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)
Ganztagsschulverband e.V.
Landesverband Sachsen
Arbeitshilfe zum 1
Qualitätsrahmen
Ganztagsangebote
TITEL Autorin
1. Auflage 2020
Herausgeber:
Christoph Bülau
Redaktion und Lektorat:
Christiane Dubiel, Jens Richter, Marion Nagel, Rainer Müller
Gestaltung und Satz:
Janett Andrejewski
Illustration:
Halina Kirschner
Lektorat:
Dr. Sandra Berndt
Der Anteil von Schulen mit Ganztagsangeboten Er wurde vor Inkrafttreten an 20 Schulen erfolg- 5
(GTA) liegt in Sachsen bei über 98 Prozent (vgl. reich erprobt und wissenschaftlich begleitet (vgl.
Berkemeyer 2015, S. 98). Grund für diesen hohen ebd.). Zielgruppe des Qualitätsrahmens Ganztags-
Prozentsatz ist einerseits, dass das traditionell flä- angebote sind alle Schulen mit Ganztagsangeboten
chendeckende Hortangebot an sächsischen Grund- im Freistaat Sachsen.
schulen als Ganztagsangebot gewertet wird und Die 23-seitige Handreichung orientiert sich am
andererseits, dass im Bereich der Sekundarstufe I Rahmenmodell zur schulischen Qualität in Sachsen
lediglich die Mindestkriterien der Kultusminister- und beschreibt sechs Qualitätsmerkmale mit jeweils
konferenz für Ganztagsschulen übernommen wur- drei bis vier Qualitätskriterien einführend mit
den. Auch im Bildungsmonitor belegt Sachsen im einem kurzen Text und dann in tabellarischer Form
Bereich Förderinfrastruktur, also bei der Betreu- mit spezifischen Indikatoren zur Selbstevaluation
ung am Nachmittag, seit Jahren die vordersten (vierstufige Skala: „trifft nicht zu“, „trifft eher nicht
Plätze. Doch Bildungsdisparitäten und Bildungs- zu“, „trifft eher zu“, „trifft zu“).
armut bestehen in Sachsen weiterhin und die Zahl
der Schulabbrecher*innen liegt über dem Bundes- Nach über eineinhalb Jahren Praxis mit dem Qua-
durchschnitt (vgl. INSM-Bildungsmonitor 2020). litätsrahmen zeigt sich, dass er insgesamt ein gut
geeignetes Werkzeug zur kontinuierlichen Ent-
Es zeigt sich, dass die vielfältigen Anforderungen wicklung des Ganztags darstellt. Er weist viele zen-
an Schulen mit Ganztagsangeboten allein durch die trale, aus der Ganztagsschulforschung bekannte
Quantität des Ausbaus nicht erfüllt werden können. Merkmale guten Ganztags auf und beinhaltet in
In den letzten Jahren wurden daher in vielen Bun- Fragebogenform die entsprechenden Indikatoren.
desländern Qualitätsrahmen erarbeitet, welche über Als positiv zu bewerten sind insbesondere die Emp-
die Mindestanforderungen hinausgehende Ansprü- fehlungen, wie eine Ganztagskonzeption gestaltet
che an den Ganztag stellen und die kontinuierliche werden kann. Darüber hinaus sollen Schulen Ziel-
Qualitätssicherung gewährleisten sollen. dimensionen ihrer Arbeit festlegen und dafür Maß-
nahmen und Formen der Qualitätssicherung für
Der sächsische „Qualitätsrahmen Ganztagsange- ihre gewählten Schwerpunkte definieren.
bote - Instrument zur Qualitätsentwicklung und
zur Umsetzung der Fachempfehlung »Ganztagsan- Gleichzeitig zeigen sich in der praktischen Arbeit
gebote an sächsischen Schulen«“, herausgegeben mit dem Qualitätsrahmen Schwächen: So sind
vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus im bspw. die Einleitungstexte der Indikatoren auf das
Januar 2019, „basiert auf den langjährigen Erfah- Nötigste reduziert und deswegen nicht geeignet, die
rungen sächsischer Schulen, den Erkenntnissen Qualitätsbereiche hinreichend zu erläutern. Es bleibt
der wissenschaftlichen Begleitung sowie den Bera- daher unklar, wie genau ein Qualitätsbereich in der
tungs- und Unterstützungserfahrungen des Säch- Schulpraxis umgesetzt werden kann, worauf dabei
sischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) und zu achten ist oder welche Vorgehensweisen sich
des Sächsischen Landesamtes für Schule und Bil- bewährt haben. Darüber hinaus zeigen sich einige
dung“ (SMK 2019, S. 4). Leerstellen: So wird als Ausgangspunkt der Ganz-
tagskonzeption an der Einzelschule zwar die oben Der zweite Teil der Arbeitshilfe nimmt die Quali-
genannte Sozialraumanalyse gefordert, allerdings tätsbereiche des Qualitätsrahmens Ganztagsange-
ohne eine Beschreibung der theoretischen Grund- bote in den Fokus. Unsere Autor*innen beschreiben
lagen oder aktueller Methoden. Gleiches gilt auch dabei kompakt und praxisnah, wie die Qualitätsbe-
für das Qualitätsmerkmal „Qualitätssicherung und reiche in der Schule realisiert werden können und
-entwicklung“. Hier heißt es, dass Schulen mit Hilfe geben Umsetzungsempfehlungen. Die einzelnen
geeigneter Instrumente regelmäßig die Angebote Qualitätsbereiche haben sie zu thematisch passen-
intern evaluieren sollen. Was, wie und mit welchen den Themenblöcken gebündelt.
Instrumenten zu welchem Zweck evaluiert wer-
den soll und welche Instrumente in diesem Sinne Im dritten Teil der Arbeitshilfe geht es um das
„geeignet“ sind, darüber gibt der Qualitätsrahmen Thema Evaluation. Aus der eigenen Schulpraxis
keine Auskunft. wissen wir, dass für die Messung der Qualität von
Diese Leerstellen und Unklarheiten versucht die Ganztagsangeboten bisher gute und erprobte Ins-
6 vorliegende Arbeitshilfe zum Qualitätsrahmen trumente fehlen. Als Ganztagsschulverband e.V.
Ganztagsangebote zu füllen und zu beseitigen, die Landesverband Sachsen haben wir daher für diese
vom Ganztagsschulverband e.V. Landesverband Arbeitshilfe ein Modellprojekt ins Leben gerufen.
Sachsen verantwortet wird. Inhaltlich greift sie Dafür habenwir einen von Dr. Dennis Nowak und Dr.
dabei die Themenbereiche auf, die der Qualitätsrah- Fabienne Ennigkeit entwickelten Fragebogen zur
men Ganztagsangebote vorgibt und die aus unserer Messung der Angebotsqualität im Ganztag mit der
Sicht einer weiteren Erläuterung bedürfen, damit Online-Kommunikationsplattform Edkimo zusam-
die Arbeit mit dem Instrument in der Schulpraxis mengebracht. Im Ergebnis steht nun allen sächsi-
besser gelingt. schen Schulen mit Ganztagsangeboten ein erprob-
tes Evaluationsinstrument kostenfrei und digital
Der erste Teil dieser Arbeitshilfe widmet sich daher auf Edkimo zur Verfügung.
dem Thema Sozialraumanalyse. Da weder in der
Aus- noch Weiterbildung von Lehrkräften dieses Wir möchten auf diesem Weg allen Beteiligten an
Thema eine Rolle spielt, haben wir mit Professor dieser Arbeitshilfe danken, insbesondere unseren
Ulrich Deinet gesprochen, einem der profiliertesten Autor*innen und Interviewpartner*innen. Wir hof-
Forscher auf diesem Feld. Deinet macht deutlich, fen, dass Ihnen die Lektüre hilft, zukünftig noch
warum sich Schulen mit Ganztagsangeboten plane- besser mit dem Qualitätsrahmen Ganztagsange-
risch und praktisch an ihrem Sozialraum orientie- bote zu arbeiten und Sie zahlreiche Ideen für Ihren
ren sollen und wie genau dies gelingen kann. Ganztag mitnehmen.
LITER ATUR
Berkemeyer, N. (2015): Ausbau von Ganztagsschulen. Regelungen und Umset-
zungsstrategien in den Bundesländern. Bertelsmann Stiftung. URL: https://
www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePubli-
kationen/Studie_Ausbau_von_Ganztagsschulen.pdf (Zugriff: 03.09.2020).
Wer heute ein Ganztagskonzept für seine Schule plant oder das bereits
vorhandene weiterentwickeln möchte, kommt an Themen wie Sozial-
raum, Sozialraumanalyse und Sozialraumorientierung nicht vorbei.
Auf den ersten Blick sperrige Begriffe, meint Professor Ulrich Deinet.
Auf den zweiten Blick erschließt sich jedoch schnell, wie hilfreich es
ist, den Sozialraum bei der Planung des Ganztags zu berücksichtigen,
damit das Ganztagskonzept individuell für die Schule passt und nach-
haltig wirken könne.
Professor Deinet, beginnen wir mit ihnen bei der Lösung schulischer Probleme unter-
einigen grundsätzlichen Begriffen. stützen zu lassen.
Was meint Sozialraum, Sozialraum-
analyse und Sozialraumorientierung? Und was ist die andere, häufig
vernachlässigte, Blickrichtung?
U . D. : Die Begriffe Sozialraum, Sozialraumanalyse
und Sozialraumorientierung, bezeichnen unter- U . D. : Hier geht es darum, die subjektive Bedeu-
schiedliche Dinge. Gleichzeitig stehen sie zueinan- tung von Sozialräumen deutlich zu machen, also die
der in Beziehung. Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen innerhalb
Der Begriff Sozialraum ist nicht fest definiert. All- und außerhalb der Schule in den Blick zu nehmen.
gemein kann man Sozialraum „übersetzen“ mit: Das ist eine Blickrichtung, die bei dem subjekti-
Gebiet, Quartier, Stadtteil, Stadt oder Region. Es ist ven Empfinden von Menschen ansetzt. Dabei wird
ein sozialgeografisches Gebilde, indem bspw. der vor allen Dingen mit qualitativen Methoden gear-
8 Schulstandort liegt. Zugleich ist in einem weiten beitet. Dieser subjektorientierte Blick ist entschei-
Verständnis die Ganztagsschule selbst ein Sozial- dend dafür, Ganztagsangebote an den Bedürfnissen,
raum. Bedarfen, Lebensbedingungen und den Ressourcen
Sozialraumanalyse meint in einem klassischen von Kindern und Jugendlichen auszurichten.
Sinne eher ein Planungsinstrument, dass wir aus Schule hat in diesem Verständnis zugleich eine
Ämtern für Statistik, von der Sozialraumplanung wichtige Aufgabe als Akteurin in unserer demokra-
oder der Jugendhilfeplanung her kennen. Hier geht tischen Gesellschaft, im Sozialraum, im Stadtteil,
es um das zur Verfügung stellen und das Auswer- im Ort. Sie tritt mit Angeboten in den Sozialraum
ten vor allen Dingen von Daten und Fakten aus der und wird Teil von ihm. Was ich in Schule seit Jahr-
Bevölkerungsentwicklung, wie bspw. der Schulein- zehnten jedoch häufig erlebe, ist, dass die eine Blick-
gangsuntersuchung oder anderen Quellen. Ziel ist richtung häufig sehr stark betont und gleichzeitig
meist die Identifikation von Strukturen, Problemen die andere Richtung vergessen wird. Dabei halte ich
und Entwicklungsvorhaben im Sozialraum, aber die zweite Blickrichtung für genauso wichtig und sie
auch die Darstellung von sozialer Ungleichheit oder gehört unbedingt dazu, weil sonst die erste lang-
die Ermittlung von besonderen Bedarfsgruppen, fristig nicht funktioniert.
um Fördervorhaben zielgruppengenau zu adressie-
ren. Das Städtebauförderprogramm „Soziale Stadt“ Sie sagen, dass die Ganztagsschule selbst
bspw. oder auch die Fördermaßnahmen für soge- ein Sozialraum ist. Was meinen Sie damit?
nannte „soziale Brennpunkte“ sind Ergebnisse die-
ser Sozialraumanalysen. U . D. : Darüber kann man streiten, doch ich finde es
Der Begriff Sozialraumorientierung erweitert nun richtig, das so zu sagen. Denn genau über diesen
diesen eher quantitativen Zugang der Sozialrau- Blick auf das subjektive Erleben, also darauf, wie
manalyse um einen qualitativen und damit eher Schüler*innen die Institution Schule erleben, kom-
subjektiven Aspekt. Sozialraumorientierung hat men auch Dinge in den Blick, die Schule als Sozial-
oft zwei Blickrichtungen. Einerseits öffnet sich die raum eben ausmachen, wie z.B. das soziale Mitein-
Schule in den Sozialraum, sie will sozialräumliche ander untereinander. Das spielt eine wesentliche
Ressourcen für die Gestaltung von Schule nutzen. Rolle für das Gelingen von Schule als Unterrichtsbe-
Das heißt, man sucht sich Kooperationspartner in trieb. Ganztagsschule umfasst so viele Stunden des
der Nähe der Schule, die dann in der Schule tätig Tages, dass sie nach der Familie der wichtigste Ort
sein sollen, z.B. Vereine, Jugendeinrichtungen und in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist.
so weiter. Bei weiterführenden Schulen geht es oft Dazu kommt die sogenannte „Hinterbühne“ von
um einen größeren Einzugsbereich, z.B. den gan- Schule. Damit gemeint sind z.B. die Räume, die
zen Landkreis oder vielleicht sogar mehrere Land- sich Kinder und Jugendliche aneignen und schaf-
kreise. Diese eine Seite der Sozialraumorientierung fen, Erfahrungsräume, die Erwachsenen manch-
bedeutet also, dass ich mich als Schulleitung und mal gar nicht so sichtbar sind, auch das Umnutzen
Schule auf den Weg mache und versuche, Koopera- von Gebäuden und von Flächen. Das sind Merkmale
tionspartner im Stadtteil oder der Region zu finden, von Sozialräumen. Schule ist sehr viel mehr als das
um mit diesen zusammen zu arbeiten oder mich von Unterrichtsgebäude oder als die Institution, die
Ulrich Deinet INTERVIEW
gesellschaftliche Funktionen wie die Verteilung von die Betroffenen nicht nur befragt, sondern direkt
Abschlüssen nach dem Leistungsprinzip, die Ver- beteiligt werden. Sie werden ernst genommen und
mittlung von Kultur, Fähigkeiten und Fertigkeiten um ihre Meinung gefragt.
usw. erbringen soll und muss. Mit diesem Grund- Wir arbeiten auch gerne mit der sogenannten
verständnis kann man Schule sehr viel umfassender „Nadel-Methode“ mit Kartenausschnitten, bei der
sehen, was nach meiner Ansicht für die Entwicklung man in der Schule, also konkret im Unterricht, Kin-
der Ganztagsschule ganz, ganz wichtig ist. der und Jugendliche in eine Karte eintragen lässt, wo
ihre Lieblingsorte sind, wo sie sich nach der Schule
Wie gehe ich nun bei einer aufhalten, wo Angstorte sind usw. Das kann man je
Sozialraumanalyse vor? nach Alter abwandeln.
Fotomethoden funktionieren auch gut, sind beliebt
U . D. : Ich muss, bevor ich eine Sozialraumanalyse und sehr interessant. Nach meiner Erfahrung sind
mache, eine erste Abfrage machen. Welche Themen, Kinder und Jugendliche durchaus stolz, wenn sie
Probleme oder Fragestellungen hat meine Schule. uns etwas zeigen können. Oft sind wir Erwach- 9
Was möchten wir herausfinden? Es ist auch wichtig, senen überrascht von den Orten, die aus Sicht von
sich vor Beginn zu fragen, ob meine Fragen mit einer Jugendlichen positiv besetzt sind, weil man sich da
Sozialraumanalyse beantwortet werden können. z.B. gut treffen kann. Oder man macht eine Bege-
Z.B. könnte ein Vorhaben sein: „Wir suchen neue hung mit Mädchen oder mit Jungen. Oder mit Kin-
Kooperationspartner für den Ganztag“. Oder eine dern und Jugendlichen mit Handicaps. Das kann für
Schule steht vor der Frage, ob sie ihren Schüler*in- bestimmte Themen oder Fragen wichtig sein, um
nen viele, breit gestreute oder doch eher wenige, etwas über die unterschiedlichen Raumwahrneh-
ausgesuchte Ganztagsangebote machen soll. Das mungen herauszufinden.
Thema, das dann eingegrenzt wird, könnte lau-
ten: „Wir wollen wissen, was unsere Schüler*innen Bei der von Ihnen benannten Fotoaktion,
eigentlich nach dem Ganztag noch tun.“ Dazu kön- wie könnte ein möglicher Arbeitsauftrag
nen sich dann unterschiedliche Teilfragen ergeben, für Kinder und Jugendliche aussehen?
z.B.: Müssen wir mehr Angebote im Ganztag für
bestimmte Gruppen machen? Brauchen wir mehr U . D. : Ein erster Arbeitsauftrag könnte z.B. lauten,
Förderung oder ist es genug? Orte in der Schule zu fotografieren, an denen sie sich
Viele Fragen sind dabei eigentlich nur vom Erleben wohlfühlen und auch die, an denen sie nicht gern
der Kinder und Jugendlichen beantwortbar. Deswe- sind. Es müssen nicht viele Fotos sein, darum geht
gen sollte man sie unbedingt einbeziehen und an es nicht. Im Anschluss werden die Fotos vorgestellt.
der Analyse beteiligen. Die Kommentare der Kinder und Jugendlichen zu
den Fotos sind ausgesprochen wichtig.
Wie kann das konkret aussehen? Ein weiterer Auftrag könnte sich auf den Stadtteil
beziehen. Man könnte die Jugendlichen z.B. tägliche
U . D. : Eine bewährte Einstiegsmethode sind Bege- Wege fotografieren lassen, oder ihr Zuhause und
hungen. In der Schule wird „Begehung“ oft mit familiäre Dinge mit einbeziehen. Hier muss man
einem Spaziergang verwechselt. Eine Begehung jedoch sensibel sein. Diese Fotos sollten nicht unbe-
ist jedoch etwas anderes. Es gibt unterschiedliche dingt veröffentlicht werden. Trotzdem sind solche
Ansätze: Begehungen mit Expert*innen, die in die Orte Teil ihrer Lebenswelt. Oft gibt es da wunder-
Schule bzw. in den Stadtteil kommen und diesen schöne Fotos von Kinderzimmern und solche Dinge.
begeht man dann gemeinsam. Und es gibt Begehun-
gen, bei denen Kinder, Jugendliche oder Erwachsene Welche Chancen hat es für die Ganztags-
selbst als Expert*innen ihrer Lebenswelt die Füh- schule, wenn die Lebenswelt von Kindern
rung übernehmen und uns etwas zeigen. So könnte und Jugendlichen mit einbezogen wird?
man den Weg zur Schule rückwärts begehen, um zu
gucken, woher kommen die Schüler*innen. Auch U . D. : Als erstes kann ich viele Dinge besser ver-
die Fahrschüler*innen sollte man einbeziehen, stehen. Wenn man Kinder und Jugendliche parti-
man könnte zusätzlich Befragungen in Schulbussen zipieren lässt, trägt das dazu bei, dass sie „Schule“
machen. Solche Begehungen haben den Vorteil, dass nicht so sehr als Zwangsinstitution sehen, sondern
INTERVIEW Ulrich Deinet
als Ort der Gleichaltrigengesellschaft erleben. Hier In Fortbildungen oder bei Schulentwick-
zeigt sich die Funktion von Schule als Ort der Demo- lungsprozessen erleben wir häufig, dass
kratiebildung. Dazu möchte ich ermutigen und die pädagogische Fachkräfte auf die Rahmenbe-
Beteiligung der Schüler*innen ist dazu ein erster dingungen wie Zeit, Raum, Personal und Geld
Schritt. Denken wir auch an Fragen wie die Pausen- verweisen, wenn es darum geht, die Öffnung
und Raumgestaltung. Über die Rückmeldungen der von Schule voranzutreiben. Wenn ich Sie
Kinder und Jugendlichen zu ihrem Erleben kann ich jetzt richtig verstehe, sagen Sie, diese vier
Bündnispartner oder Kooperationspartner finden, Eckpunkte sind wichtig, mindestens so ent-
die ich vorher gar nicht so im Blick hatte. Ich komme scheidend ist jedoch so etwas wie „Haltung“.
weg von diesen, sehr stark auf Unterricht bezoge-
nen Aspekten, die wichtig sind und gleichzeitig, U . D. : Eine Sozialraumanalyse macht man nicht, weil
wenn sie zu eng sind, den Blick nicht frei machen für man zu viel Zeit hat. Ja, es ist wichtig, dass Schule
mögliche Optionen und Lösungen. und die Lehrkräfte eine Haltung oder ein Selbstver-
10 ständnis davon haben, selbst Teil des Sozialraums
Inwiefern sollte ich Eltern bei einer zu sein. Es ist aus meiner Sicht gut für Lehrkräfte,
Sozialraumanalyse einbeziehen? Bezüge zu dem Sozialraum zu entwickeln, in dem die
Schule liegt und aus dem die Schüler*innen kom-
U . D. : Eltern sind ja erwachsene Personen im Stadt- men. Das wird um so bedeutsamer, wenn Lehrkräfte
teil, die einen eigenen Blick auf unterschiedliche selbst nicht am Ort der Schule wohnen. Ansonsten
Dinge haben. Darüber hinaus sind sie oft nicht nur ist es schwerer, die Lebenswelt der Schüler*innen
Eltern. Sie haben möglicherweise auch ein Geschäft zu verstehen. Den Bezug herzustellen ist erstmal
im Stadtteil oder sind Sportfunktionär in einem ein zusätzlicher Aufwand und den will nicht jede*r
Verein. leisten. Dabei lässt sich ein Bezug einfach herstel-
Es wäre für mich Teil der Sozialraumanalyse zu len. Ein Beispiel: An einer großen Gesamtschule,
gucken, welche Potenziale in meiner Elternschaft an der zu jedem neuen Schuljahr mehr als zehn
liegen. Was haben sie für Vorerfahrungen und Kom- neue Lehrkräfte anfingen, gab es anfangs immer
petenzen? eine Begehung durch den Stadtteil. Das fanden die
„Neuen“ interessant und es ergaben sich gleich
erste Kontakte. Solche kleinen Dinge, die sind über-
all möglich. Ein anderes Beispiel: die Freiwillige
Feuerwehr in Haan macht jetzt eine Brandschutz
AG an der Schule. Das hat dann einen Synergieef-
fekt: Die Schule hat ein Ganztagsschulangebot für
Jungen und Mädchen und die Feuerwehr bekommt
Nachwuchs.
Gleichwohl - man muss nicht immer nur in den sozia-
len Bereich gucken. Ich finde die lokale Ökonomie
auch sehr interessant und wichtig. Ob da z.B. eine
Buchhandlung im Stadtteil ist, mit der man vielleicht
mal kooperieren könnte. Und nach meiner Erfahrung
sind lokale Akteure durchaus interessiert.
Ulrich Deinet INTERVIEW
Einerseits wissen wir durch Studien, dass es Schulsanitätsdienst, das DRK hat einen Koopera-
ein starkes Auseinanderdriften von „reichen“ tionspartner, und die Möglichkeit, Nachwuchs für
und „armen“ Stadtteilen gibt. Sozialraum ihre Jugendorganisation zu finden. Und die Schü-
„verinselt“ oder „verödet“ bspw. durch Leer- ler*innen haben ein anerkanntes Engagement.
stand, Kinder und Jugendliche ziehen sich in
die Wohnungen zurück. Andererseits sagen Eine entscheidende Frage ist natürlich: Wie sind
Sie, die Ganztagsschule soll die Lebenswelt die sozialen Voraussetzungen in dem Stadtteil?
von Kindern und Jugendlichen in den Mit- Welche möglichen Kooperationspartner gibt es? In
telpunkt rücken und sich in den Sozialraum „armen“ Stadtteilen sieht es damit nicht zwangs-
öffnen, um tatsächlich mehr zu machen als nur läufig schlechter aus. So habe ich häufig erlebt, dass
Unterricht. Klingt wie ein Widerspruch, oder? es in schlechter gestellten Stadtteilen eine bessere
Infrastruktur der Sozialen Arbeit gibt als in soge-
U . D. : Ich finde das ist kein Widerspruch. Ein Bei- nannten „Mittelschicht-Stadtteilen“. Man sollte die
spiel: An einer Grundschule in Gevelsberg in Verhältnisse in seinem Sozialraum kennen. Gibt es 11
Nordrhein-Westfalen, wurde unter Einbeziehung eine Stadtteilkonferenz? Und wenn nicht: „Kann
der Wünsche der Kinder der Schulhof neu gestaltet. ich als Schulleitung dazu mal einladen?“ Natürlich
Es wurden Flächen und Felder angelegt und Straßen brauche ich dazu Bündnispartner. Aber ich würde
aufgemalt. Die Leiterin der Grundschule erzählte jetzt immer sagen: Ich muss erst einmal loslegen!
mir dann: „Der Schulhof ist auch am Wochenende Das heißt aber auch, dass sich das Selbstverständ-
geöffnet und er wird häufig von den Familien unse- nis von Schulen ändern muss. Eine Halbtagsschule
res stark verdichteten Quartiers genutzt.“ Das ist so war ja auch immer ohne Sozialraumorientierung
ein Beispiel für die Öffnung der Schule in den Sozial- denkbar. Aber die Ganztagsschule ohne Sozialrau-
raum und damit für Sozialraumorientierung. Es ist morientierung kann ich mir nicht vorstellen. Dann
auch ein Gewinn für die Kinder, die so die Schule am negiere ich sozusagen die Lebenswelt von Kindern
Wochenende in einer anderen Funktion nutzen. und Jugendlichen, wenn ich selbst acht Stunden
davon gestalte.
Anfangs macht so eine Öffnung sicherlich mehr
Arbeit und sie wird meist nicht sofort belohnt. Das Professor Deinet, vielen Dank für das Gespräch.
heißt, man muss erst etwas investieren. Doch lang-
fristig lohnt es sich: Die Kooperationsprojekte zwi-
schen Jugendhilfe, Schule und anderen Institutionen,
die ich begleitet habe, sind meist aus einer Schieflage
entstanden. Eine Schule hat um Hilfe gerufen: „Wir
haben hier ganz große Probleme!“ und in den Sozial-
raum gefragt: „Wer kann uns dabei helfen?“ Durch
eine Öffnung in den Sozialraum verschwand die
Schieflage und alle Beteiligten hatten etwas davon.
1 Abfrage:
Welches Problem, welche Frage- Möglichst eine Fragestellung/ ein
stellungen, welches Thema haben wir? Thema konkret formulieren
Was möchten wir durch eine Sozialrauma- Wichtig: vor Beginn hinterfragen: Können wir diese
nalyse herausfinden? Mit welchem Ziel? Fragen durch eine Sozialraumanalyse beantworten?
2 ren,
Thema bzw. Fragestellung formulie-
ggf. mit Teilfragen oder -themen
Bsp.: Welchen täglichen Schulweg legen
unsere Schüler*innen zurück?
12
9 oder
Formulierung von Lösungen
Anforderungen Was wollen wir ändern? Wen oder was
brauchen wir dafür ? Bis wann?
Was hat Priorität? Worauf legen
wir unseren Schwerpunkt?
Passen die gefundenen Lösungen zu
unserem Sozialraum? Wer kann möglicherweise
von unseren Lösungen noch profitieren?
10 fließen
Die Ergebnisse, Ideen und Lösungen
in das Ganztagskonzept ein Die Ergebnisse, Ideen und Lösungen
fließen in das Ganztagskonzept ein
Beiträge zur Qualitäts-
entwicklung von Schulen
mit Ganztagsangeboten
15
Das sagt die Wissenschaft − ten-Stunde mit dem Ziel ab, möglichst viele Unter-
Theoretische Grundlagen richtsfächer am Vormittag unterbringen zu können
(vgl. Eikenbusch 2010). Aufgrund dessen lässt sich
in der Tat die Frage stellen, ob die über 100 Jahre
Durch die Ausweitung des Schultages auf den Nach- alte Strukturierung und Einteilung des Unter-
mittag wird in einer Schule mit Ganztagsangeboten richts, heute überhaupt noch als zeitgemäß für die
im Gegensatz zur Halbtagsschule zusätzliche Zeit Bedürfnisse der Schüler*innen angesehen werden
„frei“, welche optimal für die Lern- und Erfah- kann. Alternativen zu einer 45-Minuten-Taktung
rungswelt der Schüler*innen sowie für die Lehr- des Unterrichtstages werden u.a. von Kamski (vgl.
kräfte genutzt werden sollte. Als sinnvolle Gestal- Kamski 2014, S. 82ff) angeboten. Sie empfiehlt bspw.
tung dieses „Mehr-an-Zeit“ kann eine kind- und das Doppelstundenprinzip, bei welchem 90 Minu-
jugendgerechte Rhythmisierung erachtet werden ten Unterricht stattfindet und danach pausiert wird.
(vgl. Burk 2005, S. 140). Diese gilt als Dreh- und Geläufiger ist im Vergleich dazu jedoch die Ausdeh-
Angelpunkt einer guten Organisation des Schul- nung der Unterrichtsstunde auf 60 Minuten. Des
jahres sowie einer effektiven Gestaltung der Tages- Weiteren liegen Modelle vor, bei welchen individuell
und Wochenstruktur in einer Schule mit Ganztags- die Zeitstruktur für Lern-, Projekt- und Übungs-
angeboten. Was genau verbirgt sich aber nun hinter phasen angepasst werden.
diesen Begriffen?
Stets beachtet werden sollte, dass nicht jede Schule
Der Terminus „Rhythmisierung“ leitet sich von dem das eine perfekte, vorgegebene Rhythmisierungs-
griechischen Wort „rythmios“ ab, was eine gleich- modell adaptieren kann, sondern dass vielmehr jede
mäßige, gegliederte Bewegung oder einen perio- Schule ihren Rahmenbedingungen und Zielsetzun-
dischen Wechsel natürlicher Vorgänge beschreibt gen entsprechend eine für sie passende Rhythmi-
(vgl. Scheuerer 2018, S. 49). Somit lässt sich fest- sierung entwickeln und erproben muss. Nichts-
halten, dass Rhythmisierung das Leben und Lernen destotrotz existieren fundierte wissenschaftliche
in einen geordneten, für alle Beteiligten fruchtba- Erkenntnisse der Chronobiologie, welche darauf
ren Ablauf ermöglicht. Dieser Wechsel von An- und abzielen, die menschlichen Wellenbewegungen von
Entspannung bzw. Erholung (vgl. Burk 2005, S. 164) An- und Entspannung zu beschreiben und somit
kann als ein allgemeines menschliches Bedürfnis auch bei der Entwicklung von Rhythmisierung im
erachtet werden und sollte dementsprechend auch Schulkontext beachtet werden sollten. Zum einen sei
in der Schule erfüllt werden. hier der Basis-Ruhe-Aktivitäts-Rhythmus genannt.
Das Problem hierbei jedoch ist, dass genau betrach- Wie Abb. 1 verdeutlicht, durchläuft der Mensch eine
tet, Rhythmisierung allein, wie etwa durch den durchschnittliche Aktivierungsphase von etwa
derzeit an vielen Schulen noch üblichen 45-minü- 90 bis 120 Minuten, gefolgt von einer abnehmen-
tigen Unterrichtstakt, noch kein kindgerechtes den Leistungskurve und einer Regenerations- und
Lernen darstellt. Die Einteilung des Unterrichtsta- Ruhephase von circa 20 bis 30 Minuten. Individu-
ges in 45-Minuten-Einheiten wurde im Jahr 1911 in elle Unterschiede sind anzunehmen, allerdings hat
Preußen eingeführt und löste dort die 60-Minu- sich ein prinzipielles Verhältnis von Aktivierung
ORGANISATION DES SCHULJAHRES UND GESTALTUNG DER TAGES- UND WOCHENSTRUKTUR
und Entspannung im Verhältnis von 3:1 als wir- Von besonderer Bedeutung sind zusätzliche
kungsvoll erwiesen (vgl. Siepmann/Salzberg-Lud- Betrachtungen der entwicklungsbedingten Beson-
wig 2006, S. 4). derheiten von Kindern und Jugendlichen. Während
Kinder im Alter von acht bis zwölf Jahren mit einer
täglichen Schlafdauer von zehn Stunden den gan-
zen Tag über munter und energiegeladen sind, zei-
gen 13- bis 15-Jährige bei identischer Schlafdauer
häufig Anzeichen von Müdigkeit. Durch die puber-
tären Veränderungen und Entwicklungen haben die
Jugendlichen am späten Nachmittag ein zusätzli-
ches Leistungshoch, können aufgrund dessen aber
am Abend nur schlecht einschlafen. Als ein Resultat
daraus, sind sie am Morgen häufig noch unausge-
16 schlafen und weniger leistungsstark während der
ersten Unterrichtsstunden. Damit ähnelt der biolo-
gische Tagesrhythmus Jugendlicher eher dem von
Abb. 1: Basis-Ruhe-Aktivitätszyklus, Quelle: Siepmann/Salz- Nachtmenschen. Die Schule wird dieser „inneren
berg-Ludwig 2006, S. 4, nach Kleitmann 1969.
Uhr“ der Jugendlichen in der Regel nicht gerecht,
da der Unterrichtsbeginn, im Gegensatz zu unseren
europäischen Nachbarn wie etwa Italien, Frank-
Des Weiteren beschreibt der biologische Tagesr- reich oder Großbritannien, überwiegend zwischen
hythmus (vgl. Abb. 2) die Leistungsfähigkeit in sieben und acht Uhr morgens zu verorten ist. Wird
Abhängigkeit von der Tageszeit. Generell gilt, dass über einen längeren Zeitraum hinweg entgegen die-
nach dem Leistungshoch am Vormittag ein Mittags- ser biologischen Zeitstrukturen gelebt, so kann dies
tief mit verminderter Leistungsfähigkeit und einem zu „erheblichen körperlichen und seelischen Beein-
stärkeren Verlangen nach Ruhe und Erholung folgt. trächtigungen“ (Siepmann/Salzberg-Ludwig 2006,
Im Anschluss daran gibt es im Verlauf des Nachmit- S. 7) oder gar zu völliger Erschöpfung führen. Wird
tages ein zweites Leistungshoch. der Biorhythmus hingegen beachtet, kann Leis-
tungsabfall, einer niedrigen Leistungsbereitschaft
sowie einem überhöhtem Energieaufwand entge-
gengewirkt werden (vgl. ebd., S. 6ff.).
17
Tab. 1: Begrifflichkeiten Takt und Rhythmisierung, eigene Darstellung, nach Kamski 2014, S. 23.
mit einer gemütlichen Sitzecke und verschiedene meiden, indem eine möglichst enge Verzahnung von
Sportangebote geschaffen werden (vgl. Kamski et Angebt und Unterricht hergestellt wird (vgl. ebd.).
al. 2013, S. 59f.). Bei all den wichtigen Gelingensbedingungen für den
Tagesablauf sollte jedoch nicht die Organisation des
Siehe dazu der Beitrag Beitrag „Pausenkonzept“. gesamten Schuljahres als wichtige Basis vergessen
werden, denn mit ihr beginnt die Rhythmisierung.
Raumstruktur beachten
Für das Gelingen von Rhythmisierung müssen
Schulen ihre räumlichen Möglichkeiten beachten
und entsprechend der verschiedenen Bedürfnisse
Räumlichkeiten schaffen. So sollte z.B. idealerweise
der Hausaufgabenraum ein anderer sein, als der
Klassenraum (vgl. Appel/Rutz 2009, S. 142).
18
Freizeitangebote schaffen
Zu einem rhythmisierten Schultag gehört auch die
Einplanung von frei gestaltbarer Zeit. Hierbei soll-
ten wiederum verschiedenste Angebote, wie etwa
aus den Bereichen Sport, Musik, Werkstätten und
PC- Räume geschaffen werden (vgl. Kamski et al.
2013, S. 61).
Umsetzungsmöglichkeiten –
Tipps für die Praxis
Informieren Sie rechtzeitig alle GTA-Mitarbeiter*in-
Organisation des Schuljahres nen über die Anzahl der am Angebot teilnehmenden
Rhythmisierung fängt mit der Planung des Schul- Schüler*innen, den zeitlichen Rahmen (Länge und
jahres an und gelingt nur, wenn alle Beteiligten an Zeitpunkt), die finanzielle Vergütung sowie über vor-
einem Strang ziehen. Deswegen: handene Materialen bzw. finanzielle Mittel für die im
Stellen Sie sicher, dass vor Beginn des Schuljahres der Angebot benötigten Materialien.
Schuljahresablaufplan erstellt wird und alle GTA-rel-
evanten Termine wie z.B. gemeinsame Besprechun- Organisieren Sie im Schuljahr verteilt immer wieder
gen, Meetings etc. festgelegt werden. gemeinsame Gesprächsrunden für alle externen
GTA-Mitarbeiter*innen, die Erzieher*innen und die
Überlegen Sie, welche GTA für Ihre Schule sinnvoll und Lehrkräfte, um bessere Absprachen und Verzahnun-
wichtig sind. Berücksichtigen Sie dabei Ihr pädagogi- gen zwischen den Angeboten und dem Unterricht zu
sches Konzept. Kalkulieren Sie anhand der verfügba- ermöglichen.
ren Mittel, welche Möglichkeiten bestehen und setzen 19
Sie ggf. Schwerpunkte in Bezug auf Ihr Schulkonzept. Integrieren Sie im Schuljahr Projektwochen und Pro-
Integrieren Sie Ihre Ganztagskonzeption in den Schul- jekttage (z.B. eine Nachhaltigkeitswoche). Beziehen
jahresablaufplan. Sie für die Planung der Projekte externe GTA-Mitarbei-
ter*innen mit ein (z.B. das GTA „Radio“ gestaltet in der
Erstellen Sie einen Aushang mit allen GTA-relevanten Projektwoche ein Feature zum Thema „Nachhaltigkeit
Terminen, wie bspw. das Abgabedatum der GTA-Anmel- in der Schule“).
dungen für das Lehrer*innenzimmer. Thematisieren Sie Weitere Veranstaltungen, die im Schuljahr eingeplant
bei Lehrer*innenkonferenzen die Ganztagsangebote. werden können, sind: Lesenächte, Spielabende, For-
scher*innennachmittage, Ausflüge z.B. Museumsbe-
Informieren Sie alle Schüler*innen sowie Eltern zu suche, Kunstaustellungen, etc. Schulfeste und Sport-
Beginn des Schuljahres über die stattfindenden GTA, feste (vgl. Bönsch 2012, S. 18).
indem Sie z.B. ein großes Plakat mit einer Übersicht aller
Angebote für das neue Schuljahr im Flur anbringen.
Verwenden Sie anstelle der 45 Minuten ein passende- Achten Sie bei der Festlegung der Unterrichtszeiten
res Zeitstrukturmodell z.B. 60 oder 90 Minuten oder auf die Verkehrsanbindungs-möglichkeiten der Schü-
das Doppelstundenprinzip (vgl. Abb. 3 und 4). ler*innen und stimmen Sie diese mit den Unterrichts-
zeiten ab, damit keine großen Wartezeiten entstehen.
Rhythmisieren Sie den Blockunterricht, d.h., bauen Sie Modelle wie ein offenes Ende können dazu beitragen,
entsprechend den Schüler*innenbedürfnissen Wech- ggf. Wartezeiten zu überbrücken.
selphasen der An- und Entspannung sowie der Arbeits-
und Sozialform ein. Dies ist möglich durch: Führen Sie Rituale wie z.B. den Morgenkreis, den
Offene Lernarrangements wie Stationsarbeit (Lernzir- Abschlusskreis oder gemeinsame Frühstücksphasen
kel, Lerntheke), Werkstattarbeit, Freiarbeit, Compu- ein. Diese können täglich, wöchentlich oder monatlich
terarbeit, Teamarbeit (Gruppenpuzzle, Zukunftswerk- stattfinden (vgl. Dollinger 2013, S. 35).
statt), Präsentationen (vgl. Kamski et al. 2013, S. 56).
Bewegten Unterricht, z.B. durch Bewegungsspiele wie
Fingerspiele oder Bewegungsgeschichten.
20
Weitere Anregungen finden Sie unter
www.mehr-bewegung-in-die-schule.de.
LITER ATUR
Appel, S./Rutz, G. (2009): Handbuch Ganztagsschule. Praxis. Konzepte. Hand-
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Dollinger, S. (2013): 127 Tipps für die Ganztagsschule. Weinheim und Basel: Beltz
Verlag.
21
einen Teilbereich des Pausenkonzepts darstellen und informelle Frei- und Bewegungsräume (Gänge,
sollte (vgl. Adrian 2008, S. 44; Lüke 2017; Osnabrücker Unterrichtsräume, Aula, Turnhalle etc.) bewährt
Forschungsgruppe 2016, S. 163). Laut Müller/Pet- (vgl. Müller/Petzold 2006, S. 182ff.; Derecik 2013, S.
zold (2006) dient sie besonders im Primarbereich 183ff.). Der Außenbereich (Schulhof) sollte bevor-
als Gegenpol der gesundheitlich negativen Sitzkul- zugt in der Mittagsfreizeit genutzt werden, um grö-
tur im Unterricht (vgl. Müller/Petzold 2006, S. 69; ßere Freiräume für die Schüler*innen zu bieten.
Osnabrücker Forschungsgruppe 2016, S. 163f.) und
vermittelt positive Aspekte der Bewegung spiele-
risch (vgl. Krug et al. 2011, S. 119; Graf/Klein 2011,
S. 16ff; Müller/Petzold 2006, S. 14ff.). Umsetzungsmöglichkeiten –
Tipps für die Praxis
M IT TAGSFR EIZEIT Räume gAG et al. 2013, S. 33ff.). Bei bspw. 500 Schü-
ler*innen müsste der Speiseraum demnach ca. 750
Das sagt die Wissenschaft - qm bemessen. Zudem hat eine Untersuchung der
Theoretische Grundlagen Hochschule für Angewandte Wissenschaften Ham-
burg (Qualität der Schulverpflegung - Bundesweite
Erhebung) ergeben, dass der Lärmpegel in Spei-
Ein weiterer Bestandteil der Pausenkonzeption seräumen zu hoch ist, weshalb bei der Konzeption
von Schulen mit Ganztagsangeboten ist die Mit- des Essensraums Lärmdämmungsmaßnahmen zu
tagspause, welche Vor- und Nachmittagsunterricht berücksichtigen sind (vgl. Freistaat Bayern 2018).
voneinander trennt (vgl. Osnabrücker Forschungs- In zeitlicher Hinsicht ist zudem zu bedenken, dass
gruppe 2016, S. 32; Verlemann 2015, S. 107). Im Fol- aufgrund der Nahrungsaufnahme, dem darauf fol-
genden wird sie als Mittagsfreizeit definiert. Dieser genden Mittagstief (vgl. Weier 2010, S. 210) und der
Begriff verdeutlicht die Bedeutung dieses Zeitab- bedeutenden schulgebundenen Freizeit den Schü-
schnitts für die Schüler*innen (Verlemann 2015, S. ler*innen mindestens ein Rahmen von 60 bis 90 23
107), denn die Mittagspause soll keine Verkürzung Minuten gewährleistet werden sollte (vgl. Höhmann
der Freizeit der Schüler*innen darstellen, sondern et al. 2004, S. 132; Verlemann 2015, S. 107).
vielmehr eine unter schulischen Gegebenheiten
gestaltete Freizeit (vgl. ebd., S. 108). Sie enthält fol-
gende Komponenten: Verpflegung (Mittagessen),
Regeneration (Verdauung, Erholung) und Frei- Gelingensbedingungen
zeit (unter Schulbedingungen) (vgl. Osnabrücker
Forschungsgruppe 2016, S. 98ff.; Verlemann 2015,
S. 106ff.). Die Mittagsfreizeit sollte zwischen 60 und 90 Minu-
ten betragen (vgl. Höhmannet al. 2004, S. 132; Verle-
Vor allem das Mittagessen und die Mittagsfreizeit mann 2015, S. 107; Osnabrücker Forschungsgruppe
gehören zusammen und sind nicht voneinander zu 2016, S. 32).
trennen (vgl. Hillenbrand 2017, S. 38; Osnabrücker
Forschungsgruppe 2016, S. 59; Sächsisches Staats- Eine gesunde, ausgewogene und akzeptierte Mahl-
ministerium für Kultus 2019, S. 10f.; Verlemann 2015, zeit kann auf dem Konzept der optimierten Misch-
S. 106). Laut Kinder- und Jugendgesundheitssurvey kost basieren. Dieses orientiert sich an einem alters-
(KiGGS) zeigen Jungen und Mädchen im Altersbe- gerechten Energie- und Nährstoffbedarf, der durch
reich von 11 bis 17 Jahren problematische Entwick- einen fleischreduzierten, vegetarische und frische
lungen im Bereich Übergewicht, Adipositas und Lebensmittel beinhaltenden Speiseplan umgesetzt
Essstörung. Die Ernährungsstudie EsKiMo stellt wird (vgl. Volkert 2000, S. 825f.).
weiter fest, dass Kinder und Jugendliche bedenkli-
che Nahrungsmittel zu sich nehmen (vgl. Arens-A- Der Verzehr von frischem Obst und Salat kann einen
zevedo 2011, S. 129). Aus diesen Gründen sollte zusätzlichen Beitrag zur Aufnahme von Vitaminen
besonders im Ganztagsschulkonzept eine gesunde und Spurenelementen leisten (vgl. Bässler 1989, S.
Ernährungserziehung ausgeprägt werden (vgl. ebd., 139), besonders wenn das Mittagessen, bspw. durch
S. 130; Deckert-Peaceman 2004, S. 50; Hillenbrand die Anlieferung einer Fernküche, den notwendi-
2017, S. 31ff.). Auf eine vielseitige, ausgewogene und gen Nährstoff- und Energiebedarf noch nicht aus-
ballaststoffreiche Ernährung ist zu achten, um die reichend deckt (Clausen/Kersting 2008, S. 208). Ein
kognitive und motorische Lern- und Leistungsbe- Salat- oder Obstbuffet kann dabei die individuellen
reitschaft der Schüler*innen in Form einer warmen Bedürfnisse der Schüler*innen berücksichtigen.
Mahlzeit sicher zu stellen (vgl. Clausen/Kersting
2008, S. 207ff.; Hillenbrand 2017, S. 40 [DGE-Quali- Ein gemeinsames Mittagessen sollte gefördert wer-
tätsstandards für Schulverpflegung]). den, da durch diese spezielle soziale Situation Mög-
Das Mittagessen sollte in einem Speiseraum (Mensa, lichkeiten von gegenseitigen Aushandlungsprozes-
Essensraum, Kantine) realisiert werden, der ver- sen innerhalb der Peer-Gruppen (bspw. durch freie
schiedene Faktoren berücksichtigt: So werden Platzwahl) entstehen (vgl. Schütz 2015, S. 215f.).
durchschnittlich pro Sitzplatz ca. 1,5 qm Fläche pro Der Speisesaal sollte gut beleuchtet sein und sollte
Schüler vorgegeben (vgl. Montag Stiftung Urbane schnell und ausreichend gelüftet werden können.
PAUSENKONZEPT
Bei Schulbauten oder Umbauten könnte dies durch Lärmdämmendes Material oder Pflanzenkübel
eine Fensterreihe bzw. Schiebetüren ermöglichen können den Schall brechen und die Akustik verbes-
werden. Auch die Akustik der Räumlichkeit ist für sern (vgl. Freistaat Bayern 2018). Zusätzlich können
das gesundheitliche Wohlbefinden der und die sie den Raum gestalterisch aufwerten .
Akzeptanz durch die Schüler*innen entscheidend.
Umsetzungsmöglichkeiten
Tipps für die Praxis
Ein mögliches pädagogisches Konzept, mit dem die Achten Sie auf eine ansprechende Ausgestaltung der
24 gemeinsame Mittagsfreizeit von Schüler*innen und Mensa. Durch ein Kunstprojekt könnte das Ambiente
Lehrkräften realisiert werden könnte, ist das Pausen- schüler*innenorientiert mitgestaltet werden.
helfer*innen Projekt. Freiwillige Schüler*innen können
zu Pausenhelfer*innen ausgebildet werden, die selbst Um die soziale Interaktion der Schüler*innen anzure-
Angebote planen, aktiv umsetzen und reflektieren. gen, ist es sinnvoll, Tische in Gruppen zu platzieren.
So können bspw. Workshops wie Basteln, Singen, Cafés oder zusätzliche Möglichkeiten zum Kauf von
sportliche Aktivitäten, Theater usw. angeboten und in Nahrungsmitteln sollten während der Mittagsfreizeit
Absprache mit den betreuenden Lehrkräften realisiert geschlossen sein (vgl. Hillenbrand 2017, S. 36).
werden (vgl. Verlemann 2015, S. 115).
Durch ein Unterrichtsprojekt können Erziehungsef-
Die Umsetzung eines Projektes zur gesunden Ernäh- fekte beim Mittagessen bewirkt werden, indem die
rung kann mithilfe von Schüler*innenfirmen verwirk- Schüler*innen ihre eigenen Essgewohnheiten reflek-
licht werden. Diese werden z.B. als ein regelmäßig tieren und Regeln der Tisch- und Esskultur erlernen.
stattfindendes Unterrichtsfach gestaltet. Die an der (vgl. ebd., S. 3
Produktion und dem Verkauf der Speisen teilhaben
den Schüler*innen sammeln positive Erfahrungen im
Umgang mit und der Bewertung der Nahrungsmittel
(vgl. Renk/Eissing 2011, S. 46ff).
LITER ATUR
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Organisierte und
ungelenkte Freizeit
Klara Scherf und Anne-Marie Kanngießer
26 Das sagt die Wissenschaft − Räume und Zeit zur freien Verfügung gestellt (vgl.
Theoretische Grundlagen Osnabrücker Forschungsgruppe 2016, S. 33).
Durch mehr Schulzeit soll eine bessere Förderung
und ein ganzheitlicher Schultag möglich werden.
Mit dem Ausbau der Schulen zu Schulen mit Ganz- Ermöglicht wird dies vor allem durch eine pädago-
tagsangeboten spielen auch die außerschulische gisch betreute Freizeitgestaltung durch Lehrer*in-
Freizeit und die Bildungsaktivitäten von Schü- nen und Erzieher*innen (vgl. Reh et al. 2015, S. 283).
ler*innen eine größere Rolle. Durch sie wird eine „Aus freier Zeit außerhalb der Schule wird so schu-
Erweiterung von Lern- und Erfahrungsmöglich- lisch-institutionalisierte Freizeit“ (ebd.).
keiten gewährleistet. Dies wird vor allem durch Da die Aufnahmefähigkeit der Schüler*innen über
außerunterrichtliche Aktivitäten in verschiedenen den Tag hinweg variiert, gehört es zu den Zielen
Bereichen umgesetzt. (vgl. Fischer et al. 2011, S. 267) von Schulen mit Ganztagsangeboten, eine sinnvoll
Dabei sind Schulen mit Ganztagsangeboten verant- rhythmisierte Abfolge von Unterricht, Förderan-
wortlich für den Erwerb sozialer, kultureller und geboten und Freizeitangeboten zu gewährleisten.
politischer Kompetenzen (vgl. Soremski 2013, S. 8). Dabei soll sowohl ein Ausgleich zwischen Anspan-
Laut den Ergebnissen der Studie zur Entwicklung nung und Erholung, als auch lernbezogenen und
von Ganztagsschulen (StEG) besuchen die Schü- freizeitbezogenen Aktivitäten ermöglicht werden
ler*innen neben den Ganztagsangeboten zusätzlich (vgl. Coelen/Stecher 2014, S. 70).
auch außerschulische Angebote. Durch die konzep- Die außerunterrichtlichen Angebote kann man in
tionelle Einbindung von Freizeitangeboten in die unterrichtsnahe und solche mit freizeitbezogenem
Schulzeit wird der Erwerb von Bildungskapital ver- Charakter unterscheiden. Unterrichtsnahe Angebote
doppelt. Dies führt auch zu einer Verdopplung der reichen von sehr unterrichtsbezogenen Angeboten
institutionellen Freizeit (Soremski 2011, S. 207f.). wie der Hausaufgabenbetreuung und Förderangebo-
Freizeit an einer Schule mit Ganztagsangebo- ten über fachbezogene Angebote. Außerdem sollen
ten unterteilt sich in gebundene und ungebundene fachübergreifende Aktivitäten bereitgestellt werden
Freizeitangebote. Unter gebundenen Freizeitange- sowie Zeiträume, die den Schüler*innen zur freien
boten versteht man Arbeitsgemeinschaften, Kurse, Verfügung stehen. Unter fachbezogenen Angeboten
Werkstätten und Projekte, welche von Lehrkräften werden u.a. mathematische, naturwissenschaft-
oder pädagogischem Personal geleitet werden und liche sowie musisch-künstlerische verstanden.
am Nachmittag stattfinden. Sie können zwar frei Fachübergreifende Angebote sind bspw. handwerk-
für einen bestimmten Zeitraum (einige Monate, liche, hauswirtschaftliche, technische und Formen
ein Halbjahr, ein Schuljahr) gewählt werden, sind des sozialen oder interkulturellen Lernens. Reine
jedoch verbindlich. Beispiele hierfür sind Instru- Freizeitangebote bieten den Schüler*innen die
mentalgruppen, Kreativangebote wie Töpfern und Chance, ihre freie Zeit selbst zu gestalten. Diese fin-
Zeichnen, Sport- und Bewegungsangebote oder det teilweise unter Beaufsichtigung statt. Nach der
Hobbykurse und Neigungsgruppen (Schulgarten, StEG-Studie bevorzugen Grundschulkinder dabei
Schulzeitung) (vgl. Dollinger 2013, S. 37). Ungebun- die ungebundenen Freizeitangebote, wie das (freie)
dene Freizeitangebote sind freiwillig. Dabei werden Spiel und Arbeitsgemeinschaften. Auch die Haus-
ORGANISIERTE UND UNGELENKTE FREIZEIT
aufgabenbetreuung wird von fast der Hälfte der heitsförderung, wobei Ruhe, Bewegung und Ernäh-
Schüler*innen besucht. Fachbezogene Förderange- rung eine wichtige Rolle spielen. Bewegung dient als
bote und regelmäßige Projekte erfreuen sich hin- Ausgleich für das dauerhafte Sitzen im Unterricht,
gegen geringerer Beliebtheit. In der Sekundarstufe während die Ruhezeiten dem Druck der wachsen-
I sind fächerübergreifende Kurse am beliebtesten. den Leistungsanforderungen entgegenwirken sol-
Auch projektspezifische Angebote, sowie die Haus- len. Die Mittagsfreizeit dient außerdem als Produk-
aufgabenbetreuung werden gut besucht. Im Ver- tionsfaktor für den Unterricht, da in dieser Zeit die
gleich zu den Schülern*innen der Primarstufe wird Konzentrationsfähigkeit wiederhergestellt wird.
an den Freizeitangeboten jedoch deutlich weniger Dabei sollten die Kinder und Jugendlichen die Mög-
häufig teilgenommen. Aus den Ergebnissen der StEG- lichkeit haben, das Gelernte zu reflektieren und sich
-Studie lässt sich zudem folgern, dass unterrichts- auf nachfolgende Unterrichtsstunden vorzuberei-
ferne Angebote häufiger von Lernenden aufgesucht ten (vgl. Osnabrücker Forschungsgruppe 2016, S.
werden, als unterrichtsnahe (vgl. Coelen/Stecher 41ff.). Außerdem haben die Schüler*innen die Gele-
2014, S. 69, 73ff.). Jedoch ist erwiesen, dass Schü- genheit, sich durch die Gespräche mit Freunden zu 27
ler*innen, die an bildungsorientierten Freizeitakti- erholen (vgl. ebd., S. 203). Deshalb gilt die Mittags-
vitäten teilnehmen, eine erhöhte Lebenszufrieden- freizeit als Sozialraum, um die verlorene Freizeit am
heit aufweisen (vgl. Hille/Arnold/Schupp 2013, S. 23). Nachmittag zu kompensieren und einen Treff- und
Kommunikationspunkt zwischen Heranwachsen-
den zu gewährleisten (vgl. ebd., S. 167). Nach der
Empfehlung verschiedener Bundesländer sollte die
Gelingensbedingungen Mittagsfreizeit zwischen 60 und 90 Minuten dau-
ern. In diesem Zeitraum haben die Schüler*innen
ausreichend Zeit, ihr Mittagessen einzunehmen
Für die konkrete Auswahl der Angebote an der und ihren Vorstellungen von Freizeit nachzugehen
Schule sollten immer die Interessen der Schüler*in- (vgl. ebd., S. 75).
nen mit einbezogen werden. Regelmäßige Umfragen An Schulen mit Ganztagsangeboten steht der Lern-
bspw. über Edkimo (siehe dazu in dieser Broschüre) nutzen für die Schüler*innen im Vordergrund.
oder eine (digitale) Wunschbox zu präferierten Dabei haben sie den Anspruch, etwas geboten zu
Freizeitangeboten können hier geeignete Mittel bekommen, da sie das Ganztagsangebot freiwillig
sein und gewährleisten eine hohe Beteiligung. Die gewählt haben. Der Nutzen für die Lernenden hängt
Angebote sollten entweder durch geschultes Perso- von der kompetenten Begleitung, der inhaltlichen
nal von außerschulischen Partner*innen oder von Struktur und somit auch von dem pädagogischen
Lehrkräften bzw. dem pädagogischen Personal der Personal ab. Dabei erwarten Schüler*innen auch,
Schule organisiert und durchgeführt werden. Auch dass gewisse Verhaltensweisen, die man auch im
die Regelmäßigkeit der Angebote muss im Ganz- Unterricht wiederfindet, durchgesetzt wird. Durch
tag beachtet werden. Nach der Kultusministerkon- die Wahl eines Ganztagsangebotes möchten die
ferenz sollen diese neben dem Mittagsangebot an Kinder und Jugendlichen ihre vorhandenen Interes-
mindestens drei Tagen in der Woche stattfinden sen und Kompetenzen weiter ausbauen und an diese
(vgl. Soremski 2013, S. 9). Schüler*innen der Halb- anknüpfen. Dies führt zu der Motivationsbedingung
tagsschule sehen die permanente Aufsicht an Schu- für die Teilnahme am Angebot (vgl. Reh et al. 2015,
len mit Ganztagsangeboten kritisch (vgl. Heinzel/ S. 268, 289ff.). „Die Möglichkeit und Freiheit, selbst
Panagiotopoulou 2010, S. 261). Deshalb sollte darauf die Verantwortung für den eigenen Lernfortschritt
geachtet werden, dass der Freizeitraum weitest- zu tragen, führt gerade in Bezug auf Fachgebiete,
gehend nicht pädagogisiert ist (vgl. Althoff/Geb- die die Schüler/innen als interessant oder bedeut-
ken 2016, S. 35). Überfürsorgliches Verhalten kann sam für sich selbst empfinden, zu einer Steigerung
einer Sicherheitsförderung entgegenwirken. Des- der Lernbereitschaft“ (ebd. S. 293). Folglich muss
halb sollte eine Lockerung der Pausenregeln statt- das Angebot inhaltlich für die Lernenden bedeut-
finden, um die Kinder und Jugendlichen in einer sam sein und an ihre (außerschulische) Lebens- und
bewegungsanregenden Umgebung im Hinblick auf Erfahrungswelt anknüpfen (vgl. ebd., S. 295).
ihr Sicherheitsbewusstsein zu fördern. Dabei dient Um den Schüler*innen einen adressatengerechten
die Mittagsfreizeit auch als Element der Gesund- Freizeitraum geben zu können, sollten diese nach
ORGANISIERTE UND UNGELENKTE FREIZEIT
dem Schulgelände und -gebäude differenziert wer- Ältere Schüler*innen benötigen hingegen Kom-
den. Auf dem Schulgelände können die drei überge- munikations- und Rückzugsnischen. Dafür sollte
ordneten Nutzungsräume Sporträume, Schulhofflä- es u.a. ausreichend viele Sitzgelegenheiten auf dem
chen und Spielplätze unterschieden werden. Dieser Schulhof geben und Räume, die ausschließlich für
Raum dient zum selbstbestimmten Entdecken und bestimmte Altersgruppen zugänglich sind. In den
muss an die Bedürfnisse der Schüler*innen ange- Sporträumen könnten sich bspw. Tischtennisplat-
passt werden. Im Schulgebäude werden ebenfalls ten befinden. Auf dem Schulhof sollten verschie-
spezifische Räume benötigt. Diese Räume sind dene Spielgeräte wiederzufinden sein sowie Rasen-
offen und für die Kinder und Jugendlichen zugäng- flächen (vgl. Althoff/Gebken 2016, S. 31f., 35).
lich. Kinder im Grundschulalter weisen dabei einen
höheren Bedarf an Freizeiträumen auf, in denen sie
ihren kindlichen Aktivitäten nachgehen können.
28
Umsetzungsmöglichkeiten –
Tipps für die Praxis
Im Folgenden finden Sie Tipps für die Praxis, um die Freizeit sollte nur teilweise unter pädagogischer Auf-
organisierte und ungelenkte Freizeit gut umzuset- sicht stehen.
zen.
Die Schüler*innen (nicht die Eltern) suchen sich ein
Arrangieren Sie nicht nur gebundene, sondern auch GTA nach ihren Interessen und Neigungen aus. „Pro-
ungebundene Freizeitangebote. beteilnahmen“ an gebundenen Freizeitaktivitäten ein
oder zwei Mal verringern die Abbruchsquote.
Die Räume für den Ganztag sollten jederzeit für alle
Schüler*innen zugänglich sein. Umfragen, Wunschboxen und Zukunftswerkstätten
sind ideal, um die Wünsche der Schüler*innen abzufra-
Für ältere Schüler*innen sind Rückzugs- und Kommu- gen. Diese Wünsche sollten zeitnah realisiert werden,
nikationsnischen als altersspezifische Räume beson- sofern sie realistisch umsetzbar sind.
ders geeignet.
Erarbeiten Sie ein ganzheitliches Freizeitkonzept,
Die Angebote müssen die Interessen und Bedürfnisse welches vielfältige Neigungen berücksichtigt und Ihre
der Schüler*innen widerspiegeln. pädagogischen Grundsätze für die gebundene Freizeit
ausdrückt.
Es sollten sowohl lernbezogene und als auch freizeit-
bezogene Aktivitäten angeboten werden. Freizeitangebote müssen wachsen. Vermeiden Sie
daher zu viele Angebote die häufig wechseln.
Die Angebotsauswahl sollte sowohl Angebote zur Ruhe
als auch zur Bewegung umfassen.
LITER ATUR
Soremski, R. (2011): „Ich hab für meine Freizeit so was von gar keine Zeit“.
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S. 205-218.
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Panagiotopoulou, A. (Hrsg.): Qualitative Bildungsforschung im Elementar- und
Primarbereich. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 259-275.
(1) eine geringe freiwillige Teilnahme der Schü- Schulalltag einzubringen (vgl. Koch/Priemer 2014,
ler*innen an Ganztagsangeboten und somit auch an S. 55). Durch das aktive Mitwirken können Kinder
spezifischen Förderangeboten und (2) der Umstand, und Jugendliche Selbstvertrauen in ihre eigenen
dass leistungsschwache Schüler*innen durch die Fähigkeiten entwickeln (vgl. ebd.). Ältere Schü-
Teilnahme an Förderangeboten eine Stigmatisie- ler*innen können zudem eigene Angebote in Ganz-
rung erfahren (vgl. Sauerwein/Heer 2020, S. 95). tag einbringen, z.B. die Lerngruppen leiten („Schü-
Zudem fassen Sie ergänzend zusammen, dass ins- ler helfen Schülern“) oder Kurse anbieten, die ihren
besondere leistungsschwache Kinder und Jugendli- Hobbys und Interessen entsprechen. Zusammen-
che zur Teilnahme an Ganztagsangeboten gedrängt fassend können durch die Mitgestaltung an spezi-
werden. Dieser Zwang kann dazu führen, dass Kin- fischen Ganztagsangeboten, Erfolge der individuel-
der und Jugendliche blockieren und ihre Potenziale len Förderung verbessert werden.
nicht auszuschöpfen wissen (vgl. ebd.).
Partizipative Schulentwicklung
Schüler*innen sollte die Gelegenheit gegeben wer- 31
den, eigene Vorstellungen und Wünsche in den
Gelingensbedingungen Schulalltag einzubringen (vgl. ebd.). Durch das
aktive Mitwirken können Kinder und Jugendliche
Selbstvertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten ent-
Heterogenität als Chance wickeln (vgl. ebd.). Ältere Schüler*innen können
Pädagogische Handlungen sollten sich am Prinzip zudem eigene Angebote in Ganztag einbringen, z.B.
der Heterogenität orientieren. Lernsituationen und die Lerngruppen leiten („Schüler helfen Schülern“)
die Gestaltung von Förderangeboten sollten somit oder Kurse anbieten, die ihren Hobbys und Interes-
an die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sen entsprechen. Zusammenfassend können durch
angepasst werden (vgl. Böttcher et al. 2014, S. 18). die Mitgestaltung an spezifischen Ganztagsange-
In der individuellen Förderung sollte zudem eine boten, Erfolge der individuellen Förderung verbes-
pädagogische Grundhaltung eingenommen werden, sert werden.
die die Fähigkeiten der Lernenden wertschätzt und
aufgreift (vgl. Kahl/Knauer 2007, S. 218). Elternarbeit
Um Kinder und Jugendliche ganzheitlich fördern zu
Kooperation können, gilt die enge Zusammenarbeit mit Eltern
Kooperation zählt zu den wesentlichen Gelingens- als Gelingensbedingung für die individuelle För-
bedingungen von Schulen mit Ganztagsangeboten derung (vgl. Cwik/Metzger 2010, S. 68). Denn durch
(vgl. Böttcher et al. 2014, S. 54). Die Zusammenarbeit diese Zusammenarbeit können die Schüler*innen in
von Schulen mit außerschulischen Partnern*in- verschiedenen schulischen sowie außerschulischen
nen kann die Angebotsvielfalt erweitern und somit Lebensbereichen unterstützt werden (vgl. ebd.)
einen grundlegenden Beitrag zur individuellen För-
derung leisten. Elternarbeit
Kooperationen bieten somit Lerngelegenheiten für Um Kinder und Jugendliche ganzheitlich fördern zu
die formale* als auch non-formale Bildung**, in können, gilt die enge Zusammenarbeit mit Eltern
welcher sich die Schüler*innen individuell entfalten als Gelingensbedingung für die individuelle Förde-
können (vgl. ebd., S. 54f.). rung (vgl. ebd.). Denn durch diese Zusammenarbeit
können die Schüler*innen in verschiedenen schu-
Partizipative Schulentwicklung lischen sowie außerschulischen Lebensbereichen
Schüler*innen sollte die Gelegenheit gegeben wer- unterstützt werden (vgl. ebd.)
den, eigene Vorstellungen und Wünsche in den
* formale Bildung (schulische Bildung): beschreibt Bildungsprozesse in der Schule und orien-
tiert sich an den Inhalten des jeweiligen Curriculums (vgl. Mack 2007, S. 11).
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Mögliche Leitfragen und Fragebögen zur partizipativen
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33
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angeboten? Oder: Über die Paradoxie individueller Förde-
rung. In: Zeitschrift für Pädagogik. Heft 1, Januar/Februar,
Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 78-101.
Das sagt die Wissenschaft − sowie die selbstständige Arbeit der Schüler*innen 35
Theoretische Grundlagen (vgl. Kohler 2019, S. 112). Aber stimmt das wirklich?
Es geht darum, eine strikte Trennung von unter- Basis gilt ein gut durchdachtes und für jede Schule
richtlichem Geschehen und anschließender häus- individuelles organisatorisches Konzept.
licher Übungszeit zu überwinden. Lernzeiten sind
Teil des ganzheitlichen Lernprozesses eines Kindes Konzept zur Gestaltung der Lernzeit
bzw. Jugendlichen und nicht nur Teil des Unterrichts Um das Konzept erstellen zu können, müssen alle
(vgl. Grimm/Schulz-Gade 2015, S. 138). Es ist vor- Ressourcen und Strukturen der Schule gesammelt
gesehen, dass Schüler*innen selbstständig sowie werden, dazu zählen Raumzahlen, qualifiziertes
eigenverantwortlich Aufgaben in diesen Zeiten pädagogisches Personal (Lehrkräfte, Hortpersonal,
lösen. Diese stehen in einer Ganztagsschule wort- außerschulische Mitarbeiter*innen), Schüler*in-
wörtlich den ganzen Tag zur Verfügung und finden nenzahlen, Tagesabläufe, Verhaltensregeln und
sowohl im Unterricht als auch außerhalb davon statt außerschulische Kooperationspartner*innen (vgl.
(vgl. Boßhammer/Schröder 2012, S. 72). Die bisheri- Grimm/Schulz-Gade 2015, S. 131). Unter Berücksich-
gen Annahmen, dass Lernen im Gleichschritt und tigung dieser Informationen kann eine schulinterne
36 Üben individuell stattfindet, werden somit außer Steuergruppe, welche für die Planung und Evalua-
Kraft gesetzt. Es geht vielmehr um eine konse- tion gegründet wird, erste Ideen und Vorschläge
quente Integration des Übens in den Schulalltag zu Modellen entwickeln. Zunächst muss für die
(vgl. Kaufmann 2013, S. 7). Die Vorteile der Einbin- Lernzeiten Platz im schulischen Alltag geschaffen
dung von Lernzeiten in den institutionellen Alltag werden. Hat man bisher gar keine Hausaufgaben-
sprechen für sich. So geben Eltern, deren Kinder im betreuung in der Schule, empfiehlt es sich, mit der
Ganztagsangebot betreut werden, deutlich weni- klassischen Lernzeitstunde von 60-90 Minuten im
ger Konfliktpotential zuhause an (vgl. Börner 2011, Morgen- oder Mittagsband zu beginnen (vgl. Abb. 1),
S. 227). Besonders in den größeren Klassenstufen je nach Bedarf und äußeren Bedingungen.
sind Erziehungsberechtigte froh, wenn ihre Kinder
Unterstützung durch Fachpersonal erhalten (vgl.
Kaufmann 2013, S. 18).
Teamteaching nachzudenken, damit noch individu- blick in den aktuellen Leistungsstand ihres Kindes,
eller auf die Kinder und Jugendlichen eingegangen sondern lassen Eltern aktiv am Lernen teilhaben
werden kann. (vgl. ebd., S. 31). Eine wichtige Grundlage für gelin-
gende Elternarbeit ist die Kommunikation zwischen
Kooperation mit den Eltern Elternhaus und Schule. Neben Elterninformations-
Wie eingangs erwähnt, spielen Hausaufgaben gerade veranstaltungen und Sprechstunden, ist zu über-
für Eltern eine große Rolle. Trotz des Konfliktpo- legen, wie das aktuelle Schulgeschehen vermittelt
tentiales dienen sie ihnen als Informationsquelle werden kann. Wochenpläne, Lerntagebücher, Auf-
über den aktuellen Lernstand des Kindes und über gabenhefte und Portfolios sind einige Möglichkei-
die Themen, welche im Unterricht behandelt wer- ten, welche dem pädagogischen Personal zur Ver-
den (vgl. Kaufmann 2013, S. 28). Es ist wichtig, dass fügung stehen (vgl. Kawski/Koltermann/Krinecki
die Erziehungsberechtigten verstehen, dass durch 2013, S. 61). Eltern mit an den Tisch zu holen, um bei
den Verzicht auf Hausaufgaben und die Einführung schulischen Veränderungen Missverständnissen
38 von Lernzeiten keineswegs Übungszeit verloren vorzubeugen, hat sich in der Vergangenheit positiv
geht, sondern eine Verlagerung der Übungseinhei- bewährt (vgl. Boßhammer /Schröder 2012, S. 78).
ten in den Unterricht und in die individuellen Lern- Alle Beteiligten sollten sich daher mit den entspre-
zeiten stattfindet (vgl. Grimm/Schulz-Gade 2015, S. chenden Abschnitten des Sächsischen Schulgeset-
128). Auch die daraus entstehenden Vorteile (Verrin- zes der Eltern- und Schülermitwirkungsverord-
gerung des Konfliktpotentials, mehr Familienzeit, nung auseinandersetzen.
Chancengleichheit etc.) werden zum Verständnis bei
den Eltern beitragen. Ein großes Missverständnis Evaluation der Lernzeit
zwischen Elternhaus und Schule bringt das pädago- Da die Einführung von Lernzeiten nicht von heute
gische Ziel von Übungsaufgaben mit sich. Wäh- auf morgen geschehen kann, sondern mit einem
rend Lehrkräfte den Weg zum Ziel und weniger das Prozess verbunden ist (vgl. Kawski/Koltermann/
Ergebnis interessiert, arbeiten Eltern zielorientiert Krinecki 2013, S. 59), muss in regelmäßigen Abstän-
mit ihren Kindern zuhause (vgl. Kaufmann 2013, S. den eine Evaluation durchgeführt werden. Fragen
30). Da die Pädagog*innen in der Lernzeit anhand für mögliche Evaluationsrunden können sein: Wer-
des Arbeitsweges sehen können, ob der behan- den die Ziele der Lernzeiten erreicht? Kommen alle
delte Stoff verstanden wurde und ob die Kinder und Beteiligten mit dem neuen Zeitkonzept zurecht?
Jugendlichen selbstständig in der Lage sind, ihnen Entsprechen die Aufgaben den Voraussetzungen
gestellte Aufgaben zu lösen, ist eine Integration der der Kinder und Jugendlichen? Nutzen die Schü-
Lernzeit in den Schulalltag sinnvoll. Die Verknüp- ler*innen die entsprechenden Lernarrangements?
fung von Unterricht und Lernzeit gilt es, den Erzie- Weiß das pädagogische Personal über seine Auf-
hungsberechtigten transparent zu machen und gabe Bescheid? Auch spezielle Fragebögen für die
somit Akzeptanz zu schaffen. Es besteht aber wei- Schüler*innen und deren Eltern empfehlen sich, um
terhin die Notwendigkeit, dass Eltern ihre Kinder in Missstände aufzuklären und die Konzepte anzupas-
der Festigung des Gelernten unterstützen. Regel- sen (vgl. ebd., S. 59). Durch fortlaufende Verbesse-
mäßige Übungsrituale, wie z.B. Einmaleins Übun- rung optimiert sich die Zufriedenheit aller Betei-
gen, abendliches Vorlesen und die Vorbereitung auf ligten und somit das Gelingen der Lernzeiten (vgl.
Klassenarbeiten ermöglichen nicht nur einen Ein- Grimm/Schulz-Gade 2015, S. 134).
HAUSAUFGABEN UND LERNZEITEN
Umsetzungsmöglichkeiten −
Tipps für die Praxis
Prüfen Sie alle Ihnen zur Verfügung stehenden Res- Nutzen Sie Lerntheken, Wochenpläne,
sourcen (pädagogisches Personal, Räumlichkeiten, Projektarbeiten etc. um offene und differenzierte
Lehrmaterialien etc.). Lerngelegenheiten zu schaffen.
Überlegen Sie sich, welches Lernzeitenmodell (separate Klären Sie Eltern über die Vorteile und Ziele von
Lernzeit, flexible Lernzeit oder integrierte Lernzeit) zum Lernzeiten auf.
Konzept und den Ressourcen Ihrer Schule passt.
Evaluieren Sie Ihr Modell regelmäßig und passen
Schaffen Sie Räume mit Aufforderungscharakter zum Sie es ggf. an.
Lernen. 39
Hospitieren Sie bei benachbarten und befreundeten
Öffnen Sie Ihren Unterricht. Schulen, schauen Sie nach Good-Practice-Modellen
und vernetzen Sie sich.
Verknüpfen Sie die Inhalte des Unterrichtes mit der
anschließenden Lernzeit.
Eigler, G./Krumm, V. (1972): Zur Problematik der Hausaufgaben. Über die Mit-
arbeit der Eltern bei Hausaufgaben. Ergebnisse einer Befragung von Eltern von
Gymnasiasten der Klassen 5-8 und einer Befragung von Gymnasialdirektoren.
Weinheim: Beltz.
Lotz, M./Lipowsky, F. (2020): Die Hattie-Studie und ihre Bedeutung für den
Unterricht. Ein Blick auf ausgewählte Aspekte der Lehrer-Schüler-Interaktion.
URL: http://www.frank-lipowsky.de/wp-content/uploads/Lotz-Lipowsky-2.pdf
(Zugriff: 15.07.2020).
Das sagt die Wissenschaft − Kooperationskultur meint dabei die Fähigkeit und 41
Theoretische Grundlagen die „Freiwilligkeit der Zusammenarbeit [sowie]
gemeinsame Kooperationsziele, Koordination [...]
und entsprechende Motivation“ (Coelen 2008, S.
Die Ganztagsangebote an Schulen stellen einen 613) zu erarbeiten und diese Arbeit auch umzuset-
ambitionierten Ansatz des Lernens und Lehrens zen, sodass gemeinsame Ziele erreichbar sind. Sie
dar. Die Umsetzung verlangt neben den verschie- fußt dabei auf zuvor festgelegten Verhaltensweisen
denen Kompetenzen vor allem eines: Kooperation. der jeweiligen Teilnehmer*innen. Wesentliche Ele-
Diese umfasst die Kommunikation und Interak- mente hierbei sind Offenheit für Veränderungen und
tion der Schule mit ihren Schüler*innen und deren Informationen, die kooperative Entscheidungsfin-
Eltern, aber vor allem den an der Umsetzung betei- dung und eine klare Führungsstruktur.
ligten Partner*innen (vgl. Köck 1997, S. 185). Dies
gilt ebenso für die Weiterentwicklung von Schule Kooperationsstruktur hingegen ist eine „systema-
und Unterricht im Rahmen von Ganztagsangebo- tisch und dauerhaft stattfindende“ (BSB 2015, S. 6)
ten. Fast immer hat hierbei die Kooperation zwi- zielgerichtete Zusammenarbeit, welcher Regeln
schen der Schule und außerschulischen Partner*in- und Ressourcen innewohnen, um „kooperative[s]
nen eine Schlüsselfunktion. Diese ermöglichen oft Handeln der professionellen Akteure“ (ebd.) zu
nicht nur eine erweiterte Bildung der Schüler*in- bedingen. Sie besitzt demnach zwei Funktionen:
nen, sondern stellen auch einen Ausgleich für den „auf der einen Seite begrenz[t] sie mögliche Hand-
Weg- oder Ausfall von familiären und sozialen Bin- lungen, auf der anderen Seite ermöglich[t] sie [auf]
dungen dar, steigern Motivation und Schulfreude eine bestimmte Art und Weise zu handeln“ (ebd.).
und haben einen guten Einfluss auf die Noten in der Kooperationsstruktur ist zudem veränderbar und
Schule (vgl. StEG-Konsortium 2010, S. 24). Beson- kann auch weiterentwickelt werden (vgl. ebd.).
ders ehrenamtlich tätige Privatpersonen, Behörden,
Vereine, Verbände, Kirchen, Museen und andere In Bezug auf die Kooperationsstrukturen in der
Institutionen wie z.B. Einrichtungen der Jugend- Schule bedeutet dies bspw. zeitliche Freiräume, z.B.
hilfe oder Unternehmen können dabei als externe Besprechungen, die im Stundenplan wöchentlich
Partner*innen fungieren. Dies bedeutet aber auch, integriert sind, klare Rollen- und Funktionszuord-
dass die Anzahl der Gesprächspartner*innen sowie nungen, z.B. in Form eines*r Koordinator*in, Infor-
der zeitliche Umfang der Kontaktpflege erheblich mationsaustausch von und zwischen Teams, z.B.
zunimmt und nicht nur neue Partnerschaften auf- mit Hilfe eines Protokolls sowie die gemeinsame
gebaut, sondern auch langfristig gepflegt werden Nutzung von Ressourcen oder gegenseitiger Hilfe
müssen. Um ein ganztägiges Lernkonzept anbieten (vgl. ebd., S. 8ff).
zu können, ist folglich die Öffnung der Schulen nach
außen erforderlich. Hierbei ist eine gute Gestaltung Aktuelle Beobachtungen und Forschungsergeb-
der Kooperationskultur sowie der Kooperations- nisse der Studie zur Entwicklung von Ganztags-
struktur wichtig. schulen (StEG) zeigen, dass Formen der Koopera-
tion sehr vielseitig sind, von einfachen Angeboten
GESTALTUNG DER KOOPERATIONSKULTUR UND -STRUKTUR
durch die Lehrer*innenschaft bis hin zu externen außerhalb des Unterrichts zu bereichern, können
Anbieter*innen reichen oder bspw., dass Schulen vorher viele Faktoren ausgemacht werden, die dar-
und Stadtteile stärker verknüpft werden, um bei über entscheiden, ob eine Zusammenarbeit gelingt
gemeinsamen Interessen erfolgreich(er) zu sein oder nicht. Die Gestaltung einer guten Kooperati-
(vgl. StEG-Konsortium 2019, S. 30). Die StEG-Stu- onskultur und -struktur ist daher sehr wichtig und
die führt dabei nicht nur den prozentualen Anteil sollte als bedeutsam und als Bereicherung wahr-
der Ganztagsschulen mit Kooperationspartner*in- genommen werden, ebenso wie das Verfolgen der
nen, sondern stellt ebenso fest, dass die Angebots- damit verbundenen Ziele. Vor allem braucht es als
breite der Kooperationspartner*innen pro Schule wichtige Voraussetzung das Engagement und die
im Laufe des Untersuchungszeitraums zugenom- Verbindlichkeit aller Beteiligten, trotz und gerade
men hat (vgl. ebd.). So arbeitet der „überwiegende wegen des zuätzlichen Zeitaufwands.
Teil der Ganztagsschulen [...] mit externen Partnern
zusammen“ (StEG-Konsortium 2019, S. 36), wenn- Für die praktische Umsetzung der Kooperationen
42 gleich nur selten Schulen ausschließlich auf externe haben sich verschiedene Möglichkeiten bewährt
Partner*innen setzen. Zudem weist die StEG-Studie und können daher empfohlen werden: ein*e vorher
darauf hin, „dass die Kooperationshäufigkeit zwi- festgelegte*r Koordinator*in, gemeinsam geteilte
schen Lehrkräften und dem weiteren pädagogisch Ziele, gegenseitiger Respekt der Berufsgruppen,
tätigen Personal deutlich geringer ausgeprägt ist als Konsens in der Kooperationsgestaltung und eine
innerhalb der Berufsgruppe der weiteren pädago- Win-Win-Orientierung der Kooperationspart-
gisch Mitarbeitenden. Gemeinsame Erarbeitungs- ner*innen. (vgl. ebd.). Nur so lassen sich in einem
prozesse, wie die Erstellung von Förderplänen aber multiprofessionellen Team positive Erfahrungen
auch der Austausch über die Praxis und die Auswir- erzeugen. Umgekehrt lassen sich nicht selten kurz-
kungen von Haus- bzw. Schulaufgaben, scheinen lebige oder gescheiterte Kooperationen auf typische
demzufolge dringend erforderliche Arbeitsfelder zu Probleme wie stockende Informationsflüsse, z.B.
sein“ (Kamski/Koltermann/Krinecki 2013, S. 110). in Form mangelnder Rückmeldung, zwischen der
Schule und externen Partnern*innen, nicht benannte
oder gar fehlende Verantwortlichkeiten und nicht
kommunizierte Kompetenzen und Ressourcen aller
Gelingensbedingungen Beteiligten zurückführen. Eine schlechte Planung
bzw. Vorbereitung, fehlende oder zumindest unklare
Zielsetzungen, aber auch nicht definierte Abläufe
Um den schulischen Alltag an einer Schule mit sind für dürftig umgesetzte oder gar misslungene
Ganztagsangeboten mit zusätzlichen Angeboten Ganztagsangebote gerade zu prädestiniert.
Umsetzungsmöglichkeiten −
Tipps für die Praxis
Als Eckpfeiler für die Gestaltung dieser Kooperation Ebenso eignet sich eine engmaschige, z.B. 14-tägige
an Grundschulen empfiehlt sich daher eine jährlich „Besprechung zwischen Grundschule und Hort zur
„zwischen Grundschule und Hort [...] [zu] aktualisie- Ausgestaltung der GTA-Angebote“ (ebd.) um etwa den
rende Kooperationsvereinbarung“ (SMK 2019, S. 17), Bedarf und die Zielsetzung der jeweiligen Angebote im
in der gemeinsam etwaige vorhandene Strukturen Auge zu behalten.
überarbeitet oder aber neue festgelegt und geschaf-
fen werden. Grundsätzlich sollte von der Schulleitung eine eigene
Koordinationsperson bestimmt werden (GTA-Koor-
dinator*in), welche zentrale Ansprechpartner*in
für alle Akteur*innen wird. Den ausgewählten Part-
GESTALTUNG DER KOOPERATIONSKULTUR UND -STRUKTUR
ner*innen sollte die Koordinationsperson als ein*e und sicherheitsrelevante Aspekte ebenso beinhalten
feste*r Ansprechpartner*in samt Stellvertretung zur wie auch das Controlling und Aspekte der Raumnut-
Abstimmung der Zusammenarbeit benannt werden. zung (vgl. Kamski/Koltermann/Krinecki 2013, S. 108).
Ebenso müssen „die Kommunikationswege [mit diesen Zugleich muss den Partner*innen ebenso wie neuem
Ansprechpartner*innen] klar definiert und geregelt“ Personal an der Schule das Ganztagsangebotskonzept
(ebd.) werden. mit klar formulierten Inhalten und Zielsetzung zur
Kenntnis gebracht werden. Dazu eignet sich besonders
Der Schulleitung kommen im Rahmen der Koopera- die frei editierbare Broschüre des Ganztagsschulver-
tion zahlreiche Aufgaben zu: Sie bestimmt den/die bands Sachsen „Ganztagsschule – Ein Überblick“ (vgl.
GTAKoordinator*innen und legt Zielvorstellungen der Uth/Scherbel 2019). Zudem sollte die Schule aussa-
Ganztagsangebote fest, sie lädt die außerschulischen gekräftige Informationen über die außerschulischen
Partner*innen zu Feedbackgesprächen und Schul- Partner*innen sowie die Angebotsleitungen erhalten.
veranstaltungen ein, sie stellt Kontakt zu außerschuli- Hierfür eignen sich standardisierte Steckbriefe.
schen Partner*innen her und sichert die Kooperation.
Es können auch Eltern oder ältere Schüler*innen 43
Die Lehrkräfte wiederum suchen proaktiv den Kon- für Kooperationen gewonnen werden. Hierfür soll-
takt zum Personal am Nachmittag und nehmen sich ten deren Kompetenzen und Möglichkeiten für eine
wöchentlich zu einem festen Termin Zeit, um Abspra- (potentielle) GTA-Beteiligung in einem Kataster festge-
chen zu gewährleisten und so die Verzahnung sicher- halten werden.
zustellen. Diese Kooperationszeiten sollten bei der
Planung der Stundentafeln berücksichtigt werden. Außerdem sollten etwaige Besonderheit, z.B. bei
bereits im Vorfeld bekannten Problemen und erforder-
Insbesondere die telefonische Erreichbarkeit und die liche Sachmittel, z.B. zur Klärung von Finanzierungs-
Kommunikation per E-Mail sollte von beiden Seiten möglichkeiten benannt werden. Insgesamt sollte die
gewährleistet sein (vgl. BSB 2015, S. 9). Umsetzung regelmäßig überprüft, z.B. durch Hospi-
tationen und die Vereinbarungen mindestens jährlich
Außerschulische Partner*innen sollten nicht zufällig geprüft und ggf. angepasst werden (vgl. BSB 2015, S.
und intuitiv ausgewählt werden, sondern anhand einer 14ff.).
Bedarfsanalyse, eines damit verbundenen Leitbilds
sowie nach klaren Zielvorstellungen (vgl. Kamski/Kol- Um eine zielgerichtete und bedarfsgerechte Arbeit der
termann/Krinecki 2013, S. 107). Hierfür sollten immer zentralen Partner*innen zu unterstützen, sollten diese
die Interessen der Schüler*innen und die gemeinsame zu Schulkonferenzen oder relevanten Veranstaltun-
Arbeit mit ihnen im Vordergrund stehen. Grundsätzlich gen eingeladen werden (vgl. SMK 2019, S. 17). Dies soll
ist zu hinterfragen, worin der Mehrwert der angestreb- den Partner*innen auch ermöglichen, sich bzw. das
ten Kooperation liegt bzw. wie relevant das jeweilige Angebot weiterzuentwickeln und neben persönlichen
Angebot oder die Leistung für die Schüler*innen ist. Kontakten, Informationen aus erster Hand von den
übrigen Beteiligten und diese wiederum von ihm/ihr
Potentielle externe Partner*innen sollten der Schule zu erhalten. Auch ist dies eine gute, wenn auch nicht
eine Angebotskonzeption vorlegen können, damit einzige Möglichkeit, Ergebnisse aus vorherigen oder
im Vorfeld Fragen der Finanzierung und Förderung aktuellen Kooperationen zu präsentieren.
geklärt werden können, aber auch Informationen zur
Zielsetzung und Umsetzungs-/Arbeitsbedingungen Unabhängig davon sollten außerschulische Part-
fixiert sind (vgl. SMK 2019, S. 17). Diese Angebots- ner*innen mindestens zweimal jährlich Gespräche
konzeption sollte eine Verbindung zu den Zielen und für Rückmeldungen mit der Koordinationsperson der
Inhalten des schulischen Ganztagsangebotskonzept Ganztagsangebote führen (vgl. ebd.) und einen Leis-
herstellen. Genauso wichtig ist aber auch, dass beide tungsnachweis bzw. eine Form der Anerkennung (z.B.
Vertragsseiten die Erwartungen an eine Zusammenar- eine Urkunde) erhalten.
beit im Vorfeld klären (vgl. Dollinger 2013, S. 55).
Ebenso sollten „jährlich gemeinsame Fortbildungen“
Grundsätzlich sollten „mit außerschulischen Partnern (ebd.) stattfinden, an denen sowohl Lehrkräfte, Erzie-
[feste] Vereinbarungen geschlossen“ (SMK 2019, S. her*innen, etwaige Sozialpädagog*innen und außer-
17) und auch schriftlich festgehalten werden. Diese schulische Partner*innen teilnehmen (vgl. ebd.). Ziel
Vereinbarungen sollten vertragliche, organisatorische sollte die Verzahnung von Schulunterricht und zusätz-
GESTALTUNG DER KOOPERATIONSKULTUR UND -STRUKTUR
lichen Angeboten sein, aber auch eine vorausschau- gewinnen. Warum nicht aktuelle Übungen aus dem
ende Planung von zukünftigen bzw. fortführenden Sportunterricht in die Tanz-AG integrieren oder die
Kooperationen sein (vgl. StEG-Konsortium 2010, S. 25). Fortschritte eines Technik-Projektes im Physik auf-
Aber auch niedrigschwelligere Angebote wie Kollegien- greifen - um nur einige Beispiele zu nennen. Auch bei
ausflüge, Kennenlernabende und gegenseitige Hospi- allen übrigen GTAs sollten die Angebotsleiter*innen
tationen bieten eine gute Gelegenheit, die Arbeit der den Schüler*innen die Verknüpfungen zu den Inhal-
Beteiligten kennen zu lernen (vgl. Kamski/Koltermann/ ten des regulären Unterrichts aufzeigen. Vorausset-
Krinecki 2013, S. 110). zung hierfür ist die richtige „Weichenstellung“ bei den
Gelingensbedingungen.
Denkbar ist ebenso die gemeinsame Vorbereitung
und Durchführung von in den Unterricht eingebet- Grundsätzlich sollten die gewählten Maßnahmen dazu
teten Projekten oder die Präsentation von Ergebnis- geeignet sein, die Arbeit von und in Ganztagsange-
sen von für den Unterricht relevanten Arbeiten aus boten zu forcieren und zu verbessern, neue Koope-
Ganztagsangeboten. Dies eignet sich besonders für rationen anzubahnen und bestehende zu pflegen,
44 GTAs, die nicht einfach nur neben dem regulären aber auch die zur Akzeptanz und Nachfrage der GTAs
Unterricht stattfinden, sondern mit diesem in einer notwendige Qualität sicher zu stellen. Klar muss dabei
Beziehung stehen. Wenn diese Brücken geschlagen sein, dass Kooperation die Aufgabe aller am Ganztags-
werden, können sowohl Unterricht als auch Ganz- schulleben Beteiligten ist (vgl. Dollinger 2013, S. 56).
tagsangebot davon profitieren und an Attraktivität
Dollinger, S. (2013): 127 Tipps für die Ganztagsschule. Weinheim und Basel: Beltz
Verlag.
Köck, P. (1997): Kooperation. In: Köck, P./Ott, H. (Hrsg.): Wörterbuch für Erzie-
hung und Unterricht (6. Auflage). Donauwörth: Auer Verlag, S. 185-186.
Theoretische Grundlage – Dabei ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die 45
Das sagt die Wissenschaft Öffnung von Schule sowohl nach innen als auch nach
außen stattfinden muss. Die Aspekte nach Holtappels
beinhalten beide dieser Ebenen.
Mit der Einführung von Ganztagsschulen bzw. Schu-
len mit Ganztagsangeboten wurde vor allem das Ziel Entgegen des theoretischen Verständnisses ist der For-
verfolgt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schungsstand zu Schulen mit Ganztagsangeboten und
ermöglichen. Die Eröffnung neuer Möglichkeiten zur Schulöffnung zum Zeitpunkt dieser Publikation noch
Weiterentwicklung hin zu einem ganzheitlichen ver- mangelhaft und für die gegenwärtige Situation wenig
standenen Lernort, trägt vor allem der mangeln- anschlussfähig.
den Vorbereitung der Halbtagsschule auf komplexe
Lebensanforderungen Rechnung (vgl. BMFSFJ 2017, S. Im Folgenden soll versucht werden, den Forschungs-
356). Damit einher geht das Ziel, dass Schule vielmehr stand im Bereich der Schulöffnung zusammenzustel-
zu einer Lebenswelt werden soll, die Handlungsräume len. Erst in Folge der Ergebnisse der Schulleistungsstu-
erschließt und Handlungsmöglichkeiten bietet, somit die PISA im Jahr 2000 und dem folgenden Ausbau des
für alle Schüler*innen eine höhere Sinnhaftigkeit und Ganztagsbereiches entwickelte sich auch die Ganz-
Wirksamkeit von Schule darstellt. tagsschulforschung. Durch die Weiterentwicklung von
Halbtagsschulen zu Schulen mit Ganztagsangeboten
Diese Zielstellung soll durch die Öffnung von Schule stehen zusätzliche Ressourcen in Form von Geld, Zeit,
umgesetzt werden. Mit der Öffnung von Schule ist Raum und Personal zur Verfügung – Voraussetzungen,
vor allem die Beziehung zum Schulumfeld, zu außer- um sich dem Schul- und Sozialumfeld zu öffnen (vgl.
schulischen Einrichtungen und der Lebensweltbezug Fischer et al. 2011, S. 76).
gemeint (vgl. Holtappels 1994, S. 19). Schulentwick-
lungsforscher Heinz Günter Holtappels begründet das Grundsätzlich ist es eine konzeptionelle Frage, ob
Potenzial der Öffnung von Schulen mit Ganztagsange- Schulen mit Ganztagsangeboten ihr Angebot gemein-
boten anhand folgender, für ihn gemeinwesenorien- sam mit außerschulischen Partner*innen oder unab-
tierter Aspekte: hängig von diesen gestalten wollen
- Zuwendung zur Lebenswelt Siehe dazu der Beitrag „Gestaltung von Kooperationskultur
- Prävention sozialer Isolation und -struktur“
- Schule als Teil der soziokulturellen Infrastruktur
(community development), multifunktionale und Wird diese Aufgabe vollständig an Externe abgege-
multipersonelle Ressourcennutzung (Raum, Zeit, ben, bedeutet dies eine direkte Entlastung des eigenen
Personal) Lehrpersonals. Im Fall einer Verknüpfung von Angebot
- Vernetzung und Kooperation und Unterricht muss definitiv ein Austausch ermög-
- Erschließung neuer Lernorte durch Innovation des licht werden (vgl. ebd., S. 30). Im Jahr 2018 wurden zwi-
Lehrplans (vgl. ebd) schen vier bis neun Prozent der Ganztagsangebote von
Kooperationspartner*innen an Schulen mit Ganztags-
angeboten der Primar- und Sekundarstufe durchge-
ÖFFNUNG VON SCHULE
führt. In der ostdeutschen Sekundarstufe I wird über- wurde herausgefunden, dass 2005 etwa in 60 Prozent
proportional häufig der Ganztagsbetrieb teilweise der Schulen mit Ganztagsangeboten kein Bezug zwi-
von Externen abgedeckt. Insgesamt ist zu erkennen, schen Unterricht und Angeboten bestand (vgl. ebd.,
dass immer noch etwa ein Sechstel bis ein Fünftel S. 102). Aus Sicht der StEG-Studie (2019) besteht Ent-
aller Schulen mit Ganztagsangeboten ohne Koope- wicklungsbedarf auf diesem Gebiet, denn nur etwa die
rationspartner*innen agieren. Erstaunlicherweise Hälfte an weiterführenden Schulen und zwei Drittel der
ist die Zahl der Schulen ohne außerschulische Part- Gymnasien geben an, diese Verzahnung konzeptionell
ner*innen in den letzten zehn Jahren leicht gestiegen. zu verfolgen (StEG-Konsortium 2019, S. 5). Teilweise
Jedoch sagt die reine Anzahl nichts über die Qualität seien die Maßnahmen sogar rückläufig. Ein möglicher
oder Wirksamkeit aus. Grund dafür ist ein mangelhafter Austausch zwischen
der Schule und den Externen und/oder eine fehlende
Zur Kooperation von Schulen mit Ganztagsangeboten konzeptionelle Verankerung der Kooperation. Weiter-
und außerschulischen Partner*innen führte Arnoldt hin ist eine Trennung von Unterricht (vormittags) und
(2011) eine Untersuchung durch. Diesbezüglich ist Angebot (nachmittags) meist an offenen Ganztags-
46 zunächst auf die verschiedenen Formen hinzuweisen, schulen wie den sächsischen Schulen mit Ganztagsan-
welche einerseits den Umfang und die Art der Zusam- geboten zu finden (vgl. ebd, S. 88).
menarbeit betreffen und andererseits die Häufigkeit
(vgl. Arnoldt 2011, S. 99). Findet nur ein Informations-
austausch oder ein gemeinsames Wirken statt? Wird Gelingensbedingung
nur unregelmäßig oder täglich zusammengearbeitet?
Wird sogar eine komplette Trägerschaft übernommen?
Das Ergebnis der Studie zeigt, dass außerschulische Schulöffnung darf keinesfalls nur die Bestrebungen an
Partner*innen in Schulen mit Ganztagsangeboten die außerschulische Kooperationen richten, unabhängige
Regel sind. Weiterhin zeigt sich, dass Kooperationen Nachmittagsgestaltung durchzuführen. Dieses addi-
effektiver genutzt werden können, je länger sie beste- tive Verständnis von Ganztagsangeboten schafft nicht
hen. Die Qualität lang bestehender Partnerschaften ist den gewünschten Lebensweltbezug. Vielmehr muss
höher. Die Untersuchung macht deutlich, dass die Öff- mit der Öffnung nach außen eine simultane, besser
nung von Schule durch Kooperationen mit externen noch eine vorherige Öffnung nach innen erfolgen. Die
Partner*innen viel Zeit beansprucht, besonders das Öffnung des Unterrichts, also ein vermehrter Lebens-
Steuern ist komplex. Für die zukünftige Weiterent- weltbezug, die freie Wahl von Inhalten und eine offene
wicklung sei vor allem „Ressourcensicherheit“ und Gestaltung des Curriculums ist als Basis zu verste-
eine „rechtliche Weichenstellung“ nötig (vgl. ebd., S. hen, wenn eine Schule ihr Angebot entsprechend an
329). den Interessen aller Schüler*innen orientieren will.
Erst dann kann sich eine Verzahnung von Angebot und
Mit dem Ausbau der Schulen mit Ganztagsangebo- Unterricht entwickeln und Ergebnisse erzielen.
ten sollten in Deutschland neue und mehr Lernorte
erschlossen werden durch außerunterrichtliche Ange- Grundsätzlich gilt für jede Schule, die sich auf den Weg
bote in den Bereichen Kunst, Musik, Sport und Kultur begibt, Kooperationen zu stärken, dass das Rad nicht
(vgl. Züchner/Arnoldt 2011, S. 267). Die Autor*innen neu erfunden werden muss. Der Blick zu anderen Schu-
Züchner und Arnold sind der Frage der Wechselwirkung len und der Austausch mit diesen sind der erste Schritt
zwischen schulischen und außerschulischen Aktivi- zum Gelingen der Öffnung von Schule.
täten nachgegangen. Insgesamt sind Sportvereine mit
61 Prozent am häufigsten auch Partner von Schulen, Soll eine Kooperation zwischen der Schule mit Ganz-
danach folgen Partner aus dem Sozial- und Gesund- tagsangeboten und externen Partnern erfolgreich sein,
heitsbereich sowie künstlerisch-musische Partner ist ein Leitfaden notwendig, für ein effektives Vorge-
(vgl. Oelkers 2011, S. 27; StEG-Konsortium 2019, S. 36; hen. Das folgende 7-Schritte-Modell nach Thimm/
Maykus 2009, S. 307ff.). Langer (o.J.) gibt für den Bereich Sekundarstufe I eine
grobe Vorgabe für die Entwicklung von Ganztagsange-
Besonders in Bezug auf die Verzahnung von Ange- boten. An dieser Stelle soll das Vorgehen nur angerissen
bot und Unterricht besteht in den meisten Schulen werden:
mit Ganztagsangeboten noch großes Potenzial (vgl. - Gegenseitige Interessensbekundung
Arnoldt 2011, S. 102). Unter der Fragestellung, „Was - Interne Klärung (Schule und Partner*innen)
haben die Angebote mit dem Unterricht zu tun?“, - Kooperationsstiftung
ÖFFNUNG VON SCHULE
Umsetzungsmöglichkeiten –
Tipps für die Praxis
Folgende Hinweise sollten in der Praxis umgesetzt werden Verzahnung von Angebot und Unterricht
und können der konkreten Umsetzung helfen. Sie orientie- Stimmen Sie die Kooperationsinhalte mit dem Lehrplan
ren sich am Qualitätsrahmen Ganztagsangebote des SMK ab (und umgekehrt) und sorgen Sie für Überschneidungen
(2019). der Inhalte.
Gestaltung der Kooperationskultur und -struktur Beziehen Sie alle Schüler*innen, Eltern und Partner*in-
Wählen Sie die Kooperationspartner*innen entsprechend nen aktiv in die Ausgestaltung und Aufrechterhaltung der
Ihres Schulprogramms und Ihrer Schulphilosophie aus. Kooperationen ein.
Formulieren Sie Inhalte und Ziele. Bieten Sie unterrichtsbezogene Ergänzungsstunden an.
Nutzen Sie Checklisten und Kooperationsfahrpläne (vgl. Nutzen Sie fächerübergreifende und klassenübergrei-
Thimm/Lange o.J., S. 12), um die Kooperation effektiver zu fende Projekte.
machen.
Siehe dazu der Beitrag „Verzahnung von Unterricht und
Berücksichtigen Sie vor allem Partner*innen aus dem Angebot“.
direkten Schulumfeld (z.B. Stadt, Sportvereine, Jugend-
hilfen, Hort). Öffnung von Schule
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Lehrplan (Öffnung nach innen)
Halten Sie regelmäßig und terminiert Rücksprachen mit die Öffnung nach außen integriert (Öffnung auf zwei
Ihren außerschulischen Partner*innen und richten Sie Ebenen nach Holtappels). Vermeiden Sie hingegen eine
ggf. Inhalte und Zielstellungen neu aus. einseitige Öffnung.
Laden Sie Ihre Kooperationspartner*innen zu Lassen Sie Betreuungsangebote teilweise aber auch
Schulkonferenzen ein. vollumfänglich von Kooperationspartner*innen abdecken
Siehe dazu der Beitrag „Gestaltung von Kooperations- (Entlastung des Lehrpersonals).
kultur und -struktur“.
ÖFFNUNG VON SCHULE
Der institutionellen Öffnung der Schule (Einrichtungen Nutzen Sie die Möglichkeiten der Sozialraumanalyse (Siehe
wie Musikschulen, Volkshochschulen, Vereine/Verbände, dazu Interview mit Ulrich Deinet), um die Schule lokal und
Betriebe) muss die personelle (externe Kräfte wie Jugend- regional zu öffnen.Kooperieren sie dazu mit außerschu-
hilfe, Soziale Arbeit, Übungsleiter*innen), inhaltliche lischen Partner*innen oder suchen sie außerschulische
(Schwerpunkte wie musisch-künstlerische, sportliche Lernorte auf.
oder handwerkliche Angebote) und methodische (Lernzei-
ten statt Hausaufgaben, Werkstatt- und Projektunterricht) Unterstützen Sie die pädagogische Weiterbildung des
folgen (vgl. Dollinger 2013, S. 50f.). außerschulischen Personals.
48
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2017): 15.
Kinder- und Jugendbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und
die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.
Deinet, U. (2018): Offene Ganztagsschule - Schule als Lebensort aus Sicht der Kinder:
Studie, Bausteine, Methodenkoffer. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
Mavroudis, A. (2013): Kooperation muss gut überlegt sein! Der gemeinsame Hand-
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tionen vereinbaren. Eine Arbeitshilfe zur Entwicklung von Kooperationsvereinba-
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ÖFFNUNG VON SCHULE
Maykus, S. (2009): Kooperation: Mythos oder Mehrwert? In: Prüß, F./Kortas, S.,
Schöpa, M. (Hrsg.): Die Ganztagsschule: von der Theorie zur Praxis: Anforderungen
und Perspektiven für Erziehungswissenschaft und Schulentwicklung. Weinheim
und Basel: Juventa-Verlag.
Reinhardt, K. (1992): Öffnung der Schule: Community education als Konzept für die
Schule der Zukunft? Weinheim und Basel: Beltz. 49
Sächsisches Staatministerium für Kultus (SMK) (Hrsg.) (2019): Qualitätsrahmen
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Fachempfehlung „Ganztagsangebote an sächsischen Schulen“. URL: https://www.
schule.sachsen.de/download/download_bildung/19_01_31_Br_ Qualitaetsrah-
men_GTA.pdf (Zugriff: 15.07.2020).
51
Das sagt die Wissenschaft - Darüber hinaus formulierte die Kultusministerkonfe-
Theoretische Grundlagen renz die Minimalvorgabe für alle ganztägigen Schu-
len, dass Ganztagsangebote in einem konzeptionellen
Zusammenhang mit dem Unterricht stehen müssen
Verzahnung bedeutet, dass außerschulische Angebote (vgl. KMK 2015, S. 7).
mit dem Fachunterricht sowohl organisatorisch als Mit diesen Forderungen waren die ganztägigen Schulen
auch inhaltlich verbunden werden. Daraus entsteht die vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Unterricht
Chance, den Bildungstransfer in verschiedenen Lernset- sollte nicht nur im (rhythmisierten) Wechsel stattfin-
tings stattfinden zu lassen. Durch die außerschulischen den, denn allein der (rhythmisierte) Wechsel zwischen
Angebote können über den Lehrplan hinaus Lernziele Angebot und Unterricht stellt keine Verzahnung dar,
verfolgt werden. So entsteht neuer Raum für zusätzli- sondern die Unterrichtsinhalte sollten in den Angebo-
ches Training sowie für Vertiefung und Erweiterung der ten am Nachmittag aufgegriffen werden und ebenso
Lerninhalte durch z.B. einen Zoobesuch, bei dem Inhalte anders herum. So entsteht ein Bildungstransfer, der
des Sachunterrichts respektive Lebensweise oder Füt- ganz neue Bildungsmöglichkeiten gewährleistet, neue
terung bestimmter Tiere direkt erlebt werden können. Lernräume eröffnet, individuelle Lerngelegenheiten
Dies hat den Vorteil, dass Unterricht qualitativ aufge- schafft sowie Übungs- und Vertiefungsphasen einrich-
wertet wird und Bildungsinhalte anschaulicher, nahba- tet (vgl. Höhmann 2009, S. 94).
rer und alltagstauglicher werden. In der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschu-
Die schlechten Ergebnisse der PISA-Studie aus dem len (StEG) wird u.a. die Verzahnung von Angebot und
Jahr 2000 waren ein Auslöser dafür, dass der Ausbau Unterricht untersucht. So wurde festgestellt, dass es
von Schulen mit Ganztagsangeboten vorangetrie- bei den an der Studie beteiligten Schulen durchschnitt-
ben wurde. Diese sollten aber nicht nur Kinderver- lich nur eine schwache Verbindung zwischen Unter-
wahranstalt mit Suppenküche (vgl. Çınar 2008, S. 199) richt am Vormittag und den Angeboten am Nachmit-
oder reine Unterrichtsschule sein, sondern vielmehr tag gibt. An lediglich ca. 54 Prozent der Schulen findet
ein Lebensraum, in dem Lernen grundsätzlich anders eine Verzahnung zwischen Unterricht und Angeboten
gestaltet wird als an einer Halbtagsschule. Um dies statt. Dies ist natürlich insofern bedenklich, als dass
umzusetzen, installierte man neben dem Unterricht das Element der Verzahnung, wie oben beschrieben,
zusätzliche Angebote, die von individueller Förderung eine Minimalvorgabe der Kultusministerkonferenz
bis hin zu Freizeitangeboten reichten. Damit ganztä- für ganztägige Schulen darstellt. Wiederum positiv
gige Schulen Fördermittel des Investitionsprogramms ist, dass 57 Prozent der Lehrkräfte und Angebotspart-
„Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB) (2003-2009) ner*innen im regen Austausch miteinander stehen. An
erhalten konnten, wurden die Schulen dazu angehal- 35 Prozent der Schulen nehmen Lehrkräfte und Ange-
ten, ein pädagogisches Konzept vorzulegen. Sie beka- botspartner*innen bzw. weiteres pädagogisch tätiges
men die Vorgabe des Bundesministeriums für Bildung Personal gemeinsam an Fortbildungen teil. Außerdem
und Forschung, dass das Konzept mit einer „Verände- stehen 34 Prozent der Schulen und deren Themen von
rung der Lernkultur durch Verknüpfung von Unter- Projekten, Angeboten und Arbeitsgemeinschaften mit
richt, Zusatzangeboten und Freizeit über Vormittag den Fachunterrichtsthemen in Verbindung (vgl. Hol-
und Nachmittag“ (BMBF 2018, S. 7) einhergehen sollte. tappels 2008, S. 150).
VERZAHNUNG VON UNTERRICHT UND ANGEBOT
Eine weitere deutschlandweite Studie, die sich an und Zielpunkt einer sich schrittweise entwickelnden
Good-Practice-Beispielen orientiert, stellt die Studie Zusammenarbeit darstellen“ (Haenisch 2009, S. 8). Im
„Mehr Schule“ wagen dar. Anhand von Schulleitungs- Folgenden sollen Verzahnungsaktivitäten in Bezug auf
befragungen renommierter Preisträgerschulen hat die drei genannten Aspekte näher beschrieben werden.
die Studie eine Zusammenschau erforderlicher Quali- Allerdings sei angemerkt, dass diese eng miteinan-
tätskriterien für einen qualitativ hochwertigen Ganz- der verwoben sind und sich nicht immer voneinander
tag aufgestellt. Unter dem Aspekt der Verzahnung von trennen lassen.
Angeboten und Unterricht wurde zusammengetra-
gen, dass insbesondere verschiedene Verzahnungs- Die Kooperation der beteiligten Personengruppen
grade herausgestellt werden müssten, die u.a. durch kann auf vielfältige Weise umgesetzt werden. Diese
ein Mehr an zeitlicher Ressource eine zielbringende kann sich bspw. im regelmäßigen mündlichen oder
Ausarbeitung konzeptioneller Verbindungen ermögli- schriftlichen Austausch des multiprofessionellen
chen würden. Solche schriftlich vorliegenden Konzepte Teams widerspiegeln. Reines Informieren über The-
52 sind in der aktuellen Praxis an den befragten Schulen men und Arbeitsweisen stellt hier eine grundlegende
nicht vorhanden. Auch sprachen sich die Beteiligten für Basis der Kooperation dar, an der sich diese allerdings
gemeinsame Fort- und Weiterbildungen des beteiligten keinesfalls erschöpfen sollte. Kontinuierliche Gesprä-
Personals aus. Eine mögliche Aufstellung der Verzah- che sind eine Grundlage für erfolgreiche Verzahnung
nungsgrade könnte anhand einer Verbindung im enge- von Unterricht und außerunterrichtlichem Angebot,
ren Sinne, d.h. ein konzeptioneller Zusammenhang um alle Beteiligten stetig über Ablauf, Fortschritte
zwischen Unterricht und Lern- und Arbeitszeiten mit und Inhalte zu informieren. Lehrkräften und Ange-
Freizeitangeboten sowie im weiteren Sinne, also als botspartner*innen sollte bspw. im Alltag ein fester
gemeinsame pädagogische Grundorientierung, erfol- Zeitrahmen zur Verfügung stehen, in dem sie sich über
gen (vgl. Radisch et al. 2017, S. 20ff). Unterrichtsplanung und -durchführung sowie Aktua-
Insgesamt zeigt sich, dass die Verzahnung von Unter- litäten austauschen können. Ist ein Treffen in diesem
richt und außerunterrichtlichen Angeboten nach wie Zeitrahmen organisatorisch nicht möglich, so wäre
vor die Kür im Rahmen der Entwicklung ganztägiger eine schriftliche Übermittlung eine weitere Möglich-
Schulen darstellt (vgl. Kamski/Koltermann/Krinecki keit, einen Austausch zu gewährleisten. Eine umfas-
2013, S. 62). sendere Zusammenarbeit findet statt, wenn Lehr-
kräfte die Unterrichtsplanung und -durchführung
miteinander sowie mit dem weiteren pädagogisch
tätigen Personal durchführen. Die anspruchsvollste
Gelingensbedingungen Form der Kooperation, die Lehrkräften und Ange-
botspartner*innen einen weitaus besseren Einblick
in das Unterrichts- sowie Nachmittagsgeschehen bie-
Wie bereits erläutert, soll in Schulen mit Ganztagsan- tet, sind gegenseitige Hospitationen, die ermöglichen,
geboten nicht mehr nur der Unterricht den Kern der dass sowohl Lehrkräfte als auch Angebotspartner*in-
pädagogischen Praxis darstellen, sondern eine Vielz- nen inhaltlich an das umgesetzte Angebot anknüpfen
ahl außerunterrichtlicher Angebote den Zweck haben, können.
Lernräume und Lerngelegenheiten zu schaffen. Diese
bedarf es auf geeignete Weise zusammenzuführen und Darüber hinaus können feste Instanzen innerhalb
Vermittlungsprozesse als eine gemeinsame Aufgabe zu der Schule mit Ganztagsangeboten die Kooperation
betrachten. Wie die StEG-Studie zeigt, ist die Verzah- gewährleisten und sich den Aufbau und Erhalt der
nung des Unterrichts und des erweiterten Angebots ein Ganztagskonzeption zum Hauptziel machen. Geeig-
wesentliches Qualitätskriterium guter Ganztagsschu- nete Instanzen dafür sind Gremien der Schule, die das
len. Damit diese Verzahnung gelingen kann, müssen Thema Ganztag als festen Bestandteil evaluieren und
einige Aspekte, die für Verzahnungsaktivitäten maß- stetig weiterentwickeln. Das Thema Ganztag kann
gebend sind, beachtet werden. Zu diesen gehören die bspw. in einem bereits bestehenden Gremium, wie der
Kooperation der beteiligten Personengruppen, eine Lehrkräftekonferenz, dauerhaft auf der Agenda ste-
Konzeption, die im Schulprogramm oder einem eigenen hen und regelmäßig evaluiert werden. Eine weitere
Leitbild Ausdruck findet sowie die Zielklarheit, denn Möglichkeit ist die Gründung einer Steuergruppe, die
eine „Verknüpfung von Aktivitäten braucht konkrete aus der Schulleitung, den Ganztagskoordinierenden
Anlässe und Aufgabenstellungen, die den Ausgangs- und Kooperationspartner*innen besteht, die sich die
VERZAHNUNG VON UNTERRICHT UND ANGEBOT
konzeptionelle und personelle Gestaltung des Ganz- Wichtig ist es, mit den Angebotspartner*innen ein
tags zur Aufgabe macht (vgl. ebd., S. 22). geeignetes Konzept auszuarbeiten. Es sollte individuell
Die Integration des außerunterrichtlichen Angebots zugeschnitten sein, je nachdem wie der Verzahnungs-
in das Schulkonzept stellt eine weitere wichtige Ver- grad des Angebots sein soll.
zahnungsaktivität dar. Dies bedeutet, dass das auße- In Bezug auf die Hausaufgabenbetreuung und dem
runterrichtliche Angebot gemäß des Leitbildes und Unterricht gibt es vielerlei Verzahnungsansätze, die
der Ziele der Schule ausgewählt werden sollte, um den von mündlicher bzw. schriftlicher Kommunikation der
Lernprozess in angemessener Weise außerunterricht- beteiligten Lehrkräfte mit dem weiteren pädagogisch
lich zu unterstützen und zu erweitern. Um die gemein- tätigen Personal bis hin zur Hausaufgabenbetreuung
same konzeptionelle Verknüpfung langfristig gewähr- reichen, die durch Lehrkräfte selbst betreut werden.
leisten zu können, müssen Angebote stetig begleitet Kennzeichnend für eine weniger enge Verzahnung ist
und analysiert und kontinuierlich auf Stimmigkeit zum bspw. die freiwillige Teilnahme an der Hausaufgaben-
Schulkonzept überprüft werden (vgl. ebd., S. 23). Dabei betreuung. Eine Verzahnung in Form eines lockeren
sollten stets folgende Fragen berücksichtigt werden: Verhältnisses zum Unterricht besteht bspw., wenn die 53
Wie wird das Angebot von den Schüler*innen ange- Betreuung durch das pädagogische Personal gewähr-
nommen? Wie ist die Qualität des Angebots? Wie ist das leistet wird, die die Lernprogression der Schüler*innen
Angebot in der Schule verankert? (vgl. ebd.) Anhand in Form von Einzelgesprächen schriftlich dokumentiert
dieser Fragen können die Angebote evaluiert und infol- und an die Lehrkräfte weitergibt. Eine enge Verzahnung
gedessen optimiert werden. zwischen Unterricht und Hausaufgabenbetreuung ist
gegeben, wenn eine individuelle Förderung gewährleis-
Der Zielaspekt sollte vom Kollegium gemeinsam ver- tet wird, die in einer differenzierten Hausaufgabenbe-
folgt werden. Nur durch die Kooperation innerhalb des treuung erfolgt. Dafür können die Lerngruppen nach
Kollegiums können die gemeinsamen Ziele erreicht und Förderbedarf organisiert werden und entweder direkt
der Verzahnungsaspekt weiter vorangetrieben wer- durch eine Lehrkraft oder vom pädagogischen Personal
den (vgl. Gräsel/Fußangel/Pröbstel 2006, S. 206). Diese betreut werden, das vormittags im Unterricht hospi-
können je nach Schulkonzept von Schule zu Schule tiert und dadurch gezielt auf die Bedürfnisse der Kinder
unterschiedlich gewichtet sein, weshalb je nach Schule eingehen kann. Auf diese Weise soll das pädagogische
unterschiedliche Ziele im Zentrum stehen. Diese kön- Personal direkt mit den Unterrichtsinhalten in Kontakt
nen u.a. individuelle Förderung, Demokratiebildung kommen, sich darüber mit der Lehrkraft eigeninitiativ
oder selbstbestimmtes Lernen sein. austauschen und in der Lage sein, Elterngespräche zu
führen (vgl. Braune 2019, S. 5).
Wie bereits erläutert, soll das Angebot der Schulen mit Doch nicht nur Hausaufgaben stellen eine Verzah-
Ganztagsangeboten keine Ausweitung des Unterrichts nungsmöglichkeit zwischen Unterricht und Ange-
auf den ganzen Tag sein, sondern einen Lebensraum bot am Nachmittag dar. Darüber hinaus gibt es in fast
schaffen, der mit Hilfe eines vielfältigen Angebots jedem Fach die Chance, außerhalb des Fachunterrichts
auch Phasen der Entspannung und Ruhe gewährleistet. und in einem anderen Lernsetting, ohne Bewertung,
Damit diese Phasen garantiert werden können, müssen Bildungsinhalte zu erweitern, zu ergänzen und zu trai-
auch Freizeitangebote Teil des Ganztagsangebots sein, nieren. So könnten Sie mit dem erweiterten pädagogi-
bei denen die Verknüpfung zum Unterricht allerdings schen Personal einen Ausflug in den Wald organisieren.
nicht notwendig ist. Dafür können Sie ein Arbeitsblatt zu dem dazugehö-
rigen Thema mitgeben. Je nach Jahreszeit können die
Daraus ergibt sich, dass es unterschiedliche Verzah- Schüler*innen Pilze oder andere Pflanzen und Bau-
nungsgrade in Schulen gibt. Sie werden in drei unter- marten suchen und bestimmen. Auch Vogelarten, Käfer
schiedliche Angebotstypen unterteilt. und andere Tiere können sich in der Natur bestimmen
lassen. Das ausgefüllte Arbeitsblatt wird dann zur
1. Angebote, die eng mit dem Unterricht verbunden sind, nächsten Unterrichtsstunde von Ihnen oder dem/der
2. Angebote, die eher in einem lockeren Verhältnis zum Fachlehrer*in mit den Schüler*innen ausgewertet und
Unterricht stehen, 3. Angebote, die zur Freizeitgestal- ergänzt. Für dieses Angebot wäre die Kooperation mit
tung im offenen Ganztag dienen und die Verbundenheit einem/r Naturpädagog*in von Vorteil.
zur Schule zum Ausdruck bringen (vgl. Haenisch 2009,
S. 8ff.). Auch der Musikunterricht am Vormittag kann mit der
Theatergruppe am Nachmittag verbunden werden. So
VERZAHNUNG VON UNTERRICHT UND ANGEBOT
könnten die gelernten Inhalte vom Vormittag in ein tionen gelöst, wie bspw. an einem Obststand oder an
Musical oder Theaterstück eingearbeitet werden. einer Kirche. Dazu sollten folgende Fragestellungen
Zudem wäre die Gründung eines Chores denkbar. im Team beantwortet werden: „Zähle die farbigen
Hier bietet sich ein/e Angebotspartner*in aus einer Autos und erstelle eine Statistik. / Schätze wie hoch
Musikschule an oder je nach Kapazität könnte der/ der Kirchturm ist. / Wie viele Äpfel passen in diese
die Musiklehrer*in dieses Angebot übernehmen. So Stiege?“ u.v.a. Außerdem könnte man den Kindern
bekommt die Lehrkraft einen ganz neuen Zugang Geld aushändigen und ihnen die Aufgabe geben,
zu den Schüler*innen und lernt sie außerhalb des eigenverantwortlich bestimmte Lebensmittel zu
Unterrichts von einer anderen Seite kennen. Wich- besorgen. Dabei sollen sie rechnen, überlegen und
tig ist, das falls die Lehrkraft aus dem Vormittag das dokumentieren. Anschließend können Sie mit Ihren
Angebot übernimmt, diese nahbar ist und nicht in Schüler*innen die gekauften Lebensmittel beim
das Muster der Bewertung fällt. Das wichtige dabei gemeinsamen Kochen verwerten. Auf diese Weise
ist hier, dass Lehrkraft und Angebotspartner*in im verbindet man Unterrichtsinhalte mit Alltagssitua-
54 regen Austausch miteinander stehen. Wenn man tionen, stärkt das Selbstvertrauen der Schüler*in-
dann noch ein gemeinsames Ziel der Aufführung nen und gleichzeitig wird die Kompetenz, sich selbst
vor der Schule verfolgt, stärkt dies das Selbstkon- zu organisieren und gemeinsame Ziele zu erreichen,
zept und den Zusammenhalt unter den Schüler*in- gefördert.
nen.
Umsetzungsmöglichkeiten -
Tipps für die Praxis
Berücksichtigen Sie in Ihrem Ganztagsangebotskonzept Neben der formellen, auf den Ganztag bezogenen Koope-
ausdrücklich das Moment der Verzahnung von Unterricht, ration, sollte eine Einheit der Beteiligten zusätzlich durch
Zusatzangeboten und Freizeit. informelle Begegnungen gefördert werden. Schulfeste,
Weihnachtsfeiern oder gemeinsame Jahresabschlüsse bil-
Wichtig ist zudem, dass das gesamte im Ganztag beteiligte den gesellige Anlässe für einen persönlichen Austausch,
Personal eine möglichst große Übereinstimmung hinsicht- der Grundlage einer gemeinsamen Arbeit ist und vielleicht
lich der pädagogischen Vorstellung der Arbeit im Ganztag auch neue Ideen hervorbringt.
teilt. Neuen Mitarbeitenden muss diese pädagogische 55
Vorstellung ganz klar als Voraussetzung einer Zusammen- Ein veränderter Zeitrahmen des Tagesablaufs („Rhythmi-
arbeit kommuniziert werden. sierung“) ermöglicht es, Angebote auch vormittags durch-
zuführen und die Angebote damit enger an den Unterricht
Fordern Sie von den Angebotsleitungen schriftliche zu binden.
Angebotsbeschreibungen ein und achten Sie auf klar defi-
nierte Ziele und Inhalte des Angebots. Dies ermöglicht die Beteiligen Sie außerschulische Kooperationspartner*in-
Überprüfung einer Verbindung zum Unterricht und zum nen an den Schulgremien oder Fachkonferenzen bzw.
Schulprogramm. bilden Sie Leitungsteams, um eine organisatorische Ver-
zahnung sicherzustellen.
Gemeinsame Fort- und Weiterbildungen, Coachings und
Hospitationen zwischen Lehrkräften und Angebotsleitun- Achten Sie darauf, dass der Austausch nicht rein informell
gen sind ein wichtiger Baustein, um eine Verzahnung zu bleibt, sondern treffen Sie konkrete Absprachen, wie die
erreichen. Diese wirken sich nicht nur positiv auf einen gemeinsame Planung von Angeboten zwischen Lehrkräf-
gemeinsamen Wissenstand und somit auf mögliche ten und Angebotsleitungen. Der GTA-Koordination kommt
inhaltliche Verknüpfungspunkte aus, sondern auch auf hierbei die Aufgabe zu, durch geregelte Zeitkontingente
die gemeinsame pädagogische Grundvorstellung. Sie sind die gemeinsamen Zeiten für Planung und Reflexion zu
zudem hilfreiche Kommunikationsanlässe. fördern, aber auch einzufordern.
Richten Sie zur Umsetzung eines kontinuierlichen Aus- Die von den Angebotsleitungen durchgeführte Arbeit
tauschs fest verankerte und regelmäßig stattfindende sollte eine Wertschätzung innerhalb des Lehrkollegiums
Zeitkorridore anhand von festen Kooperationszeiten zum erfahren. Ein erster Schritt, um eine Kultur der Wertschät-
ausführlichen Planen und Reflektieren ein. Sinnvoll sind zung für den Ganztag in der Schule zu etablieren, ist, dass
zudem jährlich stattfindende Einführungstreffen für alle alle Lehrkräfte über die an der Schule durchgeführten
im Ganztag Beteiligten, um organisatorische Fragen zu Ganztagsangebote informiert sind. Vielleicht fühlen sich
klären. einige Lehrkräfte durch die Themen angesprochen und
engagieren sich in der Folge ebenfalls im Ganztag.
Die Mitarbeit der Lehrkräfte an außerunterrichtlichen
Angeboten verstärkt die Verzahnung von Vormittag und
Nachmittag.
VERZAHNUNG VON UNTERRICHT UND ANGEBOT
Arnold, B. (2011): Was haben die Angebote mit dem Unterricht zu tun? Zum Stand der
Kooperation. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Sonderheft 15, S. 95-107.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (2018): Gute Bildung in Ganz-
tagsschulen. URL: https://www.bmbf.de/de/gute-bildung---den-ganzen-tag-83.
html (Zugriff: 15.07.2020).
Höhmann, K. (2009): Unterricht und Lernkultur als Fokus in der ganztägigen Bil-
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schule: Konzepte und Orientierungen für die Praxis. Münster: Waxmann Verlag, S.
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Stecher, L. (Hrsg.): Handbuch Ganztagsschule 2018. Lehren und Lernen in der Ganz-
tagsschule. Grundlagen – Ziele – Perspektiven. Frankfurt/M.: Debus Pädagogik Ver-
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https://w w w.kmk.org/themen/allgemeinbildende-schulen/bildungswege-und-
abschluesse/ganztagsschulen-in-deutschland.html (Zugriff: 15.07.2020).
57
Das sagt die Wissenschaft − erlebte erfolgreiche Projekte und wirkt damit Minder-
Theoretische Grundlagen wertigkeitsgefühlen und Depressionen entgegen (vgl.
Geisler 2005, S. 148f.). Wir sehen also, wie wichtig es
ist die ,,Partizipation als Kriterium für eine gute Ganz-
In einer Zeit, in der die Bildungslandschaft immer mehr tagsschule in die eigene [Agenda der Schule] aufzuneh-
auf die ,,Zukunftsfähigkeit demokratischer Gesell- men.‘‘ (ebd., S. 149) Trotz alldem ist es dem jeweiligen
schaften‘‘ (Burow 2012, S. 13) ausgerichtet ist, nimmt Vorhaben zuzuschreiben, wie viel Beteiligung letzt-
die Partizipation von Eltern und Schüler*innen einen lich angestrebt wird (vgl. Burow 2012, S. 17). Nach dem
vielleicht unterschätzten Stellenwert in der Gestaltung Modell von Oser/Biedermann (zit. n. Burow 2012, S. 17)
von Schulen mit Ganztagsangeboten ein. ,,Unter dem gibt es dementsprechend 7 Stufen der Partizipation:
Begriff ,,Partizipation‘‘ versteht man verschiedene
Wege und Strategien der Beteiligung, Mitwirkung, 1. Pseudopartizipation
Mitgestaltung und Mitbestimmung‘‘ (Geisler 2005, S. 2. Indirekte Partizipation III (Zugehörigkeit)
148). Die Potenziale, welche hierbei durch die verschie- 3. I ndirekte Partizipation II (Freundlichkeitsverant-
denen Mitglieder der Schulgemeinschaft, vor allem wortung)
aber durch die Schüler*innen, freigesetzt werden, sind 4. Indirekte Partizipation I (Auftragsverantwortung)
unerlässlich für die Entwicklung einer Ganztagsschule. 5. Teilpartizipation in Handlungsinseln (Eingebundene
Burow (2012) stellt dazu die aussagekräftige These auf, Verantwortung)
dass ,,Partizipation […] die entscheidende Ressource für 6. B
ereichsspezifische Partizipation (Bereichsinseln)
den Wandel von der belehrenden Unterrichtsschule […] 7. Vollkommene Partizipation (vollständig geteilte Ver-
zur lernenden Ganztagsschule‘‘ sei (Burow 2012, S. 14). antwortung) (vgl. ebd.)
Schüler*innen und Eltern sollen dabei in die ,,Planung,
Gestaltung und Reflexion von schulischen Prozessen‘‘ Der Grad der Partizipation nimmt in der hier darge-
(Wildfeuer 2009, S. 7) einbezogen werden. Dabei geht stellten Reihenfolge schrittweise zu (vgl. ebd.). Der
Wildfeuer (2009) von nachhaltigen Beteiligungspro- Grundstein für einen echten Veränderungsprozess
zessen aus, die durch Eigenverantwortung, Orientie- in der Partizipationskultur von Schulen, sollte als
rung an individuellen Interessen und Bedürfnissen, ,,durchgängiges Prinzip und grundlegende Haltung‘‘
und nicht zuletzt durch einen thematischen Rahmen (ebd., S. 13) gefestigt werden. Er liefert zuerst die
gekennzeichnet sind (vgl. ebd.). ,,Bereitschaft […], Macht zu teilen und echte Beteili-
gung einzuräumen‘‘ (ebd.). Besonders im schulischen
Zum einen können Bildung und Erziehung nur gelin- Kontext sind zum besseren Verständnis der Bandbreite
gen, wenn die Schüler*innen in die Entwicklung von von Partizipationsmöglichkeiten vier Dimensionen
gemeinsamen Werten und deren Einhaltung einbezo- zu unterscheiden. Die ,,Intensität und Verbindlich-
gen werden. Weiterhin ist auch nicht zu unterschät- keit der Einflussnahme‘‘ (Wagener 2013, S. 21) ste-
zen, dass die Lehrkräfte durch Partizipation von Eltern hen dabei in engem Zusammenhang. Je verbindlicher
und Schüler*innen entlastet werden. Zum anderen die Entscheidungen und Einflussmöglichkeiten sind,
stärkt Partizipation das Selbstwertgefühl durch eigens desto intensiver ist auch die Einflussnahme. Bera-
PARTIZIPATION VON ELTERN UND SCHÜLER*INNEN
tungsgespräche sind bspw. weniger verbindlich und hilfe geben oder als Streitschlichter*innen agieren. Um
intensiv für den/die Zuhörer*in als eigene Projekte die positiven Empfindungen gegenüber der Ganztags-
(vgl. ebd., S. 21). Weiterhin kann Partizipation einma- konzeption aufrecht zu erhalten, ist es wichtig, dass
lig, dauerhaft oder in verschiedenen Zwischenstufen die Schüler*innen von Beginn an freiwillig teilnehmen
auch zeitlich begrenzt sein (vgl. ebd.). Die Reichweite (vgl. ebd.). Besonders das ganzheitliche Bildungs- und
der Partizipation sollte im schulischen Kontext nach Erziehungskonzept zielt darauf ab, Schüler*innen auf
Zielgruppen, die beteiligt werden sollen, differenziert ihre Stärken hinzuweisen, Erfolgserlebnisse zu erfah-
werden. Partizipieren können Eltern und Schüler*in- ren und individuell gefördert zu werden (vgl. ebd., S.
nen in direkter, z.B. im Klassenrat, Elternrat, und in 57). Diese Aspekte legen den Grundstein für die Freude
indirekter Form, z.B. Klassensprecher in Klassen- und Lust der Schüler*innen, sich an ihrer Ganztags-
sprecherversammlung (vgl. ebd., S. 23). schule zu beteiligen.
Sie unbedingt Eltern in alle wichtigen Entscheidungen ell schwerer fällt, ihren Kindern z.B. Klassenfahrten zu
mit ein. Machen Sie den Eltern klar, dass auch sie aus ermöglichen, können durch einen Förderverein unter-
einer anderen Perspektive Experten für ihr Kind sind stützt werden (vgl. ebd.).
und die Schule sie gerade deshalb für dieses Konzept
gewinnen will. Bewährt hat sich vor allem, Eltern zu Besonders die offene Ganztagsschule ist auf interes-
zeigen, dass sie ernst genommen werden. Die Bereit- sante Nachmittagsangebote angewiesen. Eltern haben
schaft, sich zu engagieren wird damit wachsen (Fahtz ein großes Interesse an vielfältigen Angeboten, warum
2019, S. 11). Evaluieren Sie dazu jährlich die ,,Zufrie- also diese nicht an der Gestaltung beteiligen? Die
denheit der Eltern in Bezug auf schulische und außer- Fähigkeiten der Eltern können in AGs genutzt werden
schulische Bereiche‘‘ (ebd., S. 10). Werden Sie auch dem (vgl. ebd., S. 25). So wird der Förster-Papa vielleicht der
Wunsch der Eltern nach Mitsprache und Mitentschei- Ansprechpartner für das sachunterrichtliche Thema
dung gerecht. Für pädagogische und organisatorische Wald, verbunden mit einem wöchentlichen Ausflug in
Themen der Ganztagsschule ist es wichtig, dass Eltern den angrenzenden Stadtwald.
60 die Arbeit der Lehrer*innen mittragen (vgl. ebd., S. 11). Ein essentieller Teil der Partizipation von Eltern an
der Schulgemeinschaft sind Elterninformationsver-
Wobei Eltern sich konkret im Schulalltag beteiligen anstaltungen, die von Interesse und Mitarbeit der
können: Eltern leben. Auch informelle Formate wie Elterncafés,
Eltern haben das Recht und die Aufgabe, an der schu- Elternstammtische oder thematische World Cafés kön-
lischen Erziehung und Bildung mitzuwirken und die nen die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen
Erziehungs- und Bildungsarbeit der Schule zu för- Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen befördern.
dern und mitzugestalten. Dazu müssen sie regelmä- Diese lassen sich auch als Online-Konferenzen organi-
ßig informiert werden und ihre Wünsche und Anre- sieren, um die Beteiligungshürden gering zu halten. In
gungen sollten an einem geeigneten Ort Gehör finden. einem kleinen Kreis können mit und ohne Anwesenheit
Eine Möglichkeit dafür ist die Arbeit in Steuergruppen der Schüler*innen Entwicklungen und Ereignisse pri-
bspw. für den Ganztag. Eltern fühlen sich damit ernst vater und schulischer Natur besprochen werden (vgl.
genommen und an der Schulgemeinschaft beteiligt ebd., S. 26). Natürlich gibt es viele weitere Möglich-
(vgl. Vogelsaenger/Vogelsaenger 2007, S. 24). keiten, Elternversammlungen attraktiv zu gestalten.
Vogelsaenger/Vogelsaenger (2007) schlagen Folgendes
In einem Schulförderverein können Eltern bei der Ent- vor: initiieren Sie Kurzvorträge und Beiträge, gern auch
scheidung über die Mittel- und Geldverteilung beteiligt von Menschen außerhalb Ihrer Schulgemeinschaft und
werden. Sie sollten dafür aktiv zur Mitarbeit eingeladen nutzen Sie Methoden wie Kartenabfragen oder Klein-
werden. ,,[S]ie sehen dann, dass sie nicht nur zur Kasse gruppenarbeit (vgl. ebd., S. 27).
gebeten werden‘‘ (ebd.). Auch Eltern, denen es finanzi-
Umsetzungsmöglichkeiten −
Tipps für die Praxis
Beteiligen Sie die Schüler*innen an Entscheidungen des Zeigen Sie Wertschätzung gegenüber der Beteiligung von
schulischen Alltags: Klassenregeln, Raum- und Pausenge- Eltern und Schüler*innen. Ein einfaches Dankeschön oder
staltung, Bildung von Tischgruppen. eine kleine Aufmerksamkeit bewirken dabei Wunder!
Beteiligen Sie die Eltern an der Schulgemeinschaft, indem Bestimmen Sie eine/n Ansprechpartner*in für die Ganz-
Sie die Möglichkeiten von Elternabenden, Beteiligung tagsangebote an Ihrer Schule. So können Anregungen und
an der Gestaltung von Nachmittagsangeboten oder der Wünsche direkt an die richtige Stelle weitergeleitet und in
Übernahme von Verantwortungen, z.B. im Förderverein, der Schulkonferenz vorgetragen werden.
nutzen.
Machen Sie der außerschulischen Gesellschaft Ihr Ganz-
Nutzen Sie die Potenziale und Ressourcen Ihrer Eltern und tagskonzept transparent und locken Sie gezielt Eltern
Schülerschaft für die Gestaltung von Ganztagsangeboten. an Ihre Schule zur Unterstützung in der Gestaltung von
Mit einem Fragebogen können Sie dazu mehr in Erfahrung Ganztagsangeboten.
bringen.
PARTIZIPATION VON ELTERN UND SCHÜLER*INNEN
Dollinger, S. (2013): 127 Tipps für die Ganztagsschule. Weinheim und Basel: Beltz, S.
S. 57-77.
www.ganztag-entwickeln.de/gains
Dafür wurde die von Dr. Dennis Nowak und Dr. Fabienne Ennigkeit ent-
wickelte und erprobte GAINS-GTA-SKALA zur Erfassung der Qualität aller
Angebote im Ganztag in die Kommunikationsplattform Edkimo übertragen
und steht im Rahmen eines Modellprojekts allen sächsischen Schulen mit
Ganztagsangeboten kostenfrei zur Verfügung. Alle Angebote werden durch
einen wissenschaftlich erprobten Fragebogen aus Sicht der Schüler*innen
digital evaluierbar, wobei eine praktische Darstellung der Ergebnisse mit
Hilfe von Tortendiagrammen unkomplizierte Rückschlüsse auf verschie-
dene Qualitätsmerkmale von Ganztagsangeboten ermöglicht.
Interview mit
Dennis Nowak und
Fabienne Ennigkeit
Was ist die GAINS-GTA-Skala? Das nächste Merkmal ist die pädagogische Unterstüt-
zung, bei der eine emotional positive Beziehung zwi-
D. N . : Bei der GAINS-GTA-Skala handelt es sich um schen Schüler*innen und GTA-Leitung sowie Mit-
einen kurzen onlinebasierten Fragebogen, mit dem bestimmungsmöglichkeiten für die Lernenden im
die Qualität eines Ganztagsangebots aus der Perspek- Mittelpunkt stehen. Eine gute und am Lernen orien-
tive der Schüler*innen bewertet wird. Der Fragebogen tierte Gemeinschaft wird von den Kindern und Jugend-
besteht aus 28 Aussagen, z. B. „Diese AG macht mir lichen im Merkmal Lerngemeinschaft beurteilt.
Spaß“ oder „In dieser AG helfen wir uns gegenseitig“.
Die Schüler*innen schätzen ein, wie sehr diese Aussa- D. N . : Das Besondere an diesem Fragebogen ist, dass
gen auf sie zutreffen. damit – anders als bei bisherigen Fragebögen – die
Qualität von allen Angebotstypen erfasst werden kann,
F. E . : : Die Antworten lassen sich zu vier Werten zusam- also z. B. von Förderangeboten, aber auch musisch-
menfassen, die die folgenden Qualitätsmerkmale von künstlerischen oder Sportangeboten. Damit ist es erst-
Ganztagsangeboten abbilden: Bei der Lernförderlich- mals möglich, die Qualität verschiedener Arten von
keit geht es darum, ob die Lernenden das Angebot als Angeboten zu vergleichen. Die GAINS-GTA-Skala wurde
nützlich für ihren Alltag und ihr schulisches Voran- im Rahmen meiner Dissertation an der Goethe-Uni-
kommen einschätzen. Das Interesse steht für positive versität entwickelt und ist Teil eines größeren Frage-
Emotionen und persönliche Bedeutsamkeiten, die die bogens, dem Fragebogen „Ganztag: Interne Evaluation
Kinder und Jugendlichen mit dem Angebot verbinden. für Schulen“ oder kurz: GAINS. Mit diesem kann das
INTERVIEW Dennis Nowak und Fabienne Ennigkeit
gesamte Ganztagsangebot einer Schule evaluiert wer- außerhalb der GTA-Zeit über die gängigen digitalen
den – also nicht nur ein einzelnes GTA, sondern auch Endgeräte erfolgen. Dies können die Smartphones der
die Vielfalt der Angebote oder wahrgenommene Aus- Schüler*innen sein oder auch die Computer im Compu-
wirkungen der Teilnahme. Und das Ganze aus der Per- terraum der Schule. In der Regel dauert die Beantwor-
spektive der Zielgruppe, nämlich den Schüler*innen. tung des Fragebogens in etwa fünf Minuten.
F. E . : Die Güte von GAINS wurde in einem mehrstufigen
Prozess geprüft. Aus wissenschaftlicher Sicht handelt D. N . : Die Ergebnisse können sofort im Anschluss über
es sich um einen zuverlässigen Fragebogen. Man kann die Edkimo-Seite angesehen werden – auf Wunsch
also sagen, dass er die Gütekriterien der Objektivität, auch von den Teilnehmenden selbst. Als sehr hilfreich
Reliabilität und Validität erfüllt. hat sich dabei die Darstellung der Antworten heraus-
gestellt: Neben den Gesamtwerten für die Lernförder-
Wozu sollten Schulen bzw. außer- lichkeit, das Interesse, die pädagogische Unterstüt-
schulische Bildungsanbieter*innen zung und die Lerngemeinschaft gibt direkt zu Beginn
die GAINS-GTA-Skala einsetzen? die Zusammenfassung der Ergebnisse einen schnellen
64 und hilfreichen Überblick, wo bei den Schüler*innen
D. N . : Eigentlich müssten ja alle Bildungsanbieter*in- sowohl positive als auch negative Übereinstimmungen
nen wissen wollen, wie ihr Angebot von den Teilneh- bestehen und bei welchen Aussagen sich die Lernenden
menden wahrgenommen wird. Dazu kann man sie uneinig waren.
natürlich einfach fragen – und die Antworten sind
ja häufig auch sehr hilfreich. Allerdings bietet die Wie gehe ich mit den Ergebnissen um?
GAINS-GTA-Skala den Vorteil, dass die Fragen auf Basis
wissenschaftlicher Ganztagsschulforschung ent- D. N . : Wie schon erwähnt, soll die Verwendung der
wickelt wurden und daher solche Aspekte thematisiert GAINS-GTA-Skala dazu dienen, die Qualität von Ganz-
werden, die sich als zentral für Ganztagsschulqualität tagsangeboten einerseits zu sichern als auch ande-
herausgestellt haben. Außerdem sind die Antworten rerseits weiterzuentwickeln. Die bisherigen Rückmel-
durch das standardisierte Vorgehen vergleichbar – dungen sowohl von Schulen als auch außerschulischen
sowohl für Ganztagskoordinator*innen, die verschie- Bildungsanbieter*innen zeigen, dass mithilfe der
dene Angebote am Ende eines Schulhalbjahres verglei- Ergebnisse die Qualität der Angebote weiterentwickelt
chen können, als auch für eine einzelne GTA-Leitung und Kooperationen professionalisiert wurden. Die
im Verlauf eines Schulhalbjahres zur Erfassung von Besprechung der Ergebnisse mit den Schüler*innen ist
Veränderungen. zudem ein guter Anlass, um über die GTA-Gestaltung
ins Gespräch zu kommen.
F. E . : Wir wissen sowohl aus der eigenen Praxis als auch
der Schulforschung, dass Evaluationen aufgrund von F. E . : Nehmen wir mal ein Beispiel: Es hat sich im
z. B. fehlender Zeit oder fehlenden Unterstützungs- Zuge der Befragung herausgestellt, dass die Lernen-
leistungen nicht oder nur unregelmäßig durchgeführt den mit der pädagogischen Unterstützung in ihrem
werden – obwohl sie eigentlich Teil von professioneller GTA unzufrieden sind. Nun wäre der nächste Schritt,
Entwicklungsarbeit sein sollten. Im Vergleich zu einem dass die GTA-Leitung für sich, gemeinsam mit der
lockeren Gespräch zwischen Lernenden und GTA-Lei- Ganztagskoordination oder auch den Schüler*in-
tung ist mit der GAINS-GTA-Skala eine Bewertung nen überlegt, wie sie das Verhältnis zu den Lernenden
deutlich effizienter und systematischer möglich. verbessern und ihnen mehr Möglichkeiten zur Mitbe-
stimmung geben kann.
D. N . : Nicht vergessen werden darf auch, dass es aus
pädagogischer Sicht sehr sinnvoll ist, die Schüler*in- D. N . : Wir finden es ganz wichtig, dass Datenerhebung
nen zu befragen. Je stärker sie an der Mitgestaltung und Datenauswertung so wenig Zeit wie möglich in
ihrer Ganztagsangebote beteiligt werden, desto selbst- Anspruch nehmen. Wenn man schon evaluiert, sollte
bestimmter fühlen sie sich. Und es ist bekannt, dass der Großteil der Zeit für die Analyse der Ergebnisse und
dadurch Eigenverantwortung und Demokratielernen die Entwicklung möglicher Maßnahmen zur Verfügung
gefördert werden. stehen. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, dass
das Verhältnis von Aufwand und Nutzen von Schulen
Wie genau arbeite ich mit der GAINS-GTA-Skala? und außerschulischen Bildungsanbietern sehr positiv
bewertet wird.
F. E . : Da die GAINS-GTA-Skala ja bereits als Fragebo-
gen in Edkimo vorliegt, ist der Einsatz tatsächlich Vielen Dank für das Gespräch.
sehr einfach. Die Datenerhebung kann während oder
INTERVIEW Sebastian Waack
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ISSN 2749-8808