich die Messung einer Ausgangskennlinie mit der von Ihnen
bestimmten größten Basis-Emitterspannung durch.
Speichern Sie die Daten.

Text Revision 126


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Zum Verständnis der Stromsteuerung messen Sie den Basisstrom mit dem Multimeter,
setzen Sie wieder manuell die Compliance, wählen Sie 2 V Kollektorspannung und eine
hohe Basisspannung, so dass der Basisstrom auch an der Spannungsquelle gut messbar
ist z.B. 6 mA Basisstrom. Reduzieren Sie manuell die Kollektorspannung und beobachten
den Basisstrom.
Frage: Was beobachten Sie?
Regeln Sie nun die Basisspannnung nach, so dass sich wieder der ursprüngliche Basis-
strom einstellt.
Frage: Müssen Sie die Basisspannung erhöhen oder absenken? Betrachten Sie die beiden
pn-Übergange und begründen Sie das Vorzeichen der Änderung.

Zum Abschluss benutzen wir wie beim MOS-Transistorversuch die Compliance der linken
Spannungsquelle, um den Strom automatisch konstant zu halten. Der minimale regel-
bare Basisstrom beträgt 5 mA. Stellen Sie in LabVIEW die Compliance des Kollektor-
stroms ein und wählen Sie hintereinander fünf Basisströme von 5. . . 9 mA als Werte. Die
Basis-Emitterspannung muss für diese Basisströme ausreichend groß sein z.B. 1 V. Im
Gegensatz zu der vorher gemessenen Kennlinie wird jetzt der Basisstrom festgehalten.

Hinweis: Leider können Sie keine sehr kleinen Basisströme einstellen, da es sich um keine
echte Stromquelle handelt.

Frage: Wie unterscheidet sich die mit maximaler Basis-Emitterspannung vermessenen


Kennlinie von der entsprechenden mit maximalem Strom im Verlauf?
Können Sie einen Grund angeben, warum die Regelung den Verlauf in dieser Weise ändert?

Speichern Sie die Daten.

5.3.1.2 Inverser Betrieb

Für maximalen Basisstrom wiederholen Sie den Versuch mit Vertauschen von Kollektor
und Emitter.
Frage: Unterscheidet sich die Kurve im Vergleich zum regulären Betrieb und wenn ja in
welcher Weise?

5.3.1.3 Konfiguration für die Eingangs- und Ausgangskennlinie in


Basischaltung

Die Anschlüsse zur Vermessung für Eingangs- und Ausgangskennlinie in Basischaltung


sind ähnlich, es vertauschen Parameter und Messvariable die Rollen und die Strommes-
sung ist entweder Emitter- oder Kollektorstrom. Allerdings benötigt man bei der Aus-
gangskennlinie negative Kollektorspannungen. Beachten Sie das bei der Ansteuerung des

Text Revision 127


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Kollektors zur Vermessung der Ausgangskennlinie. Per Konvention benutzen Sie bitte die
rechte Spannungsquelle für den Kollektoranschluss.
Aufgabe:
Skizzieren Sie den Messaufbau für beide Kennlinien. Benennen Sie jeweils Parameter und
Messvariable. Bedenken Sie, dass die Spannungsquelle keine negativen Spannungswerte
ausgeben kann.

Hinweis: Mit Hilfe der Festspannungsquelle kann die Spannung doch negativ eingestellt
werden, allerdings sind nur die variablen Spannungsquellen in der Lage eine Strom ent-
gegen der ausgegebenen Spannung aufzunehmen (Lastbetrieb). Die Festspannungsquelle
blockiert dann den Strom.
Für die Strommessung muss wieder der Einfluss des Multimeters eliminiert werden.
Der Transistor BD237 ist bereits auf der Heizplatte angeschlossen, die Bananenbuchsen
für Emitter, Basis und Kollektor sind am Gehäuse beschriftet.
Wir wählen 1 A als maximale Ströme. Das ist natürlich zu viel für den Basisstrom, aber in
Basisschaltung wird der Kollektorstrom auch durch die linke Spannungsquelle geführt, so
dass der Emitterstrom gemessen wird und dessen Compliance an der linken Spannungs-
quelle eingestellt werden muss.

5.3.1.4 Vermessung der Eingangskennlinie

Bauen Sie den Versuch auf und lassen Sie den Aufbau vom Tutor abnehmen. Vermessen
Sie den Emitterstrom. Die Transistoren sind nicht ganz identisch. Wegen der exponen-
tiellen Kennlinie kann daher dem maximalen Kollektorstrom keine allgemein gültige Ba-
sisspannung zugeordnet werden und die maximale Basisspannung muss vorab ermittelt
werden.
Durchführung der Messung:

1. Setzen Sie an der Spannungsquelle manuell die Compliance für die Ströme 1,1 A.

2. Probieren Sie von Hand ohne LabVIEW bei 10 V Kollektorspannung verschiedene


Basisspannungen ab 630 mV aus, bis der maximale Kollektorstrom erreicht ist.

3. Wenn Sie so die maximale Basisspannung herausgefunden haben, führen Sie die
Messung der Eingangskennlinie mit drei festen Kollektorspannungen 0 V, 5 V und
10 V durch.

Frage: Ist der Einfluss der Kollektorspannung signifikant?

Speichern Sie die Daten.

Text Revision 128


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

5.3.1.5 Vermessung der Ausgangskennlinie in Basisschaltung

Um den Kollektorstrom auf null zu bringen, muss der Kollektor-Basis Übergang umgepolt
werden.
Frage: warum ist das so? Wie ist das Diffusionsdreieck?
In Basisschaltung bedeutet das ein Umdrehen der Kollektor-Basisspannung. Die Span-
nungsquellen können nur Spannungen in einer Richtung ausgeben, jedoch ist eine Ver-
schiebung durch Reihenschaltung einer weiteren Spannungsquelle möglich. In der Mitte
des Netzgerätes ist eine 5 V Festspannungsquelle, die Sie geeignet in Reihe schalten müs-
sen. Dazu muss die Festspannungsquelle eine positive Spannung am Kollektor erzeugen
und die variable rechte Spannungsquelle dies Spannung kompensieren.
Frage: Was ist dann die maximale Kollektor-Basisspannung?
Umgekehrt funktioniert es nicht, da die Festspannungsquelle nur positiven Strom zulässt.
Die variablen Spannungsquellen können beide Richtungen (elektronische Last). Schließen
Sie das Multimeter direkt am Kollektor an, danach die regelbare Spannungsquelle in
verpolter Reihenfolge und zur Basis die Festspannungsquelle. Für die Kompensation des
Spannungsabfalls des Multimeters, darf nicht die Festspannungsquelle im Regelkreis sein.
Wie bei der Ausgangskennlinie in Emitterschaltung brauchen wir eine Stromsteuerung.
Stellen Sie nacheinander an der Basisspannungsquelle eine Compliance von 200. . . 1000 mA
in Schritten von 200 mA als Parameter ein
Die Kollektorspannung sollte im Bereich von U min bis 5 V variieren, wobei Sie durch
Probieren eine sinnvolle Anzahl von Messpunkten ermitteln. U min ist die Spannung, bei
der der Kollektorstrom praktisch null ist, da der Strom sich nicht umkehren kann.

Hinweis: Die am Transistor anliegende Kollektorspannung ist nicht die auf der Anzeige
bzw. nicht die in den gespeicherten LabVIEW Daten. Sie müssen das in den Messdaten
noch korrigieren. Wie gehen Sie vor?
Identifizieren Sie jeweils den Sättigungsbereich.

5.3.1.6 Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitter Spannung

Stellen die Messgeräte auf lokale Bedienung, setzen Sie die Kollektorspannung auf 1 V
und eine Compliance des Emitterstromes von 200 mA ein. Die Basis-Emitterspannung
sollte ausreichend groß über ein Volt eingestellt werden, damit die Regelung funktioniert.
Schalten Sie die Temperaturregelung ein und stellen Sie diese unverzüglich auf 20◦ C ein.
Schließen Sie das Multimeter zur genaueren Messung der Basis-Emitterspannung parallel
an. Notieren Sie den Wert der Basis-Emitter Spannung und des Kollektorstromes (am
Netzteil).
Setzen Sie die Temperatur auf 65◦ C und beobachten Sie die Basis-Emitterspannung und
den Kollektorstrom. Warten Sie bis sich die Werte kaum noch ändern und notieren Sie den
Wert. Dann wieder die Temperatur zurücksetzen auf 20◦ C und die Heizplatte ausschalten.

Text Revision 129


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

Bedienung der Heizplatte:

• Die Heizplatte hinten mit dem schwarzen Schalter einschalten. (Bei Problemen die
Sicherung überprüfen)

• Temperatur bei ENDA ETC 442 einstellen:

– SET gedrückt halten.


– Über ⇑ und ⇓ kann die gewünschte Temperatur eingestellt werden.

• Temperatur bei ENDA ETC 4420 einstellen:

– SET einmal kurz drücken.


– Über ⇑ und ⇓ kann die gewünschte Temperatur eingestellt werden.

Frage: Nimmt die Basis-Emitterspannung zu oder ab und entspricht das Ihrer Erwartung
(quantitativ)?

5.3.2 Protokoll

Wenn Sie kein Protokoll anfertigen

• Plot der aufgenommenen Ausgangskennlinien in Emitterschaltung mit Spannung


und Stromsteuerung im Vergleich in einem Diagramm.

• Plot der Eingangskennlinie und Ausgangskennlinie in Basisschaltung in zwei Dia-


gramm mit Angabe der Variablen- und Parameterwerte. Bezeichnen Sie die in der
Ausgangskennlinie die verschiedenen Arbeitsbereiche des Transistors.

• Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitterspannung

• Bei offensichtlichen Abweichungen der gemessenen Kennlinien von der Theorie,


vermerken Sie das.

Wenn Sie ein Protokoll anfertigen

1. Einleitung

• kurze Einführung in die Thematik


• Ziele des Versuchs

2. Versuch

• jeweils Versuchsaufbau und -durchführung (Anschlüsse). Erläutern sie kurz den


Unterschied von Basis- und Emitterschaltung in der Beschaltung.

Text Revision 130


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

• Plot der Eingangskennlinie und Ausgangskennlinie in Basisschaltung in zwei


Diagramm mit Angabe der Variablen- und Parameterwerte. Bezeichnen Sie die
in der Ausgangskennlinie die verschiedenen Arbeitsbereiche des Transistors.
• Plot der aufgenommenen Ausgangskennlinien in Emitterschaltung mit Span-
nung und Stromsteuerung im Vergleich in einem Diagramm.
• Temperaturabhängigkeit der Basis-Emitterspannung
• Auswertung: Die im Aufgabentext gestellten Fragen beantworten.

3. Zusammenfassung

• Wurden die Versuchsziele erreicht?


• Welche Probleme traten auf?
• Gab es Unterschiede zwischen Theorie und Praxis?

5.4 Vorbereitungsaufgaben

1. Welche Verluste entstehen in einer Basisschaltung? Zeichnen Sie dazu die Strombilanz
und geben Sie die entsprechenden Wirkungsgrade an.
2. Beschreiben Sie den grundlegenden Aufbau eines Bipolartransistors. Welche Parameter
sind bei der Fertigung besonders wichtig?
3. Zeichnen Sie die Eingangskennlinie und das Ausgangskennlinienfeld eines npn-Transistors
in Basisschaltung. Bezeichnen Sie in den beiden Diagrammen die drei Arbeitsbereiche,
sofern möglich.
4. Zeichnen Sie das Ausgangskennlinienfeld eines npn-Transistors in Emitterschaltung.
Bezeichnen Sie in den beiden Diagrammen die drei Arbeitsbereiche, sofern möglich.
5. Überlegen Sie sich wie groß die Stromverstärkung des Transistors in Emitterschaltung
ist, geben Sie Formeln und einen typischen Wertebereich an. Welche zwei Parameter
beeinflussen die Stromverstärkung?
6. Was welchen Strömen errechnet sich der Transportfaktor αT , geben Sie die Formel
an. Beschreiben Sie kurz welche physikalische Bedeutung er hat
7. Was welchen Strömen errechnet sich der Emitterwirkungsgrad γ, geben Sie die Formel
an. Beschreiben Sie kurz welche physikalische Bedeutung er hat.
8. Beschreiben Sie kurz die physikalischen Mechanismen die hinter den Parametern αT
und γ stecken
9. Erklären Sie den Mechanismus Basisweitenmodulation, welche Auswirkung hat er in
der Kennlinie und wie kann er minimiert werden?

Text Revision 131


(755)
HLB-PR Thema 5 - Der Bipolartransistor

10. Beschreiben Sie kurz die grafische Bestimmung der Early-Spannung.


11. Welches Temperaturverhalten erwarten Sie für den Bipolartransistor, begründen Sie
kurz
12. Wovon leitet sich die Namensgebung der Beschaltung des Bipolartransistors ab?
13. Welche Verluste entstehen in einer Basisschaltung? Zeichnen Sie dazu die Strombi-
lanz und geben Sie die entsprechenden Wirkungsgrade an.

Text Revision 132


(755)
Thema 6
Der beleuchtete pn-Übergang
am Beispiel der Solarzelle

6.1 Einleitung

Die photovoltaische Energiegewinnung mittels Solarzellen ist in der Energietechnik von


großer Bedeutung. Denn die Strahlungsenergie der Sonne ist nicht nur eine nachhaltige,
sondern auch eine unerschöpfliche Energiequelle. Die eingestrahlte Leistung der Sonnen-
einstrahlung auf die Kontinentalfläche ist im Jahr 1000 kW/m2 . In einer einer PV-Anlage
sind in Deutschland grob 1000 kWh/(kW installierte Spitzenleistung) im Jahr nutzbar.
Es gibt verschiedene technologische Realisierungen von Solarzellen. Wir beschränken
uns hier auf die einfachste Form der kristallinen Solarzelle, die bisher die größte Verbrei-
tung hat. Die Solarzelle ist ein Generator, der die Strahlungsleistung der Sonne in elektri-
sche Leistung umwandelt. Es handelt sich also um ein aktives Bauelement. Physikalische
Grundlage für alle konventionellen photovoltaischen Technologien ist der pn-Übergang.
Deswegen wird die Solarzelle aus Sicht der Halbleiterphysik auch als eine Ausführung
der Halbleiterdiode zur optoelektronischen Nutzung verstanden. Die dazugehörige Kenn-
linie ist in Abb. 6.1 dargestellt. Die Solarzelle arbeitet z.B. im vierten Quadranten der
I-U-Kennlinie, denn sie wandelt die Strahlung des Sonnenlichtes in elektrische Leistung
um.
Andere optoelektronische Halbleiterdioden, wie die Lumineszenz-Diode und Halblei-
terlaser, welche als Strahlungsemitter benutzt werden und aktive Bauelemente sind, oder
Fotodioden, welche strahlungsabsorbierende und passive Bauelemente sind, werden in der
Nachrichtentechnik zur Signalwandlung eingesetzt. Alle Bauelemente haben gemein, dass
ihnen der pn-Übergang zugrunde liegt. Je nach dem für welche Anwendung eine Halblei-
terdiode eingesetzt werden soll, müssen Material und Aufbau für den jeweiligen Zweck
optimiert werden. So hat die konventionelle, kristalline Solarzelle 1 eine dünne Emitter-
schicht im Bereich einiger hundert nm und eine dicke Basis von mindestens 200 µm. Die
Qualität einer Solarzelle wird durch ihren Wirkungsgrad quantifiziert. Dieser gibt an, wie
gut sie Strahlungsleistung in elektrische Leistung umwandelt.
Zur Optimierung werden noch weitere charakterisierende Kenngrößen wie Kurzschluss-
strom, Leerlaufspannung, maximale elektrische Leistung, optimaler Lastwiderstand und
Füllfaktor analysiert. Im Ersatzschaltbild ist einer Solarzelle mindestens ein Serien- und
1
moderne Varianten der kristallinen Solarzelle weisen abweichende Merkmale zum konventionellem De-
sign auf

133
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
Strom I

Lumineszenzdiode
I(0 < U < U D ) > 0

U Br UD
Spannung U
UL
Fotodiode
Solarzelle
I(U Br < U < 0 ) < 0
IK ≤ I(0 < U < U L) < 0
IK

unbeleuchteter pn-Übergang,
beleuchteter pn-Übergang,
U Br Durchbruchspannung,
UD Diffusionsspannung,
UL Leerlaufspannung,
IK Kurzschlussstrom

Abbildung 6.1: Übersicht über den Betrieb von optoelektronisch genutzten Halbleiterdi-
oden; gestrichelte Linie: unbeleuchteter pn-Übergang, durchgezogene Linie: beleuchteter
pn-Übergang

eine Parallelwiderstand zugeordnet. Die Größe der parasitären Widerstände determiniert


die Qualität der Solarzelle. Beide Widerstände sowie die anderen genannten Kenngrößen
gehen aus der Solarzellenkennlinie hervor. Ziel des Versuchs ist es die Strom-Spannung-
Kennlinie für eine Probe aufzuzeichnen und die entsprechenden Kennwerte zu bestimmen.

6.2 Theorie

6.2.1 Der pn-Übergang


Der pn-Übergang wurde in der Vorlesung und im zweiten Versuch ausführlich erklärt und
ist hier nur wiederholend beschrieben. Insbesondere das Shockley-Modell sollte bekannt
sein.
An der Übergangsstelle, von einem p-dotierten Halbleiterbereich zu einem n-dotierten
Halbleiterbereich, bildet sich, wie in Abb. 6.2 skizziert, eine Raumladungszone (RLZ) aus.
Die Raumladungszone entsteht durch die Abdiffusion von Löchern aus dem p-Gebiet
bzw. Elektronen aus dem n-Gebiet in das Nachbargebiet mit dortiger Rekombination.
Durch die Abdiffusion verbleiben im p-Gebiet negativ ionisierte Akzeptor-Dotieratome,

Text Revision 134


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
W
RLZ
eU D

WF

−w p 0 wn x

Abbildung 6.2: Entstehung der Raumladungszone

im n-Gebiet positiv ionisierte Donator-Dotieratome. Die ionisierten Dotieratome spannen


ein elektrisches Feld auf, das der Diffusion der Ladungsträger entgegen gerichtet ist. Im
stationären Gleichgewicht findet keine weitere Diffusion mehr statt. Das kann man als eine
Kompensation des Feld- und Diffusionsstromes interpretieren, obwohl nicht zwei Ströme
gegeneinander fließen. Der pn-Übergang hat gleichrichtende Eigenschaften, so lässt er
(vereinfacht dargestellt) im unbeleuchteten Zustand nur Stromfluss in einer Richtung zu.
Dies wird an der I-U-Kennlinie (in Abb. 6.1) deutlich.

6.2.2 Die Solarzelle


Die Solarzelle oder das Solarelement ist ein Bauelement der Energietechnik. Dieses Bau-
element wandelt Strahlungsleistung in elektrische Leistung um. Die Solarzelle ist ein Ge-
nerator, deshalb weisen ihre Arbeitspunkte unterschiedliche Vorzeichen von Strom I und
Spannung U auf (siehe Abb. 6.1).

6.2.2.1 Aufbau
Solarzellen sind Halbleiterdioden, d. h. sie bestehen prinzipiell aus einem pn-Übergang.
Aktuell werden Solarzellen üblicherweise aus kristallinem Silizium hergestellt. Auf der dem
Licht zugewandten Seite besitzen sie eine dünne, hochdotierte Emitter-Schicht, auf der
abgewandten Seite eine weite Basis. Emitter und Basis sind entgegengesetzt dotiert,
so dass sich zwischen ihnen eine Raumladungszone (RLZ) ausbildet. Zur Veranschauli-
chung ist der schematische Aufbau einer konventionellen pn-Silizium-Solarzelle in Abb.
6.3 skizziert.
Fällt Licht auf die Solarzelle, so generieren die Photonen innerhalb der Solarzelle
Elektron-Loch-Paare. Die Elektron-Loch-Paare, die zur Raumladungszone diffundieren,
werden durch das elektrische Feld der RLZ getrennt und tragen dann zum Photostrom bei.

An der Oberfläche ist die Einstrahlung und Ladungsträgergeneration am größten, je-


doch ist durch den Abbruch des Kristalls dort auch die Rekombination der generierten

Text Revision 135


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
einfallende Strahlung

Vorderseitenkontakt,
Fingergrid

Emitter aus p +-Si


pn-Übergang
RLZ

Basis aus n-Si

Rückseitenkontakt

Abbildung 6.3: Aufbau einer konventionellen pn-Silizium-Solarzelle

Ladungsträgerpaare signifikant. Dem kann durch eine Trennung der Ladungsträger in


einem elektrischen Feld der Raumladungszone an der Oberfläche entgegen gewirkt wer-
den. Deshalb wird der Emitter an der Oberfläche hoch dotiert und vergleichsweise dünn
ausgeführt, so dass das Feld der Raumladungszone die generierten Ladungsträgerpaare
oberflächennah trennt.
In monokristallinem Silizium findet die meiste Ladungsträgergeneration in der Basis
statt und auf dem Weg der Ladungsträger zum pn-Übergang darf nur wenig Rekombi-
nation stattfinden. Das bedingt eine hohe Reinheit von viel Siliziummaterial, was den
Aufwand erheblich erhöht und Anreiz zu alternativen Konzepten schafft, die in anderen
Lehrveranstaltungen diskutiert werden.
Das Abklingverhalten der optischen Ladungsträgergeneration im Halbleiter ist expo-
nentiell und folgt proportional der Lichtintensität.

6.2.2.2 Strom-Spannung-Kennlinie
Unter Annahme der Shockley-Bedingungen, ergibt sich die Strom-Spannung-Kennlinie
(vgl. Abb 6.1) einer Solarzelle aus der Superposition des Diodenstroms ID und des Pho-
tostroms Iph . Dabei ist der Photostrom nur von der Bestrahlungsstärke des Lichtes als
externe Größe und der Diodenstrom zusätzlich von der angelegten Spannung abhängig.
Der Verlauf des Diodenstroms ist bereits vom zweiten Versuch (Temperaturabhängig-
keit der Diodenkennlinie) bekannt und dessen Herleitung aus den Halbleiter-Gleichungen
(Stromgleichungen, Bilanzgleichungen) ist im Vorlesungsskript ausgeführt. Die volle Her-
leitung des Photostroms würde den Rahmen dieses Praktikumsskript sprengen.

Grundsätzlich ist der Stromfluss in den vorderseitigen Emitter positiv definiert. Man
unterscheidet, ob die Solarzelle einen (a) pn-Übergang oder einen (b) np-Übergang be-
sitzt, d.h. ob (a) der Emitter p-dotiert und die Basis n-dotiert ist oder ob es (b) anders-
herum ist.

Text Revision 136


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
Mit dem Symbol E bezeichnen wir die eingestrahlte Leistung pro Fläche. Es ergibt
sich für den Gesamtstrom der
pn-Solarzelle:

I(U, E) = ID (U) − Iph (E) (6.1)


U
I(U, E) = I0 · (e UT
− 1) − Iph (E) (6.2)

np-Solarzelle:

I(U, E) = −ID (U) + Iph (E) (6.3)


−U
I(U, E) = −I0 · (e UT
− 1) + Iph (E) (6.4)

6.2.2.3 Einfaches Ersatzschaltbild


Im einfachen Ersatzschaltbild (Abb. 6.4) besteht die Solarzelle aus einer Stromquelle,
welche den Photostrom generiert und einer idealen Diode, die vom Diodenstrom durch-
flossen wird. Deren Summe ergibt den Gesamtstrom. Zu beiden Ersatzschaltbildern des
jeweiligen Übergangs (np oder pn) ist in Abb. 6.4 auch dessen I-U-Kennlinie dargestellt.
Die unbeleuchtete Diodenkennlinie ist bei Beleuchtung der Solarzelle um den Photostrom
auf der Ordinatenachse verschoben.

Bei Betrachtung der Ersatzschaltbilder verdeutliche man sich anhand einer schemati-
schen Skizze der kristallinen Solarzelle (wie in Abb. 6.3), an welcher Kontaktierung sich
Emitter und an welcher sich Basis befindet.

Text Revision 137


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

Abbildung 6.4: Einfaches Ersatzschaltbild der pn- und der np-Solarzelle mit zugehöriger
I-U-Kennlinie

6.2.3 Charakteristische Größen einer Solarzelle


Die Qualität und der optimale Arbeitspunkt einer Solarzelle wird mit den folgend erläu-
terten Kenngrößen quantifiziert. Zunächst befassen wir uns mit der optischen Genera-
tionsrate, welche von der Wellenlänge, der Bestrahlungsstärke und dem Absorptionsko-
effizienten abhängt. Von dieser hängt der Photostrom ab, welcher maßgebend für die
elektrische Leistungsgeneration ist.

6.2.3.1 Optische Generationsrate


Die optische Generationsrate G ist ein Maß für die durch absorbierte Photonen angereg-
te Erzeugung (Generation) von Ladungsträgerpaaren im Halbleiter. Sie ist insbesondere
abhängig vom Ort (der Tiefe x im Halbleiter) und von der Wellenlänge λ, G = G(x, λ).
An der Oberfläche gilt die Oberflächengenerationsrate
Eλ (λ)
G0 (λ) = α(λ) (6.5)
h c0/λ
| {z }
pro Photonenergie→# Photonen

Text Revision 138


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
mit h: Plancksches Wirkungsquantum und c0 : Vakuum-Lichtgeschwindigkeit.
Die Oberflächengenerationsrate ist proportional zur spektralen Strahlungsleistungsdichte
(Energie pro Zeit und Fläche und Wellenlänge Eλ (λ)) des Lichtes.
Für die optische Generation durch Absorption im Volumen des Halbleiters gilt der
spektrale Zusammenhang

G(x, λ) = G0 (λ) · e −α(λ)·x

6.2.3.2 Maximum Power Point


Der Maximum Power Point (MPP) ist der Punkt auf der I-U-Kennlinie, in dem die Solar-
zelle die größtmögliche Leistung abgibt. Um die Solarzelle in diesem Punkt zu betreiben,
muss der Lastwiderstand entsprechend angepasst werden. Ist er das, so spricht man vom
optimal angepassten Lastwiderstand RL,opt . Demzufolge gilt nach dem ohmschen Gesetz:
UMP P
RL,opt = (6.6)
IMP P

6.2.3.3 Füllfaktor
Der Füllfaktor (FF) ist definiert als das Verhältnis der von der Solarzelle im MPP abgege-
benen elektrischen Leistung zu dem Produkt aus Leerlaufspannung und Kurzschlussstrom.
Anschaulich beschreibt der Füllfaktor, wie viel das größte unter die I-U-Kennlinie passende
Rechteck (MPP-Leistung) von dem von Leerlaufspannung und Kurzschlussstrom aufge-
spannten Rechteck ausfüllt.

UL ≡ U(I = 0) IK ≡ I(U = 0) (6.7)


UMP P · IMP P
FF ≡ (6.8)
UL · IK
Der Füllfaktor ist ein Güte-Maß für die Solarzelle, je größer er ist, desto besser ist die
Zelle. Er ist immer kleiner als 1, da die Kennlinie niemals rechteckig ist und die weiteren
Verluste durch RS , Rp die Kennlinie weiter vom Punkt (UL , IK ) entfernen. Physikalischer
ausgedrückt kann die Solarzelle nicht gleichzeitig im Leerlauf und Kurzschluss sein.

6.2.3.4 Wirkungsgrad (Energiewandlungswirkungsgrad)


Unter dem Wirkungsgrad η einer Solarzelle versteht man die im MPP abgegebene elek-
trische Leistung pro eingestrahlter Leistung. Die Strahlungsleistung ergibt sich aus dem
Produkt der Bestrahlungsfläche A und der Bestrahlungsstärke E
UMP P · IMP P
η= (6.9)
A·E
Der Wirkungsgrad kann mit dem optimal angepassten Lastwiderstand RL,opt auch um-
geschrieben werden zu:
2
RL,opt · IMP
η= P
(6.10)
A·E

Text Revision 139


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

Abbildung 6.5: Veranschaulichung des Füllfaktors

6.2.3.5 Erklärung des Photostroms


Anhand des Grundmodells der Solarzelle wird im Folgenden die Generation des Pho-
tostroms durch einfallendes Licht erklärt. Der Photostrom wird innerhalb der Solarzelle
ausschließlich durch die Diffusion der Minoritätsladungsträgerladungen (im p-HL Elektro-
nen, im n-HL Löcher) beschrieben (Shockley-Modell). Da Elektronen besser als Löcher
diffundieren haben sie eine größere Diffusionskonstante D (Dn > Dp ). Folglich wird die
weite Basis oft aus p-Silizium realisiert und wir diskutieren hier die Photostromdichte für
eine np-Solarzelle.
Zunächst betrachten wir die Ladungsträgerprofile des vorwärts gepolten, abrupten
np-Übergangs unter Beleuchtung (d.h. Solarzellenbetrieb) in Abb. 6.6.
Das Diagramme zeigen die Verteilung der Majoritäten im spannungslosen Zustand.
In der linearen Skalierung oben ist der starke Abfall der Ladungsträgerkonzentrationen
in der Raumladungszone deutlich zu sehen, so dass man den Eindruck gewinnen könnte
es gibt keine freien Ladungsträger. In der logarithmischen Skalierung darunter sieht man
jedoch, dass es freie Ladungsträger gibt, die den Strom tragen.
Wie im unbeleuchteten np-Übergang lassen sich auch hier, die um den Boltzmann-Faktor
angehobenen Minoritätsträgerprofile am RLZ-Rand ablesen. Die Randwerte werden nur
durch die äußere Spannung festgelegt. Allerdings weichen die Verläufe der Minoritäts-
ladungsträgerkonzentrationen vom unbeleuchteten Zustand (untere gestrichelte Linie)
durch den Einfluss der exponentiellen Verlauf der Elektron-Loch-Paar-Generation (ge-
strichelte Linie mit der Beschriftung e −α(x+d) ) ab. Die Überschussladungen in der Basis
werden durch Rekombination nach Maßgabe der Diffusionslänge abgebaut. In der Abbil-
dung ist durch Rückseitenrekombination am Rückseitenkontakt das Gleichgewichtsniveau
erreicht. An der Emitteroberfläche x = −dem stellt sich der Randwert durch Oberflächen-
rekombination ein. Das ist prinzipiell auch an der Rückseite machbar. Die Stromberech-
nung erfolgt nur für den Diffusionsstrom am Raumladungszonenrand. Die physikalischen

Text Revision 140


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

Abbildung 6.6: Modell des abrupten, beleuchteten np-Übergangs in Vorwärtsrichtung ge-


polt in linearer Skalierung der Majoritätsladungsträgerkonzentration (a) und logarithmi-
scher Skalierung der Ladungsträgerkonzentrationen in (b)

Kontakte können auch außerhalb des eindimensionalen Modells liegen. Der Photostrom
ist wie üblich als Summe der Diffusionsströme an den RLZ-Grenzen beschrieben.
dp(x)
jp (−wn ) ∝ − >0 (6.11)
dx
dn(x)
jn (wp ) ∝ + >0 (6.12)
dx
Die Photostromdichte jph (λ, E) kann explizit berechnet werden, indem man das Glei-
chungssystem für den Halbleiter, das aus Strom- und Bilanzgleichungen gebildet wird,
unter Berücksichtigung der Shockleyschen Voraussetzungen und der Randbedingungen
für den stationären Fall auswertet. Das ist wie für den unbeleuchteten Fall, es kommt aller-
dings der optische Generationsterm dazu. Es ergeben sich Diffusions-Differentialgleichungen
für die Überschusskonzentrationen der Elektronen (∆n) und Löcher (∆p).
Bei optischer Generation von Ladungsträgerpaaren, d.h. bei Beleuchtung, gilt für die
überschüssigen Elektronen
∂ 2 ∆n(x) R G(λ) djp
2
− + = =0 (6.13)
∂x D D dt
∂ 2 ∆n(x) ∆n(x) G0 e −α(λ)·(x+dem )
− = − (6.14)
∂x 2 L2n Dn

Text Revision 141


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
und für die überschüssigen Löcher

∂ 2 ∆p(x) ∆p(x) G0 (λ) · e −α(λ)·(x+dem )


− = − (6.15)
∂x 2 L2p Dp

Diese Differentialgleichungen lassen sich durch Ansetzen entsprechender Randbedin-


gungen (Boltzmannfaktor am Raumladungszonenrand und Oberflächenrekombination)
lösen - und damit die Gesamtphotostromdichte bestimmen. Die Herleitung ist für den
interessierten Leser im Kapitel 4.2. des Buches „Grundlagen der photovoltaischen Ener-
giewandlung"bzw. des aktuelleren „Photovoltaik", beides von H.-G. Wagemann und H.
Eschrich, zu finden.

In (6.16) ist die stark vereinfachte Lösung, welche nur für unendliche weite Basis und
der Vernachlässigung des Emitterstromananteils gilt, aufgeführt
e · Ln · G0 (λ)
jph (λ, E) = (6.16)
1 + α(λ) · Ln
Hierbei ist:

• weite Basis: dba


Ln  1 und α(λ)dba  1

• e die Elementarladung,

• Ln die Diffusionslänge der Minoritätsträger in der Basis, hier der Elektronen,

• G0 die Oberflächengenerationsrate, abhängig von der Bestrahlungsstärke E und der


Wellenlänge λ,

• α der Absorptionskoeffizient (siehe Kapitel 1.2.5).

Die Vernachlässigung des Emitterstromanteils hängt von der Emittertiefe (je dünner,
desto weniger Absorption) und der Verlustrekombination an der Oberfläche (je höher,
desto geringer der Beitrag). Das ist für Silizium im gelben bis roten Bereich. Am Besten
gilt die Näherung für sehr weite Basisgebiete (500 µm) im nahen infraroten Bereich, da
dort der Emitteranteil sehr klein ist. Allerdings ist dieser Bereich für die Energiewandlung
nicht sehr relevant.
Da die Oberflächengenerationsrate G0 und der Absorptionskoeffizient α wellenlän-
genabhängig sind, ist auch die Photostromdichte von der Wellenlänge λ der einfallenden
Strahlung abhängig. Man führt daher die spektrale Photostromdichte jph,λ (λ, E) ein. Dies
ist die Stromdichte, die in der Solarzelle generiert wird, wenn nur Strahlung einer einzigen
Wellenlänge λ einfällt.
Durch Integration über das Spektrum folgt der gesamte Photostrom:
Z
jph (λ, E) = jph,λ (λ, E)dλ (6.17)
∆λ

∆λ ist der Wellenlängenbereich der einfallenden Strahlung. In weißem Licht muss ungefähr
von 0, 4µm bis 1, 1µm integriert werden.

Text Revision 142


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
I

RS

IRp R Last
Iph ID

RP

UD
U

Solarzelle Last

Abbildung 6.7: Ersatzschaltbild der realen Solarzelle

6.2.3.6 Ersatzschaltbild der realen Solarzelle


Eine reale Solarzelle besitzt parasitäre Widerstände, die den Wirkungsgrad der Zelle her-
absetzen und im Ersatzschaltbild berücksichtigt werden müssen. Bei diesen parasitären
Widerständen handelt es sich um den Serienwiderstand RS und den Parallelwiderstand
RP .
Die Kennliniengleichung eine pn-Zelle mit parasitären Widerständen im Eindiodenmo-
dell ist:
 U −I ·R 
S U − I · RS
I(U, E) = I 0 e UT
−1 + − I ph (E ) (6.18)
RP
Mit dem Serienwiderstand RS werden die Verluste in den Leiterbahnen (Kontakte)
und in den Silizium-Bahngebieten berücksichtigt, bei Solar-Modulen auch die Verluste an
den Verbindungen zwischen den einzelnen Zellen. Der Parallelwiderstand RP beschreibt
Kurzschlüsse, die sich typischerweise an den Kanten, d. h. am Rand der Solarzelle befin-
den. Aber auch Leckströme durch den pn-Übergang auf Grund von Defekten sind eine
mögliche Ursache.
Im Eindiodenmodell der Solarzelle können die Widerstände abgeschätzt werden, so-
lange sie die Kennlinie nicht zu stark verändern, d.h. es müssen bestimmte Vorausset-
zungen gelten, die sich im Verlauf der Rechnung ergeben. Allerdings enthalten die mit
der Abschätzung berechneten Widerstände auch nicht parasitäre Anteile, d.h. sie exis-
tieren auch bei einer idealen Kennlinie, bei der RS = 0 und RP → ∞ gelten sollte. Für
genauere Ergebnisse muss man eine Parameteroptimierung vornehmen, die in der Regel
nicht eindeutig ist. Zur analytischen Berechnung wird Gleichung (6.18) auf beiden Seiten
differenziert.
1 − I 0 · RS 1 − I 0 · RS
  U −I ·R
dI S
0
I ≡ = I0 e UT + (6.19)
dU UT RP

Text Revision 143


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
I
I
UL UL UL
U U

RP RS

IK

-I ph
IK R S=0 Ω

mit RS =0Ω mit RP → ∞

Abbildung 6.8: Einfluss der Widerstände auf die I-U-Kennlinie

am Leerlaufpunkt gilt
UL UL
I 0 e RP = I 0 − + I ph (6.20)
RP
1 − I 0 |U =U L · RS 1 − I 0 |U =U L · RS
  
UL
0
I |U =U L = I0 − + I ph + (6.21)
UT RP RP
Annahme: der Parallelwiderstand ist sehr groß gegenüber dem Serienwiderstand
1 − I 0 |U =U L · RS
 
≈ (I 0 + I ph ) (6.22)
UT
1 UT
→ RS ≈ 0 − (6.23)
I |U =U L I 0 + I ph
weitere Annahme: der Photostrom sei groß gegenüber I0 (gut erfüllt)
 dI −1
≈ (6.24)
dU U=UL
Größenordnung (flächenbezogen)RS = 0,05 . . . 0,5 Ω cm2 . Der Parallelwiderstand wird
im Kurzschlusspunkt auf ähnliche Weise berechnet:
1 − I 0 · RS 1 − I 0 · RS
  U −I ·R
S
0
I = I0 e UT + (6.25)
UT RP
Im Kurzschluss gilt
1 − I 0 |U =0 · RS 1 − I 0 |U =0 · RS
  −I K ·RS
0
I |U =0 = I 0 e UT
+ (6.26)
UT RP
−I K ·RS
I0 1
UT e +
UT
RP
= −I K ·RS (6.27)
RS RS
1+ UT · I0 · e UT
+ RP
−I K ·RS
wenn I0
UT e
UT
 1
RP

1/R 1
(6.28)
P
≈ =
1+ RS/R
P RS + RP
 dI −1
→ RP ≈ − RS (6.29)
dU U=0V

Text Revision 144


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
I

UL
U

−1
 dI 
RS ≈ 
 dU 
 U =U L 

IK
−1
 dI 
RP ≈  −RS
 dU U =0V 

Abbildung 6.9: Grafische Bestimmung der parasitären Widerstände

Typischerweise ist RP > 1 kΩ. Durch diese Vereinfachungen erhält man jedoch auch
bei praktisch idealen Solarzellen einen endlichen Parallelwiderstand und einen Serienwi-
derstand größer null, denn selbst die ideale Kennlinie hat eine Steigung im Leerlauf und
Kurzschlusspunkt. Das macht sich z.B. bei einer Temperaturerhöhung bemerkbar, wenn
I0 stark ansteigt und somit auch die Steigung der Kennlinie in allen Punkten. Grafisch
lassen sich die Widerstände aus der Steigung der I-U-Kennlinie im Leerlauf bei I = 0 A
bzw. im Kurzschluss U = 0 V bestimmen (siehe 6.9).
Die parasitären Widerstände wirken sich vor allem auf den Füllfaktor aus. So wird
schnell deutlich, dass dieser sehr groß ist für geringe parasitäre Einflüsse. Steigt der
serielle Widerstand an (RS > 10 Ω cm2 ), so kommt eine zusätzliche Verringerung des
Kurzschlussstromes I K hinzu. Bei schlechten Werten für den Parallelwiderstand (RP <
1 kΩ cm2 ) sinkt die Leerlaufspannung.

Text Revision 145


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

6.3 Versuch

In diesem Versuch sollen die Parameter von Solarzellen unter langwelliger Bestrahlung,
d.h. geringem Einfluss der Oberfläche, untersucht werden. Deren Quantifizierung gelingt
mit der Berechnung der charakteristischen Größen. Zunächst soll die I-U-Kennlinie der
vorliegenden Solarzelle aufgenommen werden. Als Parameter soll hierbei die Bestrah-
lungsstärke variiert werden.
Die zu vermessende Solarzelle wurde mit Silberlack auf einer Lochrasterplatine an-
gebracht und emitterseitig mit Messspitzen kontaktiert. Die Solarzelle kann somit über
die aufgebrachte einzelne BNC-Buchse „SZ“ angeschlossen werden. Damit ist festgelegt,
dass die n-Seite (beleuchtete Vorderseite der Solarzelle) über den Außenleiter auf Masse
gelegt wird.

6.3.1 Labor-Versuchsaufbau
Als Lichtquelle stehen die LEDs aus dem ersten Versuch zur Verfügung. Die zu bemes-
sene Solarzelle wurde mit Silberlack auf einer Lochrasterplatine angebracht und emit-
terseitig mit Messspitzen kontaktiert. Die Solarzelle kann somit über die aufgebrachte
BNC-Buchse angeschlossen werden. Zum Messaufbau stehen zur Verfügung:

• eine steuerbare Gleichspannungsquelle (HAMEG HM 8143)

• ein Multimeter (Fluke 8846A)

• ein PC mit der Software LABView und dem Virtuellen Instrument (vi) Automessung

• eine kontaktierte Solarzelle

• LED C

Der in Abb. 6.10 dargestellte Messaufbau dient der Aufnahme einer I-U-Kennlinie der
Solarzelle. LED-C hat als Lichtquelle die beste Ausbeute und wird deshalb verwendet. Als
Diode ist sie sehr empfindlich gegen Überspannung. Zum Schutz der Diode schalten Sie
bitte einen 100 Ω Widerstand in Reihe. Der Innenleiter des BNC Kabels ist am Adapter
rot markiert und muss an den positiven Pol der Spannungsquelle angeschlossen werden.
Die Dioden sind sehr unterschiedlich, deshalb benutzen wir wieder die Stromsteuerung.
Schließen Sie LED-C mit Schutzwiderstand an die linke Spannungsquelle des HM
8143 an. Wie in PCD-Versuch ist der Innenleiter des BNC-Anschlusses die Anode der
LED. Stellen Sie eine Compliance von 10 mA bzw. für eine weitere Messung von 20 mA
ein. Beginnen Sie bei 7 V und erhöhen Sie die Spannung bis die Compliance erreicht ist.
Prüfen Sie die Funktion der LED mit einer Kamera am Mobiltelefon.

Text Revision 146


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

Abbildung 6.10: Ersatzschaltbild zum Messaufbau bei einer pn-Diode


(Maximalwert der Spannung bestrahlungsabhängig)

Die Vermessung der Kennlinie erfolgt an der rechten Spannungsquelle. Zuerst wählen
Sie eine Compliance von 20 mA Strom. Bei Solarzellen ist die Konvention die Rückseite als
Bezugspotential zu wählen, unabhängig vom Typ pn- oder np-Diode. Dementsprechend
ist der positive Ausgang am Emitter anzuschließen.
Der Serienwiderstand des Multimeters ist nicht zu vernachlässigen, wie die Beispiel-
messung 6.11 zeigt. Deshalb muss dessen Einfluss eliminert werden. Verbinden Sie nun
das Multimeter zur Strommessung zwischen Spannungsquelle und Emitter, wobei die
Konvention zu beachten ist, dass der Emitterstrom an der beleuchtete Seite positiv hin-
ein gezählt wird. Schließen Sie den positiven Sense-Anschluss der Spannungsquelle direkt
an der Solarzelle an. Zur Realisierung einer negativen Spannung müssen Sie wie gehabt
die 5 V Spannungsquelle in umgekehrter Polarität anschließen. Damit die Regelung des
rechten Netzteils funktioniert, muss die Festspannungsquelle an die Basis, also die an-
dere Seite der Diode angeschlossen werden. Andernfalls bekommt die Sense-Regelung
zusätzliche 5 V. Der Kreis schließt sich dann am negativen Ausgang der rechten Span-
nungsquelle.
Die Diodenkennlinie muss insbesondere zur Berechnung von Serien- und Parallelwider-
stand mindestens 0,2 V im Sperrbereich bis etwas über den Leerlaufpunkt hinaus vermes-
sen werden. Die Reihenfolge kann umgekehrt sein, je nach Typ der Solarzelle. Machen
Sie sich das am Schaltbild klar.
Treffen Sie im Labview Messprogramm die entsprechenden Einstellungen so, dass der
Spannungsbereich abgedeckt wird. Setzen Sie die Strombegrenzung auf 20mA, so kann
die Strommessung (in Reihe) sicher über den 100mA-Eingang des Fluke-Multimeters er-
folgen.

Text Revision 147


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle

6.3.2 Labor-Versuchsdurchführung
Es sind drei Kennlinien, im Dunkeln und bei halber sowie voller Strahlungsstärke der LED,
aufzunehmen. Zur Messung der Kennlinie bei Dunkelheit genügt es, die Solarzelle grob
abzudecken. Die anderen beiden Kennlinien werden bei 10 mA bzw. 20 mA Strom in der
LED aufgenommen.
Hinweis: Bei der Vermessung von Solarzellen wird eine andere Konvention zur Vorzei-
chen des gemessenen Stromes verwendet. Der Strom wird immer positiv in den Emitter
(Vorderseite) hinein gezählt. Für einen p-dotierten Emitter entspricht das der üblichen
Konvention, bei einem n-dotierten Emitter dreht sich die positiv gezählte Stromrichtung
um.
Speichern Sie die Messdaten der drei Kennlinien im Messprogramm ab. Verschieben
Sie die Messspannung um die 5 V zur Darstellung.

6.3.3 Versuchsauswertung
Beachten Sie die Stromkonvention für Solarzellen oben.
Wenn Sie kein Protokoll anfertigen:

1. Stellen Sie die Hellkennlinie bei maximaler Bestrahlungsstärke grafisch dar.

2. Bestimmen Sie an der Kennlinie Photostrom, Leerlaufspannung und Füllfaktor.

3. Was ist Ihrer Meinung der wesentliche Unterschied im Vergleich zur Referenzkenn-
linie an einem Solarzellenmessplatz mit simulierter Sonneneinstrahlung?

Wenn Sie ein Protokoll anfertigen:


Stellen sie alle Kennlinien grafisch in einem Diagramm dar. Aus den aufgezeichneten
I-U-Kennlinien sind folgende Größen quantitativ zu bestimmen.

• Sperrsättigungsstrom (aus der Dunkelkennlinie)

• der Kurzschlussstrom IK bei allen Bestrahlungsstärken

• die Leerlaufspannung UL bei allen Bestrahlungsstärken

• die maximale elektrische Leistung (Leistung im MPP) Pmax bei allen Bestrahlungs-
stärken

• der optimale Lastwiderstand RL,opt bei allen Bestrahlungsstärken

• der Füllfaktor FF bei allen Bestrahlungsstärken

• der Serienwiderstand RS bei allen Bestrahlungsstärken

• der Parallelwiderstand RP bei allen Bestrahlungsstärken

Text Revision 148


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
·10−3
6

2
Strom in A

−2

−4
mit Sense-Korrektur
−6 ohne Sense-Korrektur

−0.4 −0.2 0 0.2 0.4


Spannung in V

Abbildung 6.11: Solarzellenkennlinie bei Beleuchtung durch LED-C mit 20 mA Strom

Beantworten Sie die folgende Frage: Welche Parameter ändern sich, welche ändern sich
in erster Näherung nur wenig?
Können Sie das begründen?
Eine der resultierenden Kurven zur Versuchsauswertung könnte z.B. aussehen, wie
in Abb. 6.11 dargestellt. Dort erkennen Sie auch den Einfluss des Widerstandes des
Multimeters.

6.4 Vorbereitungsaufgaben

1. Erklären Sie in drei bis vier kausal zusammenhängenden Stichpunkten die Entstehung
der Raumladungszone über einem pn-Übergang!
2. Wie kommt es zu dem in der Solarzelle generiertem Photostrom?
3. Welche Wellenlänge darf auf eine Siliziumsolarzelle eintreffendes Licht höchstens
haben um noch Elektronen-Lochpaare zu erzeugen?
4. Durch welche Größen ist die Dichte des Photostroms (bei Bestrahlung mit infrarotem
Licht) determiniert? Geben Sie stets die Dimension der genannten physikalischen Größen
an, und machen Sie sich ihrer Bedeutung bewusst.
5. Skizzieren Sie den schematischen Aufbau (mit Beschriftung!) einer kristallinen pn-
und np-Silizium-Solarzelle. Zeichnen Sie dazu eine Beschaltung zur Kennlinienmessung.

Text Revision 149


(755)
Thema 6 - Der beleuchtete pn-Übergang
HLB-PR am Beispiel der Solarzelle
6. Warum werden in der Praxis bei kristallinen Solarzellen meist np-Solarzellen verwen-
det? Welche Dotierung haben hier Basis und Emitter?
7. Zeichnen Sie das Dioden-Ersatzschaltbild der kristallinen Solarzelle unter Berücksich-
tigung der parasitären Widerstände, jeweils für eine pn- sowie np-Struktur. Kennzeichnen
Sie alle auftretenden Ströme und Spannungen.
8. In Abbildung 6.11 ist ein deutlicher Unterschied zwischen kompensiertem Multimeter
und nicht-kompensierten Multimeter zu erkennen. Erklären Sie den Unterschied im expo-
nentiellen Anstiegsbereich und im Photodiodengebiet. Verdeutlichen Sie sich die Wirkung
des Sereinmesswiderstandes des Multimeters in einem Ersatzschaltbild
9. Schreiben Sie die dazugehörige Kennliniengleichung der pn- sowie np-Solarzelle (unter
Berücksichtigung der parasitären Widerstände) nieder.
10. Zeichnen Sie die Kennlinie des beleuchteten pn-Übergangs und kennzeichnen Sie
die charakteristischen Größen. Wie können diese anhand einer entsprechenden Strom-
Spannung-Messung bestimmt/berechnet werden? (Formeln)
11. Skizzieren Sie die Kennlinie des beleuchteten pn-Übergangs und zeichnen Sie die
Tangenten, deren Anstieg Maß für die parasitären Widerstände ist, ein. Beschreiben Sie
die differentiellen Widerstände mathematisch als Ableitungen.
12. Wie groß muss der Lastwiderstand an einer Solarzelle sein, damit sie im optimalen
Arbeitspunkt arbeitet? Wie bezeichnet man diesen Arbeitspunkt?

Text Revision 150


(755)

Das könnte Ihnen auch gefallen