E DITORIAL

Liebe Israelfreunde
Der zur Zeit in den Kinos gezeigte Film «Königreich der Himmel» erinnert
die breite Öffentlichkeit an ein unrühmliches Kapitel der Kirchengeschichte. Die
während der Kreuzritterzeit besonders gegenüber den Juden begangenen Exzesse
und Verfehlungen sind für das Christentum ein nachhaltiges Problem. Es entsteht
jedoch ein falsches Bild über diese Epoche, wenn man deren Vorgeschichte aus-
ser Acht lässt. So geschah die Ausbreitung des Islams fast ausschliesslich durch
Kriege, Mord und Terror. Dabei wurden Länder wie Syrien, Palästina und Ägyp-
ten erobert, systematisch arabisiert und islamisiert. Es wird oft vergessen, dass
diese Länder einmal christlich waren und zur Wiege des Christentums gehörten.
Lange Zeit hat der Siegeszug des Islams das westliche Europa nicht besonders
interessiert, weil sich dieses Geschehen ausserhalb Europas abspielte. Doch als
der Siegeszug des Islams das Kernland Europas zu bedrohen begann und beinahe
Paris erreichte, erkannte man schliesslich die Gefahr. Unter Karl Martell wurden
die Muslime zum ersten Mal geschlagen und auf ihrem Vormarsch aufgehalten.
Durch dieses Ereignis kam das christliche Europa zu der Erkenntnis, dass sich nur
ein geeintes Christentum gegen die Gefahr des Islams verteidigen könne, zumal
schon damals in der christlichen Welt keine Einheit herrschte. Deshalb konnte sich
der Islam fast ungehindert ausbreiten. Heute hat man ausserdem vergessen, dass
Spanien, Portugal und Sizilien vom Islam erobert und zum Teil bis zu 90 Prozent
islamisiert waren.
Immer wieder hört man, die Kreuzfahrerzeit habe bei den Muslimen bis heute
einen traumatischen Eindruck hinterlassen. Man übersieht dabei jedoch die ebenso
schlimmen Auswirkungen der kriegerischen Ausbreitung des Islams auf das dama-
lige Christentum. Leider ist das kollektive Gedächtnis im christlichen Europa nur
schwach ausgeprägt. Diese Dinge liegen natürlich lange zurück und geschahen in
Die Europäer be- einer Zeit, in der es in Westeuropa kaum Kommunikationsmittel und historische
ginnen zu erken- Aufzeichnungen gab. Der Kreuzritterzeit ging ausserdem eine Zeit voran, in der in
den islamisch beherrschten Ländern der Druck auf die Nichtmuslime durch hohe
nen, dass der neu Steuern und andere Formen der Diskriminierung immer mehr zunahm. Zudem
erwachte militante zerstörten die Muslime Kirchen und Klöster, so unter anderem die Grabeskirche in
Jerusalem. Würde heute umgekehrt Ähnliches geschehen, wie etwa die Zerstörung
Islam für sie zu einer oder der Abriss der Moscheen auf dem Tempelberg in Jerusalem, würden die
Bedrohung wird Muslime bestimmt ihre Drohung wahr machen und die Welt in Brand setzen. Dass
ihnen jedes Mittel recht ist, zeigen die grausamen Terroranschläge, die auch für
Europa zu einer immer stärkeren Bedrohung werden. Ein aktuelles Beispiel ist der
jüngste Anschlag in London. Lange Zeit lagen die Geschehnisse weit weg im Nahen
Osten und besonders in Israel, für das man in letzter Zeit sowieso nicht allzu viel
Sympathie übrig hatte. Doch langsam erreicht dieses Problem auch Europa, zumal
heute in den Mitgliedsländern der EU etwa 20 Millionen Muslime leben. Auch die
Europäer beginnen zu erkennen, dass der neu erwachte militante Islam für sie zu
einer Bedrohung wird. Das nominelle Christentum fühlt sich ebenfalls langsam
zu einer Stellungnahme herausgefordert, denn die Geschehnisse im Nahen Osten
betreffen letztendlich uns alle.
Als Kenner des Wortes Gottes können uns diese Dinge jedoch nicht überra-
schen oder beängstigen, zumal wir uns bei allem, was kommen mag, in Christus
geborgen wissen dürfen.
In dieser Zuversicht mit Ihnen verbunden, grüsst sie mit einem herzlichen
Shalom
Ihr Fredi Winkler

3
I N H A LT A U G U S T 2 0 0 5
Nachrichten aus Israel • 8/2005

Nachrichten aus Israel®

Schweiz:
Tage der Angst. Unser Jerusalemer
Beth-Shalom Korrespondent Zwi Lidar spricht in
Ringwiesenstrasse 12a
CH-8600 Dübendorf seinem Beitrag über seine Angst um
Tel. 0041 (0)44 952 14 17 die Zukunft Israels. Seite 10
Fax 0041 (0)44 952 14 19 ®
E-Mail: beth-shalom@mnr.ch

Deutschland:
Mitternachtsruf Zweig Deutschland e.V.
Abt. Beth-Shalom
Kaltenbrunnenstrasse 7
D-79807 Lottstetten
Tel. 0049 7745 8001
Fax 0049 7745 201
E-Mail: beth-shalom@mnr.ch
Die Verfassungskrise in der EU, der
Nahe Osten und Israel. Die Ablehnung
Zeitschriften:
Schweiz: der EU-Verfassung in Frankreich
Beth-Shalom
«Nachrichten aus Israel»
und den Niederlanden hat zu einer
Ringwiesenstrasse 12a Schwächung Europas geführt. Diese
8600 Dübendorf
Tel. 0041 (0)44 952 14 15 Entwicklung könnte sich auch auf
Fax 0041 (0)44 952 14 11
E-Mail: nai@mnr.ch
die Rolle der Staatengemeinschaft
im Nahen Osten auswirken. Seite 16
Deutschland:
Beth-Shalom
«Nachrichten aus Israel»
Kaltenbrunnenstrasse 7 Leichter atmen unter Wasser. Ein isra-
D-79807 Lottstetten elischer Erfinder hat ein Gerät ent-
Tel. 0049 7745 8001
Fax 0049 7745 201 wickelt, welches das Atmen unter
E-Mail: nai@mnr.ch.
Wasser ohne Sauerstoffgerät ermög-
Die «Nachrichten aus Israel» erscheinen auch in
englischer, französischer, holländischer, portugiesischer,
licht. Die Innovation nutzt die rela-
rumänischer, spanischer, und ungarischer Sprache. tiv kleinen Mengen der im Wasser
Erscheinungsweise monatlich.
gelösten Luft, um sowohl Taucher
Abonnementspreise jährlich:
Schweiz CHF 18.–; Deutschland EUR 12.–; Europa und Mittelmeer-
als auch U-Boote mit Sauerstoff zu
länder EUR 18.–; Übersee EUR 24.–. Abonnemente laufen ein versorgen Seite 20
Jahr (beginnend jeweils Januar) und werden automatisch um ein
weiteres Jahr verlängert, wenn sie nicht einen Monat vor Jahresende
gekündigt werden.

Einzahlungen Schweiz:
Beth-Shalom-Verein, Postscheckkonto 80-11535-0
oder Zürcher Kantonalbank, 8330 Pfäffikon ZH,
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Einzahlungen Deutschland: 3 von Fredi Winkler
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oder Sparkasse Hochrhein, Waldshut BLZ 684 522 90,
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5 Die Abtrennung Israels vom Gazastreifen
Israelreisen:
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H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N A U S I S R A E L
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9 … aus israelischer Sicht
E-Mail: reisen@mnr.ch 10 Tage der Angst
Gästehaus: 12 Siedlungen werden weiter ausgebaut
Beth-Shalom, P.O.B. 6208
Hanassi Ave. 110
13 Was geschieht «am Tag danach»?
Haifa-Carmel 31060 14 Vom Falken zum Pragmatiker
Israel
Tel. 00972 4 837 74 81 15 Israel soll von der Erde verschwinden.
Fax 00972 4 837 24 43
E-Mail: beth-shalom-israel@mnr.ch
15 Reges Interesse an israelischer Spitzentechnologie
Eingedenk dessen, dass alle menschliche Erkenntnis Stück-
15 Blutuntersuchung ohne «Pieks»
werk ist (1.Kor 13,9), legen die Autoren eigenverantwortlich 16 Bakterien vernichten ohne Antibiotika
ihre persönliche Sicht dar.
16 Besorgnis über das Wahlergebnis im Iran
Initialen der Autoren und Quellenangaben in dieser Ausgabe:
BH = Brigitte Hahn; ZL = Zwi Lidar; CM = Conno Malgo; AN = Antje
16 Die Verfassungskrise in der EU, der Nahe Osten und Israel
Naujoks; US = Ulrich Sahm; MS = Markus Senn 18 Was «im Prinzip» im Nahen Osten alles passiert
Titelbild: NAI 19 Zahlen sprechen Bände
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21 «Marine-Barriere» gegen Terroranschläge
22 Terror im Urlaubsparadies

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 BI BLISC H E BOTSC HAFT

Die Abtrennung
Israels vom Gazastreifen
Wie ist die geplante Räumung des Gazastreifens aus biblisch-prophetischer Sicht zu
beurteilen? Zu diesem Thema ist vorab anzumerken, dass die israelische Regierung aus
einer politischen und militärischen Notwendigkeit heraus handelt und nicht etwa wie
in biblischer Zeit aufgrund göttlicher Anordnungen. Die meisten Siedler haben sich
jedoch auf die Bibel berufen, als sie wegen ihrer religiösen Überzeugung begannen, das
im Sechstagekrieg eingenommene Gebiet zu besiedeln. Heute stellt sich allerdings die
Frage, ob die bei der Landeinnahme unter Josua durch Gott gegebenen Verheissungen
ohne weiteres in Anspruch genommen werden können.

Fredi Winkler
Keine linke Regierung Israels
war bisher bereit, die Abtrennung
von Gaza in die Tat umzusetzen, da-
für ausgerechnet eine rechtsgerich-
tete unter Ariel Sharon, der einmal
als der «Vater der Siedlungsgrün-
dungen» angesehen wurde. Doch
die politische und militärische und
vor allem auch die ökonomische
Lage Israels liess in Ministerpräsi-
dent Ariel Sharon die Überzeugung
reifen, dass eine Abtrennung von
den Palästinensern unter den ge-
genwärtigen Umständen für Israel
das Beste ist.
Christliche Israelfreunde stellen
häufig die Frage, ob es aus der Sicht
der Bibel richtig ist, bereits eroberte
Gebiete einfach wieder abzugeben,
zumal es sich dabei um Land han-
delt, das Gott den Vorvätern durch
einen Schwur zugesichert hat. Dabei
gibt man auch zu bedenken, dass
der erhoffte Frieden, der dadurch
erreicht werden soll, sowieso ein fal-
scher Frieden sein wird, der auf die
Dauer nicht halten wird. Aber auch
in Israel glaubt niemand ernsthaft
an einen dauerhaften Frieden durch
die Abtrennung. Vielmehr soll durch
diesen Schritt eine bessere Ausgangs-
position für einen künftigen Konf-
likt geschaffen werden.
Im Hinblick auf die Eroberung
bestimmter Gebiete muss man aus-
serdem feststellen, dass die Verheis-
sungen für die Landeinnahme unter
Josua nicht ohne weiteres auf die
heutige Situation anzuwenden sind.
Vielmehr sollten wir Christen uns die
Stellung Jesu im Konflikt mit der da-
maligen römischen Fremdherrschaft
zum Vorbild nehmen.
Jesus und Rom. Es ist interessant,
dass Jesus bei politischen Meinungs-
verschiedenheiten, die damals nicht
weniger hitzig ausgetragen wurden als
heute, nie Stellung bezog. Er äusserte
sich auch nicht gegen die römische
Fremdherrschaft, sondern sah diese
als von Gott gegeben oder zugelassen
an. Für ihn war dieser Zustand eine
Folge des Fehlverhaltens, welches das
Volk Gott gegenüber an den Tag gelegt
hatte. Wir finden in den Evangelien
kein einziges Wort Jesu gegen die
Fremdherrschaft der Römer.
Es ist ausserdem bemerkenswert,
dass die Bibel über die Zeit zwischen
der Zerstörung des Tempels und
der damit verbundenen weltweiten
Zerstreuung Israels praktisch nichts
oder nur wenig sagt, sondern den
Faden erst im Zusammenhang mit
der Rückführung Israels in das Land
der Väter wieder aufnimmt.
Gerade heute, sechzig Jahre nach
dem Holocaust, einem der schreck-
lichsten Kapitel in der Geschichte
Israels, müssen wir feststellen, dass
die Bibel darüber im Detail kaum et-
was erwähnt, mit Ausnahme dessen,
was Mose in 3. Mose 26 (besonders
in V 27-39) und in 5. Mose 28 (be-
sonders in V 58-66) prophetisch
vorausgesagt hatte. In diesen Versen
hatte Gott Israel durch Mose auf
drastische Weise die Folgen des Un-
gehorsams vor Augen gemalt.
Rückblick in die Vergangen-
heit, um die Gegenwart zu verste-
hen. In der Bibel offenbart uns Gott
Sein Wesen und Seinen Willen für
die Menschen, insbesondere für Sein
Volk Israel. Dort werden keineswegs
die Fehler der Menschen beschönigt,
auch nicht das Fehlverhalten Seines
besonderen Eigentums Israel. Gott
hatte zwar Abraham, Isaak und Jakob
verheissen, ihnen und ihren Nach-
kommen das Land Kanaan zu geben;
diese Verheissung ist bis heute noch
nie in vollem Umfang in Erfüllung
gegangen, aber Gott wird sie in Sei-
nem künftigen Königreich in vollem
Mass verwirklichen.
In der Zwischenzeit hat Gott
die Landverheissung kurz vor der
Landeinnahme an der Grenze des
verheissenen Landes, im Land Moab,
mit einem zusätzlichen Bund an Be-

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BI BLISC H E BOTSC HAFT
Nachrichten aus Israel • 8/2005
dingungen geknüpft (5.Mo 28,69). In
den Kapiteln 28 bis 30 des 5. Buches
Mose legt Mose ihnen in eindringli-
cher Weise die Bundesbedingungen
vor und schliesst dann in Kapitel 30,
in den Versen 19 und 20 mit den fol-
genden Worten: «Ich rufe heute den
Himmel und die Erde als Zeugen gegen
euch auf: das Leben und den Tod habe ich
dir vorgelegt, den Segen und den Fluch!
So wähle das Leben, damit du lebst du
und deine Nachkommen, indem du den
Herrn, deinen Gott, liebst und seiner
Stimme gehorchst und ihm anhängst!
Denn das ist dein Leben und die Dau-
er deiner Tage, dass du in dem Land
wohnst, das der Herr deinen Vätern,
Abraham, Isaak und Jakob, geschworen
hat, ihnen zu geben.»
Mose als langjähriger Anführer des
Volkes sah jedoch das Unheil schon
voraus, weil er Israel aus Erfahrun-
gen wie der Anbetung des goldenen
Kalbes oder der Aussendung der zwölf
Kundschafter kannte: Zehn dieser
Männer verbreiteten über das ver-
heissene Land ein böses Gerücht und
verunsicherten damit das ganze Volk.
Diese Geschichten verdeutlichen,
wie bei Menschen in schwierigen
Situationen der Unglauben schneller
Anhänger findet als der Glauben. Die
traurige Folge dieses Unglaubens war
jedoch, dass das ganze Volk Israel vier-
zig Jahre lang in der Wüste bleiben
musste, bevor es in das verheissene
Land einziehen konnte.
Aufgrund dieser tiefen Erkenntnis
über sein Volk hat dann wohl Mose in
seinen Abschiedsreden einen trauri-
gen und schicksalsschweren Ausblick
auf die Zukunft vermittelt. So sagte
er in 5. Mose 31,27-29: «Denn ich
kenne deine Widerspenstigkeit und
deine Halsstarrigkeit wohl. Siehe heute
schon, während ich noch bei euch lebe,
seid ihr widerspenstig gegen den Herrn
gewesen; wie viel mehr nach meinem
Tod. Versammelt zu mir alle Ältesten
eurer Stämme und eure Aufseher, dass
ich diese Worte vor ihren Ohren rede
und den Himmel und die Erde gegen sie
als Zeugen aufrufe! Denn ich habe er-
kannt, dass ihr nach meinem Tod ganz
und gar zu eurem Verderben handeln
und von dem Weg abweichen werdet,
den ich euch befohlen habe. Dann wird
euch das Unheil treffen am Ende der
Tage, weil ihr tun werdet, was böse ist
in den Augen des Herrn, ihn zu reizen
durch das Werk eurer Hände.»
6
Der Ungehorsam Gott gegenüber
ist ein nur allzu menschliches Pro-
blem, das nicht nur Israel, sondern
den Menschen allgemein und auch
dem Volk des Neuen Bundes zu
schaffen macht. Wenn wir diese Ge-
schehnisse aus der Geschichte Israels
betrachten, soll es uns nicht um eine
Kritik an Israel gehen, sondern viel-
mehr um eine Lehre und Warnung
für uns selbst.
Die scheinbar harmlosen An-
fänge des Ungehorsams. Kurz vor
dem Einzug in das lang ersehnte ver-
heissene Land kam eine Versuchung
über Israel, deren heimtückische
Folgen selbst Mose nicht im vollen
Masse erkannte. Die Männer von den
Stämmen Ruben und Gad traten vor
Mose mit der Bitte, nicht über den
Jordan in das verheissene Land einzie-
hen zu müssen, sondern sich östlich
davon niederlassen zu dürfen, ausser-
halb des ihnen zugesagten Gebietes.
Mose war über diese Bitte äusserst
entrüstet (4.Mo 32,1-15). Doch
Ihre Zusicherung, beim Kampf um
die Eroberung des Landes Kanaan an
vorderster Front dabei zu sein, konn-
te Mose umstimmen. Dabei passierte
Mose etwas, was für Entscheidungen,
die gegen den Willen Gottes sind, ty-
pisch ist. Bei dieser schicksalhaften
Entscheidung befragte Mose nicht
den Mund des Herrn, wie er es sonst
immer tat, sondern er entschied von
sich aus.
So heisst es dann auch in Vers 33,
dass Mose und nicht Gott ihnen das
Land gab. Plötzlich wollte ein weite-
rer Stamm, nämlich der halbe Stamm
Manasse, auch östlich des Jordans
bleiben. Hier wird deutlich, wie ein
Abweichen vom vollkommenen Wil-
len Gottes immer schnell Gefolgs-
leute findet. Obwohl Mose wusste,
dass eine Landeinnahme östlich des
Jordans nicht dem Willen Gottes
entsprach, gab er diesem Eigenwillen
nach, vielleicht, weil er wusste, dass
das Volk nach seinem Tod sowieso
von den Wegen des Herrn abwei-
chen würde. Bezeichnenderweise
steht dann später geschrieben: «Und
wir nahmen ihr Land ein und gaben es
den Rubenitern und den Gaditern und
dem halben Stamm der Manassiter zum
Erbteil» (5.Mo 29,7). Auffallend sind
hier jene Punkte, die im Text nicht er-
wähnt werden. Es fehlt nicht nur der
Hinweis, Gott hätte ihnen das Land
gegeben, sondern auch die Aussage,
dass Mose es ihnen gegeben hat.
Hier heisst es lediglich: Wir gaben
es ihnen. Ihr Erbteil wurde ihnen
auch nicht durch das Los zugeteilt,
wie es bei den anderen Stämmen als
Offenbarung des göttlichen Willens
geschah, sondern sie handelten ei-
genmächtig.
Eigenmächtiges Handeln, ohne
nach dem Willen Gottes zu fragen, ist
immer ein Anzeichen für den Abfall
von Gott. Doch dem ging noch etwas
anderes voraus, etwas, was meistens
ein Auslöser jeden Ungehorsams und
jeder Sünde ist: die Augenlust. In
4. Mose 32,1 steht: «… und sie sahen
das Land.» Sie hatten ihren Blick nicht
mehr auf das gute Land gerichtet, das
Gott ihnen verheissen hatte, sondern
auf etwas, was ausserhalb des göttli-
chen Willens lag. Bemerkenswerter-
weise erhob Gott gegen diesen selbst-
süchtigen Wunsch keinen Einspruch,
sondern liess ihnen ihren Willen.
Doch die Auswirkungen dieses Ent-
schlusses auf die Stärke und Einheit
des Volkes waren verhängnisvoll, wie
wir später noch sehen werden. Diese
Geschichte soll auch uns zur Warnung
dienen, damit wir uns nicht nach Din-
gen ausstrecken, die nicht im Bereich
des göttlichen Willens liegen, und uns
deshalb langfristig schaden können.
Im Verlauf der Eroberung von Ka-
naan, die nach dem Durchzug durch
den Jordan begann, können wir
sehen, wie Israel in den Schlachten
gegen die Kanaaniter zwar erfolgreich
war und im Krieg die Feinde schlagen
konnte. Schliesslich waren die Kriegs-
leute der zweieinhalb Stämme, die das
Land östlich des verheissenen Landes
als ihr Siedlungsgebiet bevorzugten,
bei diesen Kämpfen noch dabei. Als
es aber um die Inbesitznahme des
Landes ging, fehlte es ihnen an der
erforderlichen Bevölkerung, und das
nicht zuletzt deshalb, weil Ruben, Gad
und der halbe Stamm Manasse ihr
Erbteil ausserhalb des verheissenen
Landes übernommen hatten.
In Kapitel 13 des Buches Josua
erinnert Gott selbst den Josua an
diesen Missstand. «Als nun Josua alt
und hochbetagt war, da sprach der Herr
zu ihm: Du bist alt geworden und bist
hochbetagt, und sehr viel Land ist noch
übrig, das in Besitz genommen werden
muss. Dies ist das Land, das noch übrig
 BI BLISC H E BOTSC HAFT
ist: alle Bezirke der Philister und ganz
Geschur … und das Land der Gebaliter
und der ganze Libanon gegen Sonnen-
aufgang, von Baal-Gad, am Fuss des
Hermongebirges, bis man nach Hamat
kommt» (Jos 13,1-2.5).
Das Land der Philister und den
Libanon konnte Israel während sei-
ner ganzen Geschichte nie in Besitz
nehmen. Das war offenbar eine Folge
davon, dass die zweieinhalb Stämme
ihren Erbbesitz ausserhalb des ver-
heissenen Landes gesucht und damit
das Potential für die Einnahme des
verheissenen Landes verringert hat-
ten, indem sie ihre Kraft auf Dinge
verwandten, die Gott ihnen nicht
geboten hatte.
Wir können zusammenfassend
feststellen, dass die biblische Land-
verheissung in der ganzen Geschichte
Israels bis heute noch nie ihre volle
Erfüllung gefunden hat. Demzufolge
liegt dieses Geschehen noch in der
Zukunft, denn Gott bleibt seinen
Verheissungen treu. Ähnliches gilt für
den Libanon. In unserer heutigen Zeit
liegen die göttlichen Verheissungen
über die Nord-
grenze Israels
Die Männer von den Stämmen Ruben und Gad
nicht im Bereich traten vor Mose mit der Bitte, nicht über den Jor-
des Möglichen, dan in das verheissene Land einziehen zu müs-
sondern sie wer- sen. Plötzlich wollte ein weiterer Stamm, nämlich
den sich erst im der halbe Stamm Manasse, auch östlich des Jor-
Tausendjährigen dans bleiben. Hier wird deutlich, wie ein Abwei-
chen vom vollkommenen Willen Gottes immer
Reich vollständig Teilungsplan für Wende gekommen, die durch den
schnell Gefolgsleute findet (Bild: NAI)
erfüllen. Deshalb Palästina in einen damaligen ägyptischen Präsidenten
stellt sich hier die jüdischen und ei- Sadat ausgelöst wurde. Infolgedessen
Frage: Wie verhält es sich mit den üb- nen arabischen Teil zugestimmt hat- hat Ägypten und später auch Jordanien
rigen Teilen des Landes? ten. Nach dem Waffenstillstand von die Hemmschwelle überwunden und
Lehren für die Gegenwart aus 1949 war der Staat Israel der Teil des mit Israel Frieden geschlossen. Für
Israels Vergangenheit. Zunächst Landes, den Gott dem jüdischen Volk den Frieden mit Ägypten war Israel
wollen wir festhalten, dass wir die gegeben hatte, auch wenn die Araber, jedoch gezwungen, auf die gesamte
Gründung des modernen Staates Is- vor allem die Palästinenser, damit nie Sinai-Halbinsel zu verzichten.
rael im Jahre 1948 auf jeden Fall als einverstanden waren. Der Frieden mit Ägypten war für
Wunder Gottes bezeichnen müssen. Wie steht es nun mit den übri- Israel ein grosser Schritt, der damals
Nur drei Jahre nach dem Zweiten gen Teilen des verheissenen Landes, die Bevölkerung in Befürworter und
Weltkrieg, als sechs Millionen Juden, die später durch den Sechstagekrieg Gegner aufspaltete. Doch im Vergleich
also etwa ein Drittel des jüdischen zusätzlich unter die Kontrolle Israels zu den jetzt geplanten Massnahmen
Volkes, umgekommen waren, musste kamen? Israel hatte anfänglich nicht war die Sache relativ einfach, weil
die nur kleine jüdische Bevölkerung die Absicht, die eroberten Gebiete zu man sich einig war, dass der Sinai
von etwa 650 000 gegen die Armeen behalten, sondern sie als Faustpfand kein Teil des verheissenen Landes sei.
von sieben arabischen Nachbarstaa- zu verwenden, um die verfeindeten Judäa, Samaria und Gaza gehören
ten einen menschlich gesehen fast Nachbarn dazu zu bringen, mit den dagegen eindeutig zum verheissenen
aussichtslosen Unabhängigkeitskrieg Israelis zu verhandeln und zu einer Land. Ausserdem wurden in den nun
führen. Israel ging aus diesem Krieg Friedensregelung zu gelangen. Doch fast vierzig Jahren der israelischen
auf wunderbare Weise als Sieger der Hass auf Israel war grösser als der Verwaltung viele jüdische Siedlungen
hervor. Schmerz über den Verlust. Die Araber, gegründet, und zwar sowohl unter
Die Gründung eines jüdischen Staa- und allen voran die Palästinenser, rechtsgerichteten als auch unter
tes ist damals nur deshalb Wirklichkeit weigerten sich weiterhin, mit Israel linksgerichteten Regierungen. Auch
geworden, weil die Juden zuvor einem zu reden. Inzwischen ist es zu einer wenn viele Siedlungen nicht durch

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BI BLISC H E BOTSC HAFT
Nachrichten aus Israel • 8/2005
Regierungsinitiativen gebaut wurden,
wurde deren Gründung doch geduldet.
Deshalb trägt eine Regierung, die Sied-
lungen räumen will, auch eine gewisse
Verantwortung. Während der letzten
vier Jahrzehnte wollte keine Regierung
– wohl aus wahltaktischen Gründen
– gegen die Siedlungsgründungen
Stellung nehmen. Doch das rapide
Bevölkerungswachstum unter den Pa-
lästinensern zwang sogar einen Mann
wie Ariel Sharon und seine rechtsge-
richtete Likudpartei zum Umdenken.
Ein Grund für die rapide Vermehrung
der palästinensischen Bevölkerung ist
nämlich die Tatsache, dass sie bis heu-
te keine staatliche Eigenverantwortung
tragen mussten, sondern diese immer
anderen überliessen. Im Westjordan-
land führten die Jordanier die Staatsge-
schäfte und in Gaza die Ägypter. Nach
1967 hatte Israel als Besatzungsmacht
für die zivilen Angelegenheiten zu sor-
gen. Seitdem ist zum Beispiel in Gaza
die Bevölkerung von 300 000 auf 1,5
Millionen angewachsen. Ausserdem
versorgen die UN-Flüchtlingsorgani-
sationen die Palästinenser mit dem
Nötigsten für den Lebensunterhalt.
So ist tatsächlich durch die «nicht-
konventionelle Waffe der Palästinen-
ser», von der Arafat immer sprach,
nämlich durch die Gebärmutter der
palästinensischen Frau, eine Situation
entstanden, die auf Dauer für Israel
nicht mehr tragbar ist. Deshalb sieht
sich Israel gezwungen, von sich aus auf
das im Sechstagekrieg eroberte Gebiet
zu verzichten.
Damit stellt sich Israel, aber auch
uns, die wir versuchen, die Dinge aus
einer biblischen Perspektive zu sehen,
erneut die Frage: Hat Gott Israel das
im Sechstagekrieg eroberte Land tat-
sächlich zum Besitz gegeben, so wie
das Land, das Er ihnen durch den
UN-Teilungsplan und den Unabhän-
gigkeitskrieg sowie das nachfolgende
Waffenstillstandsabkommen mit Jor-
danien im Jahre 1949 gegeben hat?
Eine etwas andere Sicht der Din-
ge. Ist es möglich, dass Israel durch die
Siedlungsgründung in den unsicheren
palästinensischen Gebieten in seiner
Existenz geschwächt wurde, weil da-
durch wirtschaftliche und militärische
Kräfte, die im Land selbst dringend ge-
braucht worden wären, für eine Situ-
ation vergeudet wurde, die auf Dauer
nicht haltbar ist? Könnte dieser Fall
8
ähnlich gelagert sein wie damals die
Problematik der zweieinhalb Stämme,
die sich in einem Land ansiedelten, das
sie sich zwar militärisch unterworfen
hatten, das Gott aber trotzdem nicht
für sie als Erbteil bestimmt hatte?
Dass sich die Landeinnahme öst-
lich des Jordans für die zweieinhalb
Stämme langfristig als problematisch
erwies, merkten diese schon bei der
Rückkehr in ihr Gebiet, als der Er-
oberungskrieg im Land Kanaan zu
Ende war. Schliesslich trennte sie das
Jordantal von den übrigen Stämmen
ab. Darum bauten sie am Jordan einen
Altar, der ihre Verbundenheit mit den
übrigen Stämmen symbolisieren sollte.
Doch diese Handlung wurde von den
Stämmen im Land Kanaan als Abfall
von Gott angesehen. Damals wäre
es deswegen beinahe zu einem Bru-
derkrieg gekommen. Die zweieinhalb
Stämme verteidigten sich mit den fol-
genden Worten gegen diesen Vorwurf:
«Vielmehr taten wir dies aus Besorgnis,
aus einem bestimmten Grund, als wir
uns sagten: Künftig werden eure Söhne zu
unseren Söhnen sagen: Was habt ihr mit
dem Herrn, dem Gott Israels, zu tun? Der
Herr hat ja eine Grenze zwischen uns und
euch gesetzt, ihr Söhne Ruben und ihr
Söhne Gad, nämlich den Jordan. Ihr habt
keinen Anteil am Herrn! So könnten eure
Söhne unsere Söhne davon abbringen, den
Herrn zu fürchten» (Jos 22,24-25).
Diese Erfahrung aus der Geschichte
Israels dient auch uns als Lektion für
unser Glaubensleben. Wie oft befinden
wir uns in der Gefahr, aus unserem
Eigenwillen heraus Kraft und Zeit zu
verschwenden für Dinge, die Gott uns
nicht geboten hat, und die letztendlich
nur zu Trennungen und Spaltungen
führen.
Die ehemalige Grenze zum paläs-
tinensischen Gebiet wird auch heute
noch von Israelis mit gemischten
Gefühlen überschritten. Wenn über-
haupt, tut man das meistens nur auf
offiziellen Durchgangsstrassen, die re-
lativ sicher sind, doch de facto besteht
diese Grenze seit 1967 weiter.
Hat Israel beim Siedlungsbau
den Blick auf Dinge gerichtet, die
Gott dem jüdischen Volk nicht oder
noch nicht gegeben hat? Bereits vor
vielen Jahren hatte ausgerechnet Ariel
Sharon darauf hingewiesen, dass der
Negev und Galiläa bald von Arabern
dominiert würden. Gerade in Galiläa
war die arabische Bevölkerung in der
Mehrheit. Ariel Sharon ergriff dann
auch die Initiative zum Bau von neu-
en jüdischen Siedlungen in Galiläa,
aber auch im Negev, wo die Beduinen
sich immer stärker ausbreiten. Hinter
diesen Siedlungsgründungen steht
die Absicht, einen demografischen
Ausgleich zu schaffen und das Land
durch Besiedlung in Besitz zu neh-
men. Heute zeigt sich immer mehr
die Dringlichkeit, das zu erhalten,
was man schon hat, und nicht Kraft
und Geld zu vergeuden für Projekte,
die unter den gegebenen Umständen
sowieso keine Zukunft haben. So plant
man, die Siedler aus dem Gazastreifen
möglichst in den Süden des Landes,
also in den Negev, umzusiedeln, um
gerade dort die jüdische Präsenz zu
stärken.
Die Nichtinbesitznahme des ge-
samten verheissenen Landes unter
Josua, die zum grossen Teil durch das
Verhalten der zweieinhalb Stämme ver-
ursacht wurde, hatte in der Geschichte
Israels schwerwiegende Folgen. Ausge-
rechnet die Philister und die Phönizier
im Libanon wurden später für Israel zu
einer schweren Plage. Sie trugen sogar
zum Abfall des Volkes von Gott bei.
Die Philister stellten Jahrhunderte lang
für Israel eine militärische Bedrohung
dar, während die Phönizier mit ihrem
Baalskult zum sittlichen und geistli-
chen Niedergang des jüdischen Volkes
beitrugen. Auch dazu gibt es im heuti-
gen Geschehen eine Parallele.
Die Siedlungsbewegung, die vor
allem aus religiösen Juden besteht,
hat sich in den Siedlungen praktisch
abgesondert vom übrigen Israel, und
die Siedler führen ein relativ isoliertes
Leben. Doch weil sie als religiöse Men-
schen die sittlichen und moralischen
Werte aus dem Wort Gottes kennen
und noch einhalten, haben sie auch die
Aufgabe, diesen positiven Einfluss un-
ter das Volk zu bringen. Gerade das ha-
ben sie durch ihre isolierte Lebensweise
versäumt. Es ist nicht zu übersehen,
dass es mit den moralischen Werten
in Israel nicht zum Besten bestellt ist.
In erster Linie waren es nämlich nicht
die strategischen Schwächen, sondern
der Werteverfall, der das Volk Israel in
der langen Geschichte seines Bestehens
wiederholt zu Fall gebracht hat.
Ist der Besitz des ganzen Landes
für Israel heute schon von Bedeu-

tung? Für Gott war der Landbesitz
immer von sekundärer Bedeutung.
Er wollte von Seinem Volk vor allem,
dass es Ihm gehorsam und ein heiliges
Volk sein sollte. Diese Forderung stell-
te Er noch vor dem Bundesschluss am
Sinai: «Und nun, wenn ihr willig auf
meine Stimme hören und meinen Bund
halten werdet, dann sollt ihr aus allen
Völkern mein Eigentum sein; denn mir
gehört die ganze Erde. Und ihr sollt mir
ein Königreich von Priestern und eine
heilige Nation sein. Das sind die Worte,
die du zu den Söhnen Israel reden sollst»
(2.Mo 19,5-6).
Gott sagt hier mit anderen Wor-
ten, dass die Israeliten sich wegen des
Landbesitzes keine Sorgen machen
müssen, weil die ganze Erde Ihm ge-
hört. Wiederholt sagt Gott zu Seinem
Volk, Er selbst wolle seine Feinde vor
ihm her vertreiben, wenn es Ihm nur
gehorsam sein würde. Gehorsam ist je-
doch etwas, was Gott nicht an unserer
Stelle und auch nicht für uns leisten
BI BLISC H E BOTSC HAFT
kann, zumal der Gehorsam für Gott
ein Prüfstein des Glaubens ist. Für alles
andere sorgt Er selbst, wenn Israel Ihm
gehorsam ist. Dieses Prinzip gilt jedoch
nicht nur für Israel, sondern auch für
uns als Gläubige des Neuen Bundes.
Die vollkommene Erfüllung
aller Verheissungen. Die Bibel
lässt jedoch keinen Zweifel darüber
aufkommen, dass die volle Erfüllung
aller Verheissungen eintreffen wird.
Viele oder sogar die meisten von ihnen
werden erst im kommenden messiani-
schen Königreich eintreffen.
Die Bibel redet im Zusammenhang
mit der Ankunft des Messias und der
Aufrichtung Seines Reiches von gros-
sen Kriegen und gewaltigen Verän-
derungen durch Naturkatastrophen,
die zu einer totalen Umwandlung
und schliesslich zu einer Erneuerung
der ganzen Erde führen werden. Erst
dann, wenn Satan, der grosse Wider-
sacher Gottes, der die Menschen im-
mer wieder zur Rebellion gegen Gott
aufgestachelt hat, für tausend Jahre
gebunden ist und Jesus Christus als
der gerechte Herrscher regieren wird,
wird Israel das von Gott verheissene
Land ganz besitzen. Dann wird Israel
endlich in Sicherheit wohnen und auf
dem Mittelpunkt der ganzen Erde zum
Segensvolk unter den Völkern werden,
so wie es Gottes ursprünglicher Plan
war.
Wir müssen uns in dem verworre-
nen Konflikt in und um Israel davor
hüten, das gegenwärtige Geschehen als
das Eigentliche anzusehen. Vielmehr
ist es ein kleiner, sichtbarer Teil eines
gewaltigen Kampfes in der unsichtba-
ren Welt, der in der Aufrichtung des
Reiches Gottes auf Erden gipfeln wird.
Erst dann wird das Land und Volk Is-
rael zum Zentrum des göttlichen Han-
delns werden. Dabei ist es wichtig, das
Gesamtbild des Heilsplanes Gottes im
Auge zu behalten und nicht nur einen
zeitlich begrenzten Ausschnitt.

H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N AUS ISRAEL

LONDONER TERRORANSCHLAG …

… aus israelischer Sicht

Der rote Doppeldeckerbus mit dem weggeflogenen Dach war für viele Israelis ein «allzu gewohnter
Anblick», sagte die Korrespondentin des israelischen Rundfunks in London.

Aber es gibt einen grossen Unterschied bei der Berichterstattung
der BBC und beim Vorgehen der britischen Behörden. «Nach drei
Tagen steht der zerstörte Bus immer noch auf der Strasse», erzählt
Vardi. In Israel werden in Windeseile alle Spuren der Zerstörung
geräumt. Wenige Stunden danach ist alles mit einem Wasserstrahl
gesäubert. Die Vorstellung, dass mehrere Tage nach den Anschlägen
noch immer Leichen in den U-Bahnschächten liegen, wäre in Israel
ebenfalls unvorstellbar.
Auch die Berichterstattungen in beiden Ländern unterscheiden
sich erheblich. In Israel ist die Presse zusammen mit den Rettungs-
mannschaften oft Minuten nach dem Ereignis vor Ort. Fotografen wie
Kameraleute vermeiden zwar auch in Israel pietätlose Aufnahmen
von Toten, aber die leicht Verletzten werden schon auf dem Weg zum
Krankenwagen interviewt. Ohne Ekel zu erregen, ermöglichen die
israelischen Medien ein hautnahes Miterleben. Anders in England.
Die Anteilnahme beschränkt sich auf ein Minimum, während in Israel
eines jeden Toten mit Beschreibungen seines Lebens gedacht wird.
Obgleich die Briten davon reden, dass die Explosionen «Fingerab-
drücke der El Kaida» zeigen, äussern sich israelische Experten vor-
sichtiger. Es gebe unzählige Organisationen, die sich von den Ideen
des Osama Bin Laden «inspirieren» liessen. Alle betreiben Terror und
rechtfertigen ihre Taten mit Koranversen. Fast ausnahmslos morden
sie Zivilisten. Hinterbliebene der Attentäter erhalten üppige Renten
oder Schecks. Der ungelöste Nahostkonflikt dient als Vorwand, kann
aber kaum als Grund herhalten, wenn deutsche Touristen auf Djerba
oder in Luxor und Kinder in Beslan ermordet werden.
Palästinenser reagierten erbost auf die Anschläge, während sie am
11. September 2001 noch Freudendemonstrationen veranstalteten.
Die Hamas veröffentlichte eine Verurteilung der Anschläge, so als
hätte sie noch nie einen Bus gesprengt und behauptete, dass kein
frommer Muslim jemals unschuldige Zivilisten töten würde.
Der führende israelische Arabist, Guy Bechor, kommentierte: «Es
ist an der Zeit, dass die Europäer in den Spiegel schauen. Solange
sie El Kaida nicht anerkennen und mit Osama Bin Laden Verhand-
lungen führen, sollten sie auch von Israel nicht verlangen, mit dem
Islamischen Jihad oder mit der Hamas zu reden.» US/AN

9
H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Nachrichten aus Israel • 8/2005
AUS ISRAEL
DIE RÄUMUNG DER SIEDLUNGEN AUS EINER ANDEREN PERSPEKTIVE

Tage der Angst

Unser Jerusalemer Korrespondent Zwi Lidar spricht in seinem Beitrag über seine Angst um die Zu-
kunft Israels. Wir möchten darauf hinweisen, dass der Autor kein wiedergeborener Christ ist und
deshalb eine andere Sichtweise über die Zukunft Israels hat als die meisten unserer Leser. Dennoch
führen uns seine Zeilen klar vor Augen, wie gross zur Zeit die Gefahr für Israel ist und wie sehr es
unsere Gebete braucht. Angesichts der bedrohlichen Lage ist es ein starker Trost, dass der Gott Israels
alles unter Kontrolle hat und Sein Volk nicht mehr der Zerstörung preisgeben wird. Entscheidend ist
am Ende nicht die Stärke Israels, sondern das Eingreifen Gottes. CM

Ich bin in grosser Sorge. Schon
viele Jahre lang bin ich als Journalist
tätig, doch an eine solche Zeit kann
ich mich nicht erinnern. In diesen
Tagen scheint alles an einem seide-
nen Faden zu hängen. Es sind Tage der
Angst um die Existenz Israels, um das
Überleben des jüdischen Staates.
In der relativ kurzen Geschichte
des Staates Israel hatten wir schon
sehr schwere Zeiten durchzustehen.
Ich kann mich an jeden dieser Tage
erinnern, an die Unsicherheit und
die Angst, die ich 1956 als Kind
empfand. Damals verstand ich noch
nichts von Politik, aber die doppelte
Angst meiner Eltern, die Holocaust-
Überlebende sind, übertrug sich auf
mich. Damals drohten die USA und
die Sowjetunion meinem Staat und
forderten den Rückzug aus dem Sinai.
Auch an die Ungewissheit vor dem
Sechstagekrieg erinnere ich mich:
Ägypten sperrte damals mit Unter-
stützung der gesamten arabischen
Welt das Rote Meer und schnitt Israel
den südlichen Zugang zur See sowie
einen wichtigen Handelsweg ab. Auch
an die Überraschung und die unend-
liche Angst während des so plötzlich
über uns gekommenen Yom-Kippur-
Krieges von 1973 entsinne ich mich.
Damals beobachteten wir ungläubig
und voller Angst die Kämpfe an der
ägyptischen und syrischen Front. Wir
fühlten einen unendlichen Schmerz
über die hohen Verluste in unseren
Reihen.
Neben der Unsicherheit, der Angst
und der Ungewissheit haben diese
schweren Tage noch etwas anderes
gemeinsam. Jeder einzelne meiner
Mitmenschen lebte in Furcht, aber
zugleich spürte man, dass man nicht
allein war. Es herrschte ein starkes
Zusammengehörigkeitsgefühl. Alle
glaubten, den richtigen Weg einge-
schlagen zu haben. Wir bildeten eine
Schicksalsgemeinschaft, und lebten
nach dem Motto: «Netzah Israel Lo
Y›Shaker». Wir waren sicher, dass
das jüdische Volk immer und ewig
zusammenhalten und sich vereint
jedem Feind entgegenstellen werde.
Niemals sollten die grausamen Tage
der Diaspora uns wieder einholen
– nicht in unserem eigenen Staat.
Der Streit um den Weg des
Volkes in seinem Land. Und jetzt?
Inzwischen scheint alles ins Wanken
geraten zu sein. Zum ersten Mal, seit
ich denken kann, scheint der Staat
Israel wirklich an einem Abgrund zu
stehen, der sich vor jedem von uns
auftut. Diese Situation geht nicht auf
eine politische Auseinandersetzung
zurück. Inzwischen spielen die An-
sichten und die Rhetorik der Politiker
und die Aufschreie der begeisterten
oder der verschreckten Massen keine
Rolle mehr. Alle diese Szenarien ken-
nen wir aus der Vergangenheit. Schon
oft haben wir uns hier in diesem Land
darum gestritten, was der richtige
Weg und die richtige Ansicht ist.
Doch trotz dieser Konfrontationen
gab es immer einen gemeinsamen
Nenner. Wir glaubten, trotzdem alle
in einem Boot zu sitzen.
Auch dieses Mal handelt es sich
um eine grundsätzliche Auseinander-
setzung. Es geht dabei auch um die
Frage, ob die Regierung die alleinige
Entscheidungsgewalt in einer Grund-
satzfrage haben und über den Weg
des jüdischen Volkes in Alleinregie
bestimmen darf.
Zum ersten Mal in der Geschichte
des Staates Israel gibt es Juden, die
zwischen dem Staat Israel und dem
jüdischen Staat einen Unterschied
machen. Zum ersten Mal hat sich
eine Gruppe von Bürgern des Staates
Israel zusammengetan, die sich selbst
in erster Linie als Juden bezeichnen.
Diese Menschen werden von der
israelischen Regierung aufgefordert,
ihre Häuser zu räumen. Die Siedler
stellen die Autorität der israelischen
Regierung in Frage, die Autorität einer
demokratisch gewählten Regierung,
die sich zum Ziel gesetzt hat, den
Charakter, die Zukunft und auch die
Grenzen des jüdischen Staates neu zu
definieren.
Meinungsverschiedenheiten
kurz vor der Räumung. Das sind
keine politischen Meinungsverschie-
denheiten, sondern es ist eine Krise,
die eine tiefe Kluft im Volk entstehen
lässt. Das Volk ist gespalten, in zwei
Lager geteilt, die die jüdische Religion
und den jüdischen Glauben jeweils
anders auslegen.
Die jüdische Religion kennt solche
grundlegenden Auseinandersetzungen
durchaus. Auch das Judentum stand
vor Situationen, in denen solche
Meinungsverschiedenheiten zu einem
Bürgerkrieg führten. Die Folgen wa-
ren stets zerstörerisch. Als der Nach-
folger von König Salomo den Thron
bestieg, kam es zu einer religiösen und
politischen Krise, die letztlich zur Tei-
lung des Königreiches führte. Damals
entstanden die Königreiche Juda und
Israel, und die Zerstörung des ersten
Tempels um das 5. Jahrhundert v.Chr.
folgte unmittelbar darauf.
Unterschiedliche Auslegungen
der Halacha – des jüdischen Reli-
gionskodexes – und ihrer Verbote
und Gebote führten während der
Zeit des zweiten Tempels zu einer
religiösen Spaltung des jüdischen
Volkes. Damals entstanden das
Königreich der Hasmonäer und die
herodianische Dynastie. Es bildeten
sich verschiedene Sekten – die Sad-

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 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
duzäer, die Essener, die Karäer. Jeder
stritt damals mit jedem. Letztlich trug
dieser bürgerkriegsähnliche Zustand
zur Schwächung des Volkes und zur
Zerstörung des zweiten Tempels im
Jahre 70 n.Chr. bei.
Während ich diese Zeilen schreibe,
bereiten sich jüdische Soldaten und
Polizisten darauf vor, jüdische Sied-
ler im Gazastreifen zum Verlassen
ihrer Häuser und Wohnungen auf-
zufordern. Wieder einmal scheint das
Judentum an einer Weggabelung zu
stehen. Einige Israelis fühlen sich von
ihren Mitbürgern, ihrem Land und
ihrer Regierung verraten. Sie sehen,
wie ihr Lebenswerk vor ihren Augen
zerstört wird. Alles, woran sie geglaubt
haben, wird in Frage gestellt. Viele von
ihnen klammern sich noch immer an
das Versprechen ihrer Rabbiner, dass
nichts geschehen wird. Sie glauben
fest an ein Wunder in letzter Minute,
daran, dass der Trennungsplan und
somit auch die Räumung jüdischer
Siedlungen nicht durchgeführt wird.
Sie werden wohl vor einem Trümmer-
haufen ihrer Hoffnungen stehen.
Momentan baut sich eine grosse
Spannung auf. Die Luft scheint elek-
trisch aufgeladen zu sein. Jede Seite ist
überzeugt, der jeweils gewählte Weg
sei der einzig richtige; nur so und
nicht anders werde das Volk in eine
bessere Zukunft geführt.
Zwischen Spannung und Ge-
fahr. Die Lage kann leicht aus dem
Gleichgewicht geraten. Der kleinste
Funke reicht, damit sich die aufge-
staute Spannung entlädt. Gegen Ende
August, wenn die Räumung vollzogen
werden soll, kann es zu einer endgül-
tigen Spaltung unter den Bürgern des
Landes kommen. Dann könnte ein
Teil des Volkes sich aktiv gegen die
staatlichen Institutionen stellen. Das
ist eine Art «Erfolgsrezept» für eine
Katastrophe.
Es werden viele Versuche unter-
nommen, es nicht dazu kommen zu
lassen. In dieser sich zuspitzenden
Lage, in der ein Teil des Volkes sich
gegen die staatlichen Institutionen
stellt, ergreifen radikale Elemente
schnell die Initiative, weil sie zu ex-
tremen Taten bereit sind. In einem
solchen Fall gäbe es keinen Weg
mehr zurück. Unter den Siedlern
wurde bereits ein «Kampfbekennt-
nis» verbreitet, in dem die Grenzen
ihres Widerstands definiert werden.
Das heisst jedoch nicht, dass solche
Grenzen nicht doch überschritten
werden und die Situation aus dem
Ruder läuft.
Vielleicht lässt sich die Spaltung in
der Bevölkerung doch noch abwen-
den. Sollte das tatsächlich gelingen,
wäre das eine der glorreichsten Stun-
den in der Geschichte des jüdischen
Volkes.
Die Räumung betrifft auch
Tote. Der Trennungsplan stellt die
Behörden vor viele schwierige Aufga-
ben. Dazu gehört auch die Räumung
der Gräber in den Siedlungen. Ge-
genwärtig befinden sich im jüdischen
Siedlungsring Gush Katif etwa 120
Gräber. Manche der Toten, darunter
auch Kinder und Jugendliche, kamen
durch Terrorakte
von Palästinen-
sern uns Leben.
In den anderen
Gräbern liegen
Siedler, die dort
verstorben sind
und ihre letzte
Ruhestätte in
der Nähe ihrer
Familienangehö-
rigen fanden.
Mit der anste-
henden Räumung
der jüdischen
Siedlungen stellt
sich auch die
Frage, was aus
diesen Gräbern
wird. Die Ha-
Israelische Siedler werden von israelischen Sol-
daten auf dem Weg nach Gaza aufgehalten
(Bild: Reuters)
lacha – der jüdische Religionskodex
– spricht sich strikt gegen eine Unbet-
tung von Toten aus. Die Störung der
Totenruhe gilt als schwerer Verstoss
gegen die Gebote Gottes und ist daher
fast ohne Ausnahme verboten. Es gab
deswegen schon häufig heftige Debat-
ten. Wenn man beispielsweise bei ar-
chäologischen Ausgrabungen oder bei
Strassenbauarbeiten auf Gräber stiess,
kam es zu Konfrontationen zwischen
religiösen und säkularen Kreisen des
Landes, manchmal sogar zu gewaltsa-
men Auseinandersetzungen.
AUS ISRAEL
Doch im Hinblick auf die Räu-
mung der Siedlungen ist klar, dass
die jüdischen Gräber nicht in einem
Gebiet zurückgelassen werden dürfen,
das unter palästinensische Kontrolle
kommen wird. Das ist eine der wenigen
Ausnahmen, in denen die Halacha die
Störung der Totenruhe erlaubt. Auch
wenn eine Umbettung unter diesen
Umständen zulässig ist, erweist sich
eine solche Massnahme als schwie-
rig. Die Halacha schreibt nämlich vor,
dass bei einer Umbettung erneut eine
Beerdigungszeremonie abgehalten
werden muss und die Angehörigen
des Toten müssen nochmals alle Riten
vollziehen. Sie müssen zum Beispiel
auch ein zweites Mal die Trauerzeit
einhalten. Dazu gehören sieben Tage
Trauersitzung, eine Zeremonie nach
30 Tagen, die Legung eines Grabsteins
nach einem Jahr sowie ein Jahr lang
diverse Einschränkungen, darunter
das Verbot, zu heiraten und öffent-
liche Veranstaltungen zu besuchen.
Manche Siedler haben sich dazu be-
reit erklärt. Andere wieder haben an-
gekündigt, lieber an den Gräbern ihrer
Angehörigen Selbstmord zu begehen
als einer Umbettung zuzustimmen.
Manche Familien wissen wirklich
nicht, was sie tun sollen.
Wie man es auch dreht und wen-
det, es ist und bleibt eine schwierige
Angelegenheit. Auch die Verlegung der
Gräber wird bei vielen Siedlern alte
Wunden aufreissen. ZL
11
H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Nachrichten aus Israel • 8/2005
AUS ISRAEL
EIN PARADOX VOR DER RÄUMUNG
Siedlungen werden weiter ausgebaut
Besuchte man im Juli die jüdischen Siedlungen im Gush Katif, so fiel vor allem auf, dass jede
Pflanze, private Gärten und öffentliche Parkanlagen bewässert wurden. Nur einen Monat vor
der Räumung dieser Siedlungen zeigten die hier lebenden Israelis, dass ihr Leben weitergeht. Sie
begnügten sich jedoch nicht mit der Pflege der vorhandenen Anlagen, sondern pflanzten beinahe
täglich neue Bäume.
Im Juli setzte auch eine Stiftung ihre Arbeit fort, die erst wenige
Monate zuvor gegründet worden war. Die Gegner des Trennungsplans
riefen die Stiftung «Glauben und Pflanzen» ins Leben. Siedler und Israelis,
die den Trennungsplan ablehnen, aber auch Bürger aus dem Ausland
lassen dieser Einrichtung Geld zukommen. Mit den Spenden werden
Pflanzen und Bäume gekauft, die im Gush Katif angepflanzt werden.
Auch landwirtschaftliche Produkte werden angebaut. Ihre Früchte kann
man frühestens im Herbst ernten – zu einer Zeit, wenn die Siedlungen
bereits längst geräumt sein sollen. Für die Spender und Aktiven dieser
Stiftung symbolisieren diese Aktionen den ungebrochenen Willen,
die Siedlungen nicht zu räumen. Inzwischen haben Gärtnereien und
Baumschulen Hochkonjunktur.
Die israelischen Banken haben den Landwirten des Gush Katif
bereits vor einiger Zeit die Kredite gesperrt. Doch mit Hilfe der Stiftung
«Glauben und Pflanzen» können die Landwirte ihre Tätigkeit sogar noch
ausweiten. Die Spendengelder werden als Anleihen ausgegeben, denn
man ist sich sicher, dass diese mit den Erträgen der kommenden Ernte
zurückgezahlt werden können. Erntezeit ist jedoch erst einige Monate
nach dem Termin der Räumung. Somit besteht für die Stiftung kaum
Aussicht darauf, die Gelder zurückzubekommen. Das wissen auch die
Spender, und dennoch fliessen die Gelder weiter in Millionenhöhe. Aus
ihrer Sicht sind die Spenden eine Art Investition für die Festigung des
Glaubens an eine jüdische Heimstätte in allen Regionen des Landes und
des Glaubens an ein Wunder, auf das viele nicht nur hoffen, sondern
von dem sie zutiefst überzeugt sind.
Doch die jüdischen Siedler, die vor der Räumung stehen, pflanzen
nicht nur Bäume und legen Rasenflächen an. Sie bauen immer noch neue
Häuser und Wohnungen. So auch das Ehepaar Yosef und Ruthi Harush.
Sie wohnen seit mehreren Jahren im Gush Katif und haben vor einiger
12
Zeit ihr Grundstück erweitert, um sich ein grösseres Haus zu bauen. Wie
viele andere Familien hat auch dieses Ehepaar seine letzten Ersparnisse
für den Neubau flüssig gemacht. Seit Wochen arbeiten sie fieberhaft an
der Fertigstellung, damit sie noch vor dem Räumungstermin alle Nach-
barn zur Einweihung einladen können. In diesen Tagen feiern die Siedler
im Gush Katif besonders viele Einweihungen neuer Wohnungen.
Für sie ist das nicht nur ein Ausdruck ihrer politischen Überzeugung,
sondern auch ihres Glaubens und ihrer Religiosität, die von vielen Rabbi-
nern unterstützt wird. Die Rabbiner der Siedlungen im Gush Katif haben
ihren Gemeindemitgliedern gesagt, dass sie nichts zu befürchten haben.
Sie alle würden in ihren Häusern bleiben, denn in letzter Minute würde
ein Wunder geschehen.
Hier und da sind dennoch gewisse Anzei-
chen eines Erwachens zu beobachten. Etliche
Siedler haben mit der Regierung Verhandlun-
gen geführt. Sie haben die Entschädigungen
erhalten und mit der Behörde, die für die
Durchführung des Trennungsplans zuständig
ist, über einen neuen Wohnort verhandelt.
Viele von ihnen werden sich in Nezanim und
Umgebung ansiedeln.
Auch der Inhaber eines Supermarktes, der
noch vor wenigen Wochen die Einweihung ei-
nes Neubaus feierte, brachte kurz darauf einen
Zettel an der Tür seines Geschäfts an: «Liebe
Kunden! Die Kundenkartei wird am 1. Juli
2005 geschlossen.
Jeder, den es be-
Gush Kativ: Fast jeden Tag werden neue Bäume trifft, wird gebeten,
gepflanzt (Bild: IPGO) seine Schulden zu
begleichen. Auch
Kreditkarten werden
nach diesem Datum nicht mehr akzeptiert. Wir bitten um Verständnis
und hoffen auf bessere Zeiten.» ZL
Kommentar: Wir Christen können etwas von diesen Siedlern lernen,
denn sie haben bis zum Schluss gewirkt bzw. gearbeitet. Sie wurden
nicht müde, sondern haben neue Bäume gepflanzt usw. Erinnert uns
das nicht an den bekannten Ausspruch von Martin Luther: «Wenn der
Herr morgen käme, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflan-
zen»? Unser Herr hat gesagt: «Handelt, bis dass Ich wiederkomme!»
Wie kaufen wir die Zeit aus, die wir zur Verfügung haben? Niemand
weiss, wann die Entrückung der Gemeinde stattfindet oder wann unser
Leben vorbei ist. Wird der Herr auch zu uns sagen können: «Recht so,
du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen,
ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude!»?
(Matth 25,21). CM
 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
UNGEWISSHEIT NACH DEM RÜCKZUG AUS GAZA
Was geschieht «am Tag danach»?
Weder Israelis noch Palästinenser haben eine Antwort darauf, was «am Tag danach» geschehen
wird. Bis September sollte der israelische Abzug aus Gaza und dem Norden des Westjordanlandes
perfekt sein. Für Israel bedeutet das Geschehen im Gazastreifen «eine historische Wende». Für die
Palästinenser ist es die erste echte Bewährungsprobe, ein zusammenhängendes Gebiet ohne die Kon-
trolle durch Israel allein zu verwalten.
Auf einer Pressekonferenz im
Jerusalemer Konrad Adenauer-Zen-
trum verkündeten zwei allseits be-
kannte Amerikaner ihre Meinung zu
den bevorstehenden Entwicklungen
des Sommers 2005. «Israel wird sich
aus dem Gazastreifen zurückziehen.
Das steht fest.» Der ehemalige Bot-
schafter in Tel Aviv, Martin Indyk,
hat da keine Zweifel mehr. Fest steht
auch, dass es in Israel Widerstand da-
gegen gibt, Siedler noch auf ein Wun-
der hoffen und die Palästinensische
Autonomiebehörde (PA) weiterhin
keine Anstalten macht, Einzelheiten
einer geordneten Übergabe mit Israel
auszuhandeln. Zehn Tage lang haben
Indyk und Clintons Nahostvermitt-
ler Dennis Ross mit israelischen wie
palästinensischen Politikern, Analy-
tikern und Experten gesprochen, um
zu erkunden, was am «Tag danach»
passieren wird.
Da Israel den Rückzug als «ein-
seitigen Schritt» beschloss, ohne
«die Bereitschaft der Palästinenser
abzuwarten, über die Modalitäten
zu verhandeln», bleibe das Schick-
sal der israelischen Infrastruktur
ungewiss. Die Siedlerhäuser sollen
abgerissen werden, nicht aber die
Gewächshäuser, die Stromleitungen
und Abwasserrohre. «Die könnten
den Palästinensern auf einen Schlag
15 000 Arbeitsplätze bieten», sagte
Indyk. Die gestörte Funktion der
PA könnte jedoch dazu führen, dass
im Gazastreifen Milizenanführer,
Bandenchefs, Gangs und die Terror-
organisationen Hamas und Islami-
scher Jihad die Oberhand gewinnen.
Deshalb sei die Plünderung und Zer-
störung der Gewächshäuser und der
übrigen Infrastruktur im Siegesrausch
der Hamas zu befürchten. Das würde
auf die internationale Gemeinschaft
einen sehr schlechten Eindruck
machen, vor allem, wenn die Paläs-
tinenser anschliessend wieder einmal
Aufbauhilfe beantragen. Ross wider-
sprach an dieser Stelle Behauptungen
der Hamas, die Israelis mit Terror und
Gewalt aus dem Gazastreifen «vertrie-
ben» zu haben. Der wahre Grund für
Sharons Beschluss sei die Erkenntnis,
dass die Verantwortung als Besatzer
für 1,3 Millionen Palästinenser, nur
weil 8 000 Siedler im Gazastreifen
wohnen, nicht mehr im Interesse
des jüdischen Staates liege.
Problematisch sei auch die Un-
schlüssigkeit
Israels, Entschei-
dungen über den
künftigen Zugang
zum Gazastreifen
zu treffen. Sollte
der Gazastreifen
ein Gefängnis
werden, ohne
freien Zugang,
wäre dessen
wirtschaftliche
Die Gewächshäuser der israelischen Siedler
könnten den Palästinensern 15000 Arbeitsplätze
verschaffen (Bild: IPGO)
Zukunft gefährdet. Indyk deutete an,
dass nach dem israelischen Rückzug
die Amerikaner die Kontrolle an der
Grenze zwischen Ägypten und dem
Gazastreifen übernehmen könnten.
Sharon habe den Rückzug beschlos-
sen, um den seit September 2000 wü-
tenden Krieg zu beenden, nicht um
den Friedensprozess wieder in Gang zu
setzen, sagte Dennis Ross. Die von den
Osloer Verträgen ausgehende Vorstel-
lung, dass Frieden Sicherheit bringen
werde, sei durch die Intifada zerstört
worden. Jetzt freilich, so Ross, würden
die Palästinenser ein komplettes Ge-
biet kontrollieren können. «Nach dem
Rückzug besteht kein Grund, weiterhin
vom Gazastreifen aus Gewalt gegen Is-
rael walten zu lassen», behauptet Ross.
AUS ISRAEL
Sollten dennoch Raketen in Richtung
Israel fliegen, habe Israel gemäss inter-
nationalem Gesetz – laut Paragraph 51
der UNO – das Recht zur Selbstvertei-
digung. Mit Gewalt würden die Palästi-
nenser auch ihren Anspruch auf einen
Staat verspielen. Präsident Bush sehe
mit der Vision einer Zweistaatenlösung
Frieden voraus und nicht eine Basis von
Terror und Krieg.
Die verbreitete Befürchtung, dass
Sharon den Gazastreifen verlasse, um
seinen Griff auf das Westjordanland zu
festigen, teilen die beiden Amerikaner
nicht. Aus demografischen Gründen,
damit Israel «ein demokratischer und
jüdischer Staat bleiben kann», sehen
auch sie einen Rückzug aus weiten
Teilen des Westjordanlandes voraus.
«Sobald der Zaun und die Mauer fer-
tig sind, werden viele Israelis fragen,
welchem Zweck die Siedler jenseits der
Grenzbefestigungen noch dienen.» Wie
im Falle der Übergabe des Gazastreifens
sagten beide amerikanische Diplomaten
auch zu dem Verlauf des Grenzzauns:
«Verhandlungen und Absprachen zwi-
schen Palästinensern und Israelis wä-
ren natürlich von Vorteil, aber wenn
es um die Interessen Israels geht, mag
Sharon nicht mehr dem Willen und
den Wünschen der Palästinenser
ausgeliefert sein.» US/AN
13
H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Nachrichten aus Israel • 8/2005
AUS ISRAEL
EINE SCHNELLE METAMORPHOSE

Vom Falken zum Pragmatiker

Elliot Abrams, Bushs Beauftragter und Problemlöser für den Nahostkonflikt, war kürzlich mit einem
klaren Auftrag nach Jerusalem gekommen: den Israelis deutlich zu machen, dass sie den weiteren
Ausbau jüdischer Siedlungen auf der Westbank zu unterlassen haben.

Die von Abrams unterbreitete radikal als jene des israelischen Mi- rung der arabischen Welt. In beiden
Forderung Washingtons enthielt kei- nisterpräsidenten Sharon, des Grün- Wirkungsbereichen, Demokratie
ne Überraschungen. Immerhin wi- dungsvaters der Siedlungsbewegung, und Nahostkonflikt, steht Abrams
dersetzten sich alle US-Regierungen, dessen Politik der Abkoppelung von an zweiter Stelle der Washingtoner
republikanische wie demokratische, der Gazazone und Evakuierung der Hierarchie, unmittelbar nach Aus-
seit drei Jahrzehnten dem Siedlungs- dortigen Siedlungen ihn geradezu senministerin Condoleezza Rice, sei-
ausbau Israels. Überraschend war zum Feind der Siedler stempelte ner früheren Chefin im Nationalen
lediglich der Bote, der diese Politik und sein Leben bedroht. Sicherheitsrat.
Washingtons zuvor öffentlich und Vom Vergleich mit Sharon und Seine Wandlung vom Ideologen
entschieden abgelehnt hatte. Elliot der Entschuldigung seines Verhal- zum Pragmatiker hat Abrams aber
Abrams gehört zu jenen jüdischen tens durch Foxman abgesehen, geben keineswegs der jüdischen Gemein-
Neokonservativen, der stets von sich viele von Abrams’ Freunden und schaft entfremdet. Die meisten Spit-
einem «Friedensprozess» mit An- Bekannten, insbesondere die Juden zenfunktionäre jüdischer Organisa-
führungszeichen sprach, ein «Ende unter ihnen, dennoch überrascht. tionen nennen ihn beim Vornamen
amerikanischen Drucks auf Israel» Aber Anzeichen der Wandlung und beteuern, dass nie zuvor eine
forderte und den Abrams’ oder Persönlichkeit von so immensem
amerikanischen – wie Foxman Einfluss so eng mit dem organi-
Juden ans Herz es nennt – der sierten Judentum verbunden war.
legte, sich nicht «Umstände», Manche der befreundeten Funkti-
immer wieder für waren schon onäre vermuten sogar, dass diese
weitere Verhand- seit einiger Zeit Nähe einer der Hauptgründe war, die
lungen mit den erkennbar. Seit das Weisse Haus veranlasst hatten,
Palästinensern Dezember 2002, Abrams zu Bushs Verbindungsmann
einzusetzen. als Abrams zum mit der Regierung Sharon zu wählen.
Hat Elliot Direktor der Wenn Bush jemanden gesucht hat-
Abrams die Sei- Nahost- und te, mit dem sich Sharon komfortabel
ten gewechselt? Nordafrika- fühlen und Amerikas Juden befriedi-
Abraham Fox- abteilung des gen könnte, war Abrams die perfekte
man, Direktor Nationalen Wahl.
der Anti-Defa- Sicherheitsrates Die meisten kritischen Gesprä-
mation League, ernannt wurde, che über die «Roadmap» und die
hat Verständnis begann eine Art Abkoppelung von Gaza wurden
dafür, dass Ab- Pragmatisierung zwischen Rice und Sharons politi-
rams in seiner des früheren schem Chefunterhändler Dov Weis-
neuen Funktion doktrinären glass geführt. Abrams war stets mit
als Bushs «Trou- Ideologen und von der Partie und war auch für die
bleshooter» im politischen Unterstützung der Nahostpolitik
Nahen Osten, «Falken». Un- der Bush-Administration durch die
jenen «amerika- längst zum stell- jüdische Gemeinschaft zuständig.
nischen Druck» vertretenden Si- Die Führer des US-Judentums be-
ausübt, den er cherheitsberater scheinigen ihm Professionalität und
zuvor kritisiert des Präsidenten Takt. Die wohl logischste Erklärung
hatte. Nicht nur, ernannt, wurde für Abrams’ veränderte Haltung in
weil es sein Job Fragen des nahöstlichen Friedens-
ist, sondern weil prozesses liegt allerdings in seiner
nicht er selbst, Elliot Abrams (Bild: Reuters) Loyalität und der Entschlossenheit,
sondern die die Politik des Präsidenten zu ver-
Umstände sich wirklichen. Abrams kam infolge
verändert haben. Abrams zugleich seiner intensiven Beschäftigung mit
Immerhin ist die Bushs Beauf- dem Nahostkonflikt zur Ansicht, es
Transformation tragter für die liege im Interesse der USA, einen is-
Abrams’ weniger Demokratisie- raelisch-palästinensischen Frieden

14
 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
zwecks Gewährleistung regionaler
Stabilität zu erreichen. Schliesslich
spielte aber auch die Metamorpho-
se Sharons eine bedeutende Rolle,
den Abrams bewundert, den er mit
Winston Churchill vergleicht und
für imstande hält – wie Churchill
– Geschichte zu machen.
Bemerkenswert ist dabei, dass
Abrams nicht nur von israelischen
Diplomaten und pro-israelischen
Aktivisten gelobt wird, sondern auch
von arabischen Diplomaten und
Nahostexperten, die – zusammen
mit jüdischen «Peaceniks» – noch
vor zwei Jahren über Abrams’ Beru-
fung zum Chef der Nahostabteilung
des Nationalen Sicherheitsrates ent-
setzt waren. Sie hatten nicht verges-
sen, dass Abrams 1991 in die illegale
Finanzierung der nicaraguanischen
Contras während der Reagan-Ära
verwickelt und der Missachtung
des Kongresses angeklagt war und
einer ernsten Strafe entkam, weil
er – zusammen mit fünf anderen
Beamten – 1992 vom damaligen
Präsidenten George H. W. Bush be-
gnadigt worden war. Während der
Clinton-Jahre hatte sich Abrams
internen jüdischen Angelegenheiten
gewidmet. Diese Affäre hindert seine
Zukunftspläne bis heute.
Abrams möchte gerne US-
Botschafter in Israel werden (die
Schwester seiner Frau Rachel lebt in
Israel), aber es ist fraglich, ob der
Senat seine Kandidatur bestätigen
würde, weil sein ursprüngliches
Vergehen als «Missachtung des
Kongresses» klassifiziert worden
war. Darüber hinaus würden Wi-
dersacher im Senat seine frühere
Ablehnung des Friedensprozes-
ses als Hindernis für den Geist
der jahrelangen amerikanischen
Vermittlungsversuche im Nahen
Osten bezeichnen. Immerhin war
Abrams zuvor ein neokonservativer
Ideologe, der in den 1970er-Jahren
als Assistent des Erz-«Falken» Henry
Jackson, eines demokratischen Se-
nators aus Washington, wirkte und
sich schon damals für die Doktrin
«Frieden durch Stärke» eingesetzt
hatte. Gemeint war natürlich ame-
rikanische und israelische Stärke.
Nach dem Ausbruch der zweiten In-
tifada im Oktober 2000 empfahl er
den US-Juden, nach einem Jahrzehnt
des Selbstbetrugs, die Wahrheit zu
erkennen (Die palästinensische Füh-
rung will keinen Frieden mit Israel
und es wird deshalb keinen Frieden
geben). Nach seiner Wiederanheue-
rung durch die neue Bush-Adminis-
tration akzeptierte Abrams aber die
«Roadmap» und befürwortete einen
Rückzug Israels aus grossen Teilen
der Westbank, um die Schaffung
eines palästinensischen Staates zu
ermöglichen.
Der Friedensprozess zwischen
Israel und den Palästinensern, wie
die endgültige Beilegung des ara-
bisch-israelischen Konfliktes, wird
wahrscheinlich die Hauptaufgabe
Abrams’ während der restlichen
Jahre der Bush-Administration sein.
Er wird eine zentrale Aufgabe beim
Entwurf der Landkarte Israels und
der Westbank haben, die Amerika
akzeptieren kann. Israel wird in ihm
einen Verbündeten bei der Verwirk-
lichung des Sharon-Planes finden,
die grossen Siedlungsblöcke jenseits
der «grünen Grenze» von 1967 Is-
rael anzuschliessen und gegen jede
feindliche Angriffe abzusichern. Ben
Zaka
www.juedische.at
Kommentar: Fast ist man
versucht zu sagen: Es passt zu
Präsident Bush, dass er nun einen
Nahostgesandten ernennt, der
früher zu den grössten Freunden
Israels gehörte, aber heute seine
Haltung etwas geändert hat. Denn
auch der amerikanische Präsident,
der sicher ein grosser Freund Is-
raels und nach Ansicht vieler
ein wiedergeborener Christ ist,
befindet sich im selben Dilemma.
Einerseits will er aufgrund seiner
Überzeugung hinter Israel stehen,
andererseits wird er von der gan-
zen Welt zunehmend unter Druck
gesetzt, einen Frieden im Nahen
Osten herbeizuführen und wie-
derum auf Israel Druck auszuü-
ben. Wir können daraus lernen,
unentwegt auf der Seite Jesu und
Israels zu stehen und uns durch
nichts davon abbringen zu lassen.
Damit wollen wir Präsident Bush
keineswegs verurteilen, denn das
steht uns nicht zu. Noch nie gab es
in den USA einen Präsidenten, der
so entschieden hinter Israel steht
wie George W. Bush. CM
AUS ISRAEL
Flash-News
ISRAEL SOLL VON DER ERDE VER-
SCHWINDEN.
Mahmoud Azahar, ein führender Vertreter der
«Hamas», hat in einem Interview mit der italieni-
schen Zeitung «Corriere della Sera» gesagt, dass
die «Hamas» die Gründung eines palästinensischen
Staates in den Grenzen von 1967 ablehne, denn:
«Auf lange Sicht gesehen wird Israel vom Erdboden
verschwinden.»
Als dieser Mann gefragt wurde, was in den USA
geschehen werde, antwortete er: «In 50 Jahren wird
von ihnen nichts mehr übrig sein, nur noch stumme
Erinnerung.» Die Hamas-Bewegung werde keinen
Kompromiss bezüglich «Gross-Palästina» eingehen.
Er weigerte sich ausserdem, die Anschläge in Gross-
britannien zu verurteilen und äusserte seine Hoffnung
auf die Vernichtung der USA und Israels.
www.juedische.at
REGES INTERESSE AN ISRAELISCHER
SPITZENTECHNOLOGIE
Die 46. Luftfahrtschau, die kürzlich auf dem Pariser
Flughafen Le Bourget stattfand, war für israelische
Hightech-Firmen ein grosser Erfolg.
Nach der Veranstaltung wurde in Israel bekannt, dass
die indische Armee ihre Kampfflugzeuge mit Hightech-
Geräten der israelischen Firma «Rafael» versehen wird.
Es handelt sich dabei um ein Verteidigungssystem gegen
Kampfflugzeuge, das mit Luft-Luft-Raketen operiert.
Auf die hochmodernen und trotzdem relativ kosten-
günstigen Entwicklungen der Firma «Rafael» richteten
auch viele europäische Staaten ihr Augenmerk. Für sie
sind die Luft-Luft-Raketen der Typen «Python 5» und
«Derby» von Interesse.
Darüber hinaus wurde in Israel ebenfalls bekannt,
dass mehrere Staaten, die offiziell keine diplomati-
schen Beziehungen zu Israel unterhalten, Anfragen an
israelische Firmen des Bereichs Kampfmittelentwicklung
und -produktion richteten. Einige Regierungen fragten
direkt, andere wiederum über Mittelsmänner an, ob die
Möglichkeit bestehe, das Verteidigungssystem «Barak»
der Firma «Rafael» zu erwerben. Bei «Barak» handelt
es sich um Abwehrraketen, die in ein hochmodernes
Melde- und Ortungssystem integriert sind. Das System
wird vor allem zum Schutz der zivilen Luftfahrt auf
Flughäfen installiert.
Frankreich stellte auf dieser Messe ein unbemanntes
Flugzeug vor. Diese Angriffsdrohne ist mit einer israeli-
schen Rakete des Typs «Spike» ausgestattet, die ebenfalls
von der Firma «Rafael» entwickelt wurde. Es handelt sich
dabei um einen besonderen Raketentyp, für den sich
mehrere Staaten brennend interessieren. ZL
BLUTUNTERSUCHUNG OHNE «PIEKS»
Alle Patienten, die vor einer Blutuntersuchung mit
Spritzen oder Nadeln zurückschrecken, werden künf-
tig der Firma «Or-Sens» dankbar sein. Die Mitarbeiter
des Unternehmens haben ein neuartiges Verfahren
entwickelt, das die Untersuchung von Blut wesent-
lich angenehmer macht und zugleich den Laboranten
mehr Sicherheit und Schutz gewährt.
Es handelt sich dabei um eine Art Kappe mit
Sensor. Das Gerät wird über einen Finger gestülpt.
Wenn es eingeschaltet wird, übt es ähnlich einem
Blutdruckmessgerät einen Druck auf den Finger aus.
Das Blut wird optisch auf seinen Hämoglobingehalt
untersucht. Momentan wird vor allem an der Entwick-
lung eines Gerätes zur Verwendung in Blutbanken
gearbeitet. ZL
15
H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Nachrichten aus Israel • 8/2005
Flash-News
BAKTERIEN VERNICHTEN OHNE
ANTIBIOTIKA.
Ein israelischer Wissenschaftler machte eine
Entdeckung, die die Bekämpfung von Bakterien
revolutionieren wird. Künftig kann man schädliche
Bakterien auch ohne den Einsatz von Antibiotika
vernichten und nützliche Bakterien so beeinflussen,
dass sie intensiver wirken.
Der israelisch-arabische Wissenschaftler Adel
Jabbour, der Christ ist und aus Nazareth stammt,
stellte ein synthetisches Molekül her, das Einfluss
auf die Kommunikation der Bakterien nimmt und
somit deren Handlungsweise regelrecht dirigiert.
Dabei machte er sich eine neue Entdeckung zunut-
ze, der zufolge Bakterien ein Kommunikationsnetz
unterhalten. Das künstliche Molekül sendet Impulse
aus, die diese Kommunikation beeinflussen und je
nach Wunsch stören oder fördern.
Jabbour ist Doktorand an der Hebräischen
Universität Jerusalem. Seiner Meinung nach kann
man mit seinem chemischen Konglomerat vor
allem aggressiven, gegen Antibiotika resistenten
Bakterien beikommen. Aber auch in anderen Berei-
chen wie der Landwirtschaft, der Biotechnologie und
der Industrie könnte seine Entdeckung zum Einsatz
kommen. ZL
BESORGNIS ÜBER DAS WAHLERGEB-
NIS IM IRAN.
Der Wahlsieg des erzkonservativen Präsident-
schaftskandidaten Mahmud Ahmadinedschad ist in
Israel mit grosser Besorgnis aufgenommen worden.
Dieser Mann hat in seinem Wahlprogramm angekün-
digt, er wolle sein Land in die Zeit nach der Revolution
im Jahre 1979 zurückversetzen, und zwar nicht nur
im Hinblick auf die internen Veränderungen, sondern
auch auf die Aussenpolitik.
Wiederholt bezeichnete Ahmadinedschad Israel
in der Öffentlichkeit als «kleinen Satan», der «illegal»
sei und zusammen mit dem «grossen Satan» – den
USA – die Welt beherrschen wolle. Immer wieder
stellte er Israel und die USA als Erzfeinde seines
radikal-islamischen Landes dar.
In Israel ist man sich sicher, dass es wegen der
Wahlen im Iran auch an der Nordgrenze erneut zu
Zwischenfällen kommen wird. Der Iran wird die His-
bollah-Miliz wohl wieder zu Übergriffen auf Israel
anstiften sowie mit Waffen und Geld unterstützen.
Aber viel besorgniserregender ist ein anderes
Problem: das Atomwaffenprogramm des Irans. Die
Kombination zwischen einer extremistisch-religiösen
Regierung und einer atomaren Schlagkraft verheisst
nichts Gutes. In Israel glaubt man, dass durch das
Wahlergebnis die Gefahr eines atomaren Erstschlages
von Seiten des Irans enorm gestiegen ist. Jetzt wird
es wohl keiner internationalen Organisationen mehr
gelingen, die Beendigung des iranischen Atomwaffen-
programms auf diplomatischem Weg zu erreichen.
Die ersten Meldungen aus dem Iran bestätigen das.
Man wolle sich auf gar keinen Fall auf Verhandlungen
über das Atomprogramm einlassen, heisst es. ZL
16
AUS ISRAEL
ANALYSEN UND PROGNOSEN
Die Verfassungskrise in der EU,
der Nahe Osten und Israel
Die Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Nieder-
landen hat zu einer Schwächung Europas geführt. Diese Entwick-
lung könnte sich auch auf die Rolle der Staatengemeinschaft im
Nahen Osten auswirken.
Obwohl die politische Haltung
der EU gegenüber Israel in der Ver-
gangenheit von starken Vorurteilen
geprägt war, könnte sie sich in dieser
Phase der Desorientierung weniger
bedrohlich gestalten. Viele Jahre lang
ist Frankreich die treibende Kraft der
antiisraelischen Haltung in der EU ge-
wesen. Yehuda Blum, der ehemalige
Botschafter Israels bei den Vereinten
Nationen, sagte dazu: «Bei den UN
waren die Franzosen führend bei jeder
von Europa initiierten antiisraelischen
Initiative. Ihre Position war völlig un-
ausgewogen. Für uns gehörten sie zum
arabischen Lager.»
Die bilateralen Beziehungen Israels
zu einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sind
oft weitaus positiver als die zur Eu-
ropäischen Union. Wenn jedoch die
EU in der europäischen Aussenpolitik
immer häufiger das letzte Wort hat,
sind diese positiven Ansätze gefähr-
det. So schloss am 7. Juni 2005 der
britische Aussenminister Jack Straw
diplomatische Kontakte zur Hamas
kategorisch aus. Nur etwa zwei Wo-
chen später liess die EU gegenüber den
USA verlauten, es sei europäischen
Diplomaten unterhalb der Botschaf-
terebene gestattet, Kontakte zu jenen
Hamas-Mitgliedern zu haben, die für
die Wahl ins palästinensische Parla-
ment kandidierten. Somit relativierte
die Position der EU die der britischen
Regierung.
Die Frustration Frankreichs über
seine geschwächte Rolle in Europa
kann auch zu einer noch grösseren
Einseitigkeit seiner Nahostpolitik
führen. Obwohl andere EU-Mitglieder
mit Frankreich die Auseinanderset-
zung über wichtigere Fragen suchen,
könnten sie sozusagen als «Gegenleis-
tung» der Führung der Franzosen in
der Nahostpolitik folgen, weil diese für
die meisten Mitgliedsstaaten ohnehin
von sekundärer Bedeutung ist.
Ein geschwächtes Europa. Die
Ablehnung der geplanten Verfassung
durch die Bevölkerung in zwei EU-
Gründungsmitgliedern, nämlich in
Frankreich und den Niederlanden,
hat in der EU zu einer Krise und
Schwächung ihres Gesamtstatus
geführt. Auch die Rolle Europas
im Nahostkonflikt könnte davon
betroffen sein. Die politischen
Massnahmen der EU im Hinblick
auf Israel sind schon jetzt äusserst
unausgewogen. Der Nahostexperte
Bernard Lewis drückte es 2002 in
Berlin so aus: Wenn die Palästinen-
ser einst Nazideutschland und später
die Sowjetunion als ihre wichtigsten
Förderer angesehen hätten, habe heu-
te die Europäische Union diese Rolle
übernommen. – Die Verfassungskrise
in der EU könnte diesen Trend jedoch
umkehren. …
Die fehlende Unterstützung für
die EU-Verfassung in Frankreich
und den Niederlanden ist auch ein
schwerer Schlag für die Ideologie des
«europäischen Föderalismus», für
den Glauben, dass das europäische
Experiment einer föderalen Regierung
zu einer Erfolgsgeschichte wird, die
sich mit «missionarischem Eifer» in
andere Teile der Welt verbreiten lasse.
Botschafter Giancarlo Chevallard, der
ehemalige Leiter des Büros der EU-
Kommission in Israel, bemerkte dazu,
dass die EU geschaffen wurde, um die
Grundsätze der nationalen Souverä-
nität, der Selbstbestimmung und der
Anwendung militärischer Stärke nicht
mehr anwenden zu müssen. Israel
sehe sich dagegen ständigen äusseren
Bedrohungen ausgesetzt, und deshalb
müsse es die Hauptthesen der neuen
europäischen Staatskunst zurückwei-
sen. Aber wenn die Europäer künftig
den Erfolg ihres multilateralen Expe-
riments stärker anzweifeln und des-
halb den Prozess einer intensivierten
 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
politischen Integration abbremsen,
könnte im Konflikt zwischen Israel
und Europa eine dringend benötigte
Ruhepause eintreten.
Ein komplexes und spannungs-
geladenes Verhältnis. Das Verhältnis
zwischen Israel und Europa ist kom-
plex, spannungsgeladen und von der
Geschichte her belastet. In Bereichen
wie Handel, Wissenschaft, Kultur und
Sport sind die europäisch-israelischen
Beziehungen jedoch weiter ausgebaut
worden. Andererseits hat sich die
politische Haltung Europas gegen-
über Israel in den letzten Jahrzehn-
ten verschlechtert, besonders nach
1973, als die arabischen Staaten ein
Ölembargo gegen die westliche Welt
verhängten. Während des Jom-Kip-
pur-Krieges erhielten Nachschubflüge
aus den USA nur von Portugal, aber
von keinem anderen europäischen
Staat eine Landeerlaubnis.
In letzter Zeit beschränkt sich
das politische Verhalten Europas
gegenüber Israel jedoch eher auf
Erklärungen. Die häufig gemachten
Aussagen der EU über die Handlungs-
weise Israels sind unausgewogen und
überkritisch. In Israel befürchtet man,
dass sich diese Kritik langfristig auch
auf die Beziehungen in anderen Be-
reichen auswirken wird. …
Jenseits der Politik. Manche Be-
obachter der politischen Szene sehen
die Ursachen für die unausgewogene
Haltung Europas gegenüber Israel
eher bei psychologischen Faktoren.
So sagt der Politikwissenschaftler
Andrei Markovits: «Europa hat seine
Vergangenheit nicht aufgearbeitet.»
Seiner Meinung nach wollen sich
die Europäer von ihrem schlechten
Gewissen und ihrer Scham wegen
ihres Verhaltens während des Ho-
locausts lossprechen und sich von
ihrer Schuld befreien. Markovits fügt
hinzu: «Kein anderer, nur entfernt
vergleichbarer Konflikt hat in Euro-
Chirac verkörpert mehr als jeder andere europäi-
sche Spitzenpolitiker die politische Doppelzün-
gigkeit Europas gegenüber Israel
pa eine solche Schärfe angenommen
wie der israelisch-palästinensische,
weder die Massenmorde in Tschet-
schenien, noch diejenigen während
der Bürgerkriege im ehemaligen Ju-
goslawien …»
Tiefpunkt bei den Vereinten
Nationen. Der Tiefpunkt in der
antiisraelischen Haltung Europas
gegenüber Israel zeigt sich im Abstim-
mungsverhalten Europas bei den UN.
Ausdruck dieser Einstellung sind die
zahlreichen, gegen Israel gerichteten
Resolutionen der Generalversamm-
lung. Die meisten werden von allen
EU-Mitgliedsstaaten unterstützt. …
Frankreich, die Triebfeder der
antiisraelischen Politik. Frankreich
ist schon viele Jahre lang die Triebfeder
der antiisraelischen Politik in der EU.
Bis zum Sechstagekrieg von 1967 wur-
de Israel von Frankreich unterstützt.
Dann kam eine scharfe Kehrtwende.
Ungefähr zur gleichen Zeit machte
der französische Präsident Charles
De Gaulle den Antisemitismus auf
höchster politischer Ebene in Europa
AUS ISRAEL
wieder populär, als er die Juden als
«ein elitäres und tyrannisches Volk»
bezeichnete. Frankreich war auch der
wichtigste Förderer der Erklärung von
Venedig, in der die EU 1980 die PLO
anerkannte, obwohl diese noch im-
mer offiziell die Zerstörung Israels
forderte. … Im Nahen Osten hat
Frankreich jedoch an Einfluss ein-
gebüsst. Innenpolitisch muss es sich
mit einer wachsenden arabischen
Unterschicht arrangieren, deren Un-
mut und Gewaltbereitschaft auch
verstärkt wurden
durch die feindli-
che Haltung des
französischen
(Bild: Reuters)
Staates gegenü-
ber dem Recht
der Juden auf Selbstbestimmung.
Israels bilaterale Kontakte
und Beziehungen zur EU. Obwohl
die bilateralen Beziehungen Israels
zu einzelnen EU-Mitgliedsstaaten
sich viel positiver gestalten als die
Beziehungen zur EU, … könnte sich
dieser Trend durch den im Jahr 2004
erfolgten Beitritt der acht osteuropä-
ischen Mitglieder allmählich umkeh-
ren. Mark Sofer, der stellvertretende
Ressortleiter für Mitteleuropa und
Eurasien im israelischen Aussenmi-
nisterium, vertritt die Auffassung,
dass israelfreundliche Mitglieder der
alten EU von diesen neuen Mitglieds-
staaten Rückendeckung bekommen
könnten. …
Wird der Antiamerikanismus
schwächer? Manche Politik-Experten
hoffen, dass die Krise innerhalb der EU
die antiamerikanische Haltung eini-
ger Mitgliedsländer relativiert oder es
sogar zu einer verstärkten Unterstüt-
zung einer Allianz zwischen Amerika
und Europa kommen wird. Als Folge
davon könnte auch die antiisraelische
Position Europas geschwächt werden.
Der Wunsch Europas, sich von der
Schuld am Holocaust zu befreien,
wird jedoch nach wie vor vorhanden
sein, besonders in Deutschland. Dem
Europaexperten im amerikanischen
Aussenministerium Daniel Fried zu-
folge wollen die USA ein starkes Euro-
pa als Partner. Um den Sicherheitsan-
forderungen des neuen Jahrhunderts
gerecht zu werden, strebe Amerika die
Zusammenarbeit mit einem politisch
starken Europa an. …
17
H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Nachrichten aus Israel • 8/2005
Eine Einladung nach Paris.
Der französische Präsident Chirac
ergriff plötzlich eine Initiative in der
Nahostpolitik. Am 7. Juli lud er Ariel
Sharon noch vor dem Beginn der
Sommerpause zu sich nach Paris ein.
Vor einem Jahr hatte Chirac eine Ein-
ladung des israelischen Ministerprä-
sidenten abgelehnt, nachdem dieser
die französischen Juden aufgefordert
hatte, wegen des zunehmenden Anti-
semitismus in Frankreich nach Israel
einzuwandern. … Sharon nahm die
Einladung zwar an, liess die Franzo-
sen aber wissen, dass er erst nach der
Räumung der jüdischen Siedlungen
im Gazastreifen kommen könne.
Für Israel gibt es keinen Grund …
den internationalen Ruf Frankreichs
zu verbessern, denn Chirac verkörpert
mehr als jeder andere europäische
Spitzenpolitiker die politische Dop-
pelzüngigkeit Europas gegenüber
Israel. … Obwohl sie in wichtigeren
Fragen mit Frankreich die Konfron-
tation suchen, könnten andere EU-
AUS ISRAEL
Mitgliedsstaaten sich zum Ausgleich
den Franzosen anschliessen, wenn
es um die antiisraelische Politik der
EU geht. Die Frustration Frankreichs
wegen seiner immer unbedeutender
werdenden Rolle in Europa kann zu
einer grösseren Einseitigkeit in seiner
Nahostpolitik führen. Die Diploma-
tie in Israel wird diese Möglichkeiten
in ihr Kalkül einbeziehen müssen,
auch wenn sie es künftig mit einer
insgesamt schwächeren EU zu tun
haben wird.
Dr. Manfred Gerstenfeld, der Au-
tor dieses Beitrags, ist Vorsitzender des
«Board of Fellows» beim «Jerusalem
Center for Public Affairs» (JCPA). Als
Wirtschaftsexperte berät er Regierun-
gen, internationale Organisationen
und Vorstände von Weltkonzernen.
Neben Artikeln hat er auch Bücher
veröffentlicht.
Den vollständigen Text dieses
Beitrags können Sie einsehen unter
http://www.jcpa.org/brief/brief004-
25.htm
Übersetzung und Zusammenfas-
sung: BH
Kommentar: Ist es nicht eine
«göttliche» Ironie, dass ausgerech-
net Frankreich, das zu den antisemi-
tischsten Ländern Europas gehört,
weniger intensiv als bisher gegen den
jüdischen Staat agieren kann, weil die
Franzosen sich mehrheitlich gegen die
EU-Verfassung ausgesprochen haben?
So erreicht Gott Seine Ziele durch die
Feinde Israels. Auch der Teufel muss
letztendlich den Willen Gottes tun.
Im selben Licht können wir auch das
Nein der Holländer zur EU-Verfas-
sung sehen. Holland galt bisher als
grösster Anhänger Europas. Es sieht
aber heute ganz so aus, als ob Israel
durch die Abstimmungsniederlagen
in Frankreich und den Niederlanden
etwas mehr Freiraum bekommt, weil
der Druck der EU auf Israel vorüber-
gehend schwächer wird. CM

ZWISCHEN IDEOLOGIE UND REALITÄT

Was «im Prinzip» im Nahen Osten alles

passiert
Die Vorgänge in Nahost lassen sich nur noch mit den Meldungen von «Radio Eriwan» erklären,
einer Erfindung der UdSSR, um Widersprüche zwischen Ideologie und Realität zu erklären.

So gilt «im Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) versprach, die Extremisten-

Prinzip» weiterhin organisationen von Angriffen auf Israel abzuhalten. Zwar erwarteten die
ein Waffenstillstand Israelis von ihm, Terroristen zu verhaften und Waffen einzusammeln,
zwischen Israel doch Abbas verhandelte lediglich mit den Gruppen. So sprachen die
und Palästinensern, Palästinenser mit ägyptischer Vermittlung eine «Tahidiya» (Ruhe) ab.
obwohl beide zum Während sich Israel und Palästinenser «im Prinzip» im Waffenstillstand
Kriegsgehabe zu- befanden, brach unter den Palästinensern im Gazastreifen ein gewalt-
rückgekehrt sind. tätiger Machtkampf aus. PA-Sicherheitskräfte und Extremisten wollen
Eigentlich gibt es gar nach dem israelischen Rückzug jeweils die Kontrolle im Gazastreifen
keinen Waffenstill- übernehmen. Während es sich also «im Prinzip» um einen internen
stand. In Sharm el palästinensischen Streit handelt, brachen die Extremisten die Waffen-
Sheik haben beide ruhe und schossen Kassam-Raketen auf Israel.
Seiten «versprochen», Dann sprengte sich ein palästinensischer Selbstmordattentäter in
für Ruhe zu sorgen. Netanya in die Luft und riss fünf Menschen in den Tod. Israelis mar-
schierten nachfolgend in die «im Prinzip» unter PA-Kontrolle stehende
Stadt Tulkarem ein, um die Drahtzieher dingfest zu machen. Zudem
Diese israelische Frau in Sderot überlebte den nahmen sie ihre Liquidierungen wieder auf. Die radikalen palästinensi-
Einschlag einer palästinensischen Kassam-Rakete
schen Organisationen, vor allem der Islamische Jihad und die Hamas,
(Bild: Reuters)
Ohne ein Abkom- nahmen daraufhin den Raketenbeschuss von israelischen Ortschaften
men zu unterzeich- sowie Siedlungen im Gazastreifen wieder auf. In Sderot explodierte
nen versprachen Israelis, ihre Liquidierungen einzustellen und nicht Mitte Juli eine Rekordzahl Raketen. Die Zahl der Toten und Verletzten
mehr in palästinensische Städte einzudringen. Präsident Abbas von der überschritt die politische Schmerzgrenze Israels, sodass nahe der

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 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N
Grenze zum Gazastreifen Panzer zusam-
mengezogen wurden. Sharon drohte sogar
mit einem Einmarsch in den Gazastreifen.
«Ich habe den Militärs freie Hand gegeben.»
Doch Sharon meinte das nur «im Prinzip»,
denn die Militärs mussten den Befehl der
Politiker abwarten.
Das so erzeugte Chaos versuchte die
Hamas zu nutzen, um Abbas auszuschalten.
Sharon stellte Abbas ein Ultimatum, innerhalb
von 24 Stunden wieder für Ordnung zu sor-
gen und den Raketenbeschuss einzustellen.
Andernfalls «wird Israel selber für Ordnung
sorgen», hiess es. Der angedrohte Einmarsch
in den Gazastreifen alarmierte die Ägypter
und sogar die amerikanische Aussenminis-
terin. Condoleezza Rice kündigte sich für
Ende Juli an, damit Abbas nicht durch einen
Einmarsch völlig unglaubwürdig werde und
Israel den Abzug ohne palästinensischen
Beschuss vollenden könne.
Auch in Israel passieren kuriose Dinge.
So sollte Mitte Juli die grösste Demonstra-
tion der Rückzugsgegner stattfinden. Zehn-
tausende wollten sich treffen, um in den
zum militärischen Sperrgebiet erklärten
Siedlungsblock Gush Katif zu marschieren.
WIE VIELE JUDEN LEBTEN IN WELCHER EPOCHE?
Zahlen sprechen Bände
Im Auftrag der «Jewish Agency» haben Wissenschaftler ver-
sucht, die weltweite Zahl der jüdischen Bevölkerung in verschie-
denen Epochen der Geschichte zu bestimmen.
Gegenwärtig könnten 120 Millionen
Juden auf der Welt leben, wenn sich in der
Geschichte des jüdischen Volkes nicht viele
grosse Katastrophen ereignet hätten.
Zur Zeit der jüdischen Revolte gegen
die Römer – also in der zweiten Hälfte des
1. Jahrhunderts n.Chr. – waren rund zwei
Prozent der Bevölkerung in der antiken Welt
Juden. Kurz vor der Zerstörung des zweiten
Tempels lebten etwa 4,5 Millionen Juden in
der Region. Diese Zahl stützt sich auf his-
torische Quellen und bisher durchgeführte
Studien.
In der Zeit, als der zweite Tempel zerstört
wurde und während der darauf folgenden
Kämpfe gegen die Römer wurde die jü-
dische Bevölkerung stark dezimiert. Im
Mittelalter lebten rund eine Million Juden
in allen Ländern der damals bekannten Welt.
Diese Schätzung greift auf die Schriften des
Die Siedlerorganisation weigerte sich, der
Polizei den Terminplan der Demonstration
mitzuteilen, die in den Medien gross ange-
kündigt war. Daraufhin verbot die Polizei
den Marsch der Rückzugsgegner, die sich
trotzdem versammelten.
Somit liess sich die Polizei etwas ein-
fallen, um den Aufmarsch ebenso wie
gewalttätige Zusammenstösse zu verhin-
dern. Die Polizisten begaben sich zu den
Sammelstellen, wo gemietete Busse darauf
warteten, die Demonstranten aufzulesen.
Weil die Busfahrer «im Verdacht» standen,
Beihilfe zu einer «illegalen» Demonstration
zu leisten, wurden ihnen kurzerhand die
Führerscheine abgenommen. «Im Prinzip
können wir niemanden bestrafen, der
noch gar kein Vergehen begangen hat»,
sagte ein Polizist, «aber wir werden schon
noch ein Gesetz finden.» Unter Berufung
auf britische Notstandsgesetze aus den
Zwanzigerjahren wurde das Grenzgebiet
des Gazastreifens zum «militärischen
Sperrgebiet» erklärt, damit die Polizei
tatsächlich so vorgehen kann, wie das in
einem normalen Rechtsstaat «im Prinzip»
undenkbar ist. US/AN
jüdischen Reisenden Benjamin Metudella
zurück. Seine bei einer Wanderung um
1170 n.Chr. gemachten Aufzeichnungen
sind erhalten geblieben.
Der höchste Stand der weltweiten
jüdischen Bevölkerung wurde kurz vor
dem Holocaust verzeichnet. Im Jahre 1939
lebten 16,5 Millionen Juden in der Welt. In
den folgenden Jahren ging diese Zahl dras-
tisch zurück. Erst in den letzten Jahren ist
wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen.
Gegenwärtig leben rund 13 Millionen Juden
in der Welt.
Prof. Sergio della Pergola, der namhafte
Demograf der Hebräischen Universität, erläu-
terte, dass die Verfolgungen, die Ausweisungen
und die Pogrome sowie die so genannte «End-
lösung» der Nazis im Laufe der Jahrhunderte
das zahlenmässige Wachstum des jüdischen
Volkes extrem negativ beeinflusst haben. ZL
AUS ISRAEL
Flash-News
WISSENSCHAFTLER BESTÄTIGEN
HÖHERE INTELLIGENZ VON JUDEN
In einer umfangreichen Studie haben amerika-
nische Wissenschaftler herausgefunden, dass die
jüdische Bevölkerung intelligenter ist als die nichtjü-
dischen Einwohner der USA. Darüber hinaus stellten
sie fest, dass eine Beziehung besteht zwischen dem
Grad ihrer Intelligenz und bestimmten Erbkrankhei-
ten, unter denen vor allem Juden leiden.
In ihrer Pressemitteilung führten die Forscher
aus, dass europäische Juden ab dem 8. Jahrhundert
n. Chr. nur noch bestimmte Berufe ausüben konnte.
Zu den ihnen offen stehenden Erwerbsmöglichkeiten
gehörten Berufe, die vor allem eine geistige Arbeit
erforderten. Zum einen seien Juden in diesen Be-
rufzweigen erfolgreich gewesen, zum anderen hätten
sie ihren Nachkommen gewisse Fähigkeiten vererbt.
Im Laufe der Jahrhunderte hätte daher die jüdisch-
aschkenasische Intelligenz genug Zeit gehabt, sich
weiterzuentwickeln.
Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler die
These auf, dass mit diesem Entwicklungsprozess der
Intelligenz auch bestimmte Erbkrankheiten wie z. B.
«Tay-Sachs» verbunden seien. Diese inzwischen kaum
mehr auftretende Krankheit sei zwar nicht nur unter
Juden verbreitet gewesen, aber bei ihnen wesentlich
ausgeprägter aufgetreten. ZL
EIN PROJEKT UNTER ZEITDRUCK
In Israel arbeitet man fieberhaft an der Entwick-
lung einer neuen Rakete mit mittlerer Reichweite,
mit der vor allem Mörser und Raketen, wie sie die
libanesische Hisbollah-Miliz verwendet, abgeschos-
sen werden können.
Dieses Projekt kostet den Staat Israel mehrere
Millionen US-Dollar. Die Rakete, die bereits den
Spitznamen «Mini-Chetz» (Minipfeil) trägt, soll an-
dere Raketen mit einer maximalen Reichweite von
90 km abschiessen können. Es handelt sich um eine
sehr leicht zu manövrierende Abwehrrakete. Wegen
der geringen Reichweite und der niedrigen Flughöhe
ihrer Ziele muss dieser Raketentyp besondere Eigen-
schaften haben.
In Israel ist man mit diesem Projekt unter
Zeitdruck. Experten zufolge wird nicht nur die liba-
nesische Hisbollah-Miliz den Staat Israel weiterhin
mit Raketen beschiessen, sondern nach der Umset-
zung des Trennungsplanes und der Räumung des
Gazastreifens werden wohl auch die Palästinenser
ihre Raketenangriffe fortsetzen. Die israelischen
Geheimdienste wissen, dass sich die radikalen Li-
banesen und Palästinenser im Iran nach Nachschub
umsehen. Vor allem sollen sie sich nach Raketen mit
einer Reichweite von rund 75 Kilometern erkundigt
haben. Sollten die Palästinenser in den Besitz solcher
Waffen gelangen, könnten sie vom Gazastreifen aus
wichtige Ziele in Israel beschiessen. ZL
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Nachrichten aus Israel • 8/2005
Flash-News
ANGST VOR E I N E M KRI EG M IT
CHINA
Nach Angaben des in den USA lebenden israeli-
schen Politologen Gal Luft befürchten amerikanische
Abgeordnete, dass es zu einem Krieg zwischen den
USA und China kommen könnte.
«Ich rate deshalb den Verantwortlichen in Israel,
unter keinen Umständen hinter dem Rücken der
Amerikaner zu versuchen, die Chinesen militärisch
aufzurüsten und mit modernster Technologie aus-
zustatten», meinte Luft im israelischen Rundfunk
zum Widerstand der Amerikaner gegen den Verkauf
israelischer Rüstungsgüter an die Volksrepublik China.
«Die Amerikaner reagieren sehr empfindlich auf die
Vorstellung, dass ihre Soldaten von Waffen getroffen
werden, die aus einem befreundeten Land stammen»,
sagte der Experte.
Die Amerikaner hatten Israel im Juni dazu
gezwungen, alle Rüstungsgeschäfte mit China mit
ihnen abzustimmen und ohne ihre Genehmigung
auch keine Hochtechnologie an die Volksrepublik
zu verkaufen. Ein entsprechender Vertrag wurde vor
einigen Tagen in Washington unterzeichnet. Luft,
der Co-Direktor des Instituts für die Analyse globaler
Sicherheit (IAGS) in Washington, erklärte nach «zahl-
reichen Gesprächen mit Kongressabgeordneten»,
dass China derzeit im Kapitol «ein heisses Thema»
sei. Die erstmalige Übernahme einer amerikanischen
Ölgesellschaft durch eine chinesische Firma sei ein
Warnsignal. «China ist ein erwachender Riese und
zudem ein kommunistisches Land. Der Kauf der
Ölfirma wurde von einer staatlichen Gesellschaft
abgewickelt und nicht von Privatfirmen auf dem
freien Markt.»
GLOBALES NAVIGATIONSSYSTEM
MIT HILFE ISRAELS
Fünf israelische Firmen erhielten die Genehmi-
gung europäischer Behörden, sich am Weltraumpro-
jekt «Galileo» zu beteiligen, einer der prestigeträch-
tigsten und teuersten Unternehmungen der EU.
Es handelt es sich unter anderen um die Israe-
lische Luftfahrtindustrie «Rafael» (Entwicklung von
Waffensystemen) und die namhafte Firma «Orbit».
Israel unterzeichnete bereits vor einigen Wochen
einen Vertrag mit der EU, in dem der finanzielle
Beitrag Israels auf 15 Millionen Euro festgelegt
wurde. Der Beginn der Kooperation wurde für das
Jahr 2008 angesetzt.
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein globa-
les, von Satelliten gesteuertes Navigationssystem. Die
Durchführung wird rund vier Milliarden Euro kosten.
Darin enthalten sind die Herstellung und die Plat-
zierung von rund 30 Satelliten sowie die Errichtung
von Bodenstationen. An diesem Riesenunternehmen
beteiligen sich insgesamt 28 europäische Staaten,
China und Israel. ZL
20
AUS ISRAEL
«CHRISTENTUM ALS LETZTE BASTION GEGEN MORALISCHEN NIEDERGANG»
Juden nehmen Christen in Schutz
Amerikanische Juden verteidigen den christlichen Glauben gegen
Vorurteile in Medien, Politik und Wissenschaften. Dazu haben
sie die Organisation «Juden gegen antichristliche Diffamierung»
(JAACD) gegründet.
Sie wollen die Öffentlichkeit über dürfe sich ohne weiteres zu Karl Marx
die wahre Bedeutung des christlichen oder Jane Fonda bekennen, aber Gerichte
Glaubens aufklä- hätten verboten, auf staatlichem Boden
Don Feder (Bild: WEB) ren. Vorsitzender Weihnachtskrippen aufzustellen oder in
ist der Journa- Schulen Gebete zu sprechen. ZL
list Don Feder
(Boston). Nach Kommentar: Aufschlussreich und
seinen Angaben gleichzeitig ermutigend ist die Erkennt-
wird JAACD von nis vieler amerikanischer Juden, dass
zahlreichen Rab- sich die Angriffe auf den christlichen
binern, jüdischen Glauben auch gegen sie selbst richten.
Schauspielern Das entspricht hundertprozentig der
und Kulturwis- Wahrheit. Auch das Umgekehrte trifft
senschaftlern unterstützt, orthodoxen, zu. Wenn Israel leidet, leiden wir mit.
aber auch säkularen Juden. Für sie sei Schliesslich sind wir Christen aus den
das Christentum die letzte Bastion ge- Heiden als wilde Zweige in den edlen
gen den moralischen Niedergang in den Ölbaum Israel eingepfropft und bilden
USA. Sie schätzen auch bei konservativen deshalb mit Israel eine organische
Christen deren Solidarität mit Israel. Vor Einheit. Denken wir auch daran, dass
Journalisten sagte Feder, dass sich viele Jesus Christus Jude war. Auch in Israel
Angriffe auf den christlichen Glauben setzt sich immer mehr die Erkenntnis
auch gegen das Judentum richteten. durch, dass Israels wahre Freunde fast
Beide Religionen verträten dieselben ausschliesslich unter den evangelika-
Werte, wie Gott sie in den Zehn Geboten len Christen zu finden sind. Vielleicht
offenbart habe. «Die Gesellschaft mag beginnen aufgrund dieser Entwicklung
Christen wie Aussätzige behandeln. In immer mehr Israelis, sich für den «Gott
unseren Augen sind sie Helden», so Feder der Christen» zu interessieren, und viel-
vor der Presse. Der Öffentlichkeit in den leicht kommen einige dadurch sogar
USA wirft er Doppelzüngigkeit vor. Man zum Glauben an Jesus. CM
SCIENCEFICTION WIRD REALITÄT
Leichter atmen unter Wasser
Ein israelischer Erfinder hat ein Gerät entwickelt, welches das
Atmen unter Wasser ohne Sauerstoffgerät ermöglicht. Die
Innovation nutzt die relativ kleinen Mengen der im Wasser
gelösten Luft, um sowohl Taucher als auch U-Boote mit Sauerstoff
zu versorgen. Hersteller von Tauchgeräten und die israelische
Marine sind bereits an der Erfindung interessiert.
Die Idee, unter Wasser ohne Die «klassische» Sauerstoffver-
sperrige Sauerstoffgeräte auskommen sorgung von Tauchern hat viele
zu können, ist seit vielen Jahren ein Defizite. Erstens ist die Zeit, die ein
Traum von Sciencefiction-Autoren. … Taucher unter Wasser verbringen
Jetzt wird die Sciencefiction-Idee zu ei- kann, abhängig von der Kapazität
ner Realität, weil ein israelischer Erfin- seines Sauerstoffgerätes. Zweitens
der diesen Traum wahrgemacht hat. ist er abhängig von Anlagen für die
 H I N T E R G R U N D I N F O R M AT I O N E N AUS ISRAEL
Sauerstoffversorgung in der Nähe der Studien haben ergeben, dass sich in mehr Gas freigesetzt. Das geschieht
Tauchstelle. Das ist eine kostspielige einer Tiefe von 200 Metern noch mit Hilfe einer schnell rotierenden
und nicht ganz ungefährliche Ange- immer 1,5 Prozent Luft im Wasser Zentrifuge, die in einer kleinen, mit
legenheit. Problematisch ist auch die befinden. Das ist zwar eine geringe Meerwasser gefüllten Kammer einen
Verwendung von Sauerstoffgeräten Menge, aber noch immer genug, um Unterdruck produziert. Das System
unter Wasser. Wenn die Geräte im wird von wiederaufladbaren Batteri-
Gebrauch sind, leeren sie sich lang- en angetrieben. Berechnungen zufol-
sam; dadurch kann sich die Balance ge kann ein Taucher mit der Energie
des Tauchers im Wasser verändern. aus einer tausend Gramm schweren
Techniker versuchen seit vielen Lithium-Batterie etwa eine Stunde
Jahren, diese Probleme zu lösen. lang mit Sauerstoff versorgt werden.
Atom-U-Boote und die internationale Der Erfinder hat bereits ein La-
Raumstation arbeiten mit Systemen, bormodell gebaut und getestet. Jetzt
die Sauerstoff aus Wasser gewinnen, ist er dabei, einen Prototyp anzu-
und zwar mit Hilfe der Elektrolyse, fertigen. … Wenn alles wie geplant
der chemischen verläuft, wird das neue Atemsystem
Trennung von in ein paar Jahren einsatzbereit sein.
Sauerstoff und Die «klassische» Sauerstoffversorgung von Ein Taucher kann das Gerät wie eine
Tauchern hat viele Defizite (Bild: FotoDisc)
Wa s s e r s t o f f . Weste anlegen und dann viele Stun-
Diese Anlagen den unter Wasser bleiben.
benötigen jedoch viel Energie. Des-
halb können kleinere, mit Diesel Quelle: www.israel21c.org
angetriebene U-Boote diese Technik kleinen und grossen Fischen das At- Übersetzung und Zusammenfassung: BH
nicht nutzen, sondern müssen häufig men zu ermöglichen.
auftauchen, um ihre Sauerstofftanks Bodner entwickelte ein künstliches Kommentar: Dieser Bericht ist
wieder aufzufüllen. Taucher können System, das die Methode der Fische aus mehreren Gründen interessant.
solche grossen Maschinen weder un- nachahmt und kleineren U-Booten Beim Beobachten der Schöpfung
ter die Wasseroberfläche mitnehmen sowie Tauchern eine Sauerstoffver- Gottes macht ein Israeli eine bahn-
noch mit Energie versorgen. sorgung ohne sperrige Geräte ermög- brechende Erfindung. Diese Innova-
Bei dem Versuch, diese Defizite licht. Für seine Erfindung machte er tion kommt aus dem Land der Bibel
auszugleichen, hat sich der israelische sich ein bekanntes physikalisches Ge- und vom Volk der Bibel. Sie basiert
Erfinder Alon Bodner mit der Unter- setz über die Absorption von Gasen auf einem Bericht aus der Bibel,
wasseratmung der Fische beschäftigt. in Flüssigkeiten zunutze. Nach diesem nämlich dem Schöpfungsbericht,
Fische trennen den Sauerstoff nicht Gesetz entspricht die Menge von Gas, denn der jüdische Wissenschaftler
vom Wasser, sondern verwenden für die in einer Flüssigkeit gelöst werden hat das Leben unter Wasser genau
ihre Atmung die im Wasser gelöste kann, der Höhe des Drucks auf diese beobachtet. Indirekt gibt er damit
Luft. Durch Wind, Wellen und Un- Flüssigkeit. So etwas funktioniert in der Bibel Recht. Wer das tut, erfährt
terwasserströmungen werden kleine beide Richtungen. Wenn man den immer den Segen Gottes. Ein Beweis
Mengen Luft im Meerwasser verteilt. Druck senkt, wird aus der Flüssigkeit dafür ist auch diese Erfindung. CM

SCHUTZ FÜR ISRAELIS UND PALÄSTINENSISCHE FALSCHMELDUNGEN

«Marine-Barriere» gegen Terroranschläge

Militärische Kreise in Israel bestätigten auf Anfrage, dass nördlich des Gazastreifens, von israeli-
schem Territorium ins Mittelmeer hinein, eine «Marine-Barriere» errichtet werde, um palästinen-
sische Terroristen mit Sprengstoff und palästinensische Boote daran zu hindern, zur israelischen
Küste zu wechseln und dort einen Anschlag zu verüben. Es habe in der Vergangenheit mehrere
solche Versuche gegeben, doch dank der Stützpunkte entlang der Küste des Gazastreifens seien diese
verhindert worden. Mit dem Rückzug wird Israel diese Stützpunkte am Strand des Gazastreifens
räumen.

Die israelische Zeitung «Jerusalem Post» berichtete von
einem 950 Meter langen Bollwerk aus Zaun und Mauer, das
nördlich des Gazastreifens ins Meer hinein errichtet werde.
Das wollten die Militärkreise jedoch nicht so bestätigen. We-
der die Länge des Bauwerks noch die Zusammensetzung der
Barriere wollten sie erläutern. In Zusammenhang mit dieser
Meldung zeigte sich darüber hinaus wieder einmal, wie die
palästinensische Propagandamaschine solche Nachrichten
verwertet. Der Bericht der «Jerusalem Post» wurde vom pro-is-
raelischen Internet-Informationsdienst «Israelnetz» aufgegrif-

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Nachrichten aus Israel • 8/2005
AUS ISRAEL

fen, in verkürzter Form ins Deutsche übersetzt und in einigen
Details abgewandelt. Dieser Artikel wurde ausgerechnet von
der offiziellen Vertretung der PLO in Deutschland als eigene
Meldung auf der Internet-Seite veröffentlicht. Ein Vergleich
der Texte zeigt, dass die PLO-Vertretung ohne Quellenangabe
den Wortlaut der Meldung in «Israelnetz» übernommen hat.
Die Palästinenser haben lediglich einen entscheidenden Satz
wegzensiert, weil er nicht in ihr propagandistisches Konzept
passte: «Sie (die Barriere) soll verhindern, dass Terroristen
vom Gazastreifen aus an die israelische Küste schwimmen
können.» Durch die Weglassung der israelischen Begründung
für die Errichtung der neuen Barriere erweckt die Generalde-
legation den propagandistischen Eindruck, als handle es sich
um eine neue israelische Schikane, die gegen Palästinenser
gerichtet ist. Tatsächlich wird die Barriere aber nach Angaben
der israelischen Militärkreise von israelischem Territorium aus
in israelische Gewässer hinein errichtet. Sie bedeutet deshalb
keinen Verstoss gegen das Völkerrecht. US/AN

VON JERUSALEM AUS GESEHEN

Terror im Urlaubsparadies
Der Sinai war für den ägyptischen Präsidenten Mubarak eine Idylle. Weil das Gebiet durch den
Suezkanal von Ägypten getrennt ist, glaubte er, hier ein terrorfreies Paradies schaffen zu können. Per
Friedensvertrag «zurückerobert», hatte der entmilitarisierte Sinai für Ägypten einen hohen symbo-
lischen Wert. Angespornt durch diesen «Sieg» investierte Ägypten in die Tourismusindustrie an der
Küste des Roten Meeres. Mubarak wollte in diesem abgelegenen und gut kontrollierbaren Landstrich
eine «Friedensinsel» schaffen.

Die ganze Welt honorierte diesen
Traum. Investoren strömten nach
Sharm-el-Sheik, dem Südzipfel des Si-
nai, wo vor 1967 ägyptische Kanonen
in einem militärischen Sperrgebiet die
Meerenge von Tiran für israelische
Schiffe sperrten. Mit dem Friedens-
vertrag wurde dieser «Casus belli»
zum Friedenssymbol. Deshalb lud die
ägyptische Führung immer wieder zu
Friedenskonferenzen an diesem Ort
ein. 1996, nach den schweren Terror-
anschlägen in Tel Aviv und Jerusalem,
kam die Führungsspitze der ganzen Welt
dorthin, um den Osloer Friedenspro-
zess zu retten. Im Februar 2005 schuf
Mubarak in Sharm-el-Sheik nach fast
fünf Jahren Intifada die Grundlage für
einen Waffenstillstand zwischen Israel
und Palästinensern. Abbas und Sharon
reichten sich dort die Hände.
Doch das einträgliche Urlaubspa-
radies von Sharm-el-Sheik blieb kein
bombensicheres Refugium. Vor 20 Jah-
ren zerstörte ein angeblich geisteskran-
ker ägyptischer Polizist den Frieden im
Sinai, wohin Zehntausende Israelis und
Touristen aus anderen Ländern ohne
Visumszwang einreisen konnten. Er er-
schoss mehrere Israelis. Einige starben
an eher unbedeutenden Verletzungen,
weil sich die ägyptischen Behörden
nicht zu sofortiger Hilfeleistung ent-
scheiden konnten. Im Oktober 2004
erlitt die Idylle im Sinai einen weiteren
Knacks, als Selbstmordattentäter Hotels
sprengten. Nicht der Terroranschlag Weil Ägypten die führende Macht
schreckte danach israelische Touristen in der arabischen Welt sein will, kann
ab. Vielmehr war es die Unfähigkeit es nicht akzeptieren, zum Ziel des orga-
der Ägypter, effektive Hilfe zu leisten. nisierten Terrors von Osama bin Laden
Jassir, ein israelischer Araber, sagte oder seiner Untergruppen geworden zu
nach den Anschlägen von Ende Juli: sein, obwohl Muhammad Atta, einer
«Der Sinai ist ein Traum, aber wehe, der Todespiloten vom 11. September
dir stösst etwas zu. Selbst eine Kleinig- 2001, Ägypter war. Innenminister
keit kann dich das Leben kosten. Es Habib el-Adli sagte nach den letzten
gab keine Telefonzellen, und plötzlich Anschlägen, dass die ägyptischen Be-
waren alle Fluchtwege versperrt.» Un- hörden keine Schuld treffe, denn nach
ter Schock stehende Israelis und deren dem Terror in London seien die Sicher-
vor Angst zitternde Kinder beklagten heitsmassnahmen verschärft worden.
sich ebenfalls, erst an der Grenze zu In jedem anderen Land bedeutet ein
Israel mit Hilfe rechnen zu können. gelungener Terroranschlag auch ein
Der israelische Arabienexperte Gai Scheitern der Geheimdienste, zumal
Bechor sagte: «Schlimmer als die die Ägypter gewarnt waren. U.S.
Anschläge ist
in Ägypten die
Unfähigkeit, den
körperlich oder
seelisch Verletz-
ten sofortige
Hilfe zu leisten.
Te r r o r o p f e r n
droht eher der
Tod durch man-
gelnde Hilfe als
Sharm-el-Sheik (Bild: Reuters)
durch die direkte
Einwirkung des
Anschlags.»

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