Das Kapital: Kritik und Klassenkämpfe Als Kapitalismuskritik werden Ansichten und Theorien bezeichnet, die die mit der Industrialisierung sich ausbreitende Wirtschaftsordnung, die auf Privateigentum, Marktwirtschaft, Kapitalakkumulation, abhängiger Lohnarbeit und dem individuellen Gewinnstreben beruht, grundsätzlich oder in einzelnen Aspekten kritisieren. Kaum anders als der Kapitalismus selbst reicht die Geschichte der Kapitalismuskritik zurück bis ins 19. Jahrhundert. Die Kritik äußert sich an einzelnen Elementen des Kapitalismus wie Geld- und Zinswirtschaft, Privateigentum an Produktionsmitteln und Profitmaximierung sowie den ihnen zugeschriebenen Konsequenzen wie Ausbeutung und Verelendung der arbeitenden Klasse. Praktische Kapitalismuskritik kann sich im Aufbau genossenschaftlich organisierter Unternehmen und Banken oder alternativer Wirtschaftsbereiche äußern sowie in der Teil- oder Vollübernahme von einzelnen Wirtschaftssegmenten durch Akteure, die weniger individuelles Gewinnstreben als am Gemeinwohl orientierte Aufgaben und Ziele verfolgen. Der Kapitalismus verliert seine Bürger, das ist der verbreitete Eindruck. Die Mittelschicht schrumpft, die Ungleichheit wird immer größer, die Armen ärmer, die Reichen reicher. Diese Thesen bestimmen seit einiger Zeit die politische Debatte - nicht nur auf der linken Seite des politischen Spektrums, nicht nur in Deutschland. Die Wirtschaftspolitik sollte deshalb dringend die tieferliegenden Gründe für die schleichende Wohlstandskonzentration angehen. Die Suche nach Schuldigen und Sündenböcken, im politischen Geschäft beliebt, hilft nicht. Wer ernsthaft das allmähliche Auseinanderdriften der Einkommen bremsen will, muss sich einem ökonomischen Grundproblem widmen: der stagnierenden Produktivität. Die OECD, der Klub der westlichen Marktwirtschaften, hat in dieser Woche dazu eine umfangreiche Studie veröffentlicht. Über Generationen waren breite Wohlstandszuwächse möglich, weil die Beschäftigten pro Stunde immer mehr Wertschöpfung zustande brachten - weil sie mehr Maschinen, Computer und mehr Wissen zur Verfügung hatten. Das ist Geschichte. Seit Jahren messen Wirtschaftsforscher überall im Westen, inzwischen aber auch in vielen Schwellenländern, Produktivitätssteigerungen nur noch in homöopathischen Dosen. Was aber nicht erwirtschaftet wird, das kann auch nicht verteilt werden. Die aktuelle OECD-Studie zeigt nun, dass es sehr wohl noch Produktivitätszuwächse gibt, dass der Fortschritt sich aber nur noch auf wenige Unternehmen und Regionen konzentriert. Die Wirtschaftspolitik müsse deshalb vor allem dafür sorgen, dass die Segnungen des Fortschritts breiter gestreut würden, heißt es in der Studie. Karl Marx und Friedrich Engels beschreiben die kapitalistische Gesellschaft als Gesellschaft des Elends, der Ausbeutung und der Entfremdung. Das Manifest der Kommunistischen Partei von 1848 sieht Globalisierung, Internationalisierung und Verstädterung als positiv an. Es enthält aber die grundsätzliche Aufforderung, den Kapitalismus durch den Sozialismus bzw. Kommunismus abzulösen, um die behaupteten Missstände zu beseitigen. In seinen Frühschriften betont Marx besonders den Aspekt der Entfremdung. Im Kapitalismus könne ein Lohnarbeiter ohne Eigentum an Produktionsmitteln nicht frei über seine Arbeitskraft verfügen, sondern müsste sie nach den Vorgaben des Kapitalisten einsetzen, für den er arbeite. Die Güter, die er so produziere, erlebe der Arbeiter nicht mehr als seine eigenen, sondern als fremde; er könne sich in den Ergebnissen seiner eigenen Tätigkeit nicht wiedererkennen. Der Kapitalismus sei eine subtile Form der Knechtschaft, die sich auf eine scheinbare Freiheit stütze. Formell seien in der kapitalistischen Gesellschaft alle Mitglieder frei und rechtsgleich, de facto aber könnten Lohnarbeiter nur wählen, an wen sie ihre Arbeitskraft verkauften. Arbeit sei im Kapitalismus nicht eine Möglichkeit der Selbstverwirklichung, sondern ihrem Wesen nach Zwangsarbeit. In seinem späteren Werk, insbesondere in seinem Hauptwerk Das Kapital, betont Marx vor allem den ausbeuterischen Charakter des Kapitalismus. Der Kapitalist vermehre sein Kapital durch die Ausbeutung fremder Arbeitskraft, da er dem Lohnarbeiter nur einen Teil des vom Arbeiter geschaffenen Wertes vergüte. Einen großen Teil des vom Arbeiter geschaffenen Wertes streiche der Kapitalist dagegen als Mehrwert ein, aus dem er seinen Profit schöpfe. Statt mit dem Fortschritt der Industrie seine Lage zu verbessern, werde der Arbeiter so zum Pauper, es komme zu einer allgemeinen Verarmung. Nach Karl Marx ist die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln die ökonomische Voraussetzung der klassenlosen Gesellschaft. „Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.“ Das ungelöste eschatologische Problem des Ausbleibens der Revolution versuchten Rosa Luxemburg und Lenin unter Rückgriff auf die Phänomene Imperialismus und Kolonialismus zu lösen. Nach diesen Thesen beuteten die Zentren des Kapitalismus Rohstoffe und Menschen aus den kolonialen Peripherien aus, ohne welche der Kapitalismus nicht würde fortbestehen können. Seit der Entstehung der Umweltbewegung wird der Kapitalismus (bzw. der damit gleichgesetzte Industrialismus) auch aus ökologischer Perspektive kritisiert. In diesem Rahmen stehen vor allem die Gewinnmaximierung und der Zwang zum Wirtschaftswachstum in der Kritik, da darin ein Konflikt zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und ökologischer Stabilität gesehen wird. In der 2006 erschienenen Generationenbilanz des Berlin-Institutes heißt es auf die Frage „Wer bringt dem Kapitalismus die Nachhaltigkeit bei?“: "Bislang gibt es auf diese Frage keine überzeugende Antwort, bestenfalls verschiedene Modelle, die allesamt fehlerhaft sind. Der derzeitige Kapitalismus basiert auf einer Kultur, die investiertes Kapital in Gewinn verwandelt, daraus neues Kapital erwirtschaftet, das unter steigender Produktivität weitere Gewinne und zusätzliches Kapital erbringt. Dieser Kapitalismus hat einen Haken - er funktioniert nicht ohne Wachstum. Er kennt nur das Anhäufen von Vermögen, das sich aus sich selbst vermehrt. Er kennt kein Zurück durch Schrumpfen." Die ökofeministische Soziologin Maria Mies beschreibt hingegen den Kapitalismus als patriarchales Konstrukt. Kapitalismus führe zu Kolonisation, die im übertragenen Sinne auch Frauen wie auch die Natur insgesamt beträfe. Dies wurde unter anderem von Camille Paglia zurückgewiesen, der zufolge amoralische, aggressive, pornographische Elemente und ungleiche Herrschaftsverhältnisse elementar zu menschlicher Kunst, Sexualität und Zivilisation gehörten. Die Mitgründerin der Parteien Die Grünen und Ökologische Linke Jutta Ditfurth vertritt in ihrem Buch Entspannt in die Barbarei (1996) die These, „die kapitalistische Produktionsweise mit ihrer Profitlogik und ihrem Verwertungszwang“ sei auch „die Wurzel der Ausbeutung […] der Natur“. Die soziale Frage sei daher „nicht von den ökologischen Herausforderungen zu trennen“. Der an den Universitäten von Hannover und Hildesheim lehrende Politik- und Sozialwissenschaftler Athanasios Karathanassis kritisiert in seinen Büchern Naturzerstörung und kapitalistisches Wachstum (2003) und Kapitalistische Naturverhältnisse (2015) die Verbräuche kapitalistischer Ökonomien als naturzerstörerisch und analysiert Ursachen des kapitalistischen Umgangs mit der Natur. Der marxistisch orientierte Politologe Elmar Altvater kritisiert den Kapitalismus und das seiner Meinung dazugehörige Wirtschaftswachstum als nicht nachhaltig. Altvater hält das Globale Ölfördermaximum für ein Vorzeichen des Ende des Kapitalismus. Der wertkritische Publizist Robert Kurz warf dem orthodoxen Marxismus die Übernahme des „positivistischen, technisch- naturwissenschaftlich verkürzten Fortschrittsbegriff[s] des Liberalismus“ vor. Eine radikale Kritik an der Industrialisierungs- und Modernisierungsgeschichte und ihres gewandelten Arbeitsbegriffs sei demnach auch in der Linken ausgeblieben. Ernst von Weizsäcker sieht die ökologische Problematik des Kapitalismus vor allem in der Ungeduld und Kurzfristigkeit der Renditerechnung. Sie würde der Zeit nicht gerecht, die die Ökologie benötigt. „Das Abholzen eines unwiederbringlichen Waldes erscheint in den Büchern als Gewinn, in der Natur als Verlust.“ Gegen die Kapitalismuskritik unter ökologischen Vorzeichen lässt sich einwenden, dass bislang praktizierte alternative Wirtschaftssysteme dem Kapitalismus im Hinblick auf ökologische Aspekte nicht überlegen sind. So konstatiert Schmid, dass die realsozialistischen Länder des Ostblocks eine „immense und gewaltige Zerstörung der Umwelt und Natur zu verantworten“ hatten. Nach Schmid sind nicht Kapitalismus oder Sozialismus per se, sondern die beiden Systemen eigene industrielle Produktionsweise für die Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt verantwortlich. Der Begriff Klassenkampf bezeichnet ökonomische, politische und ideologische Kämpfe zwischen gesellschaftlichen Klassen. Durch die marxistische Theorie wurde der Begriff populär. Demnach sind die Triebkräfte der bisherigen menschlichen Geschichte und speziell der Revolutionen Klassenkämpfe zwischen ausbeutenden und ausgebeuteten Klassen, deren Interessen als antagonistische interpretiert werden. Im Kampf der gesellschaftlichen Klassen manifestiert sich nach Karl Marx der Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Produktivkräften (dem Entwicklungsstand der Arbeitskraft, der Produktionsmittel und Produktionstechniken) und den Produktionsverhältnissen (bzw. den Eigentumsverhältnissen an den Produktionsmitteln) als Klassengegensatz. Er führe schließlich durch den Umsturz der bestehenden Klassenherrschaft eine revolutionäre Umwälzung der Produktionsverhältnisse herbei. Im Kapitalismus stehen sich die Arbeiterklasse und die Kapitalistenklasse als zentrale Klassen gegenüber. Die Revolution der Arbeiterklasse, die Marx aufgrund der krisenhaften Entwicklungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise erwartete, würde die Klassenherrschaft durch Aufhebung aller Klassenunterschiede beenden. Mit dem Satz „Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen“ eröffneten Karl Marx und Friedrich Engels – nach der kurzen Einleitung – das erste Kapitel des Manifests der Kommunistischen Partei. Ihnen zufolge ist die bisherige Geschichte der Menschheit eine Abfolge von Kämpfen unterschiedlicher Klassen gegeneinander um die Herrschaft, genauer: um die Verfügung über die Produktionsmittel in der jeweiligen Gesellschaft. Lediglich in den (mehr deduzierten als empirisch nachgewiesenen) ursprünglichen Gemeinwesen („Urkommunismus“) mit „Stammeigentum“, gemeinsamer Produktion und Aneignung habe es noch eine klassenlose Gesellschaft gegeben. Diese beruhe darauf, dass mittels Arbeit kein nennenswertes Mehrprodukt erzeugt wurde. Alle Mitglieder der Gesellschaft mussten sich an der Produktion für das Lebensnotwendige beteiligen, so dass sich keine Klasse bilden konnte, die sich die Mehrarbeit der anderen hätte aneignen können. Alle seien in einen unmittelbaren Überlebenskampf mit der Natur verwickelt gewesen. Große Hierarchie-Unterschiede waren demnach in der frühen Gesellschaft weitgehend unbekannt. Das Aufkommen des Klassenkampfes wird als eine Folge der sich herausbildenden Klassengesellschaft gesehen. Indem es der Gesellschaft gelang, die Produktivkräfte weiterzuentwickeln und ein den unmittelbaren Konsum (Subsistenz) übersteigendes Mehrprodukt zu schaffen, konnte dieses von einer Minderheit angeeignet und für andere Zwecke als die der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung genutzt werden. Daraus habe sich eine besondere Machtstellung entwickelt, die sich mehr und mehr verselbständigte. So sei die herrschende Klasse gegenüber den unmittelbar Arbeitenden entstanden. Alle Produktionsweisen, die auf den „Urkommunismus“ folgten, seien Produktionsweisen von Klassengesellschaften gewesen. Für den okzidentalen Raum haben Marx und Engels in der Deutschen Ideologie eine Periodisierung von antiker, feudaler und kapitalistischer Produktionsweise entwickelt. Später hat Marx (in den Grundrissen) sie durch die asiatische Produktionsweise ergänzt. Nach der Vorstellung von Marx und Engels nimmt die herrschende Klasse zunächst eine produktive Funktion in der Entwicklung der Produktivkräfte ein, wird aber im weiteren Verlauf zu ihrer Fessel, so dass die historische Notwendigkeit der herrschenden Klasse in Frage gestellt wird. Die unteren Klassen empfinden die herrschende Klasse mehr und mehr als überflüssig, während diese ihre Vorrechte zu verteidigen sucht. Laut historischem Materialismus wächst die Wahrscheinlichkeit von Revolution, wenn die Entfaltung der Produktivkräfte durch die von der jeweils herrschenden Klasse bestimmten Produktionsverhältnisse behindert wird. Die Weiterentwicklung der Produktivkräfte ist der Motor, der zur Umwälzung der Produktionsverhältnisse und damit zum Sturz der herrschenden Klasse führt. Eine neue Klasse ergreift die Macht und etabliert neue Produktionsverhältnisse. Nach diesem Verständnis ist die Geschichte der Menschheit eine Geschichte aufeinanderfolgender Klassengesellschaften, deren Abfolge von den Handelnden keineswegs voll bewusst herbeigeführt wird. So schuf die Bourgeoisie die bürgerliche Gesellschaft, nachdem sie bereits im Schoße des Feudalismus und Absolutismus als selbständiger Handels-, Handwerker- und Advokatenstand sich herausgebildet hatte, indem sie die Privilegien von Adel und Klerus beseitigte. Als letzte Klassengesellschaft gilt ihnen der Kapitalismus, im Verlauf dessen die Produktivkräfte soweit entwickelt werden, dass die materiellen Voraussetzungen einer klassenlosen Gesellschaft entstehen, die indessen bewusst auf revolutionärem Weg durchgesetzt werden muss. Marx nimmt für sich selbst lediglich in Anspruch, die Verwurzelung der sozialen Klassen in den Produktionsverhältnissen einer bestimmten Gesellschaftsformation nachgewiesen zu haben: „Was mich nun betrifft, so gebührt mir nicht das Verdienst, weder die Existenz der Klassen in der modernen Gesellschaft noch ihren Kampf unter sich entdeckt zu haben. Bürgerliche Geschichtsschreiber hatten längst vor mir die historische Entwicklung dieses Kampfes der Klassen, und bürgerliche Ökonomen die ökonomische Anatomie derselben dargestellt. Was ich neu tat, war 1. nachzuweisen, daß die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist; 2. daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führt; 3. daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen und zu einer klassenlosen Gesellschaft bildet.“ Karl Marx hat die Klassenkämpfe in der Gesellschaft seiner Zeit wie folgt beschrieben: Im Kapitalismus stehen sich die Klassen der Proletarier als Besitzer von Arbeitskraft und die Kapitalisten als Besitzer der Produktionsmittel in einem antagonistischen Interessengegensatz gegenüber, der zum Klassenkampf führt. Ausgangspunkt für den Klassenkampf im Kapitalismus ist nach Marx die Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital. Der monopolisierte Besitz an Produktionsmitteln durch die kapitalistische Klasse zwingt die eigentumslosen Proletarier unter dem „stummen Zwang der ökonomischen Verhältnisse“, sich als Lohnarbeiter zu verdingen. Sie erhalten nur einen zu ihrer Reproduktion benötigten Existenzlohn. Den von ihnen in der Produktion erzeugten und darüber hinausgehenden Wertzuwachs eignen sich die Kapitalisten als arbeitsloses Einkommen, als so genannten Mehrwert an. Das ökonomische Interesse des Kapitals besteht nun darin, den Mehrwert, das heißt die Differenz zwischen der geleisteten Arbeitszeit der Beschäftigten und der bezahlten Arbeitszeit, ständig zu erhöhen. Daraus entspringt der stetige „Heißhunger des Kapitals nach Mehrarbeit“: Zur Steigerung der Mehrwertrate wird der Arbeitslohn im Verhältnis zum Ertrag der Arbeitsleistung gesenkt. Die einfachste Form ist dabei die Verlängerung des Arbeitstages bei gleich bleibendem Lohn (absoluter Mehrwert). Da diese an – physische und rechtliche – Schranken stößt, wird der technische Fortschritt zum Hebel des Klassenkampfes: Die Arbeit produktiver zu machen – und intensiver verausgaben zu lassen – dient der Verbilligung der Arbeitskraft (relativer Mehrwert). Der technische Fortschritt beeinflusst die Arbeit und die Produktionsverhältnisse. Der Klassenkampf gilt den Marxisten als ökonomische und politische Widerstandsform des Proletariats. Die andere antagonistische Hauptklasse (die der Kapitalisten) befindet sich ebenfalls im Klassenkampf. Sie versucht, die Kampfbedingungen des Proletariats einzuschränken (z. B. durch Streikverbot). Während der „Klassenkampf von unten“ von links offen propagiert und von rechts angegriffen wird, ist Klassenkampf von oben seit jeher stillschweigend und selbstverständlich akzeptiert. Das wusste nicht nur Karl Marx, sondern sogar schon Adam Smith: „Leute von demselben Gewerbe kommen selten auch nur zu Lustbarkeiten oder Zerstreuungen zusammen, ohne dass ihre Unterhaltung mit einer Verschwörung gegen das Publikum oder einem Plane zur Erhöhung der Preise endigt.“ und daran hat sich bis heute nichts geändert: „Da das Kräfteverhältnis der Klassen grundsätzlich asymmetrisch zugunsten des Kapitals strukturiert ist, erscheint die Macht des Kapitals als ›normal‹ und ihr Einsatz als Klassenkampf (›von oben‹) wird regelmäßig nicht oder kaum wahrgenommen, während die Aktualisierung der ›Macht der Arbeit‹ ebenso regelmäßig offen als Klassenkampf (›von unten‹) erscheint." So können auch die Steuer-, Bildungs- und Sozialpolitik des Staates als Instrumente des Klassenkampfs von oben eingesetzt werden, wie z. B. in den USA, wo die Steuern für die Reichsten jahrzehntelang kontinuierlich gesenkt wurden. Neben den Hauptklassen gibt es noch weitere Klassen, Nebenklassen, Berufsstände oder Schichten (z. B. Kleinbürgertum, Bauern, Beamtenschaft, Akademiker), die Bündnispartner einer der beiden antagonistischen Hauptklassen werden können. Eine besonders wichtige Rolle bei der Bildung des gesellschaftlichen Bewusstseins unter den Bedingungen einer Demokratie kann der ideologische und politische Einfluss auf nicht unbedingt den Hauptklassen angehörende Multiplikatoren (Intellektuelle, Lehrer, Journalisten, Politiker usw.) und auf Institutionen (Medien, Schulen, Hochschulen usw.) sowie Organisationen (z. B. Parteien) durch eine der Hauptklassen oder ihre Interessenvertretungen (Gewerkschaften bzw. Unternehmerverbände) spielen. Damit droht die Entwicklung zur Postdemokratie, die mancherorts, z. B. in Griechenland, bereits eingetreten ist, auch in Deutschland, mit – bedingt durch die Kräfteverhältnisse – plutokratischem Charakter: „Heute sind die internationalen Finanzmärkte wohl die erste Weltmacht, mächtiger als selbst die USA." So zugespitzt auf das Agieren einer Sonderinteressengruppe („special interest group“) lässt sich der Klassenkampf umso leichter, ohne eine Verschwörung zu benötigen, führen: „Man kennt sich, man hilft sich, das reicht.“ Wenn „die tiefgreifende Fehlentwicklung auf den westlichen Finanzmärkten nicht radikal korrigiert wird, dann könnte das unsere Nationen dauerhaft Prosperität und wirtschaftliche und politische Freiheit kosten und dann könnte das ein Beitrag zum Niedergang des Westens sein.“ Literatur von Karl Marx: Die deutsche Ideologie (gemeinsam mit Friedrich Engels), 1847 Manifest der Kommunistischen Partei (gemeinsam mit Engels), 1848 Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848–50, erschienen im ersten Heft der Neuen Rheinischen Zeitung 1850 Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, erstmals erschienen in der Zeitung Die Revolution, New York 1852 Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 1858 Zur Kritik der politischen Ökonomie, 1859 Das Kapital, 1867 weiterführende Literatur: Louis Adamic, Dynamit: Geschichte des Klassenkampfs in den USA (1880–1930). [Übers. aus dem Amerikan.: Thomas Schmid und Joschka Fischer]. Trikont, München 1974 (Klassische Darstellung der militanten Klassenkämpfe in den USA). Jeremy Brecher: Streiks und Arbeiterrevolten. Amerikanische Arbeiterbewegung 1877–1970. Fischer, Frankfurt am Main 1975. Colin Crouch, Alessandro Pizzorno, (Hrsg.): The Resurgence of Class Conflict in Western Europe Since 1968. Band 1: National Studies. Band 2: Comparative Analyses. Macmillan, London 1978. Benno Sarel: Arbeiter gegen den „Kommunismus“. Zur Geschichte des proletarischen Widerstandes in der DDR (1945–1958). Schriften zum Klassenkampf 43. Trikont-Verlag, München 1975. Klaus Tenfelde/Heinrich Volkmann (Hrsg.): Streik. Zur Geschichte des Arbeitskampfes in Deutschland während der Industrialisierung. Beck, München 1981. Bini Adamczak: Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird. Unrast, Münster 2004, ISBN 3-89771-430-2. Elmar Altvater: Was heißt und zu welchem Ende betreiben wir Kapitalismuskritik? In: Blätter für deutsche und internationale Politik. Band 4, 2006, S. 457–468 (osi-club.de [PDF; 387 kB] Abschiedsvorlesung vom 18. Januar 2006). Georg Fülberth und Michael R. Krätke: Neun Fragen zum Kapitalismus. Karl Dietz Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-320-02102-3. Michael Heinrich: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung. Schmetterling Verlag, 2004 (Internet Archive (Memento vom 15. Juni 2006 im Internet Archive) [abgerufen am 21. März 2008]). Michel Vakaloulis, Jean-Marie Vincent und Pierre Zarka,: Vers un nouvel anticapitalisme. Pour une politique d'émancipation (coll. « Questions d'époque »). Éditions du Félin, 2003, ISBN 2-86645- 519-3. Elmar Altvater: Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen – Eine radikale Kapitalismuskritik. 7. Auflage. Westfälisches Dampfboot, 2007, ISBN 978-3-89691-627-3. Jutta Ditfurth: Entspannt in die Barbarei: Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus. Konkret Literatur, 2002, ISBN 3-89458-148-4. Athanasios Karathanassis: Naturzerstörung und kapitalistisches Wachstum. Ökosysteme im Kontext ökonomischer Entwicklungen. Verlag für das Studium der Arbeiterbewegung, Hamburg 2003, ISBN 3-89965-018-2. Maria Mies: Patriarchat und Kapital. Rotpunktverlag, Zürich 1996, ISBN 3-85869-050-3.