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Vorsicht Arbeitgeber: Der richtige Umgang mit Lohnpfändungen

Lohnpfändungen sind für Arbeitgeber lästig. Aber Fehler dürfen nicht


passieren. Denn sie bedeuten, dass Teile des Gehalts doppelt gezahlt
werden müssen.

Man stelle sich vor, dass ein Arbeitnehmer seinem Kind Unterhalt und einem
Versandhaus den Kaufpreis für Unterhaltungselektronik schuldet. Sowohl das
Kind als auch das Versandhaus haben ein Urteil gegen den Arbeitnehmer
erstritten. Da beide wissen, wo der Arbeitnehmer beschäftigt ist, möchten sie
auf seinen Lohn zugreifen. Kommt es zur Gehaltspfändung, muss der
Arbeitgeber wissen, an wen er künftig das Arbeitsentgelt auszuzahlen hat.

Pfändungsverfügung und Pfändungsbeschluss


Bei vielen Schuldnern, so auch dem Arbeitnehmer im Beispiel, ist das Gehalt der
einzige pfändbare Vermögenswert. Tilgt der Arbeitnehmer seine Schulden nicht
freiwillig, müssen Gläubiger erwirken, dass der Arbeitgeber Teile des Lohns so
lange an sie abführt, bis die Verbindlichkeiten beglichen sind.

Öffentlich-rechtliche Gläubiger, insbesondere Finanzämter, können dies


selbst tun, indem sie dem Arbeitgeber eine Pfändungs- und
Einziehungsverfügung übersenden.
Privatpersonen müssen bei dem Amtsgericht einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss beantragen und den Gerichtsvollzieher bitten, ihn dem
Arbeitgeber zuzustellen.

Pfändung wirkt wie Abtretung – Auszahlung muss an


Gläubiger erfolgen
Die Pfändung in Verbindung mit der Einziehungsverfügung bzw. dem
Überweisungsbeschluss hat die gleiche Wirkung wie eine Abtretung. Es gilt also
all das, was auch gälte, wenn der Arbeitnehmer Teile seines Lohns an seinen
Gläubiger abgetreten hätte.

Schon deshalb muss der Arbeitgeber die amtlichen Schriftstücke, die ihm
zugestellt werden, sorgfältig lesen. Denn die gepfändeten Lohnbestandteile
dürfen nur noch an den Gläubiger, der die Pfändung erwirkt hat, ausgezahlt
werden.

Werden Lohnbestandteile versehentlich an den Arbeitnehmer gezahlt, muss der


Arbeitgeber sie anschließend noch einmal an den Gläubiger abführen. Diese
Doppelzahlung kann er in aller Regel nicht von dem Arbeitnehmer ersetzt
verlangen, weil der Arbeitgeber, wenn er die Pfändung ignoriert, auf eigenes
Risiko handelt.
Vorsicht Arbeitgeber: Der richtige Umgang mit Lohnpfändungen

Drittschuldner-Auskunft sollte schriftlich erteilt werden


Behörden stellen ihre Pfändungs- und Einziehungsverfügungen fast immer per
Post zu und fordern im Kleingedruckten zur Abgabe einer Drittschuldner-
Auskunft auf. In der Drittschuldner-Auskunft muss der Arbeitgeber erklären, ob
er zu Zahlungen bereit ist und ob andere Personen Rechte an den
Gehaltsansprüchen haben (z. B. Lohnabtretungen oder früher erfolgte
Gehaltspfändungen).

Von Privatpersonen erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse hingegen


stellt der Gerichtsvollzieher meist persönlich zu. Hierbei fragt er den
Arbeitgeber, ob er die Drittschuldner-Auskunft mündlich abgeben möchte. Diese
Frage sollte der Arbeitgeber immer verneinen, weil der Inhalt der Auskunft
wegen der Haftungsrisiken wohlüberlegt sein sollte. Der Gerichtsvollzieher wird
dann darauf hinweisen, dass die Drittschuldner-Auskunft binnen 14 Tagen
schriftlich entweder ihm gegenüber oder unmittelbar gegenüber dem
pfändenden Gläubiger erfolgen muss.

Pfändungsfreibeträge: Unpfändbarer und pfändbarer Lohn


Durch die Pfändung darf dem Arbeitnehmer nicht der gesamte Lohn genommen
werden. Denn andernfalls müsste er Sozialhilfe beantragen, was der
Gesetzgeber vermeiden möchte, um die öffentlichen Kassen zu schonen.
Deshalb sieht das Gesetz Pfändungsfreibeträge vor, also Beträge, die dem
Arbeitnehmer belassen werden müssen. Ihre Höhe hängt davon ab, wie vielen
Personen der Arbeitnehmer Unterhalt gewähren muss. Die aktuellen Beträge
ergeben sich aus der Pfändungsfreigrenzen Bekanntmachung.

Besonderheiten beim unpfändbaren Lohn


Die in der Bekanntmachung genannten Beträge gelten aber nicht immer. Denn
einige Gehaltsbestandteile sind entweder ganz oder teilweise unpfändbar. Dazu
gehören unter anderem Überstundenvergütung, Weihnachtsgeld und
bestimmte Zulagen. Diese dürfen bei der Berechnung des pfändbaren Lohns
nicht berücksichtigt werden.

Wenn ein Gläubiger – wie das Kind im Beispielsfall – Unterhalt von dem
Arbeitnehmer verlangt und zu diesem Zweck den Lohn pfändet, setzt das
Amtsgericht individuelle Pfändungsfreibeträge fest. Hierauf müssen Arbeitgeber
bei der Lektüre des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unbedingt
achten. Besonders hoch ist der Verwaltungsaufwand für den Arbeitgeber, wenn
gleich mehrere Angehörige, etwa ein geschiedener Ehegatte und zwei Kinder,
wegen ihrer Unterhaltsansprüche vollstrecken. In diesem Fall muss der
Arbeitgeber unter Umständen allmonatlich vier Teilbeträge überweisen: an den
Arbeitnehmer und die drei Angehörigen.
Vorsicht Arbeitgeber: Der richtige Umgang mit Lohnpfändungen

Keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen wegen Pfändungen


ergreifen
Keinesfalls sollte der Arbeitgeber nach Erhalt einer Pfändungsmaßnahme das
Arbeitsverhältnis kündigen. Denn nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil v.
15. Oktober 1992 –2 AZR 188/92) rechtfertigt der mit der Bearbeitung von
Pfändungen verbundene Arbeitsaufwand nur in Ausnahmefällen eine
ordentliche Kündigung.

Darüber hinaus hat das BAG (Urteil v. 18. Juli 2006 – 1 AZR 578/05) entschieden,
dass der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer für die Bearbeitung einer Pfändung
keine „Bearbeitungsgebühr“ verlangen kann. Entgegenstehende Regelungen im
Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung sind unwirksam.

Problemfälle: Kranken- und Pflegeversicherung sowie


Sachleistungen
Genau prüfen muss der Arbeitgeber Fälle, in denen der Arbeitnehmer privat
kranken- und pflegeversichert ist. Denn Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und
Pflegeversicherung sind immer unpfändbar, Beiträge an ein privates
Versicherungsunternehmen hingegen nur, soweit sie den Rahmen des Üblichen
nicht übersteigen. Das kann den Arbeitgeber dazu zwingen, aufwendige
Nachforschungen anzustellen, welche Beträge üblich sind.

Vorsicht ist auch geboten, wenn dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen zur
privaten Nutzung überlassen worden ist. Denn dieser Sachbezug ist meist
pfändbar. Der geldwerte Vorteil, der aus der Überlassung des Fahrzeugs folgt,
wird in der Gehaltsabrechnung dem „Brutto“ hinzugerechnet und vom „Netto“
wieder abzogen. Zu beachten ist, dass der „Netto-Abzug“ nicht das pfändbare
Einkommen mindern darf. Denn andernfalls stünde der Arbeitnehmer, der
einen Dienstwagen hat, besser als derjenige, der ein Auto privat geleast hat.

Im Zweifel Geld beim Amtsgericht hinterlegen


Nicht nur die genannten, sondern auch andere Konstellationen können dazu
führen, dass der Arbeitgeber den pfändbaren Betrag nicht zweifelsfrei
berechnen kann.

Das Gesetz hilft ihm auf zweierlei Weise. Er kann in manchen Fällen das
Amtsgericht um eine Klarstellung bitten, wie der pfändbare Betrag zu berechnen
ist. Darüber hinaus kann er Teilbeträge beim Amtsgericht hinterlegen, wenn sich
nicht aufklären lässt, wem sie zustehen. Durch die Hinterlegung wird der
Arbeitgeber von seiner Pflicht sowohl dem Arbeitnehmer als auch dem
Gläubiger gegenüber frei. Arbeitnehmer und Gläubiger streiten anschließend
untereinander darüber, an wen die hinterlegten Gelder auszuzahlen sind.

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