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06 Wattenmeer

Prof'in Dr. Gela Preisfeld Bergische Universität Wuppertal


Zoologie und Biologiedidaktik Fachbereich Mathe & NaWi
1
apreis@uni-wuppertal.de L.10.09
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie: Hundeartige (Canoidea)
Robben (Pinnipedia)
Familie: Hundsrobben (Phocidae)
Gattung: Phoca

2
Phoca vitulina – Seehund
Ordnung: Raubtiere (Carnivora)
Überfamilie: Hundeartige (Canoidea)
Robben (Pinnipedia)
Familie: Hundsrobben (Phocidae)
Gattung: Halichoerus

Halichoerus grypus - Kegelrobbe 3


Schweinswale vor dem Wilhelmshavener Südstrand 4
© Richard Czeck / Nationalparkverwaltung Nds. Wattenmeer
Gewöhnlicher
Schweinswal
(Phocoena phocoena)

5
© AVampireTear
6
© Donald Macauley
Wattenmeer

7
Soodbrunnen auf
Hallig Hooge

8
© Joachim Müllerchen
9
Nordeuropäisches Wattenmeer
Länge: 450 km
Breite: 5 – 40 km
Fläche: ca 10.000 km2

10
Wattenmeer
Nationalparkverwaltung
Schleswig-Holstein 1985
Niedersachsen
Hamburg

1990

1986
11
Wattenmeer

...einzigartig...

12
Entstehung eines Wattes
•  Tidenhub über mehrere Meter

•  Meeresboden flach ansteigend

•  Meeresspiegel muss steigen

•  Hinterland flach

•  Strömungen schwach

•  Zufuhr von organischem Feinmaterial

13
Geschichte des Wattenmeeres

Weichsel-Eiszeit: Absenkung um 100 m. Schmelze (10.000 – 6.000 v.Chr.)


Geest: Eiszeitliche Relikte aus Kies, Sand und Ton
Marsch: marine Sedimentablagerungen, die verlandet sind
Torf: Moorboden entstanden durch Zersetzung von Moosen 14
und anderen Moorpflanzen
Geschichte des Wattenmeeres

Transgression
Regression

Transgression

Regression

Transgression

Rückzug des Meeres: Eustatisch


Pott 1995 Pflanzenschichten zwischen Sedimenten 15
Geschichte des Wattenmeeres
Sandbankbildungen
vor 20.000 Jahren: Weichsel-Eiszeit
•  Meeresspiegel 100 m tiefer
•  Nordsee besiedelt von Pflanzen, Tieren und
Menschen
vor 10.000 – 6.000 Jahren
•  Abschmelzen – mehrere Regressionen und
Transgressionen erfolgen
vor 5.000 Jahren
•  Meeresspiegel 5 m tiefer
•  Beginn der Sandbankbildungen - Dünen
16
Geschichte des Wattenmeeres
Sandbankbildungen
Geest:
•  Eiszeitliche Relikte aus Kies,
Sand und Ton
•  Geestkerne: Sandanhäufungen
auf eiszeitlichen Gletscher-
ablagerungen (Sylt Rotes Kliff)
•  Einseitiger Wind
•  Aufbau zu Dünen
•  Hinterland: Moor

17
Stadelmann 1981
Geschichte des Wattenmeeres
Verlagerung der Sanddünen

18
Geschichte des Wattenmeeres
Verlagerung der Sanddünen
Inseln
Schlickwatt
Salzwiesen

19
Verlagerung der
Sanddünen
Lister Haken
auf Sylt

20
Querschnitt durchs Watt

Insel mit Dünen Festland

Sandstrand Salzwiese Salzwiese


Mischwatt MHWL
Mischwatt Schlickwatt

MNWL

Priel

21
Sandstrand

22
Sandstrand
Schwimmkrabbe
Portunus ssp.

5. Beinpaar Schwimmbeine 23
Lauerjäger
Sandstrand
Tintenfisch
Sepia officinalis

24
© Hans Hillewaert
Sandstrand

Laich des Tintenfisches


Sepia officinalis
25
Sandstrand

Flohkrebs (Amphipoda)
Haustorius
26
Sandstrand
Flohkrebs (Strandfloh)
Talitrus saltator
Landbewohner!

© Arnold Paul 27
Sandstrand
•  Wasser transportiert Sand aus
dem Meer
•  Wasser geht bei Ebbe zurück
•  Sand bleibt liegen, wird an Land
geweht
•  Pflanzen und Algen bleiben am
Spülrand liegen
•  Sand setzt sich ab
•  Spülsaumgesellschaft bildet sich
•  Pflanzen siedeln an:
Ø  Strandmelde (Atriplex littoralis)
Ø  Meersenf (Cakile maritima)
Ø  Salzkraut (Salsola kali)
28
Entstehung der Primärdüne

29
Übergang zur Sekundärdüne

Befestigung durch Ansiedlung von:


Primärdüne
•  Binsenquecke (Agropyron junceum)
•  Strandwolfsmilch
Sekundärdüne(Euphorbia paralias)
•  Salzmiere (Honkenya peploides)
Abstand von salzigem Grundwasser
wird größer 30
Sekundärdüne

Strandwolfsmilch
Euphorbia paralias.
31
Sekundärdüne (Weißdüne)

• Abnahme des Salzgehalts durch


Vermischung mit Regenwasser
• Süßgrundwasser entsteht
• Besiedlung mit
Ø  Strandroggen (Leymus arenarius) 32
Ø  Strandhafer (Ammophila arenaria)
Tertiärdüne (Grau- u. Braundünen)

•  Auswaschung von Nährstoffen und Kalk


•  Ansäuerung des Bodens
•  Geschlossene Pflanzendecke:
Ø Sandsegge (Carex arenaria) 33
Ø Hasenklee (Trifolium arvense)
Graudüne
Stranddistel
Eryngium maritimum
Hinweis auf fortschreitende Entwicklung zur Graudüne

34
Querschnitt durchs Watt

Insel mit Dünen Festland

Sandstrand Salzwiese Salzwiese


Mischwatt MHWL
Mischwatt Schlickwatt

MNWL

Priel

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Zonen im Watt

•  Sandstrand
•  Sandwatt
•  Mischwatt und Schlick

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Sandwatt – Mischwatt -
Schlickwatt

0,02-2 mm

< 0,002 mm

37
Abiotische Faktoren
und Anpassungen
- Trockenfallen

- Temperaturschwankungen Toleranz, Schleim, dicke


Gehäuse, Abwandern
- erhöhte UV-Bestrahlung

- Aussüßung/Versalzung Osmoseausgleich,
(Regen/Verdunstung) Toleranz,
Abwanderung
- Seegang und Strömungen
- Sauerstoffzehrung - Physiologische Anpassungen
38
Abiotische Faktoren und
Anpassung
Sauerstoffzehrung in
Schlickböden durch
Bakterienwachstum
und absterbende
Algen

39
Abiotische Faktoren und
Anpassung
Sauerstoffzehrung in
Schlickböden durch
Bakterienwachstum

aktives Pumpen von O2 (Arenicola)


Reduktion des Stoffwechsels
Hämoglobin als Blutfarbstoff
40
Anaerobiose (Energiegewinnung durch Gärung)
Mischwatt/Schlickwatt
Mya arenaria
Sandklaffmuschel

41
Mischwatt/Schlick
Wattwurm
Arenicola marina

42
Sand- / Mischwatt
Wattwurm
Arenicola marina

aerob

anaerob

Bedeutung:
Durchmischung der
aeroben Schichten mit
darunter liegenden
anaeroben Schichten

43
Tardent 1993
Sandwatt

Wattwurm
Arenicola marina
(Polychaeta)

44
Mischwatt
-10 – 35 °C
O2 wenig
Filtrieren bei Flut
Austernfischer
Hydrobia ulvae

Cerastoderma
edule Arenicola
marina
Ensis
Mya arenaria
45
Mischwatt
Wattschnecke
Hydrobia ulvae

•  Ebbe Abgrasen der Diatomeen vom Sand-Mischwatt


•  Nach Sättigung Eingraben in die oberste Sedimentschicht
•  Bei Flut Anheften unter die Oberflächenhaut des Wassers
(geht nur bei ruhigerem Wasser) und Treibenlassen
•  Nach Einsetzen der Ebbe Absinken zum Boden, warten bis sie 46
trockenfallen und "Mahlzeit"
Mischwatt
Silbermöve
Larus argentatus

47
Watvögel

48
Übergang Mischwatt in Priele
Sand-Klaffmuschel
Mya arenaria

•  Bei Flut Einfiltrieren von Wasser und Aufnahme von Mikroalgen


•  Siphonlänge entscheidet über Tiefe
•  Flach siedelnde Formen werden von Vögeln gefressen
•  Mya arenaria größte Muschel im Watt (10 cm)
•  Eingraben nur im Jungstadium
49
•  Wird sie freigelegt durch Stürme, stirbt sie ab
Priele
Gemeiner Seestern
Asterias rubens

50
Priele
Strandkrabbe
Carcinus maenas

51
Priele
Strandgarnele
Crangon crangon

52
Priele
Nordseekrabbe
Crangon crangon

© Hans Hillewaert 53
Priele
Sabellaria spinulosa
Riffe in Prielen

Ausgestorben
durch
Krabbenfischerei

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Sand-Misch-Schlickwatt
Kennzeichen:
1.  r-Strategen: Arten, die bei Vermehrung auf eine hohe
Reproduktionsrate (r) setzen (Gegenstrategie:
k-Strategen mit geringerer Zahl von Nachkommen mit
dafür höheren Überlebenschancen)

2.  Hohe Produktivität durch ständigen Nährstoffeintrag

3.  Geringe Diversität der Arten durch hohe


Stressbelastung

4.  Extrem hohe Individuenzahlen


55
Sand-Misch-Schlickwatt
Kennzeichen:
1. r-Strategen

-  kurze Lebensdauer
-  viele Nachkommen
-  Verbreitung über Larven

56
Sand-Misch-Schlickwatt
Kennzeichen:
2. Hohe Produktivität

- bedingt durch hohe Nährstoffzufuhr

- bewirkt hohe Phytoplanktonblüten


(Primärpoduktion, Diatomeenrasen)

- hohe Produktivität auf höheren Ebenen

Schnelle Verfügbarkeit durch schnellen Abbau der


Stoffe
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Sand-Misch-Schlickwatt
Kennzeichen:
3. Diversität der Arten nicht hoch
-  geringe Artenzahlen
-  Arten meist euryök

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Sand-Misch-Schlickwatt
Kennzeichen:
4. Individuenzahlen extrem hoch

Littorina (Strandschnecke) 500 Ind./m2


Hydrobia ulva (Wattschnecke) 20.000 Ind./m2
Junge Mya arenaria (Klaffmuschel) 10.000 Ind./m2
Alte Mya arenaria 5 Ind./m2
Arenicola marina (Wattwurm) 30 Ind./m2

59
Salzwiesen

60
Salzwiesen
Zonierung abhängig vom
•  Salzeintrag
•  Nährstoffeintrag

Supralitoral

Eulitoral

Abnehmender Salzeintrag
Abnehmender Nährstoffeintrag

Zunehmende Artendiversität:
terrestrische Formen 61
Salzwiesen
Zonierung abhängig vom
•  Salzeintrag
•  Nährstoffeintrag

Rotschwingelzone
Andelzone

Quellerzone

1650 Arten (größer als 1 mm)


50 % davon sind stenök

62
Salzwiesen
Salzkäfer
Bledius spectabilis

Staphylinidae
Kurzflügelkäfer
•  Hochwasserlinie
•  Flügel zusammengefaltet
•  Graben (Abweiden) mit
Kieferzangen
•  Dornen an Beinen
•  Wohnröhre mit Luftblase
und Vorrat
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www.zin.ru/Animalia/Coleoptera/rus/oxyte_st.htm
Salzwiesen

Salzkäfer
Bledius spectabilis
•  Niedrigwasser Abschaben
der Algen von Sandkörnern
mit Mundwerkzeugen
•  Bei auflaufendem Wasser
Verkriechen in Wohnröhre
•  Abdichten mit Sandpropf

Künnemann & Gad 1997


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Haematopus ostralegus Watvögel in Salzwiesen
Gallinago gallinago

Tringa totanus
65
Vanellus vanellus
Salzwiesen
Unteres Supralitoral

Andelzone
Strandflieder
Limonium vulgare
83  Phytophage Käfer

66
Salzwiesen
Mittleres und oberes Supralitoral

Rotschwingelzone

Strandbeifuß (Strandwermut)
Artemisia maritima
67
Salzwiesen
Insekten-WG am
Meerstrandwegerich
(Plantago maritima):
16 Insekten-Arten

Künnemann & Gad 1997


68
Salzwiesen
Anpassungen der terrestrischen
Pflanzen z.B.
•  Aktive Salzabscheidung über
Salzdrüsen
•  Akkumulation von Salz in Schematischer Aufbau eines
Blasenhaars von
speziellen Haaren, die abbrechen Atriplex hastata.
B Blasenzelle, C Cuticula,
Ch Chloroplasten,
•  Verminderung der Salzaufnahme E Epidermiszellen,
M Mesophyllzellen,
durch geringere Verdunstung: P Plasmodesmen,
S Stielzelle, V Vakuolen
Haarbildung, Wachse auf der
Oberfläche
•  Einlagerung von Elektrolyten zum
Ausgleich des osmotischen Druckes
(auch Aminosäuren) Sorbitol 69
Avicennia germinans
Salzwiesen

-  verbreitet in gemäßigten Zonen


-  Pendant in den Tropen: Mangroven
-  terrestrischer Lebensraum
-  umfassen 8% der Wattenflächen
-  hohe Artendiversität
-  hohe Primärproduktion 1.900g/qm

70
Salzwiesen
Schaden durch anthropogene Nutzung

- Vertritt
- Ausrottung vieler Arten

- Mit jeder verschwundenen Pflanzenart


verschwinden weitere 10 Arten (meist
Insekten) als Folge

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