KLUBZEITUNG DER SÜD -TIROLER FREIHEIT | 3-2015
Tagung über doppelte Staatsbürgerschaft
DIE WELT IN SÜD-TIROL
Die Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit veranstaltete am 16. Oktober 2015 eine Tagung mit dem Titel
„Doppelte Staatsbürgerschaft als Mittel des Minderheitenschutzes im europäischen bzw. internationalen
Vergleich“. Mit dieser internationalen Veranstaltung wurde wissenschaftliches Neuland betreten!
D
ie doppelte (italienisch-österreichische) Staats-
bürgerschaft für Süd-Tiroler war in den letzten
Jahren immer wieder Gegenstand der politischen
Diskussion, die mitunter kontrovers geführt wurde. Erst
Ende September fand zu diesem Thema im österreichischen
Parlament ein Treffen zwischen den Klubsprechern im Land-
tag und dem Süd-Tirol-Unterausschuss im Österreichischen
Nationalrat statt. Treibende Kraft hierbei war und ist die
Süd-Tiroler Freiheit, denn die doppelte Staatsbürgerschaft
gehört zu ihren Kernthemen. Doch warum eigentlich? Als das
Gebiet des heutigen Süd-Tirols von Italien annektiert wurde,
verloren die Bewohner automatisch ihre österreichische
Staatsbürgerschaft und mussten die italienische annehmen.
www.suedtiroler-freiheit.com/landtag
ADRESSFELD
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| ERSCHEINT VIERTELJÄHRLICH
Nach wie vor ist Rom so manches Mittel recht, um die
Süd-Tiroler mit einer italienischen Identität zwangszubeglü-
cken. Nach hundert Jahren, so heißt es von italienischer Seite
sehr oft, egal, ob die Parteien rechts- oder linksgerichtet, auf
der Oppositions- oder auf der Regierungsbank sitzen, die
Süd-Tiroler seien mittlerweile Italiener. Aus diesem Grund
hätten die Bewohner des „Alto Adige“ langfristig auch kein
Anrecht mehr auf eine Autonomie, ganz zu schweigen von
der Selbstbestimmung! Das beste Instrument, mit dem man
einer derart falschen Behauptung und minderheitenfeindli-
chen politischen Strategie entgegenwirken könnte, wäre eine
zweite, d.h. zusätzlich österreichische Staatsbürgerschaft für
die Süd-Tiroler. (Fortsetzung Seite 2)
Tiroler Stimmen jetzt auch mit Neuigkeiten aus dem Regionalrat
Die Abgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit wurden mit ihrer Wahl in den Süd-Tiroler Landtag gleich-
zeitig auch Abgeordnete zum Regionalrat und zum Dreierlandtag. Die Tiroler Stimmen werden ab
dieser Ausgabe deshalb auch über die Tätigkeit im Regionalrat und im Dreierlandtag berichten. (SZ)
Doppelt hält besser!
Immer öfter tönt es aus den Reihen des
SVP-Koalitionspartners PD, Süd-Tirol
solle in eine Großregion Triveneto
gezwungen werden. Dieses Gebilde
wurde im Faschismus eingeführt, um
Süd-Tirol zu assimilieren.
Der Druck auf die Autonomie wächst.
Sparzwang und Verfassungsreform
werden, wie bereits in der Vergangen-
heit, nicht spurlos an uns vorüberge-
hen. Neid und Missgunst gegenüber
Land und Autonomie nehmen zu.
Süd-Tirol, so die exemplarische Aus-
sage von PD-Parlamentarier Morassut,
brauche keine Autonomie mehr!
Fakt ist: Süd-Tirol hat die Autonomie
nur, weil wir eine österreichische Min-
derheit sind! Juristen bestätigten, dass
die zweite Staatsbürgerschaft für die
Autonomie eine zusätzliche Absiche-
rung bedeuten würde. Die Rechtfer-
tigung für die Autonomie könnte von
Italien nicht mehr so leicht in Frage
gestellt werden. Österreich könnte bei
Problemen auch international auf den
Schutz der eigenen Bürger verweisen.
Es ist wie so oft im Leben: Doppelt
hält besser!
Stefan Zelger,
Sekretär der Landtagsfraktion
1
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
GIS-BEFREIUNG
AUSWEITEN!
D
ie Landtagsabgeordnete der
Süd-Tiroler Freiheit, Myri-
am Atz Tammerle, begrüßt
die Abschaffung der Gemeindeimmo-
biliensteuer (GIS) auf Erstwohnungen,
weil damit die Bürger finanziell ent-
lastet werden. Mit dem Nachtrags-
haushalt des Landes für das Finanzjahr
2015 wurden alle Hauptwohnungen,
mit Ausnahme der Luxuswohnungen,
von der Gemeindeimmobiliensteuer
befreit.
Nicht einverstanden ist Atz Tammer-
le mit der neuen Bestimmung, dass
Gemeinden die Berechnungsgrund-
lage der GIS auf denkmalgeschützte
Gebäude für gewerbliche und kom-
merzielle Zwecke bis zu 50 % erhöhen
können. Sie schreibt: „Denkmalge-
schützte Gebäude unterliegen bereits
strengen Bestimmungen, die für die
Nutzer mit Einschränkungen verbun-
den sind. Die Gebäude verfügen meist
über keinen Aufzug, was den Zugang
in höhere Stockwerke erschwert, oder
sie sind nicht mit hochmodernen, gut
isolierenden Fenstern ausgestattet, was
zu höheren Heizungskosten führt.“
Die Abgeordnete fordert daher, dass,
genauso wie die Bauern einen nied-
rigen GIS-Satz genießen, Ähnliches
auch für Unternehmer angestrebt wer-
den sollte. Eine andere Möglichkeit
der Entlastung sollte laut Atz Tam-
merle den Unternehmen dadurch ge-
boten werden, indem auf die saisonal
geöffneten Betriebe, insbesondere
in der Tourismusbranche, die GIS
ausschließlich für den Zeitraum der
Nutzung der gewerblichen Immobilie
berechnet wird. (CK/SZ)
Landtagsabgeordnete Myriam Atz Tammer-
le: „Die Immobiliensteuer stellt nach wie
vor eine große Belastung für viele Betriebe
hierzulande dar!“
2
(Fortsetzung von Seite 1) Denn wären die Süd-Tiroler im
Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft, könnte Italien
nicht mehr behaupten, Süd-Tirol ist eine inneritalienische
Angelegenheit. Zudem wäre auch unser Vaterland Österreich
mehr gefordert, seine eigenen Staatsbürger besser zu schützen.
Aus der doppelten Staatsbürgerschaft erwachsen auch weitere
Vorteile. Hier drei Beispiele: 1. Die Süd-Tiroler könnten sich
im Ausland, sollten sie in Not geraten, an ein österreichisches
Konsulat wenden und dort auf Deutsch kommunizieren. 2.
Die Süd-Tiroler Sportler könnten für eine österreichische
Sportmannschaft antreten. 3. Die Süd-Tiroler könnten sich
in Österreich für hochrangige Stellen im öffentlichen Dienst,
die nur den österreichischen Staatsbürgern vorbehalten
sind, bewerben (z.B. im Polizeiwesen, im Rechtswesen).
Und was ebenso wenig zu unterschätzen ist: Die doppelte
Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler hätte einen hohen
emotionalen Wert. Für jene, die sie erwerben − und dies
geschähe freiwillig − würde sie die historische und kulturelle
Bindung mit ihrem Vaterland unterstreichen. Wie man sieht:
Mit der doppelten Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler
würden zahlreiche Vorteile einhergehen.
Allerdings hat dieses Anliegen nicht nur Befürworter. Gegne-
rische Stimmen sind dabei weniger von italienischer, sondern
vielmehr von Seiten der SVP und den Grünen zu vernehmen.
Aber auch im Österreichischen Nationalrat herrschen zu
diesem Thema Vorbehalte. Daher erwartet man sich dort ein
Kulturhauptstadt „Triveneto“
RECHNUNGSHOF ERMITTELT
Die gescheiterte Bewerbung zur Kulturhauptstadt „Triveneto“, welche dem Steuerzahler über eine Million
Euro kostete und mit dem Süd-Tirol als oberitalienisches Hinterland Venedigs hätte dargestellt werden
sollen, hat nun ein Nachspiel: Der Rechnungshof hat nach Protesten der Süd-Tiroler Freiheit Ermittlungen
gegen das italienische Kulturressort von Landesrat Christian Tommasini eingeleitet.
D
ie Bewerbung zur europäischen Kulturhauptstadt
war ein politisches und finanzielles Desaster für
Süd-Tirol: „2019 jährt sich die Unterzeichnung
des Vertrags von Saint-Germain, mit dem die Teilung Tirols
und die unfreiwillige Angliederung Süd-Tirols an Italien
beschlossen wurde, zum hundertsten Mal. Sich in diesem
besonderen Jahr der europäischen Öffentlichkeit als oberita-
lienisches Hinterland Venedigs präsentieren zu wollen, war
eine respektlose Aktion des PD-Landesrates. Damit hätten
die Geschichte und Identität Süd-Tirols geleugnet werden
sollen. In der Bewerbung wurde dafür sogar der faschistische
Begriff ‚Triveneto‘ wieder ausgegraben“, kritisiert Landtags-
abgeordneter Sven Knoll.
Für diesen Kulturfrevel musste der Süd-Tiroler Steuerzahler
über eine Million Euro berappen, während Venetien rund
70.000,– Euro dafür aufbrachte. Knoll hatte mehrfach auf
diese Geldverschwendung hingewiesen. Nun nimmt auch der
Rechnungshof die Sache unter die Lupe. Als Reaktion auf die
Ermittlungen verteidigt Landesrat Tommasini die enormen
Ausgaben für die erfolglose Bewerbung als wichtiges „Signal“.
klares Signal aus Süd-Tirol. Genau in diese Richtung arbeitet
auch die Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit. Sie wird
demnächst einen Beschlussantrag im Landtag einreichen,
mit dem sich dieser für die doppelte Staatsbürgerschaft für
die Süd-Tiroler aussprechen soll.
Doch bevor es zur Behandlung des Beschlussantrages im
Landtag kommt, war und ist Informationsarbeit nötig.
Mit der von der Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit
organisierten Tagung sollte Klarheit geschaffen werden, nicht
nur für die politischen Entscheidungsträger, sondern auch
für die Bürger. Es galt, das Thema aus der von gegnerischer
Seite polemisch und ohne ausreichendes Wissen geführten
Diskussion herauszuholen und auf eine objektive, sachliche
und überparteiliche Ebene zu stellen. Als Tagungsort war
ursprünglich bewusst der Landtag ausgesucht worden, damit
die Abgeordneten praktisch am eigenen Arbeitsplatz die
Möglichkeit haben, sich vor einer Entscheidungsfindung
eingehend objektiv zu informieren und Irrtümer sowie
Halbwahrheiten, die sie oft selbst verbreiteten, zu korrigieren.
Doch es kam anders: Die italienischen Parteien, die Grünen
sowie die SVP haben plötzlich die internationale und wis-
senschaftliche Dimension der Veranstaltung erkannt. Aus
Missgunst verlangten sie die Verlegung des Tagungsortes.
Die Referenten, die praktisch aus der ganzen Welt zu uns
kamen (siehe Interview auf Seite 7 und Bericht auf den Seiten
8 und 9), waren darüber sehr verwundert! (CK)
„Für den ‚Partito Democratico‘ scheint es tatsächlich ein
Signal gewesen zu sein…“, so Stefan Zelger, Sekretär der
Landtagsfraktion, „…denn immer wieder werden aus den
Reihen des Koalitionspartners der Volkspartei Stimmen laut,
die die Zusammenlegung der nordöstlichen Provinzen und
Regionen, inklusive Süd-Tirols, in eine Großregion ‚Trive-
neto‘ fordern!“ Erst kürzlich ließ PD-Abgeordneter Roberto
Morassut mit der Aussage aufhorchen, wonach Süd-Tirol
keine Autonomie brauche und auch keine historisch klaren
Grenzen habe. In dieses Bild passte auch die Rede von SVP/
PD-Senator Francesco Palermo vor der OSZE in Wien, in
welcher er festhielt, dass die Zeit vorbei sei, als man glaubte,
das Überleben und Wohlergehen von kleinen Volksgruppen
durch Regionalautonomien sichern zu können.
Die Süd-Tiroler Freiheit zeigt sich vor diesem Hintergrund
wiederholt erfreut darüber, dass der Zuschlag zur euro-
päischen Kulturhauptstadt vor knapp zwei Jahren an die
süditalienische Stadt Matera ging. „Sonst hätte Süd-Tirol
für diesen Unsinn noch tiefer in die Tasche greifen müssen,
als ohnehin schon geschehen!“ (SZ)

Landtag für Fertigstellung der Reschenbahn
MEHRWERT FÜR GANZ TIROL
Der Landtag hat einen Beschlussantrag der Süd-Tiroler Freiheit zur Fertigstellung der Bahnlinie von Mals
nach Landeck einstimmig genehmigt. „Die Süd-Tiroler Landesregierung wurde aufgefordert, mit dem
Bundesland Tirol und dem Kanton Graubünden in Kontakt zu treten, um die Möglichkeiten einer Umsetzung
dieser Bahnverbindung auszuloten“, so Landtagsabgeordneter Sven Knoll.
D
er Bau der Bahnverbindung zwischen Mals und
Landeck wurde bereits vor dem Ersten Weltkrieg
geplant und begonnen, durch die Kriegswirren
allerdings gestoppt. Die Süd-Tiroler Freiheit hat in Vorbe-
reitung des Antrages eine Streckenbegehung durchgeführt
und dabei sowohl die bereits gebauten als auch die nur
geplanten Abschnitte begutachtet. Dabei zeigte sich, dass
die fertigen Pläne lediglich an einzelnen Punkten angepasst
werden müssten, ansonsten aber größtenteils übernommen
werden könnten.
Im Gegensatz zur ebenfalls im Gespräch befindlichen Verbin-
dung des Vinschgaus mit Bormio, brächte der Vorschlag der
Süd-Tiroler Freiheit zahlreiche Vorteile: „Die Bahnverbin-
dung über den Reschen würde das Inntal und den Vinschgau
verbinden und – gemessen an den Einwohnerzahlen und der
Bedeutung für den Tourismus entlang der Strecke, aber auch
im Hinblick auf die internationalen Anschlussmöglichkeiten
in Landeck – den größten Nutzen bringen“, so Knoll. „Neben
der Bedeutung als öffentliches Nahverkehrsmittel wäre die
Reschenbahn auch von großem touristischen Nutzen. Zwi-
TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
schen Mals und Landeck befinden sich mehrere Skigebiete,
die direkt an die Bahn angeschlossen werden könnten. Auch
der Rad- und Wandertourismus würde im Sommer davon
profitieren!“ Mit dem Bau der Reschenbahn, so Knoll,
würde eine perfekt vernetzte und europaweit einzigartige
Tourismusregion im Westen Tirols entstehen.
Durch den Anschluss an die Arlbergbahn in Landeck und die
Möglichkeit einer Verbindung mit den rhätischen Bahnen in
Schuls von Pfunds oder Tösens aus würde die Vinschgaubahn
über die Reschenbahn damit auch direkt an internationale
Linien und die Schweiz angeknüpft.
„Nachdem sich der Landtag für die Fertigstellung der Bahn-
linie ausgesprochen hat, gilt es nun, die Bevölkerung über
die Vorteile dieser Verbindung zu informieren und politische
Unterstützung bei den Gemeinden zu suchen“, so Landtags-
abgeordneter Sven Knoll über die nächsten Schritte. (SK/SZ)
Sehen Sie dem Link folgend im Video:
Die Pressekonferenz zum Beschlussan-
trag mit weiteren Details zum Thema
Reschenbahn.
Zahl des Monats
10.300
13
So viele Kilometer legte Dr. Ever-
ton Altmayer von Dreizehnlinden
(Brasilien) bis Bozen zurück, um
an der wissenschaflichen Tagung
zur doppelten Staatsbürgerschaft
teilzunehmen. Referenten aus allen
Teilen der Welt folgten der Einla-
dung des Landtagsklubs, um das
Thema doppelte Staatsbürgerschaft
in einem akademischen Kontext zu
diskutieren. (SZ)
Gesamttiroler
Fußballmeisterschaft
Der Landtagsabgeordnete der
Süd-Tiroler Freiheit, Bernhard Zim-
merhofer, forderte mit einem Be-
schlussantrag die Landesregierung
dazu auf, sich für eine Gesamttiroler
Fußballmeisterschaft der Amateure
stark zu machen.
„Sport kann trennen, aber auch ver-
binden. Der Fußball als beliebtester
Sport in Tirol kann einen wichtigen
Beitrag zum Zusammenwachsen der
Landesteile und zur Überwindung
der Unrechtsgrenze in den Köpfen
leisten“, ist Zimmerhofer überzeugt.
Deshalb zeigte er sich erfreut darüber,
dass sich im Landtag eine Mehrheit
für das Projekt fand, wenngleich in
abgeschwächter Form. Die zuständige
Landesrätin Martha Stocker werde sich
nun mit den zuständigen Vereinen und
Verbänden in Verbindung setzen und
innerhalb eines Jahres Bericht über
den Fortgang der Arbeit erstatten. (SZ)
3
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT

Posttolomeische Orts- und Flurnamen

KEINE LEGALE GRUNDLAGE!

I
[LE ODLE]
„Le Odle“ ist eine von Tolomei vorgenom-
mene Anpassung von grödnerisch „La
Odles“ bzw. gadertalisch „Les Odles“. Sie
sind die Mehrzahl von „(La) Odla“ wie z.B.
in „Gran Odla = Geislerpitze“. Das ladini-
sche Hauptwort „odla“ bedeutet ‘Nadel
(Nähnadel, Baumnadel)’ und bezeichnet in
der Namenlandschaft besonders spitz zu-
laufende Berggipfel. Das Wort geht zurück
auf lateinisch „acúcula“ ‘kleine Nadel’.
Ein authentischer italienischer Name
für die Geislerspitzen lässt sich nicht
nachweisen, denn wennschon heißt es
„La Odles“ oder „Les Odles“, und das
ist ladinisch!
Der deutsche Name „Geislerspitzen“ be-
inhaltet den einstigen Personennamen
„Geisel“ aus althochdeutsch „Gîsilo“. Er
findet sich noch in Zusammensetzungen
wie „Geiselher, Geiselbert“ und in ein-
facher Form im Frauennamen „Gisela“
Die Geislerspitzen sind somit nach einer
Person benannt.
m August dieses Jahres stellte der italienische Kom-
munikationsminister medienwirksam und im Beisein
des Landeshauptmannes eine neue Briefmarke vor.
Auf dieser sind die Geislerspitzen abgebildet. Wermut-
stropfen: Der Name der Gebirgsgruppe erscheint aus-
schließlich in der so genannten „italienischen“ Form Le
Odle. Der Kommunikationsminister sprach im Zusam-
menhang mit den Geislerspitzen von einem Welterbe,
das es (zu Recht) zu schützen gilt, und die Briefmarke
zeuge von der „Anerkennung für die hier lebende Bevöl-
kerung.“ Eigentlich ein Hohn, denn ein ausschließlich so
genannter „italienischer“ Begriff Le Odle leugnet geradezu
die Existenz der hier lebenden, nämlich deutschen und
ladinischen Bevölkerung. Darüber hinaus gehört zum
Welterbe nicht nur die Natur, sondern auch die Kultur
und damit die historisch gewachsene Namenlandschaft
und nicht die konstruierte wie vom Typ Le Odle!
Der Begriff stammt, wie sehr viele, von Ettore Tolomei,
dem Erfinder des „Alto Adige“, und ist daher pseudoita-
lienisch, d. h. nur scheinbar italienisch. Die gesetzliche
Grundlage für Tolomeis Namenerfindungen bilden die
drei faschistischen Dekrete aus den Jahren 1923, 1940
und 1942. Aber nicht alle pseudoitalienischen Namen
stammen von Tolomei. Viele sind erst nach ihm aufge-
kommen, etwa u.a. Pracupola für Kuppelwies, Monzoccolo
für den Tschögglberg oder Rablà für Rabland.
In einer Anfrage wollte die Süd-Tiroler Freiheit wissen,
was die gesetzliche Grundlage speziell dieser posttolo-
meischen Orts- und Flurnamen ist. Aus der Antwort
der Landesregierung geht hervor, dass es für diese gar
keine gesetzliche Grundlage gibt! Somit darf der Schluss
gezogen werden, dass die fraglichen Namen aus dem
amtlichen Gebrauch zu entfernen sind. Genau diese
Forderung erhebt nun die Süd-Tiroler Freiheit in ei-
nem Beschlussantrag, der demnächst zur Behandlung
kommen wird.
Die Süd-Tiroler Freiheit erwartet sich von der Landes-
regierung, dass diese die Gemeinden dazu anhält, vorab
zumindest auf jene konstruierten Namen zu verzichten,
für die es, wie ja die Landesregierung selbst schreibt, keine
gesetzliche Grundlage gibt. Zumindest ein erster Schritt
zur Wiedergutmachung eines Kulturverbrechens, das uns
bis heute landauf landab begegnet, wäre damit getan.
Pseudoitalienische Konstruktionen – egal ob faschis-
tisch-tolomeisch wie Le Odle oder ob postfaschis-
tisch-posttolomeisch wie Pracupola – erfüllen bis heute
die Funktion, die Siedlungs- und Sprachgeschichte Süd-
Tirols und seiner Bewohner zu manipulieren! (CK)
Dr. Cristian Kollmann ist Sprachwissenschaftler sowie Presse- und
Kommunikationssprecher der Landtagsfraktion der Süd-Tiroler
Freiheit.

Anfragen der Süd-Tiroler Freiheit

Führerschein soll
länger gültig bleiben
„Die Führerscheinverlängerung soll
nicht wie bisher im Abstand von zehn,
sondern nur alle 15 Jahre erfolgen“,
so die Süd-Tiroler Freiheit. Sie hat
einen Begehrensantrag mit dieser
Forderung hinterlegt. Die EU lässt es
ihren Mitgliedern offen, die Führer-
scheine mit einer Gültigkeitsdauer von
bis zu 15 Jahren zu versehen. Davon
haben u.a. Österreich und Deutsch-
land Gebrauch gemacht. „Durch eine
Verlängerung der Frist auf 15 Jahre
könnte ein Beitrag zum Bürokratie-
abbau geleistet werden“, zeigt sich die
Süd-Tiroler Freiheit überzeugt. (SZ)
Welche heutigen Immobilien der italienischen Post
wurden während der Zeit des Faschismus enteignet?
Landeshauptmann Arno Kompatscher konnte keine Auskunft
darüber geben, welche Gebäude der italienischen Post während
der Zeit des Faschismus den Süd-Tirolern enteignet wurden.
Die Frage wurde an die Agentur für Staatsgüter weitergeleitet.
Eine Antwort steht noch aus.
Wie viel hat das neue Unterland-Logo gekostet und
wie oft wurde es bisher verwendet?
Das Unterland hat eine eigene Marke eingeführt, obwohl die
meisten Gemeinden schon in mehreren Marken vertreten sind.
So z.B. in der „Weinstraße“ und „Südtirols Süden“. Die Landes-
regierung attestierte, dass das Logo, welches aus dem ESF finan-
ziert wurde, satte 106.206,– Euro kostete. Das vor bereits über
einem Jahr eingeführte Symbol wurde bisher kaum verwendet.
Radfahrer-App „San Candido – Lienz“: Wo bleibt
Innichen?
Das Regionalmanagement Osttirol, die Radwegerhaltung Lienzer
Talboden, die Gemeinde Valle di Cadore und der Tourismus-
verein Innichen haben eine App zur Förderung der Sicherheit
am Radweg ausgearbeitet. Sie heißt „San Candido – Lienz“! Auf
Anfrage der Süd-Tiroler Freiheit ließ die Landesregierung wissen,
dass sie keinen Einfluss auf den Namen der App habe, aber auf
die Projektträger einwirken wolle, damit auch der deutsche
Name „Innichen“ angeführt wird. Einige Monate später trägt
die App nach wie vor die Bezeichnung „San Candido – Lienz“.
Ist es der öffentlichen Verwaltung gesetzlich erlaubt,
für das Gebiet der autonomen Provinz Bozen den
Zusatz „Alto Adige“ wegzulassen??
Landeshauptmann Arno Kompatscher bestätigte, dass es der
öffentlichen Verwaltung gesetzlich erlaubt ist, für das Gebiet
der Autonomen Provinz Bozen im Italienischen den Zusatz
„Alto Adige“ wegzulassen. „Südtirol“ sowie die tolomeisch-fa-
schistische Etikette „Alto Adige“ gilt somit nur für die Region
und nicht für die Provinz. (SZ)
Dem Link folgend finden Sie ausführliche In-
formationen ALLER Anfragen der Süd-Tiroler
Freiheit im Landtag.

4

Schlagabtausch wegen Verfassungsreform
REFORM SCHADET SÜD-TIROL
„Die neue italienische Verfassung wird aus Italien einen zentralistischen Staat machen und die Süd-Tirol-Au-
tonomie weiter aushöhlen“, davor warnen die Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit. Sie haben
deshalb einen diesbezüglichen Begehrensantrag gegen die Reform im Landtag eingereicht. Die Abstimmung
im Hohen Haus geriet zur Farce und offenbarte einmal mehr die Orientierungslosigkeit der Regierungspartei.
F
ür Landtagsabgeordneten Sven Knoll gehen die
Entwicklungen in die falsche Richtung: „Mit der
italienischen Verfassungsreform werden die zaghaften
Föderalisierungsversuche der letzten Jahre wieder zunichte
gemacht. Die größte Gefahr besteht dabei in der Auslegung
der ausschließlichen Kompetenzen des Staates und den
Folgeurteilen des Verfassungsgerichtshofes.“
Die Beschneidung der Autonomie ist bereits in Bereiche
vorgedrungen, die in die primäre Zuständigkeit des Landes
fallen, wie Raumordnung, Landschaftsschutz, Jagd und Fi-
scherei. Mit der geplanten Verfassungsreform droht Süd-Tirol
weitere Kompetenzen zu verlieren, etwa im Energiebereich
oder in der Sozialpolitik.
Die SVP-Parlamentarier in Rom stimmten trotz aller War-
nungen der Reform zu. Diesen schwerwiegenden politischen
Fehler galt es daher mit einem Beschluss des Landtages wieder
auszubügeln, indem sich dieser im Namen Süd-Tirols gegen
die Reform ausspricht. Genau das war die im Begehrensantrag
enthaltene Forderung. Die Volkspartei stimmte gegen den
Antrag und damit für die Verfassungsreform.
TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
Das Hohe Haus erlebte eine emotionale und heftige Debatte.
Knoll fand deutliche Worte: „Es erschreckt mich, dass die
SVP bereit ist, sich selbst zum Totengräber der Demokratie
und der Autonomie zu machen. Dies wird sich sehr bald
rächen, und ganz Süd-Tirol wird dafür den Preis bezahlen
müssen.“ Landeshauptmann Kompatscher reagierte erzürnt,
warf Knoll Demagogie vor und bezichtigte ihn der Lüge.
Knoll ließ die plumpen Anschuldigungen natürlich nicht
auf sich sitzen und bekam auch Rückendeckung anderer
Oppositionsparteien im Landtag.
Als Höhepunkt der Farce stimmte die SVP aus Versehen
einem Punkt des Antrages zu. „Eigenständiges Mitdenken
und Handeln scheinen den einzelnen SVP-Abgeordneten
völlig abhandengekommen zu sein. Wenn ihnen ihre Romge-
fälligkeit nicht peinlich ist, dann wohl zumindest ihr eigenes
Abstimmungsverhalten“, so Knoll abschließend. (SK/SZ)
Sehen Sie dem Link folgend im Video:
Der Schlagabtausch zwischen Landtag-
sabgeordnetem Sven Knoll und Landes-
hauptmann Arno Kompatscher.
MUTLOSE SVP:
ABGELEHNTE
LANDESPOST
Die Probleme mit der Post sind be-
kannt: „Briefe kommen verspätet an,
in vielen Filialen gibt es keine Brief-
marken, und Zeitungen werden oft-
mals nicht termingerecht zugestellt.
Ganz zu schweigen von Missachtun-
gen der Proporz- und Zweisprachig-
keitsbestimmungen“, kritisiert Frak-
tionssekretär Stefan Zelger.
Gründe für eine eigene Landespost
gäbe es also zuhauf. Gerade deshalb
wertet die Landtagsfraktion die Ab-
lehnung ihres Beschlussantrages zur
Schaffung einer eigenen Post als fal-
sches politisches Signal und bedenk-
liches Zeichen des Landtages. Mit
dem Antrag hätte die Landesregie-
rung verpflichtet werden sollen, ein
Konzept zu erarbeiten, in welchem
Wege aufgezeigt werden, wie die Post
an das Land gehen kann. Der Antrag
wurde vor allem mit den Stimmen der
SVP versenkt.
„Auch wenn Landeshauptmann Kom-
patscher behauptet, dass er bereits in
diese Richtung arbeite, bleibt doch
ein fahler Nachgeschmack“, zeigte
sich Landtagsabgeordneter Bernhard
Zimmerhofer enttäuscht. „Durch eine
Landespost wäre auch die Sicherstel-
lung der Postdienste in der Peripherie
möglich, was zur Stärkung des ländli-
chen Raumes beitragen würde!“
Wie die Übernahme der Post konkret
aussieht, hatte der Beschlussantrag
bewusst offen gelassen: „Durch die
Liberalisierung der Post in Italien erge-
ben sich neue Möglichkeiten, wie der
Postdienst besser organisiert werden
kann“, so Sven Knoll in seiner Rede
im Landtag. „Einmal mehr entspricht
die schöne SVP-Rhetorik nicht dem
folgenden Abstimmungsverhalten“, so
die Kritik der Süd-Tiroler Freiheit. (SZ)
Sehen Sie dem Link folgend im Video: Die
Pressekonferenz im Landtag zur Vorstellung
des Antrages mit Beispielen anderer Minder-
heiten mit eigener Post in Europa.
5
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
NEUES WAHL-
GESETZ FÜR
BOZEN
Der Fraktionssprecher der Süd-Tiro-
ler Freiheit im Regionalrat, Bernhard
Zimmerhofer, spricht sich für eine
Anpassung des Gemeindewahlgesetzes
aus. Gerade im Hinblick auf Bozen
bedarf das Gesetz einer dringenden
Überarbeitung, um der verfahrenen
Situation entgegenzuwirken. Bozen
wird nun zum zweiten Mal inner-
halb weniger Jahre kommissarisch
verwaltet. Dies sei, so Zimmerhofer,
vor allem auf die Zersplitterung der
Parteienlandschaft in Bozen und auf
das Wahlgesetz zurückzuführen. Nicht
weniger als 18 Parteien, darunter acht
Ein-Mann-Fraktionen, schafften bei
den letzten Wahlen den Sprung in
den Gemeinderat.
Die Süd-Tiroler Freiheit fordert gleich-
zeitig die Reduzierung der Räte in
Bozen von derzeit 45 auf 35: „Es ist
nicht nachvollziehbar, dass Bozen 45
Gemeinderäte haben soll, während
der Landtag mit nur 35 Abgeordne-
ten auskommt!“ Auch verwehrt sich
Zimmerhofer gegen eine Aufstockung
der Stadtregierung, wie von der SVP in
Betracht gezogen: „Eine Aufstockung
würde unnötige Kosten verursachen.
Im ganzen Land sind Gemeinderäte,
Ausschüsse und sogar die Landesre-
gierung reduziert worden. In Bozen
weitere Versorgungsposten zu schaffen
ist nicht angebracht!“
Um die Stadt regierbarer zu machen,
den politischen Wettbewerb aber
nicht gänzlich abzuwürgen, spricht
sich die Süd-Tiroler Freiheit für die
Einführung eines Vollmandates als
Hürde aus. Bei 35 Gemeinderäten
würde dies einer Eintrittsschwelle von
ca. 2,8 Prozent entsprechen. (CK/SZ)
Regionalratsabgeordneter Bernhard Zimmer-
hofer: „Durch ein neues Wahlgesetz muss die
politische Instabilität in Bozen beendet wer-
den. Es gilt dabei,eine Balance zwischen poli-
tischer Vielfalt und Regierbarkeit zu finden.“
6
Historische Wahl
KATALONIEN LEITET PROZESS
FÜR SEINE UNABHÄNGIGKEIT
VON SPANIEN EIN
Katalonien ist auf dem Weg in die Freiheit. Das stolze Volk zwischen den Pyrenäen und der Costa Daurada im
Nordosten Spaniens wählte am 27. September sein neues Parlament. Die Wahl endete mit einem historischen
Sieg für die Befürworter eines eigenen katalanischen Staates. Auf Antrag der Süd-Tiroler Freiheit wird
eine Landtagsdelegation nach Katalonien fahren, um sich vor Ort über die Unabhängigkeitsbestrebungen
und deren Vorbildfunktion für Süd-Tirol zu informieren.
I
mmer mehr Menschen begreifen Katalonien als eine
eigene Nation: Das Land ist in etwa so groß wie Belgi-
en, zählt ca. 7,5 Millionen Einwohner, hat eine eigene
Sprache und eine stolze Geschichte.
Vor diesem Hintergrund und befeuert durch zunehmenden
ökonomischen Druck aus Madrid kam es in den letzten
Jahren immer wieder zu Aktionen für die Unabhängigkeit.
Im Dezember 2009 riefen 166 Gemeinden ihre Bevölkerung
zu einer symbolischen Abstimmung über die Abspaltung Ka-
taloniens von Spanien auf. 27 Prozent der Wahlberechtigten
folgten dem Aufruf und sprachen sich zu 95 Prozent für die
Unabhängigkeit aus. Diese Initiative kam einem Startschuss
Das katalanische Parlament hat eine Resolution verabschiedet, in welcher
der „Beginn eines Prozesses in Richtung der Bildung eines unabhängigen
katalanischen Staats in Form einer Republik“ erklärt wurde.
gleich. Gerade in der Hauptstadt Barcelona kam es in der
Folge immer wieder zu beeindruckenden Kundgebungen
mit bis zu zwei Millionen Teilnehmern.
„Kein Weg zurück!“
„Dem Beispiel ihrer Gemeinden folgend, organisierte die
katalanische Regierung am 9. November 2014 ein selbst-
verwaltetes und von Spanien nicht anerkanntes Referendum
über die Unabhängigkeit des Landes“, so der Pressesprecher
der Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit, Cristian Koll-
mann. Er war für die Süd-Tiroler Freiheit als Beobachter bei
dieser Abstimmung dabei. „Auch hier hatte sich, bei einer
Wahlbeteiligung von ca. 40 Prozent, eine große Mehrheit
von 80,1 Prozent für die Unabhängigkeit Kataloniens aus-
gesprochen!“
Da Spanien nicht bereit war, das Referendum anzuerken-
nen, löste der katalanische Regierungschef Artur Mas das
Regionalparlament auf und schrieb für den 27. September
Neuwahlen aus. Die Wahl kann als historisch bezeichnet
werden, da es nur ein Wahlkampfthema gab: Die Unab-
hängigkeit Kataloniens. Die Befürworter selbiger schlossen
sich zum Bündnis „Junts pel Sí“ (Gemeinsam für das Ja)
zusammen. Cristian Kollmann war vor Ort und berichtete
von einer friedlichen und gespannten Atmosphäre: „Hun-
derttausende Personen säumten die Straßen Barcelonas. In
der Luft lag eine Mischung aus Angespanntheit, Kampfgeist,
Aufbruchstimmung und Vorfreude.“ Die Wahl endete mit
einem Sieg des Bündnisses, welches nun mit der Partei CUP,
die sich ebenfalls vehement für die Unabhängigkeit einsetzt,
72 der 135 Sitze im Regionalparlament hält.
Am 9. November verabschiedete das katalanische Parlament
eine Resolution, mit welcher die Schaffung einer eigenen
Republik bis spätestens 2017 eingeleitet wurde. „Mit die-
sem Beschluss beginnen wir feierlich damit, einen neuen
Staat aufzubauen – einen katalanischen Staat“, sagte Raül
Romeva, Vorsitzender des Unabhängigkeitsbündnisses. Zwar
wurde die Resolution vor dem spanischen Verfassungsgericht
angefochten und wird durch dieses höchstwahrscheinlich
auch für ungültig erklärt – von ihrem Weg abbringen wol-
len sich die Unabhängigkeitsbefürworter aber nicht lassen.
Regierungschef Mas bestätigte schon am Wahlabend: „Es
gibt keinen Weg zurück!“
Für die Süd-Tiroler Freiheit haben diese Entwicklungen
auch Vorbildfunktion für Süd-Tirol: „Mit der Wahl haben
die Katalanen gezeigt, dass Selbstbestimmung eine Frage des
politischen Wollens ist, und somit nimmt Katalonien auch für
Süd-Tirol eine wichtige Vorreiterrolle ein“, so Landtags- und
Regionalratsabgeordneter Sven Knoll. „Schottland hat im
vergangenen Jahr gezeigt, dass Selbstbestimmung möglich
ist, Katalonien hat nun das Tor zur Freiheit geöffnet. Diesem
Bespiel gilt es zu folgen!“ Auf Antrag der Süd-Tiroler Freiheit
wurde beschlossen, dass der Landtag mit einer Delegation
nach Katalonien fahren wird, um sich dort aus erster Hand
bei der katalanischen Regierung über die aktuellen Unab-
hängigkeitsbestrebungen und deren Vorbildfunktion für
Süd-Tirol zu informieren. Selbige Überlegungen gibt es nun
auch im Regionalrat. (SZ)
Sehen Sie dem Link folgend im Video: Inter-
view mit Cristian Kollmann über die Wahl
in Katalonien und die Folgen.
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT

Diskussion in Trient KULTURGE-

SETZ VERDIENT
SELBSTBESTIMMUNG SEINEN NAMEN
NICHT
NICHT AUF GANZE REGION Am 16. Juli wurde im Landtag das

AUSWEITEN! neue Landeskulturgesetz gebilligt. Die

Landtagsabgeordnete der Süd-Tiroler
Die Regionalratsfraktion der „Lega Nord“ hat vor kurzem einen Gesetzesentwurf im Regionalrat eingebracht, Freiheit, Myriam Atz Tammerle, findet
welcher den Titel „Selbstbestimmung für Trentino-Südtirol“ trägt. Der Fraktionssprecher der Süd-Tiroler zum Gesetz klare Worte und wirft den
Freiheit im Regionalrat, Bernhard Zimmerhofer, begrüßt zwar grundsätzlich, dass das Thema auf breiter Machern des Textes sowie der Mehr-
Basis diskutiert wird, warnt aber davor, die Selbstbestimmung auf die ganze Region zu beziehen. Dies käme heit ihrer Kollegen im Gesetzgebungs-
einem Rückfall in die Zeiten Alcide Degasperis gleich! ausschuss Feigheit vor.

D
er Gesetzesentwurf sieht eine beratende Volksbe-
fragung zu folgender Fragestellung vor: „Wollt
ihr, dass der Regionalrat einen Konvent für die
Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes der Region Tren-
tino-Südtirol und der beiden autonomen Provinzen Trient
und Bozen einberuft?“
Die Süd-Tiroler Freiheit beantwortet diese Frage mit ei-
nem „Jein“. Zwar war es eine ursprüngliche Forderung der
Süd-Tiroler Freiheit, nicht einen von vorneherein thematisch
eingegrenzten Autonomie-Konvent zu veranstalten, sondern
einen Süd-Tirol-Konvent, welcher auch die mögliche Loslö-
sung des Landes von Italien einschließt; der Forderung einer
Ausweitung dieses Forums auf die ganze Region erteilt die
Süd-Tiroler Freiheit allerdings eine klare Absage.
„Würde die Selbstbestimmung auf das ganze Territorium der „Zwar hat man sich durchgerungen,
heutigen Region bezogen werden, käme das für Süd-Tirol nun doch einen Minderheitenpassus
einem Rückfall in die Zeiten Degasperis gleich“, so Regio- in das Gesetz zu packen, aber die
nalratsabgeordneter Sven Knoll. „Die Süd-Tiroler deutscher Formulierung lässt nach wie vor zu
und ladinischer Muttersprache befänden sich innerhalb der wünschen übrig: Es ist lediglich von
Region wieder in der Minderheit. Die Süd-Tiroler Freiheit sprachlichen und nicht von ethnischen
unterstützt jede Diskussion über das Menschenrecht Selbst- Minderheiten die Rede, geschweige
bestimmung, verwehrt sich aber gegen eine Zusammenlegung von Tiroler Kultur. In Wirklichkeit
der beiden Provinzen Bozen und Trient in dieser Frage“, so geht es vielmehr darum, dass sich die
die Regionalratsfraktion abschließend. (SZ) Süd-Tiroler eben nicht nur sprachlich,
sondern auch kulturell und ja, auch
ethnisch von den Italienern unterschei-
An Sitzungstagen können Sie die Re-
gionalratssitzungen live mitverfolgen. den. Man ist zu feige, sich zur Tiroler
Einfach den nebenstehenden Link öffnen. Kultur sowie zur deutschen und ladi-
nischen Volksgruppe zu bekennen“,
so Atz Tammerle.

Auch kritisiert sie, dass man sich im

Gesetzgebungsausschuss geweigert
habe, einen Bezug zur „Europaregion
Tirol“ einzubauen. Daher findet die
2 Fragen an … Abgeordnete nur warnende Worte:

a vo n S c h a n t z „Das Landeskulturgesetz ist kein Ver-

Alexandr
gleich zum vorherigen Gesetz und soll
unterschwellig als Maßnahme dienen,
mit der der Minderheitenstatus der
Südtiroler als nicht mehr zeitgemäß
abgetan werden soll.“

In Süd-Tirol heißt es immer wie-
der, dass die doppelte Staatsbür-
gerschaft die Gesellschaft spalten
würde. Halten Sie diese Bedenken
mit Blick auf Ihr eigenes Heimat-
land für berechtigt?
Überhaupt nicht. Die Gesellschaft wird
nicht gespalten, sondern gestärkt, weil
durch die doppelte Staatsbürgerschaft
die Minderheiten mehr Anerkennung
erfahren. Finnland und Åland sind gute
Beispiele dafür. Darüber hinaus ist mir im
Laufe meiner Studien bewusst geworden,
dass vielmehr die Nicht-Akzeptanz und
die Unterdrückung von Minderheiten zu
einer Spaltung der Gesellschaft führen.
In Ihrem Vortrag ging es um die
doppelte Staatsbürgerschaft für die
Bevölkerung Ihres Heimatlandes
Åland. Was ist der Sinn dieses Mo-
dells?
Das åländische Modell der doppelten
Staatsbürgerschaft nennt sich „Hem-
bygdsrätt“, was so viel bedeutet wie
„Heimatrecht“. Dieses kann jeder, der
finnischer Staatsbürger ist und über aus-
reichende Kenntnisse der schwedischen
Sprache verfügt sowie mindestens fünf
Jahre auf der Insel Åland gelebt hat, in
Anspruch nehmen. Der Sinn von diesem
Modell besteht darin, dass die Kultur
und Identität des åländischen Volkes,
aber auch die Natur des Landes geschützt
werden. Am Vordergründigsten ist der
Schutz der schwedischen Sprache. Fer-
ner eröffnet das „Hembygdsrätt“ den
Åländern die Möglichkeit, ein Gewer-
be zu betreiben, Land zu besitzen, an
den Wahlen zum Lagting (Parlament)
teilzunehmen sowie von der finnischen
Wehrpflicht befreit zu werden.
Das Interview führte Cristian Kollmann. Al-
exandra von Schantz ist Vorstandsmitglied der
Partei „Ålands Framtid“ (Ålands Zukunft), die,
wie die Süd-Tiroler Freiheit, Mitglied der Eu-
ropäischen Freien Allianz (EFA) ist.
Der Klubsprecher der Süd-Tiroler Frei-
heit im Landtag, Sven Knoll, schlägt
in dieselbe Kerbe und spart ebenfalls
nicht mit Kritik am Abstimmungsver-
halten der SVP-Abgeordneten: „Es ist
bedauerlich, dass die Südtiroler Volks-
partei in Sonntagsreden immer wieder
die ‚Europaregion Tirol‘ beschwört
und in der Tat jedoch nicht bereit ist,
sich auf die eigene Tiroler Identität
zu besinnen, während in Nord- und
Ost-Tirol die geistig kulturelle Einheit
von Tirol bereits in der Präambel der
Tiroler Landesordnung festgeschrie-
ben ist. Ich schäme mich für meine
eigenen Landsleute!“ (CK/SZ)

7
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT

Doppelte Staatsbürgerschaft
IN 26 VON 28 EU-STAATEN IN
DER EINEN ODER ANDEREN
FORM BEREITS MÖGLICH!
„Wir schauen nicht zurück, wir blicken nach vorne! Es besteht die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesell-
schaft.“ Mit derlei Aussagen begründeten die Verdi-Grünen-Vërc gemeinsam mit ihrer österreichischen
Schwesterpartei ihr Nein zur doppelten Staatsbürgerschaft für die Süd-Tiroler. Doch gerade die Tagung
Alle Beiträge der über diese Thematik zeigte sehr deutlich: Doppelte Staatsbürgerschaften liegen im Trend! Nicht nur in
wissenschaftlichen Tagung Europa, auch anderswo. In der EU ist sie bereits in 26 von 28 Staaten in der einen oder anderen Form ein
im Video gängiges Modell. Nirgends spricht man deswegen von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft.

An der wissenschaftlichen Tagung zur
doppelten Staatsbürgerschaft nahmen
Referenten aus allen Teilen Europas
und der Welt, darunter Brasilien,
Kanada, Armenien, Slowenien, Dä-
nemark, Finnland, Italien, Österreich,
Ungarn, Kroatien, Polen und Rumäni-
en teil. Dr. Daniel Turp, Professor für
Völkerrecht an der Universität Mon-
treal (Québec), attestierte, dass die
Süd-Tiroler Freiheit mit dieser Tagung
akademisches Neuland betreten habe
und auf diesem Gebiet eine Vorreiter-
rolle einnehme.
Neugierig geworden? Auf dem on-
line Videokanal der Süd-Tiroler
Freiheit können Sie alle Beiträge der
Tagungsteilnehmer ungekürzt und in
HD ansehen. Einfach dem Link unten
folgen oder die Seite www.suedtiro-
ler-freiheit.com/videos besuchen. (SZ)
I
m Gegenteil: Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in den
letzten Jahren insbesondere in immer mehr europäischen
Staaten ermöglicht worden und wird dort überall als
Bereicherung für die Gesellschaft und die Identität der
Bürger wahrgenommen. Dies war die Grundbotschaft der
Tagung, die es in dieser Form noch nicht gab. Zum aller-
ersten Mal war die doppelte Staatsbürgerschaft Gegenstand
der Diskussion in einer internationalen, wissenschaftlichen
und gleichsam politischen Runde. Namhafte internationale
Experten, Universitätsprofessoren und Vertreter von eth-
nischen Minderheiten berichteten in ihren Kurzreferaten,
wie in ihren Ländern die doppelte Staatsbürgerschaft zur
Anwendung kommt bzw. wie insgesamt die Rechtslage ist.
Eine Reihe von Volksgruppen, die bereits die Möglichkeit
der doppelten Staatsbürgerschaft besitzen, wurden von den
insgesamt 13 Referenten direkt vertreten: Die Deutschen
in Schlesien, die Deutschen in Nordschleswig, die Ungarn
in Siebenbürgen, die Italiener in Slowenien und Kroatien,
die Slowenen in Friaul-Julisch-Venetien, die Schweden in
Åland, sowie – von außerhalb der EU – die Österreicher in
Dreizehnlinden. Außer Brasilien kamen weitere Nicht-EU-
Länder, die die doppelte Staatsbürgerschaft erlauben, in den
Vorträgen zur Sprache, nämlich Moldawien und Armenien.
Um die Objektivität der Tagung zu wahren, war auch von
Negativbeispielen zu hören, also von Ländern, in denen die
doppelte Staatsbürgerschaft (noch) nicht oder nicht für alle
autochthonen Minderheiten Realität ist. Konkret ging es um
Tschechien, die Slowakei und Ungarn. Ein allgemeiner Über-
blick über die rechtliche Situation im Zusammenhang mit
der doppelten Staatsbürgerschaft wurde von je einem nam-
haften Universitätsprofessor von der Universität Montréal
sowie von der Universität Innsbruck geboten. Ebenfalls von
einem österreichischen Rechtsexperten wurden schließlich
die juridischen Aspekte einer doppelten Staatsbürgerschaft
für die Süd-Tiroler zur Sprache gebracht.
Die Referenten und deren Vorträge im Ein-
zelnen (Teil 1):
Dr. Everton Altmayer ist Professor für Linguistik an der
Universität São Paolo und Obmann des österreichischen
Kulturvereins „Dona Leopoldina“ aus Dreizehnlinden. Titel
seines Vortrages: „Österreichische Doppelstaatsbürgerschaft
in Dreizehnlinden – Brasilien: eine positive Realität.“ Drei-
zehnlinden ist eine Stadt im Süden Brasiliens, die 1933 von
Einwanderern, die überwiegend aus Tirol kamen, gegründet
wurde. Von den knapp 8.000 Einwohnern besitzen ca. 2.000
die brasilianisch-österreichische Doppelstaatsbürgerschaft.
Seit 1987 gibt es in Dreizehnlinden ein österreichisches
Konsulat, auf dem die Nachkommen der Tiroler Einwanderer
um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen können.
Man muss ungefähr einen Monat warten, bis man seine
Dokumente (österreichische Staatsbürgerschaft) erhält. Dank

Sven Knoll führte die Tagungsteilnehmer durch den Landtag und erklärte ihnen dessen Besonderheiten. Obwohl ursprünglich beschlossen wurde, dass
die Tagung im Landtag stattfinden kann, widerriefen SVP, italienische Rechte und Grüne in letzter Minute den Beschluss. Durch die kurzfristige
Verlegung der Tagung bzw. die politische Demenz mancher Abgeordneter entstand dem Steuerzahler ein Schaden von mehreren Tausend Euro.

8

der österreichischen Staatsbürgerschaft konnten viele Drei-
zehnlindner ein paar Jahre in Österreich leben und arbeiten.
Norbert Rasch ist Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesell-
schaft der Deutschen im Oppelner Schlesien und ehemaliger
Abgeordneter des „Wahlkomitees Deutsche Minderheit“ zum
Regionalparlament der Woiwodschaft Oppeln. Titel seines
Vortrages: „Die doppelte Staatsbürgerschaft der Deutschen
in Schlesien (Polen).“ Die deutsche Minderheit in Polen hat,
auf der Grundlage des deutschen Grundgesetzes, Anspruch
auf die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Deutschen in
Polen sind nämlich Nachkommen der Personen, die zum
31. Dezember 1937 deutsche Reichsbürger waren und durch
die Abtretung der Ostgebiete an Polen 1945 die polnische
Staatsbürgerschaft annehmen mussten. Die Möglichkeit
einer deutschen Staatsbürgerschaft für die Deutschen in
Polen besteht seit 1990. Von dieser haben bisher ca. 300.000
Personen Gebrauch gemacht. Die deutsche Staatsbürger-
schaft berechtigt zur Teilnahme an den Bundestags- und
Europawahlen in Deutschland.
Roza Hovhannesyan ist Leiterin der Abteilung für Ar-
menische Gemeinschaften in Amerika und Australien des
„Doppelt hält besser“: Auf der wissenschaftlichen Tagung zur doppelten
Staatsbürgerschaft brachten die zahlreichen Referenten aus Europa
und der ganzen Welt deutlich zum Ausdruck, dass die doppelte Staats-
bürgerschaft in ihren Ländern eine große Bereicherung darstellt. (Von
links: Univ.-Doz. Dr. habil. Koloman Brenner, Norbert Rasch und
Jan Diedrichsen).
Ministeriums für Diaspora der Republik Armenien. Titel
ihres Vortrages: „Dual citizenship for diaspora Armenians.“
Seit über 100 Jahren leben in über 100 Ländern über sieben
Millionen Auslandsarmenier in Gemeinschaften (Diasporas)
zusammen. Die doppelte Staatsbürgerschaft dient dazu, die
Bindung dieser so genannten Diaspora-Armenier zu ihrem
Herkunftsland zu stärken und institutionelle Rahmenbe-
dingungen zu gewährleisten, mit denen ihre Identität und
ihre Rechte abgesichert werden können. Seit 2008, dem
Jahr der Einführung, haben 86.412 Diaspora-Armenier von
der Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft Gebrauch
gemacht.
Univ.-Doz. Dr. habil. Koloman Brenner ist ehemaliger
Vize-Dekan der Philosophisch-Humanwissenschaftlichen
Fakultät der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) Budapest.
TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
Titel seines Vortrages: „Minderheitenrechte der deutschen
Minderheit in Ungarn – ohne doppelte Staatsbürgerschaft.“
Die Deutschen in Ungarn sind als eine von insgesamt 13
nationalen Minderheiten anerkannt und verfügen über man-
che Minderheitenrechte, besonders im kulturellen Bereich.
Auch gab es Anfang der 1990er Jahre Bemühungen um die
doppelte Staatsbürgerschaft seitens des damaligen deutschen
Bundeskanzlers Helmut Kohl. Sie blieben jedoch ohne Erfolg.
Maurizio Tremul ist Vorsitzender des Leitungssausschusses
der „Unione italiana“ in Kroatien und Slowenien. Titel seines
Vortrages: „Il riacquisto della cittadinanza italiana per gli ap- Die Schutzmachtfunktion Österreichs
partenenti alla minoranza italiana in Croazia e Slovenia.“ Die würde die doppelte Staatsbürgerschaft für
die Süd-Tiroler ebenfalls rechtfertigen und
italienische Minderheit rund um Istrien sowie in Dalmatien widerspräche somit nicht dem Gleichheits-
hat seit 2006 die Möglichkeit, zusätzlich zur kroatischen bzw. grundsatz, da Österreich nur für Süd-Tirol
die Schutzmachtfunktion ausübt..
slowenischen Staatsbürgerschaft die italienische zu erwerben.
Dieses Angebot, das bisher von über 25.000 Angehörigen der
italienischen Gemeinschaft in Anspruch genommen wurde,
wird von dieser als ethischer Wert und als Beitrag zu einem Rechtliche Hürden
zusammenwachsenden Europa betrachtet. kein Problem!
Julijan Čavdek ist politischer Sekretär von „Slovenska Skup- Die Süd-Tiroler Freiheit hat
nost“ (Slowenische Gemeinschaft) für die Provinz Görz. Titel von den österreichischen Mi-
seines Vortrages: „La doppia cittadinanza come strumento nisterien und namhaften Ju-
per l’unità nazionale slovena oltre i confini statali.“ Die risten Expertisen zur doppelten
doppelte Staatsbürgerschaft für die Auslandslowenen hat Staatsbürgerschaft eingeholt.
Slowenien 1991 eingeführt. Sie steht den Slowenen in der Sie bestätigten unisono, dass
Welt sowie der autochthonen slowenischen Bevölkerung die doppelte Staatsbürgerschaft
zu, die in Österreich, Kroatien, Italien und Ungarn entlang für Süd-Tiroler möglich und
der slowenischen Staatsgrenze lebt, doch Österreich und dafür auch keine Änderung
Kroatien verbieten sie. In der doppelten Staatsbürgerschaft der österreichischen Verfassung
sieht Slowenien ein Mittel der nationalen Versöhnung und nötig ist. Das österreichische
der Beseitigung von Ungleichbehandlungen der eigenen Staatsbürgerschaftsgesetz sieht
Landsleute, die außerhalb des Staates leben. In Italien leben heute bereits Doppelstaatsbür-
ca. 5.000 Bürger mit slowenischer Staatsbürgerschaft. gerschaften beim Erwerb durch
Anzeige (§ 58c 1.) vor. Betrof-
Ernő Fancsali ist Vorsitzender von „Erdélyi Magyar Néppárt“ fen davon sind Bürger, die ihre
(EMNP), der ungarischen Volkspartei Siebenbürgens, im Staatsbürgerschaft unfreiwillig
Kreis Klausenburg. Titel seines Vortrages: „Double citi- verloren haben, weil sie sich
zenship: The case of the Hungarian community of Tran- aufgrund von Verfolgung oder
sylvania.“ In Rumänien leben ca. 1.200.000 Ungarn, die wegen ihres Eintretens für die
meisten davon in Siebenbürgen. Ungarn bietet seit 2010 Republik Österreich in der
seinen im Ausland lebenden Landsleuten die ungarische Zeit des Nationalsozialismus
Staatsbürgerschaft an. Mit dieser erwächst das Recht zur ins Ausland begeben haben.
Teilnahme an den ungarischen Parlamentswahlen. Über Auch die Süd-Tiroler Bevöl-
750.000 Personen, insbesondere junge, haben bislang die kerung hat gegen ihren Willen
ungarische Staatsbürgerschaft erworben, davon über 400.000 die österreichische Staatsbür-
allein in Siebenbürgen. (CK) gerschaft verloren. Aufbauend
auf diesem bestehenden Para-
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Tiroler Stimmen: Die graphen könnte im Staatsbür-
Beiträge von Univ.-Prof. Dr. Daniel Turp (Professor für Völker- gerschaftsgesetz ein Punkt 2
recht und Verfassungsrecht an der Universität Montréal), Jan hinzugefügt werden, welcher
Diedrichsen (Leiter des Sekretariats der Deutschen Volksgruppe den Süd-Tirolern ebenfalls den
in Kopenhagen), Ass.-Prof. Dr. Andrea Carteny (Assistenzprofes- Erwerb der österreichischen
sor für osteuropäische Geschichte an der Universität Sapienza), Staatsbürgerschaft durch An-
Alexandra von Schantz (Vorstandsmitglied von „Ålands Fram- zeige ermöglicht. Die doppelte
tid“), Univ.-Prof. Dr. Peter Hilpold (Professor für Völkerrecht Staatsbürgerschaft könnte völ-
und Europarecht an der Universität Innsbruck) und RA DDr. lig unkompliziert und schnell
Franz Watschinger (Miteigentümer der Rechtsanwaltskanzlei umgesetzt werden! (SK/SZ)
AWZ in Innsbruck).
9
 TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT

Gott-Kaiser-Vaterland
TIROLER STIMMEN:
GESCHICHTE EINER
POLITISCHEN ZEITUNG
(Teil 3) In den letzten Ausgaben wurde dargelegt, wie es 1861 zur Gründung der „Tiroler Stimmen“ kam und
wie diese Zeitung – trotz aller Widerstände – unter der Leitung des Priesters Georg Jehly einen enormen
Aufschwung erlebte. Ab 1900 hinterließ der Nationalitätenkonflikt mit Welsch-Tirol immer tiefere Spuren
und fand auch in die Zeilen der Tiroler Stimmen Einzug, die sich zum Sprachrohr für die Landeseinheit
machten, was zu heftigen Auseinandersetzung mit der irredentistischen Zeitung „Alto Adige“ führte.

Landeshauptmann Theodor Kathrein war
von 1867 bis 1870 als redaktioneller Mit-
arbeiter für die Tiroler Stimmen tätig und
musste dabei wegen seiner „notorisch oppositi-
onellen Haltung der Regierung gegenüber“ so-
gar einmal eine vierzehntägige Arreststrafe im
alten Kräuterturm von Innsbruck verbüßen.
N
ach dem plötzlichen Tod des Redakteurs Georg
Jehly 1906 – der mehr als 30 Jahre lang die Seele
der Zeitung war – übernahm der aus Meran ge-
bürtige Josef Gufler die redaktionelle Leitung. Im Gegensatz
zu Jehly, der die Stimmen mit spitzer Feder geführt hatte,
wählte Gufler einen bedächtigeren und durch Wortwitz
geprägten Ton, der der Zeitung zwar an Schärfe nahm,
ihre Wertschätzung dafür aber steigerte. Die Geschicke
Tirols und der Tiroler Stimmen änderten sich schlagartig,
als am 28. Juni 1914 die Schüsse in Sarajevo fielen und
wenige Wochen später der Erste Weltkrieg ausbrach. In
mehrtägigen Berichten schilderten die Stimmen die Hin-
tergründe des Mordanschlages auf den Thronfolger Franz
Ferdinand und sparten dabei auch nicht mit Kritik an den
Versäumnissen der Polizei bei der Durchführung der Sicher-
heitsmaßnahmen. Der Mord am Thronfolger führte in Tirol
zu heftiger Bestürzung. Landtag und Gemeinden hielten
Trauersitzungen ab, und in allen größeren Kirchen wurden
Trauergottesdienste zelebriert. Als sich die politische Lage
zuspitzte und am Abend des 25. Juli bekannt wurde, dass
Österreich-Ungarn die diplomatischen Beziehung zu Serbien
abgebrochen hatte, kam es in Innsbruck zu Kundgebungen

Der Fakten-Test
FRÜHERE FLUGHAFEN-
VERSPRECHEN

A
m 20. Oktober wurde im Landtag das
neue Konzept für den Bozner Flughafen
vorgestellt (die Tiroler Stimmen wer-
den in den nächsten Ausgaben berichten). Es gab
auch in der näheren Vergangenheit immer wieder
Konzepte, Masterpläne und Versprechungen. Drei
Aspekte werden hier exemplarisch herausgehoben
und dem Fakten-Test unterzogen.
1. Start- und Landebahn: Im Juli 2007 wurde
ein Mediationsverfahren zum Flughafen abge-
schlossen. Insgesamt nahmen 53 Organisationen
daran teil. Die von der Landesregierung initiierte
Mediation kostete rund 230.000,- Euro. Das im
Konsens erzielte Hauptergebnis war die Einigung,
die Start- und Landebahn nicht zu verlängern. Die
Landesregierung hat im September 2007 auch
einen entsprechenden Beschluss gefasst. Mit dem
neuen Konzept steht die Verlängerung der Start-
und Landebahn ganz oben auf der Agenda.
2. Militärflüge: Im Juni 2013 musste sich die
Fluglinie „Air Alps“ aufgrund von wirtschaftlichen
Turbulenzen endgültig aus Bozen zurückziehen.
Angesichts des drohenden Stillstandes warnte der
damalige Landeshauptmann eindringlich davor,
dass mit dem Ende der zivilen Luftfahrt die Mili-
tärflüge drastisch ansteigen würden. Die Folgezeit
nach dem Aus von „Air Alps“ und nach dem späte-
ren Scheitern der „Darwin Airline“ bewiesen aber,
dass dem nicht so war bzw. ist. Das Fluggerät der
Militärs hob nicht öfter ab als sonst auch. Ende
August dieses Jahres genehmigte der italienische
Ministerrat zudem ein Dekret, mit welchem der
Übergang der Regionalflughäfen an die Regionen
und autonomen Provinzen festgeschrieben wurde.
3. Rentabilität: Mit jeder neuen Fluglinie und
jedem Ausbau des Flughafens wurde angekündigt,
dass die Anlage in absehbarer Zukunft keine öffent-
lichen Subventionen mehr brauche. Bereits Ende
der 1990er Jahre versprach die Landesregierung,
dass sich der Flughafen mit 3,3 Flügen am Tag
rentieren werde. Heute wissen wir, dass selbst
sieben Linienflüge am Tag nicht ausreichen. Trotz
hoher direkter und indirekter Zuschüsse mussten
„Austrian Airlines“, „Tyrolean“, „Air Alps“ und
„Darwin Airline“ Bozen wieder verlassen. (SZ)

10

für den Kaiser, für Österreich, für das Militär und für die
Bündnispartner Deutschland und Italien. Am 29. Juli 1914
titelten die Stimmen schließlich: „Die Kriegserklärung“ und
setzten die Tiroler Bevölkerung damit davon in Kenntnis,
dass sich Österreich-Ungarn von diesem Augenblicke an
mit Serbien im Kriegszustand befindlich betrachtet. Auch
für die Tiroler Stimmen begann damit ein neues Kapitel,
welches von Kriegsberichterstattung und Pressezensur geprägt
wurde. Bereits am 27. Juli 1914 berichtete die Zeitung über
die neue Ministerialverordnung, welche die Suspension der
staatsgrundgesetzlichen Bestimmungen bezüglich der Presse-
freiheit und das ausdrückliche Verbot der Veröffentlichung
nicht autorisierter militärischer Nachrichten vorsah. Diese
Verordnung führte dazu, dass alle Artikel von den Zen-
surinstanzen vorab geprüft werden mussten. Ganze Inhalte
Titelseite am 4. November 1918: Der Waffenstillstand und die Besetzung Süd-Tirols durch Italien markieren die Urkatastrophe des Landes.
mussten so oft kurzfristig umgeschrieben werden. Um ein
Erscheinen der Blätter nicht zu verzögern, aber auch als
Zeichen des Protestes, mit der die Zensur sichtbar gemacht
werden sollte, wurden die entsprechenden Stellen einfach
weiß gelassen oder mit Kommentaren gefüllt. Schon bald
waren so in ganz Österreich die Tageszeitungen mit weißen
Flecken durchzogen. In den Tiroler Stimmen findet sich
erstmals am 31. Juli 1914 auf der Titelseite ein weißer Fleck
mit dem in fetten Lettern gedruckten Hinweis: Konfisziert!
Am 4. August wurde sogar die gesamte Ausgabe konfisziert
und mußte somit in einer zweiten Auflage erscheinen. Ab
dem 6. August 1914 wurden die Stimmen in ein (Vor-)
Mittagsblatt und eine Abend-Ausgabe geteilt und erschienen
somit zweimal täglich. Dies erleichterte die Anpassungen
durch die Zensur und garantierte größtmögliche Aktualität
der Berichterstattung.
Mit dem Kriegseintritt Italiens, am 23. Mai 1915, verlief die
Front plötzlich in den Tiroler Bergen und der Krieg wurde
damit zum alles beherrschenden Thema auch in den Tiroler
Stimmen. In den folgenden Jahren konzentrierte sich die
Berichterstattung größtenteils nur mehr auf die Veröffent-
lichung von Tagesberichten zur Kriegslage, die mit Karten
zum Frontverlauf das Kriegsgeschehen veranschaulichten und
TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT
mit Erfolgsberichten der Armee das Durchhaltevermögen
der Bevölkerung stärken sollten.
Lediglich der Tod des Landehauptmannes Theodor Kathrein,
am 1. Oktober 1916, der selbst einige Jahre an den Tiroler
Stimmen mitgewirkt hatte, sowie der Tod von Kaiser Franz
Josef, am 21. November 1916, und die Thronbesteigung
von Kaiser Karl tags darauf, lenkten die Aufmerksamkeit
für kurze Zeit von der Kriegsberichterstattung ab.
Der Zerfall Österreich-Ungarns: Süd-Tirol
von Italien besetzt
Die Folgen der kriegsbedingten Mangelwirtschaft zeigten sich
gegen Ende des Krieges auch an den Tiroler Stimmen immer
deutlicher, die nur mehr in minderwertiger Papier- und
Druckqualität hergestellt werden konnten. Im Oktober 1918
zeichnete sich schließlich der Zerfall Österreich-Ungarns
mit dessen dramatischen Folgen für Tirol ab. Der Krieg war
verloren und am 4. November 1918 titelten die Stimmen:
„Waffenstillstand. Südtirol wird vom Feind besetzt.“
Da mit dem Waffenstillstand auch das freie Durchzugsrecht
durch Österreich verbunden war und die österreichischen
Truppen die Kampfhandlungen zu früh einstellten, konnten
die italienischen Truppen ungehindert in Tirol einmarschie-
ren und erreichten so am 11. November 1918 den Brenner,
womit die Teilung Tirols eingeleitet wurde. Noch am selben
Tag verkündeten die Tiroler Stimmen in der Abend-Ausgabe
den Thronverzicht von Kaiser Karl und erschienen somit
erstmals seit Bestehen der Zeitung ohne den Wahlspruch
„Für Gott, Kaiser und Vaterland!“. Damit wurde das letzte
Kapitel der Tiroler Stimmen eingeleitet. (SK)
Teil 4 in der nächsten Ausgabe der Tiroler Stimmen: Der
Kampf um Selbstbestimmung und die Einheit Tirols. Das
tragische Ende.
So kann man die
„Tiroler Stimmen“
beziehen
Die Tiroler Stimmen sind die Klubzei-
tung der Süd-Tiroler Freiheit, in wel-
cher alle wichtigen Informationen zur
Landtags- und Regionalratstätigkeit,
der Tätigkeit im Dreierlandtag bzw.
der Arbeit der Landtags- und Regi-
onalratsabgeordneten veröffentlicht
werden. Die Tiroler Stimmen erschei-
nen viermal im Jahr und können von
allen Bürgern unentgeltlich bestellt
werden. Die Redaktion der „Tiroler
Stimmen“ freut sich über Rückmel-
dungen und Verbesserungsvorschläge!
Sie kennen jemanden, der die „Tiroler
Stimmen“ unentgeltlich zugestellt be-
kommen möchte? Sie haben die „Tiroler
Stimmen“ aus Versehen doppelt zuge-
stellt bekommen oder möchten sie ab-
bestellen? Entsprechende Mitteilungen
ergehen unter Angabe von Namen und
Anschrift an:
• Büro der Landtagsfraktion:
Süd-Tiroler Straße 13, 39100 Bozen
• Telefonisch:
0471 981064
• E-Mail-Adresse:
landtag@suedtiroler-freiheit.com
• Büro der Regionalratsfraktion:
Laubengasse 9, 39100 Bozen
• Telefonisch:
0471 970208
• E-Mail-Adresse:
regionalrat@suedtiroler-freiheit.com
Die Zeitung steht auch auf der Home-
page der Süd-Tiroler Freiheit und
folgendem Link zum Herunterladen
bereit:
11
TIROLER STIMMEN 03/2015 | SÜD -TIROLER FREIHEIT

Termine
12.-15. Jänner: Jeden Dienstag,
Sitzungswoche des Süd-Tiroler Landtages. 10.00-14.00 Uhr:
Sprechstunde mit dem Landtags- und
20. Jänner: Regionalratsabgeordneten Sven Knoll (nur
Sitzung des Regionalrates. nach telefonischer Vereinbarung).

2.-5. Februar:
Sitzungswoche des Süd-Tiroler Landtages. Jeden Mittwoch,
9.00-12.00 Uhr:
17. Februar: Sprechstunde mit der Landtags- und
Sitzung des Regionalrates. Regionalratsabgeordneten Myriam Atz
Tammerle (nur nach telefonischer Verein-
barung).
In Süd-Tirol
ist Deutsch An Sitzungstagen können Sie die Landtagssitzungen
dem Italieni- live mitverfolgen. Einfach diesem Link folgen oder
Jeden Donnerstag,
schen gleich- die Internet-Addresse landtag-bz.org/de/aktuelles/
live-uebertragung-landtagssitzung.asp öffnen. 14.00-17.00 Uhr:
gestellt! Sprechstunde mit dem Landtags- und Regio-
nalratsabgeordneten Bernhard Zimmerhofer
Nicht der Bürger ist (nur nach telefonischer Vereinbarung).
zur Zweisprachigkeit
verpflichtet, sondern
der Beamte! Wenn er
sich nicht an das Ge-
setz hält, welches das
Recht auf Gebrauch
der deutschen Mut-
tersprache garan-
tiert, macht er sich
strafbar. Weigert
er sich deutsch zu
sprechen, als Erstes
nach seinem Namen
fragen! In jedem Fall
genaue Uhrzeit und
Der Zopf...
Ort merken und der
Beschwerdestelle des
Landes melden. Impressum

Tel. 0471 412 236 - Eigentümer und Herausgeber:

oder 412 230 Süd-Tiroler Freiheit –
„Der Landtag informiert Landtagsfraktion
Mach von sich in Katalonien über die - Anschrift:
deinem Recht Selbstbestimmung. Es hätte Süd-Tiroler Straße 13, 39100 Bozen
Gebrauch! genügt, mir die letzten drei- - Presserechtlicher Verantwortlicher:
ßig Jahre einmal zuzuhören!“ Hartmuth Staffler
Ein Recht, das - Redakteure dieser Ausgabe:
man nicht ge- Stefan Zelger (SZ)
braucht, stirbt! Dr. Cristian Kollmann (CK)
Sven Knoll (SK)
- Druck: Effekt GmbH (Neumarkt)
- Eintragung im Register der Druck-
schriften des Landesgerichts Bozen
Nr. 1/2015 vom 5.3.2015