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Andreas Weiss: Begriffe, Bezeichnungen und Namen von Burgen, Schlössern,

Ansitzen (1. Teil der VL vom 12.12.08 im Rahmen der Ringvorlesung

BEDEUTUNG DES WORTES Burg:

Mit dem fem. Nomen Burg (mhd. burc, ahd.as. burg, got. baurgs, anord. borg
aus ger *burg (Wurzelnomen) wurden zuerst „befestigte Städte“ bezeichnet, und
zwar zuerst römische, da die Germanen keine Städte hatten.

Ein germanischer Name mit dem Wort burg wird bei Tacitus genannt im
Ausdruck saltus Teutoburgensis, die römische Bezeichnung für „Teutoburger
Wald“ – was vielleicht „Wald der Volksburg“ [vgl. Kluge, Etymologisches
Wörterbuch der deutschen Sprache, 22. Aufl. 1989, S. 115] bedeutete, einen
befestigten Ort, an dem die Bewohner einer Gegend vor Angreifern Schutz
suchten, eine sogenannte Fliehburg.

Ab 900 errichteten Adelige befestigte Wohnsitze für sich selbst, sog.


Herrensitze, die einen einzelnen Besitzer hatten. Auch diese befestigten
Herrensitze wurden Burg genannt. Das war der neue Typ von Burg, die
sogenannte Ritterburg . Dieser Typ wurde im weiteren Verlauf der Geschichte
ausschließlich mit dem Wort Burg bezeichnet und ist auch der heute übliche
Begriff.

Die Etymologie des Wortes Burg ist unklar. Es gibt mehrere konkurrierende
Möglichkeiten:

1. Burg im (Schwundstufen)Ablaut zu Berg, dann wäre die


Ausgangsbedeutung etwa „Höhe“

2. Burg könnte auch im Ablaut zu bergen stehen und das würde mit der
Funktion von Fliehburgen, Schutz oder Verstecken, relativ gut
harmonieren.

3. Burg könnte mit gr. Pyrgos eine gemeinsame Herkunft haben, das die
Bedeutung „Turm, Mauerturm“ hatte.

4. Das lat. mask. Nomen burgus mit den Bedeutungen

a. „castellum, arx“ und „oppidum, locus (saepe de locis muris


circumdatis) [vgl. Mittellateinisches Wörterbuch] dt. “ Wachturm,
Kastell“ ^

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b. „suburbium, locus noviter fundatus civitati adiacens“ dt. „Unter-/
Vor-/ Neustadt, Stadtteil“ ist seit dem 2. Jh. belegt.

Die Bedeutungsähnlichkeit mit dem germ. *burg ist unübersehbar, auch die
formale Ähnlichkeit ist groß. Eine wechselseitige Beeinflussung ist
wahrscheinlich anzunehmen.

Weitere Bezeichnungen für den bewehrten Wohnsitz von Herrschaften sind:

1. Veste (nhdt. Festung) ist abgeleitet von Adj. fest, stark – es besteht eine
Bedeutungslehnbeziehung zu lat. fortis und davon abgeleiteten
Bezeichnungen for(t), forte, fortezza, fuerte, fortaleza in der franz., ital.,
span. Sprache. – Der Ausdruck Festung wird erst später verwendet,
vornehmlich für Burgen, die für den Krieg mit Kanonen gebaut oder
umgerüstet wurden.

2. Sloz (nhdt. Schloss) ist eine seit dem 13. Jh. belegte metaphorische
Bezeichnung für den bewehrten herrschaftlichen Sitz. Die Bezeichnung
hebt die Funktion des Abschließens in der Landschaft hervor, weniger die
Schutzfunktion, die in Burg / Berg mitausgedrückt wird. Ab dem 15./16.
Jh. wird der Ausdruck dominant für die Herrschaftssitze, die nicht mehr
so deutlich wehrhaften Charakter hatten. In den Namen von Schlössern
wird die Bezeichnung Schloss nur als Klassifikationsbegriff verwendet
(z.B. Schloss Schönbrunn), nicht als Teil des eigentlichen Namens (z.B.
Grimmingschloß).

3. Sitz/Ansitz Klassifikationsbegriff für die kleineren Wohnsitze des niederen


Adels

Vom 15. Jh. an wurde die Klassifikationsbezeichnung Schloss immer


häufiger auch mit Burgnamen kombiniert (z.B. Schloss Wildenstein). In
der modernen Fachterminologie bedeutet Burg den mittelalterlichen
erkennbar wehrhaften herrschaftlichen Wohnsitz, Schloss bezeichnet den
neuzeitlichen Herrensitz ohne deutlich sichtbaren Wehrcharakter.

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NAMEN VON BURGEN, SCHLÖSSERN, ANSITZEN
ÜBERLIEFERUNG
Information über Burgen im Sinne von bewehrten herrschaftlichen Wohnsitzen
gibt es vereinzelt bereits seit dem 10./11. Jh. Während der Adel und die
Ministerialen, die sich nach einheimischen Orten und Burgen nannten, bereits
im 11./12. Jh. in schriftlichen Quellen genannt werden, sind Nachweise von
Burganlagen aus dieser Zeit noch in der Minderzahl. Erst vom 13. Jh. an gibt es
eine hohe Dichte an Quellen. Die ersten Nennungen in Urkunden erfolgten oft
erst lange nach der Gründung, die dann nur mit archäologischen Mitteln
bestimmt werden kann. Die sichtbare Bausubstanz stammt aber oft nicht aus der
Gründungszeit. Viele Burgen wurden auch gar nicht in der schriftlichen
Überlieferung genannt, weshalb der Name und auch der Besitzer oft
unbestimmbar sind. Von den Anwohnern werden Burgen und Schlösser oft nicht
mit dem offiziellen Namen bezeichnet, sondern mit der
Klassifikationsbezeichnung (Appellativum):Burg, Schloss.

Burgen als wehrhafte Bauten, die einer Adelsfamilie als Wohnsitz und
Verwaltungszentrum aber auch als Statussymbol dienten, wurden bis ins 12. Jh.
überwiegend nach Orts- und Flurnamen benannt. Seit dem 11. Jh. kamen auch
eigene Namenskreationen in Gebrauch, im 13. Und 14. Jh. nahm die Zahl von
sogenannten Prunk- und Trutznamen (Wolkenstein, Neideck…) besonders im
Süddeutschen Raum deutlich zu. Diese bewusst gewählten Namen zeigen
deutliche Regelmäßigkeiten, die auch über Sprachgrenzen hinweg zu
beobachten sind.
ENTSTEHUNG DER NAMEN

Das lat. Wort castellum, das it. als castello, span. als castillo, franz. als
Chatel/Chateau, engl. als castle erscheint, wird im Ahd. des 9. Jh. mit burg
oder burgila wiedergegeben und bezeichnete einen befestigten Ort, eine
bewehrte Siedlung oder eine Fliehburg. Im 11./12. Jh. schränkte sich der
Gebrauch des Wortes burg – wie bereits gesagt - mehr und mehr auf den
bewehrten Herrschafts-/Rittersitz ein, während die befestigte Siedlung als stat
bezeichnet wird. Namen mit dem Grundwort –burg können noch im 11. Jh.
nicht eindeutig als Wohnsitz einer Adelsfamilie aufgefasst werden. Als im 11.
Jh. Hochadelige Höhenburgen errichteten, übertrugen sie meist die schon
bestehenden Bergnamen auf ihre Burg: z.B. it. Montalto, dt. Schwarzenberg,
Landegg etc. Ähnlich im frz. Gebiet: roche „Fels, Stein“ bezeichnete einen Berg

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oder felsigen Hügel und in Übertragung die darauf erbaute Burg. Mit dem
Aufkommen der Höhenburgen wurden zusammengesetzte Namen mit den
Wörtern berg/mont, stein/fels/rocca/roche und eck/egg sehr häufig, so dass diese
Wörter bald als charakteristische Bestandteile von Burgnamen verstanden
wurden und in der Folge auch bei Neuschöpfungen verwendet wurden:
Schöneberg/Beaumont/Belmonte; Goldenstein, Sighartstein, Rosenberg,
Wartenfels, um nur einige zu nennen. Die tatsächlichen topographischen
Verhältnisse spielten bei dieser Namengebung manchmal keine entscheidende
Rolle mehr (z.B. besonders bei Stein ist dies zu sehen – während Fels eher auf
Burgen in gebirgigem Terrain beschränkt blieb, kann man Namen auf Berg auch
in flachem Gelände finden (z. B. Helfenberg).

Ab dem 13. Jh. kamen besonders beim niederen Adel sogenannte Prunk- und
Trutznamen in Mode: Freudenberg, Ehrenfels, Reichenfels, Leopoldskron;
Greifenfels, Neideck u.ä. Die Bezeichnung Hoch- Hohen- (vgl. Hohensalzburg,
Hohenwerfen) wurde ebenfalls bereits im Hochmittelalter zu einem Zusatz, der
den Rang und nicht die Lage bezeichnete.

Zu allen Zeiten bestand ein reger Austausch auch über die Sprachgrenzen
hinweg. Kreuzfahrer brachten den Namen Montabaur (Muntabur = Mont Tabor)
aus dem Hl. Land nach Deutschland. Französischer Einfluss zeigt sich im
Namen Montfort (der sowohl in Deutschland als auch in Österreich vertreten
ist).
TYPOLOGIE DER NAMEN

Einfache Bezeichnungen sind im Deutschen als offizielle Namen selten, nur als
Bezeichnungen im Volksmund.

Vorherrschend sind zusammengesetzte Namen mit einer kleinen Zahl


unterschiedlicher Grundwörter (Basisbegriffe):

1. Grundwörter, die einen Bau bezeichnen: -burg, -schloss/schlössl, -haus, -


hof, -heim, -turm. (Vgl. Edmundsburg, Grimmingschloss, Doktorschlössl,
Lockenhaus(Burg), Rupertihof (Schloß), Söllheim (Schloß), Klausturm
(Burg). Zu beachten ist auch hier die oft mangelnde Übereinstimmung
von Name und Klassifikation. Mancher auf –burg auslautende Name
bezieht sich nur auf einen Ansitz.
2. Grundwörter, die eine Flur bezeichnen, also eine markante Eigenschaft
des Platzes, auf dem die Burg, das Schloss, der Ansitz gebaut ist:-berg,
eck/egg, -stein -fels, -au, -bach ... Worunter besonders Stein nicht nur die

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Beschaffenheit des Platzes einer Burg bezeichnet, sondern wohl für die
aus Stein bestehende Burg selbst steht - und damit als eine Art Synonym
für Burg in den Namen sehr beliebt wurde. Aber auch –berg, –egg –fels
wurden bald als typische Bestandteile von Burgnamen verstanden.

Namen auf –berg wurden im Spätmittelalter in großer Zahl wieder auf –burg
umgeändert.

AKTUELLE BEZEICHNUNGEN UND NAMEN


VON BURGEN/RUINEN, SCHLÖSSERN, ANSITZEN IN ÖSTERREICH

KLASSIFIKATIONSBEGRIFFE ZAHL der entsprechenden Bauten

Ansitz: 200
Edelsitz/Freisitz: 30
Burg: 126
Burgruine: 346
Festung: 3
Herrenhaus 7
Palais: 99
Schloss: 1308

HÄUFIGE BASISBEGRIFFE IM NAMEN


(letzter Begriff im Namen, z.B. -burg in „Edmundsburg“)

Gruppe 1 (~21%)

-burg 120
-schlössl 72
-schloss 16
-haus 35
-heim 28
-hof 140

Gruppe 2 (~41%)

-stein 175 ( 9%)


-berg 220 (11%)
-egg/eck 138 ( 7%)
-fels 16 ( 1%)
-au, -bach, -holz … 260 (13%)

LISTE DER NAMEN: http://www.burgenkunde.at/

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Quellen zur Namensliste:

Georg Clam Martinic, Österreichisches Burgenlexikon, 1992


Gerhard Stenzel, Von Burg zu Burg in Österreich, 1973
Norbert Grabherr, Historisch topographisches Handbuch der Wehrbauten
Laurin Luchner, Schlösser in Österreich, 1978
Otto Piper, Österreichische Burgen Bd. VII, 1909
Kühtreiber/Mochty/Weltin – Wehrbauten und Adelssitze Niederösterreichs/

Das Viertel unter dem Wienerwald Bd. 1 - 1998


Felix Halmer, Niederösterreichs Burgen, 1956
Felix Hamer, Burgen und Schlösser / Bucklige Welt, Semmering, Rax, 1969
Josef Weingartner, Tiroler Burgen, 1971, ISBN 3-7022-1013-X

Literaturhinweise:

Heinrich Boxler: Burgnamen (Names of Castles/ Noms propres de châteaux forts). In:
Namenforschung / Name Studies / Les noms propres Ein internationales Handbuch zur Onomastik /
An International Handbook of Onomastics / Manuel international d'onomastique . Hrsg. v. Eichler,
Ernst / Hilty, Gerold / Löffler, Heinrich / Steger, Hugo / Zgusta, Ladislav. 2 Halbbände. Berlin/New
York: Mouton de Gruyter 1995/1996(Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 11),
S. 1596-1600.

Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. Band II: Geschichte und Burgenlandschaften. Hrsg. v. d.
Deutschen Burgenvereinigung e.V. durch Horst Wolfgang Böhme u.a. Stuttgart: Theiss Vlg. 1999
[besonders: S. 8-32]

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