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UND
MYTHOLOGIE
D E R ALTEN V Ö LK E R
VON
D r . F R IE D R IC H C R E U Z E R
PR O FE SSO R OER ALTEN LITERATUR ZU U EID ELEER C.
ERSTER T H E IL
JO r EINEM HEFTE VON ABBILDUNGEN UND MIT EINGEDRUCKTEN
UOLZSCUmiTEN.
SY M B O L IK UND M Y T H O L O G I E .
MIT
E IN E M H E F T A B B IL D U N G E N
zcM G a n z e n w e r k
U N D MI T
Z u r N a c b r ic liL
O h m yth o lo g isch tn jibhildungen werden auch besonders v e r·
k a u jt 9 das H^erk aber nicht ohne die Abbildungen,
S E IN E N T H E Ü R E N F R E U N D E N
DEN HERREN
CARL DAUB
GEHEIMEM RIRCHENRATH. DOCTOR UND PROFESSOR DER THEOLOGIE
DASELBST
WI DMET
D I E S E S H A N D B U C H A L T E R T H E O M T T H IE N
AUS AD FRI CUT IC ER H O CH ACH TU N C
DER TERFASSER
VORREDE ZUR ΖΛΥΕΙΤΕΝ AUSGABE
F r. C r e u z e r .
AUS DER
E r s t es Buch.
Allgem eine B e e e b r e i b u n g dee e j m b o l i e c b e i i
a n d m y t b i s e b e n K r e is e ·.
Seit·
Erstes C a p i t e l · Lehrbedurfniss· uod Lebrarl
der Vorw elt. §· i — i i incl_____ _____ 3
Zweites C a p i t e l . Grammatische Grundlegong«
§. la — 35 incl__________________ *__ ai
Dri ttes C a p i t e l . Ideen zu einer Phjaik des Sym
bols Qod Mythus. §. a6 — 43· __ ______ 5«
Vi e r t e s C a p i t e l . Von den Arten und Stufen
der Sjnibole und Allegorien. §. 44 — 53. . . 104
(Hierzu eine Tafel S. 146.)
Fünftes C a p i t e l . Ueberblick der Glaubens·
formen und der wesentlichen TheiJe des Cul
tus , besonders des polytheistischen. $. 54
— 5q. ----------- --------------------------------- i 5o
( Einleitung §. M* p. liO. — O rte , die man zum Got
tesdienst wählte; G ebet; 5·ός SS, p. 156. —
O p fe r, Feste, Idololairie $.56. p. 171 f. — Prie
ster , Seber $.57. p. 179f. — Divination und O ra-
keiwesen $.58. p. 185 f. — Einzelne O raktl $. 59.
p . 190.)
S e c h s t e s C a p i t e l . Historische Cebersicht der
Perioden älterer und neuerer Symbolik und
Mythologie. $. bo -i- 76. .............................. .. 196
XXII
Z w e i t e s Buch*
Ethnographische Betrachtung derG ottheiten
und des G u tterd ien ates.
ieica
Erstes CapiteL V o n d e r R eligion des allen
A egyptens·
S· 1. Quellen der AegypüschenSymbolik uodM y-
tholojpe ----------- 240
2· Die Priesterschafl ________________ 244
$. 3. Andeutungen des Ursprungsund W esens der
Avgy'ptiecfaenReligion _______ 254
$. 4. Isis und Osiris 25S
§. 5. Fortsetzung ______ ......... 295
§· 6« UiJdliche Darstellungen der Volksgottheiten . . 507
S« 7. Serapis . . . . __ _ 312
$. 8. Typhon _____________ ........ 5l7
§. 9. Typhon · Aniaus und Sem * Herakles . . . . . . 326
$. tO. Sein-H ercules in den Mythen der Nachbar«
ISnder 94t
§. 1t. Ru^tiriH und Sem ^Herakles . . . . . . _____ . . . 352
$. 12. llcrtDts . . . . . . __________ . . . . _________ 363
ff. 13. Die Lehre von der AVelt, von den Geistern
und von der Seelen Natur und Schicksal 389
$. l4. Fortsetzung. ( Todtenbestattung der Atgyptier
u. s. w.) _____ ................ 4o4
S' Fortsetzung. (Todtengericht ii. 8. w.) . . . . 424
ff. l6. Fortsetzung. ( Historische Anwendung des Gei*
sterreichs auf die Perioden der Aegypti«
schtn Geacbicbte _____ ........ 4.11
$. 17. Cyclen der Afgyptler* (Jahrescyclus, A pis«,
Phönix - Periode. — D er Vogel Phönix.
Alusik der Aegyptier besonders in religiöser
Bestimmung.) . . . . . . . . ______ . . . . . . . . 435
S· 18. Pbam enophis«M em non; die Memnonischen
Musen . . . . . . . . . . . . . . . . ___. . . . . . . . . 450
§.19· Thierdienst . . . . . . . . . . . . ______ . . . . . . . . . . 475
§.20. Fortsetzung . . . . . . . . . . . . . _____ . . . . . . . . . . 4S3
ff. 21· Fortsetzung (Sphinxe u. s. w.) . . . . . . . . . . 493
XXIIl
Seit«
$. 22, V oa einigen andern Acj^yptiechen Symbolen.
( L otus, Palme , M eeriw iebel, Ptrsca ,
AegyptiscbesTau, Sistrum, abgestumpfter
K egel, W asser.) ___________________ 508
f. S3. Rückblick auf das Aegyptische GÖtfersystem .* S i/
Seite
5i Höhere Ansicht des M afiersystems ------------ 700
$· 6. Dainonoiogie 9 Kosmogonie und Eschatologie 702
$· 7· E th ik , Liturgie und religiöse Ansicht des Le*
bens _______ _____ _______ _— 709
$· e. Charakter der Symbolik und Myihik der alten
P erser ________ _— 71·
9· M itra * M iihras _______ ________ _ 72·
§. 10. M ithras __ ___________ . . . . . 71·
11* Mithrasmonumente 9 Mithrasmysterien ti. e. w. 74t
$. 12. F ortsetzung_____. . . ____ 757
$. 13. Mithras Perses oder Perseus 769
$· 14. M ithras als Mittler 795
S Y M B O L I K tND M Y T H O L O G I E
ERSTER THEIL
,
Kein heiligeres Priticip bat die Ge^chichte su Vertheidigen usid
heines hat sie mit mehr Blut und Tod gegen alle individuelle B eacbränkU
heit durchgesetzt, als jenes von ihrem eignen stetigen W acbsthum o h n ·
Beschränkung in der ·εΗπυιλοηlosen Zeit. Auch die Religion in ih r e r
Endlichkeit nimmt an diesem Wachethum Theil« sie selbst ist in den
Kreis der Seelen Wanderung eingeschlossen. W ie F o durch achtseig-
tausend Gestalten durchgelaufen, ehe t r zu Gott gelangt, also mufs
auch sie vielfältig wiedergebören w erden, ehe sie w ie d e rk e h rt, v o n
wannen sie gekommen« Auch an ihr m^^gen Tod und Vergänglichkeit
ihre Macht wohl üben W'ie der Zeistöier S c h i v a vieler gestorbe
nen Brahma’*s Schädel trä g t, also auch sind viele religiöse Form en r o r
dem Ewigen schon zerfallen, und ihre Mumien nur noch in d er Ge·
schichte aufbewalirt,
G örrxs in der Afythengeschichte*
E r s t e s B u c h .
E r s t e s C a p i t e l .
1·
C jlu cb licb e ToUier der V o rze it, gleich Anfänge zu
hUrer Besonnenheit erwacht^ und fortdauernd in diesem
Lichte wanddnd, mufsten ganz andere Lehrbedürfnisse
haben , als die Nationen, von denen wir hier zu handeln
gedenhen. Jenen honnte selbst das Geistigste in schlich
ter Prosa mitgetheilt werden , und ihrem hellen Denken
mnfstc die eigentlichste Bezeichnung die angemessenste
sejn. Ob eine so ungefährdete Klarheit des Lebens als
der ursprüngliche Zustand des Menschengeschlechts ge
dacht werden müsse, und mithin die nachherigen Denk
arten sammtlich nur ans einer allmähligen Verdunkelung
erklärbar seyen, darüber enthalten wir uns hier aller
Untersuchung. W i r haben eine hulflosere Lage unseres
Geschlechts und eine Periode zu beschreiben, welche
ton jener Herrschaft des Geistigen in Gedanke und Aus-
drncli ferne abliegt» Yen dem geringen ^ armlicben
Anfang religiöser Erbenntnifs unter den Griechen , die
uns hier zunächst beschäftigen giehtuns die Geschichte
eine inhaltsreiche > bestimmte Nachricht:
2.
«Es opferten aber die Pelasger, me ich zu Dodona
Ternommen, anfänglich ifnter Gebeten den GSttern alles
Mögliche Jedoch legten sie Keinem derselben einen
Beinamen oder Namen bei, dieiveil sie noch niemals
dergleichen gehört hatten· G ö t t e r ^ benannten sie
$. 3.
Es war eine Zwischenperiode des Priesterthums·
Diese Priester nun, einem so spracharmen Volke gegen
über gestellt, mit welchen Forderungen konnten sie ihm
nahen? Nicht mit der Voraussetzung eines grofsen V o r-
raths von Begriffen und einer damit im Verhältnifs ste
henden geistigen Gewandtheit. Der Vernunffschlufs und
A lles, was dialektische Uebung fordert, war hier so
wenig an seiner Stelle, dafs selbst der einfachste Satz
des discorsiven Denkens seine W irkung verfehlen mufste·
Durch d i r e c t e Mittheiluiig werden Menschen in jen er
Lage nicht gebildet, und der Richtweg der Demonstra
tion ist hier nicht der kürzeste. Das reinste Licht d er
lautersten Erkenntnifs mufs sich zuvor in einem körper
lichen Gegenstände brechen, damit es nur im Reflex und
im gefärbten , wenn auch trüberen Schein auf das un -
6) Cap. 53.
7) Cap. 51,
getrübte Ange falle* Nar das Imposante bann ans dem
Schlummer halbthieriscber Dumpfheit aufwecken. Was
ist aber imponireoder als das Bild? Dip Wahrheit einer
heilsamen Lehre, welche auf dem weiten W ege des Be-
griiTs rerloren gehen würde , trifft im B'lde unmittelbar
vom Ziele. Das Geistige, in den Mompnt eines Blickes
nad in den Brennpunkt des Augenblicklichen und Au
genschein lieben zusammengedrängt, ist für rohe Gemü·
Iher erwecklioher als die gründlichste Belehrung«
5. 4.
Dafs mm die ältesten Lehrer des Griechenyolks jene
Grundgesetze des menschlichen Geistes und jene Bedin
gungen ihres Geschäfts wohl rerstanden, und in dieser
üeberzeugung gehandelt haben, dafür sprechen die un
zweideutigsten Zeugnisse. £in Schriftsteller ^ der den
rdigidsen Instituten der Griechischen Vorwelt eine löb
liche Aufmerksamkeit gewidmet hat , läfst sich darüber
so Ternehmen «(Ich gelangte nachher zu der Einsicht,
dafs die Weisesten unter den Griechen nicht in deut-
Uchen Worten sondern auf eine räthselhafte W eise
ihre Gedanken vor Zeiten yorgetragen haben : daher be
trachte ich auch das, was sie yon dem Kronos sagen,
als eine Aeufserung weiser Ueberlegung. a Das höbe
Akertbum nnd die Allgemeinheit dieser Lehrweise be
zeuget nicht minder C l e m e n s y o n A l e x a n d r i a
« W ie ich denn, sagt e r, bewiesen habe, dafs der sym
bolische Vortrag alt sey, und dafs sich desselben nicht
$. 5.
Betrachten ^ ir, nach den gegebenen historischen
VFtnken, jene alte Lehrart naher, so ergiebt sich , dafs
sie meht eine Offenbarung w a r , als ein Vordenken mit
bestimmter Sonderung und Verbindung der vei*schiede·
Den Merkmahle eines Begriffs. Es bedarf aber die Be
deutung, in der wir das O f f e n b a r e n nehmen, einer
nähern Erörterung. Bei allen Völkern, die dem Eie-
mentendienst anhängen, insonderheit bei den Griechen,
deren rege Einbildung Alles beseelte, entstehet früh die
Ahnung, oder, wenn man will, der Glaube einer Be
deutsamkeit der einzelnen Phänomene der Natur, dafs
sie Zeichen gebe, und, wiewohl nur den Kundigen rer·
nehmlich, zum Menschen rede. Es ist dies bei weitem
noch nicht das Philosophem τοη dem W eltganzen, als
einem grofsen Thiere (ζ<!)ον) , noch weniger die sublime
Lehre von der W eltseele, wohl aber der Keim dazu,
der aocb in der rohen Menschheit liegt, die ersten Re
gungen, die sich jedoch schon in mancher Volksmoinung
wirksam zeigen. Vorerst negativ. Nichts, schlechthin
Nichts in der ganzen sichtbaren Körperwelt als ganz todt
XL· denken, sondern auch dem Steine selbst eine Art
von Leben zu leihen, ist dieser Denkart eigenste Ge
wohnheit. Aber auch bestimmter und positiv äuikert
sich dieser Pantheismus der Phantasie« Sie bevölkert
jeden K örper, jede Aeufserung und Kraft der physischen
W elt mit ihren Göttern, oder vielmehr jene Kräfte und
Aeufserungen sind ihr selbst die Götter. W as also spä·
ter pantbeistische AbstractioD gebildeter in dem Satze
zusarnmenfafst: « Es läfst sich nichts gedenken, das nicht
ein Bild der Gottheit wäre)), das ist im Grunde unter
soleheo Völkern alter Glaube, nur polytheistisch gefafst
ΙΟ
6,
An solche Ueberzeugungen knüpfte sich die älteste
Priesterlehre der Griechen an , und in diesem Geiste
ward sie rorgetragen. Was war sie also , oder yielmehr
'was konnte sic seyn? Vorerst ein Namengeben, wie
wir sahen, für das vorher Namenlose, und mithin ein
Yorbeten in kurzer, gedrungener Formel« Und war
anders dieser erste Beter, wie nicht zu zweifeln steht,
selbst durchdrungen von der Ueberzeugnng der nahen
Gottheit, so sprach er auch in diesem Sinne, und sein
Fürwort, womit er das Volk vertrat, hatte selbst das
Gewicht eines Götterspruchs., dessen Merkmahl ein herr
schender Glaube eben in jener inhaltsschweren Kurze
setzte. So ^ie demnach das Gebet eine Hsuptwurzcl
alter Lehre wa r , so war das D e u t e n u n d O f f e n b a «
r e u ihre ursprüngliche Form. Der Priester lehrte,
wenn er in räthselhaftem Sprache eine Ahnung nieder
11
siod. ΈζΤΫ, 502. (ah 47^.) und daselbst Heineius und Grae--
vii Lect. Hesiodd. cap. i2 p. 6h So z. B. Sophocles in
Electy. 425. Ήλ/ω &β/κνυσ( τούνα^.
16 )533 nach Valckenaers und Heringa*s Verbesserung 3βΤςατ·
Vorher
17) Δί7£β Flomeri Hymn. in Cerer. 479 , woselbst die A nm er
kung des Rubnkenius zu vergleichen ist.
18) Marmora Oxoniens. p. 23. E'jfJtoXTog o Μουσαίου τά
ανί'φι^νβν ev Έλβυσ»/.
19) Iliad. I. 87. Vofo Hebers. dva((^xtv8t;f a n d e re r
Stellen nicht zu gedenken, wie z. B. Aristophanes Αν. 708^
wo der gelehrte B e c k nachzusehen ist. Auch ahmez^
Römische Dichter diese Bezeiohnungsart nach, und g e
brauchen in gleicher Bedeutung ihr m o n s t r a r e , w i ^
S t a t i u s Achill· I. Il8,
Aut m o n s t r a r e lyra veteres Heroas alumno.
i5
§. 8.
A ber, wie sich die fromme Ahnung jener Pelasger
an einen Namen linupfte^ und mit der YervieifaUigung
der Namen im Gebet mehr und mehr ihr religiöses D en·
hen sich ordnete , so fordert ein allgemeiner Drang der
Menschennatur sehr früh bestimmte aufserliche Zeichen
und Bilder für unbestimmte Gefühle und dunheles Ah
nen. Sehen wir doch selbst solche Yolher der Yorwelt,
die dem Sterndienste huldigen, in Idololatrie verfallen :
wie viel mehr mufste dies bei einem sinnlichen Pan
theismus eintreten ! Und wenn jezt ein allgemeines Re
gen der physischen Natur mit blinder Gewalt ein frisches,
hräfliges Volk ergriff, und dieses auch darin, und darin
hauptsächlich, die verborgene Herrschaff eines beson
deren Gottes erkannte, so ward dringend gefordert,
dafs dieses Gottes Gestalt und Kraft sichtbar werde. In
solcher Lage mufste der Priester, wollte er anders sei
nen göttlichen B eruf beglaubigen, selbst schöpferisch
werden. Er mufste wirken und bilden ; und wenn er
jezt das vorher Unsichtbare hinstellte in sichtbarer Ge
stalt, wenn er so das Göttliche e r z e u g t e , dann b e -
z e u g te er auch Beides, des Gottes Kraft und die W ahr
heit seiner Andacht: dann war der Ex eget ein MtaXa·
24) ^ -wie er in der Mundart alter Dorer hi
Auch von diesem Lehrverhältnifs hat die Lateinische
Sprache, so wie die Deutsche, in der nicht trennbaren
Verbindung der Begriffe eines Z e u g e n und eines
Z e u g e n d e n bemerkenswertbe Spuren aufbewahrt·
9·
Sjmbole deuten und Sjmbole bilden und schaffen^
fallt mithin in dieser Vorschule ältester Religion zusam·
men, und so wie die heiligsten Bilder von den Gditem
selbst gestiftet worden, so treten die Unsterblichen auch
selbst als die ersten Lehrer auf« Auch dafür liefert das
älteste Griechenland die mannigfaltigsten Beweise. Fast
in jedem der ehrwürdigsten Tempel desselben verwahrte
man ein λ ο π ετές, ein Schnitzbild oder steinernes Idol^
dal in roher Arbeit sein hohes Alterthum verrieth, und
an dem m an, da man es aus den Hohen des Himmels von
Zevs herabgesendet glaubte, mit so fester Zuversicht
hing, dafs man an seinen Besitz die Wohlfahrt des ge
meinen W esens, als an das sicherste Pfand, anhnüpfte.
Als erste Lehrer aber erscheinen mehrere der Griechi
schen Gottheiten 9 z. B. Apollon bei der Einsetzung sei
nes Dienstes zu Delphi, und Demeter, die, nach dem
oben angeführten Vers des Homeriden, den Attischen
Königen zu Eleusis den ersten Unterricht in der Geheim^
lehre ihres Dienstes gab, hatte selbst auch , bekümmert
um die verlorne Tochter, auf ihrer Wanderung den
hülfteichen Gebrauch der heiligen Zeichen oder S y m
bol e geftinden
10.
Ein solcher Lehrer der Vorwelt ist in je d e r B e z ie
hung ein Gott Verwandter und es ist ein
Hauptgeschäft seines Lehrberufs, dafs er B ild e r sc h a ffe ;
es sey nun , dafs er das yon Gott empfangene Idol (du*
Μ τ έ ς) der Gemeine hlnstelle, und es ihr d e u te , o d e r
2Sj de a n tr o N y m p h a r . co p . 6 c o n f. C le m e n t. A le x . Strom «
lib. V . cap« .5. p. 6(>i. D afs d G iie c b is c h e P h il o
s o p h e n in d e m lloineris^chen S c h ild e d e s A cliilles n ic lits
als e in e ρhyNi^ehe u n d k i'b in o g o n ib c h e A lle g o rie fan d en
( E u s t a t h . ad Iliad . XV Ü I . p. 11 i4 .) , sey h ie r v o r
läufig n u r b c m c r k i ; ira V erfo lg w ird u n te r s u c h t w e rd e n ,
o b u n d in w iefern d ie se u n d ü h n lic h e A u sle g u n g e n d e s
HoiTUfr G r u n d h a b e n o d e r n ic h t.
29) P o r p b y r i u s d e Styge a p .S t o b a e u r a , E c lo g .p h y s . lib . I .
cap. 4 . p . 145 e d . H e e re n . K u s ta tb . ad O d y ss. O ( X V ·
p. 2S HasU.) sa g t z u d ie s e r S te l le , w o v o n D e lu s
I. a
i8
die symbolische Baukunst als Organ der Lehre zu ge
brauchen verstanden. Alles spricht dafür, dafs in jenem
hohen AUerthume das Bild ans geschickten Priester·
b a n d e n und das Bi d priesterlicher B e d e in Ursprung
und Absicht Eins und dasselbe war. Es >var ausgeprägt
für den Unterricht, und, gesprochen oder gemodelt,
immer gehoiie Cs dem Sinne an, und stellte sich dem
Auge dar. ln dem einen Falle war es ein S i n n s p r u c h ,
in dem andern ein S i n n b i l d . Jene gesammte Spruch
weisheit des alten Orients, und die dem morgenländi
schen Charakter getreue Lehrweisheit der Griechen,
was ist sie anders , als ein beständiges Ausprägen in
haltsreicher Bilder? Die Apologen eines W ischnu-
Sarma und P ilpai, die Spruche der Hebräischen Pro
pheten , die Orakel der Griechen, die Symbola des Py
thagoras, kommen in der gemeinschaftlichen Eigenschaft
überein, dafs sie in Beharrlichem verweilen und für das
Auge malen. Der Lchrkreis, den sie beschreiben, ist
die bleibende Ordnung der Natur und ihre sichtbaren
Erscheinungen , die beständige Harmonie der Himmels
körper, die sprechenden Farben und Formen des Pflan
zenreiches und sein Kreislauf und die Bestandheit und
Lebendigkeit der Tbiercharaktere. A uf diese Gesetze
der sichtbaren W elt weisen sie bin, und auf sie grün
den sie die verborgenen Gesetze unseres Ycrhaltcns.
ln den Spiegel eines solchen Vortrags aufgefafst, wird
die Handlung eines Thieres, das Leben, Aufblühen und
Verblühen einer Pflanze , das belehrende Bild einer
sittlichen Wahrheit. So gewinnt das ernste W ort der
Lehre einen sinnlichen Bestand, und dringt sich in
dem fruchtbaren Moment einer einzigen Erscheinung
Z w e it e s C a p i t e l
$. i3.
«I>ie von güttlichen Dingen durch Z e i c h e n a n-
d e u t e n d ( d. h. intuitiv) reden, reden entweder s y m-
3l ) J a m b l i c h , de m y s te r. A egypt. S e c t. V IL c a p . 1. p . 150
c d . G a le . D ie d a m it v c rin is c b le n th e u rg is e b e n V o rstc l*
langen ü b e rg e h e n w ir billig h ie r .
32} S i m p l i c i u s P ra e f a t. in A risC o ic l.C a te g o r, S e c t . X c t X I .
22
ττολυ κ0^Λψ;υταί.
fordert bier blos die nähere Betrachtung des einen G e
biets oder des c n d e i h t i s c b e n .
So M'ie Ton Proclus die i v 9$ ς allgemeine
Bezeichnung für die ganze Sphäre des i n t u i t i v e n
l^tibrens gebraaebt 'wird, so fafst ein anderer Schrift*
steiler alle Unterarten desselben Kreises unter dem Aua^
drucke σ ν ν ^ ή α α τ α zusammen^-)·
§. 14.
Jene allgemeine Abtheilung des i n t u i t i v e n Leb*
rens oder jene i v S ει ξι ς^ die sich der συ τέρατα,
der sichtbaren Zeichen oder anschauHcben Bezeich
nungen , zu ihrem Ausdrucke bedient, zerfallt nun^
nach P roclus, eigentlich in zwei Unterarten» in die
symbolische und mythische und in die, welche durch
B i l d e r (di'stxorov) redet. Denn dafs der genannte
Schriftsteller, hier w’enigstens, das Symbolische dem
Jiljthischen nicht entgegensetzt, ergiebt sich thcils aus
dem Bindeworte χαΐ , 'womit er diese beiden Arten ver
knüpft, theils daraus, dafs er den symbolischen Ausdruch
den Orphikern und allen denen beilegt, welche T h e o m y -
t b i e n (Gdttermylhen) gedichtet haben. Unter den letzte
ren ist oBenhar die Orphisebe Theogonie und Kosmogonie
zu verstehen, welche poetisch in s y m b o l i s c h e n M y
t he n ^3) vorgetragen wurden. So wie demnach das My
thisch-Symbolische Orphisch heifst, so wird der Vortrag
durch Bilder (Jt* εΙχόνων) Pythagoreisoh genannt. De»
Sinn dieses letzteren Satzes ergiebt sich sogleich aus dem
Folgenden. Es werden nämlich die mathematischen Figu«
$. ι5·
Der Gegenstand unserer Untersuchung fordert nur
die Kenntnifs des Hauptunterschiedes, wodurch sich das
Symbolische von dem Mythischen trennt, und die ge
nauere Betrachtung einer jeden dieser grofseren Gattun
gen. Speciellere Unterscheidungen und Classificationeni
zum Theil aus einem sehr späten Zeitalter herriihrend
würden uns nur von dem einfacheren Sinne des Alter-
thuros ablenheii. Hingegen jene Unterscheidung des
Symbols und Mythus ist nicht etwa ein Lehrsatz späterer
Theorie, sondern vielmehr in dem Wesen des Alter
thums selbst gegründet.
S y m b o l zuvörderst und s y m b o l i s c h wird von den
Neuern behanntlich grofsentheils ineinemSinnegebraucht^
Avelcbcn der Sprachgebrauch der Alten nicht gestattet·
Die daraus unausbleiblich hervorgehende Verwirrung
der Begriffe macht cs jezt mehr als jemals notbwendig,
zur Schule der Griechen zuriiclizubehren , und vorerst
an ihrem S p r a e h g e b r a u c h e die Entstehung und Ft»rt-
bildung dieser so ganz alterthüuilicheii Ideen zu lernen·
§. i6.
Drei Hauptbedeutungen des Zeitwortes σνμβάλλην
und σνμβάλλίσ^αι sind gleichsam die Wurzeln einer
ganzen Fülle von Begriffen, die der Grieche mit seinem
σν μ ß oXo V verband. Vorerst σνμβάλλειν v e r e i n i
g e n , v e r b i n d e n , das G e t r e n n t e z u s a m m e n -
b r i n g e n ; sodann σνμβάλλεσ^αι und σνμβάλλαν^ mit
§. 17.
Da σ ν μ β ο λ ο ν ein Z e i c h e n aller dieser V er
hältnisse und Verbindungen bedeutet, so ist es sehr na
türlich, dafs es nun mit dem allgemeinen Begriffe Z e i
c h e n (σνμεΐον) selbst zusammenfällt Daher nun
auch das Zeichen im Gegensatz gegen das W e s e n , die
blofse Andeutung im Gegensatz gegen die angedeuteto
Wahrheit selbst, σύμβολον heifst so "wie von dem
bemerhten Grundbegriffe mehrere bestimmte Bedeutun
gen ausgehen. A’^orerst heifst nun das W o r t , als Zei
chen der Sache, σνμβολον und mithin auch das
S i n n b i l d als äufserliches Zeichen einer Handlung eder
einer Gesinnung
$·
Es eröffnet sich mit jener Bemerkung der Kreis
der religiösen Auslegung und Deutung , nach den Vor
stellungen der Griechen. Diese Deutung (μαντεία) be
zieht sich auf den Sinn des Gehörs und des Gesichts·
Zudem Göttlichen, was, nach Griechischem Volksglau
ben, das O h r berührte , gehöret χγη<^μός^ der Orakel-
sprneb; φήμη und νλτβών ^0) , bedeutsame Laute, be
sonders Vogelgeschrei, omina ex v o c e . Die Andeu
tungen fürs A u g e haben folgende besondere Bezeich
nungen: φάσμα y ein Gesicht, eine Erscheinung; sodann
S p ie le n . V e rg l. F ra g ra . C X X ll. In d ie se m sag t P l u -
t a r c h 11 s ( P r a e c e p t. c o n ju g . p . i4K W y lte n b O s e h r s c h ö n
von E h e g a tte n : tc J μα}αστ(ί ψ<λβ7ΐ/ τ ω udXijrj,
σ^μβόλοί α>^^;λους.
60) Die Atiiker fassen diese beiden Arten unter dem Worte
erra zusammen, und die Dichter unter Ruhnken.
ad Tim. s. orra.
I δ
54
$. 20.
Ty d f t Y.^y,7>jTXt X o y s 'J i ·
§· 21*
Ein jedes Zeichen oder W o r t, das, die W ahrheit
einer Aussage oder Lehre bestätigend, mit Einemmale
5.
Alle diese Bedeutungen gingen nun in das Christen-
tbum über. Vorerst benannte bekanntlich auch die
Kirche i hr e, in beslimmlcn Formeln niedergelegten,
Hauptlehrcn, oder jene Glaubensbekenntnisse, σύμβολα^
wie nicht minder alle Erkennungsworte und Hennzei-
$. 23·
Dafs nun die durch diese ganze Wortfamilie hin
durch ziehende Grundbedeutung des Z e i c h e n s , be
sonders des s i c h t b a r e n Zeichens, auch bei dem
christlichen Gebrauche statt fand, ergiebt sich theils
aus dem Bisherigen theils erklären sioh auch christliche
Schriftsteller ausdrücklich darüber. So sagt z. B. ein
erst neuerlich bekannt gewordener Griechischer Erklä
rer des Symbolum fidei sehr populär: «Eis sey arfi-
βολον genannt worden, als ein Zeichen des in der Seele
Torhandenen Glaubens; denn die unsichtbaren lieber«
Zeugungen der unsichtbaren und unkürperlichen Seele
seyen eines äufserlichen Bekenntnisses bedürftig , damit
durch dasselbe der in der Seele liegende Glaube sicht
bar werde, und nicht im Dunkeln zweifelhaft bleibe.»
Bei der näheren Frage nach dem U r s p r ü n g e der
Benennung σνμβολορ^ in dem Sinne einer christlichen
Glaubensformel oder eines Sacraments, offenbarte sich
unter älteren und neueren Kirchenlehrern eine grofso
Verschiedenheit der Meinungen. Einige dachten an die
2 .4 .
$· o5.
Im S p r a c h g e b r a u c h e bildeten sich nun fol·
gende Yerhältnisse: Μ ν ^ ο ς , in alterthumlicher Sprech
art > bezeichnete j e d e n V o r t r a g , er sej nun anzei
gend oder gebietend, erinnernd oder warnend. Home·
rus demnach und die seine Sprache nachbildenden Dich-*
D r i t t e s C a p i t e l.
26.
IN^eoere Schriftsteller, besonders seit den Untersuch an··
gen Ton Goguet, haben aller Symbolik eine rohe Hi*
storienmaleiOi zum Grunde gelegt , und aus der soge
nannten und sogleich unten zu erklärenden kjriologi-
schen Schrift die gesammte Hieroglyphik berzuleiten
unternomroen. Nach diesem Systeme stellt man an die
Spitze aller bildlichen Versuche jene Knotenschnure
(Q uipos) der Peruaner, oder die Nägel, die der alte
Römer, zur Jahreszählung oder in anderer Absicht, an
seine Tempel schlug. Darauf folgen die verschiedenen
Bemühungen htilfloser Völlier , welche, entweder in
M'cichen Massen abbildcnd oder in härtere Stoffe eingra
bend, mit sklarischer Treue das Körperliche körperlich
darzustellen versuchen. Hieran schliefsen sich die zwar
immer noch leiblichen, jedoch schon abgekürzten Bil
der , da tausend Ursachen frühzeitig Kürze geboten
Jene Λ'ersuche werden zugleich als Vorstufe der Buch
stabenschrift betrachtet, indem man z. B. annimmt, dafs
§. 27.
Ob auf diese W eise die grofse Erfindung der Buch
stabenschrift erklärt werden könne, lassen wir hier un-
erörtert. Dafs aber das W esen des Symbols auf diesem
W ege nicht gefunden Averde, ergiebt sich aus der ein
fachen Bemerkung, dafs Sinnbild und Symbol yon der
kyriologischen Schrift nicht dem Grade nach, sondern
generisch versebieden sind. Es sondert sich der ge-
sammte Ikonisrous in zwei wesentlich yerschiedene Gebiete
ab, deren Mittelpunkt, wenn sie sich gleich hier und da
an den Gränzen zu berühren scheinen, in keiner Rich
tung mit einander in Berührung kommt : in das kyriolo-
gische Gebiet und in das s)'mboli5che. Um letzteres
auszumessen, können nicht die rohen Versuche in jenem
ausreichen, sondern die Erklärung mufs auf diesem Felde
selbst die W urzel aller bildlichen Darstellung suchen.
Ein Blich auf die Dichtungen und Religionen der
Völker zeigt uns als unleugbares Factum den überall
herrschenden Glauben an ein allgemeines Leben der
§. 28.
$. 29.
W ill nun die Seele das Gröfsere yersuchen, sich
zur W e lt der Ideen aufschwingen, und das Bildliche
zum Ausdruck des Unendlichen machen, so offenbaret
sich yorerst ein entschiedener, schneidender Zwiespalt·
W ie könnte doch das Begränzte, so zu sagen, Geiafs
und Aufenthalt des Unbegränzten werden? Oder das
Sinnliche Stellyertreter dessen, was, nicht in die Sinne
fallend* nur im reinen geistigen Denken erkannt za
58
werden vermag? Die Seele» befangen in diesem W i
derspruche, und ihn wahrnehmend, siehet sich mithin
Torerst in den Zustand einer Sehnsucht versetzt. Sie
mochte das Wesen erfassen ganz und unverändert, und
es in der Form zum Leben bringen; aber in die Schran-
ben dieser Form will sich das W esen nicht fügen. Es
ist ein schmerzliches Sehnen, das Unendliche im End
lichen zu gebären. Der in die Nacht dieser Unterwelt
gestellte Geist mochte sich erheben und hindurcbdringen
zu der vollen Klarheit des heiteren Tages. An sich und
ohne Bulle möchte er sehen, was allein wahrhaft ist
und unveränderlich bestehet, und im Abbilde es hin-
atellen in dieser wandelbaren W elt des schattenähnlichen
Daseyns.
Da mithin die Seele, so betrachtet, zwischen der
Ideenwelt und dem Gebiete der Sinne schwebet, da sie
beide mit einander zu verbinden und im Endlichen das
Unendliche zu erringen strebt, wie bann es anders
seyn, als dafs das, was sie erstrebt und errungen hat»
die Zeichen seines Ursprungs an sich trage, und selbst
in seinem W esen jene Doppelnatur verrathe? Und in
der That lassen uns die wesentlichen Eigenschaften , und
gleichsam die Elemente des Symbols, jene doppelte
llerhnnft deutlich erhennen.
$. 3o.
Vorerst ist jenes S c h w e b e n selbst sein Loos.
Ich meine jene Unentschiedenheit zwischen Form und
W esen. Es ist im Symbol ein allgemeiner Begriff auf
gestiegen» der da kommt und fliehet und, indem wir ihn
erfassen w ollen, sich unserm Bliche entziehet. So wie
es einerseits aus der W elt der Ideen, wie aus dem vol*
len Glanze der Sonne abgestrahlt, sonnenähnlich heifsen
kann, einen Platonischen Ausdruck zu gebrauchen, so
ist es hingegen durch das Medium getrübt, wodurch es
59
in un ser Ange föllt. Und wie das Farbenepiei des Re-
genbogens durch das an der dunhelen Wollte gebro·
ebene Bild der Sonne entstehet, so M^rd das einfache
Licht d er Idee im Symbol in einen farbigen Strahl yon
Bedeutsemheit serlegt.
Denn bedentsam und erwechlich wird das Symbol
eben durch jene Incongruenz des ΛVe8ens mit der Form
und durch die üeberfülle des Inhalts in Vergleichung
mit seinem Ausdruche. Desto anregender daher, je
m ebr ea zu denhen giebt» Aus diesem Grunde haben es
die Alten Torzuglich wirlisam geachtet, um den Men«
seben aus der Gewohnheit des täglichen Lebens zu einem
höheren Bestreben zu erwecken. Ein Kunstrichter, der
über die Natur der Sprache mit ungemeinem Scharfsinne
nachgedacht h a t , bemerkt daher sehr treffend: « Alles,
was nur geahnet wird, ist furchtbarer, als was bullenlos
Tor Augen liegt. Daher auch die Geheimlebren in Sym·
holen yorgetragen werden, wie in Nacht und Dunkel.
E s ist aber das Symbolische dem Dunkeln und der Nacht
zu yergleichen a
§. 3i.
Jenes Erweckliche und zuweilen Erschütternde
bangt mit einer andern Eigenschaft zusammen , mit der
K u r z e . Es ist wie ein plötzlich erscheinender Geist,
oder wie ein Blitzstrahl, der auf einmal die dunkele
Nacht erleuchtet. Es ist ein Moment, der unser ganzes
W esen in Anspruch nimmt, ein Blick in eine schran
kenlose F e m e , aus der unser Geist bereichert zuruck-
kehrt. Denn dieses Momentane ist fruchtbar für das
empfängliche Gemdth, und der Verstand, indem er sich
ten ivar, die man GStter nannte. E t war ein böchst be·
deutendes Symbol. Bedeutend durch den Ursprung and
Anlafs: beim Gottesdienst; bedeutend und wichtig durch
den Gegenstand: des Lebens W obifahrt, die Erwerbung
eines Vaterlandes. Uns ist endlich diese Eraäblung be-
merhcnswerth als Beispiel einer N a m e n s y m b o l i b f
d ie , wenn gleich rerwerfHch im Gebiete der Kunst, wie
wir unten sehen werden, dennoch in religiösem Gebrau·
ehe Ton den Alten ungemein geschätzt wurde.
§. 3s.
Dies führet uns zur Steigerung des Symbols oder
zu seinem höheren Gebrauche. Setzt sich nämlich der
bildende Geist mit der Kunst in Berührung, oder waget
er das religiose Ahnen und Glauben in sichtbaren For*
men niederzulegen, so mufs das Sjrmbol sich gleichsam
zum Unendlichen und Scbranhenlosen erweitern. A u f
dieser Stufe soll es sich über sich selbst erbeben, und
die allgemeinsten und höchsten Begrifie rerhdrpern.
Soll aber die unerschöpfliche Fülle und die unergründ
liche Tiefe in der Form offenbar werden, so ist hiermit
eine Aufgabe gegeben, die, so schlechthin betrachtetf
sich selbst aufbeben wurde. Oder rermoebte das Be
dingte die Stelle des Unbedingten zu yertreten, und das
Sterbliche Träger des Unsterblichen zu seyn? Aus die
ser Unzulänglichheit der Kraft zu der Aufgabe entspringt
nun ein zwiefaches Bestreben. Entweder folget das
Symbol seinem natürlichen Hange, der auf das Unend
liche gerichtet is t , und suchet, einzig bemühet, diesen
zu befriedigen , vor Allem nur recht bedeutsam zu seyn.
In dieser Bestrebung genügt es ihm n ich t, Viel zu sa
gen ; es will Alles sagen. Es will das Unermefsliche
ermessen, und das Göttliche in den engen Baum mensch
licher Formen zwingen. Diese Ungenugsamheit folget
einzig dem dunhelen Triebe des namenlosen Ahnena
65
und G lau b en ·, u n d , beiner Naturgesetze aebtendf
schweift sie über alle Gränzen aus, mnfs aber eben da*
durch in schwebender Unbestimmtheit räthselhaft wer
den. Hier waltet das Unaussprechliche Tor, das, indem
es Ausdruch suchet, zuletzt die irdische F orm , als ein
zu schwaches Gefafs, durch die unendliche Gewalt sei
nes Wesens zersprengen wird. Hiermit ist aber sofort
die Klarheit des Schauens selbst Yemichtet, und es blei
bet nur ein sprachloses Erstaunen übrig. W ir haben
hiermit das Extrem bezeichnet, und nennen die Symbo-
lih diesesCharahters die m y s t i s c h e , die jedoch, wenn
auch dieser Bichtung hingegeben, so lange sie noch
Schranken anerkennt und nicht das Aeufserste suchet,
dem religiösen Glauben zum glücklichen, bedeutsamen
Ausdrucke dienet.
Oder das Symbolische beschränkt sich selber, und
halt sich bescheiden auf der zarten Mittellinie zwischen
Geist und Natur. In dieser Mäfsigung gelingt ihm das
Schwerste. Es vermag selbst das Göttliche gewisser-
mafsen sichtbar zu machen. Also weit gefehlt, dafs es
nun der Bedeutsamkeit ermangele, wird es vielmehr
höchst bedeutsam durch den grofsen Inhalt seines W e
sens. Mit unwiderstehlicher Gewalt ziehet es den be
trachtenden Menschen an sich, und nothwendig, wie
der W eltgeist selbst, greift es an unsere Seele. Es ist
quellende Exnberanz lebendiger Ideen , die sich in ihm
reget; und was die Yernunft, mit dem Verstände verei
nigt , in successiver Schlufsfolge erstrebet, das ge
winnet sie h ier, im Bunde mit dem Sinne, ganz und auf
einmal.
Hier strebet das W esen nicht zum Ueberschweng-
lichen hin , sondern, der Natur gehorchend, fuget es
sich in deren F o rm , durchdringet und belebet sie«
Jener Widerstreit zwischen dem Unendlichen und dem
Endlichen ist also aufgelüset, dadurch dafs jenes, sich
64
selbst begranzend, ein Menschliches Vrard· Ans dieser
Laaternng des Bildlichen einerseits f und aus der frei-
mlligen Yerzicbtleistung auf das Unermersliche andrer
seits , erblühet die schönste Frucht alles Symbolischen.
£s ist das Gottersymbol, das die Schönheit der Form
mit der höchsten Fülle des Wesens wunderbar vereinigt,
und, weil es in der Griechiseben Sculptur am vollen
detsten ausgeführt ist, das p l a s t i s c h e S y m b o l
heifsen kann.
33.
Diese höchsten Aeufserungen des bildenden Yer-*
mogens nennen wir S y m b o l e , und auf diesen enge·^
ren Kreis verkörperter Ideen sollte diese Benennung im
streng wissenschaftlichen Gebrauche eingeschränkt blei
ben. Sie sagt A lles, was dieser Gattung eigenthümlich
ist, und sie auf die buchste Stufe erhebt: das M o m e n
t a n e , das T o t a l e , das U n e r g r ü n d l i c h e i h r e s
U r s p r u n g s , das N o t h w e n d i g e . Durch ein ein
ziges W ort ist hier die Erscheinung des Göttlichen und
die Yerklärung des irdischen Bildes bezeichnet, und
zwar, wie dargethan w^orden, ganz dem höheren Sprach-
gebranche der Alten gemäTs, die jedoch den Umfang
dieses vielsagenden W ortes auch auf geringere Begriffe
ausdehnten.
$. 34.
Die obige Erwähnung der Sinnbilder mit beigefügter
SchriR fübi*et uns zn einigen F o r d e r u n g e n an das
Symbol. W ir schränken uns hier auf die hauptsächlich
sten ein. Das Uebrtge wird sich aus dem Verfolg er
geben. Zuvorderst τοη der Klarheit. Doch scheinet
diese Forderung sich seiest zu widersprechen, indem
sie das Wesen des Symbols zu zernichten drohet. Denn
ist es wahr, was bereits von den Alten erkannt worden,
dafs die Natur des Symbols eben das Dunkelnde und das
Dämmernde ist, wie Termüebte es doch seine Natur zu
verleugnen und klar zu seyn ? Das Symbol, indem es,
was kein Bild hat oder das Göttliche einer höchsten
Idee im Bilde wiederzugeben strebet, wird allerdings
das volle Sonnenlicht des göttlichen Strahles nicht un
getrübt abzustrahlen vermögen. Das Dämmerlicht und
der trübere Schein seines Ausdrucks werden allerdings
seine irdische Abkunft verrathen. Aber indem es an
drerseits sich der Erde entwinden und nach dem Höch
sten streben will, überilieget es leicht sich selber, wenn
es der ihm gegebenen Gesetze gar nicht achtet. Mithin
will jene Beorderung nur an diese Gesetze der Natur er
innern , die niemals ungestraft übertreten werden. Mit
andern W orten, das Symbol will Viel sagen, und soll
Viel sagen; es will und soll das Göttliche andeuten, aber
was es zu sagen hat, soll es entschieden sagen, ohne
Umschweife und Verwirrung. Es soll einfältig zum
Sinne sprechen.
67
Diese Forderungen geschehen besonders an die
Sjmbolih der Kunst. Die Griechen iit ihren besten Zei
ten haben sie streng erfüllt. Sie entfernten alles zer
streuende Beiwerk f und wo die neuere Symbolik Tieler
Anstsften bedurfte, da waren ihnen einige sprechende
Züge zureichend. W ie viel haben sie nicht mit W eni
gem geleistet. Sie blieben der Natur getreu und yer-
mieden das UngemaTsigte. Dadurch ward auch das Un-
yerstandliche vermieden. K ü r z e war ihr zweites Ge
setz. Sie suchten auf dem geradesten W ege zum Ziele
zu kommen. Sie suchten das Bedeutende nur so , dafs
es dem Sinne zusagte. Ihn nicht zu beleidigen, war
ihre erste Sorge, und so mofste ihn'n bei strenger Ent·
haltsamkeit , unter dem Zusammenwirken glücklicher
Umstande, das L i e b l i c h e und das S c hü ne gelingen,
ln dieses Maafs batte sich der Kreis ihrer Kunst gefügt.
Doch kannten sie auch eine andere Symbolik. W enn
sie nämlich ihr höheres Wissen ausdrückon, und die
vom gemeinen Glauben abweichenden Belehrungen ein
dringlich machen wollten, so mufste das Symbol Organ
gebeimnifsvoller Wahrheiten und Ahnungen werden,
ln dieser Bestimmung suchte es hauptsächlich bedeut
sam zu scyn , unbeküramerter um das Gefällige und
Schone. Je mehr es diesem heiligen Bedürfnifs hul
digte y desto grofser die Neigung zum Unverständlichen,
bis cs im Aeufsersten endlich zu einem verkörperten
Bäthsel ward. Auf diesem W ege liegt ein grofser Theil
der gesammten Tempelsymbolik des ältesten Griechen-
landes und Roms. W ie oft trat daher nicht der Fall ein,
dafs ein recht bedeutsames Tempelbild mehrere Ausle
gungen zuliefs In noch höherem Grade gilt dieses
von dem eigentlich mystischen Symbol. Man lese z. B.
§. 35.
W ir haben bisher das Symbolische als die W urzel
alles bildlichen Ausdrucks dargestellt, und zugleich die
höchste Aeufserung und, so zu sagen, die Blüthe dee
letzteren darin erkannt. Dieser Satz fordert nun noch
seine Bestätigung durch Vergleichung des Symbols mit
den übrigen Haupterzeugnissen des Ikonismus. Zuerst
mit der A l l e g o r i e , die der gewöhnliche Sprachge
brauch so oft mit dem Symbole verwechselt. Das W esen
des allegorischen Bildes erklärt sich leicht durch den
Gegensatz des historischen od er, wie es vielleicht rich
tiger h iefse, des kyriologischen. Man stelle diesem
letzteren einen Beschauer gegenüber, von dem wir eine
Erklärung des Gesehenen fordern. W as hat er als Er
klärer zu thun? Er meldet, er berichtet uns durch
Wo r t e , w^as er auf dem Bilde siebet; und ist die Male
rei, wie die Alten sagten, eine stumme Poesie, so leihet
83. (p. 3t9 ed. 4.) In dieser Beziehung hängt es mit oiV/e·
das Räthselhafte erratheii, uud mit aivtyμa zusam·
men. Die Nutzbarkeit und praktische Wichtigkeit be«
zeichnet der Name der Indischen Apologensaminlung
llitopadesa d. i. n ü t z l i c h e s W o r t , s. Jones Abhand
lungen Ql>er die Geschichte Asiens I. S. 21. Bei Homer
Odjrss. XIV, 50S. wird eine vom Ulysses erdichtete E r
zählung (ein Vorfall aus dem Feldzüge vor Troja) in der
Absicht ersonnen, um dadurch einen nächsten Zweck zu
erreichen , αίνος genannt. Man lese dort auch den £ u -
atathius nach (p . 556, lin. 10 seq. Basil.) , wo auch vom
Hesiodeischen alvo^ gesprochen wird, und Definitionen
dieser Gattung angegeben werden»
122) Ich glaube nämlich nicht, wie Eberhard in der Syno
nymik thut, daik das Witzige und S i n n r e i c h e der An-
lafs zum Worte S i n n s p r u c h und seine erste Bedeu
tung sey, sondern das S i n n l i c h e . Dieses sinnliche
Leben haben auch die ältesten SinnsprQche der Griechen,
76
$· ^7·
Aber nicht blos zom freien Spiele der Phantasie
worden jene nnverloschlichen Bilder gebraoeht, sondern
anch zom ernsten Zwecke der Lehre. Ja man kann fra
gen , wozu am häufigsten ? Wenigstens war dieser letz
tere Gebrauch, den man davon machte, eben so ur
sprünglich, ond nicht minder als jener in einem dem
Menschen natürlichen Drange gegründet. Besonders
bei dem Morgenländer, dessen Geist mehr für Anschauun
gen empfänglich ist, als für Folgerungen und Schlüsse.
Die symbolische Lchrart blieb nicht bei gewicht vollen
W ollen und Sprüchen stellen, sondern frühzeitig cr-
blühete aus gereifter Beobachtung eine vollendetere
Form ond entialtcte sich zu dem, was nun eigentlich
A e n o s (αίνος) heifset, oder zu dem sogenannten Apo-
log Kein Land der Vorzeit, das zu einiger Bildung
132) Ein Beispiel giebt Aristoteles Rhetor. II, 20. und eine
grofse Fülle derselben das N. T ., da Christus diese ake
Lehrart Palästina’s zu seiner Abbicht tauglich fand, nach
der Bemerkung des Hieronymus ad Evang. Matth. XVIIL
Die Definition der τα^αβολ^^ wird Übrigens bald weiter, bald
enger gefafst.
153) S t o r r de Parabolis Christi 2. H e r d e r Zerstreute
Blatter Hl. 165. Auf die Bestandheit des Thiercharakters
hat schon Leg s i ng (Utber die Fabel S. ISt ff.) aufinerk«·
sam gemacht. Nach Herder ist der Aenos, wie ich ihn
nach Scaligers Vorgang nenne, eine Dichtung, die fUr
einen gegebenen Fall des menschlichen Lebens in einem
«Odern congruenten Falle einen Erfahrungssatz oder eine
Lehre nach i n n e r e r N o t h w e n d i g k e i t derselben
L 6
82
38.
Nun ist noch der M y t h u s zu betrachten, sowohl
an sich , als in seinem Yerhältnifs zo den andern bild
lichen Arten. Vorerst Ton seiner Genesis. W e r ver
mochte aber wohl die unzähligen Anlässe aufzuzählen,
die ihm das Dasejn geben, besonders wenn die eigent
liche Heldensage mit in Anschlag kommt? Ist einmal
der gebildetere Fremdling, dem es gelang, unter wilden
Stämmen den Saamen ausländischer Cultur auszustreuen^
oder das durch körperliche und geistige Eigenschaften
ausgezeichnete Stammhanpt selbst, ein Gdttersohn ge
nannt worden, und sind einmal zum Andenken jener
Wohltbaten Feste angeordnet, so kennet auch fernerhin
d:o Dankbarkeit und Bewunderung keine Gränzen mehr,
und die Alles ergreifende Stammsage schreitet ins Un
endliche fort. £s werden Trieteriden, Penteriden und
Jabresfeste gestiftet, um das Denkwürdige nicht unter
geben zu lassen. Bildwerke, Aufzuge, scenische Ge
wänder und mimische Handlungen müssen die Feierlich
keit der Zeit und des Ortes verherrlichen helfen. For
meln e r s t, dann Invocationen und Lieder, melden den
Anlafs und preisen den Gegenstand des Festes. So ist
der Inhalt der Sage, als Vorläuferin der Historie, ge
geben. Die Sage, so wie das in regelmäfsiger Ordnung
wiederbebronde Fest selber, vertraten noch die Stelle
geschriebener Annalen. Der physischen Anlässe sind
vielleicht noch m ehrere, als der historischen. Bald
giebt der hervorstechende Charakter eines Thieres, oder
die ihm beigelegte anfserordentliche Kraft^ einer Sage
das Dasejn ^ bald ist es die ansdruclisTolIe Gestalt
oder die Tom GeMÖhnlleben abweichende Eigenschaft
eines Natnrhdrpers, der die Bliche der Menschen auf
sich siehet und die versuchte Erhlärung pflanzt
sich dann als ein eben so sprechender Mythus fort.
Koch mehr erregten die verborgenen Kräfte der Natur
die dichtende Phantasie. Ihr geheimes W irken und
Bilden und ihr lebendiger, alle Wesen durchdringender
Odem mufste um so mehr zum Nachdenken locken, je
mehr dieser frühere Naturmensch ihren unmittelbarsten
Einwirkungen hingegeben war. Und äufserte sich dieses
Nachdenken, wie es denn nicht anders konnte , bild·
lieh, so war damit eine Menge von Erzählungen gegeben,
wrorin ein physisches Element oder ein merkwürdiges
Naturphänomen als handelnde Person thätig erschien.
Feld und W ald, Gebirge, Flusse und Grotten wurden
nun zum Schauplatze von Begebenheiten und Handlun«
gen jener Naturwesen und ihrer Sohne, jener verherr
lichten Helden , gemacht. Die Sprache selbst wird eine
fruchtbare Hutter von Göttern und Helden. Bildlich
i34) Ein Beispiel mag hier die Stelle einer ganzen Menge
vertreten. D er bei Maminea vorbeifliefoende Flufs hiefs
O p h i s , die Schlange , w e i l e i n s t e i n e S c h l a n g e
dcMi E i n w o h n e r n b e i d e r N i e d e r l a s s u n g z u r
F ü b i e r i n g e d i e n t h a t t e . Pausan. Arcad. cap. 8.
§. 3.
13i; Der Myrtenbaum zu Troezen mit durchlöcherten BI8U
tern. Die hoffnungslose Phaedra hatte sie mit ihren Na^
dein durchstochen. Pausan. Atiica XXI! 2. Der Wun
derfels am Sipylus, der , tn einiger Entfernung gesehen,
einer gebückten, weinenden Frau ähnlich war. Es war
die verwandelte Niobe. Ibid. XXf. 5. Der krummgebo«·
gene Oelbaum in Argolis. Herakles hatte ihn so gebogen
zum GrSnzzeicben ftlr das Land der Asinäer· Corinthiae·
XXVHI s 2. p. 283 Fac»
85
und sinnbildlich, wie sie w ar, mufste sie unter einem
andern Volke und in einiger Zeitferne oft ein sehr
fremdartiges Ansehen erhalten, und das Mifsverstandene
ward in einem erklärenden Mythus ausgeprägt. So ward
etwa die elfenbeinerne Schulter des Pelops^ ursprüng
lich nur ein lobpreisendes Epitheton, in eine seltsame
Sage von der Frevelthat des Tantalus umgedeutet; und
Pindarus, der jene mit seinen würdigern Begriffen von
der Gottheit nicht zu vereinigen weis, sucht diesem
Sinne auf eine Art auszuweichen, die hinlänglich zeigt,
dafs zu seiner Zeit schon der Schlüssel zur wahren Er
klärung derselben verloren war. Hatten vielleicht bild
liche Ausdrücke alter Griechischer Lieder dieses Schick
sal , wie viel mehr mufste das Fremde dem Mifsverste-
hen unterliegen. Besonders aus der Hülle des Symbols
und der Verschlossenheit der Hieroglyphe ist erwcifslick
eine [;anze Schaar von Sagen ausgegangen· Vorzüglich
die orientalische Denkart, in Berührung gesetzt mit
dem beweglichen Geiste des G riechen, brachte viel
Mythisches hervor. Vor allen andern die hieroglyphi-
sehe Arcbitectur und Sculptur des Aegypters, aus denen
der witzige Grieche mit dem Zauberstabe seiner Fban«
tasie eine ganze Reibe von Fabeln her vorrief. Das
schweigende Standbild genügte ihm nicht, er liebte mehr
die geschwätzige, ausführliche Sage; und wenn auch,
w ie sich denn nicht leugnen läfst, der Aegyptische
Volksunterricht grofsentheils sehr mythisch war , so
mufste eben deswegen der in einer andern W elt leben
den Priesterschaft der Grieche mit seinen vielen Göttern
und Heldenmythen sehr unmündig erscheinen. Immer
und im Ganzen blieb jenes Volk in seinen höheren Re*
präsentanten dem Symbolischen getreu, Griechenland
aber ward frühzeitig der Mythen fruchtbare Mutter
136) Mu5croKo;
86
W ollten v ir diesen Hang, das Hierogljphisclie und Sjrm·
boHsche in eine Sage um iosetzen, in allen seinen Rich
tungen yerfolgen, so wäre dies StofF zu einer eigenen
inhaltsreichen Untersuchung· Hier mögen uns einige
Beispiele genügen· Der Nilhrug des Aegypters^ den
man mit einem Menschenhopfe verband» und mit Schlau«
gen an den Henheln verzierte» mufste in seiner auflal-
leuden Gestalt die Neugier des Griechen reizen· Die
Bedeutung dieses heim Geheimdienste der Isis gebräuch
lichen Gefäfses ward natürlich in dem damit verbunde
nen Unterrichte erhlärt. W enig bekümmert um solche
Erklärung wufste der Griechische W itz Rath zu schaf
fen· Das Symbol ward in das Denkbild eines Griechi
schen Heros umgedeutet, und» mit der Trojanischen
Heldensage verbunden» mufste es einem ausführlichen
Mythus zur Stütze dienen. Dafs dieses Sinnbild zuweilen
unter andern Modificationen erschien» und » mit der
Lampe des Anubis verbunden, nationale Yorstellungen
von den Elementen versinnlichte» störte ihn auch nicht·
Tielmehr ward eine neue Sage erfunden» um auch hier
auf keine Antwort schuldig zu bleiben. Die seltsame
Erzählung von dem Kretischen Minotaurus hat keinen
andern Ursprung. Auch hier ging die ursprüngliche
Bedeutung eines uralten physischen Symbols verloren,
und der geschäftige Verstand des Griechen spann eine
lange Geschichte ans» die in der Rohheit ihres Geistes
beweiset» wie frühe schon ans jenen Anlässen Mythen
entstanden. So gab also nicht blos die bedeutsame re
dende Natur, sondern auch die Geschichte und die
sinnbildlich lehrende Yorwelt selbst» dem menschlichen
Geiste einen unerschöpflichen Stoff zu unzähligen Sa
gen und Ueberlieferungen» wovon hier in der Kürze
nur das Auffallendste angedeutet werden konnte.
8?
5· 39*
Es «ertlieilt sieh mithiii der Mythus 9 seiftem Inhalte
nach, in zwei Hauptüste* Er enthalt entweder alte Be
gebenheiten , und in so fern heifst er S a g e ^ oder
alten Glauben und alte Lehre ^ und wir nennen ihn mit
einem W orte, das der genauere Sprachgebrauch einzig
dieser Gattung Torbehalten mochte: U e b e r l i e f e r u n g .
D er alte epische Gesang schied bereits diese zwei A r
ten , wie in folgender Stelle der Tbeogonie geschieht,
wenn sie auch nicht Ton dem Dichter des Uebrigen her-
ruhren sollte:
„die löblichen Thaten der Vorwelt
und die Götier auf steligen Höh'n des Olympus“
Dafs jedoa dieser beiden Elemente ein Yielartiges ent
halt, bedarf kaum einer besondern Bemerkung. W ir
hescbränken uns daher auf Andeutung des Wesentlich
sten Zuvörderst der bistoriscbe Ast breitet sich
in verschiedene Zweige a us : Sagen aus der Fremde,
die Begebenheiten der Asiatischen V orzeit, die W un
der des Auslandes, besonders des Wunderlandes Aegyp
te n , Scbiffersagen und Berichte von andern Reisenden.
Oder sie meldet einheimische Ereignisse, die Wande-
rongen des eigenen Stammes, die Anpflanzung einer
Gegend, die Gründung einer Stadt, die Thaten eines
$· 4^·
So viel von dem Inhalte. So rein und so scharF
begränzt erscheint er jedoch selten. Der Mythus is t
wild gewachsen, die Natui* aber trennet und unterschei
det nicht, wie der Begriff und die Reflexion sonderia
und unterscheiden. Sie wirket und bildet in flielkenden
Vebergängen. Daher durchdringen jene mylhischeia
Elemente eines das andere, im Grofsen wie im Kleinen·
Jene Aeste und Zweige haben ihre Verastnngen und
Verzweigungen, und das Ganze stehet yor uns als ein
«9
einziger grofser Baum, aus Eider W urzel erwachsen,
aber nach allen Seiten hin verbreilet mit unzähligen
B lättern, Bluthen und Früchten. Denn zuvorderst die
Sage erscheinet fast nie rein , als eigentlich historische
Meldung. Fast niemals ist das Factum unvermischt im
Munde des Volkes fortgepflanzt worden, und zwar aus
tausend Ursachen. Es waren ja Feste und religiose Ge
bräuche , die, wie oben bem erkt, vorzüglich die Sage
erzeugten. Festliche Gemuthsstimroung und religiose
Gefühle mufsten demnach im Ausdrucke derselben
widerstrahlen. Solche Gefühle aber beschränken sich
nicht im engen Kreise der W irklichkeit, sondern suchen
allenthalben das Schrankenlose und Ungemeine· Auch
ist es schon an sich die Art der jugendlichen Phantasie
eines frischen, kräftigen Naturmenschen, ins Ungewöhn
liche hinüber zu gehen, und den Ueberflufs der vollen
Kraft in freien Dichtungen auezogiefsen. Rühret aber
die erzählte Begebenheit aus der Fremde her, so mnfs
auf den früheren Stufen der Cultnr die ihnen eigene ge
schlossene Nationalität ein Hindernifs werden, die W ahr·
heit rein aufzufassen und rein wiederzugeben. Je mar-
kirter ein Volkscharakter ist, desto leichter wird er
eine fremde Sage durch einheimische Zusätze entstellen.
Die Ehre des Stammes hat auch eine Stimme, und der
vaterländische S tolz, der die Heimath als den Mittel
punkt aller Dinge betrachtet 9 giebt unvermerkt der Er
zählung Ton und Farbe. Aus diesen und ähnlichen
Gründen erscheinet also das Factum in der Sage my
thisch gewendet und colorirt Dies geschieht ent*·
weder so , dafs die zwei Hauptelemente alles Mythus,
alte Begebenheit und alter Glaube, im Ganzen und in
Hasse mit einander vermischt werden. Bald bildet das
Factische die Grundlage, und das Beligiüse ist hinzu·
§. 4 i.
W ir erörtern nun d e n C h a r a k t e r d e s M y
t h u s , s e i n e n S t u f e n g a n g und s e i n Y e r h ä l t -
nifs zum S y m b o l und andern H a u p l a r t e n
de s I h o n i s m u s . Im Symbol nimmt ein allgemeiner
Begriff das irdische Gewand an, und tritt als Bild be
deutsam vor das Auge unseres Geistes Im Mythus
äufsert die erfüllte Seele ibr Ahnen oder Wissen in einem
lebendigen W orte. Es ist auch ein Bild, aber ein sol
ches , das auf einem andern W e g e , durch das Ohr,
zum inneren Sinne gelanget. Ursprünglich weichen Bild
nnd W ort nicht von einander ab, sondern, auf einer
$· 42·
So war mithin der Mythus ein blofses Mittel der
Ergötzung geworden. Hierin erkannte auch der helle
Verstand der Alten seinen Haupt unterschied Tom Aenos.
Letzterer diente der blofsen Belustigung n ie, sondern
seine Endabsicht war immer ethisch· Daher war er
auch in einer Demegorie (Bede in öffentlicher Ver
sammlung) zulässig, wovon dagegen der Mythus ausge
schlossen blieb Ingleichen kündigte der Aenos
seine praktische Bestimmung schon frühzeitig durch die
W ahl der Prosa an, in welcher schon einer der ältesten
Meister dieser Gattung, Aesopus, ihn vorgetragen hatte,
in einem ähnlichen Sinne, wie später Sophron und Xe-
narchus ihre Mimen auch in Prosa gedichtet batten, weil
$. 43.
Dafs nun der Mnhus in seiner ältesten Form, durch
gedrungene Kürze und momentane Totalität seiner Wir*
knng , sich noch getreuer an das Symbol anschliefse,
und allmählig erst, abgewendet von ihm, sich in das
147) lliad. I. 423 ff. Vofsische Uehers. Cf. Iliad. XXIII. 20S.
Odyss. I« 23.
148} 8. Villoisonil et Wassenbergii Scholiast. ad h. 1.
97
Die berühmte Stelle τοη der goldenen Kette des
Zeus tragt, obgleich schon mehr ausgefiihrt, den«
selben Cbarahtcr ältester Bildersprache, und zeichnet
sich zugleich schon weit mehr durch eine tiefe Bedeut«
samheit aus. W ir wollen etwas dabei verweilen, da sie
so ganz deutlich den Uebergang vom gehaltvollen theo
logischen Mythus zum bedeutungslosen epischen zeigt·
Schon die Alten fanden ein bildliches Philosophem darin,
nur trennten sie sich in dessen Deutung. Plato fand ein
Bild der Sonne, die Stoiker bezogen es auf ihre W elt
seele und auf die bindende Gewalt des Schicksals. An
dere erkannten darin das System der kosmischen Stufen
folge nnd der Abhängigkeit aller Dinge von einem
höchsten Wesen. Die grofse Bedeutung der Idee von
der Alles durchdringenden und bindenden Weltseele
im System der Jonischen Philosophen ist bekannt; und
dafs der alte Orient diese Idee durch körperliche Sym
bole zu verwirklichen bemüht gewesen, läfst sich aus
seiner ganzen Denkart vermutfaen. £in willkommenes
Beispiel einer charakteristischen morgenländischen Aus
prägung dieser Idee giebt uns jezt die eben so bedeut
same als schöne Steile eines Indischen Gedichts·
V i e r t e s C a p i t e i.
$. 44.
£ i n e int Einzelne gebende Unterseheidang nach den
l^aturliSrperB, deren sich das Sjmbol und die Allego·
rie bedienen, wäre weitlänfUg and zwecklos, da sich
die Belege dazu im besonderen Theile dieser Schrift
von selbst ergeben. W ir haben hier auf die T e r *
B c h i e d e n b e i t de s W e s e n s zu sehen, auf die bei
den Hauptgebiete , auf das der scbfinen Form und der
blos religiösen Bedeatnng, und auf den Stufengang bis
zur vollendeten KunstsyxnboUk.
Zuvörderst unterscheiden wir diese zwei Haupt·
arten: p h o n e t i s c h e Symbolik and Allegorie, in so
fern Töne und Sprache das Mittel ihres Ausdrucks sind,
und a p b o n i s c b e , in so fern andere Organe des Aus
drucks gewählt werden In diesen letzteren Kreis
gehört vorerst die Musik und der Gesang selbst, weil
beide bekanntlich, im Geheimdienste der Alten vorzüg
lich, in symbolischer und allegorischer Absicht gebraucht
wurden. Besonders mufs aber hier die so formenreicbe
Spruchweisheit des Alterthums , vorzüglich des morgen
ländischen , genannt werden, wozu auch die meisten
Orakelsprücbe und die sogenannten Symbola der Pytha-
goreer zu rechnen sind. Beispiele dieser Orakelsprache
$. 45.
£a zeriallt dieat GaUung eunäcbat io die ewei Unter«
arten, in das e i n f a c h e und in das z u s a m m e n g e -
e e l s t c Symbol· Einfach yorerst wieder in doppelter
Beuehnng, einmal mit Hinsiebt auf den I n h a l t , so-
daim auch wegen der gewählten F o rm · Das Eiofache
iaHt mandhrtial in Bild und Inhalt znsamineo, wovon
besondens die alten Münzen Griechischer Städte zahl*
reiche Beispiele liefern. So Hegt in dem Bilde des Stie*
re s oder des Gersteohornes auf Münzen von Posidonia
der Gedanhe an Fruchtbarlieit« Schwane auf einem sil
bernen Gefafee im Herculanum bedeuten den Gesang,
wie die Wespen auf dem Grabe des Archilochus den
verwundenden Jambos hezeichaetae. So wie nun irgend
etn Zoaatz, oder auch ein besonderer Umstand , einem
esofiichea Bilde eine hentehnngsreichere Ausdehnung
g ^ e n bann, und wir werden unten von der Aehre auf
M inzeii salbst Beispiele geben; so hat auch ein an sich
einfaehes Bild oft eine sehr vielseitige Bedeutnng. Einen
Beweis liefert darSehmetterling, ja zuweilen derSebmet-
tarlingsflfigeL Der Anblick dieses fluchtigen Wesens,
$. 46.
Bei den zusammengesetzten Darstellungen sind nun
wieder yerschiedene Formen zu unterscheiden. Bald
erscheint das blos kyriologische Bild mit dem allegori
schen oder mit dem symbolischen yerbunden, bald das
symbolische mit dem allegorischen , bald bildet auch das
symbolische unter sich selbst die Einheit, wohin beson
ders die symbolischen Gruppen gehören. Für den ersten
F all kann das zuletzt angeführte Beispiel als Beleg gel
ten , da ja Schädel, Buch und der Mensch im Philoso-
phenmantel nur natürliche Abbildungen der Sache selber
sin d , wozu dann der Schmetterling als ein symbolisches
W esen kommt.
Vorzüglich liefert aber die Numismatik, besonders
ans der Classe der Bömischen Münzen, häufig Beispiele
der mit blos kyriologiscber Abbildung yerbundenen Sym
bolik. W ir wählen eins aus yielen , die Münze der
$. 47·
In der hünstlerischen Würdigung erscheinen auf
der untersten Stufe bildlicher Bezeichnung die allego
rischen Anspielungen auf Name n» und doch wie grofs
ist nicht ihre Zahl im Alterthume gewesen! Verwerf
lich aber im Gebiete der Kunst sind sie aus dem Grunde,*
weil sie wegen der zufälligen Gleichheit des Namens ge
wählt werden, den zwei Gegenstände in irgend einer
1S7) lliad. VI. 4oi. nach Vofs. M ehrere Beispiele habe ich
in Beziehuni^ auf die Geschichtschreibung gegeben in der
h i s t o r i s c h e n K u n s t d e r G r i e c h e n S. 52. Sieh·
auch Euripid. Jo n . 66f sqq. Flutarch. de Garrul. cap. 8.
und M oserad Nonn. IX. 77. p.224. Ein Deutsches Bei
spiel ist der Name W o l f d i e t e r i c h ·
iSS) Justini Histor. VII« S. 7· Vellejus Patere. I. 6. 5. Ab·^
bildungen giebt P e l l e r i n Rcc. T« I« pl« XXX· Atyai
oder Ziegenstadt.
117
§. 48.
Zunächst möchte sich hier die Z e i c h e n a l l e g o
r i e anschliefsen^ eine sehr ausgebreitete Gattung, die
von den einfachsten natürlichen Beziehungen an bis zur
Gränze des Bäthselhaften sich erstreckt. Es kommt hier
Alles darauf an, in me fern die Natur oder die Con·
vention vorherrscht. Und auch diese bat wieder ihre
grofse Abstufung, je nachdem das Conventionelle dem
Natürlichen näher stehet oder entfernter von ihm ist«
und je nachdem es auf mehr oder minder bekannten
Verhältnissen beruhet. Auch aus diesem Kreise bild·
lieber Darstellung liefert vorzüglich das Griechische AL-
tertbum Beispiele glücklicher Wahl und Erfindung^
$0 bemerkt Pausanias , dafs in einem Tempel
bilde der Grazien, welches die erste mit der R ose, die
mittlere mit dem Würfel» und die dritte mit dem l&jr*
tenzweige zeigte, die Beziehung dieser Zeichen sehr
leicht zu finden gewesen sey, indem Rose und Myrte
an das blühende Leben und an die Göttin der Schönheit
erinnern, der W ürfel aber an die Spiele der fröhlichen
Jugend. An so natürlichen und gelungenen Erfindungen
w ar, wie gesagt, die Griechische Konst aufserordentlich
195) Von dieser Pflanze, die die Griechen τ/λφίβν, die Römer
silphium und laserpithim nannten, giebt Theophrastus
Hist, plant« lib· VI. cap. S. und dessen Ausleger, Bodäus
a Stapel, eine genaue Beschreibung, wozu in der Ausgabe
von BodSus einige Abbildungen nach der Natur hinzuge«
fDgtworden; cf. Plin, H. N . XIX. 3. sect. iS.· Schöne
Abbildungen der Mttnzen von Cyrene mit diesem Bilde
liefern Spamheim de Us. et P . N . 1. 293 s q q ., besonders
F e l l e r i n Rec. III. pl. LXXXVI. Jene Pflanze war
der Landschaft Cyrenaiba eben so eigenthflmtich, als der
Lotus Aegypten. D er P s l m b a i i m auf Mttnzen von
Cyrene ist ebenfalls bttufig; s. Pcllerm 1. 1.
ia 5
5· 49·
Daft die Alten auch dem S t o f f e ihrer Bildwerke
eine allegoriadie Bedeutung gegeben haben, versichern
mehrere Sohrifttteller. So war B· nach Pautaniaa
Bericht ein Schnitzbild der Aphrodite nu Temnut,
detten Errichtung man dem Pelops zutchrteb, aut einem
weiblichen Mjrtenbanme gemacht. Han hatte auf der
211} Photins in Nompeanone Tit. XIII. cap. 30, aus den Di*
gesten XXfl. 3. 24. VergU Ducangii Glossar, med. et
mf. Oraec. I. p. 291. Suicer. T hes. eccles. I. 907. H e-
syeb. 1. p.986 A lberti, und Aristoxeni Fragmm. p. l72
sq q . ed· Mahnti.
213) Tractatio de uxore Romana. Hannover« 1727.
214) Cicero pro Muraena cap. 12. Gellii N . A. XX. IO. Fe
stus in voce. Superstites und Vindiciae, und darüber v. Sa·
vigny in der Zeitschrift filr geschichtl. Rechtswissenschaft
111. 3. p. 422 ff.
213} I c h nenne hier nur H o m m e l Jtirispnidentia numisma
tib u s illustrata mit dein Auctarium von K l o t z dazu.
H o f f m a n n Specimen jarisptudentiae syiubolicae vet.
G e rm . C. G. 1) Üm g d Symbolik Germanischer Völker
in einigen Rcchtsgewohnheiten , und « l a c a b G r i m m
v o n der Poesie im Recht in v. Savigny*s ZeitschriR fOr
geschieht]. Rechtswissenschaft II. 1. p. 25 ff., besonders
$· 10 ff. Beweis aus Rechtssymbolco p. 76 ff.
i 3/l
5i
Je n e festlich en llancllungcn g eh ö ren z a den A lle
gorien g em ischter F o rm . Z eichen u n d A ttrib u te m an
ch erlei A rt u n te rstü tz te n die gottesdienstliche Mimih,
d e r d u rch M ashen und Anz ug noch bcstim m fere B ezie
hu n g gegeben w u r d e ; und n eb en b ei e rh ie lt ja gew öhn
lich d u rch Schrift; und B e le h r u n g , die man den E inge-
Λvcibeten m itth e iltc , alles U eb rig e seine b efriedigende
A uflösung. D ad u rch so rg te die R eligion fü r die höch
sten B ed ü rfn isse des M enschen. D ie H n n st, d e r solche
Zw eche frem d s in d , fo rd e rt v o r A llem , dafs jed e A l
leg o rie u nd also auch die allegorische H an d lan g d u rc h
sich selb st s p r e c h e , und d e r b eihelfenden Z eichen im m er
m e h r e n tb e h re n le rn e . Λ’^οη diesem M ehr o d e r W e n ig e r
lie fe rt die G riechische K unst zah lre ic h e B ew eise. W i r
Wahlen h ü rz lic h einige z u r E rlä u te ru n g aus.
So h atte z. B. die zu S m yrna v e re h rte N em esis
F lü g e l als A nspielung a u f die S chnellighcit« w om it
diese G ö ttin den TJeberm üthigen e r e ile t, die B ham nn-
sische h atte heine F lü g el. Nem esis h a tte häufig d a s B a d ,
als Z eichen des U m schw ungs, Λvodurch sie das a n g e
m essene G lück des S tolzen w ie d e r ins G leichgew icht
b rin g t» wie denn auch die Sphinx m it dem B ade das v e r
b o rg e n e W a lte n d e r die sittlicb e H arm onie b e fö rd e rn
den Nemesis b ed eu tete. Sie batte f e rn e r das Maafs o d e r
R ic h tsc h e it z. B. a u f M ünzen d e r S m y rn aer 217^, S o
S l6 ) P a u s a n . A d ic . c a p . 33. $ . 6.
2 t7 ) B ei L i e b e G o tlia n u m a ria p . 2 8 2 , w o die b e id e n N e -
m e s e s e r s c h e in e n , die zu S m y rn a v e r e h r t w u rd e n . H e r
d e r h a t m it R e c h t m if d iese M U nze a u fm e rk sa m g e m a c h t,
u m g e g e n W in c k e lm a n n zu b e w e is e n , dafs N e m e s is z u ^
w eilen w irk lic h d a s M a a fs a ls A ttrib u t f ü h r e , s. Z e r s t r «
B lä tte r II . S. 2 i7 . W i r h a b e n die M ü n z e a u f d e n b e ig e
fü g te n K npfcrlafeh} m itg e th e ilt.
i55
hatte sie auch als Attribnt den Zaum, weil sie die un-
gebäodigten Begierden äugelt, und die Schleuder, weil
sie auch in der Ferne erreicht, Aber auch ohne alle
diese Attribute, blos durch eine sinnroli gewählte Mi
m ik, verstand die Griechische Kunst, die hohe Göttin
des sittlichen MaaPses kenntlich ssu machen. Wenn auch
die Bothwendig gewordene Ergänzung an der marraor-
nen Bildsäule der Nemesis 21^), welche Winckclmann
erläutert hat, nicht entscheidend darüber urthcilcn laPst,
ob dies bei diesen der Fall gewesen, so erscheinet siq
doch hier ohne alle die angegebenen Attribute. Durch
einen sprechenden Gest giebt sie sich als Göttin des
MaaPses en erkennen, indem sic mit der linken Hand ihr
Gewand gegen die Brust heraufheht, und dadurch mit
ä rem Arme das MaaPs abbildct, das die Griechen die
Elle nannten. Dieser Zug und das Neigen ihres Kopfes,
das ihr sonst beigelegt wird, und worin man bald Selbst«
prufong und Bescheidenheit, bald den Blick ins Verbor
gene and das ernste Nachdenken erkennen will, geben
ohne alle weitere Zeichen die wesentlichen Eigenschaften
jener Gottheit zu erkennen, und sagen uns im Bilde,
was der Dichter 2*^) in folgenden zwei Versen sagt:
„U nd missest stets am Maafs der Sterbliöhen Leben ab,
Und blickest suin Busen hinunter mit immer ernstem
B lick.“
5a,
Es ist dieses die Stufe , worauf die M e n s c h e n
g e s t a l t als Aosdruck der höchsten Begriffe erscheint.
W i r wollen die Hauptbedingungen andeuten, unter de
nen diese Yollhommcnbeit erreicht Λvcrden konnte« Zu«
vorderst möchten wir die H a n d l u n g selbst nennen,
freilich im weitesten Sinne, in welchem wir dieses W ort
so eben genommen haben. Ein Blich auf das Entgegen-
gesetzte wird dies deutlich machen. Die Gottheiten der
Indier und anderer Bewohner des höheren Asiens sind
mehrentheils in sitzender oder liegender Stellling abge
bildet und in jener Bube» welche die Denkart dieser
i58
yeilier als etwas Sccliges betrachtete. Der cHmatische
Anlafs Hegt nahe; dafs aber der hünsticrische Ausdruck
der Gottheiten anderer Vorstellungen und Sitten bedarf,
um zum Hdchsten zu gelangen, leidet eben so wenig
Zweifel. Ein anderes Hindernifs, das jenen Vdlkern
hn W ege staiid, ist jenes Verhüllen der Gottheiten,
jener Prunk mit kostbaren Gewändern, jenes Ueberla·
den mit Kronen, Kopfbinden , Ohrgehängen , Armbän
dern undFufsbcdeckungen, woran dann zahlreiche kost
bare Edelsteine glänzen. Die Griechen blieben vor dieser
Prachtliebe schon durch ihre geringeren Mittel bewahrt;
und wenn sie in ältester Zeit selbst Vieles Terhullten,
wie denn erst späterhin der Schurz an den Kämpfern zu
Olympia yerschwand , so machten sie nachher doch
das Urtheil über die Zulässigkeit des Nackten zu einem
entscheidenden Merkmale» wodurch sie sieb τοη den
Barbaren trennten. Diese und andere Spuren und eine
ausdrückliche Stelle des Plato lassen uns nicht zwei·
f e in , dafs die ältere Sitte der Griechen hierin mit der
Asiatischen übereinkam. Herodotus aber, da er eine
anf jenes Barbarenuriheil gegründete Geschichte erzählt,
fand schon zur Erläuterung den Zusatz nothig, dafs
bei den Nichtgricchen auch selbst der Mann nicht nackt
gesehen werden dfirfe 2^}. Der Vorfall hatte sich am
223) Tbueyd. I. 6.
224) Plato da repuhl. V. p.4S2. C. p. 134 Ast. p. 221 ed. Bekker.
225) Herodot. I. S und 10. Flutarcbus ( Conjug. Praecept.
p. 458 cd. Wyltenb.) wendet diese Stelle auf das Verhält«·
nifs zwischen Mann und Frau an; sein Tadel trifft also
^ den Geschichtschreiber nicht. Besseren Gebrauch macht
er von jener Stelle, de Auditione p. 37. — Wenn Upton
ad Dionys, de Compos, pag. 43 ed. Schäfer, vennuthen
will, Herodotus habe jene Stelle der PythagoreerinThea«·
no (s. Diogen. Laärt. VI11« 43.) abgeborgt, so mufs eben
iJ g
Ljdischen Hofe ereignet, und Philostratos nimmt gerade
Ton einem Gemälde, das den Ljdier Pelops darstelltOf
Anlafs zu der allgemeinen Bemerkung, dafs die Ljdier
und alle im höheren Asien wohnenden Barbaren ^ , in·
dem sie die Schönheit in hostbaren HIeidungen yerstecken,
sich in diesen Gewändern heryorzuthnn suchen, statt
sich io Darstellung der Natur herzorzuthun
Hiermit ist die Scheidewand bezeichnet, die jene
Nationen auf immer yon der höchsten Schönheit in der
Kunst entfernte. £in anderes Hindemifs lag im U n g e ·
m ä f s i g t e n . Das Götterbild sollte ein lobegrilf aller
möglichen Beziehungen sejn, die man bei seinem Be
griffe denken mochte; es sollte Alles ausdrucken, was
eine inhaltsreiche Theologie yon dem göttlichen Wesen
aussagte. In den Symbolen der grofsen Götter sollte
besonders das W eltall nach allen seinen Elementen und
§. 53.
Dort blich man aus Vorsatz bei dem Alten, wäh
rend die öfTentliche Bildnerei der Griechen ein ganz
neues Gebiet eröfTnet hatte. Hier hatte man sich das
Schöne zum Ziele gesetzt, und cs stufenweise glücklich
erreicht. Einige bereits oben angedeutete Umstände
und viele andere Anlässe, Clima, Erziehung, Gyrona·
stik, freie Verfassung und Nationalspiele, so wie das
grofse Ansehen des Homerus, der die nach Griechischer
Denkart personificirten Naturkräfte, die Götter, am
glücklichsten menschenähnHoh dargestclit hatte Ur·
K y r io l ogie
Kyriologica
Sym Hyriologumena
Gott
F ü n f t e s C a p i t e l.
5. 54,
D a eine ausführliche Erörterung dieser Gegenstände
ein eigenes Buch erfordern lYurde , so mufs ich mir hier
die gröfseste Kürze zum Gesetz machen, und mich
hauptsächlich auf die Thatsachen einschränhen, die uns
die Schriften der Griechen und Römer liefern« Freilich
uräre es anziehend und wichtig genug, in die a l l g e m e i
n e n Fragen einzugehen, wie zu allererst, wie nachher
und so weiter das religiöse Bewufstscyn in der Mensch
heit sich geäufsert, und welche genealogischen Abstam
mungen sich hierbei i n n e r l i c h nachweisen lassen«
Aber da sich diese Symbolik und Mythologie streng in
ihrem ethnographischen Charakter halten, und niemals
in das Gebiet der Philosophie hinüberslreifen soll, so
wird zwar im Verfolg die Nachweisung der Religions
perioden e i n z e l n e r V ö l k e r ¥ersucht werden: hin
sichtlich jener a l l g e m e i n e n Untersuchungen aber
wollen wir hier mit Wenigem auf die Schriften Anderer
hinweisen.
Zuvörderst in Betreff der zwei Hauptformen aller
Religion : M o n o t h e i s m u s und P o l y t h e i s m u s , so
kehrt in verschiedenen Zeitaltern immer die alte Frage
wieder: welches die ältere sey. Die verschiedenen T'heo-
rien und Vorstellungsarten, woi4n sich jene beiden
Grundformen ausprägen; die Lehre von der Emanation,
i5i
55.
Fragen wir nach den bestimmten Aeufsernngen des
religiösen Glaubens , namentlich des polytheistischen,
so fallt unser Blick zuerst auf die O r t e » die man zum
Gottesdienste auswählte· Hier mufste vorerst die Hir
tenreligion ihren unstäten Charakter zeigen. Jeder Ort,
jeder Wasserplatz , den der Stamm- beziehet, nimmt
die leicht beweglichen Gütterbilder auf. Stamm - and
Hausgötter , wie die Theraphim der Abrahamitischen
Frauen, wie die Markgotter der alten Deutschen
347) Athenaeus VI. p. 254· p. 512. vergl. VI. 267· ρ·524 ed·
Schweigh.
34B) S. Sylvestre de Sacy in den Notices et Extraits de 1a
bibliotheque imperiale (royale) Tome X· pag. 365. über
die Kunstsprache ßalaYbalan zum Behuf des Spiritualis
mus der Sofi,
249) Simulacrum quod per campos portant· In Indic· pagan·
i 57
and dergl., finden allentLalben ihren heiligen Ort. Hier
siehen nun schon N a t u r m e r h w i i r d i g l i e i t e n den
Sinn nnd die Andacht des schweifenden Hirten auf sich,
ivie z. B. das Getöse des Wasserfalls den Wilden an den
I^iagara aus weiter Fem e zur Verehrung locht. Nach
h e r, bei Ansiedelung der Stamme, behaupten solche
Oertlichheiten ihre heiligen Rechte. Der Schlund zu
Delphi, die Hohle des Trophonius , die Wunderquelle
zu Dodona, die nach den Tcrschiedenen Tageszeiten
steigt und fallt ^*), die Quelle Oh mpias am Alpheus, die
ein Jahr ums andere Tersiegte, und in deren Nähe Feuer
aus der Erde kam , und ähnliche, können als Beispiele
solcher physischen Anlässe des Cultos dienen. Auch
B ä u m e gehören in diesen Kreis ursprünglichen Natnr-
dienstes. Dergleichen kannte Syrien, Samos, Delos
561) *ΐ9ζαπγ.άς Ιν.ίταας α·^ ατ* αυτών τών ίίών nennt sie Jambli*
c Iju s de mysicr. Aegypt. 1. 15. p. 27. und redet von ihrer
göttlichen Kraft. Vcigl. daselbst Gale in notis pag. 1$9.
Hieraus das Beten auf a l t e W e i s e (rov
τροχόν) zu erklären, womit Froelua die Genesuixg einen
kranken Mädchens bewirkt; s. Marini vit. Prodi pag. 73«
paß. 23 ed. Boisson. Magrerforindn erwähnt Ammianus
AIaredlimis XXI11. 6. Sehr treffend sagt Polybius XV.
2y. pag. 552 Schweigh. von der Oenanthe, sic sey in der
Noih in den Tempel der Ceres und Proserpina gegangen^
und habe durch Kniebeugen und Fleheu die Göttinnen
wie durch ^duberkUnsie für sich zu gewinnen gesucht:
καί TO ir^ttirav ikivagkt γονυτβτρυσα κα ί / a a ^ y ^ a v a v a v e a
iTyd; τάς
265) Kiicher Oedip. Tom . II. pari, 2. p. 453.
Λ
ιΓ)5
Aegjptischen Gräbern sehen. Aber eben dieser Ae-
gjptische Todtendienst hat doch auch ein Gebet auf-
zuv^eisen , das in einem ^eit anderen Sinne den bes
seren Theil des Menschen der Aufnahme bei den Göttern
empfiehlt. Kindlich ^ schon and einfach ist auch das
Pbonicisch - Aegyptische Gebet , w orin eine gewisse
Thebe fur sich ewige Wohlfahrt erflehet Können
wir dem Juden Philo glauben, so war die dem Jüdi
schen Hohenpriester rorgeschriebene feierliche Gebete
formel eine der liberalsten und menschenfreundlichsten
unter allen, die wir hennen. « Denn andere Priester,
sagt der genannte Schriftsteller, rerrichten blos für
Ihre Angehörigen, Freunde und Mitbürger Opfer und
Gebete; aber der Jüdische Hohepriester bringt nicht
blos für das ganze Menschengeschlecht , sondern auch
für die Naturtheile: Erde, W asser, Luft und Feuer,
seine Gebete und Danhsagungen dar. Er halt nämlich
die W elt, wie sie es denn auch in der Tbat ist, für sein
Vaterland, für die er durch Gelübde und Bitten die
Gnade des Obevherm zu erwirken suchet, indem er
flehet, seiner Milde und Gute seine Creaturen theiihaftig
zu machen, Doch wer über den Geist der Jüdischen
Liturgie gründlich urtheilen w ill, mufs von der Psalm-
diebtung der ersten Sänger an bis auf die späteren For
meln, woran sich ebenfalls theurgische Vorstellungen
2 S 3 ) c f. C ic . d e N . D . Π Ι. 20. ib iq . in te r p r r . u n d G e ll. N . A .
Χ 1 Π . 22.
2SA) V a le r. M a x im . IV . c a p . 1. $· 10. D ie F o rm e l h e ifst
d o r t 8 0 : u( populi R o m a n i re s n ie tio re s a m p tio re s q u e fa«
c e r e n t . Scipio b e te te : u t e a s p e rp e tu o in c o lu m e s s e r v e n t.
S S S ) H e ro d o t. 11. 52. — « B e i d e n N o rd lä n d e r n h ie ik e n d ie
G ö t t e r R e g i i i , bei d e n T e u ts c h e n R e c h e n , w eil sie
d ie W e lt e i n g e r i c h t e t h a b e n , u n d d e re n R i c h t e r
s in d . A e h n lic h d e r g rie c h is c h e n W o r te r k lä r u n g u n d
s ic h e rlic h v e rw a n d t m it d e m in d isc h e n R a j a h , wie m it
v ie le n a n d e r n .** Z u s a tz von M o n o *
2 8 6 ) P la to n . C ru ty l. p . 49 H e in d o rf. p . 397. c . d . S te p h . c o n f.
C a r u s do C o s m o th e o l. A n a x a g o r. fo n t. p. 31. n o t. M a n
v e r g le ic h e o b e n C a p . I . $. 2 , w o e in T h e il d e r P la to n i
s c h e n S telle m irg e th e ilt w u rd e·
170
2S7) Lennep. Etymolog. ling. gr. pag. 251 sq. ed. alter., wo
Tib. Hemsterliuis an noch sonderbarere Meinungen der
Kirchenvater erinnert. Payne Knight Prolegg. ad Ho
mer. pag. ed. Lips. denkt sich den Namen Ζβνς ur-
spranglich als ΔΣΕΡΣ geschrieben, und leitet ihn von
und hiSwf also vom Gefühle der F u r c h t vor ihm,
her. Andere Meinungen sind von mir in den Briefen
über Homer an Hermann berührt worden S. 1S9 f.
^ 8) Die nordischen Ausleger der Edda ( SSmundar Edda II.
S. 821.) stellendes eddische Wort T y r , sofern es blos
Gott bedeutet, nicht mit Unrecht zusammen mit dem An^
gels. T i r , Zend. D i v , Sanscr. D i v a , 8 lav. D e w ,
Griech. Z e u s , Lat« D is etc. Ebenso h eifstT iv i bei
den alten Nordländern Gott, und D i s e n , Göttinnen,
sowie hiemit der aUteutsche T e u t , der galt. Pater D is
u. 8. w. zu vergleichen sind. Anmerk, von M o n e . —
V. Hagen in der Schrift, I r m in betitelt, giebt Über jene
Wortfamilie noch mehrere Notizen p. 66.
289) Lennep. Etymolog, ling. gr. p. 234. und daselbst die be
lehrende Anmerkung von B u r g e s s ad Dawes. Miscel-
lan. crit. p. J 86. Hesych. Γ. p. 896 und p. 917· und daselbst
1?1
$· 56.
Ueber die Entstehung d e s O p f e r n s , so wie über
die V\"ahl der Opfer und heiligen Spenden, haben sich
299) Athen. VI. pag. 235. pag. 40ö Scliweigh.: tg του τα^/του
ονομα νυν μίν aöo£cv ιβ τ ί, ταξά i i τςΓς d^yaiot^ ίυξίσκομαν τον
ita^d^tTov U^6v xt και συν2οίνω ττχ^όμοιον. —
Uebrigens beobacbteien die ältesten Griechen den Anstand,
dafs sie bei Opferinahlzeiten safsen, und nicht lagen, und
auch im Reden sich mäfsigten· Sie dachten die Götter
dabei unsichtbar gegenwärtig. Eustath· ad Odyss. ΙΙΓ.
4i5. p. 137; woselbst der Vers des Epicharmus angefiihrt
wird:
άλλα καί σty^v dyo2l·/ οκκα -ra^iovrt Ka^pevs;·
300) Maximus Tyrius Dissertat· VIII. 5. pag. 137 Reisk·, wo
man Marklaads Note vergleichen mufs.
176
l i a m W a r d in £. F. C. R o s c n m D l l e r s altem und
neuem Morgenland 1. $ . 89 . p. f25 fiP. Verglichen Pa)ne
Knigbt Inq. into the Symbol, lang. f. 197. p. 161 sq.
304) Von ßa*n>jy ein Ziegen· oder SchaafTell . s. Hesyeb. I.
p. 679 ed. Alberti. Es war der in ein Fell gewickelte Stein^
den Kronus verschlungen hatte.
9U5) Appian. de bell. Mithrid. 56. Livius XXIX. 10 . Hcro^
dian. V. 3. Pausan. Phocic. cap. 24, $. 5. Mehrere Bei·
spiele geben Münter, Falconet sur Jes Betyles (Memoire
de Tacad. des Inscr. IX. p. 189), Bellermatm (de Brosses
du ciilte de dieux fe(icbes). MOnter hat die Raetylia und
die Rrontia, Ombria und Ceraunia, mit dem neueren
Aerolithen verglichen. — „ Gewiitersteine und Regenbö-
genschiiSarln bei den Temschen. Manche Meteorsteine
sind in teutschen Kirchen aufgehSngt. ** Z u sa tz von
M o n t,
306 ) S. Theophrast. Charact. Eth. 17. und I. Mos. 31, 13.
$. 57.
W ir betrachten nun das Personale selbst, welches
baoptsächlich beim Gottesdienste ttiätig war. Es genügt
ÖlS) Pausan. Eliac. II. oap. SO. $. 8. p. 808 Fsc. Dafii übri-
fens bereits im Homerus eines Beschwöriingsliedes oder
einer Formel gedacht wird, um das Blut einer Wunde
zu stillen, zeugt vom Alterthume des Glaubens an zau
berische Wirkungen; s. Odyss. XIX. 457. Vergl.Wachs-
muth von der 2Uiuberkunst bei den Griechen und R ö
mern im Athenaeum II. 8. S. 809 —* 2SS, besonders
8. 216.
8l9) Strabo XIV. ρ·938. Livius II. 2. und viele andere Stellen.
Die orientalischen Priester - und Königsrechte und ihre
gegenseitigen Verhältnisse werden von uns an ihren O r
ten verschiedentlich bemerkt werden. In Betreff der
classischen Stelle vom Melchisedek Genes. XIV. 18.
verweisen wirjezt nur auf das, was S a m u e l B u r d e r
i n R o s e n m a l l e r s altem und neuem Morgenland I.
p. SS und p. 311 f. darüber zusammengestellt hat.
S20) Der König bestellte oft selbst Priester· So Romulus,
Plin. U. N. XVIll. 2. und Ntiraa, Dionys· Halic· Antiqq.
II. 64. Livius I. 20.
i8a
heiligen Geschlechtern bei Indiern, Hebräern ^ Aegyp«*
tern» Priestergeachlechter von Griechenland und V or-
derasien. Gewisse pviesterliche Vorrechte der
zu Athen seit Theseus. Das alte thracische Ge«
schlecht der Eumolpiden^ das sich anerst in Eleusis
niedergelassen hatte Parallele zwischen den älteren
thracischen Priestern und den Aegjptischen.
328) Ibid. Boeot. cap. 27. ξ. S, Achaic. cap. fp. ξ, 2. eap. 25.
$ 8. cap. 26. $. 3. p. 336 Fac. Spanheiin ad Callim. Apoll.
110. Pallad. 34. Jene Miydßυζot za Ephesus waren Eu
nuchen, Strabo XIV. pag. piO. A ., wenigstens scheint
e s , von der Uehemahme des Priesterthums an. Man
bemerke hierbei die Ansichten der älteren Kirchenleh
re r, so wie die Urtheile derselben über den
des Epiphanias in Panar. pag. 4P5, des Athe
nagoras , des Gregorias von Nazianz. Conf. Hug. Grot·
ad 1 Timoth. 11. 2. Elmenhorst ad Minucium Felic. pag·
89.
3 ^ ) Cie. de Legg. U. 8· und cap. 12. vergU M e i n e r s krit.
Gesch. 11. 564.
i85
Hinfluf« der gesetzgebenden Gewalt ^ ; war der Pon
tife x maximus eine Privatperson ?
$. 58.
Das unubersehbsre Gebiet der D i v i n a t i o n und
des O r a h e l w e s e n s würde eigene ausführliche Schrif
ten erfordern, wenn es in seinem ganzen Umfange auch
nur überblickt werden sollte. W ir müssen uns also
h ie r , bei unserm ethnographisch · mythologischen Planey
nothwendig die Grenze stecken, dafs wir die wesent
lichen Punkte immer nur mit Einem W orte andeuten,
und diese Andeutungen durch beigefügte Citate, worin
dann auch auf die besondern W erke über diese Gegen-
etande hiiigewiesen wird# für unsere Leser müglicbst
fruchtbar machen.
$. 59.
O r a l i e l . Allgemeine Bezeichnungen, der O e r -
t e r : χρν^στηζία. Ursprung des W ortes; χράν und
und die bestimmt für den Begriff des Oralselgebens
Torbebaltene Form des Perfecte; αέχρημαί 345),
pta bezeichnet aber auch die yor Einholung des Orakel·
Spruches geschlachteten Opferthiere 346). MavTcia· —
Namen der O r a h e l g e h e r : χρΚίομοΧόγοι ^ worunter
doch auch einzelne Orakel Sprecher^ ivie dort Ampkilj-
tus 347)^ yerstanden werden; Namen der O r a k e l s p r u -
c h e : ÄeoTTpdjua λό^ια 349^ μαντών·
μ α τ α 350j,
S e c h s t e s C a p i t e l.
$. 6o.
ir gehen hier KorSrderet einnig and allein τοη den
Nachrichten and Munumenten der Griechen und Römer
au»; und wenn wir auch nachher die Religionsideen,
Symbole und Mythen der Aegypter, Indier» Perser und
einiger anderer orientalischer \dlher in den Kreis un«
serer Betrachtung ziehen werden, so wählen wir doch
hier den Standpunkt der orientalischen Urkunden. Von
diesem Standpunkte aber erblichen wir nur Vorderasien
in hellerem Lichte; das fernere verschwindet in graue
Dämmerung. Die Religionen dieser Völker, späterhin
Ton den Griechen Barbaren genannt, geben nur durch
stumme Gebräuche» durch zerstückelte, einzelne Sagen
und durch ruhende Standbilder Kunde von ihrem W e
sen — eine Kunde , auf die der älteste Griechische P et,
den wir kennen , nur mit halbem Ohre horcht. Er hat
seinen Blick nach Westen gewendet. Von dort her
kommen die Schaaren, deren Kämpfe ihn beBchäftigen.
Und so zeigt uns denn jener helle Weltspiegel der Ho-
merischcii Pr»esie eine erlesene, herrliche Menschheit
in ihrem Thun und Leben, und eine Götterwelt, nur
als das edlere Urbild von jener. W ir sehen die Kämpfe
und Leiden der Helden und das Miticiden und Mithellen
menschlich handelnder und menschlich empfindender
Götter. Der Schauplatz aber, auf dem diese Thaten
geschahen, ist gerade der grofse Sebeidepunkt des Mor-
>97
genlandes τοη 8er W estwelt, so wie Jene Poesie zwi·
ecben der dunbelen Unbestimmtheit des Vorderasiatischen
Gottesdienstes und der hellen vielgestalleten Schaar my
thischer Gütter die entschiedenste Grenze setzt. Das
Schichsal hatte in den Geist der Griechen einen wun
derbaren Bildungstrieb gelegt, der nach ganz andern
Gesetzen, als selbst ein grofscr Theil der polytheisti
schen Vorwclt hannle, ans dem Einen, welches das
Göttliche heifst, Götter bildete, im höheren Menschen-
maafse, aber z i klarer Anschauung personell in sich ge
gründet, lind in entschiedenem Thun und Leiden hin
gestellt. Hellas, mit seinen Geschlechtern ron Göttern,
die durch Heroinen und Heroen sich in die Menschheit
Terlieren, mit seinen Götter - und Heldenhämpfen, ist
und bleibt der M y t h e n M u t t e r ( Ελ λ άς ),
und H o m e r u s ist der dieser Mutter ähnlichste, frucht
barste Sohn. Seinem Geiste gehorchten nun die Grie
chischen V ölker; seine Gesänge wurden die Regel ihres
Glaubens, ihres Dichtens und Bildens; sein Licht rer-
dankeite die Priesterwürde Asiatischer Vorzeit. W at
Torderasien in halb verhüllter Bedeutsamkeit Heiliges
gelehrt und geübt hatte, ward von dem Griechen, bei
der vollen Klarheit seines Olympus, vergessen. Es
tönten fort die orgiastischen Lieder auf den Phrygischen
und Thracischen Bergen, aber ihren wunderbaren In
halt verstand der Hellene nicht mehr; in Griechischen
Städten übte man den heiligen Dienst Syriens und PhÖ«
niciens, aber kaum ahnete man noch seine Bedeutung.
Ein D ä d a l u s hatte Aegyptens alte Bilder aus ihrer
langen Ruhe aufgeweckt. Bestrebsam, wieder Grieche,
der vor ihnen knieete, schreiten sie fort. Aus halb ge
schlossener Hülle entwindet sich das zum Mythus beflü
gelte Sinnbild. Das alte heilige Haus der grofsen Göttin
zu Ephesus umschwärmt in den anstofsenden Leschen
eine redselige Menge von Joniern , und sie selbst, ent-
198
$. 6i*
Jedoch in Yorderasien wirkte der ewige Naturgeist
bald auf ganz andere Weise. Die grofse Schule des er*
fahrungsreichen üurgcrlebens, zuerst in diesen Jonu
sehen Städten, sodann im Mutterlande selbst, trug an«
dere Fruchte. Das Leben war beziehungsreicher und
ernster geworden· Die jugendliche Spielluat der heroi^
sehen Zeit, immer neu gereizt und ergötzt durch stets
wachsende Mvthenfülle, mufste jezt einem sinnvolleren
Bestreben Platz machen, wenigstens bei den Gebildeten.
Erleuchtete Männer, im unbehaglichen Geiuhle der un«
seligen Vielheit, worin das Eine und Göttliche zersplit
tert worden, äufseren heilsame Zweifel klagen über
der Mythen ungemeesene Zahl und Lächerlichkeit, und
treten, ausgezeichnet durch redlichen Forschungsgeist,
aus der Menge rühmlich hervor. £s waren die Meister
der Altjonischcn Philosophie, die den Schaden einsahen,
den jene Allgewalt Homerischer Poesie durch die befe·
stigte Herrschaft des Mythus der Religion und der Phi
losophie brachte. Sie versuchten es, den reizbaren
Griechengeist von jener mythischen Beweglichkeit zur
B u h e , und aus der Zerstreuung durch das Viele zur
Betrachtung des Einen und Ganzen hinzu zu führen. Sie
setzen das von der geschwätzigen S a g e verdrängte
S y m b o l in seine alten Rechte ein; das Symbol, das,
ursprünglich ein Kind der B i l d n e r e i , selbst noch der
B e d e ein verleibt, durch seine bedeutsame Kürze, durch
die Totalität und gedrungene Exuberanz seines Wesens,
weit mehr als die Sage geeignet ist, das Eine und Un
aussprechliche der Religion anzudeuten. P h e r e c y d e s
:ioo
63.
Dieser ehr^nürdigere Geist der Religion ward jedoch
nur Ton Weisen erkannt. Die Poesie, welche das Yolh
um den Singstuhl des Rhapsoden und im Theater ver«
sammelte, ward durch die ernstere Forschung und durch
die bedeutsamere Philosophie wenig gestört in ihrer
Herrschaft über die Gemuther. Der durch Gesetzgeber
und Verfassung geheiligte Yolkscult forderte und be·
durfte einer Fülle von Sagen; denn das Volk mufste ja
die Geschichte derer wissen, vor denen es knieete, und
die Verweser des dffentlichen Dienstes wachten eifer
süchtig über dessen Unicrletzbarkeit. Daher trat die
reinere Lehre der Mündigen in das Dunhel der Samo·
thracischen , Attischen und anderer Mysterien, so wie in
die Schranken esoterischer Philosophie zurück.
Hierdurch wird auch das Yerhältnifs der Philoso
phen znr Mythih und zur Staatsreligion bestimmt. Sie
traten entweder in einen gefahrvollen Kampf und straf«
ten die yerführerische Poesie und den mit ihr verbün
deten , von ihr gehegten und verschönerten Mythus,
sie wagten die Anklage gegen den Gott des Volkes,
H o m e r u s , und meldeten ( um dem Volke verständlich
SU seyn) die Qualen, die den Verderber der Religion
in der Unterwelt träfen; oder sie tadelten leiser. In
diesem Geiste ist der Ausdruck des Aegyptischen Prie
sters gedacht: «Ihr Griechen, S o l o n , bleibt doch im
mer Kinder! v
$. 63.
Mit A l e x a n d e r s Zügen wird dem Griechengeiste
der O r i e n t neu aufgethan. In einem weiteren Sinne,
als bisher, umfafst er das Morgenland. Denn es ward
von dem Hellenen beherrscht; und seit diesem grofsen
Gemische der Völker ward dieser entweder selbst dort
geboren, oder er brachte dort einen grofsen Theil sei·
nes Lebens z u ; ihn umfing derselbe Himmel, der den
phantasiereichen Orientalen umgab, und die Dichtungen
des alten Asiens berührten seinen Geist. Er sah den
Rönigsbau von Persepolis, eine wunderbare symbolieche
Architektur, die Fabelthiere des fernen Osten, die Thier·
64 ·
Ans diesem Allem erhlären sich nun in R e l i g i o n
und P h i l o s o p h i e folgende Erscheinungen:
1) Die ungemeine Erweiterung beider unter dem
durch alle jene Einflüsse geistig bereicherten Griechen-
Tolke.
2) Die pragmatische Behandlungsart des Mythus.
Der gelehrte Denker sucht jezt mehr als jemals für
Wissenschafi und Leben von ihm Fruchte zu gewinnen.
Die jugendlich poetische Ansicht des alten Fabelreiches
erscheint der ernsteren wissenschaftlichen Absicht un
tergeordnet.
3 · Die Rückkehr und Wiedereinsetzung der M y
s t i k und S y m b o l i k in die Mythologie und die im Gan
zen fortdauernde Herrschaft beider.
$. 65.
Mit neuer Macht brach aber in der R ö m i s c h e n
Periode, seit Verbreitung des Christenthums, in den
gebildeten Geistern des Ueidenthums das lange zurück-
gedrängte Urelement alter Religion hervor. Konnte
doch in der Kaiserzeit der zu nüchterne Inhalt des na
tionalen Polytheismus selbst den gemeinen Rdmer nicht
mehr befriedigen; häufte doch der seltsame, wunder
liebende Hadrianus in der Stadt und auf seiner Villa die
colossalen, räthselhaften Denkmäler Aegyptens zusam
men , und beging er doch im Geheim fremde Gebräuche·
Dieses allgemeine Streben regte sich nun auch edler in
edleren Geistern. Die Philosophen und Denker, deren
dieses Zeitalter viele hatte, bereicherten nun auch an
ihrem Theile die innere We l t , der sie einzig lebten,
und erweiterten mächtig das Gebiet des Geiste.«, ln der
Mythologie namentlich sammelten sie nun surgfältigery
was die Hellenische Religion an alten bedeutsamen Sym
bolen gerettet hatte. Vornehmlich aber merkten sie
auf die Lekren des Morgenlandes , und verloren eich
betrachtend in dem ungetrübteren Lichlstrahle alter
Offenbarung. Nicht minder suchten sie die Zweige und
Grundfäden reinerer Religion im Griechischen Mythus
Dachzuweisen, hervorzuheben und zu reiten, und das
Göttliche in ihm za der in Orphischer Vorzeit behaupte
ten religiösen W ürde zu ei heben.
Denn je z t, da das C h r i s t e n t h n m sich der W elt
bemächtigte, mufstc jegliches Mysterium offenbar wer
den, wenn die Religion der Heiden diesen Kampf bc-
ao8
$. 66.
Ehe wir die nun folgenden Perioden andeuten, w er·
fen wir einen kurzen Blick anf die Forderung und Bear
beitung der Symbolik als Wissenschaft in den bisher
betrachteten Zeitaltern. Von der verschiedenen Behand
lung , welche die Mythik in den Schriften der Gelehrten
erfahren hatte, ist bereits Einiges bemerkt worden, und
über das Uebrige ist die nüthige literarische Nachwei«
sung gegeben.
Schon die kurze Skizze der religiösen Institute des
Alterthums kann uns zeigen, wie Tiele Anlässe und Ge
genstände gelehrter Forschung der Grieche und Römer
in der Religion seiner Väter fand. Und wie viele andere
Gelegenheit war nicht den Alten zu sinnbildlichen und
309
§. 67.
Doch mit dem täglich sich vermehrenden Vorrathe
des historischen StofTes, der besonders zu Alexanders
des Grofsen Zeit ins Cnermefsliche 'n nchs, mufsten die
Gebiete der Gelehrtheit schärfer abgesondert 'werden,
und so immer mehr und mehr bis zu der Periode , die
wir oben beschlossen haben. Besonders mufste die
eigentliche Staaten - und Regenfengeschichte von solchen
wissenschaftlichen und künstlerischen Forschungen ge
schieden werden. Zwar litt nicht ein jeder Gegenstand
diese strenge Scheidung, wie denn z. B. noch unter dem
zweiten Ptolemäer Manetho in seiner Geschichte der
Aegyptischen Dynastien viele alte Pricsterlehre und
Sinnbildnerei berühren mufste; jedoch werden seit Ari
stoteles nun schon viele eigene Schriften über diese und
ähnliche Gegenstände genannt. Aus diesen vielen wollen
wir jezt einige, nach Classen geordnet, als Beispiele
auffuhren.
Zuvörderst war jener im Menschen wirksame Grund
trieb, der alle religiösen Institute hervorbrachte, Ge
genstand eigener Betrachtungen geworden. Die Reli
giosität und jener fromme Sinn, der sich in Anhänglich
keit an die Religion der Väter und ähnlichen Zeichen
äufsei^te, und unter den Hellenen am meisten den Athe-
$. 68.
Ein anderer religiöser Gegenstand, der früh die
Aufmerksamkeit der Forscher reizte, waren die W e i h
g e s c h e n k e in den Tempeln und an andern heiligen
§. 69.
Dafs bei so ausgebreitetem Forschen auch die G o t ·
t e r b i l d e r in jeder Beziehung, in historischer, hunst-
lerischcr und reHgiÖser, in eigenen Schriften erläutert
werden sind , braucht nicht ausdruchlich bemerkt zu
werden. Die letztere Betrachtungsart ward Torzuglich
Ton den Neuplatonikem beliebt, und Porphyrins erntete
mit seiner Schrift Trtpl άγαλμάχων hohen Ruhm ein.
Selbst ein christlicher Gelehrter sagt davon: <<man
könne aus diesem Buche die Geheimnisse der Aegypti*
sehen und Hellenischen Theologie kennen lernen)»
Je begieriger ein solches Lob uns auf dessen Inhalt
macht, desto willkommener ist die Erläuterung, die uns
dieser kenninifsreiche Kirchenlehrer darüber ertheüt«
Er hat ziemlich ausführliche Excerpte geliefert; und wir
sehen daraus, dafs Porphyrius die Götterbilder , mit
ihren Abweichungen und Attributen 9 nach der im Helle
nischen Cultus geheiligten Ordnung, und also von Zeus
an der Reihe nach, betrachtet, und bei dieser Gelegen
heit über das W esen, die Gestalt, über die Attribute
der Griechischen Gottheiten und über den Zusammen
hang der heiligen Symbole der Griechen mit den Aegyp-
tischen, anslührliche Untersuchungen angestellt hatte«
Hier war ein weites Feld von Theologumenen eröffnet;
und auf welche Art dieser gelehrte Philosoph es angebaut
hatte, können wir sowohl aus den genannten EpitomeO)
als aus den Excerpten bei Stobäus schliefsen ^)«
5. 70 .
§. 71.
Auch auf die ä l t e r e L e h r a r t d e r G r i e c h e n ,
worin man eine Befolgung der Aegyptischen W eise be
merkte, richtete man nun seine Aufmerksamkeit, beson-
399) Fabric. Bibi. gr. T. p. 7SS sq. Ueber den letzten, dem
Stiidas eine ·ϊ>τ7 >?β’/ς üvußoXtuv TI’jBctyo^stajv beilegt, vergl.
J o n s i II s de scriptor, hist, philos. p. 40.
400) Ueber ihn s. M e i n e r s Geschichte der Wissenschaften
I. S. 495, aber mit V V y t t e n b a c h s Berichtigungen in
der Biblioth. crit. VIII. p. m sq. (sowie auch über die
andern von Meiners beurtheilten Schriftsteller). D er
Titel der zuletzt genannten Schrift wird in einem Floren
tiner Mscr. so angeftihrt: βκ τών Ά^ιστοζίνου Πυ5αγοζ./κβυ
(1Ιυ5αγ0^/κα·ν) ατβψασβιυν, 8. ibid. cf. M a h n e de Ari
stoxeno p. 96 , wo auch vom Inhalte dieser und der übri
gen hierher gehörigen Schriften dieses Philosophen ge
handelt wird.
401) rd ϊΐλάτνυνι άτό^γ^^τα, wovon uns Eusebius Praepar.
Evang. XIIK 4. ein Excerpt liefert; s. J o n s i u s üb. III.
cap. 10. p. 38.
402) T aT0(*fifra φ/λοσοφ/α;, 8. Diogen, LatSrt. VIIT. J. 46.
ibique Menage.
221
§. 73.
Die nun folgenden christlichen Jahrhunderte Hegen
eigentlich aufser unserm Wege. W ir beschränhen uns
daher hier noch mehr, als im Bisherigen, und geben
blos einige Hauptdata zu einer hier nicht beabsichtigten
weiteren Ausführung. Zuerst ist es bekannt, dafs die
christliche Religion früh , und auch fortdauernd , nach
dem sie herrschend geworden , gar Vieles aus dem Hei-
denthume herüber nalun. Daran ist bereits oben ($. a3 .)
erinnert worden, und der Verfolg wird uns noch einmal
darauf zurückbringen· Je heftiger bisher der Streit mit
dem Heidenthunie gewesen war, desto mannigfaltiger
ward jezt oll die Vermischung mit ihm· W ie weit er
streckte sich nicht oft jene wunderliche Verschmelzung
christlichen Glaubens mit heidnischem Mythus, und heid
nischer Symbole mit den heiligen Personen und Zeichen
des Christenthums. Doch wurden die Charaktere der
Patriarchen und der Apostel, und besonders Christus
selbst und Maria, mit der ganzen heiligen Familie, zu
einem eigenen Kreise von symbolischer Hunstdarstellung
schon früh ausgebitdet. Die verschiedenen Perioden
dieser christlichen Sculptur und Malerei bis auf die Voll
endung derselben im neueren Italien haben bekannt-
5 · 74 .
Dafs nun such die S c h r i f t s t e l l e r seit W ieder
herstellung der Wissenschaften an ihrem Theil die Alle
gorie in eigenen Büchern zu bearbeiten suchten, wird
man unter den bemerkten Umständen erwarten. Aber
an den Meisten in dieser Art ist mehr der W ille zu
loben, als die Ausführung. So wie man bei der Wahl
allegorischer Darstellungen lieber seinen eigenen Gedan
ken folgte, als dafs man auf die Ueberreste des Alter
thums und ihre Beschreibungen bei den Alten selbst
gesehen hätte: eben so folgte man m der Theorie gerade
f 9«.
Noch müssen wir mit Wenigem der M y t h i k ge·
denken, beides, sowohl in Absicht ihres Stoffes, als
ihrer Behandlung, seit jener grofsen Yülkerwanderung.
D er m3rthische Torrath war seit jener Begebenheit und
seit der Herrschaft des Christenthums im Occident aus·
serordefitlich verändert worden· Ein grolker Theil der
alten heidnischen Sagen verschwand aus dem Gedächt-
n ifs, je mehr das Stodinm der alten Schriftsteller ver
nachlässigt wurde. Dafür erhielt sich Manches im An
denken des Tolhes, das theils früher, auf uns nicht
gana bekannten W egen, schon in die Stammsitae der
dat Bümisehe Reich erobernden Nationen vorgedrun-
g en , theils hier in ihren neuen Wohnungen von den
südlichen und westlichen Völkern aus der Griechischen
und Römischen Vorceit im Geddehtnifs erhalten worden
war· Ein reichhaltiger Gegenstand eigener Untersu
chungen. Hier wäre nämlich Vieles xu erörtern ; Vor
erst das Verbältnifs der Germanischen Religion xu der
nordischen Mythologie, wie sie in der jüngeren und äl
teren Edda erscheint, und was hier sonst noch in Be
tracht kommen kann ; sodann die Wanderungen der
nordischen und Germanischen V ölker, ihre Verpflan-
£ung in das Römische Reich, und der Einflnfs des Chri-
stenihums^ ingleichen die Vermischungen und Verhält«
aS4^
Hisse der verschiedensten mythischen Elemente^ und
namentlich die Scheidung der Sage yon der Ueherliefe-
rungy so weit dies) bei dem Verluste so vieler Quellen
und bei der frühen innigen Verschmelzung der verschie·
denaten Bestandtheile, noch möglich seyn mochte. —
Verschiedene Forscher haben bereits diesem Gegen
stände ihre Aufmerhsamkeit geschenkt, die hier nicht
angeführt werden können« Ich erinnere falos an eine
der neuesten inhaltsreichsten Abhandlungen , und be
sonders an den mythologischen Theil derselben , wo un
ter andern auf die Gleichartigkeit des inneren Bildungs
gangs nordischer M}’thik mit der Griechischen, auf jenes
wunderbare Durchscbimmern Asiatischer und Griechi
scher Sagen in den Mythen des Nordens und in den Deut
schen Heldengedichten des Mittelalters, wie auf andere
bemerkenswerthe Punkte, die Betrachtung hingelenht
wird. Denn auch in dieser neueren W elt behauptet.das
wildgewachsene Heldengedicht seinen alten mythischen
Charakter, und liefert den reichsten Stoff alter Sagen
und Ueberlieferungen. Auch zeugen mehrere Gedichte
dieser Gattung von dem Einilufs der Breuzzuge auf die
Traditionen und Meinungen der weslHchen Vdlherschaf-
ten; bei welcher Gelegenheit wieder manche Dichtung
des Orients zu uns herüberwanderte.
Unermefslich wird das F eld , wenn auch hier Alles
erwogen werden soll, was als Lehre und Meinung die
E r s t e s G a p i t e l .
Von der Religion des alten Aegyptens.
1.
Quellen der Aegjptischen Sjitiboltli und
Mythologie.
1* 1 3 ie einzelnen Nachrichten der b i b l i s c h e n Ur-
hunden. (Vergl. Beclis Anleitung zur genauem Kenntnifs
der allgemeinen W elt« nnd Yölliergeschichte^ zweite
Ausg. Leipzig i 8 i 3 . I. p. 280.)
2. D ie G r i e c h e n . Schon vor Herodotus hatten
H i p p y s von Bhegium und Andere (vid. Bech. 1. I.), be
sonders aber H e h a t ä u s von Milets der selbst nach
Aegypten gereist war (gegen Olymp. von diesem
Lande Nachricht gegeben; er hatte besonders Oberägyp
ten mit seinen natürlichen Eigenschaften beschrieben,
und dem Staate von Theben und der Geschichte seiner
Könige eine vorzügliche Aufmerhsamheit geschenht; ge-
wifs ein Hauptgrund. warum Herodotus weniger davon
sprach. Ycrgl. dessen Fragmm. pag. 21 s^ meiner Aus
^4^
gäbe der Fragimn. Historice, graecc. antiqaiss. Heidelb.
1806; Tergl. aueb U b b e r t über die Geographie des
Hecataus und Damastes p. 9. und Dessen Geographie der
Griechen und Römer I. pag. 69 seq. Zu gleicher Zeit
'wahrscheinlich hatte auch H e l l a n i c u s von Lesbos
über Aegypten geschrieben. Sieh. Photii Cod. 161 et f.
Yergl. Fragmm. Stur^ii pag. 89 seqq. und was wir oben
pag. 209. 216 und 219 über diese und andere Quellen
der Aegjptischen Religion und Philosophie bereits an
geführt haben.
Ihnen folgt H e r o d o t u s selbst, der gegen siebzig
Jahre nach der Eroberung Aegyptens durch die Perser
ganz Aegypten bis nach Syene bereiste, und uns das, was
er selbst sah, so wie das, was er von den Aegyptischen
Priestern über die alten Denbmäler und die Geschichte
Aegyptens vernommen, mit eigenen üriheilen unter
mischt, in seinem grofsen W erbe niederlegte (Lib. II et
III.). Der grÖfseste Theil seiner Nachrichten betrifTt das
Reich von Memphis und den dortigen Staat, v. Herod.
II. i 5 . 99; jedoch da er ganz Oberägypten selbst be
sucht hatte, und mit den dortigen Priestern in Yerbehr
gewesen war, so liefert er auch über die Thebais sehr
bemerbenswerthe Berichte.
Nach ihm beschrieben Aegypten T h e o p o m p u s
von Chius, E p h o r u s von Cumae (vid. Fragmm. p. s i 3
sqq. M arxii), E u d o x u s von Knidus, P h i l i s t u s von
Syrahus (dessen Aegyptiaca jedoch Goller in den Fragm.
pag. 124. XU leugnen scheint); derenYVerbe jedoch alle-
samrot untergegangen sind.
In die Alexandrinische Periode fällt hier, neben
Andern, H e c a t a e u s von Abdera (vid. Fragmm. 1. I.),
der unter dem ersten Ptolemäus Theben besucht hatte;
besonders aber Man e t h o , ein Aegyptischer Priester,
der, auf Befehl des Ptolemäus II. Philadelphus , in drei
T o m i , i i S yereai und 81 Dynastien, von den Göttern
L 16
und Halbgoltern an bis auf Alexander den Grofsen, A e·
gyptens Geschichte Terfafst batte. Ueber die Schichsale
des Werhes und seinen W erth vergl« Beck S. 282 seqq«
Tergl. mit S. 281· c. — Einen ganz nenen Beitrag zur
Benntnifs des Manetho liefert uns der aus dem Armeni·
sehen übersetzte Eusebius ( s. Eusebii Pamphili Chroiii·
corum Canonum libri duo ed. Angel. Maius et Johannes
Zohrabus, Mediolani 1818. Tom. prior. 4 ·)· Bekannt
lich hatte Manetho in den Aegjptischen Geschichten des
Herodotus Manches scharfem Tadel unteru^orfen (Jose·
phus c. Apion, pag. loSq. pag. 444 HaTercamp.)· Wenn
sich Larcher vielleicht etwas zu partheiisch des Letzteren
angenommen, und den Ersteren als einen niedrigen
Schmeichler der Ptolemäer zu tief herabgesetzt hatte
(Herodote par Larcher VII. p. 8. 17 sqq. SaSsq.)» so
hat dieser dagegen wieder einen ganz neuen Schutzred
ner gefunden ( s. Mr. du Bois-Ayroe Notice sur le sejour
des Bebreux en Egypte, in der Descript. de TEgypte An-
tiqq. Livr. III. Paris 1818. Memoir. T. I. p. 3 oi sq.)· ~
Und wer wird wohl in Abrede stellen, dafs Manetho
damals noch eine ganz gute Ketintnifs der Aegypfischen
Sprache und Literatur haben konnte, dafs seine Frag·
mente für uns sehr wichtig sind und fortgesetzte Auf
merksamkeit verdienen? Aber auch Ilerodols Aegyp
tiaca werden durch einzelne Britiken, selbst eines gehör«
nen Aegypters, nicht eisrhültcrt.
HauptsebriftstcHer über Aegypten bleibt, nebst He
rodotus , jedoch immer D i o d o r u s von Sicilien, der
unter Julius Cäsar und Augustus lebte und, wiewohl
er selbst Aegypten bereist, doch besonders den älteren
Griechischen Geschichtschreibern, vorzüglich dem lle -
catäus, folgte, uud ncich Letzterem hauptsächlich die
Geschichte des alten Thebens und seiner Denkmale wie·
dergiebt. Ueber diese seine Quellen und Grundsätze
vergl. Heyne de fontibus Diodor· Sic. p. 104 seqq. Die
Verfasser der Description dcTEgypte (II. Thebes, p. 69.)
fallen über Diodor's Aegyptiaca ini Ganzen em sehr
günstiges Urtheil, auch de8Λvegen, weil seine aus Heca·
taue geschupften Nachricliteti über das Grabmal des
Osymandyas ganz mit der Wahrheit ubereinstimmen.
E r scheine nicht in Oberägypten gewesen zu seyn, aber
Hecatäus (Milesius) scy, nach Herodots Bericht, dort
gewesen. Auch habe Diodorus die Aleiandrinische Bi
bliothek Yrabrecheinlich benutzt. Sieh, ebendaselbst pag.
60 seq(j.
S t r a b o im i7len Buch (er lebte bekanntlich un
gefähr zur Zeit der Geburt Christi) , der im Gefolge des
Aelius Gallus Aegypten durchreiste, hat nicht nur das,
was er selbst gesehen, erzählt, sondern in seiner Erzäh
lung auch die früheren Geschichtschreiber benutzt.
P l o t a r c h u s (in mehreren Lebensbeschreibungen,
und vorzüglich in der Schrift de Tside et Osiride), P h i
l o s t r a t u s in vita Apollonii, P o r p h y r i u s , J a m b l i -
c h u s , l i o r a p o l l o (s. Zoega de obeliscis p. 559.) und
andere alte Schriftsteller, die uns einzelne Nachrichten
liefern. — Nach Fourier in der Descript. de TEgypte
Livr. 111. Memoires Tom. Ϊ. (Paris 181Ö) pag. 3 oi seq.
dürften manche Angaben Griechischer Schriftsteller aus
den Aegyptischen Traditionen, besonders auch chrono
logische in der Pharaonengeschichte, nach den Besnlta*
ten der neulich in der Thebais entdeckten astronomischen
Denkmale theils zu erklären, thcils zu berichtigen scyn.
N e u e r e S c h r i f t s t e l l e r und Reisebeschreiber
über Aegypten finden sich in grofser Anzahl; vergk
Beck S. 290. Hierher geboren auch die Nachrichten
Ton S e e z e n in den Fundgruben des Orients, W ien
1809· Erstes H. (vergl. Geogr. Ephemerid. Juni 1810.);
ferner H a m i l t o n ' s Reise, im 49sten Bande der Bi
bliothek der neuesten und wichtigsten Reisebeschrei-
bungen yon Sprengel und Ehrmann, Weimar i 8 i 5 ;
a4 4
§. 9.
Die Priesterschaft
Ueber die Lebensart und Classen der Aegyptiachen
Priesterschaft finden eich die inhaltsieichsten Berichte
bei Herodotns, z. B. II. 36 . 58 . u. a. O .; bei Clement
von Alexandria, Strom. TI. 4 · P· 7^7 ^d. Potter. Chae·
remon ap. Porphyr, de abstin. IV* 8. p. Ssi. und Por
phyr. de Vit. Apollon. I. 2. cf. de Schmidt de Sacerdolt.
et sacrifice. Aegypt« Zoega de obeliscis pag. 5 o5 seqq.
Heyne und Andere über die Inschrift von Rosette (wei*
che Inschrift hierbei überhaupt zu vergleichen ist), in
den (>ommentatt. Societ» Gotting. T. XV. pag. 976 und.
anderwärts.
In jener Hauptstelle bei Clemens beschreibt uns
derselbe den feierlichen Aufzug der Aegyptischen Prie
ster bei der Isisprocession folgenderuiafsen: « Voran
geht der S ä n g e r (6 ω^04 ), der eines von den musiha-
lischen Symbolen trägt ^). Er ist bestimmt zu empfan-
d e n . B a ld is t e s e in e G a l l e r i e , b a ld e in G e m a c h , S aal
( v e r g l . Z o n a r a e L e x ic o n p a g . 1510. u n d S tu rz . L e x ic o n
X e n o p h . s. v . , b e s o n d e r s S tu rz , d e d ia le c t. A le x a n d r . p«
108. — B ö ttig e r A rc h a e o lo g . M u s e u m I . p a g .1 0 2 .) , b a ld
ein T e m p c lc h e n u n d T a b e r n a k e l , b a ld e in T e p p ic h u n d
U m h a n g u , s. w. D a h e r d ie v e rs c h ie d e n e n V e rric h tu n
g e n d(.r P a s to p h o r e n . B a ld tra g e n sie klein e T e m p c lc h e n ,
b a ld Je n e B a ld a c h in s u n d U m h U n g e ; b a ld h a b e n sie < w ie
h ie r b e i C le m e n s ) a n d e re u n te r g e o rd n e te G e s c h ä fte d e s
T e ro p e id ic n s te e ( Z o n a r a e L e x . pag. 1520. S tu rz , d e d ia
le c t. A eg y p t. p. 10/ s e q q . ß ö ttig e r s a rc h S o l. M u s e u m I .
S . 103. Is is v e s p e r, p . t l 9 . O u d e n d o rp ad A p p u leji M e *
la m o r p h . Üb. IX . p . S i i . M illin A e g y p tia q tie s p . 9 s e q q ·
u n d J a c o b s O b s e r v v . in A eliani 11. A . p. 3 5 . ) , u nd b e
z e ic h n e n a lso e in e P r i e s t e r c l a s s c , die ü b e rh a u p t n i e
d e r e G e s c h ä f t e v e rr ic h te te · A u c h w e rd e n u n te r d e n
A e g y p tis c h e n P r ie s te r n Newno^oi e r w ä h n t, o d e r T e m -
p e l a u f s e l i e r , v o n d e n e n m a u b e s tim m t w e ifs , da(k
sie die G ö tte r b ild e r v e rw a h rte n u n d o p fe rn d u rfte n . V o n
ih n e n w o llen E in ig e die Ζα^όξοι u n te r s c h e id e n , o h n e j e
d o c h b e s tim m te K rite rie n a n z u g e b e n . $ . d ie A u s le g e r
z u T h o m a s M a g is te r p . 4o4 s q . e d . B e rn . A u c h w e rd e n
£(ν/χαστα/g e n a n n t, c f. J a b io n s k i O p u s c c · II· p . 349·
349
weisen dort verschiedene Priesterordnungen nach, wie
sie bei Clemens stehen, als diePastophoren, Hierogram-
mateis, Propheten ond dergl. Hiermit ist das Relief
des Hansea Matthäi in Rom zu verbinden, welches eine
Isisprocession darstellt, bei Bartoli Admiranda Rom. an·
tiq. tab· 68. und jezt im Museo Cbiaramonti tab. II. pag.
5 sqq. Vergl. Winchelmann's Geschichte der Kunst I.
(seiner W erke 111. Band) S. 119 der neuesten Ausgabe·
Sehnliche Processionen von Priestern mit dem heiligen
Schiffe (denn auf SebifTen fahrend werden ja die Aegyp*
tischen Götter gewöhnlich vorgestellt) kommen auf alt-
Aegyptisohen Denkmälern sehr häufig v o r , z. 8. auf den
Sculpturen von Phila und Elephantine. Hier nur einige
Beispiele und Bemerkungen: An einem Pylon des grofsen
Tempels zu Phila hat ein solches SchifiP einen Isishopf
und manche andere bemerkenswerthe Ornaesente, die
ich der Kurze wegen ubergehe , um an einige Parallelen
mit Ebraischen Festgebräuchen zu erinnern· Vier Prie
ster , und zwar in langen Röchen, tragen es an Stangen,
und ein kleines, mitten im Schiffe stehendes Tempelchen
wird von geflügelten Figuren gleichsam beschattet. V or·
aus geht ein Knabe mit einem dampfenden Weihrauch-
gefafse. Hier vergleicht nun Lancret (Descript. deTEg.
Antiqq. YoL I. pag· 96·) die Nachrichten der Bibel von
der Bundeslade, die von Leviten, in linnenen Kleidern,
an Stangen vom Holze Setim getragen wird; rergifst
auch nicht der Cherubim zu gedenken. Das Schiff,
meint e r , pafste nicht in das Mosaische Ritual für Palä
stina· Die alten Alhenicuser behielten, wie im Verfolg
11} S . d a r o b e r d ie S a m m lu n g e n b e i S p e n c e r d e le g ib . H e b r·
ritu a l· p- Hi8 ed. P faff. u n d w as B iel iin T h e s . V · T . lH .
p . 5 9 l . n a c h w e is e t, v e r b u n d e n m it H e rd e rs B e m e rk u n g e n
v o m G e is te d e r E b rilis c h e n P o e s ie I· S· 181; u m n ic h t
M e h r e r e s a n s u fiih re n .
a5o
bemerltt werden wi r d, ein FettschiiF an den Panathenaen
bei. Unter den Sculpturen an dem Pallastc τοη Kamah
liommen ähnliche Processionen mit Schiffen T or, worauf
entweder Monolithen (Capellen aua Einem Steine) oder
heilige Laden etehen. In leteteren yerwahrte man die
Götterbilder9 bis man sie an Festtagen brauchte (sieh.
Ameilhon Eclairciss. sur Tinscr. de Rosette^ Paris i 8 o3 .)»
Ebcnda&elbst werden colossale und mannigfaltig ausge-
schmüchte Schiffe geweiht. Denn man mufs hier an Do-
nanen denhen, wenn man die Stelle des Diodorus 1.
p. 67 Wessel, liest. Dort wird nämlich von einem 280
Ellen grofsen Schiffe erzählt, auswendig mit G old, in
wendig mit Silber behleidet, das Sesostris dem höchsten
Gotte KU Theben weihete. Die bemerhten Sculpturen
liefert uns jeet die f>eecript* de TEg. Antiqq. Yol. Ilf.
(Tiieben) pl. 3 a und 33
Hierbei entsteht nun die Frage, ob die alten Aegyp-
ter auch P r i e s t e r i n n e n hatten , deren Beantwortung
nach Horodot. 11. 35 . verneinend aosfallt; womit jedoch
die Angaben des Jovenal Satir. VI. /4889 Persius Satir
y . 186. und Appulejus de Abstin. II. p. 363 . in geradem
Widerspruche stehen. Auch werden wirhlich in der In
schrift von Rosette P r i e s t e r i n n e n erwähnt. Man
vergleiche über diesen Gegenstand die Untersuchungen
Winchclmanns, Gesch. d. K. I. S. 89 und die Anmerhh.
S. der neuesten Ausgabe, Zoega’s de obeliscis Sect.
IV. cap. 2. §. 3 . no. 24, Visconti’s zum Museo Pio Cle
ment. Tom. VII. tftb. 6. und Böltiger's in den Ideen zur
Archäologie der Malerei I. S. 89 f· — In dem Aufzuge
des Königs unter den Reliefs von Medina-tabu wollen die
Französischen Gelehrten eine P r i e s t e r i n n mit dem
Kopfschmuclie der Isis sehen (s. Descript. de lEgypte
if) Sieh, die Copie von pK 33. nr.5 $ auf unserer Tafel XV·
Nr. 4.
ü5i
$. 3.
A n d e u t u n g e n des U r s p r u n g s u n d W e s e n s d e r
A e g y p t is o h e n Religion.
19) O d e r ih r i r d i s c h e r M i m u s , ü n i c r d ie se m N a m e n
e r h o b e n ih n d ie A e g y p te r s e lb s t. P h i l o ( d e V iU
M u s is lib . in . p . 6S2. p. 164 M a n g .) , n a c h d e m e r v o n
je n e n reg eh n S f^ig en ß r s c h e in u n g m hei d ie se m F lu sse g e
r e d e t , fa h rt s o f o r t : — θιοιτλαστουσ/, τψ riy Ν^ίλ^ν
AiyiixTutf οις d v r < ^ < ^ e v o i / p a v o ü 'γβγον^τα·
253
in Abrede stellen , dafs in fVnher Yoinseit die in Aegyp
ten sich ansiedelnden Menschenstüninie znerst denselben
Gegenständen ihre Yerehrnng widmeten, wie z. B. die
Anwohner der Syrischen Seen, die ersten Pflanzer in
der Dodonäischen Wildnifs und noch heut zu Tage die
Neger\ 5 Iker des inneren Afrika. Die Glaubenssumme
jenez* Urägyptcr beschränkte sich gewifs im Wesentlichen
auf folgende drei Dinge :
Zuvorderst auf F e t i s c h i s m u s , Pflanzen- und
Thierdienst besonders — und der grdfste Fetisch war
eben der Nil selber.
Zweitens auf S t e r n d i e n s t » Verehrung der Sonne,
des Ivlondes und der Planeten.
Drittens auf einen Behelf von A n t h r o p o l o g i e :
Ahnungen von der Seele Kraft und Dauer, so lange der
Leichnam in seiner Gestalt beisammenbieibt. (ln Län
dern , wo der austrocknende Wind im beifsen Sande
eine Art von natürlichen Mumien bildet, mufste jener
dämonische Wahn von dem Verweilen der Seele um den
todten Körper und vom Hinüberflattern, nach dessen
Zerstörung, zu einem andern, mufste also leicht jene
rohe Meinung von Seelen Wanderung entstehen; wovon
sich viele Spuren finden.)
ln solcher Rohheit des Fischer- und Hirtenlebens
zeigen uns aber die ältesten Nachrichten der Bibel das
alle Aegypten nicht. Im Gegentheil schon im ersten.
Boche des Mose zeigt sich Memphis als eine königliche
Hauptstadt, ausgeschmückt mit Allem, was agransche
Cultor in einem höchst fruchtbaren Lande, was eine
geordnete bürgerlicheΛ'erfassung verleihen kann; schon
erscheint diese Stadt als das Ziel von fremden Caravanen,
üherhevolkert und durch alle Zweige von Civilisation
verfeinert, ja schon in nicht geringem Grade entartet. >—
Und doch, scheint es, ham Memphis erst zu dieser Hohe,
als Thebä schon im Sinken war. Beide aber sind Königs-
λ 57
5. 4.
Isis nnd Osiris*
Nach diesen Vorbemerkungen wenden wir nns zur
Betrachtung der Λ egyptischenReligion selbst, und zwar
zuvörderst von dem Standpunkte des Nationalglaubens
aus. Ihm zum Grunde aber liegt der Mythus von Osiris
und Isis, welcher die Leidensgeschichte eines grofsen
22) Man vergleiche, was ich über die sacra Philensia in den
CommenUU« HerodoU. $. 15. bemerkt habe , Indem wir
:>65
a ll, y/o ein Glied gefunden worden , stiftet man Gräber,
und wo die Glieder des ertcblagenen Osiris ruhen, da
29) D ie S o n n e n a c h d e m W i n t e r s o l s t i t i i i m , noch
im trltgeren Gange und schwach erscheinend, jedoch
allmShlig wachsend, ward als H a r p o c r a t e s vorge-
Stellt, als der lahme, hinkende Gott, den Isis vom kratt-
losen Osiris geboren; $. oben. Sein Aegyptischer Name
war Phoch rat , der Jenen körperlichen Feh
ler bezeichnete; s. Jabionski Voce. Aegyptt. pag. 38. und
Ciiperi Harpocrates. Der bedeutend auf den Mund ge
legte Finger und die kahle Seite des Kopfes waren nicht
minder charakteristische Merkmale dieses Wesens.
αη 8
B4) Man könnte die vier7chn Stufen auch beziehen auf die
Scala des Nilwassers und seine höchsten erwünschten
Stufen; vielleicht haben auch die vierzehn Stücke, in
die des Osiris Leichnam vom Typhon zerrissen ward
(Plutarch. de Isid. et Osirid. pag. 357.) , damit Zusam
menhang.
35) D e Sacriöcio et Magia ed. Ficin. Tornaes. p. 276 sq.
36) Man vergleiche nur Cuperi Harpocrat. p. l4. und D io
nysus p. lyz.
286
dabei dachte, daft die Natur in sich hat männliche und
'weibliche Kraft; wie natürlich war e s , dafs e r, so z a
sagen, hier das Brautbett seiner Götter erkannte, und
dafs sein naiver Sinn die im Blumenkelche sichtbaren
Theile auf den Phallus und Myllus bezog; gleichwie der
alte Indier eben darin den Joni-Lingam verehret. Darin
sah aber auch wieder der sinnreiche Betrachter die W ahr·
heit, dafs die guten GStter nie sterben, dafs die Vegeta·
tionskraft der Natur nimmer untergehen werde.
$. 5.
W enn wir also gesehen haben , wie das höchste
W esen sich seiner selbst entäufsert, wie es zuletzt als
Güte und Liebe — als Osiris — sich offenbart, wie
diese dann aber auch in den Kampf mit dem Bösen ver
wickelt wird (denn die Liebe kann sich nur zeigen durch
ihren Gegensatz, durch das Buse, Typhon), wie dieses
Göttliche Menschliches fühlen, leiden und dulden inufsy
w ie die Liebe den Gott, um Heiland seines Volkes zu
w erden, bis in den Tod hineintreibt; wie also, mit Ei
nem W o rte, Osiris sterben miifs, damit aus der dürren,
W'üsten Einöde jenes segenreiche I<and der mächtigen
Pharaonen werde — wenn wir Alles dies zusammen-
ag6
faseen, so >verdcn wir leicht als die W urzel und Grund
idee dieser Religion ein E m a n a t i ons - u n d E v o l u ·
t i o n s s y s t e m entdechcn. Ganz anders beiden Grie
chen. W enn sie gleich jenen Amun hatten, der ihnen
als FeuerhraR Zeushiefs, so hatten sie auch H e r o e n
d i e n s t ; und es war ihrer Denhart eigenthumlich, sich
vorzustellen, dafe Könige , Priester, Sänger, überhaupt
solche , die sich auf irgend eine W eise um die Menschen
verdient gemacht und ihnen Wohlthaten erzeigt, ent
weder nach ihrem Tode, oder sogar ohne Tod, eine
Gattung von Mittel wesen zwischen Göttern und Men
schen würden, H e r o e n , die bisweilen bis zu Göttern
selbst erhoben wmrden. Ihnen waren Feste, Altäre, Ka
pellen , einigen sogar Tempel und ein eigener Ritus und
Cultus, angeordnet. An diese Ansicht gewöhnt, honnte
sich der Grieche, wenn er irgendwo von einem Gotte
vernahm, der auf Erden gewesen, denselben nicht an
ders denken, als einen gewesenen Menschen, der sich
durch seine Verdienste zum Himmel von dieser Erde
empor geschwungen. Mithin beruhete ein Tbeil der
Griechischen Religion auf der A p o t h e o s e , und der
Volksglaube der Griechen entfernte sich weit von jenem
Emanationssystem, das durch alle Religionen des Orients
verbreitet ist. lieber diesen Unterschied druckt sich
Maximus Tyrius in Dissertat. VIII. 5 . p. 187 seq. Reisk.
treffend so aus : yilv peal άνΒ^ώποις dyoe-
&οΐς, χαΐ Ti^copTat^ αντώρ αί ά^ρημονντοίΐ Sk
αΐ σνψφοραί Sk Αιγνπτίοις Ισοτιμίαν ίχειτό ^εΐον
τιμής καΐ Saκ^vωp, Ich habe diese W orte oben p. 175.
deutsch mitgetheilt. Uebrigens vergleiche man meine
Commentatt. Herodott. I. cap. st. §. 17, Wenn wir eben
Osiris betrachteten, wie e r , der G ott, aus Gott gebo
ren , sich auf die Erde aus den himmlischen Sphären
hcrabläfst, und Menschliches, ja das Härteste» leiden
niufs, so konnte sich der Hellene mit diesem Gedanken
^97
eines auf dieErde aus seiner Seeligheit herabgestiegenen
und leidenden Gottes schlechterdings nicht rertragen;
e r hatte nur heiteret seelige Götter, die allein von
Nectar und Ambrosia unsterblich leben, und heineNotht
liein Ungemach, me es den Sterblichen auf dieser Erde
beschieden ist, kennen. Mithin konnte, nach G r i e ·
c h i s c h e m y o l k s g l a n b e n , nur ein M e n s c h oder
ein H a l b g o t t Menschliches erleiden; darum mufste
auch der Griechische Osiris-Dionysus von einer sterb
lichen Jungfrau geboren werden , während dem Aegyp-
tier der Gott in der Qualität der Liebe erscheint, die
ihn t um Retter und Heiland seines Volkes zu werden,
bis in den Tod hineintreibt. Es ist so gewissermafsen
in allen ernsten orientalischen Lehren das Christenthum
in seinem Keime vorgebildet. Bei diesem grofsen Zwie
spalt zwischen Hellenismus und allen orientalischen
Religionsanschauungen darf es uns daher wohl nicht auf
fallen, wenn redliche Forscher in Verlegenheit gera-
then. Plutarchus, der gelehrteste und frömmste Hel
lene ( s. de Isid. et Osirid. pag. 467 W yttenb.) , schlägt,
um ihr auszuweichen, einen Mittelweg ein. Einerseits
h a l t e r e s fur unschicklich, anzunehmen, dafh Isis und
Osiris Götter gewesen; er pflichte mehr, sagt e r , der
Meinung derer hei, die sie für D ä m o n e n (Genien)
hielten, d. i. für Mittel wesen, die nur halb in die Mate
rie hineinfallen. Allein davon weifs die Aegyptische
Lehre gewifs nichts; und wir sehen hier ein recht deut
liches Beispiel, wie grofs die Macht der Erziehung, Mie
tie f der Eindruck ist, den das Vaterland mit seiner Re
ligion auf einen sonst sehr kräftigen Geist zu äufsem im
Stande ist. Anders bei denen, die dem System der
Apotheose huldigen. Es hatte sich nämlich in Alexan
drien , bei dem dort herrschenden Verkehr aller Völker
und Religionen der damals bekannten W e lt , ein System,
das wir nach seinem Stifter, dem EpikureerErhemerus,
agS
der za Hassanders Zeiten blühete, das E y h e m e r i e t i -
s c h e nennen können, gebildet; vornach alle Götter
und Göttinnen der Hellenen und Barbaren Tormals Men
schen gemsen wären , die wegen ihrer Verdienste dareb
die immer gesteigerte Verehrung der Nachwelt zu Göt
tern erhoben worden sejen. Es mufste dieses System
zu jenen Zeiten des sinkenden Glaabens und der zuneh
menden Frivolität natürlich aufserordentlichen Beifall,
besonders bei den Bömern, finden; wiewohl auch ein
zelne Männer von frommem Sinne, wieKallimachus, sich
ihm kräftig widersetzten; ja ^ es findet noch jezt bei Vie
len grofsen Beifall. W ir würden dessen ungeachtet nicht
länger dabei verweilen ^ wenn nicht einer der gelehrtesten
Forscher neuerer Zeit, Z o e g a , in seinem W erke über
die Obelisken, sich dieser Meinung hingegeben, und sie
auf die Aegyptische Religion angewendet hätte. Es glaubt
nämlich dieser Gelehrte in der Stelle des Herodotus II.
128, wo er von den Pyramiden des Hirten Phllition {noi·
μένος Φιλιτίωνος) ^ der dort einst seine Heerden geweidet,
spricht, den Grund des ganzen Osirisroythus gefunden
zu haben. Hiernach wäre der Mythus von Osiris nichts
weiter, als ein historisches Ereignifs in der Aegyptischen
Geschichte, und er selbst ein um Aegypten verdienter
und deswegen nach seinem Tode vergötterter König.
Aegypten nämlich empfing seine Bevyobner (so stellt sich
Zoöga die Sache v o r) theils aus Arabien und Syrien,
Hirten und Nomadenstämme, roh und noch uncultivirt,
theils aus Aethiopien oder M eroe, wo schon vorher ein
vollkommen ausgebildeter Priesterstaat bluhete. Letz
tere, ein stetes, ackerbauendes Vol k, verbreiteten sich
von der ThebaYs aus immer w eiter nach Norden hinunter,
längs dem Nilthale, und so mufsten sie mit den von
Norden hereindringenden Hirtenvölkern in Berührung
kommen; was dann viele K riege, mit abwechselndem
Glucke von beiden Seiten geführt , zur Folge hatte.
^99
In diese Zeit nun fallt die Geschichte des Osiris, wel·
e h e r, nachdem er von Aethiopien aus nach Aegypten
gekommen und durch seine gemeinnützigen Erfindungen
als Prieeterkdnig seine TöJker in der Thebais beglückt
hatte, endlich sogar im Kampfe fürs Vaterland von der
Hand des Hirtenkonigs Baby (den die Griechen l'yphon
nennen) den Tod erlitt· Dies verbreitete in dem ganzen
hierokratischen Staate eine allgemeine T rauer; man be
stattete den in seinen edlen Bestrebungen gefallenen Ho
nig feierlich, man balsamirte ihn ein, bauete Todten-
stadte, und feierte sein Andenken durch Bilder, Lieder,
Tempel und F este; und so ward Osiris, der gute Honig,
zum guten Gotte. Spater, als die Ackermänner obsieg
ten, als es ihnen gelang, die Hirten wieder aus Mittel
und Unterägypten zu vertreiben und sich wieder dort
fest zu setzen, errichteten sie dem guten Gotte, der
einst als Taterlandsvertheidiger dort gefallen w a r, zu
Ehren Obelisken und Pyramiden; und w'enn Herodotus
von Pyramiden sprichtf welche die Aegyptier die des
Philitischen Hirten nennen, der dort seine Schafe ge
w eidet, so ist eben jener Hirte Niemand anders, als der
gute Honig Osiris von Philä, der hier, wie ein Hirte,
seine Völker geleitet und regiert hatte (denn auch Ho
merus nennt ja die Könige ηοιμένες λα ό ν), der hier im
Kampfe gefallen, und dem der Dank seiner Völker diese
Pyramiden aufgebauet; der nun im Todtenreiche über sie
herrscht als ein guter H irte, so wie er im Leben sanft
und milde sie regiert und beglückt.
44) Ueherdies ist die ganze Theorie ZoKga*s auf die Hypo
these gegründet, daiS inMeroe ein Priesterstaat mit agra
rischer Cultur existirt habe, von wannen alle Aegyptische
Cultiir ausgegangen sey. Es ist aber hierbei noch die
grofhe Frage, ob sich diese Hypothese eines grofsen ci-
vilisirten Staates in Meroe vor der Cultur Aegyptens
( wiewohl neuere Gelehrte sie sehr ausgebildet und ent
wickelt haben), bei näherer und schärferer Prüfung,
halten könne. Auch mag Zoöga Zusehen , wie er sein
System, wornach ja der Beginn der Aegyptischen Cultur,
Rtligion und des ganzen Cultus etwa zwischen 1700 und
5oa
Auch müssen wir vor Allem den Satz fesihalten,
daPs das, was die neuere Metaphysik in abstracten Be«
griflen verträgt, der Orientale immer in der Form der
Geschichte darstellt· Alles, was über des Menschen
Zeit und Beginn hiniibergeht, das fallt bei ihm in der
Götter Reich« Und wenn bei ihm hier in einer unend
lichen Zeit Götter auf Gdtter der Reihe nach einander
folgen, bis endlich die menschliche Zeit beginnt, so
w ill er damit eben andeuten, wie das göttliche W esen
und der Urgrund seiner Fülle gleichsam aus sich heraus
tritt, sich seiner selbst entäufsert, und in A lles, selbst
in das Niedrigste , sich verbreitet. S o , in seiner letzten
und änfsersten Entäufserung, mufs es selbst ein Mensch
werden, Menschliches erdulden, ja sogar sterben, je
doch so, dafs e s, weil es nie von sich selbst abfallen
kann, durch seine ewige göttliche Kraft; wiederauflebet,
und der Urheber und Erhalter der sichtbaren W elt und
Natur wird.
So mufs Osiris in das AeuPserste sich herablassen,
und der Sterblichen herbes Geschick, ja sogar den Tod
erdulden, und doch ist und bleibt er Gott in seiner rei
nen , ungetheilten Göttlichkeit; aber eben dies, dafs er
sich bis in die untersten Sphären herabsenkt, und Mensch
wird, dies gerade macht ihn zu einem der Götter dritter
Ordnung, ihn, der seinem Wesen.nach den Göttern er
ster Ordnung absolut gleich ist.
Freilich ist diese Ansicht der Griechischen schnur-
straks zuwider, aber nichts desto weniger ist sie die
wahre und richtige. Nicht Priester, die sich mit den
Königen verbanden, diese nach ihrem Tode unter die
Götter versetzten, und sie dem Volke zur Anbetung
1500 vor Christi Geburt fSIllt, mit der Bibel und den M o
numenten in Stein, die wir auf mindestens 2500 Jahre vor
Chr« Geb· zurQckdatiren m üssen, in Vereinigung bringt.
3o5
darstellten, haben so den Anfang aller Religion und
Gottesrcrebrung bewirbt, sondern indem sie eben in der
Natar jenes göttliche Wesen entdeckten und fühlten,
und das ihren Völkern als Gott zur Verehrung hinstell
ten , was sie selbst auf irgend eine W eise ahneten und
fühlten, dessen Wirkungen sich ihnen offenbarten, und
was sie selber als die Bedingung ihres eigenen Lebens
und ihrer eigenen Existenz erkannten«
K urz, nicht Apotheose, nicht lebender Menschen
Yergölterung, ist W urzel der Aegyptischen Religion,
sondern N a t u r l e b e n und N a t u r a n s c h a u u n g .
W enn wir also in Osiris nicht den durch die Liebe
und den Dank der Nachwelt zum Gott gesteigerten Pha
rao erblichen können, so war er doch Vorbild und Mu
tter eines jeden Pharaonen ^). Schon Plato (PoHt. p*
290· d.) weife, dafs cs in Aegypten kein Königthum giebt
ohne priesterliche W eihe; es waren aber die Könige
(nach Plutarch. de leid, et Osir. p« 354 * p· 45 a seq. W yt-
tenb. verbunden mit Diodor. Sic. L 70.) theils aus den
Priestern, theils aus dem kriegerischen Adel genommen«
Sie wurden erzogen in den Tempelhallen, und bedient
nicht von Sklaven, sondern von unsträflichen Priester
söhnen , die über zwanzig Jahre alt waren, und vor den
übrigen eine gute Erziehung und Bildung genossen hat
ten. Hatte der König den Thron bestiegen, so wurde
er dabei in die höheren Grade der Priesterwissenschaft
aufgenommen, deren hermetische Verschlossenheit die
Sphinx andeuten sollte. Sie regierten aber nicht, wie
in andern monarchischen Staaten, willkührlich und un
umschränkt, sondern ihr ganzes Verhalten war verant
wortlich und nach gesetzlichen Vorschriften bestimmt.
$. 6.
Bildliche Darstellungen der V o lh s g o t t-
beiten.
Eine grofse Zahl von P e r s o n i f i c a t i o n e n diente
zur Bezeichnung jenes Sonnenjahres, so wie jener V er
bindung der Jahresgottheiten unter einander. W ir wol
len# aufser dem schon oben Bemerkten, als Beispiele
einige ausheben# mit Beziehung auf die unten beigefüg
ten Abbildungen. Unter den Sciilptureu der besten Art
in den Ueberbleibseln von Karnak, nördlich vom Paltasie
daselbst, auf einem Monolithen, sieht man sechs Figuren,
die sich die Hände reichen, darunter Isi s mit der Kugel
5* 7·
S e r a p i a.
Unter den allgemeinen Gottheiten Aegyptens trat
nachher der Nationalgott unter dem Namen S e r a p i s ^
4 7 ) U e b e r die B e d e u tu n g d e s N a m e n s , d e n s c h o n d ie A lte n
v ie lfa c h zu d e u te n u n d zu e rk lä r e n s u c h te n , h a t s i c h
n e u lic h M u h l e r t e r k lä rt in d e r L e ip z . L itt. Z e it . 1S15·
p a g . 179*)· E r s u c h t d e n s e lb e n a u s d e m E b rä is c h e n z u
e rk lä re n , so dsf^ e r b e d e u te e n t w e d e r : d e r g e h e i m -
n i f s v o l l e S t i e r o d e r: d e r H a u p t s t i e r . P lu ta r «
o b US de fs id . e t O s ir . p · 362. p . 4 S i W y tte n b . ( a u f w e lc h e
S te lle w ir n o c h ein m a l w e ite r u n te n z iirQ c k k o m m e n w ar«
d e n ) ei k lä r t S e ra p is d u rc h cuφ(/cσvvι; u n d γα^μοσυνη. J a *
M o n s k i, w e lc h e r d e r M e in u n g ist (s . V o c e . A e g y p tt. p . 2 SS
a t | . ) , a ls se y d a s W o r t z u s a m m e n g e s e tz t a u s S a r - a p i ,
u n d b e d e u te e in e A r t N i l m e s s e r , e in e S ä u le , w o ra n
d ie G ra d e d e s w a c h se n d e n N il b e m e r k t w o r d e n , s c h e in t
d a b e i n ic h t g e n u g b e d a c h t z u h a b e n , w i e i n n i g b e i
5i3
(desten Alter wir nicht kennen) in einem weil herrschen
den Cultus herTor^ und verdonkelte fiogar alle übrigen,
besonders seit der AleKendtinibchen Zeit^ und noch mehr
in der folgenden Periode^ da die dem ausländischen
Dienste ergebenen Hümer ihm den Begriff des allerhüch·
eten Gottes beilegten. Der Ursprung seines INemens ist
eben so nngevrib, wie der des Osiris. Seit Alexanders
Zeit trat er bestimmt an die Stelle des Osiris, und iwar
in allen Beaiehungen. Begriffe von ihm: Herr der Ele
mente, Inhaber der Schlüssel des Wasserreiclis und des
Mil, Gott der Erde, Vorsteher über alle tdlurisehen
Kräfte und Gott der Untenveit; Geber des Lebens,
Todtenrichler und Bcgnadiger im Tode. Daher seine
doppelte Bedeutung : er ist der freundliche und der
furchtbare. Jenes ist er als Nährer nnd Urheber des
Reiehthams, als Erhalter und A ra l, und in so fern mit
dem Aesculapius identificirt, als Tischgott und Freuden
geber; dieses ist er als Gott der Wintersonne und der
Finsternifs, als Herrscher über das Todtenreich. Daher
er auch seinen Sitz in den Nekropolen hat; daher auch
die Formeln und Gebete an ihn auf Inschriften und Mn-
luiendecken.
So wie dort dem Osiris A n o b i s (und Hermes) bei
gesellt war, SD auch hier dem Serapis, und zwar in allen
Beziehungen, sowohl dem Nil - und Wasseigotte und
dem Naturbeschlicfser, als dem Heriwcher in der Unter-
w elt und Todtenrichler. Die Ausbildung dieser Ideen
von Serapis scheint in die Zeit der Ptolemäer zu gehö
ren» Der Ursprung seines Dienstes aber ist älter. Man
den A e g y p tie r n d e r G e d a n k e an e rq n i c k e n ·
d e s W a s s e r m i l d e r n an H e i l u n d G l O c k s e e «
Jigkeit, welche den R ein en und U nachnldi-
gen O siris, der H errscher der Unterwelt
( S e r a p i s ) , s u t h e i l t , v e rb u n d e n war»
5t4
verehrte ihn au Bhahotis ltnge vor £rbdiiiiiig von Alex·
andria» und in Mittel- und Vorderasien ^ so wie in G rie
chenland^ finden sich Spuren einer etwas früheren Be-
hanntschaft; mit diesem Wesen« Ja vielleicht kannte ihn
das alte Memphis schon, wie sieh aus Vergleichung meh
rerer Stellen des Herodotus und Anderer vermuthen
laHst· Gans neuerlich hat man unter den Tempelbildern
von Tentyra I in einer plumpen menschlichen Figur mit
ernenn langen Schwanke am Rücken und mit dem Modius
auf dem Kopfe (bei D e n o w pl. ii6. hg. 5 . denSera-
pis erkennen wollen^ in der Eigenschaft eines Gefihrten
dea Typhon, alseinen furchtbaren, büscn Genius (sieh.
B h o d e liber den Thierkreis p. 9s.). W äre diese Hy
pothese gegründet, so würde Serapis hoehstwahrschein-
lich dem alten Pharaonen·Aegypten angchoren. Die Idee
des b ö s e n und f u r c h t b a r e n Geistes widerspricht
den nachher herrschenden Begriffen von Serapis nicht·
wie sich ous dem Obigen ergiebt; und bei dem Unter
gänge so manches alt-Aegyptischen Gotternamena wäre
auch der Umstand erklärbar, dafs keiner der älteren
Schriffsteller dessen gedenkt. Doch fordert jene Annah
me, um auch nur einen hohen Grad von Wahrschein
lichkeit XU erhallen, noch anderweitige Bestätigungen.
Um die bildlicho Voisteliung des Serapis xu fassen,
mufs xuvorderat an den C a n o b u s erinnert werden.
Unter diesem Namen kannte und verehrte man einen
der Naturgöiter, die man bald die g r o f s e n , bald die
g u t e n vorxugsweise nannte. Auch gab man dem Na
men bald die Bexiehung auf die Fülle und Segnungen
der Natur, und fand die Bedeutung des g o l d e n e n
B o d e n s darin, mit Hinweisung auf das fruchtbare Ae
gypten. Seine Gestalt neigte den Nilkrug oder sonst ein
J e t t in d e r D e s c rip t. d e T E g . L iv r . Π Ι . pU 33. S ic h e r e r
h e if s t e r w ü h l e in C abire«
5iS
5S) S . u n te n T ab. f . n r . 8 .
S9) S u n te n T a b . I . n r . 9· D ie B ew eise f ü r d ie V o rs te llu n
g e n , S y m b o le u n d M yU ien d e s S e ra p is - u n d C a n o b u s «
d ie n s te s finden s ic h im D io n y s u s p . 185 s q q . 5 . w eite r u m e n ·
5 i7
$. &
T y p h o n
Die ganze Priesterlehre der alten Aegyptier war^
Vi^le wir schon oben gesehen haben, auf Beförderung
agrarischer Cultur gerichtet , und wir sehen letztere
auch durch das ganze Nilthal yerbreitet, so weit eben
die Beschaffenheit des Landes Acherbau und feste Wohn
sitze gestattet. Daher denn auch das Niltha] das Land
wrar, das den guten Gdttern, Isis und O siris, angehörte,
w orin, nach gemeinem Glauben , diese einst regiert, und
ihre Λ"ö]l(er unter andern durch die Wohllhaten des
Ackerbaues beglückt hatten. Hingegen die an Aegypten
angränzenden Landstriche t welche, von der Natur we
niger begünstigt, keinen Ackerbau zuliePsen, wurden
als verflucht und unter der Herrschaft eines bösen Gei
ntes — l'yphon — stehend betrachtet. £r hat aber ein
gedoppeltes R eich; einerseits die brennenden und vom
Samum durchgluheten Sandwüsten Libyens und Syriens,
andrerseits die böse Dünste aller Art ausbauehenden
Sümpfe und Moraste an den Nilmündungen, in dem un
teren l'heile Aegyptens, besonders in nnd um den 8er-
bonischen See und in der Syrischen W ü ste, wo der
Flugsand den Aufenthalt so beschwerlich und oft ge
fährlich macht. Daher, wie Plutarchus (vit* Anton*
cap. 3 . pag. 917· A .) angiebt, diese Gegenden von den
Aegyptiern Ύνφωνος ixgivoai, Ausbauchungen des Ty-
phon, genannt wurden. Demnach war der Grundbe
g riff des Typhon d er, dafs man sich im Allgemeinen
unter ihm a l l e b ö s e n E i n f l ü s s e u n d K r ä f t e
6 0 ) A u s f ü h r lic h e r bähen w ir v o m T y p h o n g e s p r o c h e n in d e m
xw citeit C ap itel $· 2*2. u n s e r e r H c ro d o te is c h e n A b h a n d lu n
gen, w o ra u s d ie s e r A b s c h n itt s u m T h e il g e n o m m e n is t.
5t6
θβΓ N atur überhaupt d a s B o s e s e l b s t , in
p h y s i s c h e r und e t h i s c h e r B e z i e h u n g , dachte.
Es hat ober diese Idee sehr viele Formen angenommen,
zumal unter den Griechen, von der filteren Theogonie
an bis KU den spfiteren Dichtungen herab (s. Moser zu
Nonni Dionysiaca VIII. ?s. 373. p. 181 sqq.), und ist in
Aegypten auch mit der Landesgeschichte in Verbindung
gebracht. Daher auch jene Uirtenvolher an den Grän
zen Aegyptens, die, an ein unstetes Leben gelohnt,
sich nicht k u festen Wohnsitzen, mit Acherbau verbun
den , bequemen konnten, von den Priestern tief verach
tet und verabscheuet wurden, und jegliche Bosheit,
jeder Frevel ihnen zugeechrieben wurde; ja man nahm
sogar von ihnen V ieles, das man auf den bösen Genius,
auf das böse Princip selber — Typhon — übertrug und
diesem beilegte. Daher denn auch das Thier des Typhon
der E s e l ist (im Gegensatz gegen den S t i e r , als Sym
bol der agrarischen Cultur). A uf ihm stellt or dem Ho-
rus-Apollo nach, den Latona auf der Insel bei Buto
verborgen hat (s. Herodoi. II. i 56 · ) , und darum wird
64) Den Hafs des Meeres bei den alteren Aegyptiern mufs
inan aber nicht, mit de Pauw und andern Neueren, da-
3ao
in den verscliiedenen Namen niedergelegt, als Ty p h o n ^
B e b o n , S my , S e t h · Vorerst hicfs Typhon, nach
135). — Diese Idee liefee sich doch auch $0 mit der älte
ren Vorstellungsart vereinigen» dafs man annähme» der
Aegyptier habe bei der Isis gegen den leinctsellgen und das
M eer beherrschenden Typhon Schutz gesucht.
Es gab auch eine M a r i a P h a r i n » welche ein
Griechischer Dichter mit der V^enus vergleicht» und ein
Maler als Cliharspielerin abgebiidet hatte; Paulus Silen«
tarius in der Anthologia graeca Vol. IV. p. 59. nr. 55. ed.
Jacobs.
Gelegentlich bemerkt» so waren auch vielleicht Liby
sche Stämme längere Zeit im Monopol der Schidahrt
im Mittehneere. Libysche Beneimongen will man iin
W orte Naphtuhim (G enes. X. 13.) und im Nephthun
linden; woraus dann Neptunus geworden; sieh. Jack-
8on*s chronologische AlterthOroer pag. 54o. Und Po
seidon als Libyscher Gott (.Herod. 11. 50. IV. 188.) mufs
auch einen Libyschen Namen haben; sieh. M Q n t e r die
Religion der Karthager p. 53.
I.
52a
§. 9.
Typhon-Antaus und S e m . H c r a h l es.
Die Acgyptischen Sagen zeigen uns die Namen T y
p h o n , O s i r i s , A n t ä u s , H e r c u l e s und B u s i r i s
88) Man wird hierin nichts weiter suchen, als eine Erinne
rung an die S a g e ( s. oben Josephiis ). Und wenn die
Israeliten anderwärts als Granzhirten verachtet worden,
80 weifs auch die Aogyptisclic Sage davon zu melden (s .
oben vom 'ly p h o n , den Einige aut* Moses bezogen).
Die Krwähiiuiig der Dü Palici ze igt uns einen anderen
Gegensatz. In ihnen sind gute Götter gegeben. Von
ihnen mehr iin V'erfolg. liier nur die eine Frage: sind
sie vielleicht indem G r u n d b e g r i f f e den Aegyptischen
Pygmäen am Nil (s. vorher) verwandt?
89) Z . B. in der Descript. de TEg. Antiqq. Vol. II. cap, 9.
sect. I. pag, <i9. Merkwürdig scheint e s , dafs auf dem
gymnas'ischen Relief zu Ehny Hassan (Descript. de TEg.
Livr. i n . pK 66. vergl. oben) M e n s c h e n h e l l e r
F a r b e mi t s c h w a r z e n r i ngen.
90) ln der^£κφ^ασ/( και Avro/bv a. a. O·
341
10.
S e m - H e r c u l e s in d e n M y t h e n d e r N a c h b a r
länder.
Ehe wir nun den Hercules in Aegypten mit dem Tode
bedroht^ in Libyen aber gar sterben sehen , dem Osiria
gleich, Yon Typhons Hand , müssen wir die Verzweigun
gen dieser NaturTabeln etwas weiter in der Umgegend
verfolgen. Die Religionen von Cypem und Cilicien tref
fen auiVallend mit manchen Africantschen Gebräuchen
zusammen. Man honnte dabei au eine Sage erinnern,
wonach ein Cyprischer Stamm aus Aetbiopien seine Ab-
hunft herleitele (H erodot. VH. <)o.). Doch uns ist es
hier mehr um die innere Verwandtschaft der Gebräuche
zu thun. Um diese hürzlich ins Licht zu setzen , müssen
wir eine kleine genealogische Tafel vorausschichen,
an die wir unsere Begriffe anreihen hünnen.
C eph alus^ Aurora
I
Tithonus
Phaethon
Astynous
Sandacus ^ Pharnace
I
Cinyras Metharme, TochlerPygmalions
l
/ ■ " I ■■■I I ^ ^
Oxyporus, Adonis, O rsedice, L aogore, Braesia.
$. 1 1.
B u s i r i s und S e m - H e r cules.
Auch hatte einst ein Widder dem Hercules das L e·
hon gerettet· Das Thier scharrcte in dem Sande eine
Wasscrqiiellc auf, und nun honnte der yon Durst er
mattete W^anderer sich erquichen (Statius in Thebaid«
III. 476. ibiq. Interprett.). Demselben Hercules hatte
sich, auf wiederholtes Bitten seinen Vater zu sehen,
Juppiter - Ammon, mit einem %Vidderfelle umhangen,
gezeigt, und nun war seine Sehnsucht gestillt. Darum
feierten die Thebäer in Aegyplen am Festtage ihres Am
mon dieselbe Widderepiplianic 1, w'enn sie Som-Horcules
Bild in Juppiters Tempel trugen (Herodot. II. 42.)· —
Das waren festliche Perioden auf Erden , abgespielt von
dem Kreise der Licbttbiere am Himmel. Darum raufste
auch zu Juppiters l'einpel dort die Kestprocession durch
die Allee der liegenden Widder gehen, wovon die Üc-
herbleibsel noch jezt den Pieisenden die heilige Strafse
der Thebaiter nachΛveisen Das waren fröhliche
Feste. Aber in demselben Aegjptenlande sollte derselbe
Gottcrsohii ein andermal eines traurigen Opferfcstes
Held und Mittelpunht w^erden· — Und das Unheil ham
ihm von demselben Eilande C y p e r n her, wohin er als
Sandacus Priesierhdnige seines Geschlechts geliefert
hatte Es geschah dies auf dem Zuge nach Libyen
115) MiVttJi ewAupo; Odyss. XIX. p. 178. cf. XI. 31!. und dar
über unsere Briefe Über Homer an Hermann p. 44. 75 f·
Andere wui^ten jedoch nur von einer achijtthrigen Dürre
Aegyptens 5 s« ad Hygin. fab. 66· Interprr. p .l 2 0 Staver·
359
Darstellungen dabei zu denben haben, ergiebt sich wohl
zur Genüge schon aus dem, was oben bei Herodotus von
der l'hebaitischen Jahresprocession zum Ammonsteinpel
gemeldet worden·
Und bein Name war in Griechischen Mythen öfter
genannt, als der unholde Busiris (Virgil.Georg. 111. 5.)·
Auch die mysteriösen Scencrien der Griechen müssen
ihn fleifsig benutzt haben. W ir sehen dies aus übrig ge
bliebenen Bildwerken· Bekanntlich liefern die Griechin
sehen Vasenmalereien mehrentheils mystische Scenen
— Abbildungen τοη dem^ was man in den Tempeln sah·
£in solches Bild sehen wir jezt in der Sammlung des
Herrn von Millingen ^^^)· £s zeigt uns die Scene obnge·
fahr wie Pherecydes sie beschreibt. Der König auf sei
nem Ihrone in barbarischer Pracht, zur Bezeichnung
des Aegyptischen Busiris; Tor ihm Hercules in Banden,
bewacht und gehalten von Dienern ^*7), Schon ist der
$. 12·
H e r m e s .
Nachdem wir so die Aegyptische Religion von ihrer
realen Seite, als Naturalismus, betrachtet haben, so
wenden wir uns nun auch zur ideellen; denn alle Beli-
gionen des Orients sind von der einen Seite Naturalis
mus oder, wenn man w ill, Materialismus; aber auch
von der andern Seite mehr oder weniger Idealismus.
W enn O s i r i s ein grofser Naturleib ist, wenn sich in
ihm das einzelne Natnrleben als Ganzes zusammendrängt,
so ist im H e r m e s dargestellt das v e r k ö r p e r t e
g e i s t i g e L e b e n , mithin das S e l b s t s c h a u e n t
D e n k e n und das L e h r e n und S c h r e i b e n .
Dieser Genius der höchsten Wissenschaft und W eis
heit an welchen die Aegyptische und Phönicische
135) Ein Basrelief auf der Insel Philä zeigt uns eine bunds
köpfige Figur mit einer Schreibrolle in der einen Hand}
mit der andern ist sie im Begriff zu schreiben (s. Descr.
de TEg. Vol. 1. Amiqq. pl. 13. fig. 3. und dazu den T ex t
VoU II. p. 380; vergl. auch Mahne Darstellung der Le-
xicographie 1. S. 417.) — vermuthlich A n u b i s H e r
m e s c y n o c e p h a l u s , als g ö t t l i c h e r S c h r e i b e r .
< Auch unter den westlichen Ruinen auf der Insel Philä
sieht man neben dem Osiris den T h o t h , der viele Co-
lumnen schreibt, und zwar bieroglyphische; s. Lancret in
der Descript. de PEg. Vol. I. p. 44.) D er Cynocephalus
a b e r, eine dem Hermes geheiligte Affenart, war Hiero
glyphe a) des M o n d e s , wegen der Blindheit dieses
Affen und seiner Menstruation im Neulicht, daher er
auch zum Tempelaffen erhoben war; b) des S c h r e i
b e n s ; c) des P r i e s t e r s t a n d e s , weil er keine Fi
sche ifst; d) der W e l l , weil er aus zweiundsiebzigThei-
len besteht, wie diese* S. Horapolio 1. 14. pag. 26 seqq.
Pauw. Strabo XVII. p. 583. Costaz in Descr. de PEg.
II. pag. 408. Vergl. auch die Anmerk· zu P. I. $.26« der
Commenti. Herodott«
5 η5
$. i3.
D i e L e h r e von de r W e l t , vo n den G e i s t e r n ,
und von der S e e l e n Natur und S c h i c k sa l .
W ir gehen nun ü b er zu der Betrachtung der W elt-
Ökonomie in dem Geiste und d er D enkungsart des alten
l49> Ich weifs deswegen n ich t, ob der gelehrte Jom ard nicht
irre t, wenn er behauptet, die Hieroglyphe, d:e doch so
ursprünglich verwachsen mit dem Aegyptischen Urrnythus
is t, gehöre nicht dem h ö c h s t e n Alterthuiu Aegyptens
an (s. Descript. de l’Eg. Antiqq. Livr. JII. M ein. p.38l.
— M ehrere Nachweisungen über die Hieroglyphen habe
ich in den llerodoteischen Abhandlungen gegeben P, I.
i . 27.).
390
$. 14·
Hier mag denn auch eine kurze Nachricht von der
Todtenbestattung der alten Aegyptier, so wie eine Ue-
hersicht der damit yerbundenen Begriffe vom Zustande
des Menschen im Tode und vom Schicksale der Seelen,
ihre Stelle finden. W ar nämlich ein Aegyptier gestor
ben , so gingen seine Angehörigen sogleich zum Priester
und meldeten es. Dieser begab sich hierauf mit denen,
die einzig das Geschäft hatten, den Leichnam gehörig
ztizuberciten und einzubalsamircn, in ein dazu bestimmtes
Gebäude, und zeigte dort drei Modelle {πα^αΒ^γμαχά)
von Mumien, kostbare, minder kostbare und ganz ge*
ringe, und so bestimmte man nun auf dreifache Weise,
ίβΰ) Ueber den W o lf, der als W ächter des Amenthes dem
Todtenhcherrscher Osiris und Serapis beigegeben wird,
erklärt sich Zoega ausführlich (numi Aegypit. p. 70. und
de oheliscc. p. 307). Auch die Mumie im Grofsherzogl.
Hessischen Museum zu Darmstadt hat diese zwei cha-
rakterisiischcn Wölfe. Man vergleiche die Kupfertafel
zum ersten Theil unserer Cominematt. Herodott· und die
Beschreibung Jener Mumie daselbst.
4o9
oben aber thierb^piige Figuren und dergl. Die Farbe
h a t, wie die Untersuchungen neuerer Gelehrten, eines
Gmelin, Bluroenbach und Anderer, ge 2 eigt, eine weifse
Kreide zu ihrer Grundlage, auf welcher sie aufgetragen
ist. Sie selbst ist verschieden, und zwar sechsfach:
w eifs, schwarz, blau, roth, gelb und grün; blau und
roth jedoch am meisten. Darauf ward der Todte in das
Futteral oder den hostbar gearbeiteten und bemalten
Sarg Ton Sjkomorenholz gelegt, und bisweilen noch über
diesem in einen Granitsarkophag, dessen vier Wände
mit Sculpturen bedeckt waren (s. Zoega de obelisce, p.
544.)· Endlich stellte man die so verwahrte Mumie in
den Nekropolen oder Todtenstädten aufrecht an der
Wand auf. Es war aber, nach Aegyptischcr Ansicht,
jeder, der diese Todesweibe empfing, ein vom Hermes
geführter, das grofse Weltjahr erwartender Gollgewei-
h e te r , und dem Osiris, der selbst den Tod erlitten,
auch noch im Tode dienstpilichtiger Mensch ; und die
grofsen Grabcsstädte besonders, wo die Vornehmen bei
gesetzt wurden, hiefsen Gräber des Osiris. Denn der
Name Busiris (cf. Herodot. II. 69.) heifst nichts anders,
als G r a b des O s i r i s Dieser Ort ward zu einer
grofsen Todtenstadt, wohin Tausende der Acgyptischen
Menschheit gebracht wurden , und unter der Obhut ihres
Königs Osiris ruheten. Dort war auch ein Todtenreich;
dort war der O r t , der alles Fleisch in sich aufnahm und
gleichsam verschlang. Daher entstand denn die Fabel
der Griechen vom Busiris, als dem finstern Tyrannen
der Tiefe; eine Personification des Alles verschlingen
den , alles Fleisch fressenden, irdischen Abgrundes.
Aber nicht blos zu Busiris, sondern auch bei Memphis
170 ) Aus dieser Gegend sind auch die meisten M um ien, die
sich in den verschiedenen Sammlungen und Kabinetten
von Europa finden, und die noch jezt dahin gebracht
werden. Die Beweise habe ich gegeben in meinen Com ·
mentt. Herodott. I. §. 1 1 . p. 105 sqq.
4i3
nehmoren Aegyptier, etwa die aus den höheren Gasten^
sich hinbringen liefeen nach Abydus, weil sie keinen
sehnlicheren Wunsch hätten, als den, beigesetzt zu
werden in dasselbe Grab, wo Osiris begraben lag, und
mit ihm auch im Tode vereinigt zu seyn. Von der Hei
ligkeit dieses Ortes haben wir einige sprechende Beweise·
ln dem Tempel des Osiris durfte man dort, wie es bei
andern Göttern Sitte w a r , keinen Flötenspieler und
sonstige Art von Musik beim Opfer vernehmen, zum
Zeichen der tiefen Trauer *7^); und nach Aegyptischen
Beligionsbegrißen gab es keine gröfsere Sunde, als d as
v e r b o r g e n e Geheimnifs von Abydus gemein
z u m a c h e n (s. Porphyr. Epist. ad Aneb. p. 6 ed. Gal.)·
Dort war es , wo die G ötter, eilf an der Z a h l, als sie
auf Kilschiffen safsen und den Nil herabfuhren, die
r^achricht erhielten, Osiris sey erschlagen; wo sie als
dann Trauerkleider anlegten, die Haare abschnitten,
und den Ort zu einem Trauerhause weiheten auf ewige
Zeiten ( vergl. Hellanici Fragmm. pag. 4 ^·)·
selbst giebt davon Kunde; denn Abydus heifst, wie
Zoega (de obelisce, p. 284.) und Andere aus dem Kop
tischen ausgemittelt: m a n s i o , h a b i t a t i o p l u r i b u s
c o m m u n i s , d. i. d i e M e h r e r e n g e m e i n s a m e
"Wohnung
i85) S. Plato Reptibl. X. II. p. 6l5. p. B0\ Ast. und was ich
sonst noch in den Herodoteischen Abhandlungen I. {· ä4.
beigebracht habe.
1β6) Man vergleiche, was wir schon oben hierüber, so wie
Ober den Hermes gesagt haben, der dreimal,
aber ohne F eh l, gewandelt haben sollte. — W ir stellen
übrigens, um an den Traditionen nichts au andern, diese
milderen Aeufheruiigen neben jenen andern, wonach a l l e
wandern m üssen, auf; und es mochten wohl in den Lehr
sätzen selbst m ehrere Verschiedenheiten statt finden.
4 »4
$·
Und diese Lehre von einer Scclenwandcrung war
in iiheraus vielen Mythen und Allegorien der Aegvptier^
und besonders der Griechen, niedergelegt. W ir erin-
lti7) Die Belege hierzu sind oben gegeben, Note 137. p. 376·
Hierauf bezieht sich auch wohl jenes s a g d i d der Per^-
s e r , d. i. c a n i s a d s p i e t t . Man fUhrte ans Lager der
Sterbenden einen Hund , mit symbolischer Beziehung auf
den Hundsstern, jenen glanzenden Fixstern , dessen Auf
gang dereinst die Veijüngung der Natur und die Einkehr
in die hiinmlischen Wohnungen verkündigen werde. A uf
dem Grabmale des Darius Hystaspes sehen wir eine
Menge H u n d e ausgehauen. S. H o e c k veteris Mediaa
€t Persiae Monumenta ρ· Ι$· und daselbst tab. i .
425
ncrn hier nur an den Homerischen Mythus von der
C i r c c t an den gleichfalls Homerischen v o n P r o t e u s ^
worin wenigstens die Alten selbst ein Bild der v i e l
f a c h e und m a n n i g f a l t i g e G e s t a l t e n und F*or-
me n a n n e h m e n d e n und w e c h s e l n d e n U r ma -
t e r i e , ein Bild der F o r t d a u e r d e r S u b s t a n e
b e i a l l e m W e c h s e l d e r F o r m » erhaiinteii (ή ττραι.
^άγονος νλι; ; s, Odjss. IV. 4 »7* und daselbst Eustachius
p. 177 BasiU)· Auch Pythagoras selbst lehrte in Bildern
und Allegorien diese Seelen Wanderung; und so nahmen
die meisten andern Griechischen Philosophen, die die*
sen Satz adoptirten^ nur eine allegorische Metempsy-
chose an
Aber nicht minder häufig finden sich diese Lehren von
einem Todtcngerichte, von Fortdauer und Zustande der
Seele nach dem T od e, Seelcnwanderiing und dergl., an
den Wanden der Palläste, Tempel, Grotten und Gräber
nu Theben, Memphis und andern Orten in bildlichen
Darstellungen versinnlicht, wovon wir einige der in
teressantesten , 80 wie sie das grofse Französische W erk
liefert, hier ausheben wollen
Was zunächst das A e g y p t i s c h e T o d t e n g e
richt betrifft, so finden sich in dem I s i s t e m p e l
E r k l ä r u n g d e r H e r a u s g e b e r (p. i66.) t « D er
Todte wird hier von der Isis zum Oberrichter derTodten
(Osiris; Herodot. II. its3 .) gerührt· Die Waagschaale
zeigt das Ahwägen der guten und der bösen Handlun
gen, w'ovon Thoth das Resultat, in Gegenwart des Osi
ris , auischreibt. Das von Pfeilen durchbohrte Thier ist
vielleicht die Seele des l ’odten, der vor dem furchtbaren
Todtenrichter sieht — (Ebendaselbst p. 167·) «Das
ü n t h i e r vor dem Osiris sey das Urbild des Griechi
schen C e r b e r u s (sowi e Osiris selbst Minos, der Tod-
tenriebter, sey; Odyss. XL 567.). Der I b i s h ö p f i g e
Thoth hier sey das Urbild von dem Todtenfuhrer Hermes
(Odyss. XXfV. 1.) — und wenn man die Sculpluren in
den Grotten von Elethyia (liithyopolis) vergleiche (sieh.
Antiqq. Vol. I. .pl. 70. zur Descript. de TEg.), so
sehe man, neben den übrigen Details der Todtengebräu
che, auch den Fährmann C h a r o n , den T o d t e n h a h n
und die F l ü s s e d e r U n t e r w e l t in ihrem Ursprünge;
und es sey also vollkommen wahr, was Diodorus (L cap.
96. p. 107 Wessel.) sage» dafs die Griechen ihre ganze
Fabel von der Unterwelt den Aegyptiern ab gezeichnet
haben. Auch die ganze Fabel vom Todtengericht im
H a d e s , von der U e b e r f a h r t über den unterirdischen
Styx (welche Dichtungen nach Diodor· L 92· cL 96.
I 9J) Eine Copie davon ist auf der unsem Commentt. Hero-
dott. beigtifügten l*afel, unter nr. 3 — Ί: befindlich j wo
zu man den Text Part, I, Cap. 3. §. 2$. £6. vergleichen
mufs.
431
Ueber diesem Bilde siebt man in einer Barbe eine b u n d s ·
b ö p f i g e * ^ ) Figur ein S c h\ v e i n oder ein H i p p o ·
p o t a m u s vor sich her treiben. Vorher gebt ein an
derer H u n d s k o p f i g e r . Beide haben Buthen. Alfe
drei Personen gehen in e n t g e g e n g e s e t z t e r Rich
tung von jenen neun Personen ab. Dazu kommt noch,
dafs unter den Hieroglyphen desselben Bildes ein Mensch
erscheint, dem ein Strom von Blut aus dem Hopfe quillt
— und dafs in derselben G r a b e s g r u f t (Hypogee) meh
rere greise Figuren mit gebundenen Händen erscheinen,
denen gleichfalls Blut aus den Köpfen sprützt« — Dies
fuhrt den Verfasser zu folgender D e u t u n g , welcher
Costaz beipflichtet (ebendas, p. 408.).
Auf jener Papyrusrolle, meint Jomard, sey vorge·
stellt ein M i s s e t h ä t e r , dessen S e e l e , nach erfolg
tem Ausspruch, dafs er s c h u l d i g sey, und nach ge
schehener Hinrichtung, in ein S c h w e i n (das den Ae-
gyptiem verhafste, unreine Thier) oder in einen H i p
p o p o t a m u s (nach Horapollo I. 56 . II. 87. das Bild der
U n d a n k b a r k e i t , U n g e r e c h t i g k e i t und G e w a l t -
t h ä t i g k e i t ) fahre, und in d i e s e m T h i e r l e i b auf
£rden zurückkehren solle. Der H u n d s k ö p f i g e sey
eben hier H e r m e s (Homer. Odjss. XXIV.
a. und Virgil. Aeneid. IV.).
§. 16.
Nachdem wir nun so das Geisterreich der Aegyptier
von seiner physischen, anthropologischen und ethischeu
Seite betrachtet haben, wollen wir nun auch seine h i
s t o r i s c h e Anwendung auf die Perioden der Aegypti-
$· >7·
W erfen wir zuletzt noch einen Blich auf die C y c l e n
der Aegyptier. Zu vorderst wird man wohl erwarten,
dafs in einer Religion, worin der Planetendienst so be
deutend hervortral, wie in der Aegyptischen, auch
diese Gestirne einen Haupteinflufs auf die Zeitrechnung
gehabt haben w erden. Die sieben Planeten, Saturn,
Juppiter, Mars, Sonne, \’ enus, Mercur (E rde), Mond,
waren in dieser Ordnung als sieben himmlische Mächte
verehrt, und gaben beisammen eine Achtzahl von Cabi-
ren. Hiernach bildete sich im Kalendersystem eine Pe-
21 i ) U f b e r d ie G e le h rs a m k e it d e r H e lio p o lU e r s . H e ro d o t.
Π . ά. S tra b o a V II. p ag . SS7 T z s c h . D ie re la tiv e V o ll-
k u m ru e n h e it d e r A e g y p tis c h rn A s tro n o m ie b e h a u p te n d ie
V e rfa s s e r d e r ü e s c r i p t . d e P C g y p te a . a . O . und Ö fter·
A u f die K in sic h t in die A lle g o rie v o m P h ö n ix h a t d a s
M e h r o d e r W e n ig e r h ie r k e in e n E in flu fs ; u n d w ir la s s e n
d a h e r je n e M e in u n g a u f sic h b e r u h e n .
212) D ie g o ld b e w a c h e n d e n G re ife k e n n e n w ir a u s H e ro d o tu s
( I l f . h 6. IV , 1 3 .), In a n d e rn S atten w ird d e r G r e if d e m
P h ö n i x ä h n lic h e r. E in e n s c h ö n e n B e itra g lie fe rt d a z u
E p ip h a n iu s in d e n n e u e rlic h e d irte n SiQ cken s e in e s P h y
sio lo g iis ( Φυ<τ/ολογ5ς ) ( i n A . M u s to x y d . u n d D . S c h in a e
A n e c d o it. g ra e c c . V e n e t. 1817. p. l l . ) . D o r t h eifst e r d e r
g rö fse ste u n te r a lle m G eflügel d e s H im m e ls . Ir a M o r -
g t n l a n d e , a n e in e r B u c h t d e s F lu s se s O c c a n u a , h ä lt s ic h
e in P a a r d a v o n a u f ; u n d s o w ie die S o n n e a u fg e h t u n d
m it ih r e n S tra h le n die W e lt b e fe u c h te t ( b e s p r e n g t , ραν*
9 SO lö s e t d e r e in e se in e F lü g e l, u n d n im m t a u f d ie
S tra h le n d e r S o n n e . D e r a n d e re a b e r b e g le ite t sie b is
an d en U n te rg a n g , u n d a u f se in e n F lügeln s te h t g e s c h r ie
b e n ; L ic h ta h n lic h ((pcuro«/2^;> w a n d e rt e r e in L ic h t d e r
W e l t . — D ie c h ris tlic h e A n w e n d u n g Ü b e rg e h e n w ir a ls
fre m d a rtig u n s e re m Z w e c k e .
44*
Aber er bommt nicht alle Jahre ; er honunt im grofsen
Jahr; daher ist er der Vogel des Sternes, mit dessen
merkwürdiger Constollation er auiYliegt. E r hat im
Bilde den Stern des grofsen Jahres bei sich , das Bild des
Sirius (Sothis). Er hommt vom M orgen, der Sirius·
Togei; darum bringt er Myrrhen mit und W ürse des
Morgenlandes, ln der Myrrhenhugel liegt seine Bürde;
diese Kugel ist da# Schicksals · Knäuel« und in ihm ist
die alte Zeit umschlossen.
Des Vogels Vater ist diese Bürde ^ er ist die alte
Zeit. Er starb im Morgenlande, in Arabien, woher die
Sonne und der VVeibrauch kommt» Er kommt von den
Indiern her Denn dort hat man allein das feste Jahr,
und alle 1461 Jahre kommt es von Indien her su den
Aegyptiern, um das gemeine Kirchenjahr zu berichtigen·
(Jomard 1. 1. p. 3 . sagt: «en langue raetaphorique: le
retour de l'annee fii^e, qui etoit la seulc en usage ches
les Indiens, et qui revenoit, pour ainsi d ire , tous les
1460 ans, concilier en Egypte le calcul du tems avec la
marche du s o l e i l , D e r Vater ist gestorben. W e r wird
TithonnSv^Eos-Aurora^^Cephalus
nach Andern ) |
Ast raus I
Phaethon 2^*).
Memnon Emathion
218) Vergi. Apollodor. III* 12. 4. ibiq. Heyn* pag. 300 seq*
Wenn Tzttzes ad Lycophr. vs. 18. Hemera fOr
Aurora sag t, so ist dies eine geringe Abweichung der
Spraclie in d e m s e l b e n Begriffe ( Sturz, ad Hellanic·
Fragmm. p. 150.). Wenn Aeschylus beim Strabo XV. p.
105SC. p. l97Tz8ch. des Memnon M utter C i s s i a nennt,
so bezeichnete dies poetisch die S u s i a n e r (Cissier;, und
nach S u s a gehörtM em non (Jacobs a.a. O. p. 8·}· Vergl.
453
Menmon, so beginnen non die Mythen , zog mit einem
Heere von Aetliiopieo durch Aegypten ^ und drang bis
nach Susa vor. — ln der Nolh, worin sich llium befand,
rief ihn Priamus, sein Oheim (Tithonus war Laomedons
Sohn und mithin des Priamus-Podarces B ruder), zu
Hülfe· £r harn, und nach Hectors Tode ward e r der
Trojaner V o r f e c h t e r , erlegte den Anliloelms, mufste
aber endlich unter des gewaltigen Achilles Händen ster
ben. £r ward bestattet an des Aesepus Ufern auf lUein-
asiens Nordhüstc, oder vielmehr zu Paphos auf dem
Eilande Cyprus, oder in Syrien, oder endlich: die Mut·
ter Aurora nahm ihn selbst auf vom Schlachtfclde, trug
ihn nach Susa zurück , und bestattete ihn dort im Ehrcn-
dcnkmal. Kein, sagten Andere, der Flufs Bclenus (Be
laus , Βήλαιος) benetzt sein Grabmal i wieder Andere
wiesen es in EUbatana im Lande der Meder oder ander
wärts nach. Kurz, ganz Asien hatte Memnonien oben
80 viele, wie Aelhiopien und Aegypten Gräber des Osi
ris ; und auch ismandes-Memnon sollte in Aegypten be
erdigt seyn 21^),
Und was geschah an seinem Leichcnhügel ? Gehen
wir von der einfachsten und doch zugleich sprechenden
Kachricht aus: Memnon kam nicht nach Troja, sondern
starb in Aethiopien, vfo die Macrobicr wohnen, war
seihst ein Langlcbcnder, denn er sah fünf Menschenalter
231) Odyss. X I . 521. und Eustath. pag. l490 und 1ö97; auch
zum Dionys. Ferieg. 218. Ohne uns auf die beigebrach
ten 2 um Theil unhaltbaren Gründe einzulassen (s. Jacobs
p. 14.), bemerken wir die emfachen W orte: Sid r3
υ γβ 8 v H a v S a t την wv
235) Jacobs pag. 43. und daselbst die Inschrift iir. II. „U ns,
die vorher nur die Siiuime vernahinen, hat Menuion,
der Sohn der Eos und dt s Tiihonos, jezt als Bekannte
und Freunde b e g r ü f s t . “
256) Die Bezirke der Gräber sind noch heut zu Tage in In
dien Opferorte und Schulen· Magazin der neuesten Mis
sionsberichte III· 2. p. 2o7.
257) Dem Milhrasist Memnon ungemein ähnlich; ja er ist
vielleicht Mithras selber. Einige Winke mögen vorlänfig
znm weiteren Nachdenken hier den Beschlufs machen.
Die Ausführung mufs einem andern Orte Vorbehalten
bleiben. Favorinus beim Sfephanns von Byz. v. Λΐ^ίοψ p.
60 Berkel, kennt Mithras als Gesetzgeber und Religions-
Stifter der Aethiopier. Phlegyas wird ihm dort zugesellt.
bey es nun, dafs dieser Name ein Epitheton von Mithras,
oder dafs er Bezeichnung einer besonderen Person ist
4?»
Ideen mehr hervor. Von dem Letzten ΛviΓd bei der Re
ligion der Perser ein Melireres gemeldet werden.
$. 19.
Vom Thierdienste.
S6l) Die hierher ^ehörij^en Stellen des Herodotus sind II. 69.
coli. 4 l. 42. 65. 67. 69. 72. (wo über den FiKch l e p i d o -
tus Schwvighaiisers Nach Weisungen zu vergleichen sind,
Annouit. Vol. I. pag. sq.) 74. 148, wo er überhaupt
vom Thierdienste der Aegypiier spricht; vergl. unsere
Commeiitatt. Herodou. I. p. 161 sqq. Lieber die in ver
schiedenen Theilen Aegyptens getundenen Thiennuinien
sind die Angaben Z o e g a * s d e obelisce, pag. 28;sqq.,
t Si l ves t r e de Sacy zu Abdallaiif Relation de TEgypte
p. 277 sqq. und B l u m e n b a c h s Beiträge zur Natur-^
geschichte II. p. 86 und l 40. nachzulesen· Ueber die in
den Hypogeen zu Theba gefundenen Thicrmiimien haben
Ro u y e r in der Descript. de TEg. Livr. X. p. 2i9 seq.
und besonders J o m a r d ebendaselbst Vol. I. Livr. II·
Sect. X. §. 8. pag. 847 seqq. genaue Nachrichten ge
liefert.
262) Unter den VCgeln führt auch Herodotus eine Art von
Aegyptischen Ent en ( » Vulpanser, Anas ta-
dorna Linn.) als heilig auf (II. 72.)· Ueber dieses VV’^as-
479
den vierfUrsigen Thieren; die K a t z e n , H u n d e , Ich«
n e u m o n s , B a r e n , W o l f e ; ferner C r o c o d i l e ,
N i l p f e r d e , A a l e und dergl·; verschiedene S c h l a n
g e n. Sie werden in den verschiedenen Nomen ver
e h r t ^ ) , und nach ihrem Tode feierlich elnhalsamirt und
in den heiligen Gräbern niedergelegt. So findet man noch
jent in der Wüste Saccara bei Memphis eine Menge sol
cher inumisii*ter Thierlicirper, besonders von heiligen
Vögeln; nicht minder in den Grüften bei Thebä. Dort
fanden die ffranzösischen Gelehrten die Ibis, den Sper
b e r, Falhen und andere Raubvögel ; ferner Ochsen,
Hunde, Schakals^), Widder, Katzen und andere, auch
$. 20.
Gehen wir nun auf den Grund und die Anlässe die
ses l'liierdienstes zurück, so mag der erste Ursprung
wohl im Fetiscliismus zu suchen seyn, der noch jezt im
inneren Afrika allgemein herrschend ist. W ir erinnern
nur au Bosman, welcher in Guinea heilige Scblangen-
gcschlechter und einzelne Schlangcnindividuen, als Be-
präsentanten ganzer Sclilangengattungen, verehrt fand
(s. desselben Reise nach Guinea 1708. S. 447 ·)· Auch ist
et gewifs nicht zu leugnen, dafs denAegyptier die Wahr-
S69) Sulmasius in den Kxercift. Plin. p. 312 eq. wollte auf die
Untiefen im Nil bei Syeiie raihen, wohin eine Priester«
legende die Nilquellen vensetzie (Flerodot. II. 28.)· Diese
Idee hat Wille rspruch gefunden. Abergewift wäre sie sehr
organisch iin Geiste des Systems, wonach Apis Stellver
treter oder vielmehr immer wicdeikchrender Leib des
Osiris ist. Letzterer, in der Qualität des Nil (des J ä h
re s fl 11 ss e s ) , würde hiernach, nach Ablauf eines
Zeitencyclus (durch Mond und Sonne bestimmt), im
A p i s w i e d e r in s e i n e Q u e l l e s u r U c k v e r -
s e n k t . — Dafs der Nil auch Symbol des Jahres war,
darOher wttre viel zu fc>tfgen. Hier nur dies: Man fand in
dein Worte Ν«Σλο$ die Zahl der 36Δ Tage; s. Eustatb. ad
Dionys. Perteget, vs. 222« und Grammat. August, bei
Hermann de emendand. rat. Grammat. gr. p. 351.
484
nehmung der N ü t z l i c h k e i t und S c h S d l i c h h e i t
gewisser Thiere zu deren Verehrung und Würdigung
geführt habe; indem er die ihm schädlichen Thiere und
ihren schädlichen Einflufs durch magische Suhnmittel
ab wenden zu müssen glaubte· Aber andrerseits führte
ihn auch die Nutzbarkeit, ja Unentbehrlichkeit mancher
Thiere zu dankbarer Anerkennung derselben. W aren
in Aegypten nicht die Ibis und die Uatze, so konnten
sich dessen Bewohner des Gewürms, Ungeziefers 9 der
Mäuse u. s, w. bei dem abnehmenden Nil nicht erwehren·
Wegen der Unentbehrlichkeit für Ackerbau und agrari
sche Cultur wird auch die Kuh und der Stier unter den
Schutz der Priester gestellt^ und von dem Volke als hei
lig verehrt. Dafür spricht auch Diodorus, der dieses
ausdrücklich bemerkt, sprichtferner auch die Analogie in
dem alten Attica. Dort hatte ein alter Landesheros
γης (der O c h s e n s p a n n e r ) , welcher Attica cultivirt
hatte, und von dem die dankbare Nachwelt viel zu rüh
men wufstc, die Satzung gegeben: wer einen Stier tüdtet^
der soll sterben. Daher auch in Athen das Fest der Bon-
φόνια^ gleichsam ein Sühnfest für das Schlachten des
Stieres, das als ein Frevel betrachtet wurde ^ ). Denn
damit Ackerbau komme und erhalten werde» mufs das
dazu unentbehrliche Thier unter gewisse heilige Gesetze
gestellt werden. Hauptsächlich aber mufs man bei die
sem lliierdienst eine Hauptwurzel, woraus er erwach
sen scyn mag, nicht verkennen. Diese ist der f r o mme
S i n n einer kindlichen Vorwelt· Der naive, die Natur
betrachtende Mensch findet in den Thieren so viel Re-
gelmärstges, so viel Normales und Bestimmtes in ihrem
Thun; er erkennt und verehrt andächtig in diesen £r-
271) „ E r s i e h t i n d e r T h i e r f o r m d e n s e l t s a m e n
1 8i s s c h l e i e r e i n e r Gottheit«** Vergl. Fr« R i e h «
t e r in der Levana II. S. 2p7.
272) Es heifHt aber Apis, wie Herodotus (II* 15d. vergl. 111.
29.) versichert, auf G r i e c h i s c h , welches g ig a s,
der R i e s e , bedeuten soll, nach Jabloiiski Voce. Ae«
gypU. p. 2i. Panth. Aegypt. V* cap.2. $. 22. Nach 2^Sga
aber, nuiui Aegyptt. p. 9 t, der Va t e r * S t i e r ; nach
de Rossi, Etymol. Aegypt. p. 15, der H a u p t s t i e r . —
W ir erinnern hier zugleich an ein Relief im Tempel zu
Herroonthis in der Sacristei, nach der Descript. de l'Eg.
Aiitiqq. 1« cap« 8. p. 10 sqq. und dazu pl. P6. fig. 2 , wo
man rechu den Stier, links den Scoipion (beide Figuren
486
S75) Ueber den Käfer bei den Aegyptiem sehe man auch
noch B e c k m a n n ad Aristotcl. de mirabil. auscultt. p.
268. 328. und S c h n e i d e r ad Aristotcl. Htsc. Animal. V.
17. p. 353.
276) Der Käfer ist auch Hauptsymbol der W e i h e (Einwei
hung ) und E r i n n e r u n g an G o t t , d e n W e l t «
S c h ö p f e r . Man lese hin Ober die Bemerkungen von
P a I i n , Fragment sur J*dtude des Hieroglyphes 11. pag.
9 aeq.
490
einige der inerlt würdigsten nacli dem Französischen W e r
be, nebst den Bemerkungen und Erklärungen der Fran
zösischen Gelehrten und unsern eigenen, den Lesern
mitrheilen.
So erscheint der Käfer als Symbol der Z e u g u n g
und L e b e n s q u e l l e in der Descript. de TEg· Aritiqq·
Vol. II. pag. 4 i 3. ( C o s t a z sur Ics tombeaux des Bois)·
Unter den Malereien in den Kunigsgräbern von Theba
kommen nämlich mehrmals Figuren vor, die den männ
lichen Act desZeugens ganz sinnlich darstellen, mit ver
schiedenen aus dem Saamen her vergehenden kleinen
meiisclilichen ciguren; daneben Kugeln, Sterne (s· vor
her p. 4 i 3.). — (p. 4 i 3 .) Eine unter diesen A^orstcllun-
gen (pl. 86. iig. i.) scheint einen bestimmteren Sinn als
die übrigen zu geben. Das Bild ist aus drei Sconen zu
sammengesetzt , die nur durch einige bieroglyphische
Zeichen von einander abvveichcn. Die Hauptiigor ist
ein Mann, von den Hüften an gebogen und rückwärts
gelehnt; sein Zeugungsorgan sprütztSaamen aus, woraus
ein kleiner Mann eiitsichi. Die Linie, welche den ΡΊule
des Saamens bezeichnet, ist durch eine Reihe rother
Kügelchen bezeichnet. Aehnliche rotlie Kügelchen gehen
aus den Füfscii eines Käfers (scarabaeus) hervor, und
iliefseii über in den Mund der grofsen (zeugenden) männ
lichen Figur. Mithin wird angedeutet, d a f s d e r k l e i n e
M e n s c h s e i n e n U r s p r u n g in dem K ä f e r hat.
Folglich ei*scheint hier d e r K ä f e r a l s di e e r s t e
Q u e l l e der E x i s t e n z , d i e der E m b r y o e m
p f ä n g t , und di e g r o f s e F i g u r i s t n u r das v e r
m i t t e l n d e W e r k z e u g , wo du r ch der E m b r y o
z u m D a s e y n gel angt «
Uebci den K äfer, der so oft bei Grabesscenen und
Todtenanslaiten in den Ilypogecn vorkommt, und über
seine muihinafsliche Bedeutung: F o r t d a u e r d e r
S u b s t a n z der S e e l e bei d e r W a n d l u n g d e r
491
L e i b e r , hat sich Jomard auf eine sehr scharfsinnige
W eise erklärt in der Descript. de TEg. 11. Antiqq. pag.
377 seqq. vergl, pl. 85 . lig. 11. So Itomnil der Käfer,
seine Kugel rollend, auch auf den MumienUasten häufig
vo r, worin man auch ein Symbol der P a l i n g e n e s i e
finden will; sieh. Jomard Descript. de TEg. 1. sur les
hypogees de Thebes sect. X. $. 6. p. 35 a. und dar.u die
Abbildongen Vol. I*'· Aiitiqq. pl. 5 q. fig. a. 3 . Jedoch
mufs gewifs auch hier der Käfer in seiner Hauptbedeu
tung gelten, als Bild der S o n n e und des S o n n e n
l a u f e s . — W ar der Käfer, wie wir wissen, das Sym
bol einmal eines Sonnen - und Moiidcyclus von acht und
zwanzig Tagen , sodann der halbjährig wechselnden hel
len und dtinkelen Zeit, so hängt damit nun zusammen
die Vorstellung von der S o n n e als derjenigen, die im
Thierkreise die Bahn den S e e l en vorzeichnct.
Eben so bedeutsam kommt der Käfer auf der grofsen
hieroglyphischen Papyrusrolle in dergleichen Scenen vor.
Unter andern erscheinen (a«a.O. pl. 70· columne i 32 . 49.)
Figuren, die auf dem Kopfe oder statt des Kopfes einen
Käfer haben — die Isis r e g e n e r a t r i c c , die W i e
d e r e r z e u g e r i n , die das n e u e L e b e n dem C a n
di da t e n (der S e e l e ) ztigesteben wird, wovon der
Käfer das Bild ist (s. Jomard pag. 379.)· Ebendaselbst
(col. 2.) sicht man eine Frauenfigur, sehr vorwärts ge
neigt, und im Begriff, sich schnell vorwärts zu stürzen.
Ihre Arme sind aufcterordeiilHeh ausgedehnt, und sie
scheint den s c h w a r z e n K ä f e r , d e r u n t e r i h r
s t e h t , mit aller Behendigkeit fassen zu wollen. —
Auch anderwärts finden wir g e s t r e c k t e w e i b l i c h e
F i g u r e n in dieser Stellung, und in den Aegyptischen
Thierkreisen kommt Isis in derselben Lage vo r, und
umfafst alle Zeichen. Sodann steht in einer Malerei von
den Oberägyptischen Sculpturen der schwarze Käfer
ganz deutlich nahe an den Gcschlechtstheilen einer ge
49*
dehnten weiblichen Person. Endlich erblichen isir so
gar auf den von Christje herausgegebenen Griechischen
Vasen eine Figur, die sich Ü b e r s c h l a g e n , d* h. die
Füfse au die Stelle des Kopfes bringen will. Dem Allem
Bofolge imifs die nach dem Käfer strebende Figur auf
jenem Bildwerke genommen werden als I si s ( D e m e
t e r , C e r e s ) , die über Leben und Tod waltet (Herod.
II. isS.)· Sie ist hier einmal der Mo n d und die Z e i t ,
und, als Gattin des O s i r i s , des S o n n e n g o t t e s , die
g r o f s e M u t t e r N a t u r , die das All umfafst, mithin
auch den Menschen, und die ihn (dessen Seele) auf
allen Stufen seines Daseyns nicht verläfst, die den U m
s c h w u n g bewirkt vom Tode sum Leben und umgehehrt
~ daher die sich u m s c h l a g e n d e Figur; endlich auch
die, die im W e c h s e l der Mo n d e n und der S o n n e n
(der Jahre) ihn, den Menschen, dem Wesen nach w i e
d e r g e b i e r t — daher der K ä f e r an ihren weiblichen
Tbeilen.
Es hatten daher auch die Aegyptier die Sitte, ihren
Gemmen, denen sie eine glatte Basis schlHTen, um dar
auf SU graviren, oberhalb auf der convex bleibenden
Seite häufig die Gestalt eines Käfers zu geben ( s c a r a
b a e u s ) . Es war diese symbolische Form geheiligt,
und man trug solche Scarabäen als Amtilcte am Halse.
Beispiele dieser Scarabäen sind in grofscr Zahl bei De
nen pl. 97. vergl. Schlichtegroll zur Dactyl. Stosch. II.
38 . Gar viele dergleichen, mit verschiedenen Modtfica-
tionen, einigemal in ganzen Reihen mit einer Schnur
durchzogen, haben sich in den Hypogeen von Thebä
gefunden; siehe Descript. de TEgypte Antiqq. Vol. 11.
pag. 357·
Unter den Symbolen aus dem Insektengeschleehte
mufs auch die B i e n e eine bedeutende Steile hei den
Aegyptiern eingenommen haben, wenn wir der Ver
sicherung mehrerer Alten glauben. Ammianus Marcelb
495
X V II· 4 · >ΐ· ausdruclilich, dafs eie damit einen K ö
n ig beseichneten. Ucber die beigefugten Gründe dieser
Bedeutung bann Widerspruch statt finden (s· Zoega de
obelisce, p. 443 ·)* Aber die Sache selbst ist von vielen
endern Seiten her su sehr bestätigt, als dafs %vir daran
zweifeln durften· Ich will jezt nur auf die Parallel-
steilen verweisen, welche Lin den brog zum angeführten
Zeugnifs des Ammianus beigebracht hat. Viele andere
Gründe werden sich In unseren späteren Betrachtun
gen ergeben, wo wir doch auf dieses so bedeutsame
Thier zurüchhommen müssen. — Für die Aegyptische
Hieroglyphih haben neuerlich einige Gelehrte davon
Gebrauch zu machen angefangen (s· Museum Criticum«
Cambridge. II. p. eo3 .)· Namentlich will Bailey (Hiero-
gljphicorum Origo et Natura, Cambridge i8i6. pag· St«
pag. 64 sq.) dieses Inseht auf dem Flaminiscben Obelisk
auf die Bezeichnung des Pharao Bamesses als eines Kö
nigs beziehen· Das geflügelte Insekt, das er für eine
Biene nimmt, und das auf den Thebaischen Monumenten,
wie sie im grofsen Französischen W erke vorliegen,
schon früher meine Aufmerksamkeit beschäftigte, hat
aber mit unserer Biene, und auch, setze ich hinzu, mit
der auf den ältesten Griechischen Münzen, zu wenig
Aehnlichheit, als dafs ich über diese Lesart zur Zeit
entscheiden möchte·
ai.
AuTser diesen einfachen Symbolen und Bildern tref
fen wir auch c o m b i n l r t e ; so z· B· erscheint der
P a l k e oder S p e r b e r mit einem M e n s c h e n k o p f e
über dem Leichnam in einem Todtengericht, auf einer
Thebaischen Papyrusrolle· S. Jomard in der Descript·
de TEg· Aniiqq. Vol. II. pag. 366 . und öfter in ähnlicher
Beziehung; vergl· Jomard a. a. O. p. 3 8 i , der, mit Be
zug auf Horapollo und Plato im Phädrus, in dem Sper«
494
l e r mit dem Menschenkopfe und ausgebreitoten Flügeln
das Bild der S e e l e siebt, die die himmlischen Räume
durchfliegt, um einen neuen Körper zu beseelen. Des
Menschen Seele nämlich geht im Himmel und auf Erden
durch den Thierhreis ; auf Erden durch die Thierleiber,
im Himmel durch die Zeichen des Zodiacus. Die Dä
monen sind die Hirten dieser Heerdcn; sie leiten die
Seele auf dieser Reise, und der heilige Vogel
der Falbe), der Vogel des Osiris, fuhrt sie auf seiner
Bahn den c'wigen Göttern zu. — Gleichfalls sehen wir
einen Falben mit einem Menschenhopfe in den Bild wer
ben des grofsen Tempels zu £dfu, wo überhaupt viele
bemerbenswertheKorpercompositionen Vorkommen, über
die sich Jomard verbreitet hat; s. Descript. de lΈ g. Ao-
tiqq. Tom. I. cap. 5 . 4. p. 24. nebst pl. 60. Dafs die
allen Ae^yptier überhaupt M e n s c h e n k o p f e auf an
dere Körper gesetzt haben, beweisen auch schon die
unzähligen Canohen, die wir jezt auf den ältesten Ae-
gyptischen Beliefs ahgebildet sehen.
Und umgekehrt, in dieser Combination sehen wir
t h i e r k o p f i g e G ö t t e r ; so z. B. die Isis in einem
B elief zu Hermonthis mit einem Lüwenkopf (s. Descript·
de TEg. Antiqq. 1. cap. 8. p. 8.), ferner Isis mit Stier-
hornern und mit der Kuhhaut ^ ). Hier ist Isis bald
der Mond, bald die Jungfrau im Zodiacus; also bald
27V) Ein fOr alleraal scy hier bemerkt, dafs ich hierbei dem
Sprachgebrauche der Verfasser der Descript. de TEgypte
folge. Dafs mehrere von ihnen als P a 11 ä s t e bezeicli-
nete Gebäude vielmehr T e m p e l sind, wird mein ge
lehrter Freund, Herr Dr. S u l p i z B o i s s e r e c , an
einem andern Orte zu erweisen suchen.
L Ss
49»
die wir um so Λveniger wiederholen w ollen, je gewagter
sie uns scheinen. Die andere \‘ermuthung derselben
lidnneu >vir kürzlich benierlten : Man habe, meinen sie,
damit diekleinercJahrcsepuchcbezeichnen wollen, wann
die Sonne im Widderzcichen (Juppiter-Ammon) steht,
und wann die INatur sich wieder verjüngt und fruchtbar
wird. 3 ) Die Sphinxen mit W i d d e r k o p f e n und L ö ·
w e u k Ü r p e r n bezcichneten wahrscheinlich einige b e
sondere Umstände, die auf den W idder und Löwen am
Himmel Bezug hatten.
Der gewöhnliche Ort dieser Wesen ist also der Ein
gang der Tem pel, wo sie, wie Avir so eben sahen, oft
in ganzen Reihen sichen (Srabo XVII- p. i i 58 . mit De-
uons Berichten). Diese J'empehvachc hatten sie auch,
nach mehreren Spuren , im alten Griechenland, beson
ders in Beziehung auf den Geheimdienst und auf die
Bacchusfeier (Hcrodot. IV. 79. cf. Dionysus p. 261). —
W eitere Modidcalionen dieser Idee unter den Griechen
waren : die g r a u s a m e Th e b a n i s c h e S p h i n x im
Böotischen Mythus (Heyne ad Apollod. p. 24^ cd. aller.) ;
die r ä t h s e l n d e J u n g f r a u bei Sophocles iin Rönig
Oedipus 1199. 1192 £rf. Auch finden sich Sphinxe
mit M e n s c h e n h ä n d e n ; s. Winckelmann Gesch. d. K.
I. p. 9$. und dazu Lessing und Fca. Die am besten ge
arbeitete Sphinx mit Menschenhänden, auf dem Obelisk
der Sonne zu Ro m, ist abgcbildet a. a. O. tab. 11. a. der
neuesten Ausgabe.
Die alte Numismatik ist reich an Vorstellungen aus
diesem KiOise. Man vergleiche z. B. die ganze Reihe
$. 33 «
V o n e i n i g e n a n d e r n A e g y p t i s c h e n Sy m b o l c n ·
i) Der L o t u s , n e l u m h i u m s p e c i o : um, oder
auch Cy a mus S mi t h i i . Man vergleiche Curt Sprengel
Hist« rei berbar. 1. χ>. 3 o. und desselben Anliquitt.botann·
pag. 56 . Larcher zum Herodot. II. 92. IV· 177. und die
Auszüge ans Arabischen Schriftstellern, wie auch aus
älteren und neueren Reisebeschreibern über die Lotus-
ai'ten , bei Silvestre de Sacy zum Abdallatif not. i 5 . p.
60 seq. coli. pag. i 34. IJeber die Lotuspflanze und ihre
Ί heile (χιβω(Ηον^ die F r u c h t - oder Saarn e n k a ps e i ,
κ ν α μ ο ς , die B o h n e selbst, « ο λ ο χ ά σ ι ο ν , die W u r z e l ,
U!’d λωτός, die B l ü t h e ) , so wie über ihre Arten, in
gleichen über ihre AnΛvcndιιng in der Architelitur und
Seuiptur, ist nachzulesen Jomard in der Description de
TEgypte Tom. 1. cap. 5 . 4. p. 20 sqq. und die daselbst
angeführten Memoires von Savigny und Delilie. üebri-
gens ist diese Pflanze wohl zu unterscheiden von einem
B a u m e desselben Namens, der in Afrika wächst, und
ganze Völker nährt; s. Herodot. II. 96. IV. 177. Plato
Bepubl. VIII. 12. p. 56o. p. 246 Ast. nebst den Scholl«
Platonn. p. 186 Buhnken. und besonders Odyss. IX. 84,
wo der Dichter «on den Lotophagen singt, zu welcher
Stelle Eustathius p. 337· 16 sq. Basil. nachzulesen ist.
Man vergleiche aufserdem, was über den Lotus, als
Pflanze und Baum, Vofs zu Virgil. Georg. II. 84. p· 393
sqq. und III. 894· bemerkt hat, verglichen mit C, Spren
gel Hist, rei herb. L p. i 43 . — Ueber den Namen Αωτός
290) Die spateren Griechen nennen die xtqcaia (so ist es ge
schrieben) auch ßi9aca\ s. Ducange Glossar, med» et inf.
δι 1
2PI) S. unten Tab. Γ. nr. 15, nach einem Abdruck, den uns
Herr Bischof M ü n t c r mitgctheilt hat, von einem Sea
rs baus·
5iS
Voce. p8g. ä58 . mit Te W aters Zusateen 292^ ^ hat Zoega
(d e obelisec. p. 44o· 4^*· ^9-0 bestritten, und die
Erklärung aufgestellt: Es ist ein Nilsohlussel, und in der
Hand der Isis beseichnct es die grofse Beschliefserin der
t^atur 29.^) ; mit Zustimmung Denon*s und Anderer; vergL
dessen p 1. 117^ -svo eine Iteibe dieser Zeichen aus einem
Tempel bei Philä gegeben ist. Auf den Mauern der Ge
bäude von Medina^tabu sieht man es in den Händen vieler
Personen , unter andern in der Hand des triumphirenden
Königs^ wo die Französischen Gelehrten es das A t t r i
b u t d e r G o t t h e i t nennen, so wie auch der H a c k e n ,
den er auch in der Hand führt; s. Descript. de TEgypte
Aiuiqq. Vol. II. Thebes pag. 47· So erscheint Isis oft.
Zw li. die Dresdner aus schwarzem Marmor (Augusteum
I. Tab. 111.). Dagegen hat Visconti (Museo Pio-Clem .
I I . p. 36 sqq.) die Jablonskische Meinung, mit Berück
sichtigung der Asiatischen, besonders Indischen Symbo
lik , sehr gelehrt ausgefuhrt (vergl. BüUigers Isis vesper
p. 123 , der beide Erklärungen, durch Unterscheidung
verschiedener Zeitalter , für vereinbar hält); und auch
Larcher stimmt der Jablonskischen Hypothese bei (He-
rodot. II. 272.). Pococke ( Descript. of the east I. pag*
^3.) meinte, es scy ein Sinnbild der vier Elemente*
Piuche fand darin einen Niloinetcr. Andere erkennen
einen Schlüssel darin, und aus diesem Begriffe, ganz
allgemein gedacht, leiten sie die Bedeutung von Herr
schaft, besonders von Herrschaft über die Erde, her. —
ln der Inschrift von Rosette soll dieses Zeichen die
Stelle des Griechischen vertreten (SchlichtegroU
295) Von der religlüsen Musik der alten Aegyptier haben wir
oben p. 445 ίΤ· geredet.
5i6
sieht, dessen Stübchen die Grade der Nilfluth bezeichne-
ten 9 vertragt sich mit jener Beziehung auf die Osiris-
feier sehr gut, da durch letztere ja die in dem Steigen
und Fallen dieses Landesstroms sichtbaren Jahresperio·
den versinnlicht wurden. Andere Deutungen gaben je·
nem W erkzeuge eine grdfsere Allgemeinheit. So cr-
hannten schon Griechische Erklärer in den vier Stäb
chen, die es häufig hatte, die Andeutung der vier W elt-
clemente — Ideen, die mit der Steigerung des Begriffs
der Isis selbst zusammenhingen, und in so weit z u r
Z e i t i h r e r E r f i n d u n g ihre Wahrheit batten, wenn
es gleich schwer zu bestimmen bleibt, welche unter die
sen Vorstcllungsarten die älteste scyn milclite.
7) Unter die bemerkenswerthen Symbole der Aegyp-
tier gehört auch der a b g e s t u m p f t e K e g e l . Man
siebt ihn in der Mehrzahl, so dafs mehrere in einander
eingeschachtclt sind, an den Licht- und Luftlöchern
mehrerer Tem pel, z. B. im Tempel der Isis auf der
Westseite von Theben, zu Dcnderah ober dem Tbicr-
hreise, wo das Zeichen des Krebses steht. So auch im
Tempel zu Edfu; so dafs man sich berechtigt glaubt, za
schliefsen, zumal da dieses Zeichen auch oft in den Ilie-
roglyphen vorkommt, dafs cs das Symbol des L i c h t e s
sey; s. Descript. de IT^g. Anliqq. Vol. II. Thebes p. 162.
Dagegenhalte das W a s s er , wie es scheint, s p i t z
w i n k e l i g e Linien zur Hieroglyphe. So siebt man un
ter den Sculpturen in den Grotten von Eiethyia durch
solche w e l l e n f ö r m i g e und b l a u g e f ä r b t e L i n i e n
den N i l vorgestellt; s. Costaz in der Descript. de l'Eg.
Antiqcf. \^ol. I. p. 64. So wird in den Reliefs von Phüa
die Wasserpflanze, der Lotus, von einem Priester aus
einem Gefäfsc begossen, und was aus dem Gefafse strömt,
sind wieder solche Lin en — ein vorzüglich deutlicher
Beweis für ihre Bedeutung; s. Lancret a. a. O. Vol. I.
p. 35 . Wenn sich bei Weihungsscenen aus dem Bilde
5i7
des Wassers Nilscliliis&el und Auguralstäbe entwicliclni
so liegt wohl dte Erklärung sehr nahe« nämlich^ daTe
man an g e w e i h e t e s Wasser denken soll. Ein Beispiel
liefert unsere 'i'afel mit der Königsweihe·
$. 23.
R ü c k b l i c k a u f das A e g y p t i sehe G ö t t e r -
System.
Zweiter Kamephis
Hritter Kamephis.
meint auch: Kv>f<p bei Euseb. Praep. Ev. ΠΙ. t t . und an
derwärts, ingleichen das'H ^ipdes Porp hyrius beim Jam -
blich, de Myster. VIII. 3. (s. die Galeische Note dazu p.
80i . ) , seyen nur verschiedene Schreibarten und Formen
Eines Namens. Im Stobaeus 1. p. S50 ed. Heeren, steht
ohne Variante.
530
Z w e i t e s C a p i t e l .
E i n l e i t u n g .
In Aegypten, das wir so eben verlassen, sahen wir ein
monotones, einziges FluPsthal, Iteine Gebirge^ anTscrin
so fern sie die Gränze bilden; ein einziger Flufs, wovon
alles Heil ausgeht, bedingt einen Haupttheil des ganzen
Mythus. Ganz anders in Indien; hier finden wir Hoch«
lander, und aus ihnen entspringend vier grofse StromCi
deren jeder wieder unzählige andere in sich aufnimmt·
Hier zieht ein Berggilrtel, stolz das herrliche Land von
Westen nach Osten begränzend. Von diesen Hochgebirgen
herab eine frische Luft, die mit den Zweigen der Bäume
spielt, und uns die lieblichsten Mythen zuzulispeln weifs.
An dem Fufse dieser Gebirge ungeheuere Ebenen9 die,
Aegypten gleich, eine Einöde wären, wenn nicht treff
liche Strome das Land bewässerten, und dieheiPse Sonne
gleichsam zΛvängen, Wunder zu thun. Darum überall
die üppigste Vegetation, jedoch ganz anderer A rt, als
in Aegypten. Hier Hochwälder , die dort unerhört
sind, wo Alles zum todten Steine werden mufs. Endlich
in Indien ganz andere Thierarten, eine ganz andere
Menschheit.
Aber auch innerlich zeigt sich eine nicht minder
grofse A^erschiedenheit. In Aegypten hat nie, was ge
schlossen war, sich aufgethan; durchbrochen zwar sind
die Sfhranhen worden von Persern, Griechen und 119-
mcrii: allein dies Itam der niederen Menschheit nicht zu
534
Gute. Das höhere Wissen war und ist in Aep^^ten stets
rin Eigentlium der Priester gewesen, ein ITir den Indien
Terschlosscncr Canon; was sie dem Volke miuhcilen w o lU
te n , war Sache der Gnade, ln Indien treffen wir aswar
auch Casten , auch eine geschlossene Priestcrcaste , die
Praminen ; aber schon in uralter Zeit eine Ileform ation,
wo ein Prophet aufsteht, Buddha, der das Heil und die
Ileilsordnung allen Menschen mittheilt. Durch diese
Bevolution wäre vielleicht die ganze Indische M ensch
heit mündig geworden, hätten nicht viele Umstände, und
besonders Eroberungen , von Aufsen her diese F o r t-
schreitung gehemmt. Und wenn gleich die Casten und
der Casten unterschied strenge fortgedauert, so war doch
keinem Tntlier jene groPsere Freiheit vorenlhalten 5 jeder,
auch der gemeinste, des Höchsten theilhaftig, was ihm
die Religion der Vater darbieten konnte. Dürfen wir
vielleicht auch den Aegyplicrn das Epos nicht absprechen
(eine Heldensage hatten sie — davon im Verfolg ein
M ehreres), so läfst sich doch nicht verkennen, dafs
diese Dichtung bei den Indiern weit bedeutender Ker-
vortritt. Das Epos aber ist die Stimme d ir Natur und
der Elemente in jedem Lande, der Ansdrfick der Volks-
ihumlicbkeit, und wo nicht immer das FJgenthum aller
Laien, so doch das gemeinsame Sensorium ganzer edle
ren Stämme. Blicken wir nun auf Indien hin, welch
ein Beichlhum an epischen Gedichten stellt sich uns
hier vor Augen! wie ausgebildet diese Art der Poesie!
und wie viele reich begabte Geister mochte sie nicht be
schäftigt haben!
Nach dieser Vorerinnerung wollen wir kürzlich die
vresentlichen Thcile angeben , in welche unsere Abhand
lung zerfallen wird· W ir werden nämlich handeln:
i) Von den verschiedener· Perioden der Indischen
Religionen , so wie von den verschiedenen poetischen
und prosaischen Schriften, die einer jeden derselben
555
acu geschrieben werden ; ferner von den Lehrern, W ei
s e n , Gesetzgebern und Priestern, die sich besonders
ausgezeichnet haben.
2) Sodann gehen wir an die Darstellung der Reli
gion selber, und handeln ah die Lehre von Gott, seinen
verschiedenen Emanationen und Menschwerdungen, von
der Kosmogonie u. s. w., von Ethik und Ascetih. Darauf
betrachten wir die Indische Anschauung von der W elt
und Menschheit9 und das Ganze wird die Lehre von den
letzten Dingen beschliePsen.
Endlich 3 ) versuchen wir eine kurze Betrachtung
der Formen und des Gewandes, in welchem geistige
Ideen nach Indischer Denkart sich darlegen. Hier wer
den wir aus den vorhandenen W erken die nuthigen Bei
spiele geben.
W enn es wahr ist, wie es doch ohne Zweifel ist,
dafs Indiens Religionen, wie alle Religionen der Vor
zeit , nicht durch Gewalt gchoten und aufgedrungen,
sondern vielmehr ein freies ErzeugniHi des Landes und
der Menschheit sind, so w4 rd uns vergönnt seyn, noch
einen Blick auf dieses merkwürdige Land zu werfen.
Es ist hier von einer Ländermasse die Rede, welche
in ihrer Ausdehnung grüfser ist als Europa, von ihren
nördlichen Gränzen, von der jetzigen Bueharei an, bis
an das südliche Vorgebirge und das Eiland Ccvlon hin.
In diesen grofsen Provinzen wird besonders der nord
westliche Winkel unsere Betrachtung auf sich ziehen ^),
und in den religiösen Kreis wird vorzüglich eben dieses
merkwürdige Gränzland gezogen werden müssen, das wir
jezt K a s c h e m i r nennen , das Indische Thessalien; ein
Thailand, gebildet von einer Gebirgskette, die sich von
hier aus nach Osten und Westen ausbreitet, und ganz
32. giebt, ohne Zweifel aus Ctesias (s. cap. 13.), über
die Gröfse und BeachaiF. nhtit der Indischen Schaafe M eh
re res an. Ausführlicher hat davon gehandelt Bochart iin
Hierozotc. T . Π. cap. 45. p 4i^5. vergl· auch Wahl E rd-
heschr. von Ostind. II. p. 820.
10) Vergl. Heeren Ideen f . Ab(h. 2. p. 637 der dritten AuA.
W enn dort Heeren andern Daseyn von Gold - und 8 ik
bergruben in den Gebirgen Indiens, wie doch Plinius
(vielleicht nach Ctesias angiebt, zweifelt, öderes gar zu
leugnen scheint, so widerspricht dieser Annahme das
Zeugnil^ des Ctesias Indic, cap. 12: <Vr< H kju h
^ χβϋζ.α, OüK 8v τοις ιτοτΛ/χδΓ; ίυ^.ίΤΚϋ»χτ/ο^ k ji τλ υν*·
fxr^o^ , ώΗΤίζ» «V τ ψ άλλ' ο
llo a iT w ^ w χ ο τ α μ ώ - χοίίλά και
j x i y ä k a ^ fv ο7ς »κουσ/ γ^ΰχίς κ. τ. λ# und gleich darauf:
6/ α-jτους ,sc. ό $ν τ ο ΐ ς i'^ ic r t χ ρ υ σ ό ς xoXd ς
eJ'v, yivtrat Svcro'f/ero;. Berggold bifanii sich und befindet
sich , wie Wahl Erdbeschr. von Ostiml. Π. p. 4$i (Γ. be
m erkt, noch jezt in den Bergen, die in einzelnen Zügen von
den hohen Altaischen Gebirgen und den Gebirgen M ous-
sart und Moussdagh (dem Imaus und Emodus) die gros
sen goldreichen SandwOsten Mittelasiens durchkreuzen.
Und auf dieses B e r g w e r k s g o l d beziehen sich (siehe
ebendas, p. 488 ff.) die Sagen von den goldbewachenden
G reifen, unter welchen W ahl (pag. 494.) die B e r g b e *
w o h n e r versteh t, d ie z u e r s t d i e B e r g w e r k s
k u n s t e r f a n d e n u n d a u s O b t e n . Schon vor ihm
batte der Graf v. Veltheim (Sammlung von AiifsStzen 1Γ.
p. 267 sqq.) diese Sage, jed o ch , wie es scheint, mit we*·
nlger G lück, als W a h l, au deuten versucht, vergl. b e ·
sonders p. 283. W ir wiederholen nicht, was wir im C a-
pitel von der Aegyptischen Religion aus Herodotus bei«
gebracht, und von einem andern Standpunkte über diese
Sage bemerkt haben. — In Betreff der Edelsteine Indiens
sehe man die Hauptstcllc des Dionysius Perieg va. 1119·
54i
der Edelsteine; in Indiens Gebirgen wurde derherrlicbste
O nyx, Sardonyx, Hyacinth , Amethyst, Chalcedon, La*
n u r, Opal, Beryll u, s. w auagegraben, und in andere
Lander ausgefuhrt, oder von den Phdniziern, Ebräern
und Aegyptiern, welche ihren W eg dahin durch den
Arabischen Meerbusen über das offene Indische Meer
nahmen, weggebracht, wie es denn nach den genauen
und gelehrten Untersuchungen von W ahl (Erdbeschrei
bung von Ostindien 11. p. 197 ff. besonders so6.) aufser
allem Zweifel zu seyn scheint, dafs wir unter dem Lande
O p h i r der biblischen Urkunden I n d i e n zu verstehen
haben. Yergl. auch Rhode über Alter und W erth einiger
Morgenland. Urkunden p. 67 unten. Andere Meinungen
hat Gesenius im Hebr. Handwörterbuch I. 19. zusam*
mengestellt. Man vergleiche noch Cbampollion TEgypte
SOUS les Pharaons I. pag. 98, der den Namen Ophir in
Koptischen Handschriffen nachweisen zu können glaubt.
$. a.
Q u e l l e n und z w a r G r i e c h i s c h e u n d R 5 -
mische.
sind dieselben im Allgemeinen dreifacher A r t :
i) die Nachrichten der G r i e c h e n und R ö m e r bis ins
Zeitalter der Byzantiner herab; 2) die I n d i s c h e n R e -
l i g i o n s b ü c h e r selbst, die zwar schon früher bekannt
waren, allein erst in den neuesten Zeiten aus den Ori-
ginalquellen uns zum Theil vollständig mitgetheilt wor-
dfin sind; 3 ) die M o n u m e n t e in S t e i n , d. i. die
noch vorhandenen Ucberreste der alt-Indischen Archi
tektur.
W as den ersten Punkt betrifR so erhalten w ir
die ersten Nachrichten über Indien durch H e r o d o t u s
(111. 98 sqq.); wie denn überhaupt zu den Griechen die
erste h i st o r i s c h e Kenntnifs von Indien durch den Zug
des Darias Hystaspis gekommen seyn mag, welcher Per
sische König in den nordwestlichen Theil von Indieii,
jedoch, wie es scheint, nicht sehr w eit, eingedrungen
w ar, und diese Gegenden dem Persischen Scepter unter
worfen hatte; und auf diese Gegenden sind auch die
Nachrichten des Herodotus einzig zu beziehen. An die
sen Schriftsteller zunächst reihen sich die I n d i c a des
$. 3.
Indische Q uellen.
Ihre Grundlage ist ohne Zweifel guten Theils alt,
und liegt zum Theil in einer Periode, die über Aegyp
tens llierohratie und über die Civilisation des ältesten
Griechenlands hinaufreicht; jedoch für uns sind sie ganz
neu, und so kann es, da wir noch nicht einmal diese
Schriften vollständig in Europäische Sprachen übersetzt,
ja von den meisten blofse Auszüge oder nur kurze Noti
zen besitzen , nicht fehlen, dafs sich sehr verschiedene
Ansichten über jene Urkunden unter den Gelehrten ge-
ly) Ufber «la«i Aller und die Aecliiheit der Vcda’s vcritlriche
man ancli l l e e r e n s Ideen u. s. w, I. 2. vorzOijIich paj;.
42(t fr d« r dritten Aufl. W hs den Aiharvcda inybesnnderc
htniiFf, so t)tliaupt( t M e r , welcher die Knistehun^:
der drti ersten Veda’s In die Zeit des Brahmaismus setzt,
e s s e y d e r s e l b e o f Γe n b ii r i m S i w a i s ni n s a b -
g e f a f s t w o r d e n , und also sp.Keren Ursprungs. Siebe
dessen Sehtit‘t : Die Relijjlnii der Indier als Brahmai.Mnus
p. lL verj>l. p, lOh Schon friiher haue P o l i e r ( My-
iholoji^ie des Indons Tom , 1. Infrodiict. p. 101, 102.) mit
trefTcndi n Ot (in»lcn <lalV es ?)»ir drei iir»prOngliche
grgtben habe, und dieser vierte später sey.
551
päische Sprachen übersetzt« noch nicht besitzen« ein
zelne Aiisziigc atisgenommcii ^ so ist das von Aqiietil du
Perron herausgegebene \\ erh , die U p n e k h a t a (Stras
burg i8o'|. in zwei Quavtbanden), aus Persischer Spra
che in einer Lateinischen Ueberselzung, fiir uns desto
wichtiger. Es ist nämlich dieses AVerk eine offenbare
Ueberselzung der Veda's, s^iewohl, wegen der unge
heueren Masse derselben, nur im Auszuge, wahrschein
lich auf Befehl eines Persischen Königs veranstaltet '-^).
Yergleicheii wir aber das, Avas diese Upnekhata, wo
durch uns also die ältesten Indischen Quellen vermittelt
worden sind, enthält, mit dem, was uns die Englischen
Forscher bis jezt aus den Veda*s gegeben haben, so
können wir wohl sagen: cs ist in den Veda's das älteste
Keligionssystem auf Erden enthalten, und es mochte
nicht leicht ein A^olk scyn, das ältere Kcligionsurkunden
aufzuweisen hätte, als die Indischen sind.
An die Veda*s schliefsen sich unmittelbar die P u -
r a n a ' s , welche die Theogonie und Kosmogonic der In
dier enthalten. Auch sic werden dem A’ vasa bcigeTegt,
und ihre Entstehung in das scchszclinte Jahrhundert vor
Christo zurück verlegt. Man zählt ihrer achtzehn , und
nennt sic daher auch οΠ; blos die A c h t z e h n . Jeder
Furana hat seinen besonderen charakteristischen Titel,
z. B. der erste B r a h m a , der zweite P e d m a (der Lo-
A n n a le s E n c y c l o p e d i q u r s c o m m e n c e e s p a r M . M i ll in ,
P a r i s 1813. D e c e i n b . pag. 3 l i — 3 l9 . — N a c h u n s e r m
Zwecke nu if ste n wir m e h r u n s e r A u g e n m e r k a u f a n d e r e
Q u e l l e n und llülfsm ittel r i c h t e n , w o v o n wir ia d i e s e m
P a r a g r a p h e n die N o tiz e n lie rrr n .
H i e r sey n u r n o c h b e m e r k t , dafs wir die a u f i i n s e r n
T a f e l n be fin d lic h e n Abbildiinc:en I n d i s c h e r G o t t h e i t e n
II . 8 . w . au s M o o r e *s W e r k ; T h e 11 i n d o o s P a n -
t h e o n , l^ondon ISIO. e n t l e h n t h a b e n . Sie s i n d z u i n
T lie il a u c h in d e n A siatick R e s e a r c h e s e n t h a l t e n .
555
Jes alten Griechenlands, i^ic«rohl der Indische Hercules
in seinem Charalucr eben so sehr vom Griechischen un
terschieden ist, als überhaupt Indische und Griechische
Menschheit sich untei'^cKeiden. Ueber dieses Gedicht- das
Mir glüchiicherweise jezt in der Originalsprache und in
einer Englischen Uebersetzung besitzen, vergL Langles
lin Catalogue des mserr. de la Bibi, iinper. Paris 1807.
p· i 3 sqc]. G ö r r c s in den Heidolbb. Jahrbb« 1810. nr.
a5 . p. 2 5 i . und W il Uen ebendaselbst i 8 i/|. nr. 24 — 26,
der auch Auszüge aus dem eben erwähnten Englischen
Originalwerhe : The Ramayana oΓΛ^olmechi in the origi
nal SangsUrit \vith a prose translation and explanatoi*y
notes by William Car^y and Josna Marshain, Serampore
1806. Λ^οΙ. I. gegeben hat. Proben aus dem Ramayan in
Deutscher üebersclziing haben Fr. S c h l e g e l (über
die Weisheit der Indier p. 281 ff.) und Franz B o pp
(iiber das Conjugationssystem der Sanscritsprachc pag-
1Ö9 fr. p. 235 .) und zwar Letztere die Episode, welche
ΛΥί5\ναπιιΐΓη’& BüPsungen enthält, geliefert.
Das andere groPsc episch - historische Gedicht, M a-
h a b h ä r a t a ( o h a b h a r o t , der g r o Ps e ß h a r a t a ),
Λτοΐ€Ηθ5 dem A'yasa bcigclcgt wird, und aus achtzehn
Gesängen besteht, enthält die Kriege zwischen den Monds-
liiiulern , zwischen den Helden vom Stamme Pandu und
Rtirti. IJierin ist die berühmte grofsc Episode B h a g a -
v a t g e t a ( B h o g o v o t g i t a ) , d.i. das L i e d vom B h o -
g o v a i i , einem Beinamen cl^s lirischna« Λ\clcher hier
immer unter diesem Namen aiiHrilt, und sich in dieser
Episode, in einem philosophisch - theologischen Gesprä
che, über die ewige Einheit Gottes und die Nichliglveit
aller andern Erscheinungen crUlärt. 8. Langles'Cata-
loguc des mserr. de la Bibi, iinper. p. 62 sqq. und p. 19.
Fr. Schlegel über die Weisheit der Indier p. 284, wel-
rher chcndaselbst p, 286 ff', Proben aus dieser Episode in
Deutscher Uebersetzung mitgctheilt hat. Ein anderes
556
Stüclt aus dem Mahabharata^ den K a m p f mi t d e m
R i e s e n , hat nach dem Sanscrit«Original aus einer Pa
riser Handschrift ins Deutsche übersetzt Fr. B o p p über
das Conjugationssystem der Sanscritsprache pag. 237 fT.
— 260
Diese grofsen epischen Erzeugnisse fallen angeblich
alle vor das Jahr 1200 vor Chr. Geb., vor die Zeit des
Trojanischen Kriegs; mit dem Jahre i 3 oo aber honimt
die Periode der Gesetzbücher^ die bei den Griechen doch
erst eigentlich um das Jahr 55 o vor Chr. Geb. anfing·
Denn in jene Zeit ist wohl die Abfassung der Gesetze
zu legen, die in einem grofsen Codex gesammelt sind,
unter dem Titel : M a n a v a D h a r m a S a s t r e , d. i. G e
s e t z b u c h de s Me nu oder Monu
Was den Inhalt und die Besc baffen heit dieser Ge-
2 i ) U«*ber die z a h lr e ic h e n m y s ti s c h e n P o e s i e n d e r I n d i e r
;^iebt Λ νϋ ΐ. J o n e s in e i n e r geliN ltreichen A b h a n d l u n g
N a c h r i c h t ; s . A siatick R e s e a r c h e s Vol. I I I . p. I 6 i . O n
the m y s t i c a l P o e t r y o f the P e r s i a n s and H i n
d u s by W'ill. J o n e s .
2-1) M e n u ist ein heilijjcr N a m e ; und c s w e r d e n M e h r e r e
d rs jic lh e n N a m e n s e r w ä h n t . Ks ist e ine ganze S i i c c r s -
sion v o n d o c trincH en In f elligenzcn , w e lc h e d ie s e n N a
m e n t r ä g t , und a n die Spitze d e r G e s e t z e ge ste llt wird·
E b e n s o s t e l l t a u c l i A e g y p te n a n d e n A nfang a ll e r n ie iis c li-
li c h e n G e s e t z e e in e n M e n e s , und e b e n s o G r i e c h e n
land se in e n M i n o s . E s s c h e i n e n sich n ä m l i c h bald
« a c h d e n letzten g r o f s e n E r d r e v o h i t i o n e n und l i e b e r -
s o h w e n i m u n g e n in Indien die S a a m e n k ö r n e r m c n s c h l i ’-
c h e r B ildung und C u l t u r g e r e t te t und a i i s g c b i l d e t , u nd
v o n da im V e r l a u f d e r Z e i t ih eils n a c h A e g y p t e n , th e ils
ü b e r A egypten n a c h K r e ta u n d a n d e r w ä r t s h in v e r b r e i t e t
zu h a b e n , wo sie a u c h i m m e r einige alte heilig e N a i i i e n
b e ib e h ie lte n . M e h r d a v o n u n t e n . Lieber die V e r w a n d t s c h a f t
d e r I n d i s c h e n und G r i e c h i s c h e n , n a m e n t li c h d e r S o l o n i -
s c h e n G e s e tz e w e r d e n w ir s o g le ic h d a s N ü t h i g e b e m e r k e n ·
557
setze, deren hohe Vorzüge und tiefer Geist von Jeder
mann anerhannt sind, betrifft, so verweisen wi r, der
Kurze wegen, auf das, was schon Andere gut darüber
bemerlit haben, Langles im Catalogue etc. pag. 89 sqq.
Asiatt. Abhandll. I. pag. 282 ff. Fr. Schlegel über die
Weisheit der Indier p. 272 ff. und p. 5^74 ff., wo Proben
aus diesem Gesetzbuche des Menu mitgetheilt sind. Hee
ren Ideen u. s. w. 1. 2. p. 438 ff. Fr. Majer, die Heli-
gion der Indier als Brahmaismus p. i 25 ff. Vergl. auch
Bhode über Alter und Werth einiger Morgenland. Br-
hunden (Breslau 1817.) p. 52 ff. — 6 3 , dessen Ansichten
jedoch von denen der früher genannten Gelehrten ver
schieden sind, indem er diesen Gesetzen heinen so hohen
W erth beilegt, und sie für zum Theil späte Producte
ausgeben will«
Auch jenes W erk hat uns der um Indiens Literatur
unsterblich verdiente Präsident J o n e s geschenkt. £s
erschien zuerst unter dem T itel: Instituts o f Hindu Law;
or the ordinances of Menu — Verbally translated fromthe
original Sanscrit; with a preface by Sir William J o n e s .
Calculta 179'*.4. Lond. 1796.8. (in Jones W orks Vol.III.);
deutsch und mit einem Glossar und Anmerkungen begleitet
von H ü t t n e r , Weimar 1797. Früher war erschienen:
Das G e s e t z b u c h d e r G e n t o o s , aus dem Sanscrit
ins Persische, dann ins Englische durch Nath. Brassey
Halhed, und daraus ins Deutsche übersetzt von R a s p e ,
Hamburg 1778. Hiermit verbinde man noch Christ. Ca-
r o l . B u n s c n de jure Athei^iensium hereditario disqui
sitio philologica, Gotting. i 8 f 3 * 4 · In dieser Schriff
sind nämlich die Ideen des mit der Griechischen und
Komischen Literatur eben so vertrauten Präsidenten Jo
nes über Vergleichung der Indischen Legislatiim mit den
Gesetzgebungen der Europäer gelehrt angewendet, und
die auffallendsten Parallelen zwischen alt - Attischen
Stamm-, Geschlechts- und Erbrechten und zwischen
558
den Indischen nachgeiincsen. S. besondere dasetbstpag.
112 s(jq.« ’vi'o i) die Notiz von Menu's Gesetzbach gege
ben ist, Meiches Jones gegen 1280 — 880 vor Chi*. Geb
setzt; 3) die Auszüge aus dem Titel vom Erbrechte,
dessen Bestimmungen mit den Sätzen des Alheiiieiisi-
sehen Erbrechts (nach Isaeus in der ErbschaAsrede, de
Pyrrhi hereditate etc.) mit dem Römischen nach den
Pandeliten und mit dem Mosaischen nach Michaelis Mo·
saischem Recht », verglichen Mcrden, Bunsen folgt der
Anordnung von Coolebrohe in seinem W erlie : Digest
of I l i n d u - L a w — translated from the original San-
scrit, London 1801. 3 Voll. 8., und stellt den Salz auf,
dafs die Erbrechtsgesetzc des Menu uns die Attische
Erbfolge- oder Succe.ssiaiisordnung deutlicher gehen,
als Mir sie in den noch vorhandenen Bruchstüchen von
Solons Gesetzen finden.
Hierbei aber blieb der Indische Geist nicht stellen;
er bat sich vielmehr mit Allem beschäftigt, worauf der
Europäische stolz seyn mag. Denn au die Gesetz
geber reihen sich nun die P h i l o s o p h e n an, von de
ren Bestrebungen schon dies einen hinlänglichen Beweis
liefern bann, dafs cs fast heinc EiitMichelung des specu-
lativen Geistes giebt, die Indien nicht versucht hätte,
Dogmatismus, Scepticisnuis, ja einen voilhoinmenen Ni
hilismus u. 8. w. — Man zählt sechs philosophische
Systeme^ die sich jo zwei und zwei von einander son
dern, zwei der N y a j a ’ s, Mclchc Jones mit der Peripa-
tctischen und Jonischen Schule, ZMci der Mi m a n s a ’ s,
die ebenderselbe mit der Platonischen, und zwei der
S a n o h y a ’ s , die er mit der Italischen und Stoischen
Schülo vergleicht. S. die Asiatt. Abhandl!# Bd. I. pag.
i»70. s 83 ff. der deutsch. Ausg. Aufserdem vergleiche man
hierüber die weiteren Nachrichten und Untersiicliungcn
von Langlcs im Catalogue etc. p. 78. 8s sqq. und 87 sqq.,
von Gorres in der Mjthcngeschichtc pag. 188 ff., von
55g
Schlegel über die Weisheit der Tndier peg, 8<) ff. m>d
Heeren Ideen u. 8. w. I. 2. p. 444 ff· der dritten Aufl.j
besonders auch Majer^ die lieiigion der Indier als Brah*
maismas p. 109 ff., der die Grundsätze einer jeden Schule
zwar htirz, aber gut cntHichclt bat.
Bei dieser Feinheit der Cultur in Indien, hei die
ser Scheidung der Stande, und bei diesem geistigen
Streben, welchem sich der Mensch dort um so mehr
überlassen hann^ je iretindlieber Clima und alle Begün
stigungen der Natur ihm entgegenhommen^ honntc auch
die d r a m a t i s c h e P o e s i e nicht aushleiben. Sie hat
sich hier, wie in Griechenland, aus dem Epos entwichclt.
H ier, wie dort, gingen die grofsen Epiber voraus, und
aus ihnen nahmen die ibigenden Dramatiker den Stoff
für ihregrofsen Dramen. Allein von dem Reichthume
dieser Literatur ist leider bis jezt noch Wenig bekannt,
wiewohl eben dieses Wenige die Europäische W elt mit
Recht in Erstaunen gesetzt hat. ΛTer kennt nicht die
S a k o n t a l a oder d en b e z a u b e r t e n B i n g , ein
Drama, dessen Fabel aus dem grefsen Epos, Mahabhä-
rata, genommen ist, und welches den K a l i d a s zum
Verfasser hat, einen Dichter, der am glänzenden Hofe
des Bajah oder Königs Wikramaditya , eines Beschützers
der Kunst und W^issenschaft, etwa hundert Jahre vor
Christi Geburt lebte? S. Fr. Schlegel über die
der Ind. p. 2^9. 3 o8 ff., wo Proben daraus gegeben sind;
Langles im Cataloguc etc. p. ηί\. Deutsch erschien das
Ganze von G. F ö r s t e r , mit einer Vorrede von H e r
d e r , zu Frankfurt a. M. i 8 o3 . (n eueA usg.). Hiermit
verbinde man , Ai^as über die Sakontala, so wie im A ll
gemeinen über die dramalische Poesie der Indier, Hee
ren bemerkt hat in den Ideen 1. 2. p. 627 ff. der dritten
Auil· Neuerlich ist ein zweites dramatisches Stück der
Indier der Europäischen W elt in einer EInglisclien Ue-
bersetzung bekannt geworden, die wir zur Zeit nur aus
56ο
SfTenllichen Anzeigen Itennen. A Is ausgezeichnete Eigen«-
schaften jenes Drama bemerken wir vorzüglich zuvorderst
die Innigkeit und das sinnige Wesen , das tiefe und zarte
Katurgefühl und die gleichsam Idealisirle Ansicht der
Pflanzenwelt; dabei das Mädchenhafte der milden und
friedsamen Nation ; sodann den Ausdruck des feinen
Welttons und Lebens der Lajalfs und ihrer Hufe. Das
Stuck ist ein Deweis von der vornehmen Haltung der
Könige und der strengen Scheidung der Stände oder
Gasten; so wie es überhaupt eine hohe Ausbildung der
gesellschahlichcn Cultur Indiens verrä'th.
Endlich war es auch Indien, wo man wahrscheinlich
zuerst die ewigen Gesetze der Sitteiilehre und des Rech
tes gleichsam hervorlocktc aus dem Wesen uiul Vcrhalt-
nifs der Thiere und Pflanzen und aus der umgebenden
Natur. W ir sprechen von der ungezweifelt uralten N a-
t u r f a b e l oder vom Λ po1 og (alro^). Seine Geschichte
ist dort an die Namen des W i s c h n u - S a r m a , eines
Braminen in alter Indischer Vorzeit, und des P i l p a i ,
der gegen /|00 vor Chr. Geb. gelebt haben soll, gcl;nüpff.
Unstreitig hatte schon das älteste Indien seinen Apolog,
worin durch die Sprache der Thiere, besonders der
Schakals (^<oes) durch die der Pflanzen, Räume u.
8. w., ethische und politische Wahrheiten eindringlich
und anschaulich gemacht wurden. Es entstanden davon
frühe Sammlungen; aber ^ wie in der Acsopischen Fa·
bclsammlung, ward auch jenen fortdauernd das nach und
nach Erfundene, der spätete Zuwachs heigemischt, und
einzelne Thcile auch wieder als für sich bestehende Bü
cher bekannt gemacht und fortgepflanzt. Nach der In
dischen Sage war W i s c h n u - S a r m a Erfinder in dieser
Gattung und Verfasser einer uralten Sammlung von
$. 4*
U e b e r s i c h t de r Indischen Baudenkmale.
W ir unterscheiden hier zwei Gattungen nach den
hanptsächlichsten Oertlichkeiten, wo sie sich finden. Die
erste Gattung begreift die rohe Hohlenarchitektur in den
nordwestlichen und nördlichen Gegenden von Indien,
in Bascheinir und den Granzländern gegen Persien. Hier
finden wir die ältesten ^ schlichtesten Denkmale, einfache
565
Grotten, «um Theil ohne alles Bildwerh und von der
rohesten Art. Diesen werden unter andern die Ueber-
bleibsel der Stadt Ba mi a i n in A r i a n a oder O s t p e r
s i e n , im Königreiche C a b u U beigesahlt, weichet der
Sage nach, B u d d h a t e m p c l seyn sollen (s. Hoech ve
teris Persiae ac Mediae Monumenta, Gotting. i8i8. sect.
IV. §. 1.). Ungeheuere Gewo'be und Grottentempel
füllen das weite Gebiet dieser Stadt, w elche im Sanscrit
V a m i - N a g a r i (Vamigram), d. i. u r b s p u l c r a , die
s c h o n e S t a d t , heifst, so da Ts Wilford (in Asiatich
Besearches Vol. VI. pag. 462 sqq.) hier hein Bedenhen
tragt, eine Vergleichung mit den Veberbleibseln von
Theba in Aegypten anzustellen. Merhwürdig sind unter
Anderm daselbst zwei Statuen, die aus dem Felsen ge
hauen und daran mit dem Buchen angelehnt sind, die
eine zwanzig, die andere vierzehn Ellen hoch, eine
männliche und eine weibliche (s. Elphinstone Account of
Cabul p. 487. Hoech 1. 1. p. 176 sqq.'). Auch findet sich
dort ein weitläufiger unterirdischer Tempel. Diese Mo
numente sollen, nach den neuesten Untersuchungen (s.
Hoech 1. 1. pag. i 85 .) I n d i s c h seyn und älter, als alle,
die noch von Persern vorhanden sind.
Die zweite Gattung schliefst zuvorderst die Monu
mente in den Flufsgebieten des Indus in sich , und zwar
zuerst die auf der Westhüste der diesseitigen Halbinsel.
Hier zeichnen wir aus die Denkmale, welche wahrschein
lich in die Periode des S c h t w a i s m u s fallen ^ näm
lich die Hohlen oder Grotten zu K e n n e r y auf S a l -
s e t t e und in E l e p h a n t e ^ , letztere hei B om bay
auf der Westhuste von Vorderindien, nicht weit von
$. 5.
V o n d en v e r s c h i e d e n e n I n d i s c h e n R e l i
g i o ns p er i o de n·
42) T s c h e r i n g a m , d. i. d i e S t a d t d e r s c h ö n e n
G l i e d e r , noch Jezt ein berühmter Wallfahrtsort, mit
576
4i) Sich, tierodot. TT. 4«·. Ich werde bei den Rcligionsperio-
eJen von Griechenland darauf zurück kommen.
45) $. den Capitain Mackenzie in Asiat. Bes. Vol. V. p. 312·
46) S. Görres Mythengesch. p. 191 ff·
I. 5η
578
S. Görres a. a. O . p. 5S9.
iO) Diese Sitle kannte Lucianos schon. E r (de salta*
tioiie §. 17. Vol. V. p. 133 sq. B ip .): „D ie Indier beten,
wenn sie Morf^cns aiifstehen, die Sonne an, und ohne
sie ^ wie wir thun, durch einen blofsen Handkuß» tu be-
58i
einer Skitze ebendas, nr. 63. s. u n s e r e T a f e l XXX.
Vergleichungen mit ähnlichen Ideen des Pythagoras und
Plato bieten sich jedem Unterrichteten \o n selber dar.
Deswegen wird aber noch Niemand sofort das Pythago
reische W eltsystem aus Indien ableiten w'ollen. Die
früheren Untersuchungen darüber sind bereits in andern
Handbüchernnaehgewiesen. Ich verweise nur auf M a u
r i c e hist, o f Ilindost. Y ol.I. chap.8 . p.253sqq. und auf
eine neuerlich erschienene Abhandlung von Drummond
(in the Classical Journal Yol. XYl. p. i/|5 sq .), der jenes
System den Babyloniern und Aegyptiern als Eigenthum
Vorbehalten wissen will. Zum Verständnifs des beige
fügten Indischen Zodiacus gehören nun die Abhandlun
gen von W ill. Jones über das Mondjahr der Indier (th e
lunar Year o f the Hindus, in den Asiatick Besearches
Yol. HI. p. 26 7 sq q .), und üher den Indischen und Ara
bischen ThierUreis von Colebrooke (on the Indian and
Arablan Divisions o f the Zodiack by H. T. Colebrooke;
ebendas. Yol. IX. p. 3a3 — 8 76 .). Letzterer hat auch
die Begriffe der Indischen Astronomen von dem Fort-
ruchen der Nachtgleichen und den Bewegungen der Pla
neten erörtert (ebendas. Yol. XII. p. 2 1 0 — e5ß.).
i l ) D iodor. I. 55, II, I6. TU. 60 sqq. Arrian. Indicc. cap. $1,
Plin. Π. N . V I. 21.
52) Herodoi. IV. 44.
53) Vergl. B e c k s Anleitung aur Welt·· und Vdlkersesch«
I. p. 220. zweite Ausg.
54) S. Ismael Schanschah in Historia gentium , bei Assemanpi
in der Blblioth, oriental. Tom. H i. pari. 1. p. 821.
583
$. 6.
Betrachtung der Indischen Bcitgionslelire.
Hier zeigt sich uns nämlich ein dreifacher Stand
punkt, von welchem aus wir diese Lehre zu betrachten
haben; der erste ist der des n a i v e n , a l t e n N a t u r -
m y t h u s ; der zweite ist der der A n d a c h t , des r e
l i g i ö s e n N a c h de nh e n s , Glaubens und Gewissens;
der dritte endlich der s p e c u l a t i v e , p h i l o s o p h i
sche.
Jener erste Standpunkt des naiven Sinnes ist der
Standpunkt des Kindes. Das religiose Element geht zuerst
nach Aufsen, ist fürs Auge anschaulich und reichen na
türlichen Bildern. W ie der Aegyptier über Aethiopien von
den Nilkatarakten her das Heil herabkommen läfst, und
der Perser von seinem AIbordi, so blickt auch der Indier
aufseinen Berg Meru hinauf, von wo aus ihm alles Heil
in die Thäler herabsteigt· Als nämlich , so lautet der My
thus, die vierzehn W elten , mit der durchgehenden Axe
und unten das Gebirge C a l a y a (d. i. M e r u ) , sich ge
bildet hatten, da erschien auf seinem Gipfel das Dreieck,
die Y o n i, und in ihm dvr L i n g a m , S c h i w a l i n g a m ,
auch E g a s o u r o u n a m , G o t t selb st, genannt, in
dem das W ort OUM ist. Dieser Lingam hatte drei Rin
den , die äiirscrste war Brahma, die mittlere Wischnu,
die dritte und weichste Schiwa ; und nachdem die drei
Götter sich davon gelü st, blieb der Stamm im Dreieck
allein noch ü brig, und Schiwa übernahm seine Obhut
(s. Görres Mythcngesch, p. 46 ff.). Und dies ist symbo
lisch dargestellt durch den Triangel in der Lotusblumc,
und in dem Triangel der Schiwa-Lingam als Zeichen
der männlichen Gotteskraft. Man sehe nur bei Moore
(theHindoosPantheon nr. 3q.) und daraus anf u n s e r e r
T a f e l XXIX. die Andeutung davon oben in den offene«
Hallen einer P agode, und daneben das Rind , das wir
584
von Aegypten her schon als das Bild des m aterielle·
Lebens kennen. liaf» aber der Triangel das weibliche
Organ vorstellte^ sagen auch Eusebius in der Pvaepar.
evaiigei. TH. p. 6 o. und Eustailiius in Homer, lliad. p.
i 539 Bom.
D<»i't im nordwestlichen Theile von Indien, um den
Berg Meru, wurden nun dem Schiwa zu Ehren Phallagogien
und l^hallophorien von seinen Anbetern gefeiert. Davon
kam eine Kunde zu den Griechen ; zugleich vernahmen sie
von den alt-Indischen Mythologien etwas, und daraus bil
dete sich Ihre Sage von der Stadt Nysa , vom B erge Me
ros (M);pd^‘) und vom Gotte Dionysus (s. ArriaiiiExp. V.
I . 9 . und Indica c. 7 .). l\ach ihrer W'eise und Eitelkeit
wendeten sie ab er, wie immer, die Sache u m , und er
zählten, wie Dionysus von Theben aus bis nach Indien
gezogen , und in einem wohlthätigen Triumphzuge den
Teil kern Pflug, Saatkorn, Weinbau und Gesetze ge
bracht habe. Das ^'ahere hierüber wird im V erfolg, im
dritten Bande, bemerkt werden. Hier nur eine vorläu
fige Andeutung: Dionysus ziehet nach Indien (Arrian.
Ind. cap. 5.). Bei seiner Rückkunft weihet er dem Apollo
eine Schaale {φ ιάΧ ϊ;) ^ worauf die Inschrift: c Dionysos,
der Sohn der Semcic und des Zeus von Indien her wei
het sie dem Apollo, dem Delphier)} (Διόνυσος 6
%f.l Δίώς από *lvdif>v Απόλλωνά Α ελψ οί. Pliilostrat. Vit.
Apollon. II. 9 . p. 5y Olear.). — Nach Griechischer An
sicht mups freilich Dionysus, dieser so junge Gott (He-
rodot. II. 53. 14 5 .) oder gar nur Halbgott, dem älteren
Apollo seine Huldigung darbringen , und Delphi ver
mählt nun den bunten rauschenden Bacchusdienst mit
der einfachen alten Sonnenfeier des Apollo. Aber in
Aegypten (Ilcrodot. II. 144 .) war diese Vereinung älter,
d r e i g r o f s e n D c j o t a s ^ ? ) , deren Mutter B h a v a n i
ist^ ), und über deren Entstehung ein dreifacher Mythus
erzählt wird. Bhavani, so lautet der gewöhnlichste, in
der Freude, geschaffen zu seyn, drücht dieses Vergnü
gen durch Sprünge und Hüpfen aus; und während die
ser Bewegung fallen drei Eier aus ihrem Busen, woraus
die drei Dejotas hcrvorgelien (s. Polier MythoJog. d. Ind.
I. Introduct. pag. i 53 sq.). Und hierin besteht die
In d is c h e D r e i e i n i g k e i t , d i e T r i m u r t i . Das hei
lige W ort dafür in der heiligen Liturgie, das kein Indier
ausspricht, ist 0 *M, welches aus den Buchstaben A UM
zusammengeflossen ist, und die drei höchsten Gottheiten,
W i s c h n u , S c h i w a , B r a h m a , in Einer Chiffre be
zeichnet^^). Das Eine höchste Wesen aber heiPst P a r a
b r a h ma oder B r a h m a , d. i. d i e S e l b s t s t ä n d i g
k e i t , und hat an sich , alsunentäufsertes Urwesen, keine
Tempel und keine Abbildungen (s. Asiatt. Abhandll. IV.
p. 36 .). Daher können Sinnbilder, wie der Lingam, die
60) S. Asiatt. Abhandll. Bd. IV. pag. 37, wo sich die merk
würdige AeuPserung eines Brahminen findet: „W enn man
sagt, der Verstand Gottes ist dem sanften und milden
Lichte des Mondes gleich , so wird dadurch das Wesen
deines Geistes, o Gott, nicht ausgedrückt.^ Eben so
merkwürdig ist die Antwort eines Brahminen, welche aus
Paullinus Syst. Brahm. pag. 68. Jones a. a. O. anfiilirt:
„ P a r a b r a h m a , Ens nempe illud Supremum et per se
existens , ita esse in tribus illis et in omnibus eorum ope
rationibus, quemadmodum in vase aqua pleno conspici
soleat ab hominibus sol noster visibilis, qui licet in illa
aqua, seu vase, re ipsa non existat, ab omnibus tamen,
qui — — coiispiciant, videatur, laudetur et adoretur·
Quomodo e x o v o n a t a s i n t o m n i a , et hi tres dii ex
illo prodierint“ etc. Ueber dieses Weltci auch in der Ja
panischen Kosniogonie vergi. M a u r i c e hist. ofHindost.
1. 1. p. 46 sqc]. und dazu die Kupfertafel·
589
eins mit ihm« aus dessen W illen sie da sind. Dieser
e^ ge W ille Ist eingeboren in allen Dingen. Er offen
bart sich in der Schöpfung, Erhaltung und Vernichtung«
in den Gestalten und Bewegungen des Raumes und der
Zeit
Hierüber erhlärt sich der ehrliche Paullinus (Syst.
Brahm. p. io 3 . vergl. mit Jones in den Asiatt. Abhandll.
T. IV. p. 6 i. deutsch. Ausg.) im Sinne der Hindus so:
«mysterium hoc lantum est« ut nemo hominum , nee Ip
sorum adeo spirituum coelestium illud satis intelligere et
explieare possit.» Ueber das Zusammentreffen Indischer
Lehre mit Haupt lehren des Christenlhums spricht schon
Is. Casaubonus bei Gelegenheit des Palladius τιερί Βραχ-
μάνίον ; s. Casauboniana pag. i 3 . pag. 2i<) sqq. Beweise«
daps diese Lehre der Dreieinheit den Pelasgcrn, den
Italischen \^olhern und den Scandinaviern behannt war«
hat sich ein Verfasser im Classical Journal Vol. 111. pag.
125 — i 33 . Yol. IV. p. 89sqq. und ibid. p. 484 &qq· zu
geben bemüht. Lesenswertb sind auch die Bemerhun-
gen von Payne Knight über diese Indische Trimiirli (In-
quiry on Symbol, lang. §. 228 sqq. p. 189 sqq.)* siebt
darin den Uebergang von der Einheit Gottes zur \iel-
gottcrei ($. 229. p. 190·)· «This triform division« sagt
er« oF the personified attributes or medes of action of
one first cause, seems to have been ihc first departurc
from simple tbeism« and the Foundation of religious my-
thology in every part of the earth.» Nach verschiedenen
Zwisebenbemerhungen« deren Beleuchtung ich den
Theologen und Philosophen uberlasse, erliennt er auch
die Allgemeinheit dieser Idee an, und fahrt so fort:
«Hence almost every nation of the worid , that has de-
5· 7
Indische K osm ogonic.
Schon Strabo (XV. p. 1039. p, labTzsch.) Iiennt die
Lehre der Br ahmanen, dafsdas W a s s e r U r e l e m e n t sey,
eine Lehre, die sie also mit den Aegyptischen Priestern
und den Jonischen Philosophen gemein hatten (s· oben
p. 392 f.). Hiermit stimmt die Nachricht überein, die Jo
nes in den Asiatt. Untersuchungen I. p. 1 9 7 . f iebt, dafs
a l l e I n d i s c h e n Philosophen das W a s s e r für das ur-
apriliigliche Element und erste W erh der SchopPung
Tualten, doch schiene ihre Lehre von der allgemeinen
Fluth und von der Schöpfung aus dem Anfänge der Ge
nesis geborgt zu seyn. Hierauf fuhrt er die W orte des
Itlcnu über die Bildung des Universums an ^). c Die W elt,
sagt e r , war ganz dunhel, ohne Ordnung und Unter
schied f Alles in einem tiefen Schlafe, bis der selbststän
dige, unsichtbare Gott fünf Elemente und andere herr
liche Sachen schuf, und die Finsternifs ganz zerstreuete.
Hierauf wollte er mannichfaltigc Geschöpfe durch einen
AiisiluPi aus seiner eigenen Glorie entstehen lassen ; da
her schuf er zuerst das W a s s e r , und gab demselben
die Kraft der Bewegung· Durch diese Kraft entstand
ein goldenes £ y das wie tausend Sonnen glänzt, und
6S) S. was wir oben paj, 12Ä. darüber schon hemerkt hahrn.
— Hierher gehören die bildlichen Darsuliungfn bei
Moore ibe HimlooK Pantheon nr. 20. und daraus u n s e r e
C o p i e T i i b . ΛΧΙ. nr. 2. Die charakteristische Lage
und «las Saugen an der Fufszehe wird da hei eben so wenig
unbemerkt bleiben, als das HervorwMchsen der Bluiiirn
aus dem Wasser· Letaleres ist auch der Aegyptischen
Bildnerei eigenthümlicli·
69) S· Asiatt. Abhand 11. 1. p. 197 der deutsch. Ausg.
5g8
24^5 sqq. verwiesen Mird), Daher heiPst es im Bhagavat
Gccta (s. Herders Vorwelt p. 47.) : E w i g e r — — ich
sehe den schafTenden B r a h m a — ln dir t h r o n e n d
ü b e r d e m Lotus·
G i r m a h aber, und hiermit beginnt der erste Scho-
p/'ungsact der idealen Wel t , s ah, nachdem ihm die
Finste rniPs zerstreuet und die £rhenntnirs geöffnet| in
dem S c h a u s p i e l des e w i g e n W e s e n s a l l e un·
endl ichen G e s t a lt e n der i r d is c h e n ΛΥοΙΐ,
w i e b e g r a b e n in e i n e m t i e f e n S c h l a f e —
Darauf befiehlt der Ewige w eiter: «Birinah, hehre :ßu
defilier Contemplatioii zarüch, und wenn du durch deine
strenge BuPsc und Beschauung die Benntnlis meiner
Alliiiacht erlangt hast, so werde ich dir das Vermögen
geben, h4.rvozubri;;gen und die W elt aus dem in m e i
nem S e b o o P s e v e r b o r g e n e n L e b e n zu ent-
wiebeln. » Biniiab versinht abermals in Contemplation,
und beiet und böfset hundert GuUerjahre hindurch.
Kach Ablauf derselben empfängt er (und nun beginnt
der zv^eile Act, die Schöpfung der wirklichen Wel l )
die Seböpferhraft. F.·· schaflft tleii grofsen Raum, er be
schäftigt sich mit den Piincipieii der Dinge, er schafft
die sieben Surg's oder Stcrncnsph.ärcn, erleuchtet von
den strahlenden Körpern der Dejota's, er schafft die
Erde ( Mirtloh ) mit ihren Lichtern, Sonne und Mund,
die sieben Palais oder unteren Begionen. Beide zusam
men , die Surg’s und Patals, bilden die vierzehn W’ellen
der Indischen Kosmologie. — INun folgt die Schöpfung
b e s e e l t e r W e s e n — aber zuerst nur G e i s t e r .
$. 8.
So war die W elt geschaffen, und die vier von Bir-
mah hervorgebrachten Menschen verbreiteten sich fort
und fort auf ihr. Es ist aber die W elt nach Indischer
Ansicht in v i e r g r o f s e Z e i t r ä u m e eingetheilt, in
vier Aconen oder W ellaller, von den Indiern Y u g a ' s
genannt , d as erste S a t i a - y u g , das des Brahma oder
Schöpfers; das zweite T i r a i t a - y u g ; das dritte D w a -
p e r - y u g , beide des Wischnu oder Erhalters; das
vierte C a l i - y i i g , des Schiwa oder Zerstörers. Die er-
steren sind abgclaufen. — Daran schliefst sich die Lehre
der Indier von neun bis zehn a u f s e r o r d e n t l i c h e n
Y e r W a n d l u n g e n der Gottbeit in der Person des
ΛY^schr^u, d. i. der e r h a l t e n d e n und f ü r s o r g e n -
de n G o t t e s k r a f t , sooft wegen uberhandnehmender
Gottlosigkeit der Menschen solche aufserordentliehe
Hülfe der Vorsehung nölhig ist Es glauben zwar
die Hindus unzählige A v a t a r s , d. i. solche llerab-
steigungen oder besondere Dazwischenkunften der Vor
sehung in den Angelegenheiten der Menschen, sie rech
nen aber z e h n H a u p t a v a t a r s während des ganzen
Zeitraums von vier Yiiga's oder Weltaltern. Im ersten
Avatar 74^ erscheint Wischnu als F i s c h , im zweiten
75) Auch Aegypten gieht seinem Osiris oft die Attribute des
Ackerbaues (s. oben). Eben so kannte die alte Attica
unter den rettenden Heroen den E c h e t I n s , *Έχ6τλο%
oder Έχ«τλΛ?ος (von einem Theilc des Pfluges),
oder P f l u g n i a n n , der in der Schlacht bei Marathon
mit jenem Werkzeuge den Athenern ihre Peinde batte
ersctiiageii helfen; s. Pausan. Aitic. 32. $· 4. W ir wer
den utiicn noch auf denselben zurttckkommen.
6q5
den bdscn J)aint, bekommt die V^cda’s wieder, unter
richtet den Satjavrata darin, und bestimmt ihn zum sie
benten Menu, unter dem Namen \^aivaswata.)> Jones,
welcher a. a. O. p. 3 6 1. mit der Genesis Parallelen zieht,
Termuthet, dafs dieser Menu mit N u h , dem wahren
Namen N oa fi*s, ein und derselbe sey.
Diese vier Yugas zusammen haben eine Dauer von
vier Millionen und 3 ^oooo menscblichcn oder 12000 Göt
terjahren. Beim Ablauf des vierten Y u g, in welchem
wir leben, tritt das Wellende ein. Schiwa verbindet
sich mit Wisebnu als Calci, und verbrennt die W elt
durch den F e u e r w i n d allein so, dafs bei dieser
Zerstörung die Saameii aller Dinge in den Lotus, in die
Barmutter der Bliavani auigetiominen werden, wor
aus eine neue W elt wird· Denn der Lotus ist Symbol
der ew i g e n Z c u g u n g s h r a f t , und wird daher oft
mit dem Lingam verbunden, worüber schon oben das
§. 9.
E i n B l i c k a u f di e V i e l g ö t t e r e i d e r I n d i e r ;
S c h r i - H a m a , S i t a und H a n u m a n ; I n d i
s ch er T h i e r d i e n s t ; V e r w a n d t s c h a f t der
I n d i sc h e n und A e g y p t i s c h e n Bcligio-
ne n.
81) R i t t e r l i c h e u n d l o b w ü r d i g e R e i f s u. s. w.
Frankfurt a. M. bei Hermann GüiUchen.
6o8
wird von den verschiedenen Casteiungen und Uehungen
geredet, die sich die Bufsenden bei diesem Pilgcrsuge
selbst auf]egen.
97) Fr. Schlegel Ober die Sprache und Weisheit der Indier
p. 112.
98) Andern zufolge auch dem Namen nach; als Eswara und
Isi; vcrgl. Jones in den Asiatt. AbhandII. p. 212 ff.
99) Vom Brahma berichtet Baldaeus Folgendes (in Descrip
tione peninsulae Indicae et Ceylonis p. 438. b.) : „dal^ er
jährlich sterbe und wieder auflebe*^, und p, S59. a. «idafs
er nach Verlauf vieler Jahre sterbe, und hernach wieder
lebendig werde« ^ Vergl. Jabionski Opuscc. Vol« II« pag«
320 sq.
$. 10«
Krischna (Krishno).
cKrischna d· i· d ie s c h w a r z e P e r s o n oder
12o) Das Dreieck war das Zeichen der Incamation des Osiris,
des Apis (s. unsere Commentalt. Herodott. I. p. 133.)·
la i) Polier l· p· 449 sqq· Vergl· Maurice Vol. I. pl. 3·
122) Nach M oore nr. 59· u n s e r e T a f e l XXVI .
62S
$. 11·
I n d i s c h e P n e u m a t o l o g i e u nd £ t h i h .
Die indische Pneumatologie beruhet ganz auf dem
Kampfe zwischen Materie und Geist» auf einem Dualis-
iTiDS* £ s giebt nämlich nach Indischer Lehre eine grofse
Zahl von n i e d e r e n G e i s t e r n , D e j o t a ' s , in zw ei
C lassen: gu te, D e j o t a ' s oder S ur^s genannt, und
b5 se, D a i n t s oder A s s u r ' s genannt· Sie leben über
hunderttausend Jahre, und die W erke der büsen Geister
sind e s, welche den physischen W eltlauf und die mora·
lische W eltordnung stören, welche auch alle dieBewe>
gungcn und Kriege gegen die guten Geister verursacht
haben, die den Inhalt der meisten Mythen und epischen
Gedichte ausmachen· S. Polier Mytholog. des Indous
T· L p· i98sqc]· vergl· ρ· 206 · und besonders den ganzen
zweiten Band.
W ie der Mensch physisch aus dem Leibe des Brahma
geworden, haben wir nach dem einen Mythus oben ge
sehen· Aufserdem hat man noch eine andere Sage, wo
nach aus Brahma's rechter Seite der erste Mann, aus
seiner linken das erste W eib geworden (s· Thomas Mau
rice ancient history o f Hindostan Yol· I· p· 407 — 410·)·
D es Menschen S e e l e hingegen leb t, wie ein Funke,
vom Feuer entzündet, in und durch den alle Elemente
durchdringenden höchsten Geist· Diese seine Seele ist
zw eifach, sieist erstens innere Seele, vernünftiger Geist,
M a h a t , und zweitens Lebensgeist, K s h e t ra j n g a oder
J i v a t m a n , welcher den aus Elementen zusammenge
setzten Kür per, B h u t a t m a n , bewegt. Es kann dies
uns an die Triplicität der S e e le , welche bekanntlich
Plato statuirte, erinnern, nämlich x h XoyuTTixdr (roü^,
λ^ /ος), das l o g i s c h e P r i n c i p i u m , die V e r n u n f t ;
rh das P r i n c i p der G e m ü t h s b e w e -
g u n g , das G e f ü h l , und endlich τ ό , das
L 40
626
B h o g o van
kehret nicht zur Sterblichkeit, die ver^^angltch, der
Leiden H a n s ,
Wer mich erreichte, noch zurUck, hoch am Ziel der
V o llk o m m en h eit·
W i e d e r k e h r e n d e r A r t , Oijun , si nd aus Br o h-
ma di e W e l t e n al l .
Wer mich erreicht hat, Kuntis Sohn, ist der fernem Ge
burt befreit“
$* 12.
Und nun 'viollen wir auch hürzlicli die Einkleidung
der M o r a l bei den Indiern betrachten, und sehen,
welcher Mittel sich der alte Indische Brahminc bediente,
um diese seine Glaubens- und Sittenlelire gehörig ein
dringlich und anschaulich zu machen· Y.s diente hierzu
vorerst die b i l d l i c h e G n o m e , wie folgende Stelle
aus dem von Ith übersetzten E z u r v e d a m (Bern und
Leipzig 1794·) hinlänglich zeigt: «Die Pflicht des Ge
rechten fordert, dafs er seinem Mörder nicht nur ver
zeihe, sondern ihm sogar'wohlthue im Augenblicke, da
ihn dieser mordet, g l e i c h de m Sa nd el bau mc.
D r i t t e s C a p i t e l .
V o n d e r M e d i s c h - P e r s i s c h e n Religion.
I*
E i n l e i t u n g .
W enn uvir hier γοη Per&ien reden« so verstehen ^ir
darunter nicht blos die alte Landschaft Persis oder das
heutige Farsistan« das Stamtnland der Kajaniden und eini
ger späteren Beherrscher Asiens« sondern es schliefst
dieser Name die ganze grofse Masse der Caucasischen
und Nordindischen Lander ein, welche auch durch den
Namen I r a n (womit zugleich der Gegensatz T u r a n
gegeben ist) bezeichnet wird, und deren Beligion auch
wohl den Namen der I r a n i s c h e n trägt. Es hat diese
Iranische oder alt-Persische Religion vielleicht ihren
Sitz in einem Urstaate genommen, den Manche für den
Mutterstaat der nachherigen Indischen und Persischen
Reiche halten, der die Provinzen Balk ^ oder Bahtrien,
Ariana, Susiana, A der bid schau, Mazanderan und andere
in sich begriffen, und dessen Heri*scher, dicPischdadier«
auch Indien, Medien, Bahtrien, Assyrien und Mesopo
tamien unter ihrem Scepter vereinigt haben sollen. —
Zunächst aber ist es jene Gebirgskette, die dieses Reich
$· s.
Que l l e n« U e b e r b l i c k d e r l l e r o e n s a g e n ^ d e r
R e l i g i o n s p e r i o d e n und d e r D e n k m a l e .
Die Q u e l l e n jserfallen in zwei Classcn, zuv£>rderst
s c h r i f t l i c h e ^ die Nachrichten der inländischen und
der fremden Scfiriftsteller, namentlich der Griecliischent
über Persiens Religion , von den älteren Zeiten bis auf
die späteren — sodann D e n k m a l e d e r b i l d e n d e n
K u n s t an den Ueberresten der Palläste und Tem pel
zu Persepolis und anderwärts , deren Trümmer sichy
trotz der wiederholten Verwüstungen und Zerstörungen
der Araber, Mogolen, Türken und anderer V ö lk e r, er
halten haben.
W as die schriftlichen Quellen betrüTk, so müssen
hier vorerst die b i b l i s c h e n U r k u n d e n in Anschlag
gebracht werden, namentlich die Bücher, deren Ver
fasser in irgend einer näheren Beziehung und Berührung
mit Persien standen, und welche eben darum zum Theil
für die Religion Persiens Hauptquellcn sind. Dies sind
besonders die S c h r i f t e n d e r P r o p h e t e n , eines
D a n i e l , der, wie es scheint, mit dem Persischen Licht
dienste nicht unbekannt w ar, eines E z e c h i e l , dessen
Visionen äufserst viel Persisches aus der Lehre der hta-
gier enthalten; ferner die Bücher £ s r a , Ne h e mi a
lind andere, worunter das Buch E s t h e r in so weit be
sonders merkwürdig ist, als es uns in das Innere des Per
sischen Hofes blicken läikt und ein getreues Bild der
Persischen Sitten liefert.
Unter den Griechen giebt uns über Persien (so wie
über Indien) H e r o d o t u s die ersten Nachrichten, wel
che mit ziemlich vieler Kenntnifs dieser Länder nieder-
gescliriehcn sind. Wichtiger jedoch wäre C t e s i a s ,
ein Zeitgenosse X e n o p h o n s (dessen Anabasis und Cy-
ropädie liier auch in Betracht kommen), der als Leib-
655
a ret des Königs Artaxerxes Mnemon sicli lange in Persien
an dessen Hofe aufhielt^ und dieBeichsarchive benutzen
durfte, dessen Schriften aber, einige Excerpte bei Pho-
tiu s, Alhenäus und Andern ausgenommen, uiitergegan-
gen sind. Ihm ist auch D i o d o r u s in seinen Nachinch-
ten über Persien, Medien, Babtrien und andere Asia
tische I^änder hauptsächlich gefolgt, und ihcils ganze
Abschnitte, theils einzelne Capitcl sind ofTenbar aus je
nem entnommen. Aufserdem enthalten S t r a b o , A r -
r i a n u s , P h il ost ra tus (im Leben des Apollonius),
der ebenfalls den Ctesias, y,enn er ihn gleich nicht an
fu h rt, sehr benutzt zu haben scheint, D i o g e n e s
L a e r t i u s , C l e m e n s von A l e x a n d r i e n , E u s e
b i u s in der Praeparatio Evangelica, Da m a s c i u s de
principiis, manche schätzensnerthe Nachrichten, Am
Michtigslcn für unsern Zweck ist aber P l u t a r c h u s ,
eben dadurch, dafs er nicht, wie die meisten übrigen
Griechen, uns über das Exoterische der Persischen Re
ligion belehrt, sondern uns auch in den Stand setzt, in
das Innere oder Esoterische der Religion der Magier
wenigstens einige tiefe Blicke zu thun, und durch Hülfe
einiger Hauptslellen , die er aus Aeltercn miithei^t, uns
dem 31ittelpunkte des Magiersystems mehr zu nähern.
Auch bei den Bumern findet sich Manches, nament
lich hei P l i n i u s in der Historia naturalis, bei C u r
t i u s und den s c r i p t o r e s h i s t o r i a e A u g u s t .
Alle Nachrichten der Alten über Persische Einrich-
IJ) Unter ihnen soll, wie die Sage rühm t, die Kunst der Bo
gen und des Bogenspannens aufs Nöchste gebracht wor
den seyn , daher K e in a n , K a i a n i noch heut an Tage
ein s t a r k e r B o g e n heifst, s. 1leibelot B. O. p. 24i«
vergl. p. 200.; und wie derselbe nngiebt, war bei den \4o-
golen der B o g e n ein Z e i c h e n des K ö n i g s oder
H e r r s c h e r s , wie der P f e i l das Zeichen eines Be
fehlshabers oder Gouverneurs CVicckönigs). Und da Ts
das Symbol des Bogens bei den alten Perserkönigen die
selbe Bedeutung gehabt, beweisen aiifser andern Z eu g
nissen die Abbildungen auf den Denkmalen von P erse
polis, wo der König eben durch den Bogen, den e r in
der Hand fuhrt, und w elcher, wie Heeren (Ideen I. 1. p,
251 d er dritten Ausg.) bem erkt, bei ihnen das Symbol der
T a p f e r k e i t und G e s c h i c k l i c h k e i t , sowohl im
Kriege als im Frieden und in der Jagd , w ar, kenntlich
ist. Darum fuhrt er auch einen B o g e n v o n g r o f s e r
D i c k e u n d S t ä r k e , als Beweis seiner Kraft. So
schickten, nach Ctesius Erzählung (in den Excerpt· P e r-
sic. cap. 17.) , Darius und die Scythen , welche je n e r be
kriegte , sich gegenseitig Bogen z u , und erslerer zog sich
zurück , als er den Bogen der Scythen stärker fand. Man
vergleiche auch Herodot. UL 21. 22, wo der A ethiopi-
sche König dem Cambyses als Gegengeschenk einen B o
g e n zuschickt, mit der Erklärung, wenn die P erser einen
Bogen von solcher GrÖfse leicht spannen könnten , dann
675
17) Auszüge aus Ferdusi bei Herbelot B. O. II. pag. 462 sqq.
Muradgea d* Ohsson p. 38ü ff. vergl. auch J . v· Müllers
W erke V lll. p. 227.
18) V e rg l. P a y n e K n ig h t I n q . o n Symbol, la n g . $. 131. p. 102.
19) Seine heroische Geschichte nach den Sagen siehe jezt bei
Malcolm I. p. 18 —67. vergl. p. 2t4. 219 . Wenn der
selbe Gelehrte (p. 236. 463.) ihn mit dem Artftbanus bei
Griechischen Schriftstellern vergleicht, so ist dies eine
F u ^ der M einung, dafs Gustasp Darius Hystaspis sey·
Diese Fragen liegen aufser unserm Kreise·
20) S· die Auszüge bei Malcolm I. ρ·38· besonders p· 192f.
«7 7
5. 3.
Medische und Persische A rc h ite k tu r
monumente.
Schon seit geraumer Zeit haben die verschiedenen
Beisenden) Franzosen, Deutsche und Engländer, mit
einem edlen Wetteifer sich bemüht, uns diese Monu
mente zu beschreiben und in getreuen Abbildungen mit-
Eutheilen. Einea schätzenswei’then Auszug hiervon ha
ben wir in der neulich erschienenen musterhaften Preis
schrift von C. Fr. Chr. H o c c k t V c t e r i s M e d t a e et
P e r s i a e M o n u m e n t a , Goitingae 1818. erhalten. Die
Literatur über alle Persische Monumente giebt B e c h in
seinem G r u n d r i fs d e r A r c h ä o l o g i e p. 3 i. und vorn
in den Zusätzen p. XIV ; womit jezt noch zu verbinden
27) Man vergleiche, was bereits oben bei der Aegypt. Relig.
§. 18. p. 46y. not. 254. hierüber bemerkt wurde.
2S) 11 am ad an ist nach J . M o r i e r (A scrond Journey
irongh P e r s i a , A r m e n i a and As i a m i n o r , by
J a m e s M o r i e r , London t8l8.) höchst wabrsebein-
lich das alte E k b a t a n a. Er bringt viele Gründe dafür
b e i, und glaubt aus dem schon, was er gesehen und ge
funden hat, dafs man grolVe Entdeckungen machen wer
d e , wenn der Raum des Plaues^ wo wahrscheinlich der
alte Pallasider Könige gestanden , aufgegraben werde. —
S i v e s f r e de S a c y stimmt ihm bei, und sucht zu zei
gen , dafs EUbatana in der That Ein Name mit iUmadan
-sey: Ekbatana, E k h m a d a n , K h a m a d a n — H a
rn a d a n ; 5. Journal des Savans , Januar 1819· p«
688
$. 5.
H S h e r e A n sich t des Magiersystems·
Fragen wir nun, wie die höhere Lehre der Magier
das Problem der W elt ( der EntäuPserung G ottes) auf-
gefaPst habe, so müssen wir allerdings antworten ;
nicht g e s c hl e c h t l i c h , durch L i e b e , wie die fndier
— sondern durch den G e g e n s a t z von L i c h t und Γ ί π -
s t e r n i P s , von g u t und bös e. Schon das Bisherige
hat das Durchgreifende dieses ethischen Gegensatzes im
Persischen Systeme gezeigt· Es herrscht in den Ele
menten (z · B. in dem W asser — das buse W asser ent-
springt im Zeichen des Stcinbochs, das Goldwasser
in der W aage), in den Körpern, im Kraut und Unkraut,
in den Thiercn u. s. w. Daher denn die Grund leb ?'e
der M agier: A l l e D i n g e b e s t e h e n i n d e r Mi
s c h u n g d e s G e g e n s a t z e s ; oder: D a s E n d l i c h e
hat s i c h d u r c h e t h i s c h e n K a m p f d e r b e i d e n
u n e n d l i c l ie n P r i n c i p i e n in Gott g e s e t z t .
Zwiespalt giebt den Dingen Daseyn ; wie dieser aufhort,
d. h. wie die Gegensätze sich in ihre Quelle auflosen,
huren auch die endlichen Dinge auf. In diesen Theorien
des Magismus haben wir wohl eine Quelle von dem b e
kannten Lehrsätze des Jonischen Philosophen H e r a
c l i t u s : «der Krieg ist der Vater aller Dinge» (πόλ«μ9ς
45) Empedocles vs. 29. 136 cd. Sturz. Die angeführten W orte
Heraclits giebt Lucianus de conscrib. hist. §. 2. Tom . IV".
pag. 161 Bip. Man vergleiche damit Pluiarcb.de fsid. et
Osirid. p. 370. p. 517 W^yttenb. — Ich werde im zweiten
Bande auf diese Sätze zui Ockkommen müssen.
702
i 6.
D ä m o n o l o g i e , K o s m o g o n i e und E s c h a t o *
logie.
Jeder der zwei höchsten Geister, Ormuzd und Ah
riman, hat sein Reich· Ormusd Reich ist grofs und
theilt sich in h i m m l i s c h e und i r d i s c h e Wesen in
verschiedenen Abstufungen. Drei Abstufungen hat da»
Geisterreich, zuerst die sieben A m s h a s p a n d s , un
sterbliche Geister, dann die acht und zwanzig I z e d e
und endlich u n z ä h l i g e F e r u e r s Ormuzd, Herr
der W e lt, ist oberster der sechs Amshaspands und auch
ihr Schöpfer, nach Plutarch. de Tsid. et Osirid. cap. 47.
p. 369. p. 5 i 4 Wyttenb« Dort heifst es: «Oromazes
(Ormuzd), sagen die Perser, sey aus dem reinsten Lichte
geboren , Arimanius aus der Finsternifs. Beide führten
Krieg mit einander. Oromazes habe sechs Götter ge
schaffen, den ersten des Wohlwollens , den zweiten der
W ahrheit, den dritten der Gesetzlichkeit, die übrigen
die der W eisheit, des Reichthums und den Schöpfer der
Freude, die aus der Tugend quillt. Hernach habe sich
Oromazes verdreifacht, habe sich von der Sonne so weit
entfernt, als diese von der Erde entfernt ist, habe den
Himmel mit Sternen ausgezieri, und über diese zum
Wächter und Aufseher den Sirius bestimmt, habe darauf
andere v i e r und z w a n z i g (soll wohl heifsen a c h t
und z w a n z i g ) Götter geschaffen, und sie in ein Ey
niedergelegt· Aber vier und zwanzig andere, vom Arl-
E t h i h , L i t u r g i e und r e l i g i o s e A n s i c h t
de s L e b e n s .
Da Mithras, wie wir weiter unten sehen werden,
gleich dem Osiris, jedes Parsen Vorbild und die Gott
heit in menschlicher Anschauung ist, da sein Wesen
L i c h t und, im höheren Sinne genommen, i n t e l l i g i -
b l e s , h i m m l i s c h e s L i c h t und F e u e r ist, so er-
giebt sich daraus für jeden Perser eine V c r h l ä r u n g s -
1 e h r e zum Licht und im Licht, und der Zwech der ganzen
Religion ist L i e h t w^ e r d ü n g Verhlärung der Fin-
sternifs in Licht, oder Sieg des Guten durch die ganze
“Natur, im Leibe, Geiste, Hause und Staate. Daher sind
Religion, Liturgik, Ethik, Politik, Oekonomie, e in
e i n z i g e s o r g a n i s c h e s G a n z e und durch und durch
verbunden. Das Ur wr or t , H o n o v e r , E n o h e v e -
r i b e , d. i. i c h b i n , oder f i a t , es s e y , es i s t , der
Et hi k : O r m u z d , d e n K 6 n i g d e r W e l t , e r n e n
n e n in B e i n i g k e i t s e i n e s H e r z e n s , s e i n e
S c h ö p f u n g h o c h a c h t e n , Z o r o a s t e r f ü r den
P r o p h e t e n G o t t e s h a l t e n , und A h r i m a n s
R e i c h z e r s t ö r e n (Zendavesta I. p· 39.).
Hierdurch bestimmen sich die einzelnen Vorschrif
ten. Sie gehen a) auf O r d n u n g im Himmel und auf
Erden W ie dort ein grofses System von Abstufun
gen ist, urie jedes Element, jede Z eit, jeder Nalurhor-
p e r seinen Vorsteher hat, Alles abgestuft und gemein
sam , Nichts allein ist, so soll es auch auf Erden seyn·
Daher durfte, wie Herodotus ( 1. 129. i 3 o.) erzählt, kein
Perser allein opfern , sondern blos in der Gesammtheit·
Daher ist ferner die ganze Einrichtung und Haushaltung
der Iranischen Monarchie ein Abbild jener himmlischen,
und daher denn auch hier ein grofses System von Ab
stufungen, in welchem Nichts allein steht, sondern Alles
eng verbunden erscheint $ so die Gasten, deren sieben
gewesen zu seyn scheinen, der Reflex der sieben Am-
sliaspands, daher die sieben verschiedenfarbigen Mauern
von Ekbatana, daher die von Dschemschid angeordnete
Eintheilung der Nation in vier Classen nach den vier
Elementen u. s. f. Es wurde uns zu weit fuhren,
wenn wir im Einzelnen zeigen wollten, wie diese Grund
idee in allen Einrichtungen, Aemtern u.s w. der grofsen
Persischen Monarchie durchgefuhrt ist, und wir müssen,
was diesen Punkt betrifft, auf die Zendbiieher selbst
und auf das schon oben angeführte W erk des Brissonius
de regio Persarum principatu (ed. Lederlin, Argentorati
1710. 8.) verweisen; vergl. auch Heeren Ideen L i. p.
5. 8.
C b a r a k t e r d e r S y m b o l i k und My t h i k der
alten Perser.
Der G e i s t i h r e r M y t h e n ergiebt sich theils aus
der obigen Darstellung ihrer Religion, theils aus des
Ekempeln ihrer S y m b o l i k , welche nun folgen sollen
Betrachten wir suvorderst den Charakter ihrer Syink·
lik% so konnte einer eigentlichen Kunstallegorie, im
reinen Sinne gefafst, die Persisclie Religion nicht günstig
seym Denn sie war N a t u r - und r e i n e r Eletnen·
t e n d i e n e t ^ verbanden mit G e s t i r n d i en s t oder Sa-
b ä i s m u s , wiewohl auch dieser ursprünglich, wenn
wir auf den Geist der Lehre sehen, sehr rein war. £5 war
und blieb die Idee von U r l i c h t , U r f e u e r , Urwas-
s t r , heiTschend, deren Symbole aber hauptsächlich
7 »9
68) S. Kleuker Anh. z. Zendav. Bd. li. Th. 1 . p. 87. not. 33.
69) Vergl. Plut. de Isid. et Obirid. p. 369 F. p. 514 Wytleiib.:
„ A u c h vo n ' f h i e r e n , g l a u b e n s i e , g e h ö r t e n
di e e i n e n , al s H u n d e , V ö g e l , L a n d i g e l , d e m
721
Ueber dic
m β ά ξ β ο ξ 0 4 ,·χ ά ν η ς ί ς τ ά ΐ ί ξ ά
5· 9*
M itra - M ithras.
Wh* geben bei Entwichelung dieser Idee, einer der
erhabensten und reinsten^ die ivir im ganscn Aherthum
antreflen, deren Ursprung in einer primitiven Lehre eu
suchen seyn müchie, die dem B r a h m a i s m u s mit
dem Ma g i s mu s gemeinschaftlich war, welche aber
durch Persien und Vorderasien in verschiedenen Gestal
ten, Formen und Veränderungen nach Aegypten und
Griechenland (wo sie jedoch, mit Aegyptischen Bestand-
theilen versetet, erst in der ArgoJischen Lichtlehre vom
P e r s e u s verstecht und späterhin vom herrschenden
Dienste des Bacchus verdrängt wurde) verbreitet, dann
von Kleinasien aus gleichfalls später nach Rom und in
den entferntesten W esten, ja bis in unsere Germanischen
Gauen, verpflanet ward, und, freilich sum Theil nicht
mehr in ihrer ursprünglichen Reinheit und mit partiel
len Verfinsterungen, eine aufserordentlicheAusdehnung
und Herrschaft über die menschlichen Gemüiher erlangt
hat — wir gehen, sage ich, hier von der classischen
Stelle des Plutarchus de Isid. et Osirid. cap. 46· p. 369.
pag. 5 i 3 seq. Wyltenb. aus, und legen sie sum Grunde
der ganzen folgenden Darstellung. Dort heifst es:
«Andere glauben , es gäbe zwei Götter, gleichsam ent
gegengesetzten Bestrebungen zugclhan, so dafs der Eine
das Gute, der Andere das Büse thoe. Andere nennen
den Goten Gott (Η<ίόν) , den Andern aber Dämon (Δ«ί*
•μονά)» So Zoroaster, der Magier, welcher fünftausend
Jahre vor dem l'rojanisclien Kriege gelebt haben soll.
Dieser also nennete den Einen Oromazes ^Ω,^oμάζr^v)^
den Andern aber Arimanius (*Apeipavior), und fügte den
Satz hinzu: unter den sinnlichen Dingen gleiche jener
am meisten dem Lichte, dieser der Finsternifs und der
Unwissenheit. Mitten zwischen beiden stehe M i t h r a s .
7^9
« D a h e r n e n n e n di e P e r s e r a u c h den Tflithras
d e n M i t t l e r ( μίσον ik άμφοίρ «cor elvai- diA
*al Μιαρήν Tlipaai τύν μ$σίττ^ όνομάξονσιν). Er hat
auch gelehrt, jenem (demOrmuzd) Bitt- und Danhopfer
darsubringen; diesem aber (dem Ahriman) Abwendunge-
und Schrechensopfer.» W ir verbinden mit dieser Stelle
noch das Zeugnifs des Herodotus L· i 3 i : «Ueberdem
haben sie (die Perser) auch gelernt, der Urania zu
opfern, und zwar von den Assyriern und Arabern. Es
nennen aber die Assyrier die Aphrodite: Mylitta, die
A raber: AHtta (im dritten Buche cap. 8. steht dafür
A lilat), d ie P e r s e r a b e r : Mi t r a (fUpaat d i,
«rpar W) sc. καλέονσι). » Es ist bekannt, welche Schwie
rigkeiten man in dieser Stelle gesucht und gefunden
h at, während Alles für die volle Wahrheit dieses ihres
einfachen Sinnes spricht: daf s m e h r e r e A s i a t i
s c h e V S l k e r d e r V o r z e i t ei n u n d d a s s e l b e
w e i b l i c h e Natorprincipiuro unter v e r s c h i e
d e n e n N a m e n v e r e h r t e n , Die P e r s i s c h e Mi
t r a hat hauptsächlich den Zweifelsknoten geknüpft, weil
man wohl einen Persischen M i t h r a s , aber k e i n e
M i t r a kannte, zumal als Aphrodite. Noch neulich
hat Silvestre de Sacy in den Noten zu St. Croix Becher-
ches sur les mysleres du Paganisme Tom 11. p. i2i seo.
edit. sich gegen unsere schon früher ausgesprochene
Behauptung von einem M i t h r a s - M i t r a , als einer
m a n n - w ei b l i c h en G o t t h e i t , i gni s m a s c u l u s
und f o e m i n a , erklärt« mit der Behauptung, die Per
se r kennten grammatisch den Geschlechtsuntcrschied
$. 10·
In Persien also ward das m ä n n l i c h e H i m m e l s
f e u e r als M i t h r a s verehrt — eine Religion, weniger
bekannt in ihrem ursprünglichen Charakter, späterhin
als Geheimdienst weit verbreitet in dem grofsen Römer
reiche, verherrlicht durch zahlreiche Bildwerke und
Gebräuche, den traurigsten Fanatismus begünstigend,
aber andrerseits nicht ohne EinfluPs auf einige kirchliche
Einrichtungen des Christentbums. Auch darauf müssen
wir einen Blick werfen, wenn gleich, wie gesagt, hier
bei fast nur spätere religiöse Formen zu betrachten sind·
Lägen die W erke des Pallas und Eubulus noch vor,
worin vom Mithrasdienst eigens und ausführlich gehan
delt war (Porphyr, de Abstin. IV. p. 349. 3 3 i ed. Rhoer.),
so möchte uns dessen ältere Gestalt wohl in einem ge-
9 0 " i** haben diese Stelle oben (pag. 72S.) vollständig mit-
githeik.
74^
trium phirenden Gottes gans ungesweiPelt auch gedacht
worden
D bPs Mithras die S o n n e s e y , hat Anquetil bewie
sen, so wie auch der ganze Inhalt der Zendbucher und
andet er M*>nuniente dafür spricht· Die Beweise aus G rie
chischen Schriftstellern hat W ernsdorf mit reicher Hand
gegeben (s. de*;sen Noten zum Himerius Grat, in Laud·
ui'b· Constanlinop. p. 3 i sq.) Ich will indessen noch
^6} Ich habe diese Satze aus der ersten Atisi;abe unverändert
hribelialit’ii. Jezt niufi ich meine L^6er bitten, auf den
Abschnitt vom AegyptiscUen M e in ti o n zurückzubheken«
und die Ausführungen des Herrn Ritters von Hammer lin
den Wiener Jahrbh. der Literatur 1. 1S18. pag. lO'i,) zu
vergleichen. Mt ine Sciilufsparagrapben vom Mithras als
Perseus und als \ ermiitler weiden diesen Ideen dieses
eben so ge lohnen als gcistreiclun Mannes hinwieder zur
Bestätigung dienen*
745
2^8) Es würde mich hier /u weit führen, wenn ich die Gründe
aus einander setxen wollte, welche mich bestimmen , die
Vorstellung von einem O p f e r hierbei festzuhalten·
(Abhandll. ρ.1ΐ91Γ.) hat für und gegen gesprochen. Mein
gelehrter Freund VVe I c k e r widerspricht ihm (p. 4l5.)
und meint, die Abendländer hatten diese Vorstelluog hin-
zögethan. Die morgenländische Bedeutung dieser hdi-
thrischen Handlung sey die ^der Materie gewesen, die
im Winter erstarrend in Verwesung die Keime des Le.
bens bereitet·** Ich will nur das £ine bemerken, dafs
die Bibel und Theopompus in der Hauptstelle beim Plu-
tarchus mich mehr zu der Vorstellungsart des Freiherrn
V. Hammer hinziehen (Wiener Jahrbb. 1818. I. p.HO.):
9 das Opfer des Stiers ist also zugleich ein b l u t i g e s
749
derst bleibe die Erinnerung gegenwärtig, dafs diese B il
der uns erst durch Römisches Medium rcflectirt werden.
Winchelmann ^ bemerkt, dafs dieser Mithras eine von
Römischen Künstlern gebildete Gestalt ist, die jenePhry-
gische Mutse und die lange FuPsbekleidung als conven-
tionelles Zeichen ausländischer Tracht eingefuhrt hatten.
Dasselbe gilt nun auch von diesen Monumenten im Gän
sen. ln ihnen spiegelt sich natürlich der Geist ab, in
^^elchem damals die Römer dieses Gebilde des alten Ma-
gismus auffafsten, mit allen den Zuthaten der damit jezt
verwebten mystischen Dogmen a n d e r e r Religionen
der Fülle der Zeit der Stern des Hundes die wie
der anblicht, dann bricHt der groPse Tag der l^ ie d e r -
belebung an. Daher jene Sitte der Perser am L a g e r der
Sterbenden. So wie es mit ihnen zu Ende g in g , fü h rte
man ihnen einen Hand v o r, der aus ihrer H a n d einen
Hissen empfing. Diese Handlang hiefs S a g d i d , d e r
Hu n d s i e h et — ein trostvolles Sinnbild d e r h o f f
nungsreichen Vnsterbltchheit S o b lic h t
nun auch hier der Hund den sterbenden Stier an. A u ch
er weissagt die bessere Zuhunflt, und ist mithin s e lb s t
Bild der W i e d e r b e l e b u n g . In ähnlicher B e d e u tu n g
nehmen einige Indische Stämme die Kuh. D ort nim m t
der Sterbende den Schweif der Kuh in die Hand, um da
durch seine Seele zu reinigen (Dapuis V,, p,
Nach Eahulus sollte man vermuthen, dafs sch on die
Perser M i t h r a s m y s t e r i e n in heiligen Grotten fe ie r
ten *0^). Wenigstens versteht Forphyrius (de a n tr. N.
cap. 6.) jene Stelle von Zoroasters Höhle so. W ie dem
112) Silvestre de Sacy (in den Noten zu St. Croix p. 144 sqq.),
der einerseits die Starke der von Freret gegen den P e r
sischen Ursprung der Mithriaca beigebrachten Beweis
gründe anerkennt, führt doch auch wieder Vieles auf,
welches uns nöthige , in Persien den Ursprung dieses
Cultus zu suchen. Da aber in Persien selbst gar keine
Mithrasmonumente gefunden werden, bei andern U eber-
resten der alten Religion Persiens, da ferner auf densel
ben Monumenten Uuföcrst selten Feuer und ihm gewei-
75g
$. 12.
Die G e s c h i c h t e d e r M i t h r i a c a tritt, vtie be-
merht, erst mit der Römischen Periode mehr aus dem
Dunkel hervor. Dafs sie sich über Armenien, Cappa-
docien, Pontus nach Cilicien und im übrigen Rleinasien
verbreitet haben, geht aus Mehre rem hervor, vorzüg
lich aus dem Gange, den der Dienst der Anaitis und an
derer Gottheiten genommen. Auch in Syrien , Palästina
und in angranzenden Ländern sucht man Spuren davon.
So sieht z.B. Dupuis (III. p. 736 .) in dem Molochsdienste
der Ammoniter einen Mithras und Mithriaca. Alles die
ses wurde einen weit höheren Grad von Wahrscheinlich
keit gewinnen 9 wenn jener uralte Zug einer Mithrasre-
ligion (d. h. einer solchen, worin der Sonnengott, als
B e s a a m e r gedacht, unter einer b e s t i m m t e n F o r m
von Geheimdienst und unter diesem eigenen oder ver
wandten Namen verehrt ward) von Oberasien nach Ae.
$. ri3.
Mithras P e r s e s oder P e r se us .
Ich hatte im vierten Bande p. 67 f. erste Ausg. die
Y e r m u t h u n g aufgestellt, der Griechische P e r s e u s
möge ein etwas um g e d e ut e t e r M i t h r a s seyn. Oben
(Cap. 1. p. 471. not. 267.) habe ich sie wiederholt, und
in den Briefen über Homer an Hermann (p. 177.) dabei
an die mythische Geschichte von M y c e n ä erinnert.
Hier mochte nun wohl der Ort seyn , diese Yermuthung
etwas mehr ins Einzelne zu verfolgen.
Hatten wir eben Mithrische Symbole in einem Denk
male später Bomerzeit zu betrachten, so wollen wir jezt
von einem uralten, ja vielleicht dem ältesten Bildwerke
Griechischer Sculptur ^^9) ausgehen. Es ist das Bild über
einem der Thore der Burg von Mycenä. Pausanias (II.
16· 4 · Ρ· ^37 Fac.) giebt uns bei Gelegenheit der Zer-
118) Ja selbst in die neue W elt, wenn wir gleich die Mittel
und Wege nicht kennen. A l e x . v. H u m b o l d t sagt
in den p i t t o r e s k e n A n s i c h t e n d e r C o r d i l l e -
r e n , Tübingen ISlO. p. 4 l : „Auch scheint der Mexica-
nische Tonaiiuh mit dem Krischna der Hindu's, wie er
in dem Bliagavata Purana besungen ist, u n d m it d e m
M i t h r a s d e r P e r s e r identisch zu seyn. ** Die nach
folgenden inhaltsschweren Betrachtungen mut^ man dort
selbst nach lesen.
119) $· Specimens of ancient sculpture, London 1810. und
Payne Knighi Prolegg. ad Homer. $. LIX. p. 57 s q ., der
den Ursprung dieses Reliefs unter die Regierung der Pe-
lopiden setzt.
770
125) E r will vielmehr den Namen dieser Stadt von einer Berg
schlucht hergeleitet wissen, worin sie lag, und erinnert
an Odyss. ΙΙί. 26J·
126) De menss. p. 47: κλι Έστ/βν vqo τάνταν (^tvövrat rt**
*Ρυαμαΐ9ί, Ζ;τ6ζ τον prcrj po*y€vf oi ΙΙ^^σαι
Sid τ6 τον -τϋ^ος κ/vr^oy. Weil kurz zuvor von ei-
Jirni κ^ντξον der Erde und gleich darauf von einem
K. TGv νδατύς (d^s Wassers) die Rede ist, so habe ich die
tVorte so übersetzt, will aber damit nicht in Abrede
stellen, dafs auch an einen S t a c h e l des Feuers bei je
nen \lythen gedacht worden.
127) Abhaiidll. p. 132. herausgeg· von Welcher·
774
der die angeführte Stelle des Johannes nicht ^ liannt s ij
haben scheintf nennt den aus dem Fels gebornen M ithras
eine dem G e s c h m a c k d e r M a g i s c h e n F a b e l n
g ä n z l i c h f r e m d e Idee. — £ine kühne Behauptung
hei unserer lückenhaften Kenntnifs von dem Inneren d er
Magierlehre! — Zuvörderst haben wir mehrere Zeug
nisse dafür bei freilich späteren Schriftstellern » woraus
erhellen will, dafs der Θβός Ίχ ηέχςας eine Mithrische
Formel war Wenn sich nun ein innerer Zusammen
hang dieser Vorstellung mit älteren Beligionsfdeen der
Völker, ja der Perser selbst, in manchen Spuren un
zweideutig kund thut, wer will dann noch so verwegen
seyn, zu behaupten: der Felsgott Mithras sey nicht al t -
Persisch ?
Nun aber — um nichts davon zu sagen, dafs es in
der Persischen Symbolik wirklich einen M i t h r a s s t e i n
gab — bemerkt Zoega selbst (pag. i i 8. ) , dafs die
G r o t t e der gewöhnliche Hintergrund der bekannten
Mithrischen Scene sey. Eine Zoroastrische Miihrasgrotte
in einem Berge haben wir schon oben (p. 17.) aus Eubu-
lus kennen gelernt. Ein U r b e r g aber erscheint auch
in Persiens Mythen als Mittelpunkt der Religionen, der
Albordi. Bei Grotten und Bergen wird Jeder von selbst
i s t e i n e M i t h r i s c b e G r u n d i d e e * Am Kreise der
Nacbtgleicho ist des Mithras siderischer Standort \ Por
phyr* de antr. Nymph* cap* 24. p. 23 sq. Goens.). Zwi
schen Tag und Nacht, im‘Z w i e l i c h t e des Abends
springt ans einer berstenden Säule des Pällastes unter
entsetzlichem Donner der M a n n i d w e W i s c h n u . h e r ·
Tor Hier erscheint der Ldwengolt als Bächer* Das
Anc. Mist. ofHIndostan Vol. II. p. 24 sq. und dazu pl. fl.
mit dieser Vorstellung. Als MannJöwe wird auch Mitbrae
vfTgestellt. Ltictatius in Slatii Thebaid. lib. I. vs. 717 :
n £ t bic SoJ proprio nomine vocatur Mitbra ^ quique
eclipsim patitur, ideoqtic intra antrum colitur. Est enim
in spelaeo Persico hal>itu, l e o n i s v u l t u cum tiara
utrisque manibus bovis cornua comprimens.**
iSS) Payne Knight Inq. into tbe sytnbol. lang. $. 109. p. S3.
Ζ ο € ζ 9 Abhnndli. p. i$7 y wo er von dem bekannten Bilde
des A e o n sp rich t, bem eik t: „ D er Löwenkopf mit halb
geöfinetem Munde und gefletschten Z ä h n e n , die zerstreute
und strSubige M ahne, scheint ein schickliches Bild des
Kronos , der die eigene Sippschaft v erzehrt, und des ver
wirrten , furchtbaren Abgrunds der unbestinimtcn Z e it“
II. 8. w. Bhagavet oder VVIschnii bei Maurice a. a. O«
hat gerade daöselbe furchtbaie Ansehen.
785
thrasidire ( ·· oben p. 754. 756 .) ein Mebreres besagen
mochten· Das Mjcenische Thor ward also rermuthlich
dem Hithras, in der Eigenschaft des foarigen Lowen^
gewidmet.
Aber der M a n n l d w e Mithras erfasset auch den
Stier oder kniet auf ihm, und tödtet ihn· Hier«
mit Terlassen w ir die B i l d w e r k e von M jcena, und
sehen uns in einigen S a g e n yom Erbauer dieser Mau
ern und Thore um· Znror aber mufs ich gegen eine
Meinung sprechen, wonach Mithras als S t i e r r ä n b e r
eine Fiction christlicher Schriftsteller wäre ^ ). Wenn
ita KOI ή V x a t ii
5. 14.
M i t h r a s al s M i t t l e r , e i n e I de e .
Die We l t , wie sie vom £wigen ansgegangen, war
Licht. Jedoch sie yerfinsterte sich. £s kam Gegensatz
und Streit — Kampf swiseben Licht und Finsternifs —·
Gutes und Böses. D ieserK am p f, wie aller G e g e n s a t z ,
in welchem nur die W elt besteht, ist, wie sie , eod.·
l i e h . Am £nde des grofsen Jahres wird er in L i e b e
aofgelöeet; er wird v e r m i t t e l t . Diese L i e b e , die
ser M i t t l e r ist M i t r a - M i t h r a s . — Wi e ? Aus dem
F w i g e n (Zeruane Akerene) ward durch das lebendig
machende W o r t (£oohe- verihe, Honovbr) das h i m m
l i s c h e L i c h t und das h i m m l i s c h e P ' e u e r , das
F r i O c i p des m a t e r i e l l e n L i c h t e s und des m a
t e r i e l l e n F e u e r s . —- Unter den w i r k l i c h e n
( m a t e r i e l l e n ) L i c h t e r n steht die S o n n e oben
an. Die S o n n e ist der A b g l a n z yom himmlischen