MEINUNG POLITIK MEDIEN F EUILLETON

Apfl Loffl er Lo\\ Scheuchtum Karnten leannee Im ORF 7

Nuchtern, Schat z 5 6 Wer zahl t .... nd Osterreicher S 13 Post an Wrabetz S 19 Off Bühnen: Kein Drama!

STAD TlEBEN STEIERMARK ALLE TER M INE 22 .1.- 28 . 1.

S(hauspu~l('r Kar1 M<lrko\ 1(\ Falter Woche - 56 Selten Wien Steiermark und
Mittersteig: das tote Theater Im 'ntt'I\Il'\\ S 40 Na(hbarn, Tagesprogramm, KUTzkntlken, Zoo

WELT AHOl! / " 'tiER I\ IU DIR ORF

./ BESTI MM ER III\? 1
PQ"~" ~,p on 0.' ... , .1
W.IIAh",
 8 " I I I I
Das Wichtigste in der Politik
WIe die JagmcI gtgm
FPÖ-Chef BeiDz-CIuistiaa
Simhe mobilisiert
.. ,n , "OOMI' , , .. II1Mi.
II I T I '
Speodm uod Spezis:
die RIUStII im
Scheuchtum bmttll
' l O. , " ' ' I( LI" 11
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Korruptioosjäger MartiD
KreutDer geht: AbschIed
eIoes \JohesttcIilich
HO" ..... LU'.
Sl lT I 14
Politiktermioe
'ALU. ,WO,,,,
IIIT.21
Dolm;'ll.t. Wertungsexzess
Dolm der Woche:
AodrusBöhm
Der Rkht.r lllilden
dieStRh ei_
TOmn - _li.,
Tllrllell1
ie drohte mit Scheidung, er mit
S Mord. Sie zeigte Ihm die Sehel-
dungspapiere, er stach zu. Ein Out·
zend Mal. Trotzdem übe rlebte sie.
Richter Andreas Böhm und zwei
Schöffen verurteHten den Mann nu n
am Wlener Landesgericht - wegen
versuchten Totschlags, nicht wegen
versuchten Mords. Schließlich lie-
ge der Tat eine ~allgemeln begrelßi-
ehe, hefUge Gemütsbewegung· zu·
grunde. Der Anlass fllr die mildem·
den Umstä nde: Er war Tilrke. Böhm
mag es gut gemeint habe n. Tatsäch·
lieh berücksichtigt das Gesetz bei der
Schuldsuche die Sozlilisleru ng des
Tätets. Dassprlchtabergegen dasGe·
setz und nicht fürdas Unei!. Sind vor
JustItiasverbu ndenen Augen etwa alle
gleich und Muslime ungleicher, weil
emotional unberechenbarer? Welch
ei n Hohn für die Rechte der Frauen.
Welch ein Fressen für die Rechten.
Worüber Wien
... redet: StrachesAudienz beim K..iser
SoKhmihltH hailNln H.·C.
51r1che Hltln .rlebt. •Woh • •
kommt derHusr", fratt.
ORF·KaIHrPlllmd.r. Ein
fahl.r N.ch.etChm.ck ble/bt
.M•. Wie l.nl .IOII.ln H.b ••
Im F. nlH he" IrinHn diirf.nr
: I (' POL I T I I{
"N steht für Nazi. der total spinnt. A für den Abschaum. der Sie sind.
C für Clown. Sie sind eine Strafe. Jetzt alle: Fuck Na C.·Strache"
, . , '''I( AIIA SlIION MHIII. $11 , . ,
Bild der' Woche S<hauplatz
Klapnfun, F,.thJ: DIt! Kimtn.r Grün.n ford.rn 0'0"" LaltClh.... d.n Rllcktrla d• •
FPK·I.fUhrt.n R....ru"l rund um G.rt..rd Dörfl.r fOT 0 : ION ol"" 1 I • U ( "
Am Apparat Telefonkolumne
Müssen wir Angst um den
Sozialstaat haben, Herr Steiner?
ine Uberalte rte Gesellschaft, eine Wo hat lieh 111.11 Sparen Im Soli.ISJII.m
E sinkende Ge burtenrate und eine
steigende Staatsverschuldung: Die
bl.tte.lll.ff.kt" .rwieH"7
Pßege· und Arbeitslosengeld wurden
Regierung wird sic h 2010 vor allem etwa nur sehr langsam angepasst,
mit dem Thema Sparen beschlttlgen
- mlthllte neue r Steuernode r Sparpa·
auch die Erhöhunge n bei den Penslo·
nen lag unter der Innationsrate. Heu·
kete. Hans Ste iner, Leiter der Grund·
lagen· und Forschungsabte ilung im
te gäbe es Nachholbedarf bei arbeits·
markteolluschen Maßnahmen, um
Sozialministe rium, hat die Kosten des meh r Altere und Frauen Ins Erwerbs·
heimischen Sozialstaats In den ver· lebe n zu holen - das würde dann die
gangenen 15 Jah ren analysiert. Sozialausgaben entlasten,
W.IIUnn.lchlllH helmlKh.Sollalwuen
MO..." wir Anl.t um die Fln."lle"••- "On Ind.,.nUItCl.rn abKtl.u.n?
keil des SoIUllWb kaMn? Ge ld Ist natürlich wichtig, Olbe r mOln
Nicht, wenn man sich die letzten Jah· sollte ge ....de die Dienst· und Sachleis·
re anSChaut: Da hat es auch schon el· tungen we iter ausbauen, wie es die
nen Anstieg der LeIstu ngsbezieher ge· skandinavischen länder vorm achen:
geben, trotzdem Ist die SozIalquote da mit Eltern Anspruch auf ei nen gu·
seit 1995 nlchtgesUegen. Es gab näm· ten Klnderbeueuungsplatz haben
lieh schon Anpassungen Im Sozlalsys· oder jeder alte Mensch eine qualltäl.5·
tem: einerseits die Umschichtungvon volle pnegemögllchkeltbekommt.
Geld· zu Sachleistungen. Anderseits W'illro&lii. I.I. t H. ött.n.lchIKhl
wurde durch Konso1Jdierungsmaß· Sollal.wt e'..ndlch?
nahmen die Steigerung pro Kopf so ge· Unser System Ist gut ausgebaut, aber
drosselt, dass sie die höhere Zahl an nicht viel kostspieliger als andere: Die
BezIehern ausgeglichen hat. Nur bei heimIsche Sozialquote liegt zwei Pro-
den FamIlienleistungen fällt auf, dass zen t Uberdem EU·Schnltt.
nun pro Kopf mehr ausgegeben wird. ""T I'V"IW: IULlol OI T IIII
'N staunt: Kommiss.lre im Kreuzverhör 'N reden sollte:
De. U.uoboft·V.rtril bRdIt.
.In .urt.. .... EU· p.rlamenl.
Di. n.uen I(omml.u,.
I-incldl.Ersten, dlt!iIII.
.uch IU . piir.n beumen.
A..eh Johln,," Hahn wurde
stund.n/.nIMmlt
Kurz und k.lein Meldungen
Fe!rtet" lieS priif."
Ein Toter, dutzen·
de Ve rletzte. Im Sommer 2008 kam
es In eInem Klagenfurter Asylhelm
zu einem Brand. Wä hrend die Poll·
zel schnell zur Erkenntnis kam, Asyl· .
werber hätten ih r Haus selbst ange·
zündet, sprach ein Gerlchl.5gutachter
von Brandstiftung. Der Anwaltder af·
rlkanlsc hen Opfer sprach von Vertu·
schung durch eine vorei ngenomme·
ne Kärntner ExekutIve. Nach einem
F,lter-Bericht ließ Innenministerin
Marla Fekter den Fall evaluieren. Er·
gebnls der Überprüfung: DIe Kärnt·
ner Polizisten haben sc hla mpig ennlt·
telt. DNA·Ana lysen selen unterlassen
worden, wichtige Beweise wu rden
nicht gesiche rt. Der Bericht liegt nun
bei derStaatsanwaltschaft.
Wle"".Un'.nfiirHOfIIorHhle Seit Jän·
ner gibt es die eingetragene Partne r·
SChaft fUr Homosexuelle (siehe auch
S. 11). Die Wlener Linien reagieren
auf diese Neuerung. Wenn sich ein
MUarbe iter wve rpartnert", bekommt
er dafUr - ebe nso wie heterosexuelle
. Brautpaare - einen TagSonderurlaub.
Die elnget .... genen Partner der Beam·
ten können auch einen vergü nstigten
Angehörigenfahrausweisbekommen.
Das sind zwei kleine Maßnahmen,
mit denen Wien die Gleichbehand·
lung von Lesben und Schwulen flj,..
dem will.
5
Tat. ohn, G,rI,hu.,. rt.andlunl wird es
kommenden Monat geben. Vom 22.
bis 26. Februar wollen die Richter
damit au f den Personai naLSta nd auf·
merkum machen.
Md••un Yertellun. Die ÖVP präsen·
tlert vor der parlamentarischen En·
quete zur VerteIl ungsgerechtigkeit
diese Woche erste Details Ihres um·
strlttenen Tran sfe rkontos, das alle So·
ziallelstungen pro Person auflisten
soll. Das Konto könnte wie das Por·
tal Finanz Onllne Im Steuerberelch
aufgebaut sei n. Der BUrger soll dabei
mittels Zugangscode einen Überblick
Ube r die Zusa mmensetz ung seines
Haushaltseinkommens bekommen -
da bei werden das Nettogehalt und dIe
}ewells bezogenen Sozialleistungen
anschauliCh gemacht. EInblick In das
Konto soll nur die Behörde haben, so
FInanzministerlosef Pröll.
Karl·Heinz und die Hypo
D" Uste d.r 46 'nve,loren,
d"Mlm v.rbufd.r Hypo
A.Ipe·Adri.an dl.';tyeriKh.
LlltCleiNnk mIM.d" "l hl·
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POLITII( fALTERilO 9
 1() FALTER 310 POLITIK
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s ist Sonntagvormitlag, kurz nach

E zehn Uhr, als er aus dem Nebel tritt.

Begleitet vom Chor aus earl Orffs
ftCarmlna Burana~, von den Stimmen jener,
die Fortuna beschwören, die Göttin, die
das Schicksal der Menschheit bestlm ml.
2000 Menschen warten In der Wlener
Messehalle auf die Neujahrsansprache
Helnz·Christian Straches. Sie steigen auf
Tische, schwenken rot-weiß·rote Fahnen,
beim Klatschen verschOtten sie ihr Bier.
AbseilS der Masse steht ein hagerer Jun-
ge mit entsetztem Gesichtsausdruck, Si·
mon Hllmat. IS Jahre alt. Während der
zweistündigen Rede Straehes stellt sich der
Rappereine Frage: Wie wUrden diese Men-
sc hen auf seinen Song ftNa C.-Strache~ re·
agieren? WUrden sie Simons kUnstleri·
schemAlterEgo BigOnC Böses antun?
Sig OnC akaMr. Sighat mit seinem Hip
Hop noch keine große Öffentlichkeit er·
_ _.15
reicht, der Schüler hat keine CO aufgenom·
lbulU_.15
men, seine Songs laufen nicht auf MTV. ..~1hMI4""'""MeIttdttn ... wtr•.u-5k .LftU, . . StracM..aw-fltdttensktl_,........
Und doch hat er den Clown H,C. Strache ........ PnIWeM.k ...... "'-",,.,.s-... .. "'*-- DleHrfllnllt..... wtrbdblNlle VieffMI
be reits in den Selbstmord getrieben, vor IlaDnCiMSOIIt .... C. SUadH!", Erwll Ff'O-W"'''' Hf • er" . . . . ~DIe"""IIeId....m.IdI""
den Augen von 6142 Youtube·Sehern. ~PMoInh*-fHft.'IiIho .... www.~.toM .~~~ ... ~
Wer die Onllnevldeoplattform nach
Strache-Raps durchsucht, wird nicht nur
jene drei Songs Hnden, die Strache selbst
aufgenommen hat, sondern unzählige an·
dere, die auf Straches Wahlkampfreime
geantwortet haben. Kaum eines der Video
os erscheint so brutal, so kompromisslos
wie jenes von Big OnC. Der junge Musiker
überfällt darin, mit einem Baseballschlä-
ger bewaffnet, den koksenden FPÖ-Politi-
ker in dessen Haus, er fesselt ihn undstUipt
ihm eine Clown maske über. Zehn Minuten
laß% "disst" er den wehrlosen Strache, wie
es In der Sprache des Hip·Hopheißt.

~"',Ihn'Str»dIe,kh_ .. ..w mit Ihnen re-

den. Ich weiß, Sie hassen Ausländer, und
zwar Jeden (_ .. ) Sie sagen, Sie -rerllndem
was - nein, Beschiss -,ßenn Ich weiA, Sie
sind nur ein schell'. Rasslst-, heIßt es Im
Text. Oder: "Haben Sie eigentlich ga r kei-
ne Scham~ Warum stand damals überall
,Daham statt Is.lam'?" Und der Refrain: "N
steht für Nazi, der total spinnt. A für den
Abschaum, det Sie sind. C steht rur Clown_
Sie sind eine Strafe. Jetzt alle zusammen:
.Fuck Na C.-Strache'-. Am Ende des Video
os wird der Politlkerseine Fehlet einsehen
und sich mit einer Pistole selbst richten.
Viel Ist seit der Nationalratswahl 2008
über Österreichs rechte Jugend geschrie·
ben worden. Beinahe d ie Hälfte der Jun·
gen Wähler habe ihre Stimme an FPÖ und
BZÖ gegeben, halten Medien ku rz nach
der Wahl behauptet, an der erstmals auch
16·Jährlge teilnehmen durften. Man sah
junge Mädchen, die sich von Strache die
Brüste signieren ließen; IS-Jährige, die,
nachdem sie ihm die Hand gegeben hatten, ArDUoloyb.l9 ...... l.assu.17
gelobten, sich nie mehr die Hände waschen "EI ..... ftidlt~nPII, 5tncIM rel1ipu_heft,lOftdem . DMMetH_ ..nfKfI~",Ntt,.ob.
zu wollen; und l7·Jährige, die die Ha nd .n ................ öste.....lch m ....lten.·O"'Sl:hOler AIMIpandeU_CymaaIlnC ..... lirprintdMM.
zum Hitlergruß reckten - das Jugendpop· IIC"n NetzeIrt/rist. b .... Wiert ""nfür die Cr i _ und Se.... Fordenma: Werlteat,lOfI kinRIaUJne
will 'ytendlldM rum MIt_lMn In 4er Potitik HweJen W.hl ...... pfkosten _ hrlllricbnuaa bete _ _ n
phänomen H.C. wargeboren.

Als dann noch Wt~Mr Gymnasiasten In
Auschwitz herzlkh tibeT }udenwltzt l.ach-
ten uDd eine Gruppe Jugendlicher Besu-
cher im ehemaligen KZ Ebensee In Oller6s·
terrelch mit Palntballs und . Hem"-Rufen
empfing-lrngJelcllen Outnt, mildem Sm,-
ehe als Jugendlicher durchs Unterholz ge-
robbt war -, schien plötzlich alles Ins BUd
zu passen: .Dle ZUkunft eines Landes liegt
In den Händen seiner Jugend - demnach
drohen ÖSterreich dUstere Zeiten", hieß es
etwa Improj7l.
MlUJerweIJe Ist es wIeder ruhiger ge-
worden um Osterreldu rechte Jugend.
Eine Sora-Studle unter 16· bIs 18-1~ hrlgen
hate~eben, da" .nur" 24 ProunlderJun-
gen Osterreicher für rechte Parteien bei
der NatIonalraLSwahl stimmten - weniger
als In der Gesamtbev6lkerung. Nur eine
---
POLITII(
Der 17·Jlhrlge Lockenkopf sitzt im Cif4!
Plckwkll:s nahe dem Wlener Schweden·
platz. Der Schüler, dessen Vater aus den
USA stammt, hat O~ma aktivuoterstützL
Nach dem EU·WahlkampfStraches und der
xenophoben Anti·Moschee·lnltlative in
de r Brlgittenau rekhte esjacob, ~Dle Het·
ze war unertrlgJlch~, sagt er.• Und da nie·
mand etwas dagegen unternommen hat,
bin Ich eben selbst aktiv geworden." Der
Spross aus gutbürgerlichem Eltern haus hat
kein HasslIed geschrieben wie Blg DnC,
sondern eine Bürgerinitiative gegrUndet.
Sein AnlIesen: Wer In heuerlscher Wel·
se Wahlkampf betreibt, soll künftig keine
. Politlltr ___ "I' Wahlumpfkosten mehr rUckerstattet be·
...........
km Vm"tdlllIJftI,·
fALTER- -310
------ 11
Die anderen Partekn scheinen skh ent·
weder gar nicht dafUr zu Interessieren,
oder sie schicken Hardliner wie Innenmi·
nlsterln MaMa Fekter [ÖVPI und den bur·
genländischen Landeshauptmann Hans
Nlessl (sl'O) mit der Botschaft ~Dle Auslln·
der sind das Problem" hinaus.
Jacob wUnsch! sich eIne ernsthafte MI·
griltlonsdebatte ohne Reime wie ~Da ham
statt Islam~. Letztlich sei es nicht wichtig,
ob seine Bürgerinitiative in Geseuesform
gegossen wird, sagt er...Wichtig Ist, dass
kh etwas unternommen habe und ein paar
Leute zum Nachdenken gebracht habe."
Eine hehre MoUvaUOn. Sie mag skh aus
dem Mund eiDeS 17·Jährigen pathetisch

stimmen rwti -.on drti'

Minderheit der Jugendlichen bezeichnet
siCh laut Son selbst als ~rechU".
76 Prozent haben hingegen nicht Ihr
Kreuz bei FPÖ Oder BZÖ gemacht. Unter
ihnen timten sich viele junge Menschen,
die gegen Straclle und die These einer n ·
dlkalen Partyjugend vorgehen. Sie grün·
de n Bürgerinitiativen und schreiben The·
aterstücke, sie organisieren LiChterketten,
arbeiten onllne an einem ~anderen" ÖS·
terreich oder stellen eben Musltvidew auf
Youtube, wie Simon Hilmat aka Big DnC
das getan hat.
Er sitzt jeut In einem Caf4! Olm Rudolfs·
heimet Melselmartt, jener Gegend Wlens,
in der er aufwkhst. Der Gymnasiast trägt
Baseballkappe, weite Hosen und einen
schwarze n KapuzenpullI. Slmon erzählt
vom Alltagim Gemeindebau, woer mlt sei·
ne r Mutter wohnt. Es Ist einer jener Bau·
te n, die Strache In seinen Reden als Slums
beschwört, in de.nen Gewalt und Anders·
artigkeit keimen wUrden. Noch vor ~nl·
gen1ahren waren nur ~echteÖSterrelche r"
Indem Haus untergebracht, heutewohnen
auch vlek Einwanderer auf Simons Stie·
ge. Doch von Hamrnelbraten auf Silikonen
oder geschichteten Tieren in WaschtU·
ehen könne keine Rede sein, sagt er.
kommen. Gemeinsam mit Freunden g.rIIn·
dete er eine Facebook·Gruppe und organl·
slerte Kaffeehaustouren, um die notwendl·
lueendlidltn lU gen 500 Stimmen zu sammeln. Heute liegt
der Antrag Im PetItionsausschussdes Nati·
onalrats, wo In den kommenden Monaten
darüberentschieden werden soll.
)KolILftNrlfdhlt ...... wie de r Hip·Hop·
per Simon von Jugendlichen Ausländern,
die pöbelnd durch die Straßen ziehen. EI·
nen Freund von Ihm hätten ein paar Ser·
ben auf der Donaulnsel sogar verprUgelt.
SoJche Geschkhten kennen alle Wlener Ju·
gendlichen: Da wird Im KlIflg Fußball ge.
spielt, und plötzliCh beginnt das i1ndere
Team, alles Einwandererkinder, unprovo·
ziert zu fou len. Mldchen werden abends [n
der Disco belästigt -aber einmal nicht von
Michael und Sebastlan, sondern von Ah·
lun •• " . Ah. med und 8ogdan. Strache, de r dynamische
Wlewihllffl d~ 16-bis Typ mit Converse und StraCHE·Shlrt, gibt
18·lihri~n bei der Jugendlichen das GefUhl, dass sie Ausllln·
N~rKSWiIll200a? dermit einerStimme !Ur Blau direkt aus der
22Prolent~P DIscowählen können.
18 Prolefll FPO
14 hOlefll Gn1ne
12PnmntSPO
'''''''OW
anhören, aberv\ele andere Jugendliche tei·
len sie .
Da schreib( elwa die 15·j1hnge Wie·
ner Schliierin Natalla Neumaler gemein·
sam mit vie r Inderen Im Rahmen eines
Thealerprojekts Im Dschungel WIen an
de m StUck .. Auslandla~, In dem die gebllr-
tlge Mexikanerin Alltagsrassismus In ös·
terrelch thematisiert. Da geht der gebort·
ne Bosnier Valentln Galle, 17, jede Woche
mit seiner Okto-Sendung ~CU Television"
In Wlener jugendzentren, um über Intes·
ration und Politik zu sprechen. Da treffen
sich Romy Grasgruber und Mana Sofaly,
beide Anfang 20, mit Freunden, um eine
europawelte Lkhlel'telte zu organisieren;
jene StudenUnnen, die berelU im Juni, als
die xenophobe Stimmung rund um die EU·
Wahl einen Höhepunkt erreicht hatte, eine
Ucl'lterkeue ums Parlament organisierten.
Wer mit diesen Jugendlichen spricht,
wird Viele Parallelen Hnden: Mit dem
llnks·rechU·Schema können sie nichU an·

Kllrkomm. .. olh uR ••"''''''' zwischen In· WH!wJh~edle

und. Ausländern, und klar sei Integration ~mtbroOlkeru"ll bei
Schwerarbeit, sagt Simon, abe r Ausländer de< N~tIon~lr~lIw~hl? .
dafür hassen? .. Ich bin doch nichtblöd." Ob 29.3 Proltllt sPO
der IS·jährige nicht Angst habe, mit sei· 26 hOlent f:rfp
nem Ued .. Na C.·Strache· zu welt gegan· 17,5 hOZIfllFPO
gen zu sein? ..Gehtdenn nkhtauchStrache 10,7 Prolent t.ZO
zu welt?", fragt der SchülerzurUclt. 10.41'folent r.rGne
Urspr1lngJkh habe er den Song nur lOr
sich gescbrleben, als Antwort auf die Stri·
cbe·Raps. Simon fUhlte sieb von Straches UIllIu " . bchu
Anbiederung an die Rapperuene verein· see..
NIII" ProMnt MI
nahmt. Dann überkam ihn das Bedürf· 1~lidItn $lufen sidI
nis, andere Jugendliche auf die AngstpolJ· als .eindttllislints"
tlll:: Strachesaufmerksam zu machen. Denn ein, nurdrfi Prolellt ~t.
Viele Kids, die Strache wählen, selen eben· .eindeutig rechl:s".
sowenig Rechte, wie ereln Unkersel, sagt

_..
Simon, sie ließen sich bloB von geschick· Wtiten 19 Prozfflt
tem Polltmarketlng überzeugen. slufffl sldlals .the.
junge Menschen wie Siman hllt der linlu" fin. 181'rolent
Sturm der EntrUstung überrascht, der nach 11$ .eher remu', o;e
den Nationalrauwahlen 200B über Oster- grOitt Gruppe, .7
rek.hsj~nd hereinbrach. Sie können skh I'folent.re;hcsidllflclef
nicht an die Aufresung Uber die schwarz· Mitte des poIMisdIetI
blaue Wende Im Jahr 2000 erinnern. Als
die EU Sanktionen über ÖSterreich ver·
hangte und der damalige belgJsche Außen· Umdicht hhlen ZIIm
minister von Sklur1auben in de r Alpenre· PoIltlklml!frsst und
publi k abriet, sausten sie Im Zwergerlkurs W~h~lIen-.on
dieSkipisten hinab. luitndlichen $llmlMn
Auch jacob Lassar erinnert sich nu r da· ~u' der SOII·Studie
ran, auf den Schultern seines Vaters geses· .WJMenmlt t6',~def
sen zu sein, als dieser am Heldenplau mit 16-bIs 18·~r~nxh
hundertlausenden gegen Schwan·Blau der NlIionIll3lIWihI
demonstrierte. 200a befr.t wurden
 12 FALTlR310
FortMtzuft. von Stolle 11
fangen - ebenso wenig mit der Sprache der
Politiker. Die ISllhnen nicht menschennah
genug, es mangelt an konkreten Visionen
undAngeboten.
note große Bühne der Politik hat mit Ih·
rem Alltag nichts zu tun~, konstatiert Se-
ate Großegger vom Instltut tut Jugendkul-
turforschung. Es Ist eine Erfahrung, die sie
In Gesprächen mit jungen Wählern Immer
wieder macht: Es Ist nicht bloß das Vermö·
gen der FPÖ, die Kids an Bord zu holen, son-
dern vor allem das Unve rmögen der ande-
ren Parteien, sie anzusprechen.
Wi hrelWl die S,.a,.nll tclulft In der Krise
den Ernst entd«kt, ruft etwa VIzekanz-
ler loser Ptöll zur Wahl des SuperpraktI-
kanten auf. Ein Hohn für jene, die von ei·
nem Praktikum zum nlichsten hasten. Der
Erstplatzierte darf eine Woche mit Pröll
verbringen und Polltik .hautnah" mlterle'
ben. Der Zweite, so lautet ein mittlerweile
gänglger Witz unter Jugendlichen, muss
zwei Wochen mll Pröll verbringen und de r
Drittplatzierte gar dreI. Während die Grü-
nen davon Oberzeugt sind, dass die jugend
am ehesten an NachhalUgkelt und Ökolo·
gle Interessiert Ist, verteilt die SPÖ In Zel·
"leckts mi am Oasch. leckts mi am Oasch!"
Von Qualtinger bis Gustav: ein kleiner Streifzug durch die Geschichte des Austro-Protestpop
l ' I I e MT :
CiII M AID $T6Ci . 1
elnz·Chrlstian Strache hat schon
H einmal den Unmut des Wlener Hip·
Hop'UndergrDunds provoziert. Als
sich der blaue Führer Im Wahlkampf 2006
selbst als Rapper versuchte, rief die Szene
zu einem Wettbewerb um die originellste
und scharfzUnglgste Erwiderung In Reim·
form auf. Dreieinhalb jahre späterwIrd von
jungen Wortakrobaten wie Nazaroder Blg
DnC verbal wieder scharf geschossen, als
wichtigste BUhne dienen Ihnen Internet·
plattformen wie Youtube.
Das Medium ist neu, die Form des po-
litischen POPSO~BS hat freilich eine lan·
ge Tradition. In Osterreich reicht sie bis In
die SOe!']ahre zurück, als Helmut Qualtin,
ger mit Gerhard Bronners RDer Papa wlrd's
schon richten" den ewigen Unterschied
von gleich und gleicher besang und damit
das Missing Link zwischen zeitkritischem
Couplet und modernem Popsong schuf:
.Denn wenn man einen Sohn hat, und so
eine Position hat, und so viel Protektion
hat, wie mein Papa. Dann genUgt ja schon
ein Telefonat zum richtigen Ort, und dort
sind sofort die Akten unaufHndllch."
1ol00h I nlndl-ittllchtr k1ana der Mal., und
Austropop-Mltbegtünder Arlk Brauer, als
er Anfang der 10er das österreichische
Duckmllusertumanprangerte: ~Hlnter mei-
ner, vorder meiner, li nks, rechts gUt's nix.
Oberrneiner, unter meiner slach I nix. Spür
nix, hear nix und I riach nix. Denk I nix und
red I nix und tu I nix. Waun da Wind wahd
Inde Gossn, waunda Wind wahd am Land,
waun da Wind wahd, 11.0 steckt da sein Köp·
ferl in Sand." Brauer war aber keiner, der
von oben herab predigte. So erklärte er In
der legendären Einleitung des LIedes, dass
er sich vom Text auch selbst betroffen ruh·
le. DIe Hochblüte des Austropop brachte
eine Re!he politischer LIeder hervor. Mit
POLlTII{
--- --- -------------------
ten von Komasaufen .Partypäs:re", damit
Sonntag frUh noch ein bissehen Kleingeld
Ubriglst.
Weil die Erwachsenen nicht die richllge
Sprache finden, ergreift die jugend selbst
das Wort. Einer, der das versucht, ohne sich
dabei Ubet das Feindbild Strache zu defl·
nie ren, Ist Armin Soyka. Zuerst hat er Im
Netz die Stimme erhoben, er begann zu
bioggen, haI sich aufFacebook mit mehr als
1300 Menschen vernetzt. jetzt veranstal·
SI,nkrtltllilstlt. tet de r 19-jährige politische Grillrunden
Ibps und ein und lädt Lesben und Schwule zum Projekt·
Comlc: So welt tag an seine Währinger Schule. Im kom·
,.hl dltr freiheit- menden Wlener Wahlkampfwird er fIIr die
liche h rtltichltf. GrUnen auf Platz 24 kandidieren.
umd leStlmmltn .Es geht nicht darum, Strache fertigzu'
dltrlun,ltn IU machen, sondern an einem anderen ÖSter·
ItrptCern. Auch reich zu arbeiten", sagtderGymnaslasl. Er
dnUHWln ll, kennt das Gefllhl, als junger Mensch eine
Dnc _nhMl dl· TV·Konfrontation anzusehen und nicht
NkhI Antwort . uf recht zu wissen, wovon die Politiker da ei'
Itintn dltr MIHn gentllch reden. Nur eines hat nach de r Sen-
Str.>cIM-Sonp dung jeder verstanden: die paar Botschaf·
ten, die Helnz·Chrislian Strache an dielu,
gend aussendet. . Wehrhaftiglceit aber auch das Popphäno·
Armln will Im Wahlkampf Gleichaltri-
gen zeigen, dass sie sich einbringen kön·
nen. Er will sie mll Themen ansprechen,
die Ihren Alltag betreffen: Nachtbusse,
den Schmetterlingen gab es sogar einen eI·
genen LIedbund Rote Fahne, auch der jun·
ge Wolfgang Ambros haUe einiges zu sagen
("Da Hofa", .Zwickt'sml", RTagwache").
Der Protestlledkönlg der 70er war aber
Sigfrid "Sigi" Maron, dessen RBallade von
ana haatn Wochn" als Schlüsselwerk des
Genres gilt. "Leckts ml am Dascht" laute·
te, mehrfach wiederholt und be,herzt hin·
ausgeschrien, Marons ebenso knapperwie
Hltlmllt Q1I.lti n- unmissverständlicher Unmutsrefrain.
,er: Vom Couplet
rum Popson, fltinllnnl,er,.berkilumwenil'r eindeutigals
sein rabiater Kollege gab sich Georg Dan-
zer, als er dem Nazimief Im Land mit RDer
alte Wessely" .einen Namen gab: ..Wann
der olde Wessely Im Wi rtshaus sitzt, redt
er gern von der Vergangenheit. Nurdass es
fOrum nonetvergangen Is, weil erträumt
vonelnerneuenZelt." Ungleich sImplerge'
strickt tönte dIe Wiener Punkszene der frü'
PY'otHtIIedk6nI, hen SOer. ~Schelß Klbarel1", plärrten die
dltr10erJ, hNwa. Bösllnge; ~ Nleder mit 'm Militär, scheiß
S~rid Maron aufunser Bundesh«'r 1 Anarchie, sie muss
bald her,das Leben Istsoöd und leer", hieß
es bei Pöbel.
Kurt Wald helm bekam gleich doppelt
sein Fett weg. Das Projekt Caharet Kurt w.
bastelte aus Orlglnalzitaten des vergessli-
chen Bundespräsidenten die böse Collage
~Ich habe meine Pflicht erfUllt·, während
die Erste Allgemeine Verunsicherung ih·
AttwellJltr ullJltn ren zynischen Tschernobyl·Schlager .Bu!'
2002 iMr Rnatlo- 11, Burll, Burll" aus gegebenem Anlass um·
IUIle ldkKn" dichtete: .Herr Waldhelm hat ein Häus·
ehen, und er ist kerngesund, nur er leidet
an GedächUllsschwund. Denkt er an die
Vergangenheit, die ziemliCh übel roch,
dann hat er Im Hirn ein schwarzes Loch.
Bedenklich Hnd't die Kommission, er waß
nix von Deportation. Er hat Tag und Nacht
studiert, aUes Ist wie ausradiert!"
Der Klassiker des heimischen Politraps
PGUt-Ch, ntItUM Ist . lchdran" von Schönheitsfehler.• Heu·
GUltilV: RWeihaU te bin Ich dran und du schaust zu; es wird
oYl rcomlt" ein morgen geben und morgen bist es du",
Schule, öffentlkher Raum. Dassdiejugend
polItikverdrossen Ist, glaubt er keine Se·
kunde.• Da gibt es eine große polilische
Sehnsucht. Die Leute sehnen sich danach,
überThemenzu reden."
Umfragen sehen das ähnlich. Fast drei
von vier Jugendlichen glauben, dass dIe Po·
litik eine bessere Welt schaffen kann. Nur
von den heimischen Polltlkem sInd sie ent·
täuscht. Zwei Drittel meInen, dass diese
nur leere Versprechungen bieten.
leinahe .In Vlltftltl der 'U,ltndl khen treibt
das In die Arme der Rechten. Viele ande-
re Interessieren sich nicht mehr rur Politik.
Gleichzeitig gibt es jene, die nun aktiv wer·
den, gegen dIe Resignation und gegen 'die
Vereinnahmung von rechts.
Simon, jacob, Armln, NataUe und Va·
lentln - sie alle machen Jeweils auf Ihre ei-
gene Art und Welse, was sie sich von Po·
litikern wie Werner Faymann oder losef
Pröl1 erwarten: Sie entwickeln Gegenent·
würfe. Die Jungen Aktivisten wie Simon
Hilmar alias Blg DnC versuchen bei aller
men Strache nicht allzu ernst zu nehmen.
~Am Ende~, sagt der Rapper nach Straches
zweistündiger NeuJahrsansprache, Rist er
auchnurelnClown." 't
schlossen sie 1993 aus dem Siegeszug der
FPÖ. Und weiter: .Wer Ist das, ratet mal,
Ich sag nur: blauer Schal. Viellelchtls! er
kein Nazi, Faschistallemal. Ordnungmuss
sein, das war ja sctlon mal da. Habt Ihr
schon vergessen - na, na wunderbar!"
Nur wenige Wochen nach der Angelo·
bungdes KabinettsSchUsseil veröffentlich·
ten die KapuUnlcks Im Winter 2000 Ihren
gerappten .Brlef an den Bundeskanzler· :
"Hey Kanzler, Sie machen eine Kw.lIlion
mit einem Typen, der leider-sehr an der al-
ten Zeit festhält. Was, glauben Sie, Ist sein
nächster Spruch - ,Ein KZ war ein Fest·
zelt'? Sie sind machtgell, und er verharm·
lost die Nazizeit. Das zeigt, dass Ihr zwei
geistige Nackerbazl seid."
Eine nicht nur national gültige Unmuts·
äußerung der grundslitZllchen Art schufen
die Volksmuslkanarcho$ AUwenger 2002
mit .Kaklakarlada": .Dlese gaunzn Patrl·
oten nationale Idlotn, bitte saz so guat und
stöts eich In an Schwimmbad aurn Bodn.
Und pinkelz bis zum Hois elch olle gegen·
seltlg au, und dann tauchz nu amol un\a
und daun nemzan Schluckdavau."
Auc:hGustaYHpnn mit Ihren poetischen Po·
Utchansons unter dem Eindruck des klein,
geistigen SchUssel·Regimes. •We shall
overcome one day 1 And beat thelr monl·
torlng arms 1 and,spray graffitis on thelr
walls 110 let them know that we're no Ion·
ger thelr obedient toys·, sang sie 2004 auf
ihrer ersten CD .Rettetdle Wale-.
Um SchUssels Liebling wiederum küm-
merten sich zuletzt die belden Ex·Skl·
springerlledermacher Christoph &- Lallo.
AufYoutube findet sich ihr Kommentar zu
~Karl -Helnz" und dem Rest der windigen
FInanzgang: ~Wann geht der Karl·Helnz
endlich In Hä.fn? Der Kart·Helnz, wann
muss der endlich Ins Loch? Wann wird des
Karll·Helnzl endlich amoi eingspem? Jetzt
bitte ehrlich: Wie lange dauert das denn
noch?" 'I