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Vulkanismus
Mit 307 Farbabbildungen
4. Auflage
Alle Fotos stammen von Hans-Ulrich Schmincke
soweit nicht anders vermerkt.
ISBN 978-3-534-26245-8
ISBN 978-3-86312-367-3
www.primusverlag.de
Inhalt
Vorwort 7 5 Mittelozeanische Rücken 51 Ke pah’u nei ka
honua –
Die Revolution in den Erdwissenschaften . . . . . 51 Die Erde knallt.
1 Einleitung 9 Morphologie und Tektonik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Letzte Worte des Königs
Pillowlaven und Pillowvulkane . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 von Vulkanesien, bevor
Neptunisten, Vulkanisten, Plutonisten . . . . . . . . 9 Schichtlaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 die Insel im August
Kontinentaldrift – Sea Floor Spreading – Pyroklastische Eruptionen in der Tiefsee? . . . . 58 1882 in den Fluten des
Pazifik versank.
Plattentektonik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Wie häufig sind submarine Eruptionen? . . . . . . 59
Die Wurzeln der Vulkane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Magmakammern unter Mittelozeanischen
Vulkane und Vulkaneruptionen . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Rücken und ihre Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3 Magma 21 7 Kontinentale
Intraplattenvulkane 87
Was ist Magma? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Einteilung magmatischer Gesteine . . . . . . . . . . . . . 22 Riftzonen und Riftschultern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
Schalenaufbau der Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Schlackenkegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Wo entstehen Magmen?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Die quartären Vulkanfelder der Eifel . . . . . . . . . . . 90
Wie entstehen Magmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Der Yellowstone-Plume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
Warum steigen Magmen auf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Flutbasalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Magmatische Differentiation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Magmakammern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Zonierte Magmakammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 8 Inselbögen und
aktive Kontinentränder 101
13 Vulkaneruptionen, Vulkangefahren,
Vulkankatastrophen 193
Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Vulkangefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
Der Explosivitätsindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199
7
Vorwort
V
ulkane sind: schön, erhaben, majestätisch, Internationale De-
sinnlich, aufregend, mystisch, gefährlich, kaden haben auch der „The object of the following Essay is to throw
bedrohlich und lebensspendend – und da- Vulkanologie neue Im- some light on those phenomena which consist in
mit ein fassbarer, hörbarer, riechbarer Ausdruck pulse gegeben. Das In- the development of subterranean activity in the
einer lebendigen, dynamischen Erde. Für einen ternational Geosphere- form of Volcanos and Earthquakes, the investiga-
Wissenschaftler sind sie jedoch noch viel mehr: Biosphere Program tion of which appears to me of primary impor-
ein Fenster in große Erdtiefen, die nicht direkt (IGBP) hat zur Intensi- tance to the progress of Geological science.“
zugänglich sind und es nie sein werden. Und für vierung der Forschung (George Poulett Scrope: „Considerations on Volcanos, the
probable causes of their phenomena, their laws which
den Laien sind sie der sichtbare Gegenstand einer über die Auswirkungen determine their march, the disposition of their products,
Naturwissenschaft, die viele unterschiedliche Dis- großer Eruptionen auf and their connexion with the present state and past
ziplinen in sich vereinigt. Deren Aufgabe ist es Klima und Ozonschicht history of the Globe“. London, 1825)
einerseits, den sich ständig verändernden, dyna- beigetragen. In der
mischen Zustand unserer Erde an Punktquellen International Decade for
zu messen und zu überwachen, um Vulkan- Natural Disaster Reduction (IDNDR) stand auch
Magma-Systeme besser zu verstehen und um bei die Frage im Vordergrund, wie wissenschaftliche
anstehender Gefahr rechtzeitig Signale geben zu Ergebnisse in effektive Handlungsstrategien
können – damit Katastrophen vermieden werden umgesetzt werden können – z. B. bei drohenden
können. Andererseits die immensen Wohltaten großen Vulkaneruptionen. Die theoretische und
der Vulkane zu erforschen und sie für den Men- experimentelle Vulkanologie, die geochemische
schen nutzbar zu machen. Analytik und die Altersdatierungsmethoden sowie
Dieses Buch ist für Menschen geschrieben, die Interpretation geochemischer Daten sind wei-
die von Vulkanen fasziniert sind und etwas Vor- terentwickelt worden. Über den submarinen Vul-
bildung mitbringen. Ich habe versucht, Fachjar- kanismus und die Tiefenwurzeln der Vulkane
gon weitgehend zu vermeiden. Leser, die es ge- (Manteltomographie) wissen wir heute erheblich
nauer wissen wollen, finden in den Kapiteln 3, mehr als noch vor 15 Jahren. Auf die vulkanologi-
4, 10 und 11 stärker technisch abgefasste Ab- sche Kartierung und Interpretation unserer Nach-
schnitte. „Vulkanismus“ ist nicht als ausgewoge- barplaneten mit vielen aufregenden Entdeckun-
nes Lehrbuch – sei es didaktischer angelsächsi- gen sowie auf weitere Themen kann ich hier aus
cher oder enzyklopädischer deutscher Prägung – Platzgründen leider nicht eingehen. Jede große,
konzipiert, in dem alle Teilgebiete dargestellt wer- gut untersuchte Vulkaneruption bedeutet jedoch
den, sondern als ein Einblick in aktuelle For- einen Sprung in unserem Verständnis von vulka-
schungsthemen, deren logische Abfolge ich in der nischen Vorgängen. Was für die 1980er-Jahre die
Einleitung begründe. Lehrbücher mit dem An- Eruption des Mt. St. Helens (1980) war, ist für die
spruch, alle wesentlichen Aspekte des Fachgebietes 1990er-Jahre die des Pinatubo (Juni 1991) und –
abzudecken, gibt es nicht mehr und kann es nicht was die Naturgefahren betrifft – auch die des Vul-
mehr geben – dazu hat sich die Wissenschaft zu kans Unzen in Japan. Aus der Katastrophe von
sehr spezialisiert. Armero in Kolumbien, wo am 13. November 1985
Die erste Auflage des vorliegenden Buches bei der relativ kleinen Eruption des Vulkans Neva-
erschien 1986 insofern zu einem günstigen Zeit- do del Ruiz 23 000 Menschen umkamen, haben
punkt, als nach der stürmischen oder – um im wir Wissenschaftler gelernt, unsere Informations-
Bild zu bleiben – explosiven Entwicklung der Vul- strategie realistischer zu gestalten: Wir haben ein
kanologie in den 1970er- und 1980er-Jahren mit effektives Video produziert, in dem Vulkangefah-
ihren rasanten Paradigmenwechseln und metho- ren drastisch geschildert werden. Durch die Ver-
disch-analytischen Neuentwicklungen Mitte der teilung vieler Kopien dieses Videos in den Dörfern
1980er-Jahre ein gewisses Plateau erreicht war: rings um den Pinatubo im Mai 1991 ließen sich
mit der Interpretation von Vulkan-Magma-Syste- etwa 10 000 Menschen willig evakuieren, deren
men im Lichte der Plattentektonik, Glutlawinen, Verbleib in ihren Siedlungen am 15. 6. 1991 ihren
Magma-Wasser-Wechselwirkung, Surges, Debris Tod hätte bedeuten können.
Avalanches an Land, Klima, Mondlandung, Mt. Diesen Entwicklungen hat die umfangreiche-
St. Helens, Tiefseebohrungen usw. Die erste Aufla- re zweite Auflage des Buches (2000) mit aus-
ge blieb also für lange Zeit up to date. schließlich farbigen Abbildungen, praktisch ein
8 Vorwort
neues Buch, Rechnung getragen – sie ist aber seit Schwerpunkte unserer Arbeiten, die wir ohne fi-
Jahren vergriffen. Die englische Ausgabe (Volca- nanzielle Unterstützung nicht hätten durchführen
nism, Springer 2004) sowie die gerade erschienene können. Daher geht auch an dieser Stelle mein
japanische Ausgabe sind umfangreicher und fach- Dank in erster Linie an die Deutsche Forschungs-
lich stärker spezialisiert, so dass sie in vielen Län- gemeinschaft und, was die großzügige Förderung
dern als Lehrbuch für einen Grundkurs in Vulka- ausländischer Gäste betrifft, an die Alexander von
nologie verwendet werden. Humboldt-Stiftung sowie an die Studienstiftung
Die vorliegende dritte Auflage bietet nach wie des deutschen Volkes für die Förderung durch
vor eine breite Übersicht der wichtigsten The- Doktorandenstipendien.
menbereiche der modernen Vulkanologie. Die Die unumgängliche Übernahme international
Einleitung (Kapitel 1) habe ich neu geschrieben, gebräuchlicher, ausschließlich englischer Fachaus-
vor allem um den Systemcharakter der Vulkano- drücke wie Seafloor Spreading, Mantle Plume, Hot
logie und ihren Bezug zu vielfältigen Zukunfts- Spot und Surge braucht man heute nicht mehr
problemen hervorzuheben. Auch wurden einige apologetisch zu diskutieren. Zwei weitere wurden
Fotos und Grafiken ausgetauscht. Die Wissen- schon in der ersten Auflage entsprechend verein-
schaft hat sich natürlich seit dem Jahr 2000 auf facht: Geotherm wurde anstatt des umständlichen
vielen Gebieten weiterentwickelt, wie z. B. in der geothermischen Gradienten und Volatile (volatiles)
theoretischen und experimentellen Vulkanologie anstelle der „flüchtigen Bestandteile“ verwendet.
oder in der Fernerkundung mittels Satelliten – Andere Begriffe wie debris avalanche und debris
aber die wesentlichen Aspekte sind unverändert flow sind dabei, übernommen zu werden, jedoch
geblieben. verwende ich hier noch die deutschen Begriffe
Viele erdwissenschaftliche Teildisziplinen be- Schuttlawine und Schuttstrom. In einigen Fällen, in
fassen sich mit Vulkanen. Eine vom Umfang her denen die englischen Begriffe zwar klarer sind,
natürlich nur begrenzt mögliche Darstellung wird aber noch nicht von einer breiteren Allgemeinheit
daher in ganz besonderem Maße die Interessen verwendet werden, setze ich sie in Klammern.
ihres Verfassers widerspiegeln. In diesem Buch Bei der Gestaltung von Diagrammen hat mir
werde ich, meiner eigenen Forschungsrichtung vor allem Mari Sumita geholfen. Herr Schreiber
entsprechend, vorwiegend geologische und petro- hat auch das Layout der dritten Auflage gewohnt
logische Aspekte diskutieren und dabei vielfach souverän durchgeführt – ihm und Herrn Asche-
auf die eigenen Erfahrungen und Forschungser- meier, der bei der WBG die dritte Auflage betreut
gebnisse meiner früheren und jetzigen Mitarbeiter hat, gilt mein herzlicher Dank.
und Kollegen zurückgreifen. Die jungen Vulkan- Ich würde mich freuen, wenn sich das Interes-
felder der Eifel und die vulkanischen Ozeaninseln se des einen Lesers oder der anderen Leserin auch
der Kanaren sind seit über 40 Jahren regionale in kritischen Hinweisen äußern würde.
Hans-Ulrich Schmincke
Lisch, im Mai 2010
9 1
Einleitung
Das System Magma – Vulkan – Mensch der Erdoberfläche lösenden Gase ab. Häufig wer-
Nach der Verteidigung meiner Dissertation Ende den sie auch von äußeren Einwirkungen und Fak-
1964 hatte ich das Gefühl, einen Beitrag zum toren – dem externen Forcing – wie z. B. von der
Nachweis von riesigen Vulkanausbrüchen geleistet Wechselwirkung aufsteigender Magmen mit
zu haben, bei denen im Nordwesten der USA Grundwasser oder von
Gebiete von über 20 000 km3 (etwa der Fläche von Erschütterungen durch
„A volcano is not made on purpose to frighten
ganz Nordrhein-Westfalen entsprechend) von ge- große Erdbeben aus-
superstitious people into fits of piety and devo-
waltigen Lavamassen überflutet wurden – im Zeit- gelöst. Dies sind Kau-
tion; nor to overwhelm devoted cities with
raum zwischen etwa 14 und 17 Millionen Jahren salketten, die in den
destruction; a volcano should be considered as a
immer wieder und jeweils innerhalb weniger Kapiteln 2 bis 8 sowie
spiracle to the subterranean furnace, in order to
Wochen. Im entbehrlichen Slang des heutigen in Kapitel 12 ausführli- prevent the unnecessary elevation of land, and
Medienhype handelte es sich um Supervulkane. cher diskutiert werden. letal effects of earthquakes.“
Grundlagenwissenschaft, auf Englisch knapper
(James Hutton: „Theory of the Earth“. Wheldon and
und weniger hochtrabend basic science. Vulkan und Mensch: Wesley, Codicote, 1795)
In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Eine ambivalente
Motivation meiner Doktoranden wesentlich er- Beziehung
weitert. Neben die Neugier – nach wie vor Grund- durch die Jahrtausende
voraussetzung für eine jahrelange Konzentration Alle drei Seiten des Systems Magma – Vulkan –
auf ein enges wissenschaftliches Problem – ist ein Mensch gehören untrennbar zusammen – aus
diffuses, aber ernsthaftes Bestreben getreten, in dem einfachen Grund, weil es keine andere Natur-
ihrer Dissertation auch einen Beitrag zur Gesell- erscheinung gibt, die in so vielfältiger Weise mit
schaft und Umwelt im weitesten Sinne leisten zu der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft,
wollen. Denn Vulkane haben einen direkten ihren Grundbedürfnissen, ihren Ängsten und ih-
Bezug zu großen Zukunftsfragen unserer Zeit:
erneuerbare Energien (Geothermik), Klimabeein-
flussung durch in die Stratosphäre aufgestiegene System Magma – Vulkan – Mensch
SO2-Gase, fruchtbare Böden, Gefahren für Mega- Eruption
städte in unmittelbarer Umgebung von aktiven
Vulkanen – oder für ganz Mitteleuropa wie bei
der Eruption des Eyjafjallajökull (s. u.) – sowie Plattentektonik Lithosphäre
zur Neige gehende Erzlagerstätten vulkanischen
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kommen.
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aufgestiegenen Eruptionssäulen wurden von star- der Erde brennen müsse. Ein Feuer entsteht, wenn
ken vorherrschenden NW-Winden nach Europa zwei Grundvoraussetzungen gegeben sind: eine
getrieben und führten zu einer fast vollständigen brennbare Substanz und ein Anfachen. Als brenn-
Schließung der Flughäfen zwischen dem 15. und bare Grundsubstanz nahm man Schwefel an, der
20. April (Abb. 1.3). Auch in den folgenden Wo- auf Sizilien bis ins vorige Jahrhundert hinein
chen kam es immer wieder zu sporadischen abgebaut wurde. Aristoteles postulierte durch die
Schließungen von Flughäfen, selbst auf den Kana- Tiefen der Erde brausende Winde, die das Feuer
rischen Inseln. Unabhängig von der umstrittenen in Gang halten. Diese Grundvorstellungen über
Frage, ob diese extremen Flugverbote wirklich die Natur der Vulkane waren so erfolgreich – oder
wissenschaftlich begründet waren, d.h. die Aschen- intuitiv einsichtig –, dass sie sich bis in die Zeit
partikel etwa mehrere 100 µg/m3 überstiegen – sie Goethes, also weit über 2000 Jahre lang, hielten.
waren es vermutlich im Wesentlichen nicht –, In der neueren Geschichte der Wissenschaft
bleibt die Einsicht, dass unsere hoch technisierte von der festen Erde, der Geologie, gab es zwei
moderne Gesellschaft gegenüber Naturereignissen große, insgesamt jeweils etwa ein halbes Jahrhun-
extrem verwundbar geworden ist. dert währende Auseinandersetzungen. Der erste
Neben der bedrohlichen oder gar lebenszer- Streit betraf direkt die Frage nach den Wurzeln
störenden Seite wurde allerdings schon in der grie- der Vulkane, der uralte Antagonismus zwischen
chischen Mythologie auch die lebenserhaltende Feuer und Wasser stand im Zentrum. Denn am
Seite der Vulkangewalten angesprochen: Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts war die Frage, ob säulig
Geschenk des Feuers, das er Hephaistos in der geklüftete Basalte aus Wasser abgeschieden wer-
Tiefe gestohlen hatte – eine Tat, für die er grausam den oder als heiße Schmelze aus dem Erdinneren
bestraft wurde –, verhalf Prometheus dem Men- treten, das fundamentale Thema schlechthin.
schen erst zu seiner wahren Existenz. Diese Ambi- Die sogenannten Neptunisten, die den Basalt
valenz charakterisiert bis heute unser Erkenntnis- als aus dem Meerwasser abgeschieden ansahen
interesse am Naturphänomen Vulkanismus.
mische Energie, (2) Erzlagerstätten, (3) vulkani- elle Vulkaneruptionen oder junge Vulkanfelder
sche Böden, (4) vulkanisches Rohmaterial und (5) sind Decker und Decker (1994), Edmaier und
Vulkanlandschaften und Vulkantourismus. Jung-Hüll (1994) sowie Schmincke (2009) über
Fallgeschichten von rezenten oder gut unter- die Vulkane der Eifel. Das „Bulletin of Volcanolo-
suchten Vulkaneruptionen – wie in den 1980er- gy“ (Springer) und das „Journal of Volcanology
Jahren die Eruption des Mt. St. Helens und des and Geothermal Research“ (Elsevier) sind die bei-
Nevado del Ruiz (1985) sowie 1991 die Eruption den einschlägigen vulkanologischen Fachzeit-
des Pinatubo oder die Eruption des Laacher-See- schriften. Vulkanologische Spezialarbeiten er-
Vulkans vor 13 000 Jahren – veranschaulichen in scheinen außerdem in verschiedenen Zeitschriften
einigen Kapiteln die generellen Ausführungen. der Geologie, Petrologie, Geophysik, Geochemie
und Geomorphologie.
Literatur Umfassende Informationen über die Vulkane
Die ersten Kapitel (2 bis 9) sind so allgemein der Erde und über aktuelle Vulkanausbrüche fin-
gehalten, dass es nur in einigen Fällen sinnvoll den sich auf der Homepage der Smithsonian
erschien, spezielle Literatur zu zitieren. Der inter- Institution (Washington DC, USA), z. T. in Kom-
essierte Leser kann sich über Detailaspekte in bination mit Informationen des US Geological
neueren Darstellungen informieren, von denen Survey (www.volcano.si.edu/). Dies ist eine ausge-
viele ausführliche Literaturverzeichnisse enthal- zeichnete, verlässliche und immer hochaktuelle
ten. Spezialarbeiten werden insbesondere als Seite, auch mit wöchentlichen Zusammenfassun-
Quellenangaben zu den Abbildungen zitiert; die gen über laufende Eruptionen und vielen Links.
Liste dieser Arbeiten ist daher keineswegs reprä- Presseberichte über gerade ausgebrochene Vulka-
sentativ. Angesichts der umfangreichen, für dieses ne sind natürlich tagesaktuell aber verständlicher-
Buch verarbeiteten Literatur habe ich einzelne weise meist nicht mit den vor Ort arbeitenden
Informationen nicht immer auf die Urquellen Wissenschaftlern abgestimmt. Die englischsprachi-
zurückverfolgen können. Ich bitte um Nachsicht, ge Ausgabe von Wikipedia ist eine weitere Quelle
wenn ich die eine Kollegin oder den anderen Kol- für ausgewogene Informationen über Vulkane ge-
legen nicht zitiert habe. nerell.
Neben den beiden aktuellen internationalen
Lehrbüchern von Francis und Oppenheimer Abkürzungen
(2003) sowie Schmincke (2004) und der mit ca. Der Anhang enthält vor dem Literaturverzeichnis
4 kg etwas unhandlichen, aber informationsrei- eine Liste gebräuchlicher Abkürzungen und Ein-
chen „Encyclopedia of Volcanoes“ (Sigurdsson et heiten. An sich sind seit Längerem die sogenann-
al. 2000) gibt es eine Fülle von englischsprachigen ten SI-Einheiten maßgebend. Es ist aber ähnlich
Monographien und Sammelbänden, so z. B.: Hei- wie bei der umstrittenen Rechtschreibreform: Die
ken und Wohletz (1995), McGuire (1995), Sparks Menschen ändern nicht gerne lieb gewordene
et al. (1997), Scarpa und Tilling (1996), Freundt Gewohnheiten, und so wird auch in manchen
und Rosi (1998), Oppenheimer et al. (2003), Par- Fachzeitschriften noch kb (Kilobar) anstatt Gpa
fitt und Wilson (2008) sowie Schmincke und (Gigapascal) verwendet; für Dichteangaben be-
Sumita (2010). Beispiele für deutschsprachige, nutze ich das anschauliche g/cm3 anstelle von
mehr populärwissenschaftliche Bücher über aktu- kg/m3 usw.
2
15
Plattentektonik
A
uf den ersten Blick mag es paradox erschei- Zusammensetzung und der Magmenentstehung
nen, die großen Zusammenhänge zwischen keine große Beachtung. Erst die meeresgeologi-
Vulkanen und Erdaufbau sowie den dyna- schen und geophysikalischen Untersuchungen seit
mischen Vorgängen in der Erdkruste und den tie- den sechziger Jahren
feren Erdschichten vor der Darstellung der spezi- des vorigen Jahrhun-
Jeder Vulkan steht mit dem glühenden und auch
ellen Aspekte zu diskutieren. Wenn wir aber nach derts haben die grund-
noch siedenden Erdkörper in Connexion.
den Ursachen der vulkanischen Vorgänge fragen, legenden Bausteine und
J. W. Goethe, „Naturwissenschaftliche Schriften“, Band 9,
den Zusammensetzungen der an der Erdoberflä- Beweise geliefert, durch Weimar, 1892
che eruptierten Schmelzen, den Eruptionsmecha- die Wegeners Vorstel-
nismen, der Verteilung der Vulkane auf der Erde lungen von der Mobi-
bis zur Zusammensetzung der vulkanischen Gase, lität der Kontinente – heute zusammen mit der
werden wir überzeugende Antworten nur im Ge- ozeanischen Lithosphäre Platten genannt – in
samtrahmen der Magmen- und Vulkanentstehung den Hypothesen des Sea Floor Spreading und der
finden können. Plattentektonik stark modifiziert und erweitert
Von grundlegender Bedeutung ist die Beob- wieder auferstanden sind (Abb. 2.1). Seit Ende der
achtung, daß die etwa 550 heute aktiven subaäri- sechziger Jahre haben diese Modelle das eingelei-
Askja
Hekla
Eurasische Platte Bezymianny
Redoubt
Augustine
Laki Grimsvötn
Surtsey
Katmai Eurasische
Nordamerikanische Platte
abe
n Platte
Kurilen- n-Gr Laacher See
Graben ute Mt. Rainier
Ale
O-shima Mt. St. Helens Vesuv
Bandai-san Stromboli
Japan- Crater Lake
Graben Emperor Juan-de-
Unzen
Fuji-san
seamounts Fuca-Platte Popocatépetl
Ätna
El Chichón Karibische La Palma Lanzarote
Philippinischer Myojin-syo Mauna Loa
Kilauea
Coseguina Platte Tenerife Santorini
Indische Inselbogen Hawaii-
Inselkette Mt. Pelée Kanarische (Thera)
Arabische
Inseln
Platte Marianen-
Arenal
Platte
Taal Pinatubo
Parícutín
Irazú Fogo Afrikanische
Graben
Platte
Mayon Philippinische Cerro Negro Ruiz Montserrat Ost-
Platte Cocos-Platte afrikanischer
Pazifische Cotopaxi Graben
Krakatau
Platte Kilimandscharo
Tambora
M i tt e l
Misti
in d
Nazca-Platte
Gra nga-
isc
ben
atlantischer
rR
To
Platte
üc
Azul Rücken
Rückifischer
Tarawera
ke
40° S
n
en
az
Sü
do
Ostp
s ti n
discher Rücken
Heard Island
Scotia-Platte
Antarktische Platte
schen Vulkane (298) – die meisten basaltischer tet, was in der Wissenschaftstheorie ein Paradig- ˚Abb. 2.1: Hauptplatten
und andesitischer Zusammensetzung – und die menwechsel genannt wird. Die an dramatischen und globale Verteilung
geologisch jungen quartären und tertiären Vulka- Entdeckungen reiche Geschichte dieser wissen- bekannter aktiver und
ruhender Vulkane.
ne und Vulkanfelder nicht gleichmäßig über die schaftlichen Revolution ist inzwischen so oft er-
Erde verteilt sind. zählt worden, daß ihre Grundzüge zur wissen-
Alfred Wegener, der berühmte Schöpfer der schaftlichen Allgemeinbildung gehören oder gehö-
Kontinentaldrift, schenkte den Vulkanen, ihrer ren sollten. Ich will hier nur diejenigen Aspekte
2 16 Plattentektonik