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Markus Bella Große Enthüllungen sind von mir auch nicht zu

erwarten, vielleicht wird sogar manches auf seine


tatsächliche Banalität zurechtgestutzt, was nach fast
Die Kassettenszene einer Generation ja auch legitim, wenn nicht notwen-
im Raum Tü-Rt-S dig ist.
Und doch. Beim Befassen mit dem alten Material,
in den frühen 80er Jahren nach dem Abblasen von Staubschichten spürte ich
wieder eine Energie, die davon ausging, dass es
ganz selbstverständlich war, dass sich viele Leute für
„Scheitern ist das Heldentum der 80er Jahre“
Musik leidenschaftlich interessierten und auch musi-
Ralf van Daale
kalisch betätigten, die kein Instrument im klassischen
Sinne spielen konnten, ja nicht mal im Sinne der
Rockmusik.
Die frühen 80er waren für mich selbst, der ich schon
Die Kraft des Dilletantismus – damals in der Musik,
seit 1974 Musik in Bands gemacht hatte, eine beson-
in der populären Kultur ein Jungbrunnen, heute in der
dere Zeit. Es war eine allgemeine Aufbruchstimmung
politischen und wirtschaftlichen Sphäre angelangt,
zu spüren, was sich auch daran zeigte, dass es ein
wo sie großen Schaden anrichtet.
dankbares und interessiertes Publikum gab und die
Medien bereitwillig über Entwicklungen in der Musik
Vorgeschichten und Anekdoten
und den Ideen dahinter berichteten.
Als gelernter Historiker und Germanist kann ich eine
So, und jetzt passiert es doch, der Feind der Histo-
solche Darstellung nicht bedenkenlos durchführen.
riographie schleicht sich ein, die Anekdote. Das alles
Das Was und das Wozu ist doch zuerst zu betrach-
ist noch nicht so gut aufgearbeitet, dass man ein
ten. Die Fakten sind von der Darstellung zu trennen
Präparat darstellen kann.
und ich kann nicht so tun, als wäre es mir möglich,
Da vorwiegend studentisch geprägt, ist die Tübinger
objektiv über eine Ära zu handeln, von der ich selbst
Musikszene auf Einwanderer angewiesen. Markus
Teil war.
Bella, Axel Recht und Fahl spielten 1974 als Klas-
All diese Skrupel und die Auswahl repräsentativer
senkameraden in der Schülerband sing-sing (ihr
Quellen, sowie deren Aufbereitung, etwa die Kon-
Mitschüler und heutiger noch? Bundesliga-Trainer
version von MC nach CD, zogen die Fertigstellung
Ralf Rangnick brillierte zeitweise an den vocals). Man
eines Päckchens, das ich flugs nach Köln zu schicken
traf sich dann in Tü wieder, Le Marquis als Bassist
gedachte, doch in die Länge.
von Anschlag verhalf den beiden, die ABC gründeten,
Schon damals äußerte ich mich auch journalistisch,
zu ersten Probemöglichkeiten.
aber eben so, und das zieht die Darstellung in die
Eine nette Anekdote ist der Auftritt von Autofick zum 5.
Länge, dass ich etwas dokumentieren wollte und nicht
Jubiläum des Düsseldorfer Stadtmagazins Überblick
nur, so wichtig das auch ist, unterhaltsame Sprech-
1982. Ein edles Ambiente auf einem Schiff, mit 40
blasen absondern.
DM Eintritt ein Treffen der Schönen und Gutangezo-
Aus den Hahnen- und Grabenkämpfen habe ich mich
genen. Den Rhein rauf und runter und ich mit meiner
schon damals versucht herauszuhalten, ich hatte
Höfner aktiv direkt in den Mischpult, einen derartig
auch keine Vergangenheit in politischen (Uni-) Gre-
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abscheulichen, klirrenden, kratzenden Gitarrensound


mien der 70er wie die großen Vorsitzenden und
habe ich nie wieder produziert. WENN ES DENN
Wortführer Sven, Handke, Edelhuber oder Andre
GEGANGEN WÄRE, hätten wir das Schiff leerge-
Schnisa.
Was? Die Geschichte der Kassettenszene in Tü, Rt,
S zu Zeit der frühen 80er Jahre, die Organisationsfor-
men, Verflechtungen, Brüche und Ungleichzeitigkei-
ten, Gruppierungen, Fraktionen und Einzelgänger ...
Eine Zeit, in der es viele Leute gab, die ähnliche
Ideen hatten, viel Bereitschaft zu Kooperation und
zum Experiment da war, auch für Projekte, deren
Scheitern von vornherein absehbar war.

Organisationsformen

Das „Wachtturm“-Prinzip war zunächst wesentlich –


man tauschte Fanzines gegen MCs und Adressen
Anschlag (1980, links: le Marquis)
aus. Eine erste Organisation war die bubu-Musikver-
breitung von Rolf Schobert, vor allem für Produkte
spielt, das Entsetzen war groß. Uns wurde dort aus dem Heute-Umfeld. Infam war der Versuch, für
vorgeführt, was New Wave ist, und die Herren Kraft- Tübingen einen zentralen Anlaufpunkt zu haben, Axel
werk hielten hof, die wir später in einer schicken Bar Recht lieferte vor allem die Adresse. Bestellungen für
wieder trafen, die so modern und wavig war, dass Marquis oder Sache Produkte wurden dann an mich
ich Mühe hatte, eine Toilette ausfindig zu machen. weitergereicht und ich wickelte das dann ab, mir war
So geht’s, wenn sich Provinzler in die Metropole ver- auch wichtig, mit den Interessenten direkt in Kontakt
irren. zu treten.
Zimt wäre nicht möglich gewesen ohne das Know- Auch die lautt-Redaktion war eine solche Drehscheibe
how und auch die sächlichen Mittel, die der Dipl.- und wurde oft von Interessenten angeschrieben.
Ing. Uli Mall zur Verfügung stellte. Das Produzieren Werke junger Monarchen, das Label von Handke Hes-
obskurer Klänge war so etwas wie sein Hobby. selbach, war schon etwas organisierter, er machte
Ein Bunker in einer ehemaligen Schuhfabrik in Leon- auch Werbung und Vertrieb.
berg mit zwei getrennten Räumen wurde gedämmt Das wichtigste Label war aber im Süden Intoleranz,
und klimatisiert. Die Produktionen bis 1983 wurden und da waren die Qualitätsansprüche schon höher,
ohne Mehrspurmaschinen gefahren, meist live einge- meine Solowerke hätte ich da gar nicht angeboten.
spielt und im Nebenraum gemixt und mit Effekten ver- Es gab keine Exklusivitätszwang, so war Die Sache
sehen. Effekte, das war die Domäne von Mall. u.a. bei Rimpo, Werke junger Monarchen und Molto
Menz zu haben.
Band-it war in seiner Bedeutung nicht zu
Vorbemerkungen unterschätzen und als Cassettenzeitung auch ein
neues Medium.
Obwohl ich es mir für „später einmal“, wenn ich Molto Menz machte seine Tour mit dem MC-Stand
viel Zeit haben werde, vorgenommen habe, die in verschiedenen (Uni-)Städten und wenn er nach Tü
Geschichte der unabhängigen Musik im hiesigen kam, wurde er schon erwartet mit seinen neuesten
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Raum darzustellen, ist es doch ein klares Muss, es


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Produkten und Meldungen aus der Welt der MCs.


in Ansätzen zumindest zu tun, jetzt, da sich konkret Vielleicht war das, was Anfang der 70er mit „mehr
jemand dafür interessiert. Demokratie wagen“ losgetreten wurde, jetzt auch im
Bereich Musik angekommen. Die Mittel und Aus- waren teils kindlich-bemühte Wohnzimmeravantgarde-
drucksformen der Popmusik, in den 60ern noch neu stücke, Alltagsgeräuschen nicht abgeneigt.
und exotisch, hatten sich als selbstverständlich – und Die A&P-Platte war also nicht ein Gegensatz zu
damit auch schon als überholt – etabliert. Kassettenproduktionen, sondern genauer Ausdruck
davon. Sie war fast eine Parodie auf die Schallplatte
und ihren Fetischcharakter überhaupt.
Die Komplexität der Plastiktüte Die Band hieß Attraktiv&Preiswert, das Stück hieß
so und das Cover war eine Plastiktüte von A&P. Van
Man ging mangels eigener Anlage und eigener Gigs Daale taucht mit einigen dieser Platten auf, kommt er
nach Konzerten von befreundeten oder scheinbar gerade vom Einkaufen, will er Platten verkaufen oder
gleichgesinnten Musikern auf die Bühne. Musiker, die was? Ist das Projekt Kritik am Konsum oder dessen
das nicht zuließen, galten als schlechte Menschen Verherrlichung? Der „Triumpf des Banalen“ (Schilli)
und deren Konzerte wurden boykottiert. Als Augen- erzeugt auch ein Aufbrechen von Wert- und Interpre-
zeuge berichtete ich davon, was sich nach einem Gig tationssystem, man denke an die Flagge von Jasper
von Hansaplast Ende 1980 in der Mausefalle zutrug: Johns, wo man nicht weiß, ist das Kunst oder hängt
Rolf Schobert bekam von Ralf van Daale einen da halt eine Flagge im Museum.
Zettel mit einem Text zugesteckt, den er zu dekla- Wichtig auch das Umgehen und damit Unterlaufen
mieren hatte („monoton-durchhalten-publikum-igno- von gängigen Wegen der Produktion und Distribu-
rieren“). Schilli hatte eine Plastiktüte in der Hand, mit tion.
einem seltsamen Trommelsynthesizer darin, auf der Vor den Konzerten z.B. in der „Mausefalle“ standen
Bühne zog er ein Kabel heraus, steckte es ein und da also die Fanzine- und Cassettenmacher Spalier
schlug völlig apathisch mit einem Schlagzeugstock und boten ihre Produkte feil, teils sie vor die Brust
auf die Plastiktüte samt Inhalt, worauf jeweils ein mit beiden Händen haltend, das möge hier das
grauenvoller, aufsteigender, jaulender Ton den Raum „Wachtturm“-Syndrom genannt werden, es gab ja
erfüllte. Gini Fatale spielte eben die zwei Töne auf auch in dieser Szene Sektierertum und Missionare.
dem Bass, die er konnte, jemand „spielte“ Schlag-
zeug und Ralf und Rolf sprachen ihre monotonen
Texte. So ging das einige Minuten, und es kamen Periodisierung
immer mehr Leute auf die Bühne und machten
mit, schließlich ging Ralf von der Die gängige Erstellung eines zeitlichen Rahmens,
Bühne und sagte sinngemäß zu etwa bei der Punk-Disco-Kassettographie (www.punk-
mir: „Wir sind Initiatoren, haben disco.com), geht von 79-84 aus. Im Falle Tü-Rt muss
etwas angestoßen, was andere aber auf jedenfall das Jahr 1985 noch mitberücksichtigt
weiterführen, wir sind Avantgarde“. werden, da fand die, auch hier verspätet erst 1981
sich etablierende Szene nachvollziehbare Zäsuren.
Mit einem Billigrecorder wurde das 1985 steht für das „Golden Winternight Festival“ bei
Ganze aufgenommen, wo man dem alle noch ein letztes Mal, teils schon als Selbst-
gerade stand, auch unsinnige Dialog- parodie, aufspielen, für die Produktion des Videofilms
fetzen und sonstige Störgeräusche „Das Leben des Carl Meyer“, der im Februar 2004
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mischten sich mit der Darbeitung. wieder ausgegraben und aufgeführt wurde, sowie für
Das Stück wurde mehrmals aufgeführt, das ergab die Auflösung der Zimt-AG und der Familie Hessel-
dann eine Seite der A&P-Platte. Die andere Seite bach.
Lexicon-Hall, Reußenzehn-tube-premp, pitch-Trans- Projekte: Vermin, Name, Die Alten, Solo.
poser, das feinste und neueste an Technik war da Thomas Walter, auch Handke Hesselbach, Hank
neben klassischen Bandechos und hochwertigen Ewalds, Hank von Ewalds, HvE; Bands/Projekte:
Mischpulten und Mikrophonen. Revox Bandmaschi- Familie Hesselbach, Gäste aus Ungarn, Die Schrift-
nen waren der Standard. In der Szene wurde teils leiter, Die Eltern, Solo.
über den „zimt-Laboratorium-Sound“ gelästert und Frank Kühner, auch Frank Hesselbach, Carl Mayer,
Malls Vorliebe für die „kleinsten Details und nur diese“ Mayer; Bands/Projekte: ABC, SR 25, Familie Hessel-
(van Daale). Hier entstanden auch Produktionen für bach, GAU, Die Schriftleiter, Die Sache, Solo: Tassili
andere Bands, etwa Die Sache „Nach Punkten“ und Expedition.
„Kugel“, auch Produktionen für Familie Hesselbach. Gottfried Kress, auch Gottfried Hesselbach; Bands/
Ab 1984 mit 8-Spur-Maschine betreute ich dann die Projekte: ABC, SR 25, Familie Hesselbach, Ndl, Sen-
Demos für 8-Halbe. timental servic.
Beim Zimt-Stück „Zweisamkeit“ spielt eine ganz Klaus Wolf, auch Klaus Hesselbach; Bands/Projekte:
andere Besetzung mit Kontrabass, Vibraphon, Barri- ABC, SR 25, Famile Hesselbach, Ndl.
tonsax etc. im Mittelteil weiter, später übernimmt Zimt Klaus Roth, auch Claude Hesselbach; Bands/Projekte:
wieder, eine aufnahme- und schnitttechnische Mei- SR 25, Famile Hesselbach, Mint mine.
sterleistung. Markus Bella, auch Le Marquis; Bands/Projekte:
Die Zimt-Arbeitsgemeinschaft bot auch Raum für Anschlag, GAU, Zimt/Autofick, Ndl, Die Sache, Solo.
andere kreative Köpfe, viele Lichttechniker, Tonmei- Beck 1210; Bands/Projekte: Die Sache, 1983-85
ster und Musiker schauten herein, machten mal hie Oliver Neitzel, auch Ollie, Rudi Ment; Bands/Projekte:
und da mit und gingen wieder. Exzess, Autofick, Die Sache, Die Mütter, Nevermind-
Ich lernte dabei mit den Produktionsmitteln umzuge- fux, Killing Corsets, Krach.
hen, und die Jahre bei Zimt waren meine Lehrjahre. Joachim Stumm, auch Gini Fatale; Bands/Projekte:
Die komplexen und doch transparenten Arrange- A&P, Solo.
ments bei „The Girl who stole the eiffel tower“ (Die Ralf Siemers, auch Ralf van Daale; Bands/Projekte:
Sache, Mini-LP) sind nicht ohne diese Erfahrungen A&P, Solo, How high the moon, Zimt/Autofick, Die
denkbar. Mütter.
Nach dem Split von Zimt 1985 fand erst wieder 2002
eine Kooperation statt, auf der Sache-CD „Wann und
wo immer du willst“ singt Sven Gormsen ein Stück
und er trat auch zweimal mit auf, auch mit „ich, es und
über-ich“.

Wichtige Protagonisten der Cassettenszene Tü-Rt der


der frühen 80er:

Rolf Schobert, auch Benno Schyzophreno, Der


künftige, ewige ... Musikant; Bands/Projekte: Vermin,
Name, Heute, Solo.
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Georg Alfred Wittner, auch GAW; Bands/Projekte:


Vermin, Name, Heute, Pünkelpracht, Solo. Familie Hesselbach
Wolfgang Schillhanek, auch Schilli, Anabiose; Bands/
Autofick (1983): Van Daale, Sven Gormsen, Uli Mall, Le Marquis
Steffen Lückehe, auch Luigi Nicoletti; Bands/Projekte:
Frauen und Technik, Solo, Die Schriftleiter, Die
Mütter.
Sven Gormsen, auch Blitzkrieg; Bands/Projekte:
Zauber der Musik, Zimt/Autofick, How high the moon,
Heute.
Uli Mall; Bands/Projekte: Zauber der Musik, Zimt/
Autofick.
Christoph Haas; Bands/Projekte: Zimt/Autofick.
Martin Strampfer, auch Martin Luthor Kong; Bands/
Projekte: Anschlag, Zimt/Autofick, Ndl.
Pollux; Bands/Projekte: Zauber der Musik, Anschlag,
Ndl
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Zimt (1983): Le Marquis und Van Daale


TÜ-S-R-pedia Familie Hesselbach, gegründet Ende 1981 in
Tübingen, nahmen mehrere Kassetten und Platten
zusammengestellt von Günter Sahler. Alle Bilder auf, gaben ihr Abschiedskonzert am 24. Oktober 1985
sind aus dem Archiv von Markus Bella. im Zentrum Zoo. Etwa zur gleichen Zeit erschien ihre
letzte Kassette „Der Untergang des Hauses H.“ mit
Aufnahmen von 1980 (mit Stücken aus den ABC-
ABC, nicht zu verwechseln mit gleichnamiger Band Tagen) bis 1985. Im Oktober 1990 spielte die Band
um Martin Fry aus dem englischen Sheffield, die zur für einen Abend noch mal das alte Programm im Zen-
gleichen Zeit aktiv waren. ABC aus Tübingen wurde trum Zoo.
von Uli ABC und Axel Recht gegründet. Zur Band Frauen und Technik, Band aus der Gegend von Her-
kamen noch Frank Kühner, Gottfried Kress und Klaus renberg, Reutlingen, Nagold, die auch eine Kassette
Wolf. „In diesem ersten Halbjahr 81 war ABC sicher aufgenommen hatte.
die beste Tübinger Punkband. Die Ergebnisse dieses Gäste aus Ungarn, JazzPunk-Band aus Tübingen
Schaffens hielt man fest auf einer Kassette, die mit Handke und Frank von der Familie Hesselbach
inzwischen leider vergriffen ist, die ich aber stel- sowie Le Marquis. Ihre Kassette hatten den Titel „Der
lenweise sogar der Hesselbach-Cassette vorziehe.“ Name sagt alles“.
(Sven Gormsen, „Die Hesslbach-Story, Lautt Nr. Gormsen, Sven, auch Blitzkrieg genannt. Fanzine-
0/Okt. 1982) Nachdem Uli ABC bei einem Auftritt im macher. Bandmitglied bei Zauber der Musik, Zimt/
Botanischen Garten in Tübingen die Bühne und Band Autofick, How high the moon, Heute. Herausgeber
verließ, nahte das Ende von ABC. Die Band nannte der Musikzeitschrift „Lautt“. Beitrag in der „Tüte“
sich nun kurzzeitig SR 25 (soll von „25 Jahre Schar- (2/1981) über die Tübinger Musikszene („I can‘t get
now-Reisen“ kommen), dann Familie Hesselbach. no satisfaction!“). Kassettenstatement: „Im Grunde
Anschlag, Band aus Tübingen, die zunächst frühe ist die Kassettenszene Teil der Untergrundszene.
Who- und Stones-Stücke nachspielten, dann sich Untergrund insofern, als die Produkte für den allge-
auch der neueren Musik öffneten. Mit Le Marquis, meinen Konsum zu sperrig sind. [...] Oft ist jedoch
Pollux und Hendrik. die schlechte Qualität für jemanden, der nicht in der
Arsenal, Kino-Kneipe in Tübingen, Treff einiger Szene ist, eine Zumutung. [...] Es gibt viele Sachen,
Kassettenmacher. die besser sind als das, was es auf Platte gibt.
Bermuda Dreieck, kurzlebige Ska-beeinflußte Band Die sind jedoch mitunter einfach nicht vermarktbar.“
aus Tübingen. (Schwäb. Tageblatt, 26.05.1984)
Café Zakk, Treffpunkt der Infam in der Thiepval- Hesselbach, Frank, Eigentlich Frank Kühner, auch
Kaserne (Bau von 1874) in der Schellingstraße in Carl Mayer oder Mayer genannt. Bandmitglied bei
Tübingen. den Musikgruppen ABC, SR 25, Familie Hesselbach,
Diederichs, Steve, Bandmitglied bei 8 Halbe, Der GAU, Die Schriftleiter, Die Sache.
Clan, Fazit. D. veröffentliche eine Kassette mit dem Hesselbach, Handke, Eigentlich Thomas Walter,
Titel „Steve als ‚der General‘ in Sympassé“. Kasset- auch Hank Ewalds, Hank von Ewalds oder HvE
tenstatement: „Man hätte die Chance, den Platten- genannt. Bandmitglied bei Familie Hesselbach, Gäste
markt zu untergraben, wenn es bei den Hörern nicht aus Ungarn, Die Schriftleiter, Die Eltern. Eigene Kas-
diese Soundspinner geben würde, die nur auf den setten als H. auf seinem Kassettenlabel Werke Junger
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Monarchen. Autor der Zeitschrift Lautt.


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superklaren Sound stehen. Außerdem sind die Leute


konservativ und denken bei der Kassette sofort an Hesselbach, Klaus, Eigentlich Klaus Wolf, Bandmit-
ein Chaotenprodukt.“ glied der Famile Hesselbach aus Gomaringen.
Hofmann, Armin, Student in Tübingen, eigentlich aus holten Bands wie DAF, Palais Schaumburg, Au Pairs,
Wildberg (Nordschwarzwald), machte das Modema- The Fall oder Honeymoon Killers nach Stuttgart.
gazin, ExtremMist und dann X-mist. Nach einem Streit mit dem Pächter der Mausefalle,
Infam, Initiative für aggressive Musik in Tübingen. konnte der Konzertbetrieb nach dem letzten Konzert
Janta und die Teilung Europas, Tübinger Band mit im September 1982 (es spielte die New Yorker Band
Mitgliedern von Moralische Endrüstung und Bermuda Unknown Gender) nicht vorgesetzt werden.
Dreieck. Mobile Liebe, Mitglied der Infam, Pogoband aus
The Jazzbandneger, Mitte der 80er Jahre eine Band Tübingen.
aus Stuttgart, elf Personen, mit dabei GAW. Spielten Mode Magazin, Fanzine vom ExtremMist-Macher
eine Mischung aus Jazz, Gospel, Chansons, Soul Armin Hofmann, mindestens neun Ausgaben.
und Bepop im modernen Gewand. Moralische Endrüstung, Mitglied der Infam, machten
Lautt, Vierteljahresschrift für Geräusche aus der Pro- „Studentenpopgo“ und „Synthie-Pop mit saxophon“
(Hank Ewalds). Hendik war vorher bei Anschlag.
NDL, Projekt mit Le Marquis, Klaus Hesselbach,
Pollux und Carola. Nahmen die Kassette „Monte
Carlo, Baden Baden“ auf.
Punk-Keller, Kneipe die Ende 1981 in Tübingen in
der Herrenberger Straße eröffnet wurde.
Rimpo, Schallplattenladen in Tübingen, Marktgasse
17 (heute 2004)
Römer, Wolf-Ingo, machte das Kassettenlabel Edi-
tion Oberton, das aus der Initiative Rock gegen
Rechts hervorgegangen war. Zusammen mit André
Schnisa nahm er die Kassette „Urbi Et Orbi Meet
The Papst“ auf. Später war er Bandmitglied bei Die
Maschinisten, mit denen er ebenfalls eine Demokas-
vinz, Musikzeitschrift aus Tübingen, erschien erstmals sette aufnahm.
im Oktober 1982 (Nr. 0). Rüger, Richard, kam aus Dettenhausen, Bandmit-
Le Marquis, eigentlich Markus Bella. Bandmitglied glied bei Zauber der Musik
bei Anschlag, GAU, Zimt/Autofick, Ndl, Die Sache. Sache, Die, Band um Le Marquis als Sänger, Gitar-
Veröffentlichung der Kassetten „Pop“, „El Dorado“ als rist, Pianist, Texter und Komponist. Le Marquis ist
L. Kassettenstatement: „1980 hat der Name-Dunst- seit seiner ersten Band 1973 „dem 3-Minuten Pop-
kreis angefangen, Solokassetten zu machen. Das ist
der letzte Kick gewesen, es auch zu machen. [...] Die
Kassetten die ich damals kannte, waren musikalisch

Mayer, Le Marquis,
schlecht und hart an der Grenze der Unhörbarkeit.

Die Sache (1987):


Da hab‘ ich mir gesagt: Raus mit dem Zeug!“ (mit
„Zeug“ waren die Aufnahmen der ersten Le Marquis-

Rudi Ment
Kassette „Pop“ gemeint).
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Mausefalle, Veranstaltungsort in Stuttgart. Dort ver-


anstalteten Werner Heitmann und Stefan Siller den
Konzertbetrieb „Paul-Musik“ ab Herbst 1980 und
Ethos der mittleren Sechsziger verpflichtet.“ Die Band Untergrund-Spaziergang, Titel eines „Tübinger
wurde im Frühjahr 1983 von Beck 1210, Mayer und Musik- und Szenen Wochen-Kalender“ für 1986 der
Le Marquis gegründet. 1985 kam Rudi Ment hinzu Ende 1985 von Le Marquis und Frank D. Beat (= Frank
und Beck verließ wenig später die Band. In dieser Diederichs von 8 Halbe) herausgegeben wurde.
Zeit nahm die Band die Kassetten „Nach Punkten“ van Daale, Ralf, eigentlich Ralf Siemers aus Filder-
(1983), „Kugel“ (1984), und „Who‘s in my Garage“ stadt, „eine verkrachte Theologiestudentenexistenz
(1986) auf und beteiligte sich am Kassettensampler und einstmals selbsternannter Punk-Papst Tübingens,
„Battle of the Bands – a collection of German Garage war der Initiator von ‚Attraktiv und Preiswert‘, einer
Bands“ (Glitterhouse). Später folgten die beiden Mini- Punk-Avantgarde-Gruppe“. (Hank Ewalds in einer
LPs „The Girl who stole the eiffel tower“ (1987) und Scritti von 1982). Einen A&P-Auftritt (mit Gini Fatale)
„Why I hate america“ (1988). Nach zahlreichen Umbe- gab es auf Vinyl. Veröffentlichte die erste Punk-/New
setzungen gehören heute Charles Miller, Dr. Subke Wave-Kassette der Gegend. Spielte bei How high the
und Le Marquis zu Die Sache (www.die-sache.de). moon, Zimt/Autofick, Die Mütter.
SR25, kurzlebige Vorläuferband der Familie Hessel- Zentrum Zoo, Veranstaltungsort in Tübingen im
bach, die sich aus ABC gebildet hatte Schleifmühlenweg 86, Neueröffnung 27. November
Tüte, Tübinger Termine, Stadtmagazin für Tübingen 1981
und Umgebung. Erschien erstmals 1980. Zimt, entstand 1981 im Stuttgarter Raum, Band
mit Le Marquis, Sen Gormsen, Ralf van Daale.
Der Stil von Z. bewegte sich „zwischen Geräusch,
Zwölftonmusik und Free Jazz“ (Schwäb. Tageblatt).
Z.S.K.A., Soloprojekt von Andy Hofmann aus Wild-
berg, Bruder von Armin Hofmann (ExtremMist,
X-Mist). Nahm drei Kassetten auf, war auch ver-
schiedenen Samplern von ExtremMist sowie auf den
Samplern „Jeden Morgen, Jeden Tag“ (Infam), „Lautt
- Ein Sampler aus Südwest“ (Intoleranz), „Fight For
Your Life“ (Volksempfänger) und „Dilletanten des
Wunders“ (Provinzmusik) vertreten.
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Zimt (1985): Le Marquis, Sven Gormsen, Uli Mall

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