Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
11
Bestellnummer: 2.477
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Impressum
Herausgegeben von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb
Adenauerallee 86, 53113 Bonn www.bpb.de
Redaktion: Wiebke Kohl (bpb), Clara Walther (wellenreiter.tv GmbH)
Konzepterstellung: Dominic Frohn, Raphael Bak, Almut Dietrich
Autoren: Raphael Bak, Stephan Trinius, Clara Walther
Gestaltung: Klunk Kommunikation, Düsseldorf
Fotos: vvg-koeln, Jonathan Schewe, L. Böse, Josh Olins, Aaron Fallon, Nick Knight, Mariano Vivanco
fotolia: celeste clochard, dancerP & AF Hair, drubig-photo, ParisPhoto, Rikke
photocase: AllzweckJack (Jack Sim), aussi97, Avalanched, birdsoar, .daumenkino., designritter,
eyelab, fraueva, frau.L., gedankenstrichfabrik, Herzilein, jumpinjack, Kay Fochtmann, lehüssler, luxuz::.,
mangostock, mingo, Maria Vaorin, Miss Jones, Nerd1, ohneski, plusss, p.roid, una.knipsolina, Rike.,
sandra.pf, Svea Anais Perrine., Timmitom, ty-ra, willma…, xtra06
shutterstock: PHOTOCREO Michal Bednarek
Druck: Quedlingburg Druck GmbH, Quedlingburg
Produktion der Filme: wellenreiter.tv GmbH, Köln
Text und Illustrationen sind urheberrechtlich geschützt. Der Text kann in
Schulen zu Unterrichtszwecken vergütungsfrei vervielfältigt werden.
1. Auflage: 2011 Bestell-Nr. 2.477
Wir danken der Redaktion WDR Planet Schule für die freundliche Überlassung der Filme.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung___4
Das Thema: Homosexualität___6
Die Unterrichtsfilme im Überblick___12
Ziele und Methoden___14
Arbeitsblatt 1: Wer sagt was?___18
Arbeitsblatt 2: Kleines Begriffslexikon___19
Arbeitsblatt 3: Spontan-Urteile___20
Arbeitsblatt 4: Das sagt man doch so!___21
Arbeitsblatt 5: Was würdet Ihr raten?___22
Arbeitsblatt 6: Born This Way___23
Arbeitsblatt 7: Wer ist Familie?___24
Arbeitsblatt 8: Diskriminierung am Arbeitsplatz___25
Arbeitsblatt 9: Timo macht eine Ausbildung___26
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
3
Klassenzimmer
Einleitung
Entscheidung im Unterricht –
Unterrichtsmaterialien für die Haupt- und Berufsschule
„Entscheidung im Unterricht“ ist ein integriertes Lernkonzept, das für das Fernsehen
(WDR und andere ARD-Anstalten) und für den Einsatz im Politikunterricht an der Schu-
le konzipiert worden ist. Anhand eines Filmbeispiels, welches das Problem eines realen
Jugendlichen abbildet, sollen die Schüler# zur Diskussion angeregt werden. Sie sollen
lernen, Situationen nachzuvollziehen, Position zu beziehen und eine eigene Entscheidung
zu fällen: Wie würden sie sich selbst anstelle des Protagonisten# verhalten?
Das Lernkonzept „Entscheidung im Unterricht“ richtet sich der abgestimmt und ermöglichen es, den Unterricht „aus
an Haupt- und Berufsschüler# zwischen 16 und 23 Jahren. einem Guss“ zu gestalten.
Diskutiert werden Fragen, die die Jugendlichen aus ihrer
eigenen Lebenswirklichkeit kennen, die sie selbst berühren Das Problem wird vorgestellt! Den Einstieg bildet stets
und betreffen – und denen gleichzeitig eine politische und ein Problemfilm, der die Schüler# in das jeweilige Thema
gesellschaftliche Dimension zugrunde liegt. In den Unter- einführt. Presenterin Noah Sow besucht eine Gruppe von
richtseinheiten werden die Schüler# zu aktiven Teilneh- Jugendlichen und redet mit ihnen über einen Konflikt, der
mern# einer Klassendiskussion. Sie müssen zuhören und sie derzeit beschäftigt. Sie versucht, die unterschiedlichen
analysieren, ihre eigene Meinung mit Argumenten bele- Standpunkte der Beteiligten nachzuvollziehen, ohne diese
gen und die Meinung anderer akzeptieren. Der Lehrer# zu bewerten.
schlüpft in die Rolle des Diskussionsleiters#. Er führt in
das Thema ein, verdichtet und fordert die Schüler# auf, Die Diskussionsrunde ist eröffnet! Nun sind die Meinun-
in der Diskussion Stellung zu beziehen und ihre Meinung gen und Argumente der Schüler# gefragt: Sie sollen zu-
zu begründen. Die Filme und vorliegenden Materialien nächst darüber abstimmen, wie sich die Protagonisten#
unterstützen den Lehrer# bei seiner Arbeit. ihrer Ansicht nach entscheiden sollten. Dann tauschen sie
sich darüber aus, ob ihnen solche oder ähnliche Situa-
„Entscheidung im Unterricht“ greift Themen unmittelbar tionen aus ihrem Alltag bekannt sind. Sie beurteilen das
aus dem Leben der Jugendlichen auf. Es geht um Freund- Verhalten der Protagonisten# und reflektieren ihre eige-
schaft und Konflikte, um Gewalt und Drogen, Lehrstellen- nen Ansichten. Sie sammeln Argumente, schließen sich
suche und Schulden – kurz: Probleme, die die Jugendli- in der Unterrichtsdiskussion zu Pro- und Kontra-Parteien
chen tatsächlich zu lösen haben. zusammen. Dabei üben sie, ihre eigene Meinung in Worte
zu fassen, anderen Schülern# zuzuhören, Kompromisse
Für den Unterricht ist das Konzept von großem Nutzen: zu schließen und die „Gegner#“ mit eigenen Argumenten
Es soll helfen, die politische Dimension der Themen zu überzeugen.
anschaulich darzustellen. Die Schüler# lernen, dass ihre
Probleme eine politische Relevanz besitzen und eng mit Die Diskussion ist festgefahren? Oft merken die Schü-
gesellschaftlichen Fragestellungen verbunden sind. Ziel ist ler# während der Diskussion, dass ihnen Hintergrundin-
es, den Schülern# Entscheidungsprozesse an Beispielen formationen fehlen, um tiefer in die Diskussion einzustei-
nachvollziehbar zu machen, geeignete Lösungen zu finden gen. Hier kann der Lehrer# kurze Filme, die so genannten
und ihnen so zu ermöglichen, langfristig Verantwortung für Infomodule, einspielen. Die Infomodule liefern Fakten
sich selbst zu übernehmen. und Hintergrundinformationen, um die Debatte wieder in
Schwung zu bringen.
Das Unterrichtsmaterial besteht aus fünf Filmen, Hinter-
grundinformationen und Arbeitsblättern. Für den Lehrer# Ergebnissicherung. Übersichtlich gestaltete Arbeitsblät-
ergibt sich durch den Einsatz des Unterrichtspaketes keine ter komplettieren das Unterrichtspaket. Schreibaufgaben
Mehrarbeit. Im Gegenteil: Das umfassende Arbeitsmaterial bringen nach dem Film wieder Ruhe in die Klasse. Sie
zur Gestaltung der Unterrichtseinheiten ist direkt einsetz- geben dem Lehrer# Auskunft darüber, ob alle Schüler#
bar. Die Filme und das Unterrichtsmaterial sind aufeinan- den Filmen inhaltlich folgen konnten. Zur Vertiefung des
Entscheidung
4 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Einleitung
Filmthemas stehen außerdem Arbeitsblätter zur Diskussi- wichtig, ein Problem von verschiedenen Seiten zu be-
onsvorbereitung in Einzel- und Gruppenarbeit zur leuchten. Komplexe Zusammenhänge und verschiedene
Verfügung sowie Informationstexte, Fallbeispiele und Sichtweisen werden deutlich. Möglicherweise verändert
Experteninterviews. Der Lehrer# soll mithilfe der Arbeits- sich der zuvor gefasste Standpunkt. Innerhalb der Dis-
blätter die Möglichkeit haben, zwischen verschiedenen kussion lernen die Schüler# „ganz nebenbei“ die Spiel-
Lernmethoden zu wählen und diese miteinander zu regeln einer demokratischen Diskussionskultur. Die Reihe
kombinieren. Diese Methodenvielfalt soll Langeweile im „Entscheidung im Unterricht“ ermöglicht dem Lehrer#
Unterricht verhindern. eine flexible Gestaltung des Unterrichts, denn die Filme
und Arbeitsblätter können modular eingesetzt werden.
Abschluss. Nachdem die eigenen Argumente ausge- Das Kapitel „Ziele und Methoden“ zeigt beispielhaft, wie
tauscht wurden, möchten die Schüler# wissen, welche die Unterrichtstunden mithilfe der vorliegenden Materialien
Entscheidung die Protagonisten# des Films getroffen aufgebaut werden können. Dem Lehrer# steht es frei, die
haben. Dafür setzt der Lehrer# den Ergebnisfilm ein, Unterrichtseinheiten je nach Bedarf zu gestalten und an
der den realen Entscheidungsweg der Protagonisten# die Bedürfnisse der Schüler# anzupassen.
nachvollzieht, ohne eine Patentlösung vorzugaukeln oder
moralisierend zu wirken. # steht stellvertretend für die männliche und weibliche
Form des Begriffs, also „Schüler#“ anstatt „Schülerinnen
Was lernen die Jugendlichen in „Entscheidung im und Schüler“. Das ist unser Vorschlag zur besseren
Unterricht“? Für die Bildung der eigenen Meinung ist es Lesbarkeit und zur Platzersparnis.
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
5
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
Das Thema:
Homosexualität
Entscheidung
6 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
Persönlichkeit schließen. Genauso wie es unsinnig wäre, Jungen und immerhin noch 23 Prozent der Mädchen
allen heterosexuellen Menschen dieselben Persönlichkeits- empfinden Homosexualität sogar als befremdlich. Immer-
merkmale zuzuschreiben („alle heterosexuellen Menschen hin: Für 36 Prozent der Mädchen ist Homosexualität etwas
lesen gern“), ist es Unsinn, dies bei Schwulen („alle Schwu- ganz Normales – aber nur für 16 Prozent der Jungen.
len mögen keinen Fußball“) oder Lesben („alle Lesben Insgesamt sind Mädchen Schwulen und Lesben deutlich
haben kurze Haare“) zu tun. aufgeschlossener gegenüber eingestellt als ihre männli-
chen Altersgenossen.
Heteronormativität, Homophobie und Ausgrenzung
Gleichwohl können die Pubertät und die damit verbun-
dene Suche nach der eigenen sexuellen Identität Ju-
gendliche in das größte Gefühlschaos stürzen. Studien
belegen, dass viele Mädchen und Jungen ihre Sexualität
austesten und nicht selten auch Erfahrungen mit dem
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
7
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
In diesem Umfeld braucht es in der Tat sehr viel Mut, um zehn Prozent der deutschen Schülerinnen abstoßend.
sich selbst als schwul oder lesbisch zu outen. Dennoch Deutlich homophober sind Einwandererkinder: 76 Prozent
outen sich 70 Prozent der Homosexuellen im Alter zwi- der Schüler# aus der ehemaligen UdSSR und sogar
schen 15 und 21 Jahren, wobei Lesben ihr Coming-out im 79 Prozent der Schüler# mit türkischen Wurzeln empfin-
Schnitt deutlich früher erleben als Schwule.2 Aus Angst, den küssende Männer als abstoßend – bei den Schüle-
die beste Freundin zu verlieren, die eigenen Eltern zu ent- rinnen mit Migrationshintergrund sind es etwa 60 Prozent.
täuschen oder in der Schule gemobbt zu werden, schie- Zwei sich küssende Lesben werden hingegen nur von
ben viele homosexuelle Jugendliche ihr Coming-out vor einer Minderheit der Jugendlichen als abstoßend emp-
sich her. Auch wenn schwule Jungen sich mit etwa 13,5
Jahren zum ersten Mal die Frage „Bin ich schwul?“ stellen
und sich dessen drei Jahre später sicher sind, wagen sie
es erst rund eineinhalb Jahre später, im Alter von 18,2 Jah-
ren, sich gegenüber einer Vertrauensperson zu outen.3
Wenn Kevin oder Laura sich aber an ihrer Schule als schwul
oder lesbisch outen, müssen sie mit Ablehnung und Anfein-
dungen rechnen. Fast 40 Prozent der Schwulen und Les-
ben verlieren nach ihrem Coming-out Freunde.4 Mehr als
ein Drittel hat in Elternhaus, Schule, Beruf oder Freundes-
kreis Diskriminierung erlebt. Immerhin 3,5 Prozent mussten
sogar die Schule oder den Arbeitsplatz wechseln.5 Dass
Gleichaltrige sich über sie lustig machen oder schlecht über
sie reden, ist für die Hälfte aller homosexuellen Jugendli-
chen Normalität.6 Für viele schwule und lesbische Jugend-
liche ist die Zeit des Coming-outs auch eine Zeit voller Sor-
gen und Ängste. Die hohen psychischen Belastungen, unter
denen die jungen Menschen stehen, haben Folgen: Junge
Lesben und Schwule haben nicht nur ein vier- bis sieben- funden. Insgesamt liegen deutsche Jugendliche auf einer
mal höheres Selbstmordrisiko als gleichaltrige heterosexu- Homophobie-Skala von null (= schwache Homophobie)
elle Jugendliche, sie leiden auch überproportional häufig an bis vier (= starke Homophobie) bei 0,96, Jugendliche aus
Essstörungen, Depressionen, psychischen Erkrankungen der ehemaligen UdSSR bei 1,82 und Jungen und Mäd-
und Suchtmittelmissbrauch.7 chen mit türkischen Wurzeln bei 2,08.
Homophobie bei Jugendlichen mit und ohne Migrati- Die Studie hat auch nach Erklärungen für die Schwulen-
onshintergrund und Lesbenfeindlichkeit unter Jugendlichen gesucht. Ein
Eine im Jahr 2006 an Berliner Schulen durchgeführte Stu- starker Zusammenhang besteht demnach zwischen Ho-
die verglich die Einstellungen zum Thema Homosexualität mophobie und dem Gefühl, selbst diskriminiert zu werden
von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund.8 und schlecht in die Gesellschaft integriert zu sein. Schein-
Wenn zwei schwule Männer sich auf der Straße küssen, bar müssen vermeintlich Schwächere wie Lesben und
finden das 48 Prozent der deutschen Schüler und nur Schwule als Sündenböcke herhalten für Jugendliche, die
sich selbst schwach fühlen und sich ihrem Platz und ihrer
Akzeptanz in der Gesellschaft nicht sicher sind. Aber auch
Wir wollen's wissen – Befragung zur Lebenssituation von lesbischen,
2
die Akzeptanz traditioneller Männlichkeitsnormen begüns-
schwulen und bisexuellen Jugendlichen in NRW“. tigt homophobe Ansichten, worin man eine Abwehr von
Jugendnetzwerk Lambda NRW e.V., Aachen 2005. Herausgeber: Schwu-
les Netzwerk NRW e.V. Unsicherheiten bei der Findung der eigenen Geschlechts-
Veröffentlicht unter: http://www.schwules-netzwerk.de/upload/PDF/Publi- rolle vermuten kann. Starke Religiosität geht vor allem bei
kationen/StudieLambda_27_06_06.pdf muslimischen Jugendlichen mit homophoben Ansichten
„Schwule Jugendliche: Ergebnisse zur Lebenssituation, sozialen
3
und sexuellen Identität“. Studie des Niedersächsischen Ministeriums für einher. Nicht nur die Religiosität an sich, sondern auch der
Frauen, Arbeit und Soziales 2001. Veröffentlicht unter: Inhalt der Religion ist damit für die Entstehung von Homo-
http://www.ms.niedersachsen.de/download/9171 phobie verantwortlich. Die Religiosität der muslimischen
siehe Fußnote 2.
4
siehe Fußnote 2.
5 Jugendlichen „scheint in der Tat ein besonders homosexu-
siehe Fußnote 3.
6
ellenfeindliches Element zu enthalten.“9
http://www.coming-out-day.de/informationen/fakten.html
7
http://www.migrationsfamilien.de/fileadmin/migration/pdf/LSVD%20Stu-
8
Entscheidung
8 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
lenfeindliche Einstellungen abzubauen. Dazu gehört auch, Paragraf 175 verurteilt. Im Zuge der 68er-Bewegung, die
den Kontakt zwischen dieser Gruppe junger Menschen auch eine sexuelle Revolution war, forderten Homosexuelle
und Homosexuellen zu ermöglichen und zu fördern. Eine erneut ihre Rechte ein und verlangten, dass der Paragraf
Kernaussage der Studie lautet: Kennen Jugendliche per- aus dem deutschen Recht gestrichen würde.
sönlich schwule und lesbische Menschen, sind sie deutlich
weniger homophob als Jugendliche ohne diese Kontakte. Der gesamtgesellschaftliche Wandel führte 1969 schließ-
Trotz aller Vorbehalte junger Menschen gegen Schwule lich zu einer Reform des Sexualstrafrechts. Homosexuelle
und Lesben scheinen sie einen ausgeprägten Gerech- Handlungen von Männern über 21 Jahre waren von da
tigkeitssinn zu besitzen. Dass Schwule und Lesben die
gleichen Rechte wie heterosexuelle Männer und Frauen
haben sollten, fordern mehrheitlich nicht nur die deut-
schen Schülerinnen (91 Prozent) und Schüler (74 Prozent),
sondern auch die meisten Schülerinnen mit Migrations-
hintergrund (56 bis 58 Prozent). Zu verdanken ist dieses
erfreuliche Ergebnis wohl der erfolgreichen Emanzipa-
tionsbewegung homo- und bisexueller Menschen in
Deutschland.
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
9
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
republik Deutschland statt, 1973 wurde das Alter für straf- Denn Homosexualität steht noch in ungefähr 80 Staaten
freien homosexuellen Verkehr auf 18 Jahre herabgesetzt, unter Strafe und in sieben Staaten der Erde (Iran, Jemen,
1979 zogen in Berlin und Bremen die ersten Christopher Mauretanien, Nigeria, Saudi-Arabien, Somalia und Sudan)
Street Days (CSDs) durch deutsche Großstädte und 1987 können homosexuelle Handlungen mit dem Tode bestraft
gaben sich in der Vorabendserie „Lindenstraße“ erstmals werden.10
zwei schwule Männer im Fernsehen einen Kuss. Das
Sich-Zeigen verfehlte nicht seine Wirkung. Schwule und Aber auch wenn die Emanzipation der Homosexuellen
Lesben haben bis heute nicht nur ein offenes gesellschaft- noch lange nicht an ihrem Ziel angekommen ist: Ihr Erfolg
sollte anderen gesellschaftlich benachteiligten Gruppierun-
gen Mut machen!
Homosexualität im Unterricht
Homosexualität gehört zur Lebenswirklichkeit junger Men-
schen – ob nun als eigenes, sich entwickelndes Gefühl,
als Coming-out des besten Freundes oder der besten
Freundin, als Thema in Jugendzeitschriften und Vorabend-
serien oder durch deutlich schwulenfeindliche Hip-Hop-
Songtexte und Beschimpfungen auf dem Schulhof oder
Sportplatz. Ganz im Gegensatz dazu taucht das Thema
Homosexualität im Unterricht eher selten auf. In einer nicht
repräsentativen Online-Befragung einer großen Website für
schwule Jugendliche gaben fast zwei Drittel der Befragten
an, dass Homosexualität nie im Unterricht angesprochen
wurde.11 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie
des niedersächsischen Sozialministeriums, wonach nur
45 Prozent der Schüler# das Thema in der Schule be-
handelt haben.12 Homosexualität scheint nach wie vor ein
liches Klima für sich, sondern auch für andere alternative Tabu an deutschen Schulen zu sein, über das lieber der
Lebensformen geschaffen. Und sie haben erfolgreich für Mantel des Schweigens ausgebreitet wird.
ihre Rechte gekämpft: 1994 verschwand der Paragraf 175
endgültig aus dem deutschen Strafrecht, im Jahr 2001 Dabei bieten nicht nur Biologie-, Religions- und Ethikun-
konnten die ersten homosexuellen Paare eine Lebenspart- terricht zahlreiche Gelegenheiten, um Homosexualität als
nerschaft eingehen, die sie mittlerweile rechtlich in vielen Unterrichtsthema zu behandeln. Im Geschichtsunterricht
Bereichen mit heterosexuellen Ehepartnern gleichstellt. könnte etwa die Verfolgung und Vernichtung schwuler
Und seit 2006 schützt das Allgemeine Gleichbehand- Männer in Nazi-Deutschland thematisiert werden, im
lungsgesetz (AGG) Menschen auch vor Diskriminierung Deutschunterricht Thomas Manns Homosexualität –
aufgrund ihrer sexuellen Identität etwa am Arbeitsplatz. oder die zahlreicher anderer Autoren# –, als Deutungs-
aspekt seines literarischen Werkes herangezogen werden
Trotz aller Erfolge ist die Emanzipationsbewegung der und im Musikunterricht wäre eine Auseinandersetzung
Homosexuellen aber noch lange nicht zu Ende. Schwul- mit homophoben und sexistischen Songtexten denkbar.
lesbische Organisationen kämpfen heute z. B. dafür, Und wo das Wort schwul im Unterricht als Schimpfwort
dass homosexuelle Paare gemeinsam Kinder adoptieren fällt, könnte es auch in Bezug zu anderen Minderheiten
dürfen. Außerdem wollen sie im Grundgesetz neben den diskriminierenden Schimpfwörtern diskutiert werden.
bisherigen Diskriminierungsverboten wie Sprache, Rasse Zahlreiche vertiefende Unterrichtsmodule und -materialien
oder Herkunft auch das Merkmal der sexuellen Identi- für verschiedene Unterrichtsfächer und Klassenstufen hat
tät festschreiben. In den vergangenen Jahren wurden das Projekt „Schule der Vielfalt“ auf seiner Internetseite
zudem verstärkt die Bedürfnisse von Transgendern und zusammengestellt.
Transsexuellen berücksichtigt. Darüber hinaus setzen sich
Schwule und Lesben auch in Deutschland dafür ein, dass Wie bereits zitiert, belegen etliche Studien, dass vor allem
die Rechte von Homosexuellen weltweit geachtet werden. bei solchen Jugendlichen schwulen- und lesbenfeind-
liche Einstellungen vorherrschen, die keinerlei Kontakt
zu homosexuellen Menschen haben, während Personen
Quelle: The International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex
10
mit schwulen oder lesbischen Freunden und Bekannten
Association (ILGA): State-sponsored Homophobia, May 2010.
11
http://www.dbna.de/leben/umfragen/ergebnis.php diesen gegenüber meist offen eingestellt sind. Auf diesen
12
siehe Fußnote 3. Umstand setzen Initiativen wie z. B. der Verein SchLau
Entscheidung
10 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Informationen zum Thema
(Schwul Lesbische Aufklärung): Schwule und lesbische Coming Out Day e.V.
Mitarbeiter des Vereins besuchen auf Einladung Schulen http://www.coming-out-day.de/informationen/fakten.html
und Jugendeinrichtungen, um in persönlichen Gesprä-
chen mit den jungen Menschen Fragen zu beantworten, Bernd Simon: Einstellungen zur Homosexualität:
Vorurteile zu diskutieren und homosexuelle Lebensweisen Ausprägungen und psychologische Korrelate bei
vorzustellen. In Rollenspielen sollen die Jugendlichen Jugendlichen ohne und mit Migrationshintergrund
lernen, sich in andere Lebens- und Sichtweisen hineinzu- (ehemalige UdSSR und Türkei).
versetzen. Diese Form der Aufklärungsarbeit an Schulen http://www.migrationsfamilien.de/fileadmin/migration/pdf/
LSVD%20Studie%20Simon.pdf
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
11
Klassenzimmer
Informationen zum Film
Die Unterrichtsfilme
im Überblick
Entscheidung
12 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Informationen zum Film
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
13
Klassenzimmer
Ziele und Methoden
Die Unterrichtsreihe „Entscheidung im Unterricht“ orien- Die Lehrkraft sowie die Klassengemeinschaft orientieren
tiert sich an der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen an sich an folgenden Leitzielen:
Haupt-, Berufs- und Gesamtschulen. Insbesondere in • Bewusstsein für ein positives und gleichwertiges Bild
der Phase des Erwachsenwerdens nimmt die Integration von der Vielfalt des Lebens und Liebens schaffen und
der sexuellen Orientierung und damit auch der Homose- aufzeigen
xualität in die Gesamtpersönlichkeit des Menschen eine • eigene Vorurteile und Klischeevorstellungen hinterfragen,
bedeutende Stellung ein. Auch die schulische Praxis hat reflektieren und abbauen
weitreichende Auswirkungen auf die Entwicklung sowie • Diskriminierung und homophobe Gewalt überwinden
Gestaltung von individuellen Lebensformen, die mög- • die eigene Identität bewusster machen und sexuelle
lichst viel Anerkennung und Identifikationsmöglichkeiten Selbstbestimmung stärken
erfordern. Dabei wird Homosexualität jedoch überwiegend • verdeutlichen, dass gleichgeschlechtliche Liebe mehr
als abweichende Sexualitätsform der Heterosexualität ge- bedeutet als Sexualität
genübergestellt. Dadurch wird häufig die Vorstellung von • Kompetenzen für ein antihomophobes Engagement
Normalität und Abweichung reproduziert, die von einer vermitteln
Mehrheitsgesellschaft bestimmt und überdeckt wird. • Mehrdimensionalität von Diskriminierung und Identität
An der Lebenswirklichkeit der Schüler# anzusetzen be- erkennen
deutet, die Vielfalt von Lebensformen und Lebensstilen zu • Offenheit, Pluralismus sowie das Recht auf selbst
verstehen und diese in der schulischen Praxis sichtbar zu bestimmtes Leben als Kennzeichen demokratischer
machen. In jeder Schulklasse leben und lernen durch- Gesellschaften begreifen
schnittlich ein oder zwei homosexuelle Jugendliche. Für
junge Lesben, Schwule, Bisexuelle und all diejenigen, de-
nen eine homosexuelle Identität zugeschrieben wird, weil „Es ist unsere Aufgabe, aufgrund sichergestellter Forschungs
sie von der vorherrschenden Norm abweichen, bedeutet ergebnisse und der Selbsterfahrung vieler Tausender endlich
Klarheit darüber zu schaffen, dass es sich bei der Liebe zu
das häufig:
Personen gleichen Geschlechts, der sogenannten Homo
sexualität, um kein Laster oder Verbrechen, sondern um eine
• Tolerierung eines homophoben Schulklimas von Natur aus tief in einer Anzahl von Menschen wurzelnde
• Erleben der Schule als einen für sie ungeschützten Raum Gefühlshaltung handelt.“ (Magnus Hirschfeld, Sexualforscher,
• Einschränkung ihrer Lern- und Entwicklungschancen aktiv in der Friedensbewegung, 1897)
• Mobbing und Ausgrenzung
Entscheidung
14 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Ziele und Methoden
Ablauf der Einheit • Im Film fallen viele Grundbegriffe, die den Schülern#
• Einführung: Vorstellung des Themas und des Ablaufs der unbekannt sein können. Damit es ein gemeinsames
Unterrichtseinheit. Verständnis innerhalb der Unterrichtsreihe gibt, hat der
• Das Arbeitsblatt 1, „Wer sagt was?“, wird ausgeteilt und Lehrer# die Möglichkeit, das Arbeitsblatt 2, „Kleines
erläutert. Begriffslexikon“, einzusetzen.
• Der Problemfilm wird gezeigt. Die Schüler# können
dabei das Arbeitsblatt 1 bearbeiten und die unterschiedli- Rolle der Leitung
chen Meinungen, die im Film auftauchen, protokollieren. Für viele Schüler# ist das Thema Homosexualität sehr
persönlich. Die meisten von ihnen haben möglicherweise
noch nie offen darüber gesprochen, geschweige denn das
Thema im Unterricht behandelt. Deswegen kommt dem
Lehrer# eine entscheidende Rolle zu: Seine Aufgabe ist
es, ein diskriminierungsfreies Klassenklima zu schaffen,
das durch Offenheit, Vertrauen und respektvollen Umgang
untereinander bestimmt ist. Dafür können zu Beginn der
Unterrichtseinheit gemeinsame Umgangs-Vereinbarungen
erarbeitet werden.
2. Unterrichtseinheit
• Daraufhin stimmt die Klasse durch Handzeichen (alterna- Homosexualität, Stereotypen, Klischees und Vorurteile
tiv auch Platzwechsel/kurzes Aufstehen) darüber ab, wie
sie sich an Timos Stelle entscheiden würden: Würden sie Lernziele
trotz Mobbing weiter zur Schule gehen? Oder würden sie Die Schüler# …
die Schule hinschmeißen? Der Lehrer# hält die Ergeb- … bringen ihre Einstellungen zu Homosexualität zum
nisse an der Tafel fest. Ausdruck.
• Der Lehrer# eröffnet die erste Diskussionsrunde: Welche … sind in der Lage, diese Einstellungen kritisch zu hinter-
Argumente sprechen bei Timos Entscheidung für und fragen.
welche gegen einen Schulabbruch? Der Lehrer# sam- … erkennen ihre heteronormative Sicht.
melt die hervorgebrachten Argumente und schreibt sie … lernen Hypothesen zur Entstehung von Homosexualität
an die Tafel. Gerät die Diskussion ins Stocken, gibt es die kennen.
Möglichkeit, das Thema Mobbing aufzugreifen. Die Schü- … nehmen eigene Klischees und Stereotype wahr und
ler# sammeln dabei in Form einer Mindmap Schlagwor- bauen Vorurteile ab.
te zum Thema Mobbing. Danach sollen sie überlegen:
Wie fühlen sie sich, wenn sie gemobbt werden? Welche Ablauf der Einheit
Auswirkungen hat homophobes Mobbing in Timos Fall? • Die Unterrichtseinheit besteht aus zwei Arbeitspha-
• Im Anschluss an die Diskussion zeigt der Lehrer# den sen: Die erste Phase beginnt mit der Bearbeitung des
Ergebnisfilm. Währenddessen bzw. kurz danach werden Arbeitsblatts 3, „Spontan-Urteile“. Zunächst werden die
die Standpunkte auf dem Arbeitsblatt 1 notiert. vorliegenden Aussagen in Einzelarbeit vervollständigt. Die
• Die Klasse stimmt zum zweiten Mal ab. Der Lehrer# Schüler# sind aufgefordert, die Aussagen zu markieren,
übernimmt die Rolle des Moderators# und reflektiert die ihre persönliche Meinung widerspiegeln. Die unter-
mit der Klasse die Abstimmungsergebnisse. Hat sich schiedlichen Statements sollen dann im Plenum unter
das Ergebnis im Vergleich zur ersten Abstimmungsrunde Anleitung des Lehrers# diskutiert werden. Ziel ist es, ein
verändert? Wenn ja, welche Gesichtspunkte sind neu grundsätzliches Meinungsbild zum Thema Homosexua-
hinzugekommen und haben die Meinung der Schüler# lität in der Klasse abzufragen. Für den Lehrer# ist diese
beeinflusst? Die Ergebnisse werden an der Tafel festge- Meinungsabfrage wichtig, um einschätzen zu können,
halten. welchen Kenntnisstand die Klasse hat, wo Vorbehalte
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
15
Klassenzimmer
Ziele und Methoden
gegenüber Lesben und Schwulen bestehen und wie Was glauben die Schüler#: Wie kann ein solches Lied
offen die Schüler# bereits über das Thema sprechen. homosexuellen Jugendlichen bei ihrem Coming-out
• Im Anschluss wird das Infomodul 1, „Homosexualität. Mut machen? Warum ist das Lied in manchen Ländern
Etwas ganz Normales“, gezeigt. Ziel ist es, den Kenntnis- verboten?
stand der Schüler# zu erweitern und Homosexualität als
eine von verschiedenen sexuellen Neigungen und damit Rolle der Leitung
als etwas ganz Normales einzuführen und anzuerkennen. Der Lehrer# kann bei der Auswertung der Briefe ins-
• In der zweiten Phase wird das Arbeitsblatt 4, „Das sagt besondere auf die Gemeinsamkeiten in Bezug auf Liebe
man doch so!“, eingesetzt. Das Arbeitsblatt sensibilisiert und Partnerschaft hinweisen, die bei allen Jugendlichen,
die Schüler# in Hinblick auf die Verwendung homopho- unabhängig von der sexuellen Orientierung, gleich sind.
ber Ausdrücke im Schulalltag. Welche Konsequenzen
haben diese Bezeichnungen für das Leben derer, die 4. Unterrichtseinheit
damit ständig konfrontiert werden? Regenbogenfamilien & Partnerschaft und Familie
3. Unterrichtseinheit Lernziele
Vielfalt sexueller Identität & Coming-out-Erfahrungen Die Schüler# …
… lernen zu verstehen, was Ungleichbehandlung und
Lernziele Gleichberechtigung bedeuten.
Die Schüler# … … lernen Artikel 3 des Grundgesetzes kennen („Alle
… setzen sich kreativ mit verschiedenen Coming-out- Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“) und gehen der
Erfahrungen auseinander. Frage nach, warum Adoption schwulen und lesbischen
… werden zu Toleranz, Akzeptanz und Einfühlungsvermö- Paaren trotzdem bis heute untersagt ist.
gen angeregt. … werden angeregt, über ihre Vorstellung(en) von Gerech-
… sind in der Lage, die Vielfalt sexueller Identität wahrzu- tigkeit und Familie zu diskutieren.
nehmen. … lernen die Vielfalt unterschiedlicher Lebensformen
kennen.
Ablauf der Einheit
• Die Einheit beginnt mit der Bearbeitung des Arbeits-
blattes 5, „Was würdet Ihr raten?“. Die Schüler# sind
aufgefordert, Ratschläge an homosexuelle Jugendliche
zu schreiben, die Angst vor ihrem Coming-out haben
oder bereits schlechte Erfahrungen hierbei gesammelt
haben. Anschließend werden alle Briefe von der Lehr-
kraft anonym eingesammelt, gemischt und erneut an die
Schüler# verteilt. Wichtig ist, dass die Schüler# nicht
ihre jeweils eigenen Briefe zurückbekommen. Daraufhin
werden die Antworten vorgelesen und andere haben
die Aufgabe, die Antworten den richtigen Leser#briefen
zuzuordnen. Die Lehrkraft regt eine Diskussion darüber
an, ob es die „richtige“ Antwort geben kann. Auf der Me-
taebene können außerdem folgende Fragen aufgegriffen
werden: Was war beim Schreiben der Antworten schwer
oder einfach? War es „anders“, einer homosexuellen
Person einen Rat zu geben?
• Der Lehrer# zeigt das Infomodul 3, „Ehrlich zu sich
selbst sein“. Die Schüler# sind aufgefordert, die Erfah-
rungen der beiden lesbischen Mädchen mit den Fall Ablauf der Einheit
beispielen des Arbeitsblatts 5 zu vergleichen. • Die Schuleinheit beginnt mit dem Infomodul 2, „Diskri-
• Zum Abschluss der Einheit kann der Lehrer# das minierung und Gleichbehandlung“. In dem Film wird
Arbeitsblatt 6, „Born This Way“, einsetzen. Junge Men- die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen
schen orientieren sich in ihrem Umfeld an Vorbildern, die thematisiert. Die Lehrkraft greift danach das Thema
möglichst allgemein anerkannt sind. Musikstars erfüllen Adoption auf. Die Klasse kann zunächst frei diskutieren:
häufig diese Rolle. Das vorliegende Lied setzt sich mit Wie stehen die Schüler# zur Adoption in homosexuellen
dem Thema Andersartigkeit auseinander und ermöglicht Partnerschaften?
einen einfachen Zugang zum Thema Homosexualität.
Entscheidung
16 im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Ziele und Methoden
• Der Lehrer# kann dann das Arbeitsblatt 7, „Wer ist Fa- • Als Abschluss der Einheit können die Schüler# disku-
milie?“, einsetzen. Die Schüler# sollen sich in Gruppen tieren: Fänden sie es gut, wenn es auch an ihrer Schule
zusammenschließen und einen der vier Experten#texte eine eigene Interessenorganisation für Lesben und
durchlesen und erarbeiten. Dann bestimmen sie jeweils Schwule geben würde?
einen aus der Kleingruppe, der die erarbeiteten Inhalte
in einer „Experten#runde“ wiedergibt. Wichtig ist, dass Nützliche Internetadressen für die Arbeit an Schulen:
die Schüler# sich ganz in die Rolle ihres Experten# Schwul Lesbische Aufklärung in Nordrhein-Westfalen
hineindenken und versuchen, die anderen von ihrer www.schlau-nrw.de
Meinung zu überzeugen.
• Der Rest der Klasse beobachtet die Diskussion: Wer ampagne & Schulprojekt: Schule ohne Homophobie –
K
hat ihrer Meinung nach die besten Argumente für oder Schule der Vielfalt
gegen das Adoptionsrecht homosexueller Paare vor- www.schule-der-vielfalt.de
gebracht? Wer wirkte in seinem Auftreten am überzeu-
gendsten? Woran lag das? obbing an der Schule aufgrund der sexuellen Identität.
M
Kurzinformationen und Handlungsanregungen.
5. Unterrichtseinheit http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/sexuelle_
Das Recht auf Schutz vor Diskriminierung & Allge vielfalt.html
meines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Mit Vielfalt umgehen. Sexuelle Orientierung und Diversity
Lernziele in Erziehung und Beratung.
Die Schüler# … www.diversity-in-europe.org/einleitung/ix_einleitung.htm
…a nalysieren die Gründe/Folgen von Diskriminierung
am Arbeitsplatz. Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben
… r eflektieren und sprechen über ihre persönlichen Erfah- und Schwule www.vielfalt-statt-gewalt.de
rungen mit (Mehrfach-)Diskriminierung und den daraus
resultierenden Folgen. Weitere Literatur und Links:
… lernen die juristischen Grundlagen in Bezug auf das van Dijk, Lutz & van Driel, Barry (Hg.): Sexuelle Vielfalt
AGG kennen. lernen. Schulen ohne Homophobie. Berlin 2008.
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
17
Klassenzimmer
AB 1
Wer sagt was? ///// 1. Unterrichtseinheit
Timo
Mitschüler#
Lehrer
Almut
Dietrich
Ross
Anthony
Dominic
Frohn
Marc
Claaßen
AB 2
Kleines Begriffslexikon ///// 1. Unterrichtseinheit
Kleines Begriffslexikon
Ordnet den Definitionen die passenden Oberbegriffe
zu. Vergleicht und diskutiert Eure Ergebnisse.
Homophobie bedeutet …
Bisexualität …
Coming-out ist …
… ein englisches … bezeichnet … ablehnende …wenn eine … eine Abneigung … ist Liebe und
Wort und bedeutet Personen, die ein Einstellungen Person anders gegenüber Schwu- Sexualität, die
„herauskommen“. sexuelles Interesse gegenüber einem behandelt wird, len, Lesben und zwischen gleich-
Es bedeutet, dass und/oder Liebe für Menschen oder ohne dass es dafür Bisexuellen sowie geschlechtlichen
eine Person sich Personen beiderlei einer Menschen- einen sachlich deren Lebensstil, Personen gelebt
bewusst darüber Geschlechts emp- gruppe ohne gerechtfertig- die oft zur Ableh- wird.
wird, dass sie finden. wirkliches Wissen ten Grund gibt. nung oder Gewalt
schwul, lesbisch über sie (z. B. Menschen werden führt.
oder bisexuell ist, „schwule Männer z. B. aufgrund
und das öffent- sind weiblich“). Sie ihrer Hautfarbe,
lich macht. Meist enthalten ein Urteil ihrer Religion,
beginnt dieser über jemanden ihrer sexuellen
Prozess in der oder etwas und Orientierung oder
Pubertät. Bei sind immer negativ. ihres Geschlechts
einigen Menschen benachteiligt und
kann er viele Jahre ausgegrenzt.
dauern.
AB 3
Spontan-Urteile ///// 2. Unterrichtseinheit
Spontan-Urteile
Vervollständigt die folgenden Sätze. Kennzeichnet im
Anschluss daran die Aussagen, die Eure persönliche
Meinung widerspiegeln. Diskutiert die Statements in der
Klasse: Gibt es Schüler# die anderer Auffassung sind als
Ihr? Könnt Ihr sie mit Euren Argumenten überzeugen?
Lesben und Schwule sollten sich erst nach dem Schulabschluss outen, weil
Lesben und Schwule sollten in der Schule offen mit ihrer Homosexualität umgehen, weil
Wenn andere Witze über Schwule oder Lesben machen, ignoriere ich das, weil
Wenn andere Witze über Schwule oder Lesben machen, greife ich ein, weil
Wenn ich einen Jungen mit einem Mädchen auf dem Schulhof knutschen sehe, denke ich
Wenn ich zwei Jungs auf dem Schulhof knutschen sehe, denke ich
Wenn meine beste Freundin/mein bester Freund mir sagen würde, dass sie lesbisch/er schwul ist, unter-
stütze ich sie/ihn bei seinem Coming-out, weil
Wenn meine beste Freundin/mein bester Freund mir sagen würde, dass sie lesbisch/er schwul ist, wende
ich mich von ihr/ihm ab, weil
AB 4
„Das sagt man doch so!“ ///// 2. Unterrichtseinheit
Tunte
Kampflesbe
Schwuchtel
Blondine
Transe
schwaches Geschlecht
Softie
AB 5
Was würdet Ihr raten? ///// 3. Unterrichtseinheit
Liebes Ratgeber-Team,
ich war noch nie verliebt. Plötzlich
änderte sich alles, als ich in unserem
kennen lernte. Dieses Gefühl ist so Fußballverein Lutz
schön und fremd zugleich. Seit ich
ich Jungs immer interessanter als denken kann, fand
Mädchen. Ich könnte jedem ins Ges
ich mich in Lutz verliebt habe. Ich icht schreien, dass
habe aber auch Angst davor, das
das erfahren könnten und ich dan s andere im Verein
n fertig gemacht werde. Lutz und
viel Zeit miteinander und verstehen ich verbringen sehr
uns super. Wir lieben Fußball, höre
und machen einfach viel Quatsch. n die gleiche Musik
Als er das letzte Mal bei mir war, hätt
he geküsst. Nun weiß ich aber nich en wir uns beina
t, ob Lutz auch auf Jungs steht, und
direkt zu fragen. Ich will ihn nicht verl habe Schiss, ihn
ieren. Was passiert, wenn die Man
von erfährt? Was soll ich bloß mac nsc haft etwas da
hen?
Heiko, 16
s
-Team, zusammen die Au
Liebes Ratgeber ar M on at en ein Paar. Wir haben tri eb
d seit ein pa im Be
ich und Sophie sin n wir zusammen
d ve rli eb te n un s ineinander. Wen m en sind. Ich
bildung angefang
en un
an d we iß , da ss wir zusam
weil niem st auf Stress.
er so aufgeregt, Ich habe keine Lu
sind, bin ich imm ll fin de n wü rd en .
e sagt,
viele das nicht to gehen sollten. Si
befürchte, dass dass w ir of fe n da m it um
ist der Meinung, fen mit unserer
Sophie hingegen e sie sic h tre nnen. Wenn wir of
en, ansonsten wü
rd f Mäd
ich soll zu ihr steh st än di g re ch tfertigen, dass ich au
ich mich Ayla, 17
n würden, müsste
Beziehung umgehe ve rh alt en ?
? Wie soll ich mich
chen stehe – oder
Liebes Ratge
ber-Team,
ich bin total ve
rzweifelt: Vor ei
nen Jungen ve nigen Wochen
rliebt habe. Mei habe ich meine
n Vater und m n Eltern gesagt
kaum mehr m eine Mutter war , dass ich mic
it mir. In einem en tota h in ei
es auch eine S sc hwul-lesbischen Ju l schock iert und reden
elbsthilfegrupp gendzentrum se itdem
ben. Der Leite e für Jugendlic habe ich Hilfe
r dort hat mir he , die nach ihrem C ge such t: D ort gibt
davon nichts w angeboten, m oming-out Sch
issen. Sie glau it meinen Eltern wierigkeiten ha
ben, dass das zu sprechen. A
in ein Mädchen alles nur eine ber meine Elte
verlieben werde P hase rn wollen
. Was soll ich ist und ich mic
tun? h bald bestim
mt
Murat, 14
AB 6
Born This Way ///// 3. Unterrichtseinheit
Born This Way (Text wurde aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt)
by Lady Gaga
„Wir leben seit sieben Jahren zusammen. Seit drei Jahren sind wir so
etwas wie verheiratet – wir sind jetzt „eingetragene Lebenspartner“. Zu
unserem Glück fehlt uns nur noch ein Kind – und wir würden so ger
ne ein Kind adoptieren! Viele Leute finden den Gedanken komisch. Sie
glauben, dass unser Kind in der Schule gehänselt werden würde, weil
es zwei lesbische Mütter hat. Aber heutzutage sollte das doch eigentlich
kein Problem mehr sein: Schließlich gibt es viele Kinder, die nur bei ei
nem Elternteil aufwachsen – oder in einer Patchworkfamilie mit mehreren
Vätern und Müttern. Was sollte also falsch daran sein, wenn ein Kind bei
zwei Frauen aufwächst? Unser Kind würde auf jeden Fall sehr viel Liebe
und Geborgenheit bekommen – und das ist doch eigentlich das Wich
tigste!“ Miriam und Anna
„Es ist ein demokratisches Grundprinzip, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.
So steht es in unserem Grundgesetz! Es ist nicht einzusehen, dass heterosexuelle Paare
in Deutschland gemeinsam Kinder adoptieren dürfen und homosexuelle Paare dies nicht
können. Diese Ungleichbehandlung ist eindeutig verfassungswidrig und beschämend für
unsere Gesellschaft! Ich bin dafür, dass homosexuelle Paare endlich die gleichen Rechte
und Pflichten haben wie heterosexuelle Paare auch. Und dass Miriam und Anna endlich
gemeinsam ein Kind adoptieren dürfen!“ Frank Kohlmann, Verfassungsschützer
„Ich mag Miriam und Anna wirklich gerne – aber es widerspricht einfach der klassischen Vor
stellung von Ehe und Familie, wenn gleichgeschlechtliche Paare Kinder groß ziehen. Lesben
und Schwule sind nicht in der Lage, Kinder auf natürlichem Wege zu bekommen – die Natur
sieht nicht vor, dass homosexuelle Paare Eltern werden. Warum sollte der Staat ihnen das dann
ermöglichen? Außerdem glaube ich nicht, dass es gut für ein Kind ist, wenn es bei zwei Frauen
oder zwei Männern aufwächst. Ich finde es wichtig, dass ein Kind männliche und weibliche Vor
bilder in der Familie hat – und so erlebt, was ein behütetes Familienleben und eine Beziehung
zwischen Mann und Frau bedeuten. Eine richtige Familie besteht aus Vater, Mutter und Kind.“
Katharina Müller, Nachbarin
Diskriminierung am
Arbeitsplatz
Die Schüler# einer Schülerzeitschrift haben sich in der letzten Ausgabe
mit dem Thema Homosexualität beschäftigt. Laura (16) hat bei ihren Re-
cherchen herausgefunden, dass es in Deutschland sogar ein Gesetz gibt,
das Schwule und Lesben vor Diskriminierung schützen soll: das Allge
meine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sie wollte mehr darüber erfahren
und hat deshalb ein Interview mit der Expertin Almut Dietrich geführt.
Laura: In Deutschland gibt es das All- Almut Dietrich: Im AGG ist festge- wurde, weil sie aufgrund ihrer ethni-
gemeine Gleichbehandlungsgesetz schrieben, welche Rechte eine dis- schen Herkunft diskriminiert wurden:
(AGG). Das Gesetz sagt, dass nie- kriminierte Person hat. Wenn ein Das Paar war auf Wohnungssuche.
mand aufgrund seiner sexuellen homosexueller Mitarbeiter# von den Doch der Zutritt zu dem Besichti-
Identität, aber auch aufgrund seiner Kollegen# gemobbt wird, kann er gungstermin wurde ihnen von der
Rasse, seiner ethnischen Herkunft, das dem Arbeitgeber# melden. Der Hausmeisterin verwehrt. Die Woh-
seines Geschlechts, seiner Religion, Arbeitgeber# muss prüfen, ob eine nung sei nicht an „Neger“ zu ver-
seiner Weltanschauung, einer Be- Diskriminierung aufgrund der sexu- mieten, sagte sie. Das Paar hat die
hinderung oder des Alters benach- ellen Identität vorliegt. Wenn dies der Hausmeisterin verklagt und Recht
teiligt werden darf. Warum ist das bekommen: Das Gericht urteilte, dass
Gesetz für homosexuelle Männer hier ganz klar Diskriminierung vorlie-
und Frauen so wichtig? ge. Die Hausmeisterin verletzte mit
ihrer Äußerung die Menschenwürde
Almut Dietrich: Studien haben ge- und damit das Persönlichkeitsrecht
zeigt: Die Hälfte aller Schwulen und der Mietinteressenten. Zudem sei die
Lesben verheimlicht ihre Homose- Bezeichnung „Neger“ nach heutigem
xualität am Arbeitsplatz aus Angst Verständnis eindeutig diskriminierend
vor Diskriminierung. Für viele ist das und ehrverletzend.
schlimm, denn sie sind so oft ge-
zwungen, zu lügen, können ihren Laura: Wie sieht für Sie ein Arbeits-
Kollegen# nicht einfach von gemein- Fall ist, muss er Maßnahmen ergrei- platz ohne Diskriminierung aus?
samen Erlebnissen mit dem Part- fen, um die Diskriminierung zu be-
ner# in ihrer Freizeit berichten. Die enden, z. B. indem er die Kollegen# Almut Dietrich: Das ist ein Arbeits-
Angst homosexueller Menschen vor verwarnt. Das AGG ist ein wichtiges platz, an dem die unterschiedlichen
Diskriminierung ist berechtigt: Laut Signal für alle Betroffenen, dass sie Charaktereigenschaften und Fähig-
einer Studie haben 75 Prozent aller Diskriminierung nicht hinnehmen keiten eines Menschen nicht nur tole-
Schwulen und Lesben im Arbeitsle- müssen. riert, sondern ausdrücklich geschätzt
ben Diskriminierungserfahrungen ge- werden. Große Unternehmen haben
macht. Das Gesetz soll homosexuelle Laura: Fallen Ihnen noch andere bereits erkannt, dass es geschäfts-
Menschen dazu ermutigen, Diskrimi- Beispiele ein, wie das Gesetz Men- fördernd ist, wenn ihre Mitarbeiter#
nierung offen zu legen und sich da- schen vor Diskriminierung schützen genauso vielfältig sind, wie die Kun-
gegen zur Wehr zu setzen. kann? den#, die sie ansprechen möchten.
Für sie ist die Förderung von Vielfalt
Laura: Wie kann das Gesetz homo- Almut Dietrich: Ja. Ich kenne einen (engl. diversity) deshalb eine wichtige
sexuelle Männer und Frauen vor Fall, in dem einem Mann und einer Unternehmensstrategie.
Diskriminierung schützen? Frau Schadenersatz zugesprochen
Timo: Ich weiß nicht. Ich wollte mich meinen Kollegen# gegenüber
nicht sofort outen. In der Schule habe ich damit schlechte Erfahrungen
gemacht.
Kai Granglich: Aber das ist doch Quatsch. Das Unternehmen unterstützt uns als Homo
sexuelle sogar bei unseren Aktivitäten – den Chefs ist es wichtig, dass ganz unterschied
liche Menschen zusammen arbeiten und ihre Interessen, Stärken und Fähigkeiten auch am
Arbeitsplatz einbringen. Mit dieser „Kultur der Vielfalt“ wirbt das Unternehmen doch sogar
auf der Internetseite. Ich glaube, dass es für Dich nur Vorteile hat, bei uns mitzumachen.
Kai Granglich:
Timo:
Kai Granglich:
Timo:
Entscheidung
im Unterricht ...
Coming-out im
Klassenzimmer
Diese fünf Filme sind dem Heft für den Einsatz im Unterricht beigelegt:
Hauptfilme
Der Problemfilm: Coming-out im Klassenzimmer
Der Ergebnisfilm: Coming-out im Klassenzimmer
Infomodule
Infomodul 1: Etwas ganz Normales
Infomodul 2: Diskriminierung und Gleichbehandlung
Infomodul 3: Ehrlich zu sich selbst sein