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3.06.

2014
Inhalt:
1) Versuch einer Strukturierung
2) Ü berlegung zu Spiel(weisen) der Darsteller
3) Grundideen fü r Themen-Varianten beim runden Tisch
4) Mö gliche Texte fü r runden Tisch in Variante I: Architektur und Grö ßenwahnsinn
5) Mö gliche Texte fü r runden Tisch in Variante II: Umgang mit dem Erbe

1) VERSUCH EINER STRUKTURIERUNG


Thema der Inszenierung:
NS-Architektur und ihr Verhä ltnis zum Menschen. Umgang mit dem Erbe.

-> Die (Soll-)Wirkung auf den Menschen: du bist klein, aber ein Teil von etwas Großem
-> Wie heute mit der Architektur umgehen?
- Einfach stehen lassen. Entfaltet es dann immer noch seine Macht?
- Vernichten/Zubauen. Aber damit wird doch auch vergessen.
- Zu einer aktiven Denkstä tte machen. Nur wie? (Was du ererbt hast von den Vä tern,
erwirb es, um es zu besitzen)

Was machen die einzelnen Stationen?


In welchem Verhä ltnis stehen sie zu dem Thema der Inszenierung?
(Vielleicht kö nnte jede Station ein anderes extremes Verhä ltnis aufmachen)

1)
Text: Großes reprä sentatives Gebä ude
Bü hne: Keine
Thema: Du bist klein gegen die Architektur. (Grundthema der Soll-Wirkung wird
exponiert)
Spiel(weise): affirmativ (das Staunen, die Begeisterung)

2)
Text: Heldendenkmal
Bü hne: Archä ologische Ausgrabungsstä tte
Thema:
Spiel(weise):

3)
Text: Neue Reichhauptstadt (+Beschreibung von Gebä uden (noch nicht vorhanden))
Bü hne: Großer Lageplan + weiteres Material (z.B. Papier und Kartoffel-Stempel)
Thema: die (Schein-)Revolution der Gesellschaft, manifestiert in gigantischen
Bauvorhaben. Die große Idee ordnet dein Leben.
Spiel(weise):

4)
Text: deutsche Architektonik+Kleinraumsiedlung
Bü hne: Kartonzellen und Kü che
Thema: Du hast Pflichten dem Staat gegenüber.
Spiel(weise): Fü tterung der hungrigen Meute
5)
Text?
Bü hne: der runde Tisch
Thema:
Spiel(weise):

Es sind hier natü rlich noch jede Menge Fragen offen, die wir jetzt angehen mü ssen.
Sind unsere Performer komplett affirmativ? Oder wehren sie sich irgendwann? (muss
eventuell auch nicht generell entschieden werden sondern kö nnte sich von Station zu
Station ä ndern?)
Ich hab auch das Gefü hl, jetzt bei meinen „Themenbeschreibungen“ eher zum Text
assoziiert zu haben. Entscheidender wä re eigentlich (so kommts mir vor) aus dem
Grundthema verschiedene Gegensä tze herauszuarbeiten und dazu zu arbeiten.

2) ÜBERLEGUNG ZU SPIEL(WEISEN) DER DARSTELLER


Vielleicht fü hren auch andere grundsä tzlichere Ü berlegungen hier nochmal weiter (also:
wo fü hrt der Abend hin, was passiert beim runden Tisch etc).
Dennoch hatte ich gerade einen Gedanken, der mich nicht loslä sst: Die ‚Bü hnenbilder’
stellen gerade zum grö ßten Teil Assoziationen zu den Texten dar. Sie Illustrieren sie
nicht, sondern erzä hlen zwar etwas verbundenes aber doch anderes.
Vielleicht sollte man (zumindest in einigen Stationen?) ein ä hnliches Verfahren fü r die
Spielweise wä hlen. Also dass das Spiel der Darsteller jetzt weder Text noch Bü hnenbild
‚illustriert’ oder bedient, sondern etwas Drittes erzä hlt. So ließe sich im Lesesaal
beispielsweise sagen: 1) Wir haben auf der Text Ebene ein Denkmal. 2) Die Bildebene ist
eine archä ologische Ausgrabungsstä tte. 3) der Spieler stellen spielen eine Model Show.

3) GRUNDIDEEN FÜR THEMEN-VARIANTEN BEIM RUNDEN TISCH


I Architektur und Grö ßenwahnsinn:
das wä ren dann also moderne Architektur Texte. Der Versuch der
Parallelisierung wü rde ü ber den Ordnungswillen erfolgen. Plä ne, die nicht nur
einzelne Gebä ude sondern das große Ganze, eine Weltanschauung ü ber Stadtteile
o.ä . ü berstü lpen. Das Thema des Abends wä re: seid wachsam vor Architektur: sie
übt Macht aus und man sollte bei großen Plänen misstrauisch werden
II Auseinandersetzung: Umgang mit dem Erbe
das wä ren dann Texte, die sich um konkrete Gebä ude aus Berlin drehen und dem
Umgang mit diesen, speziell in Bezug auf ihr geschichtliches Erbe (z.B.
Pressemitteilungen, Bucherscheinungen..). Das Thema des Abends wä re: was du
ererbert hast von den Vätern, erwirb es, um es zu besitzen (Goethe). Oder anders:
jeder Umgang mit Architektur ist auch ein Umgang mit Geschichte – seid euch dem
Bewusst!

4) MÖGLICHE TEXTE FÜR RUNDEN TISCH IN VARIANTE I: ARCHITEKTUR UND


GRÖẞENWAHNSINN
Quelle: Rem Koolhaas (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82995614.html)

Sie scheinen ein bisschen unglü cklich zu sein mit diesem Gebä ude, das fü r Sie gebaut
worden ist. Und Sie sind skeptisch, wenn es um dieses neue Viertel geht, in dem das
Haus steht. Ich habe das Gefü hl, Sie brauchen von mir weniger ein Interview als eine
Therapiestunde.

Es wä re zu einfach zu sagen: Der Architekt hat versagt. Oder die Stadt hat versagt. Oder
das bö se Investorenkonsortium ist schuld. Nein, es ist das Zusammenspiel all dieser
Bedingungen, die seelenlose Bauten hervorbringen.

Die Stadt ohne Eigenschaften: Diese unheimliche Vertrautheit. Als wä re man dort schon
mal gewesen. War man aber nicht. Es sind all die vertrauten Bausteine, die immer
wieder neu zusammengestellt werden. Allein wenn man aus Ihrem Haus die Hauptader
der HafenCity hinunterschaut - diese Straße erzä hlt die ganze Geschichte der
Architektur der letzten zehn Jahre: keine klaren Ambitionen.

Es gibt immer noch einen Grad von Restkontrolle. Also den Versuch, ü ber gleiche Hö hen,
gleiche Materialien und ein ä hnliches bauliches Vokabular eine Einheit zu schaffen. Das
sollen Respektsbezeugungen sein. Und obwohl hier nur etablierte Architekten
zugelassen wurden, sind die Resultate enttä uschend. Trotz allen Aufwands. Und das ist
ü berall so.

In einem Zeitalter der massenhaften Immigration muss es vielleicht auch zu einer


massenhaften Ä hnlichkeit der Stä dte kommen. Diese Stä dte funktionieren wie
Flughä fen: Die immer gleichen Geschä fte sind an den immer gleichen Stellen. Alles ist
ü ber die Funktion definiert, nichts ü ber die Geschichte. Das kann auch befreiend sein.

Unter dem Neoliberalismus verlor die Architektur ihre Rolle als entscheidende und
grundlegende Artikulation einer Gesellschaft.

Der Plattenbau, zum Beispiel. Egal wie fehlgeleitet sich das alles am Ende herausstellte,
war das doch eine ziemlich klare Artikulation. Der Neoliberalismus aber hat Architektur
zu einer "Cherry on the cake"-Angelegenheit gemacht. Hierfü r ist die Elbphilharmonie
das beste Beispiel. Das ist ein Sahnehä ubchen. Ich sage nicht, dass der Neoliberalismus
die Architektur zerstö rt hat. Aber er hat ihr eine neue Rolle zugewiesen und ihren
Spielraum eingegrenzt.

Wir glauben, dass Direktaufträ ge zu besseren Gebä uden fü hren. Bei Wettbewerben sind
Sie zu Kompromissen gezwungen.

Weitere Recherche Mö glichkeiten zu Rem Koolhaas:


Essay: Bigness. Stadt ohne Eigenschaften.
Delirious New York: A Retroactive Manifesto for Manhattan
Buch ü ber die japanischen Metabolisten

5) MÖGLICHE TEXTE FÜR RUNDEN TISCH IN VARIANTE II: UMGANG MIT DEM ERBE
Folgende Zitate aus: Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933-1945.

Norbert Huse: unbequeme Baudenkmale und schwierige Erbschaften

Goethe: „Was du ererbt hast von den Vä ter, erwirb es, um es zu besitzen“
Pevsner: Was die nationalsozialistische Architektur angeht, so ist jedes Wort ü ber sie
zuviel.

Deutsche Kunst und Denkmalpflege: „Sicher: Die damnatio memoriae ist keine
Bewä ltigung! Vielmehr wird uns nach ü ber vierzig Jahren verdrä ngter Erinnerung jedes
greifbare Geschichtszeugnis wichtig. Ist es aber darum auch ein Denkmal? Was ist an der
architektonischen Hinterlassenschaft der NS-Zeit denkmalwert? Diese Frage bohrt. Sie
mag sogar ü berfä llig erscheinen, wenn wir heute bereits die Nachkriegsarchitektur auf
Denkmalwert abklopfen. Dennoch ist eine rasche Antwort immer noch vorschnell. Was
kann ü berhaupt der Begriff Denkmal im Zusammenhang mit dieser Hinterlassenschaft
bedeuten? Der Nationalsozialismus, und was er angerichtet hat, lasten noch immer als
Trauma nicht nur auf den Deutschen. Seine Ablage in die Regale der ‚abgeschlossenen
Kulturepochen’ verbietet sich.“

Als Denkmalpfleger mö chte man in der Haupstadtdebatte vor allem Zeichen einer
gefestigten Demokratie erkennen, die statt Geschichtsverdrä ngung eine bwußte
Anerkennung und Auseinandersetzung auch mir unbequemen Bau- und
Gartenzeugnissen ermö glichen, ja anstreben kann. Ohne deren Erhaltung und Kenntnis
wü rde sich die Gesellschaft nä mlich des historischen Anschauungsmaterials begeben,
dessen sie zur kritischen und selbstkritischen Reflexion ihres eigenen historischen
Standortes immer wieder bedarf.

Gü nter Andres im Merkur: „Weil, wo es nichts zu sehen gibt, nichts geschehen ist. Weil,
wo Operationen narbenlos gelingen die Krankheiten vergessen werden. Die Lehre, die
mir das intakte Kirchenschiff gestern erteilt hat, ist also in unserem Wiederaufbau auch
eine Vernichtung zu sehen. Die Vernichtung der Zeugen der Vernichtung.“

Bau und Gartengestaltung in der NS-Zeit dienten immer auch einer Art
architektonischer Akzeptanzwerbung fü r das Dritte Reich. Die Einsicht in das
Einschü chterungs- und Verharmlosungspotential dieser Anlagen, das Eingestä ndnis
eventuell faszinierender Wirkungsmö glichkeiten und damit der eigenen Anfä lligkeit fü r
eine ambivalente Architekturwahrnehmung dä mmert womö glich erst in der realen
Begegnung mit Bau- und Gartenzeugnissen vor Ort. Stilsichere positive Werurteile fü r
oder stilkritische ä sthetische Vorbehalte gegen das Bauen in der NS-Zeit kö nnen diese
Form der Selbstreflexion und Selbstaufklä rung nicht ersetzen.

Speer in den Tagebü chern: „Eine Ideologie nationalsozialistischer Architektur gab es


nicht, wiewohl ich das jetzt immer wieder lese. Gefordert war lediglich das Ü bermaß.
Ideologie wurde in der Aufgabenstellung sichtbar, nicht aber im Stil.

Die Hinterlassenschaften des „Dritten Reichs“ sind unbequeme, aber notwendige


Erinnerungsorte der deutschen Geschichte. Die politisch bewußte Aufarbeitung der
Vergangenheit kann nur Glaubwü rdigkeit beanspruchen, wenn die im Stadtbild
sichtbaren, mitunter stö renden Zeitzeugnisse bewahrt und erhalten werden. Sie regen
das Denken und Nachdenken an, das dem Vergessen entgegenwirkt.

Folgendes aus Werner Duth/Gü nter Behnisch: Neubau der Akademie der Kü nste –
Berlin Pariser Platz
Warum also kehr die Akademie an den Pariser Platz zurü ck? Es lä ßt sich wohl
begrü nden und wü rdigen: Weil sie die bö sen Geister des Ortes bannen, sich in
Liebermanns Akademie wiederfinden, die fatalen Trennungen der deutschen Geschichte
tä tig ü berwinden will. [...] Zu diesem Modell republikanischer Revision auch der eigenen
Sü nden gehö rte symbolisch zwingend die Neubesetzung des historischen Ortes am
Pariser Platz – zuerst zur kritischen Versö hnung einer ungeteilten Akademie mit sich
selbst. Ein kathartischer Schritt, bei dem keine Lehre der Geschichte verloren gehen
sollte. Daher auch – nicht minder symbolisch – der Kampf fü r eine Architektur des
klaren Durchblicks, der guten Einsicht in die Vergangenheit, der besseren Aussicht auf
die Zukunft. [...]
Nach dem Entwurf der Architekten ... sollte der Bau zwei Gesichter haben, die einander
nicht widersprechen, sondern bedingen. Dem Pariser Platz wendet er den Ausdruck
kü nstlerischer Freiheit zu, auf der andern Seite, zur Behrenstraße, zeigt er seine
historische Verpflichtung. [...] Seine Architektur sollte die Gleichrangigkeit von
Gegenwart und Vergangenheit erklä ren; [...]
Aber auch der Neubau selbst kam zu seiner Geschichte. Die Berliner Wirklichkeit stieß
sich so lange an Behnischs Entwurf, bis seine glä serne Haut eher zu ihrem Spiegel
wurde, als den beabsichtigten Durchblick zu erlauben. Die Geschichte dieses Baus nahm
ihm nicht alles, aber doch vieles, was fü r seine Sprache unabdingbar, was der Akademie
fü r ihre Botschaft obligatorisch schien.

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