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Der Autor

Guido Grandt, Jahrgang 1963, ist freier TV-Produzent,


TV-Redakteur, investigativer Journalist und Publi­
zist. Seit über 35 Jahren beschäftigt er sich mit der
Kehrseite der Gesellschaft, vor allem mit Kriminalität
in allen Auswüchsen sowie historischen Sachthemen.
Er hat zahlreiche Filmbeiträge für private, öffentlich­
rechtliche und ausländische TV-Sender recherchiert,
gedreht und produziert und über 35 Bücher zu seinen
investigativen Recherchen verfasst (Autorenblog:
www.guidograndt.de).
Guido Grandt

Vergessen - Verdrängt - Verschwiegen

TABU-FAKTEN
ZWEITER WELTKRIEG

Band2

Mit zahlreichen Abbildungen


Copyright© 2021 bei gugra-Media-Verlag
Inhaber: Guido Grandt
Friedrichstr. 4
D- 72336 Balingen
Tel./Fax: +49 7433/382883
E-Mail: gugra@gugra-media-verlag.de

Titelfoto:
Die »Großen Drei« während der Teheraner Konferenz;
von links nach rechts: Josef Stalin, Franklin D. Roosevelt,
Winston Churchill. (Fotoquelle: https://commons.wiki­
media.org/wiki/File:Tehran_Conference,_1943.jpg)

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der angegebenen Erstveröffentlichungen eingesehen werden
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Inhalt

Editorische Notiz ........................................................... 7


Vorwort ........................................................................... 9
1. Vergessen: »Letzte Reparationsrate im Jahr 2010« -
So viel und so lange musste Deutschland für die
beiden verlorenen Weltkriege zahlen! ...................... 14
2. Verschwiegen: Das Deutsche Reich lehnte den
Einsatz von B-Waffen im Zweiten Weltkrieg ab! .... 64
3. Verdrängt: Der erste »Giftgaszwischenfall« im
Zweiten Weltkrieg geschah durch polnische
Truppen! ....................................................................... 74
4. Verschwiegen: Winston Churchill wollte deutsche
Städte mit Giftgas »tränken!«..................................... 77
5. Verschwiegen: Wie Churchill die Deutschen mit
Milzbrand-Biowaffen auslöschen wollte!................. 86
6. Verdrängt: »Hüter menschlicher Freiheit« - Trotz
seiner Giftgas- und Biowaffen-Pläne sowie
Bombenterrors gegen deutsche Zivilisten erhielt
Churchill den Karlspreis!............................................ 96
7. Verschwiegen: Setzte die Rote Armee in Stalingrad
»Biowaffen" gegen deutsche Truppen ein? ........... 107
8. Verschwiegen: »Little Pearl Harbor« - Bari und
das Geheimnis des verbotenen Senfgases der
Alliierten! .................................................................... 123
9. Vergessen: Das Geheimnis um die Bomben auf die
Vatikanstadt! ............................................................... 131
10. Verschwiegen: »Verwüstung der päpstlichen
Sommerresidenz und die Tötung von
Flüchtlingen« - Das ungesühnte Kriegsverbrechen
der Alliierten! ............................................................. 138
11. Verdrängt: So wurde der Preußische Staat
»ausgelöscht!« ............................................................ 144
12. Verdrängt: Die Lüge von den »säbelrasselnden,
kriegslüstemen« Preußen! ........................................ 191
13. Vergessen: Überwiegend »Preußen« im
Widerstand gegen Hitler! ......................................... 204
14. Verschwiegen: So tilgten die Alliierten »Preußen«
aus dem kollektiven deutschen Gedächtnis! ......... 232
15. Verdrängt: »Kommunistische Umerziehung« im
(einstigen) ostpreußischen Königsberg! ................. 259
16. Verschwiegen: Die wahren Pläne der Alliierten
für Nachkriegsdeutschland!..................................... 267
Quellenverzeichnis/Endnoten.................................. 281
Editorische Notiz

»Um glaubwürdig zu sein, muss man auch bereit sein,


alle Verbrechen zu verurteilen, überall in der Welt, auch
dann, wenn die Opfer Deutsche waren oder sind.«
Lennart Meri (Estnischer Staatspräsidenten (von
1992 bis 2001 im Amt) 1

»Man sollte aufhören nach der Nationalität eines Opfers


zu fragen, denn das Leid hat keine Nationalität.«
Alfred-Maurice de Zayas (US-amerikanische
Völkerrechtler und Historiker)2

»Die Verhöhnung deutscher Vertreibungsopfer hat


Tradition.«
Andreas Kossert (Deutscher Historiker )3

Das vorliegende Buch will keine der von den Nazis


begangenen Gräuel »aufrechnen«. Es ist auch kein
»revanchistisches« oder »revisionistisches« Werk,
sondern - im Gegenteil - eine journalistische Analyse
von Fakten über den Zweiten Weltkrieg, die hinläng­
lich tabuisiert, vergessen, verdrängt oder gar verschwie­
gen wurden und werden.
Im Sinne der grundgesetzlich garantierten Mei­
nungsfreiheit muss auch darüber geredet und ge­
schrieben werden! Genau 76 Jahre nach Kriegsende

7
muss endlich Schluss sein mit einer einseitigen, sub­
jektiven Geschichtsbetrachtung, müssen die vielen re­
nommierten und namhaften Historiker, Völkerrecht­
ler und andere Experten (vor allem aus dem Ausland)
gehört werden, um ein objektives Bild dieser furcht­
baren Epoche zu bekommen!
Im »Geiste dieser Objektivität« ist dieses Buch ge­
schrieben.

8
Vorwort

»Deutschland hat 1945 alles eingebüßt. Deutschland


existiert faktisch nicht.«
Harry S. Truman (US-Präsident von 1945 bis 1953)4

»Es ist für mich sehr schwierig auszudrücken, was jetzt


unter Deutschland zu verstehen ist. Das ist ein Land, das
keine Regierung, das keinefixierten Grenzen hat, weil die
Grenzen nicht von unseren Truppen festgelegt werden.
Deutschland hat überhaupt keine Truppen, Grenztruppen
eingeschlossen, es ist in Besatzungszonen zerteilt. Und
nun definieren Sie, was Deutschland ist! Es ist ein
zerschlagenes Land.'«
Josef Stalin (sowjetischer Diktator von 1927 bis
1953)5

Im vorliegenden 2. Band meiner Buchreihe Tabu-Fak­


ten Zweiter Weltkrieg greife ich, wie in Band 1, erneut
Themen auf, die entweder von der herkömmlichen
Geschichtsschreibung verdrängt, vergessen oder gar
verschwiegen wurden und weiterhin werden. Wieder
wende ich dabei das Mittel der »journalistischen Ana­
lyse« an, um so faktenbelegt wie möglich vorzuge­
hen.
Stand im Vorläufer-Band das himmelschreiende
Leid deutscher Vertriebener im Mittelpunkt, beschäf­
tige ich mich im zweiten Buch hauptsächlich mit

9
Tabu-Themen zu den herkömmlich völlig unbekann­
ten Giftgas- und Biowaffen-Plänen der Alliierten.
Ebenso den kriegsverbrecherischen Angriffen auf das
neutrale Territorium des Vatikans sowie der vollkom­
menen Auslöschung des Staates Preußen, samt seines
Gedankengutes und seiner jahrhundertealten Tradi­
tion.
Vor allem der letzte Aspekt wird in Deutschland,
aber auch von den alliierten Siegermächten, mitunter
falsch dargestellt. Preußen wurde eines Militarismus
beschuldigt, der so vor der objektiven Geschichts­
schreibung keinen Bestand hat. Dennoch wurde auf­
grund dieser scheinbaren »Keimzelle der säbelras­
selnden, kriegslüstemen Preußen« versucht, alles,
was damit zu tun hat, aus dem kollektiven deutschen
Gedächtnis zu tilgen.
Der australische Historiker Christopher Clark er­
klärt dazu, wie die Alliierten dachten: »Preußen war
der eigentliche Ursprung der deutschen ,Krankheit',
die Europa ins Unglück gestürzt hatte. Preußen war
der Grund, warum Deutschland den Pfad des Frie­
dens und der politischen Modeme verlassen hatte ( ...)
Dass Preußen von der politischen Landkarte Europas
verschwand, war daher zumindest symbolisch eine
Notwendigkeit. Seine Geschichte war ,zum Alb ge­
worden, der auf dem Gehirne der Lebenden las­
tete.' «6
Und an anderer Stelle: »Die westlichen Alliierten
waren überzeugt, dass der Nationalsozialismus

10
nichts weiter als die jüngste Manifestation des Preu­
ßentums war. Dabei konnten sie sich auf eine beein­
druckende intellektuelle Tradition der Preußenfeind­
lichkeit stützen, die bis zum Ausbruch des Ersten
Weltkrieges zurückreichte.« 7
All das waren und sind Halbwahrheiten, Mythen
und Lügen, wurden doch sämtliche positiven Attri­
bute Preußens ausgeblendet. So wurde unter ande­
rem unter Preußens Herrschern der eigentliche libe­
rale »Rechtsstaat« begründet, der schon früh Flücht­
linge aus allen Herren Länder aufnahm und durch
die sogenannten »Judenemanzipation« Bedingungen
für Juden schuf, die damals wohl einzigartig in Eu­
ropa waren. Alle Religionen durften ihren Glauben
praktizieren. Verschiedene Reformen machten Preu­
ßen fortschrittlicher als seine Nachbarn. Demokrati­
sche Grundsätze wurden in einer monarchistischen
Regierung eingeführt. Nicht zu vergessen sind vor al­
lem die von Reichskanzler Otto von Bismarcks initi­
ierten, weitreichenden Sozialgesetze (Kranken-, Un­
fall-, Renten-, Invaliditäts- und Altersversicherung),
die dem preußischen Selbstverständnis von der Für­
sorgepflicht des Staates gegenüber den anvertrauten
Bürgern entsprach. Damit schuf Preußen (Bismarck)
nicht weniger als die Grundlage für die Entwicklung
des Wohlfahrt- und Sozialstaates, den wir bis heute
haben.
Auch die Tatsache, dass zwei Drittel der Verschwö­
rer gegen Hitler vom 20. Juli 1944 aus dem preu-

11
ßischen Milieu (Adel, Offiziere, Beamte) stammten
und sich gemeinsam mit den Arbeiterführern (Ge­
werkschaftsführen) des Landes gegen die nationalso­
zialistische Diktatur auflehnten, wird herkömmlich
unter den Tisch gekehrt.
Der wahre Grund für die Auslöschung Preußens
war wohl die »Furcht« der Alliierten vor diesem ein­
zigartigen Staat in Europa, wie ich eindrucksvoll dar­
stellen werde.
Hans-Joachim Schoeps bemerkte diesbezüglich in
Preußen - Geschichte eines Staates folgerichtig: »Preu­
ßen war der einzige deutsche Staat, »der mehr als ein
Staat war, mit dem sich eine Idee verknüpft hat,
durch die Menschen gebunden wurden und vielleicht
noch heute gebunden werden können (Schoeps).«8
Ebenso dürfte den geneigten Leser interessieren,
wie viel und wie lange Deutschland - vor allem durch
die unheilvolle Bürde des Versailler Vertrages - für
den Ersten und Zweiten Weltkrieg zahlen musste.
Auch die »wahren« Pläne der Alliierten für Nach­
kriegsdeutschland werden hier beleuchtet, die mitun­
ter so unfassbar waren, dass sie schnell negiert wur­
den. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg ...
Kurzum: All diese äußerst brisanten Themen wer­
den Sie so - oder überhaupt nicht - in hiesigen Ge­
schichtsbüchern finden. Nichtsdestotrotz entspre­
chen sie historischen Fakten, die mit Erscheinen die­
ses Buches nicht länger verdrängt, vergessen oder
verschwiegen werden können.

12
Dieses Vorwort möchte ich mit den Worten schlie­
ßen, die ich im Kapitel zur Auslöschung Preußens
schrieb: »Letztlich wurde Preußen und alles Preußi­
sche von den Alliierten nicht nur als geografisches
Land sowie als Staatsmacht getilgt, sondern auch ver­
sucht, seine Geschichte als Spiegelbild des kol­
lektiven Bewusstseins, seine politische Kultur und
seine Tradition gänzlich zu vernichten. Denn Preu­
ßen war gefährlich und ist es in den Gehirnen jener
immer noch.«

Guido Grandt

13
1. Vergessen: »Letzte Reparationsrate im
Jahr 2010« - So viel und so lange musste
Deutschland für die beiden verlorenen
Weltkriege zahlen!

Nach Ende des Ersten und des Zweiten Weltkriegs


wurde Deutschland hart bestraft!
Der Versailler Vertrag und andere Bestimmungen
sahen mitunter hohe finanzielle Entschädigungen an
die Alliierten vor!
Die letzte Schuld ist vielleicht noch nicht getilgt!

Der seit 18. Januar 1919 zwischen den 26 alliierten


und assoziierten Mächten sowie dem Deutschen
Reich verhandelte Versailler Vertrag, der herkömm­
lich als »Friedensvertrag« in die Historie einging,
wurde am 28. Juni 1919 unterzeichnet.

Neben Deutschland noch von diesen Ländern:


- die Vereinigten Staaten von Amerika
- das Vereinigte Königreich Großbritannien
-Frankreich
-Italien
-Japan
-Belgien
-Bolivien
- Brasilien
-Kube

14
- Ecuador
-Griechenland
- Guatemala
- Haiti
-das Haschemitische Königreich Hedschas (bis 1924
in Eigenbezeichnung Königreich Arabien)
- Honduras
-Liberia
- Nicaragua
-Panama
-Peru
- Polen
-Portugal
-Rumänien
- das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen
-Siam
- die Tschechoslowakei
- und Uruguay

In der Folge erwies sich der Versailler Vertrag als


schwere Hypothek für die junge WeimarerRepublik,
instrumentalisierte dieser doch die nationalen Kräfte
gegen die demokratische Staatsform, an dessen Ende
Adolf Hitlers Machtergreifung stand.

15
Abb. 1: Vertragsunterzeichnung in der Spiegelgale­
riedes Schlosses von Versailles 1919. Vordere Reihe: Dr.
Johannes Bell (Deutschland) unterzeichnend mit Her­
mann Müller über ihn gebeugt. Mittlere Reihe (sitzend,
von links nach rechts): Generall Tasker H. Bliss, Kol.
E.M. House, Henry White, Robert Lansing, Präsident
Woodrow Wilson (Vereinigte Staaten); Georges Cle­
menceau (Frankreich); D. Lloyd George, A. Bonar
Law, Arthur J Balfour, Viscount Milner, G.N. Bames
(Großbritannien); Der Marquis Saionzi (Japan).

16
Hintere Reihe (von links nach rechts): Eleftherios Venize­
los (Griechenland); Dr. Affonso Costa (Portugal);
Lord Riddell (Britische Presse); Sir George E Poster
(Kanada); Nikola Pachitch (Serbien); Stephen Pichon
(Frankreich); Kol. Sir Maurice Hankey, Edwin S Mon­
tagu (Großbritannien); der Maharadscha von Bikaner
(Indien); Vittorio Emanuele Orlando (Italien); Paul
Hymans (Belgien); Generall Louis Botha (Südafrika);
W.M. Hughes (Australien).
(Bildquelle: Imperial War Museum Sammlungen
(https://commons. wikirnedia.org/wiki/File:William_Orpen_-
_The_Signing_of_Peace_in_the_Hall_of_Mirrors,_Versailles.jpg))

Doch was herkömmlich bei der Betrachtung dieser


Thematik gerne vergessen wird: Die Tagung der Sie­
germächte des Ersten Weltkriegs unter den soge­
nannten »Großen Drei«, in persona von US-Präsident
Thomas Woodrow Wilson (1856-1924), dem briti­
schen Premierminister David Lloyd George (1863-
1945) und dem französischen Ministerpräsidenten
Georges Clemenceau (1841-1929) fand unter Aus­
schluss der Besiegten, also der Deutschen statt! Die
»Kriegsverlierer« durften ihre Einwendungen gegen
den Vertrag auch nicht mündlich, sondern nur
schriftlich vorbringen. Allerdings wurden sämtliche
diesbezüglichen Änderungswünsche der deutschen
Delegation von den Alliierten als »Anmaßung« zu­
rückgewiesen. Eine diplomatische Demütigung son­
dergleichen. So scheiterten schon im Vorfeld alle

17
Verhandlungen für günstigere Bedingungen. Ganz
im Gegenteil wurde eine »Annahmefrist« nach der
Übergabe der endgültigen Vertragsversion von sie­
ben Tagen festgelegt. Letztlich stimmte die Verfas­
sungsgebende Nationalversammlung in Weimar am
23. Juni 1919 mit 237 zu 138 Stimmen, bei 5 Enthaltun­
gen dem katastrophalen Versailler Vertrag zu.

Abb.2: Georges Clemenceau, Woodrow Wilson und


Lloyd George verlassen den Palast von Versailles
nach Unterzeichnung des Friedensvertrags
(Fotoquelle: Keystone View Company/// URL des Missouri History
Museum: http://images.mohistory.org/image/ACF79768-O209-
C379-3061-3909159B4FEC/original.jpg. Galerie: http://coUections.
mohistory.org/resource/230832 (https://commons.wikimedia.org/
wiki/File:%22Leaving_Palace_of_Versailles.%22.jpg)

18
Am 12. August 1919 wurde im Deutschen Reichsgesetz­
blatt der komplette, dreisprachige Vertragstext (»Ge­
setz über den Friedensschluss zwischen Deutschland

---
und den assoziierten Mächten«) veröffentlicht.

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Abb. 3
(Bildquelle: HathiTrust , ergänzt mit selbstgescannten Seiten
vom Buch Eigenen (https://commons.wikimedia.org/wiki/
File:Deutsches_Reichsgesetzblatt_1919_140_0687.jpg)

19
Der Versailler Vertrag erklärte das Deutsche Reich
und seine Verbündeten (Mittelmeermächte) zu den
»Alleinverantwortlichen« des Ersten Weltkriegs.
Dazu hieß es im sogenannten »Kriegsschuldartikel«:

Teil VIII.
Wiedergutmachungen.

Abschnitt I.
Allgemeine Bestimmungen.

Artikel 231.

Die alliierten und assoziierten Regierungen erklären, und


Deutschland erkennt an, dass Deutschland und seine Ver­
bündeten als Urheber für alle Verluste und Schäden ver­
antwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regie­
rungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen
durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbündeten
aufgezwungenen Krieges erlitten haben.9

Doch genau dies darf heute, über hundert Jahre spä­


ter, historisch angezweifelt werden, wie namhafte Ex­
perten und Dokumente belegen, die herkömmlich in
der »offiziellen« Geschichtsschreibung fehlen. Siehe
dazu mein Buch Mordkomplott Sarajewo 1914 - Die
Jahrhundertvertuschung (gugra-Media-Verlag, 2020),
in dem ich genau dieser Kriegsschuldfrage faktisch
belegt nachgehe.

20
Die Ermordung Franz Ferdinands d'Este, Erzher­
zog und Thronfolger von Österreich-Ungarn und sei­
ner Gemahlin Sophie Chotek am 28.Juni 1914, lösten
die größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts aus,
die für eine bislang nie dagewesene globale Umwäl­
zung sorgten: Den Ersten Weltkrieg und durch die
Folgeereignisse auch den Zweiten Weltkrieg. Was auf
das Attentat folgte, war eine »Jahrhundertvertu­
schung« bezüglich der wahren Hintergründe und
Drahtzieher. Vor allem hinsichtlich der Mitverschwö­
rung und Mitbeteiligung der Freimaurerei an diesem
historischen Doppelmord. Das Buch, das ich dazu
verfasst habe, ist alles andere als ein » Verschwö­
rungspamphlet«! Ganz im Gegenteil zeigt es doch ge­
rade die Fakten einer Verschwörung auf! Akribisch
beleuchte ich die Vertuschung dieses sicher folgen­
schwersten Mordkomplotts, die landläufig keinen
Einzug in die offiziellen Geschichtsbücher fand. Auch
der australische Historiker Christopher Clark er­
kannte, dass dabei politische Akteure zu »reinen aus­
führenden Organen der Kräfte« wurden, die »sich
längst etabliert haben und ihrer Kontrolle entziehen
(...) Der Ausbruch des Krieges war der Höhepunkt in
einer Kette von Entscheidungen, die von politischen
Akteuren mit bewussten Zielen getroffen wurden ( ... )
Nationalismus, Rüstung, Bündnisse und Hochfinanz
waren allesamt Teil der Geschichte (...)« 10
Die kanadische Historikerin Margaret MacMillan,
die Urenkelin des britischen Premierministers David

21
Lloyd George, die Neuere Geschichte an der Univer­
sity of Oxford lehrt, schrieb: »Fast alle 1919 in Paris
Versammelten waren der Ansicht, dass Deutschland
schuld am Kriegsausbruch war (Zweifel daran tauch­
ten erst später auf). « 1 1
Der Versailler Vertrag trat a m 10. Januar 1920 in
Kraft und bürdete den Deutschen eine schwere und
eigentlich untragbare Last auf. Unter anderem sah
dieser Kontrakt Gebietsabtretungen, Auslieferung
von Kriegsverbrechern und die Reduzierung der
Truppenstärke vor. So verlor das DeutscheReich alle
Kolonien und etwa 13 Prozent seines Territoriums
(rund 70.000 Quadratkilometer): Das Memelgebiet
ging an Litauen, Teile Posens, Westpreußens und
Oberschlesiens an Polen, Nordschleswig an Däne­
mark, das Hultschiner Ländchen an die Tschechoslo­
wakei, Elsass-Lothringen an Frankreich, Eupen­
Malmedy an Belgien. Danzig kam als freie Stadt und
die Hoheit des Völkerbundes und das Saargebiet
wurde fünfzehn Jahre lang unter dessen Verwaltung
gestellt. Der Bevölkerungsverlust betrug rund zehn
Prozent. Ebenso gab es erhebliche Ressourcenver­
luste, wie etwa die Eisenerzproduktion, die um zirka
50 Prozent sank, die Steinkohleförderung um 25 Pro­
zent. Auch die Kartoffelernte ging um 17 Prozent so­
wie die Weizenernte um 13 Prozent zurück.
Die »Bestimmungen über Landheer, Seemacht und
Luftfahrt« des Versailler Vertrages (Artikel 159-213)
sahen unter anderem Folgendes vor:

22
- Umfang der Berufsarmee maximal 100.000 Mann
(einschließlich von höchstens 4.000 Offizieren).
- Auflösung des Großen Generalstabs.
-Keine allgemeine Wehrpflicht.
- Verbot von Mobilmachungsmaßnahmen, Militär-
missionen und militärischen Vereinen.
- Verbot chemischer Kampfstoffe.
- Beschränkung der Waffenvorräte.
-Verbot von Luftstreitkräften, Panzern und schwerer
Artillerie.
- Verbot des Festungsbaus entlang der deutschen
Grenze sowie Befestigung von Artillerie zwischen
Ost- und Nordsee.
-Abgabe beziehungsweise Anzeige sämtlicher Mili­
tärwaffen in zivilem Besitz. 12
Neben diesen massiven »Wiedergutmachungsleis­
tungen« wurden zusätzliche »Reparationszahlun­
gen« erhoben. Das heißt, Deutschland wurde zum Er­
satz der gesamten, den Alliierten im Ersten Weltkrieg
entstandenen, Kriegsschäden an der Zivilbevölke­
rung und an ihrem Eigentum verpflichtet. Und das,
obwohl das Land am Boden lag; in finanzieller und
wirtschaftlicher Hinsicht.
Letztlich erlaubte dies den Siegermächten eine Be­
rechnung der Reparationshöhe in beliebiger Höhe,
ohne auf die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirt­
schaft Rücksicht zu nehmen. Dieser »Schadensersatz­
anspruch«, dem man dem Deutschen Reich auf­
drückte, war damit auch ein machtpolitisches Mittel.

23
Vor allem für Frankreich, denn dort verfolgten die
»Falken« in der Regierung mit der Reparationspolitik
nicht nur eine Kompensation der Kriegsschäden, son­
dern die Beseitigung zukünftiger Bedrohungen
durch Deutschland. Zudem gab es natürlich einen
»Technologietransfer« an die Alliierten, was bei­
spielsweise an der Übergabe der Eisenbahnen und

�-
Luftschiffe zu ersehen ist.

vm. :l'cit

.. .............
Abb. 4

24
Screenshot/Bildzitat: http://www.ub.uni­
koeln.de/cdm/pageflip/collection/dirksen/id/370606/type/compo
undobject/show/370308/cpdtype/monograph/pftype/image#pag
e/124/mode/2up

Im Einzelnen sahen diese (finanziellen/wirtschaftli­


chen) Reparationsforderungen unter anderem so aus:
- In den von Deutschland zu räumenden Gebieten
mussten Sachgüter (z.B. Kohle und Betriebsmaterial)
verbleiben.
- 5.000 gebrauchsfertige Lokomotiven,
- 150.000 Eisenbahnwaggons
- und 5.000 Lastkraftwagen mussten sofort abgegeben
werden.
- Russisches und rumänisches Gold musste sofort zu­
rückerstattet werden.
- Ebenso belgische Wertpapiere.
- In Deutschland durften keinerlei öffentliche Werte
beseitigt werden, die als Reparationsleistungen her­
angezogen werden konnten.
- Alle im Bau befindlichen und vorhandenen Luft­
schiffe mussten abgeliefert werden.
- Gleichwohl die gesamte Handelsflotte.

Die deutschen Reparationsleistungen wurden mit der


Einigung vom Juli 1920 so aufgeteilt:
- Frankreich: 52 %
- Großbritannien: 22 %
- Italien: 10 %

25
- Belgien: 8 %
-Serbien: 5%
-Rumänien Portugal, Japan: 3 %1 3

Nachfolgend möchte ich diese »Finanziellen Bestim­


mungen«, diese unfassbaren Forderungen des Versai­
ller-Vertrages, originalgetrau im Wortlaut zitieren,
weil der Leser diese garantiert so nicht kennt und
gleich gar nicht im Einzelnen in die hiesigen Ge­
schichtsbücher eingegangen sind (alte Rechtschrei­
bung wurde beibehalten) 14:

Teil IX.
Finanzielle Bestimmungen.

A rtikel 248.

Unter Vorbehalt der von dem Wiedergutmachungsaus­


schuß etwa bewilligten Ausnahmen haften der gesamte
Besitz und alle Einnahmequellen des Deutschen Reiches
und der deutschen Staaten an erster Stelle für die Bezah­
lung der Kosten der Wiedergutmachung und aller ande­
ren Lasten, die sich aus dem gegenwärtigen Vertrag oder
aus allen ihn ergänzenden Verträgen und Übereinkom­
men oder aus den zwischen Deutschland und den alliier­
ten und assoziierten Mächten während des Waffenstill­
stands und seinen Verlängerungen geschlossenen Abma­
chungen ergeben.

26
Bis zum 1. Mai 192 1 darf die deutsche Regierung ohne
vorherige Zustimmung der durch den Wiedergutma­
chungsausschuß vertretenen alliierten und assoziierten
Mächte weder Gold ausführen oder darüber verfügen
noch seine Ausfuhr oder die Verfügung darüber zu gestat­
ten.

Artikel 249.

Deutschland trägt die gesamten Unterhaltskosten der alli­


ierten und assoziierten Heere in den besetzten deutschen
Gebieten von der Unterzeichnung des Waffenstillstands­
vertrags vom 1 1. November 1918 an. Darunter fallen: die
Ausgaben für die Ernährung der Personen und Tiere, für
Einquartierung und Unterbringung, für Sold und andere
Bedürfnisse, für Gehälter und Löhne, für Nachtlager, Hei­
zung, Beleuchtung, Bekleidung, Ausrüstung, Geschirr
[engl. Text: "und Sattelzeug "], Bewaffnung und rollendes
Material, für Flugwesen, Kranken- und Verwundetenbe­
handlung, Veterinär- und Remontewesen, das gesamte Be­
förderungswesen (wie Eisenbahn, See- und Flußschiffahrt
und Lastkraftfahrzeuge), Verkehrs- und Nachrichtenwe­
sen, überhaupt die Verwaltungs- und technischen Dienst­
zweige, die für die Ausbildung der Truppen, die Erhaltung
ihrer Bestände und ihrer militärischen Leistungsfähigkeit
erforderlich sind.
Die deutsche Regierung hat den alliierten und assoziier­
ten Regierungen alle Ausgaben der obenbezeichneten A rt,
soweit sie auf Käufen oder Beitreibungen der alliierten und

27
assoziierten Regierungen in den besetzten Gebieten beru­
hen, in Mark zum Tageskurs oder zu dem von Deutschland
zugestandenem [engl. Text: "zum vereinbarten ") Kurse zu
erstatten. Alle anderen oben aufgeführten Ausgaben sind
in Mark Gold zu bezahlen.

Artikel 250.

Deutschland bestätigt die Übergabe des gesamten an die al­


liierten und assoziierten Mächte in Ausführung des Waf­
fenstillstandsvertrags vom 1. November 1918 und aller
späteren Waffenstillstandsabkommen ausgelieferten Mate­
rials und erkennt das Recht der alliierten und assoziierten
Regierungen auf dieses Material an.
Der Wert des gemäß Artikel VII des Waffenstillstands­
vertrags vom 1 1. November 1918 oder Artikel III des Waf­
fenstillstandsvertrags vom 16. Januar 1919 ausgelieferten
Materials kommt von der Wiedergutmachungsforderung
der alliierten und assoziierten Regierungen in Abzug und
wird Deutschland gutgeschrieben; der Wert wird durch
Schätzung des im Artikel 233 Teil VIII (Wiedergutma­
chungen) des gegenwärtigen Vertrags vorgesehenen Wie­
dergutmachungsausschusses festgesetzt. Das gleiche gilt
für alles sonstige in Ausführung des Waffenstillstandsver­
trags vom 11. November 1918 und aller späteren Waffen­
stillstandsabkommen ausgelieferten Materials, bei dem mit
Rücksicht auf seinen nichtmilitärischen Charakter nach
Ansicht des Wiedergutmachungsausschusses der Wert der
deutschen Regierung zu vergüten ist.

28
Nicht gutgeschrieben wird der deutschen Regierung das
Gut der alliierten und assoziierten Regierungen oder ihrer
Staatsangehörigen, das auf Grund der Waffenstillstands­
verträge in Natur zurückgegeben oder ausgeliefert worden
ist.

Artikel 251.

Die vorzugsweise Befriedigung gemäß Artikel 248 findet


unter dem im letzten Absatz des gegenwärtigen A rtikels
erwähnten Vorbehalt in folgender Reihenfolge statt:
a) die in Artikel 249 näher aufgeführten Kosten der Be­
setzungsarmeen während des Waffenstillstands und seinen
Verlängerungen;
b) die in Artikel 249 näher aufgeführten Kosten aller Be­
setzungsarmeen nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Ver­
trags;
c) der Betrag der Wiedergutmachungen, der sich aus dem
gegenwärtigen Vertrag oder den ergänzenden Verträgen
und iibereinkommen ergibt;
d) alle anderen Verpflichtungen Deutschlands aus den
Waffenstillstandsabkommen, dem gegenwärtigen Vertrag
oder den ergänzenden Verträgen und Übereinkommen. Die
Kosten der Versorgung Deutschlands mit Lebensmitteln
und Rohstoffen und alle von Deutschland zu leistenden
Zahlungen, soweit sie von den alliierten und assoziierten
Regierungen für notwendig erachtet werden, um Deutsch­
land die Erfüllung seiner Wiedergutmachungspflicht zu
ermöglichen, haben Vorrang in dem Maße und unter den

29
Bedingungen, die von den alliierten und assoziierten Re­
gierungen festgesetzt worden sind oder noch werden.

Artikel 252.

Das Verfügungsrecht jeder einzelnen der alliierten und as­


soziierten Mächte über die feindlichen Guthaben und das
feindliche Eigentum, die sich bei Inkrafttreten des gegen­
wärtigen Vertrags im Bereich ihrer Gerichtsbarkeit befin­
den, wird durch die vorstehenden Bedingungen nicht be­
rührt.

Artikel 253.

Ordnungsmäßig zugunsten der alliierten und assoziierten


Mächte oder ihrer Staatsangehörigen von dem Deutschen
Reiche oder den deutschen Staaten oder von deutschen
Reichsangehörigen an ihrem Gut oder ihren Einnahmen
bestellte Pfänder oder Hypotheken werden von diesen Best­
immungen in keiner Weise berührt, falls die Bestellung die­
ser Pfänder oder Hypotheken vor Eintritt des Kriegszu­
stands zwischen der deutschen Regierung und der beteilig­
ten Regierung erfolgt ist.

Artikel 254.

Die Mächte, denen deutsche Gebietsteile abgetreten wer­


den, übernehmen vorbehaltlich der Bestimmungen des Ar­
tikel 255 die Verpflichtung zur Zahlung:

30
1. eines Teiles der Schuld des Deutschen Reiches nach ih­
rem Stande vom 1 . August 1914. Der Wiedergutma­
chungsausschuß bezeichnet eine bestimmte Gattung von
Einkünften, die nach seinem Urteil des rechte Bild von der
Zahlungsfähigkeit der abgetretenen Gebiete ergeben. Der
zu übernehmende Anteil wird alsdann nach dem Durch­
schnitt der drei Rechnungsjahre 191 1, 1912 und 1913 auf
Grund des Verhältnisses berechnet, in dem diese Einkünfte
in dem abgetrennten Gebietsteil zu den entsprechenden
Einkünften des gesamten Deutschen Reichs stehen.
2. eines Teiles der am 1. August 1914 bestehenden Schuld
des deutschen Staates, dem das abgetrennte Gebiet ange­
hörte. Die Berechnung erfolgt nach dem gleichen Grund­
satz wie oben.
Diese Anteile werden von dem Widergutmachungsaus­
schuss festgesetzt. Die Art der Erfü.Ilung der so übernom­
menen Verpflichtung an Kapital und Zinsen wird von dem
Wiedergutmachungsausschuß festgesetzt. Sie kann unter
anderem die Form haben, dass die erwerbende Regierung
die Verpflichtungen Deutschlands aus den deutschen
Schuldverschreibungen, die sich in Händen ihrer eigenen
Staatsangehörigen befinden, übernimmt. Falls aber die an­
gewandte Methode Zahlungen an die deutsche Regierung
selbst mit sich brächte, erfolgen dieses Zahlungen statt des­
sen an den Wiedergutmachungsausschuß in Anrechnung
auf die deutsche Wiedergutmachungsschuld, solange auf
diese noch irgendein Betrag rückständig ist.

31
Artikel 255.

1. Mit Rücksicht auf die Weigerung Deutschlands im Jahre


1871, einen Anteil der französischen Schuld zu überneh­
men, wird Frankreich, soweit Elsaß-Lothringen in Betracht
kommt, in Abweichung von den vorstehenden Bestimmun­
gen von jeder Zahlung gemäß Artikel 254 befreit.
2. Soweit Polen in Betracht kommt, wird derjenige Anteil
der Schuld, dessen Ursprung der Wiedergutmachungsaus­
schuß auf Maßnahmen der deutschen und preußischen Re­
gierung zur deutschen Besiedlung Polens zurückführt, von
der teilweisen Schuldübernahme im Sinne des Arti­
kel 254 ausgenommen.
3. Soweit andere abgetrennte Gebietsteile als Elsaß-Loth­
ringen in Betracht kommen, wird derjenige Anteil der
Schuld des Deutschen Reiches oder der deutschen Staaten,
dessen Betrag nach dem Urteil des Wiedergutmachungs­
ausschusses den Aufwendungen des Deutschen Reiches
oder der deutschen Staaten für das im Artikel 256 er­
wähnte Gut und Eigentum entspricht, von der teilweisen
Schuldenübernahme im Sinne des Artikel 254 ausgenom­
men.

Artikel 256.

Die Mächte, in deren Besitz deutsches Gebiet übergeht, er­


werben gleichzeitig alles Gut und Eigentum des Deutschen
Reichs oder der deutschen Staaten, das in diesen Gebieten
gelegen ist. Der Wert dieser Erwerbungen wird von dem

32
Wiedergutmachungsausschuß festgestellt und von dem er­
werbenden Staate an diesen bezahlt, um der deutschen Re­
gierung auf die Wiedergutmachungsschuld gutgeschrieben
zu werden.
Im Sinne dieses A rtikels gilt das gesamte Eigentum der
Krone, des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten
sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kai­
sers und der anderen königlichen Personen als zum Gut
und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen
Staaten gehörig.
In Anbetracht der Bedingungen, unter denen im Jahre
1871 Elsaß-Lothringen an Deutschland abgetreten worden
ist, wird Frankreich mit Bezug auf Elsaß-Lothringen von
jeder im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Zahlung
oder Gutschrift zugunsten Deutschlands für den Wert des
in Elsaß-Lothringen belegenen und dem Reich oder den
deutschen Staaten gehörigen Guts und Eigentums befreit.
Ebenso wird Belgien von jeder Zahlung oder Gutschrift
zugunsten Deutschlands für den Wert des dem Reiche oder
der deutschen Staaten gehörigen und in den auf Grund des
gegenwärtigen Vertrags an Belgien fallenden Gebietsteilen
belegenen Guts und Eigentums befreit.

Artikel 257.

Was die bisher deutschen Gebiete einschließlich ihrer Kolo­


nien, Protektorate und zugehörigen Gebiete anbelangt, die
gemäß Artikel 22 Teil I (Völkerbundssatzung) des gegen­
wärtigen Vertrags unter die Verwaltung eines Mandatars

33
treten, so übernimmt weder das Gebiet noch die Mandatar­
macht einen Teil des Schuldendienstes des Reichs oder der
deutschen Staaten. Alles dem Reiche oder den deutschen
Staaten gehörige und in solchen Gebieten belegene Gut und
Eigentum geht zugleich mit den Gebieten auf die Manda­
tarmacht als solche über, und es ist aus Anlaß dieses Über­
ganges keinerlei Zahlung oder Gutschrift zugunsten jener
Regierungen zu bewirken.
Im Sinne dieses Artikels gilt das gesamte Eigentum der
Krone, des Deutschen Reichs und der deutschen Staaten
sowie das Privateigentum des vormaligen deutschen Kai­
sers und der anderen königlichen Personen als zum Gut
und Eigentum des Deutschen Reichs und der deutschen
Staaten gehörig.

Artikel 258.

Deutschland verzichtet auf jede Vertretung oder Beteili­


gung bei der Verwaltung und Beaufsichtigung von Aus­
schüssen, staatlichen Stellen und Staatsbanken und jede
Vertretung oder Beteiligung bei sonstigen finanziellen und
wirtschaftlichen Aufsichts- oder Verwaltungsorganisatio­
nen internationaler Art in irgendeinem der alliierten und
assoziierten Staaten, in Österreich, in Ungarn, in Bulga­
rien oder der Türkei oder in den Besitzungen und zugehö­
rigen Gebieten der genannten Staaten sowie im ehemaligen
russischen Reich, die ihm oder seinen Angehörigen durch
Verträge, Übereinkommen oder Abmachungen irgendwel­
cher A rt bislang zugesichert war.

34
Artikel 259.

1 . Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat nach


Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den von den alli­
ierten und assoziierten Hauptmächten bezeichneten Behör­
den die Summe auszuantworten, die bei der Reichsbank auf
den Namen des Verwaltungsrats der türkischen Staats­
schuldenverwaltung als Unterlage für die erste Papier­
geldausgabe der türkischen Regierung in Gold hinterlegt
werden sollte.
2. Deutschland erkennt seine Verpflichtung an, zwölf
Jahre hindurch jährlich die Goldzahlungen zu bewirken,
auf welche die von ihm zu verschiedenen Zeitpunkten auf
den Namen des Verwaltungsrats der türkischen Staats­
schuldenverwaltung als Unterlage der zweiten und der fol­
genden Papiergeldausgaben der türkischen Regierung hin­
terlegten deutschen Schatzanweisungen lauten.
3. Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat
nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den von den
alliierten und assoziierten Hauptmächten hierfür bezeich­
neten Behörden das bei der Reichsbank oder an anderer
Stelle hinterlegte Golddepot auszuantworten, das den
rückständigen Teil des am 5. Mai 1915 vom Verwaltungs­
rat der türkischen Staatsschuldenverwaltung der Kaiser­
lich osmanischen Regierung zugesagten Goldvorschusses
darstellt.
4. Deutschland verpflichtet sich, den alliierten und asso­
ziierten Hauptmächten seine etwaigen Rechte an der
Summe Gold und Silber zu übertragen, die es dem türki-

35
sehen Finanzministerium im November 1918 als Anschaf­
fung far die im Mai 1919 fällige Zahlung far den Dienst
der inneren türkischen Anleihe überwiesen hat.
5. Deutschland verpflichtet sich, binnen einem Monat
nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags den alliier­
ten und assoziierten Hauptmächten alle Goldsummen aus­
zuantworten, die Deutschland oder seine Angehörigen aus
Anlaß der von ihnen der österreichisch-ungarischen Regie­
rung gewährten Vorschüsse als Pfand oder sonstige Sicher­
heit überwiesen wurden.
6. Deutschland bestätigt seinen im A rtikel XV des Waf­
fenstillstandsvertrag vom 1 1. November 1918 ausgespro­
chenen Verzicht auf alle Vorteile aus den Bestimmungen
der Verträge von Bukarest und Brest-Litowsk und ihrer
Zusatz-Verträge. Die Bestimmung des Arti­
kel 292 Teil X (W irtschaftliche Bestimmungen) des gegen­
wärtigen Vertrags bleibt unberührt.
Es verpflichtet sich, alles, was es an Zahlungsmitteln,
Bargeld, Werten, begebbaren Handelspapieren oder Er­
zeugnissen auf Grund der vorgenannten Verträge erhalten
hat, je nachdem auf Rumänien oder auf die alliierten und
assoziierten Hauptmächte zu übertragen.
7. Die Art und Weise der Verwendung der auf Grund der
Bestimmungen dieses Artikels zu liefernden, zu zahlenden
oder zu übertragenen Barbeträge, Zahlungsmittel, Werte
und Erzeugnisse aller Art wird von den alliierten und as­
soziierten Hauptmächten später bestimmt.

36
Artikel 260.

Unbeschadet des auf Grund des gegenwärtigen Vertrags


von Deutschland ausgesprochenen Verzichts auf eigene
Rechte oder Rechte seiner Angehörigen kann der Wieder­
gutmachungsausschuß binnen einem Jahre nach Inkraft­
treten des gegenwärtigen Vertrags fordern, daß Deutsch­
land alle Rechte oder Beteiligungen deutscher Reichsange­
höriger an allen öffentlichen Unternehmungen oder Kon­
zessionen in Rußland, China, Österreich, Ungarn, Bulga­
rien, der Türkei, den Besitzungen und zugehörigen Gebie­
ten dieser Staaten oder in Gebieten, die früher Deutschland
oder seinen Verbündeten gehört haben und auf Grund des
gegenwärtigen Vertrags abgetrennt werden müssen oder
unter Verwaltung eines Mandatars treten, erwirbt; ande­
rerseits hat die deutsche Regierung binnen sechs Monaten
nach Geltendmachung dieser Forderung die Gesamtheit
dieser Rechte und Beteiligungen sowie alle Rechte und Be­
teiligungen, die Deutschland etwa selbst besitzt, dem Wie­
dergutmachungsausschuß zu übertragen.
Deutschland übernimmt die Verpflichtung seine auf
diese Weise enteigneten Angehörigen zu entschädigen. Der
Wiedergutmachungsausschuß setzt den Wert der übertra­
genen Rechte und Beteiligungen fest und schreibt Deutsch­
land die entsprechenden Summen auf die Wiedergutma­
chungsschuld gut. Die deutsche Regierung hat dem Wider­
gutmachungsausschuss binnen sechs Monaten nach In­
krafttreten des gegenwärtigen Vertrags eine Liste alle in
Betracht kommenden Rechte und Beteiligungen zu über-

37
mitteln, einerlei, ob die Rechte und Beteiligungen bereits
erworben oder nur A nwartschaften oder noch nicht ausge­
übt sind, und hat zugunsten der alliierten und assoziierten
Mächte sowohl in seinem eigenen Namen wie in dem seiner
Angehörigen auf alle obigen Rechte und Beteiligungen, die
in der vorgenannten List etwa nicht verzeichnet sind, zu
verzichten.

Artikel 261.

Deutschland verpflichtet sich, auf die alliierten und assozi­


ierten Mächte seine gesamten Forderungen an Österreich­
Ungarn, Bulgarien und die Türkei zu übertragen, insbe­
sondere diejenigen, die sich aus der Erfüllung von Ver­
pflichtungen ergeben oder ergeben werden, die es diesen
Mächten gegenüber während des Krieges übernommen hat.

Artikel 262.

Jede Barzahlungsverpflichtung Deutschlands aus dem ge­


genwärtigen Vertrage, die in Mark Gold ausgedrückt ist,
ist nach Wahl der Gläubiger zu erfüllen in Pfund Sterling
zahlbar in London, in Golddollars der Vereinigten Staaten
zahlbar New-York, in Goldfranken zahlbar Paris und in
Goldlire zahlbar in Rom. Bei Ausführung des gegenwärti­
gen Artikels bestimmt sich Gewicht und Feingehalt für die
oben genannten Münzen jeweils nach dem am 1. Januar
1914 in Geltung gewesenen gesetzlichen Vorschriften.

38
Artikel 263.

Deutschland gewährleistet der brasilianischen Regierung


die Rückzahlung aller bei dem Bankhause Bleichräder in
Berlin hinterlegten Summen, die aus dem Verkauf von Kaf­
fee des Staates Sao Paula in den Häfen von Hamburg, Bre­
men, Antwerpen und Triest herrühren; die Summe ist zu
dem vereinbarten Satze oder den vereinbarten Sätzen zu
verzinsen. Da sich Deutschland der rechtzeitigen Überwei­
sung der genannten Summen an den Staat Sao Paula wi­
dersetzt hat, gewährleistet es ebenfalls, daß die Zahlung
zum Marktkurse des Hinterlegungstags erfolgt.

[ .. .]

1921 wurden die Reparationen auf gigantische 269


Milliarden Goldmark in 42 ansteigenden Jahresraten
festgelegt. Die Reichsregierung protestierte erfolglos
dagegen.
Dennoch wurde auf der Londoner Konferenz im
Mai 1921 von den sogenannten Ententemächten
(USA, Großbritannien, Frankreich, Italien) eineRepa­
rationssumme von insgesamt 132 Milliarden Gold­
mark vorgeschrieben.
Natürlich konnte Deutschland diese Verpflichtun­
gen nicht erfüllen, die Wirtschaft zerfiel fortschrei­
end, gleichwohl die Währung.

39
Abb. 5: Vor demReichstagsgebäude finden
Demonstrationen gegen den Versailler
Friedensvertrag statt (15. Mai 1919)
(Fotoquelle: https://www.bpb.de/izpb/55958/karnpf-um-die­
republik-1919-1923) (https://comrnons. wikirnedia.org/wiki/File:
Mass_dernonstration_in_front_of_the_Reichstag_against_the_
Treaty_of_Versailles.jpg)

Dazu schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Deut­


schen Bundestages (Fachbereich WD 1: Geschichte, Zeit­
geschichte und Politik) im Juni 200615 :
»Die vom Deutschen Reich zu erbringendenRepa­
rationen stellten die Reichsregierungen innen- und
außenpolitisch vor beträchtliche Herausforderun­
gen. Ihr Ziel war es, durch eine Revisionspolitik
kurz- und mittelfristig dieReduzierung derRepara­
tionen und längerfristig deren Einstellung bei den

40
Alliierten zu erreichen. Anfänglich versuchten sie
dabei im Rahmen einer , Erfüllungspolitik' die Uner­
fü llbarkeit der alliierten Reparationsforderungen
nachzuweisen. Das Hauptziel deutscher Außenpoli­
tik in der Weimarer Republik war die Revision des
Versailler Vertrages insgesamt.« Und: »Die außen­
politische Auseinandersetzung um Reparationsleis­
tungen eskalierte schließlich zwischen Deutschland
und Frankreich in der Besetzung des Ruhrgebietes
durch französische und belgische Truppen, die un­
ter Hinweis auf angeblich unvollständige deutsche
Reparationsleistungen im Januar 1923 erfolgte. Die
Reichsregierung versuchte ihr durch eine Politik des
passiven Widerstandes zu begegnen. Letzterer
wurde durch eine starke Ankurbelung der Geldpro­
duktion finanziert, was eine Hyperinflation im
Deutschen Reich zu Folge hatte. Die rasante Geld­
entwertung, die zahlreiche private Vermögen und
Ersparnisse in Deutschland vernichtete, konnte erst
durch eine Währungsreform im November 1 923 -
mit der eine neue Währungsordnung in Kraft trat -
erfolgreich beendet werden.«
1 924 wurden im sogenannten Dawes-Plan versucht,
die Reparationszahlungen an die Leistungsfähigkeit
der deutschen Wirtschaft auf eine jährliche Höhe von
2,5 Milliarden Reichsmark festzulegen, was immer
noch zu hoch war. 1929 folgte der Young-Plan, der die
deutschen Verpflichtungen auf jährlich 2 Milliarden
Reichsmark für 27 Jahre bestimmte. Infolge der Welt-

41
wirtschaftskrise wurde natürlich auch Deutschland
zahlungsunfähig.
Im Hoover-Moratorium von 1931 und auf der Konfe­
renz von Lausanne 1932 wurde weiteres festgelegt.
Erneut zitiere ich den Wissenschaftlichen Dienst des
Deutschen Bundestages (Fachbereich WD 1: Geschichte,
Zeitgeschichte und Politik):
»Vor dem Hintergrund der Ende der 1920er Jahre
ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise, in deren Folge
es auch in Deutschland unter anderem zu einem star­
ken Anstieg der Arbeitslosigkeit, einem deutlichen
Rückgang der Produktion, einer Krise der Banken
und einer Verschärfung der Finanzsituation der öf­
fentlichen Haushalte kam, wurden mit dem ,Hoover­
Moratorium' vom 20. Juni 1931 alle internationalen
Zahlungsverpflichtungen ausgesetzt und die deut­
schen Reparationen für ein Jahr gestundet. Mit dem
Abkommen von Lausanne vom 9. Juli 1932 wurden
nicht nur die Bestimmungen des ,Young-Plans' auf­
gehoben, sondern faktisch auch das Ende der deut­
schen Reparationsverpflichtungen beschlossen. Den
Deutschen wurde auf der Konferenz ein Ende aller
Reparationsleistungen gegen eine letztmalige Ein­
malzahlung von drei Milliarden Goldmark angebo­
ten. « Und: »Zu einer Verwirklichung des Abkommen
bzw. zur Leistung der Abschlusszahlung von deut­
scher Seite kam es aber nicht mehr. Allerdings stan­
den die ,Dawes-Anleihe' sowie die ,Young-Anleihe',
die als Anschubfinanzierungen für deutsche

42
Reparationszahlungen gedient hatten, in keinem un­
mittelbaren Zusammenhang zu den Reparationsrege­
lungen nach dem Ersten Weltkrieg. Sie fielen nicht
unter den Reparationsstopp der Lausanner Konfe­
renz vom Juli 1932, da es sich bei ihnen um finanzielle
Verpflichtungen des Deutschen Reiches gegenüber
privaten Gläubigem aus diversen Ländern gehandelt
hatte.«
Franz von Papen erreichte 1932 die diesbezügliche
Schlusszahlung von 3 Milliarden Reichsmark. Hitler
hingegen lehnte später die Zahlung von Reparatio­
nen ab ... 16
Der britische Premierminister David Lloyd George
(1863-1945) ersah selbst die Gefahr, die sich aus die­
sem Versailler Vertrag für den Frieden ergab. In einer
Denkschrift vom 26. März 1919 schrieb er folgerich­
tig: »Sie mögen Deutschland seiner Kolonien berau­
ben, seine Rüstungen zu einer bloßen Polizeimacht
und seine Flotte zu einer Macht fünften Grades her­
absetzen. Es ist schließlich alles gleich, wenn es sich
im Frieden von 1919 ungerecht behandelt fühlt, wird
es Mittel finden, um an seinen Besiegern Rache zu
nehmen (...) Unsere Bedingungen dürfen hart, sogar
erbarmungslos sein, aber gleichzeitig können sie so
gerecht sein, dass ein Land, dem sie auferlegt werden,
in seinem Herzen fühlen wird, dass es kein Recht zur
Klage hat. Aber Ungerechtigkeit und Anmaßung,
ausgespielt in der Stunde des Triumphes, werden nie
vergessen und vergeben werden. Aus diesem Grunde

43
bin ich auf das Schärfste dagegen, mehr Deutsche, als
unerlässlich nötig ist, der deutschen Herrschaft zu
entziehen, um sie einer anderen Nation zu unterstel­
len. « Weiter: »Ich kann kaum eine stärkere Ursache
für einen künftigen Krieg erblicken, als dass das deut­
sche Volk, das sich zweifellos als eine der kraftvolls­
ten und mächtigsten Rassen der Welt erwiesen hat,
rings von einer Anzahl kleinerer Staaten umgeben
werden soll, von denen viele aus Völkern bestehen,
die noch nie vorher eine selbständigeRegierung auf­
gestellt haben, aber jedes breite Massen von Deut­
schen umschließt, die die Vereinigung mit ihrem Hei­
matland fordern.« Und: »Der Vorschlag der polni­
schen Kommission, 2 100 000 Deutsche der Aufsicht
eines Volkes von anderer Religion zu unterstellen,
das noch nie im Laufe seiner Geschichte die Fähigkeit
zur Selbstregierung bewiesen hat, muss meiner Beur­
teilung nach früher oder später zu einem neuen Krieg
in Osteuropa führen (...) Von jedem Standpunkt aus,
will mir daher scheinen, müssen wir uns bemühen,
eine Ordnung des Friedens zu entwerfen, als wären
wir unparteiische Schiedsrichter, die die Leidenschaf­
ten des Krieges vergessen haben. «17

44
Abb. 6: David Lloyd George, 1 . Earl Lloyd-George
von Dwyfor (1909)
(Fotoquelle: Haines/ https://archive.org/strearn/bub_gb_
gdwRAAAAYAAJ_2/bub_gb_gdwRAAAAYAAJ#page/n363/
mode/2up (https://commons. wikimedia.org/wiki/File:
Photograph_of_David_Lloyd_George.jpg))

45
David Lloyd George mahnende Worte sollten sich
nur zwanzig Jahre später auf eine unheilvolle Weise
erfüllen. Der Versailler Vertrag wurde in Deutschland
von fast allen als ungerecht empfunden und eigent­
lich von nahezu allen politischen Kräften abgelehnt.
So ermöglichte er auch den Nationalsozialisten, die
Massen im Kampf gegen diese historische »Unge­
rechtigkeit« zu mobilisieren.
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundesta­
ges (Fachbereich WO 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Po­
litik: »Die nationalsozialistische Reichsregierung
stellte dennoch bereits im Jahr 1934 ungeachtet aller
vom Deutschen Reich eingegangenen Verpflichtun­
gen den Zinsdienst aus beiden Anleihen für fast alle
Tranchen im Jahr 1934 ein. Gemessen an der ur­
sprünglich für Deutschland von den alliierten Sieger­
mächten nach Ende des Ersten Weltkrieges vorgege­
benen Reparationssumme, ist bis zum Juli 1932, als
auf der Reparationskonferenz von Lausanne das fak­
tische Ende der deutschen Reparationsleistungen be­
schlossen wurde, tatsächlich ein Teilbetrag davon ge­
zahlt worden. Allerdings ist sich die historische For­
schung bis heute nicht darüber einig, wie viele Repa­
rationen Deutschland bis zum Ende der Weimarer
Republik tatsächlich gezahlt hat. Einige Schätzungen
gehen von einer Summe in Höhe von rund 25 Milli­
arden Goldmark (Deutsches Historisches Museum
2008c) aus.«
Weiter: »Auch wenn die Reparationszahlungen im

46
historischen Rückblick für die Weimarer Republik fi­
nanz- und wirtschaftspolitisch eine bedingte Belas­
tung darstellten, führten sie innenpolitisch - insbe­
sondere in der Auseinandersetzung der demokrati­
schen Parteien und der von ihnen getragenen Reichs­
regierungen mit den antidemokratischen Kräften der
extremen politischen Rechten - zu einer ernsthaften
Belastungsprobe für die erste deutsche Republik. Die
Reparationsfrage und mit ihr die Kriegschuldfrage
wurde nach 1918 von der extremen Rechten neben
der so genannten ,Dolchstoßlegende' (eine Verschwö­
rungstherorie, die die Schuld der militärischen Nie­
derlage des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg
u.a. der Sozialdemokratie und dem »bolschewisti­
schen Judentum« gibt/GG) als zentrales Instrument
zur innenpolitischen Mobilisierung der antidemokra­
tischen Kräfte und zur Bekämpfung der Weimarer
Republik verwendet.«
Und: »Dabei verschwiegen sie bewusst, dass im sel­
ben Zeitraum, in dem Deutschland die von ihnen an­
geprangerten Reparationsraten in Milliardenhöhe
entrichtete, im Rahmen von verschiedenen öffentli­
chen und privaten Anleihen hohe Summen ausländi­
schen Kapitals nach Deutschland flossen und dort
wichtige wirtschaftliche Impulse auslösten. « 18
Nachfolgend die Faksimile des »Friedensvertrags
von Versailles und Schlussprotokoll und Rheinland­
statut sowie Mantelnote und deutsche Ausführungs­
bestimmungen:

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52
Nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg verlor das
Deutsche Reich, gemessen an den Grenzen von 1 937,
rund 1 14.000 Quadratkilometer (24 Prozent) seines
Staatsgebietes ( darunter Pommern, Schlesien, Ost­
preußen und Ostbrandenburg) und einem damit ein­
hergehenden Bevölkerungsverlust von etwa 9,6 Mil­
lionen Menschen. 1 9
Die Reparationszahlungen Deutschlands (1945-1952)
nach dem Zweiten Weltkrieg wurden auf 320 Milliar­
den US-Dollar bestimmt. Aber auch diese Summe war
angesichts des in weiten Teilen zerstörten Landes und
seiner völlig am Boden liegenden Wirtschaft nicht zu er­
bringen. Schließlich wurden 16,2 Milliarden Deutsche
Mark und 1952 7 Milliarden Deutsche Mark als Nach­
kriegsschulden sowie 7,3 Milliarden Deutsche Mark für
Vorkriegsschulden festgelegt. Nicht zu vergessen, dass
dies vor dem Hintergrund des aufziehenden Kalten
Krieges zwischen den Siegermächten der USA und der
Sowjetunion geschah. Denn die unterschiedlichen
Staatsformen - auf der einen Seite die liberale, demo­
kratische und marktwirtschaftliche Ideologie und auf
der anderen die kommunistische, planwirtschaftliche
und einparteiliche Ideologie - entzweiten die einstigen
Verbündeten. Dementsprechend wollten die Westalli­
ierten ihre Besatzungszonen (in Deutschland) als spä­
tere Bündnis- und Handelspartner sehen.20
Erneut zitiere ich als Quelle dazu den Wissenschaft­
lichen Dienst des Deutschen Bundestages (Fachbereich
WD 1: Geschichte, Zeitgeschichte und Politik:

53
»Das von der Bundesrepublik Deutschland am 27.
Februar 1953 unterzeichnete und am 24. August 1953
ratifizierte ,Abkommen über Deutsche Auslands­
schulden' (,Londoner Schuldenabkommen') regelt
die deutschen Auslandsschulden bei annährend 65
Gläubigerstaaten (Bundesministerium der Finanzen
2003: 91).«
Doch neben diesen »eigentlichen Staatsschulden«
wurden noch andere »öffentliche Verbindlichkeiten«,
wie es hieß, berücksichtigt, wie beispielsweise die der
ehemaligen Reichbahn sowie die offenen Auslands­
schulden deutscher Unternehmer oder Einzelpersonen.
»Im Ergebnis wurden der Bundesrepublik ein gro­
ßer Teil der Auslandsschulden erlassen. Gleichzeitig
erklärte sich die Bundesrepublik vertraglich zu einer
Rückzahlung von Teilen ihrer ausländischen Staats­
schulden bereit. Die Gesamthöhe der durch das Lon­
doner Schuldenabkommen erfassten Vor- und Nach­
kriegsschulden beliefen sich auf insgesamt 14,5 Milli­
arden DM (Bundesministerium der Finanzen 2003:
92/93) Mit dem Abkommen erlangte die Bundesre­
publik nach dem Zweiten Weltkrieg wieder weltweite
Kreditwürdigkeit.« Und: »Allerdings wurde im Lon­
doner Schuldenabkommen die Entschädigung für
von 1945 bis Ende 1952 aufgelaufene Zinsrückstände
von Auslandsschulden bis zur Wiedervereinigung
Deutschlands zurückgestellt. Dazu gehörte insbeson­
dere die Entschädigung der Zinsrückstände der be­
sagten Periode aus der Dawes-Anleihe, der Young-

54
Anleihe sowie der Kreuger-Anleihe. Aufgrund dieser
noch offenen Zinsrückstände ist das Londoner Schul­
denabkommen heute noch in Kraft (Bundesministe­
rium der Finanzen 2003: 91).«
Wie bereits erwähnt stammt dieses Pamphlet aus
dem Jahr 2008.
Der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland,
Konrad Adenauer, setzte wegen des Holocausts zu­
dem innenpolitisch ein Sonderabkommen mit Israel
durch, das 1952 in Luxemburg unterzeichnet wurde.
Darin wurde festgelegt, dass Deutschland drei Milli­
arden D-Mark als »globale Erstattung der entstande­
nen Eingliederungskosten für entwurzelte und mit­
tellose jüdische Flüchtlinge aus Deutschland und den
ehemals unter deutscher Herrschaft stehenden Ge­
bieten« zahlen würde. Zusätzlich noch 450 Millionen
D-Mark an die Jewish Claims Conference (Zusammen­
schluss jüdischer Organisationen, die seit 1951 Ent­
schädigungsansprüche jüdischer Nazi-Opfer und
Holocaust-Überlebender vertritt) zur Unterstützung
jüdischer Opfer der NS-Verfolgung außerhalb Israels.
Später wurde das durch Härtefallregelungen und
weitere Sonderleistungen für jüdische Opfer er­
gänzt.21 Natürlich konnten dieses Zahlungen das un­
endliche Leid des Zivilisationsbruches des Holo­
causts nicht wieder gut machen.
In der Ausarbeitung »Finanzielle Verpflichtungen
der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang
mit dem Versailler Vertrag« des Wissenschaftlichen

55
Dienstes des Deutschen Bundestages (Fachbereich WD 1:
Geschichte, Zeitgeschichte und Politik erfahren wir auch
noch weitereRegelungen des »Londoner Schuldenab­
kommens« nach der Deutschen Einheit im Jahr 1990:
»Mit Inkrafttreten der Deutschen Einheit am 3. Ok­
tober 1990 betrugen die Zinsrückstände aus der Da­
wes-Anleihe 40,2 Millionen DM, aus der Young-An­
leihe 175,8 Millionen DM und aus der Kreuger-An­
leihe 23,4 Millionen DM (Bundestagsdrucksache
15/1279 vom 27.06.2003; Bundesministerium der Fi­
nanzen 2003: 91ff.; Deutsche Finanzagentur: 2006: 1).
Die Bedienung des Kapitals dieser Auslandsanleihen
aus dem Zeitraum bis 31. Dezember 1944 war bereits
Anfang der 1980er Jahre vollständig abgeschlossen.
Dabei hat die Bundesrepublik die aus den Anleihen
valutierenden Schulden getilgt, wofür von ihr insge­
samt eine Summe von 1,53 Milliarden DM aufgewen­
det worden ist (Bundestagsdrucksache 15/1279 vom
27.06.2003; Bundesministerium der Finanzen 2003:
94). « Und: »Mit der Deutschen Einheit sind von der
Bundesrepublik Deutschland bezüglich der Abgel­
tung der Ansprüche der Zinsrückstände der drei be­
sagten Auslandsanleihen (auch ,Schattenquoten' ge­
nannt) so genannte Fundierungsschuldverschreibun­
gen mit einheitlichen Konditionen von 3% Zinsen,
fünf tilgungsfreien Jahren und mit einer 20-jährigen
Laufzeit - bis zum Jahr 3. Oktober 2010 -ausgegeben
worden. Sie werden seit 1996 von der Bundeswertpa­
pierverwaltung getilgt. Dabei hat die Bundesrepublik

56
zur Erfüllung der Ansprüche aus den Fundierungen
im Zeitraum von 1990 bis 2002 73 Millionen DM an
Zinsen und 22 Millionen DM an Tilgungen bereit ge­
stellt (Bundestagsdrucksache 15/1279 vom 27.06.2003;
Bundesministerium der Finanzen 2003: 91/93; Deut­
sche Finanzagentur: 2006, Glasemann 1994: 314). «22

w
Deutscher Bundntag • Wlsunschaftllche Dlen&w

Abb. 12
Screenshot/Bildzitat: https://www.bundestag.de/resource/blob/413
322/4c3fffa7blde4151 be964la8254f6f30/WD-l --088-08-pdf-data.pdf

57
Zusammengefasst heißt das nach Ansicht des Bun­
destages: »In der Weimarer Republik hat das Deut­
sche Reich mit der Dawes-Anleihe, der Young-An­
leihe sowie der Kreuger-Anleihe insgesamt drei Aus­
landsanleihen aufgelegt. Die beiden erstgenannten
Anleihen standen im mittelbaren Zusammenhang
mit der Bedienung von jährlichen Reparationsraten,
welche Deutschland als Folge des verlorenen Ersten
Weltkrieges gegenüber den Alliierten vertraglich zu
leisten hatte. Im Londoner Schuldenabkommen von
1952 verpflichtete sich die Bundesrepublik als Rechts­
nachfolgerin des Deutschen Reiches dazu, für einen
Teil der Vor- und Nachkriegsschulden finanziell auf­
zukommen. Dazu gehörten auch die drei erwähnten
Auslandsanleihen aus den Jahren 1924 und 1930. Al­
lerdings wurde 1952 zwischen den Vertragspartnern
festgelegt, dass die rückwirkende Bedienung des Ka­
pitals dieser Auslandsanleihen durch die Bundesre­
publik zunächst für den Zeitraum bis zum 31. De­
zember 1944 gelten sollte.«
Die Schulden für diesen Zeitraum wurden vertrags­
gemäß bis Anfang der 1980er Jahre zurückgezahlt.
»Dagegen wurden die Zinsrückstände aus diesen
Auslandsanleihen für die Jahre 1945 bis 1952, was den
finanziellen Interessen der Bundesrepublik zum Zeit­
punkt des Abschlusses des Londoner Schuldenab­
kommens im Jahr 1952 sehr entgegenkam, bis zum
Zeitpunkt der Wiedererlangung der staatlichen Ein­
heit im Einvernehmen aller Vertragspartner zurück-

58
gestellt. Aus diesem Grund hat die Bundesrepublik
erst nach Erlangung der Deutschen Einheit am 3. Ok­
tober 1990 gemäß �em Londoner Schuldenabkom­
men die Abgeltung der Ansprüche aus den aufgelau­
fenen Zinsrückständen für die Jahre 1945 bis 1 952 aus
den drei Auslandsanleihen in die Wege geleitet. Aller
Voraussicht nach wird die Bedienung dieser Aus­
landsschulden am 3. Oktober 2010 abgeschlossen
sein. Die Dawes-Anleihe sowie die Young-Anleihe
stehen in mittelbarem Zusammenhang mit den Repa­
rationsverpflichtungen Deutschlands nach dem Ers­
ten Weltkrieg stehen.«
Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundesta­
ges verwehrt sich dagegen: »Die sporadisch in der
Öffentlichkeit - vor allem aus rechtsextremen Krei­
sen, etwa in einschlägigen Internet-Foren erhobene
Behauptung, Deutschland zahle immer noch Repa­
rationen auf der Grundlage des Friedensvertrages
von Versailles, ist sachlich falsch. Diese Behauptung
ignoriert den tatsächlichen historischen Kontext der
in der Weimarer Republik aufgenommenen und von
der NS-Diktatur nicht bedienten Auslandsanleihen,
von denen zwei mittelbar und eine nicht im Zusam­
menhang mit den Reparationszahlungen standen.
Die Anleihen sind Verhandlungsgegenstand des
Londoner Schuldenabkommens von 1 953 gewesen.
Die Anleihen sind seit Ende der achtziger Jahre des
20. Jahrhunderts zurückgezahlt, die aufgelaufenen
Zinsrückstände werden seit der Wiedervereinigung

59
bedient und werden 2010 ebenfalls zurückgezahlt
sein.«23
Statista.com veröffentlichte folgende Statistik der
Reparationszahlungen Deutschlands:

Abb. 13
Quelle Screenshot/Bildzitat:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/111 6824/umfrage/re
parationszahlungen-deutschlands-nach-dem-zweiten-weltkrieg/

Doch erst im Jahr 2010, also nach 92 Jahren (!) wurde


die letzteRate derReparationsschuld aus dem Ersten
Weltkrieg von der Bundesregierung getilgt. Darüber
berichteten auch die deutschen Mainstream-Me­
dien.24

Nachfolgend drei Beispiele:

60
�stern

Deutschland hat keine Kriegsschulden mehr

1988 wurde die letm � fllrdffl zweiten �


beglid,el1, - Sonnf19benhlte der Bund nun auch die hrtm ­
"- Ermn w.llluleg. Grund filr die splte Zahlung Ist
ausgen,d,net die �Das EN119m,iinv recht
rnlclm,m Ober die 8ilihne.

Abb. 14
Screenshot/Bildzitat: https://www .stem.de/
politik/geschichte/rueckzahlung-abgeschlossen-deutschland­
hat-keine-kriegsschulden-mehr-3888104.htmJ

WDRf
Zeitleichen
03.10.2010 - Deutschland zahlt die letzte Rate an
Reparationen für den Ersten Wettkrieg
\Ion Martin Henog

Es ist eine lange Geschldlta: 92 Jahre nitdi dem Ende des &sten Wefttfleges
zahlt o.utsdlland die letzte Rate für seble Ktlepschulden, So splU Nun,
zwlsdienaltßdl wurde nichts bezahlt, und hitten s.kh Bundesrepublik und 00t
nicht vereinigt. so w;i,en auch diese Schuld.tn wtfallen.

Abb. 15
Screenshot/Bildzitat: https://wwwl .wdr.de/radio/
wdr5/sendungen/zeitzeichen/letzte-rate-100.html

61
ZEIT!lUlONUNE

-
Deutschland begleicht letzte
Schulden aus Erstem Weltkrieg
9?.wn nadldomlndedMEm,m �illhlt �IIOd<lie
ieut• lklaselno,,�b,tt,T"9dor� ElMeit ......,.,,,
i?OOMill..,_,...,.._

Abb. 16
Screenshot/Bildzitat: https://www .zeit.de/wissen/
geschichte/2010-10/weltkrieg-schulden-deutschland

Am 17. März 2015 berichtete die Süddeutsche Zeitung,


dass die Bundesrepublik bislang 71 Milliarden Euro
für das von den Nazis begangene Unrecht (im Zwei­
ten Weltkrieg) pauschal an Staaten, aber auch an ein­
zelne Opfer bezahlt hätte. 25
Doch damit scheint diese Schuld noch nicht begli­
chen zu sein. Denn vor allem Griechenland fordert
gerade in jüngster Zeit weitere Reparationszahlun­
gen, weil das Land, gleich nach dem Krieg aufgrund
eines »Entschädigungsabkommens« lediglich 115
Millionen D-Mark erhielt, aber - auf heute umgerech­
net - 14 Milliarden Euro fordert.
Übrigens: Nach der Wiedervereinigung 1990 kamen
auch entsprechende Entschädigungen für die osteu­
ropäischen Staaten hinzu. So erhielten Russland,
Weißrussland und die Ukraine 511,3 Millionen Euro

62
und Polen 255,6 Millionen. »Endgültige Regelungen
sollte ein Friedensvertrag bringen, zu dem es aber
nicht kam«, ist dazu in der Süddeutschen Zeitung zu le­
sen. »Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag zur deutschen
Einheit sind aus deutscher Sicht völkerrechtlich alle
weiteren Ansprüche erloschen.«26

Zusätzliche Quellen:
Jöm Leonhard: Der überforderte Frieden - Versailles und
die Welt 1918-1923, München 2019///Margaret Mac
Millan: Die Friedensmacher - Wie der Versailler Vertrag die
Welt veränderte, Berlin 2015///Jörg Friedrich: 14118 -Der
Weg nach Versailles, Berlin 2014///Robert Gerwarth: Die
Besiegten - Das blutige Erbe des Ersten Weltkriegs, Mün­
chen, 2017///Ian Kershaw: Höllensturz -Europa 1914 bis
1949, München 2016///Christopher Clark: Die Schlaf­
wandler - Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, Mün­
chen 2013///John Keegan: Der Erste Weltkrieg - Eine eu­
ropäische Tragödie, Hamburg 2000///Patrick Henßler:
,,Versailler Vertrag, 1919/20" in: historisches-lexikon-bay­
erns.de (https://www.historisches-lexikon-bayems.de/
Lexikon/Versailler_Vertrag,_1919/20#Versailler_Ver
trag_und_Weimarer_Republik)/Zugriff: 30.04.21///
Helmut Braun: ,,Reparationen (Weimarer Republik)"
in: historisches-lexikon-bayerns.de (https://www.histori­
sches-lexikon-bayems.de/Lexikon/Reparationen_
(Weimarer_Republik)/Zugriff: 30.04.21

63
2. Verschwiegen: Das Deutsche Reich
lehnte den Einsatz von B-Waffen im
Zweiten Weltkrieg ab!

Die Alliierten experimentierten mit biologischen


Kampfstoffen!
Das Deutsche Reich war eine der wenigen
Großmächte, die das Genfer Protokoll zur
biologischen Kriegsführung einhielt!
Auf dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess
wurden diesbezüglich jedoch Lügen verbreitet!

Auch im Zweiten Weltkrieg spielten Biowaffen eine


Rolle, selbst wenn solche nicht angewandt worden
sein sollen (siehe dazu auch Kapitel 7. Verschwiegen:
Setzte die Rote A rmee in Stalingrad »Biowaffen« gegen
deutsche Truppen ein ?)
So betrieben etwa die Amerikaner, Kanadier und
Briten ein intensives Biowaffen-Programm, bei dem
an Milzbrandbakterien (siehe Kapitel 5. Verschwiegen:
Wie Churchill die Deutschen mit einer Milzbrand-Biowaf­
fen auslöschen wollte!), Botulinumtoxin
und weiteren sechzehn Krankheitserregern ge­
forscht wurde. Diesbezüglich war der Fantasie keine
Grenzen gesetzt, wie die Ideen von Anthrax-Keksen
oder Milzbranderregem in Rindertrockenfutter zeigt.
Den Deutschen hingegen war durch den Versailler­
Vertrag jede Art von Chemiewaffenforschung auf

64
deutschem Boden untersagt. Dennoch sollen diesbe­
zügliche Forschungen weitergegangen sein, und
zwar in der Sowjetunion, mit der man sich in Folge
des Abkommens von 1922 in Rapallo auf eine Zusam­
menarbeit in militärischer Hinsicht einigte. Bei Sa­
mara sollte ein großes Zentrum für die Entwicklung
und den Einsatz von chemischen Kampfstoffen auf­
gebaut werden. Allerdings wurde diese Kooperation
1933 beendet.
Auch die Franzosen forschten eifrig in diesem Be­
reich. Vor allem mit Milzbrandbakterien. Im April
1938 wurde der deutschen Abwehr (dem militäri­
schen Nachrichtendienst des Oberkommandos der
Wehrmacht unter General Wilhelm Keitel - bis 1944
von Admiral Wilhelm Canaris geleitet) ein geheimer
französischer Zwischenbericht über derartige militä­
rische Versuche bekannt. Auch, dass diese Milzbran­
derreger schwere irreparable Schädigungen der geg­
nerischen Versorgung garantieren würden, wie es da­
rin hieß. Außerdem habe man diese schon seit Jahren
erfolgreich züchten können und herausgefunden, wie
man sie wirksam aus Flugzeugen verbreiten könne.
Die deutsche Abwehr erfuhr jedoch noch von wei­
teren B-Waffen-Angriffen der Alliierten, die schein­
bar bevorstehen sollten. Doch ausgerechnet Hitler
war es, der den Einsatz von Biowaffen verbot. So gab
am 23. Mai 1942 Hermann Ochsner, Generalleutnant
und General der »Nebeltruppe«, zuständig für biolo­
gische und chemische Kriegsführung in einer »gehei-

65
men Kommandosache« bekannt, »dass der Führer
nach Vortrag des Herrn Chef des OKW (Oberkom­
mando der Wehrmacht/GG) befohlen hat, dass unse­
rerseits Vorbereitungen für einen Bakterienkrieg
nicht zu treffen sind.«27
Als im Februar 1943 der Wehrmachtsführungsstab
den Agenteneinsatz zur geheimen Verbreitung biolo­
gischer Kampfmittel vorschlug, lehnte Hitler auch ei­
nen solchen »scharf« ab. Dies galt bis zum Kriegs­
ende. Wohl nicht aus humanitären Gründen, sondern
weil er - wie Teile des deutschen Militärs ebenfalls -
biologische Kampfstoffe als unkontrollierbar ansah.
Andere Historiker benennen das Motiv Hitlers für die
Ablehnung aus Angst vor Vergeltungsschlägen oder
weil die logistischen Voraussetzungen hierfür fehl­
ten.
Wie erwähnt gab es jedoch einflussreiche Nazifüh­
rer, wie etwa Reichsminister Hermann Göring, Mili­
tärs und Wissenschaftler, die das anders sahen.
So übernahmen die Nazis in Paris ein Institut für bi­
ologische Kriegsführung, indem der Mediziner Hein­
rich Kliewe (1892-1969) an Pest- und Anthraxerregern
forschte.
Heinrich Himmler unterstützte diese Forschungen.
Der SS-Reichsführer war geradezu versessen auf den
Einsatz von Biowaffen. Dazu sollten beispielsweise
rohe Lebensmittel mit den gefährlichen Bakterien
verseucht und in den erobernden Gebieten in Umlauf
gebracht werden.

66
Abb. 17: Reichsführer SS Heinrich Himmler (1938)
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183-R99621 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons. wikimedia.org/wiki/F ile: Bundesarchiv_Bild_ 1
83-R99621,_Heinrich_HimmJer.jpg)

67
Der bei IG Farben tätige Chemiker Gerhard Schrader
(1903-1990) entwickelte den neuen Giftstoff Tabun
und 1938 das noch giftigere Sarin. Die produzierte
Menge herkömmlicher Chemiewaffen (Senfgas und
Phosgen, an dem unter anderem am »SS-Institut für
Wehrwissenschaftliche Zweckforschung« in der Son­
derabteilung H experimentiert wurde) belief sich von
Kriegsbeginn bis Ende 1941 auf 41.000 Tonnen.
Trotz Hitlers Verbot gingen die Versuche bezüglich
Biowaffen für den Angriffskrieg weiter. Auf der Insel
Riems wurden Experimente zum (für Rinder) tödli­
chen Maul- und Klauenseuchenerreger durchgeführt.
Greifswalder Mediziner und Chemiker erprobten den
Senfgaskampfstoff »Lost«, zum Teil auch an Men­
schen. Ein auf Riems entwickelter Biokampfstoff soll
1943 auf der einer Insel im Peipussee im Nordwesten
Russlands getestet worden sein. Zum eigentlichen
Kriegseinsatz jedoch reichte es nicht. Von den Nerven­
kampfstoffen kamen Sarin und Soman kaum über das
Versuchsstadium hinaus. Tabun hingegen wurde bis
zum Kriegsende mit mehr als 1.200 Bomben abgefüllt.
Nach der verhängnisvollen Niederlage von Stalingrad
erklärte sich die Luftwaffe für die chemische Kriegs­
führung (gegen englische Städte) bereit.
Doch Hitler gab niemals den Einsatzbefehl dazu. Er
förderte vielmehr nicht die aktive, sondern die defen­
sive Biowaffenforschung. So experimentierte seit
1943 die sogenannte Arbeitsgemeinschaft Blitzableiter
an der Abwehr von Biowaffen-Angriffen.

68
Nach der Niederlage der Deutschen versuchten es
die siegreichen Alliierten jedoch anders aussehen zu
lassen. So sagte etwa der in sowjetischer Kriegsgefan­
genschaft zum »falschen Zeugen « umgedrehte Gene­
ralarzt Walter Schreiber auf dem Nürnberger Haupt­
kriegsverbrecherprozess aus, dass auf Anordnung
Hitlers 1943 ein offensives deutsches Bio-Waffenpro­
gramm beschlossen worden sei. Speziell die »Vorbe­
reitung des bakteriologischen Krieges mit Erregung
der Pest. « Schreiber habe an dieser Konferenz teilge­
nommen, die im Juli 1943 stattfand. Seine Teilnahme
ist tatsächlich belegt, alles andere aber erfunden und
erlogen. Vielmehr wurde dort über die »Vorbereitung
von Schutzmaßnahmen« gegen befürchtete gegneri­
sche B-Waffen-Angriffe gesprochen. Und das, unter
ausdrücklicher Berufung auf Hitlers Verbot.28
Letztlich also genau das Gegenteil, was in Nürnberg
öffentlich wurde! Denn während des Zweiten Welt­
kriegs kam es zu keinem kriegerischen deutschen
Giftgaseinsatz an irgendeiner Front. Auch nicht ge­
gen die Partisanen in Russland.
Fakt ist, dass wohl Hitlers dementsprechende Ent­
scheidung, keine Biowaffen im Krieg zu verwenden,
dazu führte, dass es auf dem europäischen Kriegs­
schauplatz nicht zu derartigen Kriegshandlungen
kam.
Damit war das Deutsche Reich eine der wenigen
kriegsteilnehmenden Großmächte, die das »Genfer
Protokoll« (»Protokoll über das Verbot der Verwen-

69
dung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Ga­
sen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege«)
hinsichtlich biologischer Kriegsführung einhielt. Die­
ser völkerrechtliche Vertrag, der am 17. Juni 1925 in
der Schweizer Stadt Genf unterzeichnet wurde und
als Völkerrechtsgewohnheit galt, verbot den Ge­
brauch von chemischen und biologischen Waffen. Al­
lerdings enthielt er keine Vorgaben bezüglich der
Entwicklung, Herstellung und Lagerung.
Hinsichtlich des Verbots des Einsatzes von ersti­
ckenden und giftigen Gasen und vergleichbaren Flüs­
sigkeiten oder anderen Stoffen nahm er ausdrücklich
Bezug auf deren zum Zeitpunkt der Vertragsunter­
zeichnung bereits akzeptierte gewohnheitsrechtliche
Ächtung, indem für die Verurteilung des Gebrauchs
dieser Substanzen die »allgemeine Meinung der zivi­
lisierten Welt« als Maßstab erwähnt wurde. Darüber
hinaus wurde das »Gewissen und das Handeln der
Nationen« als Grundlage des Verbots genannt. Das
Protokoll verpflichtete die Vertragsparteien explizit
zur Anerkennung dieses Verbots sowie zur Ausdeh­
nung auf bakteriologische Waffen. Die Unterzeich­
nerstaaten waren zudem angehalten, andere Staaten
zum Beitritt zu veranlassen. Deutschland trat bereits
am 25. April 1929 bei.
Das sogenannte »Genfer Gaskriegsprotokoll«
wurde bis Ende 1935 von 38 der 44 Mächte unter­
zeichnet. 21 Staaten taten dies ohne Vorbehalt und 17
mit Vorbehalt. Nicht ratifiziert wurde es von 10

70
Staaten, darunter Japan, die Tschechoslowakei, Lu­
xemburg, verschiedene südamerikanische Staaten so­
wie Deutschlands späterer Kriegsgegner, die Verei­
nigten Staaten von Amerika. Im Gegenteil entwickel­
ten die USA Gaswaffen bereits nach dem Ersten Welt­
krieg unter der Leitung von General Amis A. Fries29,
Chef des Chemical Warfare Service weiter.
Übrigens lehnten die USA auf der ersten Haager
Friedenskonferenz 1899 ein Abkommen gegen den
Einsatz von Giftgas ab. Und zwar mit dem absurden
Argument, dass es sich dabei um eine »humane«
Waffe handeln würde!
Später wurde prognostiziert, dass wenn es zu ei­
nem Biochemischen Krieg gekommen wäre, die
Deutschen diesen verloren hätten. Denn sie hätten
»lediglich« 62.000 Tonnen Kampfstoffe besessen,
während die Alliierten im Besitz von über 10.000.000
Tonnen wären.30
Fakt ist aber auch: Die Nazis ermordeten Millionen
Juden mit Zyanid-Gas und mit Kohlenmonoxid so­
wie mit dem eigentlich als Schädlingsbekämpfungs­
mittel hergestellten Präparat Zyklon B. Dabei bewie­
sen sie keinerlei Skrupel!

Zusätzliche Quellen:
Dietrich Schindler/Ji:ri Toman (Hrsg.): The Laws of A r­
med Confiicts: A Collection of Conventions, Resolutions,

71
and Other Documents, Alphen aan den Rijn 1988, S.
116.///"Erstickt, verkohlt, zerstückelt" in: welt.de v.
6.02. 2005 (https://www.welt.de/print-wams/arti­
cle122846/Erstickt-verkohlt-zerstueck-
elt.html)/Zugriff: 26.02.2l )///http://www.gifte.de/B­
%20und%20C-Waffen/biolo­
gische_waffen.htm///http://www.kas.de/wf/doc/kas_
21391-544-1-30.pdf&110104111342///"The History of
biological warfare" in:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/arti­
cles/PMC1326439///http://sicherheitspoli­
tik.bpb.de/massenvernichtungswaffen/hinter­
grundtexte-m6/Biologische-Waffen-und-biolo­
gischer-Krieg-eine-kurze-Ges­
chichte///http://www.spektrum.de/lexikon/biolo­
gie/biologische-waffen/8704///h ttp://www.spek­
trum.de/magazin/biologische-waffen/823655///
Hugh R. Slotten: The Journal of American History, 77.
Jg, Nr. 2, September 1990///" Als Giftgas noch Wun­
derwaffe war" in: Frankfurter Allgemeine Zeitung" v.
02.01. 1991///Der Spiegel 43/1988 (24.10.), S. 81-
85///"Giftgas in der Kriegsführung" in: deutschland­
funkkultur.de v. 22.04. 2015 (https://www.deutsch­
landfunkkultur.de/giftgas-in-der-kriegsfuehrung­
der-unsichtbare-feind.976.de.html?dram:arti­
cle_id=317732)/Zugriff: 05.04.21///"Die Nazis verfüg­
ten über einsatzfähige Bio-Waffen" in: weit.de v. 16.10.
2015 (https://www.welt.de/geschichte/zweiter-welt­
krieg/article147676822/Die-Nazis-verfuegten-ueber-

72
einsatzfaehige-Bio-Waffen.htrnl)/Zugriff: 05.04.21///
,, 100 JAHRE GIFTGAS: ,Die Gase hatten gut ge­
wirkt"' in: faz.net v. 06.05. 2015
(h ttps://www .faz.net/aktuell/wissen/physik-
mehr/100-jahre-giftgas-die-gase-hatten-gut-gewirkt-
13571422.htrnl ?printPagedArticle=true#pageln­
dex_2)/Zugriff: 05.04.21///"Hitler nutzte Giftgas, aber
nicht als Kriegspartei" in: weit.de v. 12.04. 201 7
(https://www.welt.de/geschichte/arti­
cle163639745/Hitler-nutzte-Giftgas-aber-nicht-als­
Kriegspartei.html)/Zugriff: 05.04.21

73
3. Verdrängt: Der erste
»Giftgaszwischenfall« im Zweiten
Weltkrieg geschah durch polnische
Truppen!

Polnische Truppen setzten Giftgasminen zur


Sprengung ein!
Opfer waren deutsche Gebirgsjäger!
Die Deutschen verzichteten auf
Vergeltungsmaßnahmen!

8. September 1939, Jaslo, Woiwodschaft Karpatenvor­


land, südliches Polen: Am Abend dieses Freitags ver­
suchten polnische Truppen die Eisenbetonbrücke über
den Fluss Jasiolka, die am Ortseingang der Stadt lag,
in die Luft zu sprengen. Dazu verwendeten sie soge­
nannte »Lostminen« (ein anderer Ausdruck für »Senf­
gas« - in Deutschland als »Gelbkreuzgas« bekannt,
weil im deutschen Heer im Ersten Weltkrieg die Fla­
schen mit einem gelbem Kreuz markiert wurden).
Senfgas (Dichlordiethylsulfid) ist ein starkes Haut­
gift, krebserregend und führt zu schweren Hautschä­
digungen, also Verbrennungen und Verätzungen. Da­
bei bilden sich große, heftig schmerzende Blasen, das
Gewebe wird nachhaltig geschädigt, die Zellteilung
gehemmt. Sind Gliedmaßen großflächig davon be­
troffen, müssen sie zumeist amputiert werden. Beim
Einatmen der Dämpfe werden die Bronchien zerstört.

74
Abb. 1 8: Nicht identifizierter kanadischer Soldat mit
durch Senfgas verursachten Verbrennungen (1916)
(Fotoquelle: Bibliothek und Archiv Kanada, C-080027
(https://commons.wikirnedia.org/wiki/File:Canadian_Soldier_
with_rnustard__gas_bums.jpg))

Als Wehrmachtssoldaten des 1. Gebirgs-Pionier-Ba­


taillons 82 die Hindernisse der versuchten gespreng­
ten Brücke durch die Polen wegräumen wollten, kam
es zu einer weiteren Explosion der Giftgasminen.
Das Ergebnis: 14 Senfgaskranke, von den zwei
schließlich verstarben. Andere Quellen sprechen von
vier Toten.
Das deutsche Oberkommando setzte eine Kommis­
sion ein, um den Zwischenfall zu untersuchen. Letzt­
endlich kam diese zur Feststellung, dass die polni­
schen Truppen das Senfgas einsetzten in Er-

75
mangelung anderer Sprengstoffe. Somit wurde keine
deutsche Vergeltungsmaßnahme angeordnet.
Nach später aufgefundenen Dokumenten soll es
sich bei den Lostminen um Kampfstoffe englischer
Fertigung gehandelt haben.
Die Stadt Jaslo rückte jedoch noch einmal in den his­
torischen Kontext jener Zeit. Denn 1941 wurde in ihrer
Nähe für sowjetische Kriegsgefangene das Stammla­
ger 325 Szebnie errichtet, das später als Zentral-Arbeits­
lager (ZAL) für Juden verwendet wurde. Im Septem­
ber 1944 ordnete der deutsche Bürgermeister die Ver­
minung der Stadt und damit ihre Zerstörung an. Von
1.200 Gebäuden blieben lediglich 40 übrig.

Zusätzliche Quellen:
Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand,
Koblenz 1986, S. 135-137 sowie Anhang S. 227-232
///"Die Pest ist denkbar unzuverlässig" in: Der Spiegel
v. 21.12. 1969 (https://www.spiegel.de/politik/die­
pest-ist-denkbar-unzuverlaessigi-a-576ce3d7-0002-
0001-0000-000045234195)/Zugriff: 05.04.21/// Frank
Golczewski: Polen. In: Wolfgang Benz (Hg.): Dimension
des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Natio­
nalsozialismus, Oldenbourg, München 1991, S. 476,
485///Gerhard Schreiber: Die italienischen Militärinter­
nierten im deutschen Machtbereich, 1943 bis 1945: verraten,
verachtet, vergessen, Oldenbourg, München 1990, S. 310

76
4. Verschwiegen: Winston Churchill wollte
deutsche Städte mit Giftgas »tränken!«

Der britische Premier wollte Deutschland mit


Giftgas angreifen!
Und zwar Soldaten und Zivilisten!
Deutsche Städte sollten »verseucht« werden!

Es war Winston Churchill (1874-1965) der General


Hastings Ismay (1887-1965), der ihm mitunter als per­
sönlicher Stabschef diente, am 1. Juli 1940 anwies, im
Falle einer deutschen Landung auf der Insel, zu ver­
suchen, sich mit dem »Einweichen« der Küste zu be­
fassen. Und zwar mit Senfgas!
Der britische Premier vertrat nämlich die Ansicht,
dass ein Gaskrieg in diesem Fall gerechtfertigt sei. Zu
General Andrew Thome (1885-1970) sagte er: »Ich
kenne keine Skrupel mit Ausnahme des einen: dass
ich nichts Unehrenhaftes tun möchte.«31
Churchills Privatsekretär John Rupert »Jock« Col­
ville (1915-1987) hielt in seinen Downing Street Tagebü­
chern dazu fest: »Das Vergasen von Deutschen scheint
er (Churchill/GG) also nicht als etwas Unehrenhaftes
zu betrachten.«32
Aus Angst vor einem deutschen Gaskrieg gegen
Russland warnte Churchill am 10. Mai 1942 Adolf
Hitler öffentlich, dass Großbritannien sich mit Gas an
deutschen Städten rächen würde. Es war bekannt,

77
dass der britische Premier ein leidenschaftlicher Ver­
fechter des Einsatzes von Giftgas schon im Ersten
Weltkrieg war, ohne sich einem Moralkodex dagegen
verpflichtet zu fühlen.33

Abb. 19:
Screenshot/Bildzitat: Archiv Grandt

78
Allein
]uJi 1�

Abb. 20:
Screenshot/Bildzitat: Archiv Grandt

Diese Drohung Churchills werden Sie vermutlich in


keinem hiesigen Geschichtsbuch lesen: » ( ... ) dass die
Deutschen wegen der Erfolglosigkeit ihrer Angriffe
Giftgas gegen die Armee und die Völker Russlands
einsetzen könnten (...) Da wir unsere Hunnen (gemeint
sind die Deutschen/GG) kennen, haben wir unsere An­
strengungen auf diesem Gebiet nicht vernachlässigt
(...) Ich möchte klarstellen, dass im Falle eines unpro­
vozierten Angriffes auf unsere sowjetischen Verbün­
deten mit Gas (...) wir uns so verhalten werden, als wä­
ren wir selbst mit Gas angegriffen worden (...) Wir
werden unsere Luftüberlegenheit im Westen dazu

79
einsetzen, Gas in der größten Menge gegen Städte und
Gemeinden in Deutschland einzusetzen. « 34
Tatsächlich wollten die Briten bereits 1940 im Fall
einer deutschen Invasion Giftgas einsetzen. So
drängte etwa der Chief of the Imperial General Staff
(CIGS), Sir John Dill (1881-1944), in einem Memoran­
dum vom 15. Juni 1940 darauf, der »Gasanwendung
durch den Feind zuvorzukommen, in dem wir bei un­
serer Verteidigung gegen den Einmarsch die Initia­
tive ergreifen, auch wenn Deutschland oder Italien
bis dahin noch nicht der chemischen Kriegsführung
begonnen haben sollte. «35

Abb. 21: Winston Churchill (1941)

80
(Fotoquelle: Yousuf Karsh. Bibliothek und Archiv Kanada,
e010751643 (https://commons.wikirnedia.org/wiki/
File:Sir_Winston_Churchill_-_19086236948.jpg)

Churchill selbst gab am 30. Juni 1940 den Befehl zur


Vorbereitung zum Giftgaseinsatz unter anderem mit
den Worten: »Meiner Ansicht nach braucht man nicht
so lange zu warten, bis der Gegner zu solchen Kampf­
mitteln greift. «36
Weniger bekannt ist auch, dass Churchill dem
sowjetischen Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin
(1878-1953) im April 1942 eine 1.000-Tonnen Senf­
gas-Lieferung anbot. Doch dieser wollte stattdessen
lieber 5.000 Tonen Chlorprodukte, weil damit ver­
schiedenste Kampfstoffe hergestellt werden konn­
ten.
Kurz nach dem sogenannten »D-Day«, also dem Be­
ginn der Landung der Alliierten in der französischen
Normandie (6. Juni 1944) startete Deutschland einen
massiven Angriff mit V l-Raketen (»Vergeltungswaf­
fen«) auf Großbritannien.
Daraufhin wollte Churchill deutsche Städte mit
Giftgas durchtränken, so dass ein Großteil der Bevöl­
kerung »ständige medizinische Hilfe benötigt.« Das
wird aus einer Denkschrift deutlich, die er für Gene­
ral Hastings Ismay im Juli 1944 verfasste, in der es
unter anderem um die »Verseuchung« deutscher
Städte ging.

81
Abb. 22: Erster Weltkrieg, Frankreich, Champagne.­
Russische Soldaten mit Gasmasken in einem
Schützengraben, ca. 1916-17
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1976-007-32 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bu ndesarchiv_Bild_l
46-1 976-007-32,_Champagne,_russische_Soldaten_
mit_Gasmaske.jpg)

Dieses Dokument wurde erst im September 1985 ent­


deckt und in der Zeitschrift American Heritage veröf­
fentlicht. Ich zitiere daraus:

82
»Ich möchte, dass Sie sich mit der Giftgasfrage ein­
gehend befassen ( . . . ) Es ist unsinnig, bei dieser An­
gelegenheit moralische Überlegungen anzustellen,
da im letzten Krieg (Churchill meinte den Ersten
Weltkrieg damit/GG) alle Giftgase eingesetzt haben,
ohne dass es deshalb zu Protesten von Seiten der
Moralisten und der Kirche kam ( ... ) Ich möchte, dass
man nüchtern überprüft, was der Einsatz von Gift­
gasen bringen würde ( ... ) Man darf sich nicht die
Hände binden lassen durch dumme Prinzipien, ob
diese im Ersten Weltkrieg galten oder in diesem
Krieg gelten ( . . . ) Wir könnten die Städte des Ruhrge­
biets und viele andere deutsche Städte (mit Gas/GG)
so überströmen, dass die meisten Einwohner einer
ständigen ärztlichen Behandlung bedürften ( ... ) Wir
werden vielleicht einige Wochen oder gar Monate
abwarten müssen, bis ich Sie darum bitte, Deutsch­
land mit Giftgasen zu überströmen. Sollten wir es
tun, dann aber richtig! «37
Erst als Churchill erkannte, dass er mit seinen Aus­
sagen wohl die moralische Schwelle übertreten hatte,
ruderte er halbwegs zurück und bekundete, Giftgas
nur einzusetzen, wenn es »für unser Leben oder Tod
ist oder wenn es den Krieg um ein Jahr verkürzen
würde.«. Nichtsdestotrotz beteuerte er: »Bis dahin
möchte ich, dass diese Frage von vernünftigen Leuten
untersucht wird, und nicht von einer Gruppe von
Psalmensängern in Uniform und Miesepetern, wie
hier und da anzutreffen.«38

83
Abb. 23: »Infanterie-Regiment Prinz Friedrich der
Niederländer (2. Westfälisches) Nr. 15« im 1 .
Weltkrieg
(Fotoquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/
File:IR15_%E2%80%93_Gaskrieg.jpg

Doch die Militärberater zerstörten die diesbezügli­


chen Hoffnungen des Premiers. Sie erklärten, dass
eine Gaskriegsführung die eigenen Flugzeuge von
der effektiveren Strategie der Bombardierung der
deutschen Industrien und Städte ablenken würde.
Die britischen Gasangriffe wären nicht entscheidend,
befürchteten sie. Deutschland würde sich wahr­
scheinlich mit verheerender Wirkung gegen England
revanchieren und möglicherweise auch anderswo in

84
Europa, vielleicht sogar gegen alliierte Kriegsgefan­
gene, Gas einsetzen.
Churchill hingegen beklagte sich bei einem Mitar­
beiter, dass er »von diesem negativen Bericht über­
haupt nicht überzeugt« sei, aber er gab widerwillig
nach: »Natürlich kann ich nicht gleichzeitig gegen die
Pfarrer und Krieger antreten.«39
Fakt jedenfalls ist, dass Winston Churchill keine
Skrupel gehabt hätte, Giftgas nicht nur gegen deut­
sche Soldaten, sondern auch gegen deutsche Zivilis­
ten einzusetzen. Allerdings waren seine Pläne diesbe­
züglich noch viel perfider, noch viel grausamer, wie
im nächsten Kapitel aufzuzeigen sein wird.

Abb. 24: Erster Weltkrieg,


Infanterieangriff/Gaswolken über Schlachtfeld, ein
deutscher Soldat im Schützengraben
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1976-007-34 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_1
46-1976-007-34,_Gaswolken_%C3%BCber_Schlachtfeld.jpg)

85
5. Verschwiegen: Wie Churchill die
Deutschen mit Milzbrand-Biowaffen
auslöschen wollte!

Winston Churchill forderte „Ausrottungsangriffe"


gegen Deutschland!
Dazu forschten die Briten an Biowaffen mit
Milzbranderregern!
Millionen deutsche Zivilisten sollten sterben!

Fast niemandem kennt Gruinard Island, abgesehen


natürlich von jenen, die mittel- oder unmittelbar mit
der winzigen Insel vor Küste Schottlands zu tun hat­
ten oder noch haben. Der Schein der unberührten Na­
tur, täuscht jedoch. Denn diese Insel spielte im Zwei­
ten Weltkrieg eine unrühmliche Rolle. Genauer in den
Jahren 1942 und 1943.
In dieser Zeit testete dort das britische Militär unter
dem Decknamen Operation Vegetarian eine Biowaffe
für den Einsatz gegen das Deutsche Reich. Und zwar
auf höchsten Geheiß: Premierminister Winston
Churchill selbst gab die Entwicklung von Biowaffen
in Auftrag. Zum einen, zur eigenen Verteidigung,
zum anderen jedoch zum Angriff auf Deutschland.
Die britische Abteilung für biologische und Chemische
Kriegsführung schlug zunächst vor, entweder Phos­
phogen oder das Nervengas Lost gegen die Deut­
schen einzusetzen. Allerdings hielten Experten biolo­
gische Kampfmittel für weitaus effektiver.

86
Abb. 25: Zwei Bakterienzellen Bacillus anthracis, die
Anthrax verursachen, sichtbar mit Kapseln, gefärbt
mit Tusche
(Fotoquelle: http://www.publicdomainfiles.com/show_file.php?
id=13521930016801 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Bacillus_anthracis_Indian_lnk_capsule_stain.tif)

Bereits im September 1924 schrieb Winston Churchill


zu dieser Thematik: »Ich bin dafür, methodisch berei­
tete Bazillen absichtlich auf Menschen und Tiere los­
zulassen. Mehltau, um die Ernte zu zerstören, Anth­
rax, um Pferde und Vieh zu vertilgen, Pest, um damit
nicht nur ganze Armeen, sondern auch die Bewohner
weiter Gebiete zu töten. «
Statt Pesterreger wollte Churchill achtzehn Jahre
später mit einer anderen Biowaffe eine Hölle auf Er­
den bringen. Dazu stellten britische Wissenschaftler
in großer Menge Milzbrandsporen her. Allerdings lief

87
die Produktion über die USA, weil die Briten befürch­
teten, dass sich diese gefährlichen Erreger bei einem
deutschen Angriff womöglich in England verbreiten
könnten.

Abb. 26: Der Milzbrand-Entdecker und Arzt Aloys


Pollender (1799 - 1879)
(Fotoquelle: Theodor Meuwsen/ Aus dem Atelier von Emil
Hardt (1877 - 1945), Wipperfürth. Original im Besitz der Stadt
Wipperfürth. Digitalisiert vom Ehrenamtler Jochen
Höfer. Gegebenlicht auf wdr.de: Historischer Fotoschatz aus
Wipperfürth (https://commons. wikimedia.org/wiki/
File:Aloys_Pollender_1869.jpg)

88
Churchill erklärte: »Wir werden Deutschland zu einer
Wüste machen, ja zu einer Wüste. « Ebenso sprach er
von »extermination attacks« , also »Ausrottungsan­
griffen« und: »Es gibt knapp 70 Millionen bösartige
Hunnen (gemeint sind die Deutschen/GG), die einen
sind heilbar und die anderen zum Schlachten. «40
Konkret wurden auf dem Testgelände von Gru­
inard Island mithilfe kontaminierter Leinsamen
Nutztiere mit den gefährlichen Milzbrandsporen in­
fiziert, über die dann eine Infektion auf Menschen
übertragen werden sollte. Innerhalb kürzester Zeit
könnten mit dieser Biowaffe Anthrax, die glücklicher­
weise nie zum Einsatz kam, Millionen Deutsche getö­
tet werden!
Churchills wissenschaftlicher Berater, Lord Cher­
well (1886-1957) erläuterte dazu: »Ein halbes Dutzend
Lancaster-Bomber könnte genug mit sich führen, um,
im Falle einer gleichmäßigen Verteilung, jeden zu tö­
ten, der sich in einem Umkreis von zweieinhalb
Quadratkilometern aufhält. «41
Milzbrand gehört neben Pest, Pocken, Tularämie,
Queenslandfieber, Enzephaltizide, hämorrhagische
Viren, Rizin, Botulinum (von Bakterien produziertes
Gift) und Staphylokokken zu den weltweit gefähr­
lichsten Erregern, weil sie entweder hochgradig töd­
lich und hochinfektiös sind oder sich leicht verbreiten.
Bis heute sind diese Bakterien international geäch­
tet und verboten. Eigentlich ist Milzbrand eine von
Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen auf

89
Menschen übertragbare Infektionskrankheit, die zu
einer starken schwarzroten Schwellung der Milz,
zum sogenannten »Milzbrand« führt. Die wider­
standsfähigen Milzbrandsporen können sich nicht
nur jahrelang halten, sondern auch neue Keime bil­
den. Unterschieden wird in »Hautmilzbrand«, bei
dem die Sporen durch die Haut eindringen, »Darm­
milzbrand«, bei der eine Sporenaufnahme mit der
Nahrung erfolgt und »Lungenmilzbrand« beim Ein­
atmen der Sporen, der innerhalb weniger Wochen
tödlich ist.

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hi'/, l'll � ii. �,Nlf;m;i,,m,�
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Abb. 27:
Quelle Screenshot/Bildzitat:
https://www.wikiwand.com/de/Biologische_ Waffe

Für die biologische Kriegsführung, die die Briten ge­


gen die Deutschen planten, war gerade der Lungen­
milzbrand interessant. Zum einen, weil er die töd­
lichste Form der Krankheit darstellte und zum ande­
ren, weil die Sporen sich über Aerosole von

90
Flugzeugen verbreiten ließen. Nach dem Einatmen
folgen in der Regel Fieber, Schüttelfrostattacken,
schwere Lungenentzündungen verbunden mit bluti­
gem Husten. Unbehandelte sterben in wenigen Tagen
zu hundert Prozent.
Im Jahr 1970 errechnete die Weltgesundheitsorgani­
sation WHO, dass das Versprühen von fünfzig Kilo
Milzbrandsporen auf einer Stadt mit einer halben
Million Einwohnern rund 95.000 Tote und 125.000 Er­
krankte zur Folge hätte. Eine solche Biowaffe hätte
schlimmere Auswirkungen als eine Atombombe.

Abb. 28: Milzbranddarstellung aus dem Jahr 1879

91
(Bildquelle: Bild aus Seite 064 in "Die Gartenlaube". Bild von
Seite 064 der Zeitschrift Die Gartenlaube , 1879
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Die_Gartenlaube_(18
79}_b_064_2.jpg)

Die achtzig Schafe auf Gruinard Island jedenfalls, an


denen die britischen Wissenschaftler diesbezüglich
experimentierten, starben innerhalb weniger Tage an
dem Erreger. Manche Quelle sprechen von nicht ein­
mal einem Tag.
Was die Experten nicht einkalkulierten: Die Milz­
brand-Sporen drangen sogar in den Boden ein und
verpesteten somit die gesamte Insel mit Milzbrand
(auch bekannt unter dem Begriff Anthrax; nach sei­
nem Erreger Bacillus anthracis).
Gleich darauf wurde Gruinard Island zum militäri­
schen Sperrgebiet erklärt. Über Jahrzehnte hinweg
blieb die Insel ein Hotspot des Milzbranderregers.
1986 wurde mit der gezielten Dekontaminierung mit­
hilfe von gelöstem Formaldehyd begonnen. 1990 er­
klärte das britische Verteidigungsministerium Gru­
inard Island wieder als bewohnbar. Doch erst seit
2007 gilt sie als völlig frei von Milzbrand.
Bis heute fehlt in (vermutlich) allen hiesigen Ge­
schichtsbüchern der perfide Plan Churchills, die
Deutschen mit einer Anthrax-Bombe auszurotten.
Dazu sollten Milzbrandsporen in Tierfutter verarbei­
tet und über deutsche Weidegebiete abgeworfen wer­
den. Bereits im Jahr 1981 zeigte der BBC-Reporter

92
Robert Harris einem heimischen Publikum dement­
sprechende Dokumente.42
So erklärte der britische Premier 1944: »Es mögen
noch einige Wochen oder Monate vergehen, bis ich
Sie bitten werde, Deutschland mit Giftgas zu tränken.
Und wenn wir es tun, lassen Sie es uns hundertpro­
zentig tun. Bis dahin möchte ich, dass die Sache kalt­
blütig studiert wird, von vernünftigen Leuten und
nicht von diesen Psalmen singenden Defätisten in
Uniform, die man jetzt immer wieder trifft.«43
Im selben Jahr gaben auch die Amerikaner (im Ver­
bund mit den Briten) den Einsatz von - sage und
schreibe - einer Million 2-Kilogramm-Milzbrand­
bomben in Auftrag. Diese sollten Stuttgart, Wilhelms­
haven, Hamburg, Frankfurt und Aachen treffen.
Schätzungen nach wären dabei drei Millionen Zivilis­
ten getötet worden und die betroffenen Städte bei
durchgeführter Verseuchung jahrzehntelag unbe­
wohnbar gewesen.
Doch dieser perfide Plan wurde aus drei Gründen
nicht in die Tat umgesetzt: Erstens, weil es zu einer
Produktionsverzögerungen kam. Zweitens, weil der
Krieg schließlich von den Alliierten gewonnen war
und Deutschland kapitulierte. Und drittens, weil die
geplante Eroberung des Reichsgebiets die bakterielle
Verseuchung verbot.
Nach Schätzungen wären bei einem diesbezügli­
chen Biowaffenangriff mehr als die Hälfte der heimi­
schen Bevölkerung getötet worden. Konkret erwar-

93
tete man 5,6 Millionen Tote und 12 Millionen Ver­
letzte. Dass die USA keine Skrupel gekannt hätten,
diese Pläne in die Tat umzusetzen, zeigen ihre völlig
skrupellosen Abwürfe von Atombomben auf Hiros­
hima und Nagasaki!

Zusätzliche Quellen:
Dietrich Schindler/Jiri Toman (Hrsg.): The Laws of
Armed Conflicts: A Collection of Conventions, Reso­
lutions, and Other Documents, Alphen aan den Rijn
1988, S. 116.///"Erstickt, verkohlt, zerstückelt" in:
welt.de v. 6.02. 2005 (https://www.welt.de/print­
wams/article122846/Erstickt-verkohlt-zerstue­
ckelt.html)/Zugriff: 26.02.21)///,,Die Anthrax-Insel:
Hier drohte Besuchern vor einigen Jahren noch der
Tod" in: focus.de ( https://www.focus.de/pano­
rama/welt/bis-1990-noch-sperrgebiet-die-anthrax-in­
sel-hier-drohte-besuchem-vor-einigen-jahren-noch­
der-tod_id_8670713.html)///http://www.gifte.de/B­
%20und%20C-Waffen/biologische_waf­
fen.htm///http://www.kas.de/wf/doc/kas_21391-544-
1-30.pdf&11010411 l342///"The History of biological
warfare" in:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/artic­
les/PMC1326439///http://sicherheitspoli­
tik.bpb.de/massenvernich tungswaffen/hintergrund­
texte-m6/Biologische-Waffen-und-biologischer-

94
Krieg-eine-kurze-Geschichte///http://www.spekt­
rum.de/lexikon/biologie/biologische-waf­
fen/8704///http://www.spektrum.de/magazin/biolo­
gische-waffen/823655

95
6. Verdrängt: »Hüter menschlicher
Freiheit« - Trotz seiner Giftgas- und
Biowaffen-Pläne sowie Bombenterrors
gegen deutsche Zivilisten erhielt Churchill
den Karlspreis!

Tausende deutsche Zivilisten fielen dem britischen


Bombenterror zum Opfer!
Außerdem forderte Winston Churchill
»Ausrottungsangriffe« gegen Deutschland!
Dennoch wurde der britische Premier von der
Adenauer-Regierung geehrt!

Ironie der Geschichte: Am 10. Mai 1956 erhielt Wins­


ton Churchill von der Stadt Aachen den »Internatio­
nalen Karlspreis« für das Jahr 1955 überreicht. Der
Grund: Der britische Politiker beteiligte sich aktiv an
der Errichtung des Nordatlantikpaktes sowie des Eu­
roparates und forderte die Gründung der Vereinigten
Staaten von Europa als »europäisches Friedenspro­
jekt«.
Die renommierte Auszeichnung wurde ihm »in An­
erkennung seiner Verdienste um die Verteidigung
des höchsten menschlichen Gutes, der Freiheit, und
um den erfolgreichen Anruf der Jugend, die Zukunft
Europas durch Einigung zu sichern« verliehen.
Der diesbezügliche Text auf der überreichten Me­
daille lautete: »1955 Karlspreis der Stadt Aachen für

96
Winston Churchill. Hüter menschlicher Freiheit -
Mahner der europäischen Jugend.«44

Der Kartspreisträger 1 955 Sir Winston S.


Churchill

Abb. 29:
Quelle Screenshot/Bildzitat: https://www.karlspreis.de/de/
preistraeger/sir-winston-s-churchill-1955/vita

Bei der Laudatio erklärte Dr. Konrad Adenauer (1876-


1967), der damalige (erste) Bundeskanzler der Bun­
desrepublik Deutschland bezüglich »Sir Winston«
unter anderem:
»Im Namen der Bundesregierung gebe ich unserer
großen Freude darüber Ausdruck, dass Sie aus die­
sem feierlichen Anlass in die Bundesrepublik
Deutschland in die alte Kaiserstadt Aachen gekom­
men sind ( ... ) Der Preis wird verliehen für eine Sache,
die auch mir besonders am Herzen liegt, für beson­
dere Verdienste um die europäische Einigung. Hieran
haben Sie in besonders vorausschauender und inten­
siver Weise mitgewirkt. Dass ein Sieger des großen

97
Krieges schon wenige Jahre nach Kriegsende in so
kluger, so weit in die Zukunft blickende Weise das
zerschlagene und aus tausend Wunden blutende Eu­
ropa aufruft, sich zusammenzuschließen zu einer
Einheit, ist eine staatsmännische Tat, die für sich al­
lein genügen würde, Ihnen einen Platz in der Ge­
schichte zu sichern. Ich darf hinzufügen, dass ich die
Tatsache besonders freudig begrüße, dass in diesem
Jahr in Ihrer Person ein britischer Staatsmann diesen
Preis erhält (... ) Wir wissen ( ... ) um den Zusammen­
hang der Geschicke Großbritanniens mit den Geschi­
cken des Kontinents; wir wissen auch, dass gerade
die Familie Churchill seit Jahrhunderten aufs engste
mit dem europäischen Festland verbunden ist. «
Weiter: »Wie ist es gekommen, dass Sie, Sir Wins­
ton, zum Vorkämpfer der europäischen Idee wur­
den? Ich glaube, dies erklärt sich aus zwei menschli­
chen Eigenschaften, die zugleich notwendige Voraus­
setzungen staatsmännischen Handelns sind: Größe
des Denkens, Tiefe des Fühlens. Im Kriege haben Sie
in einem für Ihr Volk und für die Freiheit in der Welt
entscheidenden Augenblick den Widerstandswillen
Ihres Volkes emporgerissen. Nach dem Kriege traten
Sie stets für Versöhnung mit dem früheren Gegner ein
und forderten, dass der Sieger dem Besiegten die hel­
fende Hand bot. Ihr Urteil war nicht getrübt durch die
Bitterkeit der Vergangenheit. Nach dem Ende des
Kampfes haben Sie, Sir Winston, die Bilder der Ver­
gangenheit in sich ausgelöscht (...)«

98
Und: »Sie haben sich, Sir Winston, auch dafür ein­
gesetzt, dass innerhalb der europäischen Gemein­
schaft auch die Freundschaft zwischen dem briti­
schen und dem deutschen Voll< besonders gepflegt
wird. Ich habe diesen Wunsch von ganzem Herzen
geteilt, da die dauernde Freundschaft zwischen unse­
ren Völkern eine unerlässliche Voraussetzung für den
Frieden und die Freiheit der Welt ist. Wenn auch die
Erbschaft des letzten Krieges noch schwer auf uns las­
tet und manche ungelösten Probleme mit sich bringt
- ich kann Ihnen doch versichern, dass der Wunsch
nach Freundschaft mit dem britischen Volk auch in
den weitesten Kreisen des deutschen Volkes von Her­
zen geteilt wird (...) Ich erinnere mich, Sir Winston,
dass ich im Jahre 1953 Sie gebeten habe, uns in
Deutschland doch einmal zu besuchen. Sie haben
schon damals gesagt, Sie würden kommen. Es kam
allerhand dazwischen, und nun hat sich diese große
festliche Gelegenheit ergeben, dass Sie mit Ihrer ver­
ehrten Gattin zu uns gekommen sind. Ich wünsche
Ihnen von Herzen Glück zu der Verleihung des Euro­
papreises, und ich heiße Sie von ganzem Herzen beim
deutschen Volke willkommen.«45
Bei diesem Anlass ergab sich auch Fernand
Dehousse (1906-1976), Präsident der Beratenden Ver­
sammlung des Europarates in Lobhudelei: »Die
Straßburger Versammlung rechnet es sich zur Ehre
an, dass zu ihren Mitgliedern Sir Winston Churchill
gehört hat, der bedeutende Staatsmann, der der

99
Geschichte unserer Zeit einen unauslöschlichen
Stempel aufgedrückt hat. Indessen wird man mir ver­
gönnen, mehr noch als des Staatsmannes, der die Ge­
schicke seines Landes so glanzvoll geleitet hat, in die­
sem Augenblick des Europäers des heroischen Zeital­
ters zu gedenken, jenes Mannes, der sogleich, nach­
dem der Kriegslärm verhallt war, zu einem Vorkämp­
fer
des Europarats wurde. Sir Winston Churchill hatte
mit dem für ihn so bezeichnenden politischen Weit­
blick sogleich den tiefen Charakter der neuen Institu­
tion erkannt (... )« Dehousse weiter: »Hatte sich Sir
Winston Churchill im übrigen nicht schon seit 1946
zum Vorkämpfer der Annäherung, der Aussöhnung
Frankreichs und Deutschlands gemacht? Schon in
seinen Reden von Zürich und Fulton zeichnete sich
die Haltung in dieser Frage ab, die er später im Euro­
parat einnehmen sollte. So ruht also in der Sicht die­
ses überragenden britischen Staatsmannes das tra­
gende Fundament jedes europäischen Aufbaues auf
ausgeglichenen Beziehungen zwischen Frankreich
und Deutschland (...) Wenn ich nachher in meine Hei­
matstadt zurückkehre, werde ich über eine Straße
fahren, an die sich tragische Erinnerungen knüpfen.
Wenn endlich einmal die Generationen von morgen
diese Straße in der heiteren Zuversicht des Friedens
benutzen können, werden sie es zum großen Teil den
Baumeistern des neuen Europa verdanken - Män­
nern, wie Sir Winston Churchill einer ist.«46

100
Abb. 30: Karlspreis Aachen, Verleihung und Winston
Churchill
(Fotoquelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F003527-0009 / Unterberg,
Rolf / CC-BY-SA 3.0)

Der Preisträger selbst gab bei dieser Gelegenheit zum


Besten: »Es ist für mich eine hohe Ehre, heute in die­
ser berühmten deutschen und europäischen Stadt
Aachen, auch Aix-la-Chapelle genannt, den Karls­
preis zu erhalten ( ...) Es ist auch nicht notwendig,
heute noch einmal die sechs Jahre zu beklagen (ge­
meint sind die Weltkriegsjahre 1939-1945/GG), die
dann folgten. Sie in dieser Stadt kennen sie nur zu gut
- jedoch, wie ich gerne denke, nicht so, dass es Sie da­
ran gehindert hätte, mich so zu empfangen, wie Sie es
getan haben.«47

101
Was Churchill, der so glorifizierte »Hüter menschli­
cher Freiheit«, jedoch bei dieser Gelegenheit vergaß
zu sagen: Wäre es nach seinen Milzbrandbomben­
Plänen gegangen, hätte es gar keine Stadt Aachen
mehr gegeben, die ihm ein Jahrzehnt später diese Me­
daille verlieh!
Nur am Rande sei an dieser Stelle erwähnt, dass
Winston Churchill auch ein Hochgradfreimaurer
war, nämlich Mitglied der United Studholme Lodge No.
1591 in London und dann Mitglied der Rosemary
Lodge No. 2851 in London.48 Ebenso wie US-Präsident
Franklin D. Roosevelt (Freimaurer und Mitglied der
Holland Lodge No. 8 in New York), die sich beispiels­
weise auf dem Treffen in Casablanca im Januar 1943
über den Luftkrieg einigten. So sollten die Amerika­
ner die Zerstörung der militärischen und industriel­
len Ziele in Deutschland betreiben und die Engländer
weiterhin die Bombenangriffe auf Wohnviertel fort­
führen. Damit sollte die Widerstandskraft der Deut­
schen geschwächt werden. Vor allem bei Nachtan­
griffen.
Doch schon am 8. Juli 1940 ließ Churchill verlauten:
»(...) aber es gibt etwas, das den Gegner zurücktreiben
und niederzuwerfen vermag: Das ist ein alles ver­
nichtender und alles ausrottender Luftkrieg mit ganz
schweren Bombern von England aus gegen das Nazi­
Heimatland. Wir müssen den Feind mit diesem Mittel
niederschlagen. Ein anderes Mittel sehe ich nicht.«49
Der alliierte Terror aus der Luft traf seit Juni 1942

102
beinahe nur die deutsche Zivilbevölkerung. Die deut­
sche Abwehr war fast nur noch auf die Flak (Flugab­
wehrkanonen) beschränkt, weil die Abfangjäger
große Verluste erlitten. Außerdem war die Luftwaffe
in Militäreinsätzen von Russland bis nach Nordafrika
zersplittert.
Während sich jedoch die Amerikaner strikt weiger­
ten, Nachtangriffe und solche gegen nichtmilitärische
Ziele zu fliegen, sahen das die Briten anders. Ganz of­
fen wurde in London über die systematische Zerstö­
rung deutscher Wohngebiete (und damit Angriffe ge­
gen die Zivilbevölkerung) als »wichtigste militärische
Taktik« diskutiert. So rechnete beispielsweise am 30.
März 1942 Churchills Berater, Frederick Alexander
Lindemann (1886-1957), 1. Viscount Cherwell, vor,
dass, wenn alle vorhandenen englischen Flugzeuge
ihre Bomben ausschließlich auf Wohnviertel des
Feindes abwerfen würden, bis Mitte 1943 ein Drittel
aller Deutschen obdachlos wäre ...
Der britische Royal-Air-Force-Luftmarschall Arthur
T. Harris (1892-1984), der später als »Bomber Harris«
in die Geschichte einging, seit Februar 1942 Chef des
neu gegründeten Strategie Bomber Command, ver­
sprach Churchill einen »schnellen und vollständigen
Sieg«. Vorausgesetzt, die ganze Kampfkraft seiner
Bomber würde konzentriert gegen deutsche Städte
eingesetzt und nicht gegen einzelne Fabriken oder
militärische Ziele. Er schlug vor, jede Nacht eine Stadt
mit mindestens 1.000 Maschinen anzugreifen.50

103
Damit begann der uneingeschränkte Luftkrieg ge­
gen die deutsche Zivilbevölkerung. Siehe dazu aus­
führlich mein Buch Tabufakten Zweiter Weltkrieg,
Band 1 (gugra-Media-Verlag, 2020).

Abb. 31: Köln, Kinderleichen nach Luftangriff

104
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1979-025-19A / Unbekannter
Autor / CC-BY-SA 3.0)
(https://cornrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_ 1
46-1 979-025-19A,_Koeln,_Kinderleichen_nach_Luftangriff.jpg)

Nur ein Beispiel: Köln, 30. Mai 1 942: Erstmals im


Zweiten Weltkrieg griffen 1 .000 englische Bomber,
darunter 48 viermotorige Lancaster, eine einzige
Stadt an. Dabei wurden 1 .500 Tonnen Sprengbomben
vor allem auf die dichtbesiedelte Innenstadt abge­
worfen. Nur weil ein Teil der Kinder bereits evakuiert
war und es eine großzügig angelegte unterirdische
Bunkeranlage unterhalb des Kölner Ringes gab, kam
es zu keinem Massensterben. »Nur« 460 Menschen
fanden den Tod, 45.000 wurden obdachlos.
Deutschlands Städte erfuhren zweifellos die umfas­
sendste Zerstörung. So wurden rund 3,6 Millionen
deutsche Wohnungen von britischen und amerikani­
schen Bombern in Schutt und Asche gelegt. Das ent­
sprach etwa einem Fünftel des gesamten Wohn­
raums.
Selbst alliierte Kriegsberichterstatter waren über
das Ausmaß der Zerstörungen schockiert. So glich
beispielsweise die einst blühende Elbmetropole Dres­
den einer »Mondlandschaft«, deren Aufbau mindes­
tens siebzig Jahre benötigen würde, so die damalige
Einschätzung.
»München war derart verwüstet, dass ,man sich
kaum des Gedankens erwehren konnte, das letzte

105
Gericht stehe unmittelbar bevor.' Berlin war ,voll­
kommen zerschlagen - nichts als Schutthaufen und
Hausskelette'. Köln ,lag in Trümmern, ohne Schön­
heit und Gestalt, einsam in völliger physischer Ver­
nichtung.'«51
So viel also zu dem »hochverehrten« Karlspreis­
Träger Winston S. Churchill!

Abb. 32: Berlin, Zerstörung durch Luftangriff


(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183-}31345 / CC- BY-SA 3.0)
(https://commons. wikirnedia.org/wiki/Fi le:Bundesarchiv_Bild_1
83-J31345,_Berlin,_Zerst%C3%B6rung_nach_Luftangriff.jpg)

106
7. Verschwiegen: Setzte die Rote Armee in
Stalingrad »Biowaffen" gegen deutsche
Truppen ein?

Im Südrussland-Feldzug kam es zu »mysteriösen«


Tularämie-Erkrankungen!
Ein sowjetischer Experte für biologische
Kriegsführung packte aus!
Fakt oder Fake?

Vom 23. August 1942 bis zum 2. Februar 1943 ent­


brannte die Schlacht von Stalingrad, die mit der Ver­
nichtung der 6. deutschen Armee unter General
Friedrich Paulus (1890-1957) endete und damit her­
kömmlich als Wendepunkt des Deutsch-Sowjetischen
Krieges angesehen wird. Insgesamt kamen etwa
1 .052.000 Soldaten ums Leben: 526.000 Sowjets und
226.000 Deutsche im Kessel der Stadt, weitere 300.000
Verbündete in der Umgebung. Zirka 91 .000 Wehr­
machtssoldaten gerieten in Gefangenschaft, von de­
nen lediglich 6.000 zurückkehrten.
Soweit die offizielle Geschichte. Doch schon früh
tauchten nicht nur Gerüchte, sondern auch Berichte
sowjetischer Verantwortlicher auf, dass die Rote Ar­
mee in dieser schicksalhaften Schlacht »Biowaffen-Er­
reger« gegen die deutsche Wehrmacht eingesetzt
hätte.

107
Abb. 33: Kesselschlacht in Stalingrad (1942)
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183-R90142 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikirnedia .org/wiki/FiJe:Bundesarchiv_Bild_l
83-R90142,_Russland,_Kesselschlacht_Stalingrad.jpg))

Hintergrund: Seit 1926 forschten sowjetische Wis­


senschaftler im Weißen Meer an gezüchteten Krank­
heitserregern. Und seit 1941 am Tularämie-Erreger
(»Hasenpest«). So erkrankten 1942 deutsche Soldaten
in der Sowjetunion an Tularämie. Allerdings behaup­
teten die Sowjets, es würde sich dabei um eine natür­
lich entstandene Krankheit handeln. Und das, ob­
wohl Wochen darauf auch viele Russen an der ge­
fürchteten Lungentularämie, die durch die Luft über­
tragen wird, starben.
Dementsprechend sprachen zumindest Indizien
dafür, dass die Sowjets die »Hasenpest« als Biowaffe

108
gegen die deutschen Soldaten eingesetzt hatten, je­
doch später gänzlich auf einen weiteren Einsatz ver­
zichteten, um nicht auch die eigene Bevölkerung aus­
zurotten. Denn die feindlichen Truppen standen
doch gewissermaßen mitten in Russland.
Soweit also das Wirrwarr aus Gerüchten, Vermu­
tungen und Fakten.

Abb. 34: Francisella tularensis-Kolonisation auf


Cystein-Herzagar nach 72 Stunden
(Fotoquelle: CDC / Larry Stauffer, Oregon State Public Health
Laboratory (PHIL # 1910), 2002 (https://commons.
wikirnedia.org/wiki/File:Francisella_tularensis_0l.jpg)

109
Erhard Geißler, Professor für Genetik und ehemaliger
Leiter der Forschungsgruppe Bioethik am Max-Del­
brück-Centrum für Molekulare Medizin, Berlin­
Buch, verfasste 2005 dazu eine umfangreiche Arbeit
mit dem Titel: Alibek, Tularaemia and the Battle of Sta­
lingrad.52 Dieses »Backround Document « möchte ich
nachfolgend bezüglich der Gerüchte, die Sowjets
hätten in der Stalingrad-Schlacht Biowaffen gegen
Soldaten der Wehrmacht eingesetzt, zusammenfas­
sen.
Aufgestellt wurde diese Behauptung vom 1950 ge­
borenen, kasachischstämmigen Obersten Ken Alibek
alias Kantjan (Kanatzhan) Alibekov. 53
Zunächst bleibt festzustellen: Alibekov ist beileibe
kein » Verschwörungstheoretiker«, sondern Experte
für biologische Kriegsführung und ehemaliger Direk­
tor der sowjetischen Biowaffen-Abteilung »Bioprepa­
rat«. Wie bereits erwähnt, behauptete er nach seiner
Flucht in den Westen, dass die Rote Armee Francisella
tularensis, also Tularämie (Hasenpest), gegen die
deutschen Truppen eingesetzt hätte.
Alibekov schuf einst einen neuen Anthrax-Stamm
(»Stamm 836«), der als der »virulenteste und bösar­
tigste Anthrax-Stamm « beschrieben wurde, »den der
Mensch kennt. «54 Außerdem entwickelte er Russlands
erste Tularämie-Bombe.55 1992 übersiedelte der Bio­
waffen-Experte in die USA, wurde amerikanischer
Staatsbürger und beteiligte sich aktiv an der Entwick­
lung einer Strategie zur biologischen Verteidigung

1 10
für die US-Regierung. Alibekov arbeitete dann als Se­
nior Vice President für Forschung und Entwicklung
bei Locus Fermentation Solutions in Ohio, USA.56

Abb. 35: Dr. Ken Alibek alias Kantjan (Kanatzhan)


Alibekov, ehemaliger sowjetischer Biowaffen­
Experte
(Fotoquelle:
https://commons. wikimedia.org/w /index.php?search=Ken+Alibe
k+&title=Special:MediaSearch&go-
-Go&type=image)

111
Der Erreger der Tularämie gehört zu den krankheits­
erregendsten Bakterien, die bekannt sind. Experten
des US-amerikanischen Centers for Disease Control and
Prevention (CDC) Zentren für Krankheitskontrolle und -
prävention') ordnen ihn in die Kategorie der biologi­
schen Agenzien ein, die das »größte Potenzial für ne­
gative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit
mit Massenverlusten haben. «57
In der Vergangenheit wurde Tularämie von ver­
schiedenen Großmächten ausgiebig erforscht, produ­
ziert und als Biowaffe eingelagert, wie etwa von den
USA, der Sowjetunion und Japan. Selbst Frankreich
zog deren Einsatz noch vor dem Zweiten Weltkrieg in
Erwägung.58
Doch zurück zur Entscheidungsschlacht des Zwei­
ten Weltkriegs in Stalingrad: Bei einer Anhörung im
Jahr 1998 verriet Alibekov: »Meine eigene Analyse ei­
nes Tularämie-Ausbruchs unter deutschen Truppen
in Südrussland im Jahr 1942 deutet darauf hin, dass
dieser Vorfall sehr wahrscheinlich das Ergebnis des
Einsatzes von biologischen Waffen durch die UdSSR
war.«59
Diese Behauptung wiederholte der Biowaffen-Ex­
perte auch noch danach, nämlich in seinem viel be­
achteten Buch Biohazard sowie in der russischen Zei­
tung Prawda.60
Aufgrund seines immensen Fachwissens kam Ali­
bekov ganz gezielt zu einer solchen weitreichenden
Schlussfolgerung. In seiner Kadettenzeit im Jahr 1973

1 12
wurde er von einem seiner Professoren gebeten, ei­
nen »mysteriösen Ausbruch von Tularämie« an der
deutsch-sowjetischen Front kurz vor der Schlacht von
Stalingrad im Jahr 1942 zu überprüfen. In der Folge
wertete er die History of Soviet Military Medicine in the
Great Patriotic War 1941-1945 sowie wissenschaftliche
Zeitschriften aus dieser Zeit aus. So kam er zu diesen
äußerst brisanten Erkenntnissen.61
Erhard Geißler, Genetiker, Molekularbiologe und
Bioethiker und andere Experten äußerten einige Vor­
behalte zu den Ergebnissen von Alibekov, weil diese
weder auf persönlichen Erfahrungen, noch durch Do­
kumente der Roten Armee selbst schlüssig belegt sein
würden.62
Andere wiederum erklärten, der Tularämie-Aus­
bruch wäre keiner absichtlichen Verbreitung geschul­
det, sondern »natürlichen« Ursprungs; verursacht
durch einen völligen Zusammenbruch der öffentli­
chen Gesundheitsinfrastruktur.63
Alibekov hingegen verbreitete weiter, dass die
Tularämie-Epidemie, die Zehntausende von sowjeti­
schen und deutschen Soldaten an der Ostfront wäh­
rend des Zweiten Weltkriegs befallen hätte, das Er­
gebnis einer »absichtlichen Anwendung« gewesen
sein könnte.64 Ebenso blieb er dabei, dass sich ein
mysteriöser Tularämie-Ausbruch kurz vor der
Schlacht um Stalingrad im Jahre 1942 ereignet hätte.65
Geißler schrieb dazu, dass der Ausbruch jedoch kei­
neswegs »mysteriös« gewesen sei, gab es doch bereits

113
seit 1926 zwischen dem Schwarzen und dem Kaspi­
schen Meer mehrere große Tularämie-Epidemien.66
Dies war offenbar auch der Grund dafür, dass die
Sowjets die Hauptüberträger der Hasenpest, nämlich
Mäuse und andere Nagetiere, auszurotten versuch­
ten.67
Demgegenüber erklärte Alibekov, dass ein großer
Tularämie-Ausbruch im Gebiet der Wolga zuerst un­
ter deutschen Panzertruppen im Spätsommer 1942
auftrat. Innerhalb von sieben Tagen erkrankten Tau­
sende Soldaten - deutsche, wie auch russische - so­
wie Zivilisten.68
Dass es einen solchen gegeben haben muss, scheint
unzweifelhaft, denn selbst die sowjetische Prawda be­
richtete darüber. So schrieb die russische Tageszei­
tung gar von einem »Einsatz von infizierten Ratten
gegen die Nazi-Armee«, die jedoch auch einen umge­
kehrten Effekt hatte: Die Krankheit drang über die
Frontlinie und steckte viele eigene (sowjetische) Sol­
daten und Zivilisten an. Dementsprechend betraf die
Epidemie also nicht nur den Feind.69
Geißler hingegen behauptete, dass die Tularämie­
Ausbrüche nicht im Sommer, sondern im Winter
1941/42 begannen.7° Ferner werden die Zahlen der
Tularämie-Fälle bezweifelt.

1 14
Abb. 36: Rotarmisten vom Dach eines Hauses in
Stalingrad (Januar 1 943)
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183-E0406-0022-001 / CC-BY-SA
3.0 (https://commons. wikimedia.org/wiki/
File:Bundesarchiv_Bild_183-E0406-0022-
001,_Russland,_Kesselschlacht_Stalingrad.jpg))

Geißler: »Und unabhängig von der Differenz dieser


Zahlen machen die folgenden Zahlen deutlich, wie
marginal die Auswirkungen der Epidemie auf die
Leistungsfähigkeit der deutschen Truppen tatsäch­
lich waren: Während Gerhard Rose daran erinnerte,
dass die Tularämiefälle unter der russischen Bevölke­
rung während des Krieges ,Hunderttausende'71 be­
trugen, erkrankten in den Jahren 1941 -42 nur 130
deutsche Soldaten an Tularämie, und im Zeitraum
1939-43 waren insgesamt 1 771 Tularämiefälle bei den

1 15
deutschen Feldtruppen diagnostiziert worden (plus
zwei weitere bei den Ersatztruppen).« Und: »In die­
sen Zahlen sind auch Fälle enthalten, die bei den in
Norwegen dienenden Truppen diagnostiziert wur­
den. Daher ist die im Pravda-Artikel aufgestellte Be­
hauptung, dass ,etwa 50 Prozent der deutschen Ge­
fangenen, die nach der Schlacht von Stalingrad gefan­
gen genommen wurden, an den klassischen Sympto­
men der Tularämie litten' einfach nicht glaubwürdig.
Aus deutscher Sicht war die Tularämie zwar eine
Kriegskrankheit, aber von viel geringerer Bedeutung
als andere Krankheiten.«72
Geschlussfolgert wurde, dass der Ausbruch durch
Feld-, Wald- und Spitzmäuse sowie andere Nagetiere
verursacht wurde. Sie vermehrten sich rasend
schnell, weil das Getreide wegen des Krieges nicht ge­
erntet und das Gras nicht gemäht wurde und somit
eine große Nahrungsquelle für die Nager bot. Dazu
gehörte auch, dass die zur Verhinderung von Pest
und Tularämie eingerichteten Systeme in der Folge
des Krieges zusammengebrochen waren. Dement­
sprechend sollen sich die meisten Soldaten mit den
im Kot der Nagetiere enthaltenen Tularämie-Bakte­
rien, durch den Staub von den Feldern und somit
kontaminiertem Brot, angesteckt haben. Oder durch
verunreinigtes Wasser, Mücken und Zecken.73
Trotz allem: Alibekov blieb dabei, dass 70 Prozent
der Infizierten an der gefährlichen Lungentularämie
litten. Dieser »Ansturm von Infektionen« sei nur

116
durch die »Einwirkung einer plötzlichen und kon­
zentrierten Menge von Tularämie bei den deutschen
Truppen« zu erklären. Ebenso, dass die »pneumoni­
sche Form der Krankheit« nur durch gezielte Ausbrei­
tung verursacht worden sein könne.74 In der Tat wa­
ren auch 95,2 Prozent der sowjetischen Soldaten (De­
zember 1942 bis Januar 1943) von Lungentularämie
betroffen. 75
Geißler konterte, dass dieser hohe Prozentsatz an
Lungeninfektionen »kein Beweis für eine feindliche
Ausbreitung der Erreger« sei, weil die pulmonale
Tularämie »nicht nur nach einer absichtlichen Aus­
breitung« auftrete, sondern auch durch eingeatmeten
Staub von kontaminiertem Stroh, Heu oder Erde etc.
Davon ließ sich Alibekov nicht beirren, führte ins
Feld, dass ein sowjetischer Professor ihn dazu aufge­
fordert hätte, niemals mehr über eine »absichtlich
herbeigeführte Tularämie-Epidemie« zu sprechen.
Deshalb war er nach wie vor fest überzeugt, dass
sowjetische Truppen Tularämie-Erreger gegen die
Deutschen versprüht haben mussten. »Eine plötzli­
che Änderung der Windrichtung oder verseuchte Na­
getiere, die die Linien passierten« hätten dann die ei­
genen Soldaten infiziert. So hätte sich die Krankheit
schließlich in der Region verbreitet.76
Auch ein Oberstleutnant der Roten Armee, der
während des Zweiten Weltkriegs in einem geheimen
Biowaffen-Labor in Kirov arbeitete, berichtete Alibe­
kov, dass 1941 eine Tularämie-Waffe entwickelt wur-

1 17
de und diese auch ohne Zweifel »eingesetzt« worden
sei.77
Wie der deutsche Biowaffen-Experte Heinrich
Kliewe bestätigte, sagte ein sowjetscher Kriegsgefan­
gener 1942 vor der deutschen Abwehr aus, dass auf
der Insel Wosroschdenije gemeinsame Versuche mit
Tularämie-Agenzien mit gutem Erfolg durchgeführt
worden seien. »Die Bakterienemulsionen wurden an­
geblich in ,Tanks' abgefüllt, die an Kraftfahrzeugen
befestigt waren« und dann als »Mikrobenwolken un­
ter hohem Druck in Windrichtung verstreut«. Außer­
dem sollen kleine Glasballons und infizierte Metall­
pfeile aus Flugzeugen abgeworfen worden sein. Des­
halb veranlasste Kliewe Schutzmaßnahmen vor der
feindlichen Verbreitung von Tularämie. Allerdings
erwähnte er keinen angeblichen oder tatsächlichen
Einsatz von Bakterien als Waffen durch sowjetische
Truppen oder Saboteure.78
Und eine weitere Frage stellt sich: Warum wurden
in den 1940er-Jahren führende sowjetische Mikrobi­
ologen nicht nur angeklagt und inhaftiert, sondern
einige von ihnen sogar hingerichtet? Sie sollen
Biosabotage betrieben und zwischen 1939 und 1941
unter anderem den Tularämie-Erreger verbreitet ha­
ben.79
Trotz allem stand für Geißler weiterhin fest, dass es
abgesehen von Alibekovs Behauptungen über den
Tularämie-Einsatz der Roten Armee gegen die Deut­
schen sonst keine Berichte geben würde. Aus meh-

118
reren Gründen sei diese nicht bereit gewesen, »solche
Waffen während des Zweiten Weltkriegs einzuset­
zen.«80
Geißler: »Nach dem Krieg erwähnte Kliewe die ,an­
gebliche Möglichkeit, dass die Russen Bakterienwol­
ken für Pest und Tularämie einsetzten', sagte aber
aus, dass ,obwohl es den Glauben zu geben scheint,
dass die Russen bereit waren, BW (Biowaffen/GG) zu
benutzen, gibt es dafür keinerlei dokumentarische
Beweise, obwohl die Deutschen zwei der angeblichen
BW-Stationen überrannt haben'. In ähnlicher Weise
berichtete Walter Hirsch, Leiter des deutschen BW­
Komitees Arbeitsgemeinschaft Blitzableiter ... «81

Abb. 37: Stadtzentrum von Stalingrad


(2. Februar 1943)

119
(Fotoquelle: RlA Novosti-Archiv, Bild Nr. 602161 / Zelma / CC­
BY-SA 3.0 (https://commons. wikimedia.org/wiki/File:RIAN_
archive_602161_Center_of_Stalingrad_after_liberation.jpg)

Letztlich behauptete Alibekov, dass so viele deutsche


Panzertruppen an Tularämie erkrankten, dass der
Südrussland-Feldzug vorübergehend zum Stillstand
kam. Dies würde darauf hindeuten, dass die Nieder­
lage der Wehrmacht bei Stalingrad zumindest teil­
weise durch diesen Epidemie-Ausbruch verursacht
worden sei.82
Geißler dazu: »Die 4. Panzerarmee unterbrach in
der Tat ihren Vormarsch auf Stalingrad, aber bereits
im Juli 1942 - fünf Monate bevor die ersten Fälle von
Tularämie im November desselben Jahres auftraten.
Der Vormarsch der Truppen auf Stalingrad wurde
nicht durch die Krankheit verzögert, sondern durch
Hitler. Am 13. Juli 1942 gab er den Befehl, die Rich­
tung ihres Vormarsches nach Süden zu ändern, um
die 1. Panzerarmee zu unterstützen, die den Befehl
hatte, den Don südlich von Stalingrad bei Rostow zu
überqueren und sich dem Kaukasusgebirge zu nä­
hern. Diese Entscheidung wurde nur 18 Tage später
revidiert, als Hitler stattdessen befahl, dass die 4. Pan­
zerarmee Stalingrad angreifen solle.«
Und weiter: »Laut dem bekannten Militärexperten
Basil Henry Liddell Hart war Hitlers Befehl vom 13.
Juli eine Hauptursache für die deutsche Niederlage in
der Schlacht von Stalingrad. Der Führer war für die

120
Katastrophe verantwortlich und nicht Francisella tula­
rensis (unabhängig davon, ob die Krankheit waffenfä­
hig gemacht und von der Roten Armee verbreitet
wurde oder nicht).«83
Doch nach wie vor gehört Alibekov keineswegs zu
den »Verschwörungstheoretikern«, sondern war ein
hochrangiger Offizier und Wissenschaftler. Ange­
sichts der aufgeführten Fakten sollte man deshalb die
Möglichkeit eines »Test-Versuchs« der Roten Armee
mit Tularämie-Bakterien gegen die deutsche Wehr­
macht nicht vollends ausschließen.
Natürlich wird die Geschichte der Sieger - und da­
mit auch unsere eigene - diese Episode nicht thema­
tisieren. Gleich gar nicht verifizieren. Niemand hat
ein Interesse daran. So bleiben weiterhin Gerüchte,
Aussagen und Gegenaussagen, aber ebenso ernstzu­
nehmende Fakten.

Zusätzliche Quellen:
BACKGROUND DOCUMENT (Geissler), 23rd
Workshop of the Pugwash Study Group on the Im­
plementation of the Chemical and Biological Weap­
ons Conventions: Achieving a Successful Outcome of
the Sixth Review Conference Geneva, Switzerland, 3-
4 December 2005: Alibek, Tularaemia and the Battle of
11

Stalingrad " (The CBW Conventions Bulletin, No.


69+70 (2005), 10-15 (https://www.prof-dr-erhard-

121
geissler.de/geschichte-der-biowaffen/alte-und-neue­
desinformationen/tular%C3%A4mie-und-die-stalin­
grader-schlacht/9/Zugriff: 26.03.21///Richard Overy:
Russlands Krieg, 2004, S. 286//fforsten Diedrich: Sta­
lingrad 1942/43, Stuttgart 2018, S. 149/// Dr. phil. Utz
Anhalt: ,,Biologische Kriegsführung" in: heilpraxis­
net.de v. 27.07. 2019 (https://www.heilpraxis­
net.de/themen/biologische-kriegsfuehrung/)/Zugriff:
27.03.21///"Todesopfer der Schlacht um Stalingrad
nach Kriegspartei vorn 23. August 1942 bis zum 02.
Februar 1943" in: statista.com (https://de.sta­
tista.corn/statistik/daten/studie/1093370/urnfrage/to­
desopfer-der-schlacht-um-stalingrad-nach-kriegs­
partei/)/Zugriff: 26.03.21///"Tularämie: Hasenpest ge­
fährdet auch Menschen" in: pharrnazeutische-zei­
tung.de v. 24.06. 2002 (https://www.pharrnazeu
tische-zeitung.de/inhalt-26-2002/rnedizin3-26-2002/)/
Zugriff: 26.03.21

122
8. Verschwiegen: »Little Pearl Harbor« -
Bari und das Geheimnis des verbotenen
Senfgases der Alliierten!

Über Jahrzehnte wurde diese Kriegsepisode


vertuscht!
Lesen Sie hier die wahren Hintergründe über die
Senfgas-Katastrophe in Bari!
Bis zum Schluss versuchten die Alliierten den
Deutschen dafür die Schuld in die Schuhe zu
schieben!

Über Jahrzehnte blieb diese Katastrophe ein gutgehü­


tetes Geheimnis der Alliierten: Der 2. Dezember 1943
ist fest im Gedächtnis der Italiener verankert, zumin­
dest jenen, die in der Stadt Bari an der Adriaküste
wohn(t)en. Die Hauptstadt der Region Apulien war
ein strategisch gewichtiger Schifffahrtshafen und
spielte deshalb eine große Rolle für den Nachschub
der Alliierten im Kampf gegen das Deutsche Reich,
um Nahrungsmittel und Munition an Land zu brin­
gen. Insbesondere betraf das Bemard »Monty« Mon­
tgomerys 8. US-Army sowie Generalmajor James
Doolittles 5. US-Landeflotte.
An diesem 2. Dezember 1943 startete die 2. Deut­
sche Luftflotte mit mehr als 100 Flugzeugen einen An­
griff auf Bari, von dem die Alliierten völlig überrascht
wurden. Denn diese sahen den Hafen nicht als po-

123
tentielles Ziel an und deshalb war jener nur unzu­
reichend geschützt.

Abb. 38: Eine Junkers Ju 88 A-14


(Fotoquelle: Bundesarchiv Bild 101 I-41 7-1766-03A / Eilerbrock /
CC-BY-SA 3.0)

Die folgenden Ereignisse wurden später auch als


» Little Pearl Harbor« bezeichnet. Bei dem Angriff ver­
senkten die sich schnell bewegenden Junkers Ju 88-
Bomber 17 feindliche Schiffe - nur eines weniger als
in Pearl Harbor. Darunter ein Schiff, das mit 5.000
Tonnen Munition beladen war, die in einem wahren
Höllensturm explodierte. Ölleitungen borsten und
brannten.

124
Aber es sollte noch viel schlimmer kommen: Unter
den getroffenen Schiffen war der Liberty-Frachter »SS
John Harvey«, der, wie sich gleich darauf herausstellte,
nicht nur eine äußerst geheime, sondern auch eine äu­
ßerst tödliche Fracht an Bord hatte: nämlich 1 .350 Ton­
nen Senfgasbomben! Genauer etwa 2.000 Bomben,
die jeweils 60 bis 70 Pfund des chemischen Kampf­
stoffes Bis(2-chlorethyl)sulfid enthielten.
Da der Hafen bereits mit Schiffen gefüllt war, die
alle darauf warteten, entladen zu werden, stand der
Kommandant der »SS John Harvey«, Kapitän Elwin F.
Knowles, zuvor schon vor einem Dilemma. Natürlich
wusste er von seiner tödlichen Fracht und wollte sie
vor dem Angriff, mit dem auch er nicht gerechnet
hatte, so schnell wie möglich abladen. Allerdings
konnte er den Hafenbehörden nicht mitteilen, was
sein Schiff beförderte, war Senfgas doch nach seiner
Verwendung im Ersten Weltkrieg durch das Genfer
Protokoll von 1 925 verboten.
So beschloss Knowles zu warten, bis er an der Reihe
war. Hätte er dem Hafenmeister reinen Wein einge­
schenkt, hätte er riskiert, vor ein Kriegsgericht gestellt
zu werden, weil er streng geheime Informationen ver­
öffentlichte. Nach dem Angriff der Deutschen, deren
Bomben auch die »SS John Harvey« nicht verschonten,
hatte diese Entscheidung jedoch schwerwiegende
Konsequenzen.
Der Hafen von Bari verwandelte sich in eine Hölle!
Das Chaos brach aus. Das schlimmste war das Senf-

1 25
gas, das mit riesigen Explosionsfontänen in die Luft
geschleudert wurde und sich dann über jeden und al­
les im Hafengebiet ergoss. Außerdem trieb eine ge­
waltige Wolke toxischer Dämpfe durch die Stadt. Das
Meer wurde kontaminiert. Diejenigen Überlebenden,
die von den versenkten Schiffen in Sicherheit
schwimmen wollten, schluckten giftiges Wasser, das
zudem ihre Haut und ihre Kleidung verseuchte. Da­
von ahnten sie jedoch nichts, ansonsten hätten die
Zahl der Verletzungen und Todesfälle durch einfache
Maßnahmen wie Waschen und das Wechseln der Be­
kleidung verringert werden können. Die Symptome
einer Senfgasvergiftung selbst beginnen sich norma­
lerweise erst 24 Stunden nach Kontakt zu entwickeln.
Trotz allem entschlossen sich die Alliierten dazu,
zunächst die verheerende Senfgas-Katastrophe ge­
heim zu halten. Der britische Historiker Antony Bee­
vor schreibt diesbezüglich: »Die Geheimhaltung, die
man über das Senfgas und den Tod der gesamten Be­
satzung der Harvey verhängte, bedeutete, dass die
Ärzte, die Soldaten und Zivilisten behandelten,
nicht in der Lage waren zu erkennen, weshalb so
viele ihre Augen nicht öffnen konnten (aufgrund
von Bindehautentzündungen/GG) und unter sol­
chen Schmerzen starben. Es brauchte zwei Tage, bis
sie einigermaßen sicher waren, was der Grund sein
könnte. « 84
Zuerst blieb dem medizinischen Personal die Ursa­
che der Verletzungen, wie etwa Bindehautentzün-

126
dungen, Atembeschwerden oder Blasen auf der Haut,
ein Rätsel. Das war nicht verwunderlich, weil es keine
Erfahrungen mit Auswirkungen chemischer Waffen
besaß. Erst später wurde der Armeechirurg Dr. Ste­
wart F. Alexander geschickt, der die Symptome er­
kannte und die Betroffenen dementsprechend behan­
delte. Selbst der britische Premier Winston Churchill
befahl dem eigenen medizinischen Personal, die Ur­
sache der Verluste zu verschweigen.&5
Etwa 600 Soldaten und Angehörige der Handelsma­
rine wurden verätzt, rund 1 00 von ihnen starben. Die
Zahl der getöteten Zivilisten betrug etwa 1 .000.
Kurzum: Aufgrund der Geheimhaltung der tödli­
chen Fracht, opferten die Alliierten sowohl ihre eige­
nen Leute, als auch die Einheimischen.
Ȇber 1 .000 Soldaten und Matrosen der Alliierten
sowie eine unbekannte Zahl Italiener ließen ihr Le­
ben. Dies war einer der verheerendsten Angriffe der
Luftwaffe während des gesamten Krieges (Bee­
vor ).«86
Auch die Kriegsberichterstatter stellten bald fest,
dass jeglicher Hinweis auf diesen Angriff von den
Zensoren gestrichen worden war.
Zunächst stellte man es so dar, dass die Deutschen
den verbotenen Kampfstoff abgeworfen hätten. Doch
dann wurde eine im Hafenbecken gefundene Gas­
bombe als amerikanisches Modell identifiziert. Des­
halb führten die Alliierten keinen entsprechenden
Gegenschlag durch.

127
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Abb. 39: Ein Senfgas-Warnplakat zur Kriegszeit


(»Senfgas riecht nach Knoblauch, Meerrettich,
Senf(gas) ist ein starker Hautkampfstoff«)
(Quelle Bildzitat/Screenshot:
https://www.warhistoryonline.com/history/allies-secret­
mustard-gas-cargo.html (Zugriff: 17.04.21) )

128
Nachdem die wahren Verursacher der Bari-Senfgas­
Katastrophe feststanden, befürchteten sie vielmehr,
dass wenn die Achsenmächte (Deutschland, Italien,
Japan) von dieser verbotenen »Geheimwaffe« erfuh­
ren, dies das Risiko eines ernsthaften chemischen
Krieges erhöhen würde.
Schließlich erklärten die Amerikaner, sie hätten die
Senfgasbomben für die Verteidigung einsetzen wol­
len, im Falle dessen, dass die Deutschen zu chemi­
schen Waffen greifen sollten.
Inwiefern dies glaubwürdig war, vermag ich an die­
ser Stelle nicht zu beurteilen.
Nichtsdestotrotz gingen die Lügen der Alliierten
weiter. Die Todesfälle im Zusammenhang mit den
US-Senfgasbomben wurden als Verbrennungen auf­
grund »feindlicher Aktionen« registriert.
Schon damals also wurden ganz bewusst »Fake
News« gestreut, um dieses verheerende Giftgas-De­
saster, das den Hafen von Bari für mehr als ein Jahr
außer Betrieb setzte, den Deutschen in die Schuhe zu
schieben.
Übrigens: Erst 1974 gaben die Engländer die Akten
über den genauen Hergang frei.

Zusätzliche Quellen:
Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand,
Koblenz 1986, S. 160-165///Robert Harris/Jeremy
Paxman: Der lautlose Tod - Die Geschichte der

129
biologischen und chemischen Waffen, München 2002,
S. 191-197///Elly Farelly: ,,The Allies' Secret Mustard
Gas Cargo Made the Attack on Bari an Even Worse
Disaster" in: warhistoryonline.com v. 14.03. 2018
(https://www.warhistoryonline.com/history/allies­
secret-mustard-gas-cargo.html )/Zugriff: 17.04.21

130
9. Vergessen: Das Geheimnis um die
Bomben auf die Vatikanstadt!

Briten und Amerikaner bombardierten das


faschistische Italien!
Doch nach Mussolinis Sturz fielen Bomben auch auf
die Vatikanstadt!
Bis heute bleibt ungeklärt, wer dafü.r verantwortlich
ist!

5. November 1943: Seit fünf Monaten schon war der


faschistische italienische Diktator Benito Mussolini
(1883-1945) gestürzt. Die deutschen Truppen stellten
sich hundert Kilometer südlich von Rom in der soge­
nannten »Gustavlinie« gegen die alliierten Streit­
kräfte. Die italienische Armee war längst entwaffnet
und interniert.
Vatikanstadt, 20:10 Uhr: Am Himmel über dem klei­
nen Kirchenstaat tauchte ein niedrig fliegendes Flug­
zeug auf, kreiste über dem Petersdom. Dann entlud
es fünf Bomben ...
Der erste Sprengkörper explodierte neben dem Va­
tikan-Bahnhof. Der zweite in der Mosaikwerkstatt.
Der dritte beschädigte die Mauer des Gouvemeurpa­
lastes. Die vierte Bombe schlug direkt neben der Ap­
sis des Petersdoms, auf dem Santa-Marta-Platz ein,
wobei Scheiben der Basilika zu Bruch gingen. Die
fünfte detonierte nicht.

131
Abb. 40: Vatikanstadt mit Petersdom
(Fotoquelle: Rabe!
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vatikanstadt_2014-
08-05i.jpg))

Zum Glück gab es bei diesem mysteriösen Bomben­


angriff außer beträchtlichen Sachschäden, weder Tote
noch Verwundete. Allerdings verletzte dieser die
Neutralität des Heiligen Stuhls.
Bis heute scheint nicht geklärt, wer dafür verant­
wortlich ist. Etwa die Amerikaner, die Engländer, die
Deutschen, vielleicht sogar Mussolinis Faschisten?
Oder steckten andere Motive dahinter? Beispiels­
weise eine Flugzeugcrew, die sich verirrt hatte und
einfach die Bombenladung loswerden wollte?

132
Abb. 4 1 : Zerstörung nach den mysteriösen Bomben
auf den Vatikan
Quelle Screenshot/Bildzitat:
https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-
1 1/geschichte-vatikan-bomben-faschisten-pius-xii-mussolini-75-
j ahre.html#&gid=null&pid=2 (Zugriff: 24.04.21)

In einer dieser Versionen wurde der italienische Fa­


schist Roberto Farinacci beschuldigt, der als Ziel Ra­
dio Vatikan ausgemacht haben sollte. Die Begrün­
dung: Der päpstliche Sender würde »unzensierte
Nachrichten« ausstrahlen. Anscheinend war Fari­
nacci bereits innerhalb Mussolinis Reihen aufgefal­
len.
Dazu erklärt der Buchautor Augusto Ferrara: »Mit
Sicherheit wollte man Radio Vatikan mit seinen Über­
tragungen aus der Vatikanstadt treffen! Der Angriff
wurde von einem Faschisten durchgeführt, der sich
in Viterbo ein Flugzeug beschafft hatte und damit den

1 33
Vatikan überflog. Er wollte die Nachrichten, die Ra­
dio Vatikan ausstrahlte, zum Schweigen bringen. «87
Aber war das wirklich so? Mussolini selbst verur­
teilte diese Aktion gleich danach. Das einzige Indiz,
das es für diese Theorie gibt, ist ein scheinbar abge­
hörtes Telefonat von einem Priester aus Viterbo, der
seinem Gesprächspartner erklärt haben soll: »Es sind
die Faschisten, die dahinter stecken.«88
Eine andere Version handelt von einem, wie bereits
erwähnt, amerikanischen Flugzeug, das irrtümlich
und aus »unbekannten Motiven« seine Bombenlast
auf die Vatikanstadt entlud. Das soll eine vertrauliche
Mitteilung an Kardinalsekretär Luigi Maglione bele­
gen. Wenige Tage nach dem Angriff soll er einem
päpstlichen Diplomaten anvertraut haben, der US­
Stabschef hätte ihn darüber informiert, dass der Ab­
wurf »vermutlich auf einen amerikanischen Piloten
zurückgeht, der sich verirrt hat. «89
Ein Fehlabwurf jedoch schien ausgeschlossen zu
sein, weil der einzelne Bomber zuvor schon längere
Zeit über Rom kreiste. Zudem herrschte bei klarem
Mondlicht beste Sicht.
Eine andere Möglichkeit wurde vor allem von den
Alliierten, insbesondere von den Amerikanern, nicht
an die große Glocke gehängt. Denn schon am 19. Juli
1943 warfen in der von langer Hand geplanten Ope­
ration »Crosspoint« B-24-»Liberator«-Flugzeuge der
US Air Force und britische Bomber in drei Stunden
mehr als 1.000 Tonnen Bomben auf die Ewige Stadt

134
ab. Vor allem über dem San-Lorenzo-Viertel im Osten
Roms.

Abb. 42: Papst Pius XII.


(Fotoquelle: Michael Pitcairn (https://mundabor.wordpress.com/
2013/05/25/beati-simplicissimi/ (https://commons.wikimedia.
org/wiki/File:Pius_XII_with_tabard,_by_Michael_
Pitcairn,_1951.png)

135
Zu jener Zeit regierte dort noch Mussolini. Offiziell
gab es bei den Angriffen 1.492 Tote, 1.600 Verletzte
und zahlreich zerstörte oder schwer beschädigte Ge­
bäude. Darunter die Papst-Basilika San Lorenzo.
Diesbezüglich wurde im Jahr 2018 vom Domradio,
dem Multimediasender des Erzbistums Köln, fol­
gende Geschichte kolportiert: »Während sich weder
König Viktor Emanuel III. noch ein Vertreter der fa­
schistischen Führungsriege blicken ließen, traf der
Papst auf den Vorplatz der San-Lorenzo-Basilika mit
den traumatisierten Menschen zusammen. Inmitten
der Trümmer kniete er nieder und betete das Klage­
gebet ,De profundis'. Seine Soutane war blutver­
schmiert - ein verwundeter Junge hatte ihn berührt.
Die Menschen riefen ,Wir wollen Frieden'. Pius XII.
tröstete die Verletzten und Hinterbliebenen. Flehend
und warnend erhob er die ausgebreiteten Arme zum
Himmel. Die Geste zählt zu den ausdrucksstärksten
Bildern seines Pontifikats. Sie ist vor Ort, nahe dem
Eingang zum Verano-Friedhof, in einer lebensgroßes
Bronzeskulptur festgehalten.«9()
Obwohl Papst Pius XII. (1876-1958) bereits im Som­
mer 1940 versucht hatte, die Alliierten zu einem
schriftlichen Verzicht auf eine Bombardierung Roms
zu bewegen, verhallte diese Bitte ungehört, wie die
Zeitgeschichte zeigt.
Deshalb stellt sich noch heute die Frage, ob am 5.
November 1943 eventuell - wie schon zuvor- die
Amerikaner ganz »bewusst« die Vatikanstadt ange-

136
griffen hatten, als Warnung für den Pontifex, seine
Neutralität nicht aufzugeben?
Wie auch immer: Der Heilige Stuhl protestierte
energisch. Dabei erbrachte die Untersuchung der
Bombensplitter keine Hinweise. Diplomaten Groß­
britanniens, der USA und des Deutschen Reiches be­
schuldigten jeweils den Kriegsgegner. Das ganze gip­
felte darin, dass die Alliierten unter anderem im ge­
wohnten Muster behaupteten, die Deutschen hätten
»erbeutete britische Bomben« eingesetzt, um ihnen
die Schuld des Angriffs in die Schuhe zu schieben.

Zusätzliche Quellen:
,,Vor 75 Jahren: Bomben auf den Vatikan" in: vatican­
news.va v. 5. November 2018 (https://www.vatican­
news.va/de/vatikan/news/2018-11/geschichte-vati­
kan-bomben-faschisten-pius-xii-mussolini-75-
jahre.html)/Zugriff; 24.04.21///,,Wer warf die Bomben
auf den Vatikan?" in: weit.de v. 21. Dezember 2020
(https://www.welt.de/geschichte/zweiter-welt­
krieg/article1215317l6/2-Weltkrieg-Wer-warf-die­
Bomben-auf-den-Vatikan.html)/Zugriff: 24.04.21

137
10. Verschwiegen: »Verwüstung der
päpstlichen Sommerresidenz und die
Tötung von Flüchtlingen« - Das
ungesühnte Kriegsverbrechen der
Alliierten!

Zweimal bombardierten Amerikaner und Briten


Castel Gandolfo!
Ein Angriff auf den Vatikan!
Hunderte Flüchtlinge kamen dabei ums Leben!

Castel Gandolfo, die Sommerresidenz des Papstes, er­


hebt sich rund fünfundzwanzig Kilometer südöstlich
von Rom über dem Lago di Albano. In ihr befindet
sich der Apostolische Palast mit seinen Gärten, die
Villen Cybo und Barberini, ein Priesterkolleg - in dem
im Zweiten Weltkrieg eine Krankenstation eingerich­
tet wurde - ein Frauenkloster sowie eine Sternen­
warte. Nach Gründung des Vatikanstaates im Jahr
1929 erhielt auch Castel Gandolfo exterritorialen Sta­
tus. Diese besondere diplomatische Konstitution ga­
rantierte die Unverletzlichkeit seiner Grenzen gegen­
über jeder ausländischen Armee oder Miliz.
In den Kriegsjahren 1943 und 1944 bot die päpstli­
che Sommerresidenz mehr als 12.000 Menschen Zu­
flucht. Vor allem Männern, Frauen und Kindern jüdi­
scher Abstammung, politisch (von der SS) Gesuchten
und Obdachlosen, die in den Gärten errichteten

138
Baracken, Zelten oder unterirdischen Gängen unter­
gebracht wurden. Seine Privatgemächer stellte der
Papst Schwangeren zur Verfügung; sein Schlafzim­
mer wurde zur Hebarnrnenstation umfunktioniert.
Insgesamt kamen im Apostolischen Palast 36 Kinder
gesund und munter zur Welt.
Militärisch geschützt wurde Castel Gandolfo von
einer Abteilung der Päpstlichen Palatingarde, die aus
römischen Freiwilligen bestand. Ebenso von einer
»Hauspolizei« aus ehemaligen Carabinieri und pen­
sionierten Soldaten.
Über den Gebäuden der Sommerresidenz des Pon­
tifex wehten die gelbweißen Fahnen des Vatikans, die
den Kriegsparteien den völkerrechtlichen Status des
Territoriums anzeigten. Selbst in Washington und
London war der Heilige Stuhl einst vorstellig gewor­
den, um den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzu­
stellen. Allerdings wurden diese Bittgesuche von den
Alliierten nicht erfüllt, störten sie doch deren strate­
gische, militärische Pläne.
In jener Zeit unterstützten anglo-amerikanische
Bombengeschwader die Offensive der eigenen Ver­
bände in Italien nach ihrer Landung am 20. Januar
1 944. Unvermindert setzten sie dabei ihre Angriffe
fort, so dass auch die Bewohner der Castelli Romani
(ein Gebiet von sechzehn Gemeinden in der Region
Latium) gezwungen waren, zu Tausenden zu fliehen.
Ihr Ziel war das vermeintlich sichere vatikanische
Territorium in den Albaner Bergen. Genau das aber

139
wurde vielen von ihnen zum Verhängnis, erwartete
sie dort doch eine Katastrophe.
Es war am 1. Februar 1944, als plötzlich amerikani­
sche und britische Bombergeschwader über den Ber­
gen auftauchten und gleich darauf ihre tödliche
Fracht über die Castelli Romani und der päpstlichen
Sommerresidenz samt seinen Villen entluden. Und
das trotz der weithin gut sichtbaren gelbweißen Vati­
kanflaggen.

Abb. 43: Castel Gandolfo in den Albaner Bergen


(Fotoquelle: Heribert Pohl
(https://commons.wikimed ia.org/wiki/File:Castel_Gandolfo,_BIi
ck_vom_Albaner_See_(8260209523).jpg)

Dabei wurden nicht nur die Steingebäude, sondern


ebenso Flüchtlingsbaracken- und Zelte getroffen.
Feuerbrände entflammten, Gebäude stürzten ein,

140
überall Wolken aus Staub und Schreie. Verwundete
und Tote wurden aus den Trümmern geborgen und
in Notquartiere gebracht. Das Chaos war perfekt.
Auch das Frauenkloster der Klarissinnen wurde
von den Bomben nicht verschont. Sechzehn Nonnen
starben. Thre verstümmelten und zerfetzten Leichen
wurden unter den eingestürzten und zerstörten Ge­
bäudeteilen herausgeholt.
Doch bei diesem schrecklichen und völlig sinnlosen
Bombardement der Alliierten blieb es nicht. Denn
schon zehn Tage später, am Morgen des 10. Februar
1944, näherte sich erneut ein anglo-amerikanisches
Bombengeschwader. Auch dieses Mal brachten die
Flugzeuge den grausamen Tod, jedoch noch weitaus
schlimmer.
Die Bomben trafen vor allem hunderte Menschen,
die sich beim Kolleg zur täglichen Verteilung der
Milchration angestellt hatten. Darunter viele Mütter
und Kinder.
Ein Zeitzeuge berichtete: »Ein furchtbares Bild von
apokalyptischem Ausmaß. Ein Bombenkrater neben
dem anderen, Trümmer auf Trümmer, und Opfer,
viele Opfer, überall. Beim Atmen spüre ich den Tod
in meinen Lungen.«91
Die Amerikaner und Briten machten das Missions­
kolleg der päpstlichen Sommerresidenz in einem
wahrhaftigen Blutbad dem Erdboden gleich!
An diesem Tag starben mehr als fünfhundert un­
schuldige Menschen im Bombenhagel der Alliierten.

141
Dabei war zuvor kein einziger Flüchtling, der Zu­
flucht im päpstlichen Castel Gandolfo gefunden
hatte, in die Hände deutscher Besatzer oder italieni­
scher Faschisten geraten. Jetzt aber fielen Hunderte
von ihnen den Bomben der alliierten »Befreier« zum
Opfer.
Meines Erachtens handelte es sich bei diesem Bom­
bardement um ein Kriegsverbrechen, das jedoch ver­
schwiegen und vertuscht wurde und von dem heute
keiner der amerikanischen und britischen Verant­
wortlichen mehr etwas wissen will!
Geschweige denn, dass darüber auch nur eine ein­
zige Zeile in den hiesigen Geschichtsbüchern zu fin­
den ist.

Abb. 44: In den Trümmern von Castel Gandolfo


nach dem Bombenangriff der Alliierten

142
(Quelle Screenshot/Bildzitat:
https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/201 8-
1 1/geschichte-vatikan-bomben-faschisten-pius-xii-mussolini-75-
jahre.htrnl#&gid=null&pid=2 (Zugriff: 24.04.21 )

Zusätzliche Quellen:
„Die Sommerresidenz des Papstes im Bombenhagel
des II. Weltkriegs" in: kath.net v. 7. Februar 2014
(https://kath.net/print/44803)/Zugriff:
24.04.21///,,Dieses die Bomben übertönende Weinen
der Neugeborenen" in: 30giorni.it (30 Tage in Kirche
und Welt 8/2004) (http://www.30giomi.it/arti­
coli_id_4270_l5.htm)/Zugriff: 24.04.21)

143
11. Verdrängt: So wurde der Preußische
Staat »ausgelöscht!«

Preußen musste in jeder Hinsicht mit »Stumpf und


Stiel« vernichtet werden!
Dafür war den Alliierten jedes Mittel recht!
Ganz gleich, welche hervorragenden Leistungen das
Land in jahrhundertealter Tradition erbracht hatte!

Am 25. Februar 1947 geschah etwas Unfassbares: Ein


jahrhundertealter Staat hörte einfach auf zu existie­
ren! Genauer gesagt, wurde er von Fremdmächten
sozusagen mit einem Federstrich »aufgelöst!«
Die Rede ist vom Staat Preußen und bei den
»Fremdmächten« handelte es sich um die alliierten
Besatzungsbehörden, deren Vertreter mit der Unter­
zeichnung des Gesetzes Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats
dieses Land schlichtweg von der Landkarte tilgten.
Und zwar für immer und ewig!
Der Name »Preußen« stammt ab von »Pruzzen«
(»Prußen«, Eigenbezeichnung »Prüsai«), einem balti­
schen Volksstamm, der früher das Gebiet Ostpreu­
ßens bewohnte. Nach deren Unterwerfung durch den
römisch-katholischen Deutschen Orden (auch:
Deutschherrenorden, Deutschritterorden, Deutschorden)
im 13. Jahrhundert wurden die »Pruzzen« von deut­
schen Zuwanderern assimiliert. Ihre Sprache, das

144
»Altpreußische«, war mit dem Litauischen und Letti­
schen verwandt.
Bereits ab dem 1 1 . Jahrhundert versuchte Polen
weitaus mehr als das pruzzische Siedlungsgebiet zu
erobern, um einen Zugang zur Ostsee zu gewinnen.
Allerdings scheiterten diese Kriegszüge am erbitter­
ten Widerstand der Pruzzen.
Seit dem Spätmittelalter bestand Preußen an der
Ostsee, genauer zwischen Pommern, Polen und Li­
tauen. Zunächst war es ein geografischer Flickentep­
pich aus dem Kurfürstentum der Mark Brandenburg,
dem Herzogtum Preußen (rund um Königsberg) und
einzelner Gebiete um Kleve und Ravensberg. Bis ins
Jahr 1918 regierte die Familie der Hohenzollern.
Kein anderer als Kurfürst Friedrich III. (1657-1713),
der sich 1701 selbst zu König Friedrich 1. krönen ließ,
gab diesem Territorium erstmals den Namen »König­
reich Preußen«. Damals standen Teilgebiete des Lan­
des noch unter polnischer Hoheit.
Durch den Dreißigjährigen Krieg, der zwischen
1618 und 1648 tobte, wurde Preußens Kernland Bran­
denburg stark verwüstet.
Mit dem »Soldatenkönig« Friedrich Wilhelm 1.
(1688-1740) begann eine den Staat beherrschende
Armeereform (Vergrößerung des Heeres, Einfüh­
rung einer Wehrpflicht). Nach dem Krieg zusammen
mit Dänemark und Sachsen gegen Karl XII. von
Schweden, wurde Preußens Territorium zur Ostsee
hin erweitert.

145
Abb. 45: Brandenburg-Preußen im Jahre 1618
(Bildquelle: Wikimedia Commons
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Locator_Brandenburg­
Prussia_within_the_Holy_Roman_Empire_(1618).svg)

In der Folge führte der Sohn des »Soldatenkönigs«,


Friedrich II. (1712-1786), auch »Friedrich der Große«
genannt, verschiedene Kriege - unter anderem gegen
Maria Theresia, der Erzherzogin von Österreich so­
wie gegen Schlesien. Friedrich II. nahm eine militaris­
tische Verstärkung Preußens vor, so dass das Land
zur fünften Großmacht in Europa aufstieg.

146
Gleichzeitig begründete er aber auch den »Rechts­
staat«. Attribute wie etwa Fleiß, Pflichterfüllung, Be­
scheidenheit und Einsatz für andere wurden für
wichtig gehalten. Der Staat gab sich liberal, nahm
schon früh Flüchtlinge aus allen Ländern auf. Außer­
dem durften alle Religionen ihren Glauben praktizie­
ren.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Preußen innen­
politisch durch viele Reformen geprägt (Verwaltung,
Regierung, Landwirtschaft und Militär). Von großer
Bedeutung war zudem die Gewerbefreiheit sowie die
Bildungsreform, die Wilhelm von Humboldt (1767-
1835) in die Wege leitete, die wiederum die Freiheit
von Forschung und Lehre einforderte, die bis heute
das Universitätssystem prägt. In seiner programmati­
schen Schrift Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der
Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, stellte Humboldt
erstmals den Einzelnen über die Gemeinschaft; das
Individuum über den Staat.
Nach zwei Jahren im sogenannten »Berliner Frie­
den« wurden Friedrich II. ein Großteil der österreichi­
schen Provinz zugesprochen. Bei der ersten Teilung
Polens (1772) separierten sich neben Preußen auch
Russland und Österreich das Königreich Regnum Po­
loniae.
Preußen besetzte weite Teile des Verbindungs­
stücks zwischen Brandenburg und Königsberg (West­
preußen). König Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) si­
cherte sich weitere polnische Gebiete (Warschau,

147
Danzig, Posen, Thom und Zentralpolen). Damit er­
reichte Preußen ein so großes Staatsgebiet, wie nie zu­
vor in der Geschichte.
An dieser Stelle sei der preußische Staatsmann Karl
August Fürst von Hardenberg (1750-1822) erwähnt,
der von 1804 bis 1807 das Amt des Außenministers
bekleidete und 1810 »mit Billigung Napoleons« zum
Staatskanzler wurde. Mit seiner Rigaer Denkschrift
von 1805 sprach er sich für weitgehende Reformen
aus und strebte einen liberalen Verfassungsstaat an.
So trat er beispielsweise für eine einheitliche Finanz­
und Steuerpolitik ein, für Gewerbefreiheit, für die
Bauernbefreiung und die »Judenemanzipation«.
Während seiner Amtszeit setzte er diese entsprechen­
den Gesetze auch durch. Schon damals bekundete
Karl August Fürst von Hardenberg: »Demokratische
Grundsätze in einer monarchistischen Regierung:
diese scheint mir die angemessene Form für den ge­
genwärtigen Zeitgeist. «92
Nach Ende der Napoleonischen Kriege sorgte der
Wiener Kongress 1815 für eine Neuordnung Europas.
So erhielt Preußen (nun ein Gliedstaat des Deutschen
Bundes, der bis 1866 existierte) das bislang erfolg­
reich im Osten expandiert hatte, auch im Westen neue
Landstriche dazu; nämlich Westfalen und das Rhein­
land.

148
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Abb. 46: Deutscher Bund (1815-1866)


(Bildquelle: Ziegelbrenner (https://commons.
wikirnedia.org/wiki/File:Deutscher_Bund.svg)

In der Schlacht von Königgrätz im Jahr 1866 behaup­


tete sich Preußens wirtschaftliche und militärische
Stellung als Hegemonialmacht mit der Ausschaltung
Österreichs. 1871 wurde nach dem Sieg im Krieg ge­
gen Frankreich der preußische König Wilhelm I. (Wil­
helm Friedrich Ludwig von Preußen (1797-1888))

149
zum ersten Deutschen Kaiser gekrönt. Der preußi­
sche Ministerpräsident Otto von Bismarck (1815-
1898) wurde deutscher Reichskanzler.

Abb. 47: Der erste Deutsche Kaiser: Wilhelm I.


(Bildquelle: Franz Robert Richard Brendamour
(1831-1 91 5) (https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Kaiser_
Wilhelm_l..jpg)

150
Abb. 48: Proklamation des preußischen Königs
Wilhelm I. als Deutscher Kaiser in Versailles
(Bildquelle: Anton von Werner (1843-1915), Museen Nord /
Bismarck Museum
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:A_v_Werner_-
_Kaiserproklamation_am_18_Januar_1871_(3._
Fassung_1885).jpg))

Somit wurde Preußen dominanter Teil des neuge­


gründeten Deutschen Reiches, das alle einzelnen
deutschen Staaten und Fürstentümer unter seiner
Führung vereinigte. Von etwa 41,6 Millionen Ein­
wohnern waren 24,7 Millionen preußisch. Die preu-.
ßische Residenz Berlin wurde zur Hauptstadt
Deutschlands.

151
An Stelle der alten europäischen Ordnung war nun
das Prinzip der nationalstaatlichen Ordnung Europas
getreten.
1876 erfolgte der Anschluss des Herzogtums
Lauenburg, 1891 der Erwerb von Helgoland,
1904/1905 der Gebietsaustausch und die Grenzregu­
lierungen mit Lübeck, Braunschweig und Bremen.

Abb. 49: Die Schlacht bei Königgrätz und


Josephstadt am 3. Juli 1866
(Bildquelle: Landesarchiv Baden-Württemberg
Hauptstaatsarchiv Stuttgart
(https://commons. wikimedia .org/wiki/File:Landesarchiv_Baden­
Wuerttemberg_Hauptstaatsarchiv_Stuttgart_M_703_R964N3_Bil
d_l_(l-116227-1).jpg))

152
Abb. 50: Schlachtfeld von Königgrätz, 3. Juli 1866
(Bildquelle:
https://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bilderrevolution
0264.jpg)

Nichtsdestotrotz war die Einheit der Nation keines­


wegs das Resultat einer nationalen Volksbewegung,
sondern jener von Adel, Militär und Beamtentum ge­
tragenen Führungsschicht des preußischen Staates.
Dementsprechend wurde im Nachhinein und vor al­
lem in der Neuzeit kritisiert, dass diese obrigkeitlich
vollzogene Reichsgründung nicht die bestehenden
demokratischen Legitimationsansprüche erfüllt
hätte. Preußen sei so nicht nur zum Begründer des
Reiches, sondern auch zum Bewahrer seiner inneren
und äußeren Machtstellung geworden.

153
:)

Abb. 51: Otto von Bismarck


(Fotoquelle: Kabinett-Foto (Kunstverlag Carl Krause & Co.
Berlin) (https://commons.wikirnedia.org/wiki/File:Bismarck.jpg))

Nach 1871 lehnte Bismarck Präventivkriege zur Er­


richtung einer stabilen Vorherrschaft Deutschlands

154
ab. Vielmehr richtete sich seine Außenpolitik auf die
Sicherung des Bestehenden, der Aufrechterhaltung
des Gleichgewichts, der Verhinderung feindlicher
Koalitionen sowie auf eine altemativlose Friedenspo­
litik. Die Sorge jedoch, dass das neue Reichsgebilde
Gefahr lief, in einen Zweifrontenkrieg (Frank­
reich/Russland) hineinzugeraten, verließ ihn nie. So
schloss Bismarck 1879 den Zweibund mit Österreich,
der 1882 durch den Beitritt Italiens zum Dreibund
wurde. 1887 vereinbarte Bismarck den Rückversiche­
rungsvertrag mit Russland.
Im 19. sowie im frühen 20. Jahrhundert wurde der
preußische Staat als »Vehikel der effektiven Verwal­
tung und des Fortschritts« gefeiert, als »Befreier des
protestantischen Deutschlands von der österreich­
habsburgischen und der französischen Plage. « Dama­
lige Historiker sahen den »1871 gegründeten, von
Preußen dominierten Nationalstaat als den natürli­
chen, unvermeidlichen und bestmöglichen Endpunkt
der historischen Entwicklung Deutschlands seit der
Reformation« (Clark).93
Reichskanzler Otto von Bismarck war es auch, der
weitreichende, fortschrittliche Sozialgesetze initiierte.
1883 wurde die Krankenversicherung eingeführt,
1884 die Unfallversicherung, 1889 die Invaliditäts­
und Altersversicherung, 1891 die Rentenversiche­
rung. All diese Maßnahmen führte Bismarck gegen
den Widerstand des liberalen Unternehmertums
durch, sah jener doch dadurch nicht nur die freie

155
Wirtschaft gefährdet, sondern befürchtete gleichwohl
finanzielle Verluste.

Abb. 52: Der deutsche Kaiser Wilhelm II. (1904)


(Fotoquelle: TH Voigt, Berliner Illustrierte Zeitung
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kaiser_Wilhelm_II_of
_Germany.jpg)

156
Mit dieser Sozialgesetzgebung, die dem preußischen
Selbstverständnis von der Fürsorgepflicht des Staates
gegenüber den anvertrauten Bürgern entsprach,
schuf Bismarck nicht weniger als die Grundlage für
die Entwicklung des Wohlfahrt- und Sozialstaates,
den wir bis heute haben.
Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg musste der
letzte Deutsche Kaiser Wilhelm II. (Friedrich Wilhelm
Viktor Albert von Preußen (1859-1941)) abdanken, die
anderen Fürsten wurden vertrieben. Deutschland
wurde zu einer Republik, in der der Freistaat Preußen
als das größte Bundesland (sowohl in der Fläche, als
auch bezüglich der Bevölkerungszahl) weiterexis­
tierte.
Der erste sozialdemokratische Ministerpräsident
des Freistaates Preußens, Paul Hirsch (1868-1940), er­
öffnete am 13. März 1919 das Parlament mit folgen­
den Worten: »Preußens Aufgaben sind doch noch
nicht erfüllt. Auf den Geist der Freiheit, der Ordnung
und Arbeit gestützt, soll es noch einmal der deut­
schen Nation und ihrer künftigen friedlichen Größe
dienen. Preußens beste Eigenschaften, Arbeitsamkeit
und Pflichttreue, braucht auch das neue deutsche
Reich zum Wiederaufbau. Das alte Preußen ist tot, es
lebe das neue Preußen! «94
Und am 25. März desselben Jahres erklärte er: »Frei­
heit und Ordnung, das sind die Grundpfeiler, auf de­
nen sich das neue Preußen aufzubauen hat. Aus dem
alten Preußen, das für alle Zeit dahin ist, wollen wir

157
in die Zukunft das hinübernehmen, was gut an ihm
war: den schlichten Geist ernster Pflichterfüllung und
den Geist nüchterner Sachlichkeit. Durch eine
schwere Zeit muss unser Land hindurch ( ... )«95
Dementsprechend wehrte sich die preußische
Staatsregierung gegen die unglaubliche Bürde des
Versailler Vertrages, den die Sieger den Deutschen
auferlegt hatten und der dann auch noch als »Frie­
densvertrag« in die Geschichte einging. Dabei
schwebte er wie ein Damoklesschwert über jedem
einzelnen Haupt. Und kein Volk der Welt hätte ihn so
erfüllen können. Vielmehr schürten die Siegermächte
damit die Saat eines neuen Krieges (siehe dazu Kapi­
tel 1 . Verdrängt: »Letzte Reparationsrate im Jahr 2010!« -
So viel musste Deutschlandfür die beiden verlorenen Welt­
kriege zahlen!)
Am 12. Mai 1919 erließ die preußische Regierung
dementsprechend folgenden Aufruf, der mit folgen­
den Worten schloss: »Dieser Friedensvertrag ist un­
annehmbar, seine Bedingungen sind selbst von dem
entsagungsbereitesten Volk nicht zu ertragen. Wir er­
klären vor der Welt: Lieber tot als Sklav.«96
Allerdings nützte das wenig, weil nicht die preußi­
sche Regierung über die Annahme des Versailler Ver­
trages entschied, sondern die Reichsregierung. Und
jener blieb nichts anderes übrig, genau das zu tun, um
keine weiteren Okkupationen des noch besatzungs­
freien Reichsgebietes durch die Alliierten zu riskie­
ren.

158
Was ich damit sagen will: Die Preußen waren es, die
sich mit ihrem traditionellen Staatsbewusstsein gegen
diesen völlig unannehmbaren Versailler Vertrag so­
gar öffentlich wehrten!
Nachfolgend möchte ich an dieser Stelle einen Aus­
zug aus dem Versailler Vertrag zu Ostpreußen, Me­
mel und Danzig veröffentlichen, ist dies doch der
breiten Öffentlichkeit landläufig so nicht bekannt (die
alte Rechtschreibung wurde wie im Original beibe­
halten) 97:

Teil II.
Deutschlands Grenzen.

Artikel 28.

Die Grenzen Ostpreußens werden unter Vorbehalt der


Bestimmungen des Abschnittes IX (Ostpreußen),
Teil III wie folgt festgesetzt:
von einem Punkte an der Ostseeküste etwa 1 ½ km nörd­
lich der Kirche des Dorfes Pröbbernau und in einer ungefdh­
ren Richtung von 159 ° (von Norden nach Osten gerechnet):
eine im Gelände zu bestimmende Linie von ungefähr
2 km Länge;
von dort in gerader Linie auf das Leuchtfeuer, das an der
Biegung der Fahrrinne nach Elbing ungefähr in 54 ° 19½ ,
nördlicher Breite und 19 ° 26 , östlicher Länge von Green­
wich gelegen ist;
von dort bis zur östlichsten Mündung der Nogat in einer

159
ungefähren Richtung von 209 ° (von Norden nach Osten
gerechnet);
von dort der Lauf der Nogat aufwärts bis zu dem Punkte,
wo dieser Fluß die Weichsel verläßt;
von dort die Hauptfahrrinne der Weichsel aufwärts,
dann die Südgrenze des Kreises Marienwerder, dann die
Südgrenze des Kreises Rosenberg nach Osten bis zu ihrem
Treffpunkt mit der alten Grenze Ostpreußens;
von dort die alte Grenze zwischen West- und Ostpreu­
ßen, dann die Grenze zwischen den Kreisen Osterode und
Neidenburg, dann der Lauf der Skottau abwärts, dann der
Lauf der Neide aufwärts bis zu einem Punkte, der ungefähr
5 km westlich von Bialutten zunächst der alten russischen
Grenze gelegen ist;
von dort nach Osten bis zu einem Punkte unmittelbar
südlich des Schnittpunktes der Straße Neidenburg-Mlawa
mit der alten russischen Grenze
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die nördlich
von Bialutten verläuft;
von dort die alte russische Grenze bis östlich von Schmal­
leningken, dann die Hauptfahrrinne der Memel (des Nje­
men) abwärts, dann der Skierwietharm des Deltas bis zum
Kurischen Haff;
von dort eine gerade Linie bis zum Schnittpunkt der Ost­
küste der Kurischen Nehrung mit der Verwaltungsgrenze
etwa 4 km südwestlich von Nidden;
von dort diese Verwaltungsgrenze bis zum Westufer der
Kurischen Nehrung.
(...)

160
Abschnitt IX.
Ostpreußen.

Artikel 94.

In der Zone zwischen der Südgrenze Ostpreußens, wie sie


im Artikel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegen­
wärtigen Vertrags bezeichnet ist, und der nachstehend be­
schriebenen Linie werden die Einwohner berufen, im Wege
der Abstimmung zu erklären, mit welchem Staate sie ver­
einigt zu werden wünschen:
West- und Nordgrenze des Regierungsbezirks Allenstein
bis zu ihrem Treffpunkt mit der Grenzlinie zwischen den
Kreisen Oletzko und Angerburg; von dort Nordgrenze des
Kreises Oletzko bis zu ihrem Treffpunkt mit der alten
Grenze Ostpreußens.

Artikel 95.

Binnen längstens zwei Wochen nach Inkrafttreten des ge­


genwärtigen Vertrags haben die deutschen Truppen und
Behörden das oben umschriebene Gebiet zu verlassen. Bis
zur Vollendung der Räumung haben sie sich aller Beitrei­
bungen in Geld- und Naturalien und jeder Maßnahme zu
enthalten, wodurch die wirtschaftlichen Interessen des
Landes beeinträchtigt werden könnten.
Mit Ablauf der vorerwähnten Frist wird die genannte
Zone einem internationalen Ausschuß unterstellt, der aus
fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten

161
ernannten Mitgliedern besteht. Dieser Ausschuß erhält all­
gemeine Verwaltungsbefugnis und hat insbesondere die
Aufgabe, die Abstimmung in die Wege zu leiten und alle
Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien,
unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erfor­
derlich erachtet. Er erhält desgleichen Vollmacht zur Ent­
scheidung aller Fragen, zu denen die Ausführung der ge­
genwärtigen Bestimmungen Anlaß gibt. Er trifft ferner alle
geeigneten Anordnungen, um sich bei der Ausübung seines
Amtes durch Hilfskräfte unterstützen zu lassen, die er
selbst unter der örtlichen Bevölkerung auswählt. Er ent­
scheidet mit Stimmenmehrheit.
Stimmberechtigt ist jede Person, ohne Unterschied des
Geschlechts, die den nachstehenden Bestimmungen ge­
nügt:
a) Sie muß bei Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags
das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben;
b) sie muß in der Zone, in der die Volksabstimmung
stattfindet, geboren sein oder seit einem von dem Ausschuß
festzusetzenden Zeitpunkt dort ihren Wohnsitz oder ge­
wöhnlichen Aufenthalt gehabt haben.
Jeder stimmt in der Gemeinde, in der er seinen Wohn­
sitz hat, oder, wenn er seinen Wohnsitz oder Aufenthalt
nicht in der Zone hat, in der Gemeinde, in der er geboren
ist.
Das Abstimmungsergebnis wird gemeindeweise und
zwar nach der Stimmenmehrheit in jeder Gemeinde festge­
stellt.
Nach Beendigung der Abstimmung teilt der Ausschuß

162
den alliierten und assoziierten Hauptmächten die A nzahl
der in jeder Gemeinde abgegebenen Stimmen mit und
reicht gleichzeitig einen eingehenden Bericht über die
Wahlhandlung sowie einen Vorschlag über die Linie ein,
die unter Berücksichtigung sowohl des durch die Abstim­
mung kundgegebenen Willens der Einwohner als der geo­
graphischen und wirtschaftlichen Lage der Ortschaften in
dieser Gegend als Grenzen Ostpreußens angenommen wer­
den soll. Die alliierten und assoziierten Hauptmächte set­
zen alsdann die Grenze zwischen Ostpreußen und Polen in
dieser Gegend fest.
Schließt der von den alliierten und assoziierten Haupt­
mächten festgesetzte Grenzverlauf irgendeinen Teil des im
Artikel 94 umschriebenen Gebiets von Ostpreußen aus, so
erstreckt sich der oben im Artikel 87 vorgesehene, von
Deutschland zugunsten Polens ausgesprochene Rechtsver­
zicht auf die so ausgeschlossenen Gebietsteile.
Sobald die alliierten und assoziierten Hauptmächte die
Grenzlinie festgesetzt haben, werden die ostpreußischen
Verwaltungsbehörden von dem Ausschluß dahin verstän­
digt, daß sie in dem nördlich dieser Grenzlinie liegenden
Gebiet die Verwaltung wider zu übernehmen haben. Diese
Übernahme hat binnen Monatsfrist nach der Benachrichti­
gung und in der von dem Ausschuß vorgeschriebenen A rt
zu erfolgen. Binnen derselben Frist und ebenfalls in der
von dem Ausschuß vorgeschriebenen A rt hat die polnische
Regierung für die Verwaltung des südlich der Grenzlinie
liegenden Gebiets Sorge zu tragen. Sobald hiernach die Ver­
waltung des Landes durch die ostpreußischen oder

163
polnischen Behörden sichergestellt ist, nahmen die Befug­
nisse des internationalen Ausschusses ein Ende.
Die Ausgaben des Ausschusses für seine eigene Tätigkeit
sowie für die Verwaltung der Zone werden aus den örtli­
chen Einnahmen bestritten; das Mehr an Ausgaben wird
nach einem von den alliierten und assoziierten Haupt­
mächten festgesetzten Verhältnis von Ostpreußen getra­
gen.

Artikel 96.

In einer Zone, die die Kreise Stuhm und Rosenberg, den


östlich der Nogat liegenden Teil des Kreises Marienburg
und östlich der Weichsel liegenden Teil des Kreises Mari­
enwerder umfaßt, werden die Einwohner berufen, durch
eine gemeindeweise Abstimmung kundzutun, ob sie wün­
schen, daß die verschiedenen in diesem Gebiete liegenden
Gemeinden zu Polen oder zu Ostpreußen gehören sollen.

Artikel 97.

Binnen längstens zwei Wochen nach Inkrafttreten des ge­


genwärtigen Vertrags haben die deutschen Truppen und
Behörden die im Artikel 96 bezeichnete Zone zu verlassen.
Bis zur Vollendung der Räumung haben sie sich aller Bei­
treibungen in Geld oder Naturalien und jeder Maßnahme
zu enthalten, wodurch die wirtschaftlichen Interessen des
Landes beeinträchtigt werden könnten.
Mit Ablauf der vorerwähnten Frist wird die genannte

164
Zone einem internationalen Ausschuß unterstellt, der aus
fünf von den alliierten und assoziierten Hauptmächten er­
nannten Mitgliedern besteht. Dieser Ausschuß, dem erfor­
derlichenfalls die nötigen Streitkräfte beizugeben sind, er­
hält allgemeine Verwaltungsbefugnis und hat insbesondere
die Aufgabe, die Abstimmung in die Wege zu leiten und alle
Maßnahmen zu treffen, die er zur Sicherung einer freien,
unbeeinflußten und geheimen Stimmenabgabe für erfor­
derlich erachtet. Er hat sich, soweit möglich, nach den Best­
immungen des gegenwärtigen Vertrags über die Volksab­
stimmung in der Allensteiner Zone zu richten. Er entschei­
det mit Stimmenmehrheit.
Die Ausgaben des Ausschusses für seine eigene Tätigkeit
sowie für die Verwaltung der ihm unterstellten Zone wer­
den aus den örtlichen Einnahmen bestritten.
Nach Beendigung der Abstimmung teilt der Ausschuß
den alliierten und assoziierten Hauptmächten die Anzahl
der in jeder Gemeinde angegebenen Stimmen mit und
reicht gleichzeitig einen eingehenden Bericht über die
Wahlhandlung sowie einen Vorschlag über die Linie ein,
die unter Berücksichtigung sowohl des durch die Abstim­
mung kundgegebenen Willens der Einwohner als auch der
geographischen und wirtschaftlichen Lage der Ortschaften
in dieser Gegend als Grenzlinie Ostpreußens angenommen
werden soll. Die alliierten und assoziierten Hauptmächte
setzen alsdann die Grenze zwischen Ostpreußen und Polen
in dieser Gegendfest, wobei zum mindesten für die gesamte
Strecke, auf der die Weichsel die Grenze bildet, die volle
und uneingeschränkte Überwachung des Stromes

165
einschließlich seines östlichen Ufers in der Tiefe, die für die
Regulierung und Verbesserungsarbeiten erforderlich ist,
Polen zugesprochen werden muß. Deutschland verpflichtet
sich, niemals irgendwelche Befestigungen in irgendeinem
Teile des erwähnten Gebiets, soweit es deutsch bleibt, an­
zulegen.
Die alliierten und assoziierten Hauptmächte erlassen
gleichzeitig Vorschriften, die der ostpreußischen Bevölke­
rung den Zugang zur Weichsel und die Benutzung des
Stromes für sie selbst, für ihre Güter und für ihre Schiffe
unter angemessenen Bedingungen und unter vollster
Rücksichtnahme auf ihre Interessen sichern.
Die Grenzbestimmungen und die oben vorgesehenen
Vorschriften sind für alle Beteiligten bindend.
Sobald die Verwaltung des Landes durch die ostpreußi­
schen oder polnischen Behörden übernommen ist, nehmen
die Befugnisse des Ausschusses ein Ende.

Artikel 98.

Deutschland und Polen werden binnen Jahresfrist nach In­


krafttreten des gegenwärtigen Vertrags Übereinkommen
abschließen, deren Wortlaut im Streitfalle von dem Rate
des Völkerbundes festgesetzt wird und die einerseits
Deutschland für den Eisenbahn-, Draht- und Fernsprech­
verkehr zwischen Ostpreußen und dem übrigen Deutsch­
land durch das polnische Gebiet die volle Möglichkeit ge­
eigneter Betätigung gewährleisten und andererseits Polen
für seinen Verkehr mit der Freien Stadt Danzig durch das

166
etwa auf dem rechten Weichselufer zwischen Polen und der
Freien Stadt Danzig liegende deutsche Gebiet die gleiche
Möglichkeit sichert.

Abschnitt X.
Memel.

Artikel 99.

Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und asso­


ziierten Hauptmächte auf alle Rechte und Ansprüche auf
die Gebiete zwischen der Ostsee, der in Arti­
kel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen
Vertrags beschriebenen Nordgrenze Ostpreußens und den
alten deutsch-russischen Grenzen.
Deutschland verpflichtet sich, die von den alliierten und
assoziierten Hauptmächten hinsichtlich dieser Gebiete,
insbesondere über die Staatsangehörigkeit der Einwohner
getroffenen Bestimmungen anzuerkennen.

Abschnitt XI.
Freie Stadt Danzig.

Artikel 100.

Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und asso­


ziierten Hauptmächte auf alle Rechte und Ansprüche auf
das Gebiet, das von den nachstehend angegebenen Grenzen
umschlossen wird:

167
von der Ostsee nach Süden bis zu dem Punkte, an dem
die Hauptschiffahrtswege der Nogat und der Weichsel zu­
sammentreffen:
die ostpreußische Grenze, wie sie im Arti­
kel 28 Teil II (Deutschlands Grenzen) des gegenwärtigen
Vertrags beschrieben ist;
von dort der Hauptschiffahrtsweg der Weichsel talwärts
bis zu einem Punkt ungefähr 6½ km nördlich der Dirsch­
auer Brücke;
von dort nach Nordwesten bis zur Höhe 5, 1 ½ km süd­
östlich der Kirche von Güttland:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort nach Westen bis zu dem Vorsprung, die die
Grenze des Kreises Berent 8½ km nordöstlich von Schön­
eck bildet:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die zwi­
schen Mühlbanz im Süden und Rambeltsch im Norden
verläuft;
von dort nach Westen die Grenze des Kreises Berent bis
zu der Einbuchtung, die sie 6 km nordnordwestlich von
Schöneck bildet;
von dort bis zu einem Punkte auf der Mittellinie des Lon­
kener Sees:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die nördlich
von Neu-Fietz und Schatarpi und südlich von Barenhütte
und Lonken verläuft;
von dort die Mittellinie des Lonkener Sees bis zu seinem
Nordende;
von dort bis zum Südende des Pollenziner Sees:

168
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie;
von dort die Mittellinie des Pollenziner Sees bis zu sei­
nem Nordende;
von dort nach Nordosten bis zu dem ungefähr 1 km süd­
lich der Kirche von Koliebken liegenden Punkt, wo die Ei­
senbahn Danzig-Neustadt einen Bach kreuzt:
eine im Gelände noch zu bestimmende Linie, die südöst­
lich von Kamehlen, Krissau, Fidlin, Sulmin (Richthof)
Mattern, Schäferei und nordwestlich von Neuendorf, Mar­
schau, Czapielken, Hoch- und Klein-Kelpin, Pulvermühl,
Renneberg und den Städten Oliva und Zoppot verläuft;
von dort der Lauf des oben erwähnten Baches bis zur Ost­
see.
Die vorstehend beschriebenen Grenzen sind auf einer
deutschen Karte im Maßstab 1:100000, die dem gegenwär­
tigen Vertrag unter Nr. 3 als A nlage beigefügt ist, einge­
zeichnet.

Artikel 101.

Ein Ausschuß, der aus drei von den alliierten und assozi­
ierten Hauptmächten ernannten Mitgliedern , darunter ei­
nem Oberkommissar als Vorsitzenden und aus je einem
von Deutschland und Polen ernannten Mitgliede besteht,
tritt binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten des gegenwär­
tigen Vertrags zusammen, um unter möglichster Berück­
sichtigung der bestehenden Gemeindegrenzen die Grenzli­
nie für das vorstehend bezeichnete Gebiet an Ort und Stelle
festzulegen.

169
A rtikel 102.

Die alliierten und assoziierten Hauptmächte verpflichten


sich, die Stadt Danzig nebst den im Artikel 100 bezeichne­
ten Gebiet als Freie Stadt zu begründen; sie tritt unter den
Schutz des Völkerbunds.

Artikel 103.

Die Verfassung der Freien Stadt Danzig wird im Einver­


nehmen mit einem Oberkommissar des Völkerbunds von
ordnungsgemäß berufenen Vertretern der Freien Stadt
Danzig ausgearbeitet. Die Verfassung wird von dem Völ­
kerbund gewährleistet.
Der Oberkommissar wird ferner mit der erstinstanzli­
chen Entscheidung aller Streitigkeiten betraut, die zwi­
schen Polen und der Freien Stadt aus Anlaß des gegenwär­
tigen Vertrags oder ergänzender Vereinbarungen und Ab­
machungen entstehen sollten.
Der Oberkommissar hat seinen Sitz in Danzig.

Artikel 104.

Die alliierten und assoziierten Hauptmächte verpflichten


sich, ein Übereinkommen zwischen der polnischen Regie­
rung und der Freien Stadt Danzig zu vermitteln, daß mit
der Begründung der Freien Stadt in Kraft treten und den
Zweck haben soll:
1. die Freie Stadt Danzig in das polnische Zollgebiet

170
aufzunehmen und die Einrichtung einer Freizone im Ha­
fen in die Wege zu leiten;
2. Polen die freie Benutzung in den Gebrauch der Was­
serstraßen, Docks, Binnenhäfen, Ladestraßen und der
sonstigen im Gebiete der Freien Stadt belegenen, für die
Ein- und Ausfuhr Polens notwendigen Anlagen ohne ir­
gendwelche Einschränkung zu gewährleisten;
3. Polen die Überwachung und Verwaltung der Weichsel
sowie des gesamten Eisenbahnnetzes innerhalb der Gren­
zen der Freien Stadt , mit Ausnahme der Straßenbahnen
und der sonstigen in erster Linie den Bedürfnissen der
Freien Stadt dienenden Bahnen, ferner die Überwachung
und Verwaltung des Post-, Draht- und Fernsprechverkehrs
zwischen Polen und dem Hafen von Danzig zu gewährleis­
ten;
4. Polen das Recht zum Ausbau und zur Verbesserung
der Wasserstraßen, Docks, Binnenhäfen, Ladestraßen, Ei­
senbahnen und der sonstigen vorerwähnten Anlagen und
Verkehrsmittel zu gewährleisten, sowie das Recht zur
Miete oder zum Ankauf des dazu erforderlichen Geländes
und Eigentums zu angemessenen Bedingungen;
5. Vorsorge zu treffen, daß in der Freien Stadt Danzig
keinerlei unterschiedliche Behandlung der Bevölkerung
zum Nachteil der polnischen Staatsangehörigen und ande­
rer Personen polnischer Herkunft oder polnischer Zunge
stattfindet;
6. der polnischen Regierung die Leitung der auswärtigen
Angelegenheiten der Freien Stadt Danzig sowie den
Sch utz ihrer Staatsangehörigen im Ausland zu übertragen.

171
A rtikel 105.

Mit dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags verlie­


ren die in dem im A rtikel 100 bezeichneten Gebiete wohn­
haften deutschen Reichsangehörigen von Rechtswegen die
deutsche Reichsangehörigkeit und werden Staatsangehö­
rige der Freien Stadt Danzig.

Artikel 106.

Zwei Jahre lang nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Ver­


trags sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichs­
angehörigen, die in dem in Artikel 100 bezeichneten Gebiet
ihren Wohnsitz haben, berechtigt, für die deutsche Reichs­
angehörigkeit zu optieren.
Die Option der Ehemanns erstreckt ihre Wirkung auf die
Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf
Kinder unter achtzehn Jahren.
Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht
Gebrauch machen, müssen in den nächsten zwölf Monaten
ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen.
Es steht ihnen frei, daß unbewegliche Gut, das sie im
Gebiete der Freien Stadt Danzig besitzen zu behalten. Sie
dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut mitnehmen. Es wird
dafür keinerlei Ausfuhr- oder Einfuhrzoll von ihnen erho­
ben.

172
Artikel 107.

Alles Gut des Deutschen Reiches oder der deutschen Staa­


ten, das im Gebiet der Freien Stadt Danzig liegt, geht auf
die alliierten und assoziierten Hauptmächte über, um von
diesen, nach gerechtem Ermessen an die Freie Stadt oder
den polnischen Staat weiter abgetreten zu werden.

Artikel 108.

Umfang und A rt der finanziellen Lasten, die die Freie


Stadt vom Deutschen Reiche und von Preußen zu über­
nehmen hat, werden nach Artikel 254 Teil IX (finanzi­
elle Bestimmungen) des gegenwärtigen Vertrags festge­
setzt.
Alle anderen Fragen, die sich aus der Abtretung des in
Artikel 100 bezeichneten Gebiets ergeben, werden durch
spätere Bestimmungen geregelt (...)

Nach Paul Hirsch wurde der nächste Sozialdemo­


krat preußischer Ministerpräsident: Otto Braun
(1 872-1955). Ilun schwebte ein zentralistisches Preu­
ßen vor, das den Kern für einen deutschen Einheits­
staat bilden sollte, denn auch in der Weimar Republik
stellte es mit drei Fünftel des gesamten Reichsgebie­
tes und mehr als sechzig Prozent der Bevölkerung der
größte Staat des Reiches dar.

1 73
Abb. 53: Otto Braun (Ministerpräsident von
Preußen, SPD, Deutschland), Juli 1930
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 102-10131 / CC-BY-SA 3.0
(https://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l
02-10131,_0tto_Braun.jpg)

Hans-Joachim Schoeps schreibt in Preußen - Geschichte


eines Staates: »( . . . ) das Kabinett Heinrich Brüning

1 74
(1885-1970) (von März 1930 bis Mai 1932 Reichskanz­
ler, Zentrumspartei/GG) war die letzte demokratisch
legitimierte Reichsregierung ( ... ) Der Musterstaat
Preußen war in dieser Zeit die feste Bastion der de­
mokratischen Republik (...) und wurde erst nach der
die Demokratie schwächende Weltwirtschaftskrise
durch einen Gewaltakt (Papens ,Preußenschlag')
überrannt, als die Reichsspitze autoritär und diktato­
risch geworden war.«98
Und das kam so: Am 11. Juli 1932 beschloss die
Reichsregierung unter dem neuen Reichskanzler und
Nachfolger Brünings, Franz von Papen (1879-1969,
zuerst Zentrumspartei, dann Parteilos, schließlich
NSDAP)) - der später maßgeblich dazu beitrug,
Adolf Hitler und die NSDAP an die Macht zu bringen
- das sozialdemokratisch regierte Preußen unter Mi­
nisterpräsident Otto Braun zu annektieren, der Preu­
ßen zu einem »republikanischen Bollwerk« in der
Weimarer Republik machen wollte. Der Vorwurf lau­
tete, dass Preußen das Land finanziell nicht in den
Griff bekommen hätte und außerdem mit den Kom­
munisten konspirieren würde und daher nicht für in­
nere Sicherheit bürgen könne.
Per Notverordnung wurde Preußens Regierung ab­
gesetzt und Reichskanzler Franz von Papen (als
»Reichskommissar«) an deren Stelle gesetzt. Diese
Entmündigung ging als »Preußenschlag« in die Ge­
schichte ein, in der das Bundesland zu einer Verwal­
tungseinheit degradiert wurde.

175
Abb. 54: Franz von Papen (23. September 1933)
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183-1988-0113-500 /
CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l
83-1988-011 3-500,_Franz_v._Papen_(cropped )(2 ) .jpg ))

176
Nach der Gleichschaltung - der »Verreichlichung«
der Länder während der NS-Herrschaft - verlor Preu­
ßen jedoch seine Autonomie. So etwa durch das
Zweite Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem
Reich (das sogenannte »Reichsstatthaltergesetz«) vom 7.
April 1933 (und 30. Januar 1934). Dementsprechend
wurden die Volksvertretungen der Länder aufgeho­
ben, ihre Hoheitsrechte gingen auf das Reich über.
Damit unterstanden die Landesregierungen der
Reichsregierung. Die Länder selbst waren jetzt nur
noch bloße Gebietskörperschaften höherer Art des
zum Einheitsstaat gewordenen Reiches.
Adolf Hitler (1889-1945) übernahm das Amt des
Reichsstatthalters und übertrug diese Befugnisse am
11. April 1933 auf Hermann Göring (1893-1946), dem
neuen Ministerpräsidenten und Innenminister Preu­
ßens, der später zu einem der führenden nationalso­
zialistischen Politiker werden sollte.
»Nicht durch Hitler, nicht durch die Alliierten, son­
dern durch die rechtswidrige Aktion des konservati­
ven Rechtskabinetts (...) ist die historische Existenz
des Staates Preußen beendet worden«, schreibt Hans­
Joachim Schoeps. »An diesem 20. Juli 1932 war die
,Mission des neuen Preußens, die Demokratie in
Deutschland zu sichern und zu vertiefen', an ihr Ende
gekommen wie dies Otto Braun in seiner letzten Un­
terhaltung mit dem General von Schleicher festge­
stellt hat.« Und weiter: »Darum ist der 20. Juli 1932
mit größerem Recht als jedes andere Datum als der

177
Tag zu nennen, an dem Preußen de facto zu bestehen
aufgehört hat. An diesem Tage endete die Nachge­
schichte Preußens und wenige Jahre später das Deut­
sche Reich. Aber auch das ,rote Arbeiterpreußen' Otto
Brauns, das sich freilich nur in Ansätzen hatte entfal­
ten können, war noch ein Glied, das bisher letzte
Glied, in der Geschichte des preußischen Staates. «99

Abb. 55: Flagge des Königreiches Preußen 1 892-1918


(Bildquelle: David Liuzzo
(https://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Flag_ of_Prussia_(189
2-1918).svg)

Wie erwähnt, lösten am 25. Februar 1947 die alliierten


Besatzungsbehörden im Gebäude des preußischen

1 78
Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, in persona de­
ren Vertreter mit der Unterzeichnung des Gesetzes Nr.
46 des Alliierten Kontrollrats den Staat Preußen formal
auf. In diesem Gesetz hieß es konkret100:

Gesetz Nr. 46 Auflösung des Staates Preußen:

Der Staat Preußen, der seit jeher Träger des Militarismus


und der Reaktion in Deutschland gewesen ist, hat in Wirk­
lichkeit zu bestehen aufgehört. Geleitet von dem Interesse
an der Aufrechterhaltung des Friedens und der Sicherheit
der Völker und erfüllt von dem Wunsche, die weitere Wie­
derherstellung des politischen Lebens in Deutschland auf
demokratischer Grundlage zu sichern, erlässt der Kontroll­
rat das folgende Gesetz:

A rtikel I

Der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nach­


geordneten Behörden werden hiermit aufgelöst.

Artikel II

Die Gebiete, die ein Teil des Staates Preußen waren und die
gegenwärtig der Oberhoheit des Kontrollrats unterstehen,
sollen die Rechtsstellung von Ländern erhalten oder Län­
dern einverleibt werden. Die Bestimmungen dieses Artikels
unterliegen jeder Abänderung und anderen A nordnungen,

179
welche die Alliierte Kontrollbehörde verfügen oder die zu­
künftige Verfassung Deutschlands festsetzen sollte.

Artikel III

Staats- und Verwaltungsfunktionen sowie Vermögen und


Verbindlichkeiten des früheren Staates Preußen sollen auf
die beteiligten Länder übertragen werden, vorbehaltlich et­
waiger Abkommen, die sich als notwendig herausstellen
sollten und von der A lliierten Kontrollbehörde getroffen
werden.

Artikel W

Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Unterzeichnung in


Kraft.

Ausgefertigt in Berlin, den 25. Februar 1947.

Anmerkung: Die in den drei offiziellen Sprachen ab­


gefassten Originaltexte dieses Gesetzes wurden von
P. Koenig, General der Armee, V. Sokolowsky, Mar­
schall der Sowjetunion, Ludus D. Clay, Generalleut­
nant, und B. H. Robertson, Generalleutnant, unter­
zeichnet.

Hier die Faksimile:

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Abb. 56
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Abb. 57
Quelle Screenshot/Bildzitat:
https://www.l OOOdokumente.de/index.html?c=dokument_de
&dokurnent=0231_pre&object=facsimile&pimage=2&v=100
&nav=&l=de

182
Somit wurde der Staat Preußen, seine Zentralregie­
rung und alle nachgeordneten Behörden aufgelöst.
Gebiete, die ein Teil Preußens waren, sollten demnach
die Rechtsstellung von Ländern erhalten oder Län­
dern einverleibt werden. Dabei sollten auch die Ver­
mögen und Verbindlichkeiten auf die beteiligten Län­
der übertragen werden.
»Nach dem Ende des von Deutschland verlorenen
Zweiten Weltkriegs haben die siegreichen Alliierten
durch einen skurrilen Beschluss ihres Kontrollrates
vom 25. Februar 1947 Preußen nochmals aufgelöst
und gesetzlich verboten. Die offizielle Begründung
des Auflösungsbeschlusses, dass der Staat Preußen
seit jeher der Träger des Militarismus und der Reak­
tion in Deutschland gewesen sei, verriet nur die
ganze Ahnungslosigkeit bzw. auch Böswilligkeit ei­
ner Welt, die den wirklichen Staat Preußen nicht
mehr gekannt, nicht mehr verstanden hat oder nicht
mehr verstehen wollte (Schoeps).«101
Der australische Historiker Christopher Clark er­
klärte dazu, wie die Alliierten dachten: »Preußen war
kein deutsches Land wie jedes andere, auf einer Stufe
mit Baden, Württemberg, Bayern oder Sachsen. Preu­
ßen war der eigentliche Ursprung der deutschen
,Krankheit', die Europa ins Unglück gestürzt hatte.
Preußen war der Grund, warum Deutschland den
Pfad des Friedens und der politischen Modeme ver­
lassen hatte (... ) Dass Preußen von der politischen
Landkarte Europas verschwand, war daher zumin-

183
dest symbolisch eine Notwendigkeit. Seine Ge­
schichte war ,zum Alb geworden, der auf dem Ge­
hirne der Lebenden lastete.' « 102
Auch der in Königsberg geborene deutsche Histori­
ker Ludwig Dehio schlug einst in diese Kerbe, bekun­
dete er doch, dass der Nationalsozialismus kein Zu­
fall gewesen sei, sondern das »akute Symptom eines
chronischen (preußischen) Gebrechens.« Der Öster­
reicher Adolf Hitler sei von seiner Mentalität her ein
»Wahlpreuße« gewesen. 1 03
Die Geschichte und das Wirken Preußens aus­
schließlich unter dem Gesichtspunkt des Nationalso­
zialismus zu betrachten, ist genauso falsch, wie etwa
die Sowjetunion nur auf Stalins »Rote Schreckens­
Herrschaft« zu beschränken.
Auch hier erkennt Christopher Clark folgerichtig:
»Die stark polarisierten Urteile (über Preußen/GG), die
in zeitgenössischen Debatten (und in Teilen der ge­
schichtswissenschaftlichen Literatur) immer wieder
auftauchen, sind nicht nur deshalb problematisch, weil
sie der wechselvollen preußischen Geschichte nicht ge­
recht werden, sondern weil sie diese Geschichte auf
eine teleologische Betrachtungsweise der deutschen
Schuld verkürzen.« Und: »Die Wahrheit ist, dass Preu­
ßen ein europäischer Staat war, lange bevor es ein
deutscher wurde. Deutschland (... ) war nicht die Erfül­
lung Preußens, sondern sein Verderben.« 1 04
Aber vielleicht war es den Alliierten nicht nur ein
Anliegen, einen ganzen Staat auszulöschen, sondern

184
gleich gar die preußische Tradition? Denn, wie erläu­
tert, ging Preußen durch die »Verreichlichung«, der
Gleichschaltung der Länder durch das »Reichsstatthal­
tergesetz« unter den Nazis bereits im Reich auf, so
dass es quasi lediglich noch als »Gebietskörper­
schaft« und nicht mehr als eigener Staat bestand.
Letztlich wurde also mit dem Gesetzes Nr. 46 des Alli­
ierten Kontrollrats etwas eliminiert, was schon elimi­
niert war. Somit hätte es auch keinen besonderen Be­
schluss gebraucht.
Außerdem war Ostpreußen, genauso wie Teile
Brandenburgs, Pommern und Schlesien bereits von
der Sowjetunion besetzt und annektiert worden.
Kurzum: Preußen verlor alle seine Kernprovinzen
mit Millionen von Vertriebenen.
Kein deutscher Politiker wagte es damals Preußens
Bewahrung zu fordern, von dem nicht einmal mehr
eine Regionalbezeichnung existiert. Und so wurde al­
les »Preußische« verunglimpft. Bis heute.
Man stelle sich das so vor: Einst gehörte Preußen zu
den fünf europäischen Großmächten und jetzt war es
(fast) spurlos verschwunden, einfach von der Land­
karte getilgt, für immer und ewig.
Es war der deutsch-schweizerische Historiker, Pub­
lizist und Schriftsteller Golo Mann (1909-1994), der
Sohn des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann
(1875-1955), der nach Hitlers Machtergreifung in die
USA emigrierte und die formelle Auflösung Preußens
als einen »Fußtritt« bezeichnete, den »siegreiche Esel

185
einem längst toten Löwen gaben. Sie glaubten, sie
hätten ihn getötet, aber das war ein Irrtum. Sie glaub­
ten, der Nazismus hätte seine Wurzeln im Preußen­
turn gehabt. Das war zu höchstens einem Zehntel
richtig und zu gut neun Zehnteln falsch.« 105

Abb. 58: Golo Mann (1978)


(Fotoquelle: Bundesarchiv _B_145_Bild-F053560-0013,
_Rhöndorf, _Sitzung_Stiftung_Adenauer-Haus.jpg : Wienke,
Ulrich (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Golo-mann-
1978-2.jpg))

186
Im Februar 2007 veröffentlichte die Nachrichtenseite
welt.de ein Interview mit dem Historiker Friedrich
Wilhelm Prinz von Preußen (1939-2015), dem Uren­
kel Kaiser Wilhelm II. 1 06
Darin erklärte er unter anderem, dass die Auflösung
von Preußen per Gesetz »Leichenfledderei« sei. Es sei
absurd, dass immer nur vom preußischen Militaris­
mus die Rede sei, nie vom französischen, englischen
oder russischen. Vielleicht zur Rechtfertigung des
russischen territorialen Zugewinns nach 1945. Preu­
ßen bedeute auch Tugenden wie Toleranz, Zivilcou­
rage, die Fähigkeit und Disziplin.
»Das deutsche Kaiserreich war einRechtsstaat, das
Dritte Reich ein totalitärer Unrechtsstaat. Unter den
500 wichtigsten Leuten um Hitler waren gerade 17
Preußen. Nicht von ungefähr: Preußen war für die
Nazis ein rotes Tuch«, führte der Prinz weiter aus. Au­
ßerdem verriet er eine historischeRandnotiz, die kei­
nen Eingang in hiesige Geschichtsbücher gefunden
hat.
»Nach dem 200. Todestag von Friedrich dem Gro­
ßen 1986 tauchte bei meinem Vater (Louis Ferdinand
von Preußen (1907-1994), Chef des Hauses Hohenzol­
lern/GG) der ehemalige Kulturminister der DDR,
Hans Bentzien, auf. Zuerst auf der Burg Hohenzol­
lern und anschließend in Berlin. Es war schon selt­
sam, dass der DDR-Politiker meinen Vater mit ,Kai­
serliche Hoheit' ansprach, ein Titel, der zu der Zeit ei­
gentlich gar nicht mehr galt. « Friedrich Wilhelm

187
Prinz von Preußen weiter: »Ganz offensichtlich war
er von Erich Honecker geschickt und sagte zu uns: Es
wäre doch eine großartige Idee, die Särge Friedrichs
des Großen und seines Vaters, Friedrichs Wilhelms I.,
die sich nach der Auslagerung im Krieg seit 1952 auf
der Burg Hohenzollern befanden, nach Sanssouci bei
Potsdam, also in die DDR, zurückzuüberführen. Das
entspräche dem letzten Willen Friedrichs des Gro­
ßen.« Und: »Ja, antwortete mein Vater, das ist eine
sehr gute Idee. Aber bevor ich die Särge nach Pots­
dam schicke, müssten noch einige Vorbedingungen
erfüllt sein: Erst mal müsse die Mauer, dann die in­
nerdeutsche Grenze fallen. Wenn das nicht gleich
ginge, dann warten wir halt noch ein bisschen. Na ja,
es ging dann schneller als erwartet.«
Soweit also der Urenkel Kaiser Wilhelm II. zu Preu­
ßen.
Preußen war also weitaus mehr, als Militarismus,
wie ihm vorgeworfen wurde. »Neben dem Dienstbe­
griff als einem überpersönlichen Ordnungsprinzip
war einzigartig auch die Verbindung konservativer
und liberaler Überzeugungen in diesem Rechtsstaat,
der seit 1848 eine konstitutionelle Monarchie gewe­
sen war (...) Heute, da der Preußische Staat von der
Landkarte Europas verschwunden ist, vermögen wir
erst die klassischen Tugenden dieses Staates gerecht
zu würdigen: saubere Verwaltung, unbestechliches
Beamtentum, korruptionsarme Wirtschaft, gerechte
Justiz, relativ geringe Kriminalität und betonte

188
Sparsamkeit ( ... ) Selbstloser Dienst, Gelten durch
Leistung, Bescheidenheit und Kargheit - das alles
wurde in Preußen großgeschrieben, Maßlosigkeit der
Ansprüche und protziges Auftreten wurden instink­
tiv verabscheut (Schoeps). « 1 07
»Das Preußentum hat zu allen Zeiten ein fast un­
heimliches Janusgesicht besessen«, schreibt Rudolf
Stadelmann in Moltke und der Staat. »Es ist sogleich
nach vorwärts und nach rückwärtsgewandt. Es ist
verbissen reaktionär und fast bodenlos modern. Es ist
pietistisch und aufgeklärt, patriarchalisch und in­
dustriell, legitimistisch und revolutionär. Man kann
es mit demselben Recht zur Vormacht der Tradition
und zum Pionier des kühnsten Unternehmungsgeis­
tes erklären.« 108
Letztlich - und damit bleibe ich - wurde Preußen
und alles Preußische von den Alliierten nicht nur als
geografisches Land sowie als Staatsmacht getilgt, son­
dern auch versucht, seine Geschichte als Spiegelbild
des kollektiven Bewusstseins, seine politische Kultur
und seine Tradition gänzlich zu vernichten. Denn
Preußen war gefährlich und ist es in den Gehirnen je­
ner immer noch: Preußen war, wie Schoeps folgerich­
tig erkannte, »der einzige deutsche Staat, der mehr als
ein Staat war, mit dem sich eine Idee verknüpft hat,
durch die Menschen gebunden wurden und vielleicht
noch heute gebunden werden können. « 1 09
Dass die Herzen der Menschen für eine »Idee« wie­
der höher schlagen können, die mitunter sogar dem

189
politischen Mainstream gegenübersteht, ist das viel­
leicht wirklich »gefährliche« am preußischen Erbe.

Zusätzliche Quellen:
Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang
1600-1947, München 2007///Hans-Joachim Schoeps:
Preußen - Geschichte eines Staates, Hamburg 2019
///,,Auflösung Preußens" ( http://lOOOdok.digitale­
sammlungen.de/dok_0231_pre. pdf Datum: 19. Sep­
tember 2011)/Archiv Grandt///Sabine Kaufmann:
,,Deutsche Geschichte: Preußen" (https://www.pla­
net-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/ge­
schichte_preussens/index.html)/Zugriff: 27.04.21///
Hans Misdorf: "300 Jahre Preussen" (https://der­
weg.org/deutschland/geschichte/preussen/)///"Preu-
ßen im Deutschen Kaiserreich 1867-1918)
(http://web.fu-berlin.de/akip/preussenforum/chro-
nik/PriDk18671918/index.html#)///,,Deutscher Or-
den" (https://web.archive.org/web/20160402215953/
http://www.deutscher-orden.de/all_wurzeln_start.
php)/Zugriff: 28.04.21///"20 große Preußen - Lebens­
bilder preußischer Persönlichkeiten" in: Preußische
Allgemeine Zeitung (Sonderausgabe)/Archiv Grandt///
,,Bismarcks Sozialgesetzgebung" in: Geschichte Kom­
pakt (https://www .geschichte-abitur.de/lexikon/
uebersicht-deutsches-kaiserreich/kaiserreich-bis­
marcks-sozialgesetzgebung)/Zugriff: 28.04.21)

190
12. Verdrängt: Die Lüge von den
»säbelrasselnden, kriegslüstemen«
Preußen!

Die Preußen wurden von den Alliierten als


»säbelrasselnde« Militaristen bezeichnet!
Doch das ist eine Lüge!
Die Fakten sehen ganz anders aus!

Als Adolf Hitler 1933 an die Macht kam, Deutsch­


land ebenfalls militärisch aufrüstete, hätte er, so der
weitläufige, mitunter auch historische Kontext, nur
aufgrund der alten preußischen Eigenschaften wie
Gehorsam und Pflichterfüllung seine Schreckens­
herrschaft ausüben können. Genau deshalb hätten
die Alliierten nach dem verlorenen Zweiten Welt­
krieg den Staat Preußen auch aufgelöst, in dem
Winston Churchill bereits 1943 »die Wurzel allen
Übels« sah. 1 1 0
So sagte der britische Premier am 21. September
1943 im britischen Parlament: »Das Herz Deutsch­
land s schlägt in Preußen. Hier liegt der Ursprung je­
der Krankheit, die stets neu ausbricht.« 1 1 1 Und 1941,
nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion
sprach er von einer nationalsozialistischen Kriegsma­
schinerie »mit ihren eitlen, säbelrasselnden, Hacken
zusammenschlagenden preußischen Offizieren, und
den dummen, fügsamen Massen von Hunnenkrie-

191
gern, die über das Land herfallen wie ein Heuschre­
ckenschwarm.« 1 12
Ernest Bevin (1881-1951), Churchills Arbeitsminis­
ter fiel mit ein, dass selbst, wenn man Hitler, Göring
und die anderen loswerden würde, das deutsche
Problem noch längst nicht gelöst wäre. Was Europa
ein für alle Mal abschütteln müsse, sei der »preußi­
sche Militarismus mit seiner schrecklichen Philoso­
phie.« 1 1 3
Schon Jahre zuvor, im Dezember 1939, postulierte
der britische Außenminister Anthony Eden (1897-
1977): »Hitler ist im Grunde gar nicht so einzigartig.
Er ist nur der jüngste Ausdruck des Eroberungswil­
lens des preußischen Militärs.«1 1 4 Dementsprechend
fiel die britische Presse in die »Preußenhetze« mit ein,
so dass beispielsweise der Daily Telegraph einst titelte:
»Hitlers Herrschaft in der Tradition der preußischen
Tyrannei. «
Natürlich hinkt dieser Vergleich erheblich, war Hit­
ler von Geburt doch weder Preuße noch überhaupt
Deutscher (erst nach seiner Einbürgerung), sondern
Österreicher, geboren im oberösterreichischen Brau­
nau am Inn.
Außerdem frage ich: Kann man beispielsweise die
Sozialdemokratie für die Polit-Ideologie des Kommu­
nismus mit seinen Millionen Opfern verantwortlich
machen weil dieser sich aus ihr entwickelte? Zudem
herrschte noch, wie aufgeführt, Anfang der 1930er­
J ahre ein republikanischer und sozialdemokratischer

192
Geist in Preußen, ganz im Gegensatz zu so manch an­
deren Ländern in der Weimarer Republik.
Auch US-Präsident Franklin Delano Roosevelt
(1882-1945) hieb in diese Kerbe, meinte er doch am 17.
September 1943 vor dem Kongress: »( ...) wenn Hitler
und die Nazis abtreten, dann muss auch die Riege der
preußischen Militärs gehen. Wenn wir irgendeine Ga­
rantie für einen dauerhaften Frieden wollen ( ... ) dann
müssen die kriegstreiberischen Banden in Deutsch­
land mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden. « 115

Abb. 59: Das gemeinhin kolportierte Bild der


Preußen als »seelenlose Zinnsoldaten«
(Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 170-330 / Max Baur /
CC-BY-SA 3.0
(https://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l
70-330,_Potsdam,_Zinnsoldaten.jpg))

193
Selbst nach der Niederlage der Nazis, als die Alliier­
ten die Besatzungszonen im Land verwalteten, waren
die britischen Behörden davon überzeugt, dass »die­
ser todgeweihte Leichnam Preußen endlich getötet«
werden müsse.1 1 6 Daher war es nicht verwunderlich,
dass der britische Vertreter im Alliierten Kontrollrat
in Berlin am 8. August 1946 in einem Memorandum
resümierte: »Ich muss nicht eigens betonen, dass
Preußen in den letzten 200 Jahren eine Bedrohung für
die Sicherheit Europas dargestellt hat. Der Fortbe­
stand des preußischen Staates und sei es nur in der
Gestalt seines Namens, könnte später zum Ausgangs­
punkt revanchistischer Bestrebungen des deutschen
Volkes werden, würde militaristischen Ambitionen
in Deutschland Vorschub leisten und den Wiederauf­
stieg eines autoritär geprägten, zentralistischen
Deutschlands begünstigen. Das muss im Interesse al­
ler unbedingt verhindert werden.« 117
Interessant an dieser Stelle, dass schon alleine der
Name »Preußen« den Alliierten (in diesem Fall den
Briten) einen Angstschauer über den Rücken jagte.
Ebenso, dass die Aussage, Preußen hätte in den letz­
ten 200 Jahren eine Bedrohung für die Sicherheit Eu­
ropas dargestellt, mindestens eine Verschwörungs­
theorie, höchstens eine knallharte Lüge war.
Christopher Clark hält dazu fest: »Die westlichen
Alliierten waren überzeugt, dass der Nationalsozia­
lismus nichts weiter als die jüngste Manifestation des
Preußentums war. Dabei konnten sie sich auf eine

194
beeindruckende intellektuelle Tradition der Preußen­
feindlichkeit stützen, die bis zum Ausbruch des Ers­
ten Weltkrieges zurückreichte.«1 1 8
Auch aus Deutschland selbst gab es nach Ende des
Krieges einen » Dolchstoß« gegen Preußen, nämlich
durch das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei
Deutschlands in der sowjetischen Besatzungszone. Im
August 1945 verkündete diese, dass die »feudalen
(preußischen/GG) Großgrundbesitzer und die Jun­
kerkaste« immer schon »Träger des Militarismus und
Chauvinismus« gewesen sei. Die Beseitigung ihrer
sozioökonomischen Macht sei daher die erste und
prinzipielle Vorbedingung für die »Ausrottung des
preußischen Militarismus.«1 1 9
Selbst Konrad Adenauer, der 1949 zum ersten Bun­
deskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt
wurde, »hetzte« schon 1946, wohl unter dem Ein­
druck oder Einfluss der Alliierten gegen Preußen, in
dem er zum Besten gab: »Sobald Berlin wieder
Hauptstadt wird, wird das Misstrauen im Ausland
unauslöschbar werden. Wer Berlin zur neuen Haupt­
stadt macht, schafft geistig ein neues Preußen.«120 Als
ob genau dies ein Makel wäre! Und das alles, obwohl
Preußen eine lange sozialdemokratische Regierungs­
tradition aufwies. Wer will das alles verstehen?
Nicht verhehlen darf man jedoch, dass die außen­
politischen Ziele der Nazis im preußischen Adel auch
Anklang fanden, insbesondere die Revision des Ver­
sailler Vertrags und die Rückforderung von Gebieten,

195
die demnach Polen zugesprochen wurden. Aber
ebenso wenig darf verschwiegen werden, dass 1933
lediglich 17 der 500 ranghöchsten NSDAP-Mitglie­
dem Preußen waren.121

Abb. 60: Konrad Adenauer (23. Juni 1952)


(Fotoquelle: Bundesarchiv, B 145 Bild-F078072-0004 / Katherine
Young / CC BY-SA 3.0 DE
-fhttps://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_l45
_Bild-F078072-0004,_Konrad_Adenauer.jpg))

196
Natürlich gab es auch in Preußen »Militaristen«, wie
es sie wohl in jedem Land gibt. Doch daraus geradezu
eine »kollektive Verteufelung« zu machen, ist bar jeg­
licher Realität. Denn die diesbezüglichen Fakten se­
hen anders aus, als die Alliierten oder selbst die
Nachkriegsdeutschen der Öffentlichkeit weismachen
wollten und immer noch wollen: Preußen war eben
nicht die »zentrale Brutstätte des Militarismus« - das
ist eine böswillige Legende - sondern ganz im Gegen­
teil, der Staat aller modernen Staaten, der die wenigs­
ten Kriege führte!

Abb. 61: Eine der vielen Karikaturen in dessen


Mittelpunkt die verhassten Preußen standen

197
(Bildquelle: ,,Düsseldorfer Monatshefte" (Verleger/Drucker:
Arnz & Co., Autor: Ferdinand Schröder (1818-1857)
(https://comrnons.wikirnedia.org/wiki/File:Rundgem%C3%A4ld
e_Europa_1849.jpg))

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Abb. 62: Und eine weitere Karikatur, um die


Preußen zu diskreditieren

198
(Bildquelle: ,,Der Landwehrmann und der Krieg, 1866"
(h ttps://commons. wikimedia.org/wiki/File:Kikeriki_9_August_l
866_Waffenstillstand.png)

Der US-amerikanische Professor für Militärge­


schichte, Autor Trevor N. Dupuy (1916-1995), Absol­
vent der Militärakademie in Westpoint, hochdeko­
rierter Lieutenant Colonel der u.a. im Zweiten Welt­
krieg im Burmafeldzug diente, Mitarbeiter im US­
Verteidigungsministerium, Berater des stellvertreten­
den US-Verteidigungsministers und an der Universi­
tät Harvard lehrte, schrieb unter anderem das in den
USA vielbeachtete Buch: A GeniusJor War: The German
Army and General Staff, 1807-1945 (Der Genius des Krie­
ges - Das deutsche Heer und der Generalstab 1807-1945).
In dieser bereits 1977 veröffentlichten Studie beschäf­
tigte er sich ebenfalls mit der Kolportage der »säbel­
rasselnden« Preußen und kam zu einem für diese
» Verschwörungstheoretiker« erstaunlichem Ergeb­
nis. Zunächst sei festzuhalten, dass die hervorra­
gende preußisch-deutsche militärische Leistungsfä­
higkeit von den Gegnern des Kaiserreichs nicht nur
gefürchtet, sondern auch hoch geschätzt wurde. Da­
bei entstanden zwei langlebige Mythen und Kli­
schees. Zum einen, der Militarismus sei tief im deut­
schen Nationalcharakter verwurzelt, dass also »Glo­
rifikation der Ideale einer militärischen Berufsgruppe
tatsächlich ein angeborener Charakterzug der Bevöl­
kerung des preußisch-deutschen Staates« sei. Das

199
zweite Klischee basierte darauf, dass die preußisch
militärische Ordnung auf eine harte und unnachgie­
bige Disziplin gegründet sei und so »leistungsfähige,
aber geistlose, gegängelte und starre Soldaten« pro­
duzierte.
Trevor N. Dupuy erklärte dazu: »( ... ) keine der bei­
den Vorstellungen vom Wesen der Deutschen kann
belegt werden. Beide werden nur von dem großen
Feind der Geschichte gestützt: von der Halbwahrheit
( ... ) (Aber) Zweifellos gibt es in der Neuzeit eine deut­
sche militärische Tradition, die teilweise auf das
Überleben des militärischen Söldnerhandels
Deutschland bis ins 18. Jahrhundert zurückgeführt
werden kann. Doch die Tradition stammt unmittelba­
rer von den ungewöhnlich guten preußischen Heeren
der frühen Hohenzollern und dem wahrlich unge­
wöhnlichen Gebrauch dieser Heere durch den preu­
ßischen König Friedrich II., den Großen.« Und weiter
führt der renommierte US-Militärprofessor aus: »Die
Vorstellung eines preußisch-deutschen Militarismus
ist tatsächlich eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts.
Schließlich bestätigen renommierte Humanwissen­
schaftler die geschichtlich gut begründete Schlussfol­
gerung, dass trotz mancher kultureller und die mili­
tärische Leistungsfähigkeit begünstigender Neigun­
gen die Deutschen keine angeborenen Fähigkeiten
besitzen, die sie zu überlegenen Soldaten machen.« 122
Nachfolgend die wirklichen Fakten bezüglich der
Kriege zwischen 1 701 und 1 933: Frankreich beteiligte

200
sich mit 28 % an Kriegen, England mit 23 %, Russland
mit 21 % und Preußen-Deutschland mit gerade Mal
8 %!123
Nicht umsonst übergoss beispielsweise die London
Times 1860 Preußen mit Häme und tat damit die öf­
fentliche Meinung über diesen Staat kund: Dieses
Land lasse sich lieber auf Konferenzen vertreten, hieß
es da, als dass es sich danach dränge, auf den
Schlachtfeldern Europas zu erscheinen.1 24
Zudem stand auf den preußischen Kanonen die In­
schrift: »Ultima ratio regis«, was ausdrückte, dass der
Waffengang der letzte Ausweg war.
Auch Dupuy bestätigte dies: »Zudem lohnt es sich,
die militärischen Aktivitäten Preußen-Deutschlands
während der Napoleon folgenden 130 Jahre, also von
1815-1945, in denen Deutschlands heutiger militäri­
scher Ruf geschaffen wurde, mit den Aktivitäten eini­
ger anderer Nationen zu vergleichen. In den genann­
ten 130 Jahren nahmen Preußen und Deutschland an
sechs bedeutenden, dabei zwei kleineren Kriegen teil;
zudem gab es einige militärische Aktivitäten im Inne­
ren, einige recht unbedeutende Interventionen sonst
wo in Deutschland und einige koloniale Expeditio­
nen nach Übersee.« Weiter: »Während der genannten
130 Jahre war Frankreich an zehn bedeutenden Krie­
gen beteiligt, von denen sechs im kontinentalen Eu­
ropa und vier in Übersee geführt wurden. Russland
nahm an 13 bedeutenden Kriegen teil, von denen
zehn im Wesentlichen europäische Konflikte waren.

201
Großbritannien nahm an mindestens 17 Konflikten
teil, die Kriege genannt werden dürfen, davon drei in
Europa, vier vorwiegend in Afrika und zehn in Asien
(zwei in China, zwei in Burma, zwei in Afghanistan
und vier in Indien). Während dieser Periode fochten
die USA sieben bedeutende Kriege, wenn man den
zweiten Krieg gegen die Seminolen und den Aufstand
auf den Philippinen einschließt.« Und: »Zweifellos
war auch die Beteiligung Russlands, Frankreichs,
Großbritanniens und der Vereinigten Staaten an klei­
neren kolonialen und bewaffneten Grenzunterneh­
mungen sowie an Interventionen in anderen Ländern
viel häufiger und erheblich umfangreicher als dieje­
nige von Preußen-Deutschland.«
So resümierte einst der renommierte und hochde­
korierte Professor für Militärgeschichte folgerichtig:
»In welchem Sinne können wir sagen, dass die Deut­
schen Militaristen waren (...) wenn sie an weniger
Kriegen als die meisten der anderen Großmächte teil­
nahmen und wenn es keine wissenschaftliche Grund­
lage für einen angeborenen militaristischen deut­
schen Volkscharakter gibt? Eine Sammlung von
Halbwahrheiten und einige ausgesuchte geschichtli­
che Beispiele haben den Mythos eines tiefverwurzel­
ten deutschen Militarismus geschaffen.« 125
Damit ist die Mär, die Lüge, die Legende, der My­
thos durch die Alliierten und so manch deutschem
»Experten« von den »säbelrasselnden, kriegslüster­
nen« Preußen eindrucksvoll widerlegt! Ganz im Ge-

202
genteil, müssen sich die vorgenannten Staaten gefal­
len lassen, dass sie angesichts der so zahlreich geführ­
ten Kriege selbst aggressiv und gewalttätig handel­
ten, und zwar in einem Ausmaß, das jenem Preußens
bei weitem überstieg.

Abb. 63: Bismarck-Karikatur (1891)


(Bildquelle: Bismarck-Album des Kladderadatsch: Mit
dreihundert Zeichnungen von Wilhelm Scholz und vier
facsimilirten Briefen des Reichskanzlers. Berlin: A. Hofmann &
comp, 1891. (https://commons. wikimedia.org/
wiki/File:Bismarck_1882_141 .png)

203
13. Vergessen: Überwiegend »Preußen« im
Widerstand gegen Hitler!

Preußische Militärs werden mitunter bis heute


diffamiert!
Doch unter ihnen gab es mutige Offiziere, die gegen
die Nazi-Herrschaft kämpften!
Und sie bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben!

Der australische Historiker Christopher Clark er­


kannte folgerichtig: »Das Preußen der NS-Propa­
ganda stand in spannungsgeladenem Gegensatz zu
dem des zivilen und militärischen Widerstandes.
Goebbels bediente sich preußischer Motive, um den
Primat von Loyalität, Gehorsam und Wille zu beto­
nen, in denen er unabdingbare Voraussetzungen für
den epischen Kampf des deutschen Volkes gegen
seine Feinde sah. Für die Männer des Widerstandes
hingegen verloren diese Sekundärtugenden ihren
Wert, wenn man sie von ihren ethischen und religiö­
sen Wurzeln trennte.« Und: »Der Mythos vom ,Preu­
ßentum' war derart verblasst, war so abstrakt gewor­
den, dass er leicht instrumentalisiert werden konnte.
Er hatte keine Entsprechung in der Realität mehr,
nicht einmal in der Erinnerung. Alles, was von ihm
übrig blieb, war ein Katalog blutleerer, mythischer
Attribute, deren historische und moralische Bedeu­
tung umstritten war ( ... )« 126

204
Unbestreitbar war aber auch, dass Preußen »tief
verstrickt in die Gräueltaten der SS, der Gestapo und
auch der deutschen Wehrmacht« war, meinte Chris­
topher Clark weiter. »Doch war preußische Abstam­
mung keineswegs eine Voraussetzung für den begeis­
terten Einsatz für die nationalsozialistische Sache ( ... )
Preußen - insbesondere Mitglieder der traditionellen
preußischen Eliten - spielten auch in den Reihen des
konservativen deutschen Widerstands eine bedeu­
tende Rolle.«127
Genauso war es. Denn auffällig ist, »dass zwei Drit­
tel der Verschwörer vom 20. Juli 1944 aus dem preu­
ßischen Milieu (Adel, Offiziere, Beamte/GG) stamm­
ten, viele davon aus angesehenen Familien, die Gene­
rationen von Soldaten hervorgebracht hatten ( ... ) Für
viele Widerstandskämpfer war Preußen das Symbol
einer untergegangenen besseren Welt, deren Traditi­
onen von den Hardlinern im Dritten Reich pervertiert
wurden ( ... ) Der Widerstand der preußischen Elite
wurzelte in der zum Mythos gewordenen Erinnerung
an die Befreiungskriege. « 128
Diese »preußische Elite« lehnte sich zusammen mit
den Arbeiterführern (Gewerkschaftsführen) des Lan­
des gegen die nationalsozialistische Diktatur auf.
Und wurden die Einzelnen zu »Blutzeugen des wirk­
lichen Preußentums.«
Hans-Joachim Schoeps ergänzte: »Fast alle klangvol­
len Familiennamen Preußens finden sich im Register
der im Zuge der Hitlerischen Rachejustiz am Galgen

205
Aufgehängten. Yorck und Moltke, Witzleben und
Schulenburg, Schwerin und Stülpnagel, Dohna und
Lehndorff und zahlreiche andere hoher und niederer
Abkunft (... ) Nach dem 20. Juli 1944 sind ganze Ge­
schlechter des preußischen Adels, die bekannte Träger
des alten Staates waren, nahezu ausgerottet worden. « 129
Nachfolgend führe ich einige Mitglieder dieser
»preußischen Elite« auf, die den Widerstand gegen
die NS-Diktatur gewagt haben.
Der Jurist Helmuth James Graf von Moltke (1907-
1945) verzichtete auf eine Richterlaufbahn, da er nicht
Mitglied der NSDAP werden wollte. In einem in Ber­
lin eröffneten Anwaltsbüro bearbeitete er vor allem
Fragen des Völkerrechts und des internationalen Pri­
vatrechts. Bereits 1939 kritisierte er in seinen Notizen
den zentral gelenkten NS-Staat.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Moltke
zum Kriegsverwaltungsrat ernannt und war als Sach­
verständiger (für Kriegs- und Völkerrecht) im Amt
Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehr­
macht (OKW) tätig. Er nutzte diese Stellung zum in­
dividuellen Widerstand gegen das Regime, unter­
stützte die Flucht von Verfolgten, verhinderte die Er­
schießung von Geiseln und die Misshandlung von
Kriegsgefangenen und weitete seine Kontakte zu Kir­
chenführern und den Sozialdemokraten aus. Seine
Dienstreisen ins Ausland benutzte er zur Anknüp­
fung und Festigung von Verbindungen des Wider­
stands gegen die Nationalsozialisten. Moltke wurde

206
zum Mitbegründer der Widerstandsgruppe
»Kreisauer Kreis«, der sich vor allem mit der Vorbe­
reitung für die Zeit nach dem Sturz Hitlers beschäf­
tigte. Dabei hofften die Mitglieder auf einen Staats­
streich des Militärs.
Im Januar 1944 wurde Moltke von der SS festgenom­
men und im KZ Ravensbrück interniert. Schließlich
wurde er mit weiteren Angehörigen des »Kreisauer
Kreises« vor dem Volksgerichtshof wegen Hochver­
rats angeklagt. Obwohl ihm keine Beteiligung am At­
tentat auf Hitler nachgewiesen wurde, entkam er
trotzdem dem Strang nicht. Am 23. Januar 1945 wurde
er im Gefängnis Berlin-Plötzensee erhängt. 130

Abb. 64: Helrnuth James Graf von Moltke vor dem


Volksgerichtshof in Berlin (10. Januar 1945)

207
(Fotoquelle: BPK - Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Helmuth_James_Graf
_von_Moltke_vor_dem_Volksgerichtshof_in_Berlin.JPG)

Übrigens: Helmuth James Graf von Moltkes Urgroß­


onkel war der preußische Generalfeldmarschall Hel­
muth von Moltke (1800-1891), der als einer der erfolg­
reichsten Feldherren seiner Zeit galt.

Abb. 65: Generalfeldmarschall Helmuth Karl


Bernhard von Moltke

208
(Fotoquelle: Albumin-Foto (Kunstverlag der Photographischen
Gesellschaft Berlin)
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Helmuth_Karl_
Bernhard_von_Moltke.jpg

Als weiteres Beispiel für den preußischen Widerstand


gegen die NS-Diktatur sei hier Feldmarschall Erwin
von Witzleben (1881-1944) aufgeführt, Spross einer
alten ostelbischen Soldatenfamilie. Sein Vater war der
preußische Hauptmann Georg von Witzleben.
Der Sohn wurde 1938 Oberbefehlshaber des Grup­
penkommandos II., im Westfeldzug Oberbefehlsha­
ber der 1. Armee, danach Generalfeldmarschall. Ab
Oktober 1940 war er Oberbefehlshaber der Heeres­
gruppe D in Frankreich und von Mai 1941 bis März
1942 als Oberbefehlshaber West in Paris eingesetzt.
Schon früh war Witzleben entschiedener Gegner
des Nationalsozialismus, entwickelte bereits 1938
(und dann 1939/40) zusammen mit General Franz
Halder (1884-1972) Widerstandspläne gegen Hitlers
Kriegspolitik. So war er auch 1943/44 an den Staats­
streichvorbereitungen beteiligt.
Erwin von Witzleben wurde nach dem gescheiter­
ten Attentat am 21. Juli 1944 verhaftet und wochen­
lang von der Gestapo gefoltert und gedemütigt.
»Am 7. August 1944 stellte man ihn vor den Volks­
gerichtshof, wo er, gezeichnet von den Misshandlun­
gen, seine gürtellose Hose mit den Händen festhielt
und die Beschimpfungen Roland Freislers, Hitlers

209
Blutrichter, über sich ergehen ließ. Tags darauf wurde
er in Berlin-Plötzensee gehenkt (Clark).« 131

Abb. 66: Generalfeldmarschall Erwin


von Witzleben (1940)
Fotoquelle: Fotograf: Heinrich Hoffmann (1885-1957)
(Bundesarchiv, Bild 146-1978-043-13 / CC-BY-SA 3.0)

210
..,s,w,_. ......................
ERWIN V O WITZLEBE

Abb. 67: Gedenktafel, Erwin von Witzleben,


Berlin-Charlottenburg-Nord (2010)
(Bildquelle: OTFW, Berlin (https://rommons.wikimediaorg/wiki/File:
Gedenktafel_Halemweg_34_{CharN}_Erwin_von_Witzleben.jpg})

Peter Graf Yorck von Wartenburg (1904-1944), Jurist


und Oberleutnant der Reserve, kam 1942 zum Wirt­
schaftsstab Ost in das Wehrwirtschafts- und Rüs­
tungsamt des OKW (Oberkommando der Wehr­
macht).
Zusammen mit Helmuth James Graf von Moltke
war er die zentrale Figur im »Kreisauer Kreis«. Dazu
hielt er engen Kontakt zu seinem Vetter Graf Stauf­
fenberg.
Wartenburg wirkte aus christlicher Überzeugung
am Widerstand mit. Ungeachtet der Gefahr, als Hoch-

211
verräter angeklagt zu werden - nahm er heimlich Ver­
handlungen mit denRussen auf.
Schließlich wurde er am 21. Juli 1944 verhaftet und
am 8. August 1944 zum Tode verurteilt. Noch am sel­
ben Tag erfolgte die Hinrichtung durch Erhängen.

Abb. 68: Peter Graf Yorck v. Wartenburg vor dem


Berliner Volksgerichtshof, am 20. Juli 1944
Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 151--03-26 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_151-
03-26,_Volksgerichtshof,_peter_Graf_Yorck_v._Wartenburg.jpg))

Carl-Friedrich Goerdeler (1884-1945), ehemaliger


Oberbürgermeister von Leipzig (1930-1937) der bereits
1940 ein Memorandum verfasste, in dem er dieReichs­
wehr dazu drängte, sich gegen Adolf Hitler zu erhe­
ben, 132 wurde zum Zentrum des zivilen Widerstands.

212
Außerdem hoffte er auch noch nach Kriegsbeginn
auf Separatfriedensverhandlungen mit den Westalli­
ierten, wobei er für einen harten Kurs gegen Hitler
eintrat.
Nach dem gescheiterten Attentat entkam er zu­
nächst der Gestapo, wurde aber am 12. August 1944
verhaftet, am 8. September vom Volksgerichtshof
zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1945 hinge­
richtet.

Abb. 69: Carl Friedrich Goerdeler vor dem


Volksgerichtshof (September 1944)

213
(Fotoquelle: Familie Goerdeler
(https://commons. wikirnedia.org/wiki/File:Goerdeler_Volksgeric
htshof.jpg))

In diesen Reigen reihte sich auch der Offizier Carl­


Hans Graf von Hardenberg (1891-1958) ein, der den
Grund gegen die nationalsozialistische Diktatur auf­
zustehen, folgendermaßen begründete: »Es galt mit
allem zu brechen, was mit der Ehre eines preußischen
Soldaten verbunden war«, vor allem mit dem
Treuegelöbnis. Dabei mussten »Besitz, Familie und
Stammesehre in die Waagschale geworfen wer­
den.« 133 Hans-Carl Graf von Hardenberg wurde von
der Gestapo gefasst und im KZ Sachsenhausen inhaf­
tiert. Dem Prozess mit der beantragten Todesstrafe
konnte er entgehen, weil das KZ zuvor von der Roten
Armee befreit wurde.
Er ging zurück nach Neuhardenberg, wurde jedoch
enteignet, zog nach Göttingen und Kronberg im
Taunus. Carl-Hans Graf von Hardenberg wurde Mit­
begründer des Hilfswerks 20. Juli 1944.

214
Abb. 70: Hans-Carl Graf von Hardenberg (1966)
(Fotoquelle: Felix Hardenberg (https://comrnons.wikirnedia.org/
wiki/File:Hans_Carl_Graf_von_Hardenberg.jpg))

General (der Nachrichtentruppen) Erich Fellgiebel


(1886-1944) war ab August 1938 Chef des Heeresnach­
richtenwesens und zugleich Chef der Wehrmachts­
nachrichtenverbindungen im OKW.
Seit September 1939 hatte er Kontakt mit militäri­
schen Widerstandskreisen.

21 5
Beim Attentat auf Hitler war er für die nachrichten­
technische Isolierung des Führerhauptquartiers zu­
ständig. Dies gelang allerdings nur für eine kurze Zeit.
Noch in der Nacht zum 21. Juli 1944 wurde Fellgiebel
verhaftet, am 10. August 1944 vom Volksgerichtshof
zum Tode verurteilt und am 4. September 1944 in Plöt­
zensee hingerichtet.134

Abb. 71: Erich Fellgiebel (Chef der Wehrmachts­


kommunikation, Chef der Armeekommunikation,
General der Kommunikationstruppen)

216
(Fotoquelle: Deutsches Widerstandsgedenkzentrum
(https://www.gdw-berlin.de/de/recess/biographies/index_of_
persons/biographie/view-bio/erich-fellgiebel/?no_cache=l )
(https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Erich_Fellgiebel.j pg))

Generaloberst Ludwig Beck (1880-1944) begrüßte nach


der Kriegsniederlage 1918 und der Zeit der Weimarer
Republik zunächst die Machtergreifung der National­
sozialisten als »politischen Umschwung«. 1 3.5 Von 1933
bis 1938 war er Chef des Truppenamtes, beziehungs­
weise ab 1935 Chef des Generalstabes des Heeres.
Als sich Hitlers Kriegsabsichten abzeichneten ver­
suchte er dies aus Gewissensgründen - unter ande­
rem zusammen mit Admiral Wilhelm Canaris (1887-
1945), dem Leiter der Abwehr (des militärischen Ge­
heimdienstes der Wehrmacht) - zu vereiteln. 1938 be­
drängte Beck mehrere Generale zum geschlossenen
Rücktritt, was jedoch misslang. Wenig später bean­
tragte er seine Dienstentlassung.
In der Folge wurde er zur zentralen Figur im mili­
tärischen Aufstand gegen Hitler. Nach Scheiterns des
Attentats am 20.Juli 1944 wurde er von Generaloberst
Fromm in der Bendlerstraße (Sitz des Allgemeinen
Heeresamtes und des Befehlshabers des Ersatzheeres
im Oberkommando des Heeres (OKH)) festgenom­
men. Dieser forderte ihn dazu auf, Suizid zu begehen.
Als der Selbstmord scheiterte, wurde der schwerver­
letzte Beck auf Fromms Befehl hin von einem anwe­
senden Soldaten erschossen.

217
Abb. 72: Generaloberst Ludwig Beck
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1980-033-04 / CC-BY-SA 3.0
(https://cornmons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l
46-1980-033-04,_Ludwig_Beck.jpg)

Werner von Haeften (1908-1944), Oberleutnant der


Reserve, der im November 1943 beim Kampf in der
Sowjetunion schwer verwundet wurde, unterstützte
Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-

218
1944), dessen Adjutant er wurde, beim Staatsstreich­
versuch.
Nach der Detonation der Bombe konnte er sich zu­
nächst aus dem Sperrkreis entfernen und entkam ge­
meinsam mit Stauffenberg mit einem Flugzeug. Am
21. Juli 1944 wurden Haeften, Stauffenberg und an­
dere Gleichgesinnte im Hof des Bendlerblocks auf Be­
fehl von Generaloberst Fromm erschossen.

Abb. 73: Oberleutnant Werner von Haeften

219
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146III-347 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_ 1
46III-347,_Wemer_Karl_v._Haeften.jpg)

Generalleutnant Paul von Hase (1885-1944) war ein


Onkel der Mitverschwörer Dietrich Bonhoeffer (1906-
1945, lutherischer Theologe) und Hans von Dohnanyi
(1902-1945, Jurist).

Abb. 74: Generalleutnant Paul von Hase

220
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 1 83-800277 / CC-BY-SA 3.0)
(https://commons.wikimedia .org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_1
83-800277,_paul_von_Hase.jpg)

Hase war 1939/1940 Divisionskommandeur und von


1940 bis 1944 Stadtkommandant von Berlin. Bereits
1938/1939 hielt er Kontakt zu den militärischen Wi­
derstandskreisen um Beck, Canaris und General­
oberst Franz Halder (1884-1972).
Am 20. Juli 1944 wurde Generalleutnant Hase ver­
haftet, am 8. August 1944 zum Tode verurteilt und
noch am selben Tag hingerichtet.
Generaloberst Erich Hoepner (1 896-1944) war
1938 Divisionskommandeur und danach Komman­
dierender General des XVI. Armee-Corps, 1941
Oberbefehlshaber der Panzergruppe 4 (4. Panzerar­
mee).
Hoepner war maßgeblich am schnellen Vordringen
der Wehrmacht in die Sowjetunion beteiligt. Dann
widersetzte er sich jedoch Hitlers militärischen Hal­
tebefehl (8. Januar 1942), wurde daraufhin abgesetzt
und aus der Wehrmacht entlassen.
1942 nahm er auch Kontakt zu den Verschwörer­
kreisen auf, wurde am 20. Juli 1944 verhaftet, zum
Tode verurteilt und am 8. August 1944 in Plötzensee
hingerichtet.

221
Abb. 75: Generaloberst Erich Hoepner
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1971-068-10 / CC-BY-SA 3.0)
(https://commons. wikirnedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_ 1
46-1971-068-10,_Erich_Hoepner.jpg)

Friedrich Olbricht (1888-1944) war General der Infan­


terie, 1938 bis 1940 Divisionskommandeur und von
1940 bis 1944 Chef des Allgemeinen Heeresamtes
(AHA) beim Chef der Heeresrüstung und Befehls-

222
haber des Ersatzheeres. Er plante die Alarmbefehle
bei inneren Unruhen zugunsten des Staatsstreichs ge­
gen Hitler.
Seit 1940 war er zentral im militärischen Wider­
stand in Berlin beteiligt. Nach dem Scheitern der Ver­
schwörung wurde er am 21. Juli 1944 im Hof des
Bendlerblocks erschossen.

Abb. 76: General der Infanterie Friedrich Olbricht

223
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-1981 -072-61 / CC-BY-SA 3.0
(https://comrnons. wikimedia.org/wiki/Fi le:Bundesarchiv_Bild_1
46-1981 -072-61 ,_Friedrich_Olbricht.jpg)

Generalmajor Hans Oster (1888-1945) engagierte sich


bereits seit 1938 um aktive Widerstandspläne gegen
Hitler. Im Krieg war er Chef der Zentralabteilung im
Amt Ausland/Abwehr (unter Admiral Canaris).

Abb. 77: Generalmajor Hans Oster

224
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146-2004-0007 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons. wikimedia.org/wiki/Fi le:Bundesarchiv_Bild_ 1
46-2004-0007,_Hans_Oster.jpg)

1940 verriet er dem niederländischen Militärattache


den Angriff der Deutschen im Westen, um so den
Frankreichfeldzug zu verhindern. Dies scheiterte je­
doch. Am 5. April 1943 wurde er wegen angeblicher
Devisenvergehen suspendiert und am 31. April 1944
aus der Wehrmacht entlassen.
Am 21. Juli 1944 wurde Generalmajor Oster verhaf­
tet und auf Befehl Hitlers am 9. April 1945 im KZ Flos­
senbürg ermordet.
Generalmajor Helmuth Stieff (1901-1944) war von
1934 bis 1936 an der Kriegsakademie zur General­
stabsausbildung eingesetzt, ab 1938 Mitglied im Ge­
neralstab des Heeres. 1942 war er dort Chef der Orga­
nisationsabteilung und somit Vorgesetzter von Graf
Stauffenberg. Da Stieff persönlichen Zugang zu Hit­
lers Lagebesprechungen hatte, wollte er selbst das At­
tentat begehen, lehnte aber dann doch die Ausfüh­
rung ab. Allerdings beteiligte er sich an der Beschaf­
fung und Aufbewahrung des Sprengstoffes.
Am 21. Juli 1944 wurde Generalmajor Stieff im Füh­
rerhauptquartier verhaftet, bei nachfolgenden Verhö­
ren schwer gefoltert. Mehrere Tage lang widerstand
er die Namen von Mitverschwörern zu nennen.
Am 8. August 1944 wurde zum Tode verurteilt und
noch am selben Tag hingerichtet.

225
Abb. 78: Generalmajor Helmuth Stieff
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 1011-146-1547-17 / Menzendorf /
CC-BY-SA 3.0 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Bundesarchiv_Bild_lOll-146-1547-17,_Hellmuth_Stieff.jpg))

Generalmajor Henning von Tresckow (1901-1944),


der einer alten preußischen Adelsfamilie entstammte,
kam schon früh in Kontakt mit oppositionellen

226
Kreisen um General von Witzleben. Sein Onkel war
Generalfeldmarschall Fedor von Bock (1880-1945).
Tresckow war im Westfeldzug im Generalstab der
Heeresgruppe A tätig, später Chef des Generalstabes
der 2. Armee an der Ostfront. Noch während des Krie­
ges erklärte er sich bereit, einen Staatsstreich gegen
Hitler zu wagen und baute dazu den Stab der Heeres­
gruppe Mitte zu einem Zentrum des Widerstands um.
Allerdings erfolglos initiierte er einen Anschlag auf
Hitlers Flugzeug sowie einen Pistolen- und Spreng­
stoffanschlag (durch den Mitverschwörer Major von
Gerdorff). Tresckow riet Graf Stauffenberg, das At­
tentat zu wagen, selbst wenn ein Fehlschlag einkalku­
liert werden müsse. Dabei kam es ihm nun »nicht
mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf,
dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der
Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens
den entscheidenden Wurf gewagt hat.«136 Als der An­
schlag dann am 21. Juli 1944 tatsächlich scheiterte, be­
fand er sich an der Front bei Bialystok. Noch am sel­
ben Tag nahm er sich unter Vortäuschung eines Ge­
fechts mit einer Granate das Leben.
Herkömmlich galt Generalmajor Henning von
Tresckow als » Treiber« und »böser Geist« des Atten­
tats, der einmal sagte: »Ich halte Hitler nicht nur für
den Erzfeind Deutschlands, sondern auch für den
Erzfeind der Welt (... ) Der sittliche Wert eines Men­
schen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine
Überzeugung sein Leben hinzugeben. 137

227
Abb. 79: Generalmajor Henning von Tresckow
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 1 46-1976-130-53 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/Fi1e: Bundesarchiv_Bild_ 1
46-1 976-1 30-53,_Henning__v._Tresckow.jpg)

Dr. Adam von Trott zu Solz (1909-1944), Jurist und


Legationsrat im Auswärtigen Amt (Informationsab­
teilung), wurde 1940 aus »Tamungsgründen«
NSDAP-Mitglied, unterhielt gleichzeitig jedoch Kon­
takte zu militärischen Widerstandskreisen. Diplo-

228
matische Auslandsreisen benutzte er mitunter zu
Kontaktaufnahmen zu Exilpolitikern und exilierten
Regimegegnem. Ebenso zu den Westalliierten, an de­
ren »Unnahbarkeit« er jedoch verzweifelte.138 Seit
1941 war er auch Mitglied im »Kreisauer Kreis«.
Am 25. Juli 1944 wurde er verhaftet, am 15. August
1944 zum Tode verurteilt und am 26. August 1944 in
Plötzensee hingerichtet.

Abb. 80: Dr. Adam von Trott zu Solz

229
(Fotoquelle: Familie von Trott
(https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Adam_von_Trott_zu
_Solz1943.jpg))

Dies sind nur einige preußische Offiziere und Adlige,


die sich gegen Hitler und seinRegime stellten und da­
für einen hohen Blutzoll zahlen mussten.
Angesichts der nationalsozialistischen Herrschaft,
der Zunahme der Verbrechen und dem drohenden
Untergang des DeutschenReiches, erhoben sich letzt­
lich in Besinnung auf ihre Tugenden aus dem alten
Preußen, Menschen aus Beamtentum, Bürgertum
und Militär gegen Hitler.
Gemäß der Losung ihres Helmspruches, dem sem­
per talis - im Sinne vom Festhalten an den preußi­
schen Tugenden der Pflichterfüllung und des Gehor­
sams - sahen mutige Mitglieder der alten preußi­
schen Eliten es für notwendig an, entgegen ihres auf
den Führer geleisteten Eides, Widerstand gegen des­
senRegime zu leisten. 1 39

Zusätzliche Quellen:
GerdR. Ueberschär: Stauffenberg und das Attentat vom
20.Juli 1944, Frankfurt am Main, 2004///Joachim Fest:
Staatsstreich - Der lange Weg zum 20. Juli, Berlin
1994///Peter Hoffmann: Claus Schenk Graf von Stauffen­
berg und seine Brüder, Stuttgart 2004///Michael

230
Baigent/Richard Leigh: Geheimes Deutschland - Stauf­
fenberg und die Hintergründe des Attentats vom 20. Juli
1944, München 1994///Eberhard Zeller: Geist der Frei­
heit - Der 20. Juli, Berlin 2008///Thomas Karlauf: Stauf­
fenberg - Porträt eines Attentäters, München 2019

231
14. Verschwiegen: So tilgten die Alliierten
»Preußen« aus dem kollektiven deutschen
Gedächtnis!

Die Furcht vor Preußen war so groß, dass die


Alliierten alles unternahmen, um es »auszulöschen!«
Mit Bomben, Vertreibungen und Umerziehung!
Ein verschwiegenes Kapitel deutscher Geschichte!

Mit allen Mitteln versuchten die Alliierten »Preu­


ßens« Denken und Tradition - samt dem Namen,
wie bereits in Kapitel 1 1 . Verdrängt: So wurde der
Preußische Staat ausgelöscht! aufgezeigt - psychisch
und physisch aus dem kollektiven deutschen Ge­
dächtnis zu tilgen.
Vor allem durch gewaltsame Massenvertreibungen,
in deren Folge Millionen von Preußen aus den östli­
chen Provinzen - und natürlich auch aus anderen -
westwärts fliehen mussten und so die größte Flücht­
lingswelle erzeugte, die es je in der Geschichte der
deutschen Besiedlung Europas gegeben hat. Und jene
Preußen, die in ihrer Heimat zurückblieben, fielen zu­
meist der Roten Armee zum Opfer, starben an Hun­
ger, Kälte und Krankheiten oder wurden in die Wei­
ten Sibiriens verschleppt.
Der australische Historiker Christopher Clark gibt
alleine die Zahl der Vertreibungsopfer aus der Pro­
vinz Ostpreußen auf zirka 500.000 Zivilisten an. 1 40

232
Der offiziellen Geschichtsschreibung nach wurden
etwa 14 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrie­
ben. Doch diese Zahlen sind mit äußerster Vorsicht
zu betrachten.
Manche Statistiken sprechen von über 16,5 Millio­
nen Deutsche, die in und aus Ostdeutschland, Ost­
und Südeuropa (ohne die Sowjetunion in den Gren­
zen von 1937) vertrieben oder deportiert wurden. Da­
von sollen - für das Reichsgebiet von 1937 - 9,29 Mil­
lionen Menschen entfallen, auf Danzig, Memel, Sude­
tenland und die anderen Regionen rund 7,25 Millio­
nen. Eine Schätzung des Schweizerischen Roten
Kreuzes spricht gar von insgesamt 18,1 Millionen
Vertriebenen.
Bei diesen Zahlen handelt es sich um die alteinge­
sessenen Bewohner der vorgenannten Gebiete, ver­
mindert um die Kriegsverluste (gefallene Soldaten,
Bombenopfer etc.). Dabei fehlen die nach 1939 Zuge­
zogenen (z.B. Böhmen und Mähren rund 400.000
Reichsdeutsche, Sudetenland über 200.000 und Dan­
zig und den polnisch besetzten Gebieten 460.000 bis
590.000, insgesamt rund 1 bis 1,5 Millionen) und Luft­
kriegsevakuierten (über eine Million) sowie die Russ­
landdeutschen (1,5 bis zwei Millionen). Hinzu kom­
men noch etwa 1 bis 1,5 Millionen Reichsdeutsche,
die für zahlreiche Industriebetriebe, die nach Osten
verlegt wurden, in Wirtschaft und Verwaltung der
Vertreibungsgebiete arbeiteten (inklusive Familien­
angehörige). So kommt man auf rund 20 Millionen

233
deutsche Aufenthaltsbevölkerung in den Vertrei­
bungs- und Deportationsgebieten gegen Ende des
Zweiten Weltkriegs! Andere Historiker wiederum be­
streiten diese Zahl.
Über zwei Millionen Vertriebene starben. Das Sta­
tistische Bundesamt kam in seiner »Sterbestatistik« -
nachdem alle Kriegsverluste (gefallene Soldaten,
Bombenkriegsopfer etc.) aus den Bevölkerungsbilan­
zen eliminiert wurden, um die eigentlichen Vertrei­
bungstoten (Vertreibungsverluste) zu ermitteln - auf
2,23 Millionen Menschen. 141

Abb. 81: Ostpreußischer Flüchtlingstreck 1945.


Flüchtlinge aus Ostpreußen auf Pferdewagen. Im
Vordergrund umgestürzter Karren, im Hintergrund
Ruine eines zerstörten Gebäudes

234
(Fotoquelle: Wikimedia.commons ( (Bundesarchiv, B 285 Bild­
S00-00326 / Unbekannt / CC-BY-SA 3.0)
(https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_1
75-S00- 00326,_Fl%C3%BCchtlinge_aus_
Ostpreu%C3%9Fen_auf_Pferdewagen.jpg))

Allerdings stellen auch diese eine Mindestzahl dar.


So sind beispielsweise die Opfer der Massenerschie­
ßungen durch slowakische Partisanen und jene des
Prager Pogroms nicht darin enthalten.
Ebenso wenig die Verluste der verschleppten
Russlanddeutschen, die auf rund 350.000 (oder
mehr) geschätzt werden. Insgesamt wurden rund
900.000 Russlanddeutsche in den asiatischen Teil
der Sowjetunion während des Krieges verschleppt.
Auch die Zivilverluste bei Erdkämpfen in Ostpreu­
ßen und Brandenburg konnten nicht herausgelöst
werden. 142
Insgesamt ergibt sich so also eine Zahl von Vertrei­
bungs- und Deportationsverluste der deutschen Zi­
vilbevölkerung im Osten des ehemaligen Deutschen
Reiches von rund 2,8 Millionen Menschen. Manche
seriösen Schätzungen gehen von 3 Millionen und
»mehr« aus (z.B. »Gemeinsame ... Historikerkommission:
Konfliktgemeinschaft, Katastrophe, Entspannung«, Mün­
chen 1996, S. 69) 1 43

235
Abb. 82: Flüchtlingstreck Ostpreußische Bauern, vor
dem russischen Einmarsch in den Jahren 1945
(Fotoquelle: Wikimedia.commons (.) (Bundesarchiv, Bild 146-
1990--001-30 / Unbekannter Autor / CC-BY-SA 3.0)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchlv_Bild_14
6-1990-001-30,_F1%C3%BCchtlingstreck.jpg)

Der britische Historiker und Autor Keith Lowe


schrieb dazu: »Aber kein Exodus einer ethnischen
Gruppe war so dramatisch wie jener von mehreren
Millionen Deutschen, die im Jahr 1945 vor der anrü­
ckenden Roten Armee aus Ostpreußen, Schlesien und
Pommern flüchteten und leere Landstriche und Geis­
terstädte hinterließen.« Tausende wurden wie »Vieh«
in den Grenzgebieten hin- und hergetrieben, da nie­
mand bereit war, sie aufzunehmen. 144

236
Tatsächlich wurde noch nie eine so große Zahl von
Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Die Vertrei­
bung der Deutschen stellt somit wohl die größte
Volksvertreibung der Weltgeschichte dar!
Die Auswanderungswellen und Umsiedlungen
dauerten bis in die 1950er und 1960er Jahre an. Doch
dabei beließ es Stalins Rote Armee nicht, sondern sie
vernichtete zudem die »sozioökonomische Elite« der
Preußen. So plünderten und brandschatzten die Sow­
jets die großen ostelbischen Gutshäuser, Fincken­
stein, Beynuhen, Waldburg, Blumberg, Groß Wohns­
dorff und viele weitere Landsitze. 145
Eine ganze Kultur, ein ganzer Lebensstil wurde
ausgelöscht. Jede noch so kleine Spur deutscher
(preußischer) Besiedlung sollte und musste vernich­
tet werden.
Doch die Auslöschung Preußens aus dem kol­
lektiven Gedächtnis der deutschen Bevölkerung be­
gann schon vor Kriegsende, wie der australische His­
toriker Christopher Clark feststellte. Und zwar mit
der Zerstörung Potsdams durch einen massiven Luft­
angriff.
Diese Stadt war nicht nur eine »normale« Metro­
pole, sondern besaß eine mehr als 1 .000-jährige, sym­
bolträchtige Geschichte.

237
Abb. 83: Garnisonskirche Potsdam (1920)
(Fotoquelle: Königlich Preußische Messbild­
Anstalt///Architekturmuseum der Technischen Universität
Berlin https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/P/1 34885.php
(lnventamummer: F 0518)/// https://commons.wikimedia.org/
wiki/File:Garnisonkirche_Potsdam_(1920).jpg)

Potsdam war Residenz- und Garnisonstadt preußi­


scher Kurfürsten und Könige, Hof-, Militär- und Be­
hördenstadt. Geprägt war sie von der Toleranz der

238
Preußen, die Andersgläubige und Ausländer gerne
aufnahmen und mitunter somit den wirtschaftlichen
Aufschwung des Landes begründeten. Wie wohl
keine andere Stadt war Potsdam mit dem »Preußen­
tum« verbunden.
Zur Schattenseite gehörte sicher, dass in der dorti­
gen Gamisonskirche am 5. März 1933 erstmals der
nicht mehr frei gewählteReichstag tagte. Gleicherma­
ßen wurde am 21. März 1933 ein NS-propagandisti­
scher Staatsakt (»Tag von Potsdam«) veranstaltet, der
nichts anderes sein sollte, als eine symbolische Insze­
nierung des Bündnisses zwischen dem alten Preu­
ßentum und der noch jungen nationalsozialistischen
Bewegung. Die Gleichschaltung des Stadtparlaments
erfolgte im Spätsommer 1933. Der Rücktritt des
deutschnationalen Oberbürgermeisters wurde jedoch
erst Anfang 1934 erzwungen.
Nicht zu vergessen darf aber auch, dass sich gerade
in Potsdam später der Widerstand gegen die NS-Ge­
waltherrschaft formierte (siehe Kapitel 13. Verdrängt:
Überwiegend »Preußen« im Widerstand gegen Hitler).
Mehr als fünfzig Männer und Frauen aus der Wider­
standsgruppe des 20. Juli 1944 hatten in der altenRe­
sidenzstadt gelebt und gewirkt.
»Allein 20 Offiziere, die während ihrer Laufbahn
Mitglied des traditionsreichen Potsdamer Infanterie­
regiments 9 gewesen waren, darunter Henning von
Tresckow und Fritz-Dietlof Graf von der Schulen­
burg, hatten sich dem Kreis um Helmuth James Graf

239
von Moltke und Graf Schenk von Stauffenberg ange­
schlossen, der das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944
durchführte.« 146

Abb. 84: Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg


(Fotoquelle: gedenkort-leber.de/ : "Foto: Reproduktion
Gedenkstätte Deutscher Widerstand" (Foto mit freundlicher
Genehmigung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand)(
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fritz­
Dietlof_von_der_Schulenburg.jpg)

240
Den Widerstand preußischer Offiziere gegen die NS­
Diktatur blendeten die Alliierten in ihrem infamen
Ansinnen, alles, was mit Preußen zu tun hatte, mit
Stumpf und Stiel auszurotten, wohl aus.
Außer einem reichen Kulturerbe hatte Potsdam
selbst weder eine strategische noch eine industrielle
Bedeutung. Das alles spielte jedoch in den Plänen der
späteren »Siegermächte« keine Rolle. Gleich gar nicht
in der unheilvollen Nacht vom 14. auf den 15. April
1945.

Abb. 85: Das prächtige Stadtschloss von Potsdam


vor seiner Zerstörung
(Fotoquelle: Königlich Preußische Messbild-Anstalt/ Architek­
turmuseum der Technischen Universität Berlin
https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/P/134853.php/
Inventarnummer: F 0507 (https://commons.wikirnedia.org/
wiki/File:Potsdam,_Stadtschloss,_1920.jpg))

241
In weniger als dreißig Minuten warfen die alliierten
(vor allem britischen) 491 Flugzeuge 1.716 Tonnen
Bomben über Potsdam ab und verwandelten die
preußische Metropole in eine Flammenhölle. Mehr
als 1.600 Menschen fielen dem Angriff zum Opfer.
Fast die Hälfte der historischen Gebäude der Altstadt
wurden zerstört. 3.800 Kubikmeter Schutt machten
die Straßen unpassierbar, die Lebensmittel-, Wasser­
und Stromversorgung lagen weitgehend damieder.
Außerdem kamen bis zum Sommer 1946 noch 50.000
Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten hier an,
die versorgt werden mussten.

Abb. 86: Das Stadtschloss von Potsdam aus einer


anderen Sicht
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 1 70-176 / Max Baur / CC-BY-SA
3.0 (https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild
_1 70-1 76,_Potsdarn,_Lustgarten_und_Stadtschlo%C3%9F.jpg)

242
Abb. 87: Der Bronzesaal im Stadtschloss Potsdam
(Fotoquelle: Ernst Cohn-Wiener, Potsdam mit den politischen SchlÖ'isem
und Gärten Potsdam mit den politischen SchlÖ'isem und Gärten (Berlin:
Verlag für Kunstwissensdiaf 1912) (https://romrnons.wikimedia.
org/wiki/File:Interior_of_Stadtsdtlos.5_Potsdam,_ Bronzesaaljpg))

Abb. 88: Der Marmorsaal im Stadtschloss Potsdam

243
(Fotoquelle: Ernst Cohn-Wiener, Potsdam mit den politischen
Schlössern und Gärten Potsdam mit den politischen Schlössern
und Gärten (Berlin: Verlag für Kunstwissenschaft, 1912), Abb.
15(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Marmorsaal,_Stadt
schloss,_Potsdam.jpg))

Abb. 89: Speisezimmer im Stadtschloss Potsdam


(Fotoquelle: Ernst Cohn-Wiener, Potsdam mit den politischen
Schlössern und Gärten Potsdam mit den politischen Schlössern
und Gärten (Berlin: Verlag für Kunstwissenschaft, 1912)
(h ttps://commons. wikimedia.org/wiki/File:Interior_of_ Stadtschl
oss_Potsdam,_Speisezimmer,_Gem%C3%A4lde_von_Antoine_
Pesne_(2).jpg)

244
Abb. 90: Stadtschloss Potsdam nach seiner
Zerstörung
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 170-392 / Max Baur /
CC-BY-SA 3.0
(https://comrnons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_l
70- 392,_Potsdam,_Stadtschlo%C3%9F_nach_1945.jpg)

245
Abb. 91: Potsdamer Gamisonkirche, die letzte
Ruhestädte Friedrich des Großen, vor der
Zerstörung
(Fotoquelle: Album von Potsdam und Umgegend.
Globus Verlag Berlin, 1904
(https://commons. wikimedia.org/wiki/File:Potsdam_
Garnisonskirche_um_l 900.jpg)

246
Abb. 92: Die Potsdamer Gamisonkirche nach der
Zerstörung
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 183- J31422 / CC-BY-SA 3.0
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_1
83-J31422,_Potsdam,_zerst%C3%B6rte_Garnisonkirche.jpg)

247
Abb. 93: Potsdam nach dem alliierten Luftangriff
(Fotoquelle: Potsdam-Wiki (https://comrnons. wikimedia.org/
wiki/File:Kirchstr_Potsdam_1945 .jpg))

Ende April 1945 zog die Rote Armee in Potsdam ein,


konfiszierte einen kompletten Stadtteil mit über 100
Gebäuden. Die Sowjets vertrieben die Bewohner, um
darin die Deutschlandzentrale der sowjetischen Mili­
tärspionageabwehr zu errichten. Bis 1994 blieb dieses
Areal (»Militärstätdchen Nr. 7«) für die Potsdamer
gewissermaßen eine »verbotene Stadt.« 147
Ebenfalls symbolträchtig wurde die Stadt im Som­
mer 1945 mit dem sogenannten »Potsdamer Abkom­
men«, bei dem die »Neuordnung der Welt«, also das
weitere Schicksal des besetzten Deutschlands sowie
die europäische Nachkriegsordnung, durch die Sie­
germächte festgelegt wurde. Die diesbezügliche alli-

248
ierte Siegerkonferenz der »Großen Drei« (US-Präsi­
dent Harry S. Truman, Sowjet-Diktator Josef Stalin
und Briten-Premier Winston Churchill (später Cle­
ment Attlee)) fand im Schloss Cecilienhof statt.
Einst ließ Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) die Resi­
denz für seinen ältesten Sohn, Kronprinz Wilhelm
(1882-1951), errichten und war bis 1945 der Wohnsitz
des letzten deutschen Kronprinzenpaares (Wilhelm
und Cecilie von Preußen (Herzogin Cecilie von Meck­
lenburg-Schwerin (1886-1954)).
Siehe dazu auch Kapitel 1 6. Verschwiegen: Die wahren
Pläne der Alliiertenfür Deutschland nach dem Kriegsende!

Abb. 94: Schloss Cecilienhof in Potsdam


(Fotoquelle: Fotograf: Benjamin (Importiert aus SOOpx
(Archiv - Version) durch das Archiv Team))

249
Abb. 95: Gesamtansicht des Konferenztisches auf der
Potsdamer Konferenz (Juli 1945): Josef Stalin ist in der
Mitte des Tisches in der weißen Uniform zu sehen.
Andere von seiner Linken sind: nicht identifizierter
sowjetischer Militärbeamter; Andre Gromyko; Admi­
ral William Leahy; Außenminister James Byrnes; Prä­
sident Harry S. Truman; Charles Bohlen; Joseph E.
Davies; Sir Alexander Cadogan; Clement R. Attlee;
Major Birse von Großbritannien; nicht identifizierter
sowjetischer Beamter; Andre 1. Vishinsky, sowjeti­
scher Vizekommissar für auswärtige Angelegenhei­
ten; Sowjetischer Außenminister Vyashaslav Molo­
tov. Der sowjetische Beamte zwischen Wischinski
und Molotow ist AB Podtserob. Direkt hinter

250
Molotow stehen Herr Zarapkin, Herr Novikov, Herr
Arutyunyan und ein nicht identifizierter sowjetischer
Beamter. Ganz rechts hält Averell Harrirnan Papiere
auf dem Schoß.
(Fotoquelle: Harry S. Truman Bibliothek & Museum/Autor: Frank
Gatteri (US-Army) (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:
Joseph_Stalin,_Winston_Churchill_and_President_Truman_(Pot
sdam_Conference,_J uly_1945).jpg)

Abb. 96: Die "Großen Drei" posieren mit ihren Haupt­


beratern vorn 28. Juli bis 1. August 1945 in Potsdam.
Die drei Regierungschefs sind (sitzend, von links
nach rechts): Der britische Premierminister Clernent
Attlee; US-Präsident Harry S. Trurnan; der sowje-

251
tische Diktator Joseph Stalin. Hinter ihnen stehen
(von links nach rechts): Flottenadmiral William D. Le­
ahy, USN, Stabschef von Truman; der britische Au­
ßenminister Emest Bevin; US-Außenminister James
F. Bymes; der sowjetische Außenminister Wjat­
scheslaw Molotow.
(Fotoquelle: Sammlung des Army Signal Corps im US­
Nationalarchiv (http://www.history.navy.mil/photos/events/
wwii-dpl/hd-state/potsdam.htm ) (https://commons.wikimedia.
org/wiki/File:Potsdam_conference_1945-8.jpg ) )

Noch während seines Aufenthalts in Potsdam ord­


nete US-Präsident Truman die Vorbereitung des ers­
ten Atombombenabwurfs auf die japanische Küsten­
stadt Hiroshima an, die 78.000 bis 90.000 wehrlose
Frauen, Kinder und Männer töten sollte.
Weitere 50.000 starben später an der Strahlenkrank­
heit. Danach folgte ein zweiter Atomschlag gegen Na­
gasaki, bei dem zwischen 25.000 und 36.000 Zivilisten
starben und rund 40.000 durch die Spätfolgen der ato­
maren Verstrahlung ums Leben kamen. Siehe dazu
Tabu-Fakten Zweiter Weltkrieg, Band 1 (gugra-Media­
Verlag, 2020).
Auch Königsberg, die alte, seit 1724 Königliche
Haupt- und Residenzstadt in Preußen und bis 1945
Hauptstadt und kulturelles sowie wirtschaftliches
Zentrum der ostpreußischen Provinz, fiel nach zwei
verheerenden britischen Luftangriffen (1944) ein Jahr
später als »Kriegsbeute« an die Sowjetunion.

252
Abb. 97: Königsberger Schloss mit Kaiser-Wilhelm­
Denkmal (zwischen 1894 und 1900)
(Fotoquelle: Photochromdruck (Farbfotolithographie)
Reproduktionsnummer: LC-DIG-ppmsca-00735 aus der Library
of Congress , Abteilung Drucke und Fotografien , Sammlung
Photochromdrucke (https://commons.wikimedia.org/
wiki/File:K%C3%B6nigsberg_ Castle.jpg))

253
Die einst so pulsierende Metropole war nur noch eine
tote, verwüstete Ruinenlandschaft. Um sie herum ent­
stand eine neue russische Stadt, die durch ein militäri­
sches Sperrgebiet von der Außenwelt abgeschnitten
war.
Am 4. Juli 1946 wurde das vormals so stolze preußi­
sche Königsberg in Kaliningrad umbenannt. Eine Hom­
mage an Michail Iwanowitsch Kalinin, einen der treues­
ten Gefolgsmänner des sowjetischen Diktators Stalin.

Abb. 98: Königsberg nach den Luftangriffen


(Ende August 1944)
(Fotoquelle: F. Bistrick: Königsberg in Rauch und Asche; Fritz
Krauskopf: Königsberg lebt weiter - Konflikteotos aus der Zeit
1939 bis 1 945 (1954) (https://commons.wikimedia.org/
wiki/File:Zerst%C3%B6rung_K%C3%B6nigsbergs.jpg)

254
Auch im Westen Deutschlands schritt die »Preußen­
vernichtung« voran. So formulierten beispielsweise
französische Politiker in den ersten Nachkriegsjahren
die Notwendigkeit einer vollständigen »deprussifica­
tion«148, also einer »Entpreussifikation«. Dementspre­
chend wurden die Bronzetafeln am Sockel der Sieges­
säule zu Ehren des preußischen Triumphs 1873 nach
den Einigungskriegen über Dänemark, Österreich
und Frankreich abgenommen, alle Statuen der Ho­
henzollern-Herrscher, die einst die Siegesallee ge­
säumt hatten, vernichtet.
»Auf Anweisung des Alliierten Kontrollrates in Ber­
lin wurden sie 1947 abgebrochen. Sieben Jahre später
wurden sie heimlich in der sandigen brandenburgi­
schen Erde vergraben, fast so, als müsste man die
Deutschen daran hindern, sich um die Totems ihrer
Vorfahren zu scharen und erneut in den Krieg zu zie­
hen.«1 49
Auch bezüglich der »Umerziehungspolitik« der Al­
liierten in den Besatzungszonen wurde alles getan,
um das »Gedankenkonstrukt« Preußen zu eliminie­
ren, sprich: aus der Vorstellungswelt der Deutschen
zu verbannen, wie der Historiker Christopher Clark
festhält.

255
Abb. 99: Friedrich der Große als Fahnenträger auf
dem Schlachtfeld, de zudem ein Repräsentant des
aufgeklärten Absolutismus war

256
(Bildquelle: Arthur Kampf
(http://militarypaintings.blogspot.com/2016/02/friedrich-great­
carrying-flag-1758.html)
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Frederick_the_Great_
as_standard-bearer_at_the_battlefield.jpg)

So wurde beispielsweise im Geschichtsunterricht fast


gar nichts über das einst so mächtige und stolze Preu­
ßen erwähnt. Und da, wo doch, wurde es mit negati­
vem Ton bedacht, als »unersättliche, reaktionäre
Macht« dargestellt, das sich den » Errungenschaften
der Französischen Revolution in den Weg gestellt
und die Wurzeln der Aufklärung und Demokratie in
Deutschland zerstört habe.« 150
Gleichsam wurde das Ansehen des großen preußi­
schen Staatsmannes Otto von Bismarck geschmäht,
ebenso wie jenes von Friedrich II. Und das, obwohl es
gerade Friedrich der Große war, wie er sonst noch ge­
nannt wurde, der doch eigentlich als Repräsentant
des aufgeklärten Absolutismus galt und sich selbst
einmal als »erster Diener des Staates« bezeichnet
hatte151 und der, wie kein anderer damals, gesell­
schaftliche Reformen durchsetzte, die Folter ab­
schaffte und das Bildungssystem ausbaute.
Nun waren all diese fortschrittlichen Errungen­
schaften scheinbar dahin, alles wurde schlechtge­
macht und diffamiert. Teilweise hält dieses perver­
tierte Gedankengut, diese Antipathie gegen Preußen,
noch bis heute an. Ebenso wie in den hiesigen Köpfen

257
Ewiggestriger »Schlechtmacher«, zu denen sicher
auch eine ganze Reihe deutscher Historiker gehört.

Zusätzliche Quellen:
Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang
1 600-1947, München 2007///"Potsdam - Portrait" in:
www.potsdam.de (https://www.potsdam.de/katego­
rie/portrait-geschichte)/Zugriff: 01.05.21

258
15. Verdrängt: »Kommunistische
Umerziehung« im (einstigen)
ostpreußischen Königsberg!

Der preußischen Seele und Tradition beraubt, wurde


Königsberg zu Kaliningrad!
Ein Zeitzeuge berichtete 1949 über die
»Metamorphose« der Stadt unter den Sowjets!
Und über die kommunistische Umerziehung von
Kindern!

Das Thema Flucht und Vertreibung beschäftigt mich


schon seit meiner Kindheit, bin ich doch selbst ein
»Nachgeborener« von Vertriebenen aus Westpreußen
(Danzig).
Allzu gut erinnere ich mich an die schrecklichen Er­
zählungen vor allem meiner Großmutter, die mit ih­
ren drei Söhnen (darunter auch mein Vater) fliehen
musste.
Bei ihrer Flucht aus Danzig kam die Hälfte meiner
Verwandtschaft durch die anrückende Rote Armee
ums Leben. Meine Cousinen mussten unter Waffen­
gewalt mitansehen, wie ihre Mutter (meine Tante)
von Russen mehrmals hintereinander vergewaltigt
wurde. Und das in der Marienkirche, wo sie kurz zu­
vor Unterschlupf gefunden hatten. Nicht viel später
wurden sie selbst geschändet.
Bereits Mitte/Ende Januar 1945 war Ostpreußen von

259
den Sowjets abgeschnitten. Der einzige offene Weg
war jener über das zugefrorene »Frische Haff«, ein
nur wenige Meter tiefes Gewässer. Dieses war durch
die »Frische Nehrung« (ein schmaler, bewaldeter
Landstreifen, etwa 24 Kilometer lang) von der Ostsee
getrennt. Lediglich eine enge Straße führte auf der
Nehrung zur Danziger Bucht (Westpreußen). Dort
sammelten sich bereits Hunderttausende Flüchtlinge
aus dem Hinterland, die auf einen Schiffstransport in
den Westen hofften.
Bei dieser unfassbar harten und grausamen Flucht
griffen immer wieder sowjetische Tiefflieger und
Jagdbomber (Jabos) den (und auch andere) schutzlo­
sen Flüchtlingstrecks an.
Tausende - vor allem Frauen, Kinder und Alte - ka­
men dabei ums Leben.
Meine Großmutter erzählte, wie die russischen
Schützen mit den Bord-MGs auf die Wehrlosen ziel­
ten und abdrückten. Nur mit viel Glück überlebten
sie . . .
(Siehe dazu: Tabu-Fakten Zweiter Weltkrieg, Band 1
(gugra-Media-Verlag).
In einem Archiv bin ich auf ein 72 Jahre altes Mittei­
lungsblatt der Landsmannschaft Ostpreußen gestoßen, in
dem ein Königsberger über das damalige Leben in
seiner einstigen Heimat, der früheren Hauptstadt
Ostpreußens berichtete.
Aus dem deutschen Königsberg, wie bereits er­
wähnt, ab 1724 die Königliche Haupt- und Residenz-

260
stadt in Preußen, wurde nach Ende des Zweiten Welt­
kriegs, das russische »Kaliningrad«.
Nachfolgend gebe ich den äußerst interessanten Ar­
tikel aus dem Mitteilungsblatt der Landsmannschaft
Ostpreußen152 als einmaliges Zeitdokument wieder,
das einen Blick in die Vergangenheit zulässt (alte
Rechtschreibung wurde beibehalten):

Abb. 100

261
(Quelle Screenshot/Bildzitat: https://archiv.preussische­
allgemeine.de/1949wo/1949_02_01 wo01 .pdf)

Königsberg, im Januar.
Ein kiesbestreuter Bahnsteig, drei baufällige Baracken,
ein Triumphbogen aus grüner Pappe, mit den Bildern
Lenins und Stalins geschmückt. Kaliningrad empfängt
seine Besucher in Ponarth, auf dem ehemaligen Güterbahn­
hof, weit draußen im Süden der Stadt. Hellblau, lederge­
polstert mit blinkenden Scheiben die Straßenbahn, die mich
zum Stadtkern bringt. Sie ist frisch aus Moskau importiert
und kündet stolz von der „ Kultura " im „Vaterland der
Werktätigen ".
Durch zerstörte und völlig verödete Stadtteile geht es
zum „ Platz der Befreiung ", auf dem noch heute das Denk­
mal Kaiser Wilhelm I. steht.
Rund 80 v. H. aller Bauten in Königsberg sind durch
Kriegseinwirkungen zerstört. Von der Innenstadt ist außer
kleinen „Oasen " am Hansaplatz und am Rosengarten
nichts stehen geblieben. Der Schloßturm, das alte Wahrzei­
chen der Stadt, ist auf der einen Seite völlig aufgerissen.
Von der Universität steht nichts mehr. Fast der gesamte
Nordwesten der Stadt aber, Juditten, Ratshof, A malienau,
die Hufen und Charlottenburg, sind zum größten Teil er­
halten geblieben.
Auf den Hufen haben sich die Regierungsstellen nieder­
gelassen.

262
r _,,_.
---- .... - .. ...
Aus Königsberg wurde Kallnlngrad

Abb. 101
...;.. ..,,..... _

(Quelle Screenshot/Bildzitat: https://archiv.preussische­


allgemeine.de/1 949wo/1949_02_01 wo01.pdf)

Der „Oberste Sowjet " des Gebiets residiert im ehemaligen


„ Raiffeisenhochhaus ", im Amtsgericht am Nordbahnhof
sitzt die NKWD, deren Kommissare auch in Kaliningrad
zu den meistbeschäftigsten Leuten gehören. Dasfrühere Fi­
nanzpräsidium ist das Hauptquartier des Oberkamman­
dierenden, die Mädchengewerbeschule, das „Haus der Ro­
ten Armee " geworden. Die Handelsschule ist jetzt „Tech­
nikum ". Die ehemalige Staatsbibliothek wurde nach Wilna
abtransportiert.
Etwa 20 000 Deutsche leben heute in Königsberg. Nur
langsam und zögernd kam die russische Zivilbevölkerung
in das eroberte Gebiet. Erst als das Gebiet am 1. Januar
1946 in die „ Russische Föderative Sowjetrepublik " einge­
gliedert wurde, siedelte man die Einwohnerschaft ganzer
Dörfer von der Ukraine und Westsibirien nach Nordost­
preußen um. Etwa 100 000 davon ließen sich in Königsberg
nieder.
Im September 1946 wurden „Nichtrussische Volksschu­
len " zugelassen.
Deutsche Lehrer müssen hier die ihnen anvertrauten
Kinder zu Kommunisten erziehen.

263
Die deutsche Intelligenz ist in dem sogenannten "Deut­
schen Club " zusammengefaßt, wo sie von KPFunktionären
geistig ausgerichtet wird.
Die Deutschen, die in der ersten Zeit willkommene Ar­
beitskräfte gewesen waren, sind jetzt mehr und mehr durch
Russen, die sie selbst einarbeiten mußten, verdrängt wor­
den. Nur wer das Glück hat, arbeiten zu dürfen, erhält Geld
und Lebensmittelkarten.
Viele Wohnhäuser in Amalienau und auf den Hufen sind
zu „Staatsläden " umgebaut worden, in denen es seit dem
Ende der Rationierung in der Sowjetunion, Dezember
1947, alles zu kaufen gibt. Die Preise sind sehr hoch und
stehen in keinem Verhältnis zu den Einkommen, vor allem
dem der Intelligenzberufe.
Ein Buchhalter oder Arzt müßte für ein Paar Schuhe oder
vier Pfund Butter sein halbes Monatsgehalt opfern, ein Be­
triebsführer oder Professor ein Siebentel. Ein Anzug west­
europäischer Qualität würde den Professor anderthalb Mo­
natseinkommen kosten.
Zur kulturellen Betreuung der russischen Bevölkerung
stehen das Theater der „ Roten Armee " und vier Kinos zur
Verfügung, die meist schlecht synchronisierte deutsche
Filme zeigen.
Wenn Propagandastreifen der russischen Regierung vor­
geführt werden, sind die Filmtheater leer.
Sämtliche Industriewerke Königsbergs wurden 1945 zer­
stört, der Rest, soweit noch brauchbar, demontiert und
nach dem Osten geschafft.
1946 begann sehr langsam der Wiederaufbau der Indus-

264
trie. Die sogenannte Leichtindustrie arbeitet ausschließlich
für die „Rate Armee ".
Im Zuge der Eingliederung in die Sowjetunion wurden
alle deutschen Bauern von ihren Höfen vertrieben und ihr
Land russischen Siedlern zur Verfügung gestellt. Nur etwa
die Hälfte des zur Verfügung stehenden Bodens wird be­
baut. Nordostpreußen, früher die Kornkammer Deutsch­
lands, muß heute die Hälfte seines Bedarfs an Getreide und
Fleisch einführen.
Kaliningrad ist heute eine durchaus russische Stadt ge­
worden. Ihr äußeres Bild gleicht dem eines der vielen rus­
sischen Provinzstädtchen.
Mit Königsberg hat es nur noch die geographische Lage
gemeinsam.

Abb. 102: Königsberg, Königliche Haupt- und


Residenzstadt in Preußen (1920er Jahre)

265
(Fotoquelle: Adam Kraft, Rudolf Naujok: Ostpreußen. Ein
Bildwerk mit 220 Fotos. Würzburg 2002, ISBN 3-88189-444-6 ,
Abb. 7 (https://commons.wikirnedia.org/wiki/
File:Hundegatt_(K%C3%B6nigsberg).jpg)

266
16. Verschwiegen: Die wahren Pläne der
Alliierten für Nachkriegsdeutschland!

Jede der vier Siegermächte hatte andere Pläne für


Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkriegs!
Besonders der Morgenthau-Plan wurde heftig
diskutiert!
Letzten Endes kam es zur Einigung der Alliierten!

Vom 4. bis zum 11. Februar 1945, als die Führer der
Siegermächte in Jalta zusammentrafen, vereinbarten
sie in Anlehnung vorausgegangener Vereinbarungen,
wie sie nach der Niederlage mit dem Deutschen Reich
umzugehen gedachten.
Dabei wollten US-Präsident Franklin Delano »FDR«
Roosevelt, der sowjetische Diktator Josef Wissariono­
witsch Stalin und der britische Premier Winston Le­
onard Spencer-Churchill Deutschland in Besatzungs­
zonen aufteilen. Zudem einen Alliierten Kontrollrat
einrichten, sämtliche Kriegsverbrecher vor Gericht
stellen (wobei die eigenen Gräueltaten nicht zur Spra­
che kommen sollten und später auch nicht kamen),
das Deutsche Reich komplett entwaffnen und den
deutschen Militarismus und Nationalsozialismus
zerstören. Deutschland sollte nie wieder dazu im­
stande sein, den »Weltfrieden zu stören«, was, be­
kanntlich ja auch nie mehr geschah, ganz im Gegen­
satz etwa zu den USA.

267
Die in Jalta getroffenen Zusatzvereinbarungen, als
Ergänzung zu denen in bereits in der Teheran-Konfe­
renz (vom 28. November bis 1. Dezember 1943) gefäll­
ten Abmachungen, sollten erst nach endgültiger Nie­
derlage Deutschlands bekanntgegeben werden. An­
gesichts dessen, was dort stand, war dies wohl aus
taktischen Gründen genauso geplant, denn alles an­
dere hätte zu noch mehr Angst und Schrecken im
Deutschen Reich geführt.
Am 17. Juli 1945 begann in Potsdam die Konferenz
der sogenannten »Großen Drei« (Roosevelt,
Churchill, Stalin), um die restlichen Differenzen un­
tereinander auszumerzen.
So wollte US-Präsident Roosevelt Deutschland in
fünf Staaten aufteilen. Und zwar in:

1. Preußen
2. Hannover mit Norddeutschland
3. Sachsen mit dem Gebiet um Leipzig
4. Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel mit dem Ge­
biet südlich des Rheins.
5. Bayern, Baden und Württemberg.

Das Ruhrgebiet mit seiner (lebenswichtigen) Indust­


rie, das Saargebiet, Hamburg und der Kaiser-Wil­
helm-Kanal (heute: Nord-Ostsee-Kanal, der die
Nordsee (Elbmündung) und die Ostsee (Kieler Förde)
miteinander verbindet) soUte unter die Kontrolle der
Vereinten Nationen gestellt werden.

268
Abb. 103: Die »Großen Drei« während der Teheraner
Konferenz; von links nach rechts: Josef Stalin,
Franklin D. Roosevelt, Winston Churchill.
(Fotoquelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/
File:Tehran_Conference,_1943.jpg)

Churchill hingegen hatte ganz andere Pläne. Er wollte


Preußen vom Deutschen Reich abtrennen und strebte
eine »Donaukonföderation« durch die süddeutschen
Staaten an.
Stalin wiederum wollte die Verschiebung der polni­
schen Westgrenze bis zur Oder sowie eine strenge
Kontrolle der Deutschen.

269
An dieser Stelle sei auch der von Henry Morgent­
hau jr. (1891-1967), Roosevelts Staatssekretär und Fi­
nanzminister (von 1934-1945), erstellte Plan zur Ent­
industrialisierung Deutschlands erwähnt. Dieser war
als Direktive des Oberbefehlshabers der alliierten
Streitkräfte in Europa, US-General Dwight David
»Ike« Eisenhower (1890-1969, von 1953 bis
1961 34. Präsident der Vereinigten Staaten) für die
Zeit nach dem Sieg der Alliierten gedacht. Der später
als »Morgenthau-Plan« bekannte Entwurf sah unter
anderem vor, dass Deutschland in einen »Agrarstaat«
umgewandelt werden sollte, damit es nie wieder in
der Lage dazu war, einen Angriffskrieg zu führen.
»Wenn der Krieg vorbei ist«, zitierte Barbara Jentz­
sch vom Deutschlandfunk im September 2004 Henry
Morgenthau, »sollten wir die deutschen Fabriken zer­
stören, die Bergwerke unter Wasser setzen und die
Infrastruktur nahezu zerstören. Lass die Deutschen in
ihrem eigenen Saft schmoren. Vielleicht sollten sie
auch eine Weile hungern. Nur so wird dieses Volk be­
greifen, dass es den Krieg verloren hat und für einen
Neuanfang unsere Hilfe braucht.«153

Der »Morgenthau-Plan« sah folgende 14 Punkte1 54


vor:

1. Demilitarisierung Deutschlands.
2. Territoriale Neuordnung: Aufteilung Ostpreu­
ßens zwischen der Sowjetunion und Polen,

270
Übergabe Südschlesiens an Polen, Übergabe des
Saarlandes und einiger linksrheinischer Gebiete
zwischen Rhein und Mosel an Frankreich, Auftei­
lung Deutschlands in zwei unabhängige Staaten
im Norden und Süden, Zollunion zwischen dem
Südstaat und Österreich.
3. Vollständige Demontage der Industrie im Ruhr­
gebiet, im Rheinland und in angrenzenden In­
dustrierevieren sowie in der Umgebung des
Nord-Ostsee-Kanals, Verwaltung des deindustri­
alisierten Gebietes als internationale Zone durch
die Vereinten Nationen, Verbot der Reindustriali­
sierung auf absehbare Zeit.
4. Entschädigungen und Reparationen aus dem der­
zeitigen Besitz, aber keine künftigen Zahlungen
oder Überlassungen.
5. Entnazifizierung von Schulen, Universitäten, Zei­
tungen, Rundfunk und anschließende Schließung
und Neuaufbau unter Leitung einer alliierten Er­
ziehungskommission.
6. Politische Dezentralisierung durch Föderalisie­
rung.
7. Steuerung der Volkswirtschaft durch Deutsche
ohne übergeordnete Verantwortung der Militär­
behörden.
8. Kontrolle der deutschen Volkswirtschaft durch
die Vereinten Nationen für den Zeitraum der
nächsten zwanzig Jahre, um den Aufbau einer Mi­
litärindustrie zu verhindern.

271
9. Bestrafung von Kriegsverbrechern.
10. Zerschlagung des Großgrundbesitzes, Verteilung
an die Bauern und Änderung des Erbrechtes.
11. Verbot von Uniformen und Militärparaden.
12. Verbot für Deutsche, Luftfahrzeuge zu führen.
13. Abzug der US-amerikanischen Truppen, Übertra­
gung von Besatzungsaufgaben an die Nachbar­
länder Deutschlands unter Verbleib der entschei­
denden Kompetenzen bei den USA.
14. Einsetzung eines US-amerikanischen Hohen
Kommissars als wichtigste politische Kontrol­
linstanz.

Unfassbar dieser Plan, der nicht nur eine territoriale


Neuordnung Deutschlands anstrebte, sondern auch
ein Verbot der Reindustrialisierung. Zudem sah er
eine zwanzigjährige »Fremdkontrolle« der hiesigen
Volkswirtschaft durch die Vereinten Nationen und
der politischen Kontrolle durch die Einsetzung einer
US-Kontrollinstanz vor. Noch perfider wurde es,
wenn den Deutschen sogar verboten werden sollte,
Flugzeuge zu führen!
Natürlich schlachtete die Nazi-Propaganda den
»Morgenthau-Plan« im Sinne von Durchhalteparolen
aus, fügte hinzu, dass Deutsche nach der Kapitulation
»sterilisiert« werden sollten.

272
Abb. 104: Geplante neue Grenzen Deutschlands
nach dem Morgenthau-Plan
(Bildquelle: Germany Morgenthau Plan.png von Stor stark 7
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Germany_Morgentha
u_Plan-en.svg))

Adolf Hitler selbst nutzte den Morgenthau-Plan zu­


dem für antisemitische Stimmungsmache, erklärte er
dazu noch am 1 . Januar 1945 unter anderem: »( ... ) das
Ziel der uns gegenüberstehenden jüdisch-internatio­
nalen Weltverschwörung ist die Ausrottung unseres
Volks.« In der Folge sprach er vorn »Stalinschen
Hausjuden« Ilja Ehrenburg (russischer Journalist und

273
»Propagandist«, der unter anderem Mordaufrufe
und Mordanleitungen gegen Deutsche schrieb) 1 55 und
dem »amerikanischen Minister und Juden Morgent­
hau«.156

Abb. 105: Henry Morgenthau jr.


(Fotoquelle: David Silvette
(http://www.treas.gov/education/history/secretaries/
irnages/morganthau.jpg///
https://commons. wikirnedia.org/wiki/File:Henry_
Morgenthau,_Jr ..jpg))

274
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels be­
schimpfte Morgenthau als einen »jüdischen Racheen­
gel « , der Deutschland vernichten und in einen »riesi­
gen Kartoffelacker« verwandeln wolle. Der »Jude
Morgenthau« beabsichtige, den größten Völkermord
aller Zeiten vorzubereiten.1 57
Konkret sagte Goebbels in einer Rede vor Fabrikar­
beitern: »Hass und Rache von wahrlich alttestamen­
tarischem Charakter sprechen aus diesen Plänen, die
von dem amerikanischen Juden Morgenthau ausge­
heckt wurden. Das industrialisierte Deutschland soll
buchstäblich in einen riesigen Kartoffelacker verwan­
delt werden.« 158
Was Hitler und Co. sowie die Ewiggestrigen bis
heute jedoch verschweigen: Bereits im September
1944 distanzierten sich Roosevelt und Churchill von
diesem Plan. Allerdings nicht ganz freiwillig, wie es
schien.
Dazu noch einmal der Deutschlandfunk vom Septem­
ber 2004: »Morgenthau schien Erfolg zu haben. Die
Staatschefs Churchill und Roosevelt billigten am 15.
September 1944 im kanadischen Quebec eine abgemil­
derte Version des Plans. Doch die Außenminister Eng­
lands und Amerikas protestierten aufs schärfste und
US-Kriegsminister Stimson sprach von einem ,Verbre­
chen gegen die Zivilisation'. Als der Plan durch ge­
zielte Indiskretion publik wurde, war die Reaktion so
negativ, dass der im Wahlkampf stehende Roosevelt
ihn ohne weitere Diskussion ad acta legte.« 159

275
Mit einer Ausnahme, nämlich der, bezüglich der Be­
strafung von Kriegsverbrechern. Doch nach Ende der
Kämpfe 1945 standen einzelne Punkte erneut zur De­
batte. So hatte beispielsweise die am 14. Mai 1945 er­
lassene Direktive 1067 des JCS (Joint Chief of Staff) für
den Militärgouverneur in der deutschen US-Besat­
zungszone große Ähnlichkeit mit verschiedenen
Punkten des Morgenthau-Planes.160
Darin heißt es unter anderem: »Demnach ist
Deutschland als Feindstaat zu behandeln, der dauer­
haft daran gehindert werden muss, zu einer erneuten
Gefahr für den Frieden zu werden. ,Fraternisierung'
zwischen amerikanischen Besatzungsangehörigen
und Deutschen wird verboten (...) Die Entnazifizie­
rung soll durch die Auflösung aller NS-Organisatio­
nen und den Ausschluss ihrer Mitglieder aus dem öf­
fentlichen Leben und herausgehobenen Stellungen in
der Wirtschaft erreicht werden (...) Der Neubeginn
des politischen Lebens ist nur mit amerikanischer Ge­
nehmigung möglich, streng kontrolliert werden soll
auch die Wiedereröffnung der Bildungseinrichtun­
gen. Ebenfalls nach strikten Vorgaben soll das wirt­
schaftliche Leben wieder in Gang kommen. Die Wirt­
schaft soll dezentralisiert und mit Hilfe deutscher Be­
hörden kontrolliert werden. Ein wirtschaftlicher Wie­
deraufstieg Deutschlands über das zur Versorgung
der Besatzungstruppen und zum Leben der Bevölke­
rung unbedingt Notwendige ist nicht erwünscht. Der
Lebensstandard in der US-Zone darf den benach-

276
harter Staaten nicht übersteigen (... ) Diese Direktive
gibt Richtlinien für die in der ersten Zeit nach der
Niederlage gegenüber Deutschland einzuschlagende
Politik (... ) Deutschland wird nicht besetzt zum
Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter
Feindstaat. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung, son­
dern die Besetzung Deutschlands, um gewisse wich­
tige alliierte Absichten zu verwirklichen. Bei der
Durchführung der Besetzung und Verwaltung müs­
sen Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein. Die Ver­
brüderung mit deutschen Beamten und der Bevölke­
rung werden Sie streng unterbinden (... ) Das Haupt­
ziel der Alliierten ist es, Deutschland daran zu hin­
dern, je wieder eine Bedrohung des Weltfriedens zu
werden (...) Andere alliierte Ziele sind die Durchfüh­
rung des Reparations- und Rückerstattungspro­
gramms (... ) Keine politische Tätigkeit irgendwelcher
Art darf ohne Ihre Genehmigung begünstigt werden
(... ) Ein koordiniertes Kontrollsystem über die deut­
sche Erziehung und ein bejahendes Programm der
Neuausrichtung sollen aufgestellt werden, um die
nazistischen und militaristischen Lehren völlig aus­
zurotten und die Entwicklung demokratischen Ge­
dankengutes zu fördern ( ... )« 161
Die komplette Direktive habe ich in Tabu-Fakten
Zweiter Weltkrieg, Band 1 im Kapitel 22. Verschwiegen:
US-Direktive 1067 belegt - ,,Deutschland wurde nicht be­
setzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter
Feindstaat! " (US-Präsident Truman) abgedruckt.

277
Abb. 106: Jalta-Konferenz 1945; von links nach
rechts: Winston Churchill, Franklin D. Roosevelt und
Josef Stalin. Dahinter: Admiral der Flotte Sir Andrew
Cunningham, RN, Marschall der Royal Air Force Sir
Charles Portal RAF und Flottenadmiral William D.
Leahy, USN und sowjetische Offiziere
(Fotoquelle: US Signal Corps/Kongressbibliothek , Franklin D.
Roosevelt Bibliothek & Museum http://docs.fdrlibrary.marist.
edu/ images/photodb/09-1905a.gif (wikimedia commons
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jalta_l945.jpg))

Fakt war zudem, dass nicht nur die Nazi-Granden


und die Kriegsverbrecher bestraft werden sollten,
sondern auch das ganze deutsche Volk. In Teheran,

278
Jalta, Potsdam - Die sowjetischen Protokolle der Kriegs­
konferenzen der »Großen Drei« heißt es dazu: »Alliierte
Armeen führen die Besetzung von ganz Deutschland
durch, und das deutsche Volk fängt an, die furchtba­
ren Verbrechen zu büßen, die unter der Leitung derer,
welche es zur Zeit ihrer Erfolge offen gebilligt hat und
denen es bald gehorcht hat, begangen wurden.«162
Dazu gehörte, dass nahezu zehn Millionen Deutsche
»Sklavenarbeit« in der Sowjetunion und in Frank­
reich leisten sollten.
Aber noch etwas anderes strebten die »Befreier« an:
Zunächst sollte es in Deutschland gar keine Regie­
rung geben, gleich gar nicht eine gesamtdeutsche.
Für Stalin war Deutschland bestenfalls ein »geogra­
phischer Begriff«, schlimmstenfalls existierte es gar
nicht mehr!
Dementsprechendes ist im sowjetischen Sitzungs­
protokoll vom 18. Juli 1945 nachzulesen.
Anmerkung: Zwischenzeitlich war Franklin D. Roose­
velt verstorben und Harry S. Truman neuer US-Präsident.
»Truman: ,Es (Deutschland/GG) hat 1945 alles ein­
gebüßt. Deutschland existiert faktisch nicht.'
Stalin: ,Deutschland ist, wie man bei uns sagt, ein
geographischer Begriff. Wollen wir es vorläufig so
auffassen (... )'
Truman: ,( ... ) Wie definieren wir nun den Begriff
, Deutschland'?'
Stalin: ,Lassen Sie uns die Westgrenze Polens festle­
gen, und dann wird die deutsche Frage klarer

279
werden. Es ist für mich sehr schwierig auszudrücken,
was jetzt unter Deutschland zu verstehen ist. Das ist
ein Land, das keine Regierung, das keine fixierten
Grenzen hat, weil die Grenzen nicht von unseren
Truppen festgelegt werden. Deutschland hat über­
haupt keine Truppen, Grenztruppen eingeschlossen,
es ist in Besatzungszonen zerteilt. Und nun definieren
Sie, was Deutschland ist! Es ist ein zerschlagenes
Land.'« 163

Zusätzliche Quellen:
„Ziffer 2 der Erklärung von Jalta" in: Amtsblatt des
Kontrollrates für Deutschland, Berlin 1945-1949///Wer­
ner Maser: Nürnberg - Tribunal der Sieger, Düsseldorf
1977, S. 22-28, 42, 43///J.L. Chase: ,,The Development
oft he Morgenthau-Plan through the Quebec Con­
ference" in: Journal of Politics (Mai 1954) Val. 16, Nr. 2,
S. 324ff.///H.G. Gelber: ,,Der Morgenthau-Plan" in:
Institut für Zeitgeschichte München (https://www.ifz­
muenchen.de/heftarchiv/1965_4_2_gelber. pdf)/Zu­
griff: 25.04.21

280
Quellenverzeichnis/Endnoten

1 „Europäische Ansichten über Deutschland", Festrede von Len­


nart Meri, Staatspräsident Estlands, anlässlich des 5. Jahrestages
der Deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1995 in Berlin
(https://potsdamer-konferenz.de/verstaendigung/lennart-meri­
rede)
2 Alfred M. de Zayas: Die deutschen Vertriebenen - Keine Täter, son­

dern Opfer - Hintergründe, Tatsachen, Folgen, Graz 2006, S. 1 8


3 Andreas Kossert: Kalte Heimat - Die Geschichte der deutschen Ver ­

triebenen nach 1945, München 2009, S. 346


4
Alexander Fischer (Hrsg.): Teheran, Jalta, Potsdam - Die sowjeti­
schen Protokolle der Kriegskonferenzen der »Großen Drei«, Köln 1973,
S. 214ff.///Wemer Maser: Nürnberg - Tribunal der Sieger, Düssel­
dorf 1977, S. 41
5 Alexander Fischer (Hrsg.): Teheran, Jalta, Potsdam - Die sowjeti­

schen Protokolle der Kriegskonferenzen der »Großen Drei«, Köln 1973,


S. 214ff.///Wemer Maser: Nürnberg - Tribunal der Sieger, Düssel­
dorf 1977, S. 42
6 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 9
7 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,

München 2007, S. 761


8 Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­

burg 2019, S. 263, 264


9 „Friedensvertrag von Versailles"["Versailler Vertrag"] vom 28.

Juni 1919 (http://www.documentarchiv.de/wr/vv08.html)/Zu­


griff: 30.04.21
10 Christopher Clark: Die Schlafwandler - Wie Europa in den Ersten
Weltkrieg wg, München 2013, S. 17
11
Margaret MacMillan: Die Friedensmacher - Wie der Versailler Ver­
trag die Welt veränderte, Berlin 2015, S. 224
12
„Friedensvertrag von Versailles"["Versailler Vertrag"] vom 28.
Juni 1919 (http://www.documentarchiv.de/wr/vv.htrnl)/Zugriff:
30.04.21///,,Reichs-Entwaffu.ungsgesetz" vom 7. August 1920
(https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/
0100/feh/fehl p/kap1 _2/kap2_42/para3_5.html)/Zugriff: 30.04.21

281
13
Patrick Henßler: ,,Versailler Vertrag, 1919/20" in: historisches-le­
xikon-bayerns.de (https://www .historisches-lexikon-bayerns.de/
LexikonNersailler_Vertrag,_1919/20#Versailler_Vertrag_und_
Weimarer_Republik)/Zugriff: 30.04.21///Helmut Braun: ,,Repara­
tionen (Weimarer Republik)" in: historisches-lexikon-bayerns.de
(https://www .historisches-lexikon-bayems.de/Lexikon/Reparati­
onen_(Weimarer_Republik)/Zugriff: 30.04.21
14 „Friedensvertrag von Versailles"["Versailler Vertrag"] (Teil IX.

Finanzielle Bestimmungen) vom 28. Juni 1919 (http://www.docu­


mentarchiv.de/wr/vv09.htrnl)/Zugriff: 30.04.21
15 „Finanzielle Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland

im Zusammenhang mit dem Versailler Vertrag" in: Deutscher


Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (Fachbereich WD 1: Ge­
schichte, Zeitgeschichte und Politik), 26.06.2008, S. 6, 7
(https://www.bundestag.de/re-
source/blob/413322/4c3fffa7b1 de4151be9641 a8254f6f30/WD-1-
088-08-pdf-data.pdf)/Zugriff: 30.04.21
16 „Deutsche Verluste von Territorium, Bevölkerung und ausge­

wählten Rohstoffförderungen als Folge des Versailler Vertrags im


Jahr 1919" in: statista.com (https://de.statista.com/statistik/da­
ten/studie/1077657/umfrage/ver luste-von-territoriurn-bevoelke­
rung-und-rohstoffen-nach-dem-versailler-vertrag/)/Zugri ff:
29.04.21 ///"Versailler Vertrag" in: wissen.de (https://www.wis­
sen.de/lexikon/versailler-vertrag)/Zugriff: 29.04.21 ///,,Finanzielle
Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Zusam­
menhang mit dem Versailler Vertrag - Ausarbeitung" in: Wissen­
schaftliche Dienste des Deutschen Bundestages v. 26.Juni 2008
(https://www .bundestag.de/re-
source/blob/413322/4c3fffa7b1 de4151 be9641 a8254f6f30/WD-1-
088-08-pdf-data. pd f)/Zugri ff: 29.04.21
17
"Versailler Vertrag" in: wissen.de (https://www.wissen.de/lexi­
kon/versailler-vertrag)/Zugriff: 29.04.21
18 „Finanzielle Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland

im Zusammenhang mit dem Versailler Vertrag" in: Deutscher


Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (Fachbereich WD 1: Ge­
schichte, Zeitgeschichte und Politik), 26.06.2008, S. 8, 9, 10
(https://www .bundestag.de/re-
sou rce/blob/413322/4c3fffa7blde4151 be9641 a8254f6f30/WD-1-
088-08-pdf-data.pdf )/Zugriff: 30.04.21

282
19 Dr. Thomas Vogel: ,,Kriegsfolgen" in: Bundeszentrale für politi­
sche Bildung v. 30. April 2015 (https://www.bpb.de/ge­
schichte/deutsche-geschichte/der-zweite-welt­
krieg/202284/kriegsfolgen)/Zugriff: 29.04.21///,,Hintergrund: Der
Zweite Weltkrieg in Zahlen und Fakten" in: zeit.de v. 9. Mai 2015
(https://www.zeit.de/news/2015-05/08/geschichte-hintergrund­
der-zweite-weltkrieg-in-zahlen-und-fakten-08065612)/Zugriff:
29.04.21///Rahlf, Thomas (Ed.): ,,Research Report Deutschland in
Daten. Zeitreihen zur Historischen Statistik", 2015, Bundeszent­
rale für politische Bildung, Bonn (https://www.econs­
tor.eu/bitstream/10419/124185/1/4938_zb_dtindaten_150714_on­
line.pdf)/Zugriff: 29 .04.21
20 „Reparationszahlungen Deutschlands nach dem Zweiten Welt­

krieg in den Jahren 1945 bis 1952" in: statista.com (https://de.sta­


tista.com/statistik/daten/studie/11 16824/umfrage/reparations­
zahlungen-deutschlands-nach-dem-zweiten-weltkrieg/)/Zugriff:
29 .04.21///"Statistiken zum Kalten Krieg" in: statista.com
(https://de.statista.com/themen/581 1/kalter-krieg/)/Zugriff:
29.04.21
21 „ Reparationen Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg -

Summe der Schande" in: sueddeutschezeitung.de v. 17. März 2015


(https://www .sueddeutsche.de/politik/reparationen-deutsch­
lands-fuer-zweiten-weltkrieg-summe-der-schande-
1 .2395520)/Zugriff: 30.04.21
22
„Finanzielle Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland
im Zusammenhang mit dem Versailler Vertrag" in: Deutscher
Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (Fachbereich WD 1: Ge­
schichte, Zeitgeschichte und Politik), 26.06.2008, S. 10-13
(https://www.bundestag.de/re­
source/blob/413322/4c3fffa7b1de4151be9641a8254f6f30/WD-1-
088-08-pdf-data.pdf)/Zugriff: 30.04.21
23
„Finanzielle Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland
im Zusammenhang mit dem Versailler Vertrag" in: Deutscher
Bundestag, Wissenschaftliche Dienste (Fachbereich WD 1: Ge­
schichte, Zeitgeschichte und Politik), 26.06.2008, S. 13, 14
(https://www .bundestag.de/re-
source/blob/413322/4c3fffa7blde4151 be964l a8254f6f30/WD-1-
088-08-pdf-data.pdf)/Zugriff: 30.04.21
24 „Deutschland hat keine Kriegsschulden mehr" in:
stern.de v. 3.

283
Oktober 2010 (https://www.stern.de/politik/geschichte/rueckzah­
lung-abgeschlossen-deutschland-hat-keine-kriegsschulden­
mehr-3888104.html)/Zugriff: 29.04.21)
25 „Reparationen Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg -

Summe der Schande" in: sueddeutschezeitung.de v. 17. März 2015


(https://www.sueddeutsche.de/politik/reparationen-deutsch­
lands-fuer-zweiten-weltkrieg-summe-der-schande-
1 .2395520)/Zugriff: 30.04.21
26
„ Reparationen Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg -
Summe der Schande" in: sueddeutschezeitung.de v. 17. März 2015
(https://www.sueddeutsche.de/politik/reparationen-deutsch­
lands-fuer-zweiten-weltkrieg-sumrne-der-schande-
1 .2395520)/Zugriff: 30.04.21
27 „B-Waffen: An der Schwelle zum Biokrieg" in: tagesspiegel.de v.

15.06. 201 7 (https://www.tagesspiegel.de/wissen/b-waffen-an­


der-schwelle-zum-biokrieg/1 9934766.html)/Zugriff: 02.04.21)
28
„B-Waffen: An der Schwelle zum Biokrieg" in: tagesspiegel.de v.
15.06. 2017 (https://www.tagesspiegel.de/wissen/b-waffen-an­
der-schwelle-zum-biokrieg/19934766.html)/Zugriff: 02.04.21)
29 Siehe u.a.: Hugh R. Slotten: The Journal of American History, 77.

Jg, Nr. 2, September 1990


30
„Die Pest ist denkbar unzuverlässig" in: Der Spiegel v. 21.12.
1969 (https://www .spiegel.de/politik/die-pest-ist-denkbar-unzu­
verlaessigi-a-576ce3d7-0002-0001-0000-000045234195 )/Zugriff:
05.04.21
31 John Colville: Dawning Street Tagebücher 1939-1945, Berlin 1988,

s. 137
32 John Colville: Dawning Street Tagebücher 1939-1945, Berlin 1988,

s. 137
33 Barton J. Bernstein: ,,Why We Didn't Use Poison Gas in World

War II" in: American Heritage, August/September 1985


(https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison­
gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
34 Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand, Koblenz

1986, S. 134
35 Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand, Koblenz

1986, s. 141
36 Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand, Koblenz

1986, s. 141

284
37 Barton J. Bernstein:,,Why We Didn't Use Poison Gas in World
War II" in: American Heritage, August/September 1985
(https://www .americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison­
gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
38 Barton J. Bernstein: ,,Why We Didn't Use Poison Gas in World

War II" in: American Heritage, August/September 1 985


(https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison­
gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
39 Barton J. Bernstein: ,,Why We Didn't Use Poison Gas in World

War II" in: American Heritage, August/September 1 985


(https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison­
gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
40 „ Erstickt, verkohlt, zerstückelt" in: weit.de v. 6. Februar 2005

(https://www.welt.de/print-warns/article122846/Erstickt-ver­
kohlt-zerstueckelt.html)/Zugriff: 06.05.21
41 „Erstickt, verkohlt, zerstückelt" in: weit.de v. 6. Februar 2005
(https://www.welt.de/print-warns/article122846/Erstickt-ver­
kohlt-zerstueckelt.html)/Zugriff: 06.05.21
42 Siehe beispielsweise: Times (London) v. 01.05.81///Stuttgarter

Nachrichten v. 02.05.81
43 „ 100 JAHRE GIFTGAS: ,Die Gase hatten gut gewirkt'" in:

faz.net v. 06.05. 2015 (https://www .faz.net/aktuell/wissen/physik­


mehr/100-jahre-giftgas-die- gase-hatten-gut-gewirkt-
13571422.html?printPagedArticle=true#pagelndex_2)/Zugriff:
05.04.21
44 „Der Karlspreisträger 1955 Sir Winston S. Churchill" in: Der In­

ternationale Karlspreis zu Aachen (https://www.karls­


preis.de/de/preistraeger/sir-winston-s-churchill-1955/vita)/Zu­
griff: 13.04.21
45 „Laudatio von Dr. Konrad Adenauer, Bundeskanzler der Bun­

desrepublik Deutschland" in: Der Internationale Karlspreis zu


Aachen (https://www.karlspreis.de/de/preistraeger/sir-winston-s­
churchill-1955/laudatio-von-dr-konrad-adenauer-bundeskanz­
ler-der-bundesrepublik-deutschland)/Zugriff: 13.04.21
46 „ Laudatio von Fernand Dehousse, Präsident der Beratenden

Versammlung des Europarates" in: Der Internationale Karlspreis zu


Aachen (https://www.karlspreis.de/de/preistraeger/sir-winston-s­
churchill-1955/rede-von-fernand-dehousse-praesident-der-bera­
tenden-versammlung-des-europarates)/Zugriff: 13.04.21

285
47„Rede von Sir Winston S. Chrnchill" in: Der Internationale Karls­
preis zu Aachen (https://www.karlspreis.de/de/preistraeger/sir­
winston-s-churchill-1955/rede-von-sir-winston-s-churchill)/Zu­
griff: 13.04.21
48
Eugen Lennhoff/Oskar Posner/Dieter A. Binder: Internationales
Freimaurer Lexikon, Miinchen 2006, S. 180, 714
49 Klaus Rainer Röhl: ,,Verbotene Trauer - Ende des deutschen Tabus",

München, 2002, S. 100, 1 12


50
Siehe beispielsweise: Antony Verrier: Bomberoffensive gegen
Deutschland", Frankfurt a. M., 1970
51 Keith Lowe: ,,Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der Anar­

chie 1943 - 1950", Stuttgart, 2014, S. 26


52 BACKGROUND DOCUMENT (Geissler ), 23rd Workshop of
the Pugwash Study Group on the Implementation of the Chemi­
cal and Biological Weapons Conventions: Achieving a Successful
Outcome of the Sixth Review Conference Geneva, Switzerland, 3-
4 December 2005: "Alibek, Tularaemia and the Battle of Stalin­
grad" (The CBW Conventions Bulletin, No. 69+70 (2005), 10-15
(https://www.prof-dr-erhard-geissler.de/geschichte-der-bio­
waffen/alte-und-neue-desinformationen/tular%C3%A4mie-und­
die-stalingrader-schlacht/9/Zugriff: 26.03.21
53 In der Folge werde ich seinen russisch-kasachischen N amen

verwenden.
54
»Selling the threat of bioterrorism« in: Los Angeles Times v. 01.07.
2007 (https://www .latirnes.com/archives/la-xpm-2007-jul-01-na­
alibekl-story.htrnl)/Zugriff: 26.03.21
55 Vgl. Annie Jacobsen: Das Gehirn des Pentagons: Eine unzensierte

Geschichte von DARPA, Amerikas streng geheimer militärischer For­


schungsagentur, New York 2015, S. 293
56 »Bh1rrycKHWKW Ha3ap6aeB YHwBepcwTeTa pa6oTaIOT B KOMaHAe
yqeHbIX B CWA w noMoraJOT 11e1.JWTbCll 4eTllM-aYTwcraM« in:
newtirnes.kz v. 12.03. 2019 (https://newtimes.kz/eksklyu­
ziv/87248-vypuskniki-nazarbaev-universiteta-rabotayut-v-ko­
mande-uchenykh-v-ssha-i-pomogayut-lechitsya-detyam-au­
tistam)/Zugriff: 26.03.21
57 Rotz, L.D., A.S. Khan, S.R. Lillibridge et al. 2002, "Public health

assessment of potential terrorism agents", Emerging Infectious


Diseases 8, No. 2, 225-230.)
58
Kliewe,H. 1 941, "Vortragsnotiz für den Herrn Chef des

286
Stabes". Geheim. National Archives College Park, Record Group
319, Box 1, Folder BW 2, 15-18.
59 Alibek, K. 1998, "Terrorist and intelligence operations: potential

impact on the U.S. economy". Statement before the Joint Eco­


nornic Comrnittee, U.S. Congress, 20 May. www/house.gov/jec/
hearings/intell/alibek.htm
60 »Soviet army used 'rat weapon' during WWII« [In Rus­

sian]. Pravda 2005, 5 February. http://english.pravda.ru/printed.


html?news_id=14923. Quoted in Tue CBW Conventions Bulle­
tin No. 68 (June 2005), 21
61 Alibek, K. with S. Handelrnan 1999, Biohazard. Random House,

New York, 29-30.


62 Oyston, P.C.F., A. Sjostedt and R.W. Titball 2004, "Tularaernia:

bioterrorism defence renews interest in Francisella tularensis",


Nature Reviews/Microbiology 2, December, 967-978.
http://www.nature.com
63 Croddy, E. and S. Krcalova 2001, "Tularernia, biological warfare,

and the battle for Stalingrad", Military Med. 166, No. 10, 837-838
64 Dennis, T., T.V. Inglesby, D.A. Henderson et al. 2001, "Tulare­

rnia as a biological weapons. Medical and public health manage­


ment", J.Arner.Med.Assoc. 285, No. 21, 2763-2773
65 Alibek, K. 1998, "Terrorist and intelligence operations: potential

impact on the U.S. economy". Statement before the Joint Eco­


nornic Comrnittee, U.S. Congress, 20 May. www/house.gov/jec/
hearings/intelValibek.htm
66
Zeiss, H. 1929, "V. Die Pest in Rußland. I. Pestähnliche Lymph­
drüsenentzündungen im Wolgadelta 1926. (Tularämie?)", Mün­
chener med. Wochschr. Nr. 27, 1 137-1139///Jusatz, H. 1964, "Die
geographische Verbreitung der Tularämie auf der Erde von 1911
bis 1959", in E. Rodenwald (Hrsg.) 1964, Geoepiderniologischer
Atlas, 3, 35-37///Bogendörfer, L., Saleck und H. Kairies 1942,
"Über das Auftreten von Tularämieerkrankungen an der Ost­
front". Der Deutsche Militärarzt 7, Nr. 1 1, 669-673///Zeiss, H.,
1943, ,,Die Geomedizin des Ostraumes", Deutsches Ärzteblatt 73,
130-142.
67
Walther, K. 1944?, "Seuchenvorkommen und Seuchenbekämp­
fung in Südostrußland", unpublished manuscript
68
Alibek, K. with S. Handelrnan 1999, Biohazard. Random House,
New York, 30

287
69
Gaede, D. und A. Kairies, 1943, "Untersuchungen zur Epidemi­
ologie und Diagnostik der Tularämie", Der Deutsche Militärarzt
8, Nr. 1, 30-35
70 Jusatz, H. 1964, "Die geographische Verbreitung der Tularämie

auf der Erde von 1911 bis 1959", in E. Rodenwald (Hrsg.) 1964,
Geoepidemiologischer Atlas/// Korth, W . 1945, "Serologische und
bakteriologische Ergebnisse während einer Tularämie-Epidemie
im Osten", Zbl. Bakteriol. I Orig. 151, 394-399.
71 Combined Intelligence Objectives Sub-Committee 1945, op.cit.
72 Combined Intelligence Objectives Sub-Committee 1945,

op.cit///Müller, H. 1944?, "Vorläufiger Sanitätsbericht des deut­


schen Heeres 1939-1943". Unpublished manuscript///Fischer, H .
1985, Der deutsche Sanitätsdienst 1921-1945. 4C, Biblio Verlag,
Osnabrück, 3430///Pravda 2005, op.cit///Kupplich, Y. 1996, Funk­
tion und Leistungen der Beratenden Internisten im Heeressani­
tätsdienst der deutschen Wehrmacht 1939-1945", Dissertation,
Universität Leipzig.
73
Gaede und Kairies, 1943, op.cit; Randerath, E. 1943, "Zur patho­
logischen Anatomie und zur Frage der Einteilung der Erschei­
nungsformen der Tularämie des Menschen", Münchener
Med.Wschr. 90, Nr. 32/33, 461-464///SchuJten, H. und Scheppach
1943, "Das klinische Bild der Tularämie", Münchener Med.Wschr.
90, Nr. 32/33, 464-466///Bogendörfer, 1943, "Tularämie",
Klin.Wschr. 22, Nr. 48/51, 761; Korth, 1945, op.cit.///Rogozin, 1.1.
1970, "Prophylaxis of tularaemia during the Great Patriotic War"
[in Russian]. Zh. Microbiol.Epidemiol.Immunobiol. 47, No. 5, 23-
26///Walther, K. 1944?, "Seuchenvorkommen und Seuchenbe­
kämpfung in Südostrußland", unpublished manuscript///Schad
1943, "Beitrag zur Epidemiologie, Bakteriologie und Serologie
der Tularämie", Der Deutsche Militärarzt 8, 620-621///Landsiedl,
A. 1942, ,,Ein Beitrag zur Epidemiologie und Symptomatologie
der Tularämie", Der Deutsche Militärarzt 7, Nr. 10, 644-647///Hol­
ler, G. und H. Wagner 1943, "Erfahrungsbericht. Betr.: Berichter­
stattung über die Beobachtungen bei Tularämie-Kranken im Re­
serve-Lazarett Gablitz in der Zeit vom 30.7.1942 bis 8.4.1943".
Bundesarchiv - Militärarchiv, Freiburg i.Br., RH 12-
23/159///Combined lntelligence Objectives Sub-Committee 1945,
op.cit.///Zeiss, H. 1929, "VI. Die Pest in Rußland. II. Die pestähn­
lichen Seuchen an der Oka und dem Ural im Jahre 1928.

288
Tularämie?", Münchener medizinische Wochschr. Nr. 32, 1342-
45.
74 Bogendörfer, L., Saleck und H. Kairies 1942, "Über das Auftre­

ten von Tularämieerkrankungen an der Ostfront". Der Deutsche


Militärarzt 7, Nr. 11, 669-673
75 Boldyrev,T.T., " Experiences of Soviet Medicine during the

Great Patriotic War" [in Russian], quoted by Rogozin, op.cit.


76 Alibek, K. with S. Handelman 1999, Biohazard. Random House,

New York, 30
77 Alibek, K. with S. Handelman 1999, Biohazard. Random House,
New York, 31
78
Kliewe, H. 1943a, "Der Bakterienkrieg". Geheime Komman­
dosache. 19.Januar, National Archives, College Park (NACP),RG
319, Box 3 Folder BW 14, 77-88. English translation: ,,Bacterial
War". Top secret. In: ALSOS Mission 1945a, "Intelligence Report.
Official German Documents and Reports on BW. H-H/1 68", 24
May. Report Nr. C-H/303:28-36. NACP RG 319 G2 P-Project File,
Box 3///Kliewe,H. 1943b, An Oberkommando der Wehrmacht,
Chef des Wehrmachtssanitätswesens."Betr.: Abwehr- und
Schutzmaßnahmen gegen Sabotageakte mit Bakterien". Geheime
Kommandosache. 14. August. NACP,RG 319 Box 3 BW 14:150-
152; Kliewe, H. 1943c, An Herrn Amtschef AWA. "Betrifft: Schutz­
u. Abwehrmaßnahmen gegen Sabotageakte mit Bakterien". Ge­
heime Kommandosache. 15. September. NACP RG 319, Box 3,
Folder BW 14: 160-161 . English translation: "Protective and defen­
sive measures against sabotage activity with bacteria". Top secret.
In ALSOS Mission 1945a, op.cit., 69-70
'19 Merkulov, V. 1941, Letter to the people's commissars for state
security of the unions and autonomous republics, top secret. [In
Russian]. Central Archives of the Ministry of Defense of the USSR,
Fonds 500, Opis 21452, Delo 1, 47-53, especially p. 50. [A German
translation is reproduced in part in Geißler 2003, op.cit., 92-93
80
Bojtzov, V. and E. Geissler 1999, "Military biology in the USSR,
1920-45", in E. Geissler and J.E. van Courtland Moon (eds.) 1999,
Biological and Toxin Weapons: Research, Development and Use
from the Middle Ages to 1945, Oxford University Press, Oxford,
153-167
81 ALSOS Mission 1945b, "Intelligence Report. Report on the in­

terrogation of Professor H. Kliewe, May 7-llth 1945". 13 May.

289
Report No. A-B-C-H-H/149, 4, 5-6///Hirsch, W. 1951, Soviet
Chemical Warfare and Biological Warfare Preparations and Capa­
bilities, US Army Chemical Intelligence Branch, Washington, DC,
104. Sussex Harvard Information Bank
82 Alibek, K. with S. Handelman 1999, Biohazard. Random House,

New York, 30
83 Korth, W. 1945, "Serologische und bakteriologische Ergebnisse

während einer Tularämie-Epidemie im Osten", Zbl. Bakteriol. I


Orig. 151, 394-399///Hitler, A. 1942, Fernschreiben OKH
Gen.St.d.H. Op.Abt. (I) Nr. 420538/42. Geheime Kommandosa­
che. 13. Juli. Reprinted in: P.E. Schramm (Hrsg.) 1961-79, Kriegs­
tagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtfüh­
rungsstab), Bonn, 3/2, 1282-1283///Halder, F. 1942, Fernschreiben
OKH Gen.St.d.H. Op.Abt. (I) Nr. 420573/42. Geheime Komman­
dosache. 31. Juli. Reprinted in: Schramm 1961 -79, op.cit.,
1285///Liddel Hart, B.H. 1948, The Other Side of the Hili, Amstutz,
Herdeg & Co., Zürich
84 Anthony Beevor: Der Zweite Weltkrieg, München 2016, S. 610

85 Günther W. Gellermann: Der Krieg, der nicht stattfand, Koblenz

1986, S. 163
86 Anthony Beevor: Der Zweite Weltkrieg, München 2016, S. 610
87 „ Vor 75 Jahren: Bomben auf den Vatikan" in: mticannews.m v. 5. Novem­

ber 2018 (https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-


11/geschichte-vatikan-bomben-faschisten-pius-xii-mussolini-75-
jahre.html)/Zugriff; 24.04.21
88 „ Vor 75 Jahren: Bombenaufden Vatikan" in: mticannews.mv. 5. Novem­

ber 2018 (https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2018-


1 1/geschichte-vatikan-bomben-faschisten-pius-xii-mussolini-75-
j ahre.html)/Zugriff; 24.04.21
89„Wer warf die Bomben auf den Vatikan?" in: weit.de v. 21. De­

zember 2020 (https://www.welt.de/geschichte/zweiter-welt­


krieg/article121531716/2-Weltkrieg-Wer-warf-die-Bomben-auf­
den-Vatikan.html)/Zugriff: 24.04.21
90 „Als Papst Pius XII. zum Himmel flehte" in: domradio.de v. 19. Juli

2018 (https://www .domradio.de/themen/vatikan/2018-07-19/ vor-75-


jahren-fielen-bomben-auf-die-ewige-stadt)/Zugriff: 24.04.21
91 „Die Sommerresidenz des Papstes im Bombenhagel des II.

Weltkriegs" in: kath.net v. 7. Februar 2014 (https://kath.net/


print/44803)/Zugriff: 24.04.21

290
92
20 große Preußen - Lebensbilder preußischer Persönlichkeiten"
in: Preußische Allgemeine :leitung (Sonderausgabe)/ Archiv Grandt
93 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,
München 2007, S. 9, 10
9 4 Paul Hirsch: ,,Rede vom 13. III. 191 9 bei Eröffnung der Landes­

versammlung (Sitzungsbericht 59), zitiert nach: Hans-Joachim


Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Hamburg 2019, S. 256
95 Paul Hirsch am 25. III. 1919 (10. Sitzung - Sten. Ber., 628) und

die Erklärung der preußischen Staatsregierung am 12. V. 1919, zi­


tiert nach: Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staa­
tes, Hamburg 2019, S. 256, 257
96
Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­
burg 2019, S. 257
97
„Friedensvertrag von Versailles"["Versailler Vertrag"] vom 28.
Juni 1919 (http://www.documentarchiv.de/wr/vv02.html)
(http://www.documentarchi v.de/wr/vv03.html#IX)
/Zugriff: 30.04.21
98 Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­
burg 2019, S. 258, 259
99 Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­

burg 2019, S. 261


100 „Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrates in Deutschland über

die Auflösung des Staates Preußen, 25. Februar 1947" in: Amtsblatt
des Kontrollrats in Deutschland, Berlin, Nr. 14 vom 31. März 1947, S.
262.
101 Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­

burg 2019, S. 261, 262


102 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,

München 2007, S. 9
103 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,

München 2007, S. 10
104 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niederga
ng 1600-1 947,
München 2007, S. 13
105 Golo Mann: Das Ende Preußens in: Otto Büsch/Wolfgang Neu­
gebauer, Wolfgang (Hrsg).: Modeme preußische Geschichte: 1648-
1947, Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin,
Bd. 52, 1981, S. 260ff.
106 „ Umgang mit Preußen ist eine historische Groteske
" in: weit.de
v. 23. Februar 2007 (https://www.welt.de/politik/article732926/

291
Umgang-mit-Preussen-ist-eine--historische-Groteske.html)/Zu­
griff: 29.04.21
1 07
Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­
burg 2019, S. 262, 263
108 Rudolf Stadelmann: Moltke und der Staat, Krefeld 1950, S. 395ff.
109 Hans- Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­

burg 2019, S. 263, 264


11 0 „Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrates in Deutschland über

die Auflösung des Staates Preußen, 25. Februar 1947" in:


www.lOOOdokumente.de (https:/lwww. lOOOdokumente.de/in­
dex.html?c=dokument_de&dokument=0231 _pre&ob­
ject=context&l=de)I Zugriff: 28.04.21)
1 1 1 Winston S. Churchill: The Second Word War, Bd. 5: Closing the

Ring, London 1 952, S. 491


112 Zit. in: Lothar Kettenacker: Preußen in der alliierten Kriegszielpla­

nung - 1 939-1947, in: L. Kettenacker/M. Schlenke/H. Seier (Hg.):


Studien zur Geschichte Englands und der deutsch-britischen Beziehun­
gen. Festschrift für Paul Kluke, München 1981, S. 312-340 (hier: S.
323)
1 1 3 T.D. Burridge: British Labour and Hitler's War, London 1976, S.

60
1 14 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,

München 2007, S. 763, 764


115 Anne Armstrong: Unconditional Surrender. The Impact oft he Ca­

sablanca Policy upon Word! War II, Westport, CT, 1961, S. 20ff.
11 6 Memorandum von C. E. Steel (Abteilung Politik, Kontrollkom­

mission für Deutschland (British Element)), Advance HQ BAOR,


1 1 . Oktober 1945, PRO FO 1049/226
1 1 7 Koordinationsausschuss des Alliierten Kontrollrates, Abschaf­

fung des Staates Preußen, britisches Memorandum vom 8. Au­


gust 1946, PRO FO 631/2454, S. 1
118 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 761


119 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 767


120 „ Umgang mit Preußen ist eine historische Groteske" in: weit.de

v. 23. Februar 2007 (https://www.welt.de/politik/article732926/


Umgang-mit-Preussen-ist-eine-historische-Grnteske.html)/Zu­
griff: 29.04.21

292
121 Christian Graf von Krockow: Warnung vor Preußen, Berlin 1981,

S. 8///Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-


1947, München 2007, S. 755
122 Trevor N . Dupuy: Der Genius des Krieges - Das deutsche Heer und

der Generalstab 1807-1945, Graz, 2011, S. 23-26


123 Vgl. Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates,

Hamburg 2019, S. 263


124 W. Hubatsch: Der preußische Staat, Jahrbuch der Albertus-Univer­

sität Königsberg XII (Würzburg 1962, S. 147


1 25 Trevor N. Dupuy: Der Genius des Krieges - Das deutsche Heer und

der Generalstab 1807-1945, Graz, 2011, S. 26, 27


1 26 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 760, 761


127 Christopher Clark: Preußen -Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 756


1 28 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 756-759


1 29 Hans-Joachim Schoeps: Preußen - Geschichte eines Staates, Ham­

burg 2019, S. 265


130 „Helrnuth James Graf von Moltke (1907-1945)" in: www.dhm.de

(https://www .dhm.de/lemo/biografie/biografie-helmuth-james­
graf-von-moltke.html )/Zugriff: 01.05.21
1 31 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600- 1947,

München 2007, S. 758


1 32 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600- 1947,

München 2007, S. 758-760


1 33 „Preußenchronik" in: www.preussenchronik.de (https://www.

preussenchronik.de/thema_ jsp/key=thema_potsdam+und+ber­
lin.html)/Zugriff: 01.05.21
1 34 Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg und das Attentat vom 20.Juli

1944, Frankfurt am Main 2004, S. 71, 72


1 35 Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg und das Attentat vom 20.Juli

1944, Frankfurt am Main 2004, S. 68


136 Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg und das Attentat vom 20.Juli

1944, Frankfurt am Main 2004, S. 95


1 37 Joachim Fest: Staatsstreich - Der lange Weg zum 20. Juli, Berlin

1994, S. 399, 400


138 Joachim Fest: Staatsstreich - Der lange Weg zum 20. Juli, Berlin

1994, s, 400

293
1 39
„Preußenchronik" in: www.preussenchronik.de (https://www.
preussenchronik.de/thema_jsp/key=thema_potsdam+und+ber­
lin.htmJ)/Zugriff: 01 .05.21
140 Christopher
Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,
München 2007, S. 767
1 41 Heinz
N awratil: ,,Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1 948 -
Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit", Wien 2013, S. 73ff.
142 Quellen für alle genannten Zahlen sind aufgeführt in: Guido

Grandt: Tabu-Fakten Zweiter Weltkrieg, Band 1, Balingen 2020


143 Heinz Nawratil: ,,Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1948 -

Das letzte Kapitel unbewältigter Vergangenheit", Wien 2013, S. 76


1 44 Keith Lowe: ,,Der wilde Kontinent - Europa in den Jahren der Anar­

chie 1 943-1950", Stuttgart 2014, S. 14, 41, 295


1 45 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947,

München 2007, S. 767


146 Dr. Johannes Leicht: ,,1919 - 1 945 Bedeutung als preußische

Traditionsstadt" in: www.potsdam.de (https://www.pots­


dam.de/content/1933-tag-von-potsdam)/Zugriff: 01 .05.21
147 Dr. Johannes Leicht: ,,1945 - 1989 Umformung zur sozialisti­

schen Bezirkshauptstadt" in: www.potsdam.de (https://www.pots­


dam.de/content/1945-von-der-potsdamer-konferenz-zum-sozia­
lismus)/Zugriff: 01 .05.21
1 48 Henning Köhler: Das Ende Preußens in französischer Sicht, Berlin

1 982, S. 13ff.
1 49 Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee: reclame royale, Berlin

1998, S. 337-340
150 Christopher Clark: Preußen - Aufstieg und Niedergang 1 600-1947,

München 2007, S. 771, 772


151 Vgl. Antimachiavel. In: CEuvres. Bd. 8, S. 66, sowie Memoires

pour servir a l'histoire de Ja maison de Brandenbourg. ln: CEuv­


res, Bd. 1, S. 123.
1 52 „ Die Welt", 15. 1. 1 949 ("Wir Ostpreußen - Mitteilungsblatt der

Landsmannschaft Ostpreußen/Folge 1/Jahrgang 1/1 . Februar


1 949" (https://archiv.preussische-allgemeine.de/1949wo/1949_
02_01 wo0l .pdf)/Zugriff: 06.05.21
1 53 Barbara Jentzsch: ,,Vor 60 Jahren legte Morgenthau seinen Plan

zur Nachkriegsordnung in Deutschland vor" in: deutschland­


funk.de v. 2. September 2004 (https://www.deutschlandfunk.
de/vor-60-jahren-legte-morgenthau-seinen-plan-zur.871 .de.

294
html ?dram:article_id=124898)/Zugriff: 25.0421
154 Kurt Zentner: Aufstiex aus dem Nichts. Deutschland von 1945 bis

1953, Köln/Berlin 1954, Bd. 2, S. 104.


155 Siehe dazu: Guido Grandt: Tabu-Fakten Zweiter Weltkrieg,

Band 1, Balingen 2020, S. 1 13 ff.


156 Werner Maser: Nürnberx - Tribunal der Sieger, Düsseldorf 1977,

S. 27 und DNB-Text v. 1 . Januar 1945


157 „ Irrtum 5: Der Morgenthau-Plan war die jüdische Rache für

den Holocaust" in: focus.de v. 26. März 2016


(https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/morgenthau­
plan-nachkriegsmythos-wollten-uns-die-alliierten-wirklich-zu­
bauem-machen_id_4714437.html)/Zugriff: 25.04.21
158 „Der Morgenthau-Plan - eine Idee mit Sprengkraft" in: su­

eddeutsche.de v. 21 . September 2019 (https://www.sueddeut­


sche.de/politik/morgenthau-plan-1 .4609175 )/Zugriff: 25.04.21
159 Barbara Jentzsch: ,,Vor 60 Jahren legte Morgenthau seinen Plan

zur Nachkriegsordnung in Deutschland vor" in: deutschland­


funk.de v. 2. September 2004 (https://www.deutschland­
funk.de/vor-60-jahren-legte-morgenthau-seinen-plan­
zur.871 .de.html?dram:article_id=124898)/Zugriff: 25.04.21
160 Werner Maser: Nürnberg - Tribunal der Sieger, Düsseldorf 1977,

S. 28
161 „Direktive der amerikanischen Stabschefs an den Oberbefehls­

haber der US-Besatzungstruppen in Deutschland (JCS 1067) (Ap­


ril 1945)''; abgedruckt in Wilhelm Comides und Hermann Voile
(Hrsg.): Um den Frieden mit Deutschland, Oberursel (Taunus): Eu­
ropa-Archiv, 1948; auch abgedruckt in Rolf Steininger, Hg., Deut­
sche Geschichte 1945-1961. Darstellung und Dokumente in zwei Bän­
den, Stuttgart: Fischer Taschenbuch Verlag, 1983, Bd. 1, S. 47-52.///
http://ghdi.ghi-dc.org/docpage.cfm?docpage_id=2971)
162 Alexander Fischer (Hrsg.): Teheran, Jalta, Potsdam - Die sowieti­

schen Protokolle der Kriegskonferenzen der »Großen Drei«, Köln 1973,


S. 383
163 Alexander Fischer (Hrsg.): Teheran, Jalta, Potsdam - Die sowjeti­

schen Protokolle der Kriegskonferenzen der »Großen Drei«, Köln 1973,


S. 214ff./// Werner Maser: Nürnberg - Tribunal der Sieger, Düssel­
dorf 1 977, S. 41, 42

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