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ETHOLOGIE

Roland Gerstmeier

Paarungssysteme und Brutpflege


Männchen haben das Potential, Nachkommen schneller zu zeugen
als Weibchen diese hervorbringen können.

Variationen der Paarungssysteme

• Monogamie
• Polygynie
• Polyandrie
• Promiskuität
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1. Monogamie: % % und & & bilden kurzfristig oder über einen längeren
Zeitraum ein Paar. Häufig kümmern sich beide Geschlechter um
Eier und Jungtiere.

z.B. einige Fische, wenige Säugetiere, ca. 90% aller Vogelarten


(einige Buntbarsche; Füchse, Schakale; Gänse etc.)

2. Polygynie: % % paaren sich in einer Fortpflanzungsperiode mit


mehr als einem & . In der Regel leisten die & & die Brutpflege.

z.B. die meisten Säugetiere, Kolibris, Rauhfußhühner, Calopteryx

3. Polyandrie: & & paaren sich in einer Fortpflanzungsperiode mit


mehr als einem % . Hier wird die Brutpflege überwiegend von % %
übernommen.

Vögel, z.B. Heckenbraunelle


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4. Promiskuität: Sowohl % % als auch & & verpaaren sich mehrfach mit
verschiedenen Individuen = Mischung aus Polyandrie und Polygynie.
Brutpflege kann von beiden Partnern betrieben werden.

Für & & sind Investitionen in Brutpflegeleistungen wichtiger als die


Anzahl ihrer Fortpflanzungspartner.

Für % % ist die Anzahl der Fortpflanzungspartnerinnen wichtiger als


das Erbringen von Brutpflegeleistungen.

„Geschlechterkonflikt“
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Monogamie

carnivore Arten: z.B. Wölfe, Füchse, Schakale

bei Primaten: z.B. Krallenaffen, Weisshandgibbon


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Kooperative Monogamie
Überlebenswahrscheinlichkeit der Jungen wiegt den Verlust von
Paarungsgelegenheiten auf.

Clown-Garnele (Hymenocera picta)

Keine Elternfürsorge! L keine kooperative Monogamie!

Weibchenkontroll-Monogamie-Hypothese
& sichert sich aufgrund ökol. Bedingungen ein %
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Polygynie

L scharfe Konkurrenz der Männchen um Paarungschancen

Haremsstrukturen

Hanumanlangur
Guereza
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mehrere Männchen verteidigen einen Harem: z.B. Rote Stummelaffen


(Colobus badius), Schimpansen, Löwen, Mantelpaviane (Papio hamadryas)
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1. Tägliche Wanderbewegungen der & & sind vorhersagbar

Leierantilope
Grevy-Zebra
Ellipsen-Wasserbock
Kaffernbüffel
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2. Tägliche Wanderbewegungen der & & sind nicht vorhersagbar

Dickhornschaf Afrikanischer Elefant


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a) Saisonale Harems

Fortpflanzungserfolg, abhängig von:

• Größe des Harems

• Dauer der Verteidigung

Rothirsch

wiederum abhängig von:

Nördl. See-Elefant • Körpergröße

• Kampffähigkeiten
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b) Beständige Harems

Mantelpavian

Blutbrustpavian

Burchell-Zebra
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Leks = „Balzarena“
Eine Besonderheit polygyner Paarungssysteme

Wermuthuhn
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Leks sind für etwa 35 Vogelarten belegt: u.a.


Birkhuhn, Kampfläufer, Großtrappe, Limikolen, Kolibris
Paradiesvögel

bei Säugetieren: u.a.


Walroß, Flughunde, Damhirsch, Uganda-Kob

sowie Frösche - Fische - Insekten

Zwischenlösungen: Uganda-Kob, Topi, Damhirsch


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Warum schließen sich % % überhaupt in Leks zusammen?

4 Hypothesen

1. % % aggregieren an „Aktivitätszentren“ („hotspots“)

2. Raubfeind-Vermeidung

Tungarafrosch
Physalaemus pustulosus
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3. % % aggregieren, um & & besser anzulocken


= synergistische Wirkung der Balz

- gemeinsame Stimulation der & &


- für & & könnte gemeinsame Balz attraktiver sein

Tungarafrosch
Physalaemus pustulosus
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4. % % aggregieren, weil & & bestimmte Orte oder


Männchen-Ansammlungen für Paarungen bevorzugen

Polygynie-Schwellen-Modell

Überschreitet der Unterschied in


der Revierqualität die Polygynie-
schwelle, profitiert ein & mehr
davon, die polygyne anstatt der
monogamen Situation zu wählen.

Drosselrohrsänger
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Polyandrie

Heckenbraunelle

Variable Paarungssysteme: Monogamie – Polygynie - Polyandrie


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Promiskuität
Inzuchtvermeidung
Versorgung des Nachwuchses mit „guten“ Genen
1. Mittelmeerfeldgrille
Paarungen der Weibchen mit verwandten bzw. nicht verwandten Männchen

Schlüpfrate Larven: ~ 35% Schlüpfrate Larven: > 50%

2. Blaumeise eigentlich monogam; gelegentliche Seitensprünge

Jungvögel haben bessere Überlebenschancen im ersten Winter

3. Hühnerhof jedes Huhn paart sich mit jedem Hahn


Faktoren: Sexappeal der Henne + Zahl der Rivalen (bei den Männchen)
Huhn ohne weitere Bewerber: wenig Sperma; bei Konkurrenz: Höchstmenge!
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kommen fremde Hennen neu hinzu: mehr Sperma wird abgegeben!

Huhn mit schönstem Kamm größtes Eigelb viel Sperma

= „Spermienkonkurrenz“
- mehr Spermien
- größere Hoden

Aber: nicht allein die Menge macht‘s, sondern die „Geschwindigkeit“


die Größe des Mittelstücks eines Spermiums ist entscheidend!

weitere promiske Tiere:


viele Primaten, u.a. Schimpansen, Bonobos
Weibchen verschleiern so die Vaterschaft:
⇒Männchen bleiben in der Gruppe (Schutz vor Feinden)
⇒Schutz vor Infantizid
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Alternative Paarungsstrategien

Individuen innerhalb einer Art können von der Mehrheit abweichen !

?? „abnormes“ Verhalten ??

Oft gibt es mehrere Strategien, um ein Weibchen zu finden


und sich mit ihm zu paaren.
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Beispiel 1: Aaskäfer (Nicrophorus vespilloides)


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Beispiel 2: Stichling (Gasterosteus aculeatus)

gute Lichtbedingungen
hohes RF-Risiko

RF = Raubfeind (Bachforelle)

Umweltabhängige
niedriges RF-Risiko Variable !

schlechte Lichtbedingungen
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Satellitenstrategie
Konkurrierende % % setzen ihre Körperstärke ein ⇒ verbesserter
Fortpflanzungserfolg !
z.B. Rothirsch, See-Elefanten, Dickhornschaf

Satelliten erschleichen sich Kopulationen, z.B. Ochsenfrosch


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Nordamerikanischer Sonnenbarsch (Lepomis macrochirus)

Sneaker

21% der % % bereits mit 2 Jahren


geschlechtsreif ⇒ Brutparasiten

79% mit 7-8 Jahren geschlechtsreif

⇒Reales Verhältnis: 15% territoriale


% % ⇔ 85% brutparasitische % %

trotzdem: nur 14% der Eier von Brutparasiten befruchtet !


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Brutparasiten:

+ Bessere Chancen die Geschlechtsreife zu erreichen


+ Keine Kosten für Revierverteidigung und Brutpflege
- Geringere Besamungschancen

Territoriale % % :

- Geringere Chancen die Geschlechtsreife zu ereichen


- Zeit und Energie für Revierverteidigung und Brutpflege
+ Bessere Besamungschancen

Beide Strategien befinden sich wahrscheinlich im evolutionären Gleichgewicht =

Evolutionsstabile Mischstrategie
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Forschungsbeispiel: Grüner Schwertträger (Xiphophorus helleri)

Problemstellung: im Aquarium stabile soziale Rangordnungen


im Freiland Kämpfe → Stress + hohe physiologische Kosten
⇒ erhöhte Fitness durch 2 Mechanismen:
1) Ranghohe % % vertreiben andere % % („male-male competition“)
2) & & wählen bevorzugt ranghohe % % („female mate choice“)

Methodik indiv. Markierung, „Messlatte“, Beobachtungsprotokoll:


Angriffe – Flucht – Wiegebalz - Kop.versuche – Kopulationen - Fressen
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Forschungsbeispiel: Grüner Schwertträger (Xiphophorus helleri)


Ergebnisse

= home range
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Beispiel Kampfläufer
(Philomachus pugnax)

? Evolutionsstabile Mischstrategie
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Beispiel Feigenwespen (Idarnes spp.)

Männchen-Dimorphismus

Kämpfer und Abwanderer


existieren nebeneinander
im Gleichgewicht
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Eine andere Art kommt zusätzlich ins Spiel:

Gryllus + Euphasiopteryx (Tachinidae, Raupen- oder Schmarotzerfliege)

Anzahl Anzahl parasi-


Anzahl & &
Satelliten-%
%% tärer Fliegen
Ruhe 0 0 0
80 dB Zirpen 7 7 3
90 dB Zirpen 21 16 18
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Geschlechtsumwandlung als alternative Strategie


Protogyner Hermaphroditismus Protandrischer Hermaphroditismus

a) Bei geringer Körpergröße lohnt es sich ein & zu sein

b) Beginn als % , später Wechsel zum &


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Protogyner Hermaphroditismus
Blaukopf-Meerjunker (Thalassoma bifasciatum)

Werden die größten % % entfernt, wechseln die nächstgrößeren Tiere (also & & )
das Geschlecht und werden % % .

Große Riffpopulation (-16.000): primäre % % sind dominant; andere sind sneaker


Kleine Riffpopulation (max 20): Geschlechtsumwandlung zu % % vorteilhaft
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Protandrischer Hermaphroditismus
Anemonenfisch (Amphiprion akallopisos)

Lebensweise in der Anemone paarweise! = Monogames Paarungssystem

Entfernt man das & und schließt sich dem % ein kleinerer Fisch an, ändert
das „alte“%
% sein Geschlecht (⇒
⇒ & ), der neue Partner wird zum %
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Kooperation
- die Ökologie des Sozialverhaltens -

Konkurrenz Erhöhung der Fitness auf Kosten der Artgenossen

Kooperation Erhöhung der eigenen Fitness und der des


Kooperationspartners

Warum sind nicht alle Tiere sozial?

Ökologische Bedingungen: Fitnesskosten des Zusammenlebens sind


höher als der daraus gezogene Nutzen
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Wodurch können die Fitnesskosten erhöht werden ?

? ? zusätzlicher Wettbewerb um Nahrung und andere Ressourcen


? ? Störung der Fortpflanzung durch Konkurrenten
? ? erhöhte Anfälligkeit gegenüber Brutparasitismus
(„Kuckuckseier“)
? ? Stress, Krankheiten, Parasiten
? ? Infantizid, Ovizid

Im Prinzip läßt sich unter den meisten ökologischen Rahmen-


bedingungen feststellen, dass die Evolution einer solitären
Lebensweise begünstigt ist.
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Blaukiemen-Sonnenbarsch Gemeiner Sonnenbarsch


Lepomis macrochirus Lepomis gibbosus

sozial solitär

+ 50-100 % % bauen ihre Nester + Besitzen kräftige Kiefer; damit können


Seite an Seite sie eierliebende Schnecken einfach
auffressen und sogar eierfressende
- Nachbarn oder nicht nistende Katzenwelse vertreiben
Artgenossen fressen befruchtete Eier

- Störungen bei der Partnerwerbung und


beim Ablaichen durch Satelliten- % %

- Eier-zerstörende Pilze können sich


leicht von Nest zu Nest ausbreiten
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Tierverbände (Sozietäten)

anonyme individualisierte Tierstaaten


Verbände Verbände

Planktonschwärme Tiere kennen sich Termiten


Wanderheuschrecken Rangordnung Bienen
Fischschwärme Territorialität Wespen
Vogelzug Ameisen
= halboffene Verbände Nacktmulle
= offene Verbände
= geschlossene Verbände
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Kooperation im Sozialverband
• Vogeleltern
• Insektenstaat
• Rangkämpfe bei Primatenmännchen
• Signalsprünge bei Thomsongazellen

Warum kooperiert ein Tier, wenn es doch eigentlich seine eigene


Fitness maximieren und diejenige der Konkurrenten minimieren sollte?

Tiere kooperieren
1. mit Verwandten ⇒ indirekte Weitergabe ihrer eigenen Gene
(Verwandtenselektion, kin selection)
2. weil ihre Interessen übereinstimmen (Prinzip des beiderseitigen
Vorteils
3. weil sie vom Kooperationspartner getäuscht werden (Manipulation)
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Eltern diploider Tierarten tragen jeweils 50% zum Erbgut eines


Nachkommen bei.

Eltern und Nachkommen: r = 0.5


Brüder und Schwestern: r = 0.5
Großeltern, Enkel, Halbgeschwister: r = 0.25
Vettern und Cousinen: r = 0.125

Verwandtschaftskoeffizient r
r ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gen eines Individuums durch
Abstammung als identische Kopie in einem anderen Individuum vorliegt.

Altruismus = „Selbstlosigkeit“ oder uneigennütziges Verhalten


bringt anderen Tieren einen Nutzen, während es für das ausführende
Tier mit Kosten verbunden ist.

Gesamtfitness („inclusive fitness“) hängt vom eigenen Fortpflanzungs-


erfolg (direkte F.) und dem der näheren Verwandtschaft ab (indirekte F.).
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Graufischer (Ceryle rudis)

primäre Helfer: % % helfen Eltern


sekundäre Helfer: % % unterstützen fremde Paare
Aufschieber: % % setzen eine Brutsaison aus
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Rückkehrrate im 2. Jahr:
primärer Helfer 54% ⇒ w = 0.54
sekundärer Helfer 74% ⇒ w = 0.74
Aufschieber 70% ⇒ w = 0.70
w = Überlebenswahrscheinlichkeit vom 1. zum 2. Jahr

Partnerfindungs-Wahrscheinlichkeit im 2. Jahr (p):


primärer Helfer 60% ⇒ p = 0.60
sekundärer Helfer 91% ⇒ p = 0.91
Aufschieber 33% ⇒ p = 0.33

Berechnung der Fitness (f) im 2. Jahr:


n x r x w x p = f2
primärer Helfer 2.5 x 0.5 x 0.54 x 0.60 = 0.41
sekundärer Helfer 2.5 x 0.5 x 0.74 x 0.91 = 0.84
Aufschieber 2.5 x 0.5 x 0.70 x 0.33 = 0.29 n = Nachwuchs
brütender Vögel
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Berechnung der Fitness (f) im 1. Jahr:


f1 + f2 = Gesamt-f
j x r = f1
primärer Helfer 1.8 x 0.32 = 0.58 0.58 + 0.41 = 0.99
sekundärer Helfer 1.3 x 0.00 = 0 0.00 + 0.84 = 0.84
Aufschieber 0.0 x 0.00 = 0 0.00 + 0.29 = 0.29
j = zusätzlich erzeugter Nachwuchs durch Helfer

3 Schlussfolgerungen:
1. Altruistisches Verhalten primärer Helfer erhöht Fortpflanzungserfolg der Eltern
+ zusätzliche Geschwister ⇒ genetischer Gewinn bzw. höhere Gesamtfitness
2. Gesamtfitness sekundärer Helfer liegt gar nicht so schlecht; ihre Chancen für eine
eigene Fortpflanzung steigen im 2. Jahr
3. Untätigkeit („Aufschieber“) im 1. Jahr bringt den geringsten Ertrag aller möglichen
Optionen
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Prinzip des beiderseitigen Vorteils (Kooperation)

Paarpartner sind genetisch an den gemeinsamen Nachkommen zu 50% beteiligt.

Kooperatives Jagen: Löwen → Kaffernbüffel


Afrikanische Wildhunde, Hyänen → Gnu, Zebra
Wölfe → Elch
Mensch → Mammut
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Vaterschaft ungleichmäßig verteilt!

Größere Koalitionen → nur wenige Vaterschaften bei untergeordneten % %

Koalitionen >4: % % i.d.R. Brüder → Rangniedere erzielen nur eine indirekte


Fitness
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Süd-Zwergichneumon (Helogale parvula)

Ordnung Carnivora
Fam. Viverridae
(Schleichkatzen)
U.fam. Herpestinae
(Mungos)

= Ost-Zwergichneumon (Helogale hirtula)


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3 Strategien spiegeln die durch direkte und indirekte Fitnesskomponenten


beeinflusste Kosten-Nutzen-Gleichgewichte wider.

1. Warum helfen nicht verwandte Tiere?

" -Tiere werden nach 5 Jahren von den ältesten subdominanten Tieren ersetzt
a) Hilfeleistung hält Gruppe u. Territorium intakt
b) vom Helfer aufgezogene Jungtiere werden Unterstützung leisten, wenn dieser
sich selbst fortpflanzt
c) Außenseiter könnte vertrieben werden, da das " -Paar keinen Vorteil von ihm hat
⇒ Helferverhalten ist langfristige Investition für den eigenen Fortpflanzungserfolg

2. Subdominante Zuchttiere

Älteren & & wird manchmal die Fortpflanzung gewährt, damit diese nicht aus der
Gruppe abwandern

3. Pseudoträchtigkeit

Junge Helfer-&
& werden manchmal scheinträchtig (keine Junge) ⇒ laktieren und säugen
die Jungen des " -Paares. Sie sind mit " -Paar nahe verwandt ⇒ indirekte Fitness
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Reziproker Altruismus (Reziprozität)

Hilfe-
Helfer Nutznießer
leistung

Gefahr: Betrüger !

Handelt ein bestimmter Teil einer Population nach der


„tit for tat“-Strategie, erzielen diese Tiere einen größeren
Fitnessgewinn als Betrüger
evolutionsstabile Strategie

Beispiele: Brutkolonien von Vögeln, Primatengesellschaften


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3. Manipulationen

Manipulationshypothese: Verhalten, das von der Seite eines


Donors wie Altruismus aussieht, ist in Wirklichkeit durch eine
Manipulation des Empfängers zustandegekommen
= „Kuckuckseier“ (bei Vögeln)

(zwischen 2 Arten oder innerhalb einer Art)

z.B. Schmarotzerhummel (Psithyrus)


⇔ Hummeln (Bombus)
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Nacktmull (Heterocephalus glaber)

Ordnung Rodentia

U.ordn. Hystricognathi (Stachelschweinverwandte)

Fam. Bathyergidae (Sandgräber)

Graumull (Cryptomys)
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Altruismus bei sozialen Insekten

• Insektenstaaten sind geschlossene Verbände


• Arbeiter pflanzen sich nie fort

1. Definition für eusoziale Insekten:

Eusoziale Insekten zeichnen sich durch kooperative Brutpflege,


sterile Kasten und überlappende Generationen aus.

• mehr Tiere (als nur Mutter) beteiligen sich an Brutpflege


• es gibt sterile Kasten ⇒ Arbeitsteilung
• Generationen überlappen: Mutter, adulte und junge Nachkommen
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Eusoziale Insekten

Hymenoptera: • Formicidae (Ameisen)


• Apidae (Bienen, Hummeln)
• Vespidae (Wespen)

Isoptera (Termiten)

Aphidina (Blattläuse) *
* erst vor etwa 25 Jahren entdeckt!
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Eusoziale Insekten - Besonderheiten

Größe: bis zu 22 Millionen Individuen (Treiberameisen)

Kommunikation: Tanzsprache der Honigbienen


(Geschwindigkeit und Orientierung), Pheromone

Nahrungsökologie: Pflanzensamen, tierische Nahrung, Pilze


Exkrete („Honigtau“)

Kasten: Veränderungen im Körperbau (Soldaten)


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2. Der Lebenszyklus
Beispiel: Myrmica rubra – eine Knotenameise

August, September: Hochzeitsflug

1. Winter: Kleine Brutkammer (Erdhöhle, Baumstumpf)

1. Sommer: Nestbau (unter Steinen, Baumstümpfen etc.)

~ 9 Jahre: ca. 1000 Arbeiterinnen

⇒ ⇒ Geflügelte % % + geflügelte & &


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3. Zwei mögliche Pfade für die Evolution steriler Kasten


Ökologische Randbedingungen sind Eigenschaften der Umwelt, die ent-
weder das Gruppenleben und kooperative Fortpflanzung fördern
und/oder die Chancen junger Individuen reduzieren, sich fortzupflanzen.

Die genetische Prädisposition hängt davon ab, in welchem Ausmaß


Helfer und Hilfeempfänger Gene teilen: je näher die Verwandtschaft,
desto geringer muß das Kosten-Nutzen-Verhältnis sein, damit Helfer-
verhalten durch die Selektion begünstigt wird.

Hypothese 1: Am Geburtsort bleiben, um zu helfen


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Ökologische Rahmenbedingungen

• Verteidigung der Eier und Larven gegen Parasiten


• Bau künstlicher Zufluchtsorte = Nester

Genetische Prädisposition

für das Helferverhalten (Königin → Nachwuchs r = 0,5


Töchter → Geschwister r = 0,5)

1. Hypothese „am Geburtsort bleiben“ (Zusammenfassung):

Junge bleiben Junge bleiben


Bewachung zuhause → Nest- permanent zu-
solitäre des Nestes
Parasitoide verteidigung u. hause u. pflanzen
durch & -vergrößerung sich nie fort
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Hypothese 2: Nestteilung

Nest wird von einer Gruppe kooperierender Weibchen gegründet


- meist Schwestern
- jede Königin zieht zunächst Nachkommen auf
- dann dominiert eine Königin die „Subdominanten“

Ökologische Randbedingungen:
Kooperation der Königinnen ist notwendig, damit ausreichend
Arbeiterinnen schlüpfen

Genetische Prädisposition:
Unterlegene Weibchen sind Schwestern ⇒ trotzdem genetischer Gewinn

2. Hypothese „geteilte Nester“ (Zusammenfassung):

Kooperation, Dominanz eines Überlappung


mehrere & & aber jedes & & → die anderen der Generationen,
bauen Nester pflanzt sich verlieren Chance junge & & → Arbei-
fort zur Reproduktion terinnen
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Gallbildende Blattlaus-Arten, z.B. in Japan, bilden sterile Soldaten

Entfernt man die Soldaten ⇒ - Schädigung durch Räuber


- Fortpflanzungsleistung sinkt,
da Anhäufung durch Abfälle

Genetische Prädisposition eindeutig, da parthenogentisch!


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Der Bau von Signalen: die Evolution der Kommunikation

Reiz, Signal
Sender Empfänger
reizaussendendes Tier reizempfangendes Tier

Informationen über die Motivation des Senders:

balzendes Tier → Fortpflanzungsbereitschaft


drohendes Tier → Aggressionsbereitschaft Erregungszustände
warnendes Tier → Alarmbereitschaft
Orientierungstanz Honigbiene → Entfernung und Richtung der
Nahrungsquelle } Information

1. Optische oder visuelle Signale


häufig bei agonistischem V. = angriffs- oder fluchtmotivierte V.weisen
und Fortpflanzungsverhalten = Balz
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2. Akustische Signale
zu berücksichtigen: Dämpfungseffekt, Singwarten, Morgen- und Abenddämmerung

3. Olfaktorische Signale
i.w. Pheromone
Alarmpheromone: kurz wirksam, sehr flüchtig → zeigen akute Gefahr an
Spurpheromone: Duftspur führt zur Nahrung
Weitere Beispiele: Alarmpheromone bei Honigbienen („Giftsterzeln“)
Hausmäuse: spezifischer „Angstharn“
Schreckstoffe aus Schleimzellen bei Elritzen

1. Beispiel: Kommunikation bei Ameisen


Atta

Leptothorax Solenopsis
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2. Beispiel: Rufe bei Vögeln


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3. Beispiel: Rufe bei Primaten

Mantelmangabe
(Cercocebus albigena)
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Der Bau der Signale

Wie entstehen Signale eigentlich??


Viele Signale evolvierten aus zufälligen Bewegungen, die einen
Hinweis auf zukünftige Handlungen des Senders gaben.

Zähne fletschen hat sich zu einer Drohgebärde evoluiert

Signalhandlungen leiten sich oft von Übersprungs-


handlungen oder Intentionsbewegungen ab.

Ritualisation:

urspr. neutrale Verhaltensweise


→ Verhaltensweise mit
Signalfunktion
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Scheinnisten: Küstenseeschwalbe, Kiebitz, einige Limicolen


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Durch Ritualisation wird die Auffälligkeit von Signalhandlungen


verstärkt; das wird auf verschiedene Weise erreicht:

• Übertreibung: Buntbarsche locken ihre Jungen bei Gefahr mit übertriebenen


Schlängelbewegungen (Intentionsbewegungen d. Davonschwimmens)
• Rhythmische Wiederholung: % % des Grünen Schwertträgers balzen vor dem & , indem
sie abwechselnd vor- und zurückschwimmen (Wiegebalz)
• Hinzutreten auffälliger Körperstrukturen: Winkerkrabben (Uca) balzen mit rhythmischen
Bewegungen einer „monströsen“ Schere
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Ritualisation engt häufig die Variationsbreite von Signalhandlungen ein


⇒ sie werden eindeutiger und unverwechselbarer
⇒ es entstehen normierte Signalhandlungen

Die Normierung kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden:


- eine einzige typische Intensität („Alles-oder nichts-Prinzip“)
- gegensätzliche Intensionsbewegungen bilden Kompromiss

- urspr. variable Verhaltensfolgen „erstarren“


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Nachteil normierter Signalhandlungen: keine nuancierte Informationsübermittlung

graduierte Signalhandlungen → differenziertere Verständigung

Wandel in der Interpretation von Signalen

Prellsprünge („stotting“)

Signalfälschungen: „illegitime“ Nachahmung von Signalen = Mimikry


z.B. Schwebfliegen
aber auch Fälschung von Leuchtsignalen („femmes fatales“)
oder innerartlich: Sneaker
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Rauchschwalben-%
% % täuschen durch Alarmrufe Gefahr vor

Drohhandlungen sind evolutionär


als durchaus stabil anzusehen, weil:
1. fälschungssichere Drohsignale
evolviert werden
2. Gegenstrategien zur Entlarvung
von Bluff werden evolviert
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Verwendete Literatur

Krebs, J.R., Davies, N.B.: Einführung in die Verhaltensökologie. – 3.,


neubearbeitete und erweiterte Auflage, Blackwell Wissenschaftsverlag,
Berlin, 1996.

Franck, D.: Verhaltensbiologie. – 3. völlig neu bearbeitete Auflage,


Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1997.

Alcock, J.: Das Verhalten der Tiere aus evolutionsbiologischer Sicht. –


Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 1996.

McFarland, D.: Biologie des Verhaltens. Evolution, Physiologie,


Psychobiologie. – 2. neubearbeitete Auflage, Spektrum Akademischer
Verlag, Heidelberg, 1999.
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