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KAPITEL 6

IDENTITÄT ALS PATHOLOGIE

Wer oder was sind die Wesen in unseren Narrationen? Was


für Vorstellungen gewinnen wir von denjenigen, die in Nar-
rationen auftauchen? Genauer noch geht es in diesem Kapi-
tel um die Frage, wer wir und andere werden, weil wir im
narrativen Denken auftauchen: Wer sind wir? Was wissen
wir voneinander? Wir gehen im Folgenden daher der Frage
nach, was wir mit Figuren in unserem Denken tun. Welches
sind die kognitiven Operationen, mittels derer wir Figuren
erzeugen und uns ihnen annähern?
Dabei will ich vorschlagen, dass drei mentale Operationen
von besonderer Bedeutung sind, nämlich das Spielen von
Figuren (playability), das Tracken von Individuen und das
Rechtfertigen ihrer Handlungen. Zur ersten Orientierung sol-
len diese drei Operationen kurz umrissen werden. Spielen
heißt: Ich kann mir vorstellen, mit der Figur vieles tun.Tra-
cking heißt: Die Figur hat gestern X getan und ich erinnere
es. Rechtfertigen heißt: »Die Figur hat X getan, weil …« Diese
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mentalen Operationen können erklären, wie wir mit relativ


geringem kognitivem Aufwand narrative Figuren in unse-
rem Denken erzeugen. Diese drei Operationen entsprechen
dabei nicht den herkömmlichen Begriffen der Narratologie,
da ich hier nicht von bestehenden Geschichten oder Werken
der Fiktion mit ihren fertigen Figuren ausgehe, sondern statt-
dessen rekonstruiere, was wir mental im narrativen Denken
tun. Trotzdem stehen diese Überlegungen in Nähe zu narra-

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Breithaupt, Fritz. Das narrative Gehirn : Was unsere Neuronen erzählen | Platz 1 der
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tologischen Überlegungen. Matías Martínez etwa hat zur
Kennzeichnung des Unterschieds von fiktiven Figuren in
Narrationen artikuliert, dass sie »abgeschlossener und zu-
gleich unvollständiger als reale Personen« sind, weil man In-
formationen von ihnen nur innerhalb ihrer narrativen Welt
finden kann.1 Martínez hat diese Aussage zwar auf fiktive
Figuren bezogen, doch sie kann auch für den Eintritt einer
realen Person in das narrative Denken gelten, insofern diese
Person damit zur Figur wird, die einerseits handhabbar wird
und andererseits von den Narrationen determiniert wird. Ge-
nau darum wird es nun gehen.

Lob der Spielbarkeit (Tulpamancie)


1976 entstand eine neue Gattung von Literatur, die in den
USA unter dem Namen »Choose your own Adventure« sehr
populär und in der folgenden Dekade eine Standardlektüre
der amerikanischen Jugend wurde. In diesen Büchern wur-
den die Leser mit dem Wort »you« direkt angesprochen und
fanden sich als Figuren in den Geschichten wieder. Dort
mussten sie Entscheidungen für diese You-Figur treffen, was
diese in der gegebenen Situation tun sollten, beziehungswei-
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se, was sie selbst nun tun würden. Je nach Entscheidung folg-
te ein Verweis, auf welcher Seite des Buches die Geschichte
nun für die Leser weitergehen sollte.Wer sich etwa entschied,
dem mysteriösen Besucher heimlich zu folgen, konnte ent-
sprechend weiterlesen.Wer sich dagegen an eine zuvor unter-
brochene Handlung erinnerte, konnte diese weiterverfolgen.
Heute ist diese Gattung unter dem Namen Interactive Fic-
tion bekannt, welche in den elektronischen Medien in die

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Nähe von Video-Spielen gerückt ist und damit ohne das nö-
tige Hin-und-her-Blättern auch den Erzählfluss vereinfacht
hat. Je nach Geschichte gibt es Einblendungen von Stimmen,
Geräuschen und Filmepisoden. Typischerweise sind Ent-
scheidungen nicht mehr nur für eine Figur, sondern für meh-
rere zu treffen.2 Auch bei den zu treffenden Entscheidungen
gibt es diverse weitere Elemente. In der Geschichte Detroit:
Become Human, welche als Adventure Game bezeichnet
wird, kann man auch nachschauen, wie sich andere der Spie-
ler/Leser entschieden haben. Interessant ist auch die Zahl
der Spieler/Leser. Detroit wurde seit 2018 laut Wikipedia be-
reits mehr als 6 Millionen Mal verkauft und viele Spieler/
Leser spielen/lesen das Spiel/Buch mehr als einmal, um auch
andere mögliche Stränge auszuloten.
Für uns interessant ist hier der Begriff, der sich zur Kenn-
zeichnung der Figuren durchgesetzt hat: Man spricht von
spielbaren Figuren (playable). Die spielbaren Figuren sind
die Charaktere der Geschichte, für die man Entscheidungen
zu treffen hat. Ich halte diesen Begriff für äußerst glücklich
und möchte ihn hier zu einer fundamentalen Eigenschaft
von Narrationen ausweiten. »Spielbar« sind narrative Figu-
ren und verinnerlichte Mitmenschen, von denen man sich
gedanklich ausmalen kann, wie und was sie in bestimmten
Situationen tun, sagen oder empfinden könnten.3 Diese Art
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von »Spielbarkeit« (playability) ist eine großartige Errungen-


schaft unseres Denkens. Sie ermöglicht uns die Simulation
von Handlungen, die nie stattgefunden haben, vielleicht
stattfinden könnten oder aber auch allein im Bereich der Fan-
tasie liegen. Wenn wir von Figuren einer Narration oder
einem Mitmenschen in einer Episode im kognitiven Sinne
sprechen, dann zielen wir damit eigentlich auf diese Spielbar-
keit: Wir erkennen einen Mitmenschen, uns selbst oder eine

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narrative Figur als eine Figur, wenn wir sie in Gedanken wei-
terspielen können, das heißt also, dass wir verschiedene Mög-
lichkeiten sehen, was diese Figur in verschiedenen Situatio-
nen tun könnte. Erkennen heißt hier noch nicht, dass wir
eine klare und artikulierbare Vorstellung genau dieser Person
vor Augen haben, sondern schlicht, dass wir wissen, dass sie
unabhängig agieren kann. Wir können sie in Gedanken ir-
gendwie spielen und handeln lassen. Das ist noch nicht Em-
pathie, Theory of Mind oder ein klares Verstehen. Aber es ist
das Gefühl für eine Kontur der anderen Person als einem be-
lebten Wesen, welches Handlungsspielraum besitzt.
Diese Spielbarkeit ist in den letzten Jahrzehnten in den
Computerspielen und in den neuen Welten der Virtual Re-
ality entdeckt worden, auch als Möglichkeit zum Durchspie-
len seiner selbst.4 Das Spielen von Figuren in virtuellen Wel-
ten nimmt nun einen erheblichen Raum im Leben vieler
Menschen ein, was bereits andeutet, dass dieses Spielen an
sich uns leichtfällt und häufig mit Vergnügen verbunden
ist.
Damit eine narrative Figur spielbar ist oder ein Mit-
mensch von uns mental simuliert werden kann, gehört noch
kein tiefes Verständnis dazu, wer dieses Wesen ist. Wir kön-
nen dies auch so formulieren, dass die spielbare Figur in un-
seren Gedanken einen großen Raum an wahrscheinlichen
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und unwahrscheinlichen Möglichkeiten besitzt. Einerseits ist


die Figur hier kaum eingeengt, doch andererseits ist es wich-
tig, welche bestimmte Möglichkeit eine Figur auswählt oder
welche wir in Gedanken für sie auswählen, denn diese blei-
ben Teil dieser Figur und sie kann dafür zur Verantwortung
gezogen werden. Spielbarkeit schwankt hier also zwischen
einem »Alles geht« und einem »Du warst es« hin und her.
Einerseits geht alles, andererseits gibt es Konsequenzen für

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Taten (die Konsequenzen führen uns im kommenden Ab-
schnitt dann zum Tracking).
In einem ähnlichen dynamischen Hin und Her befindet
sich die Figur auch in Bezug auf ihre Kontrollierbarkeit. Ei-
nerseits erkennen wir, dass eine Figur unabhängig agiert,5
andererseits eignen wir uns in der Spielbarkeit diesen Hand-
lungsspielraum an und erproben mental mögliche Spielzüge.
Die Figur ist also kontrollierbar und unkontrollierbar zu-
gleich.
Für das narrative Denken ist diese Spielbarkeit der ent-
scheidende Schritt, mit dem das Denken auf andere Wesen
(oder auch sich selbst) zugreift und sie zu simulieren beginnt.
Mit der Spielbarkeit beginnt das narrative Denken, denn
nun tritt die spielbare Figur in eine zeitliche Konstellation
des Vorher und Nachher ein, in der die einzelnen Ereignisse
Spuren hinterlassen und unwiederholbar sind.6 Die Spielbar-
keit steht damit auch noch vor den konkreten Episoden, die
anschließend erinnert werden können. Spielbarkeit ist inso-
fern eng mit der Kreativität im narrativen Denken verbun-
den (dazu mehr im siebten Kapitel). Diese mentale Spielbar-
keit ist damit auch mehr als eine bloße Feststellung, dass
andere Wesen Intentionalität besitzen (recognition of inten-
tionality). Vielmehr wird die Einsicht in der Spielbarkeit
direkt umgesetzt und erprobt, wenn dieser Spielraum aus-
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probiert wird. An dieser Stelle soll es genügen, die Bedeut-


samkeit dieser Spielbarkeit zu betonen. Ich betrachte diesen
Begriff als überzeugende Alternative für zu statische oder
textbezogene Begriffe wie Charakter in der Narratologie und
für die mental zu aufwendigen Kalkulationen der Theory
of Mind. Spielbarkeit ist einfacher und fundamentaler. An-
gedeutet werden soll aber zumindest, dass diese Spielbarkeit
meiner Ansicht nach auch als Begriff der Entwicklungspsy-

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chologie in Frage kommt. Noch bevor Kinder etwa eine kla-
re Theory of Mind, also eine konkrete Vorstellung des Den-
kens und Fühlens anderer Menschen haben, können sie mög-
licherweise bereits die Spielbarkeit von Figuren erfassen.
Dies könnte auch für ein Verständnis von Menschen mit
autistischen Tendenzen wichtig sein. Wie oft betont wird,
sind Narrationen für derartige Menschen durchaus attraktiv,
doch zugleich weisen sie erhebliche Schwächen beim Erler-
nen der Theory of Mind auf.
Fraglich wäre auch, ob nichtmenschliche Tiere über die
Kapazität von Spielbarkeit verfügen. Es ist nach wie vor um-
stritten, ob etwa Hunde, Schimpansen, bestimmte Häher,
Oktopusse oder Delfine über die Fähigkeit der Theory of
Mind verfügen. Vielleicht wäre es sinnvoller zu fragen, in
welchem Grade sie in der Lage sind, andere Wesen mental
zu spielen, und damit erkennen können, dass andere Wesen
Handlungsspielraum haben. Dies würde zum Beispiel aus-
gedrückt durch Versuche, die Handlungen anderer Wesen
gezielt zu beeinflussen. (Ich höre gerade meine Katzen, die
im Haus vor der verschlossenen Tür stehen und jammern.
Dabei bilde ich mir ein, dass sie hoffen, dass ich sie auch wäh-
rend der Brutzeit der Vögel nach draußen lasse und dass sie
mich entsprechend beeinflussen wollen.) Diese Kapazität der
Spielbarkeit scheint mir hier durchaus von einer Reihe
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von Tieren erreichbar zu sein.7 An dieser Stelle sehe ich drin-


genden Bedarf zur weiteren Erforschung einer unterschätz-
ten Fähigkeit.
Die mentale Spielbarkeit von Figuren kann sehr weit ge-
hen und ist wie viele mentale Fähigkeiten sehr dehnbar und
elastisch. Seit einigen Jahren findet sich im Internet ein neu-
es Phänomen unter dem Namen »Tulpamancie« (tulpaman-
cy). Als Tulpamancer bezeichnen sich Menschen, die in ih-

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rem Kopf andere Wesen beherbergen, mit denen sie in Kom-
munikation zu stehen behaupten.8 Tulpamancer sehen diese
imaginären Wesen in ihrem Kopf als Halluzination an, von
denen sie weitgehend wissen, dass sie diese als imaginäre We-
sen selbst erzeugt haben. Doch das Entscheidende ist, dass
sie diese Wesen anerkannt und ihnen Raum zum Mitbestim-
men gegeben haben. Entsprechend behaupten sie, dass diese
Tulpas (ursprünglich imaginäre Wesen im Tibetanischen Bud-
dhismus, die von Mönchen erzeugt wurden, um ihnen in Ge-
fahr beizustehen) in ihrem Kopf sich derart verselbständigt
haben, dass sie eigenständige Wesen sind, mit denen sie regel-
mäßig verhandeln. Aus der ursprünglichen Idee der moder-
nen Tulpamancers, die erst 2012 in einer Internetgruppe ent-
stand, wurde so das Konzept einer neuen pluralen Identität.
Für unsere Untersuchung ist dieses Phänomen der Tulpa-
mancie aus zwei Gründen interessant. Zum Ersten zeigt es
uns einen Fall, in dem die Spielbarkeit der eigentlichen Figur
vorausgeht. Anscheinend wollte diese Internetgruppe in ih-
rer Freizeit imaginäre Freunde hervorbringen und dies ge-
lang den Teilnehmern offenbar auch relativ mühelos. Der
Wille zum Spielen und die Vorstellung eines Raumes des
Handelns dieser Figuren ging der konkreten Gestaltung der
Figuren voraus. Zum Zweiten zeigt sich hier das Verhält-
nis, das wir zu (imaginären) Figuren in unserem Kopf auf-
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bauen können: Die Tulpamancer können sich die Figuren


auf Augenhöhe vorstellen, können mit ihnen kommunizie-
ren, verhandeln und agieren. Ähnlich berichten viele Schrift-
steller auch davon, wie sie mit ihren Figuren zu sprechen
scheinen. Ich halte dies in der Tat für eine Fähigkeit, die kei-
nen Sonderfall ausmacht, sondern von den meisten von uns
durchaus erreichbar ist, auch wenn wenige von uns sich wohl
als »Tulpamancer« bezeichnen würden und es darauf anle-

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gen, ihre mentalen Figuren im Kopf derartig zu verselbstän-
digen. Wir haben nicht nur die Fähigkeit, in Gedanken wie
Marionettenspieler Figuren zu spielen. Vielmehr können wir
uns in Gedanken zu den Marionetten gesellen und mit die-
sen agieren. Sigmund Freud beobachtete einmal, wie wir be-
stimmte Figuren nicht nur in Gedanken weiterspielen, son-
dern dabei zudem vervielfachen und multiplizieren können,
so dass unsere Seelenlandschaft zu einer Bühne wird.9 Man-
che Menschen kultivieren die Fähigkeit der Erzeugung von
Wesen in ihrem Inneren sicher deutlicher und orientieren
sich dabei vielleicht daran, wie sie andere Menschen aktiv si-
mulieren.
Mir persönlich fiel es kürzlich wie Schuppen von den Au-
gen, als ich an meine jüngst verstorbene Mutter dachte. Ihr
Mann, mein Vater, war früh gestorben, was ich bis vor kur-
zem für einen Unfall hielt. Sie hatte daraufhin nie wieder
geheiratet und lebte nach Auszug von meiner Schwester
und mir relativ vergnügt allein, arbeitete ab und an ehren-
amtlich und traf sich zwar regelmäßig, aber nicht übermäßig
häufig mit Freundinnen. Nun ist mir plötzlich klar gewor-
den, was die Quelle ihres Vergnügens war, nämlich dass sie
weiterhin mit ihrem Mann in Gedanken weiterlebte und
höchstwahrscheinlich täglich lange Gespräche mit ihm führ-
te. Von ihrer Kindheit an war sie eine begeisterte Leserin
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von Literatur gewesen und ich erinnere mich, wie sie auch
mich immer ermunterte, mir die Figuren der Romane leb-
haft vor Augen zu führen. Ebendies, so denke ich nun,
war auch ihr Geheimnis, wie sie nach dem – wie ich heute
weiß – politisch motivierten Mord an unserem Vater weiter-
leben konnte. Sie verwendete Tulpamancie. Und ähnlich wie
die buddhistischen Mönche scheint sie damit die bösen Geis-
ter abgewendet zu haben.

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Ich vermag hier nicht zu entscheiden, ob dieses Phänomen
von den Tulpamancern oder ihren akademischen Beobach-
tern nun überbewertet wird oder nicht, und auch nicht, ob
Tulpamancie eher heilsam ist oder pathologisch. Statt also
von Tulpamancie im engeren Sinne zu sprechen, scheint es
mir wichtig zu sein, damit ein Spektrum von Verhalten zu
umreißen, das mit ihr zumindest lose verbunden ist. Dazu
gehören neben religiösen Praktiken der Vergegenwärtigung
(nicht zuletzt im Christentum) und den genannten Techni-
ken von Schriftstellern auch alltäglichere Formen der Ver-
selbständigung und Verdichtung von Menschen und Wesen,
die uns wichtig sind, zu Figuren, die wir mehr oder weniger
deutlich in Gedanken weiterspielen können. Bei vielen Men-
schen zählen sicher die Eltern und Erzieherinnen dazu. Mo-
ralische Ideen erleben manche Menschen als innere Stim-
me des Gewissens, die sie mahnt oder ermuntert. Sie können
dabei durchaus auch mit der Stimme eines konkreten Vor-
bilds sprechen. Freud sprach in diesem Kontext von der ver-
innerlichten Vorstellung einer Autoritätsfigur, die er unter
anderem Über-Ich nannte. In der Rezeption von Freud wur-
de dabei regelmäßig betont, wie er diese Figur zu einer abstrak-
ten inneren Instanz erhob.Vielleicht könnte man nüchterner
davon sprechen, dass mahnende Figuren von uns besonders
spielbar sind. Aber auch andere Figuren sind deutlich spiel-
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bar, wie etwa geliebte Menschen oder auch erotische Vor-


stellungen, die wir in Figuren verdichten. Spielbarkeit der
Figuren heißt hier insofern zugleich, dass man sich inmitten
der Figuren begeben kann, mit ihnen, zwischen ihnen oder
in ihnen mitspielt. Auch wir sind also spielbar oder zumin-
dest Teil der spielbaren Figuren. Wir sind allem Anschein
nach in der Lage, einen Teil unseres Lebens in dieser Art
der Fiktion und Vorstellung zu verbringen.

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Die Kognitions- und Theaterwissenschaftlerin Amy Cook
hat in sachlicher Nähe zu dem, was ich hier als Spielbarkeit
bezeichne, den Begriff des Casting verwendet. Im engeren
Sinne bezeichnet Casting die Auswahl eines Schauspielers
für eine Rolle. Doch wie Cook ausführt, steht dahinter eine
kognitive Tätigkeit der Rollenbesetzung, wenn wir uns etwa
vorstellen, wie ein schwarzer Schauspieler in der Rolle des
Hamlet auftritt, und wir davon auf gewisse Art und Weise
in unseren Stereotypen verunsichert werden.10 Ähnlich zeigt
auch die Spielbarkeit, dass wir und alle anderen potentiell in
einer jeden beliebigen Rolle agieren könnten, was aber nicht
heißt, dass es keinen Unterschied macht, wer hier wen spielt.
Wenn wir in eine Rolle schlüpfen und andere spielen, wird
ein produktiver Zwischenraum zwischen uns und anderen
geöffnet, in dem vieles möglich ist. Um Räume derartiger
Möglichkeiten geht es im narrativen Denken.

Tracking. Zur Genese des Konstrukts


von Person
Moby Dick hinterließ als weißer Wal auf Kapitän Ahab
einen bleibenden Eindruck, nicht zuletzt, weil er ihm ein
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Bein geraubt hatte, was seine Jagd nach dem Wal auf den
Weltmeeren motivierte. Seine ungewöhnliche Farbe und Grö-
ße machte Moby Dick zu einem mysteriösen Wesen, dessen
Fährte Melvilles fiktiver Kapitän folgte. Weil dieser Wal der-
art herausstach, konnte Ahab ihn nicht nur identifizieren,
sondern auch individualisieren und damit zum Gegenstand
seiner Rache machen. Ebendiese Kombination von Identifi-
zierung und Aufladung des Identifizierten mit emotionalen

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Persönlichkeitstrukturen ist eine der zentralen Herangehens-
weisen, mit denen wir uns anderen Wesen nähern.
Wir sind zunächst einmal sehr gut darin, Individuen zu
identifizieren. Wenn wir eine Gruppe von Menschen vor
uns haben, wissen wir meist sehr genau, wen wir davon schon
einmal getroffen haben. Überhaupt ist es für uns eine große
Freude, Gesichter zu betrachten, wie die vielen Porträts in
der Kunst beweisen. Tatsächlich gibt es wohl nichts, was wir
mit einer solchen Intensität beobachten und erinnern wie
Gesichter. Dafür gibt es natürlich gute Gründe. Besonders
interessant ist auch, dass wir die eigentlich relativ geringen
Unterschiede zwischen Gesichtern sehr hoch bewerten. Man
kann daraus schnell eine einfache Versuchsanordnung kre-
ieren: Wenn wir kleine Zeichnungen von einer Reihe von
Gesichtern machen, dann kommen sie uns am Ende alle sehr
verschieden vor. Einige sind uns sympathisch, andere nicht,
dabei unterscheiden sich unsere Darstellungen häufig nur
durch wenige Striche wie andere Augenbrauen oder Mund-
winkel. Wir sammeln aus der Wahrnehmung von Gesichtern
viele Informationen über die Emotionen und Befindlichkei-
ten der anderen, aber wichtiger ist vielleicht noch, dass wir
Menschen anhand des Gesichts, aber auch der Stimme, des
Geruchs und etwa der typischen Bewegungen identifizieren
können. Und das heißt zunächst erst einmal, dass wir sie wie-
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dererkennen können. Wenn uns ein Mensch einmal etwas


Schlechtes getan hat, vergessen wir das nicht und sind auch
nach Jahren sehr vorsichtig, wenn wir diesen Menschen wie-
dersehen. Umgekehrt erinnere ich auch sehr genau, wenn
mir jemand einmal interessant vorkam, ich aber keine Ge-
legenheit zum Gespräch hatte. Ich hoffe dann auf spätere
Wiederbegegnungen.
Evolutionsbiologen sprechen in diesem Kontext von un-

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serer Fähigkeit des Tracking, also der Fähigkeit, dass wir In-
dividuen mental markieren und sie dann über die Zeit hin-
weg genau beobachten und verfolgen können. Wir wissen
auch morgen noch, was uns jemand gestern getan hat. Wir
können unsere Urteile über andere diesen über die Zeit hin-
weg zuordnen.11 Manche Menschen werden uns solcherart
zum Warnsignal, auf welches wir schnell reagieren und etwa
fliehen. Dieses Tracking ist eine grundlegende Aktivität, die
Moral, Verantwortlichkeit und juristische Belangbarkeit er-
möglicht. Tracking beinhaltet, dass wir eine Figur wiederer-
kennen und ihre vergangenen und künftigen Handlungen
aufeinander beziehen können. Daraus kann sicherlich das Ge-
füge einer starken Identität entstehen. Wir können sie iden-
tifizieren und daher auch ihre Vergangenheit und Zukunft
miteinander verknüpfen – und das heißt eben auch, wir kön-
nen ihr ihre Vergangenheit anlasten. Sie ist für uns als Beobach-
ter früher, jetzt und in der Zukunft dieselbe Person. Eine
Figur, die wir solcherart verfolgen, hat eine gleichbleibende
Kontur für uns und wir können sie haftbar machen. Das
heißt dann auch, dass wir die Person in der Zukunft für das
zur Verantwortung ziehen, was sie jetzt tut oder vor langer
Zeit getan hat. Diese Haftbarkeit zielt mithin auf einen Kern
von Stabilität und Selbstähnlichkeit über die Zeit hinweg.
Das Tracken und die mit ihr verbundene Identifizierbar-
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keit spielen bei der Herausbildung von kulturellen Institu-


tionen eine wichtige Rolle. Die identifizierbaren Einzelnen
können Privilegien verliehen bekommen und einen Status er-
halten.12 Juristisch können sie belangt werden und haften.
Dabei wird vorausgesetzt, dass etwas an ihnen über die Zeit
hinweg stabil und gleich bleibt.Wenn man Einzelne belohnt
oder bestraft, werden zwei Narrationen erzeugt, die dann
mittels der Identifizierbarkeit zusammengefügt werden: die

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Narration der Tat und die Narration der (tatsächlichen oder
erwarteten) Sanktion (Belohnung/Strafe). Zusammengehal-
ten werden sie durch die Figur des Täters. Das heißt hier
also, dass die zeitliche Differenz zwischen den beiden Ereig-
nissen von Tat und Sanktion in der Identifizierbarkeit des Tä-
ters verschwindet. Sie bleiben sich gleich. Vergangene Taten
wirken nach, außer in Fällen, die institutionell als abgegolten
oder verjährt eingestuft werden. Tracken und Identifizierbar-
keit sind insofern ein zentrales Element von Institutionen
und von Kultur, da diese stets auf Fortdauer und Regulie-
rung ähnlichen Verhaltens zielen.13
Es ist hier zu betonen, dass dieses Tracken weitgehend von
außen auf die Figur oder Person zukommt. Tracking findet
aus der Außenperspektive eines Beobachters statt, der die Fi-
gur verfolgt. Der Beobachter ordnet dieser Figur oder Person
entsprechend vergangene Taten zu, was wiederum dazu füh-
ren kann, dass bestimmte Eigenschaften zugesprochen wer-
den. Ein Mensch, der gestern etwas Großzügiges tat, wird
dann vielleicht etwa als ein guter Mensch eingestuft, wobei
ein solches Urteil sich auch als trügerisch erweisen kann.
Man denke etwa an die gezielte Täuschung des Lord Derby
in Geschichte des Fräuleins von Sternheim von Sophie de La
Roche (1771). Derby inszeniert sich dort gegenüber der Titel-
heldin Sophie von Sternheim als großzügig, um diese dann,
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so sein Plan, zu verführen. Es ist bemerkenswert, dass der


möglicherweise erste Roman einer Frau in deutscher Sprache
eine genaue Schulung im Tracking von männlichen Schein-
helden einübt und also einen doppelten Blick nahelegt. Ein-
geübt wird hier die Vorsicht gegenüber der Versuchung zur
Verallgemeinerung von einzelnen beobachteten Handlun-
gen zu dauerhaften Charaktereigenschaften, in diesem Fall
die kleine Großzügigkeit.

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Eine Reihe von Wissenschaftlern und Denkern haben be-
tont, welchen Vorteil das narrative Denken für uns besitzen
kann, da es uns erlaubt, die soziale Mitwelt als geordnet
zu denken. Eine besondere Rolle spielt dabei, dass wir Fi-
guren eine Identität zuweisen und sie so besonders genau
beobachten können, dass wir Erwartungen artikulieren und
Kooperation mit ihnen abschätzen können. Identifizierbar-
keit kommt auf die Einzelnen von außen zu, was natürlich
nicht heißt, dass wir uns nicht auch selbst identifizieren
und beobachten können. Die Selbst-Identifizierung wird
uns in der dritten Form von narrativer Figurenformung be-
schäftigen. Es ist von daher nachvollziehbar, warum das Tra-
cking zu einem Ausfüllen der Person mit einer festen Identi-
tät führen kann. Josef Perner, einer der zentralen Experten
der Theory-of-Mind-Forschung, und seine Mitarbeiter ha-
ben ein Modell entwickelt, nach welchem wir kumulativ
und also Schritt für Schritt mehr Information über andere
Menschen erwerben, um deren innere Zustände und Hand-
lungen besser vorhersagen zu können. Nach diesem Modell,
der Mental File Theory, sammeln wir Wissen über Objek-
te (oder »Referenten«) jeweils in einer Art mentalem Ordner
und ordnen dieses Wissen dann bestimmten Personen zu (A
denkt X über Objekt C).14 Entsprechend können wir auch
andere Personen als »Aktenordner« betrachten, die wir mit
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Information anfüllen und sie insofern tracken.


Wir entwickeln also ein Verständnis für narrative Figu-
ren und reale Personen, weil wir Informationen über sie bün-
deln. Dabei kann es durchaus Überraschungen geben. Es
kann eben sein, dass jemand andere Eigenschaften besitzt,
als wir bislang beobachten konnten. Es gibt Fälle, in denen
wir mental Informationen zu Objekten in zwei verschiede-
nen Aktenordnern sammeln, bis wir merken, dass es sich

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um das gleiche Objekt beziehungsweise die gleiche Figur
handelt (Clark Kent und Superman sind eine Person).15
Menschen können sich verändern oder die Autoren einer
Fernsehserie können sich entscheiden, einer Figur neue Ei-
genschaften zu geben. Doch in den meisten Fällen sind wir
wohl mit den einmal gewonnenen Ideen zur Identität eines
anderen zufrieden und revidieren sie nur, wenn dies unbe-
dingt nötig wird. Der Lohn des Tracking ist die Berechenbar-
keit der Figur.

Rechtfertigen als Basis der narrativen


Person
Wer heute eine Dating-App verwendet, um Partner zu fin-
den, wird je nach Plattform nach spezifischen Präferenzen ge-
fragt. Das erleichtert es anderen Menschen, aber auch den
Algorithmen, »matches« zu finden. Vermutlich sind Ähnlich-
keiten zwischen Personen hier von Vorteil, etwa hinsichtlich
der politischen Orientierung. Anscheinend erwarten viele
Menschen heute, in ihrem Partner ein Spiegelbild ihrer selbst
zu finden. Doch für narrative Personen sind Präferenzen wie
Lieblingsfarbe und Lieblingsessen nur von sekundärer Be-
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deutung. Wir sammeln diese Informationen im Zuge des


Trackings. Und wir verwenden diese Informationen, wenn
sie zur Erklärung der Handlungen der anderen wichtige Indi-
zien liefern. Um eine bestimmte Form dieser Erklärungen
soll es nun gehen. Neben dem Spielen von Figuren und
dem Tracking gibt es noch eine dritte Aktivität, die eine zen-
trale Rolle dabei spielt, wie wir mit Figuren in unserem nar-
rativen Denken umgehen: Wir können sie rechtfertigen. Die-

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se Rechtfertigung nimmt, wie im Folgenden argumentiert
wird, eine Innenperspektive bezüglich anderer Personen ein
und verleiht ihrem Verhalten eine Legitimation, die sie im
eigentlichen Sinne erst zu Figuren erhebt.
Rechtfertigen heißt, dass wir begründen können, warum
sie auf bestimmte Art und Weise gehandelt haben. Natürlich
könnten wir an dieser Stelle statt »rechtfertigen« auch »erklä-
ren« oder »verstehen« sagen. Wir verstehen etwa, warum eine
Figur oder ein Mitmensch etwas tut. Der Akzent auf der
Rechtfertigung soll hier anzeigen, dass diese Art von Er-
klärung von Handlungen vor allem dann stattfindet, wenn
die Figur unter Legitimationsdruck steht und wenn wir ihr
gegenüber eine Innenposition einnehmen. Wir müssen ja
nicht fortwährend Erklärungen für alles Handeln liefern,
sondern nur unter bestimmten Umständen. Und im narrati-
ven Denken ist dies der Fall, wenn die Handlung (dazu ge-
hört auch das Zeigen einer Emotion oder etwa eine sprach-
liche Äußerung) kontrovers und also erklärungsbedürftig ist.
Ich muss meist nicht rechtfertigen oder erklären, warum ich
jetzt ins Auto steige, sondern nur, wenn ich ein Gespräch
dadurch abrupt beende und meinen Gesprächspartner ver-
blüfft stehen lasse. Wenn ich von anderen Menschen höre,
ist mir die Erklärung ihres Verhaltens meist zwar im Hinter-
grund zugänglich, doch eigentlich erklären muss ich es nur,
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wenn es sonderbar und problematisch wird: Hätten sie da


nicht etwas Freundliches tun können? Das heißt, relevant
wird die Erklärung meist nur, wenn Legitimationsdruck vor-
liegt.
Legitimationsdruck gibt es in vielen Situationen und aus
vielen Richtungen. Dazu gehören neben den direkten juristi-
schen und moralischen Aufforderungen, sich zu rechtferti-
gen, eine Vielzahl von Erwartungen, die wir an uns selbst

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stellen, sowie die Anforderungen, die andere an uns stel-
len. Auch theologische und religiöse Ideen spielen hier eine
wichtige Rolle. In vielen Fällen gehen die Erwartungen von
Institutionen aus, inklusive verinnerlichter Institutionen wie
Rollenerwartungen: Die Rolle der Mutter etwa übt Legiti-
mationsdruck dahingehend aus, keine »Rabenmutter« zu
sein, während der Druck auf die »Väter« meist deutlich gerin-
ger ist. Unsere westliche Kultur übt Druck aus, sich als Indi-
viduum zu erweisen (»das Ich«), sich zu amüsieren und finan-
ziell erfolgreich zu sein. In vielen Fällen »rechtfertigen« wir
uns nicht mit verbalen Aussagen, sondern durch Verhalten
oder Berufswahl. Es ist vielleicht nicht ganz abstrus zu ar-
gumentieren, dass viele junge Menschen in der Romantik
Künstler werden wollten, weil sie damit eine Antwort auf
den Druck hatten, sich als freie Individuen zu erweisen, die
anders als andere sind und einen eigenen Stil pflegen.16 Das
hohe Geldeinkommen oder das Anhäufen von Reichtum
können in ähnlicher Weise als Antwort auf den Druck, sich
zu legitimieren, gewertet werden, denn wer viel hat, muss
sich selten rechtfertigen.17 Legitimationsdruck, Rechtferti-
gungen und mithin auch die Ausrede spielen für die Konsti-
tution des Ich sicherlich eine zentrale Rolle.18 Doch das ist
ein weites Feld, und wir werden uns hier auf konkretere nar-
rative Formen des Findens von Erklärungen und Rechtferti-
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gungen konzentrieren.
Nur angedeutet werden soll noch eine andere Dimension
des Rechtfertigens: das Anklagen. Denn natürlich gibt es
auch die Fälle, in denen wir bemerken, dass das Verhalten ei-
nes anderen nicht zu rechtfertigen ist. Wenn Kollegen von
mir abschreiben, ein großer Fauxpas unter Akademikern,
ist das nicht zu rechtfertigen. Zwar könnte ich verstehen,
wie es dazu kam und unter welchem Druck sie vielleicht

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gestanden haben oder welches Kalkül sie dazu getrieben hat,
als sie es taten, doch zugleich kann ich mir den Schluss er-
lauben, dass es nicht zu rechtfertigen ist, eben weil ich ihre
subjektive Rechtfertigung erkannt habe. Insofern liegt hier
bereits das Denken in verdoppelten und multiplen Recht-
fertigungen vor. Juristisch gesehen ist der Versuch einer Ver-
teidigung eines Schuldigen keine Rechtfertigung, doch im
subjektiven Sinne erlauben sich Menschen häufig etwas,
machen eine Ausnahme und können es vor sich selbst recht-
fertigen: »Ich bin jetzt auch mal dran.« Insofern spreche
ich hier von der doppelten Rechtfertigung: Der subjektiven
Rechtfertigung des Angeklagten, der sich eine Ausnahme
gewährt, und der Rechtfertigung des Anklägers, der die sub-
jektive Rechtfertigung des anderen vielleicht erahnt, aber
nicht anerkennt. Feinfühliges moralisches Denken braucht
derartige Abwägungen. Aber dies sei hier nur am Rande er-
wähnt.
Im narrativen Denken sind die Fälle wichtig, bei denen
die Handlungen nicht offensichtlich einleuchtend sind und
mehr als eine Seite haben. Wenn Menschen etwas tun, dann
hat das meist eine klare Intention, die wir mit der Handlung
verbinden. Das ist meist unproblematisch und wir sehen die
Handlung und Intention als verbunden an, so dass wir uns
diese Intention selten bewusst vor Augen führen müssen.
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Hinter dieser Verbindung von Handlung und Intention ste-


hen natürlich durchaus komplexe Lernprozesse, doch sie ha-
ben meist nur eine Hintergrundfunktion für das narrative
Denken, außer eben in Fällen des Rechtfertigens. Wenn aller-
dings eine Handlung unklar ist oder eine Intention verrät,
die wir problematisch finden, beginnt die Arbeit des Er-
klärens und Entschlüsselns. Diese wird umso intensiver, je
mehr uns diese Person oder Figur wichtig ist und, wie ich

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argumentieren werde, je mehr wir die Innenposition dieser
Figur einnehmen.
Erklärungen von Verhalten, wenn dieses nicht sofort nach-
vollziehbar ist, machen Anspruch auf das Verstehen oder Er-
raten der Intentionen der Handelnden. Dazu gehört wohl
keine vollständige Identifikation oder Empathie, aber trotz-
dem mehr als nur eine Fokalisierung oder dergleichen, wie
sie prominent Genette für die Erzähltheorie vorsieht. Daher
soll diese Position der Person oder Figur gegenüber als »Ein-
nehmen einer Innenposition der Figur« gekennzeichnet wer-
den. In dem Einnehmen der Innenposition wird aus der rea-
len Person eine narrative Figur des Denkens. Dabei baut das
Einnehmen einer Innenposition auf der Spielbarkeit (playa-
bility), von der wir oben gesprochen haben, auf. Doch was
jetzt dazukommt, ist, dass wir aus der Innenposition einen
Grund angeben, warum ein bestimmtes Verhalten sinnvoll
sein könnte. Das heißt, wir beginnen das Verhalten für diese
Figur zu rationalisieren, zu legitimieren und zu rechtfertigen.
Natürlich könnten wir Verhalten fortwährend erklären und
Gründe liefern, warum Menschen etwas tun. De facto müs-
sen wir es aber nur selten tun und interessant wird es nur in
wenigen Fällen – ebendies sind die Fälle, denen sich das nar-
rative Denken zuwendet, denn dort denken wir aus dieser
Figur heraus.
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Eine besondere Bedeutung hat diese Form des Erklärens


für die Selbstdarstellung. Häufig wird eine zentrale Funk-
tion von Erzählen darin erblickt, dass wir uns selbst erklären
können, dass wir also eine mehr oder weniger kohärente Ge-
schichte vorlegen können, wie wir wurden, wer wir sind, und
also auch rechtfertigen, wieso wir eine bestimmte Identität
haben beziehungsweise uns auf bestimmte Art und Weise
verhalten.19 Doch auch hier würde ich vermuten, dass es

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nicht eigentlich um Einheit und Kohärenz geht, sondern dar-
um, dass wir konkreten Ereignissen in unserem Leben mo-
mentan Sinn verleihen und sie insofern rechtfertigen. Ein
kurzer Blick auf die reiche und komplexe Tradition der
Selbstdarstellung und Autobiographie soll hier genügen.
Viele Kulturen haben großartige Selbstdarstellungen in nar-
rativer Form hervorgebracht, die uns erhalten geblieben
sind (man denke an die Confessiones von Augustinus oder
die Lebensskizze des chinesischen Historikers Sima Qian).
Für unsere heutige Kultur im Westen spielen der Bildungs-
roman sowie die pietistischen Lebensläufe des achtzehnten
Jahrhunderts sicherlich eine nach wie vor prägende Rolle.
In Schlüsselromanen wie Goethes Wilhelm Meisters Lehr-
jahre (1795) stellt sich für die Leser ebenso wie für zentrale
Figuren immer wieder die Frage, wie Letztere sich verhalten
sollen und wie ihre Vergangenheit mit ihren Lebenserfahrun-
gen in einer Zukunft münden kann, die das Geschehen zu
einem positiven Abschluss bringt. Hilft das Weglaufen von
zuhause Wilhelm Meister auf lange Sicht? Ist es also etwa
förderlich, dass er sich einer Theatertruppe anschließt, ob-
wohl er letztlich kein Talent als Schauspieler hat? Oder wur-
de er schlicht von seinen eigenen Phantasien verführt und es
gibt da keine positive Erfahrung im Theater, außer dass er
etwas ausprobiert, das sich dann als Irrtum erwiesen hat?
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Oder muss Wilhelm etwa lernen, dass er »resignieren« soll,


um dann umso mehr zu erreichen, wie es Goethes Zeitgenos-
se Friedrich Schlegel formuliert hat? Im letzteren Fall geht es
auch um das Einüben von Rezeptivität gegenüber eigenen
Fehlern, was dann auf einer höheren Ebene als Rechtferti-
gung gewertet werden kann. Was lernt Wilhelm, als er als
Hamlet auf der Bühne steht und ihn die Erscheinung des
Geistes tatsächlich überrascht, so dass er, fast unmittelbar

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darauf, die Theatergruppe verlässt?20 Die Frage, die sich also
sowohl für die Figuren als auch für die Leser stellt, ist, wie
und ob bestimmte Entscheidungen (wie der Beitritt zu einer
insolventen Theatertruppe) begründet und also gerechtfer-
tigt werden können. Und dabei gibt es eine Perspektive
vor der Entscheidung und eine Perspektive nach der Ent-
scheidung. Im Falle von Wilhelm wissen weder wir noch
er vorher, dass er wenig Talent als Schauspieler hat, doch
am Ende wird dies deutlich. Ist sein Entschluss, zum Theater
zu gehen, auch im Nachhinein sinnvoll oder stellt er sich
schlicht als Fehler heraus? Narrationen kreieren genau diese
Position des Rückblicks und der Nachträglichkeit, in der
sich eine solche Frage stellt.
Führt das Leben, obzwar mit vielen Windungen, auf ein
Ziel zu? Oder geht es darum, dass man retrospektiv sein Le-
ben erzählen kann, so dass es erscheint, als wäre man gerad-
linig zu dem jetzigen Punkt gekommen, auch wenn dies
nicht der Fall war? Oder geht es um eine Flexibilität im Er-
zählen des eigenen Lebens, so dass man je nach Bedarf jeden
Moment als Wendepunkt darstellen kann? Diese Flexibilität
im Umdeuten und Erzählen war, so die starke Einsicht von
Jürgen Fohrmann, bereits um 1800 Lernziel der romanti-
schen Jugend.21
Viele Leser haben sich bei diesen Fragen jeweils anders
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entschieden. Doch gemeinsam haben ihre Lektüren, dass sie


diese Frage der Legitimation mit der Perspektive der Nach-
träglichkeit verbinden. Diese Erwartung der Rechtfertigung
wird dann auf den Plot übertragen: Dem Ende dieser Bil-
dungsromane kommt die Funktion zu, die voraufgegangenen
Ereignisse zu rechtfertigen. Wenn das Ende ein glückliches
ist, zeigt dies, dass die früheren Entscheidungen der Figuren
die richtigen waren. Bleibt das Happy End aus wie etwa in

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der ersten Fassung von Kellers Der grüne Heinrich, dürfen
die Leser sich fragen, was genau die Fehler im Leben waren.
(Natürlich haben viele skeptische Leser auch die Frage der
Legitimation weitergeführt und gefragt, ob das Ende wirk-
lich das je verdiente war.)
Ebendieses Einüben der Position der rückblickenden
Rechtfertigung verbindet Literatur und Leben. Wer hier wen
in kulturhistorischer Einsicht beeinflusst haben könnte, wird
uns im achten Kapitel beschäftigen. Der Psychologe Jerome
Bruner hat die große Nähe von Romanen und Selbstdar-
stellungen des eigenen Lebens betont.22 Ähnliche Gedanken
finden sich prominent in den Werken des Neurologen Oliver
Sacks, des Literaturwissenschaftlers Brian Boyd und der
Philosophen Charles Taylor und Daniel Dennett. Der An-
spruch auf Kohärenz der narrativen Selbstdarstellung hat
aber auch Kritik auf den Plan gerufen. Der Philosoph Galen
Strawson hat etwa in seinem Artikel »Against narrativity«
eingewendet, dass wir in unsrem Handeln und Denken
nicht von einer kohärenten Selbsterfahrung geleitet wer-
den, das Konstrukt einer festen narrativen Identität eigent-
lich absurd sei und es keinen ethischen Grund dafür gäbe,
dass es uns leiten sollte.23 Strawson korrigiert hier eine etwas
überschwängliche und naive These, dass eine festgeschriebe-
ne narrative Identität der notwendige Schlüssel zum Glück
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sei. Allerdings beschäftigt sich Strawson nicht mit den For-


men von Figuren, die uns hier beschäftigen, in denen wir
uns selbst spielen, tracken und rechtfertigen können, ohne
dabei bereits die stabile Identität eines Ich vorauszusetzen
oder zu postulieren.
Der Psychologe Dan P. McAdams hat sich seit Jahrzehn-
ten mit der Konzeption der Person, ihrer Entwicklung und
ihren narrativen Dimensionen beschäftigt. Dabei interessiert

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er sich vor allem für »erlösende« Selbst-Narrationen (redemp-
tive narratives), die es Individuen erlauben, auch negative
und traumatische Erfahrungen positiv umzuwenden und
in eine positive Selbstnarration umzuwandeln.24 Diese Um-
wandlung entspricht deutlich der rückblickenden Recht-
fertigung, von der wir oben sprachen. Narrative Identität
besteht für McAdams in der verdichteten Geschichte von
Menschen, wie diese wurden, was sie sind oder was sie im
Begriff sind zu werden. Dargestellt wird die autobiographi-
sche Vergangenheit und ihre mögliche Zukunft.25 Auf der
individuellen Ebene, so McAdams, ermöglicht die narrative
Identität ein Leben, welches Menschen das Gefühl von Sinn-
haftigkeit vermittelt. Narrative Identität sei mit mentaler
Gesundheit und Widerstandskraft verbunden. Auf der kol-
lektiven Ebene können Gruppen von Menschen ihr Verhal-
ten besser koordinieren und sich besser organisieren, wenn
ihre Mitglieder anhand von narrativer Identität füreinan-
der verständlich sind. Entsprechend ist anzunehmen, dass
die Überlebensfähigkeit derartiger Gruppen auf lange Sicht
größer ist. Zu betonen ist hier, dass narrative Identität ge-
mäß McAdams weiterhin eine Geschichte beziehungsweise
Narration bleibt und nicht in einem festen Bild oder einer
Institution eines Ich mündet. Es geht mithin stets um das
Integrieren der sperrigen Elemente und Ereignisse im Leben,
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also um das, was wir hier als Rechtfertigen bezeichnet haben.


Gerechtfertigt ist, was Teil der Lebensgeschichte werden
kann.
Hier kommen wir zu unserer Ausgangsfrage zurück, was
eine Figur in unserem Denken ausmacht. Was werden wir,
wenn wir uns in Narrationen erkennen? Wir können jetzt sa-
gen, dass eine Person zur Figur wird, wenn wir bereit sind,
sie zu rechtfertigen. Unsere Rechtfertigungsbereitschaft ist

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das Merkmal dafür, dass andere (oder wir selbst) zu Wesen in
unserem narrativen Denken geworden sind.

Identität als Pathologie


Die drei bisherigen Aktivitäten (Spielen, Tracking, Rechtfer-
tigen) entfalten die Figur als ein unfertiges Ding mit Poten-
tial, ein Rätsel oder einen Faktor der Ungewissheit. Dabei ist
die Figur eigentlich gerade keine Figur, denn ihre Kontur ist
noch im Werden oder kann sich unterschiedlich entwickeln,
kann unterschiedlich gespielt werden. Für dieses Rätsel ha-
ben wir einen Namen: derartige Figuren sind andere für
uns. Andere sind Wesen, denen wir ein Eigenleben zuschrei-
ben, einen Geist, dem wir uns nähern können, den wir aber
nicht beherrschen und der uns stets überraschen kann. An-
dere Wesen sind die zentrale Herausforderung unseres Den-
kens und Lebens, dem wir uns mit dem narrativen Denken
stellen. Ludwig Wittgenstein sprach in diesem Zusammen-
hang von dem unhintergehbaren other mind problem. In
der Spielbarkeit maßen wir uns zwar an, diese anderen We-
sen mental auszuprobieren, doch auch in diesem Ausprobie-
ren weisen wir ihnen zugleich einen großen Raum von Hand-
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lungsmöglichkeiten zu.
Es gibt allerdings auch einen dazu ganz gegensätzlichen
Zugang zu Figuren im Denken. Statt uns einer Figur als an-
deren zu nähern, können wir sie auch festlegen und als Iden-
tität setzen. In diesem Falle legen wir fest, wer oder was der
andere ist (oder wir selbst). Durch diese Festlegung wird der
andere berechenbar. Die Festlegung und Festschreibung ei-
ner Identität ist sicherlich sehr hilfreich zur Orientierung

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und erlaubt uns das schnelle Handeln in vielen Situationen,
weil wir sie planen können. Insofern kann man die Fest-
schreibung von Identität als einfache Heuristik beschreiben,
also als Technik, mit der wir Voraussagen über die Welt tref-
fen.26 Wir sind in vielen Fällen nicht überrascht davon, wie
sich eine Kollegin verhalten wird, was von einem Ork in Tol-
kiens Romanen zu erwarten ist oder was ein Verkäufer auf
dem Markt so für Sprüche draufhat. Trotzdem drückt sich
in der Festlegung einer Identität immer auch eine reduktive
Geste aus. Der andere (oder ich selbst) hört auf, ein anderer
zu sein, sondern wird zur starren Figur. Für das narrative
Denken wird der andere zur einer Art Schachfigur, die man
als Hindernis einsetzen oder opfern kann, die aber an sich
keine eigenständige Rolle mehr spielt.27
Die Ambivalenz dieser festgeschriebenen Identität zeigt
sich etwa in der Opferrolle. Die Dyade von Opfer-Täter ist
für unsere soziale Wahrnehmung eines der stärksten Muster,
mit dem wir das Verhältnis zwischen zwei Figuren sortie-
ren.28 In kulturhistorischer Sicht haben wir eine erstaunliche
Sensibilität für Opfer entwickelt – antrainiert vielleicht
durch einige Jahrhunderte einfühlsamer Romane.29 Wir er-
kennen heutzutage Verletzungen auch dort, wo die Zeitge-
nossen vorangegangener Jahrhunderte diese entweder nicht
erkannten oder bereit waren, sie zu ignorieren.30 Opfer zie-
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hen uns heutzutage an und wir sehen sie vielfach als mo-
ralisch überlegene Figuren, deren Leiden wir empathisch
mit-erleben. Wenn wir andere in einer Opferrolle erblicken,
können wir eine Vielzahl von Erwartungen an die Figur he-
rantragen und diese Rolle mental weiterspielen sowie dem
Täter Vorwürfe machen. Anscheinend fällt heutzutage die
Balance zwischen negativen Emotionen, die wir empathisch
mit-erleben, und der moralischen Bestätigung von uns in der

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Opferrolle positiv aus: Wir erleben das Leiden der Opfer mit,
fühlen uns aber darin positiv bestätigt, denn unsere Empa-
thie drückt ja eine richtige Haltung aus. Es lässt sich jedoch
zeigen, dass wir uns häufig gar nicht in die Opfer einfühlen,
sondern uns im Falle derartiger Opfer-Täter-Dyaden insge-
heim mit den realen oder imaginären Helfern identifizieren
und aus der Dyade solcherart eine Triade gemäß des Three-
Person-Model-of-Empathy machen.31 Als Helfer können
wir uns nämlich selbst loben. Auf jeden Fall sind viele Men-
schen heute dazu in der Lage, das Opferprogramm in ihren
Köpfen quasi als Skript ablaufen zu lassen – und das ist si-
cherlich ein kultureller Fortschritt, der Gewalt in vielen Fäl-
len verhindert oder verringert.
Zugleich, und das macht nun die Ambivalenz der Opfer-
rolle aus, tendiert diese Dynamik dazu, andere Menschen auf
ebendiese Opferrolle festzulegen. Es macht einen großen
Unterschied, ob man in einer konkreten Situation von einem
anderen ausgenutzt oder misshandelt wurde oder ob man nun
als Ganzes als »Opfer« wahrgenommen wird. Opfer zu sein,
heißt passiv zu erleiden, abhängig zu sein von Retterfiguren
und wenig Handlungsspielraum zu besitzen. Auf die Opfer-
rolle festgelegt zu werden ist nicht nur demoralisierend, son-
dern mental deformierend. Eben hier liegt ja auch eine der
Leistungen vieler sozialer Bewegungen von der »Krüppelbe-
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wegung« bis zu #MeToo und Black Lives Matter, die gegen


diese Wahrnehmung der Opferrolle rebellieren und den
»Opfern« wieder Handlungsspielraum verschaffen wollen.
Der Regelfall dieser Form der Festschreibung von Identi-
tät ist aber die von außen kommende Reduktion. Im Bereich
der Depressionsforschung hat Aaron Beck die sprachlichen
Muster von Menschen, die zu Depressionen tendieren, un-
tersucht. Beck beobachtet dabei eine verstärkte Häufigkeit

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von kognitiven Verzerrungen (cognitive distortions)32 wie al-
ternativloser Polarisierung (entweder-oder), Radikalisierung
(Superlative), Prophezeiungen und Forderungen (»sollen«).
Die für uns interessante kognitive Verzerrung besteht dabei
in der Verwendung von Etiketten zur Kennzeichnung der
Identität von Personen (»ich bin ein …«, »du bist ein …«).
Derartige Etiketten legen die Identität einer Person als Gan-
zes fest und reduzieren sie auf einen Zustand. Statt von Men-
schen mit Autismus spricht man dann von »Autisten«, als
wäre dies die eine entscheidende Eigenschaft eines Men-
schen; statt davon zu sprechen, dass etwas nicht geklappt hat,
nennt man einen anderen oder sich selbst eine »Null«; und
statt von Überzeugungen zu sprechen, wählen Menschen
eine Etikettierung für sich als Ganzes aus (»ich bin ein
Bayern-Fan«, »ich bin eine Feministin« etc.). Diese Sprach-
muster wie die Etikettierungen sind dabei durchaus Teil der
Alltagskommunikation, doch ihre Häufung zeigt eine Ver-
zerrung. Im Falle der Etikettierung ist dies sehr deutlich.
Wer sich oder andere etikettiert, reduziert einen anderen
Menschen oder sich selbst auf einige wenige Eigenschaften
und vernachlässigt sehr viele andere. Berechenbarkeit ist
Reduktion. Zudem wird in jeder Etikettierung eine Grenze
zwischen dem Etikettierten und anderen Menschen gezogen.
Insofern ist Etikettierung auch Ab- und Ausgrenzung.
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Derartige Etikettierungen ebenso wie viele andere kog-


nitive Verzerrungen haben in den letzten Jahrzehnten (seit
einem Tiefpunkt um 1980) massiv zugenommen, wie wir in
einer Studie festgestellt haben.33 Die kognitiven Verzerrun-
gen erreichen, gemessen an den Verwendungen in Büchern
der letzten hundert Jahre, ein Ausmaß, das sogar die Anhäu-
fung während des Zweiten Weltkrieges und also der Nazi-
Zeit überschreitet. Etwas läuft falsch in der Welt.

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Abb. 6. Die Graphik zeigt die Trends der Häufung von kognitiven
Verzerrungen im Korpus der Bücher des Google Books Ngram
Viewers in Deutsch, Englisch und Spanisch.34

In welchem Maße andere zu pathologischen Identitäten


werden, lässt sich auch daran beobachten, wie wir reagieren,
wenn andere sich anders verhalten, als ihre festgesetzte Iden-
tität erwarten lässt. Natürlich überraschen uns Menschen an-
dauernd mit eigentlich nicht erwarteten Handlungen und
Äußerungen. Doch wenn wir ihre überraschenden Handlun-
gen nur noch negativ bewerten und ihnen Vorwürfe machen,
zeigt sich, dass Identität zum Gefängnis wird.Wenn wir etwa
unseren Nachbarn vorwerfen, sie fliegen mit dem Flugzeug
in den Urlaub, obwohl sie doch die Grünen wählen, verwen-
den wir die Etikettierung als Festschreibung. Die anderen
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können die ihnen von uns auferlegte Identität dann nur noch
verletzen, was wir ihnen sofort negativ vorhalten.35
Wer von sich eine starres Identitätsbild entwickelt, sich
eine Etikettierung verpasst, ist in manchen kritischen Situa-
tionen vielleicht gut gerüstet. Starrsinn kann durchaus mora-
lische Stärke oder Standhaftigkeit ausmachen. Im Barock
wurde dies als Tugend gefeiert, wie viele stoische Helden in
den zeitgenössischen Tragödien anzeigen, die an ihren Über-

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zeugungen zugrunde gehen. Doch in den meisten Lebens-
situationen bedeutet diese feste Identität fehlende Kompro-
missfähigkeit. Identität wird zur Pathologie.
Besonders deutlich wird diese pathologische Seite von
Identität, wenn wir betonen, dass Identitäten in gewisser Wei-
se immer von außen kommen. Sie werden aufgeklebt wie Eti-
kette oder eigentlich übergestülpt beziehungsweise angelegt
wie ein Korsett. Identität ist insofern immer auch diskrimi-
nierend. Selbst scheinbar positive oder harmlose Identitäten
sind einengend. Umso schlimmer sind die vielen deutlich
diskriminierenden Etikettierungen und Kategorien, die wir
im Umgang mit unseren Mitmenschen entwickelt und kul-
tiviert haben. Es ist eine schreckliche Erfahrung, wenn wir
schlicht aufgrund einer vorgeprägten Idee von Identität ab-
geurteilt und abgeschrieben werden. Mit einer solch patho-
logischen Geste werden wir gewissermaßen ausgelöscht.
Meine Aufgabe besteht hier sicherlich nicht darin, Sprach-
polizei zu spielen. Doch aus Sicht des narrativen Denkens
zeigt sich, welche Einengung und Verarmung unser Denken
erfährt, wenn es andere Menschen mit der Etikettierung ei-
ner Identität versieht. Das narrative Denken findet dann kei-
nen Raum der Spielbarkeit sowie der Handlungsmöglichkei-
ten mehr vor und verläuft wie auf Schienen. Nichts könnte
mehr anders sein.
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Zusammenfassung
In diesem Kapitel haben wir mentale Aktivitäten im Umgang
mit narrativen Figuren dargestellt. Das ist kein Zufall, denn
die narrativen Figuren bestehen in dem, was wir mit ihnen

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machen. Wir spielen sie, tracken oder verfolgen sie mental
über die Zeit hinweg und wir können ihre Handlungen
rechtfertigen. Das narrative Denken macht andere Menschen
solcherart als narrative Figuren zugänglich, belässt ihnen
aber zugleich einen Bereich, der für uns rätselhaft bleibt.
Indem andere Menschen (oder wir selbst für uns in Autobio-
graphien) zu narrativen Figuren werden, nehmen wir ein ak-
tives Verhältnis zu ihnen ein.Wir bewegen sie (spielen), sam-
meln Informationen über sie (tracking) und helfen ihnen,
sich zu legitimieren (rechtfertigen). Narrative Figuren sind
entsprechend Wesen mit Handlungsspielraum, den wir si-
mulieren, die wir genau beobachten und deren Handlungen
wir im Nachhinein erklären. Das ist auch, was andere Men-
schen für uns als narrative Figuren in unserem Denken wer-
den können: höchst attraktive Rätsel oder schlicht andere,
other minds. Angezogen werden wir von diesen anderen auch,
weil die narrativen Stränge, die wir mit ihnen erleben, regel-
mäßig zu Episoden mit emotionaler Belohnung führen, wie
wir in diesem Buch bereits gelernt haben.
Im Falle der Spielbarkeit wird uns als Spielern die Hoheit
über die möglichen narrativen Episoden übertragen.Wir kön-
nen die Figuren mental auf die unterschiedlichste Art und
Weise führen und solcherart ausprobieren und erproben, was
passieren könnte. Bei welchen Emotionen wir schließlich
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enden, ist weitgehend uns überlassen.


Im Falle des Tracking gibt es viele Fälle, in denen wir aus
dem Verfolgen einer Figur eine Episode machen. Eben dar-
um geht es im Tracking ja auch, denn wir wollen durch die
Beobachtung des anderen Aufschluss über die Figur gewin-
nen, die uns Folgerungen zur Einschätzung derselben erlau-
ben. In diesen Bereich gehört etwa die Satisfaktion, wenn die
beobachteten Anfänge zu einem verdienten Ende führen. So

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Breithaupt, Fritz. Das narrative Gehirn : Was unsere Neuronen erzählen | Platz 1 der
Sachbuchbestenliste der WELT | Wissenschaftsbuch des Jahres 2023 »Medizin und Biologie«, Suhrkamp Verlag, 2022. Pr
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registrieren wir im Tracking Eigenschaften der Figur, die
dann zu bestimmten Konsequenzen führen. Beispielsweise
tracken wir, wie ein Mensch sich leichtsinnig verhält und
dann später dafür bezahlen muss.
Im Falle der Rechtfertigung kann die emotionale Beloh-
nung für das narrative Denken in der glücklichen Wendung
liegen. Zunächst stößt uns das Verhalten einer Figur (oder
von uns selbst) vor den Kopf. Doch indem wir das Verhalten
von innen her legitimieren können und eben eine Erklärung
für es finden, wenden wir den Vorwurf von ihr ab, sie habe
etwa irrational, unmoralisch oder unschön gehandelt. Eine
solche Abwendung des Vorwurfs ist durchaus angenehm,
therapeutisch und belohnend.
Es gibt aber, wie gesehen, auch eine starke Versuchung der
Festschreibung der Identität einer Person. In diesem Falle
kommt die Identität der Figur von außen. Wir etikettieren
sie, schreiben sie fest. Statt eines Handlungsspielraums weist
sie nun eine feste Berechenbarkeit auf. Überraschende Hand-
lungen werden nur noch als Verletzung der Identität wahr-
genommen, nicht als Ausdruck von individueller Freiheit.
Für diesen Fall der Festschreibung haben wir von Identität
als Pathologie gesprochen. Die anderen werden uns hier zu
bloßen Spiel- beziehungsweise Schachfiguren. Das narrative
Denken hört auf, sich wirklich für sie zu interessieren. Sie
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sind uns nur noch Nebenfiguren oder uninteressante, un-


spielbare Figuren.

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