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Die Not mit den Noten

“Der Zeugnistag ist meistens furchtbar”, sagt der vierzehnjährige Kai, Schüler
eines Gymnasiums bei einer Umfrage der Zeitschrift “Eltern”. Den meisten Kindern
geht es ähnlich, denn 70 Prozent aller befragten Schülerinnen und Schüler antworteten
auf die Frage: “Wie fühlst du dich am Zeugnistag?” mit Worten wie “aufgeregt”,
“nervös” und “ängstlich”. Über ernsthafte körperliche Beschwerden wie z.B.
Kopfschmerzen oder Schlafstörungen klagten 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen
zwischen 10 und 15 Jahren. Fast die Hälfte aller Schüler ist unzufrieden mit dem
Zeugnis, zwei Drittel der Jugendlichen halten Noten für ungerecht oder für
Zufallsergebnisse.
Sehr weit verbreitet ist der so genannte Notenkapitalismus. Mehr als die Hälfte
der Kinder bekommt von den Eltern Geld für gute Noten. “Sehr gut” bringt im
Durchschnitt fünf Euro, und selbst für ein “Ausreichend” bezahlen die Eltern auch
einige Euro. 25 Prozent der Schüler müssen allerdings bei schlechten Noten auch mit
Schimpfen oder sogar mit Strafe rechnen. “So läuft es bei mir”, erzählt Kai. “Erstens:
Ich werde blass. Zweitens: Ich fange an zu schwitzen. Drittens: Ich schlafe schlecht.
Viertens: Ich fürchte mich vor dem langen Vortrag meiner Eltern und dem
Anschreien. Ich bin sogar schon verprügelt worden. Ärger gibt es auf jeden Fall, weil
meine Eltern nie zufrieden sind.”

die Not — беда


der Zeugnistag — день выдачи табелей с оценками
bin ... verprügelt worden — был ... избит

I. Lest den Text und antwortet auf die Fragen.


- Wie fühlen sich viele Schülerinnen und Schüler am Zeugnistag?

- Was denken viele Schüler über die Noten?


- Wie reagieren Eltern auf gute oder schlechte Noten?

- Was wusstet ihr schon und was neues habt ihr aus diesem Text erfahren?

II. Lest den Text noch einmal und findet den Satz, in dem der Hauptgedanke des
Textes formuliert ist / oder formuliert selbst den Hauptgedanken des Textes.

III. Äußert eure Meinung:


- Haltet ihr es für sinnvoll Noten in der Schule abzuschaffen? (abschaffen —
упразднять, ликвидировать)

- Ist es eurer Meinung nach richtig, wenn Eltern die guten Noten ihrer Kinder
mit Geld belohnen?

IV. Die Meinungen der deutschen Schüler über die Noten sind verschieden. Lest die
Aussagen der deutschen Schüler. Findet in jeder Aussage den Hauptgedanken oder
das Wichtigste. Markiert die Sätze mit einem Bleistift.

Jonas Meier, 15 Jahre, aus Hagen, meint:


Total blöd: Wenn unser Lehrer die Arbeiten zurückgibt, sagt er laut vor der
ganzen Klasse, wer welche Note hat. Peinlich! Meine Note geht doch nur mich was
an. Am besten: Noten ganz abschaffen!
Elsa Höninger, 14 Jahre, Wangen:
Ich finde das auch nicht gut! Jeder soll selber entscheiden, ob er den anderen
seine Note zeigen will. Bei uns an der Schule gibt es keine Noten, sondern Punkte.
Und in Englisch ist es sogar verboten, seine Arbeiten den anderen zu zeigen.

Manuel Ertl, 16 Jahre, Langdorf:


Der Lehrer darf die Noten nicht laut vorlesen. Das stand vor kurzem bei uns in
der Zeitung. Aber warum sollen Noten eigentlich peinlich sein? Hast du eine gute,
dann bist du stolz, hast du eine schlechte, ärgerst du dich. Das ist so! Noten
abschaffen, finde ich lächerlich. Noten dienen dazu, um zu sehen, welche Leistungen
du erbracht hast. Und nicht, um dich fertig zu machen!

Elena Färber, 14 Jahre, Oberreidenbach:


Ich finde es nicht richtig, dass der Lehrer die Noten laut aufsagt. Mein Lehrer
tut das auch. Dabei hab ich immer ein sehr schlechtes Gefühl.

Julian Tafel, 15 Jahre, Garmisch-Partenkirchen:


Noten sind wichtig, weil sie unsere Leistung bewerten. Eine Fünf bedeutet: Ich
muss mich mehr anstrengen. Eine Eins: gut so, weitermachen!

Frank Seifferth, 15 Jahre, Kulmbach:


Du hast Recht, wenn du nicht willst, dass der Lehrer deine Note öffentlich
vorliest. Du oder deine Eltern sollten mit ihm einmal darüber reden. Aber bedenke,
wenn es keine Noten gäbe, hättest du ja gar kein Ziel mehr vor Augen. Warum solltest
du dann noch lernen?

V. Seht noch einmal die Aussagen durch und sagt, mit wen ihr einverstanden seid und
mit wem nicht. Warum?

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