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Grundlagen der CO2-Bepreisung in

Europa und Deutschland

Prof. Dr. Frank Best, HTWG Konstanz

Vortragsreihe "Energie und Transformation"

© Prof. Dr. Frank


Hochschule Konstanz
Best 04.01.2024
• Einführung
• Cap&Trade Emissionshandel
• Das EU-ETS
• Das nEHS

© Prof. Dr. Frank Best 04.01.2024 1


Globale Temperaturentwicklung 1880 - 2020

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Quellen wichtiger anthropogener Treibhausgase

• CO2:
– Verbrennung fossiler Energieträger (Öl, Kohle, Gas)
– Rodung und Verbrennung von Biomasse
• CH4:
– Energieerzeugung
– Viehzucht
– Mülldeponien
– Reisanbau
• N2O:
– Viehzucht (Düngung)
– Industrielle Produktion
(Foto: Vattenfall)

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Kosten der Erderwärmung (Externe Kosten)

• Reale Schäden THG-Ausstoß (UBA):


ca. 200 EUR/t

• Langfristige Schäden der EU-Emissionen (3.873 Mt/a, 2019):


ca. 775 Mrd. EUR / Jahr

• Langfristige Schäden deutscher THG-Emissionen (762 Mt/a, 2021):


ca. 152 Mrd. EUR / Jahr

https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen#gesamtwirtschaftliche-bedeutung-der-
umweltkosten

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CO2-Restbudgets

EU: 47,2 Gt CO2


D: 6,7 Gt CO2
(ab 2020)

© Prof. Dr. Frank Best IPCC WG1 AR6, Tabelle SPM.2 04.01.2024 8
THG-Emissionen EU-27 seit 1990 (-29%)
in Millionen Tonnen CO2e

5.000

4.000

3.000

2.000

1.000

0
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Energiewirtschaft Verkehr Industrie Landwirtschaft Gebäude Intl. Transport Intl. Flugverkehr Abfallwirtschaft

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THG-Emissionen seit 1990 (-39%)

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• Einführung
• Cap&Trade Emissionshandel
• Das EU-ETS
• Das nEHS

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Wie kommen wir optimal zur „Netto-Null“ unter
Einhaltung des 1,5° Ziels?
900

800

700

600
Mio Tonnen CO2e

500

400

300

200

100

0
2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045

Energiewirtschaft Industrie Gebäude Verkehr Landwirtschaft Abfallwirtschaft und Sonstiges

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Zulässige Jahresemissionsmengen für die Jahre 2020 bis 2030 und
jährliche Minderungsziele für die Jahre 2031 bis 2040
nach §4 KSG
900

800

700

600
Mio Tonnen CO2 e

500

400

300

200

100

0
2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045

Energiewirtschaft Industrie Gebäude


Verkehr Landwirtschaft Abfallwirtschaft und Sonstiges
GESAMT Eigene Projektion
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Prinzipielle Möglichkeiten
• Ordnungsrecht => staatliche Zuteilung der Mengen

• Steuer => Preissteuerung

• Cap&Trade => Mengensteuerung

• Hybridsysteme => Mischung aus 1-3

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Ordnungsrecht – zu komplex

Energiewirtschaft Wärme Landwirtschaft

Industrie Verkehr Abfallwirtschaft

• 83 Millionen Personen; ca. 3 Millionen Unternehmen in Deutschland


• Unterschiedliche Anpassungsgeschwindigkeiten bei praktisch allen Akteuren
• Unterschiedliche Bedürfnisse und Prioritäten bei praktisch allen Akteuren
• Kein Verursacherprinzip bei den Kosten durch Emissionen

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CO2-Steuer: zu unsicher
• Steuer auf Emissionen fällt bei Emittenten oder Inverkehrbringern an
• Wird auf Preise aufgeschlagen

• Verursacherprinzip ist eingehalten


• Lenkungswirkung ist gegeben

• „Try and Error“ – Prinzip bei der Preissetzung


• Einhaltung der Mengen nicht gewährleistet

• Steuer zu hoch: Wirtschaft / Verbraucher werden übermäßig belastet


• Steuer zu niedrig: Emissionsmengen werden überschritten

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CAP & TRADE Systeme
• Optimale Verteilung öffentlicher Güter

• Mengenbegrenzung (Restbudget) und Absenkpfad werden nach


naturwissenschaftlichen Erkenntnissen gesetzlich festgelegt

• => „Verbot auf Raten“ garantiert das 1,5 Grad Ziel

• Zulässige Mengen werden versteigert

• Einnahmen werden der Bevölkerung zurückerstattet und / oder für


Klimaschutzmaßnahmen verwendet

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Effekte eines Cap & Trade Systems
• Wissenschaftlich fundierte Mengenziele werden eingehalten
• Übergang erfolgt allmählich, nicht abrupt, und ist planbar
• Kosten der Umweltschäden werden internalisiert =>
Lenkungswirkung hin zu THG-armen Produkten
• Das Verursacherprinzip wird eingehalten - wer emittiert, zahlt
• Verteilung der Restmengen regelt der „Markt“ => jeder Akteur
kennt seine Möglichkeiten und Bedürfnisse am besten
• Planungsunsicherheiten können durch Handel ausgeglichen
werden
• Staat erhält Einnahmen aus dem Verkauf öffentlicher Güter
• Entlastung der Verbraucher durch Rückzahlung der Einnahmen
• Verbraucher entscheiden zwischen Vermeidung und Bezahlung

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Verteilungswirkung

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• Einführung
• Cap&Trade Emissionshandel
• Das EU-ETS
• Das nEHS

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Übersicht über die Sektoren
EU-ETS1 nEHS => EU-ETS2
-/-
(EU27 + ) (D => EU)

Energiewirtschaft (EUA) Wärme Landwirtschaft

Industrie (EUA) Verkehr Abfallwirtschaft

Flugverkehr (EUAA)

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Das EU-ETS
• Start im Jahr 2005
• Teilnehmer: Energieversorger, Industrie (EUA), ~ 11.000 Anlagen,
Flugverkehr (EUAA) seit 2012
• Große Energieanlagen, insbesondere fossil befeuerte Kraftwerke,
Heizkraftwerke und Heizwerke (jeweils ab 20 MW
Feuerungswärmeleistung)
• Energieintensive Industrieanlagen, beispielweise Hochöfen der
Stahlindustrie, Raffinerien, Zementwerke, Aluminiumwerke, Anlagen der
Chemieindustrie

• 3 abgeschlossene Handelsperioden
• 1. Periode 2005 – 2007 („Testphase“)
• 2. Periode 2008 – 2012
• 3. Periode 2013 – 2020
• 4. Periode 2021 – 2030
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Anteile der Emissionen im EU-ETS nach Land 2020

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4. Handelsperiode - CAP

Vorschlag der EU-Kommission

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Freie Zuteilung von Zertifikaten

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EU-ETS1 – 1. Versteigerung
• Einheitspreisverfahren mit einer Bieterrunde und geschlossenem
Orderbuch

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https://www.dehst.de/DE/Europaeischer-Emissionshandel/Versteigerung/versteigerung_node.html
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EU-ETS1 – 2. Handel
• Die Emmissionszertifikate (EUA) können an verschiedenen Börsen
gehandelt werden.

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EU-ETS1 – 3. Verwendung der Einnahmen
• Einnahmen 2018–2020 ca. 14–16 Mrd. EUR jährlich

• Deutsche Einnahmen 2021: 5,3 Mrd. EUR

• Zweckgebunden im Energie- und Klimafonds


• Erhöhung der Pendlerpauschale
• Erhöhung des Wohngeldes
• Klimaschutzmaßnahmen
• Entschädigung der Betreiber von Kohlekraftwerken

• Neue Bundesregierung: „Klimageld“ im Koalitionsvertrag

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• Einführung
• Cap&Trade Emissionshandel
• Das EU-ETS
• Das nEHS

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Das deutsche nEHS
• trat 2021 für Gas, Öl, Diesel und Benzin in Kraft, wird 2023 um
andere Brennstoffe erweitert
• umfasst im Wesentlichen Emissionen aus den Sektoren Wärme
und Verkehr
• Teilnehmer sind die „Inverkehrbringer“ der Brennstoffe
• Ca. 4.000 Unternehmen (Großhändler, Hersteller mit
Großhandel, Importeure) von Brennstoffen erwerben
elektronische Zertifikate an der EEX in Leipzig
• Mit Ablauf eines Jahres müssen Berichte erstellt und Zertifikate
in entsprechender Höhe bei der DEHSt abgegeben werden

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Mengenpfad
jährliche Emissionsmengen nEHS lt. Referentenentwurf Okt. 2021 in Tonnen CO2
350000000

300000000

250000000

200000000

150000000

100000000

50000000

0
2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050 2055

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CO2-Preispfad nEHS
70
EUR/t
60 Schadenskosten:

50 UBA: ~200 EUR / t

40 IPCC: 160 – 225 EUR / t

30 Lenkungswirkung:

20 IWF: ca. 60 EUR / t

10

0
2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026
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© Prof. Dr. Frank Best Graphik: DEHSt 04.01.2024 36
Verwendung der Einnahmen
• 7,2 Milliarden Euro in 2021

• Zweckgebunden im Energie- und Klimafonds


• Erhöhung der Pendlerpauschale
• Erhöhung des Wohngeldes
• Klimaschutzmaßnahmen
• Entschädigung der Betreiber von Kohlekraftwerken

• Neue Bundesregierung: „Klimageld“ im Koalitionsvertrag

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Maßnahmen
a) Senkung der Stromkosten (EEG-Umlage)
• 2021-2023: jeweils -0,25 c/kWh => -2,8 c/kWh
b) Anhebung der Pendlerpauschale
• 35 c / km ab dem 21. km, befristet bis 2026 => 38 c / km
c) Entlastung von Wohngeldbeziehern und Mietrecht
• Erhöhung des Wohngeldes um eine dynamische CO2-Komponente
• Begrenzte Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung durch Mietrecht
d) Transferleistungen
• Erhöhte Energiekosten sind bereits bei Transferleistungen
berücksichtigt

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Ausblick
• Stärkere jährliche Reduzierung im EU-EHS1 (-4,2%)
• Kostenlose Verteilung von Zertifikaten bis 2027 schrittweise
abschaffen
• Seeverkehr in EU-EHS1 einbeziehen
• nEHS soll 2026 in EU-EHS2 überführt werden
• Carbon Border Adjustment Mechanism einführen

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© Prof. Dr. Frank Best 04.01.2024 40
© Prof. Dr. Frank
Hochschule Best
Konstanz 04.01.2024 41

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