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GEOMAX

AUSGABE 2
SOMMER
2001

NEUGIERIG AUF WISSENSCHAFT

„H
offentlich bald wieder festen Boden unter den
Füßen“ – das wünscht sich so mancher, der
bei stürmischer See auf einem Segelboot aus-
den Jahren aus meteoritischem Material) An-
haltspunkte über den Aufbau und die Zusam-
mensetzung des Erdballs. Danach bestehen
harren muss oder mit dem Flugzeug durch ein die Erdkruste und der Erdmantel hauptsächlich
Gewitter fliegt. Aber der Boden unter unseren aus eisen- und magnesiumhaltigen Silikaten,
Füßen ist bei weitem nicht so fest wie es der Erdkern, der in rund 3000 Kilometern Tiefe
scheint. Tatsächlich reißt die Erdkruste täglich beginnt, dagegen vor allem aus metallischem
an so genannten Scheitelzonen in den Ozean- Eisen. Generell nehmen die Temperatur und
becken auf; glühend heiße Gesteinsschmelzen die Dichte zum Erdmittelpunkt hin zu. Dadurch
dringen nach oben. Die Folge: die Kontinente entstehen gigantische Wärme- und Material-
bewegen sich langsam voneinander weg bzw. ströme sowohl im überwiegend flüssigen Kern
aufeinander zu. Sichtbare Zeichen der gewal- als auch im festen Mantel. Die Forscher be-
tigen Kräfte, die dabei wirken, sind Erdbeben zeichnen diese Umwälzungen als Konvektion
und Vulkanausbrüche. und fanden darin erstmals eine plausible Er-
klärung für die postulierte Kontinental-
KONTINENTE IN BEWEGUNG verschiebung: Die Konvektion im Erdmantel ist
Alfred Wegener formulierte die Hypothese der die treibende Kraft dafür, dass sich die
Kontinentalverschiebung erstmals 1912. Kontinente verschieben. Der Durchbruch für
Aber die ungeheuerliche Vorstellung von wan- Wegeners Theorie kam in den 60er Jahren.

Eine heiße Spur –


warum Forscher Vulkane anbohren
dernden Erdteilen war selbst Wissenschaftlern Mit modernem technischen Gerät gelang es
lange Zeit suspekt; Wegeners Theorie wurde Geologen, Gesteinsproben der Ozeanböden
deshalb über 50 Jahre lang regelrecht be- systematisch zu untersuchen. Dabei stellten sie
kämpft. Einig schienen sich die Forscher nur überrascht fest, dass diese höchstens 200 Mil-
darüber, was Vulkane nicht sind: Weder Goe- lionen Jahre alt waren. Die kontinentale Kruste
thes (1749-1832) Ansicht, sie beruhten auf Erd- ist dagegen durchschnittlich zwei Milliarden
bränden in unendlich großen unterirdischen Jahre alt. Gibt es ei-
Kohlelagern, noch Humboldts (1769-1859) Vor- nen Prozess, durch
stellung, sie seien Sicherheitsventile zur Ent- den sich die
ladung der über den Erdball verteilten Kräfte, Ozeanböden
waren wissenschaftlich lange haltbar. kontinuierlich
erneuerten? ➔
GEOLOGEN AUF EINER REISE ZUM
MITTELPUNKT DER ERDE
Erst die systematische Erforschung des
Erdinneren im 20. Jahrhundert brachte
Klarheit. In erster Linie lieferten
seismische Messungen und
die chemische Analyse von
Meteoriten (die Erde ent-
stand vor 4,5 Milliar-

▲ Der Vulkan Kilauea auf Hawaii


(Eruption am 29.06.1983 – sie dauert heute noch an;
© NOAA National Geophysical Data Center, Boulder, USA) 1
Seite
➔ Die Antwort liefert die bis heute gültige Theo- als einer Million Jahre zum Teil Kilometer hohe weg wandert, trägt sie den Vulkan jedoch
rie der Plattentektonik. Danach dringt an den Vulkankegel aus dem Ozean wachsen. Danach von seiner Quelle fort, sodass er schließlich
mittelozeanischen Schwellen ständig Gestein erlöschen die Vulkane und versinken unter erkaltet. An seiner Stelle lässt der „Schweiß-
aus dem Erdmantel nach oben. Die neue Erd- ihrem eigenen Gewicht immer tiefer im Mee- brenner“ wieder einen neuen Vulkan wachsen.
kruste, die sich dabei bildet, wandert in Form resboden; viele verschwinden mit der Zeit ganz Auf diese Weise hat der Hawaii-Hot Spot im
großer Platten mit einer Geschwindigkeit von unter der Wasseroberfläche. Innerhalb der letz- Laufe von Jahrmillionen jene lange Insel- und
bis zu zehn Zentimetern pro Jahr wie ein För- ten 70 Millionen Jahre entstand so eine etwa Sea Mount-Kette erzeugt.
derband nach beiden Seiten über den Erdman- 7000 Kilometer lange Kette aus rund 100 Feu-
tel hinweg. Zwei kontinentale Platten können erbergen, von denen heute allerdings nur noch PILZE AUS HEIßEM MAGMA
dabei zusammenstoßen oder sich übereinander die jüngsten, z.B. die Vulkane Mauna Loa und Über die Ursachen von Hot Spots entwickelte
schieben. So entstanden Gebirge wie der Hi- Kilauea auf der Hauptinsel Hawaii (Abb. A), der Geophysiker Jason Morgan Ende der 60er
malaya. Zum Glück erweisen sich die Kontinen- aktiv sind. Da sich hier das langsame Wachsen Jahre eine heute weithin anerkannte Theorie:
te dabei als weitgehend stabil. Die ozeanischen von Vulkanen besonders gut untersuchen lässt, Eine besonders heiße, aber generell feste
Platten dagegen werden spätestens nach 200 forschen Vulkanologen aus aller Welt in dieser Gesteinsschicht aus dem Erdmantel (aus einer
Millionen Jahren an so genannten Subduk- Gegend, darunter auch Wissenschaftler des Tiefe von wahrscheinlich 2900 Kilometern) wird
tionszonen wieder vom Erdmantel verschluckt. Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz. Wie instabil und quillt pilzförmig nach oben. Infolge
Während nur hochpräzise Messgeräte diese viele ihrer Kollegen fasziniert sie vor allem die des sinkenden Drucks nahe der Oberfläche
unterirdischen Vorgänge registrieren können, Tatsache, dass die einzelnen Schlote dieser Vul- des Erdmantels, beginnt dieser so genannte
haben sie oberirdisch sehr wohl spürbare Aus- kankette von Nordwesten nach Südosten im- Mantle Plume in etwa 100 Kilometern Tiefe
wirkungen in Form von Erdbeben und Vulkan- mer jünger werden. Der Grund: Unter der Insel- zu schmelzen. Die Schmelze, Magma genannt,
ausbrüchen. kette, etwa 100 Kilometer tief im Erdmantel, steigt durch Risse oder selbst gebahnte Kanäle
sitzt ein so genannter Hot Spot (Abb. B). Wie in so genannte Magmakammern in fünf bis
EIN SCHWEIßBRENNER ein gigantischer Schweißbrenner erzeugt die- zehn Kilometern Tiefe auf, nahe der Basis des
LÄSST VULKANE WACHSEN ser Gesteinsschmelzen, die sich durch die feste Vulkans. In den Magmakammern beginnt das
Eines der aktivsten Vulkanfelder der Erde bilden ozeanische Kruste fressen und zunächst einen frische Mantelmagma zu kristallisieren und sich
die Inseln von Hawaii. Diese entstehen durch „Unterwasservulkan“ (Sea Mount) bilden, der zu dem Material zu vermischen, das schließlich
gewaltige Eruptionen, bei denen so viel Lava dann zu einer Vulkaninsel emporwachsen als Lava an die Erdoberfläche geschleudert
nach oben geschleudert wird, dass in weniger kann. Da die Erdkruste über den Erdmantel hin- wird. Die Wissenschaftler diskutieren dabei vor
allem noch, woher das Plume-Ge-
stein stammt. Handelt es sich um
„normales“ Gestein des tiefen
Erdmantels oder spielen bei der
Entstehung der „Magmapilze“
komplexere geologische Prozesse
eine Rolle? Eine Antwort suchen
die Wissenschaftler unter ande-
rem in einem Bohrloch, das zu den
tiefsten der Welt gehört. Es ent-
steht zur Zeit an der Flanke des
vermutlich fast erloschenen Vul-
kans Mauna Kea auf Hawaii. Fünf
Kilometer tief will ein internatio-
nales Team unter Beteiligung des
Max-Planck-Instituts für Chemie
und des Geoforschungszentrums
Potsdam in die bis zu mehrere
hunderttausend Jahre alten Mag-
maschichten vordringen. Die
Bohrkerne, die die Wissenschaft-
ler dabei zutage fördern, werden
vor Ort gereinigt und kleine Pro-
ben davon dann zur Analyse unter
anderem in das Institut nach
Mainz geschickt.

Schnitt durch die ozeanische


Erdkruste und den Erdmantel.
© Max-Planck-Institut für Chemie

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GEOCHEMISCHE FINGERABDRÜCKE 100
Hier werden die Bohrkerne im Gesteins-
aufbereitungslabor bearbeitet (s. a. Abb. C). 10

Normierte Konzentration
Eine hydraulische Presse zerdrückt die
Steine, spezielle Mühlen zermahlen sie dann zu
feinem Pulver. Daraus bestimmen die Forscher 1
die chemische Gesamtzusammensetzung des
Gesteins. Winzige Proben des Bohrkerns landen
0,1
in einem staubfreien Labor, das die Wissen-
schaftler nur mit Schutzkleidung durch Luft-
schleusen betreten. Die Mineralien werden hier 0,01
in starken Säuren aufgelöst. Dann ermitteln die
Forscher die Konzentration bestimmter Spuren-
elemente, zum Beispiel die von Barium, Rubi- 0,001
dium, Uran oder Lanthan. Da die Konzentration Ba Th Nb La Sr Ce Nd Zr Sm Eu Ti Dy Y Er Yb
einer Vielzahl von Spurenelementen in einer Zur Konstruktion einer Kennlinie werden die gemessenen Konzentrationen der chemischen Elemente
Gesteinsprobe mit ihrer Herkunft variiert, erhal- (Horizontalachse) dividiert durch deren jeweilige Konzentrationswerte im Erdmantel. Die so normierten
ten die Forscher für jede Probe eine ganz spezi- Werte werden durch eine Linie verbunden. Die Abbildung zeigt die „geochemischen Fingerabdrücke“ von
fische „Kennlinie“ (Abb. D) – quasi einen sechs “exotischen” Strontium-reichen Schmelzeinschlüssen in Olivin aus Lava von Mauna Loa im Ver-
gleich mit der Zusammensetzung von typischem ozeanischem Gabbro und Feldspat vom selben Gabbro.
„geochemischen Fingerabdruck“. Dieser
lässt sich mit bereits bekannten Kennlinien ver-
gleichen und die Gesteinsprobe damit be- vergleichen und damit unter anderem – genau VULKANAUSBRUCH AM RHEIN?
stimmten Formationen zuordnen. So haben Ge- wie die Geochemiker um Albrecht Hofmann im Zuhause haben die Geoforscher Gelegenheit,
steine der tiefen Ozeankruste beispielsweise Fall des Mauna Loa auf Hawaii – versuchen, die weniger spektakuläre aber genauso interes-
eine andere Kennlinie als Gesteine, die aus Herkunft bestimmter Gesteine zu ermitteln. sante Feuerberge zu studieren. Denn nordwest-
dem Erdmantel stammen. Die Forscher gehen lich von Mainz erstrecken sich das etwa 50
dabei vor wie Experten der Spurensicherung bei VULKANE ALS GIGANTISCHE Kilometer lange Westeifelvulkanfeld mit rund
der Polizei: Diese können einen Täter ja auch RECYCLING-ANLAGEN 240 Vulkankegeln sowie das ca. 35 Kilometer
anhand seines Fingerabdrucks zweifelsfrei Die sorgfältige Analyse verschiedener Hawaii- lange Osteifelvulkanfeld mit immerhin rund
identifizieren, vorausgesetzt dieser Fingerab- Laven zeigt, dass durch die Vulkane ein in sei- 100 Schloten, darunter auch der Laacher See.
druck befindet sich bereits in der polizeilichen nem Ursprung sehr vielfältiges Gestein aus Wo heute Wanderer und andere Touristen eine
Datenbank. In einem für die Geowissenschaf- dem Erdinneren heraus geschleudert wird. So friedliche, hügelige Landschaft genießen, bro-
ten bisher einzigartigen Projekt haben die Max- entsprechen die „geochemischen Fingerab- delte vor 10 bis 40 Millionen Jahren eine He-
Planck-Forscher ebenfalls eine Datenbank für drücke“ von Proben des Mauna Loa und Mauna xenküche, die typische Intraplattenvulkane
„geochemische Fingerabdrücke“ angelegt: die Kea dem von tiefer Ozeankruste, die hauptsäch- entstehen ließ. Dabei liegen die Eifelvulkane
Gesteinsdatenbank GEOROC. In ihr werden die lich aus dem Mineral Feldspat besteht. Andere auf einer Scholle, dem so genannten Rheini-
Ergebnisse der Gesteinsanalysen von Vulkanen Vulkane werden eher aus Basalten gebildet, die schen Schild, der sich in den vergangenen 40
auf der ganzen Welt zentral gespeichert. So aus der oberen Ozeankruste stammen. Aller- Millionen Jahren zweimal hob und auch heute
können Wissenschaftler von überall über das dings konnten die Mainzer Forscher zeigen, noch in Bewegung ist. Die Wahrscheinlichkeit,
Internet ihre Daten mit denen ihrer Kollegen dass dieses Material nicht demjenigen ent- dass in der Eifel in naher Zukunft ein neuer
spricht, das heute unter den Vulkanen liegt. Feuerberg entsteht, oder dass einer der
Vielmehr handelt es sich um „recyceltes“ Ge- schlummernden Schlote wieder ausbricht, ist
stein einer Ozeankruste, die wahrscheinlich vor zum Glück ziemlich gering. Der letzte Ausbruch
ein bis zwei Milliarden Jahren an Subduktions- vor etwa 10.000 Jahren, bei dem der Laacher
zonen vom Erdmantel verschluckt wurde, lange See entstand, hatte allerdings verheerende
in großen Tiefen schlummerte und dann im Auswirkungen. Weite Teile Europas wurden
Schlot eines Mantle Plume wieder nach oben damals von einer Aschenschicht bedeckt. Übri-
befördert wurde. Bereits Anfang der 80er Jahre gens: Auch mit der Mainzer Datenbank konnte
hatte Albrecht Hofmann erste geochemische In- bisher noch kein Wissenschaftler zweifelsfrei
dizien für einen solchen Prozess gefunden, jetzt, nachweisen, wie die Vulkanfelder in der Eifel
zwanzig Jahre später haben sich seine Speku- entstanden sind. Aber Forscher vermuten auch
lationen bestätigt: Vulkane sind Teile eines hier als Ursache einen Mantle Plume.
gigantischen geologischen Recyclingprozesses.
▲ Teile der Bohrkernproben werden in Scheiben Diese Forschungsergebnisse haben für großes EXPLOSIONEN AM FEUERRING
aufgetrennt, auf eine Glasplatte geklebt und bis auf Aufsehen gesorgt, weil sie der bisherigen Vor- Genauere Vorstellungen haben die Geologen
wenige hundertstel Millimeter herunter geschliffen.
stellung widersprechen, nach der Magmapilze dagegen davon, wie Vulkane entlang des „Feu-
Die meisten Minerale (hier Hawaii-Basalt) werden
dabei durchsichtig und können unter dem Mikroskop „normales“ Gestein des tiefen Erdmantels an errings“ – dem Hinterland der pazifischen An-
bestimmt werden. die Erdoberfläche fördern. rainerstaaten und ihrer vorgelagerten Insel- ➔
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M a x - P l a n c k - G e s e l l s c h a f t , R e f e r a t f ü r P r e s s e - u n d Ö f f e n t l i c h k e i t s a r b e i t , H o f g a r t e n s t r a ß e 8 , 8 0 5 3 9 M ü n c h e n | e - m a i l : p r e s s e @ g v. m p g . d e | R e d a k t i o n : D r. C h r i s t i n a B e c k | Te x t : U t e H ä n s l e r | G e s t a l t u n g : w w w. h a a k - n a k a t . d e
➔ gruppen – entstehen. Hier ereigneten sich fast
alle spektakulären Ausbrüche der letzten 200
Jahre (z.B. der des Mount St. Helens, 1980, im
US-amerikanischen Bundesstaat Washington,
des El Chichon, 1982, in Mexiko und des Pina-
tubo, 1991, auf den Philippinen). Die meisten
Vulkane lagen dabei dicht an der Küste eines
Kontinents und entlang der Subduktionszonen,
wo im übrigen auch die meisten Erdbeben ent-
25 min 60 min
stehen. Die besonders silikathaltigen Laven von
Subduktionsvulkanen sind zähflüssig und
häufig mit Schwefeldioxid, Chlor- und Fluor-
wasserstoff aber auch Wasserdampf beladen.
Die zunächst in der Gesteinsschmelze gelösten
Gase „perlen“ beim Aufstieg der Laven zur Erd-
oberfläche aus, ähnlich den Kohlendioxid-Bläs-
chen bei einer frisch geöffneten Seltersfla-
sche, mit allerdings weniger erfrischendem Er- ▲ Mit dem Modell ATHAM können Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Meteorologie sowie vom
gebnis: Der hohe Innendruck der Gasblasen Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg die Ausbreitung solcher vulkanischen Aschenwolken im Bereich
reicht aus, um die glühende Gesteinsmasse vor von hundert Metern bis maximal hundert Kilometern simulieren.
Erreichen der eigentlichen Austrittsmündung
explosionsartig in kleine Lavafetzen zu zerreis- Zwischenfall zeigt, wie sich jede größere Akti- 40 Kilometer Höhe, Aschen fielen noch im 2500
sen, das entstandene Gas/Feststoffgemisch auf vität eines in die Atmosphäre eruptierenden Kilometer entfernten Singapur. Der Gipfel des
Überschallgeschwindigkeit zu beschleunigen Vulkans unvorhersehbar auf Mensch und Natur Kegels wurde weggesprengt und stürzte ein...
und kilometerhoch in die Atmosphäre zu kata- auswirken kann – insbesondere auch auf das
pultieren. Eindringendes Grund- oder Ober- Klima und andere meteorologische Phänomene. Beobachtungen nach der Eruption zeigten: An
flächenwasser, das schlagartig verdampft und Während die Vulkanasche nämlich innerhalb der Erdoberfläche war die Temperatur im Mittel
dabei ein Vielfaches seines Flüssigkeitsvolu- weniger Tage wieder auf die Erde niederrieselt, um 0,5°C abgekühlt; die Ozonkonzentration in
mens einnimmt, potenziert die zerstörerische wird das ebenfalls freigesetzte Schwefeldioxid der Stratosphäre war um bis zu 50% gesunken
Gewalt solcher Treibladungen. Die aufsteigen- (SO2) photochemisch in der Stratosphäre oxi- und es kam zu einer veränderten Zirkulation der
de Eruptionssäule saugt große Mengen kalter diert und verbindet sich dort mit Wasser zu Atmosphäre. Mit Hilfe von Computersimulatio-
Umgebungsluft an, die sich im Kontakt mit den Schwefelsäuretröpfchen (H2SO4). Ihre Wech- nen (Abb. E) können die Wissenschaftler mitt-
heißen Förderprodukten ebenfalls erhitzt und selwirkung mit Sonnen- und Wärmestrahlung lerweile feststellen, welche Faktoren den Ver-
für zusätzlichen Auftrieb sorgt. Die leichteren ändert das Klima für wenige Jahre. lauf einer Eruption bestimmen und wie diese
Aschepartikel und Gasmoleküle werden bis voneinander abhängen. So wurde erkannt, dass
über 40 Kilometer hoch in die Stratosphäre ASCHENREGEN ÜBER SINGAPUR neben Zusammensetzung und Temperatur des
transportiert und anschließend rund um den Bis zum April 1991 gehörte der Pinatubo nicht Magmas auch die meteorologischen Umge-
Globus verteilt. zu den häufig genannten Vulkanen der Philippi- bungsbedingungen maßgeblich für die Höhe
nen. Man wusste nur eher vage, dass er wohl der Eruptionssäule und die Ausbreitung von
WIE VULKANE vor ungefähr 600 Jahren aktiv gewesen war. Al- Spurenstoffen in der Atmosphäre sind.
DAS KLIMA BEEINFLUSSEN lerdings hatte die geologische Interpretation Schlagwörter: Kontinentalverschiebung, Plattentek-
Die meisten Menschen werden diese geballten der Ablagerungen gezeigt, dass der Pinatubo, tonik, Subduktionszonen, Hot Spot, Mantle Plume, Sea
Energien in Form eines Vulkanausbruchs wohl würde er wieder ausbrechen, eine erhebliche Mounts/Vulkaninseln, geochemischer Fingerabdruck,
niemals direkt erleben. Es kann aber passieren, Gefahr für die umliegenden Siedlungen darstel- Intraplattenvulkane, Subduktionsvulkane
dass auch wir – beispielsweise als Passagiere len könnte. Am 2. April 1991 zeigte er sein Wie- Lesetipps: Vulkanismus, Hans-Ulrich Schmincke, Wis-
an Bord eines Flugzeugs – die Folgen zu spüren dererwachen mit ersten Explosionen und senschaftliche Buchgesellschaft, 2000; Erdbeben und
bekommen: Auf dem Flug eines vierstrahligen Ascheneruptionen an. Über zwei Monate stei- Vulkane, Rolf Schick, Verlag C.H.Beck, 1997; Vulkane,
Jets von London nach Tokio über Alaska kam es gerte sich die seismische Unruhe, die vulkani- Feuer der Erde, Maurice Krafft, Ravensburger Taschen-
in einer Flughöhe von über 10.000 Metern zum schen Eruptionen und die Deformation des buch, 1993; Reise zum Mittelpunkt der Erde, Jules Verne,
Ausfall sämtlicher Triebwerke. Nach einem Vulkankegels nahmen kontinuierlich zu. Anfang Diogenes, 1976
massiven Sinkflug gelang es dem Piloten, die Juni wurden bis zu 2000 Beben pro Tag regis- Internet: http://www.geo.mtu.edu/volcanoes/
Triebwerke wieder zu starten und die Maschine triert. Der Vulkan stieß jetzt täglich nahezu http://icdp.gfz-potsdam.de/html/hawaii/news.html
sicher zu landen. Passagiere und Besatzung 5000 Tonnen Schwefeldioxid aus, die asche-
kamen noch einmal mit dem Schrecken davon. beladenen Eruptionssäulen stiegen bis 8000
Was war geschehen? Vulkanasche vom Aus- Meter in die Atmosphäre. Am 15. Juni teilte der
DIE „MAX“-REIHE
bruch des Mount Redoubt westlich von Anchor- vulkanologische Dienst die höchste Alarmstufe auch unter www.max-wissen.de – der
age hatte die Drucksensoren der Turbinen mit: Großeruption innerhalb von Stunden mög- Link zur Forschung für Schüler und Lehrer
außer Funktion gesetzt. Dieser dramatische lich. Eine stetige Eruptionssäule stieg bis in Hier finden Sie Hintergrundinformationen und
didaktisches Material zu den jeweils zweimal
4
Seite im Jahr erscheinenden Ausgaben von BIOMAX,
GEOMAX und TECHMAX. Weitere Exemplare
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