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Zuschnitt Zeitschrift über Holz als Werkstoff und Werke in Holz Dez. 2001 Nr.

4 | Erster Jahrgang | Euro 6 | ATS 82,56 | ISSN 1608-9642 proHolz Austria

zuschnitt 4

Holzaltern
Was dem Architekten gewollte Ästhetik ist – die natürliche Holzalterung – ist
dem Bauherren oftmals ein unakzeptabler Effekt. Übermächtig belegt
mit einer Barackensemantik wird das Vergrauen zum Grauen.
Holz lebt aber, es altert und zeigt, der Witterung ausgesetzt, schon bald
Veränderungen in der Materialstruktur oder an den Schutzstoffen. Nur sach-
gemäße Planung, die Verwendung geeigneter Materialien und sorgfältige
Ausführung von Holzbauten lässt die Alterung von Fassaden zu einem kon-
trollierten Prozess werden. Mit geringem Unterhalt und – durch Patina ver-
edelt – zusätzlicher Qualität.
Inhalt Zuschnitt 4.2001

seite 3 seite 5 Themenschwerpunkt Doppelt hält besser


Editorial Holzbaupreis Kärnten, Holzaltern Wohnanlage Spitzweg
Karin Tschavgova Niederösterreich und Vorarl- in Graz
Zuschnitt stellt vor berg 2001 seite 9 – 11 Volker Giencke & Co, 1993
– Reinhard Gassner seite 6 – 8 Ganzheit aus Alt und Neu Karin Tschavgova
seite 4 Essay Über Totenbretter und Haus Truog Gugalun in seite 21
Kleinholz Meldungen und andere Listen gegen die Versam, Peter Zumthor, 1994 Literatur
Termine – Ausstellungen, Vergänglichkeit Textzitate von Peter Zumthor Diplomarbeiten
Messen Bernhard Tschofen seite 12 – 1 3 seite 22 – 27
Abgehoben und seiner Zeit Forschungspanorama
voraus Oberflächenschutz von
Berghaus Hahnenkamm in Holzfassaden
Kitzbühel, Clemens Holz- Jürgen Sell, Jürg Fischer und
meister, 1930 Urs Wigger
Textauszug von Georg Rigele
Zuschnitt 5 ⁄ 02 seite 14 – 15 seite 28 – 29
Holz zu Gast Lebens- und Patinafähigkeit Werkstoffportrait
– erscheint im März 2002 im Holzbau Holzwerkstoffe, Serie 3. Teil
Wohnanlage „Im Fang“ in seite 30
Es gibt sie, die Bauten für den Tourismus, die bewei- Höchst, Cooperative, 1979 Forst und Säge
Otto Kapfinger Altes Wissen – neu interpre-
sen, dass Erwartungshaltungen nicht mit billigen
seite 16 – 17 tiert, Alfred Teischinger
Repliken, falscher Heimeligkeit und sinnentleerten Was das Holz hält seite 31
Symbolen erfüllt werden müssen. Dennoch herrscht Vetterhof in Lustenau Holzrealien
mit „Zeitgemäßer Architektur im Tiroler Stil“ und Roland Gnaiger, 1996 Holzahnen, neu belebt
künstlicher „Dorfplatzidylle“ immer noch mehr Renate Breuß Ute Woltron
Schein als Sein. Umso wichtiger sind jene, die mutig seite 18 – 19 Die Holzwurmlochmaschine
versuchen, diese geschlossene Front zu durchbre- Hineinverwittern in die Manfred Russo
Landschaft seite 32
chen und zu einer Architektur – auch in Holz – zu
Abbundhalle Zimmerei Holz(an)stoß beim „side-
stehen, die in heutiger Sprache auf Orte, Traditio- Michael Kaufmann in Reuthe walk“ Tadashi Kawamatas
nen, Eigenheiten, Erinnerungen und Stimmungen Hermann Kaufmann, 1992 zeitgebundene Irritationen
antwortet. Bewahren heißt nicht konservieren, son- Gedankensplitter von Angelica Bäumer
dern das Erhaltenswerte weiterentwickeln. Hermann Kaufmann
seite 20

Zuschnitt Impressum Redaktion Zuschnitt Gestaltung Bestellung ⁄ Aboverwaltung


issn 1608-9642 Medieninhaber und Leitende Redakteurin Atelier Reinhard Gassner proHolz Austria, Kerstin Leitner
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Haus Truog Gugalun in Versam jährlich in einer Auflage von Peter Schober, Wien Jahresabo euro 21, ats 300 Documenta Bildarchiv s. 32 li
Architekt Peter Zumthor 13.000 Stück Wolfgang Winter, Wien Preise inkl. Versand + USt. Hans Wetzelsdorfer s. 32
Holzaltern – was für ein Thema Zuschnitt stellt vor Reinhard Gassner –
aus aktuellem Anlass

Zuschnitt stellt vor Editorial


Inhalt
Karin Tschavgova

Merkwürdiger Begriff: Holzaltern – die Holzalterung, Reinhard Gassner ist, was man landläufig Grafiker

2
3
der Alterungsprozess von Holz. Wir wissen, dass der nennt. Er selbst bezeichnet sich als Gestalter und
organische Baustoff Holz sich nach der Zurichtung diese Charakterisierung definiert sein Tun trotz

zuschnitt 4.2001
durch den Menschen – das Fällen des Baumes, das Begriffserweiterung präziser. Beschränkt man sein
Aufschneiden in Bretter, das Trocknen, das Hobeln Tätigkeitsfeld – in gedankenloser Automatisierung
– noch verändert. Holz altert durch Austrocknung – auf den Aspekt der grafischen Umsetzung, so
und Witterungseinflüsse, unter UV-Bestrahlung wehrt er ärgerlich ab. Gestaltung ist für ihn immer
und durch Schadstoffe. Ja, sogar farbloser Lack lässt untrennbar mit dem Thema, mit einer tiefgehenden
Holz unter Lichteinfall deutlich nachdunkeln. Ein Auseinandersetzung mit dem Inhalt des zu Gestal-
natürlicher Prozess, ist man geneigt zu sagen, aber tenden, verbunden. Sie mündet oftmals in Anregun-
deswegen gleich ein ganzes Themenheft? Genau gen zum Thema, die in ihrer undogmatischen Frische
dieser „natürliche“ Prozess oder sein Ergebnis ist so überraschend wie konstruktiv sind und unmittel-
jedoch hierzulande für viele Menschen nicht akzep- bar in die inhaltliche Gestaltung einfließen können.
tabel, Vergrauung wird bestenfalls an traditionell Seine langjährigen freien Arbeiten in Schriftge-
landwirtschaftlichen Bauten schön empfunden. Na schichte wie die Faszination an semantischen,
gut, hört man sagen, dann gibt man dieser Mehrheit semiotischen und phonologischen Phänomenen
umfassende Informationen, wie und mit welchen scheinen sich in seiner Arbeit abzubilden. 25 Jahre
Mitteln sie nach Herzenslust imprägnieren, strei- freiberuflicher Tätigkeit haben dem Atelier, das
chen, abdecken kann. Wenn das so einfach wäre: Reinhard Gassner mit seiner Frau Ruth und enga-
Chemischer Holzschutz verlangt aufwendigen Unter- gierten jungen Mitarbeitern führt, nicht nur einen
halt, da dem Material Holz (und Holzwerkstoffen) reichen Erfahrungsschatz gebracht, sondern auch
immanent ist, sich gegen sämtliche Oberflächenbe- den Ruf, kompetent und individuell für hochqualifi-
handlungen zu wehren. Weil es atmen will, betont zierte Arbeit auf dem Gebiet der angewandten Kom-
Hermann Kaufmann, vielleicht der profilierteste munikation zu stehen. Als gelungenes Beispiel sei
Holzkenner unter den Architekten, im Gespräch mit der Architekturführer „Baukunst in Vorarlberg seit
dem „zuschnitt“. Wer wie er für das natürliche Holz- 1980“ mit Otto Kapfinger oder der demnächst bei
altern plädiert, muss sich bewusst sein, dass es Birkhäuser erscheinende Bildband mit Arbeiten des
jenseits der Geschmacksfrage auch eine Grenze des Lehmbaukünstlers Martin Rauch genannt.
Materials zum Austausch gibt, die durch baulich- Für proHolz gestaltet das Atelier das neue Erschei-
konstruktiven Holzschutz, der wiederum die Form nungsbild und die erweiterte Fachkommunikations-
eines Bauwerks beeinflusst, hintangehalten werden schiene, zu der „zuschnitt“ ebenso gehört wie die
kann. Will man also den Holzbau und Oberflächen themenbezogenen Publikationen der „proHolz Infor-
in Holz propagieren, so sollten Möglichkeiten des mation“. An der mehrjährigen Meinungsbildung und
Holzschutzes ausführlich thematisiert und seine Entwicklung des „zuschnitt“ hatte Reinhard Gassner
Folgen nicht ausgespart werden. „zuschnitt“ ver- maßgeblichen Anteil.
sucht dies im Forschungspanorama, das von drei Die erste Ausgabe der proHolz Information „Bemes-
namhaften Schweizer Holzexperten gestaltet wurde. sung im Holzbau“ (Zuschnitt 3 berichtete) folgt der
Am Altern von Holz scheiden sich die Geister – über klaren, reduzierten grafischen Linie in Schwarz und
das Äußere von Bauten in Holz wird die Akzeptanz Rot auf Weiß und trägt deutlich seine Handschrift.
des Holzbaues entschieden. Deshalb ist Holzaltern Beim diesjährigen Wettbewerb der schönsten
kein Randthema für Traditionalisten oder Heimat- Bücher Österreichs 2001 wurde dieses Buch unter
schützer, sondern entscheidend für die Zukunft des 94 Büchern mit dem Staatspreis 2001 ausgezeich-
Holzbaues (umso mehr, will er aus der einschränken- net! Es ist dies sicher ein deutliches Signal der Jury
den Kategorisierung des ländlichen Bauens einen – nach Jahren mit Würdigungen opulenter Bildbän-
Siegeszug in das Städtische antreten). Es rührt an de eine Ermunterung, auch Fachbücher, deren sper-
tiefliegende psychische Schichten im Menschen, riger Inhalt sich dem Leser nicht so leicht verständ-
denen der Volkskundler Bernhard Tschofen in einem lich macht, ansprechender und mit Sorgfalt zu
Essay nachspürt. „Holz altern lassen“ wird bei vielen gestalten. Für proHolz ist es eine Bestätigung der
offensichtlich aus dem Bauch heraus entschieden neuen Linie, die die Überzeugung von der Richtig-
und auch die Redaktion nähert sich dem Thema keit des eingeschlagenen Weges festigt. Für Rein-
weniger technisch als emotional und stellt einige hard Gassner und sein Atelier ist die Auszeichnung,
Holzbauten in ihrer „jungfräulichen“ Erscheinung die ihn weiter beflügeln wird, Dank und Bejahung
einer Momentaufnahme des Heute gegenüber. Mit seiner Tätigkeit, die uns hoffentlich in Zukunft
persönlichen Kommentaren von Besitzern, Architek- noch viele ausgezeichnete Arbeiten aus dem Hause
ten oder Otto Kapfinger sollen sie für sich sprechen. Gassner im Vorarlberger Schlins bescheren wird.
Kleinholz Meldungen und Termine

Ausstellungen Berichtigung „Das ökologische Passivhaus“ – Informationsprojekt


Nicht der Holzwurm, sondern eine Ente hat sich in auf CD-ROM
Bis 13. Jänner 2002 unsere Meldung in „zuschnitt 2“ über eine neue Holz- Die neu erschienene CD-ROM „Das ökologische
Hubert Matthias Sankt-
HTL in Murau mit Start im Herbst 2001 eingeschli- Passivhaus“, von proHolz Austria mitgesponsert,
johanser
MÖBEL – RÄUME
chen. Die Meldung wurde von der Redaktion unge- bietet auf zirka 400 Bildschirmseiten Grundlagenwis-
Das MAK zeigt ausgewählte prüft aus dem Internet übernommen. Wir bedauern! sen über das Passivhaus, über bauphysikalische
Arbeiten von Sanktjohanser Berechnungen, Detailplanung, Klimaschutz, Energie-
aus den Jahren 1996 bis 2001. Ergebnisse einer StudentInnenumfrage über das sparen, Behaglichkeit sowie Wohnkomfort. Anhand
MAK-Studiensammlung Entscheidungsverhalten von ArchitektInnen bei der des mehr fach ausgezeichneten Projektes „Passiv-
Stubenring 5 Baustoffwahl hausscheibe Salzkammergut“ in Roitham, Planung
A-1010 Wien
Im SS 2001 wurde an der Universität für Bodenkultur Hermann Kaufmann, Realisierung Günther Lang,
T +43 (0)1 ⁄ 711 36-0
www.MAK.at
Wien von StudentInnen in der Lehrveranstaltung Konsulent für innovative Baukonzepte, wird die
von Prof. Peter Schwarzbauer „Marktanalyse und praktische Umsetzung eines Passivhauses dokumen-
Bis 24. Februar 2002 Marketing“ eine Umfrage an rund 160 Wiener Archi- tiert.
Mies van der Rohe tektInnen durchgeführt, die proHolz Austria unter- Preis ATS 206, EURO 15, zuzüglich Versandkosten
Möbel und Bauten in Stutt- stützte. Es ging darum, zu er fahren, warum Architekt- Versand Ing. Günter Lang, T +43 (0)650 ⁄ 900 20 40
gart, Barcelona und Brno Innen bestimmte Baustoffe auswählen, wie das www.passivehouse.at
Vitra Design Museum
Image von Holz verbessert und gepflegt werden kann
Kopenhagener Straße 58
D-10437 Berlin
und auf welche Weise Inhalte zum Thema Holz trans- Mehrgeschoßiger Holzbau in Österreich
T +49 (0)30 ⁄ 473 777-0 portiert werden müssen, um damit verschiedene In „Mehrgeschoßiger Holzbau in Österreich – Holzs-
F +49 (0)30 ⁄ 473 777-20 Zielgruppen zu erreichen. kelettbau und Holzmassivbau“, einer weiteren Infor-
Die Umfrage zeigt, dass proHolz jene ArchitektInnen mationsmappe für Architekten wurden die Ergebnis-
Seminare erreicht, welche sich für das Bauen mit Holz interes- se einer Zusammenarbeit der Holzforschung Austria
sieren. Umso schwerer aber ist es, die Gruppe der am mit dem Institut für Tragwerkslehre und Ingenieur-
16. – 23. März 2002
Baustoff Holz weniger Interessierten und zugleich holzbau der TU Wien, dem Institut für Stahlbau,
Energieeffizient Bauen und
Modernisieren
auch schlechter Informierten anzusprechen, die weni- Holzbau und Flächentragwerke der TU Graz sowie
Wochenseminar auf Sylt ger überzeugt von der Zukunft des Holzbaues sind. proHolz Austria zusammengefasst. Voraussichtlich
Info Melita Tuschinski Ein großer Teil der befragten ArchitektInnen (70%) ab Mitte Jänner 2002 wird sie bei proHolz Austria
Schloss-Straße 69 glaubt an eine Zunahme des Holzbaues und äußerte aufliegen. Die erste Mappe „Mehrgeschoßiger Wohn-
D-70176 Stuttgart den Wunsch nach weiterreichenden Informationen. bau in Österreich – Holzrahmenbauweise“ ist bei
T +49 (0)711 ⁄ 615 - 49 26 Gut die Hälfte der befragten ArchitektInnen hatte in proHolz Austria um ATS 900, EURO 65,40 excl.
F +49 (0)711 ⁄ 615 - 49 27
den letzten fünf Jahren Holzbauprojekte (Verwen- Versand und 10% Ust. erhältlich.
redaktion@enev-online.de
dung von mehr als 50% Holz oder Holzwerkstoffen) T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74-31
Messen realisiert. Nur rund 30% der ArchitektInnen mit F +43 (0)1 ⁄ 713 10 18
Holzbauerfahrung erkannten die positiven Argu- Die darin enthaltenen Themen werden bei drei
14. – 17. Februar 2002 mente für Holz nachhaltig. Ihren Informationsstand Tagungen für Architekten, Planer und Baufachleute
Bauen & Energie halten sie für überdurchschnittlich, während die präsentiert:
Messezentrum Wien zweite Gruppe (70%) wenig informiert ist und posi- _14. – 15. Jänner 2002 – Kongresszentrum Alpach
Nähere Infos sind noch nicht
tive Motive für Holz unterdurchschnittlich wahr- (im Rahmen der Bildungswoche der Zimmermeister):
erhältlich
nimmt. 1. Tag 13.00 – 17.00 Uhr, 2. Tag mit Workshop 9.00
21. – 24. Februar 2002 Generell sind Fachzeitschriften, Broschüren und über- – 17.50 Uhr
Austrobau 2002 durchschnittlich häufig Internet und Datenbanken _22. Februar 2002: 9.30 – 16.50 Uhr, TU Graz,
Bauen, Wohnen und Energie- Informationsquellen für ArchitektInnen, eigene Rechbauerstraße 12
sparen Erfahrungen rangieren an zweiter Stelle – bei Infor- _Ende April 2002 (Findet in Wien statt, Ort der
Messezentrum Salzburg mationen über Holz ist es umgekehrt. Dies könnte Veranstaltung und Termin werden in Zuschnitt 5 ⁄ 02
Reed Messe Salzburg GmbH
darauf hinweisen, dass Fachzeitschriften noch nicht bekanntgegeben).
T +43 (0)662 ⁄44 77- 114
F +43 (0)662 ⁄44 77-285
genügend holzspezifische Informationen enthalten Den Abschluss jeder Tagung bilden Referate zur
austrobau@reedexpo.at und Publikationen zum Thema zu wenig wahrgenom- praktischen Umsetzung von Holzskelettbau und Holz-
men werden. massivbau in Österreich. In Alpbach spricht Archi-
8. – 10. März 2002 proHolz ist auf dem richtigen Wege. Eine Gruppe tekt Pernull über Nassräume im Holzbau, in Graz
Energiesparmesse Wels und von ArchitektInnen weiß schon viel über Holz als erläutert Architekt Hohensinn das Wohnbauprojekt
BIO-SOLAR Baumaterial, sie möchte weitere Informationen. Kindberg I und in Wien Architekt Ronacher das neue
Welser Messegelände
Gelingt es, die übrigen ArchitektInnen für Holz zu Gebäude der Österreichischen Bundesforste AG.
Welser Messe International
GmbH
interessieren, indem z.B. ihren Auftraggebern Argu- info (und Anmeldung)
T +43 (0)72 42 ⁄ 93 92 - 0 mente für Holz in die Hand gegeben werden, so Holzforschung Austria
F +43 (0)72 42 ⁄ 93 92 - 66 451 werden vermutlich auch hier noch große Kapazitä- Sandra Fischer, T +43 (0)1/798 26 23-10
mlb@welser-messe.com ten für Holz frei. Text Thomas Stracke seminar@holzforschung.at, www.holzforschung.at⁄
seminare
Holzbaupreis Kärnten, Niederösterreich
und Vorarlberg 2001

Holzbaupreise
Kleinholz
Die Verleihung des Kärntner Holzbaupreises 2001 Kategorie Öffentliche Bauten – Preis Info (und Broschüre)

4
5
(Franz-Baumgartner Preis), der von proHolz Kärn- _Feuerwehr und Kulturhaus in Hittisau von cukro-
ten in Kooperation mit dem Haus der Architektur wicz.nachbauer, Bregenz

zuschnitt 4.2001
proHolz Kärnten
Kärnten ausgeschrieben wurde, fand am 25. Sep-
T +43 (0)463 ⁄ 58 68 -210 ⁄ 215
tember 2001 im Haus der Architektur in Klagen- Kategorie Öffentliche Bauten – Auszeichnungen F +43 (0)463 ⁄ 58 68 -204
furt statt. _Kultursaal Ambach in Götzis von Hubert Bischoff, office@proholz-kaernten.at
Wolfhalden⁄ CH www.proholz-kaernten.at
Am 21. September 2001 wurde der Niederöster- _Kindergarten Rickenbach in Wolfurt von Dietrich⁄
reichische Holzbaupreis 2001 mit dem Motto „(T) Untertrifaller, Bregenz
räume des Lebens“ im Rahmen der Eröffnung der _Sporthaus Neuamerika in Bregenz von Gerhard Niederösterreichischer
Messe „Bau&Energie“ in Wieselburg verliehen. Hörburger, Bregenz Holzbaupreis
T +43 (0)1 ⁄ 219 85 42
office@senft-partner.at
Am selben Tag fand die Verleihung des Vorarlber- Kategorie gewerbliche Bauten – Preis
ger Holzbaupreises 2001 auf der Kulturbühne _Produktionshalle Neuhauser in Nenzing von Her-
Ambach in Götzis statt. bert Neuhauser Qualitätsgemeinschaft
Vorarlberger Holzbau
Kärnten Kategorie gewerbliche Bauten – Auszeichnungen T +43 (0)55 22 ⁄ 305-242
Eine vierköpfige Jury wählte aus 27 eingereichten _Lot Holzbau GmbH in Feldkirch von Walter Unter- www.holzbau-kunst.at
Projekten drei Preisträger. rainer, Feldkirch
_Bauernhof Greussing in Lauterach von Hermann
1. Preis Kaufmann, Schwarzach
_Holzgeschoßwohnbau Feldkirchen von Hubert _Apartmenthaus Lechblick in Warth von Christian
Rieß, Graz Lenz, Schwarzach (vorgestellt in „zuschnitt 1“ als
2. Preis Staatspreisträger für Wirtschaftsbauten „Tourismus
_Wohnhäuser Feldgasse 10 in Klagenfurt von Diet- und Architektur“)
mar Kaden und Markus Klaura, Klagenfurt
3. Preis Kategorie Mehrfamilienhäuser – Auszeichnungen
Heuriger Familie Lackner in
_Seehaus am Millstättersee von Ursula Klingan, _Anlage Neudorfstraße in Wolfurt von Hermann Klein-Engersdorf
Innsbruck Kaufmann, Schwarzach
_Doppelhaus Edthofer-Schuster in Schwarzach von
Niederösterreich Kurt Schuster, Dornbirn
Die Preise wurden gleichgereiht und nicht nach
unterschiedlichen Kategorien vergeben. Kategorie Einfamilienhäuser – Preis
_Haus Bruckner in Rankweil von Hans-Peter Lang,
_Mobile Theatertribüne der Stadt Haag von Göfis
noncon:form Architektur, Wien („zuschnitt 1“ hat sie
im Rahmen der Staatspreisverleihung für Wirtschafts- Kategorie Einfamilienhaus – Auszeichnungen Feuerwehr und Kulturhaus in
bauten „Tourismus und Architektur“ vorgestellt) _Haus Hein in Fraxern von cukrowicz.nachbauer, Hittisau
Bregenz
_Heuriger der Familie Lackner in Klein-Engersdorf _Haus Innfeld in Schwarzenberg von Dietrich⁄ Unter-
von Reinhard Haslwanter, Wien trifaller, Bregenz
_Haus Kopf in Au von Hermann Kaufmann,
_Atelier und Wohnhaus Familie Basura-Seelos in Schwarzach
Klosterneuburg von Holz Box Tirol Fertig Bau _Haus Geissler in Wolfurt von Hermann Kaufmann,
System, Innsbruck Schwarzach
_Haus Sauter in Lindau von Daniel Sauter, Bregenz
Produktionshalle Neuhauser
Vorarlberg in Nenzing
Aus einer Fülle von 114 eingereichten Objekten von Innovationspreis 2001 – Preis
erstaunlich hohem Niveau vergab die Jury mit Jürg _Vorarlberger Ökohaus GmbH in Ludesch von Chris-
Conzett, Otto Kapfinger und Florian Nagler in fünf tian Walch, Martin Beck, Erich Huster und Vorarlber-
Kategorien 4 Preise und 15 Auszeichnungen. ger Ökohaus GmbH, Ludesch
Bemerkenswert ist nicht nur, dass es Holzbauobjekte
in allen Kategorien gibt, sondern auch die hohe Innovationspreis – Auszeichnungen
Motivation und Innovationsfreudigkeit der Zimme- _Apartmentanlage in Lech von Holz Box Tirol, Inns-
reien. bruck
„Eine vergleichbare Qualität in Planung und Ausfüh- _Erweiterung Fred (Wohneinheit) in Bezau von Vorarlberger Ökohaus GmbH in
rung ist in dieser lokalen Dichte nirgendwo sonst Johannes und Oskar Leo Kaufmann, Dornbirn Ludesch
anzutreffen.“ Auszug aus dem Juryprotokoll
Essay Über Totenbretter und andere
Listen gegen die Vergänglichkeit

Bernhard Tschofen

Dass das neue Dach jetzt nur noch die richtige Farbe genug haben, wir reden von der Lebendigkeit des
zu bekommen brauche, und dass Sonne, Wind und Materials, aber wehe, wenn es Anzeichen von Leben
Wetter schon dafür sorgen werden, so kann man im zu zeigen beginnt. Holz atmet, sagen wir, aber dass
Vorarlbergerischen die Männer reden hören, die sich es umgekehrt auch aufnimmt (Olivenöl- und Toma-
noch auf das Schindeln verstehen. Wenn sie an tenflecken, Nikotin und Luftschadstoffe, den „Was-
einem Spätsommerabend müde von den vielleicht serschaden“ und die Bodenfeuchte) begeistert uns
50 Quadratmetern Tagwerk ihr Dachdeckerbeil, mit schon weniger. Um schließlich das Paradox noch in
dem sie zusammen zweieinhalb-, dreitausend Schin- zeitgenössische ökologische Terminologien zu wen-
deln drei- oder vierfach verlegt und mit je einem den: Wir schätzen die Nachhaltigkeit, die nachwach-
Nagel fixiert haben, aus der Hand legen, dann richten senden Rohstoffen nachgesagt wird, verwechseln
sich die Blicke nach dem strahlend hellen Dach. Ein Nachhaltigkeit aber mit Unvergänglichkeit (und
frisch gedecktes Schindeldach ist ein unübersehba- behandeln dafür den Rohstoff dermaßen, dass von
res Signal in der Landschaft, und im Abendlicht darf nachhaltigem Umgang nicht mehr die Rede sein
es dann schon einmal so richtig golden funkeln, kann). Abbaubar ja, aber nur auf Zuruf, und brenn-
dass auch die Bewohner der anderen Talseite sehen, bar soll es bitte auch nicht sein.
was man geleistet hat. Aber man weiß dort auch um Handwerk, Industrie und Hausfrauen haben daher
die notwendige Vergänglichkeit dieses Glanzes. früh schon nach Möglichkeiten Ausschau gehalten,
Holz unter Beibehaltung seines Anscheins zu erset-
zen: Das geschah zunächst einmal – wie im Fall der
seit dem Historismus so beliebten Lasuren auf
Möbeln, Tür- und Fensterstöcken – unter Vortäu-
schung edlerer Holzarten. So wurde aus der weichen
Fichte eine Eiche, der Schmierseife und Scheuerlap-
pen nichts anhaben konnten und die sich mit wenig
Aufwand, falls nötig, wieder erneuern ließ. Kunst-
harzbeschichtungen, mit Holzmaserungen schöner
und natürlicher als das ausgesuchteste Furnier
bedruckt, überzogen nach dem Zweiten Weltkrieg
bald alles, was zwar aus Holz sein wollte, aber den
neuen Anforderungen an Pflegeleichtigkeit und
Übers Jahr wird er dahin sein, das Dach – selbst die Hygiene nicht mehr entsprach. Und als der Holzdekor
widerspenstigste Schindel – wird sich gelegt haben einmal Kühlschränke, die Flanken amerikanischer
und sich in den kommenden fünfundzwanzig oder Kombis und selbst Thermoskannen oder Toaster
dreißig Jahren je nach Lage und Ausrichtung des erreicht hatte, ließ sich auch schon mit selbstkleben-
Daches beharrlich von einem silberschimmernden den Folien verschönern, was nicht mehr zeitgenössi-
Grau in Richtung Schwarz verändern. Sind die Män- scher Holzästhetik gehorchte.
ner älter (und das sind sie meistens, weil die Jünge- Das Paradox von gewollter Anmut und gemiedenem
ren nicht über die Zeit und oft auch nicht mehr Effekt liegt also in einem Umgang mit dem Material,
über Wissen und Fertigkeit verfügen), gehört daher dem mit der Selbstverständlichkeit auch seine
zu einer solchen Feierabendbilanz auf der Hausbank Unschuld abhanden gekommen ist. Der Holzbau
auch die Feststellung, dass man dieses Dach in erscheint nämlich jenseits einer vormodern anony-
Bernhard Tschofen seinem Leben nicht wird nochmals decken müssen. men Architektur durch das gesamte 20. Jahrhundert
Kulturwissenschafter und Die Gelassenheit, mit der man überall dort, wo hindurch weniger als gebaute Organisation sozialen
Kunsthistoriker. Lehrt und Holz selbstverständlicher (und daher auch nicht viel Raums, sondern als Versuch, eine Architektur der
forscht als aO. Univ.- Prof. beredter) Baustoff geblieben ist, das Material der Merkmale zu schaffen. Das beginnt bei den Archi-
am Institut für Europäische tekten der Nationalromantik und des Heimatstils,
Alterung überlässt, steht in seltsamem Widerspruch
Ethnologie an der Universi-
zu den gängig gewordenen Umgangsformen mit die über die Symbolik von Formen und Materialien
tät Wien. Mitarbeit in Muse-
en und an kulturwissen- alterndem Holz. Unser Verhältnis zur Holzalterung erst die eigentliche Gestalt ihrer Bauten imaginiert
schaftlichen Ausstellungen. ist nämlich höchst zwiespältig, kein Wunder, das ist haben. Dunkles Holz, patiniert oder in angeblich
Zahlreiche Veröffentlichun- ja auch unsere Beziehung zum Holz an sich. Wir überlieferten Farben und dadurch wie die gesamte
gen zu Stadt- und Bergfor- begegnen ihm mit der emotionalen Wertschätzung Bauidee jeder Geschichtlichkeit enthoben, ist dabei
schung, Symbol- und Wahr- für das Natürliche, setzen dabei aber alle unsere ein mit Kalkül gebrauchtes Leitmotiv, das vermittelt
nehmungsgeschichte, über Stimmungen Auskunft zu den Funktionen
Kultur ein, um die Natur in Schranken zu halten. Wir
Biografieforschung, Ethnizi-
schätzen das Gewachsene, hätten aber gerne ein geben soll und sich dabei auf ein assoziatives Prin-
tät und Museologie, u.a.:
Berg Kultur Moderne. Volks- Holz, das weder schwindet noch arbeitet, wir zip verlassen kann: Bruchsteinsockel, ornamentierte
kundliches aus den Alpen. schwärmen für das Unverwechselbare und Authenti- Erker, holzverschalter Giebel oder auch: Bundwerk,
Sonderzahl, Wien, 1999. sche, können es aber eigentlich gar nicht homogen gefrieste Traufen, Dachreiter. Nach diesem Prinzip,
Essay
nur ohne die oft gestalterische Qualität im Detail, fon etwa sind – um nur ein Beispiel zu nennen – im

6
7
wird später ein Großteil der alpenländischen Touris- 17. und 18. Jahrhundert in Blockbauweise errichtete
musarchitektur organisiert sein. Sie wird Holz als Häuser mit einer dicken Schale aus Putz versehen

zuschnitt 4.2001
Affiche gebrauchen, das Tradition und lokale Erdung worden. Aber wohl nicht aus Gründen des Feuer-
verspricht, und es wird lange dauern, bis sie es wie- schutzes, wie lange vermutet wurde, sondern quasi
der konstruktiv und vor allem ohne retrospektive aus Standesgründen, und um es den prächtigeren
Gestik zu gebrauchen lernt. Auch der Weg von den Steinbauten „romanischer“ Art gleichzutun.
deutschen Weinstuben und deren behaglicher Wärme Auch und gerade auf dem Land ist Holz in Innen-
gegen die vermeintliche Kälte der Zivilisation ver- räumen lange verborgen und der natürlichen Alte-
breitenden Gruppenzimmer einer tanz-, sanges- und rung entzogen worden. Manche Bauernstube, die
naturbegeisterten Jugendbewegung zu den belieb- heute im Freilichtmuseum oder als Aufputz erlebnis-
ten „Kellerstüberln“ der Wiener Nachkriegsjahrzehn- orientierter Gastronomie wie frisch aus den bedäch-
te ist nicht weit. Wo Holz vor allem Stimmungen tigen Händen eines vorindustriellen Tischlermeisters
erzeugen sollte, hatten bald auch geschroppte und erscheinen mag, hat einen Gutteil ihres Daseins
gerußte Hohlbalken (hinter denen sich Stahlträger unter Schichten von Ölanstrichen gefristet – Schich-
verbargen) und Täfelholz, dem mit Sandstrahlen ten, die Wände, Decken und sogar Dielenböden
und Flämmen zu künstlichem Alter verholfen wurde, bedeckten. Seit dem späten 19. Jahrhundert waren
ihren Platz. In den siebziger und achtziger Jahren die Anstriche gerne in modisch wechselnden Farbtö-
dann wechselten abbruchreife Stallbauten als Ganzes nen zwischen beige, grau und braun gehalten. Far-
in die Stimmungsdekoration, ihre alten Balken ben, die heute an die Lacke in alten Bahnwaggons
schufen die Atmosphäre, von der man glaubte, sie erinnern und sich so gar nicht in unser Bild von
entspräche verlorener Gemütlichkeit. Und was an Ländlichkeit fügen wollen. Arm war damals, wer nur
Abbruchholz auf diese Art nicht mehr zu verwerten von Holz umgeben war; es bedurfte des romanti-
war, floss in eine florierende Industrie „antiker“ schen Paradigmenwechsels, um das nackte, das
Bilderrahmen: da war nun auch das (freilich vielfach unbehandelte Holz als schön und wertvoll zu nobili-
überlackte) Wurmloch plötzlich ein Zeichen würdigen tieren. Im Gegensatz zu Skandinavien, zu den Nie-
Alters. Die Ästhetik alten Holzes ist höchst selektiv. derlanden oder auch zu den Schweizer Städten, wo
Während die sonnengebräunte Alm auf grüner ein bürgerlicher Geschmack heute noch die elegante
Matte zum Kanon des Schönsten gehört, was Natur Zurückhaltung vorzugsweise graulackierter Türen
und Kultur hierzulande zustande gebracht haben, und Täfelungen zu ästimieren weiß, sind in Öster-
blieb der Reiz grüngrauer Bretterverschläge an den reich die meisten Erinnerungen an einen nichtrusti-
Wetterseiten schattseitiger Keuschen lange ambitio- kalen Holzeinsatz getilgt worden.
niert kulturkritischen Schwarzweiß-Fotografen vorbe- Die Bauforschung, oft in Verbindung mit den großen
halten. europäischen Freilichtmuseen betrieben, hat in den
Das alles ist in seiner Gleichzeitigkeit Teil der Moder- vergangenen Jahren unter anderem zwei wirklich
ne und gehört ihr nicht weniger an als die Verach- beeindruckende Ergebnisse gebracht: Zum einen
tung von Holz als ästhetisch antiquiert, ökonomisch konnte sie durch die exakten Methoden der Holzal-
überholt und technisch unberechenbar. Und es terbestimmung (Dendrochronologie) und dank einer
fließen in unseren wechselnden Vorstellungen vom mit geradezu kriminalistischen Mitteln betriebenen
ehrlichen, vom authentischen Umgang mit Holz Gefügeforschung einen nach seinem Umfang noch
sozial ausgehandelte Geschmackslagen und die vor wenigen Jahren ungeahnten mittelalterlichen
immer auch von der Gegenwart her entwickelten Baubestand identifizieren. Zum anderen hat sie mit
Vorstellungen vom natürlichen Früher zusammen. Aussagen zur Farbigkeit historischer Bauten ver-
Daher sieht es ja selbst in den Küchen mancher blüfft. Sie wird aber damit, weil solches gängigen
Heimatmuseen inzwischen so freundlich nach frisch Bildern historischen Bauens und Wohnens zuwider
gebürstetem Holz und hell gekalkten Wänden aus läuft, wohl ähnlich ungehört bleiben, wie die Befun-
wie in den Sommerhäusern des gebildeten Mittel- de und Debatten des 19. Jahrhunderts über die
standes. Und daher haben ja auch nicht nur die Farbigkeit der antiken Tempel. Daneben konnten
IKEA-orientierten Hobbyrestauratoren sich dem die Analysen bestätigen, was immer schon geahnt
Ablaugen verschrieben (und dabei die Entdeckung hat, wer je beispielsweise den Dachstuhl eines früh-
machen müssen, dass die freigelegten Weichholz- neuzeitlichen Stadthauses oder einen alpinen
möbel mit ihren Kittstellen und Asteinsätzen einst- Blockbau eingehend gesichtet hat: Holz in sekundä-
mals ausnahmslos für den Anstrich gebaut worden rer und tertiärer Verwendung war weniger die Aus-
sind). Holz ist in der Vergangenheit keinesfalls nahme denn die Regel. Was Abbrüche freigaben und
immer mit jener Offenheit eingesetzt worden, wie Lawinen zusammenwarfen, wurde nach Möglichkeit
wir sie aus dem Architekturethos der Moderne abzu- an anderer Stelle wieder eingesetzt.
leiten versucht sind. Im eingangs erwähnten Monta- Allmählich eignen sich die erwähnten Museen auch
die Prinzipien des jüngeren Denkmalschutzes an, man etwa an der Stilllebensmalerei sehen, oder aber
nach denen es nicht um die spurenfreie Rekonstruk- an den einstmals besonders für Teile Bayerns, Böh-
tion eines vermeintlichen Urzustandes, sondern um mens und Österreichs so berühmten Totenbrettern.
sichtbare Historizität geht. Von Besucherseite nicht Als Sarg- oder Bahrbretter waren sie tabuisiert und
immer geschätzt, werden nun vermehrt Schichten von einer weiteren Verwendung ausgeschlossen.
vergangener Nutzungen – Tapeten, Anstriche, Ihre Entsorgung musste auf „natürlichem“ Wege
Umbauspuren – sichtbar gelassen, und man hat geschehen, und so wurden sie angeblich oft einfach
auch erkannt, dass ein durch neues Holz ersetzter in die Wiese oder als Steghölzer über kleine Bäche
Balken nicht weniger ehranrührig ist als die Ver- gelegt. Erst im 19. Jahrhundert sind sie dann – sym-
wandlung von substanzlos gewordenem Holz in bolfreudig bemalt und mit anspielungsreichen Sinn-
Kunststoff (durch die Injektion von Kunstharzen). sprüchen versehen – an Hauswänden, Wegrändern
Unsere europäischen Echtheitsvorstellungen, die und Kapellen dem langsamen Verfall preisgegeben
stark von katholischem Reliquienkult und der Hei- worden, gleichzeitig eine Zeitlang die Erinnerung
ligkeit des Materials geprägt wurden, sind aber an die Verstorbenen aufrecht erhaltend. Holzaltern
noch weit davon entfernt, ein Gebäude als authen- als Todeszeichen: Auch das immer mit Skepsis zu
tisch anzuerkennen, das im Verlauf von Jahrhunder- genießende „Handwörterbuch des Deutschen Aber-
ten unter Beibehaltung der Form wiederkehrend glaubens“ bezeichnet 1931 den Holzwurm als Todes-
aus neuem Holz errichtet wird. Dennoch begegnen omen, nennt dafür Belege aus ganz Europa von
wir solchen Praxen: bei der Dacheindeckung mit „Dood kloppertje“, über „Totenuhr“ bis „Dengel-
Fichten- oder Lärchenschindeln wie bei der sukzessi- männle“ und will wissen, dass „das unheimliche
ven oder zyklischen Ersetzung eines „Bretter- Ticken des unsichtbaren Insekts vom Volke als
schirms“, des einfachsten Fassadenschutzes aus Todesomen gedeutet [wird] und namentlich auf
Holz. Selbst bei den berühmten Holzkirchen des abergläubische Kranke beängstigend [wirkt]“. Hält
europäischen Nordens werden von Zeit zu Zeit die Holzschutz so mit Bläue, Fäulnis, „Anobium pertin-
gezimmerten Einfriedungen ersetzt. Aber wo sind ax“ und Konsorten auch den Vanitasgedanken von
die Beispiele für solche Praxis in der Gegenwart? uns fern? Wer weiß, er ist jedenfalls hilfreich, wenn
Die Vorarlberger Architekten, denen der Holzbau fast es um die Bestandsicherung an irdischen Gütern
zum Stigma geworden wäre, wenn es ihnen nicht geht.
rechtzeitig gelungen wäre, das Material von über- In einer fiktiven Liste der Dinge, wie sie die moderne
kommenen Formen zu lösen und der „Regionalität“ Warenwelt hervorgebracht hat, nähmen Utensilien,
zu entziehen, könnten mit Erzählungen über den deren Funktion zuvorderst im Schützen und Bewah-
Umgang mit der Holzalterung ganze Bücher füllen: ren – nämlich von anderen Dingen – liegt, eine
Ihre einstmals als „Vogelehüser“ (Vogelhäuser) und wichtige Rolle ein. Dazu gehören natürlich auch
„Hennaställ“ (Hühnerställe) verhandelten Bauten Wachstuchdecken, an denen nicht nur Hände und
haben ja nicht nur den ökonomischen und ökologi- Arme kleben bleiben, sondern unter denen auch alte
schen Anschluss an Traditionen des Holzbaus Tischplatten aus Nuss und Ahorn unsichtbar zu
gesucht, sondern auch symbolische Ordnungen – schwitzen beginnen, und dazu gehören auch die
populäre und avancierte gleichermaßen – umge- Screens aus Acrylglas, die sich bei schlechtem Wetter
stoßen. Sie verstießen gegen die Vorstellung, dass nicht nur über die Geranienpracht schwenken las-
ein Haus bestenfalls auf der Wetterseite mit rohen sen, sondern auch gleich über das ohnehin mehrfach
Brettern angeschlagen sein darf, das sonst aber nur druckimprägnierte und dazu noch nachbehandelte
Ställen und Stadeln zusteht. Und gleichzeitig ver- Balkongeländer. Selbst die neuen Gartenmöbel aus
stießen sie gegen die selbstauferlegte Zurückhal- feinstem Tropenholz kommen nicht ohne Houssen
tung der Moderne in Sachen Materialwahl, nach der aus.
Holz als Baustoff ländlich, antiurban und antimo- Wie hölzern Holz sein darf und wie jugendlich es zu
dern kodiert sei. Ihr Holzeinsatz – und längst haben erscheinen hat, wenn es allmählich alt werden will,
sie Mitstreiter und Nachfolger außerhalb des Landes ist eine Frage, die stets von neuem zu verhandeln
gefunden – verlangt Bauherren und Bewohnern ist. Neben den „vernünftigen“ Antworten, die ein-
einiges ab: bewusst wurde nicht immer für die Ewig- mal in diese und ein andermal in jene Richtung
keit gebaut, sondern flexibel und die Halbwertszeiten ausschlagen mögen, weil sie auch ein Spiegel vieler-
von gegenwärtig bestimmenden Bedürfnissen (und lei plausibel zu machender Geschmacksvorstellun-
Familien) bedenkend. Ganz bewusst wurden auch gen sind, berührt sie auch ganz private Sphären:
Strichzeichnungen aus:
die in der modernen Baupraxis und ihren Materi- Ob ein neuer Esstisch in Anbetracht unserer als
Hein, Wilhelm „Die Todten-
bretter im Böhmerwalde“.
alien angelegten Versuche, der Endlichkeit zu ent- potentielle Zerstörer ausgemachten Fräuleins
Entnommen den: „Mittheilun- kommen, hintertrieben. lackiert oder geölt werden soll, oder ob er doch
gen der Anthropologischen Alterndes Holz kann schließlich auch ein Hinweis besser unbehandelt bleibt – diese Frage behandeln
Gesellschaft in Wien“, 21⁄ 1891 auf die Vergänglichkeit des Daseins sein. Das kann meine Frau und ich derweilen an einer finnischen
Feinschalplatte.
Themenschwerpunkt Holzaltern
Ganzheit aus Alt und Neu

Haus Truog Gugalun „Strickbauten“ heißen in Graubünden die aus


Erbaut 1994 massiven Holzbalken gefügten Blockhausbauten.
Versam, Graubünden, CH An-stricken oder Weiter-stricken war Thema des
Architekt Peter Zumthor
Entwurfs eines Zubaues an einen kleinen Hof, bei
dem sich Alt und Neu unter einem gemeinsamen
Dach zu einer harmonischen Ganzheit verbinden.

Die zitierten Texte von Peter „Der kleine Hof, schmale Existenzgrundlage einer großen Teil darin, darüber nachzudenken, wie wir
Zumthor stammen aus dem Bergbauernfamilie über Generationen (der Stuben- die vielen Orte unseres so unterschiedlichen Woh-
Buch: Peter Zumthor Häuser teil datiert von 1760), war für die Erben so zu erneu- nens in der Welt wirklich erfahren – im Wald, am
1979 – 1997, Fotografien von
ern, dass er zeitgemäß bewohnt werden kann, ohne Fluss, auf der Brücke, auf dem Platz, im Haus, im
Hélène Binet.
Lars Müller, Baden, 1998
seinen Zauber zu verlieren – den Zauber seiner Zimmer, in deinem Zimmer, im Sommer, am Morgen,
(2. Aufl.: Birkhäuser, abgeschiedenen Lage am Nordhang (gugalun = den in der Dämmerung, im Regen. Ich höre das Geräusch
Basel⁄ Boston⁄ Berlin, 1999). Mond anschauen), die Natürlichkeit des Fußpfades, der Autos, die vorbeifahren, die Stimmen der Vögel
der als einzige Erschließung zum Haus hinabführt, und die Schritte der Passanten. Ich sehe das ange-
die Spuren des Alters: des schmalbrüstigen, auf rostete Metall der Tür, das Blau der Hänge im Hin-
schlechtem Fundament schief gewordenen Stuben- tergrund, das Flirren der Luft über dem Asphalt.
teils mit seinen zahlreichen Flickstellen im Holzwerk, Ich spüre die Wärme, die abstrahlt von der Mauer
die erkennen lassen, wie klein die Fenster und wie in meinem Rücken. Die Vorhänge in den schlanken
niedrig die Decken und Türen ursprünglich waren. Fensternischen bewegen sich leicht im Wind.
Der Entwurf respektiert diese Dinge. Unter einem Die Luft riecht feucht vom gestern gefallenen Regen,
gemeinsamen neuen Dach wurde dem Bestehenden dessen Wasser im Erdreich des Pflanzentroges
nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht gespeichert ist. Alles, was ich sehe, die Platten aus
fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Zement, welche die Erde halten, die Drähte des
Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Spaliers, die gedrechselten Stäbe des Geländers auf
Holzfeuerung. Dabei haben wir versucht, darauf zu der Terrasse, der verputzte Bogen über dem Durch-
achten, dass eine neue Ganzheit entsteht, in der Alt gang – alles zeigt Spuren der Abnutzung, des
und Neu aufgehen. In zehn Jahren, wenn die Sonne Gebrauchs, zeigt Spuren des Wohnens.
die neuen Holzbalken geschwärzt hat, wird man Und wenn ich genau hinsehe, beginnen mir die Dinge
sehen, wie dieses Ziel erreicht wurde.“ etwas zu erzählen über ihr Wozu und Warum und
über die Art, wie sie hergestellt wurden. Denn all
„So besteht für mich die Suche nach dem neuen dies tritt in ihrer Form und Präsenz zutage oder liegt
Objekt, das ich entwerfen und bauen will, zu einem in ihrer Form und Präsenz verborgen.“

Peter Zumthor, 1943 in Basel


geboren.
Absolvierte zunächst eine
Lehre als Möbelschreiner
und studierte dann an der
Schule für Gestaltung in
Basel und am Pratt Institute,
New York. Von 1968 an
Architekt der Kantonalen
Denkmalpflege Graubünden,
bis er 1979 sein eigenes
Architekturbüro in Halden-
stein⁄ Graubünden gründete.
Er war mehrfach als Lehrer
tätig (in den USA, Deutsch-
land, der Schweiz etc.). 1989
Workshopleiter der Sommer-
akademie in Graz. Zumthor
arbeitet derzeit am Interna-
tionalen Ausstellungs- und
Dokumentationszentrum
„Topographie des Terrors“ in
Berlin.
10
zuschnitt 4.2001 11 Themenschwerpunkt
Abgehoben und seiner Zeit voraus

1930 um 1970

Berghaus Hahnenkamm Das Berghaus Holzmeister ist ein, auf einem


Erbaut 1930 gemauerten Sockel stehender, verschindelter Holz-
Hahnenkamm 20 bau mit Pultdach. Die Ansicht von Westen her war
Kitzbühel, Tirol
anfangs turmartig, wirkt heute allerdings durch
Arch. Clemens Holzmeister
das Aufkommen eines Hochwaldes weniger mar-
kant.

„Ich bin immer bemüht gewesen, mit den Neuerun- Holzmeister das Grundstück verkauft hatte. Das
Clemens Holzmeister, geb. gen der Zeit Schritt zu halten, ständig auf dem Berghaus, wo 1930 zu ersten Mal Weihnachten gefei-
1886 in Fulpmes bei Inns-
Laufenden zu bleiben, aber auch immer die wertvol- ert wurde, war Zentrum der familiären und freund-
bruck, gest. 1983 in Salzburg.
Studium an der Technischen
le traditionelle architektonische Kunst gegen die schaftlichen Beziehungen Holzmeisters. Für einen
Hochschule in Wien bei allzu krassen Auswüchse der modernen Bewegung überaus kommunikativen und mobilen Menschen wie
Ferstel, Simony, König. zu verteidigen.“ (Clemens Holzmeister 1936) ihn bildete es einen idealen Ort, um Gäste zu emp-
1919 – 24 Assistent an der fangen, mit der Familie und Freunden gesellige Tage
Technischen Hochschule. „Auf 1800 m Höhe erbaut 1930. Nach Sonne, Schnee und Abende zu verbringen, nachzudenken, oder in
1924 – 38 Professor an der und Wetter in jener dem vollen Sturm ausgesetzten Ruhe zu arbeiten. Am meisten Leben herrschte im
Akademie der bildenden
Höhe, nach Aufbau und Werkstoff gerichtet. Am Berghaus in den 30er Jahren bis zur Emigration
Künste in Wien. 1928 – 33
Leiter einer Meisterklasse an
Mauerwerk wurde, weil kostspielig, gespart, das Holzmeisters 1938. In den Gästebüchern haben sich
der Düsseldorfer Kunstaka- wegen Schneeverwehung wenig bewohnbare Unter- zahlreiche Freunde, Politiker und Künstler mit Zeich-
demie. 1934 österreichischer geschoß eingezogen, das Holzhaus überkragend. nungen und Gedichten verewigt. Während der
Staatsrat für Kunst. 1938 Dabei ergab sich die merkwürdige, wohltuende NS-Zeit stand das Haus leer.
– 45 lebte er ständig in der Erscheinung, daß durch den Luftzug, der durch den Aus der umfangreichen Publikation des Hauses wird
Türkei und war 1940 – 49 eingezogenen Sockel rings um das Haus entsteht, ersichtlich, dass es nicht allein dem Rückzug ins
Professor an der Technischen
der Schnee nie an dieses herankam, sondern bei Private diente, sondern von Holzmeister selbst
Hochschule in Istanbul. 1953
Großer österreichischer
hohem Schneefall eine fast kreisförmige Wächte einen paradigmatischen Platz in seinem Schaffen
Staatspreis. 1949 – 61 Pro- bildet.“ (Clemens Holzmeister 1937) zugemessen erhielt.
fessor an der Akademie der Das Berghaus Holzmeister liegt in etwa 100 m Architektonisch wurde das Berghaus vielfach gewür-
bildenden Künste in Wien. Abstand vom Haus des Kitzbüheler Malers und digt. Es ist, wie seine Besucherinnen und Besucher
Architekten Alfons Walde, der seinem Jugendfreund übereinstimmen, genial konzipiert, von einer einma-
Themenschwerpunkt
1997 mit neuer Schindelung

13
12
zuschnitt 4.2001
ligen Raumökonomie, einer faszinierenden variablen täfelung aufweisen, ist das einen eigenen Wohnbe- Textauszüge von Georg
Abfolge von funktional genau definierten und doch reich bildende Zimmer im 1. Stock mit großflächigen Rigeles Beitrag über das
Hahnenkammhaus für die
flexibel nutzbaren Räumen, einer klimatischen „Beachpine“-Panelen getäfelt.
Ausstellung „one-hundred
Zonierung, die vom beheizbaren Wohnraum zur houses for one-hundred
gedeckten Veranda und weiter auf die der Sonne Das Haus ist weitgehend im Originalzustand erhal- european architects of the xx
zugewandte Terrasse übergeht. Es bietet je nach ten. Die hohe künstlerische, historische und kul- century“, Milano 2001
Wetter und Stimmung größte Geborgenheit oder turelle Bedeutung des Hauses zeigt sich formal im
Offenheit. Umstand, dass es seit 1994 samt der originalen Buchtipp zum Thema
Die Veranda mit ihren nach unten versenkbaren Inneneinrichtung unter Denkmalschutz steht. In der Clemens Holzmeister
Herausgeber Georg Rigele,
breiten Fenstern diente als Arbeitsplatz. Schiebewän- Begründung des österreichischen Bundesdenkmal-
Georg Loewit
de ermöglichen die Verbindung und Teilung des 37 amtes wird der Schluss gezogen: Haymon Verlag, Innsbruck
m2 großen Wohnraums in drei Bereiche. Einbaukä- „Ohne jegliche historische Anleihen in der Form 2000
sten sind integrierter Bestandteil des architektoni- wurden dennoch alte landschaftsgebundene und
schen Konzepts. traditionelle Bauweisen (nach rückwärts versetzter
Für Holzmeister war die Tiroler Bauernstube ein Maß- Betonsockel, Holzverschindelung) verwendet. Histo-
stab der Wohnlichkeit, nicht so sehr für seine Frau risch gesehen stellt es einen Markstein moderner
Judith (die eine Freundschaft mit Gio Ponti verband). alpiner Architektur dar, in dem funktionelles Raum-
Judith Holzmeister beeinflusste den Entwurfsprozess planen und Naturnähe mit modifizierten Elementen
mit Wünschen nach einer modernen Gestaltung, lokaler Bautradition verbunden wurden.“
einer vom Wohnraum abgetrennten Küche und einer
eleganten Ausstattung des Zimmers im 1. Stock.
Während die Räume im Hauptgeschoß eine Bretter-
Lebens- und Patinafähigkeit im Holzbau

um 1980

Wohnanlage „Im Fang“ Fünf zwei- bis dreigeschoßige Häuser in Holzske-


Erbaut 1979 lettbauweise mit verglasten Veranden sind durch
Gärtnerweg 9 einen gedeckten Innenhof verbunden, an dem die
Höchst, Vorarlberg
Eingänge und Gemeinschaftsräume liegen.
Architekten Cooperative

Otto Kapfinger

Wir wandern durch das nagelneue Haus Helbock der gliedrigen, doch gediegener ausgeführten Arbeiten
Die Arbeitsgemeinschaft Cooperative in Koblach. Es ist 1981 die erste Architek- von Purin oder Wäger.
Cooperative Bau- und
turexkursion aus Wien zur „Vorarlberger Bauschule“. Fast zwei Jahrzehnte später besuchte ich nochmals
Planungsges.m.b.H, Dornbirn
mit Dietmar Eberle, Markus
Am Rand des Grundstückes, etwas auf Distanz, „Im Fang“ und andere kollektive Siedlungen vom
Koch, Wolfgang Juen, Nor- stehen Vorarlberger Kollegen, Purin, Wäger, Gnaiger, Beginn der 80er Jahre. Nach den Gründerfamilien
bert Mittersteiner deren Bauten wir ebenfalls sehen werden. Ich habe lebten hier offenbar bereits Zweit- oder sogar Dritt-
existierte von 1979 – 82 die Hausrunde beendet und trete zu ihnen, und nutzer. Die Anlagen waren mit Patina, mit den Spu-
Hans Purin erklärt gerade, nicht unheftig: „So bringen ren des Lebens, des Alltags und der Aneignung
weitere Bauten der sie den Holzbau in Verruf!“ Er weist auf die untere geradezu gesättigt. Man konnte sehen, dass da und
Cooperative:
westliche Ecke, wo der Fußpfosten der Holzkonstruk- dort auch Schäden entstanden waren, dass verän-
1979 Haus Hämmerle, Fuß-
ach
tion nahe der Grasnarbe ganz offen auf dem Beton- dert und weitergebaut worden war, dass es zusätzlich
1980 Haus Presslaber, Mäder unterbau aufliegt. Auf dieser Reise sah ich erstmals Abdeckungen gab, dass Teile erneuert und andere
1980 – 81 Siedlung Backen- die Bauten der 1. und 2. Generation der Vorarlberger erneuerungsbedürftig waren. Doch der unprätentiöse,
reuthe, Hörbranz Baukünstler, und in dem Satz Purins lag nicht nur der offene, räumliche Charme dieser Bauten hatte
1981 Haus Helbock, Koblach fachliche Kritik, er verdeutlichte auch eine scheinbar noch dazugewonnen. Diese Bauten waren „lebendi-
periphere, doch klare Differenz zwischen den Älteren ge“, sichtbare „Zeitspeicher“, und es stimmte fast
und den Jüngeren – speziell der Cooperative. „Im wehmütig, dies mit dem zu vergleichen, was 15 Jahre
Fang“ in Höchst war damals ganz neu, ganz in später von denselben Architekten nun in großer
leuchtendes, unbehandeltes Fichten- und Kiefern- Stückzahl mit Bauträgern für die anonyme Mittel-
holz gehüllt, und ich verhehle nicht, dass diese schicht gebaut wurde.
unbekümmerten, offenen Baustrukturen mich Die Frage nach der einfachen, rohen Bauweise als
damals stärker berührten, als die ebenfalls so fein- ästhetisches Konzept oder nach der Lebens- und
Themenschwerpunkt
1979 Herbst 2001

14
15 zuschnitt 4.2001
Patinafähigkeit im Holzbau führt in diesem Zusam- gestrichenen Häuschen einnisten. Man wollte kollek-
menhang zurück auf Purins Bemerkung und jene tiv, alternativ leben, selbstbestimmt, die Ressourcen Otto Kapfinger
Studium der Architektur an der
Distanz, die da zu seinen „Nachfolgern“ sichtbar schonen, nomadisch und „natürlich“ sein. Baubiolo-
Technischen Universität Wien.
wurde. Purin und auch Wäger, der ja gelernter Zim- gie war eher unbekannt. „Im Fang“ hatte jede Menge 1981 bis 1990 Architekturkritiker
merer war, hatten mehr als ein Jahrzehnt gekämpft, an Spanplatten und am Dach Asbestwellplatten. der Tageszeitung „Die Presse“.
um den Holzbau für die mittlere und untere Mittel- Perfektion war kein Ideal, Langlebigkeit eine klein- Diverse Buchveröffentlichungen
schicht überhaupt wieder salonfähig zu machen, um bürgerliche Zwangsvorstellung. Nicht Wachsmanns und Ausstellungskonzeptionen
die Vorurteile gegen das bäuerliche, billige, erhal- Holzbaubuch war hier die Bibel, viel eher die „Hand- zur modernen und gegenwärtigen
tungsaufwendige, wenig prestigeträchtige Material made Houses“ und „Shelter“ – Kataloge der amerika- Baukunst in Österreich.
Wissenschaftlicher Berater des
mit ihren Beispielen zu entkräften. Konstruktiver nischen Dropout-Bewegung. Speziell die Cooperative
Architektur Zentrum Wien.
Holzschutz und Detailsorgfalt waren dabei enorm lag mehr auf der subversiven, pfiffigen Linie von
wichtig, gerade in der alemannischen Gesellschaft, Walter Segal. Selbstbau, einfachste Details ohne
die extrem auf Sauberkeit, Ordnung, Tüchtigkeit, komplizierte Maschinen und Verfahren war die Devi-
Effizienz etc. orientiert ist. Für die nächste Architek- se: Veränderlichkeit in jeder Hinsicht war ein größerer
tengeneration waren andere Werte wichtig. Eberle Wert als Beständigkeit, das Zelt als Metapher lag
& Co wollten schnell etwas bauen, schon während viel näher als die Villa. Holz war dieser Generation
des Studiums, wollten billig bauen, wollten gemein- ein Mittel zum Zweck, keine Weltanschauung, schon
schaftlich bauen und wohnen. Holz war dazu das gar keine regionalistische. Als die Cooperative sich
Naheliegendste, dem Selbstbau, der Bastelei, der größeren Aufgaben zuwandte, wurde Holz fallenge-
leichten Veränderbarkeit, dem Lebensgefühl der lassen und massiv gebaut. Dieser Pragmatismus im
Nach-68er adäquat. Diese Generation wollte sich Idealismus der Jugendjahre war – aus meiner heuti-
nicht in fein geputzten, ordentlich jedes Jahr neu gen Sicht – die noch stärkere, die wirkliche Triebfeder.
Was das Holz hält

1996

Vetterhof Eine langgestreckte, introvertierte U-Form aus drei


Erbaut 1996 Baukörpern umfasst zwei große Höfe, welche von
Alberried 14 einer Durchfahrt getrennt werden: den Wohnhof
Lustenau, Vorarlberg
im westlichen Bereich sowie den Viehhof im Osten
Architekt Roland Gnaiger
mit offenen Ställen und Melkturm.

Renate Breuß

Landwirtschaftliche Bauten sind in Vorarlberg tradi- sern im Bregenzerwald wissen wir, dass das unbe-
Roland Gnaiger tionell in Holz ausgeführt. Ein Bauernhof aus Beton handelte Holz langsam altert, dabei grau und
1971 – 77 Architekturstudium
und Stahl: eine Faust aufs Auge, meint Hubert Vet- schwarz wird – und trotzdem hält.“
an der Akademie der bilden-
den Künste in Wien und an
ter, der organisch-biologischen Landbau im mehr-
der TU Eindhoven⁄ Niederlan- fach ausgezeichneten Vetterhof in Lustenau „Mit Farbe behandeltes Holz kam für mich nicht in
de. Seit 1979 Büro in Doren betreibt. Frage, ich habe das auf unserem elterlichen Hof
und Bregenz. Von 1985 – 92 Gemeinsam mit seiner Frau Annemarie hat er vor einmal erfahren. Man musste etwas tun und da hat
wöchentliche Beiträge zu zehn Jahren das Konzept eines Neubaus in Angriff eine Firma dieses „Zeugs“ darauf gestrichen und
Architekturthemen im genommen und – offen für moderne Architektur gespritzt. Da dachte ich mir, das ist doch ein Kitsch
lokalen TV Vorarlbergs. Seit
– mit Roland Gnaiger seinen Architekten gefunden. und das Holz erstickt darunter. Der alte Stadel, der
1996 Professor und Leiter der
Meisterklasse Architektur an
Noch heute habe er ein gutes Verhältnis zu seinem unbehandelt blieb, hat wesentlich besser als der
der Universität für Gestal- Planer, welcher im Sinne des bäuerlichen Selbstver- Wohnteil gehalten. Seither war das für mich kein
tung in Linz. Zahlreiche ständnisses die Grenze des Architekteneinflusses Thema mehr. Auch der Planer hat uns geraten, das
Bauten und Projekte in deutlich früher gezogen sah. In einem Gespräch mit Holz nicht zu behandeln.“
Vorarlberg. 1994 und 1998 Renate Breuß erzählt der Bauherr nach fünf Jahren
Vorarlberger Landesbaupreis. Nutzung von seinen Erfahrungen mit nicht oberflä- „Unsere Außenfassade ist mit Lärchenbrettern ver-
chenbehandelten Baustoffen. schalt. Als wir für die spätere Anbringung der Solar-
anlage einige Bretter wegnehmen mussten, waren
„Holz ist für mich ein lebendiger Baustoff, der warm diese nach eineinhalb Jahren schon glashart, richtig
ist und der mir ein heimeliges Gefühl gibt. In Holz ausgebrannt. Wichtig ist, dass die Bretter sägerau
kann ich selbst reparieren und als nachwachsender sind und nicht gehobelt. Zudem wollte ich keinen
Rohstoff ist Holz für mich verfügbar. Von den Häu- Maler anstellen: der wäre bei 1.400 m2 Außenwand
Themenschwerpunkt
Herbst 2001

17
16
zuschnitt 4.2001
viel beschäftigt. Die Sorge, dass alles schwarz und „Heute wissen wir – wie mir auch viele Fachleute
grau wird, kann ich nicht teilen. Mich stört das bestätigen – dass die Kombination dieser Holzbö- Dr. Renate Breuß
Kunsthistorikerin, externe
nicht, ob das jetzt schwarz oder grau oder weiß ist den mit den lehmverputzten Wänden ideal ist. Der
Lehrbeauftragte an der
– halten muss es und wohl fühlen müssen wir uns.“ Lehm nimmt genügend Feuchtigkeit auf und gibt Fachhochschule Dornbirn,
diese wieder ab, dadurch entstehen keine Risse. Studiengang Intermedia.
„Im Innenbereich haben wir – außer in den Verarbei- Zudem fühlt sich der Boden immer warm an, im Publikationen und Aufsätze
tungsräumen – nur unbehandelte Holzböden. Brei- Vergleich dazu ist ein versiegelter Boden kalt. Das zu alltagskulturellen The-
te, rohe Lärchenbretter, links gehobelt. Die Wahl der durch den Verzicht auf Schleifen und Ölen einge- men.
Böden hat uns lange beschäftigt. Einerseits ist es sparte Geld haben wir in eine Putzmaschine inve-
ein großer Kostenfaktor und andererseits gehen bei stiert, mit der der Boden lediglich nass aufgewischt
uns viele Leute in Straßenschuhen ein und aus. wird. Mit dem Älterwerden wird immer schöner.“
Versiegelt, geölt oder gewachst, das waren die
anfänglichen Perspektiven. Nach dem Besuch einer „Direktverkauf und Seminarbetrieb bringen viele
Baulehrschau haben wir uns für den rohen Boden Leute in unser Haus. Einmal erzählte mir eine Frau
entschieden, da dieser nach einem verregneten von allergieartigen Beschwerden, die sie in jedem
Messetag als einziger keine „schwarze Autobahn“ neuen Haus habe, hier jedoch nicht. Sie wollte wis-
aufwies. Trotz größter Skepsis hat der hiesige sen, was hier drinnen anders als in anderen Neubau-
Bodenleger den Boden so gemacht und uns Risse ten sei. Ich sagte: Was anders ist, kann ich nicht
und Spalten, durch welche das Geld durchfalle, sagen. Ich weiß nur, dass nichts herinnen ist, was
prophezeit.“ nicht herein gehört.“
Hineinverwittern in die Landschaft

1992 dazwischen

Abbundhalle Zimmerei Eine sehr helle, leichte, rasch montierte Halle von
Michael Kaufmann 16 x 45 m, von der Firma selbst als Demonstration
Erbaut 1992 modernen Ingenieurholzbaus detailliert und gefer-
Baien 116
tigt, dient als Anbau an die bestehende Substanz.
Reuthe, Vorarlberg
Arch. Hermann Kaufmann

„Holz ist ein Material, das sich gegen sämtliche Das kommt in unserem Büro auch immer mehr in
Hermann Kaufmann Oberflächenbehandlungen wehrt, es wehrt sich das Planungsprozessdenken mit hinein. Wenn man
1975 – 84 Studium in Inns-
einfach gegen den Schutz. Das Holz will atmen, es Erfahrung hat, kann man vorausschauend ziemlich
bruck und Wien. Seit 1983
eigenes Architekturbüro in
will Luft haben, es will altern.“ genau sagen, wie ein bewitterter Holzteil in zehn
Partnerschaft mit Christian Jahren ausschauen wird, je nach Höhenlage des
Lenz und Elmar Gmeiner. „In der Oberflächenbehandlung von Holzfassaden Hauses, je nach Klimaverhältnis, nach Wetterlage,
Pionier des Vorarlberger haben wir einiges versucht im Lauf der Zeit. Nichts selbst das Kleinklima um ein Haus ist entscheidend.“
Holzbaus z.B. beim Pilotpro- war länger haltbar. Da gab es eine farblose Dick-
jekt Geschoßwohnbau schichtlasur einer Schweizer Firma, von der es hieß, „Ich bin der Meinung, dass Massivholz nach wie vor
Ölzbündt. Arbeitet an der
sie hätte einen UV-Schutz, das Holz verwittere nicht das beste ist. Alles andere, jeder Holzwerkstoff ist
Entwicklung von Systemen.
1999 Vorarlberger Holzbau
und bliebe wie neu. Wie ein Plastikfilm, eigentlich eigentlich von der Haltbarkeit her schlechter als
– Anerkennungspreis für die pervers. Und wir haben an die Firma geglaubt wie an Massivholz, als das normale Holzbrett. Das ist einmal
Radwegbrücke Gaißau die Swiss-Air. Nur – innerhalb von einem Jahr war ein Grundsatz, für den es noch keinen Gegenbeweis
2001 Vierter Vorarlberger das eine grauenhafte Geschichte, aufgesplittert auf gibt. Eine zweite Grundsatzentscheidung liegt in der
Hypo-Bauherrenpreis, Preis- der Südseite, einfach grausig.“ Steuerung des Verwitterungsprozesses. Da gibt es
träger in 3 Kategorien zwei Strategien, die sich natürlich architektonisch
2 Auszeichnungen
„Mittlerweile bin ich eher zurückgegangen und habe auswirken: Der Versuch, das Holz wirklich zu schützen
2001 Vorarlberger Holzbau-
preis, in 3 Kategorien Aus-
das Thema der natürlichen Verwitterung kultiviert, oder konsequentes Verwittern.“
zeichnungen also das Zurück ganz auf das Ursprüngliche.“
„Diese vielzitierte 10-Jahresphase, in der das Holz
„Daraus gibt es Erfahrungen. Wie sich das Verwit- angeblich noch nicht schön ausschaut, muss man
tern entwickelt, wie sich das Holz verhalten wird. aus meiner Sicht differenziert betrachten.
Themenschwerpunkt
Herbst 2001

19
18
zuschnitt 4.2001
Unbehandelte Fassaden, die gleichmäßig bewittert „Überzeugungsarbeit leisten wir in Vorarlberg seit
werden, sind in jeder Phase schön. Da gibt es keine vielen Jahren, auch öffentlich. Nun spüre ich, dass Gedankensplitter von Her-
Fleckigkeit, es ist ein kontinuierlicher Prozess, in der Kreis von Menschen, Bauherrn, die das natürliche mann Kaufmann zum Altern
von Holz. Auszüge aus einem
dem das Holz ganz gleichmäßig von Braun ins leicht Holzaltern nicht nur akzeptieren, sondern auch als
Gespräch, das am 4. Oktober
grau Schimmernde, ins Hellgrau bis ins Dunkelgrau Qualität sehen, größer wird. Das Hauptargument für 2001 in Graz stattfand.
übergeht.“ diese Menschen ist die ökologische Schiene. Außer-
dem wird Holz als Baustoff gesehen, der Innovation
„Will man es also verwittern lassen, vermeidet man ausdrückt, eine kulturell höherwertige Haltung. Die
Vorsprünge. Man plant möglichst glatt und fassa- Schicht der Neureichen ist natürlich absolut keine
denbündig, möglichst klar, ohne differenzierte Bau- Holzkundschaft. Das ist eher, nach wie vor, wie in
körper und am besten mit flächigem Material. Oder den sechziger-, siebziger Jahren diese halbintellektu-
man schützt konsequent mit einem durchgehenden elle Schicht. Die gehen mit, leben mit, sind diesen
Vordach und hat dann die Chance, dass Argumenten zugänglich. Ein wichtiges Argument für
das Holz von der Sonne gebräunt wird und diesen den sparsamen Vorarlberger ist ein ganz pragmati-
schönen goldbraunen Ton bekommt, relativ gleich- sches. Wenn man die Lebensdauer von Holz nimmt
mäßig je nach Exposition. Was aber viel mit der und errechnet, was in dieser Lebensdauer das Strei-
Höhenlage zu tun hat; ab 1.000 Metern Höhe ist das chen kostet, dann ist es viel billiger, das Holz verwitt-
überhaupt kein Problem, da werden die Südseiten ern zu lassen. Ein zweites wichtiges Argument sind
prinzipiell sonnenverbrannt, weil die UV-Strahlung in einem Holzbauland wie Vorarlberg die vielen alten
so hoch und die Luft so trocken ist, dass es fast verwitterten Häuser, an denen sich kein Mensch
ohne Vordach funktioniert, während die Nordseite stößt. Dieses Hineinverwittern in die Landschaft,
grau wird.“ besonders im ländlichen Raum …“
Doppelt hält besser

1993 Herbst 2001

Wohnbau Spitzweg Zwei keilförmig zueinander gestellte Baukörper in


Erbaut 1993 Betonscheibenkonstruktion mit geringer Gebäude-
Otto-Loewi-Gasse 18-34 tiefe sind mit Holzriegelwänden und vorgehängten
Graz, Steiermark
Fassaden aus Glas im Süden und Sperrholzplatten
Arch. Volker Giencke & Co
im Norden ausgefacht.

Am Anfang stand ein Wettbewerb zum Thema Bruynzeel, wurden schon im Werk nach Plan
O. Univ.-Prof. Arch. Dipl.-Ing. „Kostengünstiges Bauen“, für den Giencke & Co eine geschnitten, mit pigmentiertem Mehrfachanstrich
Volker Giencke studierte
Lösung anbieten, die – logisch abgeleitet aus der versehen – an den Kanten, die offen blieben, mit
Architektur und Philosophie
in Graz und Wien. Seit 1981
architektonischen Prägung von Volker Giencke und einer zusätzlichen Schicht – und auf der Baustelle
führt er sein eigenes Büro in seinen Vorbildern Le Corbusier und Jean Prouvèe – nur mehr verschraubt. Für die Platten gab es eine
Graz. Giencke zählt zu den industriell vorgefertigte Elemente in Mischbauweise zehnjährige Garantie, für den Anstrich nur fünf
profiliertesten Architekten vorsieht. Nun weiß jeder, der den „natürlichen“ Ver- Jahre. Was für die Behörde, die Wohnbauförderungs-
der Steiermark, er hat zahl- lauf der Realisierung eines Wohnbaus in der Steier- stelle des Landes nur nach langen Verhandlungen
reiche Auszeichnungen mark kennt, mit welchen erheblichen Reibungsver- akzeptabel war, erweist sich nicht nur als elegant
erhalten und ist Professor
lusten aus den besten Entwürfen oft konventionelle und formschön, sondern nach nunmehr acht Jahren
am Institut für Entwerfen an
der Baufakultät der Universi-
08 ⁄ 15 Bauten werden. Nicht so mit Giencke! Der auch als äußerst dauerhaft. Veränderungen an der
tät Innsbruck. setzte, nach dem Ausstieg der Wohnbaugenossen- Oberfläche der Fassade sind bis auf ein leichtes
schaft, mit Beharrlichkeit und Ausdauer die Leicht- Nachdunkeln kaum wahrnehmbar, was auch daran
baufassaden durch. liegen mag, dass sie nur in geringem Ausmaß direk-
An der „warmen“ Südseite wird an zurückspringen- ter Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Die Oberflä-
den, geschützten Fassadenteilen weiß gestrichene che ist jedenfalls noch völlig intakt und zeigt sich
Holzschalung verwendet, an exponierten Bauteilen edel wie ein Möbelstück.
weiß emailliertes Glas und auf der im Norden gele- Giencke wusste sie freilich richtig zu schützen: weit
genen „kalten“ Erschließungsseite eine Verkleidung überstehende Flugdächer aus Stahl⁄ Glas geben ein
aus hochwertigem Schiffssperrholz. Diese Multipa- Beispiel richtig angewandten baulich-konstruktiven
neelplatten in Okumee, einem laut Zertifikat Holzschutzes – und sind zudem wesentliche gestalt-
gezüchteten Tropenholz der niederländischen Firma gebende Elemente.
Literatur Diplomarbeiten

Literatur und Diplomarbeiten


Themenschwerpunkt
20
21
Lernen aus Schäden im Holzbau Analyse des konstruktiven Holzschutzes an mehrgeschoßigen
Ursachen Vermeidung Beispiele Bauten
Francois Colling Martin Teibinger, 1999

zuschnitt 4.2001
Fraunhofer IRB Verlag, 2000 Änderungen der Bauordnungen in Österreich ermöglichen
459 Seiten, ATS 1.087, DM 154, EURO 79 nun die Errichtung von bis zu drei Vollgeschoßen aus Holz.
Ziel dieses Buches ist es, typische Mängel und Schäden im Ziel dieser Arbeit ist es, an Pilotprojekten die Ausführungen
Holzbau aufzuzeigen, ihre Ursachen zu finden und Hinweise des konstruktiven Holzschutzes zu untersuchen und darzustel-
zur Vermeidung zu geben. len. Die Analyse fokussiert den Fenstereinbau, den Sockel-
Dabei werden die Materialauswahl, der Wärme- und Feuchte- und Dachbereich, die bei einer Holzfassade relevanten Punkte
schutz, die Luftdichtheit der Gebäudehülle und der bauliche sowie die Ausbildung von Stoßfugen, Eckbereich, Hinterlüf-
Holzschutz betrachtet. Weitere Aspekte sind die Ausführung, tung und Befestigung. Während immerhin fünfzig Prozent der
der Schallschutz und die Frage von Schadstoffen in der Bauten in den Sockel- und Dachbereichen korrekt ausgeführt
Raumluft. Im 1. Teil werden anhand von häufig gemachten waren, konnte lediglich ein Drittel der Objekte einen ord-
Fehlern in Planung und Ausführung besonders beachtenswer- nungsgemäßen Fensteranschluss vorweisen. Weiters zeigte
te Punkte erläutert. 65 Schadensfälle belegen im 2. Teil die sich, dass hauptsächlich bei der Fugenausbildung der Fassa-
Nichtbeachtung der angeführten Regeln. Nicht zuletzt werden den und im sensiblen Eckbereich fehlerhafte Konstruktionen
Sanierungsvorschläge gemacht. Angesichts der technischen auftraten, während die Hinterlüftung und die Befestigung
Ausrichtung soll dieses Buch vor allem die an einem Bau betei- größtenteils konstruktiv richtig ausgeführt waren. Da oft
ligten Fachleute ansprechen. billigen, aber problematischen Ausführungen der Vorzug
gegeben wird, betont der Autor die Wichtigkeit gezielter
Holzfassaden – Konstruktion, Gestaltung, Beispiele Aufklärung über den richtigen Einsatz von Holz und setzt auf
Ursula Baus, Klaus Siegele das Aufzeigen von Risiken und Mängeln, um Planern, Bauträ-
Verlag DVA, 2000 gern und Ausführenden die Bedeutung des konstruktiven
128 Seiten, ATS 364, DM 50, sFr 46, EURO 26,45 Holzschutzes zu demonstrieren.
Unter ökologischen Gesichtspunkten überzeugt Holz seit Betreuer: em. O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmuth Josef Resch
jeher, aber konstruktiv-gestalterisch haftete ihm über Jahr- Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holzforschung
zehnte die Anmutung des Biederen, Regionalen, Antiquierten www.boku.ac.at
an. Das hat sich in jüngster Zeit radikal geändert, nicht
zuletzt durch das Angebot einer Vielzahl leistungsfähiger, Zusammenhang zwischen Aufbringmenge und Wirkungstiefe
industriell gefertigter Holzwerkstoffe. von Holzschutzmitteln : Konsequenzen für die praktische
Der vorliegende Band zeigt an gebauten Beispielen die Anwen- Anwendung von Randschutzverfahren
dung von Holz in der Fassade. Nach einer grundsätzlichen Gerhard Gruell, 1998
Einleitung, die auf Planungsgrundlagen, Werkstoffe und deren Um die Wirksamkeit von chemischen Holzschutzmitteln gegen
Verarbeitung eingeht, werden 22 Bauobjekte, größtenteils aus holzzerstörende Pilze bei praktisch möglichen Aufbringmengen
dem Alpenraum, vorgestellt. Anhand der umfassend vorge- zu untersuchen und den Zusammenhang zwischen Aufbring-
stellten Details wird ersichtlich, wie unentbehrlich eine wohl menge und Wirkungstiefe zu ermitteln, wurden in dieser
überlegte Planungsarbeit für den Schutz der Fassade gegen Arbeit Eindring- und Wirkungstiefen von wasserverdünnbaren
Feuer, Wasser und Temperaturschwankungen ist. Zudem und lösemittelhaltigen Grundiermitteln bei verschiedenen
erfährt man die wichtigsten Regeln für die Verbindung der Aufbringmengen auf Fichten- und Kiefernholz bestimmt. Mit
einzelnen Fassadenelemente, um Bauschäden zu vermeiden. einer Borsalzlösung wurden aufgrund einer feuchtebedingten
Wanderung des Wirkstoffes die höchsten Wirkungstiefen
Holzhausbau – Technik und Gestaltung erreicht. Durch eine Erhöhung der Wirkstoffkonzentration im
Neuausgabe Holzschutzmittel bei geringeren Aufbringmengen konnten
Konrad Wachsmann nur bedingt Verbesserungen der Wirksamkeit erreicht werden.
Beiträge von Christa und Michael Grüning sowie Christian Sumi Conclusio: Für die praktische Anwendung ist es notwendig,
Birkhäuser Verlag, 1995 die Wirksamkeit von wasserverdünnbaren Holzschutzmitteln
172 Seiten, ATS 716, DM 98, sFr 88, EURO 52 zu verbessern, um die Aufbringmengen minimieren zu
Konrad Wachsmanns Standardwerk wird aufgrund zunehmen- können.
der Aktualität des Baumaterials Holz insbesondere von Betreuer: em. O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Helmuth Josef Resch
jüngeren Architekten immer wieder ins Gespräch gebracht. Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Holzforschung
Wachsmann zeigt in diesem neu aufgelegten Buch, welche www.boku.ac.at
innovativen Formen als Folge der industriellen Fertigung des
„alten“ Baumaterials Holz möglich sind, wenn es nach moder- Mehrschichtige Gebäudehüllen
nen Konstruktionsprinzipien verarbeitet wird. Wolfgang Beyer, Rudolf Stürzlinger, 1999
Einleitend stellt Wachsmann drei grundsätzlich verschiedene Die Autoren messen der Gebäudehülle eine große Bedeutung
Holzbauweisen vor: die Fachwerk-, die Tafel- oder Platten- und als Schnittstelle zwischen innen und außen bei. An ausge-
die Blockbauweise. Im Hauptteil werden neben Bauten des wählten Objekten untersuchen sie die an die Hülle und ihre
Autors auch jene von renommierten Zeitgenossen mit unterschiedlichen Schichten gestellten Anforderungen. Dabei
Plan zeichnungen und Fotografien gezeigt und damit die gilt ihr Hauptaugenmerk den Hüllen in Holzbauweise. Die
vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Holz. Zwei einfüh- allgemeine Analyse wird durch eine bauphysikalische Unter-
rende Essays schaffen einen neuen Zugang zu diesem Buch. suchung eines konkreten Projektes vertieft und letztendlich
Michael Grüning (Wachsmann-Report) und Christa Grüning werden die Ergebnisse mittels anschaulicher Darstellung
skizzieren den biografischen und zeitgeschichtlichen Hinter- – Grafiken, Schaubildern und Piktogrammen – vermittelt.
grund Wachsmanns. Christian Sumi stellt die aktuelle Bedeu- Betreuer: Dipl.-Ing. Martin Aichholzer, TU-Wien, Institut für
tung Wachsmanns für heutige Architekten dar. Tragwerkslehre und Ingenieurholzbau, www.iti.tuwien.at
Forschungspanorama Oberflächenschutz
von Holzfassaden

Jürg Fischer – Jürgen Sell – Urs Wigger

Unbehandeltes Holz, das Sonne und Regen ausge- einstrahlung geschwächten Oberfläche verlaufen
setzt ist, ändert mit der Zeit Struktur und Farbe. aber nicht immer so schön gleichmäßig, dass eine
Photochemische, physikalische und biologische attraktive Patina erreicht wird. Vielmehr verändert
Vorgänge verändern dabei die chemische Zusam- sich eine Holzfassade je nach Einflussbedingungen
mensetzung an der Holzoberfläche, können im oft recht ungleichmäßig.
ungünstigsten Falle aber auch tiefgehende Holz-
durchfeuchtungen und in der Folge Fäulnis durch
holzzerstörende Pilze nach sich ziehen. Bei Holz-
fassaden, die gut belüftet sind und eine große
Oberfläche haben, spielen meist nur die oberfläch-
lichen Veränderungen des Erscheinungsbildes eine
Rolle; diese haben also lediglich ästhetische
Auswirkungen. Einwandfreie baulich-konstruktive
Gestaltung vorausgesetzt, wird die technische
Funktionstüchtigkeit nicht beeinträchtigt, wie
jahrhundertealte unbehandelte Holzfassaden
bezeugen.
Wenn Fassaden oberflächenbeschichtet werden,
hat dies einerseits ästhetische Gründe, sei es, weil
man farblich gestalten will, sei es, weil die natürli-
che Verwitterung von Holz unerwünscht ist, ande-
rerseits haben Oberflächenbehandlungen wichtige
Schutzaufgaben.

Warum verwittert Holz?


Wird Holz dem Sonnenlicht ausgesetzt, vor allem
seiner UV-Strahlung, erfolgt ein Abbau der Holzbe-
standteile an der Oberfläche; einen solchen „Son-
nenbrand“ erleidet vor allem das Lignin, eine Matrix-
substanz ähnlich wie das Kunstharz in Erheblich ist der Zeiteinfluss: Holzfassaden, die ein
faserverstärkten Kunststoffen. Dies führt zu einer halbes Jahr nach Fertigstellung noch kaum Anzei-
Holzvergilbung und mit der Zeit zu mehr oder weni- chen einer Verwitterung zeigen, sehen nach wenigen
ger tiefer Braunfärbung. Jahren völlig verändert aus.

Der Artikel ist eine gekürzte


Fassung von „Oberflächen-
schutz von Holzfassaden“
aus Lignatec 13⁄ 2001, die
technischen Holzinformatio-
nen der Lignum. Mit freund- Fichtenholz unbewittert nach 180 Tagen
licher Genehmigung der
Kommt auch Regen an die Holzoberfläche, werden
Autoren und Lignum, der
Schweizerischen Holzwirt-
die Abbauprodukte des Lignins ausgewaschen, Dabei spielt die Himmelsrichtung eine große Rolle:
schaftskonferenz. Abrufbar wobei die silbrig-weiße Cellulose (die andere wichti- Westexponierte Fassaden verwittern wegen der
unter: www.lignum.ch ge Holzsubstanz), die viel lichtbeständiger ist, an stärkeren Beregnung rascher und anders als ost-
der Oberfläche zurückbleibt. exponierte. Vertikale Holzflächen verwittern viel
Die Holzbefeuchtung durch Tau und Regen führt langsamer als geneigte oder gar horizontale.
Jürgen Sell, EMPA, Abteilung aber stets auch zu dichter oberflächlicher Besiede-
Holz, Dübendorf
lung durch dunkelfarbige Schimmelpilze (Bläue- Der Schutz der Fassade durch Vordach und Fassaden-
Jürg Fischer, Fischer Timber
Consult, Bubikon
bzw. Vergrauungspilze), die nach einigen Monaten vorsprünge reduziert die Wetterbeanspruchung und
Urs Wigger, SH-Holz, Abtei- bis wenigen Jahren das Holz grau bis schwarz verfär- damit die Verwitterung beträchtlich, dies aber meist
lung ben. Diese Verfärbung und die zugleich einsetzende nur lokal. Daher verfärben sich teilweise geschützte
Forschung&Entwicklung, Biel oberflächliche Erosion der durch die Sonnen- Fassaden meist ungleichmäßig.
Forschungspanorama
22
23
180 Tage nass

zuschnitt 4.2001
180 Tage trocken

unbewittert trocken

Fichte Lärchen-Kernholz Eichen-Kernholz

Relativ gering ist der Einfluss der Holzart auf die _Abheben der Holzfassaden vom Spritzwasserbe- Weitgehend gleichartige
Oberflächenverwitterung: Alle Hölzer verwittern reich sowie bei Dachausbauten von der Dachein- Verwitterung und Verfär-
unter Wetterbeanspruchung auf ähnliche Weise, so deckung (Distanz mindestens 30 cm). bung von Fichte, Lärche und
dass man nach einigen Jahren kaum mehr erkennt, _Abdeckung von horizontalen oder wenig geneig- Eiche.
ob es sich um eine Fichten-, Lärchen- oder Eichen- ten Holzflächen (auch schmalen) mit dauerhaft
fassade handelt. Die Haltbarkeit von Oberflächenbe- wetterbeständigem Material (geeignete Metalle,
schichtungen ist auf den verschiedenen Hölzern zementgebundene Platten).
(und Holzwerkstoffplatten) aber zum Teil sehr unter- _Abtropf-/Austrocknungsmöglichkeiten schaffen,
schiedlich. so dass „Wassersäcke“ vermieden werden.
_Kantenrundung vorsehen (minimaler Rundungsra-
Außerdem sind die Holzarten im durchfeuchteten dius 2 mm), scharfe Kanten von Holzprofilen lassen
Zustand unterschiedlich widerstandsfähig gegen sich nicht ausreichend dick beschichten. Sie sind
holzabbauende Pilze. So ist z.B. Fichtenholz leicht deshalb Schwachstellen, an denen die Beschichtung
abbaubar, Lärchenkernholz leicht bis mäßig und rasch aufreißt und sodann Wasser ins Holz eindrin-
Eichenkernholz wenig abbaubar. Diese Eigenschaft gen lässt.
spielt dann eine Rolle und muss, je nach natürlicher
Holzresistenz, durch konstruktive und andere Bauteile mit großen Anforderungen an die Maßhal-
Schutzmaßnahmen kompensiert werden, wenn Holz- tigkeit (Fenster, Fensterläden) stellen besondere
teile für längere Zeit durchfeuchtungsgefährdet Anforderungen an eine sorgfältige Detailkonstrukti-
Durch weitauskragendes
sind; dies ist bei Fassadenverkleidungen in der Regel on (und an die Schutzwirkung der Oberflächenbe- Vordach sehr gut wetter-
aber nicht der Fall. handlung). Bei intensiver Wetterbeanspruchung geschützte Holzfenster,
kann es sinnvoll sein, Materialkombinationen einzu- Fassadenplatten aus Sperr-
Ohne Oberflächenschutz ist die Verfärbung und setzen. holz und Terrassenrost.
Aufrauung von Hölzern nicht zu vermeiden; eine
gleichmäßige Verwitterung der Fassaden ist eher die
Ausnahme.

Baulich-konstruktiver Schutz als Voraussetzung einer


hohen Dauerhaftigkeit
Alles, was die Wetterbeanspruchung verringert und
vor allem die Durchfeuchtung der Fassadenteile aus
Holz via Einschnitte, Fugen, Hirnholzanschnitte,
Risse, offene Leimfugen usw. verhindert, verlängert
die Lebensdauer der Fassade und ihrer Oberflächen-
behandlung zumeist drastisch. Die Grundregeln des
baulichen Holzschutzes sollen immer eingehalten
werden.
Es sind dies:
_Verringerung der Wetterbeanspruchung durch
Vordächer, Fassadenvorsprünge, Anbauten, beson-
ders auf Fassaden mit westlicher bis südlicher Aus-
richtung.
_Vermeidung jeglicher Eintrittspforten für Regen-
wasser, vor allem via Hirnholz.
Oberflächenbehandlungen für Holzfassaden sind – vorwiegend aus ökologischen Gründen –
_Arten von Oberflächenbehandlungen durch die wasserbasierten Acrylate, Alkyde und
Das Angebot an Oberflächenbehandlungen für Holz Mischungen aus diesen beiden Polymeren (Hybrid-
im Außenbau ist äußerst vielfältig und nicht leicht bindemittel) weitgehend ersetzt worden. Darüber
zu überschauen. Es sind mehrere begriffliche Klas- hinaus gibt es Produkte mit natürlichen Bindemit-
sierungen praxisüblich: teln wie gelöste oder in Wasser emulgierte tierische
_Nach der Bindemittelart Die lösemittelbasierten und pflanzliche Öle (z.B. Fisch- und Leinöl).
öligen Alkydharze und andere Kunstharz-Bindemittel _Nach der Pigmentierung Man unterscheidet
unpigmentierte und damit voll transparente Pro-
Tabelle 1 Empfehlungen für die Wahl des Typs der Oberflächen- dukte (z.B. die sog. „Klarlacke“), „lasierend“ pig-
behandlung in Abhängigkeit von der Wetterbeanspruchung und mentierte, teiltransparente und „deckend“ pigmen-
der erforderlichen Maßhaltigkeit des Bauteils (en 927-1). tierte, undurchsichtige Behandlungen.

Wetterbeanspruchung Erforderliche Maßhaltigkeit


keine oder geringe mittel groß
z.B. Fassadenverkleidung z.B. Pergola, Balkonkonstruktion z.B. Fenster und Türen

gering Dünnschichtlasur, wenig pigmentiert Dickschichtlasur, wenig pigmentiert Dickschichtlasur, wenig pigmentiert
Klarlacke 1)

mittel Dünnschichtlasur, kräftig pigmentiert Dickschichtlasur, kräftig pigmentiert Dickschichtlasur, kräftig pigmentiert
oder deckende Lackierung

groß Dünnschichtlasur, deckende Dickschichtlasur, kräftig pigmentiert deckende Lackierung mit großer Film-
Lackierung oder deckende Lackierung dicke, (besser sogar Verkleidung durch
Aluminiumprofile)

1) Für direkt wetterbeanspruchte Holzteile nicht geeignet.

Tabelle 2 zeigt auf einen Blick alle Möglichkeiten der Oberflä-


chenbehandlung von Holz und gibt Anwendungshinweise im
Hinblick auf ihre Eignung für Holzfassaden.

Art der Oberflächen- Merkmale und Vorteile Grenzen,


behandlung Nachteile

Keine Schutzmaßnahme Bildung einer natürlichen Altersfarbe bzw. Patina; 1) Oft ungleichmäßige Verfärbungen, Befall durch holzver-
kein besonderer Aufwand grauende Pilze

Farblose, wasserabweisende Verwitterung wie unbehandeltes Holz, aber verlangsamt; Hydrophob, aber wasserdampfdurchlässig; nur für vertikale
Imprägnierungen keine Durchfeuchtung und Schwärzung des Holzes bei Regen Holzteile geeignet. Die Kombination mit einer geeigneten
Lasur wird empfohlen.

Behandlung mit Öl oder Kein dauerhafter Verwitterungsschutz, Bildung von Wasser- 1) Nur für Anwendungen ohne direkte Wettereinwirkung
Wachs flecken geeignet

Chemisches Beizen, Färben Viele Grau-, Braun- und Bunttöne mit z.T. guter Lichtbestän- 1) Lichtechtheit begrenzt;
digkeit im Innenausbau erzielbar, auch Vorwegnahme der kein Außeneinsatz (ausgenommen graue Einfärbungen)
Alterspatina möglich

Farblos-transparente Lasie- Wenn vor direkter Bewitterung sicher geschützt, Verzögerung 1) Bei Wetterexposition nur
rung⁄ Lackierung (mit Zusatz der Vergilbung; 2 bis 4 Jahre haltbar, dann sehr aufwendige Renovation
von Antioxidantien, Radikal- Haltbarkeit 6 bis 10 Jahre
fängern und UV-Absorbern)

Lasierend pigmentierte Ober- Lichtschutz und Farbbeständigkeit besser, je stärker pigmen- 2) Holzfarbe wird verändert, bei weißen Lasuren hohe Anfor-
flächenbehandlung tiert; mittlere Wetterbeständigkeit derungen an die Applikationsqualität

Deckend pigmentierte Große Farb- und Wetterbeständigkeit sowie gute Feuchte- 2) Holzfarbe völlig, Textur je nach Filmbildung weitgehend
Oberflächenbehandlung schutzwirkung bis gänzlich verdeckt

1) nicht für maßhaltige Außenbauteile wie Fenster, Läden etc. 2) für maßhaltige Bauteile nur, wenn ausreichend filmbil-
dend.
Forschungspanorama
24
25
_Nach der Filmbildung Es gibt nicht filmbildende flächenstruktur des Holzes bleibt sichtbar, auch
(„imprägnierende“), wenig filmbildende und filmbil- wenn die Beschichtung deckend pigmentiert ist.
dende Dünnschicht- bzw. Dickschichtlasuren und Wichtig ist, sägeraue Oberflächen vor der Beschich-

zuschnitt 4.2001
stark filmbildende Beschichtungen („Lackierungen“). tung von losen Holzpartikeln zu reinigen.
_Gebürstete und sandgestrahlte Oberflächen
Welche Oberflächenbehandlungen aus dem Pro- Durch rotierende Bürsten oder druckluftgetriebene
duktspektrum für wetterbeanspruchtes Holz gewählt Sandstrahlung wird weiches Holzgewebe (Frühholz
werden, darf nicht nur von der gewünschten gestal- der Jahrringe) bevorzugt abgetragen. Hierdurch wird
terischen Wirkung, sondern muss vor allem auch von die Holzstruktur stark betont, so dass sie sich auch
den technischen Anforderungen an die Schutzfunkti- durch filmbildende Beschichtungen dekorativ
on der Behandlungen bestimmt werden. abzeichnet.
_Gehobelte und geschliffene Oberflächen Einwand-
Diese Anforderungen umfassen die erforderliche frei gehobelte und geschliffene Flächen sind sehr
Wetterschutzwirkung, d.h. den Schutz gegen Son- gute Untergründe für Beschichtungen. Der Schleif-
neneinstrahlung, Niederschlag, hohe und wechseln- staub muss sorgfältig von der Ober fläche und aus
de Lufttemperatur und Luftfeuchte sowie gegen die den angeschliffenen Holzporen entfernt werden.
erwähnten Vergrauungspilze. _Gehobelte Oberflächen Bei einwandfreier Hobel-
qualität ist die Oberfläche glatt und gut geeignet
Fichtenbrettchen mit unter-
für Oberflächenbeschichtungen. Unter Praxisbedin- schiedlichen Oberflächen
gungen kommt es aber häufig zu oberflächlichen ohne Behandlung und mit
Faserquetschungen und aufstehenden Fasern, welche deckend weißer Dickschicht-
die Haftung der Beschichtung beeinträchtigen lasur.
können.

sägerau gebürstet gehobelt und geschliffen


Mit wasserabweisender, farbloser Imprägnierung behandeltes
(links) und unbehandeltes Brett (rechts) aus Fichtenholz nach
einjähriger Freibewitterung. Vom imprägnierten Brett perlt
das Regenwasser ab, während die Oberfläche des unbehan- _Applikationsverfahren
delten Brettes durchfeuchtet wird und sich dadurch dunkel Industrielle Beschichtungen Die industrielle Ober-
verfärbt. flächenbehandlung im Werk bietet viele Vorteile.
Neben einer sehr gleichmäßigen Qualität und Auf-
_Beschaffenheit der Holzoberfläche tragsmenge erlaubt sie, Grundierungen allseitig in
Die Oberfläche von zu beschichtendem Holz muss einem einzigen Arbeitsgang auf Bretter aufzutragen.
sauber und trocken sein; die Holzfeuchte soll nicht Außerdem ermöglicht sie unter optimalen Bedingun-
über 15% liegen. Die Oberflächenrauigkeit von Holz gen eine sehr genaue Kontrolle über die Applikation
für Fassadenverkleidungen hängt von der Art der der geforderten Produktmenge. Es können sowohl
Bearbeitung ab. Durch sie werden die Applikation lösungsmittelhaltige als auch wasserlösliche
der Beschichtung und deren Dauerhaftigkeit beein- Beschichtungsstoffe appliziert werden. Die letzte
flusst. Oberflächenbehandlung soll am fertigen Bau erfol-
gen.
Man unterscheidet: _Flutverfahren Der Beschichtungsstoff fließt auf
_Sägeraue Oberflächen Durch sauberen Blockband- das Brett und wird anschließend mit Walzen und⁄
sägeschnitt wird eine raue Oberfläche mit aufste- oder Bürsten einmassiert.
henden Fasern erzielt. Dies verstärkt die Ober- _Spritzverfahren Das Produkt wird mit mehreren
flächentextur des Holzes. Ausgeprägt filmbildende fest montierten Spritzpistolen aufgespritzt, die an
Beschichtungen (Dickschichtlasur, Lack) werden von ein Airmix- oder Airless-System angeschlossen sind.
Fasern durchbrochen, was zu Feuchtigkeitsdurchtritt _Vakuumverfahren Das Brett läuft durch eine Kam-
und verkürzter Lebensdauer führen kann. Die Ober- mer, in der ein Nebel des Beschichtungsstoffes
önorm b 3801 er zeugt und dadurch das Brett ein- oder allseitig sen ihre Dauerhaftigkeit stark.
Holzschutz im Hochbau – beschichtet wird. Doppelte Schichtdicke = doppelte Haltbarkeit
Grundlagen und Begriffsbe- Handwerkliche Oberflächenbehandlungen auf der (Faustregel).
stimmungen
Baustelle _Farbton der Beschichtung: Sehr dunkle Beschich-
önorm b 3802-1
_Streichverfahren mit dem Pinsel Hiermit wird ein tungen sind eher problematischer als helle, dies gilt
Holzschutz im Hochbau gutes Eindringen des Produktes ins Holz erreicht, besonders bei maßhaltigen Holzbauteilen.
– Baulicher Schutz des das Aussehen ist aber nicht immer gleichmäßig. Das
Holzes Anstreichen erfordert die Verwendung von relativ _Spezialbehandlungen
langsam trocknenden Produkten. Es ist somit nicht Wasserabweisende Imprägnierungen Seit langem
önorm b 3802-2 möglich, die Beschichtung ohne Verlaufsspuren dick wird versucht, wetter- und feuchtebeanspruchtes
Holzschutz im Hochbau
aufzutragen. Dieser Effekt ist besonders kritisch bei Holz durch wasserabweisende (hydrophobe) Imprä-
– Chemischer Schutz des
Holzes
deckenden Beschichtungen, deren Dauerhaftigkeit gnierungen oberflächlich oder auch tiefergehend
proportional zur Filmdicke zunimmt. Zwei Schichten gegen Durchfeuchtung zu schützen. Früher wurden
önorm b 3802-3 einer mit dem Pinsel aufgebrachten deckenden Ober- hierfür paraffin- oder silikonhaltige Oberflächenbe-
Holzschutz im Hochbau flächenbehandlung ergeben zum Beispiel eine Dicke handlungen eingesetzt, deren Wirksamkeit aber bei
– Bekämpfungsmaßnahmen des Trockenfilms von 30 bis 40 μm, während zwei mit direkter und intensiver Wetterbeanspruchung bald
gegen Pilz- und Insektenbe- dem Airmix-Spritzverfahren gespritzte Schichten eine nachlässt. Recht dauerhaft wirksam ist eine neue
fall
geforderte Dicke von 120 μm problemlos erreichen. Produktegruppe von wasserlöslichen Wirkstoffen,
önorm en 335-1
Bei der Aufbringung von Imprägnierungen oder mit der das Holz an der Oberfläche chemisch modifi-
Dauerhaftigkeit von Holz Lasuren wird jedoch auch mit dem Pinsel ein gutes ziert und dadurch wasserabweisend wird.
und Holzprodukten – Defini- Eindringen des Produktes in das Holz und ein ein-
tion der Gefährdungsklassen wandfreies Aussehen erreicht. Vakuum ⁄ Druckimprägnierungen mit wassergelö-
für einen biologischen Befall sten Salzverbindungen Solche Imprägnierungen
– Allgemeines _Spritzverfahren auf der Baustelle oder in der verleihen dem Holz einen äußerst dauerhaften
Werkstatt Mit dem Airmix-Spritzverfahren können Wetter-, Pilz- und Insektenschutz; die oberflächliche
önorm en 335-2
Dauerhaftigkeit von Holz
deckende Beschichtungen erzielt und die geforderte Verwitterung wird beim Einsatz von Chrom⁄ Kupfer-
und Holzprodukten - Defini- Filmschichtdicke erreicht werden. Eine Sicherheits- salzen (CK-Salze) merklich verzögert.
tion der Gefährdungsklassen marge muss aber berücksichtigt werden, weil mit Die Druckimprägnierung mit CK-Salzen stellt daher
für einen biologischen Befall einer handgeführten Spritzpistole kein regelmäßiges einen leistungsfähigen Schutz von wetterbe-
– Anwendung bei Vollholz Spritzen gewährleistet werden kann. anspruchten und im Bodenkontakt stehenden Holz-
bauteilen dar. Werden die Grundregeln des baulich-
önorm en 335-3
Auf Fassaden bietet das Spritzverfahren eine gute konstruktiven Holzschutzes eingehalten, was immer
Dauerhaftigkeit von Holz
und Holzprodukten - Defini-
Ergiebigkeit, verlangt aber je nach Baufortschritt der Fall sein soll, gehören Fassadenverkleidungen
tion der Gefährdungsklassen mehr oder weniger aufwendige Schutzmaßnahmen. nicht zu dieser Kategorie, die CK-imprägniert werden
für einen biologischen Befall Im Vergleich zum Streichverfahren kann bei decken- muss. Im Gegensatz zu großen Holzquerschnitten
– Anwendung bei Holzwerk- den Behandlungen mit dem Spritzverfahren jedoch können sie nämlich rasch wieder austrocknen, wenn
stoffen eine gleichmäßig gute Qualität erreicht werden. sie durch Beregnung feucht werden. (Hinweis: Es
gibt auch chromfreie wässrige Imprägniermittel, für
önorm en 350-1 bis 2
Das Spritzverfahren eignet sich aber nicht für die die sinngemäß das gleiche gilt.)
Dauerhaftigkeit von Holz
und Holzprodukten – Natür-
Applikation von Lasuren, weil die Haftung nicht
liche Dauerhaftigkeit von optimal und das Aussehen nicht einwandfrei ist. Die Imprägnierung muss in einer Vakuum⁄ Druckim-
Vollholz prägnieranlage erfolgen, wobei Weißtannenholz
In der Anwendungspraxis sollte man sich klar dar- wegen seiner guten Imprägnierbarkeit der Fichte
önorm en 460 über sein, wovon die Dauerhaftigkeit einer Beschich- vorzuziehen ist. Das imprägnierte Holz ist olivbräun-
Dauerhaftigkeit von Holz tung bzw. der spätere Unterhaltsaufwand abhängen: lich bis grünlich gefärbt und muss nicht, kann
und Holzprodukten – Natür-
_Einwandfreie Applikationsbedingungen, z.B. keine aber zusätzlich oberflächenbehandelt werden. Die
liche Dauerhaftigkeit von
Vollholz –
Applikation wasserverdünnbarer Beschichtungsstoffe, Imprägnierung verlängert die Lebensdauer der
Leitfaden für die Anforderun- unterhalb 5°C und oberhalb 30°C Außentemperatur Oberflächenbehandlung erheblich. Außerdem kann
gen an die Dauerhaftigkeit immer auf ausreichende Auftragsmenge achten. die Imprägnierlösung auch braun eingefärbt werden.
von Holz für die Anforderun- _Einwandfreie Beschaffenheit des Holzuntergrundes.
gen in den _Pigmentgehalt der Beschichtung: Unpigmentierte Die Tiefenimprägnierung von stark durchfeuchtungs-
Gefährdungsklassen Beschichtungen sind für stark wetterbeanspruchte gefährdetem Bauholz im Vakuumdruckverfahren
Bauteile ungeeignet. Die Dauerhaftigkeit der mit wässrigen Metallsalzlösungen wird heute mit
Beschichtung steigt in der Regel mit zunehmender ökologischen Argumenten oft besonders skeptisch
Pigmentierung. beurteilt. Auch hier muss der Gesamtzusammen-
_Dicke der Beschichtung: Die Anzahl der Beschich- hang gesehen werden; dann erweist sich nämlich
tungsapplikationen bzw. die Schichtdicke beeinflus- die fachgerechte industrielle Imprägnierung von
27Forschungspanorama
26
Holzbauteilen, deren ausreichende Lebensdauer auf Problemlösung: relativ diffusionsdichte Sperrgrun- Literatur zum Thema
andere Weise nicht gewährleistet werden kann, als dierung einsetzen. Eine filmbildende Beschichtung
ökologisch sinnvoll. Ohne die Imprägnierung wäre verhindert außerdem, dass die Gerbstoffe durch Baulicher Holzschutz

zuschnitt 4.2001
Alexander Eder
nämlich einheimisches Nadelholz in diesen Einsatz- Regen ausgewaschen werden und darunterliegende
proHolz Austria, 1997
bereichen nicht wettbewerbsfähig, und es würden Bauteile verfärben. Bestellen unter:
andere Baustoffe mit ökologisch ungünstigeren _Harzreiche Hölzer, vor allem Föhre (Kiefer), aber T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74 - 3 1
Eigenschaften eingesetzt. auch Lärche, Douglasie und Fichte, reagieren auf
Erwärmung (dunkle Oberflächenbehandlung) mit Außenwände
Wärmebehandeltes Holz Seit einiger Zeit wird auf Harzaustritt; die Beschichtung wird dadurch lokal Wolfgang Habian
dem Markt Holz für den Außeneinsatz angeboten, verletzt. Vor allem bei wässrigen und hellfarbigen proHolz Austria, 1995
Bestellen unter:
das in einem in Frankreich und Finnland weiterent- Oberflächenbehandlungen diffundieren Harzbe-
T +43 (0)1 ⁄ 712 04 74 - 3 1
wickelten Verfahren unter Sauerstoffabschluss einer standteile durch die Beschichtung und färben diese
relativ hohen Temperatur ausgesetzt wird (an sich lokal gelb bis braun (Astbereiche sind besonders Oberflächenschutz von
wurde das Verfahren schon vor 70 Jahren in den kritisch). Holzfassaden
USA entwickelt und in den 70er Jahren im Versuchs- Problemlösung: oft (aber nicht immer) ist eine Vor- Jürg Fischer, Jürgen Sell,
maßstab bereits in Deutschland eingesetzt). Hier- behandlung mit einer Sperrgrundierung, z.B. auf Urs Wigger
durch werden die feuchtephysikalischen Holzeigen- Polyurethanbasis, wirksam. Lignatec 13⁄ 2001
Die technischen Holzinfor-
schaften verbessert: geringere Aufnahme von _Bereits angewittertes Holz, das erst einige Zeit
mationen der Lignum,
Wasserdampf, dadurch geringes Schwinden und nach Erstellung der Fassade behandelt wurde, oder Schweizerische Holzwirt-
Quellen, geringere kapillare Wasseraufnahme, größe- verwittertes Holz nach Abwitterung der Erstbehand- schaftskonferenz
re Widerstandsfähigkeit gegen Pilz- und Insektenbe- lung sind schlechte Beschichtungsträger, vor allem Download: www.lignum.ch
fall, weniger intensive Oberflächenverwitterung. für filmbildende Oberflächenbehandlungen, deren
Allerdings sinken durch die Wärmebehandlung des Haftung auf dem angewitterten⁄ verwitterten Holz
Holzes auch seine Festigkeiten; das Holz wird sprö- oft stark reduziert ist.
der (was bei Fassadenverkleidungen aber keine
Rolle spielt). Außerdem ist das wärmebehandelte Zu Holzwerkstoffplatten1) als Fassadenverkleidun-
Holz merklich gebräunt und geruchsbildend. gen ist festzuhalten, dass sich nur einige Plattenty-
pen hierfür eignen. Bewährt haben sich in den
Von den Herstellern wird der Einsatz des wärmebe- letzten Jahren abgesperrt verleimte, dreischichtige
handelten Holzes für maßhaltige Bauteile wie Fen- Massivholzplatten von guter Qualität und mit wet-
ster, aber auch für Fassadenverkleidungen empfoh- terfester Verleimung. Ebenfalls geeignet sind quali-
len. Es gibt Hinweise dafür, dass die Haltbarkeit von tativ hochwertige, wetterfest verleimte Sperrholz-
Oberflächenbeschichtungen auf wärmebehandeltem platten sowie zementgebundene Holzspanplatten
Holz eher besser ist als auf normalem Holz; länger- (müssen gut abgelagert werden, da diese sonst zu
fristige Erfahrungen hierzu liegen aber noch nicht vor. stark schwinden). Wegen der im Vergleich zu norma-
lem Holz besseren Dimensionsstabilität dieser Plat-
_Besonderheiten bei bestimmten Holzarten und ten ist die Haltbarkeit ihrer Oberflächenbehandlun-
Holzwerkstoffen gen eher besser als bei Massivholz. Voraussetzung
Grobporige Hölzer und solche, die einen hohen ist der Einsatz gut filmbildender, kräftig pigmentier-
Gehalt an Harz und anderen Inhaltsstoffen aufwei- ter und nicht zu dunkelfarbiger Lasuren und Lacke
sen, erschweren den Oberflächenschutz von Holz im mit guter Elastizität.
Außenbau. Die wichtigsten dieser Probleme und
entsprechende Problemlösungen sind im folgenden Bei Sperrholzplatten können unter der Wettereinwir-
zusammengestellt: kung zahlreiche Oberflächenrisse (Schälrisse) aufge-
_Grobporige Hölzer wie Eiche und Robinie: Über hen, über denen in der Folge auch die Beschichtun-
den Rändern angeschnittener Poren bildet sich nur gen reißen. Dies führt zur Durchfeuchtung der
eine dünne Beschichtung, die an diesen Stellen Plattenoberfläche bei Beregnung und zu frühzeitigen
rasch reißt. Von hier aus schreitet die Beschädigung Beschichtungsschäden. Deshalb sollen nur hochwer-
weiter fort. tige Sperrholzplatten mit Eignung für den Außen-
Problemlösung: gut filmbildenden (feststoffreichen) einsatz verwendet werden.
Lack einsetzen, eventuell mit porenfüllender Grun- Sehr wichtig ist, dass die Schnittflächen und Ein-
dierung vorbehandeln. schnitte von Holzwerkstoffplatten bei Stößen und 1) Zuschnitt 1 hat im
_Gerbstoffreiche Hölzer wie Eiche und Edelkastanie Rändern gut gegen Wasser geschützt werden, vor Forschungspanorama: „Holz-
beeinträchtigen die Haltbarkeit mancher Beschich- allem konstruktiv und⁄ oder durch eine dauerhafte fassaden – Die Herausforde-
tungen und verfärben sich bei Eisenkontakt schwarz Beschichtung. Horizontale Schmalflächen sollten rung liegt im Detail“ den
(auch feiner Eisenstaub aus der Luft). Verbindungs- schräg hinterschnitten (nicht zu steiler Winkel) und Einsatz von Holz-
mittel aus Stahl korrodieren in Gegenwart von die Außenkanten gerundet werden. werkstoffplatten für Fassaden
untersucht.
Feuchtigkeit.
Werkstoffportrait Holzwerkstoffe 3. Teil

önorm en 316 Im dritten und vorläufig letzten Teil dieser Serie Heute wenden Hersteller in Österreich zur Platten-
Holzfaserplatten – Definiti- werden Plattenwerkstoffe vorgestellt, deren Aus- produktion meist das Trockenverfahren an, im Nass-
on, Klassifizierung und gangsmaterial Holzfasern sind. ver fahren werden nur harte Faserplatten erzeugt.
Kurzzeichen

önorm en 622-1
Bereits um 1920 wurde nach Möglichkeiten gesucht,
Faserplatten – Anforderun- den natürlichen Faserverbund zur Herstellung plat-
gen: Allgemeine Anforderun- tenförmiger Holzprodukte zu nutzen. Ziel war, Holz-
gen werkstoffe ohne Zugabe von Klebstoffen und Binde-
mitteln herzustellen. Erst die Erfindung der
önorm en 622-2 Holzzerfaserung in den 30er Jahren ermöglichte eine
Faserplatten – Anforderun-
ökonomische industrielle Produktion von Holzfaser-
gen: Anforderungen an harte
Platten
platten, die nach dem Herstellungsverfahren unter-
schieden werden und neben Sperrholz zu den älte-
önorm en 622-3 sten industriell gefertigten Holzplatten zählen.
Faserplatten – Anforderun- Bei Faserplatten kommen im Unterschied zu Span-
gen: Anforderungen an platten lange und dünne Fasern zum Einsatz. Grund- Poröse Faserplatten (SB)
mittelharte Platten stoffe sind Rest- und Durchforstungsholz von Fichte Im Nassverfahren hergestellt und nur leicht gepresst,
und Kiefer, aber auch verholztes Pflanzenmaterial, bestehen die Platten aus Ligno-Cellulosefasern (aus
önorm en 622-4
Faserplatten – Anforderun-
z.B. Stroh, Hanf, Bambus, sowie in zunehmendem verholztem Pflanzenmaterial). Nach dem Pressvorgang
gen: Anforderungen an Maße Recyclingholz. Faserplatten haben eine beson- durchlaufen sie einen Trockenkanal mit Temperatu-
poröse Platten ders gleichmäßige Dichte, verfügen über eine glatte ren zwischen 160° und 220°. Die folgende thermische
Oberfläche und sind leicht zu bearbeiten. Vor allem Nachbehandlung sowie eine entsprechend lange
önorm en 622-5 aber zeichnen sie sich durch hohe Bruch- und Biege- Lagerung führen zur weiteren Vergütung der Platten.
Faserplatten – Anforderun- festigkeit aus, die gerade im Möbelbau für Rückwän-
gen: Anforderungen an
de und Schubladenböden von Bedeutung ist. Vor- Standard- Abmessungen
Platten nach dem Trocken-
wiegend plattenförmig, wird der Werkstoff auch Dicke 6 – 80 mm
verfahren (MDF)
dreidimensional produziert – in beheizten Stahlfor- Länge 1.7 – 2.6 m
men z.B. für die Auto- oder Türenindustrie. Breite 0.6 – 1.7 m
Die verschiedenen Platten werden nach dem Herstel-
lungsverfahren und nach ihrer Dichte unterschieden. Anwendung
Herstellung im Nassverfahren Faserplatten, die im Poröse Faserplatten eignen sich für die Wärmedäm-
sogenannten Nassverfahren unter Zugabe von Was- mung und den Schallschutz. Die Fähigkeit dieser
ser gefertigt werden, bestehen zur Gänze aus Holz Platten, Feuchtigkeit aufzunehmen, zu speichern und
und halten durch Verfilzung der einzelnen Fasern wieder abzugeben, erlaubt den Aufbau diffusions-
ohne Zugabe von Bindemitteln zusammen. In einem offener Wandkonstruktionen. Mit zusätzlichen Binde-
speziellen Produktionsprozess werden die holzeige- mitteln versehen finden die Platten auch im Feucht-
nen Bindungkräfte aktiviert. Damit erlangen die ebereich ihren Einsatz.
Platten ihre Festigkeit. Nur in Sonderfällen sind Hersteller in Österreich
Bindemittel in geringen Mengen (< 0,5%) zugesetzt, Dieser Plattentyp wird nicht mehr hergestellt, ist im
z.B. für die Verwendung poröser Platten im Feuchte- Handel jedoch ein- oder mehrlagig erhältlich.
und Fassadenbereich.
Im Nassverfahren erzeugt werden poröse (SB = Soft
Board), mittelharte (MB) und harte Faserplatten
(HB). Die Platten sind geschliffen oder ungeschlif-
fen, gestanzt, beidseitig beschichtet, bedruckt oder
lackiert im Handel erhältlich.
Herstellung im Trockenverfahren Getrocknete und
beleimte Fasern werden durch Schüttung zu Kuchen
und weiters durch entweder diskontinuierliche, heut-
zutage jedoch meist kontinuierliche Verpressung zu
Platten geformt. Sie sind symmetrisch und sehr
Info Herstellerverzeichnis homogen aufgebaut. Durch die Zugabe von Klebstof-
unter www.platte.at
fen oder Bindemitteln haben Verfilzung und Faser- Mitteldichte Faserplatten (MDF)
oder
Holzbau Handbuch
verbund lediglich eine geringe Bedeutung. Die im Trockenverfahren hergestellten mitteldichten
Herausgeber proHolz Austria Zur Gruppe der im Trockenverfahren produzierten Faserplatten (MDF) bestehen aus sehr feinen Holz-
und Helmut Pierer Platten zählen mitteldichte (MDF), hochdichte (HDF), fasern, die mit Harnstoff oder Phenolharz beleimt
Agrarverlag, 2000 aber auch gipsgebundene Faserplatten. und heiß zu Platten gepresst werden. Die fertigen
29Werkstoffportrait
28
Platten sind äußerst homogen und verfügen im im Möbelbau, Innenausbau und Fahrzeugbau. Informationen zu den Berei-
Vergleich zu kunstharzgebundenen Spanplatten Hersteller in Österreich chen Brand-, Schall- und
über bessere statische Eigenschaften. Die Oberfläche Fritz Egger GmbH & CO, www.egger.com Wärmeschutz von Holzwerk-

zuschnitt 4.2001
stoffen sind im:
kann geschliffen, lackiert und ein- oder beidseitig MDF Hallein GmbH, www.mdf-hallein.at
Katalog bauphysikalischer
beschichtet werden. Das Ausmaß der Empfindlich- M.Kaindl KG Holzindustrie, www.kaindl.com Daten von Holzkonstruk-
keit der Platten gegenüber Feuchteeinwirkung tionen, 110 S., 2. Auflage 1993
hängt vom verwendeten Bindemittel ab. zu finden. Erhältlich bei
proHolz Austria.
Standard- Abmessungen
Dicke 4 – 40 mm
Länge 2.8 m
Breite 2.07 m Sonderformate sind möglich.

Anwendung
Raumseitig als aussteifende Beplankung im Holzta-
felbau und kaltseitig als isolierende Schicht bei
dif fusionsoffenen Konstruktionen. Die Platten sollen
hier nur eine mittragende Funktion haben. Zudem Harte Faserplatte (HB)
eignen sich die Platten auch für Innenverkleidungen, Gereinigtes Hackgut aus Holz oder verholztem Pflan-
Bodenplatten, Akustikelemente und für den Möbel- zenmaterial gelangt in die thermo-mechanische
bau. Faseraufbereitung. Das zerfaserte Material wird unter
Hersteller in Österreich Zugabe von Wasser aufgeschlämmt, gezielt orien-
Fritz Egger GmbH & CO, www.egger.com tiert und meist ohne Zusatzstoffe heiß gepresst.
MDF Hallein GmbH, www.mdf-hallein.at In einer Klimakammer erfolgt der kontrollierte Trock-
M.Kaindl KG Holzindustrie, www.kaindl.com nungsvorgang. Die Platten können bedruckt, grun-
dierbeschichtet, ein- oder beidseitig mit melamin-
Mittelharte Faserplatten (MB) harzimprägniertem Dekorpapier, mit Prägedesigns
Die Holzfasern der im Nassverfahren produzierten oder Lackbeschichtung bzw. Exportlack versehen sein.
mittelharten Faserplatten (MB) sind richtungsneutral Zusätzliche Eigenschaften wie Feuerschutz, Feuch-
angeordnet. Die Platten werden bei einer Temperatur teresistenz, Resistenz gegen biologische Angriffe
von ungefähr 200°C heiß gepresst, dabei getrocknet oder Formbarkeit erhalten sie durch die Zugabe
und zur Vergütung bei wechselnden Temperaturen diverser Bindemittel.
auf die optimale Materialfeuchte gebracht.
Je nach Höhe des Pressdrucks erfolgt eine Einteilung Standard- Abmessungen
in mittelharte Faserplatten mit geringer (MB.L) oder Dicke 1.6 – 6 mm
hoher (MB.H) Dichte. Länge 2.82 – 5.64 m
Breite 2.15 m
Hersteller in Österreich
Mittelharte Faserplatten (MB) werden in Österreich Anwendung
nicht mehr produziert, auch ausländische Produkte Als mittragende und aussteifende Beplankung im
sind im Handel kaum mehr zu erhalten. Holztafelbau, im Innenausbau sowie im Möbelbau.
Die gute Verformbarkeit und die Tatsache, dass har-
Hochdichte Faserplatten (HDF) te Faserplatten nicht splittern, machen sie für die
HDF sind keine eigene Normtype. Die Bezeichnung Autozulieferindustrie interessant.
hat sich für MDF-Platten mit einer Rohdichte von Hersteller in Österreich
800 kg⁄ m3 eingebürgert. Hochdichte Faserplatten Funder Industrie GmbH, www.funder.at
verfügen über eine besonders hohe Materialdichte.
Der Gehalt an Klebstoffen ist dabei relativ hoch. Gipsfaserplatten
Oft werden die Platten im Werk mit einer aufgepräg- Gipsfaserplatten bestehen aus 80% Gips und 20%
ten Holzimitation versehen. Cellulosefasern aus Altpapier, wobei die Cellulose-
fasern als Armierung dienen. Beratende Tätigkeit
Standard- Abmessungen Dipl.-Ing. Michael Spatt
Holzforschung Austria
Dicke 8 mm Gipskartonplatten
Franz-Grill-Straße 7
Länge 2.8 – 5.6 m Gipskartonplatten werden zu den Faserplatten A-1030 Wien
Breite 2.07 m gezählt, obwohl Holz nur in Form von Cellulosefa- T +43 (0)1 ⁄ 798 26 23 - 28
sern für die Herstellung des Kartonmantels verwen- F +43 (0)1 ⁄ 798 26 23 - 50
Anwendung det wird, während der Kern der Platten aus Gips m.spatt@holzforschung.at
Als Trägerplatten für Laminatfußböden. Außerdem besteht.
Forst und Säge Altes Wissen –
neu interpretiert

Alfred Teischinger

zu machen, einfach in Versform oder in einer weit


übertriebenen Darstellung aufbereitet werden:
Wer sein Holz um Christmett fällt,
dem sein Haus wohl zehnfach hält.
Dieser schöne Vers sagt eigentlich nichts anderes aus,
als dass eine Schlägerung in der Frühwinterphase
günstig ist. Heutige Fehlinterpretationen in diversen
„Zoachn“ – Regeln für den Es gibt verschiedene Zugänge, sich dem Altern von unkritischen und laienhaften Regelwiedergaben
günstigsten Zeitpunkt der Holz zu nähern. Ein Zugang ist die Geschichte von der dichten dem Holz, das nach dieser Regel geschlägert
Holzschlägerung fast ewigen Jugend. Im lebenden Baum ist die das wurde, eine größere Dauerhaftigkeit an. Genaue
eigentliche Holzwachstum verursachende Zelltei- Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass das Holz,
lungsschicht so selbst regenerierend, dass sie prak- zu solchen Zeitpunkten geschlägert, grundsätzlich
tisch keinem Alterungsprozess unterworfen ist. nicht dauerhafter ist. Bei den einstigen Holzernte-
Lebende Bäume sind daher ewig jung. Die in ihrem methoden (und teilweise ist es auch heute noch so)
Inneren mit jedem Jahrring anwachsende Holzmasse kann jedoch das im Frühwinter geschlägerte Holz
aus abgestorbenen Zellen kann jedoch bis zu mehre- problemlos über längere Zeit im Wald oder Sägewerk
ren tausend Jahren eine Stütze für den ewig jungen lagern, ohne dass es von Sekundärschäden befallen
Baum sein und so zählt man die Bäume zu den älte- und entwertet wird. Gleichzeitig ist eine Holzrück-
sten Lebewesen. ung aus dem Wald bei gefrorenem Boden wesentlich
Ein anderer Zugang zum Altern ist, sich alter Tradi- schonender.
tionen und Regeln zu bedienen, deren Einhaltung Also nicht das Holz ist zum richtigen Zeitpunkt
das Holz und die daraus erzeugten Produkte länger besser, sondern die Rahmenbedingungen. Wenn
im Gebrauch hält. Unter den Schlagworten wie diese aber durch moderne Transport- und Verarbei-
„vom richtigen Zeitpunkt“, „Mondholz“, „Winterholz“, tungsmethoden geändert bzw. verbessert sind, dann
„Zoachen“ wird das alte Wissen um den richtigen ergibt sich daraus kein Vor- oder Nachteil für einen
Schlägerungszeitpunkt des Holzes und die richtige bestimmten Zeitpunkt. An diesem Beispiel lässt sich
Verarbeitung derzeit intensiv diskutiert. Die Botschaft gut zeigen, wie grundsätzlich richtiges Wissen durch
dieser Regeln ist, dass Holz, zu bestimmten Zeitpunk- falsche Wiedergabe und Interpretation zur lästigen
ten geschlägert und nach tradierten Regeln verar- Bürde für das Holz werden kann, wenn man nur mehr
beitet, besondere bzw. ungewöhnliche Eigenschaften an wenigen Tagen im Jahr schlägern kann, um
besitzt: Es brennt nicht, es reißt nicht, es schwindet „gutes“ Bauholz zu bekommen.
nicht, fault und wurmt nicht und „... hält bis auf den Die Liste dieser Fehlinterpretationen lässt sich fast
jüngsten Tag“. beliebig fortsetzen und sich damit fast jede Regel in
ihrer verfälschten heutigen Darstellung entkräften.
Von der Entzauberung alter Holzregeln Der Mythos von alten Regeln kann die Vorstellung
Aus nüchtener Sicht betrachtet wäre Holz, das nicht von der Natürlichkeit und Einmaligkeit des Holzes
brennt, nicht schwindet und nicht fault, eine Sensati- unterstützen, darf aber nicht zum Selbstzweck wer-
Prof. Dipl.-Ing. Dr. Alfred on, die es zu beweisen gilt. Über dieses Spannungs- den. Die Verbindung von technischen Eigenschaften
Teischinger
feld von Mythos und Wirklichkeit wurde in Fachkrei- mit moderner Verarbeitungsmethode, die durchaus
Leiter der staatlich autori-
sierten Versuchsanstalt für
sen in den letzten Jahren ein immer heftigerer auf Traditionen beruhen kann, sowie Ästhetik des
Holzindustrie an der HTBLu- Diskurs geführt. Leider halten die meisten überlie- Werkstoffes und sein Mythos geben dem Holz einen
VA in Mödling. ferten Regeln bei genauer Analyse den in sie gesetz- einzigartigen Zauber, um die Menschen zu begei-
Studium der Holzwirtschaft ten Erwartungen nicht stand. Dennoch ist es nicht stern. Von den ihm angedichteten und nicht vorhan-
an der Universität für Boden- sinnvoll, altes Wissen deshalb gleich über Bord zu denen Eigenschaften (brennt nicht, fault nicht und
kultur in Wien. wer fen, denn hinter jeder Regel verbirgt sich ein hält bis auf den jüngsten Tag ...) sowie der Last von
1986 Forschungsstipendium
Grund für ihre Entstehung und manchmal lässt sich Mond und Gestirnen gehört Holz jedoch befreit und
an der University of Washing-
ton, Seattle, USA.
daraus auch Brauchbares für die zeitgemäße Holz- entzaubert.
1988 Promotion zum Doktor verarbeitung ableiten.
der Bodenkultur; seit 1987 Was sind nun die häufigsten Ursachen für die Entzau- Alfred Teischinger hat zahlreiche Publikationen und Buchbei-
Univ. -Lektor für die Fächer berung des alten Wissens, das man auch mit Haus- träge auf dem Gebiet der Holztechnologie und Holzwirtschaft
„Sägetechnik“ sowie „Furnie- veröffentlicht.
verstand gleichsetzen kann?
re, Sperrholz“ (bis 1996) an Vielfach waren die weitverbreiteten Regeln „Arbeits-
der Universität für Bodenkul- Buchtipp zum Thema
anweisungen“ wie sie heute in Qualitätsmanage- Alte Holzregeln
tur in Wien.
Seit 1983 Lehrer an der
mentsystemen unter dem Stichwort iso 9000 allge- Von Mythen und Brauchbarem über Fehlinterpretationen zu
höheren Abteilung für mein üblich sind. Da man einst nicht schreiben und neuen Erkenntnissen
Holztechnik der HTBLuVA lesen konnte, mussten diese Arbeitsanweisungen, Alfred Teischinger, Josef Fellner
Mödling. um sie für die Menschen leichter aufnehmbar Österreichischer Kunst- und Kulturverlag Wien, 2001
Holzrealien

Forst und Säge


Holzrealien
Ute Woltron Manfred Russo

30
Holzahnen, neu belebt Die Holzwurmlochmaschine

31
Zeichnung: „Die tschechi-
Wo sich der Mensch ansiedelt, dort ist kein Platz mehr Es gibt sie. Viele haben schon von ihr gehört. schen Antiquitätentischler“
für den Wald. Das sollte man meinen, doch tatsäch- Tschechische Antiquitätentischler sollen sie verwen- von Kilian Kada

zuschnitt 4.2001
lich schlummern in den großen alten Städten, gut den. Mittels einer Walze, die mit kleinen Metalldor-
verborgen hinter Putz und Mauern, ganze Wälder in nen gespickt ist, werden Löcher ins Holz gestochen.
Form uralter Holzbalken und Träme. Aber es soll auch andere Typen der Holzwurmloch-
Die Hölzer tauchen dort wieder auf, wo brüchige maschine geben. Schussvorrichtungen zum Beispiel,
Hausveteranen abgerissen werden, und kluge Unter- die Schrotkörner ins Holz jagen. Direkt zu Gesicht
nehmer wie Rudolf Schuh sorgen dafür, dass die hat die Holzwurmlochmaschine noch keiner bekom-
alten Balken nicht weggeworfen, sondern aussor- men, aber niemand bezweifelt ihre Existenz. Wer
tiert und wieder verwendet werden. Die Nachfrage sonst sollte denn die vielen Löcher in das „antike“
nach altem Holz ist groß: Der Wiener Sägebetrieb Holz bohren, das vor wenigen Wochen noch im Wald
Schuh exportiert die solchermaßen geretteten und stand? Der Holzwurm vielleicht? Der Holzwurm ist
wiederbelebten Baumahnen bis nach Mallorca und ein ehrlicher Arbeiter, aber er benötigt viel Zeit für
Kalifornien, und das hat gute Gründe. sein Werk, Generationen einer Wurmfamilie widmen
Altes Holz hat andere Qualitäten als neues. Vor allem einem Möbelstück viele Jahre und bringen so die
den Wiener Bauhölzern waren hundert bis zweihun- Spuren ihrer Existenz an die Oberfläche. Hingegen
dert Jahre Muße gegönnt, um gemächlich und nicht hat das moderne, „antike“ Möbel vieles, nur keine
von Trockenapparaten gehetzt durch und durch Zeit für den langsamen Wurm. Ebenso sein Besitzer.
austrocknen zu können. Sie sind also völlig frei von Das gute Stück soll neu sein, aber gefälligst so
Spannungen und hervorragend zu verarbeiten. Da sie aussehen, als wäre es seit Generationen im Familien-
außerdem keinerlei Außenwitterungen ausgesetzt besitz. Oder wie man glaubt, dass ein solches aus-
waren, zeichnen sie sich durch einen einheitlichen, zusehen hätte. Ganz anderes gilt hingegen für Fuß-
leicht gelblichen Farbton aus, der vor allem bei böden, Fassaden oder Zäune. Hier steht der Kampf
Möbeltischlern sehr begehrt ist. gegen den Holzwurm an erster Stelle. Die Konser-
Für den Innenausbau schätzt man wiederum die vierung des Holzes durch Teppiche von Holzschutz-
gehauenen, also die nicht gesägten, sondern mit der mitteln und schwere Insektizide ist oberste Pflicht,
Axt in Form gebrachten Balken, denen man ihr Alter der Kampf gegen alles, was an die biologische Ver-
sofort ansieht. Und alt sind sie, denn schon ab etwa gangenheit gemahnt, wird unverzüglich aufgenom-
1890 wurde Bauholz fast ausschließlich nur noch men und kann kein Ende finden. Hier können Spu-
gesägt. Vor allem Fichtenholz taucht aus den ren des Alters nur an eigene Niederlagen gemahnen
Abbruchhäusern auf und das war schon hochbetagt, und sind unverzüglich zu liquidieren.
als es geschlagen wurde. Heute lebt kein zur indu- Was besagt dies? Suchen wir Natur nur optisch, aber
striellen Verwertung vorgesehener Baum länger als nicht haptisch, wollen wir Natur nur sehen, aber
vierzig Jahre, damals fällte man die Kolosse erst ab nicht fühlen? Tatsächlich deutet alles daraufhin, dass
einem Alter von hundert Jahren. wir Natur nur aus der Distanz ertragen, als Symbol,
Sie waren entsprechend dicker und länger, und sie als Erinnerung an das Ursprüngliche, dass wir aber
hatten auch mehr Zeit gehabt, um sich zu entwickeln. keineswegs die Rohheit der Materialien mitsamt
Denn während Holz heute schnell wachsen muss, also ihren animalischen und vegetabilen Eigenschaften
relativ viel Platz, guten Boden, viel Licht bekommt, wünschen. Gewiss, die klassische Moderne hat mit
pflanzte man die Bäumchen früher dicht auf dicht ihrem Rousseau‘schen Revival eines retour aux nature
oder erntete die Stämme aus Wäldern, die aus natür- und dem damit ausgelösten „Zurück zur Natur der
lichem Anflug entstanden waren. Fazit: Die alten Materialien“ ihre Suche nach dem Reinen und Echten
Bäume bildeten unten kaum Äste aus, was heute, bekräftigt. Aber sie entstand in Zeiten zivilisatori-
Generationen später, ein unschlagbares Qualitäts- scher Übersättigung, die uns aufgrund des damals Dipl.-Ing. Ute Woltron
Hat an der TU-Wien Archi-
merkmal darstellt. überbordenden Historismus leicht verständlich wird.
tektur studiert, war
Altes Holz ist im Gegensatz zu seinen Sprösslingen Sie brachte nicht die endgültige Lösung moderner Redakteurin bei trend, dann
kein nachwachsendes, sondern ein beschränktes Gut. lebenspraktischer oder kultureller Probleme. Aber sie bei profil. Derzeit schreibt
Wie schön, wenn es gepflegt und immer wieder hat den Typus des Puristen geschaffen, der uns auch sie hauptsächlich
weiter verwendet wird. heute noch Sympathie abringen kann. Allerdings für den Standard über
ist auch der moderne Purist längst über das Stadium Architektur und Design.
Altes, gebrauchtes Holz und⁄ oder Informationen darüber einer architecture brute hinaus und hat eine differen-
erhält man bei: ziertere Einstellung zur Oberfläche des Objekts, die
Sägewerk Ing. Rudolf Schuh, Atzgersdorfer Straße 255 Dr. Manfred Russo
nicht unbedingt auf rohe Wahrheit aus ist, sondern
A-1230 Wien, T +43 (0)1 ⁄ 888 42 47 Lektor an der Universität
das Spiel der Symbole beherrscht. Deswegen wird Wien, Motivforscher und
für ihn der Einsatz der Holzwurmlochmaschine aber Kultursoziologe, lebt in
noch keineswegs notwendig. Wien.
Holz(an)stoß beim „sidewalk“
Tadashi Kawamatas zeitgebundene
Irritationen

Angelica Bäumer

So wie Konstruktivismus und Objektkunst wesentli- onstalent und Präzision errichtete er den „sidewalk“,
Tadashi Kawamata che Elemente der zeitgenössischen Kunst sind, so ist eine ebenso raffinierte wie einfache Holzkonstrukti-
1953 geboren in Hokkaido⁄ es die Unbekümmertheit im Umgang mit Materi- on: eine Rampe und Treppen führten 4,5 Meter hoch
Japan, lebt in Tokyo. alien. Alles und jedes wird verwendet, und seit den über den Platz zu einem 250 m langen Holzweg,
Beschäf tigung mit dem
Collagen der Kubisten und dem Urinoir von Marcel rund um ein Haus, das in der Mitte des Platzes steht.
Raum, zunächst Innengestal-
tungen, seit den 70er Jahren
Duchamp kann alles zu einem künstlerischen Pro- Der „sidewalk“ bot Überblick und neue Perspektive,
vor allem temporäre Installa- dukt werden: der Müllplatz wird zum Materialienre- man konnte schauen, spazieren gehen, diskutieren,
tionen im urbanen Raum und servoir und Alltagsgegenstände werden zu Kunst. der Weg wurde zum Teil der Stadt und doch abgeho-
in Randgebieten von Städten. Der Künstler ist zum Herausforderer geworden, dem ben vom alltäglichen Geschehen auf dem Markt und
Seine Konstruktionen baut er es um eine andere Wirklichkeit geht, um eine verän- der Baustelle. Tadashi Kawamata liebt Bauplatzpro-
aus gebrauchtem Holz. derte Perspektive in Inhalt und Form. jekte mit Altholz, er will sie als „endlosen Kreislauf
Auch Tadashi Kawamata geht es um jene veränderte von Abbau und Aufbau darstellen“, als eine Art
Projektauswahl: Perspektive, die sich allemal dort einstellt, wo ein „stirb und werde“ in der Architektur. Das Wiener
1979 „By Land“ Riverside, Tachikawa
neuer Blick gefordert ist, der gleichermaßen Störung Neustädter Projekt war zwar – wie alle seine Arbei-
1984 Under Construction, Tokyo
1985 Limelight Project, New York
wie Neuorientierung ist. Sein Material ist Holz, aber ten – eine temporäre Installation, sie bot aber auch
1986 Construction Site Project nicht der sorgsam ausgesuchte Stamm oder das edle die Er fahrung einer veränderten Sicht und bleibt als
„SPUI“, Den Haag Brett, sondern altes, bereits gebrauchtes Holz, Erkenntnis im Gedächtnis der Menschen haften, als
1987 Destroyed Church, Kassel benutzt und weggeworfen, mit Spuren der Verwen- ein neuer Zugang zum Thema Stadt.
1988 „Hien-So“, Kyoto dung und des Verfalls. Schon seine ersten Objekte Jede künstlerische Idee ist ein Prozess und Kawa-
1989 Colonial Tavern Park, Toronto in Japan (1979 – 84) fielen auf, aber seit den Arbei- mata will, dass sie öffentlich realisiert wird, das
1991 Favela in Houston, Houston
ten in New York (1985 – 86), Den Haag (1986), vor Publikum zuschauen und Fragen stellen kann.
1992 Peoples' Garden, Kassel
1993 Passagio, Prato
allem seit der Documenta 1987 – um nur einige Fragen nach der Konstruktion, aber auch, was denn
1994 Prefabrication, Hiroschima Stationen seiner weltumspannenden Projekte zu an dieser Installation Kunst ist, es sei doch eigent-
1995 Tram Passage, Wien er wähnen – gehört der Künstler zur Avantgarde, lich nur Tischler- und Zimmermannsarbeit. Die
1996 „sidewalk“, Wiener Neustadt thematisch Er fahrung des Künstlers ist, dass „Leute entweder
1997 „reflecting pool“ Felsenbad vergleichbar etwa mit Christo, dem es mit seinen künstlerische Äußerungen mögen oder nicht. Meine
Hotel Castell Zuoz, Zuoz Verpackungen ebenfalls um die temporäre Verände- Arbeit ist ja sehr persönlich und hat etwas mit mei-
1998 Garden Sheds, Sydney
rung eines Ortes geht. nen Gefühlen und Empfindungen zu tun und mit
2000 Work in Progress: Project in
Toyota City
Die Herausforderung stellt sich für Tadashi Kawamata einer sensiblen Reflexion auf die städtische Situati-
Lodging London, London in der Stadt oder an ihren Randgebieten, wobei es on, in der ich etwas konstruiere“. Deshalb braucht
2001 Lodging Tokyo, Haneda, ihm wichtig ist, die Bedeutung einer Gegend, ihre er das Publikum als Partner, er will wissen, wie er-
Tokyo geschichtliche und gegenwärtige Situation zu erfah- lebt es die Stadt durch die Veränderung. Wenn
ren. 1995 war in Wien im Rahmen der Festwochen etwas akzeptiert wird, dann ist es Teil des Selbstver-
in der Remise eine Installation zu sehen. 1996 wurde ständnisses und der Künstler kann darauf hoffen,
Unten : „Destroyed Church“ er eingeladen, in Wiener Neustadt auf dem Haupt- dass das Beobachten von künstlerischen Aktionen,
Baulückeninstallation bei der platz, der gerade umgebaut wurde, ein Projekt zu das Nachdenken über Zusammenhänge und das
Documenta Kassel, 1987 entwickeln. Mit Einfühlungsvermögen, Improvisati- Erkennen von ästhetischen Aussagen auch Bewusst-
seinsprozesse auslöst.

Rechts : „sidewalk“ Temporäre


Installation am Hauptplatz
in Wiener Neustadt, 1996

Angelica Bäumer
Geboren 1932 in Frankfurt
am Main. Studium der Musik,
Kunstgeschichte und Archi-
tektur. Langjährige Mitarbei-
terin beim österreichischen
Rundfunk und Fernsehen.
Autorin zahlreicher Kataloge
und Monografien.

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