EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN

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365
EXTR

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INSPIRATIONEN:
KALENDER
2021
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9<HTOFMH=ajjeeg>
Sich etwas vorstellen heißt,
eine Welt bauen,
eine Welt erschaffen.
EUGÈNE IONESCO

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 Das Ding mit der Zeit
Stille Nacht. Ich mag diese beiden Worte
sehr. Und gleichzeitig gruseln sie mich ein
bisschen: Stille und Nacht. Manchmal sitze
ich im Dunkeln und lausche dem Nichts.
Dann kommt der Lärm der Stadt zur Ruhe,
meine Kinder schlafen und ich höre das lei-
se Surren der Geräuschlosigkeit. Das ist
wunderbar. Da draußen ist keiner mehr, es
gibt nichts zu tun und ich darf einfach nur
sein. Meine Gedanken beruhigen sich und
ich spüre eine wohlige Zufriedenheit, genau
da zu sein, wo ich sein soll.
Dann denke ich manchmal an das Buch
Momo von Michael Ende, an Meister Hora,
der durch seinen Schlaf die Zeit stillstehen
lässt, und die grauen Herren, die dadurch in
Panik geraten. Denn die grauen Herren
leben von Zeit. Zeit, die sie den Menschen
stehlen. Wenn aber die Zeit stillsteht, gibt es
keinen Nachschub und sie lösen sich auf.
Schon als Kind hat mich dieser Roman zu-
ILLUSTRATIONENDAWN COOPER
tiefst beeindruckt: die Menschen, die Zeit
sparen wollen, dabei immer grauer werden
und das aufgeben, was die Welt so wunder
FOTO NELE MARTENSEN
sinja@flow-magazin.de
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bar bunt macht – die vermeintlich nutzlosen
Momente. Die Zeit des Trödelns, des Ge-
dankenschweifenlassens und des Nichts-
tuns. Die wirklich wertvollen Momente, wie
schon Momo weiß. Und genau das ist das
Gruselige: Steht die Zeit vielleicht wirklich
still?, frage ich mich, wenn ich nachts so im
Dunkeln sitze. Ist mein Nachschub an Stun-
denblumen, also an Zeit wirklich sicher?
Werde ich auch schon grauer im Gesicht,
wie die Männer bei Momo?
Nein, da ist ein Geräusch – die Kuckucks-
uhr in der Küche. Die Zeit steht nicht still,
ich bin erleichtert. Und trotzdem spüre
ich ein bisschen das Grau, das schon in
mich gekrochen ist beim ständigen Zeitspa -
ren. Ein guter Augenblick, das zu ändern.
Nachts in der Stille. Vielleicht sogar in der
Stillen Nacht. Frohe Weihnachten!
PS: Wie wir mehr Zeit gewinnen für das,
was uns wirklich wichtig ist im Leben, könnt
ihr ab Seite 30 lesen.
- Herzlich,
_5
 72

23

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13

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96

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64

inhalt
Seite 11 bis 52
Die Zeit
WAS UNS IM MOMENT BEWEGT
13 D I E K R A F T D E R FA N T A S IE
Durch Bücher, Filme oder Tagträume auf Fantasiereise zu
gehen, eröffnet neue Perspektiven, bringt auf Ideen, stärkt
uns. Wie wir unsere Vorstellungskraft ankurbeln können
2 3 W AS M A C HS T DU G ER A D E?
Das haben wir drei Menschen gefragt, die uns inspirieren:
Papierkünstlerin Marie-Christine Hollerith, Milchbäuerin
Madeleine Becker und Designerin Dörte Kelm
3 0 ME HR Z E IT H A B E N
COVER-ILLUSTRATIONDAWN COOPER / THE ARTWORKS
Ständig scheint uns die Zeit davonzulaufen. Wie wir das
ändern können und mehr zu wirklich Wichtigem kommen
3 8 I S T D A S NO C H Y O G A ?
Der Kulturhistoriker Mark Singleton untersucht, wie Yoga
sich verändert hat und was es den Menschen bietet
4 4 PU Z Z E L N M AC H T G L Ü C K L IC H
Als Freizeitbeschäftigung gewinnt das Legespiel gerade
immer mehr Fans. Was macht seinen Reiz aus?
4 8 SO Z I A L E M E D I E N – W E R IS T WO ?
Plattformen gibt es viele. Doch welche eignet sich wofür
am besten? Drei Nutzerinnen und ein Nutzer berichten
08 - 2020
Seite 53 bis 86
Die Menschen
VERBUNDEN SEIN MIT ANDEREN
5 6 L EB E N S LA U F : I N G A H UMP E
Sie ist schon 40 Jahre als Musikerin erfolgreich. Und
doch waren Ängste und Unsicherheit lange ihre Begleiter.
Wie die 2raumwohnung -Sängerin ihren Platz fand
6 4 IM E IN K L A N G M I T D E R N A TU R
Im indischen Bundesstaat Sikkim betreiben die Bauern
seit vier Jahren ausschließlich ökologische Landwirtschaft.
Journalist Matteo Fagotto war bei einigen zu Besuch
72 P O R T R Ä T : J A N E F ON D A
Schauspielerin, Schriftstellerin, Fitness-Guru – die heute
82-Jährige war vieles in ihrem Leben. Die wichtigste Kons-
tante aber ist ihr Engagement für eine bessere Welt
8 0 A U F G U T E B E Z IE H U N GE N
In der Liebe haben wir heute alle Möglichkeiten, sagt die
Soziologin Eva Illouz. Doch das verunsichert uns eher. Wie
es uns gelingt, besser damit umzugehen
8 4 W ER IS T C H IM A M A N DA A DI C H I E ?
Sie liebt klare Worte und gilt als wichtige Stimme des
Feminismus. Wir stellen die afrikanische Schriftstellerin vor
_7
 inhalt
Seite 87 bis 112 Seite 113 bis 148

Die Bilder Das Leben

WAS UNS INSPIRIERT DAS HIER UND JETZT GENIESSEN

9 0 BL I C K A US D E M F E N S T E R 115 K O P F - & N E B E N S A C HE N
Der englische Maler David Hockney zeichnete immer Schöne Dinge, Projekte und inspirierende Orte
wieder den Ausblick aus seinem Atelier. Und doch sieht
jedes Bild ganz anders aus 118 S IC H H I L FE H O L E N
Eine schwierige Trennung bewog unsere Autorin, eine
96 G ER I C HT E F Ü R K A L T E TA G E Psychotherapie zu machen. Warum das in einer Krise eine

raue Schottland Gerichte, die von innen wärmen und

glücklich machen. Hier verrät sie vier Lieblingsrezepte 124 G R Ü N E R E S SE N
Es wird immer leichter, mehrere Tage oder ganz auf tieri-
102 DI NG E , D I E W I R L I E B EN sche Produkte zu verzichten. Welche Alternativen gibt es,
Nur falls es mal wieder hektisch wird vorm Fest und du was bringt es fürs Klima? Zehn Fragen und Antworten
noch Inspiration brauchst: Wir haben tolle Geschenkideen
aufgestöbert – vom Füller bis zum Rollschuh 130 A C H TS A MK EI T F Ü R J ED E N T A G
Meditationsexperte Boris Bornemann verrät diesmal,
106 SC H ÖN E WE I HN A C H T S Z EI T
Beim Basteln festlicher Adventsdeko kommt Vorfreude auf. Streitmuster durchbrechen können
Stylistin Lena Haunstetter zeigt, wie du Geschenktüten,
Duftkerzen und Salzteigsterne selber machen kannst 134 A A FS EI N S IC H T E N
Kolumnistin Aaf Brandt Corstius hat eine ganz einfache
Formel für schwierige Entscheidungen gefunden

Ein Kärtchen für

jeden Tag

FLOW-EXTRAS
3 BÖGEN
GESCHENKPAPIER
(zwischen Seite 70 und 71)

365-TAGE-KALENDER
(ab Seite 146)

8 _ Neues aus der Flow-Welt, Infos zum Flow-Abo und einen Kontakt in die Redaktion findest du ab Seite 137
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Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
 IMPRESSUM
Verlag Deutsche Medien-Manufaktur GmbH & Co. KG

Hinter den Kulissen Hülsebrockstraße 2–8, 48165 Münster

Sitz der Redaktion
Postanschrift
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
Redaktion Flow, Brieffach 44,
20444 Hamburg, Tel. (040) 370 30
Leserservice

Chefredakteurin Sinja Schütte

Dawn hat das
TEAMWORK
Die meisten Aufträge über -
nehmen Autor Matteo
Matilde Gattoni (46) ge-
meinsam: Er schreibt, sie
macht die Bilder. „So kön-
nen wir die Geschichten
aus verschiedenen Pers-
pektiven erzählen“, sagt
Matteo. Als die beiden die
indische Region Sikkim be-
suchten, war das wie eine
Zeitreise: „Die Menschen
dort haben eine tiefe Ver -
bindung zur Natur. Das hat
mich beeindruckt“, so Ma-
Redaktionsleiterin Tanja Reuschling
Artdirektorin Eva-Maria Kowalczyk
Niuscha Barzin, Maika Lohan, Johanna Marx,
Lisa Roskamp
Bildredaktion Dani Kreisl, Carla Ravens
Redaktion Yvonne Adamek, Vivian Alterauge,
Sarah Klüss, Jana Luck, Food: Anna Tiefenbacher
Geschäftsführende Redakteurin Petra Boehm
Johanna Marx
Schlussredaktion das-textteam.de
Mitarbeiter dieser Ausgabe Liddie Austin, Julia Baier,
Jennifer Bouron, Aaf Brandt Corstius, Caroline Buijs, Dawn
Cooper, Rosa Dammers, Jocelyn de Kwant, Matteo Fagotto,
Matilde Gattoni, Gesa Gottschalk, Ana Hard, Lena Haunstetter,
Bethan Janine, Virginia Kraljevic, Wiebke A. Kuhn, Annemiek
Leclaire, Laura Lhuillier, Nele Martensen, Bernice Nikijuluw,
Keely Reyes, Stefanie Schäfer, Ruby Taylor, Textra Fachüber -
setzungen, Sjoukje van de Kolk, Renate van der Zee, Valesca
van Waveren, Christiane Würten berger, Silke Zander
COVER-MODELL
Geschäftsführung Malte Schwerdtfeger (Sprecher),
Auf Spaziergängen nimmt Illustra- Alexander von Schwerin
torin Dawn Cooper (33) aus Bristol Publisher Frank Gloystein
Editorial Business Manager Dr. Verena Nießing
gern ihre Kamera mit. „Wenn ich Director Brand Solutions/verantwortlich für den
nach Dingen Ausschau halte, die Anzeigenteil Arne Zimmer, G+J Media Sales,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
Vertrieb DPV Deutscher Presse -Vertrieb GmbH
ich meine Umgebung bewusster. Director Distribution & Sales Andreas Jastrau
Ich halte schöne Momente fest, die DPV Deutscher Presse -Vertrieb GmbH
Deutsche Medien-Manufaktur GmbH & Co. KG
ich sonst vielleicht nicht bemerkt Marketing Regina Siekmann
hätte“, sagt sie. Die Eindrücke ver - PR/Kommunikation Andrea Kramer
Herstellung Heiko Belitz (Ltg.), Michael Rakowski,
arbeitet sie in ihren Illustrationen, in Julia Katrin Schäffer
Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt
Sinja Schütte, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
ße Rolle spielen – so wie auch auf Druck Walstead Central Europe,
dem wunderbar weihnachtlichen ul. Obroncow Modlina 11, 30-733 Krakau, Polen
ABO-SERVICE Center
Cover, das sie für diese Ausgabe
Tel. (02501) 801 44 05, service@vg-dmm.de
gestaltet hat. „Ich versuche, immer Jahresabo-Preise Deutschland 59,80 Euro inkl. MwSt.
eine kleine Geschichten zu erzäh- und frei Haus, Österreich 68,80 Euro und Schweiz 96 sfr
(PATTERN)

tilde. Weite Welt, ab S. 64 len.“ Auf Instagram kannst du Lizenznehmer von DPG Media Magazines B.V.
Dawn unter @drawnbydawn folgen. © Copyright 2020: FLOW is a registered trademark. This edition of
FLOW is published under license from Sanoma Netherlands B. V. Nach -
druck, Aufnahme in Online-Dienste und Internet und Vervielfältigung
(DAWN), PRIVAT, SHUTTERSTOCK

auf Datenträger wie CD-ROM, DVD-ROM etc. nur nach vorheriger

schriftlicher Zustimmung der Redaktion.
Entwürfe und Pläne unterliegen dem Schutz des Urheberrechts.
Alle Auskünfte, Preise, Maße, Farben und Bezugsquellen ohne Gewähr.
TOLLE UNTERSTÜTZUNG Manu skripten und Fotos bitte Rückporto beifügen. Für unverlangte
Einsendungen keine Gewähr.
Der Traum vom Schreiben begann für Volontärin ISSN 2198-5588
Jana Luck (27) im Gartenhaus ihres Vaters. Mit acht
FLOW MAGAZINE INTERNATIONAL
Jahren verfasste sie dort Texte für ihr erstes Maga - Creative Directors Astrid van der Hulst, Irene Smit
zin und nannte es Morgenstern . Seit einem Jahr Art Director Karin Sonneveld
Brand Director Frouke Visscher
besucht Jana die Henri-Nannen-Journalistenschule.
Marketing Manager Marjolijn Hoffmans (for licensing and
FOTOS SORBUS MINIMA

Als begeisterte Flow-Leserin nahm sie sich vor,

eine Station ihrer Ausbildung in unserer Redaktion Brand Manager Ardi Uttien (a.i.)
International Coordinator Marjolijn Polman
zu absolvieren. Sie sagt: „Wenn ich eine neue Ausgabe am Kiosk entdecke, Lilian de Haan
spüre ich jedes Mal Glück im Bauch.“ Gerade unterstützt sie die Textredaktion Supply Chain Management Gert Tuinsma
Flow Magazine is published by DPG Media Magazines B.V.
für zwei Monate. Für diese Ausgabe sprach sie mit Madeleine Becker, die auf Capellalaan 65, 2132 JL
einem Bauernhof in Kärnten lebt ( Was machst du gerade? , ab S. 23). Hoofddorp, Netherlands; 0031 (0)88 5564 930

10 _
 Die Zeit
WAS UNS IM MOMENT BEWEGT
<<<<
 Die Zeit

ILLUSTRATION (VORDERSEITE)VIRGINIA KRALJEVIC

Die Künstlerin Virginia Kraljevic, die die Trennerseiten dieser Ausgabe

gestaltet hat, zeichnet generell am liebsten in Schwarz-Weiß. „Man
denkt, es gäbe nicht viele Möglichkeiten, wenn man sich so beschränkt.
Aber ich schätze gerade diese Herausforderung. Es ist wie ein Puzzle:
Du musst mehr nachdenken, bis das Bild zusammenpasst.“ Virginia
wollte schon als Kind nur malen. „Aber jeder um dich herum erzählt dir:
,Davon kannst du nicht leben.‘ Ich habe das geglaubt und mich viel
zu lange nicht getraut, Kunst zum Beruf zu machen.“ Heute arbeitet sie
in New York, wo sie mit ihrem Mann und zwei Kindern lebt.
 WIE UNS
FANTASIE
DURCHS
LEBEN TRÄGT
OB BEIM LESEN EINES BUCHES, FILM SCHAUEN ODER

TAGTRÄUMEN: IN FANTASIEWELTEN EINZUTAUCHEN,

ERÖFFNET UNS NEUE PERSPEKTIVEN, BRINGT UNS

AUF IDEEN UND STÄRKT UNS. WIE GENAU,

DEM IST ANNEMIEK LECLAIRE NACHGEGANGEN

_ 13
 „Wenn ich diese Bücher aufschlug,
sah ich in meiner Fantasie, wie sich die
ganze Zelle mit Wörtern füllte.“
Jedes Jahr, wenn ich mein Haus mit
Sternen und Kerzen dekoriere, muss
ich daran denken, wie magisch die
Weihnachtszeit auf mich als Kind
immer wirkte – die hell erleuchteten
Schaufenster mit den aufwendigen
Dekorationen, die Lichterketten in den
Straßen und der Duft von frischen
Keksen. Doch am aufregendsten fand
ich immer die vielen Geschichten vom
Christkind, die mir meine Eltern er-
zählten, um meine Vorfreude auf das
Fest noch größer zu machen. Heute
weiß ich, dass sie allesamt erfunden
waren, genau wie die vom Osterhasen
oder dem Nikolaus. Aber fühle ich
mich betrogen oder belogen? Auf kei-
nen Fall. All diese Figuren wurden
von meinen Eltern zum Leben er-
weckt, um meine Augen zum Funkeln
zu bringen und den Alltag zu etwas
Besonderem zu machen. Bis heute
begleiten mich die tieferen Bedeu -
tungen, die in diesen Erzäh lungen
lagen – Wahrheit, Barmherzigkeit und
Gerechtigkeit. Sie haben mir gehol-
fen, meinen eigenen Wertekompass
zu entwickeln und mich in dieser Welt
WAS WÄRE, WENN?
„Fantasien machen die menschliche
Erfahrung aus“, sagt die amerikani-
sche Literaturwissenschaftlerin Eliza-
beth Chapin in ihrem TED-Talk Why
Fantasy Matters . „Sich Dinge vorzu-
stellen, wie sie sein könnten, hat die
Menschheit dazu gebracht, das zu
werden, was sie heute ist. Eine Ge-
sellschaft von Denkern und Machern.
Wir hätten nie unser Sonnensystem
erforscht oder wären nie bis zum
wann jemand nach oben gesehen
und sich gefragt hätte, was das über
uns wohl alles sein könnte.“ Für
Chapin, die seit ihren Kindertagen
fast jeder kreative Gedanke seinen
Ursprung in einer Geschichte. „Wann
immer frühere Zivilisationen Lehren
weitergeben oder eine neue Idee
erforschen wollten, geschah das über
Erzählungen, Fabeln oder Gleich-
nisse. Dabei nutzten sie ihre Vorstel-
lungskraft nicht nur, um die Dinge des
Alltags zu erklären, die sie noch nicht
verstehen konnten, sondern auch,
um neue Möglichkeiten auszuloten,
indem sie sich jedes Mal wieder eine
zentrale Frage stellten: Was wäre,
wenn? Ohne diese Frage und die da
raus resultierende Fantasie könnte
sich unsere Gesellschaft auch heute
nicht weiterentwickeln.“
her oft nur im Urlaub oder wenn ich
mal krank das Bett hüten musste. Nur
dann nahm ich mir wirklich die Zeit,
mich ohne Schuldgefühle in etwas zu
vertiefen, was auf den ersten Blick
keinen unmittelbaren Nutzen hat. Denn
so sehe ich nun mal Romane und
Erzählungen, oder besser gesagt, so
habe ich sie gesehen: als etwas, in
das man sich erst vertiefen darf, wenn
alles andere erledigt ist. Etwas für
lange Winterabende, wenn man sonst
nichts zu tun hat. Doch gerade in die-
sem Jahr, in dem unser Bewegungs-
spielraum durch die Corona-Pandemie
so eingeschränkt wurde, merkte ich,
wie wichtig Geschichten für mich sind.
Sie ließen mich Abenteuer erleben, auf
die ich ansonsten verzichten musste,
eröffneten mir neue Perspektiven und
entführten mich in Welten, die ich bis
dato nicht kannte.
GERETTET DURCH FIKTION
Dass man sich durch Bücher in eine
andere Realität versetzen kann, ist
vermutlich ein Hauptgrund dafür, dass
Menschen in Gefangenschaft so lei-
denschaftlich gern lesen. Die 1200
Insassen des Gefängnisses in Bremen
zum Beispiel fordern jedes Jahr etwa
25 000 Bücher und Magazine an
- und übertreffen damit prozentual die
Anzahl der Ausleihen in den öffent -
lichen Bibliotheken der Stadt. Als die
ame rikanische Schriftstellerin Leslie
Schwartz 2014 zu 90 Tagen Gefängnis
- wegen Fahrens mit Alkohol verurteilt
wurde, verschlang sie einen Roman
pro Tag. „Die Literatur hat mich geret -
tet“, schreibt sie im Blog Literary Hub.
Die Ankunft eines neuen Buches
war für sie in diesen drei Monaten der
Iso lation von der Außenwelt das
Schönste auf der Welt. „Schöner als
der Tag. Schöner als der Mond.“ Sie
las unter anderem Alles Licht, das >
_ 15
 wir nicht sehen von Anthony Doerr
und die Gedichte von Mary Oliver, von
der wir wissen, dass sie Bleistifte in
den Bäumen der Nachbarschaft ver
steckte, sodass sie ihre Gedanken
während eines Spaziergangs jederzeit
notieren konnte. (Einen Notizblock
hatte sie offenbar immer dabei.)
„Wenn ich diese Bücher aufschlug,
sah ich in meiner Fantasie, wie sich
die ganze Zelle mit Wörtern füllte“,
schreibt die Ex-Gefangene Schwartz.
Man kann sich geradezu vorstellen,
wie sich Girlanden von Buchstaben
von den Seiten lösen und in die
unwirtliche Zelle hineinschweben.
SOZIALES MITEINANDER
Der alltäglichen Realität zu entkom-
men kann etwas Herrliches sein, aber
wir lernen auch daraus. Durch die
Geschichten, die wir gemeinsam mit
wickeln wir laut dem britischen Philo-
sophen Roman Krznaric die Fähigkeit
zu affektiver und kognitiver Empathie.
Das bedeutet: Wir lernen, mit Unbe-
kannten mitzufühlen und uns in ihre
Gedankengänge hineinzuversetzen,
obwohl wir in unserer Realität selbst
noch nichts Vergleichbares wie sie
erlebt haben. „Wir können ihre Pers-
pektive einnehmen“, schreibt Krznaric
in seinem Buch Empathy , „und uns
ihre Wünsche, Hoffnungen und Über -
zeugungen vorstellen.“ Dieses Vor -
stellungsvermögen zu kultivieren hilft
uns, die Interessen anderer in unser
16 _
Handeln mit einbeziehen zu können.
Wir entwickeln Mitgefühl.
- Schon als Kinder helfen uns Fantasie-
welten dabei, unsere Umwelt zu
verstehen. Und dafür braucht es noch
nicht einmal Geschichten vom Weih-
nachtsmann oder Osterhasen. „Spä-
testens ab dem zweiten Lebensjahr
fangen Kinder in der Regel an, spie -
lerisch so zu tun, als würden sie
bestimmte Handlungen wie Tee trin-
ken, Essen kochen oder schlafen
ausführen“, erklärt Hannes Rakoczy,
Professor für Entwicklungspsycholo-
gie an der Universität in Göttingen
und Leiter des Kinderstudienzentrums
Göttinger Kindsköpfe. „Diese spieleri-
schen Fantasiewelten sind anfangs
sehr einfach und kurzlebig, werden
aber über unser Leben hinweg immer
komplexer und ausgefeilter – bis hin
zu den verschachtelten Rollenspiel-
welten von Jugendlichen oder den
komplexen Fantasiegebilden, die wir
als Erwachsene in Romanen, Sei-
fenopern und Theaterstücken genie-
ßen. Beim Spielen, Lesen oder
Zuschauen können wir aus einer
sicheren Distanz mitmischen, wie in
einer Art Versuchsgarten. Dabei wird
gleichzeitig unser Geist angeregt. Wir
stoßen auf Ideen und Fragen, die uns
vorher nie in den Sinn gekommen
sind.“ Das wohl Spannendste daran
ist nach Auffassung von Rakoczy die
Tatsache, dass es dabei nicht nur um
puren Zeitvertreib geht. „Fantasiewel-
ten lehren uns soziales Miteinander.
Wir bauen sie gemeinsam auf, müs-
sen uns absprechen, auf Regeln eini-
gen und uns daran halten. Im Grunde
sind genau so unsere Gesellschaften
entstanden. Normen und Grundwerte
wie Gerechtigkeit oder Mitgefühl sind
Produkte unserer Fantasie. Selbst
unser Geld ist, objektiv gesehen, nicht
real. Wir haben uns den Wert von
Münzen und Scheinen ausgedacht
und handeln jetzt nach dieser Idee.“
ERLEUCHTETE FENSTER
„Leider ist die Fantasie im Allgemei-
nen nicht besonders hoch angese-
hen“, sagt der Psychologe Gerrit
Breeuwsma, der über die Wirkung
von Fantasie promoviert hat. „Das
liegt unter anderem an Sigmund
Freud, der das Eintauchen in eine
Fantasiewelt mit der Unfähigkeit
gleichsetzte, sich der erwachsenen
Realität zu stellen. Tagträume be-
trachtete er als Zeichen geistiger
Rückentwicklung.“ Glücklicherweise
haben wir viele von Freuds Theorien
hinter uns gelassen, aber Fantasie
nehmen wir immer noch nicht ernst.
Laut Breeuwsma ist das ein Fehler,
denn auch er sieht in der Fähigkeit,
sich etwas vorzustellen, den Schlüs-
sel zum menschlichen Fortschritt.
„Wenn jeder von uns immer nur
würde, ohne jemals nach links und
rechts zu schauen, hätten wir ver -
mutlich weder Religion noch Musik,
 Die Kunst der Imagination
Es gibt viele Arten von
Fantasie. Neurowissen
schaftler unterscheiden
etwa zwischen Fantasieren,
Einbilden, Grübeln, ab-
schweifenden Gedanken,
inneren Monologen, kons-
truktiven Tagträumen und
nicht konstruktiven Tag
träumen. Hier erfährst du,
wie du deine Vorstellungs
kraft erweitern kannst:
1. Romane: Egal, ob du
selber liest oder lieber
Hörbücher hörst, fiktive
Geschichten beflügeln
deine Fantasie. Vor allem
Fantasy - Romane wie zum
Beispiel Der Herr der
Ringe sehen Literaturwis
senschaftler als gute Mög
lichkeit, den eigenen
gedanklichen Horizont zu
erweitern.
2. Tagträume: Zähneputzen,
Joggen, Gartenarbeit – bei
welcher Tätigkeit kannst
du am besten loslassen und
deinen Gedanken freien
Lauf lassen?
3. Traumtagebuch: Es ist
etwas Besonderes, seine
Träume nach einer Weile
noch einmal zu lesen und
dabei erstaunt festzustel
len, dass all diese fan
- tastischen Erlebnisse tat
sächlich aus dem eigenen
Gehirn stammen. Damit du
deine Träume nicht ver - außen. Ruhelosigkeit und Sehnsucht
gisst, kannst du ein klei
nes Notizbuch und einen
Stift neben dein Bett
- legen und sie gleich nach
dem Aufwachen festhalten.
- bäume. „Das, was uns fehlt, nimmt
4. Neue Erfahrungen: Die
Bereitschaft, etwas Neues
zu lernen, sorgt für krea
tive Querverbindungen im
Gehirn. Manchmal kann
diese Offenheit auf lange
und umständliche Wege
führen. Dann müssen wir
improvisieren und uns von
- alten Denkmustern lösen.
- So entstehen Kreativität
und die Fähigkeit, eigen
ständig zu denken.
5. Alleinsein: Wenn du
dich ständig ablenkst, hat
deine Fantasie kaum Raum,
um aufzublühen. Gönne dir
und deinen Gedanken also
etwas Zeit allein.
6. Geduld: Laut der ameri
kanischen Schriftstellerin
Elizabeth Gilbert findet
die Fantasie dich anstatt
andersherum. Du musst ihr
- nur etwas Zeit geben.
- Literatur oder Malerei.“ Diese Art von
- Fantasie, die wir als Mensch selbst
erschaffen, entsteht laut Chapin durch
die Diskrepanz zwischen innen und
- sind die Triebfedern kreativer Vorstel-
lungskraft. Wir verleihen im Kopf dem
Gestalt, was wir uns sehnlich wün-
schen: einem schönen Haus am Meer
oder einem Garten voller Orangen-
die Form von Visionen an und wird so
ein Stück weit Realität.“
-
Auch ich erlebe immer wieder Momen-
te, in denen Fantasie und Realität
miteinander verschmelzen. Wenn ich
zum Beispiel an dunklen Winteraben -
den durch die Straßen meiner Stadt
spaziere und in die hell erleuchteten
Fenster der Wohnhäuser schaue.
Dabei erhasche ich zwar nur Frag -
- mente der Leben, die dort geführt
werden, doch sie reichen aus, um
mein Gedankenkarussell anzukurbeln.
Ganz automatisch entstehen in mei -
nem Kopf Geschichten über die Men -
schen hinter den Fenstern. Mal sind
sie froh, mal traurig. Dabei werden
alle Beteiligten in meinem Kopf so
lebendig, dass sie manchmal tiefe
Gefühle in mir hervorrufen. Es ist fast
- so, als wäre ich aktiv am Geschehen
in den Häusern beteiligt. Wie bei
einem besonders realistischen Traum
lassen mich diese Fantasien auch
Stunden später nicht los. „Beim Träu -
men und Tagträumen wird das >
_ 17
_ 19
 Um auf neue Ideen zu kommen, hilft es,
sich kurz zurückzulehnen.
So entstehen neue Verbindungen im Kopf
Bewusstsein gedämpft“, erklärt Psy
chologe Breeuwsma dieses Phäno - für abstraktes, positives Denken.“
men. „Dadurch können im Kopf
Zusammenhänge entstehen, die man
auf rationaler Ebene nie gefunden
hätte. Fragmente von früher und
unzusammenhängende Bilder wer-
den unbewusst mit den neuen Infor-
ma tionen gekoppelt, die wir vor uns
sehen. Das kann ein Werbeplakat
sein oder auch andere Menschen, an
denen wir zufällig vorbeigehen. So
entstehen neue Strukturen im Kopf.“
Breeuwsma schätzt, dass wir knapp
die Hälfte unserer Wachzeit in diesem
Zustand der Tagträumerei verbringen.
„Unser Gehirn schaltet auch bei
alltäglichen und monotonen Handlun-
gen auf Autopilot, ob nun beim Zäh-
neputzen oder beim Warten an der
Ampel. Erfordert die Umwelt nicht
unsere ganze Aufmerksamkeit, um
Reize zu verarbeiten und auf sie zu
reagieren, ergreift das Gehirn die
Möglichkeit zum Tagträumen.“ Diese
Art des unbewussten Denkens soll
schon zur Lösung vieler komplizierter
Probleme beigetragen haben. So kam
Newton die Idee für sein Gravitations-
gesetz angeblich beim Sinnieren unter
einem Apfelbaum. Und sogar Einstein
war überzeugt davon, dass seine Vor-
stellungskraft entscheidend für die
Entwicklung seiner Theorien war:
„Wenn ich mich und meine Denkme-
thoden analysiere, komme ich zu dem
Schluss, dass mir die Gabe der Fan-
20 _
- tasie mehr bedeutet als jedes Talent
IN DER INNENWELT
Um auf neue Ideen zu kommen, hilft
es also, sich immer wieder mal
zurückzulehnen. Aber leider klappt
das nicht bei jedem. Dass manche
Menschen eine wesentlich lebendi-
gere Fantasie haben als andere, hat
laut Psychologe Breeuwsma mit
unserer Kindheit zu tun. „Untersu-
chungen zeigen, dass Kinder, die viel
allein waren, später im Leben mehr
Kreativität und Fantasie entwickeln.“
Er plädiert daher dafür, dass wir
unsere Kinder ein wenig öfter sich
selbst überlassen und es ihnen zumu-
ten, einmal keine Beschäftigung zu
haben, selbst wenn sie über Lange-
weile jammern. Denn gerade dann
wird die Art von Fantasie angeregt,
„Alleinsein wird heutzutage schnell
mit Einsamkeit gleichgesetzt, dabei
ist es äußerst wichtig, die eigene
Innenwelt entdecken zu lernen“, sagt
Gerrit Breeuwsma. Er nennt als Bei-
spiel die Schwestern Anne, Emily und
Charlotte Brontë, die im 19. Jahrhun-
dert in einem Pfarrhaus im englischen
Yorkshire abgeschieden von anderen
Kindern aufwuchsen. Gemeinsam
dachten sie sich endlos viele Ge-
schichten aus, meist mit den Spiel-
zeugsoldaten ihres Bruders Branwell
in der Hauptrolle. Später entstanden
daraus Literaturklassiker wie Sturm-
höhe und Jane Eyre . Nun müssen
Gedankenspiele natürlich nicht immer
zur Folge haben. Mir reicht es oft
schon, zwischen Einkaufslisten und
Abgabeterminen in eine andere Welt
abtauchen zu können. Dabei bleibe
ich offen für die Momente, in denen
meine Gedanken auf Wanderschaft
gehen – bei einem Spaziergang, beim
Lesen eines guten Buches oder auch
beim Schauen eines Science-Fiction-
ILLUSTRATIONENLAURA LHUILLIER
Films. Im Grunde geht es doch nur
darum, sich auf das Andere, das Neue
einzulassen und zu fragen: „Was
wäre, wenn … ?“
FANTASIEREISEN
Wir haben ein besonderes
Geschenk für dich: Drei
TEXT YVONNE ADAMEK, ANNEMIEK LECLAIRE
Übungen der Meditations-App
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deiner Reise!
 Winter-
GLÜCK
WÄRME & GEBORGENHEIT

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Wenn es draußen kalt, nass und ungemütlich ist, erlebe
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CATHARINA MARCHIO PHOTOGRAPHIE (PORTRÄT), DÖRTE KELM (DÖRTE)

MARIE-CHRISTINE
PAPIERKÜNSTLERIN
Madeleine
Milchbäuerin
die wir klasse finden
Das haben wir drei Menschen gefragt,

Dörte
DESIGNERIN

_ 23
 „UM MICH HERUM TOBT
DER ALLTAG, ABER ICH
SITZE DA UND SCHNEIDE
ERST MAL DIESES BILD.“

Motive aus Marie-Christines

Buch Christmas Papercut (EMF)

24 _
Marie-Christine zeichnet ihre
Motive mit Bleistift vor, bevor
sie sie ausschneidet
Marie-Christine in der Natur
Marie-
41 Jahre Murnau am Staffelsee
Levi & Tochter Ella Papierkünstlerin
Was machst du gerade?
Mit meinem aktuellen Projekt will ich
besondere Frauen sichtbar machen.
Frauen, die andere mit ihrer Geschichte
bewegen. Alltagsheldinnen, Künstlerin -
nen, Freigeister. Ich will sie mit einer Serie
von Papierschnittporträts würdigen. In
einige
Worte hinein, die für ihr Tun und Sein ste -
hen. Wie viel ein Scherenschnitt über
eine Person aussagt, hat übrigens schon
Goethe erkannt. Er hat Scherenschnitte
für Freunde und auch Fremde angefertigt.
noch mehr als das Bild eines Gesichts.
Wie kamst du auf die Technik
Papercut?
Vor drei Jahren reisten mein Mann, die
Kinder und ich für fünf Wochen mit dem
Camper durch Neuseeland. In einem
Zeitschriftenladen in einem verregneten
Küstenort sah ich ein Buch über Paper - mal dieses Bild fertig. Ich bin nachts
mich sofort. Noch im Camper habe ich
meinen ersten Papierschnitt gemacht.
Und direkt gespürt: Das ist meins.
mit Mann Tobias, Sohn
zauberundzunder.de
Woher wusstest du das?
Ich habe früher gemalt und illustriert. Die
Bilder haben aber nie so ausgesehen wie
in meinem Kopf. Ich habe mich zu sehr
auf meine großen Vorbilder konzentriert
und erst nach und nach verstanden: Man
wenn man zu sehr auf andere schaut.
Der Papierschnitt geht mir sehr leicht
von der Hand. Und die Zeichnungen für
neue Motive sehen meistens genau so
aus, wie ich sie mir vorgestellt habe.
Was ist das Schöne für dich bei
der Arbeit an Papierschnitten?
Zuerst ist da die Illustration, mit der ich
ausdrücke, was mich bewegt und was
um mich herum ist. Der Papierschnitt
selbst ist ein handwerkliches, gleichmä-
ßiges Arbeiten. Wenn ich schneide, bin
ich hoch konzentriert. Um mich herum
tobt die Hektik des Alltags, aber ich sitze
da und denke mir: Ich schneide jetzt erst
schon öfter aufgestanden, habe mir eine
heiße Schokolade gemacht und einen
Papercut geschnitten. Das ist unglaub-
lich beruhigend und erfüllend. >
_ 25
 Madeleine Becker
28 Jahre Kärnten mit Freund Lukas im Bauernhaus
Milchbäuerin und Schriftstellerin
Was machst du gerade?
Wir machen den Hof winterfest: Holen
die Kühe von der Alm, bauen Zäune ab,
weil die der Schneelast nicht standhal-
ten. Man packt alles ein. Jetzt habe ich
Zeit für mein eigenes Projekt: Ich schrei-
be ein Buch über mein neues Leben.
Du hast Geschichte studiert – wie
kamst du auf Bauernhof?
Zu dem Hof gehört ein Campingplatz.
Da habe ich vor zwei Jahren Urlaub ge-
macht. Im Sommer drauf kam ich zum
Arbeiten zurück. Ich bin nicht auf einem
Bauernhof aufgewachsen, aber dort fühl-
te ich mich immer zu Hause. Du stehst
im Stall oder auf der Weide, hast drecki-
ge Klamotten an und Kuhmist im Haar.
Aber bist trotzdem total zufrieden. Als
die Saison vorbei war, wollte ich nicht
gehen. Mittlerweile auch der Liebe we-
gen, denn der jüngste Bauernsohn und
ich hatten uns ineinander verliebt. Mein
Bauchgefühl hat mir ganz klar gesagt,
dass ich bleiben soll. Mein Schwieger-
vater hat mich dann gefragt, ob ich für
ihn arbeiten will. Da hat sich alles gefügt.
Ich musste nur zugreifen.
26 _
Wenn der Schnee
@frau_freudig kommt, wird es
ruhiger auf dem Hof
Du gibst den Kälbern Namen,
kuschelst mit den Kühen. Wie
gehst du damit um, wenn sie
geschlachtet werden?
Es ist hart. Einige Kühe bleiben über den
Winter, die anderen holt der Schlachter.
Letztes Jahr war meine Lieblingskuh da-
bei. Mir kommen immer noch die Tränen,
wenn ich daran denke. Meine Schwie-
gereltern sind gleichzeitig meine Chefs.
Manchmal muss ich mich auf die Hinter -
beine stellen, um gehört zu werden,
manchmal muss ich wissen, wann ich
die Klappe halte. Ein schmaler Grat. Ich
übe noch. Vieles würde ich anders
machen, aber ich entscheide das nicht.
Wie schaffst du es trotzdem,
zu bleiben?
Madeleine liebt
Wenn alles zu viel wird, gehe ich Kühe
es zu backen.
kuscheln. Ihren Kopf auf meinem Schoß Schweinchen
zu spüren und sie in den weichen Ohren isst sie nur in
zu kraulen hilft immer. Für meinen Freund Plätzchenform –
ist es normal, dass eine Kuh nicht ihr sie verzichtet
auf Fleisch
Leben lang bei uns bleibt. Aber ich will
mich nicht daran gewöhnen. Denn ich
mache meinen Job vor allem deshalb
gut, weil ich meine Tiere so liebe. >
 „DU STEHST AUF DER
WEIDE, KUHMIST IM
HAAR. ABER BIST TOTAL
ZUFRIEDEN.“

_ 27
 „WERTSCHÄTZUNG
FÜR MATERIALIEN,
ZEIT UND MENSCHEN
MACHT ZUFRIEDEN.“

28 _
 Dörtes Label heißt Fien’ Tüch,
das ist Plattdeutsch und
bedeutet „feines Zeug“
Furoshiki-Tücher werden
geknotet, hier als Geschenk
Dörte Kelm
47 Jahre Bardowick
Designerin
Was machst du gerade?
Ich arbeite an neuen Motiven für meine
Furoshiki-Tücher und lege im Moment
Was bedeutet Furoshiki?
Furoshiki bezeichnet ein quadratisches
Stück Stoff, das man in Japan seit Jahr
hunderten für jeden denkbaren Anlass
nutzt. Man knotet die Ecken so zusam-
men, dass sich die Form ergibt, die man
gerade braucht: ein Stoffbeutel, eine Ge-
schenkverpackung, ein Tischtuch oder
eine Tasche für Proviant. Statt Papier
und Plastik zu verwenden und danach
wegzuwerfen, wickelt man die Dinge in
ein Tuch. Das sieht schön aus und lässt
sich viele Male benutzen.
Wie bist du dazu gekommen,
diese Tücher anzufertigen?
Vor zwei Jahren zog ich mit meiner Fami-
lie von Bayern zurück in den Norden
Deutschlands, wo ich aufgewachsen bin.
Das war wie ein Neuanfang für mich.
auf neue Ideen. Als ich in einer Zeitschrift
mit Freund und Sohn
fientuech.de
etwas über japanische Furoshiki-Tücher
und ihre alte Tradition las, wusste ich:
Das ist es! Ich arbeite gern mit Textilien
und hatte Lust, eigene Motive zu entwer -
fen. Vor allem aber hat mich die Tatsache
begeistert, dass man mit einem einzigen
Tuch so viele Möglichkeiten hat. Diese
Idee möchte ich in die Welt hinaustragen,
-
Inwiefern?
Ich möchte keinen Ballast um mich ha-
ben, sondern nur das, was wichtig ist.
Lieber besitze ich eine Sache, die wertig
ist und mich lange begleitet, als dass
mich zig Dinge wahllos umgeben. Das
klingt minimalistisch, doch Minimalistin
bin ich gar nicht unbedingt. Mir geht es
um Wertschätzung: von Materialien, Zeit
und Menschen, von Erinnerungen und
Freundschaften. Ich glaube, dass sie das
Leben zufriedener macht, auch für kleine
Dinge wie ein Stück Stoff. Vor Kurzem
haben mein Sohn und ich auf einem
Spaziergang zum ersten Mal einen Eis-
Moment, doch er hat uns viel bedeutet.
Daran werden wir uns lange erinnern.
_ 29
30 _
 Einsicht

MEHR ZEIT
HABEN
Ständig läuft uns die Zeit davon, die Tage
und Wochen scheinen zu verfliegen.
Was uns wirklich wichtig ist, bleibt oft auf
der Strecke. Journalistin Bernice Nikijuluw
fragt sich: Geht das auch anders?
 Neue Erfahrungen schaffen
neue Erinnerungen. Und diese
verleihen uns Energie
Zeit ist für mich ein unfassbares Phänomen. Zu Beginn
eines Tages steht uns allen dieselbe Zahl an Stunden zur
Verfügung. Doch womit wir sie füllen, sieht überall ganz
unterschiedlich aus. Ich habe eine Freundin in Barcelona,
die alleinerziehende Mutter zweier Kinder ist, einen verant-
wortungsvollen Job hat, abends noch Übersetzungen
macht, am Sonntag für die ganze Woche vorkocht und,
etwas mit Freunden zu unternehmen. Sie weiß immer über
die neuesten Filme Bescheid und ist besser über aktuelle
Geschehnisse in der Welt informiert als ich.
Oft frage ich mich, wie sie das schafft – wie ihr gelingt,
woran ich meistens scheitere. Natürlich gibt es Tage, an
denen ich abends zufrieden auf das zurückblicke, was ich
Projekt erfolgreich abschließen konnte oder noch etwas
Schönes wie einen Theaterbesuch oder ein Essen mit
habe. Aber wesentlich öfter bin ich unzufrieden damit, wie
ich meine Tage nutze. Allzu oft habe ich das Gefühl, dass
vieles, was mir wichtig ist, völlig auf der Strecke bleibt.
Und das, obwohl ich ständig in Eile bin, mich ausgelaugt
fühle und händeringend nach Momenten zum Durchatmen
suche. Ja, es gibt auch Tage, die ich bewusst ruhig ange-
hen lasse, mit einer Tasse Tee und meinem Handy in der
Hand. Doch das endet oft damit, dass ich meine Zeit mit
ein bisschen Arbeit hier, einem Einkauf dort und zwischen-
durch jeder Menge verschwendeter Zeit am Smartphone
verplempere. Sollte ich am Ende eines solchen Tages
32 _
Stand nichts Nennenswertes ein. Wie kann ich verhindern,
dass mir viele Tage einfach so zwischen den Fingern zer -
rinnen? Wie kann ich meine Zeit besser nutzen?
DAS JUNKFOOD-GEFÜHL
Auf meiner Suche nach Antworten stoße ich auf das Buch
Time and How to Spend It: The 7 Rules for Richer, Happier
Days des Journalisten James Wallman (das bisher nur auf
Englisch erschienen ist). Schon die Einleitung fesselt mich:
Der Autor zieht einen interessanten Vergleich zwischen der
Vorliebe für Junkfood und der Verschwendung von Zeit.
Wir wissen, dass Fast Food ungesund ist, und wir wissen
natürlich auch, dass nächtelanges Serienschauen, Video-
spiele oder endloses Swipen auf dem Smartphone im
Grunde Zeitverschwendung sind. Doch während wir uns
heutzutage relativ bewusst mit unseren Ernährungsge-
wohnheiten auseinandersetzen, lassen wir unsere anderen
Lebensgewohnheiten gerne ein bisschen schleifen. Dabei
ist es ebenso ungesund wie Burger, Pommes und Cola,
seine Zeit mit leeren Erfahrungen zu füllen, so Wallman. Es
erschöpfe uns und wir stumpften dadurch ab, schreibt er.
Anstatt seine Zeit mit „Bullshit -Erfahrungen“, wie er sie
nennt, zu vergeuden, solle man lieber „Supererfahrungen“
in seinen Alltag integrieren. Denn vor allem sie seien es,
die für das Gefühl sorgen, ein erfülltes und erfolgreiches
Leben zu führen.
rungen sind. Üblicherweise schalten wir im Alltag nämlich
gern auf Autopilot und machen uns gar nicht bewusst, wo -
mit wir unsere Zeit gerade verbringen. Um das zu verhin-
dern, sei es außerdem hilfreich, regelmäßig neue Erfahrun-
gen zu sammeln, sich kleinen Herausforderungen zu stellen
und etwas zu erleben, was im Gedächtnis bleibt – also
neue Erinnerungen zu schaffen. Das verleiht uns Energie >
Um immer beste Qualität und Frische bieten zu können, arbeiten wir mit lokalen Landwirten und Lieferanten
zusammen und fördern damit die Region. Darüber hinaus unterstützen wir viele soziale Einrichtungen und
Vereine vor Ort. Mehr auf edeka.de/wirundjetzt

und verhindert, dass ein Tag dem anderen gleicht und die
Zeit bedeutungslos dahinplätschert. Dazu gehört laut
Wallman auch, Dinge auszuprobieren, die wir tief im Inne-
ren gerne tun würden, die uns aber bisher immer als zu
schwer oder umständlich erschienen sind – und die Zufrie-
denheit zu spüren, die sich hinterher einstellt.
EINE SCHRILLE ALARMANLAGE
Der Berliner Life Coach Thomas Hohensee beschäftigt
Zeitstress und wie Menschen ihn bewältigen können. Er
sagt: „Zeitmanagement bedeutet einen guten Umgang
mit seiner Zeit und nicht, mit irgendwelchen Tricks noch
mehr Leistung aus sich herauszupressen, um Ansprüche
zu erfüllen, die sowieso nicht die eigenen sind.“ So un
angenehm Zeitknappheit, Hetze und ein Gefühl des Ge
triebenseins sind – aus seiner Sicht sind sie wertvolle
Umkehrsignale, die davor warnen, so weiterzumachen wie
bisher. Er erläutert: „Der schrille Ton einer Alarmanlage
hat dieselbe Funktion. Er soll aufrütteln. Er muss also als
unangenehm empfunden werden. Deshalb die Alarman-
nicht weiter. Nimm deinen Zeitdruck also ernst. Dann kann
34 _
Zeitknappheit und Hetze
sind wertvolle Umkehrsignale,
die davor warnen,
so weiterzumachen wie bisher
er der Beginn von etwas Positivem werden: Er kann zu
einem Leben in Zeitfülle führen, mit den richtigen Aufga-
ben, im richtigen Maß.“ In seinem Buch Ganz einfach Zeit
haben stellt Hohensee vier Fragen in den Mittelpunkt: Wie
möchtest du leben? Was hindert dich daran? Wie schaffst
du es trotzdem? Was tust du dafür? Indem man jede die-
weise auf mögliche Stellschrauben, so Hohensee. Am
Ende entscheidet aus seiner Sicht die eigene Einstellung,
wie gut es uns gelingt, das Leben zu führen, das wir uns
wünschen: „Aus eigener Erfahrung, aber auch aus meiner
Arbeit als Life Coach kann ich versichern, dass man früher
oder später dahin kommt, wo man hin will, vorausgesetzt,
man ist wild entschlossen. Eine halb gare Motivation dage-
gen bringt einen nicht weit.“
KEINE AUSREDE?
Vielleicht verfolge ich meine Ziele tatsächlich mit zu wenig
Nachdruck? Ich würde mir gerne Zeit für ein paar Dinge
nehmen, die ich schon seit einer Weile auf die lange Bank
schiebe: meine Tante besuchen, ins Museum gehen und
-
tage machen zum Beispiel. Mit ihr habe ich vor einer Weile
einen Artikel über Leute in Amsterdam geschrieben, die
damit, bei wildfremden Menschen zu klingeln und sie
um ein Gespräch zu bitten. Doch am Ende war diese Ge -
schichte eine der schönsten Erfahrungen, die ich in
meinem bisherigen Berufsleben machen durfte. Inzwi-
schen haben meine Freundin und ich weitere Ideen
gesammelt, aber wir kommen einfach nicht dazu, sie an -
- zugehen. Und wenn ich ehrlich bin, liegt das hauptsächlich
- an mir. Ich weiß, dass ich mir einen Ruck geben müsste,
um endlich aktiv zu werden, aber immer wieder drängen
sich andere Aufgaben in den Vordergrund und ich habe zu
viel zu tun. Und was soll ich dagegen tun?
Alles Ausreden, sagt die amerikanische Zeitmanagement -
Expertin Laura Vanderkam in ihrem TED -Talk How to
gain control of your free time (mit deutschen Untertiteln)
 Urh.: Walter Wittek
und rechnet vor: „Eine Woche hat 168 Stunden. Wenn du
40 Stunden pro Woche arbeitest und acht Stunden pro
Nacht schläfst, bleiben ganze 72 Stunden in der Woche
für andere Dinge“, sagt Vanderkam. Wenn jemand
also behauptet, für irgendetwas keine Zeit zu haben,
bedeute das im Grunde, dass er dieser Sache keine
Priorität beimisst. Zeit sei nämlich unglaublich elas-
tisch. Das zeige sich besonders dann, wenn etwas
Unerwartetes geschieht und unsere volle Aufmerksam-
keit fordert, etwa ein Wasserschaden in der Wohnung.

WIE EIN KAPUTTER BOILER

Vanderkam berichtet von einem Forschungsprojekt, für
das sie die Lebenssituation viel beschäftigter Frauen
untersucht hat. Die Frauen führten für einen festgeleg-
ten Zeitraum Protokoll über ihren Tagesablauf. „Eine
der Frauen, deren Protokoll ich untersuchte, ging an
einem Mittwochabend aus. Als sie nach Hause kam,
sah sie, dass ihr Boiler kaputt war und der ganze Keller
unter Wasser stand. Am selben Abend kümmerte sie
sich um das Nötigste, am nächsten Tag kam der
Klempner, tags darauf jemand, der sich den ruinierten
Teppich vornahm. All das hielt die Frau in ihrem Proto-
koll fest. Am Ende nahm der kaputte Boiler sieben
Stunden ihrer Woche ein. Hätte man sie am Anfang der
Woche gefragt, ob sie sieben Stunden für ein Triath-
lon-Training oder ein Mentoring-Projekt zur Verfügung
hat – ich bin mir sicher, sie hätte wie die meisten von
uns geantwortet: ‚Nein! Sehen Sie denn nicht, wie

musste, weil ihr Keller unter Wasser stand, fand sie sie.
Der Schlüssel für ein gutes Zeitmanagement liegt darin,
unsere Prioritäten genauso zu behandeln wie einen
kaputten Boiler“, fasst Vanderkam zusammen.

Und noch etwas nehme ich aus dem TED-Talk der

Expertin mit: „Wir brauchen gar nicht so viel Zeit, um
Dinge zu machen, die uns erfüllen. Aber wenn wir mal
etwas Zeit haben, was machen die meisten von uns
dann? Das Handy rausholen, stimmt’s? Oder wir
räumen zu Hause rum oder schauen fern“, stellt >

NIESSING SPANNRING® COLOR LIMITED EDITION 2020

In Platin und exklusiv in Purple Gray- und Peach Pink Gold.
Sind Sie bereit für das Original?
 Kleine Momente haben eine große
Bedeutung. Wir können sie zu Momenten
der Freude machen
Vanderkam fest. Dabei haben diese kleinen Momente eine
große Bedeutung. Es liegt in unserer Hand, sie zu Momen-
ten der Freude zu machen. Vielleicht, indem wir im Bus auf
dem Weg zur Arbeit etwas lesen oder die Mittagspause
zum Meditieren nutzen. Oder indem wir mit den Kindern
gemütlich frühstücken, wenn das Abendessen mit der
Familie wegen Überstunden ausfallen muss. Vanderkam
sagt: „Man muss seine gesamte Zeit im Blick haben, um
zu sehen, wo man die guten Dinge unterbringen kann.“
NETFLIX ODER EIN BUCH?
Ich rufe meine Freundin in Barcelona an und frage sie,
was das Geheimnis hinter ihrem fantastischen Zeitma-
werde ich“, sagt sie. „Am Wochenende lege ich meine
Kleidung für die Woche raus, damit ich morgens nicht in
Zeitnot gerate, weil eine Bluse gebügelt werden muss.
Nach der Arbeit fahre ich beim Supermarkt vorbei und
besorge die Dinge, die auf meiner Liste stehen. Bevor ich
ins Bett gehe, wasche ich noch eine Maschine Wäsche
und hänge sie morgens auf, bevor ich mit den Kindern
das Haus verlasse. Mein Vollzeitjob zwingt mich dazu,
mein übriges Leben besser zu organisieren.“
als ich, dadurch schafft sie es, ihre Zeit optimal zu nutzen.
meiner Freundin nicht fremd. „Ich versuche, diesem Gefühl
damit zu begegnen, dass ich mir Erlebnisse vornehme“,
sagt sie. „Eine meiner Freundinnen und ich machen
abwechselnd Vorschläge für etwas Neues: Wir besuchen
eine Lesung, ein Museum, ein Viertel oder einen Park, in
dem wir noch nie waren. Nächste Woche fange ich mit
Lesen, deswegen versuche ich, im Bus, im Park oder im
Café ein Buch anzufangen, und wenn ich mich nach
zum Weiterschmökern.“ Offenbar macht meine Freundin
also genau das, was die Experten raten – und es funktio-
niert. Sie plant sogar bewusst Zeit für Ruhepausen ein.
36 _
„Zeit verbummeln? Das ist wunderbar und wichtig. Und
seitdem ich beschlossen habe, dass es wichtig ist,
genieße ich es mehr und fühle mich weniger schuldig,
wenn ich mal eine ganze Serie in einem Rutsch durch-
schaue“, erzählt sie.
ACHTSAMER UMGANG
Am nächsten Tag besuche ich meine Mutter. Ich habe
mir vorher herausgesucht, mit welchem Zug ich wieder
zurückfahre, um genug Zeit für die übrigen Dinge zu
haben, die ich abends noch erledigen möchte. Doch dann
sehe ich auf Instagram, dass eine Freundin begeistert
von einer Ausstellung ganz in der Nähe der Wohnung mei -
ner Mutter berichtet. Es ist heute der letzte Ausstellungs -
tag, und sie zu besuchen würde mich sicher drei Stunden
meines sorgfältig geplanten Tages kosten. Und dann
denke ich plötzlich: Wieso kosten? Das ist doch eine wun -
derbare Gelegenheit, um bewusst über meine Zeit zu
entscheiden. Also gehe ich einfach in die Ausstellung –
ILLUSTRATIONENVALESCA VAN WAVEREN
und stelle zufrieden fest, dass alles zutrifft, was ich in den
letzten Wochen gelernt habe: Es ist an mir, Prioritäten zu
setzen. Zeit ist dehnbar. Erfahrungen verleihen Energie,
und es ist wertvoll, auf einen erfüllten Tag zurückzubli -
cken. Für mich ist das ein guter Anfang, achtsamer mit
meiner Zeit um zugehen.
TEXT BERNICE NIKIJULUW, SARAH KLÜSS
MEHR ZUM THEMA
Thomas Hohensee: Ganz einfach
Zeit haben (dtv)
James Wallman: Time and How to
Spend It. The 7 Rules for Richer,
Happier Days (Penguin)
Laura Vanderkam: How to gain cont -
rol of your free time (auf ted.com)
Alles für den positiven Unterschied.
Für dich, dein Haustier und
unseren Planeten. yarrah

WWW.YARRAH.DE
IST DAS
NOCH
YOGA?
So viele Varianten der indischen Praxis
gibt es inzwischen, dass man manchmal
verwundert ist. Der Kulturhistoriker Mark
Singleton aber sagt: Schon seit Jahrhun-
derten wandelt sich Yoga immer in genau
das, was die Menschen gerade brauchen

„Schulterstand“ im Waschsa-
lon: Wie sich Asanas im Alltag
einbauen lassen, zeigt – mit
einem Augenzwinkern – das
Buch Yoga while you wait ,
aus dem die Fotos in dieser
Strecke stammen

Herr Singleton, was hat Yoga mit Pizza gemein?
Wie die Pizza auf ihrem Weg von Neapel nach New York
und zurück hat Yoga sich weit von seiner Heimat entfernt,
mit neuen Zutaten nach Indien zurückgekehrt. Deshalb
kann sich modernes Yoga auch stark von traditionellem
Yoga unterscheiden.
Wie müssen wir uns dieses traditionelle Yoga
genau vorstellen?
Die erste Bedeutung des Begriffs Yoga war Meditation.
Seit dem elften Jahrhundert entwickelte sich dann das so-
genannte Hatha Yoga, das Atem und Meditation mit be-
stimmten Stellungen verknüpfte: den Asanas, die wir heute
am meisten mit Yoga verbinden. Hatha wurde nach dem
16. Jahrhundert zur beliebtesten Yoga-Form in Indien.
Es trafen sich also bereits damals Inder, um
gemeinsam den Sonnengruß zu machen?
Nein, der Sonnengruß war kein traditioneller Bestandteil
des Hatha Yoga. Das ist eine moderne Assoziation. Ur
sprünglich war dieses Yoga eine Form der Askese: Meist
entsagte man der Familie und zog sich von der Welt zu-
rück. Im kolonialen Indien sahen Außenstehende diese
Form des Yoga kritisch. Seine Anhänger galten oft als ge-
fährlich, verdächtig und insgesamt nicht zivilisiert für ein
modernes Indien.
Wann änderte sich diese Einstellung?
Ab dem frühen 20. Jahrhundert. Europa entwickelte ein
großes Interesse an körperlicher Ertüchtigung, an einer frü-
hen Form des Bodybuilding. Nationalistisches Turnen
tauchte überall auf, in Schweden, Frankreich und Deutsch-
land. Der Einzelne galt als Mikrokosmos des Staates, für
einen starken Staat brauchte man also starke Individuen.
Diese Vorstellung und die Übungen verbreiteten sich
schnell in der ganzen Welt und vermischten sich mit ein-
heimischen Methoden: In China kam es zu einem Auf-
schwung von Kampfsportarten, in Indien wirkten diese
Ideen auf Yoga. Plötzlich gab es tatsächlich Body-
Wellbeing
builder-Yogi in Indien, und Hatha Yoga wurde nicht mehr
länger als Askese wahrgenommen.
Die Inder interessierten sich also mehr für Yoga.
Aber als 1897 ein Yogi im Royal Aquarium in Lon-
don auftrat, betrachteten die Engländer ihn und
seine Verrenkungen als Zirkussensation. Wann
wurde Yoga auch in Europa als Sport gesehen?
1918 wurde in Mumbai das erste wissenschaftliche Yoga-
Institut eröffnet. Der Gründer, Shri Yogendra, reiste einige
Jahre später nach Amerika und lehrte dort, bevor er wieder
nach Indien zurückkehrte. Er interpretierte Hatha Yoga
neu. Und zwar als etwas, was im Westen bereits bekannt
war: Übungen, die den Körper stark und gesund machen.
Er sprach also eine Sprache, die Europäer und
Amerikaner verstanden?
Genau. Und er selbst war absolut durchdrungen von der
medizinischen und wissenschaftlichen Sprache der Zeit. Er
las alle wichtigen Zeitschriften, die Artikel aller Vordenker
- der entsprechenden Disziplinen, Physiologie und Anato-
mie, Leibesübungen und Medizin. Er lehnte die asketische
Tradition des Hatha Yoga ab und betrachtete es unter dem
Gesichtspunkt der Volksgesundheit.
Wie brachte Shri Yogendra Yoga unters Volk?
Sanskrit-Text durch, dann weiß man oftmals nicht, was ge-
nau man jetzt mit seinem Körper machen soll. Da steht
dann beispielsweise: „Lege dich auf das Gesicht. Stelle
die Zehen nach unten zeigend auf den Boden, lege die
und betrachte den Nabel. Bring die Nase zum Boden und
hole sie hoch zu den Händen. Das ist die Elefantenpose.“
Puh, damit kann man wirklich wenig anfangen …
sofort zeigen, wie ein Asana aussehen sollte. Und so be-
schleunigten Fotos die Verbreitung dieser Art von Yoga. >
_ 39
 1. Cool bleiben unter der Tro-
ckenhaube: Für Wartezeiten

die „Umgekehrte Planke“

2. Bis der Lack trocken ist,
lässt sich schnell mal die
„Zange“ einlegen. Dehnt die
Körperrückseite, besonders
den Po und die Beine

Verstand klar, mein Energielevel ziemlich ausgewogen und

hoch, und wenn ich Glück habe, dann versetzt es mich
1
zwischendurch sogar immer mal wieder in einen anderen
Bewusstseinszustand.
2

Ist Yoga deshalb so erfolgreich?

Ich glaube, viel wichtiger ist, dass Yoga heute für viele die
vorrangige spirituelle Praxis ist. Yoga verwandelt sich
immer in das, was die Menschen gerade brauchen. In un-
seren modernen Großstädten brauchen sie vor allem ein
Mittel zum Stressabbau, und sie wollen sich mit etwas
Wahrem und Tiefem verbunden fühlen. Yoga stillt diese
spirituelle Sehnsucht in modernen Gesellschaften, in
denen viele Menschen eben nicht mehr an eine organisier -
te Religion glauben.

Dabei ist Yoga doch fest im Hinduismus verwur -

zelt. Kann man das eine überhaupt ohne das
andere denken?
Der Hinduismus ist unbestritten die Wiege des Yoga, das
stimmt. Aber schon lange vor dem 20. Jahrhundert haben
auch Angehörige anderer Glaubensrichtungen Yoga prakti-
ziert. Die früheste Erwähnung von Yogis in einem Hindu-
Epos bezieht sich sogar auf Nicht-Hindus: auf Buddhisten.
Es existiert auch eine Strömung im Islam, manche Texte

Wenn wir also glauben, die Kobra oder der herab-
schauende Hund seien über die Jahrhunderte
genau so überliefert, dann stimmt das gar nicht?
Doch, die Stellung zum Beispiel, die wir als Kobra kennen,
gibt es bereits seit mehreren Hundert Jahren. Die Hunde-
diesem Namen. Es existieren aber durchaus Vorläufer. Nur
sind diese Übungen nicht bereits seit 5000 Jahren genau
so überliefert, wie es viele Menschen gern glauben wollen.
Praktizieren Sie selber auch Yoga?
Ja, aus all den banalen Gründen, aus denen viele
Menschen Yoga machen: Es hält mich gesund, meinen
Yoga zu einer Religion gehören würde, ist also in histori-
scher Betrachtung falsch. Hatha Yoga war immer absicht-
lich offen für andere.
Gehört das zum Reiz von Yoga?
Ja, das hat es schon in vormoderner Zeit attraktiv ge-
macht. Viele der frühen Hatha-Texte enthalten bewusst
keine Mantras oder konfessionsgebundenen Gebete, die
sofort klargemacht hätten, wem sie gehören – den Anhän-
gern des Gottes Vishnu oder denen Shivas etwa.
Gibt es eine richtige Art, Yoga zu praktizieren?
Es gab in der Vergangenheit bis heute viele unterschiedliche >

40 _
Frosch für Wäsche zum
Weil Wohlfühlen Hautsache ist:
Wohlfühlen
sensitive, hypoallergene Waschmittel von Frosch
Sie umhüllt unseren Körper wie ein Schutzmantel – unsere Haut.

genug, sie besonders liebevoll zu behandeln. Das gilt vor allem

bei sensibler Kinderhaut, deren Schutzfunktion noch nicht voll-
ständig entwickelt ist.

hautschonende Formulierungen, die für sanfte Wäsche mit wahrem

Kuschelfaktor sorgen – wie zum Beispiel das hypoallergene und
dermatologisch getestete Frosch Aloe Vera Sensitiv-Waschmittel.
Es reinigt intensiv, schützt Fasern sowie Farben und verzichtet
dabei auf Farb- und Konservierungsstoffe. Wie alle Produkte von
Frosch ist es vegan und frei von Mikroplastik.
Aus Liebe zur Haut.
Für deine Wäsche zum Wohlfühlen.

TIPP 1: TIPP 2: TIPP 3:

DOSIERUNG
Viel hilft viel? Stimmt nicht!
Überdosierungen des Wasch-
mittels besser vermeiden.
Das hilft der Umwelt und schont
die Textilien.
ETIKETTEN
Jeder weiß, wie unangenehm ein
kratzendes Etikett am Rücken sein kann.
Damit es gar nicht erst soweit kommt,
Etiketten besonders in Kinderkleidung
sofort heraustrennen.
DUFTSTOFFE
Duftend ist nicht gleich sauber. In Waschmitteln
und Weichspülern sind oftmals Duftstoffe ent-
Haut lieber Produkte mit der Bezeichnung
„hypoallergen“ kaufen!

frosch.de /markefrosch /frosch_de

 1. So lässt sich der Fischfang
entspannt mit Yoga verbin-
den: Ambitionierten Anglern
gelingt das „Boot“-Asana
sicher bald ohne Stützhilfen
2. An der Bushaltestelle kräftigt
das „Stuhl“-Asana Körper -
mitte und Knie – und übt
subtil Kritik an fehlenden
Sitzmöglichkeiten

Yoga-Praktiken. Dass man bei den verschiedenen Asanas

seine Hände und Füße präzise setzen muss, es also eine
1
korrekte Art gibt, sie auszuführen, das geht vor allem zu-
rück auf den Lehrer B. K. S. Iyengar. Er hat 1966 Licht auf
2
Yoga geschrieben, eines der wichtigsten und beliebtesten
Yoga-Bücher des 20. Jahrhunderts. Andere Schulen aber
sagen zum Beispiel: Verliert nicht zu viel Zeit mit Asanas,
es geht bei Yoga nicht um Dehnübungen.

Warum ist es vielen Menschen so wichtig, wie

man den Sonnengruß korrekt ausführt?
In einer Welt, die sich ständig verändert, die vielen Men-
schen keine religiöse oder spirituelle Sicherheit mehr

TEXT, BILDKONZEPT UND IDEE JUDITH STOLETZKY

bietet, gibt es eine große Sehnsucht nach Dingen, die
ursprünglich sind, die wahr sind und nicht zu verkaufen.
Nach Dingen, die sich nicht verändern.

Kann Yoga diese Sehnsucht tatsächlich erfüllen?

Wir müssen unterscheiden: zwischen der Sehnsucht nach
einer spirituellen Wahrheit, die vielleicht existiert, vielleicht
aber auch nicht. Und der Sehnsucht danach, dass etwas
historisch auf eine bestimmte Art und Weise war. Diese
beiden Dinge werden oft verwechselt, und deshalb gibt es
den Wunsch nach einer historischen Unveränderlichkeit
von Yoga. Das bringt mich als Historiker in eine schwierige
Situation, weil ich dieser Vorstellung widersprechen muss.
Ihren Anhängern aber ist sie sehr lieb und teuer.

FOTOS MARKUS ABELE

Und Sie müssen ihnen sagen: Yoga hat sich
immer verändert?
HINGUCKER Absolut. Und es verändert sich weiter – allerdings wesent-
lich schneller als damals in Indien, und auf wesentlich selt-
Noch mehr Asanas in un- samere Weise. Ich bin verblüfft, wenn ich mich lange Zeit
gewöhnlicher Umgebung mit Originalquellen in Sanskrit beschäftigt habe und dann
TEXT GESA GOTTSCHALK

finden sich in Judith von meinem Text hochgucke und sehe, was alles im Na-
Stoletzkys Buch Yoga while men von Yoga angeboten wird. So wie man inzwischen
you wait , mit Fotos von Pizza essen kann, die mit Hotdogs und Remoulade belegt
Markus Abele (Becker Joest ist. Dennoch: Als Kulturhistoriker akzeptiere ich alles als
Volk Verlag, 18 Euro) Yoga, was sich Yoga nennt. Nur so kann ich verstehen,
was passiert.

42 _
 NEU

Nachhaltigkeit trifft bewährte Qualität

Griff und Borsten

aus 100%
nachwachsenden
Rohstoffen

Marken sind Eigentum der GSK Unternehmensgruppe oder an diese lizenziert. PM-DE-DRB-20-00047 – 20200817
 Zeitgeist

Warum Uns Puzzeln Glücklich macht

VON DEN VIELEN BESCHÄFTIGUNGEN, MIT DENEN MAN

SICH DIE ZEIT VERTREIBEN KANN, ZÄHLT PUZZELN GERADE

MIT ZU DEN BELIEBTESTEN. WIESO EIGENTLICH?

Das Schönste ist das Geräusch, mit
dem sich die 1500 Puzzleteile auf
dem Holztisch verteilen – ein sanftes
Rauschen unterbrochen durch das
Klacken einzelner Puzzlesteine. Auf
den ersten Blick wirkt der riesige Hau-
fen zwar wie ein abschreckendes
Durcheinander, für mich aber steckt in
ihm das Versprechen auf Tiefenent-
spannung. Denn je länger ich mich
durch die bunten Teile wühle, sie
nach Form und Farbe sortiere und
schließlich eines nach dem anderen
zusammenfüge, desto weiter rückt
der Alltag in den Hintergrund. Ich bin
dann komplett im Moment. Es gibt
nur das Bild und mich.
Nicht nur auf meinem Küchentisch er
leben Puzzles gerade eine ungeahnte
Renaissance. Auf Instagram gibt es
unter Hashtags wie #puzzlelover
Hunderttausende Beiträge. Und auf
TikTok wurden mit #jigsawpuzzle ge
taggte Videos mehr als 1,3 Millionen
Mal angesehen. Laut einer Analyse
des Online-Wirtschaftsmagazins
MarketWatch wird der Umsatz aus
Puzzleverkäufen in den nächsten fünf
Jahren weltweit von aktuell 605 Millio -
nen auf schätzungsweise 660 Millio -
nen Euro ansteigen. Der unfreiwillige
Hausarrest zu Beginn der Corona-
Pandemie hat diesem Trend noch ein
mal zusätzlichen Schub verliehen.
„Für viele unserer Kunden ist das Puz
zeln eine Art Digital Detox“, erklärt
Verena Schlachter, die als Produkt -
managerin international für Puzzles
bei Ravensburger arbeitet. „Das Puz - zwei Jahren unbewusst genau die
zeln ermöglicht ihnen, vom Alltag und
von der Arbeit, die oft vor einem Bild -
sich zu beschäftigen, ohne dabei auf
- den nächsten Bildschirm starren zu
müssen“, so Schlachter. „Bei einer
gemeinsamen Studie mit der Uni
Ulm haben wir außerdem herausge - eher als Scherz gedacht. Wir beide
funden, dass das Puzzeln nicht nur
das räumliche Denken oder die Ge-
- dächtnis leistung fördert, sondern auch
zur Entspannung beitragen kann.
Das scheint vor allem daran zu liegen,
dass die meisten Menschen sich beim
Puzzeln so sehr konzentrieren, dass
sie alles um sich herum vergessen und
so in eine Art Flow-Zustand kommen“,
erklärt Schlachter. Die Ulmer Wissen -
schaftler gehen deshalb davon aus,
dass regelmäßiges Puzzeln unser Ge -
- hirn vor typischen Stressreaktionen
- sogar Angstzuständen schützen kann.
EIN STÜCK HEILE WELT
Lindsey Simmonds hat sich damit vor
richtige Entspannungsmethode aus -
gesucht. Weil sich die Amerikanerin
von ihrem Job im Auswärtigen Amt
zunehmend gestresst und müde fühl -
schenkte mir mein erstes Puzzle mit
500 Teilen“, erinnert sie sich. „Es war
waren nämlich eigentlich der Meinung,
dass Puzzeln etwas für Kinder oder
Senioren ist, aber schon nach weni -
gen Minuten war ich darin versunken.
Das Puzzeln zwingt mich, nicht >

Auf ihrem Youtube-Kanal, Karen Puzzles, löst die US-Amerikanerin Karen Kavett in Zeitraffervideos Puzzles
in allen Formen, Farben und Größen. Dazu hat sie für ihre 44 000 Follower viele Tipps auf Lager. _ 45
 erleben dabei einen Glücksmoment nach dem anderen.“

SCHÖNER PUZZELN mehrere Sachen gleichzeitig zu tun.
Ich kann nebenbei nicht fernsehen
Die Puzzles oder mit dem Handy spielen. Es ist ei
von Lindsey ne Übung, die mich voll in Anspruch
Simmonds’ nimmt und so dafür sorgt, dass ich
Label wander - alles, was mir tagsüber Sorgen berei - Corona -Pandemie fertigzuwerden. So
puzzleco.com tet hat, für einen Moment vergesse.
sind mit um - Ich packe meine ganzen schlechten
weltfreundli - Gefühle in dieses Bild. Und wenn ich
cher Farbe fertig bin, schiebe ich alles zusammen
auf Sojabasis gedruckt. zurück in den Karton und verstaue
Ein Teil der Einnahmen es weit weg von mir im Schrank. Bei
fließt in Hilfsprojekte keiner anderen Beschäftigung konnte
in Afrika. Ca. 24 Euro ich bisher so gut loslassen.“
Ganz neu
ist unser Lindseys Begeisterung für das ent-
Flow-Puzzle spannende Hobby wuchs mit jedem
Go with the 1,000 piece
fertigen Bild, bis sie Anfang des Jah-
puzzle
Slow (17,95 res beschloss, ihre eigenen Puzzles
Euro) von zu verkaufen. „Mir fehlte es einfach an
der Künstlerin Francesca inspirierenden Motiven. Je schöner
Iannaccone. flow-magazin.de/ das fertige Bild, desto größer ist
produkte schließlich die Vorfreude und auch die
Nicht unbe - Motivation beim Puzzeln.“ Über Ins-
dingt etwas tagram fragte Lindsey bei diversen
für Puzzle- Künstlerinnen an, ob sie Motive für ihr
Neulinge: neu gegründetes Label Wander Puz-
das 500- zle Co. gestalten wollen. Ihre Puzzles
teilige Acht- beschäftigen sich mit aktuellen The-
samkeits - men wie Diversität, Solidarität und
puzzle Dawn Aktivismus – und liegen damit voll im
von Print - Trend. Egal ob kleine Start -ups oder
works: Wer bekannte Puzzle -Größen wie Ravens-
sich da ranwagt, kann aber
herrlich abschalten. 20 Euro, zwischen Sonnenuntergangsszenari-
printworksmarket.com en und Hundewelpen auch künstle-
risch anspruchsvolle Motive in den
Regalen. „Es scheint, als hätte ich ei-
nen Nerv getroffen. In den ersten
sechs Monaten habe ich schon über
2000 Puzzles verkauft. Nicht schlecht
für einen Nebenjob. Viele, die bei mir
bestellen, schreiben, dass die bunten
- Illustrationen ihnen dabei geholfen
haben, mit den schlechten Nachrich-
ten während der ersten Wochen der
als könnten sie zu Hause ein Stück
heile Welt zusammensetzen.“
ORDNUNG IM CHAOS
Der Psychologe und Ergotherapeut
Thomas Frank hat eine Erklärung für
diese Sehnsucht. „Im Grunde wissen
wir bis heute nicht genau, wo uns die
Pandemie hinführen wird. Das ruft
tiefe Unsicherheiten in uns hervor. In
solchen Situationen ist es normal,
sich alten Gewohnheiten zuzuwen-
den, die wir schon lange kennen. Sie
geben uns Ruhe und Sicherheit. Ge-
rade das Puzzeln verbinden viele mit
einem geschützten Raum ihrer Kind-
heit. Sie haben es wahrscheinlich
gemeinsam mit den Eltern zu Hause
gemacht. Wenn wir jetzt als Erwach-
sene die Teile wieder vor uns ausbrei-
ten, spüren wir die Geborgenheit von
damals.“ Ein Puzzle gibt uns außer -
dem das Gefühl, Ordnung schaffen zu
können, wo keine ist, so Frank. „Teil-
chen für Teilchen setzen wir ein Bild
zusammen und erleben dabei einen
Glücksmoment nach dem anderen.
Es geht um einfache Freuden und da-
rum, sich wieder mit seiner Kreativität
zu verbinden, ohne aber den Druck
eines leeren Blatts zu spüren, wie er
etwa beim Malen aufkommen kann“,
sagt er. Frank sieht deutliche Paralle-
len zwischen dem Puzzeln und fern-
östlichen Entspannungstechniken wie

46 _
 SPENDEN?
ÄNDERT DOCH
dem Malen von Mandalas oder dem
NICHTS!
nicht darum, am Ende ein fertiges Bild
vor sich liegen zu haben. Dann könnte
ich mir auch ein Poster kaufen. Viel-
mehr steht die Beschäftigung an sich
im Fokus. Suchen, Sortieren, Zusam-
menfügen – durch die Wiederholung
der immer gleichen Abläufe sinken
beim Puzzeln unter anderem Herz-
puls, Blutdruck und Atemfrequenz.
Wir spüren weder Stress noch Über -
forderung. Es ist völlig klar, dass wir
der Aufgabe, es zu vollenden, ge-
wachsen sind. Die Frage ist nur, wie
lange es dauern wird. Aber bis dahin SAUBERES
ist alles andere egal.“

Normalerweise ist es mir überhaupt

WASSER HAT
nicht egal, wie lange etwas dauert.
Ich bin nämlich ein sehr ungeduldiger
Mensch, der bei Romanen schnell mal
ITATAKUS
zum Ende vorblättert, wenn auch nur
ein Kapitel nicht interessant genug
LEBEN
ist. Beim Puzzeln ist das ganz anders. VERÄNDERT.
FOTO VALERIA OF @CONSCIOUS_BEE

Obwohl ich manchmal stundenlang

kaum vorankomme, bin ich sehr

Machen.
selten frustriert. Vielleicht liegt das
aber auch daran, dass ich nie ganz
allein damit bin. Sobald ich ein neues
Puzzle auf unserem Küchentisch
ausbreite, ist es ein wenig wie in der

seine eigentliche Beschäftigung und

pilgert zum Tisch, um nach passen- Wirkt!
TEXT YVONNE ADAMEK

den Teilen zu suchen. Mal am Rand,

mal in der Mitte, mal fünf Minuten,
mal eine Stunde. Für mich ist das
Unsere Wasserstellen bieten
ein weiterer positiver Effekt des Puz- bereits weit über einer halben
zelns – in meiner Familie stiftet es
Million Menschen Zugang
auch Verbundenheit.
zu sauberem Trinkwasser.

www.menschenfuermenschen.de
 WER IST
WO
IN DEN
SOZIALEN
MEDIEN?
INSPIRATIONEN, STELLENANGEBOTE, PERSÖNLICHE

GESCHICHTEN – AUF DEN VERSCHIEDENEN

SOCIAL-MEDIA-PLATTFORMEN KANN MAN ALLES
FINDEN UND VERÖFFENTLICHEN. DOCH WELCHE

SIND WIRKLICH SINNVOLL? VIER NUTZER BERICHTEN

48 _

JOANNE ZWART (40)
> Innenarchitektin und Designerin
Was: Pinterest
Um: sich inspirieren zu lassen
„Schon immer denke ich in Bildern, daher ist Pinterest für
mich ideal. So wie ich früher Zeitschriften durchgeblättert
habe, blättere ich jetzt durch Pinterest, um mich inspirieren
Innenarchitektin und Raumdesignerin. Für Projekte lege
ich regelmäßig ein Secret Board an, zu dem ich auch
meine Auftraggeber oder Kolleginnen einlade. So können
wir gemeinsam eine Bildersammlung anlegen. Ich lasse
mich dafür auch von Bildern in Museen und von Doku-
mentationen inspirieren. Es ist ideal, dass man auf Pinte-
Gedichten. Wenn ich in einem Museum etwas Schönes
entdecke, suche ich die Künstlerin oder den Künstler auf
Pinterest. Wenn ich einen bestimmten Stuhl suche und
weiß nur ungefähr, wie er aussieht, kann ich ihn oft allein
zu meinem Stil passen. Manchmal kommt völliger Quatsch
dabei heraus, aber meist passen sie erstaunlich gut.
Ich habe viele Follower, über 123 000, aber davon merke
ich nicht viel. Man baut auf Pinterest keine richtige Com-
munity auf. Es verleiht mir allerdings ein gewisses Maß an
Glaubwürdigkeit und Bekanntheit. Wenn ich bei einer Kon-
ferenz Kollegen treffe, sagen sie oft: ‚Ich glaube, ich folge
dir auf Pinterest.‘ Ich hatte schon mehrere Angebote für
eine kommerzielle Zusammenarbeit, aber ich pinne nicht,
um damit Geld zu verdienen. Was ich pinne, muss hun-
dertprozentig zu mir passen. Manchmal, wenn ich auf der
den roten Faden wieder, der meine Arbeit durchzieht, das,
was mich und meinen Stil ausmacht. Wenn man meine
Boards betrachtet, sieht man mich.“
Joanne auf Pinterest: Joanne Zwart – ruimte ontwerpen
Online
TOBIAS VOGEL (38)
> Cartoonist (Krieg und Freitag)
Was: Twitter
Um: seine Strichmenschen unter die Leute zu bringen
„Ich zeichne Cartoons: Alltagssituationen, alberne Wort-
spiele, Poetisches. Ein Mix aus lustig und melancholisch.
Dabei kann ich überhaupt nicht zeichnen, und das sieht
man auch. Meine Frau fand die Strichmenschen aber
immer schon gut. Ich bin privat schon seit 2009 auf Twitter
unterwegs. Für Krieg und Freitag , so habe ich meine Seite
genannt, habe ich aber einen neuen Account eröffnet. Der
erste Cartoon dafür ist am selben Tag entstanden, an dem
ich ihn gepostet habe. Meine Frau und ich gingen spa-
zieren. Ich lief einige Schritte vor ihr, sie rief mir zu: „Du
ziergang gezeichnet und gepostet. Ich wusste damals
„ A U F TW I TT E R H A B E IC H
G E M ER K T , D A S S I C H VO N ME I N E M
H O B B Y L EB E N K ÖN N TE . “
schon, wie Twitter funktioniert, dort habe ich mich wohlge-
fühlt. Um Follower zu bekommen, bin ich nach dem Ama-
zon-Prinzip vorgegangen: ‚Wenn Ihnen dieses Produkt
gefällt, mögen Sie vielleicht auch das hier!‘ Ich habe Men-
schen auf Twitter gesucht, denen ähnliche Dinge gefallen
groß waren. Denn diese Menschen interessieren sich noch
dafür, wer ihnen folgt, und gucken sich deine Seite an. Ich
arbeite eigentlich bei einer Versicherung. Aber auf Twitter
bekam ich immer mehr Nachrichten von Menschen, die
meine Prints kaufen wollten. Ich habe gemerkt, dass ich
von meinem Hobby leben könnte. Mittlerweile habe ich ein
Buch veröffentlicht, gebe Lesungen und Workshops. Auf
Facebook und Instagram habe ich mich irgendwann auch
angemeldet. Da konnte ich aus dem Vollen schöpfen und
habe nur die Zeichnungen gepostet, die auf Twitter gut
funktioniert haben. Damit habe ich selbst das Niveau hoch
angelegt. Instagram und Facebook haben eher einen Port-
folio-Charakter, man scrollt sich durch und sieht alles wie >
_ 49
 ein Gesamtkunstwerk. Auf Twitter bin ich angstfreier unter
wegs. Die Plattform erlaubt es auch, zwischendurch Anek-
doten und Persönliches zu posten. Keiner erwartet eine
top kuratierte Timeline.
Tobias Vogel auf Twitter: @kriegundfreitag
MARLENE BIERWIRTH (21)
> Studentin
Was: Instagram
Um: andere über ihre Krankheit zu informieren
„Ich war 18 Jahre alt, als ich immer mehr Symptome
bekam. Übelkeit, Kopfschmerzen, ein Pochen im Ohr,
schließlich sah ich doppelt. Die Diagnose: ein bösartiger
Tumor im Gehirn. An einem Mittwoch, als ich eigentlich
mein Deutsch-Abi schreiben sollte, wurde ich operiert.
Danach bekam ich Chemotherapie. Ich selbst hatte immer
viel Hoffnung und fand am schlimmsten, meine Familie
und Freunde besorgt zu sehen. Natürlich war die Chemo-
therapie anstrengend und hart. Aber ich war vor allem
dankbar. Denn mir ging es ja davor schon monatelang
schlecht, und jetzt halfen mir die Ärzte.
50 _
- Schon vor meiner Erkankung war ich viel auf Instagram
unterwegs, eher privat. Ich wollte nie das arme, kranke
Mädchen sein, sondern mein Leben selbst bestimmen. So
habe ich weiterhin alles geteilt, was ich erlebte: Die OPs,
die Chemotherapie. Meine Community wuchs rasant. Als
ich ein Foto von meinem damaligen Freund und mir
gepostet habe, ging das Bild viral. Mittlerweile habe ich
über 100 000 Follower. Sie haben mir Mut gemacht, mich
unterstützt, waren einfach da. Das hat mir sehr geholfen.
Deshalb heißt mein Buch, das letztes Jahr erschienen ist,
auch: Meine Medizin seid ihr! Alles aufzuschreiben, was
ich gedacht und gefühlt habe, war auch ein bisschen
Selbsttherapie. Meine Seite ist für mich wie ein Tagebuch:
Ich kann runterscrollen und sehe, was passiert ist, wie sich
alles entwickelt hat und wie es mir dabei ging. Vor allem
aber wollte ich aufklären. Fast jeder kennt jemanden, der
Krebs hat oder hatte. Aber die meisten wissen gar nicht,
was eine Chemotherapie genau ist und was die Krankheit
mit einem macht, weil zu wenig darüber gesprochen wird.
Ich möchte das Tabu brechen. Viele, die mir folgen, sagen
mir, wie sehr ihnen das geholfen hat. Andere bitten mich
um Rat und dass ich von meinen Erfahrungen berichte.
 Für all das ist Instagram die beste Plattform. Du kannst ein
Bild hochladen und einen Text dazu schreiben und Men-
schen können sich mit einer Nachricht oder einem Kom-
mentar an dich wenden. Vor allem die Story-Funktion ist
prima. Mündlich zu erzählen und die Menschen überallhin
gesund und berichte von dem Leben nach dem Krebs: wie
einerseits die Normalität zurückkehrt und ich andererseits
„M E IN E FO L L O WE R H A B EN M I R
M U T GE M AC H T , W ARE N E IN F A C H D A .
DA S H A T M I R S E H R G E H O L FE N . “
zum Beispiel noch immer sehr wenig Haare habe. Ich kann
von meiner Seite auf Instagram jetzt leben, der Krebs
hat mir das ermöglicht. Aber wenn ich es mir aussuchen
könnte, würde ich immer Gesundheit wählen.“
Mit glutenfreiem Genuss
für gemeinsame
Vorfreude.
JOCELYN DE KWANT (42)
> Journalistin und Autorin
Was: Gather
Um: sich virtuell mit Freunden und Verwandten zu treffen
„Wenn die Corona-Zeit eines deutlich gemacht hat, dann,
dass wir das Bedürfnis nach Kontakt haben. Dass wir ein-
ander sehen, einander lachen hören, einander in die Augen
schauen wollen. Und weil es teilweise gar nicht möglich
war, sich zu verabreden, und es immer noch nicht so leicht
ist, sind verschiedene Apps wie Pilze aus dem Boden
geschossen. Oder es gab sie schon, aber plötzlich wurden
sie zum festen Bestandteil unseres Lebens. Geplaudert
habe ich zum Beispiel über Google Hangouts, und es hat
mich erstaunt, dass man über einen kleinen Link einfach
so an einem Gespräch teilnehmen konnte. Das ging viel
einfacher als bei Skype, wo man sich einwählen und war -
ten muss, bis jemand abnimmt. Über die App Zoom habe >
Glutenfreie Weihnachtsprodukte.
mit dem besten von uns.
www.schaer.com
 „ I C H G L A U B E , D A S S D I E S C H W EL L E
W E I T E R N IE D R IG B LE I B T , S IC H M IT FR E U N D EN
U N D FA M IL I E O N LI N E Z U V ER A B R E D E N . “
ich mit vier befreundeten Paaren ein paar Mal eine Art
Kneipenquiz veranstaltet, und auch bei Zoom reicht es,
einen Link anzuklicken. Alle hatten sich vorher Fragen
ausgedacht, einer hatte sogar eine Power-Point-Prä-
sentation vorbereitet. Meine Lieblings-App wurde aller - mit Freunden und Familienmitgliedern, die weit weg woh-
dings Gather. Man kann damit einen Termin mit Datum,
Zeit und Thema planen. Es ist im Grunde wie ein Kalender
und eine Kommunikations-App in einem, einfach über das
ich, dass mein Gesicht bei Gather nur in einer winzigen
Blase oder überhaupt nicht zu sehen ist. Bei allen anderen
Apps sehe ich mich selbst auch in einem kleinen Fenster
und kann es dann nicht lassen, mich anzuschauen. Das
macht mich unheimlich unsicher. Bei einem normalen
Gespräch sehe ich mich ja auch nicht, und das ist gut so,
TIPPS UND FAKTEN
Ein Algorithmus bestimmt in den
sozialen Medien, welche Nutzer welche
Posts (zuerst) zu sehen bekommen. Auf
Facebook und Instagram werden Nach
richten nicht chronologisch angezeigt,
sondern aufgrund ihrer Popularität
und deiner früheren Klicks.
Um den Algorithmus von Instagram
auszutricksen, organisieren sich
Instagramer in sogenannten Instagram
Pods, kommentieren und liken gegen
seitig ihre Beiträge und erzeugen
so ein hohes Engage ment.
Um den Algorithmus zu umgehen, kannst
du Freunde in deinen Favoriten grup
pieren. So sehen sie deine Updates
als Erste. Du kannst Freunde auch
stumm schalten, statt sie zu entfernen.
Instagram und Facebook sind die am
schnellsten wachsenden Netzwerke. Bei
Twitter sinkt die Anzahl aktiver Nutzer.
52 _
denn mein Gesicht spiegelt jedes Gefühl wider. Ich rede
lieber, ohne dabei in einen Spiegel zu schauen.
Ich glaube, dass die Schwelle weiterhin niedrig bleibt, sich
nen, online zu verabreden. Man gewöhnt sich schnell
daran und kann ein Gespräch einfach mal zwischenschie-
ben. Allerdings merke ich, dass nach einer Stunde der
Spaß vorbei ist. Videoanrufe sind ermüdender als normale
Gespräche, und obwohl ich froh bin, während der Corona-
Zeit diese Apps entdeckt zu haben, freue ich mich noch
mehr über den Kontakt zu meinen Nachbarn, den ich in
dieser Phase geknüpft habe. Eine Unterhaltung über die
Hecke hinweg, im mühelosen Rhythmus eines echten
Gesprächs, ist besser als jede App.“
Ein noch unbekannteres Medium ist
Steller, das wie eine Art Story von
ILLUSTRATIONENHELLOMARINE
Instagram arbeitet, mit dem Unter -
- schied, dass der Post nicht nach
24 Stunden verschwindet. Eignet sich
für Reiseberichte und kreative
Accounts. Die Künstlerin Philippa
Stanton, besser bekannt als 5ftinf“
"
auf Instagram, bezeichnet das Netz -
werk als den verborgenen Diamanten
"
- unter den sozialen Medien“.
TEXT JOCELYN DE KWANT, JANA LUCK
Untersuchungen der Nottingham Trent
University zeigen, dass Nutzer etwa
doppelt so oft auf ihr Handy schauen,
- als sie selbst vermuten. Die Teilnehmer
checkten 85-mal pro Tag ihr Smartphone.
Die intensive Nutzung sozialer Medien
hat negative Auswirkungen auf Stim -
mung, Konzentration, Produktivität,
Schlafqualität und das allgemeine
Zufriedenheits- und Glücksempfinden.
 Die Menschen
VERBUNDEN SEIN MIT ANDEREN
<<<<
 Die Menschen

ILLUSTRATION (VORDERSEITE)VIRGINIA KRALJEVIC FOTO GETTY IMAGES

„Als ich die Christbaumkugel gemalt habe, wollte ich etwas Festliches
haben, das nicht zu kitschig ist und außerdem immer noch meinem Stil
entspricht“, sagt Virginia Kraljevic. Weihnachten möchte sie in diesem
Jahr klein feiern. „Ich bin groß geworden mit pompösen Weihnachts-
feiern, bei denen alles perfekt sein musste. Aber ich möchte viel
lieber die gemeinsame Zeit wertschätzen. Und mich vielleicht über ein
kleines Geschenk freuen, das mit viel Liebe gemacht wurde.“
 Weil sich unsere Vorfahren lange nicht erklären konnten, wie die
Mistel in Kugelform hoch oben auf Bäumen wachsen konnte, galt sie

zeit wird sie immer noch gern in Türrahmen aufgehängt. Dort soll
sie Schaden abwenden oder Liebespaaren Glück bringen, die sich
unter ihr küssen. Woher der Brauch stammt, ist nicht bekannt,
aber ein bisschen magisches Denken kann ja nicht schaden.
 INGA HUMPE

„Ich musste erst

lernen, meinem
Gefühl zu trauen“
ALS MUSIKERIN KANN INGA HUMPE AUF 40 JAHRE ERFAHRUNG
IM MUSIKBUSINESS ZURÜCKBLICKEN. SIE HAT SCHON VIELES

AUSPROBIERT: PUNK, NDW, POP, TECHNO. BIS SIE IHREN PARTNER

TOMMI ECKART TRAF UND 2RAUMWOHNUNG GRÜNDETE. DER

WEG DORTHIN WAR GEPRÄGT VON ÄNGSTEN UND UNSICHERHEIT

56 _
Lebens-
lauf

_ 57
 1979, mein erstes
Pressefoto als
Musikerin

Mit den Neonbabies Anfang der 1980er

Mit DÖF - Deutsch-Österreichi -

sches Feingefühl

Als Kleinkind zu Hause in Herdecke,

gehalten von meiner Mutter Leni

Mit meiner Schwester, der

Produzentin Annette, als
Humpe & Humpe 1987
In den 80ern habe ich in ein paar
Filmen mitgespielt, hier mit Udo Das Pop-
Lindenberg in Super 1983 projekt
Bamby

Mit meinem
NAME:Inga Humpe Partner Tommi
im Berliner
GEBOREN:13. Januar 1956
Club E-Werk
BERUF: Musikerin und 1994
Songwriterin
Humpe begann ihre Karriere
mit der Punkband Neonbabies
um 1980, danach hatte sie
mit DÖF den Hit Codo . Porträt von
Nachdem sie eine Zeit lang Wolfgang
mit ihrer Schwester arbeite- Tillmanns
te, gründete sie mit Tommi
Eckart 2raumwohnung. Daneben
schrieb sie Songs u. a. für
Udo Lindenberg und Kylie
Minogue. 2020 feierte 2raum-
wohnung 20 Jahre Band-Beste-
hen, im Frühjahr holen sie
die aufgrund von Corona ver-
schobene Jubiläumstour nach.

58 _

ICH WUSSTE LANGE NICHT, WOHIN MIT MIR. SELBST NACH
EINIGEN AUFREGENDEN PROJEKTEN IN BERLIN. OFT HABE ICH
DABEI VOR ALLEM GEGEN MICH SELBST ANGEKÄMPFT
Ich bin in Herdecke im Ruhrgebiet
aufgewachsen, einer klassischen
deutschen Kleinstadt. Ich verkläre das
sicher, aber soweit ich mich erinnere,
fand ich es als Kind dort aufregend.
Meine Eltern hatten eine Konditorei,
dort war ich viel und habe schon als
Drei- oder Vierjährige die Gäste beob-
achtet und versucht, sie einzuschät-
zen. Ich war aber auch viel draußen,
habe Hüpfspiele mit anderen Kindern
gespielt und meinen Vater überredet,
mir zwei Hühner zu kaufen. Die habe
ich auf einen Roller gesetzt und ihnen
Kunststücke beigebracht. Meine
Schwester Annette ist fast sechs Jah-
re älter als ich und war wenig begeis-
tert, als ich kleiner Lockenkopf die
volle Aufmerksamkeit meiner Eltern
stahl. Sie konnte schon schreiben und
Rollschuh fahren, spielen wollte sie
auf keinen Fall mit mir. Ihr Motto war
eher: bloß die Kleine abschütteln.
Irgendwann kam sie auf eine andere
Schule und ist zu meiner Tante gezo-
gen, ich war also praktisch allein.
Mit 13 war mir dann schrecklich lang-
weilig, wir hatten nicht mal einen
Fernseher. Ich habe die örtliche Bü-
cherei leer gelesen, ein bisschen auf
dem Klavier geklimpert und Gitarre
gespielt. Damals ist mein unbändiger
Gleichzeitig hatte ich niemanden,
an dem ich mich orientieren konnte,
außer vielleicht Che Guevara, von
dem ich ein Poster in meinem Kinder
zimmer aufgehängt hatte. Meine
V E R G AN GE N HE I T
Eltern hatten die Konditorei aufgege -
ben, danach war meine Mutter Haus
frau, sie spielte Orgel in der Kirche
und besuchte alte Omis im Altenheim.
Und so viel ich später auch unternom
men habe, um mich frei zu fühlen, so
viele Eigenheiten ich auch entwickelt
habe: Das gute Mädchen aus der
geblieben – vor allem, wenn es darum
geht, Erwartungen zu erfüllen.
Mit 17 hatte ich einen Freund,
der mir französische Literatur
nahebrachte, Sartre, Simone de
Beauvoir, das hat mir neue Per
spektiven eröffnet. Trotzdem
wusste ich nicht, welche Art
von Leben ich führen möchte.
Hilfe, ich schwimme, dachte ich
immer. Nach dem Abi zog ich nach
Aachen, um Vergleichende Literatur -
wissenschaft zu studieren. Ich hatte
zuvor eine tolle Frau kennengelernt,
die das auch tat. Doch nach nur ei-
nem Semester beschloss ich, nach
Berlin zu gehen. Meine Schwester
wohnte dort, und als ich sie mit mei-
total. Außerdem war man in der Groß-
stadt so schön wenig greifbar.
In Berlin fand ich die Musik. Die hatte
zu Hause schon immer irgendwie eine
Rolle gespielt. Mein Vater hörte die
Beatles, meine Mutter spielte Schu-
bert auf dem Klavier, Annette und ich
- traten bei Familienfesten auf. In Berlin
entfernte ich mich von Pop und Klas-
sik, lernte stattdessen Punk kennen.
- Über Annette, die selbst Musik mach-
te, trafen wir ein paar Leute, spielten
ein bisschen herum, drei Wochen
- später sind wir bereits als Neonbabies
aufgetreten. Ich mochte am Punk die
Idee, dass aus Zerstörung etwas Neu-
es entsteht. Aber diese soziale Kälte,
die Abgrenzung von allem und jedem,
dieses ständige Coolsein fand ich
anstrengend. Selbst im Supermarkt
waren die Leute unfreundlich, das hat
mich bisweilen richtig fertiggemacht.
Insgeheim hatten wir doch alle große
Angst vor Ablehnung.
-
Parallel zu den Neonbabies habe ich
Schauspiel studiert, bin dann aber
wegen meiner Band aus der Schule
mals selbst schwer gemacht. Ich
wollte alles alleine schaffen, war aber
mit allem unzufrieden und habe mir
viele Möglichkeiten zerschlagen.
Wenn ich heute darüber nachdenke,
fehlte mir auch eine Vertrauensper -
den. Mit meiner Schwester und DÖF
hatte ich kurz darauf einen Hit. Die
groß rausbringen. Aber Annette und
ich haben viel und heftig gestritten.
Ich habe hingeschmissen und bin
nach London gezogen, auf der Suche
nach meinem eigenen Sound. Ich
habe dort mit tollen Leuten gearbeitet.
ziert. Aber das Richtige für mich
fand ich trotzdem nicht. >
_ 59

DER TECHNO HAT MICH ENDLICH DORTHIN GEFÜHRT, WONACH
ICH GESUCHT HABE: ICH TRAF MEINEN PARTNER TOMMI UND WIR
GRÜNDETEN 2RAUMWOHHUNG, NACHTS TANZTEN WIR
Rückblickend war es musikalisch das
Beste, was mir passieren konnte, im
Jahr 1990 nach Berlin zurückzukeh-
ren. Ich wollte nicht mehr singen, weil
ich zu der Zeit einfach nicht wusste,
was. Musste ich aber auch erst mal
gar nicht. Die Mauer war weg und
Berlin machte plötzlich Sinn. Der
Techno war geboren und wir
standen zu Tausenden in sticki
gen Clubs. Unser Ausdruck war
der Tanz. Der Sound der DJs
aus der ganzen Welt ging direkt
in unsere Körper und wirkte ge
gen die depressiven Stimmungen
des ganzen letzten Jahrzehnts,
die sich in uns festgesetzt hat
ten. Zum ersten Mal hatte ich auch
keine Regeln gab und der Maurer ein-
fach neben der Zahnärztin ravte.
mich mit elektronischem Equipment
zu befassen. Als Bamby trat ich mit
auf, aber auch das ging noch mal so
richtig schief. Aber dann lernte ich
Mitte der 90er Tommi Eckart kennen.
Er hatte damals schon einige inter-
nationale Clubhits produziert, ich
mochte, was er tat. Wir begannen,
seitdem sind wir zusammen. In dieser
Zeit hatte ich zum ersten Mal keinen
Druck, etwas zu veröffentlichen, ich
habe einfach Ideen aufgeschrieben,
Textfragmente gesammelt, program-
miert und nachts die Energie in den
60 _
GE G E NW A R T
Clubs aufgesogen. Weil die Unterneh-
men merkten, wie lukrativ Techno für
sie war, haben wir angefangen, Wer -
besongs zu produzieren, um über die
Runden zu kommen. Tommi studierte
damals noch Jura.
Bevor er 1997 seinen ersten Job be
ginnen sollte, sind wir nach Lanzarote
- wahrgenommen und mussten uns
uns dort in eine Ferienwohnung mit
eingemietet. In der Umgebung gab es
- einfach nichts, keine Ablenkung. Mor
gens sind wir zum Meer gelaufen,
manchmal waren wir einkaufen oder
- -
haltung mussten wir uns selbst mit der
Musik schaffen. Neben der Küchen
zeile haben wir uns ein provisorisches
Studio aufgebaut, durchs Fenster
haben die Vögel gezwitschert, das
hört man zum Teil auch auf den Auf
nahmen. Ich hatte unzählige Heftchen
mit Ideen dabei und dort, in dieser
Zeit, ist unser Sound entstanden. Die
Zeit glich ein bisschen einer Meditati
on: in sich gehen und dann Songs
schreiben. Wir haben das später im
mer mal wieder gemacht, an verschie
denen Orten der Welt.
Als sich unsere Zeit auf Lanzarote
dem Ende näherte, erfuhren wir, dass
die Kanzlei, in der Tommi anfangen
sollte, gar nicht eröffnet wurde. Wir
waren ehrlich gesagt erleichtert,
schrieben kurz darauf, eigentlich
für eine Zigarettenwerbung, ein Frag -
ment unseres Liedes Wir trafen uns in
einemGarten. Zu fällig lauschte ein
Mechaniker von nebenan bei den
Aufnahmen und rief plötzlich durchs
Fenster, wie gut er den Song fand. Als
dann eine ganze Zeit später Radio-
-
runter zu spielen, wurden wir plötzlich
schnell einen Namen geben. Er sollte
ein bisschen nach DDR -New -Wave
klingen, 2raumwohnung, das klang
- nach Osten, unfertig, ein bisschen
ein Berlin -Gefühl. 2001 erschien unser
erstes Album Kommt zusammen – ein
ziem licher Erfolg. Mit 45 war ich plötz -
- lich da, wo ich hingewollt hatte.
Unsere Entstehungsgeschichte klingt
wie eine Story aus einem Film. Aber
- irgendwie haben Tommi und ich es
hinbekommen, dass wir seit über
20 Jahren zusammen sind und zu-
sammenarbeiten. Es gab schon
- Momente, wo wir unheimlich auf dem
- gezankt haben, gerade in der An-
- fangszeit, als wir super gestresst wa-
ren vom Spielen, fast jeden Tag hatten
wir einen Auftritt. Tommi war immer
mit dem Equipment beschäftigt und
ich musste zum ersten Mal allein auf
der Bühne singen und hab ständig
meinen Einsatz verpatzt. Gleichzeitig
hab ich dieses Gefühl geliebt, wenn
man mit etwas neu anfängt. Der Be-
ginner -Status ist mir der liebste. >
Regelmäßig treffen Tommi und ich uns in unserem Studio
und probieren neue Dinge aus

Video-Ausschnitt aus unserem

Hit 36 Grad

Ein DJ-Set in der Arena Berlin,

gemeinsam mit Tommi

Demons -
trierend
vor dem
Kanzler -
70 Song - Udo wird mit Dreifach-Platin amt mit
texte ausgezeichnet, ich habe ein paar Georg
plus ein Songs mitgeschrieben Georgi
Porträt
von He -
lene He - Sommer 2017
gemann in Berlin
(KiWi)

20 Jahre 2raumwohnung
– und ein aktuelles
Bild von Tommi und mir

_ 61

ICH FÜHLE MICH NICHT ALT. ICH BIN IMMER NOCH VOLLER
ENERGIE, WILL NEUES AUSPROBIEREN. WAS ICH MIR
VORGENOMMEN HABE: DAS LEBEN MEHR KOMMEN ZU LASSEN
Zum 20-jährigen Band-Jubiläum
fragte mich ein Verlag, ob ich ein
Buch herausbringen möchte, 70
Songtexte von uns und ein Porträt
von der Autorin Helene Hegemann
über mich. Es heißt wie unser erster
Hit, Wir trafen uns in einem Garten.
Anlässlich des Buchs habe ich ange-
fangen, über meine Karriere noch
mal neu nachzudenken. Ich bin froh,
dass ich mir so lange Zeit genommen
Die frühen Erinnerungen an die Musik
waren schmerzhaft, zumal in einer
Welt, die noch vollkommen männer -
dominiert war. Kein Wunder, dass ich
mir so einen maskulinen Durchhalte-
Modus angeeignet habe.
Ich musste immer wieder lernen,
dass es nicht darum geht, Erwartun
gen zu erfüllen, sondern meinem
Gefühl zu trauen. Genauso wie ich
lernen musste, dass das, was Rezen-
senten an unserer Musik kritisieren,
oft mehr über sie selbst aussagt als
über unsere Songs. Natürlich tut es
weh, wenn Menschen sagen, deine
Musik klinge wie ein Wellness-Urlaub
für Bescheuerte. Aber wir wollten Pop
machen. Und somit auch ernste und
tiefe Themen in zunächst einfach klin-
gende Texte übertragen.
gemacht haben, immer noch hörbar
und auf eine Art zeitlos. Wir haben
unser musikalisches Feld so riesig
gesteckt, mal mit einem Orchester
62 _
Z UK UN F T
gearbeitet oder ein Bossa-Nova-
Album gemacht. Ich mache auch
weiter, weil ich Frauen zeigen
will, dass man egal in welchem
Alter Musik machen kann, gera-
de wenn man etwas zu sagen
hat. Damit bin ich eine Antithe-
se für das Popgeschäft, in dem
eher immer wieder junge Stim-
men gefragt sind. Unser Erfolg
zeigt aber, dass das nicht die
Norm sein muss. Neuerdings habe
ich auch Gefallen daran gefunden,
literarische Texte zu schreiben. In
meinem Buch habe ich ein Einstiegs-
kapitel über meine Kindheit verfasst
und gemerkt, wie gut ich mich in
diese Zeit zurückversetzen kann.
Ich habe mir vorgenommen, mehr
in diese Richtung zu probieren.
- dhismus, mit dem ich mich seit eini-
Am besten kreativ arbeiten kann ich,
wenn ich weiß, dass keine Termine
anstehen. Dann ziehe ich mich zurück
und fange an zu wühlen. In alten Auf -
zeichnungen, Büchern, ich schaue mir
Filme und Kunst an. Diese Zeit darf
aber nicht zu lange dauern, zwei, drei
Wochen, eine Struktur im Alltag brau -
che ich schon. Wir wohnen immer
noch in Berlin-Mitte. Wir haben immer
mal wieder nach einem neuen Platz
für uns gesucht, aber keinen gefun
den. Hier haben wir auch unser Stu
dio, wo Tommi und ich uns gezielt
verabreden und gucken, was entsteht.
Natürlich ist diese Arbeit auch immer
wieder ein kreativer Kampf mit eige -
nen Ansprüchen, zugleich habe ich
etwas, in das ich mich tief einarbeiten
kann und das gewisse Selbsterkennt -
nis fordert. Dieses Weiterkreieren
macht mich unabhängiger von der
TEXT VIVIAN ALTERAUGE FOTOS ASTRID GROSSER (AUFMACHER UND S. 41 UNTEN RECHTS), LENI HUMPE, KARL LUDWIG LANGE, KEYSTONE,
HIPP-FOTO, DDP IMAGES, ANDREAS KESS, PRIVAT, OLIVER MARC/AGENTUR FOCUS, EVENTPRESS, SZ PHOTO, JULIJA GOYD (S. 41 UNTEN LINKS)
Zeit, von diesem Label „alt sein“ oder
jung. Ich spüre natürlich, dass Alter,
Krankheit und Tod näher kommen, ei -
nige Freunde hatten schon Krebs. Ich
brauche inzwischen mehr Ruhe als
früher, Tommi und ich gehen natürlich
auch nicht mehr so viel aus. Trotzdem
glaube ich, dass ich mit meinen 64
mehr Energie habe als andere.
Ich wünsche mir, dass ich die Dinge
mehr auf mich zukommen, passieren
lassen kann. Aber ich bin und bleibe
eine Macherin, will immer alles be-
stimmen und regeln. Hilfreich dabei,
das zu ändern, ist für mich der Bud-
gen Jahren beschäftige. Er ist für
mich eher Selbsterkenntnis als Glau-
be. Durch ihn habe ich verstanden,
dass ich selbst verantwortlich bin
für mein Leben. Es gibt Zeiten, da
meditiere ich jeden Tag – und dann
pausiere ich wieder eine Weile und
versuche, das, was ich mir bewusst
gemacht habe, in meinen Alltag zu
bringen. Ich bin froh, dass ich das für
mich entdeckt habe, ich war lange auf
- der Suche nach einer Sache, die mir
- Halt gibt. Etwas, das auch ein Aus-
gleich zu der Melancholie ist, die mich
schon mein Leben lang begleitet. Ich
habe endlich meinen Frieden mit ihr
gemacht. Ohne Melancholie gäbe es
schließlich keine Freude.
DAS LESEN
IST KURZ.
GENIESS ES.
Dieser Text handelt vom Lesen und von Achtsamkeit. Und von einem Podcast. Du hörst
also gerade zum ersten Mal von einem Podcast namens ‘Achtsam’ durch die Stimme
in deinem Kopf.

Das Schöne am Lesen ist: Du kannst dich nicht überlesen. Nur Dinge kann man
überlesen. Das können wichtige Dinge sein, wenn man nicht achtsam ist.

Lesen ist übrigens die perfekte Gelegenheit, um Achtsamkeit zu üben.

Such dir eine Lektüre, die dich beschäftigt, aber nicht erschöpft. Sie sollte ein wenig
geistige Energie fordern, aber nicht ein weiteres To-Do auf deiner Liste werden.

Hast du wirklich alles auf dem Schirm, wenn du auf einem Bildschirm liest? Oder kannst
du mit etwas Haptischem wie einem Magazin, Heft oder Buch besser abschalten?
Denk mal drüber nach.

Verzichte öfter auf das Flackern eines Monitors und sorge für ein echtes Leuchten in
deinen Augen.

Achte beim Umblättern der Seite auf die Qualität des Lichts, die Farbe, nimm den
Geruch der Seiten wahr. Wie fühlt sich der Einband an deinen Handflächen an?

Und wenn es um dich herum gerade viel zu laut zum Lesen ist, dann setz doch
mal die Kopfhörer auf und hör bei uns rein.

Achtsam
Der Podcast

Donnerstags von 20 bis 21 Uhr im Radio.

Jederzeit auf deutschlandfunknova.de/achtsam,
in der Dlf Audiothek App und überall,
wo es Podcasts gibt.
 IM RHYTHMUS
DER NATUR
Im indischen Bundesstaat Sikkim betreiben die Bauern seit
vier Jahren ausschließlich ökologische Landwirtschaft.
Journalist Matteo Fagotto hat einige von ihnen besucht

Der Frühnebel liegt wie eine Decke über Dzongu, als

ich die ersten Vögel zwitschern höre. In wenigen
Stunden wird die Sonne über den Gipfeln stehen und
die schneebedeckte Spitze des majestätischen
Kangchendzönga bescheinen. Er ist der dritthöchste
Berg der Welt. „Die Lepcha verehren den Kangchend-
zönga. Wir glauben, dass wir aus dem Schnee des
Berges geschaffen sind“, erzählt Tenzing Lepcha (39),
ein einheimischer Bauer und Umweltaktivist. „Wenn
wir sterben, kehrt unsere Seele zum Berg zurück, wo
Sikkim war einst ein eigenständiges Königreich. 1975
erklärte der Staat seinen Beitritt zur Indischen Union.
Vier ethnische Gruppen leben dort: Lepcha, Bhutia,
Nepalesen und Tibeter – jede Gruppe mit eigener Spra-
che, eigenem Glauben und unterschiedlichen Traditio-
nen. Die Lepcha gelten als die Ureinwohner von Sikkim,
sie nannten ihr Land Nye-mae-el, das Paradies . Es
gibt wohl kaum einen passenderen Namen für dieses
beeindruckende Stück Erde im Himalaja.
lebte in Kalkutta. Doch vor einigen Jahren gab er diesen
Traum auf, verzichtete auf die Annehmlichkeiten des
Stadtlebens und kam nach Dzongu zurück. „Die indus -
trialisierte Welt ist immer dem Weg des Fortschritts
gefolgt, aber inzwischen versuchen sogar Menschen in
der westlichen Welt, zu den Wurzeln zurückzukehren“,
sagt er, während wir – umgeben von üppigem Grün –
auf seiner Holzveranda sitzen. Seit dem Neuanfang in
seiner Heimat ermutigt Tenzing arbeitslose Jugend -
liche, auch Bauern zu werden. Und er vermarktet land-
wirtschaftliche Produkte aus der Region.
SCHMETTERLINGE UND BIENEN
Sikkim war 2016 das erste Land der Welt, in dem aus -
schließlich ökologische Landwirtschaft betrieben
wurde. Die Regierung hatte 2003 schrittweise mit der
Umstellung begonnen, um die Natur, das sensible
Ökosystem, die Artenvielfalt und die Gesundheit der
Menschen zu schützen. Nach und nach wurden alle
künstlichen Düngemittel und Pestizide verboten, >

64 _
Weite
Welt

_ 65
 Bauern besuchten Schulungen in biologischer Landwirt-
schaft, und an vielen Orten wurden Kompostierplätze
Landes – 76
Vier Jahre nachdem dieses Ziel erreicht wurde, sehe ich
mir dieses einzigartige Experiment mit eigenen Augen
nur einen kleinen Teil der Welt ernähren. Trotzdem zeigt
es, dass ein Konzept, bei dem das Zusammenwirken von
Mensch und Natur im Mittelpunkt steht – und nicht der
Wettkampf zwischen beiden – gelingen kann. Seit dem
Richtungswechsel gibt es viel mehr Wildtiere in der Re-
gion. Die Bienenpopulation ist gewachsen und der eigent-
lich wenig fruchtbare Boden hat sich verjüngt. Eine vor
Kurzem durchgeführte Studie der Universität von Sikkim
hat außerdem gezeigt, dass die traditionelle Landwirt-
schaft dazu beigetragen hat, dass es in dem Gebiet wie-
der mehr Schmetterlingsarten gibt.
ORANGEN AUS DZONGU
Trotz all dieser positiven Effekte hat der neue Kurs auch
Risiken. Ökologische Landwirtschaft ist komplexer und
arbeitsintensiver als konventionelle, die Ernte ist stärker
von der Saison abhängig, und der Ertrag fällt geringer
aus. Ingwer, Buchweizen, Kurkuma und Kardamom sind
an sich begehrte Anbauprodukte der Region. Allerdings
fehlen die Kapazitäten für eine gekühlte Lagerung, Verar
beitungsmaschinen und ein zuverlässiges Transportsys-
tem. Obwohl die Situation allmählich besser wird, kann es
noch Jahre dauern, bis eine funktionierende Logistik auf-
gebaut ist. Die Orangen aus Dzongu können also nicht
über Kalkutta und Delhi hinaus verkauft werden; dabei gibt
es viele Länder, die daran Interesse hätten.
Ich verlasse die Hauptstadt Gangtok und übernachte zwei
Wochen lang in verschiedenen Dörfern in Homestays, ein-
fachen Zimmern bei einheimischen Familien. Auf diese
Weise bekomme ich einen Einblick in das Leben der Men-
schen. Bei Tenzing, meinem ersten Gastgeber, erlebe ich
66 _
Reis zusammen und trinken nach getaner Arbeit gemein-
sam Tee mit Milch. Ich erfrische mich in Wasserfällen,
heiligen Seen und heißen Quellen. An einem sonnigen
Sonntagmorgen begleite ich Tenzing in die Berge. Nach
einem zweistündigen Fußmarsch mit steilem Anstieg errei-
chen wir eine Lichtung im Dschungel. Hier haben sich
Dutzende von Hochzeitsgästen in einem hellblau und rot
gestrichenen Häuschen versammelt. Mädchen in farben-
frohen Dumdyams, den traditionellen Lepcha-Kleidern aus
Seide oder Baumwolle, bieten Speisen und Getränke an,
während der Priester das Brautpaar mit Weihrauch und
Ghee, dem indischen Butterschmalz, segnet. Die Gäste
warten geduldig, um dem Brautpaar zu gratulieren; sie
schenken ihm Seidenschals in verschiedenen Farben. Sin-
gend verlässt die Hochzeitsgesellschaft danach das Haus,
einige Gäste spielen Saiteninstrumente. Draußen stellen
sich die Menschen in Kreisen auf und bewegen sich sin-
gend gegen den Uhrzeigersinn. Jeder Tänzer streckt einen
Arm hoch und legt den anderen um die Taille des Gasts
neben ihm. Das Fest dauert bis zum Abend. Dann mache
ich mich mit Tenzing auf den Heimweg. Zu Hause setzen
wir uns ans Feuer und trinken traditionelles Bier aus Bam-
busgefäßen. Am Boden meines Bechers liegen einige
Reiskörner – eine Ehrbezeugung gegenüber dem Gast. Wir
erzählen uns Geschichten und genießen dabei eine köst -
liche Mahlzeit aus Linsen und Hühnersuppe, Reis und
gekochtem Gemüse – natürlich alles ökologisch erzeugt.
-
AUF NEUEN WEGEN
Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von Tenzing
und mache mich auf den Weg zu Azing Lepcha (57), einem
stillen, hart arbeitenden Mann aus dem Dorf Hatidunga.
Seine Geschichte macht die Schwierigkeiten deutlich, die
die Umstellung auf ökologische Landwirtschaft mit sich
gebracht hat. Nach dem Tod seines Vaters vor sieben Jah-
ren erbte Azing fünf Hektar Land. Auf den in Terrassen
angelegten Feldern war seit den Siebzigerjahren nur Mais
angebaut worden. Der Boden wurde ununterbrochen mit
Stickstoffdünger, gedüngt. Das hatte den sowieso schon >
 1 2

3 4

5 6

1. Lepcha tanzen auf einem Hochzeitsfest in den Bergen

2. Schüler auf dem Heimweg von der Schule
3. Bauer Tenzing Lepcha
4. Buddha-Figur

6. Ein Lepcha-Mädchen in einem abgelegenen Dorf

_ 67

Auf einer ökologischen Plantage
an, seine Felder für den Anbau von Obst zu nutzen. Er
Banane, Mango und Jackfrucht.
Zunächst sah sein Vorhaben nicht gerade vielverspre-
chend aus. „Kaum jemand wusste, dass ich Obst erzeuge.
Ich konnte meine Ernte nur auf dem nächsten Markt ver
kaufen“, erzählt er, während wir auf seiner Terrasse Kaffee
trinken und die hügelige Landschaft betrachten. „Vier
Jahre lang konnte ich meine Familie nur mit Mühe ernäh-
ren.“ Aber Azing gab nicht auf: Er stellte Honig her, kelterte
alkoholfreien Wein aus überschüssigem Obst und ver-
mietete Fremdenzimmer an Besucher. So kombinierte er
Öko -Landwirtschaft mit nachhaltigem Tourismus. Zwi-
und lieferte Obst, Gemüse und Eier an Fünf -Sterne -
Hotels in Gangtok. Dadurch konnte er seine fünf Kinder
zur Schule schicken.
Azing zeigte den anderen Bauern, dass das neue Modell
funktionieren kann. Als Düngemittel verwendet er eine
Mischung aus Tierkot und Blättern, zur Schädlingsbekämp
fung setzt er einen Sud aus fermentiertem Kuh -Urin und
heimischen Kräutern an. „20 Prozent meiner Ernte werden
immer noch von Insekten, Vögeln, Affen und anderen
wild lebenden Tieren gefressen, aber das ist in Ordnung“,
68 _
„Die Tiere nähren den Wald,
der Wald liefert Dünger für den
sagt er, und ergänzt: „Die Tiere nähren den Wald, und der
Wald liefert wiederum den Dünger für meinen Boden. In
der Natur ist alles miteinander verbunden.“
SPRACHE DER NATUR
Die Dörfer in Sikkim liegen weitverstreut. In der Monsun-
zeit sind bestimmte Gebiete manchmal wochenlang von
der Außenwelt abgeschnitten, weil die wenigen Straßen
durch Erdrutsche blockiert sind. In dieser Gegend war es
schon immer lebenswichtig, autark zu sein und die Spra-
che der Natur zu verstehen. „Wir brauchen hier keine
Märkte. Wenn du mich in den Dschungel schickst, weiß
Wissen haben unsere Vorfahren an uns weitergegeben.
Wenn wir von der restlichen Welt abgeschnitten wären,
könnten wir uns selbst helfen.“
Die Bauern von Sikkim wissen, dass sie ihr Gemüse aus-
säen müssen, wenn im Frühjahr der Schwarzhalskranich
ILLUSTRATIONSHUTTERSTOCK
nach Tibet zieht, und dass die Forelle zurückkehrt, um
- blühen. In diesem Königreich haben sie immer im Rhyth-
mus der Natur gelebt. Während Tenzing mir das erzählt,
fühle ich mich wie in einer geheimen Bibliothek, in der ich
eine heilige Schrift bewundern darf. Tenzing engagiert sich
nicht nur als Bauer für den Naturschutz. In den vergange-
nen Jahren leisteten er und die anderen Dorfbewohner
Widerstand gegen die Pläne für diverse Wasserkraftpro-
FOTOS MATILDE GATTONI
jekte, die die Berge und Flüsse von Dzongu für immer ver -
ändert hätten. Die Bauern wurden geschlagen und ins
Gefängnis gesperrt, aber sie haben den Streit gewonnen.
Ich frage Tenzing, was er über die Zukunft denkt. In seinen
Augen sehe ich Stolz, aber auch Sorge: „Wir können von
den jüngeren Leuten nicht erwarten, dass sie alles so
TEXT MATTEO FAGOTTO
machen wie wir. Es muss aus ihnen selbst kommen“, sagt
- er. „Aber wir können ihnen den Pfad zeigen, den unsere
Vorfahren gegangen sind. Die anderen Bauern und ich sind
diesem Pfad aus unserem Gefühl heraus gefolgt, und wir
können nur hoffen, dass sich die kommenden Generatio-
nen ebenfalls für diesen Weg entscheiden werden.“

Mein Alltag
ist grün
Bewusst leben mit Leichtigkeit – die neuen
Love Nature Produkte zeigen, dass es Spaß
machen kann, nachhaltig zu leben
Viel mehr Menschen sind heute
aufgeklärt und leben in dem
Wissen, dass jeder einen Teil dazu
beitragen kann, unserer Erde
etwas zurückzugeben. Unser Ziel
ist es deshalb, uns allen das Leben
ein kleines bisschen einfacher
zu machen, indem wir „grüne“ Ent-
scheidungen erleichtern und Un-
sicherheiten aus dem Weg räumen.
Deswegen haben
„Gut für
die Um - sierten Love Nature
welt – und Produkte tolle Düfte,
ansprechende Far-
für mein
ben und eine super
Zuhause Leistungskraft . Wir
erst recht “ beseitigen nicht nur
Schmutz, sondern
auch noch Zweifel: Produkttrans-
parenz und nachvollziehbare Zer-
tifizierungen sind uns sehr wichtig.
Love Nature umfasst Waschmittel,
Allzweck- sowie Badreiniger – alle
komplett vegan, 100 % tierlieb und
zertifiziert umweltfreundlich.
Dabei aber selbstverständlich mit
viel Reinigungspower und ange-
nehm duft end. Schließlich möchten
ANZEIGE
Von wegen öko:
Es fühlt sich gut an,
bewusst zu leben
keine Kompromisse in Sachen
Qualität und Geruch eingehen. Die
Flaschenkörper bestehen übrigens
aus 100 % recyceltem Plastik und
können – richtig entsorgt – wie-
der in den Recycling-Kreislauf
zurückgeführt werden. Um Verpa-
ckungen mehrfach zu verwenden,
gibt es in zahlreichen Städten nun Zu Hause sauber:
auch Nachfüllstationen von Love Jeder Beitrag zählt
Nature. Damit lassen sich viele Wasch-
denn die Flaschen können nachge- Laut Studie möchten sich 72 % der Deutschen
füllt und immer weiter genutzt nachhaltiger verhalten, fühlen sich aber vom
werden. Doch die Produkte können aktuellen Sortiment auf dem Markt nicht ange-
nicht nur viel, sie sehen auch super sprochen.* Das soll sich mit Love Nature
aus: Mit farbenfrohen und moder-
nen Designs machen unsere neuen zeugen mit tollen Düften, ansprechenden
Lieblingshelfer im Haushalt auch Farben und einer super Leistung. Vor allem
optisch richtig Spaß und müssen Produkttransparenz ist uns wichtig. Die
nicht im Schrank verschwinden. Produkte sind mit dem EU Ecolabel für ihre
Unkompliziert, wirksam und lebens- Umwelteigenschaften ausgezeichnet, ent-
nah – es fühlt sich gut an, bewusst halten ausschließlich hypoallergene Düfte
zu leben. und sind als 100 % tierlieb von Cruelty
Mehr Infos unter: * Unabhängiges Mafo-Institut
love-nature.info
 Extra

Weihnachtliches
Geschenkpapier

Die tollen Muster für unser Geschenkpapier

hat die französische Illustratorin Jennifer

PATTERN JENNIFER BOURON

Bouron entworfen. Dafür stellte sie sich vor,
wie ihr perfekter Adventssonntag aussähe:
Zuerst würde sie, ausgestattet mit Schal,
Handschuhen und Mütze, in der Stadt Schlitt -
schuh laufen gehen. Danach wäre es wunder -
"
bar, Maronen zu kaufen und schließlich einen
Zimttee zu trinken, eingekuschelt unter
einer Decke.“ Und jetzt viel Spaß beim
TEXT VIVIAN ALTERAUGE

Geschenkeverpacken!

70 _
„Es ist schön, den Augen
dessen zu begegnen,
dem man soeben etwas
geschenkt hat.“
Jean de La Bruyère, Schriftsteller (1645 – 1696)

_ 71
 Jane Fonda im Jahr 1963,
während der Dreharbeiten für
den Film Wie Raubkatzen an
der französischen Riviera

Die Schauspielerin und

Aktivistin

BIS HEUTE STEHT SIE VOR DER KAMERA – AKTUELL

IN DER NETFLIX-SERIE GRACE & FRANKIE. DOCH JANE

FONDA, 82, HAT SICH NIE AUF DIE SCHAUSPIELEREI

BESCHRÄNKT: SIE ARBEITETE ALS MODEL, DREHTE

FITNESSVIDEOS, SCHRIEB BÜCHER UND ENGAGIERTE

SICH BESONDERS AUCH FÜR EINE BESSERE WELT

72 _
Inspirierendes
Leben

_ 73
 2

5
„La B.B. américaine“,
wie man sie in den

wird in Frankreich

empfangen
6 7

8 9
Ende letzten Jahres war Jane Fonda drei Monate lang
fast jeden Freitag in Washington. Wenn sie nicht drehte,
demonstrierte sie gemeinsam mit berühmten Kolleginnen
und Kollegen wie Lily Tomlin und Joaquin Phoenix für
den Umweltschutz. Bei den Fire Drill Fridays erkannte man
sie an ihrem roten Mantel. Jane Fonda sagt, er sei das
letzte Kleidungsstück, das sie jemals gekauft habe. Toch-
ter eines berühmten Vaters, Mutter, Sexsymbol, Schrift -
stellerin, Fitnessguru, hingebungsvolle Ehefrau – Jane
Fonda war in ihrem Leben vieles. Zu ihrem 60. Geburtstag
fragte sie ihre Tochter um Rat wegen einer Doku über ihr
Leben. Vanessa erwiderte im Scherz: „Warum lässt du
nicht einfach ein Chamäleon über die Leinwand kriechen?“
Jane Fonda war stets auf der Höhe ihrer Zeit, aber die
Rolle der Aktivistin passt bis heute am besten zu ihr.
EINE UNGLÜCKLICHE FAMILIE
Lady Jane Seymour Fonda, so lautet Janes vollständiger
Name, kommt am 21. Dezember 1937 zur Welt. Bis sie
sieben Jahre alt ist, nennen alle sie Lady. Ihr Vater, der
Schauspieler Henry Fonda, ist entzückt, ihre Mutter Fran-
ces Ford Seymour weniger. Sie hätte lieber einen Sohn
gehabt. Der folgt drei Jahre später: Peter, ihr Liebling. Die
Fondas sind eine unglückliche Familie. Henry arbeitet
unablässig, Frances ist labil, besessen von ihrem Ausse-
später wird Jane in den medizinischen Unterlagen ihrer
Mutter lesen, dass sie unter einer bipolaren Störung litt.
Als kleines Mädchen weiß Jane nur, dass ihre Mutter sie
1. 1979 erhielt Jane einen Oscar für ihre Rolle in
Coming home – Sie kehren heim
2. Mit Kollegin Lily Tomlin bei einer der Fire Drill Fridays,
einer Demonstration gegen Umweltzerstörung, 2020
3. Mit Tom Hayden, ihrem Sohn Troy und, versteckt,
Janes Tochter Vanessa, 1975
4. Während einer Aerobic-Session in Kalifornien, 1985
5. Jane Fonda in Chamonix, Dezember 1964
6. Jane mit ihrem Vater Henry, ca. 1945
7. Beim March for Jobs, Justice and Climate in Toronto, 2015
8. Bootstour während eines Drehs an der Côte d’Azur. 1963
9. Polizeifoto von „Hanoi Jane“ nach ihrer Verhaftung 1970
nicht richtig zu lieben scheint und ständig krank ist. Jane
strebt danach, stark und gesund zu sein. So wie ihr Vater.
„Er hat immer so gut geduftet, ein wenig nach Moschus,
einem Geruch, den ich liebte … einem Männergeruch.“
Sie gibt sich große Mühe, ihm zu gefallen, aber er bemerkt
es kaum, ist zu beschäftigt mit seiner Arbeit und seinen
Geliebten. 1950 kündigt er an, sich scheiden zu lassen.
Frances muss erneut in die Psychiatrie. Jane ist zwölf
Jahre alt, als ihre Mutter für einen Tag nach Hause darf.
Als die Kinder zum Abschied nach unten gerufen werden,
hat Jane keine Lust und geht nicht. Sie wird ihre Mutter nie
wiedersehen. Einen Monat später schneidet sich Frances
Fonda mit einem Rasiermesser die Kehle durch. Sie hatte
es von ihrem letzten Besuch zu Hause mit in die Einrich-
tung geschmuggelt. Henry kommt kurz nach Hause, um
Jane und Peter zu erzählen, ihre Mutter sei an einem Herz-
infarkt gestorben. Am Abend steht er wieder auf der
Bühne. Ein paar Wochen später liest Jane in einem Kino-
magazin, was wirklich geschehen ist. Peter wird es erst
Jahre danach erfahren. Eine Mutter, die sie nicht lieben
kann und Selbstmord begeht, ein emotional distanzierter
Vater – ihre Kindheit prägt Janes Leben nachhaltig.
BOURGEOIS? NIEMALS!
Nach der Schule verdient Jane ihr Geld als Model. Als sie
die Chance hat, bei dem berühmten Lee Strasberg Schau-
spielunterricht zu nehmen, ist sie zunächst unsicher. Sie
hält sich für unbegabt und hässlich. Doch Strasberg sagt
ihr, dass sie sehr wohl Talent habe. In der Dokumentation
Jane Fonda in Five Acts erzählt Jane, das habe sich ange-
fühlt, als „öffne sich die Oberseite meines Kopfes und
lerin der Welt zu werden. Anfangs spielt sie das nette Mäd-
chen von nebenan in romantischen Komödien und erhält
den Preis für die vielversprechendste Newcomerin am
Theater. Doch sie strebt nach größeren Herausforderungen
und geht nach Frankreich, wo zu der Zeit aufregende Film-
projekte laufen. „La B.B. américaine“, wie sie die Zeitun-
gen nennen, wird mit offenen Armen empfangen. Schon
bald begegnet sie dem Regisseur Roger Vadim, dem
Ex-Mann von Brigitte Bardot. Jane weiß um seinen Ruf als
Casanova, verliebt sich aber dennoch in ihn. „Er war so >
_ 75
 charismatisch, verführerisch und charmant, und zugleich
besaß er etwas Vertrautes und Unkompliziertes.“ Sie
sorgt für seine Kinder, färbt ihr Haar blond wie das seiner
Ex-Frauen, beklagt sich nicht darüber, dass er spielt
und trinkt und macht mit, wenn er Sex zu dritt vorschlägt.
Wenn sie sich doch einmal beschwert, beschimpft er
sie als „bourgeois“. Das will sie auf keinen Fall sein. Sie
drehen gemeinsam Filme, darunter den Science-Fiction-
Softporno Barbarella (1968).
Ihr hedonistisches Leben bekommt Risse, als Jane
schwanger wird und das Bett hüten muss. Im Fernsehen
sieht sie Bilder vom Vietnamkrieg und den Protesten
dagegen. Dabei keimen in ihr Zweifel an ihrem Heimatland
auf. Im September 1968 kommt ihre Tochter Vanessa zur
Welt. Es ist eine sehr schwierige Geburt. Schon vorher
befürchtete Jane, dass ihre Persönlichkeit in der Mutter
rolle verloren gehen könnte. Ihre postnatalen Depressionen
um in Amerika einen Film zu drehen.
LANDESWEITER AUFRUHR
In Nur Pferden gibt man den Gnadenschuß (1969) spielt
sie die Hauptrolle, ihr erster ernster Part, der ihr eine
Oscar-Nominierung bringt. 1972 gewinnt sie den Preis tat-
sächlich: Für den Film Klute, in dem sie eine Sexarbeiterin
verkörpert. Doch das Schauspielen verliert für sie an
Bedeutung. Es ist die Zeit des Vietnamkriegs, der afro
amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, der Frauenbewe-
gung. Sie stürzt sich in alles hinein. Roger Vadim nennt sie
seine Jeanne d’Arc. Doch ihre Ehe ist gescheitert, 1973
folgt die Scheidung. Jane bleibt in Amerika, sie demons
triert und nimmt an Meetings und Diskussionen teil. Seit
Jahren leidet sie an Bulimie. „Ich lebte von einem gekoch-
ten Ei und ein wenig Spinat am Tag, und ich habe Speed
genommen.“ Ihre Tochter Vanessa wird größtenteils von
einem Kindermädchen und ihrem Vater erzogen. Janes
neuer Mann Tom Hayden ist ebenfalls Aktivist, er setzt sich
gegen den Vietnamkrieg ein. Sie begleitet ihn nach Nord
vietnam, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen.
Dort wird sie auf einem vietnamesischen Abwehrgeschütz
76 _
im Nachhinein. „Das Bild von Jane Fonda, Barbarella, von
der Fotos in ihren Spinds hingen, Henry Fondas Tochter,
die auf der Waffe des Feindes saß – es war, als drehte ich
dem Land, das mir so viele Privilegien gewährt hatte, eine
lange Nase. Ich werde es bis zu meinem Tod bereuen.“
Als frisch verheiratetes Paar ziehen Tom und Jane 1973
durch Amerika, um gegen den Krieg zu protestieren. Sie
bekommen einen Sohn und nennen ihn Troy O’Donovan
Garity. Der Nachname stammt von seiner Oma väterlicher -
seits – die Eltern halten ihre Namen für zu belastet. Für
Troy kann Jane eine bessere Mutter sein. Die Familie lebt
in einer bescheidenen Wohnung in Los Angeles. Sie schla-
fen auf einer Matratze auf dem Boden und besitzen weder
Waschmaschine noch Haushaltshilfe. „Ich war sehr glück-
lich und stolz auf mich. Ich wollte Tom beweisen, dass ich
- das konnte.“ Bei einem Sommercamp, das sie organisie-
ren, lernen Jane und Tom das schwarze Mädchen Lulu
kennen, das sie bei sich aufnehmen. Als der Vietnamkrieg
vorbei ist, macht Jane wieder Filme, als Schauspielerin
und Produzentin, am liebsten über gesellschaftliche The-
men, die ihr wichtig sind. Für Coming home – Sie kehren
heim (1978) erhält sie ihren zweiten Oscar. Mit ihrem Vater
versöhnt sie sich kurz vor dessen Tod im Rahmen der
Dreh arbeiten zu dem Film Am goldenen See (1981), und
sie besiegt ihre Essstörung. Um Toms politische Karriere
Jane
- Fonda’s Workout. Mit erstaunlichem Erfolg. Jane Fonda’s
Workout Book (1981) steht zwei Jahre lang ununterbro-
chen auf dem ersten Platz der Bestsellerlisten. Jane ist
das Gesicht der Aerobic-Bewegung. Sämtliche Millionen,
- die sie verdient, gehen an Toms Organisationen. Doch er
ärgert sich über die große Aufmerksamkeit, die Jane für
nimmt Jane es hin: „Ich glaubte einfach, meine Gedanken
und Gefühle seien weniger wichtig und echt als seine.“ Ein
Leben ohne Tom kann sie sich nicht vorstellen. Doch am
Abend ihres 51. Geburtstags eröffnet er ihr, er habe sich in
- eine andere verliebt. Auch ihre zweite Ehe ist gescheitert.
FEMINISTISCHE KÄMPFERIN, FOLGSAME FRAU
So ehrgeizig und stark, wie Jane sich nach außen hin prä-
sentiert, so unsicher und verletzlich ist sie im Inneren. Sie >
„WIR LIEBEN KLEINE
KOSTBARKEITEN.“
MINI PRALINÉS VON LINDT.

Nur halb so groß wie unsere klassischen

Kostbarkeiten unserer Maîtres Chocolatiers

können Sie noch mehr Vielfalt genießen.
 Jane Fonda in ihrem franzö-
sischen Landhaus, 1964

MEHR LESEN & SEHEN

Jane Fonda: My Life So Far

(Random House, New York
2005)
Jane Fonda in Five Acts,
HBO-Dokumentation von Susan
Lacy
Bill Davidson: Jane Fonda.
Eine intime Biographie
(Volk und Welt, Berlin 1994)

78 _
 Neu

vertritt feministische Werte, aber lässt ihr Leben weiter -

hin durch ihre Männer bestimmen. Der nächste

ihrer Scheidung ruft Ted Turner an: ob Jane Lust hätte,

mit ihm auszugehen. Nein, hat sie nicht. Doch als er
wie verabredet drei Monate später wieder anruft, sagt
sie zu. Der steinreiche CNN-Gründer und die Aktivistin
wirken grundverschieden, aber haben viele Gemein-
samkeiten. Beide lieben die Natur und engagieren sich
gesellschaftlich. Für Jane ist es kein Problem, nach
ihrer Hochzeit im Jahr 1991 nicht mehr zu arbeiten, wie
Turner es sich wünscht.

Nach und nach belastet sie dieses Leben jedoch. Die

Geschäftsreisen werden ihr zu viel. Sie muss Ted stets
begleiten. Ihr wird klar, dass sie im Grunde noch nie
eine Beziehung hatte, in der sie sie selbst sein konnte.
„Ich sagte zu Ted: ‚Ich habe mich verändert.‘ Da sagte
er: ‚Wenn man über 60 ist, sollte man sich nicht mehr
ändern.‘ Da sagte ich: ‚Ich glaube, dass du ein Problem
hast, wenn du dich nicht mehr veränderst.‘“ 2001 wird
zum größten Wendepunkt ihres Lebens: Sie entscheidet
sich für sich selbst. Beginnt wieder, Filme zu drehen. In
My Life So Far (2005) beschäftigt sie
sich zum ersten Mal mit ihrer Mutter. „Es lag nicht an
PATTERN SHUTTERSTOCK

mir, dass sie mich nicht lieben konnte“, stellt sie fest.
Sie hat einen neuen Freund, den Musikproduzenten
Richard Perry, mit dem sie eine „demokratische“ Bezie-
Wir können
hung führt und bis 2017 zusammenlebt. Seitdem ver
misst sie nur dann einen Mann, scherzt sie auf Ins-
- auch Haare.
tagram, wenn sie es nach einer Party nicht schafft, ihr 100
Kleid allein auszuziehen und darin schlafen muss. Dr.Hauschka zeigt Wirkung. Auf Deiner Haut, auf
FOTOS GETTY IMAGES

unserem Planeten – und jetzt auch in Deinen

Sie genießt ihre Unabhängigkeit. Sie selbst sagt, sie
sei im Alter aber nicht so „tapfer“ gewesen, auf Schön - Spülung, Haartonikum und Haaröl nutzt die Kraft der
heits chirurgie zu verzichten. Jane Fonda spielt in der
Grace and Frankie mit,
www.dr.hauschka.com
verbringt Zeit mit ihrer großen Familie aus Kindern,
TEXT LIDDIE AUSTIN

Enkelkindern, Adoptivkindern und Stiefkindern und

betätigt sich wieder als Aktivistin. „Jane Fonda hat eine
neue Mission: die Welt retten“, steht auf ihrer Website.
Letztendlich ist das die große Konstante im Leben von
Jane Fonda: ihr Engagement.

100
Anders seit 1967.

uns aber vor allem verunsichert, so die Soziologin
Eva Illouz. Was sind Wege aus dem Gefühlschaos und wie
lassen sich Freiheit und Bindungsbedürfnis vereinen?
Sie beschäftigen sich seit
Langem mit Beziehungen.
Wie steht es um die Liebe?
Romantische Beziehungen sind kom-
chen wir psychologischen Rat. Dabei
und Kindern oder innerhalb einer
Familie gehen. Aber meist hat es mit
Problemen auf romantischer und
es schwierig, intime und liebevolle
Bindungen aufzubauen oder aufrecht-
zuerhalten. Darüber hinaus besteht
eine große Unsicherheit über die Art
und Weise, wie man sich innerhalb
einer Beziehung verhalten sollte, und
noch nie sind so viele Ehen geschei-
tert wie in den letzten Jahren. Wenn
die Psychologie sich so sehr um
Beziehungsprobleme dreht, bedeutet
das für mich als Soziologin, dass
mehr dahintersteckt. Denn es kann
doch nicht sein, dass sich unsere
Psyche plötzlich grundlegend verän-
dert hat. Ich glaube vielmehr, dass die
Voraussetzungen und die Umstände,
unter denen wir Bindungen eingehen,
komplizierter geworden sind.
Hat es nicht schon immer
Beziehungsprobleme gegeben?
Doch, aber bedeutende Entwicklun-
gen haben dazu geführt, dass derzeit
diese große Unsicherheit herrscht.
Eine dieser Entwicklungen ist das
Aufblühen des Kapitalismus. Dieser
hat unsere ganze Lebensweise beein-
Übereinstimmungen zwischen dem
Verhalten in romantischen Beziehun-
gen und dem in der Wirtschaft. Das
Eigeninteresse etwa steht praktisch
immer an erster Stelle, auch in der
Liebe. Oder nehmen wir die Tatsache,
dass wir uns heute sehr schnell tren-
nen, wenn eine Beziehung unsere Be-
dürfnisse nicht mehr befriedigt. Das
gleicht der Art, in der Unternehmen in
den Achtziger- und Neunzigerjahren
des letzten Jahrhunderts keine Bezie-
hung mehr zu ihren Arbeitnehmern
hatten und keine Verantwortung für
sie übernahmen. Auch damals schon
wurde das Management immer leaner
and meaner und entledigte sich zu-
gunsten eines höheren Gewinns weni-
Sehen Sie da wirklich einen
Zusammenhang?
Obwohl diese Entwicklungen auf den
ersten Blick unabhängig von roman-
tischen Beziehungen zu verlaufen
scheinen, haben sie Auswirkungen.
Sie setzen neue moralische Maß - doch aus Untersuchungen wissen wir,
Neue
Denker
stäbe und führen zu einem veränder -
ten Verhalten. Mangelnde Loyalität
und Bindungslosigkeit wurden zu
neuen Werten erhoben, und es fühlte
sich ganz normal an, alles hinsicht -
lich Gewinn und Verlust zu betrach -
ten, auch intime Beziehungen. Der
Kapi talismus durchdringt alle Berei -
che unserer Gesellschaft, zusätzlich
wird dies verstärkt durch die allge -
genwärtige Technik.
Inwiefern übt die Technik
Technik gehorcht im Wesentlichen
kapitalistischen Prinzipien und spielt
eine große Rolle im Eingehen und
Beenden von Beziehungen. Dating-
Plattformen wollen natürlich vor allem
Geld verdienen. Tinder etwa gehört
zu den gewinnbringendsten Apps der
Welt mit einer besonders schnell
wachsenden Zahl von Nutzern. Es
gibt also eine ganze Branche, die aus
unseren sexuellen und ro mantischen
Bedürfnissen Gewinn schlägt. Außer -
dem haben wir durch die Technik eine
unglaublich große Auswahl. Das ver -
leiht uns die Illusion von Freiheit, ob-
wohl wir letztlich nichts anderes sind
als Konsumenten. Wahlfreiheit klingt
zweifelsohne modern und zeitgemäß,
>
_ 81
 dass wir Menschen gar nicht in der
Lage sind, mit all den Möglichkeiten
umzugehen, die es heute gibt. Durch
die große Vielfalt gelingt es uns gar
nicht mehr wirklich, eine bewusste
Wahl zu treffen. Oder wir zweifeln im-
mer wieder, ob wir die richtige Ent-
scheidung getroffen haben – oder es
nicht vielleicht noch eine bessere
Option gegeben hätte.
Auch die sexuelle Befreiung der
1970er-Jahre habe bis heute
Auswirkungen, sagen Sie.
Früher galten bestimmte Verhaltens-
regeln und Codes für romantische
Beziehungen. Diese haben sich
grundlegend gewandelt. Damals
„machte man einander den Hof“; die-
se äußerst ritualisierte Art, einander
zu begegnen, endete meist mit einer
Hochzeit. In den 1970er-Jahren ist
dieses Phänomen verschwunden. Das
bedeutet: Viele Menschen, die sich
miteinander verabreden, wissen vorab
gar nicht mehr, mit welcher Intention
sie sich treffen. Nur um Sex zu haben,
82 _
besser kennenlernen wollen? Handelt
es sich um ein einmaliges Date oder
möchte man eine Beziehung aufbau-
en? Alltägliche Begegnungen haben
eher feste Regeln: Wir wissen unge-
fähr, was das Gegenüber sagen wird
und wie wir antworten. In sexuellen
und romantischen Beziehungen ist
der Rahmen aber eher unklar, es gibt
keine Regeln, die Sicherheit und Halt
bieten. Es wird ständig verhandelt.
über nett, aber der- oder diejenige will
nur Sex. Sogar in der Ehe kann es
vorkommen, dass Regeln aufgebro-
chen werden, wenn zum Beispiel der
Partner plötzlich sagt: „Hey, ich wün-
sche mir eine offene Ehe.“ Damit wird
natürlich das Regelwerk der Bezie-
hung zur Diskussion gestellt. Und das
führt zu Unsicherheit.
Das Problem ist also eigentlich,
dass wir unsicher sind?
Ja, und genau deswegen herrscht
hinsichtlich romantischer Beziehun-
gen ein solches Chaos. Ich glaube,
dass wir mit einem gewissen Maß an
Unsicherheit leben können. Doch in-
sagen, in welcher Art von Beziehung
wir zueinander stehen, worüber wir
verhandeln oder was wir sagen kön-
nen und was nicht. Deswegen bleiben
immer mehr Menschen Single, es
vielen fällt es immer schwerer, sich
verletzlich zu zeigen – weil man weiß,
dass eine Beziehung einfach so aus-
einandergehen kann. Im Grunde führt
das zu einer Situation, die es schwie-
riger macht, einander zu vertrauen.
Und das hat schwerwiegende Konse-
quenzen. Japan beispielsweise hat
inzwischen eine negative Geburtenra-
te, weil die jungen Leute dort eine
Heidenangst davor haben, eine Bezie-
hung einzugehen.
Wie können wir mit dieser
„Freiheitsüberdosis“ umgehen?
Wir sollten uns in erster Linie dieser
Freiheit bewusst sein und vernünftig
mit ihr umgehen. Manchmal scheint
es aber so, als sei sexuelle Freizügig-
keit zu einem Freibrief geworden, um

zu tun, was man will, ohne Rücksicht
zu nehmen. Bei manchen Männern
etwa würde man eigentlich davon
ausgehen, dass sie einen moralischen
Kompass haben, weil sie sich für Tier
schutz und gegen den Klimawandel
einsetzen. Aber trotzdem verschwin-
den sie plötzlich und ohne Erklärung
oder Entschuldigung aus dem Leben
einer Frau, mit der sie mehrmals ge-
schlafen haben. Das ist problematisch
und äußerst verletzend. Es gibt offen-
bar keinen Konsens, wie sich Freiheit
mit Fürsorge und Aufmerksamkeit für
den anderen in Einklang bringen lässt.
darüber viel mehr nachdenken und
miteinander reden.
Wie sehen Sie die Zukunft
von Beziehungen?
Ich rechne mit einer großen Vielfalt.
Traditionelle Paare wird es weiterhin
geben, aber einige werden eine offe
ne Beziehung führen, Frauen ohne
ILLUSTRATIONENKEELY REYES
Partner Kinder bekommen oder sie
zusammen mit einer Gruppe von
Freundinnen großziehen. Manche
werden heiraten, andere werden
Freunde als Ersatzfamilie wählen. Es
wird eine bunte Mischung von Le -
benskonzepten geben, die traditio - seit über 20 Jahren über
nelle Familie wird nicht mehr das
vorherrschende Modell sein und ir -
TEXT SJOUKJE VAN DE KOLK
gendwann ganz verschwinden.
Was halten Sie davon?
Ich glaube, dass Familie dringend neu
erfunden werden muss. Sie braucht
nicht aus einem Mann, einer Frau und
Kindern zu bestehen; es können ge-
Mit Salus Tees
entspannt durchs Jahr.
Bio Bachblüten Tee
nauso gut zwei Männer oder zwei
Frauen sein, oder zum Beispiel Kin- • Wertvolle, köstlich aromatische
der, die von drei Erwachsenen groß-
Kräutertee-Kompositionen
gezogen werden. So oder so ist die
- Familie die primäre Bindung zwischen • Mit ausgewählten Bio
Menschen, und dadurch hat sie eine Bachblüten-Essenzen
wichtige Funktion. Die Familie ist
heutzutage ungefähr das Einzige, was
• Mit Kräutern und Früchten aus
man sich nicht aussuchen kann. Sie ökologischem Landbau
ist eine Einheit, zu der man automa- für ein gutes Lebensgefühl
tisch dazugehört. Und deshalb sind
Familien ein sehr wichtiger Ort, um zu
lernen, wer man ist. Man ist in einer
Familie von Menschen umgeben, die
man sehr gut kennt, denen man wich-
tig ist und mit denen man Bindungen
eingeht, die nicht „einfach so“ gelöst
werden können. Menschen, mit denen
man streiten kann, ohne das Risiko,
dass sie sofort aus dem eigenen Le-
ben verschwinden. Deswegen glaube
ich auch, dass Familien in allen Vari-
anten wichtiger werden denn je.
-
Eva Illouz (1961) ist
Dozentin für Soziologie an Mit Melisse,
der Hebräischen Universität
Passionsblume
und Lavendel
Jerusalem. Sie forscht
Beziehungen und hat mehrere
Bücher darüber geschrieben.
Darunter die Titel Warum
Liebe endet: Eine Soziolo -
gie negativer Beziehungen
und Warum Liebe weh tut:
Eine soziologische Erklä -
rung (Suhrkamp).
DE-ÖKO-003
Salus. Der Natur verbunden.
www.salus.de
 WER IST
EIGENTLICH …

CHIMAMANDA
NGOZI ADICHIE
Ihre Bücher werden in 37 Sprachen übersetzt, sie gilt
als eine der wichtigsten Stimmen der Weltliteratur

„We should all be feminists“ im Jahr 2013

„We teach girls to shrink themselves, to
make themselves smaller. We say to girls:
‚You can have ambition. But not too much.
You should aim to be successful. But not
too successful. Otherwise you will threaten
the man.‘“ Diese Zeilen kennt man aus
dem Song Flawless von Beyoncé – oder
aber aus dem legendären TED-Talk von
Chimamanda Ngozi Adichie, dem die star
ken Worte entliehen sind. Ihr Vortrag
schlug ein und machte die nigerianische
Autorin zu einer der wichtigsten Verfechte-
rinnen des Feminismus der heutigen Zeit.
In Schweden erhielten vor ein paar Jahren
alle Sechzehnjährigen ein Buch mit dem
Text des Talks – welcher übrigens mehr
oder weniger durch einen Zufall zustande
gekommen war. Chimamandas Bruder und
sein bester Freund organisierten die Veran-
staltung und baten sie, einen Vortrag zu
halten. Sie sagten: „Wenn dir kein Thema
einfällt, hätten wir einen Vorschlag für dich:
Du regst dich doch dauernd über Sexis-
mus auf.“ Chimamanda, die über sich
selbst sagt: „Ich bin als Feministin zur Welt
gekommen“, sagte gerne zu. Bis heute
wurde der 30-minütige Vortrag viele Millio-
nen Mal im Netz aufgerufen.
EINE LINIE STARKER FRAUEN
Chimamanda Ngozi Adichie (*1977) ist
mehr als nur eine wortgewandte Feminis -
tin. Sie ist eine der erfolgreichsten afrika -
- nischen Autorinnen unserer Zeit. Geboren
wurde sie in der nigerianischen Stadt
Enugu. Ihre Familie gehört zu den Ibgo,
einer Ethnie, die für ihren Stolz und ihre
Eigenwilligkeit bekannt ist. In Interviews
erzählt Chimamanda gern, dass sie aus
einer langen Linie starker Frauen stammt.
Ihre Urgroßmutter widersetzte sich bereits
dem Igbo-Gesetz, das es Frauen verwehrt,
ihren verstorbenen Mann zu beerben (der
Besitz des Mannes geht auf seine Brüder
über). Es gelang ihr, die Dorfbewohner
zu überzeugen, und sie kam schließlich
doch zu ihrem Erbe. „In dem Dorf werden
noch heute Geschichten über diese hart -
näckige Frau erzählt, die die Brüder ihres
Mannes überlistet hat“, sagt Chimamanda.
Dann war da noch die Großmutter, die mit >

84 _
Porträt

_ 85

Chimamanda im Januar 2020 auf der Paris Haute Couture Week
einem viel älteren Mann verheiratet wurde, den sie gar nicht
mochte. Zwei Wochen nach der Hochzeit verließ sie ihn
und nahm mit einem jungen sympathischen Mann Reißaus.
„Ich mochte meine Großmutter sehr“, erzählt Chimamanda.
„Sie sagte, was sie dachte, aber nicht jeder akzeptierte
das. Ich habe sie dafür immer bewundert. Es gibt nämlich
ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt, dass Frauen sich
anpassen und vor allem nett sein müssen. Diese Vorstel
lung herrscht immer noch, und sie macht mich zornig.“
EINE GESCHICHTENERZÄHLERIN
Nachdem Chimamanda in Nigeria kurze Zeit Medizin stu-
diert hatte, zog sie mit 19 Jahren in die USA und studierte
an verschiedenen Universitäten Kommunikation, Politik-
wissenschaft, Kreatives Schreiben und Afrikanistik. Als
Afrikanerin wurde sie in den USA plötzlich mit negativen
Reaktionen auf ihre Hautfarbe konfrontiert. Rassismus und
Sexismus sollten schließlich wichtige Themen in ihren
Büchern werden. Mit 20 Jahren gab sie eine Gedicht-
sammlung heraus, ein Jahr später veröffentlichte sie das
Theaterstück For Love of Biafra . Im Jahre 2003 debütierte
sie mit dem Roman Blauer Hibiskus . Das Buch handelt von
einem nigerianischen Mädchen, das in einer wohlhaben-
den Familie aufwächst. Der streng katholische Vater tyran-
Schon dieses Buch erhielt weltweit große Anerkennung,
so auch die folgenden Romane der Afrikanerin.
86 _
„ die vorstellung, dass
frauen nett sein müssen,
macht mich zornig.“
Chimamandas jüngstes Buch heißt Liebe Ijeawele … Wie
unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden . Grund-
lage des Buchs ist ein Brief, den Chimamanda an ihre
Freundin Ijeawele geschrieben hat, nachdem diese sie
gefragt hatte, wie sie ihre Tochter zu einer Feministin erzie-
hen kann. Sie schreibt unter anderem: „Sag ihr niemals,
dass sie etwas tun oder lassen soll, weil sie ein Mädchen
ist. Das ist niemals eine Grund für irgendwas.“ Und: „Die
Fähigkeit zu kochen ist nicht vorinstalliert in einer Vagina.
Kochen – Hausarbeit im Allgemeinen – ist eine Lebens-
kompetenz, die sowohl Männer als auch Frauen idealer -
(AUFMACHER), GETTY IMAGES
weise haben sollten.“ In ihren Büchern und Vorträgen
Humor und ganz viel Wärme.
Inzwischen ist Chimamanda Ngozi Adichie zweifellos eine
der erfolgreichsten afrikanischen Schriftstellerinnen unse-
rer Zeit. Sie wohnt abwechselnd in Lagos und in den USA,
ist verheiratet und hat eine Tochter. Über ihre Arbeit, für die
sie zahlreiche Preise und Ehrendoktortitel erhalten hat,
FOTOS PICTURE PRESS/CAMERA PRESS/CHRIS FLOYD
- sagt sie: „Ich sehe mich selbst als Geschichtenerzählerin,
aber es ist mir nicht unrecht, wenn man mich als feministi-
sche Schriftstellerin bezeichnet.“ Scherzhaft hat sie einmal
gesagt, sie leide an einem Helfersyndrom. „Ich möchte
Frauen retten. Ich freue mich, wenn sie auf mich zukom-
men und sagen: Ich habe deinen Vortrag gehört und habe
beschlossen: Ich werde mich ändern.“
MEHR LESEN?
Die Hälfte der Sonne (Fischer, 2006) spielt
in Zeiten des blutigen nigerianischen
Bürgerkriegs und wurde 2013 verfilmt.
TEXT RENATE VAN DER ZEE
Americanah (Fischer, 2013). Ein Roman über
Liebe, Identität und Rassismus, der gerade
als HBO-Miniserie verfilmt wird.
Liebe
Ijeawele …(Fischer, 2017). Im Brief
an ihre Freundin macht Adichie 15 Vorschläge,
um Töchter zu Feministinnen zu erzie hen.
 Die Bilder
WAS UNS INSPIRIERT
<<<<
 Die Bilder

ILLUSTRATION@CREATIVEWANNABE_ /JACINTA KAY

ILLUSTRATION (VORDERSEITE)VIRGINIA KRALJEVIC

wohne seit 20 Jahren in New York, und seit 20 Jahren möchte ich auf
dem Land leben“, sagt sie. Besonders seit der Zeit des Corona-

aus der Stadt oder gehen in den Botanischen Garten.“ Virginias

Traum ist ein Atelier, in dem sie nur eine Schiebetür öffnen muss und
 „Es ist so leicht, sich in der vorweihnachtlichen Hektik und den
Erwartungen, die wir an uns und andere stellen, zu verlieren“, sagt
die australische Illustratorin Jay Kay. „Aber ich versuche gern daran
zu denken, dass der ganze Geist von Weihnachten darin besteht,
glücklich und voller Liebe zu sein.“ Genau die Idee soll auch ihre
Zeichnung transportieren, die sie auf ihrem Instagram-Account
@creativewannabe_ gepostet hat.
 In seinem Haus im englischen Yorkshire
zeichnete der Maler David Hockney immer
wieder den Ausblick aus seinem Atelier.
Und doch sieht jedes Bild ganz anders aus

90 _
 Bild-
reportage
 „Ich konnte einfach vom Bett aus
den Sonnenaufgang zeichnen.
Für ein Aquarell hätte ich erst Pinsel
und Farben holen müssen.“

In einem Artikel in The Guardian empfiehlt David Hockney, gerade in schwierigen Zeiten zu zeichnen. Wir brauchen
Kunst, und ich glaube, dass Kunst Stress vermindern kann. Was ist Stress? Stress bedeutet, dass man sich Sorgen über “
etwas macht, das in der Zukunft liegt. Kunst ist jetzt.“

92 _
 In der Industriestadt Bradford, wo der britische Maler
David Hockney (*1937) aufwächst, sind viele Gebäude
schwarz vom Kohlenstaub und von der Luftverschmut-
zung durch die Industrie. Vielleicht ist es deswegen
nicht verwunderlich, dass Hockney, einer der bekann-
testen Künstler der Nachkriegszeit, in seinen frühen
Werken wenig Farbe verwendet. Doch als er 1964 nach
Kalifornien umzieht, sieht er plötzlich eine ganz neue
auf sein weiteres Schaffen.
Hockney absolviert von 1953 bis 1957 an der Bradford
School of Art eine klassische Ausbildung zum Maler:
Modellzeichnen, Stillleben, Stadtansichten. Später stu-
diert er am Royal College of Art in London. In seinen
frühen Arbeiten gibt er bereits Hinweise auf seine
Homosexualität, die in jener Zeit in England noch straf-
bar ist. Hockneys Malstil scheint sich sein ganzes
Leben lang zu entwickeln: von Pop-Art zu eher expres-
sionistischen Arbeiten, von Opernkulissen zu Fotocol
lagen. Schwimmbecken und Landschaften tauchen
Dackel Boogie und Stanley, über die er sagt: „Die Welt,
die ich male, ist die Welt unmittelbar um mich herum.
Die Hunde lagen buchstäblich neben meinen Füßen.“
NEUE FREIHEIT
In den 1990ern kehrt Hockney in seine Heimat Yorkshire
zurück und lässt sich in Bridlington nieder. In dem
Buch Van Gogh: The Joy of Nature erzählt er: „Als ich
für Landschaft zu interessieren. Mir wurde bewusst,
dass ich draußen malen muss, einfach die Dinge
anschauen muss (…). Ich wollte Landschaft als räumli-
ches Spannungsmoment wahrnehmen. Also malte
ich draußen, um mir eine neue Sprache zu eigen zu
machen.“ Im Frühjahr 2009 versucht Hockney erstmals,
auf dem iPhone zu malen. In den 1980ern hatte er
bereits auf dem Computer gezeichnet, musste dafür
aber immer das Gebäude aufsuchen, in dem dieser
stand. Damals nahmen Computer noch einen ganzen
Raum ein. Das iPhone gibt Hockney eine neue Form
94 _
der Freiheit: Jetzt kann er überall zeichnen, sogar im
Bett. „Im Sommer geht die Sonne in Bridlington bereits
gegen halb fünf auf“, sagte Hockney einmal, „und dann
scheint sie durchs Fenster direkt in mein Gesicht. Das
habe ich auf meinem iPhone gezeichnet. Ich fand es
(TASCHEN VERLAG)
großartig, denn so konnte ich einfach liegen bleiben. Für
ein Aquarell hätte ich erst Wasser holen müssen und
Pinsel und Farben und so weiter.“ 2010 beginnt Hock -
ney, auch mit dem iPad zu malen. Er arbeitet immer
noch mit einer veralteten Version von Brushes, denn die
neue gefällt ihm nicht. „Man kann nun sozusagen malen
in Aquarell- oder Ölfarben oder Bilder machen, die wie
BILDER AUS DAVID HOCKNEY, HANS WERNER HOLZWARTH: „DAVID HOCKNEY, MY WINDOW“
Fotos aussehen. Aber das interessiert mich überhaupt
nicht. Ich möchte nur Eindrücke festhalten.“
IMMER AM ARBEITEN
Die Bilder auf diesen Seiten zeigen Hockneys Blick
durch sein Atelierfenster in seinem Haus in Bridlington.
Im Buch My Window , aus dem diese Bilder stammen,
- ist die Reihenfolge chronologisch: So kann man gut
beobachten, wie sich seine digitale Malkunst entwickelt
hat. Die Zeichnungen im Buch sind zwischen 2009 und
2012 entstanden. Hockney malt auch heute immer
noch. Er sagt: „Gute Maler sind immer am Arbeiten. Die
Welt ist ein fantastischer Ort. Du musst dich nur um-
schauen und malen.“
MEHR VON HOCKNEY
David Hockney, Hans Werner
Holzwarth: David Hockney,
My Window, Hardcover in einer
Schlagkassette, 248 Seiten,
Collector’s Edition
(No. 1001-2000), jeweils von
David Hockney signiert,
TEXT CAROLINE BUIJS
1750 Euro (Taschen). Eben -
falls in vier Art Editions
von je 250 Exemplaren
(No. 1-1000) erhältlich, je-
weils mit einem von David
Hockney signierten Print.
 ROTE-BETE-TARTE

MIT ORANGENBUTTER

UND SCHAFSKÄSE
 Rezepte

GERICHTE FÜR
KALTE TAGE

_ 97
 und Schafskäse
Zutaten für 6–8 Portionen:
FÜR DEN TEIG: 250 g Mehl (plus etwas mehr zum Bestäu-
ben) 125 g Butter (plus etwas mehr zum Einfetten)
125 g Quark (20 % Fett) 1 Ei (Kl. M) Salz
FÜR DIE FÜLLUNG: 800 g frische Rote Bete 80 g Butter
6 EL Orangenmarmelade 250 g Schafskäse
1 TL milder Senf 1 EL milder Weißweinessig
schwarzer Pfeffer aus der Mühle 2 Bund Frühlings-
zwiebeln 2 Eier (Kl. M) 1–2 EL geriebener Meerret-
tich 100 g Pinienkerne
AUSSERDEM: Tarteform (24 cm Ø)
ten. Den Teig zur Kugel formen und in Frischhaltefolie
gewickelt ca. 1 Stunde kühl stellen.
Für die Füllung die Rote Bete ungeschält in ca. 40–45
Minuten gar kochen. Die Butter in einem Topf schmelzen
und mit der Orangenmarmelade ca. 15 Minuten leise
köcheln lassen. Die Rote Bete abschrecken, schälen und
raspeln. Den Schafskäse zerbröseln, mit der geraspelten
Roten Bete, der Orangenbutter, dem Senf und dem Weiß-
weinessig gründlich vermengen. Mit Salz und Pfeffer
abschmecken. Die Frühlingszwiebeln putzen und in feine
Ringe schneiden. Die Eier verquirlen und dann mit den
Frühlingszwiebeln und dem geriebenen Meerrettich unter
die Rote-Bete-Masse mischen.
Den Backofen auf 200 Grad (Umluft 180 Grad) vorheizen.
der Größe der Tarteform ausrollen. Die Form mit Butter
ausstreichen und mit Mehl bestäuben. Den Teig in die
Form legen und die Ränder andrücken, überstehenden
Teig abschneiden. Die Rote-Bete-Mischung darauf vertei
len, die Pinienkerne darüberstreuen und die Tarte auf mitt-
lerer Schiene ca. 30 Minuten backen.
Tipp: Ein knackig-frischer Feldsalat passt zu diesem
Gericht ganz wunderbar.
98 _
Zutaten für 4 Portionen:
FÜR DIE LINSEN: 1 Lauchstange 1 Karotte ¼ Sellerie-
knolle 3 Schalotten 50 g Butter 100 g Serrano-
schinken 1 EL Kapern 1 TL Bio-Zitronenabrieb
50 ml milder Balsamico 500 ml Gemüsefond 250 g
schwarze Linsen 3 EL Tomatenmark 100 g Crème
fraîche Salz schwarzer Pfeffer aus der Mühle
½ Bund Majoran 1 TL frische Thymianblättchen
FÜR DEN FISCH:
2 EL Mehl 2 EL Butterschmalz 2 Zweige Thymian
1 Knoblauchzehe 20 g kalte Butter Salz
Die Lauchstange putzen, waschen und in sehr feine Ringe
schneiden. Die Karotte und den Sellerie putzen und klein
würfeln. Die Schalotten fein hacken. Die Butter in einem
Topf erhitzen und alles darin andünsten. Den Serrano-
schinken in kleine Stücke zupfen, zum Gemüse geben und
kurz mit anschwitzen. Die Kapern klein hacken und mit
dem Zitronenabrieb in den Topf geben. Den Balsamico
unterrühren und mit dem Gemüsefond aufgießen.
Die Linsen gründlich waschen, abtropfen lassen, anschlie-
ßend mit dem Tomatenmark in den Topf geben und
20–25 Minuten leise köcheln lassen. Die Crème fraîche
unter rühren und alles mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Die Blättchen vom Majoran abzupfen und mit den Thymi-
anblättchen unter die Linsen mischen.
mit einem scharfen Messer mehrmals leicht einschneiden.
Die Hautseite der Filets mit Mehl bestäuben, das Butter -
schmalz in einer Pfanne erhitzen und die Filets zunächst
auf der Hautseite bei mittlerer Hitze ca. 2–3 Minuten
- braten. Die Thymianzweige waschen und trocknen. Die
geschälte Knoblauchzehe längs halbieren. Beides mit
der kalten Butter in die Pfanne geben und den Fisch mit
dem Fett übergießen. Die Filets umdrehen, salzen und
Linsen anrichten und sofort servieren. >
GEBRATENE DORADEN-

FILETS AUF
MAJORAN-LINSEN

RISOTTO MIT WIRSING-

STREIFEN UND GETROCK-

NETEN APRIKOSEN
 QUITTEN-APFEL-

CRUMBLE MIT
MACADAMIANÜSSEN

bringen und die Blätter darin 1–2 Minuten blanchieren.

Kalt abschrecken, trocken tupfen und in sehr feine Streifen
schneiden. Die Schalotte und die Knoblauchzehe schälen
und fein hacken. Die Butter in einem Topf erhitzen, darin die
Schalotte und den Knoblauch andünsten. Die Wirsingkohl -
streifen dazugeben und ca. 20 Minuten bei mittlerer Hitze
zugedeckt bissfest schmoren. Den Schmand zugeben und
mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Aprikosen und die
Wirsingkohlstreifen unter das fertige Risotto ziehen.

TEXT ANNA TIEFENBACHER FOTOS JULIA CAWLEY, REZEPTENTWICKLUNG UND FOOD STYLING SASKIA VAN DEELEN,
Zutaten für 4 Portionen:
1 Quitte 2 säuerliche Äpfel 1 Bio-Zitrone 70 g

(PORTRÄT JULIA), KERAMIK SINIKKA HARMS (TELLER: RISOTTO SERIE „SCOTTS“)

gesalzene Macadamianüsse 180 g Mehl (Type 405)
100 g Zucker 1 Pck. Vanillezucker 100 g Butter
AUSSERDEM:

Zutaten für 4 Portionen: Den Backofen auf 200 Grad (Umluft 180 Grad) vorheizen.
FÜR DIE APRIKOSEN: 70 g getrocknete Aprikosen

70 ml Apfelsaft
FÜR DAS RISOTTO: 2–3 Schalotten 2 Knoblauchzehen
6 EL Olivenöl 300 g Risottoreis 250 ml Weißwein
250 ml Gemüsefond 50 g frisch geriebener Macadamianüsse grob zerstoßen, mit Mehl, Zucker, Vanille -
Parmesan Salz schwarzer Pfeffer aus der Mühle zucker und dem Abrieb der Zitrone in eine Rührschüssel
FÜR DIE WIRSINGSTREIFEN: 5 Wirsingblätter 1 Schalotte geben. Butter in einem kleinen Topf schmelzen, darübergie -
1 Knoblauchzehe 1 EL Butter 60 g Schmand ßen, alles gut verrühren und zu Streuseln verarbeiten. Die
Streusel gleichmäßig über die Apfel- und Quittenstückchen
Die getrockneten Aprikosen in feine Streifen schneiden, mit verteilen und in der Mitte des Backofens ca. 25–30 Minuten
dem Apfelsaft kurz aufkochen und mindestens 30 Minuten goldbraun backen.
quellen lassen. Für das Risotto die Schalotten und die Knob -
lauchzehen fein hacken. Das Olivenöl in einem Topf erhitzen, JULIA CAWLEY SASKIA VAN DEELEN VERA SCHÄPER

Schalotten und Knoblauch andünsten. Risottoreis zugeben

und umrühren. Mit Weißwein aufgießen und bei niedriger Wild & wunderbar WILD Wärmende Rezepte
für kalte Tage

Hitze in den nächsten 20 Minuten nach und nach mit Gemü - & COSY
sefond aufgießen, immer wieder umrühren. Der Reis sollte Tolle Bilder und weitere
FRANZISKA KRAUSS

immer mit etwas Flüssigkeit bedeckt sein. Zum Schluss Par - Rezepte aus Schottland
mesan unterrühren und mit Salz und Pfeffer abschmecken. finden sich in Wild &
Cosy von Julia Cawley,
Die Wirsingblätter waschen und jeweils die Mittelrippe Saskia van Deelen und
herausschneiden. Salzwasser in einem Topf zum Kochen Vera Schäper (Thorbecke, 28 Euro).

100 _
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_ 103
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sorgen diese Sterne
aus Holzperlen im
Adventsstrauß für
Feststimmung. Die

auf Seite 112

Oh , du schöne
Weihnachtszeit
VORFREUDE IST BEKANNTLICH DIE BESTE
FREUDE. UND DIE KOMMT BEIM BASTELN DIESER

SCHÖNEN ADVENTSDEKORATION BESTIMMT AUF.

DAS GEHT GANZ EINFACH

 Selber
machen

Orangen mit Nelken spicken

oder in einem dekorativen
Muster die Schale ausdünnen,
Nüsse und Nelken dazugeben.
Sieht nicht nur hübsch aus,
sondern riecht auch wunderbar
weihnachtlich.

_ 107
 Der etwas
andere Baum
Acht Äste in den Größen 10 bis
80 cm zurechtsägen. In der Mitte
eines ca. 3,5 m langen Seils eine
Schlaufe für die spätere Aufhän-
gung knoten. Unter der Schlaufe
beide Stränge des Seils zweimal
um den 10-cm-Ast wickeln, die
Stränge dabei unter der letzten
Wicklung durchführen, sodass sie
fest sitzen. Nun den nächsten Ast
(20 cm) im Abstand von 15 cm auf
die gleiche Weise aufhängen, nur
dass jetzt die beiden Seilstränge
auseinanderlaufen und je ca. 5 cm
vom jeweiligen Astende entfernt
herumgewickelt werden. Mit den
weiteren Ästen genauso verfahren.
Die Enden des Seils werden ein-
fach mehrfach rechts und links
um den letzten Ast gewickelt
und verknotet.
 Braune Papiertüten (z. B. über amazon.
de), Anhänger und Einwickelpapiere
lassen sich individuell verzieren. Mit
einem weißen Stift (z. B. Pitt Artist-
Tuschestift von Faber-Castell) kannst
du etwa ein schönes Muster und/oder
einen netten Wunsch daraufmalen. Aus
Papier geschnittene Motive, getrockne-
te Orangenschalen oder ein schönes
Band sind das i-Tüpfelchen.

Liebevoll verpackt
machen Geschenke
noch mehr Freude

Für die Sterne die Schale vom

oberen Orangendrittel trock-
nen (bei 100 Grad im Ofen,
5–10 Minuten). Nach dem Ab-
Duftkerzen kühlen Sterne ausschneiden
und auf dem Tisch verteilen
Das oberste Drittel einer Orange
abschneiden, den Rest aushöhlen.
Eventuell noch übrige Haut im In-
nern der Schale mit den Fingern
abziehen. Dann Gießwachs (z. B.
über idee-shop.com) in einer
Metalldose im Wasserbad erhitzen.
Zur Probe ein Holzstäbchen in das

nach dem Herausziehen sofort

matt, kann es verwendet werden.

(auch über idee-shop.com) in die

ausgehöhlte Orange stellen, evtl.

Dann Gießwachs hineingießen.

Erkalten lassen.

_ 109
 Salzteigsterne
Tolle Tisch-Deko: aufgefädelte Sterne
aus Salzteig. Dafür aus 2 Tassen
Mehl, 1 Tasse Salz, 1 Tasse Wasser,
2 TL gemahlenem Ingwer, 2 TL ge-
mahlener Nelke und 2 TL Muskatnuss
einen Teig herstellen. Für diesen alle
trockenen Zutaten vermengen, nach
und nach das Wasser hinzugeben
und alles miteinander verkneten. Teig
ausrollen, Sterne ausstechen. Die
Löcher in der Mitte zum Beispiel mit
einer Spritzbeutel-Tülle stechen. Bei
150 Grad Umluft 1 Stunde im Ofen
backen. Abkühlen lassen, auf ein
Band fädeln, fertig.

Unsere Kolleginnen
Lena Haunstetter,
Lisa Roskamp und
„Erst wenn Weihnachten Niuscha Barzin in Aktion

im Herzen ist, liegt

Weihnachten auch in der Luft.“
William Turner-Ellis

110 _
 ANZEIGE

Freude
schenken
Das gehört zu Weihnachten: unseren Lieben ein Lächeln,
viel Freude und ein kleines Stück Glück zu schenken. All
das lässt sich auch verschicken – auf Ihren eigenen echten
Briefmarken. Das ist große Wirkung auf kleinem Raum.
Mit dem persönlichsten aller Weihnachtsgrüße zeigen Sie
Ihren Lieblingsmenschen Ihre Zuneigung und schenken
ganz einfach Freude.

deutschepost.de/freude

Eigene Bilder hochladen und

Briefmarken individuell gestalten

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Frei-Haus-Lieferung nach ca. 6 Tagen
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Bestellmenge auswählen
 11

10

Baumanhänger aus Filz 12

13
9

8
1 Schablone von Eicheln, Bäumen und Pilzen aus Pappe Filz in Naturfarben 7
Stickgarn in Kontrastfarben Füllwatte. Schablonen für die einzelnen Formen auf 1 2
den Filz legen, zuschneiden. Einzelne Formen besticken (auf den Baum z. B. Äste, 6 3

auf den Pilz Lamellen). Mit Stickgarn Vorder- und Rückseiten zusammennähen, 5 4

Öffnung zum Befüllen lassen. Mit Füllwatte ausstopfen. Auch die Öffnung schließen.

Du brauchst: Holzperlen (48 für

einen großen Stern und 30 für einen
kleinen) dünnen Basteldraht

Anleitung für großen Stern

Draht durch 6 Perlen fädeln, durch
nochmaliges Durchfädeln zum Ring
schließen. 5 Perlen auf den Draht
fädeln, dann durch Perle Nr. 10 (siehe
Skizze) fädeln. 2 weitere Perlen
auffädeln, dann durch Perle 7 fädeln.
Schließlich Draht durch Perle 1 fä-
deln. Wieder 5 Perlen auffädeln und
sooft wie beschrieben verfahren,
bis der Stern 6 Arme hat.

Anleitung für kleinen Stern

12 Perlen auf einen Draht fädeln,

STYLING LENA HAUNSTETTER

durch nochmaliges Durchfädeln
zum Ring schließen. 2 Perlen auffä -
deln, Draht durch übernächste Perle
im 1. Ring führen (eine Perle wird über -
sprungen). So lange wiederholen, bis
ein 2. Ring auf dem 1. Ring entstanden
ist. 3. Draht diagonal durch nächste
Perle im 1. Ring führen, dann wieder
schräg nach oben durch 1. Perle des
FOTOS SILKE ZANDER

2. Rings, dann neue Perle auffädeln.

Draht zurück durch nächste Perle im
2. Ring, dann durch nächste Perle im
1. Ring fädeln. Das wiederholst du so
lange, bis der Stern fertig ist.

112 _
 Das Leben
DAS HIER UND JETZT GENIESSEN
<<<<
 Das Leben

ILLUSTRATION (VORDERSEITE)VIRGINIA KRALJEVIC

Ein anderes wiederkehrendes Motiv in Virginia Kraljevics Illustrationen

sind Häuser. Oft sind sie umrankt von Blumen oder wie schützend in

schaft und Familie, für Geborgenheit und Schutz“, sagt Virginia.

„Das Zuhause ist so wichtig. Es ist das Zentrum des Lebens und von
allem, was passiert.“ Mehr von ihren Arbeiten könnt ihr unter
virginiakraljevic.com oder auf Instagram (@virginiakraljevic) sehen.
 Kopf- N eben sach en

WINTER UMS ECK

Die Suche nach besonderen
Unterkünften kann ganz
schön schwierig sein. Die
Seite hiersein.de nimmt sie

Houses, Design-Prachtstü-
cke, urgemütliche Land -
hotels, tolle Adressen für
Freundesgruppen und
Großfamilien. Und alle legen
sie Wert auf Nachhaltigkeit
und liegen in Deutschland.

Kräuterliebe
Sooft es geht, fährt die Illustratorin Janine
Sommer von ihrer Berliner Altbauwohnung in
ihren Schrebergarten. Dort gräbt und buddelt sie,
gibt Zeichenkurse und lässt sich von der Natur

ihr illustrierten Kalender

Krautikus , der zwölf
Samenstreifen enthält,
wachsen auch in ihrem
Garten. 29,90 Euro,
primoza.de
NICHT WEINEN
Wer schon einmal ein Gers-
tenkorn oder eine Bindehaut -
entzündung hatte, weiß, wie
unangenehm das ist. Die
gute Nachricht: Beides lässt
sich auch auf natürlichem
Wege behandeln. Mit Heil-
EIN E GU TE MA SCH E
Mit dem Schal fürs Leben unterstützt das
Augentrost, Ringelblume und
Frauenmagazin Brigitte seit sechs Jahren die
Sonnenhut lindert die
Hilfsorganisation Save The Children dabei,
„Euphrasia Augensalbe“ von
sichere Orte für syrische Flüchtlingskinder und
Weleda Beschwerden ganz
ihre Angehörigen im Nahen Osten zu schaf-
ohne Rezept. Ca. 16 Euro,
fen. Egal ob selbst gestrickt oder schon
weleda.de
fertig gekauft – jeder Schal beweist
Anteilnahme. Ab 45 Euro (davon
10 Euro für Save the Children), brigitte.de

_ 115
 PLAT Z DA
Die Hüfttasche feiert ja
gerade ein Comeback, kein
Wunder: sie ist einfach prak -
tisch. Besonders hübsch ist Modell
Hennes vom Kölner Label Mulinu aus
Bio-Cord. Fair produziert in Deutschland
und Portugal. Ab 49,95 Euro,
sich zu finden. Es geht
George Bernard Shaw (1856–1950)
Gegen den
digitalen Strom
Vor zehn Jahren zog der
Biologe Dr. Florian Kaps
aus, um die letzte Pola-
roid-Fabrik zu retten. Der
An Impos-
sible Project erzählt davon,
wie er für seinen Traum sein
ganzes Vermögen riskierte
116 _
mulinu.com
und sich allen Widrigkeiten
zum Trotz nicht von seinem
Weg abbringen ließ. Immer
getrieben von der Sehn-
sucht nach dem Echten
und Greifbaren in einer
abstrakter werdenden Welt.
Ab Anfang 2021 im Kino.
Ein Schaf,
zwei Schafe …
Seit zwei Jahren begleitet Kathryn Nicolai
mit ihrem Podcast Nothing Much Happens
mit selbst ausgedachten Geschichten Men-
schen in den Schlaf. Daraus entstand das
Buch Träum schön: Einschlafgeschichten
für Erwachsene (Goldmann Verlag).
Warum brauchen Erwachsene
Einschlafgeschichten? Viele Menschen
haben Probleme, die Ereignisse des Tages
hinter sich zu lassen, wenn sie abends ins
Bett klettern. Sie brauchen einen Weg, um
ihre Gedanken zu beruhigen, damit sie ein-
schlafen können. Meine Geschichten geben
dem Geist einen friedlichen Ort zum Aus-
ruhen, und sobald der Geist ruht, wird der
Körper folgen.
Was macht deine Geschichten aus?
Sie sind speziell darauf ausgelegt, nicht zu
spannend zu sein. Daher auch der Name
(PORTRÄT KATHRYN NICOLAI),SHUTTERSTOCK, INTERFOTO, PR
für meinen Podcast: Nothing Much Hap-
pens . Es geht darin um die einfachen
Momente wie einen Spaziergang oder den
Blick in den Sternenhimmel. Weil sie ohne
schnell etwas, an dem er sich festhalten
und alle Sorgen loslassen kann.
Gibt es noch mehr Wege, um Ruhe zu
Sicher! Das Buch führt durch ver -
schiedene Arten von Meditation und Atem-
übungen, die helfen können. Ich empfehle
außerdem eine achtsa-
mere Nutzung von Handys
und Tablets. Anstatt sich
durch haufenweise
FOTOS MEGAN ELISE CRIMMINS
schlechte Nachrichten zu
scrollen, sollten wir lieber
rausgehen und die Natur
genießen. Sich zu bewe-
gen und Freunde zu sehen
bringt Ruhe.
 BLU MIG E DE NKHI LF E GLAUBST
DU WIRKLIC
ALS MENS H, DEIN WE
CH RT
OB DU GERA BEMISST SICH DANA
Was man tagsüber lernt, wird heraus, dass Rosenduft ODER IN DIE DE ACKERST
WOLKEN SCH
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Carola Kleins
t chmid AUST?
nachts im Langzeitgedächtnis neben Schreibtisch und Bett
abgespeichert. Damit dieser die Gedächtnisleistung um
Speichervorgang möglichst 30 Prozent verbessert. Das
reibungslos verläuft, kann die Gehirn verbindet so automa - Lebendig sein
ist Schwingen
nung. Unser zwischen An-
Herz zieht und Entspan-

Nase helfen. Wissenschaftler tisch Duft und Gelerntes und Unser Tag teilt
keln spannen
in Ruhe. Sogar
sich rhythm
sich in Wach
sich unter Last
unsere Körpe
isch zusammen.
- und Schlaf
an und entspa
phasen. Mus-
nnen sich
mus ist auch rzellen pulsie
das Geheimnis ren. Rhyth-

der Universität Lübeck fanden speichert es nachts besser ab. Balance. einer innere
n gesunden

ZEIT ZUM DURCHATMEN

Weniger Stress – das ist einer der häu-

gestaltete Mitmachkalender Gesünder

arbeiten. Besser Leben von Carola
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tion, hilft mit vielen praktischen Übun-
gen, mit mehr Ruhe durchs Leben zu
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In Apotheken und Drogeriefachabteilungen.

SEBAMED NIMMT IHRE

HAUT IN SCHUTZ
 Psycho-
logie

Du musst es
nicht allein
schaffeN
Eine belastende Trennung bewog Liddie Austin vor
einigen Jahren, eine Psychotherapie zu machen.
Während Freunde oft genau das sagen, was man hören
möchte, spiegelt ein Therapeut die eigenen Sicht- und
Verhaltensweisen. Und das ist wirklich hilfreich

Ich war Ende zwanzig, als mich meine große Liebe verließ.
Die Trennung traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel;
er jedoch war bereits seit einem halben Jahr mit einer
anderen zusammen. Nachdem er gegangen war, nahm ich
rapide ab und schwankte wie ein Zombie durch mein
Leben. Meine Freunde sorgten sich um mich, und ich wuss-
te selbst nicht mehr weiter. An diesem Punkt entschied
ich, Hilfe bei einem Therapeuten zu suchen.

AU F D E R A ND E RE N S E IT E
Obwohl es inzwischen eine größere Offenheit für Therapie-
angebote gibt, ist dieser Schritt für viele Menschen noch
immer eine Hürde. Auch ich dachte lange, dass man nur
zu einem Therapeuten geht, wenn man krank ist. Doch es
gibt Situationen im Leben, in denen man allein einfach
nicht weiterkommt: Das kann eine schmerzhafte Trennung

Niedergeschlagenheit und das Gefühl, in einer Sackgasse

zu stecken. Selbst erfahrene Psychologen sind vor solchen
persönlichen Krisen nicht gefeit. Die amerikanische Psy-
chotherapeutin Lori Gottlieb suchte irgendwann selbst
Hilfe, weil auch sie eine Trennung zu verarbeiten hatte. Sie
führte zu dem Zeitpunkt eine erfolgreiche Praxis in Los
Angeles, ihr Sohn war sechs Jahre alt und sie und ihr
Freund wollten heiraten. Eines Tages verließ er sie jedoch
völlig unerwartet, weil er sich nicht vorstellen konnte,
noch weitere zehn Jahre mit einem Kind im Haushalt zu >

_ 119
 THERAPEUTEN SPIEGELN AUF
MITFÜHLENDE, VORURTEILSFREIE WEISE
DIE PERSPEKTIVE IHRER KLIENTEN
leben. Gottlieb wusste nicht, wie ihr geschah. Als Psycho-
login war sie tagtäglich mit schwierigen Situationen kon-
frontiert, doch plötzlich stand sie auf der anderen Seite.
Ihre Fachkenntnis half ihr in dieser persönlichen Krise
wenig, wie sie in ihrem Buch Vielleicht solltest du mal mit
jemandem darüber reden beschreibt: „Es geht mir mit
jedem Tag schlechter statt besser. Ich kann nicht schlafen.
Ich kann mich nicht konzentrieren. Seit der Trennung habe
ich meine Kreditkarte im Kaufhaus vergessen, bin von der
Tankstelle mit offenem Tankdeckel weggefahren, bin auf
der Stufe in meiner Garage gestolpert und habe mir das
Knie wundgeschlagen. Ich habe Schmerzen in der Brust,
als hätte jemand mein Herz zerquetscht. Ich weiß, dass
das nicht stimmen kann, denn wenn überhaupt, dann
arbeitet mein Herz schwerer. Es rast vor sich hin, und das
vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche –
ein klares Zeichen für Angstzustände.“ Als eine Freundin
ihr den Rat gab, mit einem Therapeuten darüber zu spre-
chen, wusste Gottlieb, dass sie richtiglag. Sie wandte sich
an einen Kollegen und begann selbst eine Therapie.
DE N S PI E GEL P U TZ EN
„Eine Therapie hilft dabei, die Symptome zu lindern und
den Alltag besser zu meistern“, sagt Lori Gottlieb. „Man
bekommt innerhalb eines festen Rahmens einen Spiegel
vorgehalten: im Prinzip 50 Minuten pro Woche, meistens in
Einzelsitzungen, manchmal in einer Gruppe. Man lernt
dabei etwas über die eigenen blinden Flecke und wie man
besser mit sich und anderen umgehen kann. In der The-
rapie zeigt man sowohl Verletzlichkeit als auch Verantwor
tungsbewusstsein.“
Natürlich können einem auch Freunde einen Spiegel vor
die Situation aus ihrer subjektiven Sicht und versuchen,
120 _
der niedergeschlagenen Freundin den Rücken zu stärken –
dafür sind sie schließlich da. Im Fall von Lori Gottlieb und
mir war der Tenor: Dein Ex ist ein Schuft! Das hört man
gern, aber am Ende ist es nicht besonders hilfreich. „Als
Therapeutin betrachte ich die Situation vorurteilsfrei und
mitfühlend von außen und stelle Fragen“, sagt die Fami-
lien- und Beziehungstherapeutin Roefke Carmiggelt. „Da -
durch können meine Klienten mit einem neuen Blick in
ihren beschlagenen Spiegel schauen und erkennen, dass
er dringend geputzt werden muss.“
M U T Z UR E HRL IC HK E I T
Zu Beginn meiner Therapie sprach ich permanent von
meinem Ex -Freund. Doch allmählich erkannte ich, dass die
Trennung nicht das Ende der Welt bedeutete, gefolgt von
der Erkenntnis, dass es vielleicht sogar besser für mich
war, dass die Beziehung nicht gehalten hatte. In den Sit -
zungen ging es nicht mehr nur um die Trennung, sondern
vielmehr um die Frage, warum sie mich so aus der Bahn
geworfen hat. Im Laufe der Monate stellte ich fest, was
Fachleute wie Carmiggelt und Gottlieb längst wissen: Unter
dem Problem, das ursprünglich der Anlass der Therapie
man deshalb auch über die eigene Kindheit. Carmiggelt
durchläuft mit jedem Klienten eine Familien analyse. „Ich
frage, woher jemand kommt und wie seine Eltern sind, wel -
che Rolle er in der Familie eingenommen hat, wie es in
der Schule lief und was in der Kindheit geschehen ist, das
erklären könnte, warum er solche Ängste in Bezug auf
- Beziehungen hat. Aus irgendwelchen Gründen ist das Le -
ben aus der Bahn geraten, und gemeinsam versuchen
wir, die Ursachen dafür herauszuarbeiten“, sagt sie.
-
Erkennen, wer man ist und warum man auf eine bestimmte
Weise handelt, ist ein Ziel der Therapie. Erst dann ist eine
 persönliche Weiterentwicklung möglich. Gottlieb merkt an:
„Es reicht nicht zu sagen: ‚Jetzt weiß ich, warum ich mich
immer mit meinem Partner streite!‘, wenn man anschlie-
ßend nach Hause geht und den nächsten Krach anzettelt.
Es kommt darauf an, Verantwortung für seine Rolle in die-
Eine Therapie kann dabei helfen.“
TH ERA P IE K O ST ET Z EIT
Viele Betroffene wünschen sich eine Heilung im Hauruck-
verfahren, mich eingeschlossen. Ich litt damals so sehr,
dass ich glaubte, keinen Tag länger aushalten zu können.
Doch Therapie kostet Zeit, sagt Lori Gottlieb: „Es dauert
eine Weile, bis man eine Beziehung zu seinem Thera-
peuten aufgebaut hat und sich öffnen kann.“ Nicht jeder
benötigt Medikamente, in manchen Fällen sei eine me - dem tiefen Tal des Selbstmitleids herauszuholen. Roefke
dikamentöse Behandlung aber durchaus ratsam, sind sich
beide Therapeutinnen einig. „Bei Depressionen oder
Angststörungen hilft meine jüdische Hühnersuppe alleine
Bio-aktive Hilfe bei vaginalen Beschwerden
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Linderung
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menarbeite“, erzählt Carmiggelt. „Es ist beeindruckend,
was Medikamente in solchen Fällen bewirken können.
Aber ich betrachte sie als zeitlich begrenzte Hilfsmittel. Die
Klienten werden durch sie ruhiger und sind in der Lage,
klarer zu denken, an ihren Problemen ändern sie jedoch
nichts.“ Gottlieb fügt hinzu: „Viele Menschen glauben,
dass es ihnen besser geht, wenn ihre Gefühle gedämpft
werden. Genau das tun die Medikamente auch. Die Thera-
pie aber hilft, sich auf Dauer besser zu fühlen. Bleibende
Resultate erreicht man leider nicht im Schnelldurchlauf.“
Therapeuten haben oft ihre ganz eigene Art, Klienten bei
einem Veränderungsprozess zu ermutigen und zu unter -
stützen. Lori Gottlieb erzählt, dass ihr Therapeut ihr einmal
einen spielerischen Tritt gegen den Fuß gab, um sie aus
Carmiggelt bekennt: „Ich bin auch nicht die Art Therapeu-
tin, die nur zusieht und zustimmende Bemerkungen macht.
war, weil ihr Mann sie verlassen hatte, habe ich einmal >
Gesucht – Gefunden!
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 MAN LERNT, WIE MAN SICH SELBST
IN SCHWEREN ZEITEN TRÖSTEN
UND WIEDER AUFRICHTEN KANN

gesagt: ‚Ich hoffe, dass ich Sie damit nicht kränke, aber
Sie machen sich im Moment ja förmlich unsichtbar. Ich
würde Ihnen mehr Farbe wünschen.‘ Daraufhin begann die
Frau, kräftigere Farben zu tragen, und ganz allmählich ging
es ihr besser. Manchmal habe ich Angst vor meiner direk-
ten Art, aber meistens erreiche ich damit etwas, weil das,
was ich sage, wirklich von Herzen kommt.“
I N DI E ZU KU N F T BLICK EN
Wenn es gut läuft, hilft einem die Therapie dabei, sich
selbst und die eigene Vergangenheit besser zu verstehen.
selbst eine Lösung. Das ist das Gute an einer neutralen,
kompetenten Gesprächspartnerin, die weder Verwandte
noch Freundin ist. Man kann Unverarbeitetes aus der Ver
gangenheit aufarbeiten und lernen, Mitgefühl für sich und
versteht, kann man leichter akzeptieren, dass es so ge-
kommen ist. Und wenn man Mitgefühl mit sich selbst hat,
fällt es auch leichter, anderen zu vergeben und wieder in
die Zukunft zu blicken.“
So habe auch ich die Veränderung durch meine Therapie
erlebt. Nach einer Weile stellte ich fest, dass ich im Prinzip
alles mit meiner Therapeutin besprochen hatte. Die Tren-
nung hat mich aus der Bahn geworfen, und mithilfe einer
außen stehenden Expertin konnte ich mich dem Problem
stellen und es überwinden. Ich habe Dinge über mich
gelernt, zu denen mir vorher der Zugang fehlte. Vor allem
aber weiß ich seitdem, wie ich mich in schwierigen Zeiten
trösten und wieder aufrichten kann.
„Wenn ich merke, dass wir anfangen zu plaudern und uns
im Grunde auch in einem Café verabreden könnten, sage
ich, dass es Zeit für ein abschließendes Gespräch wird“,
erzählt Roefke Carmiggelt. Manchmal ist der Abschied
- nicht für immer. „Es kann sein, dass Jahre später ein ande -
res Problem auftaucht. Das bedeutet nicht, dass die erste
Therapie sinnlos war. Man hat vielmehr gelernt, wie sinnvoll
es sein kann, sich Hilfe zu suchen, und weiß: Ich brauche
dieses Problem nicht allein zu lösen. Ich kann jemanden
bitten, es mit mir gemeinsam zu betrachten und zu analy -
sieren.“ Ist das nicht ein tröstlicher Gedanke?

Wie finde ich einen Psychotherapeuten?

Das Internet hilft bei der lichen Krankenkassen über - Zwangsstörungen und Süchte.
Suche nach einem Therapeu - nehmen die Kosten für eini- Betroffene können einen
ten in der Nähe. Webseiten ge Therapieformen. Dafür Therapieantrag bei ihrer

TEXT LIDDIE AUSTIN FOTOS STOCKSY , PLAINPICTURE

wie therapie.de und wege-
zur-psychotherapie.org bie
ten eine Suchfunktion nach
Postleitzahlgebiet. Auch
Empfehlungen im Freundes
kreis können weiterhelfen.
Bei der Wahl des Therapeu
ten spielt der persönliche
Eindruck eine wichtige
Rolle. Probesitzungen er
möglichen ein Kennenlernen.
Je nach Dauer kann eine
Therapie mit hohen Kosten
verbunden sein. Die gesetz
ist der Besuch einer psy
- chotherapeutischen Sprech
stunde notwendig. Eine
Überweisung braucht man
- dafür nicht, lediglich die
Krankenversichertenkarte.
- Der Psychotherapeut schätzt
dann ein, ob ein Selbst
hilfe- oder Beratungsange
- bot ausreicht oder ob ein
Leiden mit Krankheitswert
vorliegt. Dazu zählen
unter anderem Depressionen,
- Ängste, Essstörungen,
- Versicherung stellen. Manch -
- mal helfen schon ein paar
Sitzungen, um aus einer
persönlichen Krise heraus -
zufinden. Ein 50-minütiger
Termin kostet für Selbst -
zahler etwa 70 bis 120
- Euro. Lange Wartezeiten auf
- einen Therapieplatz sind
eine Hürde. Schnelle Hilfe
bietet das Onlineportal
selfapy.de. Die Kursgebüh -
ren werden von einigen
Krankenkassen erstattet.

122 _ Lesetipp: Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden von Psychologin Lori Gottlieb (Hanserblau)
Unser Engagement geht
über den Tütenrand hinaus.
Seit 1996 unterstützt REWE die lokalen Tafeln und damit mehr als 1,6 Millionen
bedürftige Menschen. Für ein starkes Miteinander und im Zeichen der Solidarität.
Die über 3.600 REWE Märkte und
der Lieferservice spenden seit 1996
täglich Lebensmittel, die noch ver -
zehrfähig sind, aber dennoch nicht
mehr verkauft werden dürfen. Zudem
führt REWE bereits seit 2010 jährlich
die Aktion „Gemeinsam Teller füllen“
durch. REWE Kunden und Kundinnen
unterstützen dabei mit Spendentüten die lokalen Tafeln.
REWE und die Tafeln: eine starke Partnerschaft
Wir bei REWE sind überzeugt: Wenn jeder mitmacht, können wir
die Situation vieler Tafel -Kunden verbessern. Gerade in diesem
Jahr ist unser aller Hilfe wichtiger denn je. Als einer der führenden
Lebensmittelhändler wissen wir um unsere Verantwortung und
unterstützen die Tafel Deutschland auch in der Corona -Krise.
Wusstest du, dass …
… REWE in den letzten 10 Jahren mit den jährlichen
Tafel-Aktionen Lebensmittel im Wert von über 18,5
Millionen Euro an die Tafeln weitergegeben hat?
… die REWE Group die Tafel 2020 mit 450.000 €
für Corona-Hilfsprogramme unterstützt hat?
... Rewe mit den Spendentüten bis heute
mehr als 3,7 Millionen Menschen erreicht hat?
Mehr erfährst du unter rewe.de/tafel
Auch unsere Mitarbeiter engagieren sich sozial:
Im Einsatz für die Tafel
In Frankfurt gibt es zwölf Lebens mittel-
ausgaben der Tafel und 72 soziale
Einrichtungen, die von der Tafel beliefert
werden. Eine Tafelausgabe organisiert seit
drei Jahren Michael K., REWE Mitarbeiter
in Rosbach. Jeden zweiten Samstag im Mo-
nat versorgt er mit einem Team von zwölf Michael K.
Helfern rund 70 Familien mit Lebensmitteln.
Ab 10 Uhr treffen sich die ehrenamtlichen Helfer an der
Ausgabe in Frankfurt -Sachsenhausen, um alles vorzubereiten,
von 11.30 bis ca. 13.30 Uhr geben sie die Tüten aus.
Selbstgenähte Masken fürs Klinikum
Marktmitarbeiterin Petra G. zögerte
nicht lange, als sie erfuhr, dass das
nahe gelegene Klinikum Mundschutz -
Nachschub benötigte. Direkt nach der
Arbeit setzte sie sich an die Nähmaschine.
„Als mich per WhatsApp ein Hilferuf der
Pleißenthal -Klinik aus Werdau erreichte,
Petra G.
die dringend Masken brauchte, habe ich
sofort geant wortet. Schon 45 Minuten später lagen OP -Stoff
und Schnittmuster bereit und ich konnte loslegen. Für mich
und meinen Mann ist es eine Selbstverständlichkeit zu helfen.
Es sollte momentan jeder helfen, der helfen kann.“
 Ernährung

IMMER MEHR
I M KOM M EN
Mehrere Tage pro Woche kein Fleisch essen oder
ganz auf tierische Produkte verzichten:
Das wird immer leichter. Über Pulled Oats und das
Verkleinern deines ökologischen Fußabdrucks

FLEXITARISCH, VEGETARISCH WARUM MACHT ES SINN, IST ES AUCH GESUND?

ODER VEGAN?
In Deutschland gibt es 42 Millionen
Flexitarier, also Menschen, die an
mindestens einem Tag pro Woche
kein Fleisch und keinen Fisch essen.
Als „echte“ Vegetarier bezeichnen
sich in Deutschland etwa 6,5 Millio-
nen Menschen. Sie essen nie Fleisch,
Fisch oder Produkte mit tierischen
Zutaten wie Gelatine oder Lab. Eine
Million Deutsche leben vegan: ohne
jedes Lebensmittel, das vom Tier
stammt, also auch ohne Milchpro-
dukte, Eier oder Honig. Veganer
bevorzugen natürliche Kosmetik und
verzichten oft auf Kleidungsstücke
aus Wolle, Seide oder Leder. Es han-
delt sich eher um einen Lebensstil als
nur um eine andere Art des Essens.
IMMER ÖFTER AUF FLEISCH
ZU VERZICHTEN?
Ein geringerer Fleischkonsum kommt
den Tieren zugute und ist gut fürs
Klima. Laut der Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation (FAO) der
Vereinten Nationen verursacht die
Viehzucht 14,5 Prozent des weltwei-
ten Ausstoßes von Treibhausgasen.
Fast 200 Länder arbeiten im Rahmen
des Pariser Abkommens daran, die
Emissionen zu reduzieren. Als Ver -
braucherinnen können wir dazu bei-
tragen, indem wir beispielsweise
einmal pro Woche eine Portion rotes
-
native ersetzen. Das verbessert
unsere persönliche Treibhausgas-
Bilanz pro Woche um zehn Prozent.
mehr Ballaststoffe, die wichtig für eine
gesunde Verdauung sind, und mehr
ungesättigte Fettsäuren als tierische
Produkte. Dadurch sinkt das Risiko
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
„Menschen, die viel Gemüse und
Obst essen, leiden seltener an Blut -
hochdruck, bekommen weniger
anfälle“, sagt Silke Restemeyer von
der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung. „Auch für Krebs oder
Demenz gibt es Hinweise, dass sie
seltener auftreten.“
MANGELT ES AN ETWAS?
„Bei einer ausgewogenen Ernährung
mit viel Vollkornprodukten, Gemüse >

_ 125
 „MACHE ES NICHT ZU KOMPLIZIERT UND SEI VOR
ALLEM NICHT ZU STRENG MIT DIR SELBST.“
und Obst, Nüssen, Kernen und Hül
senfrüchten wird der Körper mit allen
notwendigen Nährstoffen versorgt“,
sagt Silke Restemeyer. Einzige Aus
nahme: Vitamin B12. Das ist fast aus
schließlich in tierischen Produkten
enthalten. Deshalb müssen Veganer
das Vitamin durch Nahrungsergän
zungsmittel zuführen. Außerdem
sollten sie darauf achten, dass der
Körper ausreichend mit Proteinen
und Mineralstoffen wie Eisen, Kal -
zium, Jod und Zink versorgt wird.
den Ernährungsplan sorgfältig
zusammenzustellen und sich mit
kraft abzustimmen – besonders
bei Kindern oder wenn man schwan
ger ist oder stillt.
HÄUFIGER VEGAN ESSEN:
WIE KLAPPT DAS AM BESTEN?
Die Neuropsychologin Lisa Stel, die
vor sieben Jahren angefangen hat,
ren, rät: Gönne dir Zeit, um dich
umzustellen. Beginne mit kleinen
für Gemüse als Hauptbestandteil der
Mahlzeit, bereite vielleicht zunächst
einmal pro Woche ein vollständig
veganes Gericht zu oder koche einige
Tage ohne Fleisch oder Fisch. „Mache
es nicht zu kompliziert und sei vor
allem nicht zu streng mit dir selbst“,
sagt Lisa Stel. „Gönne dir, deiner
Umgebung und deinem Körper aus-
reichend Zeit zum Umgewöhnen. Es
geht nämlich nicht einfach nur darum,
126 _
- auf tierische Produkte zu verzichten.
Du musst dir einen ganz neuen Spei-
seplan zusammenstellen, bei dem
- Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte
- die Hauptrolle spielen.“ Um es dir ein-
facher zu machen, überlege dir am
besten, welche Art von Essen du
- bevorzugst. „Isst du am liebsten asia-
tisch oder lieber italienisch? Suche dir
dann zwei oder drei entsprechende
vegetarische oder vegane Rezepte
aus, auf die du immer wieder zurück-
greifen kannst.“
WIRD ES TEUER?
Mittlerweile gibt es auch beim Dis-
- counter viele vegane Alternativpro-
dukte. Aber ja, sie sind oft teurer als
- Fleisch. „Das liegt unter anderem
daran, dass tierische Produkte meist
aus Steuergeldern subventioniert wer
den, die veganen Alternativen dazu
aber nicht“, sagt Alex Grömminger
von ProVeg, einer Ernährungsorgani-
sation, die sich für vegetarische und
vegane Ernährung einsetzt. Aber ein
veganer Einkauf kann auch günstig
sein: Wähle zum Beispiel Gemüse
und Obst der Saison. Stelle mehr
selbst her, wie Hummus, vegane Ma
yonnaise oder Kichererbsen-Burger.
WAS GIBT ES ALLES FÜR
ERSATZPRODUKTE?
Hast du schon mal von Pulled Oats
gehört? Dieser Fleischersatz wird aus
Hafer, Erbsen und Ackerbohnen her -
gestellt und enthält reichlich Protein.
Pulled Oats haben eine faserig-saftige
Struktur, die der von Fleisch ähnelt. In
Gebäck können etwa Sojasahne, Ba-
nanen oder Apfelmus als Ei-Ersatz
Sahne ist Seidentofu. Verwende Spei-
senatron als Backtriebmittel, ersetze
Margarine und Honig durch Ahorn-
oder Agavensirup.
WO FINDE ICH GUTE
REZEPTE?
Zum Beispiel in Nicole Justs Buch La
Veganista . Darin hat die Bloggerin
(nicole-just.de) jede Menge alltags -
taugliche Gerichte versammelt, selbst
vegane Rouladen oder veganes
Gulasch. Gut ist auch Jamie Olivers
neues Kochbuch Veggies: Einfach
Gemüse, einfach lecker . Und Ella
Mills alias Deliciously Ella hat diverse
- Kochbücher geschrieben, außerdem
eine App entwickelt, und sie verkauft
eigene vegane Produkte.
HAT SICH DIE GASTRO-SZENE
INZWISCHEN ANGEPASST?
Es eröffnen immer mehr vegetarische
ILLUSTRATIONENANA HARD
und vegane Restaurants. Über Apps
wie HappyCow oder Vanilla Bean
- dest du welche in deiner Umgebung.
Auch auf den Speisekarten der übri-
Gerichte aus der veganen Küche.
Aber Achtung: Manche Gerichte klin-
gen nur vegan. In Kartoffelbrei zum
TEXT ROSA DAMMERS
Beispiel kann Milchpulver verrührt
sein, in Soßen oder Dressings Sahne.
In Kuchen und Desserts ist des Öfte-
ren Gelatine enthalten. „Die meisten
Restaurants haben aber erkannt, dass
 MEHR SEHEN, LESEN, TUN

The Game Changers, Netflix-

ihre Gäste wissen möchten, was schaft wichtig sein. Denn Kühe,
genau sie essen, und geben bereit- Schweine und Hühner können mit
willig darüber Auskunft“, sagt Alex
Grömminger von ProVeg. Menschen unverdaulich sind. Und sie
liefern Mist und Gülle, die die Land -
IST VEGAN DER TREND wirte wiederum als Dünger für die
DER ZUKUNFT? Äcker verwenden können. Martin
Die Zahl der Veganer steigt in Scholten, Leiter des Instituts für Tier -
Deutschland tatsächlich seit ein paar wissenschaften an der Universität
Jahren immer weiter. Eleonore Heil Wageningen, ergänzt: „In den vergan -
von der Arbeitsgruppe Ernährungs - genen sechzig Jahren war unsere
ökologie an der Uni Gießen macht Landwirtschaft darauf ausgerichtet,
aber darauf aufmerksam, dass eine so viel und preisgünstig wie möglich
zu erzeugen. Die Folge ist, dass wir in
nicht unbedingt am nachhaltigsten ist. der westlichen Welt 70 Prozent tieri -
„Aus Tierwohlgründen gilt das sicher -
lich. Wirtschaftlich und gesundheitlich teine zu uns nehmen.“ Um aber die
gesehen aber nicht unbedingt. Und Weltbevölkerung auch im Jahre 2050
auch nicht, was die Bodennutzung nachhaltig ernähren zu können,
anbelangt.“ Bestimmte Flächen in müssten wir ein Verhältnis von 50 zu
Deutschland sind in erster Linie als 50 anstreben. Scholten sagt, das sei
Weideland geeignet und nicht für den auch Aufgabe des Staates. „Jeder
- Verbraucher aber kann einen Beitrag
spiele die Rhön, den Vogelsberg und leisten, indem er sich für eine
Teile des Allgäus. Viehhaltung kann abwechslungsreiche und regionale
- Ernährung entscheidet.“
Dokumentarfilm über Spitzen -
sportler, die sich vegan
ernähren, und die Frage, ob
wir Fleisch brauchen, um
stark und fit zu sein.
proveg.com/de/veggie-
challenge/: kostenloses
30-Tage-Programm vom Verein
ProVeg, mit Informationen,
Rezepten und Tipps.
Daily Dozen: Mit dieser App,
die der Arzt Michael Greger
entwickelt hat, kann man die
Versorgung des Körpers mit
Nährstoffen überwachen.
Happycow.net: Website und
App, die dich im In- und
- Ausland zu vegetarischen
oder veganen Restaurants
in der Umgebung führen.
petazwei.de/einkaufsguide:
Die Jugendorganisation von
PETA listet vegane Produkte
auf und wo man sie finden
kann, sortiert nach Katego -
rien wie Backzutaten“ oder
"
Aufs Brot“.
"

ZUKUNFT FÜR KINDER

Erstmals eine bessere Zukunft:

Eine Patenschaft bewirkt
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Du gibst nicht nur deinem Patenkind die
Chance auf ein besseres Leben, sondern auch
vielen anderen: Die ersten Schulerfolge für dein
Patenkind, die erste Ernte für die Familie und
der erste Brunnen für das Dorf sind Erlebnisse,
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 Acht-
samkeit

Achtsamkeit für jeden Tag

GERADE RUND UMS FEST DER LIEBE KOMMT ES IMMER WIEDER

ZU STREIT ZWISCHEN FREUNDEN UND FAMILIENMITGLIEDERN.

WIE WIR STRESS VERMEIDEN KÖNNEN, SAGT BORIS BORNEMANN

1 Warum kommt es gerade in der Weihnachtszeit so

Meist feiern wir mit Menschen, die uns sehr nahe sind: Je enger wir
Wie entwickelt sich aus

eine konstruktive Diskussion?

3
miteinander verbunden sind, umso leichter lösen wir Gefühle beieinan- Wir sollten Anklagen und Generalisie-
der aus. Um Weihnachten sind wir oft viele Tage durchgängig beisam- rungen vermeiden. „Du bist schuld.“
men, haben einen engen Zeitplan und gehen von einer Familienfeier „Immer kommst du zu spät.“ Diese
zur nächsten. Dazu kommen noch die Erwartungen, dass alles beson- Sätze sind sehr einseitig, aggressiv
ders schön und festlich sein soll. Das alles erzeugt Stress und Druck. und bringen das Gegenüber in eine
Verteidigungshaltung. Besser ist es,

2
von sich selbst zu sprechen. Dabei
den Mut zu haben, die eigenen Gefüh-
Macht es Sinn, gerade an Weihnachten le zu zeigen und konkrete Wünsche zu
bestimmte Themen einfach ganz zu meiden? äußern. „Ich bin traurig, dass wir
schon so lange nichts mehr zusam-
Was ist meine Motivation? Glaube ich, dem anderen durch meine Wor - men unternommen haben. Ich würde
te gerade wirklich helfen zu können? Werde ich für mich selbst etwas gerne nächste Woche mit dir ausge-
lösen, werden wir voneinander lernen? Oder will ich nur meinem Ärger hen.“ Umgekehrt hilft es, anderen auf-
merksam zuzuhören, sie ausreden zu
zu bearbeiten? Gerade zu Weihnachten ist das oft nicht der Fall. Wir lassen. Und Fragen zu stellen, die
sind angespannt, haben wenig Zeit und andere Erwartungen ans Zu- helfen, die Gefühle, Bedürfnisse und
sammensein. Dennoch kann sich eine Stimmung ergeben, in der wir konkreten Wünsche des Gegenübers
zu verstehen. Über inneres Gesche-
Gehör spielen. Schweigen, wenn Reden nichts bringt. Reden, wenn hen zu reden weckt Empathie und
wir glauben, uns konstruktiv unterhalten zu können.

_ 131
 Solange wir leben, werden wir Konflikten begegnen.

Wie schaffe ich es, meine

eigenen Streitmuster zu durchbrechen?
4
Intensive Gefühle wie Wut, Angst oder Verunsi
-
Kann es auch sinnvoll sein, Spannungen
einfach auszuhalten? Oder sollten wir
sie möglichst offen klären? 5
als Teil des Lebens zu akzeptieren. Es auch mal aushalten zu kön-

cherung bringen Gehirn und Körper in einen
Alarmmodus. Evolutionär hilft dieser Modus da
bei, in Gefahrensituationen zurückzuschlagen
oder wegzulaufen. Er hilft aber nicht dabei, klar
zu denken, eigene Gefühle wahrzunehmen oder
die Perspektive des anderen zu übernehmen.
Wenn wir also wütend, ängstlich oder verun-
sichert sind, ist es gut, einen tiefen Atemzug zu
nehmen und den eigenen Körper zu spüren.
Wir aktivieren so den Vagusnerv in uns. Der be
ruhigt und bringt uns wieder in den Moment.
Wir können uns dann innerlich auf unsere Moti
vation besinnen. Uns zum Beispiel sagen:
werden kann. Zugleich sollten Probleme nicht verschleppt wer -
- den. Wenn wir uns in einer Beziehung nicht wohlfühlen oder etwas
es gut sein, einmal die Perspektive aller Menschen einzunehmen,
möglichkeiten wir haben und was diese bei den Beteiligten auslö-
sen würden. Und dann einen mutigen Schritt zu gehen. Wir wer -
den immer wieder Fehler machen. Solange wir aber aus einer
guten Intention handeln und unsere Entscheidungen umsichtig
- abwägen, haben wir uns nichts vorzuwerfen.
-

„Mögen wir beide glücklich durch dieses Ge
spräch gehen.“ Natürlich kann man in der
Sache auch hart verhandeln. Aber eine freundli
che Haltung macht die Begegnung in der Re-
gel deutlich angenehmer und konstruktiver.
7
-
Hinter Familienstreitigkeiten stecken
- oft tiefere Themen. Wie kann ich lernen,
diese zu sehen und zu verstehen?
Ein Weg, hinter die Beziehungsdynamiken in
der Familie zu schauen und eigene Gefühle
und Muster darin zu erkennen, ist eine soge-
nannte Familienaufstellung. Das ist ein Verfah-

6
Kann ein Streit für alle Beteiligten nicht ren aus der systemischen Therapie. In jeder

manchmal auch befreiend sein?
Wer sich nah ist, reibt sich aneinander. Wir sagen ein-
ander, was wir wirklich brauchen. Trauen uns auch, Unbeque-
mes auszusprechen, uns wirklich zu zeigen. Paare und auch
(PORTRÄT)
tinnen, die so etwas anbieten. Andere Men-
schen nehmen stellvertretend die Positionen
unserer Familienmitglieder ein. Dabei entste-
FOTOS PLAINPICTURE, JULIA BAIER

Familien, die das können, sind meist erfüllter als solche, die
ren leicht den Kontakt zueinander oder zu sich selbst. Eine
Studie der University of Michigan legt nahe, dass sehr kon-
Dieses bestimmte Verhalten nervt mich. Aber ich liebe dich
als Person. Weil du mir wichtig bist, lasse ich es dich wissen.
Und dann schauen wir zusammen, was wir ändern können.
hen oft intensive Gefühle, mit denen wir uns
dann in einem geschützten Rahmen auseinan-
dersetzen können. Es ist aber auch möglich,
sich alleine innerlich an einzelne Familienmit-
glieder zu wenden und die Gefühle zu erkun-
den, die hochkommen. Dabei können wir diese
zwei Fragen beantworten: Wofür bin ich dir
dankbar? Und: Welche schwierigen Gefühle
entstehen, wenn ich an dich denke?

132 _
 EIN BESONDERES
GESCHENKFÜRDICH

8 Was kann mir dabei helfen,

mich nach einem schlimmen Streit
wieder zu versöhnen?
Ganz wichtig ist es, dem anderen zu signalisieren,
dass wir ihn verstanden haben. Etwa so: „Ich sehe,
Als Flow-Leserin bekommst
du einen

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rige Gespräche“. Lade die App
EXKLUSIVEN ZUGANG
ZU EINER MEDITATION aus der
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dass dich das verletzt hat. Und ich kann verstehen, frei herunter, dann regis trierst du dich
dass du wütend bist.“ Wahre Größe zeigen wir, wenn auf balloonapp. de und wählst im Nutzer -
wir eigene Fehler eingestehen und uns beim anderen freischalten“.
profil Spe cial
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entschuldigen. Und dem anderen glaubhaft vermitteln, Dort gibst du den Freischalt-
dass wir bereit sind zu lernen: „Ich habe zu wenig code KONFLIKTE ein. Er ist bis
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will da mehr deine Perspektive übernehmen.“ Und möchtest, erhältst du zudem
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 Klare Entscheidung
Wenn man vor wichtigen Entscheidungen im Leben steht,
ist es normal, dass man Bammel hat. Es ist so ein Gefühl
wie: Waaah!, ich springe von einer Klippe oder zumindest
vom Zehnmeterturm. Manchmal sind große Veränderun-
tigt, weil die Folgen unserer Entscheidung negativ für uns
sind. Aber wie erkennt man den Unterschied zwischen
dem mulmigen Gefühl vor etwas Neuem, über das man
sich tapfer hinwegsetzen muss, und der berechtigten
Angst, die uns davor warnt, etwas Unbedachtes zu tun?
Marie Forleo, eine amerikanische Lebensberaterin und laut
Oprah Winfrey die „intellektuelle Vordenkerin der nächs-
ten Generation“ (hört, hört!), hat eine einfache Methode zur
Lösung dieses Problems entwickelt. Bevor man eine Ent-
Wie erkennt man den Unterschied
zwischen leichtem Bammel vor dem
Neuen und der berechtigten Angst
vor den Folgen einer Entscheidung?
scheidung trifft, soll man sich ruhig hinstellen oder -setzen,
sich wohl in seinem Körper fühlt. Dann soll man sich fol-
gende Frage stellen: Fühlt sich diese Entscheidung berei-
chernd oder einschränkend an?
Verrückterweise spürt man (ich habe es probiert!) tatsäch
berechtigt ist oder nicht. Ein Beispiel: Dir wird ein neuer
Job angeboten, und dazu gehört die allseits bekannte
134 _
Neuer-Job-Angst. Doch wenn man sich einen Moment
lang ruhig hinstellt und versucht nachzuspüren, warum
Vielleicht muss man für die neue Stelle sehr viel Neues tun
an sich ist das doch bereichernd: Man muss sich wieder
einmal anstrengen, erweitert seinen Horizont. Vielleicht
rührt die Angst aber auch daher, dass man mit Leuten
arbeiten muss, die einem nicht behagen, oder täglich eine
irre lange Anfahrt zur Arbeit hat. Und das ist nicht berei -
chernd, sondern einschränkend. Also hat die Beklemmung,
die man spürt, ihre Berechtigung: Es ist nicht die Angst vor
dem Neuen, sondern der Widerstand gegen etwas Unan -
genehmes. In diesem Fall sollte man überlegen, nicht auf
das Stellenangebot einzugehen.
Marie Forleo zählt noch ein paar Unterfragen auf, die man
sich zusätzlich stellen kann. Etwa: Will ich das wirklich? –
Würde ich das auch machen, wenn ich zwanzig Millionen
auf der Bank hätte? – Fühlt sich das angenehm an? – Füh-
PATTERN SHUTTERSTOCK
le ich mich dabei sicher? – Hat dieser Entschluss mit Men-
schen zu tun, in deren Umgebung ich mich wohlfühle?
Doch auch ohne diese Unterfragen weiß man laut Forleo
meistens schon Bescheid, wenn man die Augen schließt,
durchatmet und sich an ihre erste Frage hält. Wir kennen
den Rat, auf unsere Intuition zu hören. Aber manchmal
kann es praktisch und weniger diffus sein, sich klarzuma-
FOTO BONNITA POSTMA
chen: Ist das Neue bereichernd oder einschränkend?
-
Aaf Brandt Corstius (45) liebt diese Sätze, die etwas
Bedeutungsvolles auf den Punkt bringen. Manch einer von
ihnen sollte ruhig zum Sprichwort werden, findet sie.
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Du erhältst 8 Ausgaben pro Jahr per Post plus als Highlight
jährlich ein exklusives Flow-Notizbuch.

EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN
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AQUARELL-
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POSTKARTEN POSTER LESEZEICHEN MAL-BÜCHLEIN
& NACHHALTIG- &
& WAND- & UPCYCLING-
KEITS- GESPRÄCHS-
KALENDER BÜCHLEIN POSTER
KARTEN
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8 x FLOW Jeder Tag ist eine neue Chance, Kreativität ist der Garten meiner Seele. Achtsamkeit bringt dich nach Hause in die Gegenwart. Allein können wir so wenig tun,

FÜR NUR
das zu tun, was du möchtest. BERND SIEBERICHS THICH NHAT HANH
zusammen so viel erreichen.
FRIEDRICH SCHILLER HELEN KELLER

59,80 €

NUMMER 50
NUMMER 48

EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN
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LAPTOP-
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POSTKARTEN MARMELADEN- STICKER & INSPIRATIONEN:

& KLEBE- STICKER & MINI-BAUM- KALENDER
TATTOOS NOTIZBUCH HÄUSER 2021
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Wer einmal sich selbst gefunden hat, Wo Blumen blühen, lächelt die Welt. Jeder Tag ist ein neuer Anfang. Sich etwas vorstellen heißt,
der kann nichts auf dieser Welt mehr verlieren. RALPH WALDO EMERSON GEORGE ELIOT eine Welt bauen,
STEFAN ZWEIG eine Welt erschaffen.
EUGÈNE IONESCO
NUMMER 54
NUMMER 51

BESTELLE TELEFONISCH UNTER: (02501) 8 01 44 05 ODER ONLINE UNTER

WWW.FLOW-MAGAZIN.DE/ABO ODER WWW.FLOW-MAGAZIN.DE/GESCHENKABO

HIERFINDESTDUUNS
IM NETZ Wir haben eine tolle Website PER MAIL Schreib uns! Wir möchten SOCIAL MEDIA Wir sind auf
mit inspirierenden Texten, Interviews mit unsere Leserinnen kennenlernen, deine Insta gram, Facebook und Pinterest:
kreativen Menschen, DIY-Projekten, Wünsche an Flow, Ideen und was dich
Sehnsuchtsorten und Rezepten für eine im Leben bewegt. Lass es uns wissen
achtsame Küche. Schau vorbei unter: und schreib uns eine E-Mail an:

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 FLOW-PRODUKTE
DONNERSTA
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{6}
MAI

für jeden Tag

FREITAG

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FEBRUAR

ZWEI KALENDER FÜR 2021

Wir haben uns entschieden, einen unserer liebsten
Wandkalender noch einmal auf den Markt zu brin -
gen: den „A Year of Tiny Pleasures“-Kalender mit
365 wunderbaren Zeichnungen und entzückenden
Textschnipseln (auf Englisch!) von Illustratorin
Deborah van der Schaaf. Ihre Inspirationen helfen
uns Tag für Tag, die Welt mit einem frischen Blick
zu betrachten. Und wir hoffen, es geht dir genauso!

Mit unserem Diary begleiten dich zwölf starke Frau -

en durch das Jahr: Jeder Monat startet mit einem
inspirierenden Zitat und einem Scherenschnitt-
-
mine, To-dos, Gedanken und Ideen. Und obendrein
bekommst du viele schöne Papier-Goodies.

Den Wandkalender kannst du für 14,95 Euro

Mit bunten bestellen, das Diary für 16,95 Euro unter

Buchstaben
-
stickern

PAPETERIE UND PUZZLE

„All good things are wild and free“ – dieses Zitat von
Schriftsteller Henry David Thoreau lieferte die Inspira - Von der Natur
tion für unsere Pape terie-Produkte. Wir feiern damit
die Schönheit der Natur: ein Sketchbook (9,95 Euro) Papeterie-Produkte
mit viel Platz für Zeichnungen und Ideen sowie die
Sticky Notes (13,95 Euro) für allerlei wichtige Notizen.
Die zauberhaften Illustrationen hat Valesca van
Waveren gezeichnet. Und weil Entschleunigen beim
Puzzeln besonders gut gelingt, hat die Künstlerin
Francesca Iannaccone das 1000-teilige Flow-Puzzle
Go With The Slow (17,95 Euro) für uns entworfen.
„Ich liebe es, Küchenutensilien zu illustrieren“, sagt
sie über ihr zauberhaftes Motiv.
1,000 piece
puzzle
Das Flow-Sketchbook , die Flow-Sticky Notes
und das Flow-Puzzle kannst du unter
bestellen

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 BOOKFOR
PAPERLOVERS
MORE
THAN 300
PAGES
OF PAPER VERLIEBT IN PAPIER
GOODIES Als wir vor sieben Jahren das erste Book for
JETZT PaperLovers gemacht haben, ahnten wir nicht,
NEU dass es einmal Fans auf der ganzen Welt haben

BOOK FOR PAPER LOVERS

24,95 € wird. Inzwischen reist es zu Papierliebhabern
von Alaska über Südamerika bis nach Japan.
Unser neues Spezial hat mehr als 300 Seiten

um Entschleunigung, mit Briefpapier, Postkarten

und Minipostern. Das zweite Kapitel steckt voller
Material fürs Planen und Ideensammeln. Und
mit dem dritten Kapitel wollen wir dich zum
Spielen und mehr Leichtigkeit inspirieren, zum
Beispiel mit Stickern für deine Tastatur.

DAS IST DRIN:

Geschenkpapier Sticker Notizbüchlein
Poster Briefpapier Postkarten Puzzle-Poster
Kalender Pop-up-Zelt Briefumschläge
DECORATE YOUR OWN NOTEBOOK
JIGSAW PUZZLE STICKERS

MINI CARDS

STICKERS
ILLUSTRATIONS YELENA BRYKSENKOVA

ILLUSTRATIONS MARISOL ORTEGA

PHOTOGRAPHYJOYCE ZETHOF
ILLUSTRATIONANA HARD

und Stickern

DAS NEUE FLOW BOOK FOR PAPER LOVERS KANNST DU FÜR 24,95 EURO
BESTELLEN UNTER WWW.FLOW-MAGAZIN.DE/PAPERLOVERS2021

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 weiß,
was
kommt

JETZT
am
Kiosk
 SPEZIAL:
LIFELESSONS

ACHTSAME EINSICHTEN
In diesem Spezial haben wir die besten Interviews
aus sieben Jahren Flow versammelt. Wir wollten von EXTRAS:
POSTKARTEN
Philosophen, Achtsamkeitsexperten und anderen & MINI-
POSTER
Denkern unserer Zeit wissen, welche Einsichten sie
über das Leben gewonnen haben. Herausgekommen
ist ein Buch voller Weisheiten. Rede und Antwort
standen uns Sandra Konrad, Stefanie Stahl, John
Gottman, Wilhelm Schmid u. v. m.

DAS IST DRIN:

Postkarten Mini-Poster Gesprächskarten

Das Flow-Spezial Life Lessons kannst

bestellen unter
Achtsame Einsichten für jeden Tag
DIE BESTEN EXPERTEN-INTERVIEWS AUS
• PLUS:
FLOW KÄRTCHEN FÜR GUTE GESPRÄCHE

DIE NEUE
VORSCHAU
FLOW
KOMMT AM
12.1. SO VIELE MÖGLICHKEITEN
Wie wir gute Entscheidungen tref -
fen und uns nicht beirren lassen

BESSERE GESPRÄCHE FÜHREN

Was es verändert, wenn wir die
richtigen Fragen stellen

NICHTS TUN
Wie das niederländische " Niksen“
unseren Alltag entschleunigt
ILLUSTRATIONRUBY TAYLOR

UNSERE PAPIERGESCHENKE:
Mini-Kalender & Briefpapier

Darum kann es sein, dass die nächste Ausgabe ein bisschen anders aussieht, als wir es hier ankündigen.

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 Verena.Stiens@vg-dmm.de

@hej_liv
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 Herzhaft Backen
MIT EINFACH HAUSGEMACHT

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Hausgemacht:

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Die unwiderstehlichsten

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pikanten Backideen aus sieben
Jahren Einfach Hausgemacht:
von Focaccia über Quiches bis
hin zu Partybroten.
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 Dein Ziel
Dein Fernstudium
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Ernährungsber at er/in
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Stressmanag eme nt und a ktive
Entspannung
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 Extra

Der 365-Tage-Flow-
Bastelkalender
EINSICHTEN, TIPPS, WISSENSWERTES AUS DER NATUR UND

INSPIRIERENDE ZITATE: UNSER KALENDER FÜR 2021 STECKT

WIEDER VOLL DAVON. EINFACH DIE KÄRTCHEN AUSREISSEN

UND AUFFÄDELN. ILLUSTRIERT HAT IHN HADAS HAYUN

Die Produktion unseres Kalenders beginnt mit einer Rund-Mail in

der Redaktion. Diesmal fragten wir alle Kolleginnen und Kollegen:
Was war deine beste Entdeckung oder die beste Einsicht des
vergangenen Jahres? Neben diesen persönlichen Erkenntnissen

den einzelnen Kärtchen sowie diesmal auch viele (Gemüse-)Gar -

ten-, Upcycling- und Naturtipps. Die zauberhaften Illustrationen
stammen von der israelischen Illustratorin Hadas Hayun. Sie arbei-
tet zunächst mit Wasserfarbe, Tusche und Bleistift, bevor sie ihre
ILLUSTRATIONENHADAS HAYUN

Entwürfe am Computer weiterbearbeitet. Und es ist nicht zu über -

sehen, dass die Natur eine wichtige Inspirationsquelle für sie ist.

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 FLOW
VERSCHENKEN
EINE ZEITSCHRIFT OHNE EILE, ÜBER KLEINES GLÜCK UND DAS EINFACHE LEBEN

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INSPIRATIONEN:
KALENDER
RA 2021

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Sich etwas vorstellen heißt,

eine Welt bauen,
eine Welt erschaffen.
EUGÈNE IONESCO
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Bei telefonischer Bestellung immer die Bestellnummer angeben: 206 290 61.
Dies ist ein Abo-Angebot der Deutschen Medien-Manufaktur GmbH & Co. KG, Hülsebrockstraße 2–8, 48165 Münster, Tel. +49 (0) 25 01 / 801 61 61,