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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 3
2 Hilberts Hotel 3
2.1 Ankunft eines zusätzlichen Gastes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.2 Ankunft eines unendlich großen Busses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.3 Ankunft zweier unendlich großer Busse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.4 Ankunft unendlich vieler unendlich großer Busse . . . . . . . . . . . . . . . 4
2.5 Aufbereitung dieser Fragestellung im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . 6
4 Cantorsches Diagonalverfahren 8
4.1 Aufbereitung dieser Fragestellung im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . 10
6 Die Kontinuumshypothese 15
7 Literaturverzeichnis 17
8 Abbildungsverzeichnis 17
2
Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
1 Einleitung
Aus dem Paradies [der Unendlichkeit], das Cantor uns geschaffen hat, soll uns
”
niemand mehr vertreiben können.“
2 Hilberts Hotel
Der deutsche Mathematiker David Hilbert erdachte Anfang des 20. Jahrhunderts ein
Gedankenexperiment, um verschiedene Paradoxien zu veranschaulichen, welche aus der
Unendlichkeit der natürlichen Zahlen (N) erwachsen. Dies erreicht er, indem er ein Modell
eines Hotels aufstellt, das unendlich viele Zimmer hat.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass jeder Gast beim Eintreffen eines neuen Gastes
in das jeweilige Zimmer n+1 weiterrückt. Dabei gibt n die Zimmernummern an. (∀n ∈ N)
Oder: n 7→ n+1 ist eine Bijektion von N auf seine echte Teilmenge N\{1}. [[1], Seite 77]
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Gäste mit geraden Zimmernummern nun eine ungerade Zimmernummer und die Gäste
mit ungeraden Raumnummern werden wieder ungeraden Zimmern zugeteilt.
n=0 −→ n=1
n=1 −→ n=3
n=2 −→ n=5
n=3 −→ n=7
n=4 −→ n=9
n=n −→ n=2n+1
Das heißt alle Hotelzimmer mit geraden Zimmernummern werden frei. Da es bei der
Menge der natürlichen Zahlen genauso viele gerade Zahlen, wie ungerade, wie überhaupt
Zahlen gibt, passen erneut unendlich viele Reisende ins Hotel. Die neuen Gäste können in
die Zimmer mit Zimmernummern 2, 4, 6, ... , 2i ziehen. Der Rezeptionist weist die neuen
Gäste in das Zimmer mit Zimmernummer n=2i zu, wobei i die bisherige Sitzplatznummer
im unendlichen Bus angibt.
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Lösung des Problems lässt sich in einem spiralförmigen Schema darstellen. Die Abbildung
hilft, die Zuteilung nachzuvollziehen.
Der erste Gast aus dem ersten Bus kommt in Zimmer eins, der erste Gast aus dem zweiten
Bus kommt in Zimmer 2, der erste Gast aus dem dritten Bus kommt in Zimmer 5, der
vierte Gast aus Bus 4 kommt in Zimmer 13 usw.
Die roten Rechtecke markieren die Sitzplätze i der Busse, die orangefarbenen Rechtecke
geben die Zimmernummern an und der eckigen roten Spirale ist zu folgen, wenn man
ermitteln will, welchem Gast welches Zimmer zugeteilt werden soll.
Allgemein ausgedrückt, bekommt der Gast mit dem Sitzplatz i aus dem Bus j das Zimmer
j 2 −i+1 zugeteilt, insofern i > j. Falls i ≤ j wird das Zimmer (j −1)2 bezogen. (∀i, j ∈ N)
[[1], Seite 79]
Eine andere Möglichkeit wäre, das Problem über die Eigenschaften von Primzahlen an-
zugehen. Dadurch bleiben außerdem noch unendlich viele Zimmer unbelegt (für etwaige
Notfälle).
Es gibt unendlich viele Primzahlen. Jeder Reisende aus dem Bus 1 mit Sitzplatznummer
i bekommt das Zimmer 2i zugeordnet. Die Gäste aus Bus 2 mit Platznummer i darf im
Zimmer 3i unterkommen usw. Der i-te Fahrgast aus Bus j erhält das Zimmer pij . Dabei
beschreibt pj die j-te Primzahl. Aufgrund der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung kann
niemals einer Person das gleiche Zimmer zugeteilt werden.
Um das zugegebenermaßen komplizierte Verfahren etwas zu vereinfachen, kann man vor-
erst nur einmal die beiden Primzahlen 2 und 3 zur Hand nehmen. Es genügt, dem i-ten
Reisenden aus dem j-ten Bus Zimmer 2i · 3j zuzuweisen. [[1], Seite 79f.]
Es ist abschließend zu sagen, dass die Menge der natürlichen Zahlen, wie die Hotelzim-
mer und Plätze unendlich und abzählbar sind. Man bezeichnet sie daher als abzählbar
unendlich.
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Um zu zeigen, dass die natürlichen Zahlen N und die rationalen Zahlen Q gleich groß“
”
sind, brauchen wir eine Bijektion zwischen diesen beiden Mengen. Eine Möglichkeit, eine
solche herzustellen, ist die folgende:
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Jeder Bruch pq wird durch das Paar (p,q) der ganzen Zahlen p und q repräsentiert. Diese
Paare werden nun in einer unendlichen Tabelle mit dem Mittelpunkt (0,0) angeordnet,
wobei das Paar (p,q) in der p-ten Zeile und der q-ten Spalte steht. Um nun die Menge
der rationalen Zahlen zu durchlaufen, startet man beim Mittelpunkt (0,0) und legt einen
spiralförmigen“ Weg zurück, wie in der Skizze angedeutet:
”
Die rationale Zahl, die im n-ten Schritt getroffen wird, erhält dann die natürliche Zahl
n als Nummerierung. Auf diesem Weg wird kein Zahlenpaar ausgelassen und auch keine
Nummer doppelt vergeben.
Diese Zuordnung ist allerdings noch nicht ganz zufriedenstellend, da zwei Zahlenpaare
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ein und dieselbe rationale Zahl darstellen können. So sind zum Beispiel 96 und 15 beides
2
Repräsentanten der rationalen Zahl 3 .
Damit also wirklich jeder rationalen Zahl genau eine natürliche Zahl zugeordnet werden
kann, fehlt noch ein letzter Schritt: Alle Paare mit negativen Nennern und all jene, die
zu kürzbaren Brüchen gehören, werden aus der Tabelle gestrichen. Wenn wir nun den
Spiralweg erneut durchlaufen, erhalten die gestrichenen Paare keine Nummern mehr und
wir erhalten eine Bijektion zwischen zwischen N und Q.
als Mächtigkeit einer Menge zu beschreiben und informell zu sagen, dass es dabei um die
Anzahl der Elemente einer Menge geht, ohne den Begriff in all seinen Details zu definieren.
Definition: Für jede Menge A schreiben wir |A| für die Kardinalzahl von A. [[2], Seite 6]
Damit klar wird, was bei dem Beweis Die rationalen Zahlen sind abzählbar wirklich pas-
siert, muss der Begriff Bijektion“, am besten anhand einer Grafik, erklärt werden:
”
Definition: Sei f: A → B eine Abbildung.
Wir nennen f bijektiv wenn jedes Element in der Zielmenge B genau einem Element der
Menge A zugeordnet wird.
Nach der allgemeinen Definition der Bijektivität und nach der Behandlung des Abzählbarkeitsverfahre
für die rationalen Zahlen, macht es Sinn, nochmals auf den Begriff der Kardinalzahl zu
sprechen zu kommen.
Definition: Mit ℵ0 (Aleph 0) oder auch i0 (Beth 0) bezeichnen wir die Kardinalzahl
von N, oder die Kardinalität jeder abzählbaren Menge. (Eine Menge A heißt abzählbar,
wenn es eine Bijektion f: N →A gibt.) [[2], Seite 8]
Wie wir ja gezeigt haben, gibt es eine Bijektion von N nach Q und somit ist auch die
Kardinalität der Menge der rationalen Zahlen ℵ0 und wir schreiben |Q| = ℵ0 . Es gibt also
ℵ0 viele (abzählbar viele) rationale Zahlen.
4 Cantorsches Diagonalverfahren
Auf der Suche nach echt größeren, unendlichen Mengen, wird sich dieses Kapitel mit dem
Cantorschen Diagonalverfahren beschäftigen. Es ist nämlich möglich zu beweisen, dass
die Menge R der reellen Zahlen echt größer ist als die Menge N der natürlichen Zahlen.
Wie im vorherigen Kapitel gezeigt, sind N und Q gleich groß und es gibt eine Bijekti-
on zwischen diesen beiden Mengen. Rein intuitiv sollte es jedoch viel mehr reelle Zahlen
als rationale Zahlen geben. Wir wissen zum Beispiel, dass Wurzeln ganzer Zahlen im All-
gemeinen nicht rational sind. Somit wäre eine erste Idee Q um die Wurzeln zu ergänzen,
um die reellen Zahlen zu erhalten. Gegeben, dass wir schon wissen, dass R überabzählbar
ist, kann diese Idee aber nicht zum Ziel führen, da wir Q ja nur um abzählbar viele
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Wurzeln erweitert haben. Mehr noch: Selbst wenn man zu Q alle Lösungen rationaler Po-
lynome (das heißt beliebigen Grades und beliebige Koeffizienten aus Q gäbe, erhielte man
nur eine abzählbare Menge, die Menge der algebraischen Zahlen. In der Tat gibt es, wie
anhand des Beispiels der unendlich vielen eintreffenden Busse ersichtlich, nur abzählbar
viele solche Polynome. Da jedes Polynom höchstens endlich viele Lösungen besitzt folgt,
dass auch alle algebraischen Zahlen abzählbar sind.
Werden also von der Menge der reellen Zahlen R die abzählbar vielen algebraischen, ein-
schließlich der rationalen Zahlen weggenommen, bleiben immer noch überabzählbar viele
Zahlen übrig. Dieses Faktum gilt auch noch, wenn alle nichtalgebraischen Zahlen (tran-
szendente Zahlen gennannt), wie π und e und deren algebraische Vielfache weggenommen
werden.
Die Menge aller Zahlen, die man in einer Formel oder einer Prosabeschreibung mit end-
lich vielen Zeichen definieren kann, ist abzählbar. Somit sind alle Zahlen in R, die wir
irgendwie kennen (die wir mit endlichen vielen Gedanken erfassen können), eine belang-
lose Minderheit der reellen Zahlen. In der Tat hat die große Masse der reellen Zahlen eine
unendlich lange Darstellung im Dezimalsystem:
Wir beschränken uns im Folgenden auf die Zahlen zwischen 0 und 1. Diese sind darstell-
bar als 0,... und dann einer unendlichen Folge von Dezimalziffern. Diese unendliche Folge
liefert den Ausgangspunkt für das Cantorsche Diagonalverfahren, mit dem der zu Beginn
des Kapitels genannte Satz bewiesen werden kann:
Satz: Die Menge R der reellen Zahlen ist überabzählbar. Das heißt es gibt keine Bi-
jektion zwischen R und N.
Beweis: Wir nehmen an, dass die Menge der reellen Zahlen zwischen 0 und 1 abzählbar
ist. Das bedeutet, dass es eine Bijektion von N auf das Intervall ]0, 1[ gibt, oder dass
es eine Folge u1 , u2 , u3 ,.. reeller Zahlen gibt mit der Eigenschaft, dass jede reelle Zahl
zwischen 0 und 1 ein Element der Folge sei.
Jede reelle Zahl ist ein ein unendlicher Dezimalbruch, wobei beachtet werden muss, dass
die Zahl 0,1999999... dasselbe ist wie die Zahl 0,2000000... Damit die Dezimalbruchdar-
stellung einer reellen Zahl eindeutig ist, legen wir fest, dass nur solche Dezimalbruch-
entwicklungen betrachtet werden, die nicht ab einer gewissen Stelle nur mehr aus 9-ern
bestehen.
Und so weiter. Jedes uij ist eine Dezimalziffer. Betrachte nun die Zahl u = 0, u11 u22 u33 u44 u55 ...
Wir definieren eine Zahl v = 0, v1 v2 v3 v4 v5 ... dadurch, dass sie von u an jeder Stelle ver-
schieden sein soll: vi 6= uii für jede Nummer i. Die vi können dabei nach belieben festgelegt
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
werden, solange sie nicht alle ab einer gewissen Stelle gleich 9 sind. Die Zahl v gehört zu
]0, 1[, ist also ein Element der Folge u1 , u2 , u3 ,...
Es sei n die Nummer von v, sodass v = un ist. Dann gilt insbesondere, dass vn = unn ist
und das ist ein Widerspruch zur Definition von v. Daraus folgt, dass die Menge der reellen
Zahlen zwischen ]0, 1[ und erst recht die Menge aller reellen Zahlen nicht abzählbar ist
[[1], Seite 49].
Die Menge der reellen Zahlen R ist demnach viel größer als die Menge der natürlichen
Zahlen N. R wir deshalb als überabzählbar unendliche Menge bezeichnet.
Definition: Mit 2ℵ0 (2 hoch Aleph 0) oder i1 (Beth 1) oder auch mit c (Fraktur c,
Kontinuum) bezeichnen wir die Mächtigkeit von R.
Wir bezeichnen also die Kardinalität der natürlichen Zahlen mit |N| = ℵ0 (bzw. i0 )
und die Kardinalität der reellen Zahlen mit |R| = 2ℵ0 (bzw. i1 ) und es gilt i0 < i1 [[2],
Seite 10].
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
und Schüler einfach fünf Zahlen mit fünf Nachkommastellen aus dem Intervall ]0, 1[ aus-
denken. Ihre Banknachbarin oder ihr Banknachbar soll dann eine Zahl v definieren, die,
wie im Beweis erläutert, von der Zahl u = 0, u11 u22 u33 u44 an jeder Stelle verschieden ist.
Da die Schülerinnen und Schüler ziemlich sicher alle unterschiedliche Zahlen un gewählt
und somit auch unterschiedliche v definiert haben, bekommen sie noch einmal ein Gefühl
für die Mächtigkeit von R und es fällt der Lehrperson im Anschluss leichter mit dem
formellen Beweis anzuknüpfen.
Der Beweis kann anfangs vielleicht etwas schwer fallen, die Lehrkraft könnte aber auch
im Anschluss ein Zitat von P. W. Bridgman vorlesen, der 1946 den Nobelpreis für Physik
erhielt und Probleme hatte, den Beweis zu verstehen:
Viele Mathematiker bestehen hartnäckig darauf, dass es keinen Zweifel an der Gültigkeit
”
dieses Beweises geben könne, während andere ihn nicht anerkennen. Ich selbst sehe auch
nicht das geringste Körnchen von Überzeugungskraft in dem Beweis ... mein Verstand will
nicht das tun, was offensichtlich von ihm erwartet wird, sollte es sich wirklich um einen
Beweis handeln“ [[3a], Seite 8].
Zum Abschluss dieses Kapitels sollte dann noch auf die Mächtigkeit von R eingegan-
gen werden, wie in der Definition aufbereitet, da dies auch für die anschließenden Kapitel
von Bedeutung sein wird.
Definition: Zwei Mengen A und B sind genau dann gleichmächtig (A ∼ B), wenn es
eine bijektive Abbildung von A nach B gibt. [[2], Seite 2].
Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen endlichen Mengen und unendlichen
Mengen, da man bei endlichen Mengen die Anzahl ihrer Elemente gleich ihrer Mächtigkeit
setzten kann. Demnach sind zwei endliche Mengen, die gleich viele Elemente besitzen,
gleichmächtig. Im Vergleich dazu kann eine unendliche Menge zu einer ihrer echten Teil-
mengen gleichmächtig sein, so, wie wir das zu Beginn dieser Arbeit am Hilbertschen Hotel
erkennen konnten.
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Wir tun so, als wüssten wir nicht, dass N und R nicht gleichmächtig sein können und
beginnen unsere Überlegungen mit dem Satz von Cantor.
Satz von Cantor, schwache Form: Es gibt zwei unendliche Mengen A, B, für die gilt
A B.
Sei
Af = {n ∈ N : n ∈
/ f (n)}
Dann ist Af ∈ P(N). Wäre f surjektiv, dann gäbe es ein k ∈ N sodass f (k) = Af . Nun
muss aber entweder k ∈ Af oder k ∈ / Af gelten. In ersterem Fall wäre nach Definition von
Af k ∈ / f (k) = Af , ein Widerspruch. In zweiterem Fall, k ∈ / Af ist aber ebenfalls nach
Definition von Af k ∈ f (k) = Af ein Widerspruch. Daher kann f unmöglich surjektiv
sein, woraus folgt, dass f nicht bijektiv sein kann. Daher gilt N P(N).
[[2], Seite 4, 5.]
Betrachtet man diesen Beweis, so könnte man auf den ersten Blick meinen, wir haben
hier einzig bewiesen, dass N und P(N) nicht gleichmächtig sind. Doch das ist nicht al-
les. Wie sich ohne Mühe erkennen lässt funktioniert selbiger Beweis für jede Menge A
(anstelle von N). Wir haben also gezeigt, dass jede beliebige Menge A zu ihrer Potenz-
menge P(A) nicht gleichmächtig ist. Dieser Sachverhalt ist für endliche Mengen zwar
intuitiv erkennbar, gilt jedoch auch für unendliche Mengen und hat hier besonders große
Bedeutung, weshalb dieser Satz auch die starke Version des Satz von Cantor genannt wird.
Satz von Cantor, starke Form: Für jede Menge A gilt A P(A). [[2], Seite 6.]
Mit dieser Erkenntnis sind wir der Beantwortung unserer Frage, ob es denn eine Reihe
immer mächtiger werdender unendlicher Mengen gibt, die sich beliebig fortsetzen lässt,
einen riesigen Schritt näher gekommen. Wir wissen bereits aus dem Beweis der starken
Form des Satzes von Cantor, dass sich jede Menge A nicht surjektiv auf ihre Potenzmenge
abbilden lässt. Das bedeutet, dass P(A) mächtiger sein muss.
Alternativ lässt sich wie folgt vorgehen.
Betrachten wir nun aber unsere Potenzmenge von A, so enthält diese aufgrund ihrer De-
finition natürlich auch alle Mengen a mit a ∈ A. Die Abbildung g : a → {a} ist daher
wohldefiniert und offensichtlich injektiv. Da die leere Menge so nicht getroffen wird ist A
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
also zu einer echten Teilmenge von P(A) gleichmächtig. Daraus folgt, dass P(A) mächtiger
ist als A. [[2], Seite 7]
Wir wissen, dass N eine unendliche Menge ist und wir wissen aufgrund der zuvor genann-
ten Inhalte jetzt auch, dass P(N) ebenso eine unendliche Menge ist, die jedoch mächtiger
ist, als die Menge N. Spinnen wir diesen Gedanken weiter fort, so ist aber auch P(N) we-
niger mächtig, als P(P(N)) und P(P(N)) ist wiederum weniger mächtig, als P(P(P(N)))
usw.
Damit erhalten wir also eine Folge von unendlichen Mengen, sodass
Auch die Aussage der schwachen Form des Satzes von Cantor, dass es zwei unendliche
Mengen gibt, die jedoch nicht gleichmächtig sind, müsste für die Schülerinnen und Schüler
mehr oder weniger leicht zu verdauen sein, insbesondere nach den erlernten Inhalten aus
dem Kapitel zuvor, wo wir bereits festgestellt haben, dass N und R nicht gleichmächtig
sind. Es soll dennoch beim Beweis des Satzes erkennbar sein, dass P(A) mächtiger ist, als
A selbst, wenngleich ich in der Schule den Beweis zum leichteren Verstehen etwas anders
aufbauen will, als weiter oben beschrieben.
Satz von Cantor, schwache Form: Es gibt zwei unendliche Mengen A, B, für die
gilt A B.
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Genauer werden wir zeigen, dass f nicht surjektiv sein kann, um das eben genannte zu
beweisen. An dieser Stelle muss den Schülerinnen und Schülern im Unterricht erklärt
werden, dass die Surjektivität Voraussetzung für die Bijektivität einer Abbildung ist und
was Surjektivität denn überhaupt bedeutet, wobei ich in diesem Unterrichtsbeispiel dafür
keine formale Definition bieten werde, sondern hier intuitiv vorgehen werde. Die Surjek-
tivität der Abbildung bedeutet, dass jedem Element aus der Zielmenge (in unserem Fall
P(N)), mindestens ein Element aus der Definitionsmenge (in unserem Fall N) zugeordnet
werden kann und eine Abbildung nicht surjektiv ist, wenn dies nicht erfüllt werden kann.
Bis hier her unterscheidet sich diese Erklärung nicht vom Beweis zum Satz von Cantor
weiter oben in diesem Kapitel.
Bei der weiteren Erklärung dieses Beweises können wir ähnlich vorgehen, wie beim Beweis
im Kapitel zuvor, wo gezeigt wurde, dass R nicht gleichmächtig ist, wie N. Zur besseren
Illustration ist es hier sinnvoll, sich die Abbildung f genauer vorzugeben.
Wähle zum Beispiel für f (0) alle natürlichen Zahlen, für f (1) alle geraden Zahlen, für
f (2) alle Potenzen von 2 usw.:
A={ 1, , ...}
A 6= f (0) gilt bestimmt, da 0 in A nicht enthalten ist. A ist aber aus dem selbigen Grund
auch bestimmt ungleich f (1) usw. und wir können uns daher sicher sein, dass A 6= f (k)
für k ∈ N gilt. Das wiederum bedeutet, dass es Elemente aus unserer Zielmenge P(N)
gibt, welchen kein Element aus unserer Definitionsmenge N zugeordnet werden kann und
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
daher ist f mit Sicherheit nicht surjektiv. Damit ist die schwache Form des Satzes von
Cantor auf eine anschauliche Weise gezeigt, die meiner Meinung nach auch in der Schule
vorgeführt werden kann. Außerdem lässt auch an diese Erklärung die Begründung für die
starke Version des Satzes von Cantor erkennen: [[2], Seite 6]
Satz von Cantor, starke Form: Für jede Menge A gilt A P(A). [[2], Seite 6]
Damit wurde gezeigt, dass die Mächtigkeit einer Menge und die Mächtigkeit ihrer Po-
tenzmenge stets unterschiedlich sind. An dieser Stelle genügt es den Schülerinnen und
Schülern darzulegen, dass in diesem Fall die Potenzmenge die mächtigere Menge ist und
dass das sowohl für endliche, als auch für unendliche Mengen gilt.
Daraus folgt, dass man mit Hilfe der Potenzmengen immer mächtiger werdende unend-
liche Mengen konstruieren kann, was die gestellte Frage auch auf Schulniveau beantwortet.
Wir wissen, dass N eine unendliche Menge ist und wir wissen aufgrund der zuvor genann-
ten Inhalte jetzt auch, dass P(N) ebenso eine unendliche Menge ist, die jedoch mächtiger
ist, als die Menge N. Spinnen wir diesen Gedanken weiter fort, so ist aber auch P(N) we-
niger mächtig, als P(P(N)) und P(P(N)) ist wiederum weniger mächtig, als P(P(P(N)))
usw.
Damit erhalten wir also eine Folge von unendlichen Mengen, sodass
gilt.
6 Die Kontinuumshypothese
Da es in diesem Kapitel keine komplexen Beweise oder andere für Schülerinnen und
Schüler unverdauliche Inhalte geben wird, bietet es sich an, dieses Kapitel der Semi-
nararbeit auch in folgender dargelegter Form im Unterricht darzubieten.
Man bezeichnet die Mächtigkeit von Mengen als die Kardinalität einer Menge und man
bezeichnet |A| als die Kardinalzahl von A. Es gilt dann also A ∼ B genau dann, wenn
|A| = |B|. [[2], Seite 6]
Besondere Kardinalitäten unendlicher Mengen bezeichnet man mit Symbolen.
So bezeichnet man die kleinste unendliche Kardinalzahl mit ℵ0 , was der Kardinalität von
N, beziehungsweise jeder abzählbaren unendlichen Menge, entspricht und die nächstgrößere
Kardinalzahl mit ℵ1 und wiederum die nächstgrößere Kardinalzahl mit ℵ2 usw. Dass je-
de Kardinalzahl einen Nachfolger hat, ist beweisbar, würde an dieser Stelle jedoch den
Rahmen dieser Seminararbeit sprengen, weshalb ich diese Aussage hier unbewiesen lassen
muss.
Im Kapitel zuvor haben wird darüber hinaus auch noch eine andere Folge von immer
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
Auch den Kardinalitäten dieser Mengen gibt man eigene Symbole und man definiert
Da die Kardinalzahl von N zum einen das Symbol ℵ0 erhielt, sie zum anderen jedoch
auch mit dem Symbol i0 bezeichnet wird, muss klar sein, dass
ℵ0 = |N| = i0
gelten muss.
Interessanterweise gilt, was hier unbewiesen bleiben muss, außerdem |R| = |P(N)| und
daher gilt
|R| = i1
Nach Definition ist ℵ1 die nächst größere Kardinalität nach ℵ0 und wir wissen in Anbe-
tracht des vorherigen Kapitels auch, dass i1 eine größere Kardinalität als i0 = ℵ0 ist.
Daher muss
i1 ≥ ℵ1
gelten!
i1 = ℵ1
Diese Kontinuumshypothese ist deshalb so sehr bedeutend, da sie weder beweisbar ist,
noch widerlegbar. [[2], Seite 13]
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Paradoxien des Unendlichen Universität Wien
7 Literaturverzeichnis
[1] Breuer, R.[Red.]: Unendlichkeit (plus eins), Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft
Spezial 2005.
[3] Stillwell, J.: Wahrheit, Beweis, Unendlichkeit. Berlin, Heidelberg: Springer 2014.
8 Abbildungsverzeichnis
• Abbildung 1: Spiralförmiges Schema
teilweise übernommen aus: [1] Breuer, R.[Red.]: Unendlichkeit (plus eins), Heidel-
berg: Spektrum der Wissenschaft Spezial 2005.
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