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HEINRICH BAERMANN

erblickte am 14. Februar 1784 in Potsdam das Licht der Welt und erhielt seinen ersten Musik­
unterricht in der Hautboisten-Schule des dortigen Militärwaisenhauses. Er war Schüler des
berühmten Klarinettisten Beer. 1798 trat er in die Kapelle des 2. Garderegiments ein und
erregte dort die Aufmerksamkeit des Prinzen Louis Ferdinand, der ihn ständig zu seinen
musikalischen Unterhaltungen zuzog und ihm bei Franz Tausch weitere Ausbildung zuteil
werden ließ. Im Kriege 1806 geriet Baermann bei Jena in französische Gefangenschaft,
entfloh jedoch und wandte sich - stellungslos - mit einem Empfehlungssdueiben des Kron­
prinzen Ludwig von Bayern nach München, wo er nach einem Auftreten im Hofkonzert als
I. Klarinettist in die Hofkapelle verpflichtet wurde. Diese Stellung bekleidete er, bis sie sein
Sohn Carl übernahm, nachdem dieser schon einige Jahre neben seinem Vater in der Hofkapelle
tätig gewesen war. H. J. Baermann starb am 11. Juni 1847 in München.
Mehrere große Ko"nzertreisen führten Baermann durch fast ganz Europa. Nachdem er
bereits 1808 in der Schweiz und in Südfrankreich gewesen war, machte er 1811 die Bekannt­
schaft C. M. v. Webers, mit dem er nach Gotha, Weimar, Dresden, Prag und Berlin reiste.
1813 finden wir ihn in Wien, 1815 trat er mit stürmischen Erfolgen in Italien auf, und im
Winter 1817118 konzertierte er mit Angelica Catalani 6 in Paris. Auf Einladung der Phil­
harmonischen Gesellschaft ging er dann 1819 für sechs Monate nach London, und zwei Jahre
später plante er eine Reise nach Rußland, die er aber in Berlin abbrach, um sich nach Wien
zu wenden, wo er während vier Monaten konzertierte. Die Rußlandreise führte er 1822 aus,
und z.war reiste er durch die Schweiz, über Straßburg, Frankfurt, Kassel, Hamburg, Riga nach
Petersburg~ wo er zweimal bei Hof auftrat, um endlich, nach sechzehnmonatiger Abwesenheit
von München über Moskau, Warschau, Breslau, Prag heimzukehren. 1827 unternahm er eine
kleinere Reise nach Kopenhagen. Um seinen Sohn als Klarinettisten und Bassetthornbläser
in die musikalische Welt einzuführen, reiste er mit ihm 1832 abermals nach Petersburg, von
wo Vater und Sohn erst 1834 zurückkehrten. Dem gleichen Zweck diente auch die zweite
Pariser Reise 1839, auf der H. J. Baermann den Beinamen eines RubinP der Klarinette
erhielt. Eine letzte Reise soll ihn noch 1843 nach Holland geführt haben.
Baermanns Ruhm als Klarinettist gründet sich wohl nicht so sehr auf seine fingertechnischen
Leistungen, wie es bei Hermstedt der Fall war, sondern in erster Linie auf die" vollkommene
Gleichheit des Tones von oben bis unten und den himmlisch geschmackvollen Vortrag".
Zweifellos wird audl sein virtuoses Können bedeutend gewesen sein, ohne jedoch beherrschend
in den Vordergrund zu treten, so daß vor allem immer sein "angenehmer und gesangreicher
Ton" gelobt und in seiner Person der "wahrhaft durchgebildete Künstler" verehrt wird, der
sich vor "allen schiefen Richtungen und modernen Tändeleien sicher bewahrt" hat. Aber die
schönste Anerkennung hat wohl C. M. v. Weber "seinem lieben Freunde" gezollt, als er ihn
in einem Brief" wahrhaft großer Künstler und herrlicher Mensch" nannte.

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Ein Bruder von H. J. Baermann, Carl Baermann, stand als bekannter Fagottist im Dienst
des Königs von Preußen. Auch er reiste als Solist und betätigte sich musik schriftstellerisch. Er
starb am Tage seiner Pensionierung, am 31. März 1842, in Berlin.

6 Berühmte Sängerin, 1780-1849. Baermann konzertierte auch später noch öfters mit ihr.
7 Giovanni Battista Rubini, berühmter Tenor, 1795-1854. Trat 1825/26 mit enormen Erfolgen im
Pariser "Theatre italien" auf.

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CARl BAERMANN

der Sohn von H. J. Baermann und der I. Sängerin des Hoftheaters, Helene Harlas, wurde am
24. Oktober 1811 in München geboren. Schon im frühen Alter begann sein Klarinettenunter­
richt, so daß er im Alter von 14 Jahren in der Hofkapelle mitwirken durfte, wo er drei Jahre
später als "Eleve" und 1832 als Hofmusikus angestellt wurde. In dieser Stellung verblieb
Carl Baermann, ' bis er nach mehr als fünfzigjähriger Dienstzeit 1880 pensioniert wurde. Als
lehrer an der Musikschule wirkte er jedoch noch zwei Jahre länger. Er starb am 23. Mai 1885.
Als Virtuose wurde Carl Baermann von seinem Vater auf zwei großen Reisen der Musik­
welt vorgestellt. Auch späterhin reiste er noch öfters in Deutschland, Österreich und Ungarn,
doch konnte er durch die Ungunst der Zeit nicht mehr solche Erfolge erringen wie sein Vater.
Trotzdem hat es ihm an Ehrungen nicht gefehlt, davon zeugen zahlreiche, ihm verliehene
Diplome, Medaillen und Orden sowie die Ernennung zum Professor an der königlichen Musik­
schule in München.
Auf kompositorischem Gebiet war Carl Baermann mit großem Erfolg tätig. Hat sich von
den zahlreichen Konzerten und Kammermusikwerken auch nur sehr wenig bis in die Gegen­
wart lebendig erhalten, so ist doch seine Klarinett-Schule noch heute das wichtigste Werk
der gesamten Studienliteratur für das Instrument. Auch um die Verbesserung der Klarinette
machte er sich verdient.
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Sein Sohn Karl (1839-1913) war ein bedeutender Schüler von Franz Liszt. Er wirkte viele
Jahre an der Münchener Akademie der Tonkunst, bis er nach Amerika übersiedelte.

RICHARD MÜHlFElD

kam am 28. Februar 1856 als viertes Kind des Stadtmusikus leonhard Mühlfeld in Bad
Salzungen (Thüringen) zur Welt und trat bereits im Alter von 17 Jahren in die Meininger
Hofkapelle als Geiger ein. Intensive autodidaktische Studien auf der Klarinette, deren Grund­
lagen er schon in seiner Jugend erlernt hatte, förderten ihn so weit, daß er nach Absolvierung
seiner Militärdienstpflicht 1879 die 1. Klarinette in der Meininger Hofkapelle übernehmen
und diesen verantwortungsvollen Posten zu völliger Zufriedenheit des so kritischen Hans von
Bülow ausfüllen konnte. Von seinem Freunde Brahms sehr gefördert, wurde er als Kammer­
musikspieler eine europäische Berühmtheit. Auf zahlreichen Konzertreisen in Deutschland,
Österreich, Ungarn, Dänemark, England, Holland, Belgien, Frankreich und der Schweiz
machte er Brahms' Werke bekannt.
Diese Reisen unternahm er zum Teil mit Brahms selbst und dem berühmten Geiger Joseph
Joachim. Brahms nannte ihn im Hinblick auf seinen süßen Ton ,..Fräulein Klarinette". Von
1884-1896 war Mühlfeld Soloklarinettist des Bayreuther Festspielorchesters.
Nachdem Mühlfeld 1888 die leitung der Bühnen- und Zwischenaktmusiken am Meininger
Hoftheater übernommen hatte, wurde er drei Jahre später zum herzoglichen Musikdirektor
ernann t. Mitten aus seiner Tätigkeit riß ihn ein Gehirnschlag am 1. Juni 1907.
Mühlfeld war nicht der Virtuose alter Schule, der mit frappanter Fingerfertigkeit und
manchen äußerlichen Effekten die Hörer verblüffte; seine Stärke war die Kunst des tief
musikalischen Ausdrucks. Und dieses musikalische Können hat wohl auch Brahms so sehr zu
Mühlfeld hingezogen, den er die "Nachtigall des Orchesters" nannte, und von dem er an
Clara Schumann schrieb: "man kann nicht schöner Klarinette blasen, als es der hiesige Herr
Mühlfeld tut".

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