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Vorsorge-
vollmacht
Was darf
der Bevollmächtigte?
5. Auflage
www.justiz.bayern.de
Die Vorsorge
vollmacht
Was darf der Bevollmächtigte?
von
Prof. Dr. Bernhard Knittel
5. Auflage
3
Vorwort
Eine Vorsorgevollmacht erlaubt es, die rechtliche Vorsorgevollmacht als auch Patientenverfügung zur
Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter selbst in Verfügung.
die Hand zu nehmen und festzulegen, wer bei Ver-
Weitergehende Hinweise zur Vorsorgevollmacht kön-
lust der eigenen Handlungsfähigkeit die notwendi-
nen Sie der vorliegenden Broschüre entnehmen. Sie
gen Entscheidungen treffen soll. Tritt tatsächlich ein
stellt die Wirkungen der Vollmacht im Rechtsverkehr
Notfall ein, hat eine Vorsorgevollmacht viele Vortei-
verständlich und anhand praxisnahen Beispielen dar
le. Die wichtigsten: Der Bevollmächtigte kann dann
und enthält konkrete Ratschläge, was im Innenver-
sofort und umfassend für den Vollmachtgeber tätig
hältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmäch-
werden und alles Notwendige in die Wege leiten.
tigtem beachtet werden sollte. Denn je genauer Voll-
Der Vollmachtgeber kann sich die Person seines
machtgeber und Bevollmächtigter wissen, was die
rechtlichen Vertreters selbst aussuchen. Liegt keine
Erteilung einer Vorsorgevollmacht bedeutet, welche
Vorsorgevollmacht vor, bedarf es in dieser Situation
Rechte und Pflichten sie begründet und was bei ihrer
eines gerichtlichen Betreuungsverfahrens, das Zeit
Ausübung zu beachten ist, desto reibungsloser wird
und Geld kostet und den Betreuer der gerichtlichen
die rechtliche Vorsorge gelingen.
Aufsicht unterstellt.
Wir hoffen, dass die nachfolgenden Ausführungen
Die grundlegenden Informationen rund um die recht-
häufig auftretende Fragen rund um die Vorsorgevoll-
liche Vorsorge enthält die Broschüre „Vorsorge für
macht beantworten und dadurch Sicherheit für den
Unfall, Krankheit, Alter“. Diese erläutert die Unter-
Vollmachtgeber und den Bevollmächtigten schaffen.
schiede zwischen den verschiedenen Vorsorge-
instrumenten und stellt Formulare sowohl für die München, im August 2019
Inhaltsverzeichnis
Weiterführende Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Zur Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
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Weiterführende Literaturhinweise
Die vorliegende Broschüre wendet sich mit Informationen und Hinweisen vorwiegend an Interessenten ohne
juristische Fachkenntnisse. Sie verzichtet deshalb auf Gesetzeszitate sowie auf Belegstellen aus Rechtspre-
chung und Literatur. Etwa gewünschte Vertiefung bietet eine Vielzahl von einschlägigen Werken.
Zur Einführung
Auch ein trockenes Thema kann durch Beispiele an-
Hierbei hat sich Frau Geb-Voll an die Empfehlun-
schaulich und verständlich werden. Deshalb sollen in
gen der Broschüre „Vorsorge für Unfall, Krankheit,
dieser Broschüre die Erteilung und der Gebrauch von
Alter durch Vollmacht, Betreuungsverfügungen,
Vorsorgevollmachten anhand mehrerer fiktiver Per-
Patientenverfügung“ (siehe die Weiterführenden
sonen „durchgespielt“ werden. Im 1. Kapitel werden
Literaturverweise) gehalten und die dort und auch
die rechtlichen Grundlagen im Rahmen von Fragen
in dieser Broschüre abgedruckte Vollmacht nach
und Antworten allgemein dargestellt. Der Leser kann
ihren Bedürfnissen ausgefüllt.
aber auch direkt mit dem 2. Kapitel beginnen und nur
im Bedarfsfall auf das 1. Kapitel zurückgreifen. Bevor sie die Urkunde unterschrieb, hat sie die
Angelegenheit mit ihrem Sohn B. Voll besprochen:
„Ich möchte dir gern eine Vorsorgevollmacht, ver-
AUSGANGSFALL:
bunden mit einer Patientenverfügung, ausstellen.
Frau Anne Geb-Voll ist 72 Jahre alt, verwitwet und Dann kannst du für mich handeln, wenn ich das
lebt in Nürnberg. Ihr 40-jähriger Sohn Benno (im nicht mehr für mich selbst kann. Bist du damit
Folgenden meist „B. Voll“) wohnt in Frankfurt a.M. einverstanden?“ Benno meinte nur: „Warum nicht?
und ihre 37-jährige Tochter Carola Müller, geb. Aber eigentlich möchte ich mich schon ganz gern
Voll, in Erfurt. vorher genauer informieren, was das konkret be-
deutet und was ich dabei zu beachten habe.“
Frau Geb-Voll hatte sich schon seit langem mit
der Frage befasst: „Was wird einmal geschehen, Auch ihrer Tochter Carola hat Frau Geb-Voll von
wenn ich durch einen Unfall oder eine schwere Er- ihrer Absicht erzählt. Diese ist nicht sehr erfreut
krankung selbst nicht mehr handlungsfähig bin?“ hierüber, weil sie mit ihrem Bruder zerstritten ist.
Sie weiß, dass dann ggf. das Amtsgericht für sie Wegen eines lange zurückliegenden Streites traut
einen rechtlichen Betreuer als gesetzlichen Ver- sie ihm nicht und fürchtet zudem, dass ihre Mutter
treter bestellen muss. Ihr ganzes Leben lang hat sie im Erbfall zugunsten ihres Bruders benachtei-
sie aber gern selbst die Dinge in die Hand genom- ligen könnte.
men. Deshalb wollte sie selbst Vorsorge treffen.
Vor zwei Jahren hat sie sich daher entschlossen,
ihrem Sohn B. Voll eine Vorsorgevollmacht zu er-
teilen.
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Weise der Bevollmächtigte von der Vollmacht Ge- Hat der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten im
brauch machen darf. Innenverhältnis keine Grenzen gesetzt, dann darf
der Bevollmächtigte die Vollmacht zumindest nicht
Die Rechtsbeziehung zwischen Vollmachtgeber und rechtsmissbräuchlich nutzen. Ein Rechtsmiss-
Bevollmächtigten wird zumeist Grundverhältnis oder brauch würde beispielsweise vorliegen, wenn der
Innenverhältnis genannt (siehe hierzu die am Ende Bevollmächtigte die Vollmacht nach dem Tod des
der Broschüre abgedruckte und ausfüllbare „Rege- Bevollmächtigten gebraucht, um Konten des Erb-
lung des Innenverhältnisses“). Bei einer Vorsorge- lassers leer zu räumen, ohne dass er einen fälligen
vollmacht kann man insoweit auch von Vorsorge- Anspruch auf das Geld hat.“
verhältnis sprechen.
B. Voll: „Und wie kann man das Grundverhältnis
rechtlich beschreiben? Ihr Juristen habt doch im-
3. Vollmachtsinhalt/Grund mer gleich eine ,Begriffs-Schublade‘ für so etwas!“
B. Voll: „Kannst du mir das mal mit einem Beispiel Gerade bei der Vorsorgevollmacht kommt dem
erklären?“ Grundverhältnis ganz besondere Bedeutung zu.
Denn diese Vollmacht soll doch ausgleichen, dass
RA Klug: „Aber sicher! Zum Beispiel: Dem Bevoll- die Handlungsmöglichkeiten des Vollmachtgebers
mächtigten wird eine umfassende Generalvoll- schwinden. Damit verbunden ist aber auch der Ver-
macht erteilt. (Die Generalvollmacht wird später lust der unmittelbaren eigenen Kontrolle des Voll-
erklärt, S. 16). Im Innenverhältnis (= Grundverhält- machtgebrauchs. Der Vollmachtgeber begibt sich
nis, Vorsorgeverhältnis) aber wird festgelegt, dass in gewisser Weise in die Hand des Bevollmächtig-
er nichts verschenken darf. Und nun verschenkt der ten. Deshalb ist das Vorsorge-Grundverhältnis ganz
Bevollmächtigte absprachewidrig doch das Auto wichtig für die Regelung, ob, wann und wie von der
des Vollmachtgebers. Lösung: Der Beschenkte Vollmacht Gebrauch gemacht werden darf.
darf das Auto behalten, denn sein Vertrauen in die
Vollmacht muss geschützt werden. Er wusste ja Übrigens ist ggf. auch eine Patientenverfügung Teil
nichts von der internen Beschränkung. Allerdings eines solchen Grundverhältnisses. Sie bestimmt im
wird der Bevollmächtigte nun dem Vollmachtge- einzelnen, welche Wünsche der Vollmachtgeber für
ber gegenüber wohl Schadenersatz leisten müssen eine spätere ärztliche Behandlung hat.“
(dazu S. 24).
B. Voll: „Kann man denn nicht alles, was der Voll-
Wird dagegen von vornherein in der Vollmachtsur- machtgeber im Verhältnis zum Bevollmächtigten
kunde bestimmt, dass nichts verschenkt werden geregelt haben möchte, gleich in die Vollmacht
darf, fehlt dem Bevollmächtigten die entsprechen- hineinschreiben?“
de Rechtsmacht hierzu. Dennoch vorgenommene
Schenkungen sind zunächst schwebend unwirksam, RA Klug: „Davon ist dringend abzuraten! Trotz ih-
das heißt, der Vertretene kann das Geschäft nach- rer engen Beziehung sind Vollmacht und Vorsor-
träglich genehmigen. Kann oder will er das nicht, ge-Grundverhältnis rechtlich strikt voneinander zu
muss der Beschenkte, der von der Beschränkung trennen. Das gilt schon gedanklich: Die Vollmacht
hätte wissen können, das Auto zurückgeben. Das ist abstrakt; sie ist also auch dann wirksam, wenn
,Können‘ des Bevollmächtigten und sein ,Dürfen‘ das Innenverhältnis aus irgendwelchen Gründen un-
stimmen in diesem Fall überein. wirksam ist.
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Beispiel zum Auseinanderfallen der Wirksamkeiten: Sind sich beide darüber einig (dies kann münd-
Stell dir vor, deine Mutter ist zum Zeitpunkt der Voll- lich bekundet werden oder durch stillschweigen-
machterteilung geschäftsfähig (dazu näher S. 12). de Annahme des beispielsweise in einem Brief des
Erst später, nach Auftreten von Demenzerschei- Vollmachtgebers liegenden Angebots), kommt ein
nungen, unterschreibt sie eine von dir vorgelegte entsprechender Auftrag zustande. Er steht aber un-
Vereinbarung über deine Rechte und Pflichten ihr ter der aufschiebenden Bedingung, dass der Voll-
gegenüber − also die Vereinbarung über das Vorsor- machtgeber tatsächlich fürsorgebedürftig wird. Erst
ge-Grundverhältnis. Dann ist die Vollmacht wirksam, zu diesem Zeitpunkt wird das Vorsorgeverhältnis
nicht aber das, was als Vorsorge-Grundverhältnis wirksam.
gelten soll. Im Zweifel gilt dann, was hierzu von An-
fang an mit ihr vereinbart war. Fehlen ausdrückliche Allerdings hat der Bevollmächtigte bereits zuvor die
Absprachen, sind die BGB-Bestimmungen zum Auf- Pflicht, sich bereitzuhalten, um im Bedarfsfall seine
trag maßgebend. Aufgaben unverzüglich wahrnehmen zu können.
Der Grundsatz der rechtlichen Trennung von Hingegen wird die Vollmacht in dem Zeitpunkt wirk-
Vollmacht und Vorsorge-Grundverhältnis meint sam, in dem der Bevollmächtigte die Vollmachtsur-
auch die jeweiligen Urkundentexte, soweit kunde in Besitz nimmt.“ (Näheres hierzu auf S. 17
das Vorsorge-Grundverhältnis schriftlich gere- und 22.)
gelt wird. Man sollte also nicht alles, was im In-
nenverhältnis gelten soll, in die Vollmacht selbst
schreiben. Den Rechtsverkehr gehen die im Innen-
verhältnis getroffenen Absprachen grundsätzlich
5. Höchstpersönliche
nichts an. Je detaillierter das Grundverhältnis ge- Geschäfte
regelt ist, desto schwerfälliger ist die Vollmacht
zu gebrauchen, wenn ihr Text mit dem Grundver- B. Voll: „Können Vollmachten eigentlich für alles
hältnis in einer Urkunde zusammengefasst ist. Ge- und jedes erteilt werden?“
schäftspartner, mit denen zum Beispiel Verträge
geschlossen werden sollen, könnten in solchen RA Klug: „Nein. Für höchstpersönliche Rechtsge-
Fällen verunsichert werden: Sie erfahren alle De- schäfte kann keine Vollmacht erteilt werden. So kann
tails des Grundverhältnisses, die sie meist nichts niemand einen anderen bei einer Eheschließung oder
angehen. Auch können sie vielleicht nicht immer ge- einem Testament vertreten. Die Anerkennung oder
nau zwischen ,nach außen beschränkter Vollmacht‘ Anfechtung der Vaterschaft sind nur durch ,gesetz-
und bloßen Schranken im Innenverhältnis rechtlich liche Vertreter‘ möglich, das gilt auch für Verein-
unterscheiden. Deshalb werden sie in manchen Fäl- barungen des künftigen Erblassers über Erb- oder
len die Ausführung des Geschäfts als zu riskant Pflichtteilsverzichte.
ablehnen.“ Auch das staatsbürgerliche Wahlrecht kann nur per-
sönlich wahrgenommen werden. Strafanträge durch
Bevollmächtigte sind unzulässig. Selbst hier in un-
4. Zeitliche Wirksamkeit serem Verein kannst du deine Mitgliedsrechte nur
selbst ausüben und nicht etwa einen Vertreter zur
B. Voll: „Werden Vollmacht und Vorsorge-Grund- Jahresversammlung schicken. Dasselbe wird üb-
verhältnis eigentlich gleichzeitig wirksam?“ rigens manchmal für Wohnungseigentümer in der
Gemeinschaftsordnung bestimmt.“
RA Klug: „Das kommt auf die konkrete Absprache
an. Im Allgemeinen sollte der Vollmachtgeber recht-
zeitig mit seiner Vertrauensperson besprechen, ob
diese bereit ist, ihn zu gegebener Zeit im Rahmen 6. Offenlegung der Vollmacht
eines Vorsorge-Grundverhältnisses zu vertreten.
Selbstverständlich ist, dass ein anderer nur bevoll- B. Voll: „Worauf muss ich denn sonst noch achten,
mächtigt werden sollte, wenn er auch bereit ist, die wenn ich in Vollmacht meiner Mutter handle?“
mit der Vollmacht verbundene Verantwortung zu
übernehmen. Auch die eigenen Wünsche sollten mit RA Klug: „Deine Erklärungen müssen in ihrem Na-
dem Bevollmächtigten intensiv erörtert werden. Zum men abgegeben werden. Es muss offenkundig sein
einen erleichtert dies dem Bevollmächtigten spätere und deutlich zum Ausdruck kommen, dass der Be-
Entscheidungen, zum anderen stellt es sicher, dass vollmächtigte für einen anderen handelt. Anders ist
er den Willen des Vertretenen dann richtig umsetzen es nur bei Rechtsgeschäften des täglichen Lebens:
kann. Wer für einen anderen Lebensmittel einkauft, muss
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seine Vertretungsmacht nicht offenlegen. Das Ge- im Allgemeinen zu. Dass im Vollmachtstext nichts
schäft wirkt dann ,für den, den es angeht‘. über eine Beschränkung des Bevollmächtigten im
Innenverhältnis steht, von der Vollmacht erst bei
Aber jetzt mal eine Gegenfrage. Ist deine Mutter
Eintritt der Betreuungsbedürftigkeit Gebrauch ma-
eigentlich geistig noch fit?“
chen zu dürfen, schadet nicht. Im Gegenteil: Im
Sinne der Klarheit für den Rechtsverkehr muss das
gerade vermieden werden (vgl. auch den Tipp im
7. Geschäftsfähigkeit 2. Kap. Ziff. 1 auf S. 22).
B. Voll: „Und wie! Da können viele Jüngere kaum B. Voll: „Darf ich als Vorsorgebevollmächtigter
mit ihr mithalten! Aber warum fragst du das?“ auch Gerichtsprozesse für meine Mutter führen?“
RA Klug: „Weil die Geschäftsfähigkeit des Voll- RA Klug: „Ja, denn insoweit gilt eine wichtige
machtgebers im Zeitpunkt der Bevollmächtigung Besonderheit im Prozessrecht. Während durch
Voraussetzung für eine wirksame Vollmacht ist. Dazu Vollmachterteilung grundsätzlich keine gesetzli-
gehört die geistige Fähigkeit zu freier Willensent- che, sondern (nur) eine rechtsgeschäftliche Vertre
schließung. Diese fehlt, wenn jemand nicht in der tungsmacht begründet werden kann, trifft die
Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Zivilprozessordnung eine Sonderregelung für Vor-
Erwägungen leiten zu lassen. Dem Vollmachtgeber sorgevollmachten. Sie hat folgenden Hintergrund:
muss dabei auch klar sein, dass der von ihm Be- Normalerweise sind geschäftsunfähige Volljährige
vollmächtigte rechtswirksam für ihn handeln kann. auch prozessunfähig. Sie brauchen einen gesetzli-
Grundsätzlich ist aber von der Geschäftsfähigkeit chen Vertreter, um gerichtlich klagen zu können oder
Volljähriger auszugehen. verklagt zu werden. Für diesen Zweck müsste also
ein Betreuer bestellt werden. Eine einfache Vollmacht
Das Fehlen der Geschäftsfähigkeit muss positiv fest- des Betroffenen, auch wenn sie zuvor noch in Zeiten
gestellt werden. Im Streitfall muss ggf. ein psychia ungetrübter Geisteskraft ausgestellt wurde, würde
trisches Gutachten vorgelegt werden. nicht reichen.
Aber das alles ist ja erfreulicherweise bei deiner Mut- Nach dem Gesetz steht aber der Vorsorgebevoll-
ter kein Problem!“ mächtigte einem gesetzlichen Vertreter des pro-
zessunfähigen Betroffenen gleich, wenn die Vor-
B. Voll: „Aber was ist, wenn meine Mutter doch sorgevollmacht die gerichtliche Vertretung umfasst.
einmal geschäftsunfähig werden sollte, nachdem Eine etwa wegen Geschäftsunfähigkeit fehlende Pro-
sie mir die Vollmacht gegeben hat?“ zessfähigkeit des Betroffenen wird daher im Wege
RA Klug: „Es ist ja gerade der Sinn der Vorsorge- der gesetzlichen Vertretung durch den Vorsorgebe-
vollmacht, dass sie bei eintretender Geschäftsun- vollmächtigten ersetzt.
fähigkeit greifen soll. Wenn die Vollmacht wirksam Das gilt übrigens auch für die Zwangsvollstreckung.
erteilt wurde und zum Zeitpunkt der Vertretertätigkeit Muss etwa der wirtschaftlich auf die schiefe Bahn
fortbesteht, also weder durch Widerruf noch durch geratene Vollmachtgeber eine „Vermögensauskunft“
zeitliche Befristung erloschen ist, wirkt sie fort.“ abgeben (früher ‚eidesstattliche Versicherung‘ oder
‚Offenbarungseid‘ genannt), kann dies auch der Vor-
sorgebevollmächtigte für ihn tun.“
8. Vollmacht/
Vorsorgevollmacht
9. Betreuung
B. Voll: „Gibt es eigentlich einen Unterschied zwi-
schen ,Vollmacht‘ und ,Vorsorgevollmacht‘?“ B. Voll: „Und worin besteht der Unterschied zur
Betreuung?“
RA Klug: „Die Vorsorgevollmacht ist im BGB nicht
eigenständig und umfassend geregelt. Das Gesetz RA Klug: „Nehmen wir einmal an, deine Mutter hätte
und seine Überschriften verwenden diesen Begriff keine Vollmacht erteilt und würde in späteren Jahren
nur an wenigen Stellen in sehr speziellen Zusam- vielleicht doch geistig stark abbauen – bis hin zur
menhängen. Unter einer Vorsorgevollmacht ist Demenz. Sie könnte dann viele ihrer eigenen Ange-
nichts anderes als eine normale Vollmacht zu ver- legenheiten nicht mehr selbstständig regeln. Dann
stehen, die dazu geeignet und zumeist auch dazu müsste ihr vom Amtsgericht − die zuständige Ab-
bestimmt ist, eine rechtliche Betreuung zu vermei- teilung dort heißt Betreuungsgericht − ein Betreuer
den. Das trifft jedenfalls auf eine Generalvollmacht oder eine Betreuerin zur gesetzlichen Vertretung
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für die entsprechenden Aufgaben bestellt werden. B. Voll: „Der Vollmachtgeber erspart sich durch
Das geschieht von Amts wegen (oder in seltenen seine Vorsorge also ein Gerichtsverfahren, in dem
Fällen auf eigenen Antrag) dann, wenn der oder die ein Betreuer bestellt wird, und damit die richterli-
Betroffene infolge psychischer Krankheit oder geis- che Anhörung, Begutachtung durch einen Psych
tig/seelischer Behinderung eigene Angelegenheiten iater usw. Von den Kosten mal ganz abgesehen …“
(ganz oder teilweise) nicht mehr besorgen kann. Be-
treuer können und sollen in erster Linie Familienan- RA Klug: „Ja, aber das ist noch nicht alles. Auch für
gehörige sein. Das Gericht würde also vermutlich den Bevollmächtigten ist vieles einfacher. Er unter-
zunächst daran denken, dich oder deine Schwester liegt im Grundsatz nicht den Beschränkungen ei-
zu bestellen. nes gesetzlichen Vertreters, hier also des Betreuers.
Weder steht der Bevollmächtigte unter gerichtlicher
Die Betreuung ist aber nicht erforderlich, soweit Aufsicht wie der Betreuer, noch braucht er richterli-
die Angelegenheiten des Betroffenen durch einen che Genehmigungen für sein Handeln.
geeigneten Bevollmächtigten ebenso gut wie durch
einen Betreuer besorgt werden können. Wenn je- In wenigen, aber besonders wichtigen Fällen stellt
mand also rechtzeitig – wie man so sagt: ,in guten das Gesetz allerdings auch den Bevollmächtigten un-
Tagen‘ – eine wirksame und inhaltlich ausreichende ter eine richterliche Kontrolle: Die Genehmigung des
Vollmacht erteilt, kann er damit regelmäßig ein ge- Betreuungsgerichts ist unter bestimmten weiteren
richtliches Betreuungsverfahren vermeiden, wenn Voraussetzungen nötig bei gewissen risikoreichen
der Vorsorgefall tatsächlich eintritt.“ ärztlichen Eingriffen, beim Abbruch lebenserhalten-
der Maßnahmen (dazu S. 38 ff.) sowie regelmäßig bei
B. Voll: „Dann geht eine Vollmacht immer einer freiheitsentziehenden Maßnahmen, darunter fällt die
sonst notwendigen rechtlichen Betreuung vor?“ Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer
Klinik oder eines Pflegeheims (dazu S. 51 ff.).
RA Klug: „Wenn sie wirksam erteilt ist, ja! Soweit
allerdings begründete Zweifel an der Wirksamkeit Auf das Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung
einer Vorsorgevollmacht bestehen − etwa weil der kann laut Bundesverfassungsgericht bei der Ertei-
Aussteller seinerzeit vielleicht schon geschäftsun- lung einer Vorsorgevollmacht nicht wirksam ver-
fähig war −, muss der vorhandene Betreuungsbe- zichtet werden. Der damit verbundene Eingriff in
darf doch durch einen Betreuer abgedeckt werden. das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen ist
Dasselbe gilt, wenn die Vollmacht inhaltlich nicht aufgrund des staatlichen Schutzauftrags gerecht-
ausreicht. Wer nur in Vermögensfragen vertretungs- fertigt.“
befugt ist, darf nicht über die ärztliche Behandlung
entscheiden. Allein dafür muss dann im Bedarfsfall
das Gericht einen Betreuer bestellen.
Ob neben der Vollmacht ein Betreuungsbedarf be-
3 TIPP
steht, kann allerdings immer nur anhand der kon- Hilfreiche Hinweise zum Thema Betreuung enthält
kreten gegenwärtigen Lebenssituation des Be- die Broschüre „Meine Rechte als Betreuer und
troffenen beurteilt werden. Ermächtigt etwa eine Betreuter“ von Walter Zimmermann, erschienen
Vollmacht nicht auch zur Führung von Prozessen im Verlag C.H.BECK, siehe die Weiterführende
(dazu oben S. 12), muss nicht allein deswegen vor- Literatur.
sorglich eine Betreuung mit entsprechendem Aufga-
benkreis angeordnet werden, falls eine gerichtliche
Auseinandersetzung für den Vollmachtgeber über-
haupt nicht absehbar ist. Ebenso wenig benötigt der
Betroffene ohne konkreten Anlass eine Betreuung für
„die Eingehung von Verbindlichkeiten“, wenn seine 10. Tod des Vollmachtgebers
Vertretung im Rahmen von „einfachen Verträgen“
durch die erteilte Vorsorgevollmacht erfasst ist. B. Voll: „Und wenn meine Mutter stirbt? Endet
Das Amtsgericht kann im Übrigen womöglich auch dann die Vollmacht automatisch?“
dann eine Betreuung anordnen, wenn der Bevoll- RA Klug: „Die Vollmacht gilt nach dem Bürgerli-
mächtigte wegen erheblicher Bedenken bezüglich chen Gesetzbuch so lange, wie es der Vollmacht-
seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet geber selber festlegt. Er hat es also in der Hand zu
erscheint. Auf diesen Gedanken wird aber bei dir, bestimmen, dass die Vollmacht beispielsweise nur
lieber Benno, hoffentlich niemand kommen!“ befristet bis zu seinem Tod gelten soll. Er kann auch
ausdrücklich anordnen, dass die Vollmacht erst mit
seinem Tod wirksam sein soll. Eine solche „post-
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mortale“ Vollmacht wäre allerdings keine Vorsor- kann. Die oft zeitraubende und teure Beschaffung
gevollmacht, über die wir gerade reden. Schließlich eines Erbscheins entfällt.
kann festgelegt werden, dass die noch zu Lebzeiten
Hat der Vollmachtgeber mit der Vollmacht einen kon-
erteilte Vollmacht über den eigenen Tod hinaus Gel-
kreten Auftrag an den Bevollmächtigten verbunden
tung haben soll („transmortale“ Vollmacht).
(z. B. ,Kümmere Dich um meinen Hund‘ oder ,Sorge
Wenn der Vollmachtgeber stirbt, besteht eine Voll- dafür, dass meine Mietwohnung ordnungsgemäß
macht ohne ausdrückliche Beschränkung bis zu aufgelöst wird‘), dann erlischt dieser Auftrag und
einem Widerruf durch die Erben fort. Nach über- damit auch die Vollmacht im Zweifel nicht mit dem
wiegender Ansicht gilt das auch für die Vorsorge- Tod des Vollmachtgebers.
vollmacht. Jedenfalls kann und sollte das in der Voll-
Da wir gerade bei Festlegungen im Vollmachtstext
macht ggf. ausdrücklich so bestimmt werden (z. B.
sind: Dieser kann ausdrücklich klarstellen, dass die
durch den Satz: ,Ich will, dass die Vollmacht über
Vorsorgevollmacht entsprechend ihrem Zweck gültig
den Tod hinaus bis zum Widerruf durch die Erben
bleibt, wenn später eine Geschäftsunfähigkeit des
fortgilt‘).
Vollmachtgebers eintritt. In diesem Fall muss nicht
Eine solche ,transmortale‘ Vollmacht hat den Vorteil, auf eine diesbezügliche gesetzliche Auslegungsregel
dass der Bevollmächtigte, der zugleich der Erbe zurückgegriffen werden, wonach das ,im Zweifel‘ so
sein kann, direkt nach dem Erbfall über Nachlassge- anzunehmen sei. Aber Vorsicht: Diese sinnvolle Klar-
genstände, insbesondere über Bankkonten verfügen stellung ist nicht zu verwechseln mit einer schwer
Vorsorgebevollmächtigter Betreuer
Wie wird man Vorsorgebevollmächtigter? Wie wird man Betreuer?
Er wird durch den Vollmachtgeber ausgewählt und Er wird durch das Betreuungsgericht (Amtsge-
erklärt sich zur Übernahme des damit verbundenen richt) bestellt, ggf. auf Vorschlag des Betreuten
Auftrags bereit. (durch eine sog. Betreuungsverfügung). Grund-
sätzlich besteht eine Übernahmepflicht für
ehrenamtliche Betreuer.
Ab wann kann oder muss er handeln? Ab wann kann oder muss er handeln?
Wie in der Vollmacht bzw. im Auftragsverhältnis be- Ab Bestellung durch das Betreuungsgericht.
stimmt; meist, wenn der Vollmachtgeber geschäfts-
unfähig wird.
Wie kann er handeln? Wie kann er handeln?
Rechtlich nach außen im Rahmen dessen, was im Für die Aufgabenkreise, für die er bestellt wor-
Innenverhältnis vereinbart ist. den ist, also z. B. für Vermögenssorge, Gesund-
heitssorge etc.
Wer kontrolliert? Wer kontrolliert?
Der – hierzu noch fähige – Vollmachtgeber, andern- Das Betreuungsgericht. Es besteht umfassende
falls ein hierzu bestimmter weiterer Bevollmächtigter. Berichts- und Rechnungslegungspflicht, aller-
Bei erhöhtem Überwachungsbedarf auch ein speziell dings mit gewissen Erleichterungen für Angehö-
hierzu gerichtlich eingesetzter „Kontrollbetreuer“; rige als Betreuer.
später eventuell die Erben. Für einige Bereiche mit
Auswirkungen auf Gesundheit bzw. persönliche Frei-
heit des Vollmachtgebers braucht auch der Bevoll-
mächtigte eine gerichtliche Genehmigung.
Wann endet die Vorsorgevollmacht? Wann endet die Betreuung?
Durch Widerruf des Vollmachtgebers, eines hierzu Bei Aufhebung der Betreuung, Entlassung
befugten Betreuers oder anderen Bevollmächtigten durch das Betreuungsgericht oder Tod des
oder des Erben (sofern die Vollmacht über den Tod Betreuten.
hinaus gelten soll).
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nachprüfbaren und deshalb verfehlten Bedingung, Notar Hagenau: „Grundsätzlich kann eine Vollmacht
wonach die Vollmacht erst bei Geschäftsunfähigkeit formfrei erteilt werden, d. h. auch mündlich. Auch
gelten soll“ (dazu S. 22). eine notarielle Beurkundung ist nicht zwingend nö-
tig. Aber schon aus Beweisgründen ist zumindest
B. Voll: „Eine Frage noch. Du weißt, dass ich Be- Schriftform ratsam. Der Rechtsverkehr wird kaum
amter bin. Brauche ich für die Ausübung einer Vor- akzeptieren, wenn jemand eine nur mündliche Voll-
sorgevollmacht eine Genehmigung meines Dienst- macht behauptet.
herrn?“ Schriftform ist für bestimmte Fälle sogar ausdrück-
lich im Gesetz vorgesehen. Wenn Benno Sie auch
RA Klug: „Beamtenrechtlich ist die Wahrnehmung
bei schwerwiegenden ärztlichen Eingriffen oder bei
von öffentlichen Ehrenämtern keine Nebentätigkeit.
der Entscheidung über lebenserhaltende Maßnah-
Hierzu gehören für Bundesbeamte auch die unent-
men vertreten können soll, braucht er eine schriftli-
geltliche Vormundschaft, Betreuung oder Pfleg-
che Vollmacht, die das zudem ausdrücklich vorsieht.
schaft. In den Landesbeamtengesetzen – auch in
dem für dich als Ingenieur bei einer Landesbehörde Dasselbe gilt für eine geschlossene Unterbringung
geltenden – wird das teilweise auf die ehrenamtliche (etwa bei der Zustimmung des Bevollmächtigten zu
Tätigkeit für Angehörige beschränkt; auch muss dort Vorkehrungen, dass ein von ihm vertretener Heim-
z. T. die Übernahme solcher Tätigkeiten dem Dienst- bewohner zu seinem Schutz nicht in verwirrtem Zu-
herrn schriftlich angezeigt werden. Für die Ausübung stand das Haus verlassen kann).
einer Vorsorgevollmacht, die zur Vermeidung einer
Auch ist in verschiedenen Prozessordnungen für die
Betreuung bestimmt ist, dürfte nichts anderes gel-
Vertretung vor Gericht die Vorlage einer schriftlichen
ten, auch wenn das in den jeweils einschlägigen
Vollmacht vorgeschrieben.“
beamtenrechtlichen Vorschriften nicht ausdrücklich
geregelt sein sollte.
Anne Geb-Voll: „Genügt eine schriftliche Vollmacht
Für die Ausübung einer Vorsorgevollmacht für deine auch, wenn Benno mich bei meiner Bank vertreten
Mutter brauchst du also keine Erlaubnis. Du musst soll? Schließlich muss er im Bedarfsfall doch über
es ggf. aber deinem Dienstherrn anzeigen, wenn mein Girokonto verfügen können oder über meine
der Vorsorgefall eintritt und du von der Vollmacht Spar- und Wertpapieranlagen!“
Gebrauch machen sollst.“
Notar Hagenau: „Banken und Sparkassen verlangen
regelmäßig eine auf einem einheitlichen Formular
B. Voll: „Danke, Klaus. Das hat mir jetzt wirklich
erstellte Konto- bzw. Depotvollmacht. Sie muss
weitergeholfen. Wenn ich später noch mehr Fragen
grundsätzlich bei persönlicher Anwesenheit des Voll-
haben sollte, darf ich dich dann weiter löchern?“
machtgebers im Geldinstitut vom Bevollmächtigten
RA Klug: „Klar, Benno, immer! Du weißt aber schon, unterschrieben werden. Die Banken wollen sich hier-
dass ich Beratungen mit Stundenhonorar abrechne? durch absichern: Spätere Zweifel an der Wirksamkeit
Kleiner Scherz!“ der Vollmachtserteilung sollen von vornherein gar
nicht aufkommen können.
Auch Anne Geb-Voll hatte noch einige Fragen, Auch wenn eine notariell beurkundete Vollmacht
bevor sie die Vorsorgevollmacht für ihren Sohn jedenfalls dann, wenn sie ausdrücklich die Identität
B. Voll abfasste. Sie wandte sich hiermit an einen des Vollmachtgebers mit seinem amtlichen Perso-
langjährigen guten Bekannten, den Notar Horst nalausweis benennt, allen rechtlichen Erfordernissen
Hagenau. genügt und vom Geldinstitut nicht zurückgewiesen
werden dürfte: Es empfiehlt sich, späteren Streit
von vornherein zu vermeiden, indem das zumindest
vorab besprochen wird. Wenn das Institut darauf
11. Form der Vollmacht besteht, sollte zusätzlich auch eine bankübliche Voll-
macht erteilt werden.“1
Anne Geb-Voll: „Lieber Herr Hagenau, muss ich
die Vorsorgevollmacht schriftlich abfassen oder 1 Näher hierzu die Erläuterungen zu Frage 8 in der Broschü-
reicht auch, wenn ich alles mündlich mit meinem re Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter, Verlag C.H.BECK,
Sohn bespreche?“ 19. Auflage, € 5,90, ISBN 978-3-406-74415-0).
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einen Widerruf ausschließen. Bei der Generalvoll- Händigt der Vollmachtgeber der Vertrauensperson
macht geht das nicht.“ die Vollmachtsurkunde sogleich aus, dann wird die
Bevollmächtigung sofort wirksam. Dabei sollte mit
Anne Geb-Voll: „Und wie müssen Vollmachten for- dem Bevollmächtigten vereinbart werden, dass er
muliert werden, die nicht so umfassend sein sollen?“ von der Vollmacht nur im Ernstfall Gebrauch macht.
Diese Variante birgt allerdings die Gefahr, dass der
Notar Hagenau: „Bei sonstigen Vollmachten kommt
Bevollmächtigte sich nicht an diese Vereinbarung
es auf den Wortlaut der darin eingeräumten kon-
hält und die Vollmacht vorab nutzt.
kreten Befugnisse an. Damit die Vollmachtserteilung
verständlicher wird, sind häufig die Vollmachtsberei- Man kann aber dem Bevollmächtigten auch nur den
che (z. B. Vermögenssorge, Gesundheitssorge, sons- Aufbewahrungsort benennen. Dann wird die Voll-
tige persönliche Angelegenheiten) einzeln genannt. macht erst wirksam, wenn die Vertrauensperson
Das verdeutlicht die Reichweite der Vollmachtser- die Urkunde an sich nimmt. Freilich trägt der Voll-
teilung für alle, nämlich für den Vollmachtgeber, den machtgeber auch dann das Risiko eines etwaigen
Bevollmächtigten und auch den Rechtsverkehr. Die Missbrauchs, den er allerdings früher oder später
Vollmacht wird dadurch zugleich inhaltlich begrenzt bemerken wird, soweit er noch bei guter geistiger
auf die konkret genannten Gegenstände. Gesundheit ist.“
Aber Vorsicht: Ist in Wirklichkeit eine Generalvoll-
Anne Geb-Voll: „Kann man das Missbrauchsrisiko
macht gewollt, darf bei der Nennung der Einzelbe-
auch ausschließen oder zumindest verringern?“
fugnisse nicht der Eindruck entstehen, dass die Auf-
zählung abschließend ist. Denn wenn die Befugnisse Notar Hagenau: „Will der Vollmachtgeber das Miss-
beschränkt werden, stellt das rechtlich nicht mehr brauchsrisiko verringern, kann er hierfür auch einen
eine Generalvollmacht dar. Es darf sich nur um sog. Dritten einschalten: Dieser wird ermächtigt, dem Be-
Regelbeispiele handeln, was durch die Formulierung vollmächtigten die Vollmachturkunde im Bedarfsfall
„insbesondere“ betont werden kann. Allerdings kann auszuhändigen. Der Zeitpunkt kann in das Ermessen
jede Aufzählung zu Auslegungsproblemen führen, des Dritten gestellt sein oder auch von konkreten
wenn das Rechtsgeschäft im Einzelfall nicht unter Bedingungen abhängig gemacht werden (etwa ei-
den Katalog fällt.“ nem ärztlichen Attest über den Gesundheitszustand
des Vollmachtgebers). Dritter kann insoweit auch ein
Anne Geb-Voll: „Wenn ich mich an den Text einer Überwachungsbevollmächtigter sein.“ (Dazu näher
Mustervollmacht halte, wie sie am Ende dieser S. 19).
Broschüre abgedruckt ist, kann ich doch nichts
falsch machen – oder?“ Anne Geb-Voll: „Was empfehlen Sie aufgrund Ihrer
Erfahrung?“
Notar Hagenau: „Wohl kaum. Aber dieses und ande-
re Muster enthalten nur – freilich praktisch besonders Notar Hagenau: „Bei der Festlegung des Zeitpunkts,
wichtige – Beispiele für den Inhalt einer Vollmacht. ab dem die von Ihnen erteilte Vollmacht wirksam
Maßgebend ist die jeweilige konkrete Fassung der werden soll, müssen Sie abwägen: Wollen Sie sich
Urkunde. Diese kann und soll der Vollmachtgeber möglichst weitgehend vor Missbrauch schützen?
nach seinen Vorstellungen festlegen. Dann müssen Sie auch in Kauf nehmen, dass Ihre
Absicherung das Inkrafttreten der Vollmacht im Be-
Hierfür sind verschiedenen Möglichkeiten denkbar,
darfsfall womöglich etwas schwerfällig werden lässt
z. B. Generalvollmacht mit oder ohne Regelbeispie-
und vielleicht sogar verzögert!
le, konkrete Umschreibung einzelner Vermögensge-
genstände, ausdrücklicher Ausschluss bestimmter Oder Sie halten Ihre Vertrauensperson für zuverläs-
Befugnisse.“ sig. Dann können Sie auf weitergehende Vorkehrun-
gen verzichten und die Vollmacht gleich aushändigen
oder zumindest den Aufbewahrungsort nennen. Al-
lerdings tragen Sie als Vollmachtgeberin die ,Gefahr‘
15. Wirksamwerden der einer etwaigen Schädigung durch absprachewid-
Vollmacht rigen vorzeitigen Gebrauch und damit Missbrauch
der Vollmacht.
Anne Geb-Voll: „Wann wird denn die Vollmacht
Geldinstitute nehmen Ihnen übrigens die Entschei-
eigentlich wirksam?“
dung von vornherein ab. In dem von Banken und
Notar Hagenau: „Voraussetzung ist, dass der Bevoll- Sparkassen verwendeten einheitlichen Vordruck
mächtigte die Originalvollmachtsurkunde in seinem für eine Konto-/Depotvollmacht für den Vorsorgefall
Besitz hat. wird ausdrücklich festgelegt: Unabhängig von den
18
im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Be- verantwortlich, sofern die Ausfertigung nicht vorerst
vollmächtigten getroffenen Vereinbarungen kann der beim Notar verbleiben soll.
Bevollmächtigte gegenüber dem Geldinstitut ab dem
Zeitpunkt der Ausstellung dieser Vollmacht von ihr
Gebrauch machen. Die Bank/Sparkasse prüft nicht,
ob der Vorsorgefall beim Kontoinhaber/Vollmachtge-
18. Mehrere Personen
ber eingetreten ist. Sie vermeidet damit das Risiko als Bevollmächtigte
einer eventuellen Haftung gegenüber dem Kunden.“
Anne Geb-Voll: „Eine andere Frage, lieber Herr
Hagenau. Sie wissen, dass ich zwei Kinder habe,
16. Missbrauch neben Benno noch meine Tochter Carola. Ich habe
zu beiden ein gutes Verhältnis. Könnte ich auch
Anne Geb-Voll: „Wie kann ich mich denn überhaupt beide bevollmächtigen?“
vor einem Missbrauch der Vollmacht schützen?“ Notar Hagenau: „Ein Vollmachtgeber kann mehrere
Notar Hagenau: „Da gibt es schon einige Möglich- verschiedene Vertreter bevollmächtigen. Dies kann
keiten. Um das Abräumen von Konten zu verhindern, in gleichrangiger Weise geschehen. Möglich ist aber
empfiehlt es sich, die Befugnis, Geld abzuheben und auch eine zeitlich vor- und nachrangige (Ersatz-)
zu überweisen, auf bestimmte Höchstbeträge zu Bevollmächtigung sowie eine Haupt- und eine Über-
begrenzen. Man kann auch bestimmen, dass beim wachungsvollmacht.“
Abheben von höheren Beträgen ein Überwachungs-
bevollmächtigter (dazu näher S. 19) seine Zustim- Anne Geb-Voll: „Das klingt aber kompliziert. Neh-
mung geben muss. Ebenso ist es sinnvoll, zu regeln, men wir einfach einmal an, ich würde Benno und
dass die zweckentsprechende Verwendung der vor- Carola bevollmächtigen, mich zu vertreten. Kann
handenen Geldmittel generell von einer festgelegten dann jeder allein für mich tätig werden?“
anderen Person gegengezeichnet werden muss. Notar Hagenau: „Wenn Sie in der Vollmacht bei-
Allerdings darf man auch nicht zu große Hürden de Kinder als Bevollmächtigte benennen und dabei
aufbauen und dem künftigen Bevollmächtigten über- nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen, führt
großes Misstrauen signalisieren. Man riskiert dann, das zu einer sog. Gesamtvollmacht. Ihre Kinder sind
dass er die Tätigkeit entweder gar nicht übernimmt dann nur gemeinschaftlich aktiv vertretungsbe-
oder später niederlegt.“ rechtigt.
Zur Passivvertretung, also der Entgegennahme von
Erklärungen anderer Personen oder etwa Behörden,
17. Registrierung ist aber jeder allein berechtigt.“
Anne Geb-Voll: „Ich habe übrigens gehört, dass Anne Geb-Voll: „Müssen dann beide Kinder, wenn
man seine Vollmacht auch registrieren kann. Was sie für mich handeln, immer wie ,siamesische Zwil-
hat es denn damit auf sich?“ linge‘ gemeinsam auftreten?“
Notar Hagenau: „Unabhängig davon, wie die Vorsor- Notar Hagenau: „Nicht unbedingt. Gesamtvertreter
gevollmacht verwahrt wird, besteht die Möglichkeit, können ihre nur gemeinschaftlich wirksamen Ver-
diese gegen eine geringe Gebühr (zur Zeit etwa ab tretererklärungen tatsächlich gemeinsam oder auch
13 EUR) beim Zentralen Vorsorgeregister der Bun- einzeln (zeitlich nacheinander) abgeben. Wirksam
desnotarkammer (www.vorsorgeregister.de) regis wird die Vertreterhandlung, wenn beide sie geleistet
trieren zu lassen. Durch die Registrierung stellt man haben.“
sicher, dass das Gericht, bei dem ein Betreuungs-
verfahren anhängig gemacht wird, durch Rückfrage Anne Geb-Voll: „Was passiert, wenn eines mei-
bei dem Vorsorgeregister Kenntnis von der Existenz ner Kinder die gemeinsame Vollmacht nicht mehr
der Vollmacht erlangt. Wenn die Vorsorgevollmacht wahrnehmen kann, z. B. durch Krankheit oder
ausreichend ist, muss im Regelfall keine Betreuung Wegzug ins Ausland?“
angeordnet werden. Das ist schließlich der Sinn der
Notar Hagenau: „In einer rechtsgeschäftlich erteil-
Vorsorgevollmacht, die deshalb im Ernstfall auch
ten Gesamtvollmacht muss unbedingt geregelt wer-
dem Gericht bekannt werden muss.“
den, welche Folgen der Wegfall eines von mehreren
Registriert wird aber nur die Tatsache, dass eine Gesamtbevollmächtigten auf die Wirksamkeit der
Vollmacht existiert. Für die Verwahrung und Auffind- Vollmacht haben soll. Es bleibt sonst unklar, ob die
barkeit der Urkunde ist der Vollmachtgeber selbst Vollmacht insgesamt erlischt oder ob verbleibende
19
Bevollmächtigte weiterhin vertretungsberechtigt sein Hierzu gehört der Anspruch auf Auskunft und Re-
sollen.“ chenschaftslegung. Allerdings sollte das im Innen-
verhältnis durch möglichst klare Anweisungen ge-
regelt werden. Es kann nicht Ziel der Kontrolle sein,
dass die Bevollmächtigten mehr miteinander streiten
19. Gesamtvertretung als sich um die Belange des Vollmachtgebers zu
kümmern.
Anne Geb-Voll: „Und welche Vor- oder Nachteile
hat die Gesamtvertretung?“ So kann etwa festgelegt werden, dass Einnahmen
und Ausgaben von dem anderen Bevollmächtigten
Notar Hagenau: „Sie dient vor allem dem Schutz
jährlich eingesehen werden. Eine Überwachung von
des Vertretenen und nutzt die Fähigkeiten und Er-
außen ist noch empfehlenswerter, z. B. durch die
fahrungen aller Vertreter: Der Vollmachtgeber wird
Anordnung, dass eine Plausibilitätskontrolle durch
dadurch sowohl vor unüberlegtem und unzweckmä-
den Steuerberater stattzufinden hat.
ßigem Handeln eines Vertreters bewahrt als auch vor
etwaigen Pflichtwidrigkeiten. Gesamtvertretung ist Bei allen Überlegungen zur Kontrolle sollte aber nicht
damit ein Mittel zur Missbrauchsverhinderung. vergessen werden: Vorsorgevollmacht ist in erster
Allerdings können mehrere Gesamtvertreter wie- Linie Vertrauenssache. Es ist auch sehr zu empfeh-
derum einen oder mehrere von ihnen zur Abgabe, len, noch vor Eintritt des Vorsorgefalles von Zeit zu
Entgegennahme oder Genehmigung von Willenser- Zeit zu überprüfen, ob einmal gewählte Bevollmäch-
klärungen ermächtigen. Die vollständige Übertra- tigte wirklich noch geeignet sind.“
gung der Gesamtvertreterbefugnisse auf eine der
Vertretungspersonen ist aber unzulässig.
Nachteil ist, dass sich die Bevollmächtigten immer 20. Widerrufsrecht
abstimmen müssen. Wenn sich Ihre Kinder in einer
Frage nicht einig sind, wird es problematisch. Gerade Anne Geb-Voll: „Und was ist, wenn die beiden Be-
im Bereich von Gesundheitsangelegenheiten sollte vollmächtigten auf einmal völlig zerstritten sind?“
einer Person die letztverbindliche Entscheidung vor-
behalten bleiben. Jeder Vollmachtgeber sucht sich Notar Hagenau: „Entscheidet sich der Vollmachtge-
doch ohnehin denjenigen als Bevollmächtigten aus, ber für die Einsetzung mehrerer gleichrangiger Be-
der nach seiner Meinung seine Wünsche am besten vollmächtigter (= parallele Bevollmächtigung), kann
aktiv zur Geltung bringen kann und bespricht mit die- in diesem Fall jeder auch die Vollmacht des anderen
sem höchstpersönliche Angelegenheiten. Wenn da widerrufen. Allerdings besteht bei paralleler Bevoll-
mehrere entscheidend mitreden dürfen, kommt es mächtigung mehrerer Personen die Gefahr, dass ein
sicher zu Streitereien, und der Vollmachtgeber leidet Bevollmächtigter einen unliebsamen oder unbeque-
erheblich darunter, weil er sich nicht mehr wehren men Mitbevollmächtigten ausschaltet, z. B. durch
kann, aber oftmals das ,Gezerre‘ noch mitbekommt.“ Widerruf der diesem erteilten Vollmacht. So kann
der vom Vollmachtgeber beabsichtigte Zweck einer
Anne Geb-Voll: „Aber ein Pluspunkt für mich ist wechselseitigen Kontrolle geradezu in das Gegenteil
doch wohl auch, dass sich beide Bevollmächtigte verkehrt werden. Deshalb sollte der Vollmachtgeber
gegenseitig auf die Finger schauen?“ besser die Bevollmächtigten zwar zur wechselsei-
tigen Kontrolle ermächtigen, aber das Recht zum
Notar Hagenau: „Das ist richtig. Und das gilt sogar Widerruf der Vollmacht jeweils ausnehmen.“
dann, wenn Sie Ihre Kinder anders als im Regelfall
so bevollmächtigen, dass jedes Sie allein vertreten
kann. Diese Variante können Sie in der einheitlichen
Urkunde für beide so regeln. Der jeweils Handelnde 21. Überwachungsvollmacht
muss dann aber diese einzige Urkunde vorlegen
können. Sie können aber auch jedem Kind eine eige- Anne Geb-Voll: „Entspricht diese Kontrollfunkti-
ne gleichlautende Vollmachtsurkunde aushändigen. on übrigens der Überwachungsvollmacht, von der
Sie vorhin bei der Übersicht über mögliche Voll-
Sind nebeneinander mehrere Hauptbevollmächtig- machtsgestaltungen sprachen?“
te eingesetzt, kann diesen auch die Überwachung
der oder des jeweils anderen zugewiesen werden. Notar Hagenau: „Nicht ganz. Mit der reinen Über-
Möglich ist dies etwa durch die Formulierung: ,Jeder wachungsvollmacht ist gemeint, dass Sie z. B. allein
Bevollmächtigte kann auch die dem Vollmachtgeber Benno zum Hauptbevollmächtigten einsetzen, aber
gegenüber dem/den anderen Bevollmächtigten zu- Carola eine spezielle und begrenzte Vollmacht ge-
stehenden Rechte geltend machen.‘ ben. Mit dieser kann sie gegenüber ihrem Bruder die
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Informations- und Widerrufsrechte wahrnehmen, die Notar Hagenau: „Wenn Ihr Sohn als Bevollmächtig-
sonst Ihnen als Vollmachtgeberin zustehen. ter pflichtwidrig untätig bleibt oder am Vollmachts-
gebrauch aus sonstigen Gründen gehindert ist (z. B.
Auch kann der Vollmachtgeber bestimmen, dass
Krankheit, Verschollenheit auf einer Auslandsreise),
gewisse Entscheidungen nur mit Zustimmung des
könnte über einen Vollmachtswiderruf jederzeit Ab-
Überwachungsbevollmächtigten getroffen wer-
hilfe geschaffen werden. Im Regelfall genügt hierfür
den dürfen. Wenn das auch so in der Vollmacht
ein einfaches Schreiben an den Bevollmächtigten.
steht, ist sichergestellt, dass der Rechtsverkehr für
Wichtig ist es dabei, alle Originale und Abschriften
die entsprechenden Bereiche die Zustimmung des
des Dokuments zurückzufordern, um einen Miss-
Kontrollbevollmächtigten verlangen wird. Das ist
brauch der Vertretungsmacht in Zukunft zu verhin-
sinnvoll, wenn das Vertrauen zum Bevollmächtigten
dern. Weigert sich der Bevollmächtigte, die Urkunde
nicht ganz frei von Hintergedanken ist. Und es kann
herauszugeben, sollte der Vollmachtgeber einen An-
empfehlenswert sein, wenn es um gravierende Ent-
walt einschalten und die Urkunde für kraftlos erklä-
scheidungen geht, wie etwa Auflösung des eigenen
ren lassen.
Lebensmittelpunktes, endgültige Übersiedlung in ein
Heim oder Zulassen des Sterbens.“ Kann das Widerrufschreiben dem Bevollmächtigten
nicht zugehen, etwa weil er verschollen oder unter-
getaucht ist, sieht das Gesetz hierfür eine ‚Kraftlos-
22. Ersatzvollmacht erklärung durch öffentliche Bekanntmachung‘ vor.
Hierfür bedarf es nur eines schriftlichen Antrags an
Anne Geb-Voll: „Und was ist mit der Ersatzvoll- das Amtsgericht, die Kraftloserklärung zu veröffent-
macht, von der Sie ebenfalls sprachen?“ lichen.
Notar Hagenau: „Sie könnten etwa Benno zum al- Die Vollmacht widerrufen kann ein hierzu ausdrück-
leinigen Bevollmächtigten bestellen, aber für den lich von Ihnen als Vollmachtgeberin eingesetzter
Fall vorsorgen, dass er unvorhergesehen ausfällt, Überwachungsbevollmächtigter (hierzu näher S. 19).
z. B. durch Tod oder eine nicht nur vorübergehende Ist ein solcher nicht vorhanden, gibt es eine Ersatzlö-
sonstige Verhinderung. Hierfür könnten Sie Carola sung. Das Betreuungsgericht kann aus gegebenem
als Ersatzbevollmächtigte bestellen. Diese hat dann Anlass allein zu diesem Zweck einen Vollmachts-
ggf. dieselbe Rechtsstellung wie zuvor Benno als betreuer („Kontrollbetreuer“) bestellen. Das ist ein
erstrangig Bevollmächtigter.“ gerichtlich eingesetzter Betreuer, der aber nur eine
einzige Aufgabe hat: Den vom Vollmachtgeber ein-
Anne Geb-Voll: „Dann muss ich aber doch wohl ge- gesetzten Bevollmächtigten zu kontrollieren und not-
nau festlegen, wann Carola statt Benno als meine falls auch die Vollmacht zu widerrufen (dazu näher
Ersatzbevollmächtigte zum Zuge kommen soll?“ S. 29 f.).
Notar Hagenau: „Das ist sehr zu empfehlen. Denn In beiden Fällen könnte beispielsweise jeweils Ihre
im Einzelfall kann streitig werden oder schwer nach- Tochter Carola die Initiative ergreifen – sei es durch
weisbar sein, ob die Voraussetzung einer ,sonstigen Information des vorhandenen Überwachungsbevoll-
Verhinderung‘ vorliegt. Sinnvoll ist, dass Sie als Voll- mächtigten über die Sachlage und über die Voraus-
machtgeberin durch interne Anordnung festlegen: setzungen eines Widerrufs oder durch entsprechen-
Von der Ersatzvollmacht soll Carola erst dann Ge- des Herantreten an das Betreuungsgericht.
brauch machen können, wenn die zunächst vorran-
gig an Benno erteilte Vollmacht erloschen ist. Als ein- Ach, und noch ein praktischer Tipp: Wenn Sie mit Ih-
deutige und ggf. jederzeit belegbare Gründe hierfür rem Sohn alle Angelegenheiten besprechen, sollten
bieten sich an: der Widerruf der Vollmacht durch Sie Sie ihm auch sagen, wo Sie alle wichtigen Unterla-
oder einen hierzu Berechtigten, die Kündigung des gen wie Verträge oder Versicherungsscheine, Kon-
Grundverhältnisses durch Benno als Bevollmäch- toauszüge und Steuerunterlagen aufbewahren. Und
tigten oder dessen Verzicht auf die Vollmacht, im wie Ihre diversen Benutzernamen und Passwörter
schlimmsten Fall: der Tod Ihres bevollmächtigten von E-Mail- und anderen Konten im Internet lauten
Sohnes, ebenfalls wenig erfreulich: die Anordnung (Stichwort: „Digitaler Nachlass“). Das wird ihm seine
einer rechtlichen Betreuung für Benno als Bevoll- doch sehr belastende Aufgabe erleichtern.“
mächtigten.“
Anne Geb-Voll: „Lieber Herr Hagenau, vielen Dank
Anne Geb-Voll: „Aber wenn Benno nun einfach nur für diese Informationen. Ich weiß jetzt viel besser,
untätig bleibt, obwohl er sich als Bevollmächtigter wie ich meine Interessen durch eine Vorsorgevoll-
um meine Angelegenheiten kümmern müsste?“ macht wahrnehmen lassen kann!“
21
Manchmal möchte der Bevollmächtigte einen an- •• Die Vertretungsmacht des Unterbevollmächtigten
deren beauftragen, der an seiner Stelle für den Voll- kann den gleichen Umfang haben wie die des
machtgeber handeln oder Erklärungen entgegen- Hauptvertreters. Sie kann aber auch nur einen
nehmen kann. Das liegt vor allem dann nahe, wenn Teil der diesem gestatteten Rechtsgeschäfte um-
der Bevollmächtigte zeitweilig durch Abwesenheit fassen. Keinesfalls darf die Untervollmacht so
oder Krankheit verhindert ist oder aber bestimm- formuliert sein, dass sie weitergeht als die Haupt-
te notwendige Vertretungshandlungen nicht selbst vollmacht.
vornehmen kann oder will (z. B. die Prozessführung •• Erklärungen des Unterbevollmächtigten wirken
einem Rechtsanwalt übertragen möchte oder die unmittelbar für und gegen den Vollmachtgeber
Verwaltung einer Immobilie einem Hausverwalter). („Direktvertretung“). Schließt der Unterbevoll-
Eine solche Untervollmacht ist unproblematisch, mächtigte einen Vertrag ausdrücklich im Namen
wenn der Vollmachtgeber sie ausdrücklich gestattet des Vollmachtgebers, werden nur dieser und der
hat (im Grundverhältnis oder in der Vollmachturkun- Unterbevollmächtigte in der Urkunde aufgeführt.
de). •• Ein Vertreter kann einen Unterbevollmächtigten
Natürlich kann der Vollmachtgeber aber auch aus- nur dann vom Verbot des Selbstkontrahierens
drücklich jegliche Unterbevollmächtigung ausschlie- befreien, wenn er selbst davon befreit ist (Näheres
ßen; zweckmäßigerweise sollten freilich Prozessvoll- siehe dazu S. 27).
machten hiervon ausgenommen werden. Fehlt eine •• Bei Missbrauch der Vertretungsmacht durch den
Festlegung des Vollmachtgebers, kommt es auf die Unterbevollmächtigten haftet dieser auf Scha-
Auslegung der erteilten Vollmacht an. Bei Vorsorge- densersatz. Aber auch der Hauptvertreter kann in
vollmachten wird im Zweifel das besondere Vertrau- diesem Fall bereits für ein „Auswahlverschulden“
en in die Person des Bevollmächtigten gegen die gegenüber dem Vollmachtgeber haftbar sein. Es
Möglichkeit einer Unterbevollmächtigung sprechen. empfiehlt sich deshalb eine sorgfältige Auswahl
Andererseits kann ein besonderes Näheverhältnis der Person des Unterbevollmächtigten und nach
zur Person des Unterbevollmächtigten aber auch Möglichkeit auch dessen Überwachung.
wieder dafür sprechen, dass der Vollmachtgeber •• Der Widerruf der Hauptvollmacht führt nicht zwin-
insoweit keine Einwendungen haben dürfte. gend zum Erlöschen der Untervollmacht. Aller-
Allerdings kommt es auch auf den Umfang der Vor- dings kann sich dies aus der Auslegung der Voll-
sorgevollmacht an. Bei einer weitreichenden Gene- machtsverhältnisse ergeben. Andernfalls muss
ralvollmacht wird man eher eine Befugnis zur Un- der Vollmachtgeber selbst die Untervollmacht
terbevollmächtigung für einzelne Angelegenheiten widerrufen, was im Einzelfall schwierig werden
annehmen können. kann (z. B. bei eingetretener Geschäftsunfähigkeit
oder fehlender Kenntnis von der Person bzw. dem
Problematisch ist freilich, wenn eine Untervollmacht Aufenthalt des Unterbevollmächtigten).
aus Verhinderungsgründen erteilt wird, obwohl ein
Ersatzbevollmächtigter vorhanden ist. Hat allerdings Die Untervollmacht kann aber auch von Personen
der Vollmachtgeber zum Ausdruck gebracht, dass widerrufen werden, die ausdrücklich zum Widerruf
die Ersatzvollmacht erst bei endgültigem Ausfall des der Hauptvollmacht berechtigt sind (z. B. als Kon-
Hauptbevollmächtigten greifen soll, kann ggf. auch trollbevollmächtigte, Vollmachtsüberwachungsbe-
eine Untervollmacht bei dessen nur kurzfristiger Ver- treuer).
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Nach Rückkehr von seiner Reise stellt B. Voll beim Der Grund für die allgemeine Beschränkung der
ersten Besuch fest, dass seine Mutter zwar an- Vertretungsmacht liegt auf der Hand: Der Bevoll-
sprechbar ist, aber ihre Gehirnfunktionen immer mächtigte geriete bei derartigen Geschäften schnell
noch so beeinträchtigt sind, dass sie zu eigenen in einen Interessenkonflikt. Die Gefahr eines Miss-
Entscheidungen nicht in der Lage ist. Selbst bei brauchs der Vollmacht wäre nicht gering (wenn etwa
weiterhin günstigem Verlauf wird nach Meinung das bevollmächtigte Kind das Haus der Eltern ohne
der Ärzte in jedem Fall eine Lähmung des rechten Gegenleistung auf sich übertragen könnte).
Arms zurückbleiben. Geschäfte, die trotzdem getätigt worden sind, sind
B. Voll schließt daraus, dass seine Mutter, bis- „schwebend unwirksam“. Der Vertretene, sofern er
her eine leidenschaftliche Autofahrerin, wohl nicht geschäftsfähig ist, kann sie genehmigen. Auch der
mehr in der Lage sein wird, jemals wieder ihr fünf Erbe kann die Genehmigung erteilen.
Jahre altes und gut gepflegtes Cabrio selbst zu
Allerdings erlaubt das Gesetz eine Befreiung von
steuern. Ein Verkauf scheint ihm dringend ange-
dem Verbot des Selbstkontrahierens. Ist dies in der
zeigt, zumal Steuer, Versicherung und Garagen-
Vollmacht ausdrücklich formuliert, darf der Bevoll-
miete weiter anfallen.
mächtigte auch Verpflichtungsgeschäfte im Namen
Da ihm der Wagentyp gefällt und sein eigenes des Vollmachtgebers mit sich tätigen oder hierbei
Fahrzeug zuletzt sehr reparaturanfällig war, ent- zugleich einen Dritten vertreten.
schließt sich B. Voll, das Cabrio selbst zu erwer-
Diese Befreiung mit ihren weitreichenden Folgen
ben. Nach Einsicht in einschlägige Gebrauchtwa-
muss vor der Erteilung der Vollmacht gut überlegt
gen-Listen und laut Händler-Auskünften ist ein
werden. Sie wird vor allem dann in Betracht kommen,
Preis von 9.500 EUR angemessen. Diesen Betrag
wenn besonderes Vertrauen des Vollmachtgebers
will B. Voll auf das Konto seiner Mutter überweisen
zum Bevollmächtigten und in dessen persönliche In-
und sodann das Fahrzeug auf sich umschreiben
tegrität besteht. Unter Eheleuten sollte es allerdings
lassen.
selbstverständlich sein, dass eine derartige Rechts-
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macht wechselseitig eingeräumt wird. Im familiären deutlich bessert, etwa nach zeitweiligem Koma in-
Bereich erlaubt sie zugleich vorweggenommene Erb folge eines schweren Unfalls.
auseinandersetzungen (dazu näher S. 59).
Im Regelfall wird der Bevollmächtigte aber anderen
Anderseits sollten gerade mögliche Streitigkeiten Personen rechenschaftspflichtig sein. Zu Lebzeiten
unter späteren Erben zur Vorsicht bei Befreiungen des Vollmachtgebers können dies Mitbevollmäch-
mahnen: Vermietet etwa nach einem Umzug des tigte oder auch ein ausdrücklich zu diesem Zweck
Vollmachtgebers in ein Heim der Bevollmächtigte eingesetzter Überwachungsbevollmächtigter sein.
dessen Haus an sich selbst zu einem günstigen Mie- Dasselbe gilt für den Fall der gerichtlichen Einset-
te, ist vor allem bei längerer Nutzungsdauer abseh- zung eines Kontrollbetreuers (dazu S. 29).
bar, dass die (Mit-)Erben das womöglich nicht ohne
Fehlt es auch hieran, werden spätestens die Er-
Erstattungsforderung hinnehmen werden. An der-
ben Rechnungslegung verlangen (sofern nicht aus-
artige Konfliktfälle sollte vorausschauend gedacht
nahmsweise der Bevollmächtigte zugleich Alleinerbe
werden, bevor eine Befreiung erteilt wird.
des Auftraggebers ist). Allerdings beschränkt sich
Auch kann bei Kindern als (Ersatz-) Bevollmäch- der Auskunfts- und Rechenschaftslegungsanspruch
tigten nicht immer sicher vorhergesagt werden, nach Umfang und Inhalt darauf, inwieweit der Be-
ob andere Personen nicht später einmal negativen vollmächtigte von der ihm erteilten Vollmacht Ge-
Einfluss auf diese nehmen könnten. Zumeist kann brauch gemacht hat. Er muss nicht – losgelöst von
aber verantwortet werden, dass die Kinder von dem der Vollmacht – nunmehr über sämtliche Vermö-
Verbot der Mehrfachvertretung befreit sind, also in gensentwicklungen des Vollmachtgebers Auskunft
einem Rechtsgeschäft sowohl den Vollmachtgeber (bzw. Rechnungslegung) erteilen. Freilich wird diese
als auch einen Dritten vertreten können. Unterscheidung regelmäßig nur von formaler Be-
deutung sein, falls der Bevollmächtigte im Einzelfall
Von dem gesetzlichen Verbot von vornherein aus- entsprechend verklagt wird. Im Allgemeinen wird das
genommen und damit erlaubt ist übrigens folgen- Vermögen tatsächlich auch durch seine auftragsge-
der Fall: Der Bevollmächtigte überweist Geld vom mäß verwaltende Tätigkeit beeinflusst worden sein.
Konto des Vollmachtgebers auf ein eigenes Konto Über einen Lottogewinn oder eine Erbschaft des
oder er nimmt eine Barabhebung vor, ein klassisches Vollmachtgebers muss als solche nicht Auskunft
„Bankgeschäft“. Hier wird der maßgebende Vertrag gegeben werden. Sobald aber der Bevollmächtigte
zwischen der Bank und dem vertretenen Vollmacht- das zugeflossene Vermögen anlegt, ist er insoweit
geber geschlossen. Der Überweisungs- oder Aus- rechenschaftspflichtig.
zahlungsempfänger als solcher ist hieran rechtlich
nicht beteiligt. Damit ist die einschlägige gesetzliche Erfahrungsgemäß ist im Erbfall – aber auch bei sons-
Bestimmung weder unmittelbar noch entsprechend tiger Kontrolle des Bevollmächtigten in Wahrnehmung
anwendbar. seines Amtes – ein besonders häufiger Streitpunkt,
ob von ihm getätigte Barabhebungen tatsächlich für
den Vollmachtgeber verwendet wurden. Hiervor und
vor einer etwaigen Herausgabepflicht schützt den
8. Wem und wie ist der Bevoll Bevollmächtigten eine möglichst genaue Aufzeich-
mächtigte Rechenschaft nung, z. B. in Form eines Haushaltsbuches (vgl. dazu
S. 29 und S. 57). Es kann aber auch im Grundverhält-
schuldig? nis vereinbart werden, dass den Bevollmächtigten
bei monatlichen Bargeschäften für den Vollmacht-
geber bis zu einem bestimmten Betrag keine Nach-
a) Rechnungslegungspflicht
weispflicht gegenüber dessen Erben trifft.
Der Bevollmächtigte ist gesetzlich verpflichtet, dem
Im Beispielsfall sollte B. Voll – auch ohne aktuell
Vollmachtgeber die erforderlichen Nachrichten zu
bestehende Rechtspflicht – also durchaus seiner
geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts
Schwester zumindest Auskunft über den sie beson-
Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des
ders interessierenden Pkw-Verkauf geben, da sie
Auftrags Rechenschaft abzulegen.
diese Information später als Miterbin ohnehin be-
Allerdings wird diese Rechenschaftspflicht ge- anspruchen könnte. Im Einzelfall sollte am besten
genüber dem Vollmachtgeber persönlich nur selten danach unterschieden werden: Was bietet sich als
praktisch relevant werden. Denn zumeist wird dieser vertrauensbildendes Entgegenkommen insbesonde-
nach Eintritt des Vorsorgefalles dauerhaft nicht mehr re unter nahen Angehörigen von selber an? Welches
in der Lage sein, den Bevollmächtigten zu überwa- Ansinnen kann andererseits eher als aufdringliche
chen. Anders kann das dann sein, wenn sich der Einmischung unter Hinweis auf einen derzeit fehlen-
Gesundheitszustand des Vollmachtgebers wieder den Rechtsanspruch zurückgewiesen werden?
29
sind, die sich gegenseitig kontrollieren oder von de- fähig, sind die Folgen des Widerrufs irreparabel. Ein
nen der eine den anderen überwacht. Falls dies ver- Kontrollbetreuer kann nach einem von ihm ausge-
säumt wurde, genügt es auch, wenn der Vollmacht- sprochenen Widerruf der Vollmacht nicht selbst die
geber nachträglich einen Kontroll-Bevollmächtigten Angelegenheiten des Betreuten besorgen. Er kann
oder weiteren Bevollmächtigten bestellt, sofern er auch keinen anderen Bevollmächtigten bestellen.
hierzu noch in der Lage ist. Meinungsverschieden- Im Bedarfsfall muss dann deshalb eine Vollbetreu-
heiten zwischen mehreren Bevollmächtigten allein ung durch das Gericht angeordnet werden. Dadurch
rechtfertigen die Bestellung eines Kontrollbetreuers wird aber der Betroffene letztlich in ganz erheblicher
nicht, solange die ordnungsgemäße Umsetzung der Weise nachträglich in seiner Entscheidungsfreiheit,
Vollmachten nicht beeinträchtigt ist, d. h. die Pflege seine Angelegenheiten durch einen Bevollmächtigten
und die Wahrnehmung der sonstigen Interessen des regeln zu lassen, eingeschränkt.
Vollmachtgebers nicht konkret gefährdet sind.
Wird durch das Betreuungsgericht der Aufgaben-
Die Aufgaben und Befugnisse des Kontrollbetreu- kreis „Widerruf der Vorsorgevollmacht“ angeord-
ers richten sich zunächst nach dem Aufgabenkreis, net, empfiehlt es sich, dagegen unverzüglich Be-
den ihm das Betreuungsgericht übertragen hat. Um- schwerde einzulegen. Vor allem aber ist schnellst-
fasst sein Aufgabenkreis allgemein die Geltendma- möglich eine einstweilige Anordnung des Be
chung der Rechte des Vollmachtgebers gegenüber schwerdegerichts zu erwirken. Damit wird die Be-
seinem Bevollmächtigten, stehen ihm grundsätzlich fugnis des bestellten Betreuers zum Widerruf der
alle Rechte zu, die der Vollmachtgeber hinsichtlich Vollmacht für die Dauer des Beschwerdeverfahrens
der Vollmacht hat. ausgesetzt.
Dies sind zum einen die sich aus dem zugrunde- Sollte das unterblieben sein und sollte der bestell-
liegenden Vorsorgeverhältnis ergebenden Rechte te Kontrollbetreuer die Vollmacht bereits wirksam
(z. B. hinsichtlich Auskunft und Rechenschaft oder widerrufen haben, kann der Bevollmächtigte gleich-
Geltendmachung von Ersatzansprüchen). Der Be- wohl noch im Namen des Betroffenen Beschwer-
treuer kann darüber hinaus eine Vorsorgevollmacht de gegen die vorangegangene Betreuerbestellung
aber nur dann widerrufen, wenn ihm diese Befug- einlegen. Hat das Rechtsmittel Erfolg, wird zwar die
nis als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich Vollmacht nicht wieder rückwirkend in Kraft gesetzt.
zugewiesen ist. Denn in der Ermächtigung zum Voll- Bei der dann erforderlich werdenden Bestellung ei-
machtswiderruf liegt ein schwerwiegender Grund- nes Vollbetreuers kann diese Aufgabe aber dem zu-
rechtseingriff in das Selbstbestimmungsrecht des nächst tätig gewesenen Vorsorgebevollmächtigten
Vollmachtgebers: Deshalb bedarf es einer geson- übertragen werden, wenn er auf seine erfolgreiche
derten gerichtlichen Feststellung der Notwendigkeit Beschwerde gegen die Kontrollbetreuerbestellung
dieser Maßnahme. durch das Ergebnis dieses Verfahrens gewisserma-
ßen rehabilitiert wurde.
Dieser Aufgabenkreis darf laut Bundesgerichtshof
einem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn Wurde hingegen die Vollmacht wirksam widerrufen
das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht und bereits durch Beschluss des Betreuungsge-
eine künftige Verletzung des Wohls des Betrof- richts eine andere Person zum Vollbetreuer bestellt,
fenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in kann der – ehemalige – Bevollmächtigte dagegen
erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere kein Rechtsmittel einlegen: Zu einer Anfechtung im
Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für eigenen Namen ist er nicht befugt, weil allein durch
den Betroffenen geeignet erscheinen. Wird trotz vor- seine Rechtsstellung als (ehemaliger) Bevollmächtig-
liegender Vorsorgevollmacht vom Betreuungsgericht ter kein eigenständiges Beschwerderecht begründet
ein Verfahren auf Bestellung eines Kontrollbetreu- wird. Und im Namen des Vollmachtgebers kann
ers eingeleitet, sollte der Bevollmächtigte möglichst er nicht handeln, wenn die Vollmacht wirksam
umgehend anwaltliche Unterstützung in Anspruch widerrufen ist (mag dies aus Sicht des Bevollmäch-
nehmen: Denn in diesem Verfahren ist aus seiner tigten auch ohne hinreichenden Grund geschehen
Sicht darauf achten, dass der Aufgabenkreis des sein).
Kontrollbetreuers nicht den Widerruf der Vorsorge
Häufig wird eine Vorsorgevollmacht zur Vertretung
vollmacht umfasst, sondern auf die soeben genann-
nicht nur in Vermögensangelegenheiten, sondern
ten Auskunftsrechte des Vollmachtgebers aus dem
auch in weiteren Bereichen erteilt. Dann kann eine
Grundverhältnis beschränkt wird.
nur im Vermögensbereich erforderliche Kontroll
Wird dem Kontrollbetreuer hingegen auch das Recht betreuung entsprechend beschränkt werden. In
zum Widerruf der Vollmacht übertragen und übt er diesem Fall kann der zur Überwachung bestellte
dieses aus, kann dies schwerwiegende Konsequen- Betreuer im Fall eines rechtmäßigen Widerrufs der
zen haben: Ist der Betroffene nicht mehr geschäfts- Vertretungsmacht nicht die Herausgabe der Voll-
31
machtsurkunde insgesamt, sondern nur deren Vor- •• Er trifft eine Fehlentscheidung im Bewusstsein
lage zur Anbringung eines diesbezüglichen Vermerks eines Risikos, etwa durch Kauf hochspekulativer
verlangen. Wertpapiere, deren Kurs danach dauerhaft sinkt.
Der Kauf entsprach nicht dem Willen des Voll-
Der Kontrollbetreuer unterliegt bei seiner Amtsfüh-
machtgebers.
rung der allgemeinen Aufsicht des Betreuungsge-
richts. Der Bevollmächtigte haftet für Vorsatz oder Fahr-
lässigkeit. Damit ist eine Haftung auch für leichte
Unachtsamkeit möglich. Das Gesetz sieht insoweit
keine Beschränkung auf „grobe“ Fahrlässigkeit vor.
9. Haftet der Bevollmächtigte Diese kann aber zwischen Vollmachtgeber und Be-
für Fehler? vollmächtigtem vereinbart werden. Die Haftung für
Vorsatz kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Wird ein Ehegatte bevollmächtigt, kann die Haf-
Als B. Voll über die Wiederanlage der „frei ge-
tung gesetzlich gemildert sein nach der allgemeinen
wordenen“ 40.000 EUR zu entscheiden hatte,
BGB-Regelung für die Erfüllung der sich aus dem
riet ihm der Bankberater zu einem erneuten Kauf
ehelichen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen:
festverzinslicher Wertpapiere. Das habe immer
Ehegatten haben einander nur für diejenige Sorgfalt
den risikoscheuen Anlagewünschen seiner Mutter
einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten
entsprochen.
anzuwenden pflegen.
B. Voll, der selbst über wenig Börsenerfahrung
verfügt, hat aber einen Tipp eines Kollegen im Soweit der Bevollmächtigte im Rahmen seiner
Kopf, den er schon immer für sein „goldenes rechtsgeschäftlichen Tätigkeit einen Dritten schä-
Händchen“ bei Aktiengeschäften bewundert digt, haftet hierfür zunächst einmal der Vollmacht-
hat. Dieser hatte erst vor kurzem den Kauf ei- geber, da ja für ihn gehandelt worden ist.
ner ausländischen Aktie empfohlen und ihr „ein Hierzu ein Beispiel: B. Voll verkauft den Pkw der
ganz großes Kurspotenzial“ vorausgesagt. Trotz Anne Voll-Geb an Frau Huber. Die Übergabe des
der ausdrücklichen Warnung des Kundenberaters Pkw ist für den nächsten Monat geplant. Anstatt
legt B. Voll die gesamten 40.000 EUR in diesem den Kaufvertrag zu erfüllen und den Pkw zu über-
Wertpapier an. geben, verkauft (d. h. juristisch: veräußert und über-
Nach drei Monaten ist der Kurs so stark gefallen, eignet) er den Wagen an Herrn Meier. Frau Huber
dass das Aktienpaket nur noch 5.500 EUR wert fordert von Frau Voll-Geb Schadenersatz, weil sie
ist. Nach Meinung aller Experten ist eine nach- für eine fest geplante Reise anstelle des Pkw ein
haltige Kurserholung nicht mehr zu erwarten. Das Fahrzeug mieten musste und überdies der Kauf ei-
Unternehmen steht kurz vor der Insolvenz. nes gleichartigen anderen Gebrauchtwagens mehr
kostete.
Im Innenverhältnis muss der Bevollmächtigte al-
Grundsätzlich haftet der Bevollmächtigte für lerdings dem Vollmachtgeber seinerseits Ersatz
schuldhaft verursachte Schädigungen des Voll- leisten bzw. ihn von der Haftung gegenüber dem
machtgebers, auch wenn er in der Regel unentgelt- Dritten freistellen, also die Schadensersatzzahlung
lich tätig wird. Er muss dem Vollmachtgeber den selbst erbringen.
Schaden ersetzen, den er schuldhaft in Ausführung
seines Auftrags verursacht hat. Denkbar ist aber auch eine eigene Haftung des Be-
vollmächtigten als Vertreter für Schäden Dritter, etwa
Typische Haftungsfälle können etwa sein: aus Verschulden bei Vertragsschluss oder bei Über-
•• Der Bevollmächtigte versäumt eine Frist z. B. schreiten der Vertretungsmacht.
zur Abgabe einer Erklärung, zur Einlegung eines Schwierig ist der Fall, wenn der Vollmachtgeber
Rechtsmittels oder zur Zahlung eines Geldbe- Schäden Dritter herbeiführt (indem er z. B. wegen
trages, etwa einer Versicherungsprämie. Hierzu seiner Verwirrtheit einen Brand verursacht oder in
kann auch das Unterlassen der rechtzeitigen Be- ein fremdes Fahrzeug läuft). Hier könnte der Be-
antragung von Sozialleistungen, etwa Pflegegeld, vollmächtigte selbst haften wegen der Verletzung
gehören. der Aufsichtspflicht, sofern er diese ausdrücklich
•• Er übersieht, einen Anspruch für den Vollmachtge- vertraglich übernommen hat (was selten vorkommen
ber geltend zu machen und die Forderung verjährt. wird).
32
In unserem „Anlage-Fall“ hat B. Voll wahrscheinlich rein ehrenamtlich zu erledigen und gar nicht erst die
fahrlässig gehandelt, so dass er seiner Mutter ge- Frage nach einer Vergütung stellen. In Ausnahmefäl-
genüber haften muss. len mag dies anders sein. Vielleicht wünscht auch
umgekehrt der Vollmachtgeber, dem Bevollmäch-
zierende Vereinbarung im jeweiligen Vollmachtsver- Der Bevollmächtigte kann einen Vorschuss für zu
hältnis sinnvoll und praktikabel ist, müssen ggf. die erwartende Aufwendungen verlangen und dem Ver-
unmittelbar Beteiligten überlegen und entscheiden. mögen des Vollmachtgebers entnehmen.
In jedem Fall liegt in der Nichtbeachtung der Be- Entnimmt der Bevollmächtigte seine Aufwendungen
stimmungen des RDG ein Fallstrick nicht nur für nicht gleich, besteht ein Verzinsungsanspruch in
die Vergütungsvereinbarung selbst. Denn nach der Höhe von 4 %. Der Anspruch auf Aufwendungser-
Rechtsprechung kann ein Verstoß gegen dieses Ge- satz unterliegt der allgemeinen Verjährungsfrist von
setz zur Nichtigkeit des Auftragsverhältnisses füh- drei Jahren (beginnend mit dem Schluss des Jahres,
ren und als Folge auch die zu dessen Ausführung in dem der Anspruch entstanden ist).
erteilte Vollmacht erfassen. Vor allem dann, wenn
Vollmachtgeber und Bevollmächtigte damit rechnen
müssen, dass Dritte (z. B. Kontrollbetreuer oder -be-
vollmächtigter, spätere Erben) Rechenschaft über die
11. Wirkt eine inländische Voll
Ausübung der Vollmacht verlangen werden, kann macht auch im Ausland?
sich die Vereinbarung einer nicht gesetzeskonformen
Vergütungsregelung als hoch riskant erweisen.
Eine etwaige Vergütung sollte jedenfalls nicht pau- Anne Geb-Voll, die mit ihrem verstorbenen Ehe-
schal vereinbart werden, etwa auf 1.000 EUR im mann oft und gern beim Bergwandern unterwegs
Jahr. Denn dann könnte nicht ausgeschlossen wer- war, hatte damals mit ihm zusammen eine kleine
den, dass auch vom Bevollmächtigten zu erbrin- Ferienwohnung in Südtirol gekauft.
gende Rechtsdienstleistungen in unzulässiger Wei- In den letzten Jahren war sie immer seltener dort.
se damit abgegolten werden. Unbedenklich wäre Da auch ihre Kinder kein großes Interesse an der
hingegen die Abrechnung einzelner Stunden, wenn Wohnung zeigten, sprach sie schon davon, die
diese klar erkennen lässt, dass nur Zeitaufwand für jetzt ihr allein gehörende Wohnung zu verkaufen.
Tätigkeiten ohne Bezug zum RDG geltend gemacht
und vergütet wird. Welcher Stundensatz hierbei ver- Nun findet B. Voll in der Post seiner Mutter eine
einbart werden könnte, ist Verhandlungssache und Mitteilung des Verwalters der Wohnanlage, dass
hängt vor allem von den finanziellen Verhältnissen wegen dringend notwendiger Reparaturen an dem
des Vollmachtgebers ab. Ein Anhalt könnte der bis gesamten Objekt eine Umlage auf alle Eigentümer
Juni 2019 maßgebende Stundensatz eines berufs- beschlossen worden sei. Auf sie entfalle eine Son-
mäßigen Betreuers ohne spezifische Ausbildung derzahlung von 7.000 EUR.
für seine Tätigkeit sein. Er lag zuletzt bei 27 EUR. B. Voll ist empört und fühlt sich verpflichtet, im
Wegen eines zwischenzeitlich anderen Vergütungs- Namen seiner Mutter dagegen vorzugehen. Be-
systems kann ein solcher Stundensatz zwar nicht denken kommen ihm aber, weil sowohl ein Verkauf
mehr unmittelbar zu Vergleichszwecken herangezo- der Immobilie als auch etwaige Rechtsbehelfe ge-
gen werden. Eine gedankliche Fortschreibung mag gen die Umlagepflicht in Italien bewirkt werden
aber zu einer Größenordnung von 30 bis 35 EUR als müssen.
künftig angemessener Stundensatz einer Vergütung
für den Bevollmächtigten führen.
Die Frage nach den Wirkungen der Vollmacht im
Ausland kann zwei verschiedene Situationen be-
b) Aufwendungen
treffen:
Hingegen kann der Bevollmächtigte auch bei einem
unentgeltlichen Auftrag und bei Fehlen einer konkre- •• Der Vollmachtgeber hält sich im Ausland auf. Ein
ten Vereinbarung nach dem Gesetz den Ersatz der Fürsorgebedürfnis entsteht, etwa, weil er dort
auftragsbezogenen Aufwendungen verlangen, die schwerwiegend und einwilligungsunfähig erkrankt
er den Umständen nach für erforderlich halten darf und ärztlicher Behandlung bedarf.
(z. B. Fahrtkosten, Telefonkosten, Kosten für anwalt- •• Der Vollmachtgeber hält sich in Deutschland auf.
liche Beratung). Es besteht aber rechtlicher Handlungsbedarf im
Ausland, zum Beispiel, weil er dort Immobilienei-
Die Höhe von Fahrtkosten bei der Benutzung des gentum hat.
eigenen Pkw kann sich an den Sätzen orientieren,
welche die Gerichte bei der Entschädigung von Im Grundsatz gilt für Vollmachten das Recht am Wir-
Zeugen und Sachverständigen anwenden (derzeit kungsort. Ob eine Vollmacht als wirksam anerkannt
0,30 EUR je km). wird und welche Rechte sie dem Bevollmächtigten
34
verleiht, richtet sich also nach der Rechtsordnung General- und Vorsorgevollmacht auch in Frankreich
des Landes, in dem die Vollmacht ausgeübt werden anerkannt, wenn der Vollmachtgeber dorthin umzieht
soll. Dasselbe gilt für die wichtige Frage, ob die Voll- und dann dort schwer erkrankt.
macht ggf. staatliche Schutzmaßnahmen im Ausland
Grundsätzlich denkbar ist auch, bei der Beurkun-
(vergleichbar etwa der Betreuung nach deutschem
dung der General- und Vorsorgevollmacht eine so-
Recht) überflüssig werden lässt.
genannte Rechtswahl vorzunehmen. Näheres ist mit
In vielen Ländern erlischt – anders als im deut- dem Notar zu erörtern.
schen Recht – eine „normale“ Vollmacht mit dem
Ob eine in Deutschland errichtete Vollmacht im je-
Verlust der Geschäftsfähigkeit. Auch werden über
weiligen Ausland wirksam ist und welche Rechte
den Tod hinaus wirkende Vollmachten (dazu S. 13)
sie verleiht, kann somit nicht allgemein und ohne
von zahlreichen Staaten nicht anerkannt, da nach
Kenntnis landestypischer Besonderheiten beurteilt
deren Recht eine Vollmacht grundsätzlich mit dem
werden. Die Darstellung näherer Einzelheiten würde
Tod des Vollmachtgebers erlischt. Diese vom deut-
den Rahmen dieser Schrift sprengen.
schen Recht abweichende Rechtslage gilt beispiels-
weise für Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien,
Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Polen, die
Slowakei, Spanien, Tschechien, die Türkei, Ungarn
3 TIPP
und regelmäßig für alle Staaten des common law, Wenn der Vollmachtgeber vorausschauend damit
vor allem also für England, Irland, Malta und Zypern rechnet, dass die erteilte Vollmacht womöglich
sowie die USA und Kanada. auch im Ausland verwendet werden muss (z. B.
weil er dort Immobilien oder sonstiges Vermögen
Allerdings ist in manchen Rechtsordnungen inzwi- hat), empfiehlt sich die gesonderte Ausstellung
schen ein eigenständiges Rechtsinstitut der Vor- einer Vollmacht unter Berücksichtigung der recht-
sorgevollmacht geschaffen worden, z. B. in Öster- lichen Besonderheiten des betreffenden Landes.
reich, England, Schottland, zum Teil in den USA und Diese sind eingehend mit einem Notariat im Inland
neuerdings in Frankreich und der Schweiz. Jedoch oder Ausland zu klären.
kommt es sehr auf die Besonderheiten des einzelnen
Landes an. Nach deutschem Recht müssen Vorsor- Soweit der Bevollmächtigte ein Handeln im Aus-
gevollmachten nicht amtlich registriert sein, damit land für geboten hält und er seine Rechte und
sie wirksam sind. Auch muss eine Vorsorgevollmacht Pflichten im Einzelnen kennen will, muss er in
nach unserem Recht nicht notariell beglaubigt oder Zweifelsfällen zusätzliche Informationen einholen,
gar beurkundet sein. Nach einigen ausländischen sei es durch geeignete Spezialliteratur oder auch
Rechtsordnungen ist hingegen das eine oder das durch landeskundigen Expertenrat.
andere jeweils Wirksamkeitsvoraussetzung. Hinzu Falls eine deutsche Vollmacht im betreffenden
kommt, dass eine deutsche Generalvollmacht in vie- Land verwendet werden kann, sollte die Vollmacht
len Ländern auch inhaltlich nicht anerkannt wird, da auch in übersetzter Fassung vorliegen oder gleich
sie zu allgemein gehalten ist. in der betreffenden Landessprache beurkundet
Für Vorsorgevollmachten ist seit 2009 das Haager werden.
Übereinkommen zum internationalen Schutz von
Erwachsener (ErwSÜ) zu beachten; es gilt bis-
her – Stand Juni 2019 – für Deutschland, Öster-
reich, Frankreich, Monaco, Portugal, Schottland,
die Tschechische Republik, die Schweiz und Zypern 12. Wie kann der Bevoll
sowie für Finnland, Lettland und Estland. Jedoch mächtigte die Vollmacht
werden diesem Übereinkommen in absehbarer Zeit
weitere Staaten beitreten (zB Griechenland, Irland, „loswerden“?
Italien, Luxemburg, Niederlande und Polen). Die
zuständige zentrale Behörde nach dem genannten
Abkommen ist in Deutschland das Bundesamt für B. Voll ist seit kurzem zum Abteilungsleiter in sei-
Justiz, 53094 Bonn. ner Dienststelle ernannt worden. Dort ist er mit
einem wichtigen termingebundenen Projekt über
Danach wird grundsätzlich eine Vorsorgevollmacht Monate hinweg so eingedeckt, dass ihm kaum
anerkannt, wenn sie nach den Vorschriften des Staa- noch Freizeit bleibt.
tes, in welchem der Erwachsene im Zeitpunkt der
Vollmachtserteilung seinen gewöhnlichen Aufent- Zwar besucht er seine immer noch schwerkranke
halt hatte, anerkannt wird. So wird z. B. eine nach Mutter nahezu jede Woche, jedoch fällt es ihm zu-
deutschem Recht in Deutschland wirksam errichtete nehmend schwerer, sich vor allem um ihre Vermö-
35
ten des Vollmachtgebers ausgeübt werden darf, soll Zu bedenken ist aber: Mit dem Erbfall wird der Erbe
„über den Tod hinaus“ wirken. Man spricht dann der Herr des Nachlasses. Er kann die Vollmacht
von transmortaler Vollmacht (im Gegensatz zu ei- jederzeit widerrufen und dem Bevollmächtigten (auf-
ner erst nach dem Tod wirksam werdenden Bevoll- grund des der Vollmacht zugrunde liegenden Auf-
mächtigung, der postmortalen Vollmacht; dazu auch trags) bestimmte Weisungen erteilen. Zudem hat der
S. 13 f.). Bevollmächtigte von sich aus zu beachten, dass er
nach dem Erbfall zur „Vertrauensperson des Erben“
3 TIPP geworden ist. Als solche ist er nach Treu und Glau-
ben nicht ermächtigt, Handlungen vorzunehmen, die
den schutzwürdigen Interessen des Erben zuwider-
Enthält die Vollmacht keine Festlegungen, ist im
konkreten Fall zu unterscheiden: laufen oder deren Kenntnis diesen vermutlich zum
vorzeitigen Widerruf der Vollmacht veranlasst hätte.
Der Geschäftsgegner akzeptiert die Vollmacht
(was allerdings bei Banken und Sparkassen re- Da sich Rechtsmacht und Umfang der Vollmacht
gelmäßig nicht der Fall ist). Dann besteht allen- allein vom Erblasser herleiten, ist es unerheblich,
falls das Risiko, dass später Erben des verstor- wenn der Erbe minderjährig ist. Der Bevollmächtigte
benen Vollmachtgebers die Unwirksamkeit des benötigt dann für Grundstücksverfügungen aus dem
Rechtsgeschäfts einwenden könnten. Dieses Nachlass keine familiengerichtliche Genehmigung,
Risiko ist wiederum ausgeschlossen, wenn der wie sie ein gesetzlicher Vertreter beantragen müsste.
Bevollmächtigte Alleinerbe ist. Ist dies nicht der Solange die Erben bzw. ein Testamentsvollstrecker
Fall, empfiehlt es sich, allgemein oder zumin- die Vollmacht nicht widerrufen oder nicht wider-
dest vor ungewöhnlichen Rechtsgeschäften das rufen können, darf der Bevollmächtigte wie vorher
Einverständnis der bekannten (Mit-)Erben einzu- weiterhandeln. Auch eine Testamentsvollstreckung
holen, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen. schränkt die umfassende Vertretungsbefugnis auf-
Der Geschäftsgegner akzeptiert die Vollmacht grund erteilter Vollmacht des Erblassers nicht ein.
nicht. Dann muss das Rechtsgeschäft unterblei- Hat allerdings der Erblasser z. B. im Testament eine
ben oder der Erbe muss es tätigen. Das setzt ggf. Vorerbschaft angeordnet, sollte unbedingt rechtli-
die Erteilung eines Erbscheins voraus, bei unbe- che Beratung eingeholt werden.
kannten Erben die Bestellung eines Nachlasspfle-
gers. Der Bevollmächtigte sollte die Erben bzw. Ist der eingesetzte Testamentsvollstrecker zugleich
das Nachlassgericht über den entsprechenden Bevollmächtigter, unterliegt er als Bevollmächtigter
Handlungsbedarf für den Nachlass informieren. nicht den gesetzlichen Beschränkungen des Tes-
tamentsvollstreckers.
Zu unentgeltlichen Verfügungen, also Schenkungen,
Für das wirksame Vertreterhandeln aufgrund einer ist er also wie ein Bevollmächtigter befugt (siehe
Vollmacht über den Tod hinaus benötigt der Be- S. 25) und nicht nur eingeschränkt wie ein Testa-
vollmächtigte keinen zusätzlichen Nachweis durch mentsvollstrecker.
einen Erbschein oder ein öffentliches Testament mit
Eröffnungsniederschrift. Wird der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmacht-
gebers, kann er von der Vollmacht so lange Ge-
Der Bevollmächtigte vertritt nach dem Erbfall den brauch machen, bis sein Erbrecht nachgewiesen
oder die Erben (selbst wenn diese noch nicht fest- ist. Allerdings sollte insoweit im Zweifel Rechtsrat
stehen). Er muss nach außen erkennbar werden las- eingeholt werden.
sen, dass er nicht für sich, sondern für die Erben
handelt. Ob der Bevollmächtigte auch für die Bestattung des
Vollmachtgebers zu sorgen hat, richtet sich wiede-
Der Umfang der Vertretungsmacht leitet sich allein
rum nach den Bestimmungen des Vorsorgeverhält-
von dem verstorbenen Vollmachtgeber/Erblasser ab
nisses. Ist hierzu nichts geregelt und auch keine
und bezieht sich ausschließlich auf dessen Nachlass,
anderweitige Willensäußerung des Verstorbenen be-
nicht auf das sonstige Vermögen der Erben.
kannt, sind nach gewohnheitsrechtlichem Grund-
Der Bevollmächtigte kann demnach alle Rechtsge- satz die nächsten Angehörigen – unabhängig von
schäfte so vornehmen, wie dies der Erblasser selbst einer Bevollmächtigung – berechtigt und verpflichtet,
hätte tun können. über den Leichnam zu bestimmen und über die Art
37
der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu ent- ter den Angehörigen geht der Wille des Ehegatten
scheiden. Ob die Angehörigen auch Erben sind, ist demjenigen der Verwandten, der Wille näherer Ver-
grundsätzlich unerheblich. wandter dem der entfernteren Verwandten und des
Verlobten vor.
Die herkömmliche Rangfolge ist dabei: Ehegatte,
Verwandte und Verschwägerte absteigender und Vielfach ist in Landesgesetzen geregelt, wer für die
aufsteigender Linie, Geschwister und deren Kinder Bestattung verantwortlich ist, sofern im Einzelfall
sowie Verlobte. Bei Meinungsverschiedenheiten un- niemand aus eigener Initiative hierzu tätig wird.
38
3. Kapitel. Handlungsfeld
„Ärztliche Behandlung“
1. Allgemeine Voraussetzungen aufgeklärt worden sein, sonst ist seine Einwilligung
nicht wirksam.
Soweit der Vollmachtgeber nicht mehr einwilligungs-
Vor einem Besuch bei seiner damals unansprech- fähig ist, kann ihn grundsätzlich auch der Bevoll-
bar auf der Intensivstation liegenden Mutter Anne mächtigte bei der Entscheidung über ärztliche
Geb-Voll wurde B. Voll von einer behandelnden Untersuchungen und Eingriffe vertreten. Selbst-
Ärztin angerufen. Sie bat ihn um seine Einwilli- verständlich muss die Vollmacht eine entsprechende
gung zu verschiedenen medizinischen Maßnah- Ermächtigung enthalten. Die stellvertretende Einwil-
men, darunter auch zum Legen einer Magensonde ligung ist nur dann entbehrlich, wenn eine auf die
zur künstlichen Ernährung (sog. „PEG-Sonde“). Situation genau zutreffende Patientenverfügung des
Hierbei erklärte sie ihm, weshalb diese Maßnah- Vollmachtgebers die Maßnahme ausdrücklich ge-
men notwendig seien und welche Nachteile bzw. stattet oder untersagt.
Risiken damit verbunden sein können.
Die Vollmacht muss aber dem Bevollmächtigten
B. Voll willigte in diese Maßnahmen ein, da sie zweifelsfrei die Entscheidungsbefugnis im Bereich
nicht im Widerspruch zur Patientenverfügung sei- der Gesundheitssorge übertragen. Sie muss der Be-
ner Mutter standen. Allerdings fragte er sich, wes- fugnis des (noch) einwilligungsfähigen Betroffenen
halb die Ärzte ihm als medizinischem Laien die entsprechen, im Außenverhältnis ggf. auch gegen
Verantwortung hierfür überlassen wollen, wenn ärztlichen Rat über die Frage von Vornahme oder
das doch ohnehin aus deren Sicht unumgänglich Unterbleiben ärztlicher Maßnahmen zu entscheiden.
sei. Nicht ausreichend ist etwa die bloße Ermächtigung
zur Mitsprache, z. B. an Stelle des Betroffenen die
erforderlichen Entscheidungen mit den Ärzten „ab-
Eine ärztliche Behandlung ist nur zulässig, wenn der zusprechen“, den in der Patientenverfügung geäu-
Patient selbst ausdrücklich oder stillschweigend ßerten Willen „einzubringen“ sowie „Einwendungen
in diese einwilligt. Dieser seit langem anerkannte vortragen“, die die Ärzte dann „berücksichtigen“
Grundsatz ist seit 2013 mit dem Patientenrechtege- sollen.
setz im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert worden.
Im gegebenen Fall kann sich der Arzt nicht auf seine
Liegt keine Einwilligung vor, sind ärztliche Maßnah-
Schweigepflicht berufen. Denn der Bevollmächtigte
men rechtswidrig und zivilrechtlich wie auch straf-
ist schließlich nicht ein beliebiger „Dritter“. Vielmehr
rechtlich im Grundsatz als Körperverletzung einzu-
repräsentiert er den Vertretenen unmittelbar und
stufen. Es spielt hierbei keine Rolle, dass sie mit
nimmt dessen Rechte gegenüber dem Arzt wahr.
der Absicht des Heilens vorgenommen werden und
Eine ausdrückliche Befreiung von der ärztlichen
auch objektiv hierzu geeignet sind. Ärztliche Eingrif-
Schweigepflicht in einer Vollmacht hat deshalb nur
fe ohne Zustimmung des Patienten sind nicht mit
klarstellende Funktion. Sie kann im Zweifel hilfreich
seinem verfassungsrechtlich verbürgten Selbstbe-
sein. Ihr Fehlen schadet jedoch andererseits nicht.
stimmungsrecht zu vereinbaren. In Eilfällen, etwa
wenn jemand nach einem Unfall bewusstlos in eine Die Einwilligung (bzw. Nichteinwilligung) des Bevoll-
Klinik eingeliefert wird, genügt auch eine mutmaßli- mächtigten ist nur wirksam, wenn er vom Arzt eine
che Einwilligung. angemessene Zeit vorher aufgeklärt wurde.
Für die Entscheidung über ärztliche Untersuchun- Kann sich der Patient noch selbst äußern, geht sein
gen und Eilmaßnahmen muss der Patient nicht ge- Wille den Erklärungen des Bevollmächtigten vor.
schäftsfähig sein. Es genügt eine Einwilligungs-
Für den Arzt ist nicht immer leicht zu entscheiden,
fähigkeit. Sie richtet sich nach der Einsicht in die
ob der Patient selbst noch einwilligungsfähig ist. Im
Erforderlichkeit der Maßnahme sowie nach der
Zweifel empfiehlt es sich deshalb, dass der Patient
Möglichkeit, seinen Willen hierzu entsprechend zu
selbst seine Einwilligung erklärt und zusätzlich der
steuern.
Bevollmächtigte eine übereinstimmende Erklärung
Der Patient muss vom Arzt über die Maßnahme abgibt. In diesem Fall ist der behandelnde Arzt je-
selbst und ggf. bestehende Risiken ausreichend denfalls „auf der sicheren Seite“.
39
Die Behandlung mit Psychopharmaka umfasst eine kontrollieren. Seine beabsichtigte Entscheidung an
sehr große Bandbreite von Medikamenten. Sie wird, Stelle des Vollmachtgebers wird durch das Betreu-
entsprechende sachgerechte Anwendung und Kon- ungsgericht geprüft und legitimiert, was auch einen
trolle vorausgesetzt, erst nach Auftreten der ersten gewissen Schutz vor möglicher Haftung bietet.
Anzeichen von sog. Spätdyskinesien als medizini-
sche Maßnahme mit schwerwiegenden Folgen im
Sinne des Gesetzes angesehen. Hierbei handelt es
sich um Nebenwirkungen etwa in Form spontaner,
3. Stellvertretung bei Entschei
nicht kontrollierbarer Bewegungen der Mund- und dung über Zwangsbehand
Gesichtsmuskulatur; manchmal sind auch ande-
re Muskelgruppen (Arme und Beine) betroffen. Die
lungen
Gabe von Psychopharmaka bei Demenzerkrankten
Es kann vereinzelt vorkommen, dass der aufgrund
kann zu dauerhafter Apathie und Bewegungsarmut
der Vollmacht in Gesundheitsbelangen vertretene
führen, selten auch einmal zu einer erhöhten Selbst-
und selbst nicht mehr einsichtsfähige Patient eine
tötungsgefahr und dann u. U. genehmigungsbedürf-
notwendige medizinische Behandlung mit natürli-
tig werden.
chem Willen ablehnt, z. B. weil er die Wahnvorstel-
Der Bevollmächtigte benötigt für seine Stellvertreter- lung hat, gar nicht krank zu sein. Womöglich wehrt
Entscheidung in den genannten besonderen Fällen er sich dann gegen eine ärztliche Untersuchung,
grundsätzlich die Genehmigung des Betreuungs- die Einnahme von Medikamenten, das Setzen einer
gerichts. Diese ist nur dann nicht erforderlich, wenn Spritze, eine Zahnbehandlung oder einen sonstigen
es sich um einen höchst eilbedürftigen medizini- notwendigen ärztlichen Eingriff.
schen Eingriff handelt, weil mit dem Aufschub Ge-
Auch wenn Bevollmächtigte nur höchst selten mit ei-
fahr für den Patienten verbunden ist.
ner solchen Lage konfrontiert sein mögen, müssen sie
Sie ist ferner nicht erforderlich, wenn Bevollmäch- doch wissen, was dann zu tun ist. Deshalb wird hier
tigter und behandelnder Arzt in Folgendem über- auch auf diese für alle Beteiligten nicht sehr angeneh-
einstimmen: Die Erteilung der Einwilligung oder die me Situation im notwendigen Umfang eingegangen.
Nichteinwilligung entspricht dem festgestellten Wil-
Lange Zeit war unklar: Darf man einen einwilligungs-
len des Patienten (wie dieser festzustellen ist, wird
unfähigen Menschen gegen seinen natürlichen Willen
auf S. 46 erläutert).
behandeln, wenn er z. B. aus psychisch-seelischen
Besteht kein Einvernehmen zwischen Arzt und Gründen die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnah-
Bevollmächtigtem, muss das Betreuungsgericht me nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht
entscheiden. handeln kann? Nachdem das Bundesverfassungs-
gericht eine gesetzliche Regelung hierfür angemahnt
Das betrifft also nur diejenigen Fälle, in denen der
hatte, wurde diese erstmals 2013 getroffen und im
Bevollmächtigte die medizinisch hochriskante oder
Jahr 2017 nach zwischenzeitlichen erneuten Vorga-
folgenschwere Behandlung im Interesse des Pati-
ben des Bundesverfassungsgerichts neu gefasst:
enten wünscht und der Arzt, der diese ebenfalls für
Danach darf ein Bevollmächtigter ebenso wie ein
angezeigt hält, Zweifel daran hat, ob sie mit dem
Betreuer nur unter genau festgelegten Vorausset-
Willen des Patienten übereinstimmt.
zungen stellvertretend in eine solche Behandlung
Der Bevollmächtigte beantragt beim Betreuungs- einwilligen. Allerdings muss auch insoweit die Voll-
gericht die Genehmigung und benennt dabei die macht die Einwilligung in die Zwangsbehandlung
Gründe für seine beabsichtigte Einwilligung. Die ausdrücklich nennen und damit umfassen.
Form des Antrags ist nicht vorgeschrieben. Er kann Im Einzelnen ist zu beachten:
schriftlich oder mündlich zu Protokoll gestellt wer-
den. Selbstverständlich ist die Schriftform im Ein- •• Die ärztliche Zwangsmaßnahme muss zum Wohl
zelfall zweckmäßig. des Patienten erforderlich sein, um einen drohen-
den erheblichen gesundheitlichen Schaden abzu-
Das Gericht holt ein ärztliches Gutachten ein, wobei wenden. Dieser kann auch durch keine andere,
der Gutachter nicht der behandelnde Arzt sein soll. den Patienten weniger belastende, Maßnahme
Es hat die Genehmigung zu erteilen, wenn nach sei- abgewendet werden. Der zu erwartende Nutzen
ner Überzeugung die Einwilligung dem Willen des muss die zu erwartenden Beeinträchtigungen
Vollmachtgebers entspricht. deutlich überwiegen.
Der Sinn der richterlichen Genehmigung liegt darin, •• Der Patient kann aber auf Grund einer psychi-
in besonders wichtigen und folgenschweren Ange- schen Krankheit oder einer geistigen/seelischen
legenheiten das Handeln des Bevollmächtigten zu Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen
41
B. Voll war überzeugt, dass seine Mutter trotz des B. Voll: „Das heißt also: Wenn die Ärzte bei mei-
Risikos die Operation gewünscht hätte, wenn sie ner Mutter kein anderweitiges Therapieziel mehr
selbst entscheiden könnte. Deshalb hat er auf- sehen, weil sie aus ihrem hoffnungslosen Zustand
grund seiner Vollmacht die Einwilligung erteilt. Da nicht mehr zurückgeholt werden kann, muss ich als
auch die Ärzte keinen Zweifel am mutmaßlichen ihr Vertreter auch gar nichts entscheiden?“
Willen der Patientin hatten, wurde einvernehmlich Dr. Heil: „Das ist richtig. Die ärztliche Feststellung,
davon abgesehen, eine Genehmigung des Betreu- dass eine weitere Therapie medizinisch nicht an-
ungsgerichts zu beantragen. gezeigt ist, kann vor allem die Angehörigen see-
42
lisch entlasten. Denn sie müssen dann nicht mit der nur an, wenn die Ärzte noch eine Indikation für die
Vorstellung zurechtkommen, vielleicht ,schuld‘ am lebensverlängernden Maßnahmen stellen, d. h. in
Ableben des Patienten gewesen zu sein, wenn sie dieser Situation ein vernünftiges und realistisches
sich für eine Behandlungsbegrenzung ausgespro- Therapieziel sehen.
chen haben. In einen solchen Konflikt geraten kann
Allerdings sieht das BGB für eine Entscheidung des
eine nahestehende Vollmachtsperson, die für einen
Bevollmächtigten zur Behandlungsbegrenzung zwei
Abbruch bestimmter Maßnahmen stimmt. Das be-
Hürden vor. Denn schließlich besteht die begründete
trifft aber auch sonstige Angehörige, wenn sie bei
Gefahr, dass der Patient auf Grund des Unterblei-
einer Anhörung die Frage, wie wohl der Patient mut-
bens oder des Abbruchs einer ärztlichen Maßnahme
maßlich selbst entschieden hätte, im gleichen Sinne
stirbt oder einen schweren und länger dauernden
beantworten.“
gesundheitlichen Schaden erleidet.
RA Klug: Das heißt für dich als Bevollmächtigten
Erstens muss die Vollmacht diese Maßnahmen
konkret: Du hast in dieser Lage keine weiteren recht-
ausdrücklich benennen (vgl. dazu oben S. 39 f.).
lichen Vorgaben zu beachten. Insbesondere musst
Fehlt es daran, reicht sie nicht aus. Die Entschei-
du nicht das Gericht anrufen. Einen Antrag auf be-
dung müsste dann ein gerichtlich bestellter Betreuer
treuungsgerichtliche Genehmigung der Einwilligung
treffen. Zweitens muss der Bevollmächtigte unter
in den Abbruch etwa einer künstlichen Ernährung
bestimmten Voraussetzungen, auf die ich gleich
als lebensverlängernder Maßnahme müsste das
noch etwas näher eingehe, auch in diesem Fall die
Betreuungsgericht dann ohne weitere gerichtliche
Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.
Ermittlungen ablehnen. Es würde dann ein sog. ‚Ne-
Er hat insoweit keine weitergehenden Befugnisse
gativattest‘ erteilen, aus dem sich ergibt, dass eine
als ein Betreuer.“
gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist. Da-
mit soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicher-
gestellt sein, dass eine gerichtliche Genehmigung
nur in Konfliktfällen geboten ist. 7. Patientenverfügung
Dr. Heil: Dem Schutz des Patienten vor einem etwa-
Dr. Heil: „Sie sagen, dass Ihre Mutter so nicht hätte
igen Missbrauch der Befugnisse des Bevollmäch-
weiterleben wollen. Woraus entnehmen Sie diese
tigten wird zum einen dadurch Rechnung getra-
Einschätzung?“
gen, dass eine wechselseitige Kontrolle zwischen
dem Arzt und ihm bei der Entscheidungsfindung B. Voll: „Meine Mutter hat eine eindeutige Patienten-
stattfindet. Zum anderen kann jeder Dritte, ins- verfügung verfasst und zwar nach den Vorschlägen
besondere Ehegatte, Lebenspartner, Verwandter in der Broschüre ,Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter
oder Vertrauensperson des Patienten aufgrund des durch Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patienten-
Amtsermittlungsprinzips jederzeit eine betreuungs- verfügung.‘ Sie hat damals auch eingehend mit mir
gerichtliche Kontrolle der Entscheidung des Be- darüber gesprochen.“
vollmächtigten in Gang setzen (dazu nachfolgend
RA Klug: „Das erleichtert dir die Argumentation.
S. 46).
Du solltest diese Patientenverfügung – soweit noch
nicht geschehen – unbedingt sofort den behan-
delnden Ärzten zeigen. Als Bevollmächtigter musst
6. Behandlungsbegrenzung du zwar ohnehin grundsätzlich den Willen und die
Wünsche deiner Mutter als Vollmachtgeberin in dei-
B. Voll: „Nehmen wir einmal an, die Ärzte halten ne Entscheidung einbeziehen. Eine Bindung hieran
eine bestimmte Weiterbehandlung, also auch die aus dem Vorsorgeverhältnis, also in deinem Fall aus
Fortsetzung einer künstlichen Ernährung, für an- dem Auftrag deiner Mutter an dich, besteht aber nur,
gezeigt. Kann ich aufgrund meiner Vollmacht dann wenn sie ihre Vorstellungen im Zustand der Einwil-
trotzdem den Abbruch dieser Behandlung verlan- ligungsfähigkeit eindeutig und die jetzt gegebene
gen, wenn ich meine, dass meine Mutter so nicht Situation treffend geäußert hatte. Das kann – wie
hätte weiterleben wollen?“ in eurem Fall – in einer Patientenverfügung gesche-
hen.“
RA Klug: „Ja, grundsätzlich geht das. Der in aus-
reichender Form hierzu Bevollmächtigte kann die
B. Voll: „Was ist denn eigentlich die genaue recht-
Einwilligung in derartige lebenserhaltende bzw.
liche Bedeutung einer Patientenverfügung?“
-verlängernde Behandlungen verweigern. Ebenso
kann er eine bereits erteilte Einwilligung widerrufen. RA Klug: „Eine Patientenverfügung ist eine schrift-
Darauf kommt es aber, wie Dr. Heil schon sagte, liche Willensbekundung, die ein einwilligungsfähiger
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Mensch trifft, und zwar für den Fall seiner späteren situation zutreffen. Soweit dies der Fall ist, hat er
Einwilligungsunfähigkeit. Mit einer Patientenverfü- den bindenden Willen des nicht mehr äußerungs-
gung legt der Verfasser fest, ob er in bestimmte, zu fähigen Vertretenen vorzubringen und ihm Geltung
diesem Zeitpunkt noch nicht unmittelbar bevorste- zu verschaffen. Das gilt sowohl gegenüber dem
hende ärztliche Maßnahmen einwilligt oder sie un- behandelnden Arzt als auch gegenüber dem Pflege-
tersagt. Es geht hierbei um Untersuchungen seines personal und der Klinik oder dem Heim, in dem der
Gesundheitszustands, um Heilbehandlungen oder Vollmachtgeber untergebracht ist.“
ärztliche Eingriffe.
Dr. Heil: „Der Bundesgerichtshof hat aber auch
Dr. Heil: Unmittelbare Bindungswirkung hat eine betont, dass dies nur als allgemeines Prinzip gilt:
Patientenverfügung nach dem Wortlaut des Geset- Darüber hinaus kann zum einen die Patientenver-
zes nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des fügung Näheres zu den Pflichten des Bevollmäch-
Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwil- tigten bei der Entscheidung über lebensverlängern-
ligung in bestimmte, bei der Abfassung noch nicht de Maßnahmen regeln. Der Verfasser kann z. B.
unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen ausdrücklich bestimmen, dass sie trotz konkreter
entnommen werden können. Von vornherein nicht Vorstellungen von seiner Seite nicht unmittelbar
ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die gelten soll, sondern der Bevollmächtigte immer
Aufforderung, ein ‚würdevolles Sterben‘ zu ermögli- die Entscheidung über die Behandlung zu treffen
chen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht und welchen Entscheidungsspielraum er hierbei
mehr zu erwarten ist“. hat. Zum anderen kann auch die Vollmacht weite-
re Pflichten des Bevollmächtigten festlegen oder
RA Klug: „Die Anforderungen an die Bestimmtheit
Pflichten und Befugnisse in ihrem Umfang näher
einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht
konkretisieren.“
überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann
nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, RA Klug: „Dem kann ich nur zustimmen. Aber man
was er in einer bestimmten Lebens- und Behand- sollte stets beachten: Der Gesetzgeber hat mit den
lungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist Regelungen über die Patientenverfügung und den
nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen das Ziel
als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fort- verfolgt, dem Betroffenen eine vorsorgende pri-
schritte in der Medizin vorwegnehmend berück- vatautonome Entscheidung zu ermöglichen. Sie
sichtigt.“ soll die Fragen betreffen, die sich im Zusammen-
hang mit ärztlichen Maßnahmen stellen können,
Dr. Heil: „Die Äußerung, ‚keine lebenserhaltenden
und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem der Betroffene
Maßnahmen zu wünschen‘, enthält jedenfalls für
eine eigene rechtlich maßgebliche Entscheidung
sich genommen keine hinreichend konkrete Be-
mangels Einwilligungsfähigkeit nicht mehr treffen
handlungsentscheidung. Insoweit ist eine Konkre-
kann.
tisierung nötig. Diese kann aber auch durch die
Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen ge- Hierfür hat der Gesetzgeber einerseits die Möglich-
schehen oder die Bezugnahme auf ausreichend keit der Patientenverfügung vorgesehen; anderer-
spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssitua- seits kann der Betroffene eine Vertrauensperson
tionen. Ob die Patientenverfügung im Ernstfall hin- zu der Umsetzung seines Willens bevollmächtigen.
reichend konkret ist, muss dann durch Auslegung Hierbei kann aber im Einzelfall auch gewollt sein:
festgestellt werden. Der Bevollmächtigte soll ohne strikte Bindung eine
eigenständige Entscheidung auf der Grundlage des
Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, ge-
mutmaßlichen Willens des Betroffenen treffen.
nügt für das vorausschauende Verlangen nach Ab-
bruch einer lebenserhaltenden Behandlung (z.B. Im Grundsatz soll bei Vorliegen einer wirksamen Voll-
die künstliche Ernährung mittels PEG-Sonde), wenn macht eine betreuungsgerichtliche Befassung auf
der Patient hierfür die medizinisch eindeutige Fest- die Fälle des Konflikts zwischen Bevollmächtigtem
stellung, dass bei ihm keine Aussicht auf Wieder- und behandelndem Arzt beschränkt sein. In allen
erlangung des Bewusstseins besteht, als Voraus- übrigen Fällen kann es höchstens um eine Miss-
setzung festlegt. Damit werde hinreichend konkret brauchskontrolle gehen.“
eine Lebens- und Behandlungssituation beschrie-
Dr. Heil: „Das ist eine wichtige gesetzgeberische
ben hat, in der die Patientenverfügung Geltung be-
Wertung. Deshalb darf nach Aussage des Bundes-
anspruchen soll.“
gerichtshofs auch nicht ohne weiteres ein Kon
RA Klug: „Liegt eine Patientenverfügung vor, prüft trollbetreuer noch dazu mit der Ermächtigung zum
der Bevollmächtigte im Ernstfall, ob diese Festle- Widerruf der Vollmacht bestellt werden. Andernfalls
gungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungs- würde die durch Vorsorgevollmacht und Patienten-
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verfügung beabsichtigte Stärkung des Selbstbestim- men nicht als rechtswirksamer Widerruf zu werten
mungsrechts des Patienten über den Umweg der Allerdings kann dies gewürdigt werden bei der davon
Kontrollbetreuung wieder entwertet.“ unabhängigen pflichtgemäßen Prüfung des Bevoll-
mächtigten, ob die Patientenverfügung (noch) die
RA Klug: „Stimmt. Deshalb darf ein Kontrollbetreu-
aktuelle Lebenssituation des Vollmachtgebers trifft
er – ggf. mit Widerrufsbefugnis – erst dann bestellt
(dazu unten S. 45 Prüfungspflicht).
werden, wenn offenkundig ist, dass der Bevoll-
mächtigte sich mit seiner Entscheidung über den
B. Voll: „Kann man eine Patientenverfügung auch
Willen des Betroffenen hinwegsetzen würde. Dies
mündlich treffen, indem man zum Beispiel mehre-
wird gerade bei Einvernehmen zwischen Bevoll-
ren Zeugen seine Vorstellungen mitteilt?“
mächtigtem und behandelndem Arzt nur selten der
Fall sein.“ RA Klug: „Nein. Frühere mündliche Willensbekun-
dungen gelten auch dann nicht als wirksame und
Dr. Heil: „Wichtig für das Betreuungsgericht vor der
bindende Patientenverfügung, wenn sie konkret und
Entscheidung über eine zu prüfende Kontrollbetreu-
situationsbezogen sind. Sie können höchstens für
ung ist vor allem, wie verlässlich der Wille des Pa-
die Feststellung von Behandlungswünschen oder
tienten ermittelt werden kann und inwieweit seine
eines mutmaßlichen Willens bedeutsam sein.“
Äußerungen ggf. einer Wertung unterliegen. Zum
anderen ist auch – wie ich schon sagte – zu fragen, Dr. Heil: Auf den mutmaßlichen Willen des Betrof-
ob der Betroffene die Bindungswirkung seiner et- fenen ist abzustellen, wenn sich sein auf die aktuelle
waigen Willensäußerung für den Bevollmächtigten Lebens- und Behandlungssituation bezogener Wil-
eingeschränkt hat.“ le nicht feststellen lässt. Der mutmaßliche Wille ist
anhand konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Das
B. Voll: „Gilt die Patientenverfügung meiner Mutter können vor allem frühere mündliche oder schriftliche
nur dann, wenn sie schon im Sterben liegt?“ Äußerungen sein (die jedoch keinen Bezug zur aktu-
ellen Lebens- und Behandlungssituation aufweisen).“
Dr. Heil: „Nein. Für die Beachtung und Durchset-
zung des Patientenwillens kommt es nicht auf Art RA Klug: „Das heißt natürlich, dass im Konfliktfall
und Stadium der Erkrankung an. Die Patientenver- das Betreuungsgericht darüber Beweis erheben
fügung gilt nicht etwa nur dann, wenn der Ster- muss, also z. B. Zeugen dazu anhören, wie sich der
bevorgang eingesetzt hat oder unmittelbar bevor- Betroffene früher zu etwaigen Behandlungswün-
steht. Sofern der Vollmachtgeber beispielsweise schen in einer solchen Situation geäußert hat.“
in seiner Patientenverfügung hinreichend konkrete Dr: Heil: „Zu berücksichtigen sind ferner ethische
Festlegungen für den Fall eines länger anhaltenden oder religiöse Überzeugungen und sonstige per-
Komazustands oder einer schwerwiegenden De- sönliche Wertvorstellungen des Betroffenen.“
menzerkrankung getroffen hat, sind diese grund-
sätzlich bindend.“ RA Klug: „Der Bevollmächtigte stellt anhand all
dieser Gesichtspunkte letztlich eine These auf, wie
B. Voll: „Heißt das aber auch, dass man von ei- sich der Betroffene selbst in der konkreten Situ-
ner einmal formulierten Patientenverfügung nicht ation entschieden hätte, wenn er noch über sich
mehr loskommt, auch wenn man vielleicht später selbst bestimmen könnte. Unzulässig wäre es aber
etwas anderes will, ohne das noch ausdrücken zu beispielsweise, wenn du als Bevollmächtigter deine
können?“ eigenen Vorstellungen von einem ,menschenwürdi-
gen Leben‘ zum Maßstab dafür nehmen würdest,
RA Klug: „Das trifft so nicht zu. Der Widerruf einer was deine nicht mehr äußerungsfähige Mutter als
Patientenverfügung ist jederzeit formlos möglich, Vollmachtgeberin in der konkreten Situation wohl
also auch mündlich, mit Gesten, mit Körperspra- wünschen würde.
che, jedenfalls mit klaren Reaktionen, die einen
Rückschluss auf einen Willen zulassen. Dies richtig Ist nach Ausschöpfung aller verfügbaren Erkennt-
zu interpretieren, ist dem Arzt wie auch dem Be- nisquellen weder ein Behandlungswunsch noch ein
vollmächtigten aufgegeben. Wichtig ist aber, dass mutmaßlicher Wille festzustellen, hat der Schutz des
der Patient zu diesem Zeitpunkt noch in der Lage Lebens Vorrang, d. h. die medizinisch indizierte Maß-
ist, eine rechtswirksame Entscheidung zu treffen: Er nahme ist durchzuführen.“
muss also ‚einwilligungsfähig‘ im Sinne des allge-
meinen ärztlichen Behandlungsrechts sein. Sonst
kann seinem vermeintlichen ‚Widerruf‘ keine Rechts- 3 TIPP
wirksamkeit zukommen. Dass jemand z. B. noch Näheres können Sie der Broschüre „Der Patien-
gerne isst und trinkt, wenn er sich sonst nicht mehr tenwille“ (siehe Weiterführende Literatur) entneh-
bewusstseinsklar äußern kann, ist für sich genom- men.
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B. Voll: „Und wenn jemand in seiner schriftlichen Annahme eines Behandlungswunsches ist aber ein
Verfügung verlangt, sein Leben direkt zu been- Maß an Bestimmtheit zu verlangen, das insoweit mit
den, wenn er eine gewisse Zeit im Koma liegt oder der Patientenverfügung vergleichbar ist. Wann eine
schwerst demenzkrank ist?“ Maßnahme hinreichend bestimmt benannt ist, kann
nur im Einzelfall beurteilt werden. Ebenso wie eine
Dr. Heil: „Eine Patientenverfügung kann keine ak-
schriftliche Patientenverfügung sind auch mündliche
tive Sterbehilfe verlangen. Sie ist in Deutschland
Äußerungen des Patienten gegebenenfalls auszule-
gesetzlich verboten und widerspricht dem ärztlichen
gen.“
Berufsethos.
RA Klug: „An nächster Stelle folgt der mutmaßliche
Aber man muss unterscheiden: Die Nichtaufnah-
Wille, also die Annahme, wie der Betroffene selbst
me bzw. der Abbruch bestimmter lebenserhal-
entscheiden würde, wenn er es noch könnte. Auf
tender Maßnahmen ist keine aktive Sterbehilfe,
dieser Grundlage muss der Bevollmächtigte dann
wenn das jeweils so dem Willen des Patienten ent-
prüfen, ob er in eine ärztliche Maßnahme einwilligt
spricht.“
oder sie untersagt.“
RA Klug: „Das kann ich nur unterstreichen. Die Ent-
Bei unklaren früheren Äußerungen des Betroffenen
scheidung des Patienten, mit der er eine Behandlung
hat der Bevollmächtigte allerdings im Dialog mit dem
ablehnt, ist rechtlich verbindlich. Der Arzt muss die-
behandelnden Arzt einen weiten Interpretationsspiel-
ser Entscheidung folgen, auch wenn er aus fachli-
raum“.
chen Gründen vielleicht anderer Meinung ist. Das
gilt selbst dann, wenn eine Behandlung medizinisch
indiziert, d. h. notwendig ist und der Patient ohne
diese voraussichtlich sterben wird. Die Patienten- 8. Prüfungspflicht
autonomie begrenzt damit die ärztliche Behand-
lungspflicht.“ B. Voll: „Nachdem meine Mutter eine schriftliche
und vom Inhalt her eindeutige Patientenverfügung
B. Voll: „Wie konkret muss eigentlich eine Patien- verfasst hat, ist ja wohl alles klar. Falls die Ärzte
tenverfügung formuliert sein?“ doch eine Weiterbehandlung empfehlen, brauche
ich ihnen nur das Papier zu zeigen?“
Dr. Heil: „Sie muss eine „Entscheidung über eine
bestimmte ärztliche Maßnahme” treffen. Allgemeine RA Klug: „Ganz so schnell geht es nicht. Dir als
Formulierungen und Richtlinien für eine künftige Be- Bevollmächtigtem ist vom Gesetz eine verantwor-
handlung werden nicht als Patientenverfügungen tungsvolle Prüfungspflicht zugewiesen worden. Du
anerkannt. Wendungen wie ,Wenn keine Aussicht hast zu klären, ob die Festlegungen in der Patien-
auf Besserung oder ein erträgliches Leben besteht, tenverfügung deiner Mutter (noch) auf die aktuelle
möchte ich keine lebensverlängernden Maßnahmen Lebens- und Behandlungssituation zutreffen‘. Diese
…‘ haben keine unmittelbare Bindungswirkung.“ Prüfung umfasst alle Gesichtspunkte, die sich aus
der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation der
B. Voll: „Sind solche Aussagen dann also ohne Patientin ergeben.“
jede rechtliche Bedeutung?“
Dr. Heil: „Genau. Und das schließt auch folgende
RA Klug: „Das nun auch wieder nicht. Liegt keine Fragen ein:
Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegun-
•• Hat der Vollmachtgeber bei seinen Festlegungen
gen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle
diese Lebenssituation mitbedacht?
Lebens- und Behandlungssituation zu, muss der
Bevollmächtigte – wie bereits angemerkt – die Be- •• Zeigt das aktuelle Verhalten des nicht mehr ent-
handlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen scheidungsfähigen Patienten konkrete Anhalts-
des Vertretenen feststellen. In der Praxis kommt punkte dafür, dass er jetzt nicht mehr den zuvor
Behandlungswünschen, also vor allem mündlich ge- schriftlich geäußerten Willen gelten lassen will?
äußerten bestimmten Vorstellungen der Betroffenen, •• Das mag zwar keinen rechtsverbindlichen Wider-
eine große Bedeutung zu.“ ruf der Patientenverfügung darstellen (dazu oben
S. 44). Der Bevollmächtigte muss sich gleichwohl
Dr. Heil: „Behandlungswünsche sind insbesonde-
nach dem Wortlaut des Gesetzes mit dieser Frage
re dann aussagekräftig, wenn sie in Ansehung der
auseinandersetzen.
Erkrankung zeitnah geäußert worden sind, konkrete
Bezüge zur aktuellen Behandlungssituation aufwei- RA Klug: „Hier stehst du als Bevollmächtigter vor
sen und die Zielvorstellungen des Patienten erken- einer schwierigen und durchaus belastenden Ent-
nen lassen. An solche Behandlungswünsche ist der scheidungslage: Du darfst die Patientenverfügung
Bevollmächtigte nach dem Gesetz gebunden. Für die nicht durch Spekulationen darüber unterlaufen, dass
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deine Mutter jetzt vielleicht etwas anderes gewollt den Arzt verbreitern und festigen. Freilich gilt das
hätte. Andererseits verlangt dir aber die Rechtsord- nur, sofern die Anhörung ohne erhebliche Verzö-
nung ab, dass du sensibel auf die konkrete Situa- gerung möglich ist. Auch darf die Beteiligung einer
tion reagierst, nämlich im Interesse eines Schutzes bestimmten Person selbstverständlich nicht dem
deiner Mutter als Verfasserin einer Patientenverfü- erklärten oder erkennbaren Willen des Patienten
gung.“ widersprechen.“
RA Klug: „In deinem Fall wäre es wichtig, dass sich
deine Schwester Carola gegenüber den Ärzten dazu
9. „Dialogischer Prozess“ äußert, wie sie den Willen eurer Mutter einschätzt:
Gerade, weil dein Verhältnis zu ihr nicht das Bes-
B. Voll: „Das ist aber ganz schön viel verlangt. Wie te ist, kannst du dir damit Ärger hinterher erspa-
soll ich denn diese Prüfung anstellen?“ ren. Wichtig ist nur, sich immer daran zu erinnern,
Dr. Heil: „Sie stehen als Bevollmächtigter nicht al- dass es nicht um deine Meinung oder um die deiner
lein. Notwendig ist das Gespräch als ,dialogischer Schwester geht, sondern allein um den Willen eurer
Prozess‘ zwischen Ihnen und dem behandelnden Mutter! Würde sie noch immer so entscheiden, wenn
Arzt. Am Anfang steht, wie schon betont, stets die sie sich heute äußern könnte? Vielleicht könnte man
Einschätzung des Arztes. Das Gesetz erlegt ihm zu- auch ihren Hausarzt befragen.“
nächst die Prüfung auf: Welche Therapie ist im Hin- Dr. Heil: „Dieser Dialog dient vor allem bei unklaren
blick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Fällen der Absicherung von Arzt und Vertreter. Er
Patienten indiziert? Der Arzt und der Bevollmächtigte soll die Gefahr von Irrtümern bei der Einschätzung
erörtern diese Diagnose unter Berücksichtigung des des mutmaßlichen Willens vermindern und spätere
Patientenwillens, und zwar als Grundlage für die zu rechtliche Konsequenzen vermeiden. Denn es könn-
treffende Entscheidung über die weitere Behandlung te ja sein, dass im Nachhinein eine andere Auslegung
oder ggf. deren Begrenzung.“ der Patientenverfügung für zutreffend gehalten wird.
RA Klug: „Bei der Feststellung des Patientenwillens Deshalb gilt: Je undeutlicher und auslegungsbedürf-
soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauens- tiger die Äußerung des Patienten ist, umso sorgfälti-
personen (z. B. auch Pflegekräften) des Betroffenen ger ist der Dialog zwischen den Beteiligten zu führen
Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. und zu dokumentieren“.
men Arzt und Bevollmächtigter überein, entfällt Vertretene infolge des Unterbleibens oder des Ab-
also eine unabhängige Überprüfung durch das bruchs der Maßnahme stirbt, was beim Abbruch
Betreuungsgericht. Die letzte Entscheidung über lebenserhaltender Maßnahmen regelmäßig eintreten
den Einsatz lebensverlängernder Maßnahmen tref- wird.
fen allein Arzt und Bevollmächtigter. Sie sind damit
Die Genehmigung durch das Betreuungsgericht
aber nicht ,Herren über Leben und Tod‘, sondern
muss erteilt werden, wenn die Ablehnung der wei-
vollziehen lediglich das, was die Betroffene für sich
teren vom Arzt vorgeschlagenen Behandlung dem
entschieden hat oder entscheiden würde.“
Willen des Betroffenen entspricht. Das Gericht hat
RA Klug: „Das gilt allerdings mit einer Einschrän- also zu prüfen: Wie lautet sein in einer Patienten-
kung: Grundsätzlich können auch Dritte (z. B. An- verfügung festgelegter Wille oder sein anderweitig
gehörige, Vertrauenspersonen oder Pflegepersonal) ermittelter (mutmaßlicher) Wille? Dient die beabsich-
das Betreuungsgericht anrufen, um es mit dem tigte Entscheidung des Bevollmächtigten tatsächlich
beabsichtigten Therapieabbruch zu befassen. Ziel der Umsetzung dieses Patientenwillens?“
dieser Einschaltung könnte sein, dass das Betreu-
ungsgericht keine Genehmigung zum Abbruch einer B. Voll: „Und wie stellt das Gericht das fest?“
Maßnahme erteilt. Dies ist möglich, wenn es zu einer
RA Klug: „Das Gericht stellt den Willen des Voll-
anderen Einschätzung des Patientenwillens als der
machtgebers nach den gleichen Grundsätzen fest,
Arzt und der Bevollmächtigte kommt. Ist das aller-
die für den Bevollmächtigten selbst gelten. Zu fragen
dings nicht der Fall – weil das Gericht die ärztliche
ist also zunächst nach etwa bindenden Festlegun-
Maßnahme ebenfalls als vom Willen des Vollmacht-
gen in einer Patientenverfügung, andernfalls nach
gebers gedeckt ansieht –, können Dritte gegen eine
sonstigen Äußerungen bzw. Anhaltspunkten für den
entsprechende Entscheidung kein Rechtsmittel
wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen des Betroffe-
einlegen. Der Gesetzgeber wollte in diesem Fall be-
nen.“
wusst die Möglichkeit begrenzen, dass die Verwirk-
lichung des Patientenwillens durch ein gerichtliches
Verfahren über mehrere Instanzen hinweg verzögert
wird.“ 11. Verfahren vor dem
B. Voll: „Mal schauen, ob ich das richtig verstan-
Betreuungsgericht
den habe: Ich brauche also nur eine richterliche
B. Voll: „Wie läuft denn das Verfahren ab?“
Genehmigung, wenn ich als Bevollmächtigter
auf der Behandlungsbegrenzung bestehe (weil RA Klug: „Vor allem sind einige wichtige Verfahrens-
ich meine, dass dies dem Willen meiner Mutter garantien zu beachten. Das Betreuungsgericht
entspricht), obwohl der Arzt eine bestimmte Wei-
•• muss sich einen persönlichen Eindruck von dem
terbehandlung für sinnvoll hält und der Meinung
Betroffenen verschaffen;
ist, dass meine Mutter dies auch so entscheiden
würde.“ •• hat ihm einen Verfahrenspfleger zu bestellen, der
seine Rechte im Verfahren wahrnimmt;
Dr. Heil: „Genau. Hält der Arzt weitere lebensver-
•• muss ein medizinisches Sachverständigengut-
längernde Therapiemaßnahmen für nötig und vom
achten einholen (hierbei soll der Sachverstän-
Willen des Patienten getragen, kann der Bevollmäch-
dige nicht zugleich der behandelnde Arzt sein);
tigte womöglich anderer Ansicht sein. Dies kann
das Gutachten muss sich sowohl zur Einwilli-
entweder auf seiner, vom Arzt nicht geteilten, Aus-
gungsfähigkeit des Patienten äußern als auch
legung der Patientenverfügung beruhen. Oder aber
zu seinem konkreten Krankheitszustand, zu den
der Bevollmächtigte meint – bei Fehlen einer wirksa-
Indikationen für eine Therapie und zu den Aus-
men Patientenverfügung –, dass seine Einwilligung in
sagen in der Patientenverfügung hierzu bzw.
bestimmte medizinisch indizierte Maßnahmen nicht
den sonstigen feststehenden Behandlungswün-
den früher anderweitig geäußerten Behandlungs-
schen;
wünschen oder aber zumindest nicht dem mutmaß-
lichen Willen des Vertretenen entspreche. In beiden •• soll die sonstigen Beteiligten anhören (also Perso-
Fällen wird er folgerichtig diese Einwilligung verwei- nen, die das Gericht zum Verfahren ausdrücklich
gern bzw. eine bereits früher erteilte Einwilligung hinzuzieht, ggf. auf deren Antrag. Das können
widerrufen.“ sein der nicht dauernd getrennt lebende Ehe-
gatte oder Lebenspartner, die Eltern, Pflegeel-
RA Klug: „Diese Entscheidung des Bevollmächtig- tern, Großeltern, Abkömmlinge, Geschwister oder
ten bedarf dann der Genehmigung des Betreu- eine Vertrauensperson, wenn diese Beteiligung
ungsgerichts, wenn die Gefahr besteht, dass der im Interesse des Betroffenen ist – was im Zweifel,
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insbesondere bei der Notwendigkeit der Feststel- Willen des Vertretenen entspricht, erteilt es die
lung eines mutmaßlichen Willens, anzunehmen Genehmigung. Wegen der Unumkehrbarkeit des
ist). Anhörung bedeutet, dass den Beteiligten Ge- Abbruchs oder der Nichteinleitung lebenserhal-
legenheit zur mündlichen oder schriftlichen Äuße- tender bzw. -verlängernder Maßnahmen wird die
rung zu geben ist.“ Entscheidung erst zwei Wochen nach Bekanntga-
be an den Bevollmächtigten sowie an den Verfah-
B. Voll: „Und wie sieht die gerichtliche Entschei- renspfleger wirksam. Hierdurch soll ein effektiver
dung aus?“ Rechtsschutz gewährleistet werden, der ggf. dem
RA Klug: „Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, Verfahrenspfleger eine Beschwerde zum Landge-
dass die Entscheidung des Bevollmächtigten dem richt ermöglicht.“
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zelnen kann die Beanspruchung folgender Diens- Erhält ein Heimbewohner im Rahmen der Sozialhilfe
te dazugehören: Nachbarschaftshilfe (Raumpflege, einen Barbetrag für persönliche Bedürfnisse, ob-
kleine Besorgungen), „Essen auf Rädern“, Hausnot- liegt dem Bevollmächtigten auch dessen Verwaltung
ruf, ambulante Krankengymnastik, ambulante Pfle- oder die Kontrolle der Verwendung durch das Heim.
gedienste oder ein Hospizdienst. Auch an die Orga- Kann der Bewohner selbst nicht mehr mit dem Geld
nisation von Friseurbesuchen und Fußpflege muss umgehen, sollte der Bevollmächtigte dafür sorgen,
gedacht werden. dass der Barbetrag für ihn verwendet wird (z. B.
durch Kauf von Blumen, Zimmerschmuck, Geträn-
Soweit es die finanziellen Verhältnisse des Voll-
ken, Pflegeartikeln, Parfum usw.).
machtgebers erlauben, kann auch die Einstellung
einer Vollzeitpflegekraft in Betracht kommen, die im Hat der Umzug des Vollmachtgebers in ein Heim
Haushalt des Betroffenen wohnt. die Kündigung oder die einvernehmliche Aufhebung
eines bestehenden Mietverhältnisses zur Folge, be-
Soweit erforderlich, sollte im Eigenheim des Voll-
nötigt der Bevollmächtigte hierfür – anders als der
machtgebers möglichst weitgehende Barrierefrei-
rechtliche Betreuer – keine gerichtliche Genehmi-
heit durch Umbaumaßnahmen hergestellt werden
gung.
(z. B. Einbau bodengleicher Duschen, Einrichtung
von Aufzugsanlagen, breiteren Türen oder barrie- Bei einem Umzug muss der Bevollmächtigte den
refreier Zugänge zum Haus). Wohnt der Vollmacht- Vollmachtgeber bei der Gemeinde an- und abmel-
geber zur Miete, bedürfen derartige Maßnahmen den.
allerdings einer Einigung mit dem Vermieter.
Falls der Vollmachtgeber Haustiere hat, sollte das
Wichtig ist auch das Erkennen und Abstellen von Auftragsverhältnis mit dem Bevollmächtigten auch
Gefahrenquellen z. B. durch Teppiche oder Tele- hierauf Bezug nehmen.
fonkabel (Stolpergefahr!) oder die Brandverhütung
So sollte geregelt werden, was im Vorsorgefall etwa
durch den Einbau selbstabschaltender Herdplatten.
bei einem längeren Krankenhausaufenthalt zu ge-
Der Bevollmächtigte sollte klären, ob ggf. die Pfle- schehen hat oder dann, wenn das Tier bei einem
gekasse zu derartigen Maßnahmen Leistungen bzw. Umzug nicht mitgenommen werden kann. Mit dem
Zuschüsse gewährt. Bevollmächtigten kann vereinbart werden, dass die-
ser das Haustier zu sich nimmt. Falls das nicht ge-
Lässt sich allerdings die bisherige Wohnform des
wollt oder nicht möglich ist, sollte besprochen wer-
Vollmachtgebers nicht aufrechterhalten oder ent-
den, wer sonst sich vorübergehend oder dauerhaft
spricht ein Wechsel sogar seinem Wunsch, bieten
um das Tier kümmern kann.
sich hierfür Formen des betreuten Wohnens oder
der Umzug in ein geeignetes Heim an. In jedem Fall sollte geregelt werden, wie und in wel-
cher Höhe die notwendigen Kosten (Nahrung, Imp-
Auch hier kommt es zunächst auf bekannte Wün-
fungen, Tierarztrechnungen) getragen werden. So-
sche des Betroffenen an, deren Verwirklichung na-
weit Anweisungen für die besonderen Bedürfnisse
turgemäß auch von seinen finanziellen Möglichkeiten
des Tieres, etwa im Hinblick auf die Ernährung (und
abhängt.
die Vermeidung von Überernährung) für erforderlich
gehalten werden, sollten diese ebenfalls klar festge-
3 TIPP legt werden.
5. Kapitel. Handlungsfeld
„Geschlossene Unterbringung
des Vollmachtgebers“
1. Allgemeine gung‘. Hierfür benötigt der Bevollmächtigte keine
gerichtliche Genehmigung.“
Voraussetzungen,
gerichtliche Genehmigung
3. „Geschlossene“
B. Voll hatte eingehend alle Möglichkeiten geprüft, Unterbringung
seiner Mutter Anne Geb-Voll einen weiteren Auf-
enthalt in ihrer bisherigen Wohnung zu ermögli- B. Voll: „Und warum wird dann von mir jetzt verlangt,
chen. dass ich eine solche Genehmigung beschaffe?“
Leider erwiesen sich die Schwierigkeiten und Ri- RA Klug: „Weil hier der Fall etwas anders liegt. Ist die
siken letztlich als zu groß, so dass er sich schwe- Unterbringung mit Freiheitsentziehung verbunden,
ren Herzens entschloss, sie in das Seniorenheim kann der Betroffene also die Einrichtung nicht unbe-
„Abendsonne“ aufnehmen zu lassen. merkt und ohne den Willen des Personals verlassen,
liegt eine ,geschlossene Unterbringung‘ vor. Das gilt
Nachdem sie dort in verwirrtem Zustand wieder- aber nur, wenn der Betroffene unmittelbar am Weg-
holt versucht hatte, das Heim zu verlassen, weil gehen gehindert wird (etwa durch Abschließen von
sie „sich doch zuhause um ihren Mann kümmern“ Türen, komplizierte und für demente Menschen nicht
müsse, ersucht die Heimleitung B. Voll um Einwil- handhabbare Zahlentastaturen, Anwendung körper-
ligung zu einer „geschlossenen Unterbringung“. lichen Zwangs durch Pflegepersonal an der Pforte).
Frau Geb-Voll soll sich künftig nur noch in einer Ausgenommen hiervon sind wohl elektronische Mel-
Abteilung des Heimes aufhalten dürfen, von der der, die sog. Personenortungsanlagen. Diese können
aus sie die Einrichtung wegen einer versperrten – soweit in der Einrichtung verfügbar – in sehr sinn-
Tür nicht aus eigenem Entschluss verlassen kann. voller Weise dem Betroffenen einen Bewegungsradius
Die Heimleitung weist auch daraufhin, dass dies erhalten ohne dass befürchtet werden muss, er könne
einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung be- sich zu weit und unauffindbar vom Gebäude entfer-
dürfe. nen. Weiterhin genehmigungsfrei ist die Überwachung
B. Voll wundert sich über die ihm abverlangte Ein- der Ausgänge mit Kameras und das bloße Hindern am
willigung und die zusätzliche richterliche Geneh- Verlassen der Einrichtung durch Bitten oder Zureden.“
migung hierfür. Wieder nutzt er eine Begegnung
mit Rechtsanwalt Dr. Klaus Klug, sich über die
Rechtslage zu informieren.
4. Genehmigung des
Betreuungsgerichts
B. Voll: „Und dafür reicht das Hausrecht der Heim-
2. „Offene“ Unterbringung leitung nicht? Sie braucht meine Zustimmung und
noch eine gerichtliche Genehmigung?“
B. Voll: „Klaus, seit wann braucht man denn eine
RA Klug: „Richtig! Umfasst die Vollmacht ausdrück-
gerichtliche Genehmigung, wenn man aufgrund
lich auch die Befugnis, für den Vollmachtgeber in
einer Vollmacht jemandem einen Platz in einem
eine geschlossene Unterbringung einzuwilligen,
Altersheim verschafft?“
kann der Bevollmächtigte zwar eine solche stell-
RA Klug: „Benno, da hast du etwas missverstanden. vertretende Entscheidung treffen. Er bedarf hierfür
Wird der Vollmachtgeber in ein Altenheim, Pflege- aber grundsätzlich einer Genehmigung des Be-
heim, Krankenhaus oder eine psychiatrische Klinik treuungsgerichts. Ohne die Genehmigung ist die
gebracht, liegt zwar eine ,Unterbringung‘ vor. Kann Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub
der Betroffene die Einrichtung jederzeit verlassen, der Entscheidung Gefahr verbunden ist. Die Geneh-
handelt es sich aber um eine ,offene Unterbrin- migung ist unverzüglich nachzuholen.“
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B. Voll: „Gilt das ausnahmslos bei jeder geschlos- Zustimmung in einem Heimaufnahmevertrag genügt
senen Unterbringung in einem Heim oder einer nicht.
Klinik?“
Der Bevollmächtigte benötigt nämlich für die ge-
RA Klug: „Eine solche Stellvertreterentscheidung ist schlossene Unterbringung des Vertretenen einen ge-
von vornherein unnötig, wenn der Betroffene selbst setzlich anerkannten Grund. Mit anderen Worten:
mit der Maßnahme ausdrücklich oder stillschwei- Er muss zum Wohl des Vollmachtgebers handeln.
gend einverstanden ist. Das setzt allerdings voraus, Interessen Dritter genügen nicht. Der Bevollmäch-
dass er zumindest mit natürlichem Willen selbst die tigte darf die Unterbringung also nicht ausschließ-
Einwilligung zum Ausdruck bringen kann. Hierfür lich deshalb veranlassen, um zu verhindern, dass
müssen ihm die Umstände seines Aufenthalts be- der Vollmachtgeber andere Personen belästigt bzw.
wusst sein, namentlich die ,Abgeschlossenheit‘ der schädigt oder Straftaten begeht. Hierfür kommt bei
Einrichtung bzw. der ihm zugewiesenen Station. Eine gegebenem Anlass allenfalls eine öffentlich-rechtli-
solche wirkliche ,Freiwilligkeit‘ der geschlossenen che Unterbringung auf Antrag der zuständigen kom-
Unterbringung kommt verhältnismäßig selten vor. munalen Sicherheitsbehörde durch Anordnung des
Betreuungsgerichts in Betracht.
Auch muss gewährleistet sein, dass der Betroffene
sein Einverständnis jederzeit widerrufen kann und Damit eine Unterbringung durch den Bevollmäch-
dies auch beachtet wird. Das weitere Festhalten tigten zulässig ist, muss feststehen, dass der Voll-
wäre andernfalls eine rechtswidrige und ggf. sogar machtgeber aufgrund seiner Krankheit seinen Willen
strafbare Freiheitsberaubung, es sei denn, es liegen nicht frei bestimmen kann. Eine freiheitsentziehen-
nunmehr auf Grund der veränderten Umstände die de Unterbringung gegen den auf freier Willensent-
Voraussetzungen für eine geschlossene Unterbrin- schließung beruhenden Widerstand des Betroffe-
gung vor. Unbedingt erforderlich ist dann aber, dass nen kann der Bevollmächtigte nicht durchsetzen.“
der Bevollmächtigte hierfür die Genehmigung des
Betreuungsgerichts einholt. Dieses kann hierüber in
Eilfällen auch vorläufig durch einstweilige Anordnung
entscheiden. Anderenfalls ist der Betroffene unver-
6. Gefahr der Selbstschädigung
züglich aus der geschlossenen Abteilung zu entlas-
B. Voll: „Und welche Gründe sieht das Gesetz für
sen. Wegen häufiger Stimmungsschwankungen der
eine zulässige geschlossene Unterbringung vor?“
Betroffenen bei zunächst ,freiwillligen‘ geschlosse-
nen Aufenthalten ist die betreuungsgerichtliche Ge- RA Klug: „Es gibt zwei Gründe:
nehmigung früher oder später ohnehin unabdingbar.
Die Unterbringung soll eine Selbstschädigung ver-
Nur am Rande sei bemerkt: Eine Unterbringung in meiden oder eine notwendige Untersuchung und
einer geschlossenen Einrichtung auf freiwilliger Ba- Heilbehandlung ermöglichen. Beides setzt übrigens
sis ist zwar beim Selbstzahler möglich, nicht aber, nicht voraus, dass der Betroffene sich schon in ei-
wenn die Kosten vom überörtlichen Sozialhilfeträger nem Heim oder einer Klinik befindet. Es kann durch-
übernommen werden. Die Pflegesätze sind in der aus sein, dass sein Verhalten erst den Anlass gibt,
geschlossenen Einrichtung höher und die zahlt der ihn vorübergehend in eine Klinik bringen zu lassen.“
Träger in der Regel nicht, wenn kein Beschluss des
Betreuungsgerichts vorliegt. B. Voll: „Kannst du mir näher erklären, was mit
,Selbstschädigung‘ gemeint ist?“
Fehlt es an der Freiwilligkeit des Aufenthalts in der
geschlossenen Einrichtung bzw. Abteilung – auch RA Klug: „Das Gesetz formuliert das so: Aufgrund
weil der Betroffene insoweit nicht mehr zu einer po- einer psychischen Krankheit oder geistigen/seeli-
sitiven Willensäußerung fähig ist –, kann an seiner schen Behinderung des Vollmachtgebers besteht
Stelle der Bevollmächtigte in die Unterbringung ein- die Gefahr, dass dieser sich selbst tötet oder sich
willigen, mit Genehmigung des Betreuungsgerichts.“ erheblichen gesundheitlichen Schaden zugefügt.
Die Gefahr liegt in der Regel vor, wenn es ausrei-
chende Anhaltspunkte gibt für die konkrete und nicht
5. Vorabeinwilligung anders abwendbare Gefahr, dass z. B. der Betroffene
•• einen (weiteren) Selbsttötungsversuch unterneh-
B. Voll: „Können die Heime eigentlich eine solche men wird;
Einwilligung schon vorab bei der Aufnahme ver-
•• infolge Altersverwirrtheit unzureichend bekleidet
langen?“
herumirrt und dabei möglicherweise erfrieren
RA Klug: „Nein. Die Einwilligung muss konkret und oder verhungern könnte bzw. im Straßenverkehr
anlassbezogen erklärt werden. Eine formularmäßige zu Schaden kommt;
53
•• krankheitsbedingt die Nahrungsaufnahme ver- Notwendig ist die Unterbringung nur dann, wenn
weigert; die ärztlichen Maßnahmen andernfalls nicht durch-
•• notwendige und lebenswichtige Medikamente führbar sind (also nicht ambulant) und die Möglich-
nicht einnimmt; keit eines Erfolgs der Heilbehandlung besteht. Steht
andererseits fest, dass kein Erfolg erzielt werden
•• durch totale Vermüllung seiner bisherigen Woh-
kann, muss die freiheitsentziehende Unterbringung
nung hygienisch gefährliche Zustände verursacht
unterbleiben.“
und sich einer Abhilfe verweigert.
Andere als diese im Gesetz nur allgemein beschrie- B. Voll: „Ist das die einzige Voraussetzung bei die-
benen Ursachen für eine Selbstgefährdung recht- ser Art der Unterbringung?“
fertigen keine Unterbringung. Der Staat ist nicht
dazu berufen, durch Anordnung oder Genehmigung RA Klug: „Die Unterbringung nach dieser gesetzli-
von Unterbringungen seine zu freier Willensbestim- chen Alternative ist nur zulässig, wenn der Betroffene
mung fähigen erwachsenen Bürger zu bessern, zu dann auch ärztlich behandelt werden darf. Notwen-
erziehen oder zu hindern, sich selbst gesundheitlich dig ist deshalb, dass der Bevollmächtigte jedenfalls
zu schädigen (ihnen etwa das Rauchen im privaten die Gesundheitssorge hat. Einwilligungsfähige Per-
Umfeld oder den Alkoholkonsum zwangsweise ab- sonen können daher nicht auf Betreiben des Bevoll-
zugewöhnen).“ mächtigten untergebracht werden, weil der Bevoll-
mächtigte nicht für sie entscheiden darf.
Soll in der Klinik ein gefährlicher Eingriff vorgenom-
7. Notwendige Untersuchung/ men werden, ist ggf. zusätzlich eine Genehmigung
nach den dir schon bekannten Grundsätzen erfor-
Heilbehandlung derlich (siehe S. 46 ff.).
B. Voll: „Und wann ist der zweite Fall einer zuläs- Bei jeder geschlossenen Unterbringung verlangt das
sigen geschlossenen Unterbringung gegeben? Du Gesetz eine strikte Prüfung der Erforderlichkeit.
sprachst von Untersuchung und Heilbehandlung!“ Sie ist deshalb unzulässig, wenn der Vollmachtge-
ber freiwillig zu einer Heilbehandlung bereit ist oder
RA Klug: „Das ist zu bejahen, wenn eine Untersu- wenn weniger einschneidende Behandlungsformen
chung des Gesundheitszustands, eine Heilbehand- zur Verfügung stehen (teilstationäre oder ambulante
lung oder ein ärztlicher Eingriff notwendig sind, dies Behandlung).“
aber ohne die Unterbringung des Vollmachtgebers
nicht durchgeführt werden kann. Dass die Behand-
lung auch eine gewisse Erfolgsaussicht haben muss,
versteht sich von selbst. 8. Genehmigungsverfahren
Hinzukommen muss aber, dass der Vollmachtgeber B. Voll: „Und wie verläuft das gerichtliche Verfah-
aufgrund einer psychischen Krankheit oder geisti- ren vor einer solchen Genehmigung?“
gen/seelischen Behinderung die Notwendigkeit der
Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach die- RA Klug: „Da gelten genaue Regeln, und zwar so-
ser Einsicht handeln kann. Ohne entsprechende Er- wohl für die geschlossene Unterbringung als auch
krankung bzw. Behinderung ist eine Unterbringung für die schon auf S. 40 erörterte Zwangsbehandlung.
unzulässig, auch wenn die medizinische Behandlung Wird der Bevollmächtigte von der Einrichtung/Heim
dringend erforderlich wäre. Der Betroffene hat in ge- um Zustimmung zu einer geschlossenen Unterbrin-
wissen Grenzen eine ,Freiheit zur Krankheit‘.“ gung des Vollmachtgebers ersucht, hat er zunächst
selbstständig zu prüfen, ob er diese Einwilligung
B. Voll: „Kannst du mir auch dafür Beispiele nen- erteilt. Er sollte dabei schon genauer hinschauen,
nen?“ ob wirklich der Schutz des Vollmachtgebers die ge-
schlossene Unterbringung erfordert. Im Heim muss
RA Klug: „Beispiele für grundsätzlich zulässige Un- der Betroffene schon mehrmals weggelaufen sein
terbringungsanlässe zwecks Untersuchung und Heil- und es muss jeweils eine konkrete Gefährdung be-
behandlung können z. B. sein: stehen, bevor eine solche gravierende Maßnahme
•• Die medizinisch erforderliche Diabetes-Einstel- gerechtfertigt ist. Auch hier ist eine Beratung bei
lung bei insoweit uneinsichtigen psychisch Kran- den Betreuungsvereinen oder Betreuungsbehörden
ken; möglich und sinnvoll.
•• die ärztlicherseits angezeigte Einnahme von Bei Verweigerung der Zustimmung muss der Bevoll-
Medikamenten während eines schizophrenen mächtigte allerdings damit rechnen, dass die Ein-
Schubs. richtung den Heimvertrag beenden will. Meist wird
54
dies damit begründet, dass durch das unbemerkte 9. Zeitliche Begrenzung
Weglaufen des Betroffenen seine Gesundheit ge-
fährdet wird und damit für das Heim ein nicht zumut- B. Voll: „Wird eine gerichtliche Genehmigung zeit-
bares Haftungsrisiko entsteht. lich unbegrenzt erteilt?“
Will der Bevollmächtigte nach Abwägung aller Um- RA Klug: „Nein! Das Betreuungsgericht darf die Un-
stände der Unterbringungsmaßnahme zustimmen, terbringung nur für höchstens ein Jahr genehmigen,
haben er bzw. die Einrichtung schnellstmöglich das ausnahmsweise auch für die Dauer von zwei Jahren.
Betreuungsgericht zu verständigen. Dasselbe gilt, Eine Verlängerung der Maßnahme ist möglich, wenn
wenn mit dem Aufschub der Unterbringung Gefahr ihre Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Zwangs-
für das Wohl des Vollmachtgebers verbunden ist, behandlungen werden nur für höchstens sechs Wo-
also man nicht mehrere Tage bis zur Genehmigung chen genehmigt. Bei Wegfall der Voraussetzungen
warten kann. In diesem Fall ist die sofortige Anwen- hat das Gericht hingegen die Genehmigung aufzu-
dung der Maßnahme zwar zulässig. Die erforderli- heben, ggf. auch schon vor Ablauf der Frist.
che gerichtliche Genehmigung muss aber unverzüg-
lich nachgeholt, d. h. beantragt werden. In Eilfällen kann das Betreuungsgericht mit einer
einstweiligen Anordnung eine vorläufige freiheits-
Das Betreuungsgericht leitet dann ein Unterbrin- entziehende Unterbringungsmaßnahme genehmi-
gungsverfahren ein. Örtlich zuständig ist das Be- gen. Sie darf nur sechs Wochen dauern; in Ausnah-
treuungsgericht, in dessen Bezirk der Vollmacht- mefällen ist eine Verlängerung auf eine Gesamtdauer
geber seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die von bis zu drei Monaten möglich. Vorläufige Zwangs-
Entscheidung ist ausschließlich ein Richter oder eine behandlungen sind auf sechs Wochen beschränkt.
Richterin zuständig. Für dieses Eilverfahren bestehen gewisse Verfah-
Dasselbe gilt sinngemäß dann, wenn der Vollmacht- renserleichterungen. Jedoch muss gründlich geprüft
geber schon untergebracht ist und nunmehr eine werden, ob wirklich Gründe die Annahme rechtferti-
Zwangsbehandlung nötig werden sollte.“ gen, dass mit dem Aufschub Gefahr verbunden sei.“
ähnliche Maßnahmen zum Schutz des Vollmacht- •• das Aussparen des Bettgitters am Fußende, um
gebers. Hierunter fällt etwa das Anbringen eines ein gefahrloses ,Herauskriechen‘ zu ermöglichen;
Bettgitters, so dass der Betroffene nicht aus dem •• höhenverstellbare Betten, die hydraulisch auf eine
Bett steigen und dabei stürzen oder sonst heraus- ungefährliche Fallhöhe abgesenkt werden können
fallen kann. Auch die ,Fixierung‘ mit Gurten an Bei- (sog. Niederflurbetten);
nen oder am Becken im Bett oder an einem ,The-
•• das Auslegen einer Matratze neben dem Bett
rapiestuhl‘ stellt eine solche Maßnahme dar. Sogar
(sog. Bettnest).
der Bauchgurt am Rollstuhl oder das stundenlange
Festklemmen der Rollstuhlbremse können eine für Auch tagsüber können Fixierungen bei sturzgefähr-
den Betroffenen sehr unangenehme Bewegungsein- deten Patienten z. B. durch geeignete Polsterungen
schränkung bedeuten. an Kopf oder Armen oder sog. Hüftschutzhosen
(Protektorhosen) vermieden werden, wenn hierdurch
die Gefahr des Knochenbruchs verringert wird.
11. Voraussetzungen
Voraussetzung einer Genehmigungsbedürftigkeit ist 12. Alternativen
stets, dass entsprechende Maßnahmen über einen
längeren Zeitraum hinweg (ab einem Tag wird es Sofern die Einrichtung den Bevollmächtigten um Zu-
problematisch) oder regelmäßig (z. B. jede Nacht) stimmung zu einer derartigen Maßnahme ersucht,
angewandt werden. Auch längerfristige medika- empfiehlt sich zumindest die Frage, ob Alternati-
mentöse Maßnahmen allein zur ,Ruhigstellung‘ des ven im vorgenannten Sinne vorhanden sind bzw.
Betroffenen bedürfen der Genehmigung durch das weshalb die Einrichtung diese nicht bereitstellt. Im
Betreuungsgericht. Zweifel kann der Bevollmächtigte auch fachkundigen
Rat bei einem örtlichen Betreuungsverein oder der
Unterbringungsähnliche Maßnahmen sind auch dann
Betreuungsbehörde einholen.
(zusätzlich) genehmigungspflichtig, wenn bereits die
geschlossene Unterbringung selbst genehmigt wur- Überhaupt sollte bei Sturzgefährdung zunächst ein-
de. Denn sie bedeuten eine weitere Freiheitsbeein- mal nach den Ursachen gefragt werden. So können
trächtigung für den Betroffenen und damit einen Schmerzen, Unwohlsein oder auch das Harnverhal-
schwerwiegenden Grundrechtseingriff. ten und die dadurch ausgelöste Unruhe das Risiko
erhöhen.
Manchmal allerdings können derartige Maßnahmen
ausschließlich der Sicherung des Betroffenen vor Weitere Gründe sind schlechtes Sehen (was durch
Verletzungen dienen, ohne einen Fortbewegungswil- Augendiagnose oder die Kontrolle der vorhandenen
len zu hemmen (der bewusstlose Patient erhält ein Brille überprüft werden kann), manchmal auch eine
Bettgitter). Dann fehlt es an einer Freiheitsbeschrän- Blutzucker-Entgleisung, Schilddrüsenfunktionsstö-
kung, so dass auch keine gerichtliche Genehmigung rung, Parkinson-Syndrom, wahnhafte Störungen
einzuholen ist.“ bzw. Ängste. Häufig liegt es auch an der Medikation
(entweder zu wenig oder zu viele bzw. falsche Medi-
B. Voll: „Aber mir bleibt doch gar nichts ande- kamente mit ihren Wechsel- oder Nebenwirkungen.
res übrig als solch einer Maßnahme zuzustimmen, Nicht alle verschriebenen Arzneimittel sind auch für
wenn sie die Heimleitung als notwendig ansieht?“ das Alter des Patienten tauglich!).“
RA Klug: „Auch bei unterbringungsähnlichen Maß-
B. Voll: „Und wenn ich die Zustimmung erteile, läuft
nahmen muss der Bevollmächtigte prüfen, ob diese
wieder so ein aufwändiges gerichtliches Verfahren
wirklich erforderlich sind. Hier stehen oft Alternativen
wie bei einer Unterbringung?“
zur Verfügung, die aber in Heimen – zum Teil aus
Kostengründen oder zur Vereinfachung für das Pfle- RA Klug: „Im Prinzip ja. Allerdings genügt als Stel-
gepersonal – nicht immer von vornherein verfügbar lungnahme aus medizinischer Sicht ein ärztliches
sind. So kann das Anbringen von Bettgittern mit Zeugnis zur Notwendigkeit der Maßnahme. Ein um-
dem Ziel, einen Sturz des gebrechlichen Patienten fangreicheres Sachverständigengutachten muss
während der Nachtruhe zu vermeiden, grundsätzlich nicht eingeholt werden.“
durch andere technische Einrichtungen vermieden
oder abgemildert werden. Hierzu zählen
56
RA Klug: „Unterbringungsähnliche Maßnahmen sind Auch hier gibt es übrigens Alternativen zu einem
von Gesetzes wegen nur genehmigungspflichtig, Einschließen: Man kann vor die Wohnungstüre einen
wenn sich der Vollmachtgeber in einem Kranken- dichten Vorhang hängen, so dass dort keine Tür
haus, einem Heim oder einer sonstigen Einrich- mehr vermutet wird. Auch kann der Lichtschalter
tung aufhält. Bettgitter oder Fixierung sind deshalb im Flur von der Wohnungstür weg in einen anderen
genehmigungsfrei, wenn der Betroffene in seiner Raum verlegt werden. Erfahrungsgemäß drängt ziel-
eigenen Wohnung gepflegt wird oder in der Woh- loses Gehen immer in Richtung Licht!“
nung von Angehörigen. Denn dies ist keine ,sonstige
Einrichtung‘ im Sinne des Gesetzes.
57
3 TIPP
2. Vermögensanlage Soweit der Bevollmächtigte die Vermietung selbst
übernehmen will oder Fragen in einem bestehen-
Das Vermögen des Vollmachtgebers ist rentierlich den Mietverhältnis zu klären hat, finden sich nütz-
anzulegen. Das Auflaufen unnötig hoher Beträge auf liche Empfehlungen und Muster in der Broschü-
Girokonten ist zu vermeiden. Bereitzuhalten sind nur re „Erfolgreich vermieten – Richtiges Vermieten
Gelder, die in überschaubarer Zeit zur Finanzierung von Wohnungen und Häusern“ Verlag C.H.BECK,
notwendiger Ausgaben benötigt werden. 6. Auflage, € 5,90, ISBN 978-3-406-73189-1.
Bei der Geldanlage sind die Vorgaben des Voll-
machtgebers zu beachten. Fehlen solche, empfiehlt
Unter Renditegesichtspunkten kann sich aber auch
sich eine Orientierung an bisherigem Anlageverhal-
der Verkauf eines Objekts als vernünftige Entschei-
ten. Um das Risiko zu mindern, sollte der Bevoll-
dung erweisen. Dasselbe gilt dann, wenn z. B. zur
mächtigte auf eine möglichst sinnvolle Streuung der
Finanzierung eines Heimaufenthalts des Vollmacht-
Anlagen achten.
gebers Kapital benötigt wird.
Besondere Vorsicht ist angebracht bei Angeboten,
Vor der Veräußerung ist unbedingt ein Wertgutach-
die dem „Grauen Kapitalmarkt“ zuzurechnen sind.
ten eines neutralen Sachverständigen einzuholen.
Hierzu zählen alle Anbieter, die Finanzprodukte mit
offensichtlich unseriösen Methoden vertreiben. Au- Bei fehlenden Finanzmitteln des Vollmachtgebers
ßerdem fallen alle Angebote darunter, die für Anleger muss oft eine Immobilie wegen der Heimkosten ver-
wegen überhöhter Kosten unrentabel oder die entge- kauft werden, denn der zuständige Sozialhilfeträger
gen den Verkaufsversprechen sehr riskant sind. Je- wird diese Kosten nur auf Darlehensbasis vorüberge-
denfalls ist Misstrauen angezeigt gegenüber unüber- hend übernehmen. Dann sollte der Sozialhilfeträger
prüfbaren Zusagen hoher Renditen oder minimaler gebeten werden, von Amts wegen ein Wertgutachten
Risiken bei undurchschaubaren Finanzprodukten. einzuholen.
59
Zur Übertragung von Grundstückseigentum ist der sie erkennbar im Sinne des Vollmachtgebers sind.
Bevollmächtigte nach außen allerdings nur dann be- Der häufig von diesem als künftigem Erblasser ge-
fugt, wenn die Vollmacht entweder notariell beurkun- wünschte Vorteil für die späteren Erben liegt in Fol-
det oder zumindest öffentlich beglaubigt ist (durch gendem: Die zur Anwendung kommenden Freibe-
den Notar oder die Urkundsperson der Betreuungs- träge gelten alle zehn Jahre neu. Schenkungen und
behörde, siehe oben S. 15 f.). Das ist eine der Aus- Erbvorgänge sind dann also wieder in dieser Höhe
nahmen zum Grundsatz, dass die Vollmacht formfrei völlig steuerfrei. Bei nur noch sehr begrenzter Le-
erstellt werden kann. Ferner sollte die Veräußerung benserwartung des Vollmachtgebers sind derartige
mit den Vorgaben des Vollmachtgebers im Vorsor- vorweggenommenen Verfügungen allerdings kaum
geverhältnis vereinbar sein. So kann dieser etwa sinnvoll, weil voraussichtlich die Freibeträge durch
einen Verkauf ausdrücklich ausgeschlossen haben den Erbfall bzw. durch eine weitere Schenkung nach
(was natürlich nur beachtet werden kann, wenn kei- zehn Jahren nicht erneut ausgeschöpft werden kön-
ne finanzielle Notlage, etwa durch Heimkosten, ent- nen.
steht). Vielleicht hat er auch auf andere Weise zum
Im Fall der Befreiung vom Verbot des Selbstkon-
Ausdruck gebracht, dass er das Immobilieneigen-
trahierens kann der Bevollmächtigte ggf. sogar die
tum so lange wie möglich erhalten möchte, etwa als
Erbfolge zu sich selbst vorwegnehmen.
Nachlass für ein Kind. Dann ist dieser Wunsch zu
respektieren, solange nicht ein Verkauf aus zwingen- Allerdings sollten Vorkehrungen dafür bedacht wer-
den Gründen unumgänglich ist. den, dass der Vollmachtgeber selbst bedürftig wird.
Entsprechende Rückforderungs- bzw. Unterhaltsre-
Im gegebenen Fall sollte allerdings der Bevollmäch-
gelungen müssen sorgfältig durch den beauftragten
tigte auch auf erkennbare Interessen von Angehöri-
Notar formuliert werden.
gen und künftigen Erben Rücksicht nehmen, selbst
wenn er ihnen gegenüber seine Entscheidung zum
Verkauf oder zum Erhalt der Immobilie nicht unmit-
telbar rechtfertigen muss. 5. Rückabwicklung von
So kann es nahe liegen, von einem Verkauf des vom Geschäften
Vollmachtgeber nicht mehr bewohnten Hauses al-
lein unter Rentabilitätsgesichtspunkten abzusehen, Für den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Vollmacht-
wenn es sich um das Elternhaus volljähriger Kinder gebers hat der Bevollmächtigte zu beachten: Ver-
handelt und diese ein Interesse haben, es im Erbfall träge, die der Vollmachtgeber unwirksam geschlos-
selbst zu beziehen. In diesem Fall sollte überlegt sen hat und die sich unter Berücksichtigung seines
werden, ob eine vorübergehende Vermietung infrage Wohls und seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten als
kommt. Im Übrigen sollte bei einem unumgänglichen überwiegend nachteilig erweisen, sind rückabzu-
Verkauf die Immobilie selbstverständlich Verwandten wickeln. Hierfür hat der Bevollmächtigte den Beweis
oder möglichen Erben vorrangig angeboten werden. für die Geschäftsunfähigkeit zu erbringen, was nicht
Zu erwägen ist auch, dass die volljährigen Kinder einfach ist und im Streitfall ein ärztliches Gutach-
sich die Heimkosten, soweit sie nicht aus Mitteln des ten voraussetzt. Falls eine einvernehmliche Lösung
Vollmachtgebers selbst gedeckt werden können, tei- zwischen den Vertragspartnern scheitert, kann die
len, um auf diese Weise die Immobilie in der Familie Geschäftsunfähigkeit abschließend nur gerichtlich
zu erhalten. geklärt werden.
Freilich ist zu bedenken: Nach einer seit 2002 gel-
tenden Bestimmung des BGB ist ein von einem
4. Vorweggenommene Erbfolge geschäftsunfähigen Menschen abgeschlossenes
Geschäft des täglichen Lebens (Alltagsgeschäft)
Ob der Bevollmächtigte zwecks Ersparnis von unter bestimmten Voraussetzungen als wirksam an-
späterer Erbschaftssteuer eine vorweggenomme- zusehen: Es muss mit geringwertigen Mitteln getätigt
ne Erbfolge durch Übertragung von Grund- bzw. worden sein und Leistung und Gegenleistung müs-
Kapitalvermögen bewirken darf, hängt davon ab, sen jeweils erbracht worden sein. Die Beurteilung als
ob ihm Schenkungen gestattet sind (siehe S. 25). Alltagsgeschäft bezieht sich dabei auf den Vertrags-
Ist seine Vollmacht insoweit eingeschränkt – durch abschluss insgesamt. Werden beispielsweise meh-
ein konkretes Verbot von Schenkungen oder deren rere Dinge mit ein und demselben Vorgang erwor-
Beschränkung auf die entsprechenden Befugnis- ben, so ist die Summe des Kaufpreises maßgebend
se eines Betreuers –, scheidet diese Möglichkeit (etwa beim Kauf von Lebensmitteln, Genussmitteln,
von vornherein aus. Liegt keine Beschränkung vor, Büchern, Zeitungen und Textilien).
kann er derartige Verfügungen vornehmen, soweit
60
Sachregister
(Die Zahlen bezeichnen die Seiten)
Immobilien 57 f.
Abbruch der Behandlung Innenverhältnis s. Vorsorgeverhältnis
s. Behandlungsbegrenzung Insichgeschäft 27
Alltagsgeschäft 59
Ärztliche Behandlung 38 Konto und Depot 15 ff., 22 ff.
Aufenthaltsbestimmung 49 Kontrollbetreuer s. Vollmachtsbetreuer
Aufklärung, ärztliche 38 „Kündigung“ der Vollmacht 20, 35
Auftrag 10 ff., 22 ff., 35
Aufwendungen 33 Lebensverlängernde Maßnahmen 39 ff.
Ausland 33
Missbrauchsrisiko 17
Bank, Vertretung gegenüber 14 ff., 22 ff. Mutmaßlicher Wille 38 ff.
Beamter als Bevollmächtigter 15
Beglaubigung der Vollmacht 16 Notarielle Beurkundung 16
Behandlungsbegrenzung 42
Beratung des Bevollmächtigten 24 Patientenverfügung 38 ff., 42
Bestattung 36 PEG-Sonde 38
Betreuer/Betreuung 12 ff., 35 ff., 57 ff. Prognose/Therapieziel 41
Bettgitter 54 f. Psychopharmaka 40
Beurkundung der Vollmacht 15 f.
Bürgschaft 16 Rechnungslegungspflicht 28
Registrierung der Vorsorgevollmacht 18
Demenzerkrankung 44 Rückabwicklung von Geschäften 59
Digitaler Nachlass 20
Dokumentationspflicht 57 Schenkungen aus dem Vermögen 25, 59
Schriftform der Vollmacht 15
Ehegatte 31 ff., 57 Schweigepflicht, ärztliche 38
Einnahmen und Ausgaben 19, 57 Selbstkontrahieren 27
Einwilligung des Patienten 38 soziale Dienste 49 ff.
Einwilligungsfähigkeit 38 ff. Spenden 25
Entscheidung über lebensverlängernde Maßnah- Sterbehilfe, Verbot der aktiven 45
men 39 ff. Steuererklärung 60
Erbe 14, 36
Erklärungen im Namen des Vertretenen 9 ff. Testamentsvollstrecker 36
Ersatzvollmacht 20 Tod des Bevollmächtigten 20
Tod des Vollmachtgebers 13
Form der Vollmacht 15 ff.
Formulare nach S. 64 Über den Tod hinaus 14, 34 ff.
Überschreiten der Befugnisse 24
Genehmigung des Betreuungsgerichts 46 ff. Überwachungsvollmacht 19
Generalvollmacht 10, 16 f., 24 ff. Umfang der Vertretungsmacht nach außen 10 ff.,
Gesamtvollmacht 18 f. 19 ff.
Geschäftsfähigkeit 12 Unterbringung 51 ff.
Gesundheitsangelegenheiten 19 Untervollmacht 25 f.
Grundstücksverkäufe 16, 24, 36
Grundverhältnis Verfahren vor dem Betreuungsgericht 47
s. Vorsorgeverhältnis Vergütung 32 f.
Vermögensverzeichnis 57 f.
Haftpflichtversicherung 31 Vollmachtsbetreuer 20
Haftung für Fehler 31 Vollmachtsurkunde 10 ff., 16 ff.
Heilbehandlung 38 ff. Vorsatz oder Fahrlässigkeit 31
Heimangelegenheiten 49 ff.
62
Notizen:
64
Notizen:
VOLLMACHT – Seite 1 von 4
VOLLMACHT
Ich, (Vollmachtgeber/in)
Name, Vorname, Geburtsdatum
(bevollmächtigte Person)
Name, Vorname, Geburtsdatum
Diese Vertrauensperson wird hiermit bevollmächtigt, mich in allen Angelegenheiten zu vertreten, die ich
im Folgenden mit Ja angekreuzt oder gesondert angegeben habe. Durch diese Vollmachtserteilung soll
eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Die Vollmacht bleibt daher in Kraft, wenn
ich nach ihrer Errichtung geschäftsunfähig werde.
Die Vollmacht ist nur wirksam, solange die bevollmächtigte Person die Vollmachtsurkunde besitzt und
bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Urkunde im Original vorlegen kann.
Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit
•• Sie darf in allen Angelegenheiten der Gesundheitssorge entscheiden, ebenso über Ja Nein
alle Einzelheiten einer ambulanten oder (teil-)stationären Pflege. Sie ist befugt,
meinen in einer Patientenverfügung festgelegten Willen durchzusetzen.
•• Sie darf insbesondere in sämtliche Maßnahmen zur Untersuchung des Gesund- Ja Nein
heitszustandes, in Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen, auch
wenn die begründete Gefahr besteht, dass ich aufgrund der Maßnahme sterbe
oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleide
(§ 1904 Abs. 1 BGB).*
•• Sie darf insbesondere ihre Einwilligung in medizinisch angezeigte Maßnahmen zur Ja Nein
Untersuchung des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Ein-
griffe verweigern oder widerrufen, auch wenn die begründete Gefahr besteht, dass
ich aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme sterbe oder
einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleide (§ 1904
Abs. 2 BGB). Sie darf somit auch die Einwilligung zum Unterlassen oder Beenden
lebensverlängernder Maßnahmen erteilen.*
* Besteht zwischen dem Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt kein Einvernehmen darüber, dass die Erteilung,
die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Patienten (Vollmachtgebers) entspricht, hat der
Bevollmächtigte eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen (§ 1904 Abs. 4 und 5 BGB).
•• Sie darf Krankenunterlagen einsehen und deren Herausgabe an Dritte bewilligen. Ja Nein
Ich entbinde alle mich behandelnden Ärzte und nichtärztliches Personal gegen-
über meiner bevollmächtigten Vertrauensperson von der Schweigepflicht. Die
bevollmächtigte Person darf Mitarbeiter von Versicherungsunternehmen bzw. von
privatärztlichen Verrechnungsstellen von ihrer Schweigepflicht entbinden.
•• Sie darf über meine Unterbringung mit freiheitsentziehender Wirkung (§ 1906 Ja Nein
Abs. 1 BGB) und über freiheitsentziehende Maßnahmen (z. B. Bettgitter, Medika-
mente und Ähnliches) in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung (§ 1906
Abs. 4 BGB) sowie über ärztliche Zwangsmaßnahmen (§ 1906a BGB) entscheiden,
solange dergleichen zu meinem Wohl erforderlich ist.*
•• Ja Nein
•• Sie darf mich bei der Meldebehörde an- und abmelden. Ja Nein
•• Sie darf die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag über meine Wohnung ein- Ja Nein
schließlich einer Kündigung wahrnehmen.
•• Sie darf einen Vertrag nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz Ja Nein
(Heimvertrag) abschließen und kündigen.
•• Ja Nein
Vermögenssorge
•• Sie darf mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechts- Ja Nein
geschäfte im In- und Ausland vornehmen, Erklärungen aller Art abgeben und
entgegennehmen sowie Anträge stellen, abändern, zurücknehmen, namentlich
* In diesen Fällen hat der Bevollmächtigte eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen (§ 1906 Abs. 2 und 5
BGB und § 1906a Abs. 2, 4 und 5 BGB).
•• Willenserklärungen bezüglich meiner Konten, Depots und Safes abgeben. Sie Ja Nein
darf mich im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten vertreten.
(Hinweis für den Ausfüller: Bitte beachten Sie hierzu auch den Hinweis im
1. Kapitel, Nr. 11.)
•• Sie darf die für mich bestimmte Post – auch mit dem Vermerk „eigenhändig“ – Ja Nein
entgegennehmen und öffnen. Das gilt auch für E-Mails, Telefonanrufe und das Ab-
hören von Anrufbeantwortern und der Mailbox. Zudem darf sie über den Verkehr
mit Telekommunikationsmitteln entscheiden und alle hiermit zusammenhängenden
Willenserklärungen (z. B. Vertragsabschlüsse, Kündigungen) abgeben.
Digitale Medien
•• Sie darf unabhängig vom Zugangsmedium (z. B. PC, Tablet, Smartphone) auf mei- Ja Nein
ne sämtlichen Daten im World Wide Web (Internet), insbesondere Benutzerkonten,
zugreifen und hat das Recht zu entscheiden, ob diese Inhalte beibehalten, geän-
dert oder gelöscht werden sollen oder dürfen. Sie darf sämtliche hierzu erforder
lichen Zugangsdaten nutzen und diese anfordern.
Behörden
•• Sie darf mich bei Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern Ja Nein
vertreten.
•• Sie darf mich gegenüber Gerichten vertreten sowie Prozesshandlungen aller Art Ja Nein
vornehmen.
Untervollmacht
•• Ich will, dass die Vollmacht über den Tod hinaus bis zum Widerruf durch die Erben Ja Nein
fortgilt.
•• Ich will, dass die bevollmächtigte Person meine Bestattung nach meinen Ja Nein
Wünschen regelt.
Betreuungsverfügung
•• Falls trotz dieser Vollmacht eine gesetzliche Vertretung („rechtliche Betreuung“) Ja Nein
erforderlich sein sollte, bitte ich, die vorne bezeichnete Vertrauensperson als
Betreuer zu bestellen.
Weitere Regelungen
.
Ort, Datum Unterschrift der Vollmachtgeberin/des Vollmachtgebers
.
Ort, Datum Unterschrift der Vollmachtnehmerin/des Vollmachtnehmers
Falls dieser die Vorsorgevollmacht insgesamt oder teilweise nicht mehr ausüben kann oder will, oder
die Vollmacht erloschen ist, soll der folgende Bevollmächtigte
(Name, Vorname, Geburtsdatum)
an dessen Stelle handeln.
Alternativ:
Die Aufgabengebiete sollen aufgeteilt werden:
Falls einer die Vorsorgevollmacht insgesamt oder teilweise nicht mehr ausüben kann oder will, oder die
Vollmacht erloschen ist, soll der folgende Bevollmächtigte
(Name, Vorname, Geburtsdatum)
an dessen Stelle handeln.
•• Kein Widerruf: Die Bevollmächtigten sind nicht berechtigt, ihre Vollmachten Ja Nein
wechselseitig zu widerrufen.
•• Untervollmachten:
Dem bzw. den Bevollmächtigten ist die Erteilung von Untervollmachten gestattet. Ja Nein
(Eine bei zeitweiliger Verhinderung erteilte Untervollmacht geht ggf. einer Ersatz
bevollmächtigung vor).
•• Die bestmögliche Pflege ist zu gewährleisten. Dafür muss ggf. auch das Einkom- Ja Nein
men und das Vermögen des Vollmachtgebers verwendet werden, auch wenn dies
das im Erbfall zur Verfügung stehende Vermögen vermindert.
•• Der Vollmachtgeber soll sein Leben möglichst eigenständig in seiner vertrauten Ja Nein
Umgebung weiterführen können. Dies soll der Bevollmächtigte sicherstellen.
•• Sollte eine ambulante Pflege nicht (mehr) möglich sein, kommt ein Umzug des Vollmachtgebers in
folgende Einrichtung in Betracht:
•• Hinsichtlich der vorhandenen Immobilien des Vollmachtgebers sind dessen Wünsche und Vorstellungen
wie folgt zu beachten:
Das umfasst jedenfalls die Vorlage von Kontoauszügen aller Art, die entsprechend den steuerlichen
Vorgaben 10 Jahre aufzubewahren sind.
Haftung
•• Die grundsätzlich auch leichte Fahrlässigkeit umfassende Haftung des Bevoll- Ja Nein
mächtigten für Fehler insbesondere bei der Vermögensverwaltung soll beschränkt
sein.
Wenn ja, dann wie folgt (ggf. nur in einer Zeile ankreuzen!)
−− auf Vorsatz Ja
•• Aus dem Einkommen oder dem Vermögen des Vollmachtgebers sollen folgende Geldzuwendungen an
bestimmte Personen bzw. Spenden an bestimmte Institutionen vorgenommen werden:
•• Der Bevollmächtigte soll Ersatz konkreter Aufwendungen für seine Tätigkeit aus Ja Nein
dem Einkommen oder dem Vermögen des Vollmachtgebers entnehmen dürfen.
Hierzu gehören ggf. auch die Kosten einer angemessenen Haftpflichtversicherung.
•• Zeitaufwand des Bevollmächtigten für die Wahrnehmung seiner Aufgaben kann Ja Nein
der Bevollmächtigte mit einem Stundensatz von Euro abrechnen
Hierzu besteht Einigkeit, dass dies ggf. nicht für solche Tätigkeiten gilt, die eine rechtliche Prüfung im
Einzelfall verlangen (etwa die Fertigung von Steuererklärungen, Führung von Rechtsstreitigkeiten, Prüfung
von Verträgen usw.) und deshalb als sog. „Rechtsdienstleistung“ nur unentgeltlich gestattet sind. Deshalb
kann auch keine Pauschalvergütung für die Tätigkeit des Bevollmächtigten insgesamt vereinbart werden.
Kündigung
Weitere Regelungen
Ort, Datum:
Vollmachtgeber Bevollmächtigter
(Name, Vorname, Geburtsdatum) (Name, Vorname, Geburtsdatum)
Weitere Bevollmächtigte
Ort, Datum:
Vollmachtgeber Bevollmächtigter
(Name, Vorname, Geburtsdatum) (Name, Vorname, Geburtsdatum)
Ort, Datum:
Vollmachtgeber Bevollmächtigter
(Name, Vorname, Geburtsdatum) (Name, Vorname, Geburtsdatum)
www.justiz.bayern.de
Herausgeber:
Bayerisches Staatsministerium der Justiz
– Referat für Öffentlichkeitsarbeit –
Prielmayerstraße 7, 80335 München
Stand: Juli 2019
5. Auflage
Bestellnummer 33930
© 2019 Verlag C. H. Beck oHG
Wilhelmstraße 9, 80801 München
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