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Facharztprüfung Allgemeinmedizin: in

Fällen, Fragen und Antworten - Mit


Zugang zur Medizinwelt 5th Edition
Detmar Jobst
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d-antworten-mit-zugang-zur-medizinwelt-5th-edition-detmar-jobst/
Detmar Jobst (Hrsg.)

Facharztprüfung
­Allgemeinmedizin
in Fällen, Fragen und Antworten

5. Auflage

Mit Beiträgen von


H.-H. Abholz, V. Braun, J.-F. Chenot, J. Conze, S. Fuchs, B. Hemming, R. Jendyk, D. Jobst,
A. ­Klement, M. Küster, K. Graf La Rosée, P. Maisel, M. Mücke, U. Nühlen, U. Popert, K. Rave,
K. Saamer, G. Schmiemann, J. Schübel, B. Sonntag, J.-M. Träder, P. Velling, K. Weckbecker,
E. Wenzel, D. ­Werdermann
Hackerbrücke 6, 80335 München, Deutschland
Wir freuen uns über Ihr Feedback und Ihre Anregungen an books.cs.muc@elsevier.com

ISBN 978-3-437-23325-8
eISBN 978-3-437-17029-4

Alle Rechte vorbehalten


5. Auflage 2017
© Elsevier GmbH Deutschland

Wichtiger Hinweis für den Benutzer


Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. He-
rausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten
therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem
derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung,
anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in
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bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar.

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nischen Systemen.

Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline
Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint.

Planung: Dr. Andreas Dubitzky, München


Projektmanagement: Martha Kürzl-Harrison, München
Redaktion: Dr. Catharina Brandes, Gmund am Tegernsee
Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien
Druck und Bindung: Dimograf, Bielsko-Biała, Polen
Fotos/Zeichnungen: siehe Abbildungsnachweis
Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm

Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com


Vorwort zur 1. Auflage
Liebe Arztkolleginnen und -kollegen!
Das vorliegende Buch bietet Ihnen ein Konzept fallgestützter Wissensvermittlung und effektiver Prüfungs-
vorbereitung. Im angloamerikanischen Sprachraum wurde diese Art der Präsentation praxisbezogener Fra-
gen und Fakten bereits früher enthusiastisch aufgenommen.
Wir haben uns um eine leicht eingängige, aktuelle Darstellung allgemeinmedizinischer Handlungsfelder
bemüht, wie sie sich praktizierenden Hausärzten täglich bietet. Die Authentizität wird durch unsere Autoren-
schaft garantiert, die sich zusammensetzt aus Lehrbeauftragten und Mitgliedern allgemeinmedizinischer
Hochschulabteilungen sowie Fachautoren der Gebiete Dermatologie, HNO, Neurologie und Urologie. Die
meisten Autoren sind gleichzeitig in ärztlicher Praxis tätig. Einige beteiligte Allgemeinmediziner haben evi-
denzbasierte Leitlinien für häufige Krankheitsbilder geschrieben. Für den Einsatz und die Sachkenntnis aller-
bedanke ich mich sehr!
Sie, verehrte Leserin und verehrter Leser, werden trotz breiter Themenstellung nicht jedes allgemeinmedi-
zinisch denkbare Thema vorfinden. Seltene Erkrankungen werden seltener erwähnt. Besprochen werden
häufige und komplexe, aber auch häufige und trivial erscheinende Beratungsanlässe. Inhaltlich haben wir uns
stark am umfänglichen Zielkatalog der gültigen Weiterbildungsordnung orientiert.
In die Lösungsvorschläge für unsere Krankheitsfälle fließt neues Faktenwissen aus der weltweiten allge-
meinmedizinischen Forschung ein, sodass Sie deren Erkenntnisse auch für sich neu gewinnen können. Gele-
gentlich führen diese zu einfacheren, auch kostensparenden Handlungskonsequenzen – nie aber weg vom
ärztlichen Gespräch mit den Kranken. Sie können auch vertrautes, aber verloren gegangenes Wissen wieder-
auffrischen. Die Lektüre des Buches ersetzt allerdings kein systematisches Lehrbuch. Vielen Abschnitten fol-
gendaher Literaturhinweise oder Internet-Adressen zur Vertiefung des Stoffes.
Der Verlag Urban & Fischer hat das vorliegende Buch projektiert – ein realitätsabbildendes und im deut-
schen Sprachraum innovatives Unterfangen. Sie als Leserinnen und Leser werden möglicherweise einige ak-
tuelle allgemeinmedizinische Diskussionsstränge bemerken, die die Texte kreuzen und begleiten. Unsere
Beiträge beziehen überwiegend Stellung für Angemessenheit und Wissenstransparenz, gegen Trendmedizin
und Machbarkeitsphantasien, eher für Evidenz als gegen Intuition und Konvention, für die gute Versorgung
der (alternden) Patientengesellschaft und gegen deren Medikalisierung, für eine profilierte Allgemeinmedi-
zinweg vom Tragen fachfremder Federn.
Prüfer und zukünftige allgemeinärztliche Kollegen werden vermutlich den Dialog mit uns Autoren suchen,
um unseren Fallbeispielen den letzten Schliff zu geben oder sie im Licht anderer Erfahrungen zu deuten. Wir
freuen uns auf diese Kommentare, werden sie doch einer denkbaren nächsten Auflage zugutekommen. Au-
ßerdem sind wir der Ansicht, dass medizinisches Wissen – in beständiger Bewegung – am besten im Dialog-
überprüft, vervollständigt und geprüft werden kann.
In diesem Sinne empfehlen wir allen Kollegen, Prüfern und Prüflingen eine gründliche Vorbereitung und
wünschen besten Erfolg.

Bonn/München, im Herbst 2003


Für die Autorenschaft
Detmar Jobst
Vorwort zur 5. Auflage
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Allgemeinmedizin befindet sich im Aufwind – und Sie, die Sie dieses Buch lesen, sind mit dabei! Neue
Lehrstühle für Allgemeinmedizin, eine Vielzahl von interessanten neuen Veröffentlichungen unseres Faches,
eine attraktive Förderung der allgemeinmedizinischen Weiterbildung in der vertragsärztlichen Praxis, Wei-
terbildungsverbünde, deutliche politische Aufmerksamkeit, lokale Niederlassungshilfen und auch die Quali-
fizierung von Medizinischen Fachangestellten sprechen für diese positive Entwicklung. Ich freue mich, dass
unser Buch eine 5. Auflage erlebt: Wenn es mehr Allgemeinmediziner geben soll, werden sich entsprechend
mehr von Ihnen zur Prüfung anmelden müssen. Zur Vorbereitung der Facharztprüfung hat sich dieses Buch
bewährt, abzulesen an den positiven Rückmeldungen und der Zahl der Auflagen seit 2003. Hieran haben die
fleißigen und kundigen Verlagsmitarbeiter einen schönen Anteil. Ihnen und den neuen und den treuen Au-
torinnen und Autoren gilt mein herzlicher Dank!
Nach der bestandenen Prüfung zur Fachärztin/zum Facharzt für Allgemeinmedizin geht Ihre ärztliche Ar-
beit weiter, nun mit einem anderen Status – vielleicht selbstständig, vielleicht in Partnerschaft, mit mehr
Organisationsaufgaben und mehr Verantwortung. Ihre tägliche Tätigkeit bekommt Breite und Tiefe, bringt
Alltägliches, aber auch Spannendes mit sich, begründet Ihre Routine und Ihre Sicherheit. Sie werden sich ei-
ner alternden Patientenschaft und neuen Krankheitsbildern gegenüber sehen, für psychosoziale Probleme
Lösungen suchen und fachfremde oder überzogene Patientenansprüche kanalisieren müssen, bei Hausbesu-
chen und in Notdiensten auf sich gestellt sein – hoffentlich wird der erwähnte Aufwind der Allgemeinme­
dizin dabei für Sie spürbar und hilft Ihnen, erfolgreich, dauerhaft und mit Freude ärztlich tätig zu werden!
Ich bin überzeugt, dass Sie dafür gut gerüstet sind und freue mich sehr, wenn unser Buch dazu beigetragen
konnte.

Bonn, im Januar 2017


Prof. Dr. med. Detmar Jobst
im Namen der Autoren
Autorinnen und Autoren
emer. Prof. Dr. med. Heinz-Harald Abholz Dr. med. Ralf Jendyk, MME (Unibe)
Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Allgemeinmedizin
Facharzt für Innere Medizin Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Universität Düsseldorf Centrum für Allgemeinmedizin der Medizinischen
Institut für Allgemeinmedizin Fakultät
Werdener Str. 4 Malmedyweg 17–19
40227 Düsseldorf 48149 Münster

emer. Prof. Dr. med. Vittoria Braun Prof. Dr. med. Detmar Jobst
Fachärztin für Allgemeinmedizin Facharzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren,
Charité – Universitätsmedizin Berlin Suchtmedizin
Campus Charité Mitte Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität,
Charitéplatz 1 Institut für Hausarztmedizin
10117 Berlin Universitätsklinikum Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
Prof. Dr. med. Jean-François Chenot, MPH 53127 Bonn
Facharzt für Allgemeinmedizin
Universitätsmedizin Greifswald Prof. Dr. med. Andreas Klement
Institut für Community Medicine, Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirurgie
Abteilung Allgemeinmedizin Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Fleischmannstr. 42 Medizinische Fakultät, Sektion Allgemeinmedizin
17475 Greifswald Magdeburger Str. 8
06112 Halle/Saale
Dr. med. Jürgen Conze
Facharzt für Dermatologie, Dr. med. Michael Küster
Facharzt für Arbeitsmedizin Facharzt für Innere Medizin und Allgemeinmedizin,
Morsbacher Str. 17 Facharzt für Anästhesiologie
52146 Würselen Spezielle Schmerzmedizin und Palliativmedizin
Regionales Schmerz- und Palliativzentrum
Dr. med. Stephan Fuchs Weißdornweg 4–6
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 53177 Bonn-Bad Godesberg
Sektion Allgemeinmedizin
Magdeburger Straße 8 Dr. med. Karl Graf La Rosée
06112 Halle (Saale) Facharzt für Innere Medizin, Zusatzbezeichnung
Kardiologie
Dr. med. Bernd Hemming, MPH Kardiologische Gemeinschaftspraxis
Facharzt für Allgemeinmedizin Baumschulallee 1
Am Steinwerth 14 53115 Bonn
47269 Duisburg
VIII Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. med. Peter Maisel PD Dr. med. Guido Schmiemann, MPH
Facharzt für Allgemeinmedizin, Palliativmedizin Universität Bremen
Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Public Health und Pflegeforschung
Centrum für Allgemeinmedizin der Medizinischen Grazer Str. 4
Fakultät 28359 Bremen
Malmedyweg 17–19
48149 Münster Jeannine Schübel
Fachärztin für Allgemeinmedizin
Dr. med. Martin Mücke Technische Universität Dresden
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Dresden
Universitätsklinikum Bonn, Institute für Bereich Allgemeinmedizin
Allgemeinmedizin und Palliativmedizin sowie Fetscherstraße 74
Zentrum für Seltene Erkrankungen Bonn (ZSEB) 01307 Dresden
Sigmund-Freud-Str. 25
53127 Bonn Dr. med. Bernd Sonntag
Facharzt für Psychotherapeutische Medizin,
Dr. med. Ulrich Nühlen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Facharzt für Allgemeinmedizin, Diabetologe Universitätsklinik Köln
Diabetologische Schwerpunktpraxis Dres. Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie
Gumprich, Nühlen und Rave Kerpener Str. 62
Alter Markt 10 50924 Köln
42275 Wuppertal
Prof. Dr. med. Jens-Martin Träder
Dr. med. Uwe Popert Facharzt für Allgemeinmedizin und Umweltmedizin
Arzt für Allgemeinmedizin Universität zu Lübeck
Goethestr. 70 Institut für Allgemeinmedizin
34119 Kassel Peter-Monnik-Weg 3
23562 Lübeck
Dr. med. Klaus Rave
Facharzt für Innere Medizin, Nephrologe, Dr. med. Peter Velling
Diabetologe, Ernährungsmedizin Facharzt für Innere Medizin
Diabetologische Schwerpunktpraxis Dres. Gumprich, Medizinisches Versorgungszentrum der
Nühlen und Rave Evangelischen Lungenklinik Berlin
Alter Markt 10 Bergmannstraße 5
42275 Wuppertal 10961 Berlin

Dr. med. Kristina Saamer Prof. Dr. med. Klaus Weckbecker


Fachärztin für Allgemeinmedizin Facharzt für Allgemeinmedizin
Hausarztzentrum Hersel Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der
Moselstr. 20 Universität Bonn
53332 Bornheim-Hersel Sigmund-Freud-Straße 25
53127 Bonn
Autorinnen und Autoren IX

Dr. med. Eberhard Wenzel Mitarbeiter der Vorauflage


Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. med. Klaus-Heinrich Bründel, Gütersloh
Niegras 26 Prof. Dr. med. Thomas Dirschka, Wuppertal
25813 Husum Prof. Dr. med. Martin Hermann (verst.), Essen
Dr. med. Christiane Marzi, Elsdorf
Dr. med. Dirk Werdermann Dr. med. Hans-Michael Mühlenfeld, Bremen
Facharzt für Augenheilkunde
Hauptstraße 4
97199 Ochsenfurt
Abbildungsnachweis
Abb. 2.1a, b, c, d, 2.2a, b Kauffmann, G.W., Moser, E., Abb. 13.1, 13.2 Dr. D. Jobst, Bonn
Sauer, R.: Radiologie. 3. Auflage. Elsevier Urban und Abb. 13.3, 13.4, 13.5 Dr. med. U. Nühlen, Wuppertal und
Fischer, München 2006. Dr. med. K. Rave, Wuppertal
Abb. 3.1, 6.1, 6.1 Kassenärztliche Bundesvereinigung, Abb. 15.1, 15.2 Dr. P. Maisel, Emsbüren
Berlin Abb. 15.3, 18.2 S. Adler, Lübeck
Abb. 4.1, 14.1, 14.2a, b, 14.3, 14.4, 14.5, 14.6, 14.7, Abb. 16.3, 16.4, 16.5, 16.10 H. Rintelen, Velbert
14.8, 14.9, 14.10 Prof. Dr. J. M. Träder, Lübeck Abb.16.6, 16.7a, b, 16.9 Dr. med. P. Engeser, Pforzheim
Abb. 4.2, 4.3 Dr. H.-H. Abholz, Düsseldorf Abb. 16.8, 24.1 G. Raichle, Ulm
Abb. 4.1, 4.2, 4.3, 11.1, 11.4, 11.5, 13.6, 16.1, 16.2, 21.1, Abb. 17.1, 17.2, 17.3, 17.4, 17.5, 17.6, 17.7, 17.8, 17.9,
23.1 S. Dangl, München 17.12, 17.13, 17.14, 17.15, 17.16, 17.17 Dr. T. Dirschka,
Abb. 7.1 Deutsche Rentenversicherung Bund, Berlin Wuppertal
Abb. 8.1 This material was published in „Mir: Atlas of Abb. 17.10, 17.11 Dr. J. Conze, Würselen
Clinical Diagnosis, 2nd edition, Saunders, 2003“, Copyright Abb. 18.1 M. Kosthorst, Borken
Elsevier. Abb. 18.3 Dr. V. Busch, Regensburg
Abb. 8.2 Dr. D. Werdermann, Ochsenfurt Abb. 21.1 World Health Organization (WHO), Genf
Abb.10.1 Dr. med. E. Wenzel, Husum Abb. 21.2 Bundesdruckerei, Berlin
Abb. 11.1, 11.4 Dr. med. P. Velling, Bonn Abb. 23.1 Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes
Tab. 11.2, Abb. 11.3 © ÄZQ, BÄK, KBV und AWMF 2013 Bund der Krankenkassen e. V. (MDS), Essen
(Quelle: Nationale VersorgungsLeitlinie Asthma, Abb. 24.2 Paul Hartmann AG, Heidenheim
Kurzfassung, 2. Auflage, Version 1.3, Juli 2011) Abb. 27.1 Dr. Mücke, Ockenfels
Abb. 11.5, 11.6 Dr. K.-H. Bründel, Gütersloh Abb. 27.2 Medtronic GmbH, Meerbusch
Abb.12.1, 26.1, 26.2, 26.3 Dr. K. Weckbecker, Bad Abb. 27.3, 27.4 Strunk, H., Fröhlich, E., Wild, K.:
Honnef Klinikleitfaden Sonographie Common Trunk. 2. Auflage.
Abb, 12.2a, b, 12.6 Dr. E. Wegen, Bad Honnef Elsevier Urban und Fischer, München, 2011.
Abb. 12.3, 12.4, 12.5 Prof. Dr. V. Braun, Berlin
Abkürzungen
↑ erhöht BtM Betäubungsmittel
↓ erniedrigt BtMVV Betäubungsmittel-Verschreibungsverord-
A. Arteria nung
Abb. Abbildung BUB Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und
ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apotheker- Behandlungsmethoden
verbände BWS Brustwirbelsäule
ABDM ambulantes Blutdruck-Monitoring BZ Blutzucker
ACE Angiotensin Converting Enzyme CCT kraniales Computertomogramm
ACTH adrenokortikotropes Hormon CED chronisch-entzündliche Darmerkrankung
ACVB aortokoronarer Venenbypass CJK Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
ADAS Alzheimer‘s Disease Assessment Scale CK Kreatinkinase
ADH antidiuretisches Hormon CMV Cytomegalievirus
ADLv Activities of Daily Living CODE Costs of Diabetes in Europe
AED automatisierter externer Defibrillator COPD Chronic Obstructive Pulmonary Disease,
AG alveoläres Atemgeräusch chronisch-obstruktive Lungenerkrankung
AGE Advanced Glycosylation End-products cP chronische Polyarthritis
AGI Arbeitsgemeinschaft Influenza CPR Cardiopulmonary Resuscitation,
AHB Anschlussheilbehandlung kardiopulmonale Reanimation
AIDS Acquired Immunodeficiency Syndrome CRP C-reaktives Protein
Ak Antikörper CSE Cholesterin-Synthese-Enzym
ALG Arbeitslosengeld CT Computertomogramm, Computertomo-
AMD altersbezogene Makuladegeneration grafie
AMG Arzneimittelgesetz /d pro Tag
Amp. Ampulle D-Arzt Durchgangsarzt
ANP autonome Neuropathie DCCT Diabetes Control and Complications Trial
AOK Allgemeine Ortskrankenkassen DDD definierte Tagesdosis
AP alkalische Phosphatase DDG Deutsche Diabetes-Gesellschaft
APN akute Pyelonephritis DEGAM Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedi-
ARA American Rheumatism Association zin
ARE akute respiratorische Erkrankungen DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung
ARF akutes rheumatisches Fieber diast. diastolisch
ASL Antistreptolysin DM diabetische Makulopathie
ASR Achillessehnenreflex DMD Disease Modifying Drugs
ASS Acetylsalicylsäure DMP Disease Management Program
AT Angiotensin DNA Deoxyribonucleic Acid
AU Arbeitsunfähigkeit DNCG Dinatrium chromoglicicum
AV atrioventrikulär dpt Dioptrien
AZT Azathioprin DR diabetische Retinopathie
AZV Atemzugvolumen DXA Dual-X-ray-Absorptiometrie
BB Blutbild EBM Evidence Based Medicine, evidenzbasierte
BCG Bacillus Calmette-Guérin Medizin
BE Broteinheit EBV Ebstein-Barr-Virus
BfA Bundesversicherungsanstalt für EEG Elektroenzephalogramm
­Angestellte EF Ejektionsfraktion
BG Berufsgenossenschaft EKG Elektrokardiogramm
BKK Betriebskrankenkassen EMG Elektromyogramm
BMI Body Mass Index ERV exspiratorisches Reservevolumen
BOT mit Basalinsulin unterstützte orale EU extrauterine Gravidität
Therapie FEV1 forcierte 1-Sekunden-Kapazität
BPH benigne Prostatahyperplasie FT3 freies Trijodthyronin
BPS benignes Prostatasyndrom FT4 freies Thyroxin
BSE bovine spongiforme Enzephalopathie FTA-ABS-Test Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-
BSG Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit Absorptionstest
Abkürzungen XI

FVC forcierte Vitalkapazität KH Kohlenhydrate


5-FU 5-Fluorouracil KHK koronare Herzkrankheit
GA geriatrisches Assessment KV Kassenärztliche Vereinigung
GdB Grad der Behinderung LADA Latent Autoimmune Diabetes in Adults
GKV gesetzliche Krankenversicherung LDH Laktatdehydrogenase
GN Glomerulonephritis LDL Low-Density Lipoprotein
GOÄ Gebührenordnung für Ärzte LL Leitlinien
GOT Glutamat-Oxalacetat-Transaminase LuFu Lungenfunktionstest
GPT Glutamat-Pyruvat-Transaminase LVA Landesversicherungsanstalt(en)
Gy Gray LWS Lendenwirbelsäule
GT Gamma-Glutamyl-Transferase M. Musculus
h Stunde(n) MCV mittleres zelluläres Erythrozytenvolumen
HAART Highly Active Antiretroviral Therapy MdE Minderung der Erwerbsfähigkeit
HADS Hospital Anxiety and Depression Scale MDK medizinischer Dienst der Krankenversi-
HAV Hepatitis-A-Virus cherung
Hb Hämoglobin MEF maximaler exspiratorischer Fluss
HBV Hepatitis-B-Virus mg Milligramm
HDL High-Density Lipoprotein min Minute(n)
Hib Haemophilus influenzae Typ B Mio. Millionen
HIT heparininduzierte Thrombopenie ml Milliliter
HIV Human Immunodeficiency Virus mmHg Millimeter Quecksilbersäule
HMG-CoA-Re Hydroxymethylglutaryl-Coenzym-A- MMR Mumps – Masern – Röteln
Reduktase MMSE Mini Mental State Examination
HPV humane Papillomaviren MRE multiresistente Erreger
HWK Halswirbelkörper MRSA Methicillin-resistente Staphylococcus-
HWS Halswirbelsäule aureus-Stämme; multiresistenter
i. d. R. in der Regel Staphylococcus aureus
i. m. intramuskulär MRT Magnetresonanztomogramm, -tomografie
i. P. im Plasma MS Multiple Sklerose
i. S. im Serum MTX Methotrexat
i. v. intravenös MVZ medizinisches Versorgungszentrum
IBS Irritated Bowel Syndrome N. Nervus
ICD International Classification of Diseases n. W. nach Westergren
ICP infantile Zerebralparese NaCl Kochsalz, Natriumchlorid
ICS inhalative Kortikosteroide NAW Notarztwagen
ICT intensivierte konventionelle Insulinthera- NHV Naturheilverfahren
pie NNH Number Needed to Harm
IE, I. E. Internationale Einheit(en) NNT Number Needed to Treat
IfSG Infektionsschutzgesetz NO Stickstoffmonoxid
IGT Impaired Glucose Tolerance, pathologische NSAR nichtsteroidale Antirheumatika
Glukosetoleranz NSCLC nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom
IKK Innungskrankenkassen NVL nationale Versorgungsleitlinie
ILCOR International Liaison Committee on NYHA New York Heart Association
Resuscitation o. g. oben genannt(er)
INR International Normalized Ratio OGTT oraler Glukosetoleranztest
IPSS International Prostata Symptom Score O2 Sauerstoff
IPV inaktivierte Polio-Vakzine OP Operation
ISH Internationale Gesellschaft für Hypertonie OSG oberes Sprunggelenk
ITGV intrathorakales Gasvolumen PaO2 arterieller Sauerstoffpartialdruck
IV Integrationsvertrag pAVK periphere arterielle Verschlusskrankheit
Kap. Kapitel PBC primär biliäre Zirrhose
KBR Komplementbindungsreaktion PCB polychlorierte Biphenyle
KBV Kassenärztliche Bundesvereinigung PCO2 Kohlendioxid-Partialdruck
kcal Kilokalorien PCOG primär chronisches Offenwinkelglaukom
keV Kilo-Elektronenvolt PCR Polymerase-Kettenreaktion
kg Kilogramm PEF Peakflow
KG Körpergewicht, Krankengymnastik PEG perkutane endoskopische Gastrostomie
XII Abkürzungen

PEKIP Prager Eltern-Kind-Programm SVT Sinusvenenthrombose


PEP postexpositionelle medikamentöse syst. systolisch
Prophylaxe T3 Trijodthyronin
PKV private Krankenversicherung T4 Thyroxin
PNF propriozeptive neuromuskuläre Fazilitati- TEA Thrombendarteriektomie
on TENS transkutane Elektroneurostimulation
PNP Polyneuropathie TEP Totalendoprothese
pQCT periphere quantitative Computertomogra- THC Tetrahydrocannabinol
fie TIA transitorische ischämische Attacke
PSA prostataspezifisches Antigen TIG Tetanusimmunglobulin
PSC primär sklerosierende Cholangitis TIN testikuläre intraepitheliale Neoplasien
PsychKG Psychisch-Kranken-Gesetz TMP Trimethoprim
PT Physiotherapie TNF Tumornekrosefaktor
PTA perkutane transluminale Angioplastie TOT Trans Obturator Tape
PTCA perkutane transluminale Koronarangio- TPHA Treponema-pallidum-Hämagglutinations-
plastie test
QUS quantitativer Ultraschall TPO-AK Thyreo-Peroxidase-Antikörper
RAW Atemwegswiderstand TPPA Treponema-pallidum-Partikelagglutinati-
RCT Randomized Controlled Trial onstest
RDS Reizdarmsyndrom TRAK TSH-Rezeptor-Antikörper
REHA Rehabilitation TSF Trizepssehnenreflex
RGs Rasselgeräusche TSH Thyreoidea-stimulierendes Hormon
RKI Robert-Koch-Institut TUMT transurethrale Mikrowellentherapie
RLA retroperitoneale Lymphadenektomie TUNA transurethrale Nadelablation
RR Blutdruck nach Riva-Rocci TVT Tension-free Vaginal Tape
RSA Risikostrukturausgleich u. U. unter Umständen
RTC Randomized Clinical Trial UAW unerwünschte Arzneimittelwirkung
RTW Rettungswagen UKPDS United Kingdom Prospective Diabetes
s. siehe Study
s. o. siehe oben Ungt. Unguentum
s. u. siehe unten V. Vena
SARS Severe Acute Respiratory Syndrome V. a. Verdacht auf
SCLC kleinzelliges Bronchialkarzinom v. a. vor allem
SCIT subkutane Immuntherapie VATS videoassistierte endoskopische transthora-
SD Standardabweichung, Schilddrüse kale Punktion
SDM Shared Decision Making VC Vitalkapazität
SGB Sozialgesetzbuch VES ventrikuläre Extrasystolen
SHT Schädel-Hirn-Trauma vgl. vergleiche
SIT spezifische Immuntherapie VHF Vorhofflimmern
SLIT sublinguale Immuntherapie VLDL Very-Low-Density Lipoprotein
SSRI Serotonin (Selective) Reuptake Inhibitors VZIG Varicella-Zoster-Immunglobulin
SSW Schwangerschaftswoche WHO World Health Organization (Weltgesund-
STD Sexually Transmitted Disease heitsorganisation)
STIKO ständige Impfkommission WHR Waist-Hip-Ratio
Strep A Gruppe-A-Streptokokken Z. n. Zustand nach
Sv Sievert ZNS zentrales Nervensystem
KAPITEL

1 Grundlagen und Konzepte


der Allgemeinmedizin
1.1 Fachdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

1.2 Merkmale hausärztlicher Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.3 Ethische und rechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

1.4 Krankheitskonzept, hermeneutisches Fallverständnis, Medikalisierung . . . . . . . . . . . 6

1.5 Selbstheilung und Salutogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

1
1.6 Grenzen und Sektoren hausärztlicher Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.7 Schnittstellen und Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14


2 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

1.1 Fachdefinition
H.-H. Abholz

1
Allgemeinmedizin versteht sich als Grundbetreuung aller Patienten mit körperlichen und seelischen Gesund-
heitsstörungen in der Notfall-, Akut- sowie Langzeitversorgung und beinhaltet wesentliche Bereiche der Prä-
vention und Rehabilitation. Die Arbeitsweise von Allgemeinärzten berücksichtigt somatische, psychosoziale,
soziokulturelle und ökologische Aspekte. Dabei würdigt man die Krankheitskonzepte, die Geschichte und das
Umfeld der Patienten. Arbeitsgrundlagen sind die auf Dauer angelegten Arzt-Patient-Beziehungen und die
erlebte Anamnese, die auf breiter Zuständigkeit und Kontinuität in der Versorgung beruhen. Die Allgemein-
medizin ist weiter gekennzeichnet durch den Umgang mit den epidemiologischen Besonderheiten des unse-
lektierten Patientenkollektivs und den daraus folgenden speziellen Bedingungen der Entscheidungsfindung:
abwartendes Offenhalten der Diagnose unter Berücksichtigung abwendbar gefährlicher Verläufe (gemäß De-
finition der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin, DEGAM).

Welche Aspekte sind charakteristisch für die Allgemeinmedizin?


• Zuständigkeit für alle wesentlichen Krankheiten (Anmerkung a)
• Bewältigung des Krankseins statt Behandlung einer Krankheit (Anmerkung b)
• Zuständigkeit für den Erhalt der Gesundheit, also Prävention und Gesundheitsförderung
• Bedeutung der Arzt-Patient-Beziehung – der einzelne Patient steht im Fokus (Anmerkung c, e)
• Hermeneutisches Fallverständnis (Anmerkung b)
• Kontinuität der Versorgung (Anmerkung c)
• Einbeziehung der Patienten in den Behandlungsprozess (Anmerkung c)
• Vermeiden von Über-, Unter- und Fehlversorgung (Anmerkung d)
• Einhalten hoher Qualität der Versorgung (Anmerkung d)
• Koordinationsfunktion (Anmerkung f)

A N M E R K U N G E N ( I N A N L E H N U N G A N D I E D E G A M -­
DEFINITION DES FACHES)
a. Allgemeinmedizin beinhaltet als Arbeitsbereich die Grundversorgung aller häufigeren körperlichen und seeli-
schen Gesundheitsstörungen in der Notfall-, Akut- und Langzeitbetreuung sowie wesentliche Bereiche der medizi-
nischen Prävention. Die Breite der Versorgungsaufgaben stellt hohe Anforderungen an uns Allgemeinärzte, bedeu-
tet aber auch stets interessantes Arbeiten und lebenslanges Lernen.
b. Die allgemeinmedizinische Arbeitsweise interpretiert Symptome und Befunde aus der Kenntnis der Patienten,
d. h. der Befunde und Vorbefunde, ihres Krankheitskonzepts, ihrer Familie und ihrer Geschichte heraus (= herme-
neutisches Fallverständnis), d. h., sie berücksichtigt neben den medizinischen und psychischen besonders auch so-
ziokulturelle Aspekte des Krankseins.
c. Arbeitsgrundlagen sind eine kontinuierliche, entwickelte Arzt-Patient-Beziehung und die erlebte Anamnese ein-
schließlich gemeinsamer (Therapie-)Entscheidungen und gemeinsamer Festlegungen von Zielen.
d. Arbeitsziele allgemeinmedizinischer Versorgung sind sowohl eine qualitativ hochwertige Versorgung als auch
der Schutz des Patienten und der Gesellschaft vor Überversorgung, aber auch Unter- und Fehlversorgung. Erstge-
nanntes wird durch die typische epidemiologische Gegebenheit des Arbeitens im Niedrig-Prävalenz-Bereich beson-
ders wichtig.
e. Der Arbeitsauftrag geht in der Allgemeinmedizin immer vom individuellen Patienten aus und lässt dessen Be-
dürfnisse und Krankheitskonzepte im Behandlungsprozess berücksichtigen. Public Health und gesundheitspoliti-
sche sowie Kostenaspekte spielen eine nachgeordnete, dennoch wichtige Rolle.
f. Die allgemeinmedizinische hausärztliche Koordinationsfunktion setzt eine gute eigene Orientierung voraus, um
Patienten zu einer adäquaten Lösung eines Gesundheitsproblems zu verhelfen. Sie beinhaltet eine Arbeits-
kooperation mit Spezialisten (anderen Fachärzten) und anderen Gesundheitsberufen. Der Allgemeinarzt muss
dabei zu einer Entscheidungsfindung durch Zusammenführen der Befunde und deren Bewertung kommen.
1.2 Merkmale hausärztlicher Medizin 3

LITERATUR
Antonovsky A. Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgvt-Verlag, 1997.
DEGAM, Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Definition „Allgemeinmedizin“, Beschluss der
Jahreshauptversammlung, Koblenz 2002. www.degam.de
Qualitätssicherungsrichtlinien der KBV gemäß § 135 Abs. 3 SGB V. Dtsch Arztebl 1993 (90): C1045–1048. 1
Schüffel W, Brucks U, Johnen R et al. (Hrsg). Handbuch der Salutogenese. Wiesbaden: Ullstein Medical, 1998.

1.2 Merkmale hausärztlicher Medizin


V. Braun

FALLBERICHT
Sie betreuen eine jetzt 65-jährige Patientin seit ca. 20 Jahren. Die Patientin leidet an einer koronaren Herzerkrankung, an
Beschwerden im Rahmen eines varikösen Symptomenkomplexes und an Rückenschmerzen bei lumbalem Radikulärsyn-
drom. Sie sorgt und zermürbt sich wegen des langfristig arbeitslosen Sohns, hat chronische Schlafstörungen und ärgert
sich über die häufige Lieblosigkeit und den Egoismus ihres behinderten Mannes, den sie über Jahre versorgt. Vor 15
Jahren haben Sie miterlebt, dass die Mutter der Patientin an einem metastasierenden Kolonkarzinom unter schwerwie-
genden Umständen verstarb.

Versuchen Sie bitte, an diesem Patientenbeispiel einige typische Merkmale hausärztlicher Medizin zu
charakterisieren.
An dem beschriebenen Patientenbeispiel sind folgende Merkmale der allgemeinmedizinischen Definition
festzumachen:
• Die Patientin wird über 20 Jahre hinweg betreut. Die Langzeitversorgung ist ein typisches Charakteristi-
kum allgemeinärztlicher Betreuung.
• Die Kenntnis der Familienanamnese bezüglich des Kolonkarzinoms der Mutter, ihre Versorgung und
Sterbebegleitung sind eindringlich erlebte Bestandteile der Anamnese für den Hausarzt, die ihn befähigt,
für die evtl. krebsdisponierte Tochter eine angemessene Prävention zu betreiben.
• Auch das Erfordernis, der Multimorbidität der Patientin gerecht zu werden, ist hausarztgemäß. Bei Diag-
nostik, Therapie und Rehabilitation der beschriebenen Krankheitsbilder sind die familiären Möglichkei-
ten – z. B. die Betreuung des behinderten Mannes – zu berücksichtigen.
• Die Einbeziehung familiärer Begebenheiten, in diesem Fall die Sorge wegen der Arbeitslosigkeit des Soh-
nes, ist gleichermaßen charakteristisch für das allgemeinmedizinische Fachgebiet und erfordert psycho-
soziale Kompetenz.
• Die nunmehr bestehenden akuten Herzbeschwerden der Patientin verlangen Fähigkeiten in der Akutver-
sorgung. Es ist abzuwägen, ob abwartendes Offenhalten der Beschwerden zulässig oder ein gefährlicher
Verlauf abzuwenden ist.
• Zusätzlich kommt hier eventuell die Koordinations- und Integrationsfunktion des Allgemeinarztes zum
Tragen, in diesem speziellen Fall die Überweisung zum Kardiologen, der über alle bisherigen Befunde
einschließlich der individuellen Patientensituation zu informieren ist.

Welche weiteren typischen Funktionen des Facharztes für Allgemeinmedizin kennen Sie?
• Die primärärztliche Lotsen- und Steuerfunktion, insbesondere die angemessene und gegenüber Patient
und Gesellschaft verantwortliche Stufendiagnostik und -therapie unter Einbeziehung von Fachspezialisten,
• die Betreuung des Patienten auch im häuslichen Umfeld (Hausbesuch),
• die Gesundheitsbildungsfunktion, insbesondere die Gesundheitsberatung und -förderung für den Einzel-
nen wie auch in der Gemeinde.
4 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

FALLBERICHT
Eine 21-jährige Patientin kommt in den letzten drei Monaten immer wieder mit den verschiedensten Beschwerden in die
Praxis (z. B. Kopfschmerzen, Schwindel, Leibschmerzen). Die junge Frau ist nach einer guten Abschlussprüfung als Erzie-
herin seit sechs Monaten arbeitslos, wohnt noch bei der Mutter, die Juraprofessorin ist und einen hohen Leistungsan-
1 spruch hat. In der Abendsprechstunde kommt die Patientin stöhnend und weinend, auf die Mutter gestützt, in die Praxis
und klagt über starke Leibschmerzen.

Erklären Sie an diesem Beispiel die für das Handeln in der Allgemeinmedizin typischen
Entscheidungsfindungen „abwartendes Offenhalten“ und „abwendbar gefährlicher Verlauf“.
Hinsichtlich des eventuellen Bestehens eines akuten Abdomens ist mit einer gezielten Anamnese, einer kör-
perlichen Untersuchung einschließlich Temperaturmessung (axillar und rektal) und einer Leukozyten- und
Urinstatus-Bestimmung festzustellen, ob eine akute Erkrankung (z. B. eine akute Appendizitis) vorliegt und
weitere sofortige Maßnahmen wie eine stationäre Einweisung erforderlich sind (abwendbar gefährlicher
Verlauf). Gegebenenfalls sind eine gynäkologische Vorstellung und eine Oberbauchsonografie zu veranlas-
sen.
Ergeben Befragung und Untersuchung keinen Hinweis auf ein akutes Geschehen, sind bei der Patientin
vorerst keine weiteren diagnostischen Maßnahmen durchzuführen (abwartendes Offenhalten). Handlungs-
bedarf besteht in der symptomatischen Linderung der Beschwerden und der Beruhigung der Patientin. Sie
erhält einen Kontrolltermin für den nächsten Tag, falls sich die Schmerzen nicht bessern.
Ihre frustrierenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz und das Anspruchsverhalten der Mutter signali-
sieren, dass auch eine psychische Problematik bestehen kann. Es sollte ggf. ein problemzentriertes Gespräch
geführt werden.

1.3 Ethische und rechtliche Normen


H.-H. Abholz

Wie lautet der Patientenauftrag, wenn sich ein Patient in unsere Behandlung begibt?
„Tue das Beste für mich!“ Wir sind also aufgefordert, „das Beste“ für den Patienten herauszufinden und da-
nach zu handeln. Dabei ist der Patient nicht auf die evidenzbasierte Begründung einer bestimmten Behand-
lung, sondern i. d. R. nur auf deren Erfolg orientiert. Dies hat man sich z. B. beim Einsatz von Placebo-Medi-
zin vor Augen zu halten: Wenn etwas hilft, dann kümmert es den Patienten meist nicht, ob es rationaler
Therapie entspricht. Uns Ärzte beunruhigt allerdings eine solche Situation. Nehmen wir den Patientenauftrag
ernst, müssen wir unsere Beunruhigung ertragen. Es geht um seine Gesundung, nicht um unser Wohlbefin-
den. Wir haben allerdings zu beachten, ob eine Behandlung mehr schadet als hilft.

Was sind die vier Prinzipien, die üblicherweise in der Medizin-Ethik Anwendung finden?
• Gutes für den Patienten tun (Benevolence)
• nichts Schlechtes gegen den Patienten tun (Non-Malevolence)
• Gerechtigkeit in der Versorgung walten lassen
• Autonomie des Patienten achten

Was versteht man unter einem ethischen Dilemma?


Ein ethisches Dilemma liegt vor, wenn mindestens zwei ethische Prinzipien in unauflösbar erscheinendem
Widerspruch stehen. Dennoch muss man zu einer Handlung kommen. Wichtig zu wissen ist: Es gibt häufig
keine „eindeutig richtige“ ethische Antwort, sondern nur ein transparent gemachtes ethisches Abwägen, an
1.3 Ethische und rechtliche Normen 5

dessen Ende eine Entscheidung steht. Es muss für die Beteiligten klar sein, welchem der im Konflikt stehen-
den Prinzipien aus welchem Grund der Vorrang gegeben wird.

In der Versorgung geraten die ethischen Prinzipien häufig in Widerspruch zueinander und zu faktischen 1
Arbeitsvorgaben oder Ansprüchen der Patienten oder anderer Personen/Institutionen. Dies geschieht
z. B. aus einer Rechtslage, einem Versicherungsvertragsverhältnis oder einem Vorsorge-Programm
heraus. Hier drei Beispiele.
• Polioimpfung: Da weltweit bis 2010 fast keine Polioerkrankungen mehr auftraten und in Europa dies
schon seit Mitte der 90er Jahre so war, wurde das eigentlich niedrige Impfrisiko für den Einzelnen nun als
sehr relevant bewertet. Dieser Umstand hat seit 1998 in Deutschland zu einem Stopp der oralen Leben-
dimpfungen und zum Übergang auf einen Totimpfstoff geführt. In manchen Entwicklungsländern blieb
es aus epidemiologischen Gründen dagegen meist bei der oralen Impfung bis 2016.
• Mammografie-Screening: Ein Screening-Programm auf freiwilliger Teilnahmebasis ist effektiv, wenn ei-
ne hohe Beteiligung gewährleistet ist. Ein bevölkerungsbezogener Nutzen kann realisiert werden, wenn
ca. 80 % aller Frauen in bestimmten Altersgruppen teilnehmen. Für die einzelne teilnehmende Frau im
Alter zwischen 50 und 69 Jahren ist der Nutzen im Sinne des verhinderten Todesfalls durch ein Mamma-
karzinom hingegen sehr gering: Er beträgt etwa 1 : 2.000 in zehn Jahren. Wenn allerdings dieses Verhält-
nis hochgerechnet wird auf zehn Millionen Teilnehmerinnen der angesprochenen Altersgruppe zwischen
50 und 69 Jahren, werden ca. 5.000 Todesfälle auf zehn Jahre hierzulande verhindert. Wir erfüllen mit
dem Rat zu einem Screening-Programm also zunächst einen bevölkerungsmedizinischen Auftrag der Ge-
sellschaft. Ob die einzelne Frau dies für sich als wichtig ansieht, muss sie nach verständlicher Aufklärung
über die Zahlen selbst entscheiden. Ethisch nicht legitimiert wäre hingegen zu unterstellen, dass der Nut-
zen für sie selbstredend vorhanden ist.
• Ein Ehemann möchte seine Frau vor der ganzen Wahrheit über ihr Krebsleiden schützen. Sie als betreuen-
der Hausarzt sind derselben Ansicht und klären nur den Ehemann vollständig auf. Durch das damit zu-
standekommende ausweichende Verhalten von Ehemann und Arzt beginnt die Ehefrau die Wahrheit zu
spüren, die aber von Beiden verneint wird. Sie fühlt sich isoliert.

Welche Rechtsnormen berührt die Tätigkeit eines niedergelassenen Arztes z. B.?


• Strafgesetzbuch: bei widerrechtlichen oder grob fehlerhaften Handlungen
• Bürgerliches Gesetzbuch: Schadensersatz bei ärztlichen Fehlern
• Standesrecht: ethische Fragen, Fragen der Werbung für die Praxis, Umgangsformen zwischen den Ärzten
• Kassenärztliche Verträge, wie die Gebührenordnung (EBM) oder Verträge zu einzelnen Themen der Ver-
sorgung (z. B. DMP)

Was versteht man unter Leitlinien?


Unter Leitlinien werden Entscheidungshilfen verstanden, die den Handlungskorridor auf der Basis möglichst gu-
ter Evidenz, also fast immer Studien, beschreiben. Sie geben an, wie man in einer bestimmten diagnostischen oder
therapeutischen Situation im Regelfall vorzugehen hat. Dabei ist oft eine Stufung der Empfehlungen zu finden:
• „soll“: Solche Empfehlungen sind in der Regel einzuhalten.
• „sollte“: Nicht immer, aber überwiegend muss man so handeln.
• „kann“: Es ist nicht wirklich entscheidbar, was der „richtige Weg“ ist.
Leitlinien sind keine rechtsverbindlichen Richtlinien. Nur letztere sind rechtsverbindlich. Dennoch können
auch Leitlinien bei der Beurteilung ärztlicher Tätigkeit als Maßstab eingesetzt werden. Dies geschieht z. B. bei
Disease-Management-Programmen, bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen sowie bei Gericht.
6 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

Maßgebliche Richtlinien für die hausärztliche Tätigkeit erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss Ärzte/
Krankenkassen. Welche dieser Richtlinien kennen Sie?
Richtlinien des Bundesausschusses Ärzte/Krankenkassen bestehen u. a. zu folgenden ärztlichen Arbeitsberei-
1 chen: Arbeitsunfähigkeit, Arzneimittel, Bedarfsplanung, Gesundheitsuntersuchung, häusliche Krankenpfle-
ge, Heil- und Hilfsmittel, Jugendgesundheitsuntersuchung, Krankenhauspflege, Krankentransport, Krebs-
früherkennung, künstliche Befruchtung, Mutterschaft, Psychotherapie, Empfängnisregelung und Schwan-
gerschaftsabbruch, Soziotherapie, Qualitätsbeurteilungsrichtlinien.

Nennen Sie weitere Ordnungen, Satzungen, Vereinbarungen, Verträge und andere Regularien, die Ihre
hausärztliche Tätigkeit in der Praxis regeln.
• ärztliche Berufsordnung
• Weiterbildungsordnung
• Notfalldienstordnung
• Honorarverteilungsvertrag
• Satzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
• Vertrag über die hausärztliche Versorgung
• Hausarztzentrierte Verträge (HzV) gemäß § 73 SGBV
• Vertrag über den Datenaustausch
• Impfstoffvereinbarung
• Prüfvereinbarung zur Überwachung und Prüfung der Wirtschaftlichkeit
• Diabetes-Vereinbarung zum Disease-Management-Programm
• Psychotherapie-Vereinbarung

Wo finden Sie diese Regelwerke niedergelegt?


Die jeweilige KV gibt dazu in regelmäßigen Abständen aktualisierte Daten heraus, früher meist als Loseblatt-
sammlung, heute als Datenträger oder Online-Unterlagen. Jeder Vertragsarzt (Synonym: Kassenarzt) erhält
sie zu Beginn seiner Tätigkeit als Erstausstattung neben anderem, z. B. einem Verzeichnis über alle niederge-
lassenen und ermächtigten Ärzte und Psychotherapeuten seines KV-Bezirks.

LITERATUR
www.aezq.de/aezq/publikationen/nvl (hier passwordfrei: „Versorgungsleitlinien“)
www.degam.de/leitlinien-51.html (hier passwordfrei: „Leitlinien“)
Gágyor I, Abholz HH. Ethische Fragen und Konflikte in der Allgemeinmedizin. In: Kochen MM. Allgemeinmedizin und Famili-
enmedizin. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2012: 600–605.
Maio G. Mittelpunkt Mensch: Ethik in der Medizin: Ein Lehrbuch. Stuttgart: Schattauer, 2011 (dort insbes. Kap. III)

1.4 Krankheitskonzept, hermeneutisches Fallverständnis,


Medikalisierung
H.-H. Abholz

Wie könnte die Definition von Gesundheit aus Patientensicht lauten?


Gesundheit liegt dann vor, wenn man sich wohl fühlt und/oder keinen Anlass für eine ärztliche Konsultation
sieht.

Wie könnte aus medizinischer Sicht Gesundheit definiert sein?


Gesundheit beschreibt einen Zustand ohne Symptome oder pathologische Befunde.
1.4 Krankheitskonzept, hermeneutisches Fallverständnis, Medikalisierung 7

Worin besteht der Unterschied?


Die erste Definition wird durch die Einschätzung und das Gefühl der Menschen, gesund zu sein, die andere
durch die Abwesenheit von Krankheitssymptomen und pathologischen Befunden charakterisiert. Letztere
können aber durch Untersuchung bei subjektiv Gesunden häufig gewonnen werden (Cholesterinerhöhung, 1
Nierenzyste, Divertikel). Es bedarf dann einer ärztlichen Entscheidung und ggf. auch Abklärung, ob der pa-
thologische Befund einen Krankheitswert besitzt oder nicht – und ob er bzw. eine dahinter stehende Krank-
heit behandelt werden sollte.

Was versteht man unter „Krankheitskonzept“?


Unter einem Krankheitskonzept versteht man alle Theorien, Vorstellungen und emotional getränkten Bilder,
die ein Patient, aber auch ein Arzt mit einem Krankheitsbild oder einer Symptomatik verbindet. In Krank-
heitskonzepten verbinden sich medizinische und Laien-Theorien. Krankheitskonzepte sind familiär, kultu-
rell sowie soziokulturell geprägt und reflektieren darüber hinaus individuelle Vorstellungen, die häufig schon
in der Kindheit vermittelt wurden.

Warum sind Krankheitskonzepte für die Behandlung wichtig?


Krankheitskonzepte besitzen eine große „Macht“ im Sinne der Handlungsleitung eines Arztes oder eines Pa-
tienten; man spricht sogar davon, dass Krankheitskonzepte (oft) veränderungsresistent sind. Letzteres soll
ausdrücken, dass es eines erheblichen aufklärerischen Druckes und – häufig noch wirksamer – erfahrungsge-
tragenen Lernens bedarf, um von einem verwurzelten Krankheitskonzept abzurücken.
Durch Krankheitskonzepte wird jede ärztliche Behandlung beeinflusst, die Compliance der Patienten und
die Glaubwürdigkeit des Arztes gestärkt oder geschwächt: Dass man sich z. B. beim LWS-Syndrom weiter
bewegen soll, muss ins Krankheitskonzept eines Patienten passen – ansonsten wird der Rat nicht befolgt.
Krankheitskonzepte der Patienten sind bei einer hausärztlichen Betreuung immer zu eruieren, um ge-
meinsam eine Therapie – auch mit Kompromisscharakter – auszuhandeln.

Was versteht man unter hermeneutischem Fallverständnis?


Hermeneutik ist die Lehre des interpretierenden Verstehens in komplexen Zusammenhängen – also solchen,
bei denen zahlreiche und nicht logisch eindeutig verbindbare Informationen vorliegen. Beispielsweise gehört
zur Findung einer „Arbeitsdiagnose“ die Deutung eines Beschwerdebilds und eines Krankheitsverlaufs unter
Einbeziehung von Anamnese, Befunderhebung, Vorbefunden, Kenntnis des Umgangs des Patienten mit Be-
schwerden. Die hieraus resultierenden Informationen sind meist nicht eindeutig zu einer „Diagnose“ zusam-
menzubringen, sondern man kann nur mittels hermeneutischen Fallverständnis eine wahrscheinliche Dia­
gnose (Arbeitsdiagnose) entwickeln. Hermeneutisches Fallverständnis wird angewendet, wenn sich kein
eindeutiger Zusammenhang zwischen den Einzelbefunden zueinander logisch herstellen lässt.

Warum ist in der Allgemeinmedizin ein hermeneutisches Fallverständnis so wichtig?


Ohne ein solches Verständnis müsste der Allgemeinarzt jedem einzelnem Symptom, jedem Beschwerdean-
lass mit üblicher medizinischer Diagnostik aufarbeitend nachgehen. Im allgemeinmedizinischen Versor-
gungsbereich hat aber ein Großteil der Behandlungsanlässe einen selbstlimitierenden Verlauf und ist oft
nicht auf eine diagnostisch fassbare Krankheit zurückzuführen. Die Interpretation von Befunden und Be-
schwerden in einem größeren Kontext des individuellen Patienten erlaubt daher einen sparsameren und den
Patienten schonenden Umgang mit Diagnostik und Therapie.

Welche Einschränkung bei der Anwendung des hermeneutischen Fallverständnisses gibt es?
Mangelnde Exploration oder Kenntnis des Patienten durch den Arzt sowie schlechte medizinische Fach-
kenntnisse.
8 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

FALLBERICHT
Ein 82-jähriger Patient, dessen Ehefrau vor einem Jahr nach etwa einjährigem Krankenlager verstorben ist, kommt wie-
derholt zu Ihnen mit hartnäckigen Schmerzen im Bereich des unteren Rückens mit Ausstrahlung ins linke Knie. Bisher
hatte der Patient Sie nur selten aufgesucht: Eine leichte Herzinsuffizienz und eine geringgradige Hypertonie waren mit
1 einem Diuretikum gut eingestellt.
Bei der aktuellen körperlichen Untersuchung bestehen keine neurologischen Auffälligkeiten bei negativem Lasègue-Test
und negativer Schmerztestung im Hüftrotationsversuch, jedoch deutliche Bewegungseinschränkung der LWS. Die Be-
handlung mit Paracetamol, Diclofenac und einem Muskelrelaxans war erfolglos. Damit würde eine weiterführende Diag-
nostik anstehen, um Knochenmetastasen, einen zu engen Spinalkanal etc. abzuklären.
Sie wissen aber, da Sie den Patienten lange kennen, dass er seit etwa einem Vierteljahr eine Freundin hat, die etwa 80 km
entfernt wohnt. Es scheint sowohl ein Schuldgefühl seiner verstorbenen Frau gegenüber zu bestehen als auch eine
­sexuell-erotische Überforderung bei gleichzeitiger Sehnsucht nach einer Beziehung zur Freundin vorzuliegen.

Wie würde Ihr hermeneutisches Verständnis des Fallberichts lauten?


Es handelt sich hier mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen primär psychischen Konflikt mit Ambivalenz
zur Entwicklung einer Beziehung. Die Umstände erwägend wird der Patient gefragt, wie es denn mit den
langen Autofahrten zu seiner neuen Bekannten sei, ob er dies mit seinem Rücken schaffe. Wenn die Antwort
lautet: „Ich bin jetzt gar nicht mehr so häufig hingefahren, das geht mit meinem Rücken nicht, ich will mich
erst auskurieren, dann muss man mal sehen“, interpretiert man den Schmerz und seine Therapieresistenz als
konflikterleichternden Krankheitsgewinn (man kann nicht mehr zu ihr hin) und somit als Somatisierung des
Konflikts. Dann aber steigert man die analgetische Therapie nicht mehr und wartet mit der Diagnostik ab.
Einen Beleg, dass diese diagnostischen Einordnungen richtig sind, gibt es nicht. Das abwartende Offenhal-
ten muss also bis zu einer Lösung erfolgen. Sicherlich muss man immer wieder hinterfragen, ob die Arbeits-
diagnose – also eine Hypothese – wirklich haltbar ist, oder ob Befunde und Entwicklungen doch zur weiter-
gehenden Diagnostik führen müssten. Treten z. B. neurologische Auffälligkeiten auf, muss organisch orien-
tiert weiter diagnostiziert werden.
Wenn sich jedoch letztendlich die Vermutung bestätigt – also z. B. mit Beenden der Beziehung oder Rück-
zug der Freundin – auch die Symptomatik verschwindet, dann wurden dem Patienten aufwendige, teilweise
eingreifende Diagnostik und vermutlich nebenwirkungsreichere Therapien erspart. Gleiches gilt auch dann,
wenn der Patient mit Ihnen über diese Ambivalenz in mehreren Treffen spricht und nun auf die „Symptoma-
tik verzichten kann“. Selbst aber wenn die Deutung nicht richtig wäre, bestünde nach ärztlichem Ermessen
keine Gefährdung des Patienten.

FALLBERICHT
Eine 42-jährige Patientin kommt immer wieder mit funktionellen Störungen in die Praxis. Sie ist Lehrerin, hat ihre Tochter
aus erster Ehe groß gezogen. Sie erlebt ihren jetzigen Partner seit einiger Zeit als „lieblos“ und leidet dabei zunehmend
unter Phasen von Traurigkeit, Leere und Antriebslosigkeit. Sie erkennt, dass sie etwas in ihrer Ehe oder gar mit ihrem
Leben ändern muss, findet aber keinen Zugang dazu. Eine dann begonnene Therapie mit einem Antidepressivum scheint
erfolgreich zu sein: Zumindest treten die Phasen von Traurigkeit in den Hintergrund, sie zeigt auch weniger funktionelle
Beschwerden und kommt nur noch alle sechs Wochen wie bestellt in die Sprechstunde.

Liegt hier eine Medikalisierung vor? Begründen Sie Ihre Aussage.


Ja, Arzt und Patient haben die Lösung eines Beziehungsproblems oder gar einer psychischen Störung ganz
auf die Wirkung eines Medikaments verlegt. Beide bemühen sich nicht darum, reale Probleme zu ergründen
und mit Lösungsschritten anzugehen, sondern sind zufrieden durch den anscheinenden Erfolg. Offen bleibt
dabei, ob dies ausreicht. Sicher bleiben Probleme unbearbeitet zurück, um dann in einiger Zeit erneut zur
Depression beizutragen.
1.4 Krankheitskonzept, hermeneutisches Fallverständnis, Medikalisierung 9

Was versteht man unter Medikalisierung?


Die Umformulierung eines an sich oder zu Teilen psychischen oder sozialen Problems in ein medizinisches
mit medizinischen Handlungskonsequenzen.
1
Welche Alternativen kommen Ihnen in den Sinn?
Eine Alternative besteht darin, den systemischen Zusammenhang in der Beziehung oder in der Familie zu
explorieren und daraus entweder ein Verhaltens- oder ein psychotherapeutisches Behandlungskonzept abzu-
leiten. Auf jeden Fall hätten parallel zur Medikation und der eintretenden Besserung Gespräche weitergeführt
werden sollen – auf diese Weise hätte die größere Stabilität der Patientin genutzt werden können, um psy-
chotherapeutisch begleitend zu arbeiten.

FALLBERICHT
Ein 58-jähriger Arbeiter im Braunkohletagebau will aufgrund zahlreicher, wenn auch nicht sehr einschränkender Krank-
heitsepisoden eines LWS-Syndroms und einer Hypertonie berentet werden. Der Patient, den Sie lange kennen, meint, er
habe nun lange genug geschuftet – und andere würden ja auch berentet. Der Betrieb will Übergangsgeld bis zum Errei-
chen des 60. Lebensjahrs zahlen, wenn er sich jetzt berenten lässt. Ihm wird vom Betriebsarzt gesagt, er müsse sich al-
lerdings zum „Durchkommen der Rente“ kontinuierlich krankschreiben lassen, weil eine Arbeitsfähigkeit im Widerspruch
zu der angestrebten Berentung stünde.

Liegt hier eine Medikalisierung vor? Begründen Sie Ihre Aussage.


Ja, Patient und Betrieb haben ein Interesse an der Berentung. Der Hausarzt wird zu einer medizinischen
Handlung – der Entscheidung zu einer Krankschreibung – faktisch genötigt, um primär nichtmedizinisch
definierte Interessenlagen zu befriedigen.

Welche Alternative kommt Ihnen in den Sinn?


Als Alternative kann der Hausarzt eine Wiedereingliederung bzw. einen Arbeitsplatz mit geringerer Rücken-
belastung befürworten. Er kann damit dem Interesse des Patienten entgegenkommen, sich weniger gesund-
heitlich zu belasten, würde aber das betriebliche Interesse ignorieren. Die Frühberentung kann er hinterfra-
gen, indem er dem Patienten die Einbußen einer Rentenzahlung verdeutlicht. Gleichzeitig kann er daran er-
innern, dass der Patient ja immer sehr gern reiste und stolz war, seinen drei Enkelkindern Sachen zu schen-
ken – dies alles würde mit weniger Geld eingeschränkt werden.

FALLBERICHT
Eine 44-jährige Modeverkäuferin, die jede Erkrankung als Kränkung zu erleben scheint, kommt mit Husten zu Ihnen. Die
Anamnese und die körperliche Untersuchung deuten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Virusbronchitis hin. Sie teilen
der Patientin mit, dass zwei Tage Arbeitsunfähigkeit und damit Ruhe vernünftig seien. Als Sie ihr die Arbeitsunfähigkeits-
bescheinigung aushändigen, fragt sie nach einem Medikament. Sie bekräftigen, die Erkrankung sei zwar lästig, aber
harmlos. Sie erklären ihr, sie solle ausreichend trinken, sich schonen und ruhen, ein Medikament brauche sie aber nicht.
Die Patientin scheint weiterhin unzufrieden und murmelt etwas wie: „Aber irgendetwas muss ich doch tun.“ Sie gehen
darauf ein und verordnen ihr ein Mukolytikum.

Besteht hier eine Medikalisierung? Begründen Sie Ihre Aussage.


Ein Mukolytikum wird nachweislich keine Verkürzung des Verlaufs bringen. Aber die Patientin scheint ein
– medikalisierendes – Symbol ärztlicher Unterstützung gegen die Krankheit zu brauchen.
Das Problem jeglicher Medikalisierung besteht darin, dass Patienten fälschlich lernen, es könne nur mit
einem Medikament oder nur mit einer ärztlichen Handlung „wieder gut werden“. Kranke Patienten leiden
regelhaft unter Schwäche und Regression, die nach kraftvoller Unterstützung ruft – ein psychologisches Phä-
nomen, das Ärzte und ihre Mittel zu „Riesen der Krankheitsbewältigung“ macht.
10 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

Welche Alternativen sind denkbar?


Die Alternative besteht darin, der Patientin Mut zu machen und sie zur Anwendung häuslicher Mittel anzu-
leiten, sodass sie ihre Symptome selbstständig bekämpfen kann.
1
FALLBERICHT
Ein Arzt schlägt die vierteljährliche routinemäßige Einbestellung eines Patienten mit einem kardialen Vitium ohne Dekom-
pensation vor.

Besteht hier eine Medikalisierung? Begründen Sie Ihre Aussage.


Ja, diese Routine stellt eine Medikalisierung dar, indem der Patient vermittelt bekommt, sein Herzfehler –
obwohl ohne Dekompensation – bedürfe der engen medizinischen Kontrolle, was in der Regel ohne klinische
Zeichen nicht notwendig ist.

Welche Alternativen sind denkbar?


Längerfristige Kontrolltermine bei gleichzeitiger Aufklärung über Zeichen einer Endokarditis (meist subfeb-
rile Temperaturen, Schwäche) sowie einer Herzschwäche und – je nach Vitium – spezifischeren weiteren
Symptomen, die dann umgehend zu einem Arzttermin führen sollten.

LITERATUR
Antonovsky A. Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Tübingen: dgvt-Verlag, 1997.
Schüffel W, Brucks U, Johnen R et al. (Hrsg). Handbuch der Salutogenese. Wiesbaden: Ullstein Medical, 1998.
Wilm S, Abholz HH. Chronisches Kranksein (Kap. 17.4. bis 17.6). In: Kochen MM. Allgemeinmedizin und Familienmedizin.
Stuttgart: Thieme, 2012.

1.5 Selbstheilung und Salutogenese


V. Braun

FALLBERICHT
Eine 65-jährige Biologin, die vor kurzem in den Ruhestand ging, klagt zunehmend über Kopfschmerzen, länger bestehen-
de Schlafstörungen, Unruhe und schnelle Erschöpfung. Sie erlebten die Patientin bisher als starke und ausgeglichene Frau
in stabilen beruflichen und familiären Verhältnissen. Seit der Heirat des Sohnes vor zwei Jahren brach der Kontakt nahezu
ab, die Schwiegertochter lässt nur selten Treffen zu. Der 1½-jährige Enkel wächst auf, ohne dass die Patientin eine ­rechte
Beziehung zu ihm herstellen kann.

Erläutern Sie den Begriff der Salutogenese und beschreiben Sie ihre wichtigsten Inhalte.
Der Begriff der Salutogenese stammt von Aaron Antonovsky, einem israelischen Wissenschaftler des letzten
Jahrhunderts, der als Medizinsoziologe herausfand, dass eine Gruppe von Frauen, die den unvorstellbaren
Horror in Konzentrationslagern überlebt hatten, sich dennoch bei physischer und psychischer Gesundheit
befand. Entgegen dem üblichen pathogenetischen Forschungsansatz in der Medizin versuchte er herauszu-
finden, warum Menschen gesund bleiben. Als Kern der Antwort auf die salutogenetische Frage formulierte er
das Konzept des Kohärenzgefühls (sense of coherence = SOC).
Das Kohärenzgefühl umfasst eine relativ stabile Handlungsorientierung, die sich aus der Möglichkeit er-
gibt, bestimmte Lebenserfahrungen gemacht zu haben, und besteht aus folgenden drei Komponenten:
• einer konsistenten, in sich stimmigen Umwelt, in der man Regelmäßigkeiten entdecken und Spielräume
ausloten kann (weder monoton noch chaotisch). Dies macht die Welt verständlicher („comprehensibility“),
1.6 Grenzen und Sektoren hausärztlicher Medizin 11

• einem Gleichgewicht zwischen Anstrengung und Erholung. Die Anforderungen des täglichen Lebens blei-
ben bewältigbar, woraus das Gefühl der Handhabbarkeit der verfügbaren Ressourcen („managebility“)
resultiert,
• der Beteiligung an Entscheidungsprozessen, die für die Gruppe oder Gesellschaft, in der man lebt, wichtig 1
sind. Es ist möglich und sinnvoll sich zu engagieren, woraus sich die Erfahrung der Sinnhaftigkeit oder
Bedeutsamkeit („meaning fullness“) ergibt.

Wie ist das Konzept auf die Problematik der Patientin zu übertragen? Was ist Ihre Aufgabe als Arzt?
Bekannt ist vom SOC (messbar nach dem Fragebogen zur Lebensorientierung von Antonovsky), dass er rela-
tiv stabil ist und sich auch nach schwerwiegenden Ereignissen wieder einstellt. Der Arzt sollte sich ausrei-
chend Zeit für die Patientin nehmen und einfühlsam über die Bewältigung der schwierigen Lebenssituation
sprechen.
Im Verlauf ist zu empfehlen, die Patientin durch motivierende Gesprächsführung (nach Miller und Roll-
nick) zu entlasten und ihre Bereitschaft zu fördern, die veränderten Familienverhältnisse zu akzeptieren,
vermehrt ihr eigenes Leben und das ihres Ehemanns in den Mittelpunkt zu rücken, sie auf salutogene Res-
sourcen aufmerksam zu machen, z. B. durch tägliche Spaziergänge und Entspannungsverfahren die Schlaf-
störungen zu reduzieren, in Kontakten mit Freunden fröhlich und entspannt zu sein, ihrem Mal-Hobby wie-
der nachzugehen und die Möglichkeiten auszuloten, das Verhältnis zur Schwiegertochter zu verbessern.

1.6 Grenzen und Sektoren hausärztlicher Medizin


D. Jobst

Was wird unter „sektoraler Trennung“ verstanden?


Die sektorale Trennung steht im deutschen Gesundheitssystem für verschiedene Kostenträger in unter-
schiedlichen medizinischen Versorgungssystemen. Daraus sind im Laufe der Zeit streng begrenzte und gehü-
tete Versorgungssektoren entstanden, u. a. Abgrenzungen des ambulanten gegen den stationären Bereich:
Die niedergelassenen Ärzte übernehmen durch den sog. Sicherstellungsauftrag die gesamte Versorgung für
gesetzlich Krankenversicherte im ambulanten Sektor. Eine ambulante Versorgung durch ein Krankenhaus
findet prinzipiell nur im Notfall, in der Nachbetreuung oder in zugelassenen Ambulanzen und Polikliniken
statt.
Aus systematischen und Versorgungsgründen wird diese Verteilung seit 1997 gesetzlich aufgeweicht. In-
zwischen finden vorstationäre Leistungen, ambulante Untersuchungen bei fachärztlichen Termindefiziten
und spezialisierte, z. B. onkologische Betreuungen, ambulant an Krankenhäusern statt. Besondere (bisher
„Integrierte“) Versorgungsverträge (SGB V, § 140) heben die Trennung von ambulanter und stationärer Ver-
sorgung vollkommen auf (s. u.).

Nennen Sie weitere Sektoren im deutschen Gesundheitswesen.


• Rehabilitationsverfahren der Rententräger
• D-Arzt-Verfahren der berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungen
• öffentliches Gesundheitswesen
• Arbeits- und Werksmedizin

Wer bezahlt die D-Ärzte und wofür sind sie zuständig?


D-Ärzte kümmern sich um Arbeits- und Wegeunfälle von Mitgliedern einer gesetzlichen Unfallversicherung
sowie von Schülern. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung für alle Arbeitgeber, ihre Angestellten bei einer
12 1 Grundlagen und Konzepte der Allgemeinmedizin

Berufsgenossenschaft gegen berufsbezogene Unfälle zu versichern. D-Ärzte erheben und dokumentieren


nach einem formalisierten Verfahren Befund und Diagnose. Sie behandeln die Verunfallten bis zur Wieder-
herstellung, ggf. auch stationär. Ein D-Arzt steht in einem Vertragsverhältnis mit den Berufsgenossenschaf-
1 ten (BG). Seine Leistungen werden nach einer eigenen, der GOÄ angelehnten Gebührenordnung von den BG
bezahlt. Meist handelt es sich bei D-Ärzten um (Unfall-)Chirurgen.
Nur berufliche und schulische Bagatellunfälle können von Hausärzten erst- und später weiterbehandelt
werden. Eine zusätzliche Erstvorstellung beim D-Arzt ist jedoch zwingend notwendig.

Kann ein Amtsarzt im öffentlichen Gesundheitsdienst therapeutisch tätig werden?


Ja, im Rahmen einer (privat-)ärztlichen Nebentätigkeit – in der Regel wegen seines Beamtenstatus nicht als
Kassenarzt (= Vertragsarzt).

Berufliche Kooperationen im ambulanten „Sektor“ sind vielfältiger geworden. Warum? Nennen Sie
einige Formen der Zusammenarbeit.
Durch die Neufassung der ärztlichen Berufsordnung 2005 und das Inkrafttreten eines geänderten Vertrags-
arztrechts 2007 können nunmehr ärztliche und nichtärztliche Berufe gemeinsam in einer medizinischen Be-
rufsausübungsgemeinschaft tätig werden. Die Fachrichtungen sind frei kombinierbar. Ebenfalls sind privat-
rechtliche Ärztegesellschaften in Form einer juristischen Person möglich. Die Leitung einer solchen Gemein-
schaft kann auch ein Nicht-Arzt innehaben.
Niedergelassene Ärzte können an zwei weiteren Orten, auch über die Kammergrenzen hinaus, tätig sein.
Ärzte können im Angestelltenverhältnis und parallel als Freiberufler arbeiten. Die Anstellung kann in einer
Praxis oder durch andere Arbeitgeber erfolgen, z. B. durch die Träger der Sozialarbeit (Caritas, Diakonie,
Arbeiterwohlfahrt, DRK etc.) oder in einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

Was ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)? Welche Vorteile, welche Nachteile hat ein MVZ?
Es handelt sich um eine mögliche Form der oben dargestellten Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter in einem
MVZ sind in der Regel Angestellte der Trägerorganisation, z. B. einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder
einer GmbH, bisweilen an ein Krankenhaus angegliedert. Hier fungiert das MVZ als Poliklinik (Ambulanz)
mehrerer Fachrichtungen und kann sowohl die krankenhauseigenen Ambulanzen entlasten oder ersetzen,
die ambulante prä- und poststationäre Versorgung übernehmen als auch ambulante Eingriffe durchführen
bzw. die Indikation für einen stationären Aufenthalt stellen.
Durch die Zentralisierung können erhebliche Betriebskosten gegenüber einer Einzelpraxis und durch die
ambulante Behandlung gegenüber dem stationären Sektor eingespart werden. Die sektorale Trennung der
stationären und der ambulanten Versorgung ist bei einem Sitz am Krankenhaus de facto aufgehoben, nicht
jedoch die getrennte Vergütungssystematik.
Zur Bildung eines MVZ ist mindestens ein Kassenarztsitz erforderlich, der im MVZ aufgeht. Die angestell-
ten Ärzte verlieren meist ihren freiberuflichen Status, beziehen ihr Gehalt aber noch über die kassenärztliche
Vereinigung, d. h. sie tragen das betriebswirtschaftliche Risiko teilweise selbst und sind zudem – je nach
Vertragsgestaltung – kündbar. Auch angestellte Krankhausärzte können parallel im MVZ tätig werden. MVZ
sind eine Konkurrenz für Haus- und Fachärzte, da sie Öffnungszeiten und fachliche Spektren anbieten, die
niedergelassene selbstständige Ärzte in der Regel nicht erreichen.
MVZ etablieren sich zunehmend auch in der Fläche, d. h. auf dem Land, obwohl sie, ähnlich wie Einkaufs-
zentren, längere Anfahrtswege mit sich bringen. Sie sind weniger geeignet für Fächer mit starker Arztbin-
dung, z. B. für die Psychotherapie oder die hausärztliche Versorgung.
1.6 Grenzen und Sektoren hausärztlicher Medizin 13

Als niedergelassener Kassenarzt sind Sie Mitglied der kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Ihres Bezirks.
Was sind die Aufgaben einer KV? Was änderte sich durch die Gesetzgebung?
Kassenärztliche Vereinigungen waren bisher Anstalten des öffentlichen Rechts mit Alleinvertretungsan-
spruch zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung, der Einhaltung hierfür erarbeiteter Regeln 1
sowie der planvollen und gerechten Verteilung der Einnahmen aus Versichertengeldern der Krankenkassen
an die Vertragsärzte. Außerdem hatten die KVen zusammen mit den Ärztekammern auf die Qualität kassen-
ärztlicher Tätigkeit zu achten und schlossen für die durch sie vertretenen Kassenärzte (Einheits-)Verträge
mit den Krankenkassen ab.
Die Gesetzgebung erlaubt nun Einzelverträge von Krankenkassen mit Ärzten oder Ärztegruppen zur
Wahrnehmung bestimmter Aufgaben, z. B. im Bereich der Prävention, Palliativmedizin oder für Risikoein-
griffe ohne Beteiligung der KVen.

Was wissen Sie über Integrationsverträge?


Gegenstand bisheriger Integrationsverträge, die häufig auf Initiative von und mit Krankenhausabteilungen
und niedergelassenen Ärzten abgeschlossen werden, ist wiederum der sektorenübergreifende, interdiszipli-
näre, kostengünstige und schwellenarme Zugang zu operativen und spezialisierten Leistungen. Seit Mitte
2015 heißen sie „Besondere Verträge“. Gemeint sind z. B. der Gelenkersatz einer arthrotischen Hüfte bis zum
Abschluss der Reha-Behandlung als Gesamtpaket, die Palliativversorgung einer ganzen Region oder das
Case-Management von Patienten mit bestimmten langwierigen Krebserkrankungen.
Die Teilnahme an Verträgen zur Besonderen Versorgung ist für versicherte Patienten freiwillig. Die Verträge
sollen verschiedene Leistungssektoren miteinander vernetzen oder eine besondere ärztliche, interdisziplinäre,
fachübergreifende (integrierte) ambulante Versorgung unter Beteiligung von Vertragsärzten oder deren Ge-
meinschaften ermöglichen. Neuerdings können solche Verträge Pflegekassen, Pflegeeinrichtungen, Praxiskli-
niken, Pharmaunternehmen, Hersteller von Medizinprodukten und Kassenärztliche Vereinigungen umfassen.
Darüber hinaus beinhalten die neuen Regeln nach dem Versorgungsstärkungsgesetz auch Management-
verträge, die reine Organisationsleistungen vorsehen.

Was belegt ein Belegarzt?


Ein Belegarzt besitzt eine Zulassung zur Belegung und Führung einer Krankenhausstation, wenn er Patienten
z. B. nach von ihm durchgeführten augen- oder HNO-ärztlichen Eingriffen stationär betreuen muss. Er ist
i. d. R. kein angestellter Krankenhausarzt, sondern Inhaber eines Praxissitzes.

Wozu wird ein Krankenhausarzt ermächtigt?


Unter bestimmten Umständen kann ein leitender Arzt für seine und Tätigkeiten seiner Mitarbeiter teilambu-
lante Leistungen abrechnen, z. B. bei Unterversorgung in ländlichen Gebieten, bei „ambulanten“ Operatio-
nen oder in Versorgungsprojekten.

Bitte erläutern Sie, warum die gesetzliche Trennung in Hausarzt- und spezialisierte Facharztfunktionen in
Deutschland nicht einem Primärarztprinzip wie in Holland entspricht.
• Der direkte Zugang zum fachärztlichen Spezialisten bleibt auch für gesetzlich Versicherte weiterhin
­möglich.
• Die Hausarztseite setzt sich aus Allgemeinärzten, hausärztlichen Internisten und Kinderärzten
­zusammen.
• Patienten können längerfristig von Spezialisten betreut werden. Die Regel in einem Primärarztsystem
lautet hingegen: „Zugang zum Spezialisten nur über den Hausarzt, Rückgabe des Patienten an den Haus-
arzt nach erfülltem Auftrag“.
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Abeilles, votre maître est mort,
Je vous porte le deuil ...

Parents et amis s’en allèrent; et il semblait que l’horloge en plein jour


battît plus fort qu’au plus profond de la nuit.
III
La claire saison approchait. Les haies blanchissaient et verdoyaient. La
terre appelait au travail les solides garçons et les bonnes filles par son blé
qui s’étendait en brumes vertes et ses prairies plus épaisses. Sur la ligne de
l’horizon se suspendait et jouait la jeune espérance.
Mais, à la Genette, la mère se sentait le cœur vide, le corps sans forces.
Elle était de pauvre santé, et si elle avait travaillé souvent plus qu’elle ne
pouvait, c’est que le courage de son homme la portait.
La fête des Rameaux arriva. Dans les champs, le buis bénit fut piqué
pour garder la future moisson.
Partout, il y avait grande hâte; on faisait les derniers labourages, et des
pluies obstinées avaient retardé la plantation des pommes de terre.
Au domaine, depuis la mort de Villard, le courant profond et régulier du
travail était contrarié. Aimée nourrissait les bêtes, les conduisait au champ,
préparait le repas, pétrissait le pain, surveillait les petits; et elle n’avait
jamais fini de mettre tout en ordre dans le logis, sa mère se tenant au coin
du feu, les mains croisées sur les genoux, immobile, gémissante, près du
vieux Villard assoupi et morne. Mais elle pensait avec un cuisant chagrin
que le Vergnaud, la Fond-Belle, le Cros-du-Loup n’étaient pas labourés.
Ce matin-là, le boucher de Rieux vint à la Genette. La mère avait décidé
que Calot serait abattu. On le fit sortir dans la cour, et, le prix fait, il fut
emmené au bourg; un valet lui tenait la queue et tapait fort dessus avec un
gourdin, tandis que le boucher le maîtrisait à la tête, en l’entraînant au
moyen d’une grosse corde.
La mère le vit partir du haut de la terrasse et elle l’appela: bête du diable,
qu’il aurait fallu cuire à petit feu. Puis elle revint se rencogner dans l’âtre.
Si Aimée lui demandait ce qu’il fallait faire, elle répondait:
—Ma pauvre, fais ce que tu voudras. Je ne suis bonne à rien.
Pourtant, Aimée gardait sa vaillance intacte. Elle comprenait que tout
irait à la ruine et à la mort, si elle s’abandonnait à la douleur. Il lui suffisait
de caresser la tête des petits pour qu’elle fût aussitôt plus ardente au travail
et que disparût la fatigue.
Comme elle venait de peigner Vone et Tine, Nonot demanda:
—Mémée, dis, où qu’il est papa? Est-ce qu’il dort toujours? Quand
c’est-il qu’il ne sera plus malade?
Aimée baissait les paupières pour ne pas pleurer. Il leva vers sa grande
sœur ses yeux frais et il devina qu’elle cachait beaucoup de peine. Alors il
arrêta pour toujours ses questions et sa petite figure devint sérieuse. Vone et
Tine ne retenaient pas leurs larmes; Aimée les essuya avec un mouchoir
bien blanc. Et tous les trois, ils s’en allèrent à l’école, sans rire selon leur
habitude.
Comme elle les regardait s’éloigner, elle aperçut le père Courteux qui
venait d’un pas pesant.
Brunette bondit, aboya et ses crocs brillaient dans sa gueule noire. Aimée
l’apaisa.
—Petite, ta chienne n’est point plaisante, dit Courteux. Elle me connaît
bien pourtant. Alors, comme ça, vous avez vendu Calot, sans me le dire.
Moi, je l’aurais bien pris, quoique ce soit un animal pas commode. A un
ami de ton pauvre père, à un voisin, valait mieux le vendre qu’à ces
bouchers qui sont riches comme le diable. Je t’en veux.
Devant la première marche de l’escalier de la terrasse, il bredouillait ses
paroles qu’il coupait de soufflements, car il était un peu poussif, à cinquante
ans passés.
Aimée haussa les épaules et dit:
—On ne savait pas, Courteux.
Il monta les marches et vint dans la cuisine.
—Bonjour, vieille, tu te tapes dans la cheminée, ma pauvre. Tu as plus
goût à rien. Je comprends ça.
Il prit lui-même une chaise sans prêter attention à Aimée qui faisait le
ménage du matin. La mère repartit à bien faible voix:
—Comment veux-tu que je me guérisse de ce coup? C’est comme si
j’avais les reins cassés.
Il fit tourner la chaise où il était assis, face au feu de châtaignier qui
brûlait en claquant sec. Il était petit, un peu bossu, tout noueux et relevait
une tête maigre aux yeux clignotants, une face rasée, creusée, mais
rembourrée par des pattes de lapin et soutenue par un cou desséché, fendillé
comme une vieille brique. Il avait posé sur ses genoux ses mains en pinces
dont la peau, çà et là, semblait rôtie; il ne pouvait plus les ouvrir tout à fait,
tant elles avaient serré de manches de pioche et de charrue.
La mère Villard ne le trouvait guère plaisant, cet homme plus dur et sec
qu’une bille de buis. Mais elle l’avait toujours un peu ménagé en qualité de
voisin. Et il était riche sans que nul osât le lui dire, car il aurait sursauté de
colère.
Il parla, ayant fait glisser sur la nuque son chapeau rond dont le feutre
était plus gras et crasseux qu’un harnais de bourrique.
—Ma pauvre, tu me fais du chagrin. J’aime point voir souffrir le monde,
et toi, je te connais depuis l’enfance. Et Pierre Villard, c’était un crâne
garçon. On était voisin. La Grangerie et la Genette, ça se touche; ça n’est
séparé que par des petites bornes de rien du tout. Nos terres se touchent,
nous autres de même, à cause de la plaisante amitié. On se rendait des
services comme ça se doit. A cette heure, je l’entendrai plus pousser sa
chanson en menant la charrue. Ça me fait deuil.
—Merci, Courteux, dit la mère en tisonnant, c’est vrai que c’est bien de
la peine. J’ai plus de goût, moi.
Aimée essuyait le vaisselier, préparait les légumes pour le repas du
matin, ce qui ne l’empêchait pas de considérer du coin de l’œil le père
Courteux dont la figure devenait toute rouge, peut-être à cause du feu vif.
Ce vieil homme actif et d’apparence lente, elle l’avait toujours connu
aussi sec, mais plus taciturne qu’aujourd’hui. Pour qu’il parlât si dru, il
fallait une raison et quelque anguille sous roche; mais sa mère accablée et
lasse ne s’apercevait point d’un tel changement; elle attendait qu’un bout
d’oreille parût. Elle dit bien doucement:
—Vous parlez bien, père Courteux. Ce n’est pas votre mode.
—Ma petite Aimée, il y a des jours assez rares où il faut sortir sa langue.
Et c’est arrivé, à cette heure. Je parie que tu pensais point que je vous
aimais comme ça, parce que je disais rien. Mais ce maudit accident, ça m’a
retourné. Ta mère n’a que toi.
—Si elle n’a que moi, elle m’a bien.
—Oui, oui; mais il y a aussi les trois petits et quatre terres qui sont point
labourées. C’est pas toi qui feras ça, je pense, pauvre chère mignarde. Les
babioles du ménage, c’est ton affaire, mais la terre, on la cultive pas avec un
joli balai.
Aimée ne répondit pas à ces paroles qu’il poussait à petits coups, avec
une singulière prudence. Elle était curieuse de savoir ce que cachait
Courteux et ce qu’il allait montrer enfin. L’amitié que découvrait
brusquement le bonhomme, il n’en avait jamais laissé paraître autant, du
vivant de Pierre Villard. Et sa mère, si elle ne la mettait en garde, était prête,
affaiblie et triste, à tout prendre pour de l’argent comptant.
Courteux maintenant tournait autour du pot. Il espérait sans doute que la
mère lui proposerait ce qu’il désirait avec tant de force cachée. Mais les
yeux ternes de la femme, où ne bougeait même pas le reflet du feu, étaient
remplis d’une désespérance immobile. Alors, il dut se livrer. Il se chargeait
de conduire, comme il fallait, le petit domaine. Il avait sous la main les
domestiques nécessaires. Il éleva un peu la voix et l’on ne savait s’il
souriait ou s’il faisait la grimace:
—Ma pauvre, je le vois, tu es plus bonne pour te poser sur une chaise
que pour travailler. Une idée me vient. Si tu voulais, tu pourrais me vendre
la Genette; je t’en baillerais un bon prix et tu serais bien débarrassée. Je
peux ce que tu peux point. Ça m’irait à moi parce que ça touche ma terre. Et
tu sais, la terre ne vaut que si elle est faite. On trouve plus personne pour la
soigner. Elle est trop basse.
La mère l’écouta sans sursauts; elle ne mesurait que son immense
faiblesse. Elle dit:
—On verra ça plus tard, Courteux. Mon beau-père est au champ, à cette
heure. On en causera.
Elle craignait de mécontenter un voisin riche et bien établi. Elle pensait
aussi qu’elle avait peu d’argent vaillant, car Villard, plus de dix années, en
travaillant à plein collier, avait tout juste payé des champs dont le bien
s’était arrondi. Il n’était plus là pour la conseiller; c’était comme si on lui
avait ôté le cœur de la poitrine, la pensée de la tête, elle qui n’agissait que
par lui.
—Faudra vite me donner une réponse, car j’ai des mignons jaunets à
cette heure et je veux les poser sur de la terre. On est venu me causer d’un
bien pas loin de là; si je l’achète, après j’aurai mon saoul.
Il souffla. Il en avait assez dit, étant de ceux qui trouvent qu’on parle
toujours trop et que le silence vaut le louis d’or.
—Allons, je m’en retourne à la Grangerie. Y a de la besogne par ces
temps. Je vois, ma pauvre, que tu n’écoutes point beaucoup. A ta place, je
serais tout comme toi. Pour un coup, c’est un coup.
Il se leva comme à regret:
—Pense à tout ce que je t’ai dit; mais j’ai quelque chose contre toi. Si tu
m’avais prévenu que tu vendais le Calot, je l’aurais acheté. Ça m’aurait fait
plaisir de le tuer de ma main.
—On n’a pas pensé, Courteux; autrement, tu aurais eu la préférence.
Mais parlons plus de ça.
—Ah! la jolie demoiselle que tu as, fit-il en regardant Aimée qui haussa
les épaules. Ça pousse comme de la pervenche.
Et il descendit les marches de la terrasse d’un pas balancé, étonnamment
rythmé ainsi qu’une étrange machine à remuer la terre.
IV
Courteux revint par le chemin le plus long à la Grangerie. Que la belle
saison parût se dénouer comme une écharpe du ciel, il ne s’en souciait. Son
regard suivait la ligne des prés et des terres de la Genette qui touchait son
domaine. Il supputait leur valeur; à la couleur du guéret ou de l’herbe, il
savait si l’eau était abondante ou rare. Le paysage n’était pour lui
qu’additions et soustractions qu’il opérait dans sa tête dure avec lenteur et
sûreté.
Il s’était assez vite enrichi en régissant des fragments de biens que les
possédants ne pouvaient cultiver eux-mêmes; pauvres lopins de femmes
veuves, âgées ou délaissées qu’il faisait valoir en retenant sous ses pattes de
loup le meilleur et le plus sûr de la récolte, tout en gémissant sans cesse
qu’il y perdait son argent, sa santé et sa peine. Il arrivait qu’il achetât pour
un peu de pain ces morceaux de champs dont il dégoûtait peu à peu les
propriétaires, à force de s’en plaindre et de les décrier sur un ton papelard.
On était à sa merci quand on n’était pas riche; il le savait. La main-d’œuvre
se faisait rare et chère; et il était un bourreau de travail toujours brûlé
secrètement par la passion d’acquérir de nouveaux bouts de terre dont il
formait une belle boule, un domaine de premier ordre, trié avec soin.
Il allait à travers champs, suivant des lacets de chèvres et se mêlant à ce
bien qu’il convoitait. Il était franc et fertile, ce petit domaine, sans
marécages ou vallonnements qui font croupir l’eau dans les fonds. Il avait
été travaillé gaillardement et finement comme un jardin. Jamais Villard
n’avait épargné le fumier; aussi la terre était-elle en pleine force.
Courteux s’arrêta au bord d’un champ qui se nommait «le Fondbaud». Il
était labouré à moitié; la mort brusque avait interrompu une bonne besogne,
car le sol était puissamment soulevé. Courteux se pencha, prit une motte
dans ses doigts recroquevillés, l’approcha de ses yeux et de son nez, la
renifla, puis l’écrasa. Il en avait chaud; il murmura:
—C’est du vrai or, cette terre.
Il la désirait avec une sorte d’amour qui couvait en lui comme un tison.
Ce bien de la Genette arrondirait d’un coup la Grangerie, sans qu’il fût
besoin de tailler et de coudre ensemble des morceaux point méprisables
mais difficiles à acquérir.
Quand il entra dans son domaine, ses yeux fixèrent la borne, pierre plate
et grise, lisse comme un gros palet que le soc avait éraflé. Il tapa dessus
avec son bâton. Quel jour, lorsqu’il l’arracherait!
Le soleil, après avoir tourné dans les nuages, les déchira et le ciel devint
tout bleu, pur comme une eau tranquille. Pâques approchait, et de son œuf
enchanté sortait le printemps; l’air était plus tiède. Les chênes qui gardent
ce pays abandonnaient au moindre vent leurs feuilles que n’avaient pu
arracher les tempêtes d’automne et la force des souffles d’ouest. On voyait
briller la pointe des bourgeons. Et Courteux se disait: «Voilà un brave temps
pour la pomme de terre.»
Il pénétra dans la cour de la Grangerie. Son chien Trompette vint le fêter,
il l’écarta d’un coup de pied. La maison où il vivait, était construite au ras
du sol, sans caves; et le lit, la maie, les meubles boiteux, la table reposaient
sur la terre battue. Courteux aurait pu faire carreler l’unique salle enfumée,
mais elle lui plaisait comme une tanière bien faite pour lui.
A cette heure avancée, le feu était éteint dans la cheminée. Il ne faisait
pas froid et ne mangeait-on pas toujours assez!
Courteux était plus content que s’il avait été couvert de drap fin et
l’estomac plein de ces choses coûteuses que les gens de ville, si badins,
trouvent excellentes. Les œufs étaient vendus au marché de Rieux, ainsi que
le lait. Du pain dur, une noix de lard, une poignée de châtaignes à la saison,
c’était plus qu’il en fallait pour tenir le corps au rôle de serviteur.
La femme allait souvent au marché. Courteux la voyait par la pensée;
elle était assise sur un rebord de pierre, le panier sur ses hauts genoux, les
mains prudentes le protégeant et l’œil mi-clos d’où sortait parfois le regard
ainsi qu’une aragne qui veille. Une fière femme longue, rusée et sèche
comme une rame à pois grimpants, bien faite pour tout retenir; toujours
travailleuse, avare, silencieuse, les lèvres serrées et les doigts agiles pour
accomplir les travaux incessants de la vie. C’était la compagne qu’il fallait à
un homme sérieux. Elle avait rassemblé des piles de sous et de pièces
d’argent, faisant à pied le long chemin de Rieux, dès la pique du jour, ne
buvant jamais chopine et ne noircissant pas son nez courbe de cette poudre
de tabac que les sots achètent. Elle n’était pas de celles qui, se sentant
quelque monnaie en poche, la jettent à la hâte comme si c’étaient des
crapauds. Elle avait eu un enfant, un garçon, qui était mort alors qu’il faisait
ses quatre ans. On lui avait trop mesuré le lait, disait-on.
Les Courteux déjà avancés en âge se résignaient à ne point faire souche.
Parfois, un regret assez cuisant piquait l’homme, quand il voyait des
domaines où les enfants travaillaient comme de petits bœufs, sans que l’on
eût à les payer. Il avait dû louer un vieux valet, une sorte d’idiot, robuste et
docile; il n’était pas besoin de savoir lire dans le journal pour labourer,
faucher, donner à manger aux bêtes. De saison en saison, il embauchait de
jeunes garçons qui avaient encore un peu de modestie et ne demandaient
pas des salaires à faire se dresser les cheveux. Quant à lui, il besognait à
plein corps, toujours content et se trouvant assez nourri et payé. On disait de
lui qu’il ne se ferait pas couper le cou pour vingt mille écus.
Le soleil était haut maintenant; à l’entour, la prairie s’étendait comme
une paisible lumière verte; le guéret avivait ses bures; et l’on voyait dans
des fonds les éclairs froids de l’eau vive.
Courteux appela sa femme:
—Ho! Nanée! Ho! Nanée!
Une réponse vint à lui, un cri aigrelet qui sortait de la terre des Beaux
que Piarrou avait préparée, profitant du bon temps sec.
Nanée, le panier de bois en main, plantait les pommes de terre après les
avoir coupées. Courteux pressa le pas pour aider et donner son coup d’œil.
Piarrou le vit venir, mais continua de pousser la charrue pour recouvrir la
semence. Il allait, pesant, les membres tassés, le cou rentré dans les épaules,
sa grosse tête morne un peu penchée et montrant une résignation sans
bornes, dans le cercle de la vieille habitude.
Jean Charier, du village des Barres, petit valet rousseau de quatorze ans à
peine, agile comme une sauterelle, obéissait à Nanée.
Courteux cligna de l’œil pour mesurer la besogne. Ses courtes jambes
écartées, ses sabots de vergne enfoncés dans des mottes grasses, il leva la
main contre le soleil afin de mieux voir. Et tout à coup, il se mit à crier
d’une voix enrouée:
—Ha! mauvais Piarrou! Il fallait labourer de biais, du côté du pommier!
Sais-tu point qu’il y a trop d’eau à cette place? La pomme de terre y
pourrira; dix sacs de perdus. Misère, nous périrons de faim cette année.
Piarrou voulut répondre, mais il bredouilla des paroles qui vinrent au
bord de sa grosse moustache et retombèrent aussitôt dans son gosier. Il
arrondit les épaules et tourna le soc en piquant les bœufs.
Mais Courteux hurla:
—Tout ça, c’est mal fait! On voit bien que j’étais point là.
Et d’une main sèche, il alla trier les pommes de terre dans les paniers de
bois. Il eut un geste de grande pitié en disant à sa femme:
—En voilà quatre qui n’ont point d’œil! tu n’as pas honte!
Jean Charier se tenait à l’écart et redoublait de soins.
Courteux s’apaisait; il avait le sang rafraîchi de s’être mis en colère.
Ainsi, il éprouvait sa puissance. Accroupi près d’un sac de semence, il
murmura à l’oreille de sa femme:
—M’est avis que nous aurons la Genette. A cette heure, tout va s’en aller
à hue et à dia ... Y seront forcés de vendre.
Elle montra une indifférence qui le fit enrager; elle ne lui cacha pas que,
pour sa part, elle avait plus de terre qu’elle n’en pouvait travailler.
—Je suis le maître ou non, grogna-t-il; innocente, on l’aura pour un
morceau de pain. Laisse-toi mener. Le temps est bon pour nous; faut en
profiter.
Comme d’habitude, elle se rendit à ses raisons. Le point de feu qui
brillait sous les paupières clignotantes de son homme l’alluma, à son tour,
du vieux désir de posséder de beaux arpents au soleil.
Il était clair, à cette heure, le soleil; il chauffait doucement les sillons,
répandant sur la campagne et dans l’air sa grande promesse dorée qui ferait
se lever de son grabat un paysan à l’agonie.
V
La semaine blanche de Pâques était passée. A la Genette, la mère Villard
ne retrouvait aucun courage. Elle mangeait peu, somnolait le jour et veillait
la nuit où la peine s’aiguise mieux dans le silence. L’offre que Courteux
avait faite, elle ne l’oubliait pas. A quoi serviraient désormais champs et
terres, sans bras pour les travailler? Avec l’argent qu’elle tirerait de la vente,
elle mènerait jusqu’à l’âge d’homme le petit Jeannot. L’important était de
manger du pain, en attendant l’éclaircie. Aimée pourrait apprendre le métier
de couturière.
Maints projets tournaient dans sa tête; puis elle retombait vite à ses
doutes et à sa douleur. Pourtant elle s’étonnait quand elle voyait, chaque
jour, Aimée qui allait et venait dans la maison, l’animait, veillait à toutes
choses, préparait les repas, chauffait même le four, et amusait les petits à
leur retour de classe, toujours levée avant l’aube et couchée à la nuit bien
close. Une grande émotion lui venait de cette enfant robuste d’âme et de
corps.
—Je peux guère t’aider, ma Aimée! Comment peux-tu faire?
Mais elle répondait si paisiblement avec une force tellement sûre que la
mère souriait. C’était donc une fée que cette petite qui repoussait le malheur
et le fixait d’un regard si clair?
Le vieux Villard, que les rhumatismes tourmentaient, avait quitté le coin
du feu pour plaire à sa petite-fille. Il menait les bêtes au champ et leur
donnait le fourrage. Il travaillait en gémissant; il n’y avait plus d’huile dans
son vieux corps, disait-il, et il était rouillé à tous les joints; mais quand
Aimée le remerciait en le baisant sur sa barbiche, il en était réchauffé.
Elle avait appris à Vone et Tine à s’occuper en revenant de classe. Vone
savait maintenant tenir un balai de genêt fait à sa mesure et Tine essuyait
comme il fallait les assiettes, sans les casser. Nonot rassemblait pour le feu
des brins de fagots qu’il mettait en tas. Aimée était heureuse en voyant ces
petiots s’appliquer en tirant un bout de langue en cerise; mais ils n’osaient
plus jouer à la barbichette avec le grand-père.
Quand Aimée était trop lasse et s’asseyait un moment près de la longue
table de cerisier, Brunette venait lui faire fête; un pacte d’amitié les unissait.
Elle l’avait vue des journées entières, chercher le défunt, le nez flairant le
plancher, les meubles, avec un souffle pressé. Longtemps, elle mena ce
manège, le poil hérissé, la queue basse, pleine d’une humble fidélité. Et ne
découvrant pas le maître dans la maison, le cellier, la grange ou l’étable,
elle sortait, courait longtemps les sentiers, humait l’air et revenait, lasse et
triste, auprès d’Aimée en levant vers elle des prunelles dorées, qui
l’interrogeaient ardemment. Aimée pleurait quelque temps en silence,
essuyant ses yeux de peur qu’on ne la vît montrer sa douleur. Et sur ses
genoux, Brunette appuyait son museau comme pour dire:
—Je pleure avec toi.
VI
Il fut décidé que l’on pourrait se passer de Pompon et de la petite
charrette. Le vieux Villard accompagné d’Aimée les vendit à un jardinier de
Rieux, un jour de foire. Il y eut, pour conclure cette affaire, maints serments
et maintes indignations. Aimée, avant de le laisser partir, donna à Pompon
un biscuit qui fut englouti et elle caressa son bon museau.
Comme ils allaient revenir à la Genette, ils rencontrèrent Jeannette
Lavergne qui les pria à manger dans sa maison, midi étant proche. Elle
exerçait le métier de couturière et vivait dans une demeure proprette, bien
crépie à la chaux. Elle ouvrit à ses invités une porte vitrée que coloraient
des rideaux rouges. Et parlant d’une langue vive, elle se mit à gémir
doucement en avançant des chaises autour d’une cuisinière très fourbie où
ronflait un triste feu. Le vieux Villard tendait ses mains pour les réchauffer,
car il faisait froid.
—Ça vaut pas la cheminée, dit-il. Le feu s’ennuie là-dedans, m’est avis,
et ceux qui sont autour.
Jeannette Lavergne pouffa de rire et lui expliqua ce que c’était que le
progrès. On ne chauffait pas l’appareil au bois, mais au charbon. Quelle
économie!
—Je le sens bien, maintenant, fit le vieux en reniflant.
Sur une petite cheminée toujours froide, il y avait une pendule en faux
bronze, gardée par deux vases en biscuit où étaient piquées des fleurs en
étoffe.
Jeannette Lavergne, bien qu’elle eût passé la cinquantaine, s’habillait à
la mode; c’était une dame. Elle se coiffait d’un haut chignon artistement
étagé, et son visage rosé de blonde, fendillé par l’âge, brillait bien lavé et
fleurant le savon des princes du Congo. Elle aimait à plaindre un moment
son prochain avec un grand air de sincérité, mais elle parlait sans se lasser
de ses propres malheurs. Son mari défunt, un homme fidèle, travailleur,
délicat, avait été emporté par une congestion, tandis qu’il venait d’achever,
étant menuisier, une armoire magnifique.
En mettant le couvert, elle dit du bout des lèvres:
—Ma pauvre Aimée, vous n’avez guère de chance, vous aussi. Je t’ai
connue, bien petite, ma chère mignonne. Tu as été longtemps chez
l’institutrice et tu sais des choses qu’on ne connaît pas à la campagne.
Comment vas-tu faire pour t’occuper de ce bien; ta mère, la pauvre, est si
peu forte. Tu te briseras le corps et tu n’auras quasiment pas de jeunesse. Ce
qu’il te faudrait, c’est un métier comme le mien, propre et gentil, un métier
de dame.
Aimée répondit avec un grand calme qu’elle ne quitterait pas la Genette
où, depuis toujours, sa famille avait travaillé. Le vieux approuva sa petite-
fille. Jeannette Lavergne repartit:
—Oui, chacun ses goûts.
Mais elle était vexée qu’on n’eût pas vanté le métier où elle excellait.
Elle chassa ce nuage et dit:
—Sais-tu que mon beau Jacques est au pays? Tu t’en souviens, peut-être;
il était à l’école communale avec toi; mais tu étais bien plus jeune ... Il y a
longtemps que tu ne l’as point vu; tu ne le reconnaîtrais plus. Il est chez un
avoué de Limoges. C’est un vrai gentilhomme! Mais il tarde bien à rentrer.
Mon lapereau au vin sera trop confit. Tout le monde lui court après ... Je
parle de mon fils, car le lapin ne courra plus à cause qu’il est cuit tout à fait.
Le vieux Villard s’ennuyait près de la cuisinière qui ronronnait; et tout
bas il pestait contre cette bavarde qui les avait retenus comme ils revenaient
à la Genette. Mais ils étaient un peu cousins de cousins, et il avait le respect
de la parenté, même la plus éloignée.
Jeannette Lavergne s’empressa autour de la table et se plaignit d’être
tombée dans sa cave et d’en souffrir encore.
—Elle n’est pas tombée sur sa langue, se dit le vieux.
Cette pensée le fit sourire. Triant une salade, Jeannette raconta l’histoire
d’un héritage manqué. Aujourd’hui elle serait riche à ne savoir qu’en faire.
Aimée lui prêtait une attention un peu feinte qui attisait ses paroles, et il
n’en était pas besoin.
Jacques Lavergne entra; il tenait à la main une badine élégante.
Il s’arrêta sur le seuil, un peu hésitant quand il aperçut Aimée. Vite, il
voulut être distingué par cette belle fille paysanne dont l’air de santé
l’émerveillait secrètement. Il ôta galamment son chapeau et courbant sa
haute taille, il dit, la lèvre fine et la moustache taillée:
—Mais c’est une ancienne petite camarade d’école ... Qu’elle est
devenue jolie! ajouta-t-il en se tournant vers sa mère.
—Je vous reconnais maintenant, Jacques, dit Aimée. Vous avez pourtant
bien changé!
—A son avantage! s’écria Jeannette Lavergne.
Il prit un air de grande modestie.
—Je ne sais pas si c’est vrai pour moi, mais pour mademoiselle Aimée,
il n’en faut pas douter.
Il s’aperçut enfin de la présence du vieux Villard et il lui dit des paroles
qu’il faisait rustiques à dessein, sur un ton qui signifiait que telle n’était pas
son habitude.
Villard répondit en patois limousin, par secrète malice. Jacques voulait
montrer qu’il avait oublié ce langage qu’il jugeait naïf. Le contraste amusait
Aimée et elle en riait sous cape.
A peine Villard eut-il bu le café qu’il se leva, sa bru n’avait pas été
prévenue, et les jambes lui démangeaient de revenir à la Genette.
Comme il ne manifestait aucune curiosité, Jeannette Lavergne lui dit en
patois:
—Vous ne m’avez pas demandé pourquoi mon Jacques est ici? C’est
rapport à sa santé. Il a tant remué de papiers que ça l’a tout pâli et le
médecin lui a donné un congé de trois mois.
—Eh bien, ça va comme vous voulez alors, repartit Villard en prenant
son bâton, pour fuir cette femme qui gémissait en souriant.
Jacques Lavergne disait à Aimée qu’il serait heureux d’aller la voir à la
Genette. Elle répondait à peine, troublée sous les yeux de ce garçon où elle
découvrait une étrange ardeur. Mais dès qu’elle eut passé le seuil de la
maison, une grande hâte la pressa vers les petits qui l’attendaient et le
courant de l’humble vie qu’il fallait bien maîtriser.
VII
Un jour de fin avril, comme le vieux Villard, tout encapuchonné, car le
vent était encore froid, gardait les bêtes dans le pré des Beaux, Aimée vint
lui tenir compagnie. Elle avait besoin d’un appui et de fortifier la résolution
qu’elle avait prise.
—Grand-père, tu n’étais pas là quand Courteux est venu proposer
d’acheter la Genette. Je ne puis penser à ça sans que j’en aie le cœur serré.
Le vieux regarda les vaches qui paissaient tranquillement et Brunette qui
se tenait assise sur un talus verdoyant. Puis son œil gris piqua sa pointe,
sous le sourcil blanchissant, vers les champs que l’on ne voyait pas, cachés
par des haies touffues.
—Petite, on aura de la peine pour la garder cette terre que mon garçon
avait si bravement travaillée. Je suis, à cette heure, un pauvre vieux, mais je
t’aiderai. Ce qu’on pourra pas faire, on le laissera. Le bon temps revient
après le méchant temps.
Alors elle pleura d’espoir, le remerciant de penser comme elle.
L’embrassant, elle appuya son cœur sur ce vieil homme et une douceur
sécha ses larmes.
—Vois-tu, grand-père, ce qu’il nous faut, c’est un bon laboureur. Ça me
fait de la peine de voir que d’autres ont planté les pommes de terre et que
nous n’avons pas encore labouré.
—Je ne le peux, moi, à mon âge; je suis comme un vieux pommier à
moitié sec. Mais j’ai une idée qui te plaira. Reviens vite à la maison aider ta
mère qui n’a plus goût à rien.
Elle s’en alla, ardente et paisible; une grande force la poussait dont elle
s’étonnait soi-même.
Le vieux resta au champ le temps qu’il fallait pour que les bêtes eussent
leur saoul. La première herbe est bien tendre et rafraîchissante. Un mois, on
peut la faire brouter; après, on la laisse pousser pour la faulx.
Le jour était calme; le vent assoupi écoutait l’eau courante. L’épine, dans
les buissons, était en fleurs. Et les oiseaux qui ont un langage que l’homme
des champs sait traduire, chantaient partout. Villard s’était assis sur une
souche de noyer mort, et il se tenait immobile dans la grande paix
printanière qui couvrait le pays. Enfin il appela Brunette qui, par bonds et
par voltes, rassembla les vaches et les poussa vers la Genette; il les suivit,
appuyé sur son bâton, et pensant dans sa vieille tête à ce que lui avait dit
Aimée.
Il était si âgé qu’il restait des heures et des journées sans se soucier des
choses qui avaient occupé sans cesse sa vie de paysan courageux au travail.
Mais que sa petite-fille eût parlé, c’était assez pour qu’il se mît en quête,
l’esprit soudain amorcé.
Quand il eut attaché les vaches dans l’étable où il releva la litière en
grognant de ne pouvoir à quatre-vingts ans se reposer, il prit le chemin qui
mène au village de la Maillerie.
Les jours s’étaient allongés, à deux heures de relevée, le soleil quittait à
peine le milieu du ciel. La terre se chauffait à cette première ardeur de la
saison. Sur les pentes s’ouvrait le drap d’or du colza fleuri; et la prairie, le
guéret, le jeune blé mêlaient à l’horizon ces belles couleurs du monde que
reflète le cœur de l’homme paisible. Dans les ruisseaux s’éparpillaient des
escarboucles que remuaient les fées de ce pays qui retrouve une fraîche
nouveauté quand le sol, en ces mois du printemps, devient aussi riant qu’un
clair matin dans le ciel.
Villard, malgré la tiédeur et les rayons de la journée, se sentait lourd et
traînait la jambe; mais des coups égaux de son bâton, il se poussait en
avant. Il allait, plein de l’espérance et de la bonne volonté que lui avait
soufflées sa petite-fille.
Il franchit au pont de Chanaud la Gartempe qui verdoyait comme les
prés qui venaient s’y baigner. Et prenant un raidillon, il se dirigea vers la
Maillerie, village d’une douzaine de feux qui est niché non loin de la
rivière.
Le meunier qui s’en allait à Rieux livrer de la farine dans sa carriole où
son dos vêtu de drap gris se tassait comme les sacs de froment, lui cria, tout
étonné:
—Et où allez-vous comme ça, père Villard?
Il répondit par quelques mots confus et continua sa route. Seules
résonnaient toujours en lui les paroles d’Aimée.
Il fallait que les terres fussent labourées et que la Genette ne tombât pas
à rien. Ce paysan recru voyait encore, au couchant de sa vie, se lever le haut
soleil annuel des récoltes; et il pensait que ce serait crime de laisser sans
semences, de bons champs toujours féconds, quand la besogne est bien
faite.
Il frappa à la porte de Jean Desforgues qu’il avait vu grandir. C’était, il
s’en souvenait, un brave garçon, et jadis, il l’avait engagé à la Genette pour
lever l’été. Il était bon laboureur et rude faucheur.
Jean bêchait son jardin; il vint au bruit, et sur le seuil, il dit:
—Finissez d’entrer, père Villard, ma femme lave la lessive par ce temps.
Il approcha de la cheminée sans feu, une chaise qui branlait sur la terre
battue. Il tourna vers le vieux Villard une tête de rousseau, déjà grisonnante:
—Qu’est-ce qui vous amène? demanda-t-il, l’œil mi-clos.
—Mon gars, dit Villard, en appelant toutes ses forces, tu sais bien le
malheur qui nous est tombé dessus ... On n’est plus assez à la Genette. Et ça
me fait deuil de laisser la terre sans soins et besognes. A cette heure, il y a
plus beaucoup de bras pour l’ouvrage. Tu me ferais plaisir, mon ami, si tu
venais à la maison pour nous aider. Je te baillerais cent vingt pistoles et un
habit neuf avec une paire de souliers. Ma bru peut quasiment plus bouger
tant ça l’a mise en chagrin, la mort de mon pauvre garçon. Tu l’as connu; il
était bon et vaillant.
—Oh! pour ça, oui! un bon homme. Mais j’aime mieux vous le dire tout
de suite, je peux point venir chez vous. Courteux m’embauche à belle
année, à cause qu’il a son bien de la Grangerie et aussi le bien de ceux qui
peuvent point le faire.
Ayant dit ces mots, il considéra avec attention les chenets comme s’il les
voyait pour la première fois.
Le père Villard trouva alors des paroles de bonne amitié, rappela qu’il
avait été, dans le temps, bien satisfait de la besogne de Desforgues. Ce fut
inutile. En se levant de sa chaise pour revenir à son jardin, il déclara, sur un
ton qui blessa Villard:
—Ah! pauvre vieux! Pas de chance, appelle pas de chance! Si mes
enfants n’étaient pas tous à la ville, je vous en aurais laissé un pour vous
tirer de peine. Mais moi, je peux point mécontenter Courteux qu’il faut pas
faire enrager, car il est point commode.
Villard prit son bâton qu’il avait posé près de la porte. Et tout raidi, il
s’en alla en disant:
—C’est comme tu voudras, mon gars. Je m’arrangerai ailleurs.
—Et pourquoi que vous vendez pas, si vous pouvez plus faire? Courteux
vous achèterait la Genette ...
Mais Villard gronda:
—C’est-il que tu serais d’entente avec lui? On vendra point le bien où
mes vieux et mon garçon ont tant peiné. Tu peux lui porter ça à Courteux.
Et s’il y a pas de chance, y en aura point. C’est pas au beau temps qu’il y a
vaillance à tenir bon.
Il hochait la tête et tremblait. Desforgues alla reprendre sa bêche.
—Bien le bonjour, siffla-t-il.
Villard prit un sentier qui tournait sous des châtaigneraies et tirant le
pied il monta vers le village du Cluzeaud.
Il gravissait la pente de la vallée, trouée de roches grises où le lichen
faisait des ors verts, ponctuée des fuseaux du genévrier. Dans cette immense
solitude, le cri d’un oiseau sauvage passa. La bruyère devenait drue et les
fougères levaient leurs petites crosses de verdure tendre. Il y avait à mi-
coteau des enceintes de pierres sèches que des hommes, dans des temps
bien finis, avaient formées et que les fées, maintenant, habitaient. De ce
point, on découvrait des étendues de campagne, à perte de regard; et la
rivière coulait en bas, anguille lumineuse qui se glissait, tordue en des
profondeurs vertes et se cachait pour montrer soudain, à une lieue, un de ses
anneaux que le soleil écaillait de feu.
Villard ne regardait pas ce coin de terre familier. Avec l’obstination lente
de la vieillesse, il poursuivait sa route, et le refus de Desforgues avait
aiguisé encore sa volonté de trouver un valet. Où était le temps jadis, quand
le pays avait de bons bras à son service, en toute saison? Autrefois, que l’on
fît un signe, un appel, et de braves garçons s’en venaient à l’aide, bien
contents de travailler et de faire du blé pour chacun et pour tous! Pauvres
jours où servir n’avait plus sa joie et son honneur, quand on ne pensait qu’à
se raidir l’échine en guignant des poignées d’argent et en maudissant la
bonne peine de gagner sa vie!
Lorsque Villard eut atteint la cime de la vallée, il aperçut le village du
Cluzeaud: huit maisons basses, couvertes de grosses tuiles brunes, assises
au bord d’une mauvaise route rocailleuse, quatre d’un côté, quatre de
l’autre, et se regardant par leurs étroites fenêtres, pleines d’ombre.
Il appela, tout essoufflé, Pierre Lechamp; mais ce fut la femme qui
répondit, venant sur le seuil que barrait un portillon. Le tricot aux doigts,
sans interrompre le mouvement sec des aiguilles qui serraient des mailles de
laine dure, elle dit:
—C’est vous, père Villard, vous voulez parler au Pierre? Il n’est point à
la maison: il tire de la pierre dans la carrière du Masblanc pour l’agent
voyer. Entrez vous asseoir. C’est loin, de la Genette au Cluzeaud; et vous
avez vendu l’âne.
Elle parlait en chevrotant; et dodelinant sa tête serrée dans un mouchoir
dont un coin sortait en oreille de lapin, elle expliqua que son homme n’avait
pas une journée libre.
—Vous venez, peut-être bien, rapport à vos terres; et votre garçon n’est
plus là pour les faire ... Mais, vieux, vous mangez pas les sangs. M’est avis
qu’il faut vous reposer, mon pauvre, et laisser tout ça. Vous en aurez
toujours assez, à preuve que vous êtes plus bien jeune. Chacun son tour.
Il allait entrer, mais quand il entendit ces paroles, il recula comme si on
l’avait frappé. Il se souvenait qu’il avait donné jadis à cette femme un sac
de froment, par bonté comme on le doit, car elle vivait chichement, ayant
cinq enfants à élever qui, maintenant, tous placés à la ville, lui servaient une
petite pension.
Il s’éloigna; et il faisait sonner son bâton sur les pierres pour montrer
qu’il dédaignait la commère qui le regardait partir.
Quand il arriva au tournant du chemin, il s’assit sur le rebord du fossé,
car ses jambes pliaient sous lui. Il était pris d’une grande faiblesse; dans son
jeune temps, même quand on ne s’accordait pas, on offrait toujours un verre
de cidre, un bout de pain et de salé. Et il avait faim. Mais ceux qui sont
vieux deviennent légers comme les petiots. Il se mit à rire d’un pauvre rire
qui tirait sa lèvre où le sang ne montait plus: «Ah! ces mal plaisants!
pensait-il, si on a besoin de rien, on peut venir chez eux.» Des larmes
mouillèrent ses yeux qu’il essuya vite avec ses doigts. Il fallait que sa
petite-fille fût contente, ce soir, quand il rentrerait. Il était assez âgé pour
faire un mort, mais avant de s’en aller au cimetière, il pensait à Vone, à
Tine, à Nonot qui aimaient tant à jouer à la barbichette. Ces petits becs
demandaient la becquée. Il se leva en s’aidant de son bâton: il fallait se
hâter, car le soleil descendait sur la vallée. Il murmura:
—Faut que je trouve ... Hélas, quand on est vieux, on n’est plus si fin.
Il songea à Justin Brilloux qu’il n’avait pas vu depuis longtemps. Il en
gardait un bon souvenir. Il habitait à l’Age d’Amont, en dehors de la

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