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Vorlesung

Hygiene: Konzepte und


Gesetzliche Bestimmungen
4. Doppelstunde, 02.06.2022
Thema: Evidenzbasierte Infektionsprävention

Fachhochschule Aachen, Campus Jülich


Fachbereich Medizintechnik und Technomathematik
Studiengang Medizintechnik

Referent: PD Dr. med. Roland Schulze-Röbbecke


In den
vorangegangenen Vorlesungen
vorgestellte Studien und
Untersuchungen
EHEC-/HUS-Epidemie 2011

Fallzahlen deutschlandweit bis September 2011:


EHEC-Erstnachweise, meist bei Brechdurchfall: 2.987, davon 18 Todesfälle
HUS-Fälle: 855, davon 35 Todesfälle (Letalität 4,1 %)
Prävalenz
nosokomialer
Infektionen
in Europa

ECDC. Point prevalence survey of


healthcare-associated infections
and antimicrobial use in European
acute care hospitals
2011–2012
Experiment mit
Beatmungstubus
und aufgeblase-
nem Cuff

Nach 5 min Farbstoff

Cuffduck
20 cm H2O
Effekt von Belüftung und Luftfilterung
Schutzzone
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3
Ann Surg 2008; 248: 695-700

Hüftgelenk-Endoprothesen
17 657 326 (1,85 %)
Operationen postoperative
mit TAV Wundinfektionen
28 623 OR = 1,63
Operationen p = <0,001
10 966 144 (1,31 %)
Operationen postoperative
mit turbulenter Wundinfektionen
Luftströmung
Postoperative Wundinfektionen

Normo- Hypo-
thermie thermie
Anzahl der ope-
104 96
rierten Patienten
Anzahl (%) der
6 (6) 18 (19)
Wundinfektionen
Effekt der
perioperativen Antibiotikaprophylaxe (PAP)
bei Leistenhernien-OPs* mit PP-mesh

Maßnahme Infektionsrate

PAP mit Plazebo 9,0 %


PAP mit 1 x 1,5 g
0,7 %
Ampicillin + Sulbactam
*n = 280 Patienten

Yerdel MA et al. Ann Surg 2001;233:26-33


Glucosespiegel
und Wundinfektionsraten
nach medianer Sternotomie
Randomisierte, Placebo-kontrollierte, multizentrische
Doppelblindstudie.
Mupirocin +
Placebo
Chlorhexidin
Anzahl d. Patienten m. S.aureus 504 413
Anzahl d. S.aureus-Infektionen 17 32
Infektionsrate 3,4 % 7,7 %
Anzahl der Gebrauch v. Anzahl d. Wund- Infektions-
Operationen OP-Masken infektionen rate
1537 Ja 73 4,7 %
1551 Nein 55 3,5 %

Unterschied statistisch nicht signifikant


Wie wurden diese
Untersuchungen und Studien
durchgeführt ?

Wie unterscheiden sie sich ?


1. Untersuchungen ohne Menschen
als Untersuchungsobjekt
Untersuchung einfach durchzuführen,
Interpretation aber problematisch

Können helfen, unter realen Lebens-


bedingungen beobachtete Phänomene
zu erklären
Effekt von Belüftung und Luftfilterung
Schutzzone
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3

Ziel der Untersuchung: Feststellung der Luftqualität in einem


Operationsraum mit Zuluftdecke, Schwebstoff-Filterung der
Zuluft und turbulenzarmer Verdrängungsströmung (TAV)
Effekt von Belüftung und Luftfilterung
Schutzzone
mit turbulenzarmer
Verdrängungsströmung (TAV)

Schutzzone
innerhalb außerhalb
Partikel 0,5 - 5,0 µm 0-100 / m3 104-105 / m3
Luftkeime 0 KBE / m3 10-100 KBE / m3

Die technische Untersuchung zeigt, dass die Luftqualität in der „Schutz-


zone“ mit TAV besser ist als außerhalb. Sie belegt aber nicht, dass sich
dadurch postoperative Wundinfektionen verhindern lassen.
Experiment mit
Beatmungstubus
und aufgeblase-
nem Cuff

Nach 5 min Farbstoff

Cuffduck
20 cm H2O

Laboruntersuchung
Pathogenese der Beatmungspneumonie

Subglottisches
Sekret

Mageninhalt
und Oropha-
rynx-Sekret

Mikroaspiration

Die Laboruntersuchung kann dazu beitragen,


die Ursachen der Beatmungspneumonie zu
beschreiben und technische Verbesserungen
durchzuführen
2. Tierversuche
Untersuchung einfach durchzuführen,
Interpretation aber problematisch

Können helfen, neue Therapie- oder


Präventionsstrategien zu entwickeln
1. Tierversuch in einer frühen Phase
der Impfstoffentwicklung

Intervention Ergebnis

5 erhalten Antikörper ?
neue Impfung Nebenwirkungen?
10
Resusaffen
5 erhalten Antikörper ?
keine Impfung Nebenwirkungen?
2. Tierversuch in einer frühen Phase
der Impfstoffentwicklung
Inter- Inter-
vention 1 vention 2 Ergebnis
5 mit Virus- Erkrankung ?
Impfung Infektion Nebenwirkgn.?
10
Resus-
affen
5 ohne Virus- Erkrankung ?
Impfung Infektion Nebenwirkgn.?

Ungünstige Ergebnisse in den Tierversuchen (z.B. fehlende Antikörperbildung,


kein Schutz vor Erkrankung, starke Nebenwirkungen) können dazu führen,
dass die Entwicklung abgebrochen wird und keine weiteren Versuche mit
Menschen durchgeführt werden.
3. Untersuchungen mit menschlichen
Probanden ohne Ergebnis (Endpunkt)
„Infektion“, „Erkrankung“, „Tod“ etc.
Untersuchung einfach durchzuführen, Interpretation
aber problematisch

Können helfen, Wirkungsmechanismen zu finden, die


auch unter realen Lebensbedingungen funktionieren
Coronavirus-Ausscheidung
bei infizierten menschlichen Probanden

Hinweis auf Schutzwirkung von Masken aber


kein Beweis ihrer tatsächlichen Wirksamkeit
unter realen Lebensbedingungen Leung NHL et al. Nat Med.
2020; 26: 676-680
4. Querschnitts-Studie
(Prävalenz)
zur Beschreibung eines
epidemiologischen Zustands, z.B. der
Anzahl von Personen mit einer
bestimmten Infektion oder Erkrankung
in einer oder mehreren bestimmten
Bevölkerungsgruppe(n) zu einem
bestimmten Zeitpunkt oder Zeitfenster
Prävalenz
nosokomialer
Infektionen
in Europa

Beschreibung des Anteils von


Patienten mit einer nosokomia-
ECDC. Point prevalence survey of len Infektion zu einem Stichtag
healthcare-associated infections (oder in einer bestimmten
and antimicrobial use in European Woche) in verschiedenen
acute care hospitals europäischen Ländern
2011–2012
Inzidenz und Prävalenz

0 5 10 15
Tage
Erkrankungs-
7-Tage-Inzidenz = 3 (Neuerkrankungen) beginn
14-Tage-Inzidenz = 5 (Neuerkrankungen)
Punkt-Prävalenz an Tag 4 = 2
Punkt-Prävalenz an Tag 6 = 3 Erkrankungs-
Punkt-Prävalenz an Tag 13 = 4 dauer
5. Fallberichte,
Ausbruchsberichte

zur Beschreibung von


epidemiologischen Ereignissen
EHEC-/HUS-Epidemie 2011
„Epidemische Kurve“ mit
Aufführung der täglich regis-
trierten Neuerkrankungen
(Inzidenz)

Fallzahlen deutschlandweit bis September 2011:


EHEC-Erstnachweise, meist bei Brechdurchfall: 2.987, davon 18 Todesfälle
HUS-Fälle: 855, davon 35 Todesfälle (Letalität 4,1 %)

Ausbruchsbeschreibung (deskriptiv)
Enterohämorrhagische
Escherichia coli (EHEC)
Erreger: Shigatoxin- (Zytotoxin) bildende Stämme von E. coli
Reservoir: vor Allem Wiederkäuer (Rinder, Schafe, etc.)
Inkubationszeit: meist 3-4 Tage
Symptome von EHEC-Infektionen beim Menschen:
• Meist Durchfall, wässrig, z.T. blutig
• Häufig Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen
• Manchmal Fieber
Komplikation (besonders bei Kindern):
Hämorrhagisch-urämisches Syndrom (HUS) mit
vorübergehenden oder bleibenden Nierenschäden
Zeitungsartikel aus der
Zeit der EHEC-Epidemie
in Deutschland, 2011
Inzidenz und Prävalenz

0 5 10 15
Tage
Erkrankungs-
7-Tage-Inzidenz = 3 (Neuerkrankungen) beginn
14-Tage-Inzidenz = 5 (Neuerkrankungen)
Punkt-Prävalenz an Tag 4 = 2
Punkt-Prävalenz an Tag 6 = 3 Erkrankungs-
Punkt-Prävalenz an Tag 13 = 4 dauer
EHEC-/HUS-Epidemie 2011
Die epidemische Kurve
beschreibt hier den zeitlichen
Verlauf der Inzidenz täglicher
Neuerkrankungen an EHEC und
HUS in Deutschland

Fallzahlen deutschlandweit bis September 2011:


EHEC-Fälle: EHEC-Erstnachweise, meist bei Brechdurchfall: 2.987, davon
18 Todesfälle (Letalität 0,6 %)
HUS-Fälle: 855, davon 35 Todesfälle (Letalität 4,1 %)
6. Fall-Kontroll-Studien
zur Ermittlung der Ursache
einer Häufung von Erkrankungen
oder einer Epidemie
Hypothese: Die EHEC-Epidemie 2011
wurde durch Gurken verursacht
Die hier gezeigten Zahlen sind
Angaben gemäß hypothetisch, könnten aber in
ähnlicher Größenordnung vom
Telefon-Interview EHEC- Robert-Koch-Institut (RKI)
Infektion erhoben worden sein.
Gurken gegessen
(n = 40)
Ja
Keine Gurken n = 100
gegessen (n = 60)
Bevölkerung in
Gurken gegessen Deutschland
(n = 20) Nein
Keine Gurken n = 100
gegessen (n = 80)

Vorteile: Schnell, einfach und kostengünstig realisierbar


Nachteile: Selection bias & recall bias
Hypothese: Die EHEC-Epidemie 2011
wurde durch Gurken verursacht
Die hier gezeigten Zahlen sind
Angaben gemäß hypothetisch, könnten aber in
ähnlicher Größenordnung vom
Telefon-Interview EHEC- Robert-Koch-Institut (RKI)
Infektion erhoben worden sein.
Gurken gegessen
(n = 40) Stichprobe von erkrank-
Ja ten Personen („Fälle“),
möglichst repräsentativ.
Keine Gurken n = 100
gegessen (n = 60) Stichprobe von nicht erkrank-
tenBevölkerung in
Personen („Kontrollen“),
„gematched“, d.h. in mög-
Gurken gegessen Deutschland
lichst vielen Eigenschaften
vergleichbar mit den Fällen.
(n = 20) Nein
Keine Gurken n = 100
gegessen (n = 80)

Vorteile: Schnell, einfach und kostengünstig realisierbar


Nachteile: Selection bias & recall bias
Hypothese: Die EHEC-Epidemie 2011
wurde durch Gurken verursacht
Die hier gezeigten Zahlen sind
Angaben gemäß hypothetisch, könnten aber in
ähnlicher Größenordnung vom
Telefon-Interview EHEC- Robert-Koch-Institut (RKI)
Infektion erhoben worden sein.
Gurken gegessen
(n = 40) Stichprobe von erkrank-
Ja ten Personen („Fälle“),
möglichst repräsentativ.
Keine Gurken n = 100
gegessen (n = 60) Stichprobe von nicht erkrank-
tenBevölkerung in
Personen („Kontrollen“),
„gematched“, d.h. in mög-
Gurken gegessen Deutschland
lichst vielen Eigenschaften
vergleichbar mit den Fällen.
(n = 20) Nein
Keine Gurken n = 100 Selection bias: Verzerrung der
Ergebnisse durch Unterschiede
gegessen (n = 80) zwischen Fällen und Kontrol-
len. Recall bias: Verzerrung der
Ergebnisse durch fehlerhaftes
Vorteile: Schnell, einfach und Erinnerungsvermögen
kostengünstig realisierbar der Fälle
und Kontrollen.
Nachteile: Selection bias & recall bias
Zeitungsmeldung als
Reaktion auf den zu-
nächst vom RKI geäu-
ßerten Verdacht, die
Erreger der EHEC-Epi-
demie könnten mit
spanischen Gurken
importiert worden
sein.
Weitere Hypothese: Die EHEC-Epidemie 2011
wurde durch Pflanzensprossen verursacht

Angaben gemäß Auch die hier gezeigten Zahlen


Telefon-Interview EHEC- sind hypothetisch, könnten aber
in ähnlicher Größenordnung
Infektion vom RKI erhoben worden sein.
Sprossen gegessen
(n = 600) Ja
Keine Sprossen n = 1000
gegessen (n = 400)
Bevölkerung in
Sprossen gegessen Deutschland
(n = 200) Nein
Keine Sprossen n = 1000
gegessen (n = 800)
EHEC-/HUS-Epidemie 2011

Mittels Fall-Kontroll-Studie ermittelte, wahrscheinliche Ursache der


EHEC-Epidemie 2011:
Sprossen, die bei einem norddeutschen Hersteller aus ägyptischen
Bockshornklee-Samen hergestellt worden waren
Presse und Verbraucherschützer haben es nicht verstanden:
Der Beleg, dass kontaminierte Pflanzensprossen die wahrschein-
liche Ursache der EHEC-Epidemie 2011 war, erfolgte nicht durch
den Erregernachweis mittels Laboruntersuchungen, sondern
durch Fall-Kontroll-Studien.
Wäre während der EHEC-Epidemie auch
solch eine Studie sinnvoll gewesen ?
EHEC-
Intervention Infektionen
500 1 Monat
?
essen Gurken
1000
Probanden
500 essen 1 Monat
?
keine Gurken

Zuordnung zu einem der


beiden Studienarme nach
dem Zufallsprinzip
(„Randomisierung“)
Wäre während der EHEC-Epidemie auch
solch eine Studie sinnvoll gewesen ?
EHEC-
Intervention Infektionen
500 1 Monat
?
essen Gurken
1000
Probanden
500 essen 1 Monat
?
keine Gurken

Studiendesign: Randomisierte kontrollierte Studie. Im akuten Fall einer


Epidemie nicht sinnvoll zur Ermittlung der Ursache, da die Ergebnisse zu
lange auf sich warten lassen und schnell gehandelt werden muss.
Außerdem ist die Infektionswahrscheinlichkeit so gering, dass statistisch
signifikante Ergebnisse mit 1000 Probanden nicht zu erwarten sind.
7. Kohortenstudien
zur Ermittlung der Ursache
bestimmter Erkrankungen
Ann Surg 2008; 248: 695-700

Studiendesign:
Hüftgelenk-Endoprothesen
Retrospektive
Kohortenstudie
17 657 326 (1,85 %)
Operationen postoperative
mit TAV Wundinfektionen
28 623
Operationen
10 966 144 (1,31 %)
Operationen postoperative
mit turbulenter Wundinfektionen
Luftströmung
Retrospektive Kohortenstudie
Blickrichtung während der
Durchführung der Studie

17 657 326 (1,85 %) Studien-


Operationen postoperative
mit TAV Wundinfektionen beginn
28 623
Opera- Das heißt: Die Operatio-
tionen nen haben zu Beginn der
10 966 144 (1,31 %) Studie schon stattgefun-
Operationen postoperative den und auch die Opera-
mit turbulenter Wundinfektionen tionsergebnisse
schon vor.
liegen
Luftströmung

Zeitachse
Prospektive („normale“) Kohortenstudie
Blickrichtung während der
Durchführung der Studie

Studien- 15 000 Anzahl der post-


beginn Operationen operativen Wund-
mit TAV infektionen ?
30 000
Opera-
tionen
15 000
Anzahl der post-
Das heißt: Die Operatio- Operationen
operativen Wund-
nen haben zu Beginn der mit turbulenter
infektionen ?
Studie noch nicht statt- Luftströmung
gefunden und auch die
Operationsergebnisse
liegen noch nicht vor.
Zeitachse
Kohortenstudien
& Fall-Kontroll-Studien...
...werden auch als „Beobachtungsstudien“ bezeichnet,
da nur beobachtet und beschrieben wird, was ohnehin
geschieht, bzw. schon geschehen ist. In das Geschehen
wird nicht eingegriffen, z.B. dadurch, dass die Patienten
von der Studienleitung dem einen oder dem anderen
„Studienarm“ zugeordnet werden.
Vorteil: Geringerer Aufwand als randomisierte, kontrol-
lierte Studien
Vorteil von Fall-Kontroll-Studien: Durchführbar auch bei
seltenen Krankheiten
Nachteil aller Beobachtungsstudien: Verfälschung der
Ergebnisse z.B. dadurch, dass sich die Personen in den
beiden Studienarmen zu sehr unterscheiden.
8. Randomisierte
kontrollierte Studien
zur Ermittlung der Ursache
bestimmter Erkrankungen
Perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP)
bei Leistenhernien-OPs* mit PP-mesh

Infektions-
Maßnahme
rate
PAP mit Plazebo 9,0 %
PAP mit 1 x 1,5 g Ampicillin
0,7 %
+ Sulbactam
*n = 280 Patienten

Studie von Yerdel MA et al. Ann Surg 2001; 233: 26-33


Design der Studie von Yerdel et al. (2001)
Postop.
Wundinfektion

142 mit PAP 1


operiert (0,7 %)
280
Patienten
138 ohne PAP, 12
mit Placebo
operiert (9,0 %)

Studiendesign: Randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblind-Studie.


Vorteile: A) Die Patientengruppen in den beiden Studienarmen unter-
scheiden sich nur bzgl. der PAP. Die anderen Variablen sind durch die
Randomisierung in gleicher Weise ausgeprägt (keine „Störvariablen“).
B) Weder die Patienten noch die Ärztinnen/Ärzte wussten, ob der Patient
ein Antibiotikum oder ein Placebo erhalten hat („doppelblind“). Dadurch
keine Verfälschung durch Suggestion.
Postoperative Wundinfektionen

Normo- Hypo-
thermie thermie
Anzahl der ope-
104 96
rierten Patienten
Anzahl (%) der
6 (6) 18 (19)
Wundinfektionen

Normothermie: Normale Körpertemperatur


Hypothermie: Erniedrigte Körpertemperatur
Design der Studie von Kurz et al. (1996)
Postop.
Wundinfektion
104 bei
Normothermie 6
operiert (6%)
200
Patienten
96 bei 18
Hypothermie
operiert (19%)

Studiendesign: Randomisierte kontrollierte Studie.


Vorteil: Die Patientengruppen in den beiden Studienarmen
unterscheiden sich nur bzgl. ihrer Körpertemperatur während
der OP. Die anderen Variablen sind durch die Randomisierung
in gleicher Weise ausgeprägt (keine „Störvariablen“)
Anzahl der Gebrauch v. Anzahl d. Wund- Infektions-
Operationen OP-Masken infektionen rate
1537 Ja 73 4,7 %
1551 Nein 55 3,5 %

Unterschied statistisch nicht signifikant


Design der Studie von Tunevall (1991)
Postop.
Wundinfektion

1537 mit Maske 73


operiert (4,7 %)
3088
Patienten
1551 ohne 55
Maske operiert (3,5 %)

Diese Fragestellung kann nicht mit einer


Doppelblind-Studie untersucht werden !
Randomisierte kontrollierte
Studien...
...werden auch als „experimentelle
Studien“ bezeichnet, sind aber nicht mit
Laborexperimenten zu verwechseln.
In der klinischen Medizin gelten sie als
das beste Studiendesign.
Wie hoch ist die Beweiskraft
(„power of evidence“) der
verschiedenen Studientypen ?
Evidenz-Pyramide
Evidenzbasierte
Leitlinien zur klini-
schen Praxis (z.B. S3-
Leitlinien der AWMF

Metaanalysen,
systematische
Reviews
Randomisierte
kontrollierte Studien

Kohortenstudien

Fall-Kontroll-Studien

Fallberichte,
Fallserien
Tier-, Laborversuche
(Modellrechnungen,
Endpunkt nicht tat-
sächliche Erkrankung)
Quelle: Library & Knowledge Services (https://libraryinfo.bhs.org/ebm)
Fazit
Labor- und Tierversuche sowie Versuche
mit menschlichen Probanden ersetzen
keine klinischen Studien, die unter realen
Lebensbedingungen durchgeführt werden
und Parameter wie „Infektion“, „Erkrankung“
oder „Tod“ als Endpunkt untersuchen.
Vielen Dank
für Ihre
Aufmerksamkeit

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