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FERRUCCIO BUSONI
8 Jahre 12 Jahre

16 Jahte 35 Jahre

Vier ]ugendbilder Ferruccio Busonis


Szenenbild aus "BrautwahllI.

Szenenbild aus "Arlecchino"


KONZERTE DES
ANBRUCH· BERLIN

.. •

usonl- Y· US
Januar 1921
3. Jahrgang, Nummer 1-2 1. u.2. J'änner-He:tt 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR OTTO SCHNEIDER

FERRUCCIO BUSONI
o 0

F E R R u c c I o B u s o N I
Von Jean Philippe Chantavoine, Paris
Selbst wenn Ferruccio Busoni nur als der im wahrsten Sinne des Wortes unvtr...
gleichliche Pianist wieder gekommen wäre, um Paris in Ekstase zu versetzen -
gebührte ihm dennoch eine ebenso ausführliche Besprechung, wie ich sie ihm zu
widmen gedenke.
Was hat man alles über die Wundertaten eines Chopin, Liszt, Rubinstein,
Plante geschrieben und wieviele Seiten wären nötig, um den wunderbaren Virtuosen
Busoni zu preisen, den Zauber' seines Spieles, dem nichts gleichkommt, weil
nichts mit ihm verglichen werden kann, die unbegrenzte Mannigfaltigkeit seines
Anschlages, die nie gehörten Klangwirkungen, die Beschwingtheit, Kraft, Anmut
und Kühnheit, vor allem aber die Poesie, die Busoni dem Klavier, diesem banalen
Instrument, entlockt, sowie die Bezwingung oder vielmehr das völlige Auslöschen
der Materie durch den Geist. Dem langen Holzkasten, der das Schmuckstück und
wie oft die Landplage bür gerlicher Salons bildet, entzaubert Busoni Klänge, die
vor ihm niemand zu er wecken vermocht hatte: vom grandiosen Donner bis zum
Hauch der Äolsharfen, vom ersterbenden Flüsterton der Orgel bis zum Glanz der
Trompeten, dem Perlen regen der Flöten oder dem Schmeicheln der Geigen.
Zuerst ist man von seiner fabelhaften Technik geblendet, sie wird jedoch der
unerhörtesten Schwierigkeiten mit einer derart märchenhaften Leichtigkeit Herr
Ces hat tatsächlich den Anschein, als gelänge alles von selbst), daß man sie hald
vergißt. Ich wiederhole es: Busoni ist unvergleichlich. Wäre ein Vergleich möglich,
so möchte ich ihn folgendermaßen formulieren: er schwebt über den Gipfeln, die
ein Rosenthai erreicht. Liszts Paganini-Etüden zum Beispiel, oder die Etudes d' execution
transcendante, die unter seinen Händen in ungeahnter Weise funkeln und blitzen,
erscheinen leicht, weil sie schon dem Bereich des Unfaßbaren angehören. Auch der

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tausendfältige Glanz, den Busoni der Bachschen Polyphonie, besonders In den
prächtigen Orgeltranskriptionen für Klavier verleiht, ist ein Geheimnis, das vor
ihm niemand kannte.
"Liszt spielte nicht so gut", sagte mir 1914 im SaUe Erard ein Kenner, der
diesen Zauberer zum erstenmal hörte. Ein solcher Grad von Vollkommenheit,
besonders eine so geartete, mühelose, entmaterialisierte Virtuosität offenbart und
benötigt schon an und für sich eine weit größere Begabung, als sie ein bloßer
Tastenakrobat besitzt. Busoni mag noch so zäh an seiner Ausbildung gearbeitet
haben (später wird davon die Rede sein), wenn man ihn hört, so fühlt man, daß
die Natur ihm alles das verliehen hat, was viele andere mit mehr Mühe und weniger
Erfolg durch Übung zu erreichen versuchen. Die phänomenale Geschmeidigkeit
seiner Finger, die federnde Elastizität seines Handgelenkes wären bedeutungslos,
wenn nicht ein ebenso außergewöhnliches wie verfeinertes Gehirn sie leiten würde.
Diese Tatsache finden wir bestätigt, sobald wir \lns von dem ersten Staunen, in das
uns der Virtuose bannte, befreit haben, und dem Fluge des Interpreten zu folgen
imstande sind. Bald spendet er uns leuchtende Offenbarungen, deren intuitiver Blitz
in das Innerste des Kunstwerkes dringt und Bach, Beethoven, Mozart, Chop in,
Liszt gleichsam wieder auferstehen läßt, bald bietet er uns Überraschungen, denen
wir vielleicht unsere Zustimmung versagen, die jedoch imponieren, selbst wenn sie
nicht immer überzeugen. Oft löst Busanis Kontakt mit den großen Meistern dieselbe
Genugtuung aus, wie zum Beispiel eine reine Quinte, die Auflösung eines Rätsels oder
die Entzifferung einer Geheimschrift. Zuwei len gestaltet er sich zu einem Dialog,
dessen Harmonie weniger vollkommen erscheint, doch immer spricht das Genie
zum Genie.
Ein Physiognomiker wüßte ohne weiteres, wen er vor sich hat: ihm würde es
genügen, diese schlanke muskulöse Hand zu drücken, das erlesenste Modell eines
Bildhauers, diese kraftvolle und doch fast zarte Hand, um in ihr ein vollkommeneres
Instrument als die schönste Stradivari zu erkennen. Ihm genügte es, diesen edlen
ausdrucksvollen Kopf zu sehen, die hohe Stirn, den entschlossenen Blick, die fein-
geschnittene Nase, deren Flügel leicht beben, den schöngeschwnngenen Mund -
dies Gesicht, in dem Größe und Verfeinerung sich' mischen und dessen Züge ein
bewegtes Spiegelbild seines Inneren bilden, um zu wissen, daß eine Ausnahme-
erscheinung vor ihm steht.
Ich will versuchen, Beweise zu erbringen, um diese Eindrücke, die der unbefangene
Hörer von Busonis Spiel und Wesen gewinnt, zu rechtfertigen. Ferruccio Busoni
ist nicht nur der einzig dastehende Pianist, ein Künstler von seltenem Zauber
und überragender Originalität, sondern auch eine der stärksten Persönlichkeiten
unSerer Epoche.
o
Ferruccio Busoni wurde am 1. April 1866" zu Empoli in Toskana als Sohn
eines Vaters italienischer und einer Mutter deutscher Abstammung geboren. Beide
Eltern waren Musiker, der Vater Klarinettenvirtuose, die Mutter eine vortreffliche
Pianistin, die ihm den ersten Unterricht erteilte. Mit vier Jahren schon konnte
+ Über Busoni siehe: H. Leichtentritt, Ferruccio Busoni (Breitkopf & Härtel), Lazare PonneIIe
in München (Gustav Mahler, Richard Strauß, Ferruccio Busoni), Paris, Fischbacher, und Busonis
eigenes Werk, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst (Leipzig, Insel-Verlag). Die Zahl der
in Zeitungen etc. verstreuten Artikel ist zu groß, um sie angeben zu können.

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Busoni die ihm vorgespielten Melodien auf dem Klavier wiedergeben. Kaum
achtjährig komponierte er bereits. In dasselbe Jahr fällt sein erstes öffentliches
Auftreten und der gestrenge Wiener Kritiker E. Hansliek, der gewöhnlich weniger
hellsehend zu sein pflegte, verfaßte 1876 einen langen Artikel zu seinem Lobe.
Zwei Jahre später studierte Busoni in Graz und dirigierte dort ein Stabat mater.
Fünfzehnjährig finden wir ihn in Italien wieder, wo die Akademie von Bologna
ihn wie einst Mozart aufnahm. Aus der schönen Ansprache zitiert PonneHe
folgenden Satz:
11 Vi sovvenga, 0 giovanetto artista, ehe nella sala in cui avete entusiasmato un
e1etta auditorio . . . ivi pure, in tenera eta, diede il suo esperimento l'immortale
Mozart per ottenere in quest' Accademia iI grado stesso ehe voi pure avete
conseguito: da vi serva di sprone e di conforto a proseguire nel1~ intrapresa
carriera ehe dovra guidarvi alla celebrita."«
Wie um dieser Aufforderung Folge zu leisten, schrieb der Jüngling eine große
Kantate über Leopardis Sabbato dei Villaggio. Jedoch - selbst die früh erworbenen
akademischen Ehren vermochten einen jungen Künstler von diesem Schlage, der
darauf brannte, sich zu vervollkommnen, nicht länger zu halten. Er ging zuerst
nach Wien, dann nach Leipzig und arbeitete dort sowohl pianistisch wie auch
kompositorisch. Sein erstes Auftreten in Berlin im Jahre 1885 als Pianist und
Komponist (auf dem Programm standen unter anderem seine Variationen über
ein Thema von Chopin) hinterließ zunächst keinen stärkeren Eindruck. Nur
allmählich sollte Busoni Deutschlands Hauptstadt erobern. (Auch die ersten "Recitals"
im Salle Erard waren, wie ich mich erinnere, recht leer und erst im Jahre 1914
trugen die Plakate der mit Begeisterung aufgenommenen Konzerte lange vorher
den Vermerk "ausverkauft".) Eine langsame Eroberung, Symbol für das Schicksal
eines Künstlers, der die Reklame verabscheut und dessen Aufstieg sich gesetzmäßig
vollzieht.
In Leipzig l{am Busoni mit verschiedenen Künstlern wie Delius, Mahler,
Tschaikowsky und Grieg zusammen. Er schrieb sein erstes Streichquartett und
begann mit der Fuge in B dur • jene staunenswerte Serie von Bachschen Orgel,
transkriptionen für Klavier, die diesem Instrument neue, einem Liszt noch unbekannte
Möglichkeiten eröffnen. Leipzig versorgte damals einen großen Teil der Welt mit
Musikpädagogen und bald wurde Busoni als Professor an das Konservatorium in
Helsingfors berufen. Der Aufenthalt im Norden, seine 1890 in Moskau erfolgte
Verheiratung mit einer jungen Schwedin, entfernten ihn zwar von seinem Heimatland,
bereicherten indessen sein Fühlen und Denken ganz außerordentlich: sind doch
diese schwach bevölkerten Länder mit ihren unermeßlichen Steppen wohl geeignet,
dem menschlichen Horizont etwas von ihrer Weite mitzuteilen. Gleichzeitig wurde
zum erstenmal Busonis Name viel genannt - er empfing nämlich 1890 den Rubinstein,
Preis für Komposition. In Rußland war er Rimsky,Korsakow, Sassonow und
Glazounow nähergetreten. Nachdem er kurze Zeit am Moskauer Konservatorium
gewirkt hatte, begab er sich auf Einladung des New England Conservatory Bostons
nach Amerika, wo er 1891 bis 1892 unterrichtete. Hierauf absolvierte er verschiedene
Tourneen durch die Vereinigten Staaten und zog sich dann von der Öffentlichkeit
zurück - obwohl er bereits der gefeierte Künstler war - um sein Klavierspiel
von Grund aus neu aufzubauen .
... Siehe Ponnel1e, Seite 93.

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"Es war jene Zeit meines Lebens, da ich mir solcher Lücken und Fehler in
meinem eigenen Spiele bewußt war, daß ich mit energischem Entschlusse das
Studium des Klaviers von vorne und auf ganz neuer Grundlage begann. Die Werke
Liszts wurden meine Führer und erschlossen mir eine ganz intime Kenntnis seiner
besonderen Art. • .""
Gleich Zarathustr. suchte er die Einsamkeit, die nicht nur dem Pianisten zugute
kommen sollte.
Seit 1894 lebte Busoni in Berlin. Um dies zu begreifen, muß man die Möglich-
keiten, die Berlin einem derartigen Pianisten bot, mit denjenigen vergleichen, die
er in London oder Paris angetroffen hätte. Man erinnere sich der Befürchtungen,
die Eugene Melchior de Vogue 1886 im Vorwort seines russischen Romans
ausgesprochen hatte und man wird zugeben müssen, daß die Besorgnisse, die diesem
edlen Geist die Abnahme des französischen Einflusses auf die intellektuelle Welt
verursachte, im Jahre 1890 in der Musik ebenso gerechtfertigt erschienen, wie in
der Literatur und in der Philosophie.
Das Paris von 1830 vermochte einen Chopin zu halten. Wäre das Paris von
1870 dazu fähig gewesen? Und erst das Paris von 1920? Busoni begnügte sich in
Berlin nicht damit, Klavier zu spielen und zu komponieren: er veranstaltete und
dirigierte Orchester-Konzerte neuer und selten aufgeführter Werke. (Erwähnt sei,
daß die französische Kunst reich vertreten war ..:roi< Im übrigen wußte Busoni sich
volllcommen ste Unabhängigkeit zu wahren, ohne jemals den allerhöchsten Kreisen
nur im geringsten näher zu treten.'i<.:roi<
Der Berliner Aufenthalt wurde durch zahlreiche Tourneen und einige Meisterkurse
in Weimar, Wien und Basel unterbrochen, wo Busoni im Sinne Liszts nach
WeimarischemMuster künstlerische Unterrichtszentren zu schaffen versuchte. 1912 wurde
in Hamburg seine erste Oper, die Brautwahl, aufgeführt, ohne vom Publikum
verstanden zu werden. Im letzten Grunde hing jedoch Busoni so wenig an Deutschland,
daß er 1913 der Aufforderung der Akademie in Bologna (die ihn bekanntlich als
einen zweiten Mozart aufgenommen hatte) mit Freuden Folge leistete und die
Leitung des Liceo Musicale übernahm. Diese Tätigkeit als Direktor war nicht von
langer Dauer: eine italienische Stadt zweiten Ranges konnte der künstlerischen
Persönlichkeit eines Busoni keinen entsprechenden Wirkungskreis bieten.
Dann brach der Krieg aus, den Busoni, schon ehe sein Vaterland mit hinein-
gezogen wurde, auf das heftigste verabscheute. Er hatte nur den einen Gedanken,
allem aus dem Wege zu gehen, sich vollkommen abseits zu halten. Darum wählte
er Zürich' als Wohnsitz. Nun zwangen ihn die Verhältnisse in fast die gleiche
Zurückgezogenheit, die er 20 Jahre vorher freiwillig aufgesucht hatte, um das Studium
des Klaviers neu zu beginnen: eine arbeitsreiche, fruchtbare und wenn sich die
beiden Ausdrücke nicht widersprechen würden, aktive Zurückgezogenkeit. Busoni
übernahm die Leitung der Abonnements-Konzerte und vollbrachte damit ein
'1- " • • • Aus seinem Satz konstruierte ich meine Technik; Dankbarkeit und Bewunderung
machten mir damals Liszt zum meisterlichen Freunde." (Anmerkung des Übersetzers,)
++ Guy ...Ropartz, ,.,pecheurs d'Islandel l• Saint Saens Ouverture zu den "Barbares", V. d'Indy
Preiude aus dem zweiten Akt des ..Etrangerl ' und Suite fran<;aise, Debussy, .. Apres... midi d'un
faune" und "Nocturnes'l , Magnard, Dritte Symphonie. Cesar Franck, "Les Djinns", "le chasseur
maudit", "Prelude, Choral et fugue l ' (in der Orchestrierung von G. Pierne).
+'1<+ Die einzige Auszeichnung, die Busoni, wie ich glaube, besitzt, ist die Legion d'honneur.

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künstlorisch überaus wertvolles Erziehungswerk. Ferner benutzte er die bereis früher
verfaßte Bühnenmusik zu Gozzis Turandot, um daraus eine lyrische Oper zu
schaffen, schrieb ein theatralisches Capriccio in einem Akt (Arlecchino), eine
Weihnachtssonatine (1917) und arbeitete an der Partitur des Dr. Faust, aus der
zwei hochbedeutsame Stücke kürzlich in Paris zu Gehör gebracht wurden, etc.~
Als er neuerdings wieder nach Paris kam, hatte or soeben in England Triumphe
gefeiert. Nicht nur dem Virtuosen jubelte man dort zu, sondern auch der Komponist,
wenngleich er hier und da heftige Opposition erregte, fand intensivste Beachtung
bei der Kritik (zum Beispiel Edw. J. Dent)."~
c
Wie aus alledem hervorgeht, 1st Busoni nicht nur der außerordentliche Pianist,
sondern zugleich Komponist und Philosoph in seiner Kunst. Sein Aufstieg und
sein Leben haben in vieler Beziehung Ähnlichkeit mit demjenigen Li"zts. Beide
werden zuerst als Virtuosen gefeiert und haben als Komponisten gegen einen Ruhm
zu kämpfen, der sie nicht fördert, sondern hemmt. Beide beschäftigen sich gleich
eindringlich mit den Werken der Vergangenheit, um in ihnen die Wurzeln der
Moderne aufzuspüren. Beide suchen in der Kunst unbekannte Horizonte, neue
Formeln, und sind nur bestrebt, die Richtlinien für die Wege der Zukunft
abzustecken. Beide besitzen die gleiche Wißbegierde universellen Intellekts und für
die Eroberung der Geisteswelt sind beide besonders gerüstet durch Beherrschung
mehrerer Sprachen, durch Reisen in verschiedenen Erdteilen und längeres Verweilen
in sozusagen allen Kulturländern.
Die Einsamkeit, die Busoni in seinem siebenundzwanzigsten Jahre aufsuchte,
um der Lisztschen Kunst das Geheimnis des Klaviers abzuringen, machte diese
Ähnlichkeit nur noch augenfälliger. Sie bleibt jedoch eine rein äußerliche, wie wir
sehen werden, und ich betone sie nur, um im vorhinein jedes Mißverständnis
auszuschalten, das bei oberflächlicher Betrachtung der äußeren Umstände entstehen
könnte. Beschäftigt man sich eingehender mit der reichen und vielseitigen
Persönlichkeit Busonis, so empfindet man das kleine Büchlein, das er unter dem
Titel "Neue Ästhetik der Tonkunst" herausgegeben hat, gewissermaßen als Bindeglied
zwischen dem Pianisten und dem Komponisten. Wäre nicht Busonis Geist völlig
unabhängig von aUer Theorie und unberührt von jedem didaktischen Vorurteil,
so könnte man sagen, er habe hier seine Theorien niederlegen wollen. Dies kleine
Werk enthält eine Reihe von Aphorismen, die trotz mangelnder literarischer
Gestaltung Geschlossenheit und Weite der Gedanken besitzen. Für denjenigen, der
über Ziel und Wesen der Musik und die Ausdehnung ihres Bereiches gerne nachdenkt,
kenne ich kaum ein Buch, das so viel bietet, wie diese glanzvolle intellektuelle
Rhapsodie. Von Anfang an verhehlt Busoni sich nicht, daß das musikalische
Problem, so wie er es aufstellt, viel!eicht unlösbar ist, daß jedenfalls ein Menschenleben
nicht ausreichen würde, die Lösung zu finden. Denn wenn die Musik in weit
höherem Maße unkörperlich ist, als alle anderen Künste, als selbst die Dichtung,
deren Worte in der Wirklichkeit wurzeln - ist sie dann nicht auch umso
schwerer greifbar?
'i' Über Busoni in Zürich siehe H. S. SuJzber 6er, Ferruccio BUl30ni - Auszug aus Hünis
Musikjahrbuch (in franz. Sprache).
-1<+ Siehe Dents nachfolgende Artikel: Bl1soni und das Klavier und Busoni als Komponist.

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Darstellung und Beschreibung haben nichts mit Musik zu schaffen, Busoni lehnt
im Gegensatz zu Liszt die Programmusik ab, um sich an die "absolute Musik"
zu halten. Dieser Ausdruck gibt ihm jedoch Veranlassung, eine mißverständliche
Auslegung zu berichtigen: unter reiner oder absoluter Musik pflegt man eine
formale Musik zu verstehen, aber gerade die Form ist eine Trübung der Reinheit,
eine Verneinung des Absoluten und eine Beschränkung der Freiheit. Busoni sieht
einen Widerspruch darin, vom Komponisten in allem, außer in der Form, Freiheit
zu fordern. Die Formen sind im Grunde ein Vorurteil des Geschmackes, den
Busoni als eine Einschränkung des Gefühls durch den Verstand und einen Mangel
an Empfindung bezeichnet. Der Geschmack hat aus der Musik die "Tonkunst"
gemacht ....
Die absolute oder reine Musik soll demzufolge frei sein. Weit davon entfernt,
irgend ein Motiv gewaltsam in eine apriori bestimmte Form zwingen zu müssen,
enthält vielmehr jedes Motiv gleich einem Samenkorn Maß und Gesetz seiner
Entwicklung in sich: "Verschiedene Pflanzensamen treiben verschiedene Pflanzen-
arten, an Form, Blättern, Blüten, Früchten, Wuchs und Farben voneinander
abweichend." Jede Art oder Gattung gestattet und verlangt individuelle Unterschiede:
"So liegt in jedem Motiv schon seine vollgereifte Form vorbestimmt."
Busoni will also die Musik von allen Fesseln der Materie befreien. Sogar im
Theater (da es überflüssig und widersprechend ist, die Beschreibung dessen, was
das Auge auf der Bühne sieht, in Tönen ausdrücken zu wollen) und im Geistigen.
Selbst die Niederschrift von Musikstücken scheint ihm ein Zwang zu sein. (In diesem
Punkt nähern sich seine Ansichten denjenigen Vincent d'lndys.) Die Notation
sollte nur mehr als Symbol betrachtet werden: "Jede Notation ist schon Transkription
eines abstrakten Einfalls. Mit dem Augenblick, da die Feder sich seiner bemächtigt,
verliert der Gedanke seine Originalgestalt. "...... Eigentlich geht er so weit, überhaupt
keinerlei feststehende Zeichen anzuerkennen. Ihr Sinn wechselt von Epoche zu
Epoche und jede Generation besitzt das Recht, diesen Sinn nach eigenem Ermessen
zu deuten, anstatt ihn jenen Zeichen unterordnen zu müssen. Man wird an den
Ausspruch erinnert: "Der Buchstabe tötet, aber der Geist machet lebendig." Die
Anwendung dieses Prinzips auf die Tonkunst ist sehr kühn, wenn nicht gefährlich,
doch erklärt sie Busonis Freiheit, die er seinen Transkriptionen verleiht und die
er sich nicht scheut, zuweilen auch seinen Interpretationen zu geben.
Ebenso wie Niederschrift und Notation, bedeuten die musikalischen Werkzeuge
Fesseln für die freie Entfaltung der Musik: "Die Instrumente sind an ihren Umfang,
ihre Klangart und ihre Ausführungsmöglichkeiten fest gekettet und ihre hundert
Ketten müssen den Schaffenwollenden mitfesseln. u .........
Unser Tonsystem wie auch die uns überlieferte Harmonie hängen von allen
diesen materiellen Bedingungen ab. "Zeichen sind es auch und nichts anderes, was
wir heute unser Tonsystem nennen. Ein ingenieuser Behelft etwas von jener
ewigen Harmonie festzuhalten ; künstliches Licht anstatt Sonne. Habt Ihr bemerkt,
wie die Menschen über die glänzende Beleuchtung eines Saales den Mund aufsperren?
Sie tuen es niemals über den millionenmal stärkeren Mittagssonnenschein. t U

01<Siehe Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst.


++ Entwurf Seite 36, so daß für Busoni Pausen und Fermaten die freieste Musik enthalten.
+++ Siehe Ästhetik der Tonkunst, Seite 34.
i-" n 1t " ,,36.

6
Unsere gesamten Tonarten führt ~usoni auf zwei zurück: Die Dur- und die
Mollskala. Letztere betrachtet er nur als eine" Verdüsterung" der ersten (worin er
mit Emanuel übereinstimmt). Arme, unzulängliche "Temperatur ll , die mühselig
24 Tonarten aufstellt: Busoni zählt innerhalb einer Oktave 113 Skalen.+ Überdies
sieht er in der "Harmonielehreu eine baldige Revolution voraus. Ganz. . und Halbtöne
genügen ihm nicht: "Dritteltöne sind vollkommen selbständige Intervalle von
ausgeprägtem Charakter und mit verstimmten Halbtönen nicht zu verwechseln."
Wie man sieht, wendet sich Busoni hier nicht nur gegen die "Form" der Musik,
sondern gegen ihre Materie an sich und ich muß dabei an die Umwälzungen denken,
die beispielsweise die Entdeckung der Radioaktivität in den physikalischen
Anschauungen verursacht hat, die ebenso fest begründet schienen, wie die Temperatur
der Skalen. Diesen Hymnus auf die wesentliche und vollkommene Freiheit der
Musik schließt Busoni mit dem Ruf Nietzsches nach einer von allen .südlichen,
deutschen und europäischen Einflüssen befreiten Musik der "Sonne". Die Beschreibung
seines Musikideals findet Busoni in einem Ausspruch Tolstois, der eine Landschaft
bei Luzern folgendermaßen schildert: "Weder auf dem See, noch an den Bergen,
noch am Himmel eine einzig-e gerade Linie, eine einzige ungemischte Farbe, ein
einziger Ruhepunkt. Überall Bewegung, Unregelmäßigkeit, Willkür, Mannigfaltigkeit,
unaufhörliches IneinanderfIießen von Schatten und Linien und in allem die Ruhe,
Weichheit, Harmonie und Notwendigkeit des Schönen." Ich muß gestehen, daß mir
die bestechenden Aphorismen Busonis anfechtbar zu sein scheinen. Doch möchte
ich nicht den Eindruck erwecken, als ob ich ihm entgegentreten will, indem ich
seine Verurteilung der Programmusik und der formalen Musik buchstäblich
auffasse. Seine lebendige Idee einer schöpferischen Tradition, die von Epoche zu
Epoche die Werke der Vergangenheit erneuert, sollte uns hinlänglich davon über-
zeugen, daß er kein Hilfsmittel aus der Geschichte der Künste verschmäht.
Nicht alles in der Programmusik ist kindisch und in der formalen Musik ist
nicht alles pedantisch. Erstere will die dunklen, ungewissen, zarten, aber offenbar
vorhandenen Beziehungen, die die Natur zwischen unseren verschiedenen Sinnen
errichtet hat, verwerten. Sie rechnet mit der Macht der Musik, um diese Beziehungen
zu vermehren oder zu präzisieren. Heißt das sie irreleiten oder von ihrer Bahn ab-
bringen? Die formale Musik ihrerseits versucht, ohne der Musik oder ihrem
Empfindungsvermögen Gewalt anzutun, eine Art organischer Verwandtschaft mit
den einzelnen Denkkategorien herzustellen. Ich sehe darin weder eine Begrenzung,
noch eine Einschränkung, sondern das Bestreben, die Musik im Geistigen weiter-
zubringen. Letzten Endes bemüht sich die Tonkunst, für die Eindrücke, deren
Interpret sie ist, ein gemeinverständliches Mittel zu finden, wie der Dichter die
Handhabe der Sprache, der Bildhauer die Körperlichkeit der Formen, der Maler
die Wirklichkeit von Farben und Linien zu Hilfe nimmt. In diesem Falle ist das
Mittel sehr flüchtiger Natur: sollte es da nicht förderlicher sein, ihm feite Formen
zu verleihen, statt umgekehrt diese Flüchtigkeit noch zu verstärken. Ich wage nicht,
darüber zu entscheiden. Der Vergleich, den Busoni der Pflanzenwelt entlehnt, um
für den "Musikkeim" (das Motiv oder Thema) dieselbe spezifische und individuelle
Freiheit zu fordern, die das Samenkorn besitzt, ist vielleicht mehr verführerisch,
als überzeugend. Zunächst deshalb, weil die Wissenschaft diese Entwicklungsformen
auf eine verhältnismäßig beschränkte Anzahl von Typen zurückführt, die für die
1< Siebe Ästhetik der Tonkunst. Seite 41 cte.

7
Kennzeichen der Gattung oder ihrer einzelnen Exemplare wenig Raum lassen.
Ferner weil die Natur oftmals nUr dann Früchte gibt oder deren Ertrag vermehrt,
wenn künstliche Prozeduren des Beschneidens, Pfropfens und erprobter Zucht an,...
gewendet werden. Immerhin ist es verständlich, daß ein Künstler wie: Busoni, diese
Verehrung des Naturreichtums und diesen Glauben an ihre Zeugungskraft empfindet:
die Schwierigkeiten, ja selbst die Materie des Klaviers scheinen für ihn nicht zu
existieren, er zerstört, beseitigt und verflüchtigt sie. Naturgemäß schwebt ihm eine
Musik vor, die der Inspiration des Musikers ebenso gehorcht, wie das Klavier seinen
Fingern. Zudem ist er der Wissenschaft und Zivilisation überdrüssig und fürchtet,
daß wir um dieser Wissenschaft und Zivilisation willen vergessen könnten zu
leb e n. Diese plötzliche Anwandlung von Naturalismus steht in der Musik wie
auch in anderen Künsten durchaus nicht vereinzelt da. Nachdem man bei uns die
Gärten a Ia fran~aise geometrisch zurecht gestutzt hatte, passionierte man sich für
die englischen Parks und die Amerikaner, die die wissenschaftliche sowie industrielle
Bändigung, Unterwerfung und Nutzbarmachung der Naturkräfte am hartnäckigsten
betreiben, erträumen sich ein wiedergefundenes Paradies in dem phantastischen
Yellowstonc-Park.
o

Der Entwurf einer neuen Ästhetik könnte, wie schon erwähnt, als Bindeglied
zwischen dem Pianisten und dem Komponisten dienen. Das Werk des letzteren
ist umfangreich und erstreckt sich auf alle Gebiete. Eine spezielle Studie in einer
Fachzeitschrift wäre nötig, um seine Übertragungen, besonders die Bachschen Orgel. .
transkriptionen zu erforschen, die an Reichhaltigkeit und Erfindung Wunder bieten.
Busoni schrieb für das Theater (um nur von seinen Originalkompositionen
zu reden): "Die Brautwahl", "Turandot", 11Arlecchino für Orchester: "Sym-
Ol
;

phonisches Tongedicht" , "Suiten", "Berceuse Elegiaque", "N octurne Sym . .


phonique" etc. i<; für Klavier und Orchester: "Concerto mit Chor';: und "Indianische
Fantasie"; für Violine mit Orchester oder Klavier: ein Konzert, zwei Sonaten;
für Quartett: zwei Streichquartette; für Klavier: eine große Anzahl von Stücken.
Zwei Programme, die einige der angeführten Werke enthielten, vermochten kürz . .
lich dem Pariser Publikum keinen erschöpfenden Überblick zu vermitteln, der
eben so wenig hier gegeben werden kann, da ich mich auf unbestimmte, kurz...
gefaßte Angaben beschränken muß. Findet sich nun bei dem Komponisten Busoni
etwas von dem ausübenden Künstler wieder? Zweifellos. Nicht etwa in dem Sinne,
daß Busonis Musik jemals Pianistenmusik wäre. Diejenigen, die das Concerto op. 39
gehört oder gelesen haben, werden wissen, daß es nicht gerade Ähnlichkeit mit
einem Rubinstein...Konzert hat ...
In den Originalkompositionen Bcsonis für Klavier, oder in denen mit Klavier. .
begleitung erinnern die Kühnheit und Geschicklichkeit der ganzen Anlage ebenso
wie die zahlreichen Klangeinfälle an die instrumentelle Beherrschung des Autors
und werden durch sie verständlich. Weit davon entfernt, die Musik zu "ersetzen"
oder sie zu überladen, dienen sie ihr nur. Das will nicht viel besagen: in seinen
Kompositionen, wie auch in der Ästhetik erweisl sich Busoni als Pianist nur durch
die Unabhängigkeit, die er seiner Virtuosität verdankt. Viel eher würde man in dcn
Aphorismen der Asthctik den Schlüssel zu seinen Kompositionen finden, die auf
.} Dieses Heft enthält ein ausführliches Verzeichnis seiner Werke.

8
den ersten Blick seltsam oder geheimnisvoll anmuten mögen. In der Tat ist der
Künstler Busoni zu aufrichtig, zu groß, zu sehr Verächter des Augenblickserfolges
oder gar des leicht errungenen Beifalles, ~ als daß der Charakter seiner Musik-
schöpfungen nicht mit seinen Ideen über Kunst im Einklang stände. Mit einem
Wort: Seine Werke sind außerordentlich kühn und demgemäß schwer zu deuten.
In seinem Forscher... und Erfinderdrang wird der Komponist ebenso wie der Pianist
unterstützt durch eine wunderbare Leichtigkeit, eine ungewöhnliche Gabe der An-
passungsfähigkeit und eine ebenso bedeutende technische Gewandtheit. In di eser
Hinsicht steht die Fantasia Contrappuntistica für Klavier über Bachsche Themen
und besonders über die unvollendete Fuge (aus der Kunst der Fuge) wegen der
Großartigkeit ihres Aufbaues und der Fülle ihrer Einzelheiten in der Musikliteratur
ohnegleichen da.
Übrigens finden sich akademische Einflüsse in gewissen Jugendwerken, wie zum
Beispiel in den Variationen über ein Prelude von Chopin, denen die Brahmsschen
Händel-Variationen als Vorbild gedient haben mögen. Dies sei nur erwähnt, um
zu betonen, daß Busoni in der Musik alles kann und alles beherrscht. Er hat es
also nicht nötig, jeden Augenblick Beweise zu erbringen, er kann vielmehr seiner
Phantasie die Zügel schießen lassen. Sie ist beweglich, veränderlich, fast launenhaft
zu nennen. Busonis künstlerisches Schaffen ist ein ständiges Werden. Keines stiner
Werke ist in derselben Form gegossen, wie das vorhergegangene. Keines ähnelt
dem anderen. Ich glaube, er hätte beinahe Angst, sich selbst eine Formel aufzu-
steIlen. um sie dann befolgen zu müssen. Kaum hat er das ironische und phan ..
tastische "theatralische Capriccio" Arlecchino beendet, ist er schon im Begriff einen
Dr. Faust zu schaffen: also die italienische Malice in deutsche Tiefe und "Gründ-
lichkeit" wandelnd.
Seine erste Oper "Dic Brautwahl " scheint das Publikum durch eine Art esoteri ..
schen Humors, den man nicht gewöhnt ist, auf der Bühne zu sehen. verwirrt zu
haben. Die zweite Oper "Turandot" will das Exotische nicht so sehr in den Farben,
als in der ganzen Atmosphäre wiedergeben. Größe, Geist, Schwung. Träumerei,
Lässigkeit, Humor, Ernst, Lebendigkeit und Nachdenklichkeit wechseln bei ihm
miteinander ab, je nach seiner Eingebung. Die Kritik der Zukunft wird, wie ich
glaube, einige Mühe haben, eine zusammenhängende Linie zu finden, um darin
aposteriori eine im vorhinein bestimmte Entwicklung nachzuweisen. Diese ver"
schiedenen Tendenzen kommen nicht nur in den einzelnen Werken zum Ausdruck,
sondern sie finden sich, fast möchte ich sagen, sie stoßen sich in ein und demselben
Werk. Nichts kann sich zum Beispiel unähnlicher sein, als die indianische Fantasie
und das Concerto op. 39 (erstere brachte Busoni im vergangenen Monat hier zu
Gehör).
Dieses Konzert, dessen Gesamtaufbau zu meisterhafter Größe emporwächst,
enthält die verschiedensten Phasen und Nuancen - von der vergeistigsten Melan"
cholie bis zu überströmendster Ausgelassenheit. Eine Art Tarantella zieht sich durch
das ganze Stück und am Schluß tritt ein Chor hinzu, dessen Text Versen von
Öhlenschläger entnommen ist, die das Nirwana besingen.
Es ist selbstverständlich, daß ein Künstler, der die Umwandlung der 24 Ton-
arten unserer Temperatur in 113 Skalen und der Halbtöne in Dritteitöne voraus-
sieht, prophezeit und sofort einführen möchte, vor keinem noch so kühnen Einfall
zurückschreckt, vorausgesetzt, daß die angestrebte Klangwirkung erreicht wird. Ebenso

9
erklärlich ist es, wenn dies bewegliche Ideal, dem Busoni eine stets wechselnde Gestalt
zu verleihen sucht, bewirkt, daß seine Werke dem Laien schwer zugänglich sind und
sich für einen Publikumserfolg wenig eignen. Die Praxis setzt ihnen gewissermaßen
dieselben Einwände entgegen, die in der "Ästhetik der T onkunst'4 erhoben werden.
Das Publikum will wissen, mit wem es tun hat. Um von ihm verstanden oder
gar akzeptiert zu werden, muß der Künstler einwilligen, sich zu wiederholen. Diese
Konzession wird Busoni - wie ich glaube - nie machen. - - - -
Wenn ich mir erlauben dürfte, hier auf Privatbriefe Bezug zu nehmen, so könnte
ich daraus den Beweis erbringen, daß Busoni sich das künstlerische Schaffen in der
Art eines Films vorstellt. Aber diese flüchtigen Formen, die im Augenblick ihres
Sichtbarwerdens schon wieder schwinden, sind etwas schwer zu erfassen. Zweifellos
ist selbst das aufgeklärteste Publikum im Unrecht, wenn es von dem Künstler,
dessen Genie es verkünden und dessen Ruhm es befestigen soll, wünscht und
erwartet, daß dieser sich eine Spezialität, eine Formel schafft, die man mit Sicher...
heit später immer wieder antrifft. Vielleicht bedingt jedoch das Genie eine gewisse
Stetigkeit, die jene von ihm verlangen, an die es sich wendet. Legt Busoni
sich stets den Zwang auf, den diese Bedingungen des künstlerischen Schaffens
erfordern?
Ich will es nicht behaupten - aber sein leidenschaftliches Streben nach Un-
abhängigkeit ist zu edel, als daß man ihm aus diesem Mangel an Stetigkeit einen
Vorwurf machen dürfte. - - -
c

Als ich kürzlich das geistvolle Essay Busonis über eine neue Ästhetik der Ton-
kunst las, notierte ich mechanisch auf den Rand der achten Seite den Namen
Euphorion. Der Verfasser betont an dieser Stelle das jugendliche Alter der Musik
und vergleicht sie mit einem Kind, das nicht geht, sondern schwebt: NEs berührt
nicht die Erde mit seinen Füßen. Es ist nicht der Schwere unterworfen. Es ist fast
unkörperlich. Seine Materie ist durchsichtig. Es ist tönende Luft. Es ist fast die
Natur selbst. Es ist frei."
Zwei Seiten weiter bemerkte ich ohne Überraschung, daß Busoni einen Vers
aus Faust zitiert, und zwar aus der Episode Euphorions, der himmelwärts ent-
schwebt, um nicht mehr zurückzukehren. Doch seine schweren, nutzlosen, leeren
Gewänder sind auf der Erd. zurückgeblieben. - Die Kunst Busonis hat etwas von
Euphorion, und er selbst, Sohn der südlichen Erde und des nordischen Gedankens,
gleicht er nicht Euphorion, dem Sohne Helenas und Dr. Fausts? So lange Busoni
diese Kunst auf die Interpretation bekannter Werke anwendet und durch ein
Instrument vermittelt, das uns so vertraut ist wie das Klavier, fühlen wir uns sicher
und schwindelfrei, weil diese Werke und besagtes Instrument den Kontakt zwischen
uns und der Wirklichkeit aufrecht erhalten. Er gibt uns sogar einen Maßstab,
damit wir die Höhen abschätzen können, zu denen uns der Künstler emporträgt
und damit wir bei aller Begeisterung doch nicht den Halt verlieren. So lange die
irdische Wirklichkeit unseren Blicken nicht ganz' entschwindet, folgen wir ihm mit
ungetrübtem Entzücken in diese Regionen des Äthers. Durchschneidet aber Busoni,
wenn ich mich so ausdrücken darf, die Seile des Luftballons - entführt er uns
ohne Kompaß und Karte auf die verwegensten Flüge seiner entfesselten Phantasie,
so empfinden wir einerseits das Bleigewicht unserer Füße hemmend und bedrückend,

10
anderseits jedoch überkommt uns ein Angstgefühl, daß wir unsere irdische Schwer-
kraft vollends verlieren könnten.
Für einen Maurice Barres+ ist die wahre Schönheit der Landschaft in der licht-
vollen reinen Atmosphäre Italiens zu suchen. Nicht aber in den wildgezackten
Schweizer Bergen, die allzu dicht vor unseren Augen ihre romantischen Felsenwände
übereinandertürmen.
So glaube ich, daß auch Busoni die Wolkenlandschaften mit ihren flüchtigen
Linien und Schattierungen, die sich auf dem blauen Himmelsgrund bilden, den
unbeweglichen Bergmassen des Rigi oder Wetterhorns vorziehen würde. Was uns heute
paradox scheint, ist morgen bereits Wirklichkeit. Wer weiß? Vielleicht wird man
schon in allernächster Zukunft auf dem Luftwege, statt mit der Drahtseilbahn Berge
erreichen, auf deren Gipfel als höchste "Zierde" das Palace-Hotel, dem Terminus
benachbart, thront.
Ebenso wie unsere Vorstellungen vom Reisesport werden sich dann auch unSere
ästhetischen Begriffe wandeln. Man gewöhnt sich nicht an das Unerreichbare: man
erwünscht es, aber man hat Angst davor. Und man liebt es erst, sobald es nicht
mehr unerreichbar ist. Wenn erst Luftzüge fahrplanmäßig die Wolken durchqueren
werden, dann wird unser Sinn nur noch auf diese schwebenden Licht- und Himmels-
landschaften gerichtet sein und sie allein werden unser Gemüt ergreifen. Eine Musik,
wie sie Busoni erträumt, wie er sie in seinem Spiel gestaltet und in semem Werk zu
schaffen unternimmt, entspricht vollkommen diesem Flugideal, dessen Schwingen
wir seit zehn Jahren täglich näher und lebensvoller rauschen hören. Nicht ohne
Grund konstatiert Busoni seit 1906 einen analogen Fortschritt in der Musik (nur
vergißt er zu erwähnen, wie sehr er selbst daran beteiligt ist).
Wie in allen Dingen, so auch in der Kunst wurzelt die Erkenntnis der Zukunft in
den Zweifeln der Gegenwart. Aufgabe des Genies ist es, uns jene zu offenbaren oder
wenigstens zu verkünden, während wir noch mit diesen kämpfen. Ist es verwunder. .
lieh, daß diese Zweifel heute anKlängen rühren, die vielleicht morgen schon
bestimmt sind, tönende Erkenntnis zu werden? Naht sich der Tag, an welchem
Secho sonore", von dem Victor Hugo spricht - nicht mehr in der Seele des
Dicbters, sondern in derjenigen des Musikers erklingen wird?
Ist der Mensch mit seinem erschöpften Gehirn, seinen überanstrengten Muskeln
müde, in Systemen Gesetze der Bewegung, in der Wissenschaft Hoffnungen, in der
Philosophie Geheimnisse und in der Poesie Symbole zu erforschen, versucht er jetzt
sogar seine Träume zu verwirklichen - stehen wir auf der Schwelle dieser Epoche?
Die von aller Materie und, wie Busoni fordert, von allen Gesetzen losgelöste
Musik, die dem Aufschwingen der Seele keine Grenzen setzt und der Hingabe des
Herzens keinen Zwang auferlegt, - diese "Urmusik" wird dann durch ihre Ur-
sprünglichkeit, ihr Schweben und die ihr eigene Verschmelzung von Eindruck
und Ausdruck nicht nur die vollkommenste Interpretin solcher Sehnsucht oder
solcher Erschöpftheit sein, sondern auch ihre machtvollste und zugleich universellste
Stimme werden.
Das stets reizvolle, zuweilen trügerische, unabhängige und wechselvolle Schaffen
Ferruccio Busanis - diese sozusagen kosmische Improvisation, die er je nach seiner
universellen Eingebung zu gestalten strebt, gibt uns vielleicht schon mehr als eine
bloße Ahnung dieser Zukunftsmusik.
o!< Du sang, de la volupt€- et de la mort. Nouvelle edition. Seite 216.

11
Und darum war es mein Wunsch, wenn auch nicht erschöpfend darzulegen, so
doch wenigstens darauf hinzuweisen, daß Busoni nicht nur der unvergleichliche
Virtuose, der absolut originelle Komponist, der weitschauende Denker, sondern,
wie schon erwähnt, durch die eigentliche Beschaffenheit seines Spiels, seines Genies
und seines Geistes, eine der bedeutsamsten Persönlichkeiten unserer Epoche ist.
Wir sahen einen Pianisten Staatsminister werden ... kann es uns wundernehmen,
wenn wir in einem anderen Künstler einen neuen Orpheus erblicken, der höchste
Kühnheit mit leisem Zögern paart, der sich in den Äther aufschwingt, dann wieder
durch das Erdendunkel schreitet und dessen Schaffen aus den Schmerzen unserer
Zeit wechselvolle Melodien eines vielleicht prophetischen Sanges ZU schöpfen
vermag .... ? Übertragen von Rita Boetticher, Berlin
c c

B u s o N I u N D B A c H
Von Dr. Hugo Leichtentritt, Berlin
In dem Lebenswerk Busonis spielt Joh. Seb. Bach eine so bedeutsame und
eigentümliche Rolle, daß eine Schätzung des Pianisten wie auch des Komponisten
Busoni durchaus unzulänglich wäre, wollte man seine Beziehung zu Bach nicht
nach Wert und Wesen in diese Schätzung einbeziehen. Busoni selbst hat uns diese
Arbeit erleichtert, indem er uns in bisher sieben Bänden seine gesammelten
Bach-Studien vorgelegt hat. Prüft man diese bei Breitkopf und Härtel erschienenen
gewichtigen Bände des näheren, so zeigt sich deutlich, in welcher Weise Busonis
Kunst von Bach befruchtet ist, darüber hinaus auch, welche Fäden von der Hoch-
blüte des 18. Jahrhunderts hinüberführen in die Kunst des 20. Jahrhunderts.
Hans von Bülow hat irgendwo einmal gefordert, es müßten ähnlich den italienischen
Dante-Akademien auch Bach-Akademien eingerichtet werden, in denen die bei
Bach aufgehäuften gewaltigen Probleme, in Muße studiert, systematisch ihrer Lösung
zugeführt werden. Eine solche Bach-Akademie sind auch Busonis Bach-Studien,
wenigstens was die reine Instrumentalmusik angeht. Es ist bezeichnend für die
Perspektive der Busonischen Kunst, daß sie die geistliche, strenger genommen
kirchliche Kunst Bachs, die Kantaten, Passionen, Messen aus ihrem Bereich aus-
schließt und nur mehr der absoluten Musik, sozusagen dem metaphysischen Bach
sich zuwendet.
Als Einführung muß der erste Band gelten, in de,m die _Lehrstücke", die kleinen
Pr.ludes, zwei- und dreistimmige Inventionen der klavier-pädagogischen Erfahrung
und Beleuchtung Busonis unterworfen werden. In Fingersätzen, Phrasierungen,
stilistischen Hinweisen, Bemerkungen über Form und Ausdruck wird hier ästhetischer
Wert, klavieristische und musikalisch-formale Bedeutung dieser kleinen Stücke
erschöpfender und fruchtbringender dargelegt, als es bis dahin irgend einer früheren
Ausgabe gelungen war. Die beiden Bände, die sich mit dem wohltemperierten
Klavier befassen (Band 5 und 6), greifen ihrem Inhalt gemäß noch viel tiefer an
außerordentlich bedeutsame Probleme der musikalischen Erfindung, Gestal tung,
der pianistischen Mechanik. Will man den richtigen Standpunkt zu ihnen gewinnen,
so muß man daran denken, daß Busoni immer nur die lebendige Praxis der
Gegenwart vor Augen hat, nicht von historischen, archäologischen Erwägungen

12
sich leiten läßt. Er übersetzt, kurz gesagt, das wohltemperierte Klavier aus dem
Idiom des alten Klaviers in die Sprache des modernen Flügels. Dies geschieht
radikal, aber mit außerordentlicher Folgerichtigkeit, bewundernswerter Feinfühligkeit
und Hingabe an den BachschenGeist. Keine Frage für mich, daß manches Stück
sich erheblich anders ausnimmt, als es auf dem dünnen, feinen Kielflügel Bachs sich
mag präsentiert haben, der in Technik und Klangmöglichkeiten viel stärker sich
von unserem Klavier unterscheidet, als die meisten Musiker glauben. Ebenso sicher
jedoch erscheint es mir, daß anderseits das alte Clavecin ein nur unvollkommenes
Ausdrucksmittel war für manche Klangfantasien, denen unser Flügel mit semem
sonoren Ton durchaus mehr Gerechtigkeit widerfahren läßt.
Wie dem auch sei, da wir Bach auf dem Flügel spielen müssen, ist es eine
Frage von großer praktischer Bedeutung, wie man Bach dem Wesen des neuro
Instrumentes anpaßt, und auf diese Frage gibt Busonis Ausgabe eine so erschöpfende,
geistvolle und stilgerechte Antwort, wie keine Interpretation vor ihm. 'Der erste
Teil des wohltemperierten Klaviers in Busonis Auslegung, viel früher entstanden
als der zweite, geht mehr auf das Klavieristische ein, zieht in überraschender Weise
die Folgerungen aus Bachs Spieltechnik, zeigt die Zusammenhänge zwischen der
älteren Spielweise und der neueren virtuosen Klavierbehandlung, zumal Liszts.
Daneben die Fülle feinsinniger Winke über Form und Gehalt, Kontrapunktik und
Harmonik dieser Meisterstücke. Im zweiten Teile wird die tiefsinnige Tonsymbolik,
die erstaunliche Logik und Architektonik der Bachsehen Gebilde in tiefgründigen
Bemerkungen und Erläuterungen noch eindringlicher behandelt. Bach, der Gotiker
und Mystiker, wird hier dem Spieler erschlossen und näher gebracht. Dem ernst
strebenden Musiker gibt Busoni hier Winke von faszinierendem intellektuellem
Reiz, von einer schon beinahe metaphysisch, übersinnlich vergeistigten Klarheit der
Einsicht, die dennoch nicht im kühlen, mathematischen Verstand sich bescheidet,
sondern in reiner Flamme des Empfindens glüht: leidenschaftliches Sehnen, geläutert
im Feuer des zu höchster Klarheit des Anschauens sich durchringenden Geistes,
eine priesterliche Weihe und Erhabenheit des Gefühls und Ausdrucks, eine in ihrer
spirituellen Anmut entzückende Leichtigkeit der Bewegung, in diesem Geiste stellt
Busoni, ein tief verstehender und mitfühlender Deuter, die Bachschen Tonmysterien
und Klangspiele dar.
Ein großer Teil von Busonis Arbeit als Tonsetzer ist den Transkriptionen
gewidmet, zum~1 den Übertragungen Bachseher Orgelwerke auf das Klavier. Die
Transkription als Kunstgattung hat Bach selbst mit großer Kunstfertigkeit und
Freiheit geübt, sie kam jedoch nach ihm fast ein Jahrhundert lang in Vergessenheit.
Erst Liszt hat sich der Übertragungskunst mit genialer Beherrschung der Mittel
wieder zugewendet und die Gesangsliteratur, das Orchester, die Orgel, die Oper in
den Bereich seines allumfassenden Klavierspiels gezogen. An die bekannten Liszt,
sehen Übertragungen von Bachs Orgelwerken knüpft Busoni an, in dieser
Sondergattung sein Vorbild noch um ein beträchtliches an Vollendung überbietend.
Es kommen hier in Betracht eine Reihe von Choralvorspielen, Präludien und
Fugen (Es dur, D dur), Toccata und Fuge (D moll), Toccata C dur, die Violin'
chaconne, in gewissem Sinne auch die Ausgabe der Goldberg,Variationen und der
Chromatischen Phantasie. Mit diesen Bearbeitungen ist die Klavierliteratur um
eine Reihe gewaltiger Kunstwerke bereichert, die dank der überlegenen Satzkunst
des Bearbeiters eminent klaviermäßig gesetzt sind, dabei aber dennoch dem

13
Klavierklang neue, von der Orgel herübergenommene Farben und Klangwirkungen
ermöglichen und die Technik des Klavierspiels erweitern. Dem polyphonen Spiel werden
hier neue Aufgaben gestellt und neue Möglichkeiten erschlossen. Früher für zwei
Hände unausführbare Verwicklungen der Stimmenführung lehrt Busoni auszuführen,
und zwar mit einer erstaunlichen klanglichen Wirkung. Macht und Fülle, Glanz
einerseits und in mystischem Dämmer leise verhallende Klänge anderseits
umgrenzen hier eine weite Stufenleiter von Klangflächen in orgelmäßigem Sinne,
die dem Klavierspiel früher fremd waren. Durch konsequente Ausnützung sämt-
licher Oktaven der Klaviatur in ihrer Klangeigentümlichkeit, durch sorgsam
ausgewählte Verdoppelung in Oktaven, Terzen, Sexten, Dezimen, durch Über ...
springen von einem oder mehreren Oktavräumen zwischen rechter und linker
Hand, durch präzises Akkordspiel, Druckspiel, möglichste Ausschaltung des ar-
peggierten Akkords, durch sehr verfeinerte Pedalbehandlung holt Busonis Satzweise
aus dem Klavier einen Klang heraus, der den vielfarbigen Orgelregistern nachgeahmt
ist, dabei aber dennoch einer durchaus legitim klavieristischen Technik entspringt,
dem Instrumente nichts aufzwingt, was seiner Natur zuwider ist. Will man bemerken,
um wieviel Busoni feinhöriger und farbenreicher schreibt, als Liszt und seine
Schule in ihren immerhin schon durchaus hochschätzbaren Übertragungen, so
vergleiche man Takt für Takt und Note für Note Tausigs und Busonis
Fassungen der Toccata und Fuge in D moll. Zu einem ganz besonderen Meisterstück
der Übertragungskunst gerät Busoni die Chaconne. Hier handelte es sich ursprünglich
nicht um den gewaltigen Klangapparat der Orgel, sondern um den beschränkteren
der Solovioline. Es gilt hier nicht zu reduzieren, sondern umgekehrt, zu vergrößern,
entwickeln. So erstaunlich und unerhört Bachs Leistung für die Violine immer
bleiben wird, so muß man doch sagen, daß die konstruktive Idee Bachs auf der
-Violine immer nur andeutungsweise skizziert werden kann und erst in Busonis
Ausgestaltung in ihrem vollen Glanz, ihrer ganzen Macht sich entfaltet, dank der
großen Möglichkeiten des Klaviers. Man muß dies Meisterwerk der Übertragungs-
kunst mit anderen Versuchen (zum Beispiel Brahms' ziemlich dürftiger Übertragung
für die linke Hand) vergleichen, um seinen vollen Wert zu ermessen. Dem Klavier
ist hier nicht nur ein Konzertstück von blendender Wirkung gewonnen, sondern
einem gewaltigen Musikstück ist hier eine Interpretation gegeben, die sein Wesen
von neuer Seite her ganz unerwartet und eindringlich beleuchtet, dazu beiträgt, es
·in seiner vollen Größe erkennen zu lassen.
Als Interpretation ist ganz ähnlich auch die Ausgabe der .Chromatischen
Fantasie" 'zu bewerten, deren tiefe Eindringlichkeit wiederum klar ersichtlich
·wird, wenn man sie mit der aller näheren Erläuterungen baren, schlichten Nieder...
schrift Bachs vergleicht oder mit anderen neueren Ausgaben, auch die Bülowsche
nicht ausgenommen. In dieselbe Klasse gehört die konzertmäßige Fassung der
"Goldbexg. . Variationen"", die in ihrer ursprünglichen Fassung für zwei ...manualiges
Clavecin auf unserem Flügel teils unausführbar, teils nicht recht wirksam sind,
zudem gemeinhin den Spieler mit der Füll~ ihrer, den meisten kaum verständlichen
Verzierungen in erhebliche Verlegenheit setzen. Ähnlich steht es mit dem unter-
haltsamen "Capriccio über die Abreise des geliebtesten Bruders~~t dessen verschnörkelte,
dem Klavichord angemessene Rokokograzie unserem modernen Flügel anzupassen
eine nicht leichte Aufgabe ist. Es wäre hier auch die Ausgabe des Klavierkonzerts
D moll zu nennen, die dem Konzertsaal unserer Zeit dies Meisterstück in einer

14
(keineswegs überflüssigen) Auffrischung darbietet, aus dem Geiste des starktönigen
neuen Flügels heraus, alles stärker profiliert als im Clavecin.. Original.
In das Gebiet der satztechnischen, kontrapunktischen Studien, anschließend an
manche der Erörterungen aus dem zweiten Bande des wohltemperierten Klaviers
greifen die Arbeiten über das kontrapunktische "Urmotiv U , an einer A moll.. Fuge
samt Präludium erläutert: ein interessanter Beitrag zur Technik des figurierten
Kontrapunkts. Demselben scharfen Blick für Linie und Struktur gelingt auch eine
Auflösung der vertrackten Kanons aus dem "Musikalischen Opfer", die vor früheren
Versuchen viel voraus hat und den Virtuosen des Kontrapunkts willkommene
neue Einsichten in die Technik der verwickeltsten Kanonik gewährt. Der tief-
schürfende, an Bach geschulte Theoretiker hat uns auch eine im siebenten Bande
mitgeteilte Studie über eine verbesserte Klaviernotenschrift geschenkt. An der
chromatischen Fantasie wird dieser sehr beachtenswerte, bisher kaum. genügend
gewürdigte V ersuch erprobt.
Zieht man die Gründlichkeit, Dauer und Zahl dieser Bach-Studien in Betracht,
so erscheint es selbstverständlich, daß auch der Komponist Busoni vom Interpreten
nachhaltig beeinflußt worden ist. In der Tat läßt sich diese Nachwirkung Bachschen
Geistes und Bachseher Technik in den meisten der späteren Werke Busonis nach...
weisen, und zwar im Sinne nicht einer schulmäßigen Nachfolge, sondern einer
Befruchtung, die organische Zusammenhänge schafft, dabei jedoch persönlicher
Ausdrucksweise, individueller Künstlerschaft nicht abträglich ist. Der vierte von
den Bach..Bänden enthält "Kompositionen und Nachdichtungen ll , die in unmittel...
barem Zusammenhange mit B;;.ch stehen. Weitaus am gewichtigsten unter diesen
Arbeiten ist die gewaltige "Fantasia .contrappuntistica"t ohne Zweifel das monu. .
mentalste Klavierstück des zwanzigsten Jahrhunderts, sogar seit den Brahmschen
Klaviersonaten und Händel-Variationen. Eine Fugenfolge aus Bachs "Kunst der
Fuge" liegt zu Grunde; jene verwickelte unvollendete Tripelfuge, über deren
Ausarbeitung Bach gestorben ist, wird hier mit einer staunenswerten kontrapunktischen
Kunst ausgebaut und in ein mächiges Tongebäude eingefügt, dem ein tiefernstes,
mystisches Präludium als Portal dient, ein visionäres Intermezzo samt Variationen
als Plattform, auf der sich ein hochgetürmter Gipfel ragend erhebt, jene dicht-
verschlungene, innerlich so stark erregte vierte Fuge samt Choral und Stretta.
Die "kleinere Ausgabe" der Fantasia contrappuntistica, bestehend aus einem
einfacheren Choralvorspiel und vier Fugen, kann an Größe und Gewalt keineswegs
mit der Urfassung sich vergleichen, ist eher, obschon später entstanden, praktisch als
Vorstudie anzusehen. Die "Fantasia nach joh. Seb. Bach" in F moll, auf Bachsehe
Choralmelodien gegründet, weitet sich zu einem melancholisch, schmerzerfüllt
beginnenden, zu gefaßter Stimmung sich erhebenden und trostvoll verklärt aus-
laufenden Tongedicht: es ist gewidmet dem Andenken an Busonis verstorbenen
Vater. Hier einzuordnen wäre auch die Improvisation über das Bachsehe Chorallied:
ttWie wohl ist mir, 0 Freund der Seelen", die den siebenten Band der Bach. .
Studien ziert. In einer neuen Fassung für zwei Klaviere gibt sie ein ursprünglich
• Stück Musik wieder, mit vielfachen Varianten,
der zweiten Violinsonate zugehöriges
Verfeinerungen, neuen Ausblicken, die den Stand der Busonischen Kunst in diesen
letzten Jahren kennzeichnen. Auch die kleine Sonatina brevis "in signo Joannis
Sebastiani magni ll gehört in diesen Zusammenhang: sie benutzt Ba.chs kleine
Fantasie und Fuge zu einer Umdichtung, die gerade in den Freiheiten, die sie

15
sich nimmt, den Standpunkt des Linienkünstlers Busoni klar beleuchtet. Eine
wertvolle, unvollständige C moll...Fuge Bachs (im vierten Band), von Busani mit
einer würdigen Ergänzung versehen, bereichert in ihrer Zusammenstellung mit der
C moll..Fantasie und dem Adagio die Klavierliteratur um eiD gehaltvolles Vortragswerk.
Aber auch durch eine lange Reihe der Busonischen Originalwerke zieht sich die
Bachsehe Weise kenntlich hindurch. Sie nimmt in der Tat eine ganze Hälfte des
Busonischen Schaffens in Anspruch, während die andere Hälfte dem graziösen,
fantastischen, romanischen Spieltrieb überlassen ist. Ob man die Variationen der
zweiten Violinsonate betrachte, oder die fein gezogenen Linien der Klavier...
sonatinen, die späteren Orchesterpartituren in ihrer Beschränkung auf klingende
Stimmen, ihrer Vermeidung bloßer Füllstimmen, Verdoppelungen, überall ist das
Gefühl für die Schönheit, den Ausdruckswert der linearen Kontur in einer Reinheit
ausgeprägt, die sich direkt von Bach herleitet. Dennoch sind aus dieser Linienkunst
neue Folgerungen gezogen, im Sinne des neuen harmonischen Bewußtseins: die
Logik des Stimmengefüges führt zu neuen Zusammenklängen, die ihre Berechtigung,
ihren Sinn, ihre Schönheit eben aus dem Miteinander aufs sorgsamste geführter
Einzelstimmen ziehen. Erstaunlich die Kraft der Bach-Renaissance: ob sie sich an
Mendelssohn, Brahms, Wagner, Cesar Franck, Busoni, Reger erprobe, immer ist sie
in anderem Sinne fruchtbar, führt sie zu neuen Ausblicken. Man möchte glauben,
es handle sich nicht so sehr um das Vorbild des einen Künstlers Bach, sondern
daß in ihm in größter Klarheit und Tiefe sich ein ewig wahres Grundprinzip aUer
künstlerischen Musik überhaupt ausspreche. In diesem Sinne betrachtet, erscheint die
Bach . . Renaissance als eine Rückkehr zu den Quellen, als ein Jungbrunnen, der ganzen
Geschlechtern, Jahrhunderten frische Kraft zu spenden· begnadet ist. Nur gilt es,
den Weg zu ihm zu finden. Einen dieser Wege hat Busoni gebahnt und erheUt,.
seiner eigenen Künstlerschaft zur Ehre, der' musikalischen Kunst zum rüstigen,..
naturgemäßen Fortschreiten, neuen, ihrer Zeit angemessenen Zielen entgegen.
o 0

DAS STILPROBLEM DER NEUEN


KLASSIZITÄT IM WERKE BUSONIS.
Von Philipp Jarnach, Zürich
Wenn im folgenden der Versuch aufgestellt wird, aus einer Reihe tiefer Ein-
drücke, die ich in den letzten fünf Jahren von Busonis Schöpferturn empfing, das
ästhetische Ergebnis zusammenzufassen, so muß ich vorausschicken, daß der Rahmen
dieser knappen Skizze eine Aussprache über einzelne Werke des Meisters nicht
zuläßt; mir liegt zunächst und vor allem dar an, Geist und Ziele dieser Musik über-
haupt, soweit mir offenbar und ihre überragende Bedeutung inmitten der modernen
Kunstgeschehnisse festzustellen.
Über einen gewissen Grad musikalischer Kultur hinaus wird es dem Auf-
nehmenden schwer, sich die Fähigkeit voraussetzungslosen, unbefangenen Heran. .
tretens an das Kunstwerk zu bewahren; selbst der Laie neigt dazu, alle bedeutsamen
Neuerscheinungen nach einigen wenigen Stichworten zu registrieren und in
Kategorien einzuteilen. Dabei werden die äußeren - vielleicht zufälligen! -
Eigentümlichkeiten der Ausführung, klangliche Einzelheiten herausgegriffen und als

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Stilmerkmale hingestellt, während deren Ursprung - ein Ausdrucksproblem - ver'
borgen bleibt. So gilt der Komponist Busoni manchenorts als ein kühner Innovator,
"ls Verfechter .modernster" Kunstnormen, der die Schranken der Tradition längst
durchbrochen, um sich neuen, rätselhaften Zielen zuzuwenden. Was diese Ziele
indessen sein sollten, wird selten näher untersucht. Die kritische Analyse ist - von
geringen Ausnahmen abgesehen - daran gewöhnt, alles vom Gesichtspunkte des
Bestehenden aus zu beurteilen; dem Neuent Unverhofften, versucht sie von der
formalen Seite beizukommen - auf umgekehrtem Wege den Schaffensvorgang zu
rekonstruieren. Aber die Deutung versagt im Augenblick, wo die Form über den
engen Begriff sinnfälliger Periodizität hinauswächst; auch sind ästhetische Schluß,
folgerungen auf Grund der technischen Eigentümlichkeiten des Kunstwerkes nicht
ohne weiteres einwandfrei, und in dieser Hinsicht entfalten die Theoretiker ganz
umsonst die Schätze ihrer beredten Sachlichkeit. Da hört und liest man von
.hemmungsloser Erweiterung der Zusammenklangsmöglichkeiten" , .Aufhebung der
Tonartlichkeit" und .Verzicht auf symmetrische Gliederung" ••• Worte, jeder B.,
deutung bar für denjenigen, der in der Kunst Schönheit und die Bestätigung jener
zeitlosen Geistigkeit sucht, welche dem Leben Kraft und Sinn erhält.
Was wir Technik nennen, das Ergebnis einer langen, harten Auseinandersetzung
mit der Materie, ist eine persönliche Angelegenheit des Künstlers, die sein
Verhältnis zur Außenwelt nicht berührt. Busoni kennt keine starren Grundsätze;
sein allseitiges Können hat jede Formel längst überwunden und seine Satzkunst
ist ebensowenig wie seine Harmonik an irgendein System gebunden: ihre Mittel
wechseln mit der selbstgestellten Aufgabe. Ja, mir scheint sogar, daß der .Einfall" bei
Busoni zunächst an keine bestimmteKlangvorstellung geknüpft ist; diese ergibt sich von
selbst durch intensive Konzentration, als natürlicher, vollkommen adäquater Aus...
druck einer zum Erlebnis gesteigerten Empfindung. Es geht schon deswegen nicht
an, die Tatsachen des Einzelwerkes zu verallgemeinern; es sind jeweils durch das
Wesen der Konzeption bedingte Kennzeichen einer Tonsprache, welche nicht aus . .
sch1ießen~ sondern bereichern, und nirgends mehr sein will als ein klarer, strenger
Ausgleich mit den Notwendigkeiten der Gestaltung.

Zwei große Perioden in der Geschichte der Musik, die vorklassische - poly'
phone - und die klassische - symphonische - liegen heute vor uns abgeschlossen.
Aus der Verschme1zung beider Prinzipien wird ein neuer Stil entstehen, der die
Vorbedingungen einer monumentalen Entwicklung in sich vereinigt, "ein melodischer
Stil," schreibt Paul Bekker, "der an bildender Kraft dem der alten polyphonen
Kunst gleich ist, ohne ihn nachzuahmen, der ihm also nur der Art, dem Prinzip
nach verwandt ist, und nun, innerlich angeregt durch den formalen Reichtum der
polyphonen wie der harmonischen Kunst, eine neue Art formbildender Kraft aus
sich heraus gebiert." ~ Dieser Stil bedingt eine auf kontrapunktischer Grundlage
beruhende Schreibweise, welche, unabhängig von der periodenmäßigen Einteilung,
dem plastischen Faktor homophoner Ausdrucksmöglichkeiten Rechnung trägt, eine
Schreibweise, in welcher die Harmonie nicht mehr bestimmend und begtenzend
auf den melodischen Strom einwirkt, sondern umgekehrt die Melodie als
... Paul Bekker: "Neue Musik.'" Erich Reiß .. Verlag. Berlin 1919.

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Bewegungsenergie den akkordlichen Widerstand durch größere Spannkraft bricht
und ihre Linie behauptet.
Das ganze bisherige Werk Busanis ist ein steter Aufstieg in dieser Richtung;-
mit genialer Intuition erkannte er den Weg, auf welchem eine Weiterentwicklung
und eine Genesung der Tonkunst nach den barocken Stilerscheinungen der N eu-
romantik möglich geworden war; diesen Weg hatte er schon beschritten zu einer
Zeit, da die Programmusik in vollster Blüte stand und er mit seiner Erkenntnis
einsam war. Heute aber, wo das Problem sich gebieterisch ankündigt und zur
Lösung drängt, steht Busoni im Mittelpunkt der Forderung und sein Wirken ist
Beweis zugleich und Verwirklichung dessen, was als innerster Kern der Evolution
jetzt erkannt wird: Befreiung vom harmonisch-symmetrischen Dogma, Rückkehr
- oder vielmehr Vordringen - zum linearen Stilempfinden.
c

Im Gewebe dieser Musik hat der einzelne Klangkomplex aufgehört, als Selbst-
zweck irgend eine Rolle zu spielen; nicht der "abstrakte Klang 4 , wie Leichten...
tritt in seiner trefflichen Biographie meint,>!< sondern die Überwindung des
Klangsinnlichen zugunsten des melodJschen Ausdrucks ist das Ziel
dieser vergeistigten Tonsprache:!<>!< Wie Busoni es allmählich erreichte, welch starke
Einheitlichkeit trotz allem scheinbar Sprunghaften und Experimentellen seine ganze
Entwicklung beherrscht, wird jeder gewahr, der auch seine früheren Werke unter
diesem Gesichtspunkt betrachtet. Ein mächtiger Künstlerwille tut sich in ihnen
kund, ein Wille, der alle Hindernisse bezwang, welche ihm Erziehung und Milieu
entgegenstellten. Wieviel Energie, Selbstlosigkeit und Mut dazu gehörte, kann man
an der Tatsache ermessen, daß der junge Busoni schon in seinen ersten Kammer..
musikwerken im Besitz: der vollen Meisterschaft im herkömmlichen Sinne war>I<·l<-1<
und diese sichere Basis verließ, um sich auf ein Gebiet zu begeben 1 das keineswegs
Gelingen verbürgte.
Der Anstoß zur Wendung war ohne Zweifel eine instinktive Reaktion gegen die
Programmusik. Busoni sah deutlich, daß eine Ästhetik, die das Begrifflich-Gegen-
ständliche zum Ausgangspunkt der musikalischen Konzeption machen will und
bildhaft-dichterische Wirkungen durch symbolische Motivik zu erreichen sucht, die
Musik ihrer wahren Bestimmung entfremdet und ihr Fesseln auferlegt, die der
freien Entfaltung ihrer eigensten Ausdrucksmöglichkeiten verderblich sind.t Die
Lösung erblickte er zunächst in der Befreiun g der Musik vom Li terarischen;
darüber hinaus mußten die Stilgrundlagengeschaffen werden, auf denen ein Weiter-
schreiten möglich war, ohne der starren Systematik erschöpfter Formeln zu verfallen.
:e
An diese doppelte Aufgabe hat Busoni seine ganze enker- und Künstlerkraft
gesetzt. Die Frage, ob er sie zU erfüllen vermochte, dürfen wir heute mit freudiger
oio Hugo Leichtentritt: ffFerruccio Busoni.u (Seite 86.) Breitkopf und Härtel, Leipzig 1916.
++ Der späte Beethoven hatte bereits diesen Weg gewiesen. Paul Bekker spricht von den
drei großen B dur..Fugen der op. 106, 123 und 133. Diese sind die bedeutendsten, aber nicht
einzigen Beispiele dieser Art; zu erwähnen wären u. a. noch der Schlußsatz der D dur..Sonate
für Violoncell und Klavier und die letzte Variation im langsamen Teil des Quartetts op.132.
Ii'++ Ich nenne hier nur das D moll ...Streichquartett (1888), das den Vergleich mit den damaligen
Meisterwerken der Gattung - zum Beispiel Brahms' - in jeder Hinsicht aushält.
t Siehe im "Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunstll (Insel..Verlag, Leipzig 1916) die
Stellen, in denen Busoni seine Ablehnung der Programmusik begründet.

18
Gewißheit bejahen. Keine der Errungenschaften früherer und jüngster Vergangenheit
hat er je als Gesetz anerkannt; aber er prüfte sie alle und bediente sich ihrer mit
ordnendem Bewußtsein. Scheinbar mühelos hat dieser große Geist die Ketten her . .
gebrachter Konvention von sich gestreift; seine von reiner Empfindung und un ...
versieglichcr Phantasie getragene Kunst ist k 1ass i s c h im vollen. tiefen Sinn des
Wortes; in ihr münden die Ergebnisse einer großen Entwicklung, welche nicht
unabänderliche Gesetze schuf, wohl aber unendliche Richtungen wies. Kein Formen..
schema beherrscht sie; aber eine zu Geist gewordene Form, Form als Stil, als -
Erlebnis. Sie realisiert die Synthese dessen, was Busoni die neu e K 1ass i z i tä t
nennt - mit diesem Wort das Wiedererwachen eines Begriffes kennzeichnend, der
über alle Erscheinungen hinweg sich ewig durchsetzen wird~
o 0

AUFZEICHNUNGEN UND TAGEBUCHBLÄTTER


Von Ferruccio Busoni, Berlin
An die Jugend
Es gibt zu allen Zeiten Jugend und sie ist stets die nämliche: - zuerst gläubig,
begeistert, großmütig und folgend; - dann überlegen, selbstsüchtig, spöttisch und
trennend; - bis eine neue Jugend ihren Platz eiilnimmt.
Der Jugend gehört meine Liebe und soll fortan gehören. - Ihre unmöglichen
Pläne, ihre unbefangenen Fragen, ihre entwaffnenden Einwürfe, ihr trotziger
Widerspruch, ihre rasch schlagenden Herzen, - sie wühlen die Erde auf und streuen
in sie neuen Samen.
Die der Jugend vorausgehen, sollten sich fühlen als der Erdboden, der den neuen
Samen willenlos aufnimmt, und in reifer Kraft überraschende Pflanzengebilde hervor-
bringt.
Meine Ehrfurcht gehört der Jugend und ihr mein Dank. Sehr schön, aber leider
optimistisch. Die Jugend ist meistens konservativ und ihre Versprechen sind trügerisch.
Das Alter ist entweder beschränkt, wohlwollend oder bissig. - Die "Guten"
stehen in jedem Alter allein.
So empfunden 3. August 1909.
o
Mozarts 150. Geburtsjahr
So denke ich über Mozart : Er ist bisher die vollkommenste Erscheinung
musikalischer Begabung.
Zu ihm blickt der reine Musiker beglückt und entwaffnet auf.
Sein kurzes Leben und seine Fruchtbarkeit erhöhen seine Vollendung zum Range
des Phä.nomens.
Seine nie getrübte Schönheit irritiert.
Sein Formensinn ist fast außermenschlich.
Einem Bildhauer. . Meisterwerke gleich, ist seine Kunst - von jeder Seite gesehen
ein vollendetes Bild.
Er hat den Instinkt des Tieres, sich seine Aufgabe - bis zur möglichsten Grenze,
aber nicht darüber hinaus - seinen Kräften entsprechend zu stellen.

19
Er wagt nichts Tollkühnes.
Er findet, ohne zu suchen; und sucht nicht, was unauffindbar wäre - (vielleicht
ihm unauffindbar wäre) -.
Er besitzt außergewöhnlich reiche Mittel, aber er verausgabt sich nie.
Er kann sehr vieles sagen, aber er sagt' nie zu viel.
Er ist leidenschaftlich, wahrt aber die ritterlichen Formen.
Er trägt alle Charaktere in sich, aber nur als Darsteller und als Porträtist.
Er gibt einem mit dem Rätsel die Lösung.
Seine Maße sind erstaunlich richtig, aber sie lassen sich messen und nachrechnen.
Er verfügt über Licht und Schatten; aber sein Licht schmerzt nicht, und seine
Dunkelheit zeigt noch klare Umrisse.
Er hat in der tragischesten Situation noch einen Witz bereit -, er vermag in
der heitersten eine gelehrte Falte zu ziehen.
Er ist universell durch seine Behendigkeit.
Er kann aus jedem Glase noch schöpfen, weil er eins niebiszum Grunde ausgetrunken.
Er steht so hoch, daß er weiter sieht als Alle, und darum alles etwas verkleinert.
Sein Palast ist unermeßlich groß. aber er tritt niemals aus seinen Mauern.
Durch dessen Fenster sieht er die Natur; der Fensterrahmen ist auch ihr Rahmen.
Heiterkeit ist sein hervorstechender Zug: er überblümt selbst das Unangenehmste
durch ein Lächeln.
Sein Lächeln ist nicht das eines Diplomaten oder Schauspielers, sondern das eines
reinen Gemüts - und doch weltmännisch.
Sein Gemüt ist nicht rein aus Unkenntnis.
Er ist nicht simpel geblieben und nicht raffiniert geworden.
Er ist temperamentvoll ohne jede Nervosität - Idealist, ohne immateriell zu
werden, Realist, ohne Häßlichkeit.
Er ist sowohl Bürger als Aristokrat; aber niemals Bauer oder Aufwiegler.
Er ist ein Freund der Ordnung: Wunder und Teufeleien wahren ihre 16 und
32 Takte.
" Er ist religiös, soweit Religion identisch ist mit Harmonie.
In ihm verbinden sich Antike und Rokoko in vollendeter Weise, doch ohne eine
neue Architektur zu ergeben.
Das Architektonische ist seiner Kunst nächstverwandt.
Er ist nicht dämonisch und nicht übersinnlich; sein Reich ist von dieser Erde.
Er ist die fertige undrunde Zahl, die gezogene Summe, ein Abschluß und kein Anfang.
Er ist Jung wie ein Jüngling und weise wie ein Greis - nie veraltet und nie
modern, zu Grabe getragen und immer lebendig. Sein so menschliches Lächeln
strahlt uns, verklärt, noch an ...

Die Deutschen (die, bei größter Verehrung ihrer Genies, mit denselben leicht
vertraulich werden) leugnen die Vortrefflichkeit Mozar!' scher Librettis; sprechen von
"schlechten" Textbüchern; obwohl:
1. der unfehlbare künstlerische Wahl-Instinkt Mozarts unbestritten bleibt;
2. die Figuren seiner Stücke lebendig geworden, ohne zu altern;
3. die Zitate aus seinen Opern sprichwörtlich;

20
4. die drei Typen: des Dramas, des Lustspiels, der symbolischen Handlung mit
ihm end gült i g aufgestellt erscheinen;
5. obwohl Goethe seine Schätzung der "Zauberflöte" als Dichtung dadurch bewies,
daß er eine Fortsetzung derselben schrieb;
6. obwohl die Schauspiel-Direktoren sich scheuen, die Originale der Mozartschen
Textbücher als gesprochene Dramen darzustellen (darunter literarische und dramatische
Meisterstücke, wie Tirso de Molinas "Don Juan Tenocio" (EI burlador de Sevilla).
Beaumarchais' "La folle journee" (Le mariage de Figaro). -
Trotz alledem sprechen die deutschen Kunstästhetiker, Kritiker, Historiker gegen
die Textbücher Mozarts. Sagt dagegen schön Grillparzer (1822):
"Wenn der Text der Oper Don Juan, die Moz.rt komponiert hat. unmittelbar,'
wie nicht zu zweifeln, aus Molieres "Festin de pierre" gezogen ist, so kann man
der Kunst des Bearbeiters, seiner Kenntnis dessen, was zur Oper gehört, ,und tiefen
Einsicht in das Wesen der Musik. nicht genug Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Die Bearbeitung ist ein Must~r für alle ähnlichen, und Kin d hätte wohlgetan, sie
sich bei seinem Freischütz zum Muster zu nehmen.
Cl

Versuch einer Definition der M e Iod i e:


eine Reihe von wiederholten. (1) steigenden und fallenden (2) Intervallen, welche
rhythmisch (3) gegliedert und bewegt, eine latente Harmonie (4) in sich enthält und
eine Gemütsstimmung (5) wiedergibt; die. unabhängig von Textworten als Ausdruck,
(6) unabhängig von Begleitstimmen als Form (7) bestehen kann und besteht; und
bei deren Ausführung die Wahl der Tonhöhe (8) und des Instrumentes (9) keine
Veränderung auf ihr Wesen ausübt.
(Die als eingeklammerte Ziffern angezeichneten neun Argumente müßten erklärend
kommentiert werden.)
Diese "absolute" Melodie, zuerst ein selbständiges Gebilde, vereinte sich in der
Folge mit begleitender Harmonie und verschmolz später mit dieser zur Einheit;
aus der neuerdings sich loszulösen und zu befreien die stetig fortschreitende Poly...
Harmonik ihr zum Ziel macht.
Im Widerspruch zu eingewurzelten Gesichtspunkten muß hier behauptet werden,
daß die Melodie fortwährend sich entfaltet hat. daß sie an Linie und Ausdrucks-
fähigkeit gewachsen ist und daß sie dazu gelange:q muß. die Universalherrschaft in
der Komposition zu erringen.

In den P 0 e - Ausgaben, die ich besitze. befinden sich mehrere sorgfältig behandelte,
gut charakterisierte Porträts des Dichters. Aber ein mit wenigen geätzten Strichen
von Manet dargestelltes Bild Poes res Li m i e r t sämtliche anderen Bilder, und ist
erschöpfend. Sollte nicht auch die Musik dahinstreben. nur das Wichtigste mit
wenigen meisterlich hingesetzten Noten auszusprechen? Erreicht denn meine-
Brautwahl mit ihren 700 Partitur... Seiten mehr, als Figaro mit seinen sechs
begleitenden Blas... Instrumenten? Das Raffinement der Sparsamkeit scheint mir das
nächste Ziel, nachdem das Raffinement der Verschwendung gelernt worden ist.
Vielleicht wird diese die dritte Periode des ersten Buches in der Musikgeschichte

21
werden. Dann müssen neue Ausgangspunkte und neue Mittel erstehen, die
Se h n s u c h t, als welche der Orgelpunkt in der menschlichen Polyphonie ist, in
Tönen wiederzugeben. Das hieße am Ende, die Menschheit vom Schwersten erlösen.
o

Schönberg ... Matioee


Sollte der Sentimentalismus eine Wiedergeburt erfahren? Nach dem Anhören
(- Durchspielen und Mitstudieren -) von Arnold Schönbergs Klavierstücken und
Liedern hätte es beinahe den Anschein. Zerdrückte Trinen, Seufzerwehen, Windstöße
durch Bäume der Trauer, raschelnde Herbstblätter: - hier und dort ein kurzer
Trotz oder der Widerschein einer schnell verschwindenden Vorrrühlingssonne.
Dazwischen einige Eulenspiegeleien. Einsame Stimolcn schleichen rezitativ1sch in
ungeahnten Intervallen, - wir empfinden noch kaum ihre Zusammengehörigkeit.
Eine dreiste Harmonik, die durch ihre Fortgesetztheit sich selbst die Spitze abbricht
- Kurzgestrecktheit der Sätze - häufigstes Atemholen und Zurücklauschen -
Naivität in fast barbarischem Maße. Und wiederum so viel Ungezwungenheit,
Hellsicht und Ehrlichkeit.
Zum Schluß: drei Stücke auf zwei Klavieren zu acht Händen. Vor den Tastaturen
sitzen vier Jünglinge mit feinen, charakteristischen Köpfen: es wirkt fast ergreifend,
wie sie ihre jungen Intelligeuzen in den Dienst des noch Unenträtselten stellen,
hingebend und tüchtig, Im Hintergrunde des kleinen Podiums glimmen unruhig
zwei Augen, bewegt sich kurz und nervös ein Taktstock. - Man erblickt nur den
Kopf und die Hand Schönbergs, der die vier Wackeren suggeriert, ihnen mehr und
mehr von seinem Fieber mitteilt,
Ein ungewöhnliches Bild, das, durch den ungewöhnlichen Klang unterstützt, eine
Faszination ausübt.
Jedenfalls anders. als das eines Sonaten-Abends zweier königlicher Professoren.
o

Zu jeder Zeit geht der Schrei: eS gäbe heute keine Komponisten. Dichter. Maler
Das kommt davon, daß man übernommenerweise den Blick auf jene Allee von
Genies gerichtet hält, die, in perspektivischer Verkürzung geschaut, dichter gepflanzt
erscheint, als sie nachweisbar ist. Denn zwischen jedem ihrer Stämme steht
durchschnittlich ein fünfzigjähriger Abstand. Sie bilden die Ergebnisse der zurück-
gelegten Strecke. - Innerhalb dieser fünfzigjährigen Strecke regen sich die Talente.
die ~ als wie Kettenglieder - an dem vorigen Pfeiler hängen und zu dem nächsten
hinaufführen. Dieser Kettenglieder Trag- und Bindekraft zu erkennen und zu
schätzen. sei die Aufgabe und Sorge der Mit leben den. Denn die Pfeiler stehen
ohnedies fest und ragen in sichtbarer Höhe empor. Aber die MitIebenden sehen das,
was sie glauben, oder glauben wollen: sie glauben nicht, was sie sehen - oder hören.
o

Der Gang der Musikgeschichte besteht in dem normalen Treiben, dem Zurück . .
greifen und Vortasten. Genies sind die Katastrophen, die - als wie der Blitz
blenden und schrecken, dessen Getöse erst später vernommen wird. Hinterher rUT!
der Naturfreund aus: Schön war das Gewitter!
o

22
Selbst, Rezension
(1912)
Nun gibt es FäHe, wo ein Mann so von einem Erlebnis erfiHlt ist,
daß er sich gedrängt fühlt, es darzustellen .
• .. er greift zur sc:hriftIichen Mitteilung ~ als Beichte; zur über ...
tragenen Form des gestalteten Bildes - als Spiegelung. rv'Iag es Klarheit
für ihn, Aufklärung, Bereicherung für die Freunde, für Gleichfühlend~
bringen. Werbung oder Verteidigung sein, es reinigt und entlastet ihn.
jakob Wassermann in "Der Literat"

Am 19. Jänner dieses Jahres erwies mir die von Oskar Fried geleitete Gesell-
schaft der Musikfreunde die Ehre, einen ihrer Abende ausschließlich meinen Kompo ..
sitionen zu widmen. Der Abend war für nlich bedeutsam; die Ausführung war
glänzend. das Publikum aufmerksam und zur Anerkennung bereit, die Kritik -
nachträglich - im ganzen voller Achtung, von gutem Willen getragen und in der
Ansicht übereinstimmend, daß ich das Neue wolle. Mit Betonung auf das
"Wollenli. - Diesem Vorwurf hatte ich (vergebens 1) schon einmal vorgebeugt, als
ich schrieb: NDer Schaffende erstrebt im Grunde nur die Voll en dun g. Und indem
er diese mit seiner Individualität in Einklang bringt, entsteht ab sich t s los ein
neues Gesetz".
In dem Begriffe des "Schaffens" ist jener des "Neuen" enthalten; dadurch unter. .
scheidet sich das Schaffen von der Nachahmung.
Man folgt einem großen Beispiele am treuesten r wenn man ihm nicht folgt:
denn dadurch wurde das Beispiel groß, daß es sich von seinem Vorgänger abwandte.
In diesem Sinne sprach zu einer kleinen Gemeinde Arnold Schönberg, als er
bewieSt wie wenig hilfreich die tTheorie der Komposition sei; indem sie einem nUr
das Be k a n n te lehre. Der Schaffende will jedoch das Unbekannte.
Das Unbekannte aber ist vorhanden.
Es gilt nur. es zu erfassen. Es gibt kein Altes und Neues. Nur Bekanntes und
noch nicht Bekanntes. Von beidem scheint mir, daß das Bekannte bei weitem noch
den kleineren Teil bilde.
Auf dem Programm des 19,Jänner stand zuerst eine Fantasia contrappun-
tistica. Dieses Werk entwuchs dem Versuche, die unvollendete letzte Fuge
Joh. Seb. Bachs auszugestalten. Es ist eine S t u di e, (Jedes Selbstporträt Rembrandts
ist eine Studie; jedes Werk: eine Studie für das nächste; jede Lebensarbeit: eine
Studie für die Späteren,) Das Bachsehe Fragment ist auf vier F u gen geplant, von
welchen zwei vollendet und die dritte begonnen vorliegen, Das Fragment bricht ab
an dem Moment, wenn die drei Themen zum ersten Mal zusammentreffen.
Zunächst fehlte die "Durchführung" dieser drei Themen.
Eine Fuge mit drei Subjekten ist immerhin eine recht gefürchtete Aufgabe.
Aber die drei Subjekte waren gegeben, ihre Aufeinanderstellung war präzisiert und
die Themen sind kontrapunktisch-fruchtbarer Art.
Die vierte Fuge dagegen war vollends neu zu schaffen. Für das noch unaus . .
gesprochene (vierte) Thema war kein Anhaltspunkt gegeben; es wäre denn die
unabwendbare Bedingung, daß dieses vierte Thema mit den früheren
drei gleichzeitig zu erklingen hatte r also zu ihnen .. passen" mußte. Da das
Hauptthema der "Kunst der Fuge (Ton welchem Werke das "Fragmene' den
ll

Abschluß bildet) unter jenen gegebener, drei Themen .ich nie h t befand, so war es

23
leicht zu raten, daß dieses Hauptthema - als viertes - hinzutreten und so den
Kreis des Gesamtwerkes schließen sollte. Diese Frage beantwortete bejahend und
endgültig Bernhard Ziehn in Chicago und ich konnte auch diesen Teil meiner
Arbeit auf sicherem Grunde beginnen.
Aus Bachsehen Intervallen baute ich, auf diese vier, noch ein fünftes (deutlich
kontrastierendes) Thema, so daß mein Schiff nun mit fünf gespannten Segeln über
das schwierige Gewässer fuhr.
Ein fünffacher Kontrapunkt läßt 120 Umkehrungen der Stimmen zu. Hiebei
sind die Möglichkeiten der Engführungen, Umkehrungen, Vergrößerungen, Ver'
kleinerungen und der Transposition nicht mitgerechnet. Schon eine einzige Form
der Engführung ließe sich wiederum 120 mal "umkehren". Zu diesen altehrwürdigen
Mitteln aus der Rüstkammer der Schule brachte ich noch aus eigenem Vorrat die
Alteration der Intervalle, des Rhythmus und die Variation des Themas.
Die Kombinationsmöglichkeiten wurden dergestalt so unübersehbar zahlreich wie
jene des Schachspieles. Damit konnte man eine so wohl angelegte Meisterpartie
fortführen und zu Ende bringen.
Seit früher Kindheit habe ich Bach gespielt und Kontrapunkt geübt. Damals
war es mir zu einer Manie geworden und tatsächlich kommt in jedem meiner
Jugendwerke mindestens ein "Fugato" vor. Nun fand ich mich wieder als Kontra'
punktiker, wenn auch auf einem für mich durchaus neuen Standpunkt. Die ununter...
'brochene, versteckte Arbeit der Natur hatte vieles in . mir unbewußt gewirkt und
ich wurde unvermuteter Errungenschaften gewahr, die innerlich gereift waren. Von
diesen eine der wertvollsten war die durch rücksichtslose Polyphonie sich neu gestal,
tende Harmonik. So hatte ich viele Werkzeuge in der Hand zur Fertigung eines
guten technischen Bauwerkes; vOr allem aber fühlte ich mich als Künstler und mir
ist das Kunstwerk das Endziel aller menschlichen Bestrebungen. Mir erscheinen
die Wissenschaft, der Staat, die Religion, die Philosophie als Kunstgebilde und
erfreuen und erregen mich nur als solche.
Dem Künstler sind die Form, die Phantasie und das Gefühl die Unentbehrlichen,
die Bevorzugten, die, welchen er opfert, denen er sich selbst opfert. Diese trug ich
in meine Ergänzungsarbeit hinein und dadurch wurde es mein Eigenes. Ich glaubte
im Geiste Bachs zu wirken, wenn ich die letzten Möglicheiten unserer heutigen
Kunst - als organische Fortsetzung der seinen - in den Dienst seines Planes
stellte; wie ihm selbst die letzen Möglichkeiten der Kunst seiner Zeit zum Aus,
druck ,wurden. .
Die Fantasia Contrappuntistica ist weder für Klavier, noch für Orgel,
noch für Orchester gedacht. Sie ist Musik. Die Klangmittel, welche diese Musik
dem Zuhörer mitteilen, sind nebensächlich.
Als Zweites folgte am selben Abend eine Berceuse e!egiaque, ein der toten
Mutter gesungenes Wiegenlied, für eine gewählte kleine Besetzung von Streich. .
und Blasinstrumenten, Harfe und Celesta. Bei diesem Stücke, welches nun zwei
Jahre zählt, gelang es mir zum ersten Male, einen eigenen Klang zu treffen und
die Form in Empfindung aufzulösen. Um so befremdender war es mir,
mein Werk mit der Art des Franzosen Debussy verwechselt zu lesen. Diesem
Irrtum will ich entschieden entgegentreten.
Debussys Kunst fördert seine persönliche, scharf begrenzte Empfindung - aus
seInem Gemüt - in die Außenwelt: ich bemühe mich, aus dem Unendlichen, das

24
den Menschen umgibt, zu schöpfen und gestaltet zurückzugeben. Die Kunst
Debussys bedeutet eine Einschränkung, die aus dem Alphabet manchen Buch-
staben streicht und nach dem Beispiele scholastisch-poetischer Spiele Gedichte mit
Auslassung des A und des R konstruiert: mein Bestreben ist die Bereicherung, die
Erweiterung, die Ausdehnung aller Mittel und Ausdrucksarten. Debussys Musik
übersetzt die verschiedensten Gefühle und Situationen mit gleichlautenden Formeln;
ich bin bestrebt, zu jedem Sujet andere und entsprechende Töne zu finden.
Debussys Tongebilde sind parallel und homophon: die meinen wollen polyphon
und .multiversal" sein. Bei Debussy sehen wir den Dominant-Nonenakkord als
harmonische Grundlage, den Ganzton als Prinzip der Melodie, ohne daß die bei den
sich verschmelzten; ich versuch~ jedes System zu vermeiden, Harmonie und Melodie
zur unauflösbaren Einheit zu gießen. Er unterscheidet Konsonanz und Dissonanz;
ich lehre diesen Unterschied zu leugnen. Ich versuche, ich will, ich .bi n bestrebt"
- - nicht, daß ich es bereits in der Vollendung und in umfassender Weise täte,
denn ich fühle mich als Anfänger - und Debussy ist ein Abgeschlossener.
Das "Concerto" für Klavier, Orchester und Männerchor bildete die dritte und
letzte Nummer des Abends. Es ist ein Opus, welches die Ergebnisse meiner ersten
Mannesperiode zusammenzufassen trachtete und das ihren eigentlichen Abschluß·
darstellt.
Wie jedes Werk, welches in einen solchen Zeitraum der Entwicklung fällt, ist
es reif durch gewonnene Erfahrung und auf Tradition gestützt.
Es weist durchaus nicht auf die Zukunft, sondern repräsentiert die Gegenwart
seines Entstehungsmomentes. Die Proportionen und die Kontraste sind bedachtsam
verteilt und dadurch, daß der Plan endgültig feststand, bevor die Ausführung
begann, ist in ihr nichts Zufälliges.
Das Alte fällt nicht vor dem Neueren, wohl aber vor dem Besseren. Wir haben
das den Akademikern voraus, daß wir das Neue erhoffen, indem wir das Alte
ehren; daß wir leiden können und genießen zugleich; daß wir uns willig beugen,
ohne untätig zu bleiben.
c

Junge Klassizität
Nachfolgender Brief gelangte als persönliche Zuschrift aus Anlaß der
Polemik mit Hans Pfitzner an Herrn PaulBekker. Der Inhalt erschien uns.
als Beitrag zur Erkenntnis des Wesens moderner Musik so wertvoll, daß_
wir die Erlaubnis zur Veröffentlichung erbaten. Wir halten den Abdruck
für umsomehr gerechtfertigt, als hier keineswegs Bekund~.tng einseitiger
Parteinahme vorliegt f sondern das persönliche Bekenntnis eines der
führenden Künstler unserer Zeit zu seiner Auffassung von den Zielen.
der modernen Musik.

Sehr verehrter Herr Paul Bekker!


Ich habe Ihren Aufsatz "Impotenz - oder Polenz?" mit Teilnahme und
Sympathie gelesen; für manches darin Gesagte bin ich Ihnen herzlich zu Dank
verpflichtet. Wenngleich Pfitzner meine Teilnahme und Sympathie nicht ebenso
wecken kann - er wünscht diese auch nicht -, so kann ich den Zweifel nicht
ganz überwinden, daß zwischen ihm und dem, was er bekämpftf Mißverständnisse
bestehen; nicht nur glaube ich, daß wir alle - die es ehrlich meinen - das Beste,

25
das möglichst Vollkommene in der Musik erstreben - eine gemeinsame Eigenschaft,
die jede Gegnerschaft aufheben müßte - , sondern ich glaube ferner, daß es wohl
Unterschiede in den heutigen Kompositionsversuchen gibt - namentlich Unter. .
,schiede der Begabung! -, nicht aber Klüfte, die sie trennen: ich glaube, daß sie
mitsamt einander ähnlicher sind, als wir vermuten, oder uns einreden. (Anders
",teht es mit dem Unterschied der Gesinnung - - -)
Zu jeder Zeit gab es - muß es gegeben haben - Künstler, die an die letzt.
Tradition sich klammerten, und solche, die sich von ihr zu befreien suchten. Dieser
Dämmerungszustand scheint mir der stabile zu sein; Morgenröten und volle Tages-
beleuchtungen sind perspektivische Betrachtungen zusammenfassender und gern zu
Ergebnissen gelangender Historiker. - Auch die Erscheinung von einzelnen in der
Karikatur mündenden Experimenten ist eine ständige Begleiterin der Evolutionen:
bizarre Nachäffung hervorspringender Gesten jener, die etwas gelten; Trotz oder
Rebellion, Satire oder Narrheit. In den letzten 15 Jahren ist derartiges wieder dichter
aufgetreten; es fällt um so stärker auf nach dem Stillstand der Achtzigerjahre, der in
der Kunstgeschichte recht vereinzelt dasteht (und leider gerade mit meiner eigenen
Jugend zusammenfiel). Aber das Allgemeinwerden der Übertreibung - womit heute
bereits der Anfänger debutiert - weist auf die Be end i gun g eines solchen Ab-
schnittes; und der nächste Schritt, den der Widerspruch fördernd herbeiführen muß,
-ist der, der zur neuen Klassizität lenkt.
Unter einer "jungen Klassizität" verstehe ich die Meisterung, die Sichtung und
Ausbeutung aller Errungenschaften vorausgegangener Experimente: ihre Hinein-
tragung in feste und schöne Formen.
Ieh meine mit einem Worte, das vielerlei besagt: die Voll end u n g (was
Abschluß und Perfektion zugleich bedeutet).
Diese Kunst wird alt und neu zugleich sein - zuerst. Dahin steuern wir -
glücklicherweise - bewußt und unbewußt, willig oder mitgerissen,
Diese Kunst soll aber - um in ihrer Neuheit rein zu erstehen, um dem
Historiker wirklich ein Ergebnis zu bedeuten - auf mehreren Voraussetzungen
basieren, die heute noch nicht völlig erkannt sind. Als eine der wichtigsten von
diesen noch nicht erfaßten Wahrheiten empfinde ich den Begriff der Einheit in
der Musik. Ich meine die Idee, daß Musik an und für sich Musik ist und nichts
anderes, und daß sie selbst nicht in verschiedene Gattungen zerfällt; außer wenn
Worte, Titel, Situationen, Deutungen, die völlig von außen in sie getragen werden,
sie scheinbar in Varietäten dekomponieren. Es gibt keine "Kirchenu-Musik an und
für sich; sondern absolut nur Musik, der entweder ein kirchlicher Text unterlegt
<>der die in der Kirche aufgeführt wird. Ändern Sie den Text, so ändert sich scheinbar
auch die Musik. Nehmen Sie den Text ganz fort, so bleibt - illusorisch - ein
symphonischer Satz. Fügen Sie Worte zu einem Streichquartett-Satz, so entsteht
eine Opernszene. Spielen Sie den ersten Satz der "Eroieall zu einem amerikanischen
Indianer-Film, und die Musik wird Ihnen bis zur Unkenntlichkeit verwandelt er-
schein~n. - Darum sollten Sie nicht von "Instrumental... Musik" und "dem echten
u
Symphoniker sprechen, wie es in Ihrem Aufsatz über Kammersymphonien Ihnen
entschlüpfte: ich erlaube mir nicht, Sie zu kritisieren, aber ich litt unter dem
Eindrucke, da Sie sich mit dieser Terminologie Pfitzner näher stellten, als Sie
sicherlich beabsichtigten.

26
Zur "jungen Klassizität" rechne ich noch den definitiven Abschied vorn Thema. .
tischen und das Wieder-Ergreifen der Melodie - nicht im Sinne eines gefälligen
Motives in der guten Lage eines Instrumentes - sondern der Melodie als Beherr-
seherin aller Stimmen, aller Regungen, als Trägerin der I d e e und Erze u g e ri n
der Harmonie, kurz: der höchst entwickelten (nicht kompliziertesten) Polyphonie.
Ein Drittes - nicht minder Wichtiges - ist die Abstreifung des "Sinnlichen"
und die Entsagung gegenüber dem Subjektivismus (der Weg zur Objektivität -
das Zurücktreten des Autors gegenüber dem Werke - ein reinigender Weg, ein
harter Gang, eine Feuer- und Wasserprobe), die Wiedereroberting der Heiterkeit
(Serenitas): nicht die Mundwinkel Beethovens und auch nicht das "befreiende
Lachen" Zarathustra., sondern das Lächeln des Weisen, der Gottheit.- Und absol u t.
Musik. Nicht Tiefsinn und Gesinnung und Metaphysik; sondern: - Musik durch-
aus, destilliert, niemals unter der Maske von Figuren und Begriffen, die anderen
Bezirken entlehnt sind. Menschliches Empfinden - aber nicht menschliche Ange-
legenheiten - und auch dieses in den Maßen des Künstlerischen ausgedrückt.
Maße des Künstlerischen beziehen sich nicht nur auf die Proportionen, auf die
Grenzen der Schönheit, die Wahrung des Geschmackes - sie bedeuten vor allem:
einer Kunst nicht die Aufgaben zuerteilen, die außer ihrer Natur liegen. (Beispiels-
weise in der Musik: die Beschreibung.)
Dieses ist, was ich denke. Kann das - um auf das zuerst Gesagte zurückzu. .
greifen - kann diese Ansicht von ehrlichen Männern bestritten werden? Reiche ich
nicht vielmehr die Hände zur allgemeinen Verständigung? Ist es möglich, daß
diese Theorien als schädlich, gefährlich einerseits, als retrograd und kompromißhaft
anderseits betrachtet werden sollten? - Ich vertraue sie Ihnen an.
Ihr ganz achtungsvoll ergebener
F. Busoni
c c

BUSONI UND DAS KLAVIER


Von Edward J. Dent, London
Über die Aufgaben des Klaviers bestehen zwei divergierende Ansichten. Ein
alter italienischer Klavierlehrer pflegte zu sagen: "Das Klavier hat Ähnlichkeit mit
einer Frau. Wenn es aus der Hand seines Schöpfers hervorgeht, gleicht es einem
soeben erblühten Weibe, das von diesem Augenblick an zum Hinwelken verurteilt
ist. Nicht auf dem Podium, sondern im Hause ist sein eigentlicher Platz."
Ein englischer Musiker hätte seinerseits bemerkt, daß die besten englischen
Klavierfabrikanten immer mehr die Verfeinerung des Tones als seine Stärke erstreben
und daß oftmals ihre Instrumente die zarte Eleganz des Anschlages noch bewahren,
wenn ausländische Fabrikate bereits den letzten Rest ihres ursprünglich üppigeren
. Klangreizes eingebüßt haben. Englische Pianisten scheinen, selbst wenn sie öffentlich
spielen, diese häusliche Wirkung ihres Instruments über jede andere zu stellen.
Mit außerordentlicher Geschicklichkeit schaffen sie eine Atmosphäre höchster
Intimität und behandeln alte Musik, als hätten sie zerbrechliches Porzellan unter
den Händen. Sie interpretieren Bach und Mozart in einem Londoner Konzertsaal,
als wären sie so bevorzugt, vor denselben Tasten zu sitzen, die einst der Komponist

27
mit seinen Fingern berührte, - als hätten SIe seIn eigenes vergilbtes Manuskript
vor Augen.
Busoni repräsentiert oder vielmehr beherrscht eine Schule von Pianisten, deren
Ideale den oben erwähnten diametral entgegengesetzt sind. Jene Ansichten enthalten
nichts Neues: sehr wahrscheinlich löste Dr. John Bull bei den Musikern der
Elisabethanischen Epoche dieselbe Bewunderung, beziehungsweise Opposition aus,
die wir Busoni entgegenbringen. Künstler von diesem Schlage als reine Virtuosen
hinzustellen, ist ein Irrtum. Sicherlich gab es unter den Großen auch große
Virtuosen und viele mögen nur eben dies gewesen sein. Aber Persönlichkeiten wie
Liszt und Busoni haben ihre unvergleichliche Technik entfaltet, weil sie große
Gedanken auszudrücken hatten, denen kein anderes Mittel angemessen war. Liszt
wurde unsterblich als berühmter Pianist, nicht aber als schaffender Musiker. Wir
können jetzt den Komponisten Liszt beurteilen, doch können wir ihn nicht mehr
spielen hören. Diejenigen, die ihn spielen hörten, waren meistenteils so benommen
von seiner technischen Vollkommenheit, daß sie selten den Wert seiner Kompo ..
sitionen zu erkennen vermochten. Hätte der moderne Musiker die Möglichkeit, mit
Liszts Geist in Verbindung zu treten, so würde er von ihm nicht seine Technik
oder seine schöpferische Kraft, sondern seine wunderbare Fähigkeit des "Verstehens'"
für sich selbst erwünschen. Dieser leidenschaftliche Drang nach Erkenntnis läßt den
Menschen zum interpretierenden Künstler werden: zum Dirigenten und ganz be..
sonders zum Klavierspieler großen Stils. Für solchen Künstler gibt es keinerlei
technische Begrenzung. Er betrachtet das Klavier nicht als Hausinstrument, sondern
als einen Ersatz für das Orchester. Ja, das Klavier geht sogar über das Orchester
hinaus. Denn während es einerseits tatsächlich weniger zu geben imstande ist als
das Orchester,. besitzt es anderseits eine weit stärkere Macht der Suggestion, und
spornt die Phantasie unaufhörlich an. Das Orchester spielt Noten, konstatiert Tat-
sachen und das ist alles. Das Klavier hingegen erschließt eine Welt, die außerhalb des
Machtbereiches jeder menschlichen Stimme oder jedes anderen Instruments liegt. Busonis
Stellungnahme zum Klavier erhellt ohne weiteres aus seinen schriftlichen Äußerungen
über Transkriptionen. Bei vielen Musikern erregt schon das bloße Wort" Trans-
skription" heftigen Anstoß. Busoni behauptet, daß alle in Noten fixierte Musik
bereits Transkription ist. Ein Komponist mag seine Gedanken noch so einfach
ausdrücken, die geschriebenen Noten bedeuten bestenfalls einen Komprorniß zwischen
seinem "abstrakten Einfall" und den durch das jeweilige Instrument bedingten
Grenzen. Ferner stellt er fest, daß die Variationenform oft bei denjenigen beliebt
ist, die vorgeben, Transkriptionen zu verabscheuen. Allerdings müssen auch die
akademischesten unter uns zugeben, daß das, was wir so verächtlich ffhyphenated
music"'+ nennen, viel weiter zurückreicht als bis zu Liszt. Haben wir Liszt..Busoni und
Bach-Liszt, so gab es doch auch Vivaldi-Bach und Stradella-Händel. Die ersten
Tastenvirtuosen, die sich gewohnheitsgemäß mit Variationen und Transkriptionen
beschäftigten, waren die Elisabethanischen Virginalisten, jene reinen Künstler, deren
"Unantastbarkeit"4 jeder patriotische Kritiker respektiert. Busoni ist kein Pianist für
Anfänger in der Kunst des Zuhörens. Was er spielt, muß man gründlich kennen.
Ihm erscheint es selbstverständliche Voraussetzung, daß das Publikum seinen Bach
und Beethoven ebenso genau kennt wie er. Was der Durchschnittsspieler mühselig
herauszubringen strebt, ist für ihn Vorbedingung, über die er leicht hinweggeht.
+ "Bindestric:h. . Muaik/'

28
Sein Vortrag der Hammer,Klavier,Sonate oder einer der letzten Beethoven,Sonaten
erfordert vom Zuhörer unausgesetzte und konzentrierte geistige' Anstrengung, um
seiner Interpretation folgen zu können. Viele Leute, die eine Komposition gut zu
kennen glauben, halten ihrt eigene Auffassung für die maßgebende; hören sie
dann Busoni dieselbe Komposition spielen, .0 sind sie befremdet. Solchen Bedenken
Raum zu geben, ist .ehr beschränkt. Wem die Goldberg,Variationen, wie Busoni
sie spielt, nicht gefallen, der gehe nach Haus und spiele die Originalfassung - wenn
er es kann. Busoni hat nicht die Absicht, den dünnen Ton des Cembalos zu
imitieren. Er kennt das Cembalo und seine Eigenart und weiß, daß es für Bach
nicht die zarte dufterfüllte Erinnerung einer seltsamen und geisterhaften Ver'
gangenheit bedeutete, sondern die kraftvolle, klare Bestätigung einer harten ent'
schiedenen Gegenwart. Darum spielt er Bach mit festem metallischem Anschlag,
der hell, gleich einer Trompete, das durch die Pedalkunst vervielfachte Vibrieren
der Saiten übertönt. - Die Geschichte des Cembalos bis zum Ende des 18. Jahr,
hunderts bildet einen ununterbrochenen Fortschritt auf dem Wege zum modernen
Konzertflügel und der modernen Konzertorget. Erst zu Beethovens Lebzeiten über,
holte das Klavier nach einer hundert Jahre währenden Entwicklung seinen Vorgänger.
Mozart war weit eher .Spinettist" als Pianist, nicht weil das Spinett einen zarteren
Ton besaß, sondern weil es damals das wirkungsvollere und kräftigere Instrument war.
Erst in den letzten Sonaten Beethovens treten die modernen:Möglichk eiten des
Klaviers in Erscheinung. In dieser Hinsicht wurde Beethoven vielleicht auch
durch das Klavier mit vier Saiten für jeden Ton angeregt, das wegen seiner Schwer,
hörigkeit extra für ihn gebaut wurde.
Gerade in diesen letzten Beethoven,Sonaten zeigt sich Busonis meisterhafte Inter'
pretation am stärksten. In ihnen blickt Beethovens Genie in eine unbegrenzte
Zukunft und die hundert Jahre Musikentwicklung, die seitdem verflossen sind,
haben uns so weit gefördert, daß ein philosophischer Geist wie Busoni ihre Auf,
fassung mehr erweitern und vertiefen kann, als es den Zeitgenossen des Kampo ..
nisten jemals möglich gewesen wäre. Busoni ist nicht bloß der grö ßte aller lebenden
Klavierspieler, sondern wahrscheinlich auch der größte Musikdenker. Selbst wenn
er Liszt spielt, beweist er uns, daß mechanische Fertigkeiten nur dem Gedanken
dienen dürfen. Tatsächlich klingen die Bravourpassagen bei ihm so natürlich, daß
wir niemals das Gefühl haben, Liszts Kompositionen seien schwer spiel bar. Busoni
hat Liszt neu geschaffen und vollendet, er ist in die fernsten Bezirke seiner Seele
gedrungen und hat vielleicht mehr von seiner inneren Persönlichkeit erkannt, als
Liszt selbst es vermocht hatte. Ebenso wie Liszt nach Chopins eigenem Geständnis
Chopins Musik besser verstand, als der Komponist. Busonis Größe liegt in dem
leidenschaftlichen Drang, Musik zu verstehen, und in seiner unvergleichlichen Macht,
seinen Zuhörern dieselbe Leidenschaft mitzuteilen. Seine Haltung ist nicht
unterwürfig und demütig wie diejenige eines Menschen, der sich höchstens als
kleinen Teil von Beethovens Geist fühlt. Wenn er sich als Teil empfindet, so ist
es in dem Sinner wie auch Beethoven ein Teil ist, wie wir alle, jeder in seiner
Art, Teile einer ewigen und unendlichen Musikseele sind.
Übertragen von Rita Boetticher
[J 0

29
BUSONI ALS KOMPONIST
Von Edward J. Dent, London
Kürzlich bekam ich einen Aufsatz über moderne Musik von Paul Bekker
(Frankfurt), einem der führenden deutschen Kritiker, in die Hand und nach fünf-
jähriger Ausschaltung jeglichen Kontaktes mit Deutschlands Musikleben ergriff ich
diese Gelegenheit, die jetzige Stellungnahme Deutschlands zu einheimischer und
ausländischer Musik .näher kennen zu lernen, mit größtem Interesse. In dem Artikel
werden viele Probleme aufgeworfen, die ich späterhin ausführlich zu diskutieren
hoffe. Als bedeutsam soll hier nur erwähnt werden, daß der Autor, obwohl allem
Anschein nach ein deutscher Patriot, gleichzeitig aber ein klar- und weitblickender
Mensch, im großen und ganzen seine völlige Unzufriedenheit mit der Musik seines
Heimatlandes ausspricht, und entschieden die Ansicht vertritt, daß von lebenden
Komponisten die beiden interessantesten und originellsten Führer neuen Denkens
in der Musik Busoni und Delius sind.
Hier zu Lande beginnt man endlich die Bedeutung von Delius einzusehen.
Busoni wurde begreiflicherweise zuerst und hauptsächlich als Pianist bekannt. Mit
Ausnahme seiner Transkriptionen brachte man in England nur wenige seiner
Werke und diese höchst selten zu Gehör, - aus verschiedenen Gründen. Um in diesem
Lande wirklich bekannt zu werden, muß der Komponist mannigfache, im Fassungs-
bereich des Amateurs liegende Stücke schreiben, entweder Lieder, Klavierkompositionen
und Kammermusik, oder kurze romantische. und lebhafte Orchesterstücke, die
geeignet sind, zuerst in Promenadekon.erten und später in durchschnittlichen
Orchesterkonzerten des ganzen Landes aufgeführt zu werden.
Es gereichte Busoni zum Nachteil, daß seine äußerst individuellen Werke fast
ausschließlich in größtem Maßstab angelegt sind und alles andere als leicht ver-
ständlich oder leicht spielbar sind. Seine Violinsonate in E moll, das früheste Werk
seiner mittleren Periode, ist vielleicht am zugänglichsten. Von Orchesterwerken übt
die Lustspielouvertüre die größte Anziehungskraft auf das Publikum aus. In beiden
Kompositionen finden wir einige seiner charakteristischesten Eigenschaften. Der Kern
von Busonis Pesönlichk.it ist im wesentlichen italienisch. Zufallige Schickungen
machten aus ihm einen Pianisten; innere Veranlagung bestimmte ihn zum Sänger.
Italien, die Wiege des Gesanges, wurde naturgemäß auch die Heimat des Kontra-
punktes, und diesem immerwährenden melodischen Instinkt verdankt es Busoni in
erster Linie, Kontrapunktiker zu sein. Mozart und Verdi, ebenso Bach und der
let:te Beethoven stehen ihm infolge seiner italienischen Abstammung nahe. Der
scheinbare Gegensat: zwischen diesen beiden Paaren ist tatsächlich nicht so groß:
Busoni ist dem Mozart der Jupiter-Symphonie, der Zauberflöte und dem Verdi
Falstaffs und des Requiems verwandt.
Die Violinsonate bezeugt sein Bach-Studium, die Ouvertüre dasjenige von Mozart
und Cimarosa. Busoni - gleich Liszt von Transkriptionen ausgehend - entnimmt
mit Vorliebe alten Komponisten ein Thema und gestaltet es nach seiner persönlichen
Eigenart. Das interessanteste Beispiel in dieser Richtung ist die große Fantasia
Contrappuntistica, der die unvollendete (letzte) Fuge aus Bachs Kunst der Fuge
zugrunde liegt. Dieses außerordentliche Werk wurde nicht für ein besonderes
Instrument oder ein Ensemble von Instrumenten, sondern als "reine Musik"

30
komponiert. In der Orchesterfassung wurde es vor einigen Jahren für ein hiesiges
philharmonisches Konzert geplant, wegen nicht genügender Proben jedoch wieder
abgesetzt. Es existiert eine Ausgabe für Klavier, aber wenige Pianisten außer dem
Komponisten dürften imstande sein, es zu meistern. Ein anderes großes Werk, das
zweimal in England aufgeführt wurde, ist das Klavierkonzert in fünf Sätzen mit
Schlußchor. Auch dieses Stück ist italienisch, nicht so sehr wegen der malerischen
und temperamentvollen Behandlung italienischer Volksweisen, als wegen der edlen.
Heiterkeit und Würde in den langsamen Sätzen.
Busonis Opern haben bis jetzt auf den englischen Bühnen noch nicht Eingang
gefunden. Bei der ersten, betitelt. Die Brautwahl" ,nach einer Novelle E. T. A. Hoffmanns,
beeinträchtigte der allzugroße Reichtum an Einfällen die Wirkung, ebenso wie die zu
jener Zeit in Deutschland sehr verbreitete Neigung, eine gehäufte und komplizierte
Orchestrierung für Themen anzuwenden, die möglichst einfache und klare Verarbeitung
benötigt hätten. Diese Neigung ist vermutlich auf die Oper HHänsel und Grete1"
zurückzuführen, die man zuweilen den. Wagner für die Kinderstube" genannt hat.
Man denke jedoch nicht, Busonis Musik sei lärmend oder schwerfällig. Er besitzt
das, was kein deutscher Komponist jemals hatte, nämlich einen ausgesprochenen
Sinn für Witz und Spott. Doch das sind Eigenschaften, die das Durchschnitts-
publikum der Oper selten zu würdigen imstande ist.
Zwei weitere Opern wurden kürzlich in Zürich aufgeführt: • Turandot" und
"Arlecchino". Erstere nach Gozzis bekanntem Märchendrama verfaßt, enthält einige
Stücke, die bereits vor mehreren Jahren als Begleitmusik zu der deutschen Bühnen-
aufführung Reinhardts komponiert worden sind (die in erheblich verstümmelter Form
auch im St. ]ames-Theater gegeben wurde). Turandot ist eine "Chinoiserie", jedoch
eine weit geistvollere als wir sie vor kurzem hier in London vorgeführt bekamen.
"Arlecchino", für Musik und Sprechstimme komponiert, ist durchwegs satirisch gehalten
und in der Verkleidung alter italienischer Masken verspottet der Dichter-Komponist ver-
schiedene immer wiederkehrende Schwächen der menschlichen Natur. Einige Fragmente
aus diesen Opern sind auch für Klavier bearbeitet worden; so enthält der "Elegien"
betitelte Band Teile aus .Brautwahl" und "Turandot", die aus dem Bühnen-
zusammenhang gelöst vielleicht nicht ganz verständlich sein mögen.
Eine neue Oper "Dr. Faust" ist im Werden begriffen. Zwei Stücke daraus -
beide außerordentlich charakteristisch für den Komponisten - dirigierte Busoni
vergangenen Monat in Queen's Hall. Die .Sarabande", eine tragische, ernste
Gestaltung der alten Sarabanden-Rhythmen soll dem Tode. Fausts vorangehen. Die
Partitur weist kleine Orchesterbesetzung auf: Streicher, Flöten, Oboen, Posaunen
mit ein paar Harfen- und Celesta-Tönen dazwischen, wodurch das ganze Stück eine
besonders düstere Färbung erhält. Die also angewendeten Instrumente erzielen eine
ungewöhnliche Mannigfaltigkeit der Wirkung. Das Orchester aber schien
wenig von dem inneren Geist der Musik erfaßt zu haben. Busoni schreibt ebenso
wie Berlioz sehr lange Phrasen, die als Ganzes verstanden sein wollen. Jede Note
muß im Hinblick auf ihre Beziehung zur folgenden betrachtet werden. Die treibenden
Kräfte sind stets Melodie und Kontrapunkt, nicht aber Harmonie. Das "Cortege"
malt mit stärkster Eindringlichkeit, wundervoller Leichtigkeit der Bewegnng und
glänzenden Farben eine festliche Versammlung, deren sich eine leise Ahnung
nahenden Unheils bemächtigt. Busoni liebt es, großes Orchester zu benutzen, ohne
damit viel Lärm zu machen. Seine Individualisierung aller Instrumente führt zu

31
zahlreichen Verwicklungen, doch nie zu Verwirrungen, sondern bewirkt eine viel-
faltig blitzende und schimmernde Lebendigkeit, die wenige Komponisten, Ravel
und Debussy ausgenommen, erreicht haben. Eine Eigenschaft besitzt Busonis Musik,
die ihn vor beinahe allen seinen Zeitgenossen unterscheidet, nämlich den Sinn für
edle Heiterkeit.
. Fast die gesamte Musik Englands und des Kontinents mutet im Vergleich dazu
trivial und provinziell an. Hier in England haben wir Komponi sten, die zweifellos
vom besten Willen beseelt sind, aber ihre Musik ist plump und bäuerisch im
Ausdruck. Andere wieder sind unglaublich geistreich und geschickt, doch in ihren
Werken sucht man vergeblich ein ~edles Gefühl. ~Der eingangs erwähnte deutsche
Kritiker lenkt mit Recht die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, daß beide Führer
Delius sowohl als Busoni Misch-Ehen entstammen und die Musik aller Länder
kennen und verstehen.
Es bildet ein Talent sich in der Stille,
Doch ein Charakter in dem Strom der Weit.
o 0

DER MUSIKALISCHE S T I L
Von James Simon, Berlin
Bei keinem Tondichter unserer Tage scheinen mir vita activa und vita contem-
plativa zu einer so zwingenden Synthese verschmolzen, wie bei Busoni. Überall,
in seinem realen, wie in seinem künstlerischen Sein, gewahren wir diese wunder..
volle Mischung feurigen Tatendranges und tiefer Versunkenheit. Er ist Kosmopolit
und Anachoret, Kultureuropäer und Eremit in einem. Weltmännische und geheimnis,
schwere Züge wohnen einträchtig in seinem Wesen, in seinem magischen Klavier..
spiel, in seinen Werken. Mit diesem Werke möchte ich mich hier in erster Linie
beschäftigen. Ist doch neben dem Pianisten der Komponist Busoni immer noch
nicht genug gewürdigt - am ehesten noch in Deutschland, in Berlin zumal, das
zu verlassen der Krieg ihn zwang und dem er IUln, eine Meisterschulklasse der
Staatshochschule übernehmend, wiedergegeben ist. Freilich wird in solche Betrachtung
mitunter der Pianist "hineinspielen", der Denker, der Ästhetiker.
Die Wurzeln Busonis liegen dort, wo die Wurzeln der neueren Musik überhaupt
liegen: in· Bach und im späten Beethoven, diesen nächsten Nachbarn der Urmusik.
Wie wir in Busonis zweiter Violinsonate einen Hauch der Opus 109, im Pezzo
serioso (andantino idillico) seines Klavierkonzertes etwas vom letzten Beethoven
verspüren, so ist sein Schaffen zutiefst in Bach verankert, der ihn seit seiner
Bearbeitung der Orgelfuge D dur (1888) bis· zu der epochalen Ausgabe des wohl-
temperierten Klaviers (mit Petri und Mugellini) unablässig beschäftigte. Aber auch
Mdzart· segnet sein Schaffen. Ich denke dabei weniger an die verräterischen Zeichen
seiner Mozartverehrung, wenn er in Klavierstücken "An die Jugend" eine Gigue
und den Fandango aus "Figaro U bearbeitet, im "Arlecchino~1 sehr bald die soge ..
nannte Champagnerarie aus t1Don Giovanni ll zitiert, der Ouverture zur Entführung
einen Konzertschluß anhängt oder das Andantino aus Mozarts neuntern Klavier-
konzert behandelt; ich meine vielmehr, daß jenes eigentümlich Fließende, jenes

32
Gleiten und Vorüberschweben, das der Tonsprache Mozarts einen erinnerungshaften
Charakter verleiht - als schreibe er hienieden seine Memoiren aus dem Paradiese ~
auch in Busonis Werken (freilich ohne den Glückseligkeitsschimmer) Häufig anzu-
treffen ist. Sogar seine Schwermut, die schon den Jüngling ein Gedicht Leopardis
als Kantatentext wählen läßt, schwingt. Brahmssche Einflüsse sind höchstens
im Violinkonzert und im Zweiten Quartett zu entdecken, doch gab ihm Liszt
die Basis zu einer neuen Spielweise und befruchtete ihn auch sonst. Was alle
Kompositionen Busonis, von den Jugendstücken an bis zu seinen reifsten Werken,
gleichermaßen kennzeichnet, ist ein ausgeprägter Sinn für das Organische des Kunst-
werkes. Feind aller Willkür und Verwahrlosung hält er die Form in Ehren, anfangs
noch als Tradition und überkommenes System. In einer späteren Phase prägt
immer mehr der jeweilige Inhalt die Form und die Struktur wird freier, persön-
licher. Nie erschlafft dieser Drang zum Gebilde, zum Organismus - d,er einzige
Ismus, dem Busoni huldigt, da er weder in die Richtung des Impressionismus noch
des Expressionismus einzuzwängen ist. In seinem Klavierkonzert etwa, einer dauernden
Leistung in der Geschichte dieser Kunstform, ist alles eigen sinnvoll geformt. Welch
geschäftiges Treiben, welch buntes, übermütiges Leben herrscht dort in der wilden
Tarantelle - und doch, wie ist sie diszipliniert! Und dieser große Zusammenhang
wird noch durch thematische Beziehungen unterstrichen; die ersten prunkvollen
KIavierakkorde nehmen den Männerchorgesang des Finales vorweg, den wandelnden,
vertrauenden Hymnus an Allah (auf Worte Oehlenschlägers); Solobratsche und
Klarinette stimmen eine neapolitanische Canzone an, die dann das Klavier frei
deklamiert, und das wesentliche Choralmotiv des Pezzo serioso erfährt mannigfache
rhythmische und namentlich koloristische Abwandlungen. In allem, was er geschrieben,
entdecken wir diese sichere Strategie, diese große Linie, die auch die Gefühlskräfte
in richtiger, nämlich sparsamer Weise verteilt. ff Worum der Laie, der mediokre
Künstler sich mühen, ist nUr das Gefühl im Kleinen, im Detail, auf kurze
Strecken. Gefühl im Großen verwechseln Laie, HalbkÜDstler, Publikum (und leider
auch die Kritik I) mit Mangel an Empfindung; weil sie alle nicht vermögen, größere
Strecken als Teile eines noch größeren Ganzen zu hören. Also ist Gefühl auch
Ökonomie." So lautet ein goldenes Wort seiner Ästhetik. Noch ein anderes
gemeinsames Moment seiner Kompositionen - besonders deutlich bei den kontem-
plativ gehaltenen - möchte ich hervorheben: es ist das Atmosphärische, die große
Zuständlichkeit, die in dem orgelhaften, kosmischen Fluten Bachs begründet ist
und die es vermag, über' weite Flächen hin noch geduldiger als Bruckner und
Mahler (der im Anachoreten-Vorspiel seiner Achten ähnliches erstrebt) auf jegliche
dynamische Erregung zu verzichten. In der "Berceuse elegiaque" und im "Gesang
vom Reigen der Geister" sind Crescendos und Decrescendos fast völlig unterdrückt;
als wollte er sagen: müssen denn immer Steigerungen sein, muß es denn immer
Gegensätze geben? Die kosmischen Empfindungen übertragen sich auf den Hörer
auch dann, wenn Busoni die letzten Sonaten von Beethoven spielt. Man denkt nicht
mehr an die menschliche Seele, sondern an die höheren Ordnungen und Gleich-
gültigkeiten, die unser Leben regieren. Darum darf man auch seinen "Entwurf
einer neuen Ästhetik der Tonkunst", der weitreichende Anregungen gibt und bie
und da wie Träume eines Geistersehers anmutet, nicht unter die Lupe -eines
reinen Rationalismus nehmen, wie es Pfitzner in seiner Erwiderung "Futuristen. .
gefahr" tat.

33
Busoni hat nicht, wie manche jüngsten "Expressionisten", gleich "futuristischi'
eingesetzt, er hat auf sicheren Grundlagen und Voraussetzungen aufgebaut. 18~6
nimmt er Unterricht bei Mayer-Remy in Graz, dem Lehrer Rezniceks und
Weingartners, festigt sich früh in allen satztechnischen Dingen (Fugen, sech.,
stimmige a capellvMesse) und äußert sich zugleich in anmutigen Tanzstücken.
1886 erscheint sein erstes Streichquartett, das der ältere Petri aufführt. Daß
das Klavier, ndieses verrufene, unentbehrliche und umfassendste aller Instrumente",
bevorzugt wird, versteht sich von selbst bei einem einst pianistischen Wunder-
kinde, dem Hanslick in der Neuen Freien Presse ein besonderes Feuilleton
widmet. Das Klavier rauscht auf wie bei Rubinstein (etwa im Etüdenheft
op. 16), in feiner Grazie schwebt ein Friedenstanz dahin (neue Ausgabe 1914), ein
Gegenstück zum markigen, unternehmenden Waff~ntanz; eine finnische Ballade mit
ihrer herben Trauer, wie auch die nachmals umgearbeitete geharnischte Suite läßt
an Sibelius denken - um nur einige Stücke der Jugendperiode herauszugreifen,
der ihrem Charakter nach auch das dem jungen Richard Strauß verwandte symphonische
Tongedicht (durch Verse Lenaus angeregt) und die schimmernd-elastische Lustspiel-
ouvertüre zuzuordnen sind. Einen scharfen Einschnitt in seiner kompositorischen
Entwicklung bezeichnen die Neunzigerjahre : der Drang des Virtuosen, sich auf
Lisztscher Basis eine völlig neue Spielweise anzueignen, bedingt eine Kompositions-
pause von etwa zehn Jahren. Und doch. bedeutete diese Zeitspanne (1891-1901)
mehr als ein pianistisches Neu-Reifen. Das Improvisatorisch-Schweifende, das sein
Spiel mehr und mehr auszeichnet - er ist immer am Quell des Stücks, als erlebe
er es zum ersten Mal - dringt auch in seine Kompositionen. Man vergleiche nur
das visionäre Intermezzo der Contrappuntistica, die zur vierten Fuge überleitende
Kadenz, die Übergänge in der dem Pianisten Ganz gewidmeten Sonatine und alle
irrenden, zögernden, verhaltenen Stellen. Immer andächtiger auf die inneren Stimmen
hörend, genügt es ihm nicht mehr, ausgetretenen Gleisen zU folgen: leidenschaftlich
ringend und doch behutsam tastend, bahnt er sich neue Wege. Dabei leitet ihn kein
Sensationstrieb, keine eitle Verblüffungssucht. Aber der spekulative Zug ist und
bleibt mächtig in ihm und manchmal scheint es, als dämme kluge, allzukluge
Berechnung den dionysischen Strom. Für alles Neue setzt er sich auch als Dirigent
ein und führt in dieser Eigenschaft ideale Aufgab en sieben Jahre lang in Berlin
nicht ohne Widerstand der Kritik'·durch. Vom Klavierkonzert an erleben wir die
Auswirkung seiner Persönlichkeit von Werk zU Werk stärker. nUnter den vielen
Menschen, die an ihrem Werk arbeiten, sind wenige, an denen ihr Werk arbeitet,"
sagt Simmel in seinem Tagebuch. Zu diesen wenigen gehört Busoni, der nun mit
iedem neuen Werke ein neues Gebiet seiner reichen Seele erschließt. Schlackenlosen
Busoni genießen wir in der sublimst empfundenen Berceuse eIegiaque - 1909 auf
den Tod seiner Mutter - bei der schon die Auswahl der Instrumente frappiert:
sechsfaches Streichquartett gedämpft, drei Flöten, drei Klarinetten, eine Oboe, vier
Hörner, Harfe, Celesta, Gong. Hier meint der Komponist zum ersten Mal ein
eigenes Kolorit getroffen zu haben. Daß auch ein aufmerksamer Hörer erst allmählich
hinter den Sinn solcher Gebilde kommt, bezeuge die Tatsache, daß mir das Stück
bei der ersten Bekanntschaft unverständlich blieb, dann mich intellektuell ansprach
und \'un mich innig rührt. Als weitere Station auf dem Wege nach Unalltäglichem
überrascht uns das Nocturne symphonique (1914), ein dämmeriger Dialog in
rezitativisch geführtem Melos und seltsam verwobenen Farben. Die herkömmliche

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Terzenschichtung ist aufgegeben, dafür ergeben sich dissonante Reibungen durch
Sekunden, Quarten und Septimen, so daß man beinahe an Schönberg erinnert wird.
Ist das Nocturne vorwiegend auf koloristische Wirkungen gestellt, so erregt die erste
Sonatine für Klavier außer den flimmernden, durch die Ganztonleiter bewirkten
Renoir,Effekten auch unser rhythmisches Interesse durch die Taktmischungen, durch
ein phantastisches Zugleich von Dreiachtel- und Zweivierte1-. ViervierteI' und Drei,
viertel,Takt. Völlig aufgelöst ist der Takt und auch die Tonalität in der zweiten
Sonatine, einem höchst problematischen Gebilde. Leichter eingänglich die Weihnachts,
sonatine (1917) an seinen Sohn Benvenuto, die ich - lieber spiele als beschreibe.
Alles Trachten nach Neuem hat Busoni doch 'nicht gehindert, immer wieder der
Wurzeln seiner Kunst zu gedenken und namentlich zu Bach zurückzukehren, mit
dem ja auch der Pianist gern seine Konzerte und Konzertzyklen eröffnet, so in
Zürich, wo er im Frühjahr 1919 eine Entwicklung des Klavierkonzertes ,von Bach
bis zu seinem eigenen gab. Es würde eine besondere Abhandlung erfordern, wollte
man seinen Leistungen auf dem Gebiete der Bach,Ausgaben und Bach,Bearbeitungen
gerecht werden; so beschränke ich mich auf ein paar Beispiele. Fantasie und Fuge
A moll (1917) bringt in der Vorbemerkung und im Notentext selbst bedenkenswerte
Hinweise auf das "kontrapunktische Urmotiv" und seine zahllosen Verkettungen,
eine Formel, der wir auch im wohltemperierten Klavier und in der großen
Tripelfuge Es dur für Orgel begegnen. Durch die Überschrift des zweiten Kanons
"quaerendo invenietis" angeregt, zieht Busoni aus Bachs musikalischem Opfer, diesem
abstrakten Werk, eine kanonische Variationenreibe mit anschließender Fuge.
Bachsche Fugen bilden die Achse der fast eine halbe Stunde dauernden Fantasia
contrappuntistica (1910). Gleich die erste Fuge ist grandios eingeführt, ihr Thema
verschmilzt kunstvoll mit einem zweiten; daran schließt sich die Fuge über den
Namen BA C H, der ja außer Bach selbst und unserem Künstler auch Schumann,
Liszt und Reger zu fugierten Sätzen angespornt hat. Von eindringlichster Wirkung
ist es, wenn der Choral "Allein Gott in der Höh' sei Ehr'" erst dolce in schwermütiger
Glut anhebt und zuletzt wie ein, unbestimmter Reflex verschwebt. Die fragmentarische
Fuge wird von Busoni ergänzt - stilgemäß, doch mit unverhohlener Anwendung neu'
zeitlicher Harmonik. Auf einem Bachsehen Choralliede, "Wie wohl ist mir, 0 Freund
der Seelen", beruht der abschließende Variationensatz der zweiten Violinsonate, die recht
eigentlich an der Schwelle der neuen Kompositionsära steht, nicht zu denken ohne
Bachs Orgelchoralvorspiele, von denen Busoni zehn aufs Klavier übertrug, frei und doch
neue Stimmungswerte zeugend mit ihren Zwielichtwirkungen und der Apotheose zuletzt.
Die Weise Bachs hegt er und improvisiert aufs neue darüber, diesmal für zwei
Klaviere. Aber auch eigene Gedanken spinnt er weiter: aus der zweiten Elegie für
Klavier "all' Italia" erblüht die Tarantelle des großen Konzerts; ein zeremonielles
Menuettmotiv, aus der Sonatine (ad usum infantis) uns schon vertraut, taucht im
Arlecchino wieder auf. Oder er schreibt ein indianisches Tagebuch, in welchem er
auch Melodien der Rothäute Nordamerikas verwertet; daraus erwächst dann die
indianische Fantasie für Klavier und Orchester, die uns ganz in die Prairie versetzt.
Sie zerfällt in drei Abteilungen, Fantasie, Canzone, Finale. Als Fortsetzung des
indianischen Tagebuches stellt sich der "Gesang vom Reigen der Geister" dar, in dem
wie bei der Berceuse die intime Orchesterbesetzung auffällt: vier Holzbläser, eine
Trompete, eine Posaune, eine Pauke, gedämpfte Streicher. Prägnant charakterisiert
Leichtentritt die wundersame Studie: "Ein seltsames Gemisch von primitiven und

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raffinierten Zügen übt seinen entlegenen Reiz in diese!, erlesenen Klängen. Mystische
Feierlichkeit, gemessener religiöser Tanz, wehklagende Phrasen und Melodien von
einer entzückenden, naiven und unberührten Frische einen sich in jener regellosen
und doch so logischen Harmonik, die Busonis besondere Errungenschaft darstellt."
Kein Wunder, wenn im Werk Busonis, der viele Sprachen beherrscht und den
seine Tourneen über seine italienische Heimat hinaus bis nach Amerika und
Skandinavien führten, das exotische Element stark hervortritt. Stark betont ist es
in der Bühnenmusik zum "Turandot" (1906) - vornehmlich als achtsätzige Orchester-
suite bekannt - dem ersten Versuch, ein italienisches Schauspiel musikalisch zu
illustrieren. "Dieser fortwährende bunte Wechsel von Passion und Spiel, von Realem
und Irrealem, von Alltäglichkeit und exotischer Phantastik war es, der mich an dem
chinesischen Theatermärchen Gozzis am meisten gereizt hat." Wohlweislich wird
aber nur die Illusion chinesischer Musilt erweckt. Zur exotischen Phantastik trägt
wesentlich das Kolorit bei, etwa in dem grotesken Marsch des Truffaldino, wo Holz-,
Blechbläser und Schlagzeug, Streicher hingegen überhaupt nicht angewandt werden.
Das Exotische ist ja nur ein Bezirk in dem ungemessenen Reich des Phantastischen.
Jenes Zwischenreich, in dem Wirklichkeit und Traum ineinander zerrinnen, zieht
ihn fortan immer mehr in seinen Bann. Ja man kann sagen, das Phantastische wird
nun seine Spezialität; es wird in immer höhere Regionen geleitet und die Musik
bedeutet ihm nun ein "Mirage surnaturel et mystique de la vie" (Sulzberger).
Eine große musikalisch-phantastische Komödie entsteht: "Die Brautwahl", die
Geschichte von drei Freiern, zu der Busoni selbst nach Hoffmanns gleichnamiger
Novelle den Text verfaßte. In dieser Oper, die mir bei der Premiere (1912 in
Hamburg Unter Brecher) starken Eindruck machte, ist alles phantastisch: Personen
und Situationen. Ein holder Dämon der Goldschmied Leonhard, grotesk der Baron
Bensch, der jüdische Elegant. Und faszinierende clair-obscure-Wirkungen durch das
Ineinanderweben von Dur und Moll (Seite 408 der Partitur), wie wir sie häufig bei
Busoni, in der Contrappuntistica sogar mit durchgehaltenem Doppelpedal treffen.
Das Berliner Publikum kennt die Brautwahl bisher nur aus dem Konzertsaal, für
den die entsprechende fünfsätzige Suite gedacht ist. Auf wirbeInden Spuk folgt
ein lyrisches Stück, ein lässig-verschwärmtes Duett zwischen dem Maler Edmund
und seiner Braut Albertine. Das mystische Stück nimmt auf die geheimnisvollen
Strecken der Oper Bezug, das hebräische kennzeichnet den unheimlichen, alten
dogmatischen Juden Manasse, der mit seinem kläglichen Winseln und polternden
Wutausbrüchen leibhaftig vor uns steht. Den heiteren Abschluß der Suite bildet
originelletweise die Ouverture nebst Feuergaukelspiel. Unbedingt auf die Bühne
jedoch gehört die Szene am Froschteich mit den tragikomischen Ertränkungs-
versuchen des Geheimen Kanzleisekretärs Thusmann (eine Tenorbnffo-Rolle);
hier muß alles in herbstliches Grün getaucht sein. Wie verstand es Busoni, dem
Berliner Tiergarten von 1820 eine Mondschein-Romantik abzugewinnen! Die Frösche
quaken dazu, doch spielen solche illustrierenden Züge bei ihm nicht entfernt die
Rolle wie etwa bei Richard Strauß. Von diesem unterscheidet ihn auch der Verzieht
auf "populäre" Melodien, die man nachsingen könnte. Eine einprägsame Kantilene,
wie wir sie im Concertino für Klarinette finden, gehört zu den Seltenheiten. Außer
der vollständigen Turandot-Musik, die schon Reinhardt in den Kammerspielen 1911
benutzt hatte, werden wir diesen Winter an der Staatsoper nun auch den bezaubernden
"Arlecchino" hören, ein theatralisches Capriccio, das ums 18. Jahrhundert in Bergamo

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spielt und den Harlekin in vier Sätzen als Schalk, Kriegsmann, Ehemann und
Sieger vorführt - ebenfalls eine neue comedia deli' arte. Welch überlegene Frohlaune
waltet hier! Wie sicher ist der lockere, zum Teil melodramatische Konversationsstil
getroffen! Grotesk, wenn die lustigen Trompeten der Donizetti-Weise in Matteos
Schlußmonolog entstellt wi~derkehren; parodistisch der T ranermarsch als Koda des
zweiten Satzes beim Duett des sprechenden Arlecchino und des singenden Dante-
verehrers. Eine symphonische Quintessenz der Komödie gibt das Rondo .Harlekins
Reigen", das hier schon erklang, freilich in unzulänglicher Wiedergabe, und das
Motto trägt: .Im buntgeflickten Gewande, ein geschmeidiger Leib, ein kecker und
kluger Geist."
Gespannt dürfen wir auf Busonis .Faust" sein, dessen an das alte Puppenspiel
anknüpfende Dichtung die • Weißen Blätter" brachten.•Die Faustmusilc steht zur
Hälfte", wie mir der Meister auf meine Anfrage mitteilte. Die Auspizien für eine
glückliche Vollbringung des Werkes sind die denkbar günstigsten. Denn wer ist
qualifizierter dazu als dieser Magier, dieser italienische Faust, der germanischen und
romanischen Geist, Gotisch-Lineares und Farbig-Sinnliches in seiner Person vereinigt!

c c

DAS GOETHESCHE IN BUSONI


Anläßlich der vorjährigen Weimarer Goethe.. es waren Männer darunter, deren Leben und
Tagung ist durch eine Vorlesung im Goethe..Haus Arbeitskraft in Weimar dem Goethe..Kult und
Ferruccio Busonis "Doktor Faust..Dichtung für der Goethe.. Forschung gewidmet ist - mögen
Musik" zum erstenmal einem größeren Kreis wohl als erste den Titel dieser Zeilen als Blas ..
bekannt geworden. Das Werk fand nicht jenes phemie empfinden.
allgemeine Verständnis, das ihm die Kenner Ich rechte nicht mit ihnen, sondern will
seiner Eigenart bei solCher Gelegenheit erhofft vorerst den Standpunkt meiner Betrachtungen
hatten. Viele Hörer konnten sich nicht von der klarlegen. Nicht im Zusammenhang mit der
Vorstellung losmachen, daß hier eigentlich doch Faust..Dichtung soll hier dem Goetheschen in
nur ein Halbes geboten wurde; ein unvolI.. Busoni nachgespürt, das Werk als Ganzes kon ..
kommenes Gebilde, nur in der Erwartung auf.. zipiert überhaupt nicht gewertet, nirgends
nehmbar, daß die Musik seine dunklen Zu.. eingereiht, dem abschließenden Urteil darüber
sammenhänge aufhellen, scheinbare Labyrinthe nicht vorgegriffen werden; so sehr mich auch
gangbar gestalten, phantastisch wirr geknüpfte persönlich die dunkle Farbenpracht seiner
Knoten lockern würde. Diese Suggestion ließ Sprache, der ethische Ideengehalt seiner Ge..
in eine gewisse Denkfaulheit verfallen; es er.. dankenwelt an sich ergreift. Aber das "Goethe..
schien überflüssig, sich aus eigener. Kraft in scheU - jenes göttliche Etwas, das uns zum
den Gedankengängen der Dichtung zurechtfinden anders undefinierbarem Begriff einer unendlich
zu wollen. Andere wieder empfanden allein den hochstehenden Menschlichkeit, eines geistigen
Versuch, an dieser Stätte einen neuen Faust Allumfassens, eines buddhistischen Strebens
zu belt>ben, noch dazu einen Faust romanischer nach Vervollkommnung der eigenen Persön..
Provenienz, an und für sich als unsympathisches lichkeit geworden ist - will ich nachzuweisen
Wagnis, und in der Enge eines Horizontes, die Buchen im Wesen eines Künstlers, dessen
keine Freude an der unerschöpflichen Zeugungs.. Stamm und Temperament nichts mit jenem
kraft des alten Sagenstoffes aufkommen ließ, Goetbes gemein hat, ebensowenig wie seine
die Möglichkeit seiner abermaligen Gestaltung Lebenskonturen jenen des Weimarer Dichters
von vorneherein ausschloß, als ein Quasi..Sacri.. ähneln, den aber ein dunkler Drang, über Zeit
legium an heiligem Gut. Einem Gut, das ihrer und Rasse hinweg, seit seiner Reife zu der
Meinung nach nunmehr besser auf ewige größten Erscheinung der menschlichen Geistes ..
Zeiten unangetastet im deutschen Literatur .. geschichte zieht, bis jahrzehntelanges Studium
schrein liegen bleiben sollte. Diese anderen ~ seines Idols nur mehr durch einen mysteriösen

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Naturprozeß beginnt, ihm selbst dessen Züge Zweierlei ist es, worin· sich dieser Geist
aufzudrUcken. Heute, da unleugbar ein starker vom Geiste Goethes hier offenbart; diesa
Hang zum Goethe..Kult durch die deutsche Zweierlei zu pflegen und zu schätzen, wäre
Welt geht, erscheint UDS als kostbarstes Ver.. Pflicht einer Gegenwart, die es sich nicht er ..
mächtnis von Goethes Erscheinung nicht sein lauben kann, mit kostbaren Gütern leichtferti,
dichterisches Werk, sondern das persönliche umzugehen.
Fluidum, das beinahe ein Jahrhundert nach Zum ersten: die rastlose, sich mit zu. .
seinem Tode in anscheinend Doch immer wach.. nehmendem Alter immer noch steigernde Lern. .
sendern Maße auf den einzelnen fortwirkt. begier einer von Natur aus reich und vielseitig
Es ließe sich der Mensch denken, der ohne begabten Individualität, der eine treibende
Fähigkeit, die ästbethischen Werte der lphigenie, Kraft zu stetiger Selbstentfaltung innewohnt.
des Tasso, ja sogar des Faust in sich aufzu.. Goethe wurde bis in seine letzten Tage
nehmen, in der Kenntnis von Goetbes Briefen, nicht müde, sein geistiges Arbeitsfe1d immer
Tagebüchern und Gesprächen, den Berichten wieder umzuackern und dessen Grenzen zu
seiner Zeitgenossen, der Form seiner Lebens.. erweitern, wie denn auch seinem Begriff der
äußerungen, ja, aus der Anschauung dieser rastlosen Tätigkeit sein großes Unsterblichkeits ..
Weimarer Stätten, wo jede Gemme seiner dogma entsprang. Keine tägliche Erscheinung
Sammlung, jede Blume seines Gartens mit des Lebens glitt spurlos oder unbeachtet an
rührender Eindringlichkeit von ihm sprechen, ihm vorbei, kein Mensch geriet in seine Nähe,
das höchste Gut seines geistigen Leben fände. dem er nicht noch etwas Unbekanntes abzu. .
In dieser Ausschaltung des künstlerischen lauschen trachtete, dem er nicht die Spezial...
Elementes ergibt sich von selbst die Aus .. kenntnisse gleichsam absog. Ihm war es gegeben,
schaltung jeder Vergleichsabsicht zwischen den aus jedem, der in seinen Kreis trat, das Beste
Künstlern Goethe und Buson!. In der großen herauszuholen; ihn zu höchster Anspannung
Differenz der Radiuslänge, die den Wirkungs.. seiner Fähigkeiten zu bringen, die im Betreffen...
kreis des Dichters von jenem des Musikers den selbst oft ein unheimliches Gefühl von
überhaupt unterscheidet, liegt die Unmöglich.. magnetischer Beeinflussung erwecken mochten.
keit eines solchen Vergleiches schon einge. . Die geistigen Kraftwellen, die ihm solcherart
zeichnet. unaufhörlich zuströmten, sammelte er im un..
Ebenso in der ungleichen Distanz, die geheuren Reservoir seines Wissens und Den..
uns von einem, vor vielen Jahrzehnten abge .. kens, u,m in steter Wechselwirkung, befruchtet
schlossenen, unendlich reichen und mannig.. und befruchtend zugleich, das eben Empfangene
faltigen Lebenswerke trennt, im Gegensatz zu tausendfach zurückzugeben.
jener, in der wir zum Kä.mpfen und Ringen Ich stehe nicht an, Eckermann für einen
eines Lebenden stehen. DieserLebende erklimmt der glÜCklichsten Menschen zu halten, die je
erst jetzt, nach Verschwendung bester Jünglings .. gelebt haben. Die volle Hingabe an seinen Ab..
jahre im Taumel eines unerhörten Virtuosen.. gott, das Aufgehen in der Liebe zu ihm, mußte
tums, seine Höhe, betrachtet selbst das meiste manchmal den Verzückungszuständen visions..
seines bisherigen Schaffens nur als Vorbereitung schauender Heiligen gleichen. Die Abende, die
zum eigentlichen Sich..Finden; trotz persön.. er im Zusammenleben und ..arbeiten mit Goethe
licher Stellungnahme des einzelnen ist es . verbrachte, mußten seine erwartungsvollen
mitten in der Umwertung der musikalischen Tagevergolden, seine erinnerungsreichen Nächte
Werte, wo' wir heute stehen, unangebracht, beseligen. Heute noch, wenn wir im dunkeln
Busoni den endgültigen Rang auch nur in Nachtschatten der Häuser über den Frauenplan
einer Kunst anweisen zu wollen. Und wie schreiten und unwillkürlich hinter den Fenstern
diese Kunst seinem grübelnden Geist schon der breiten, gelben Fassade nach einem Licht..
längst über den Begriff von ä.sthethischem Spiel strahle spähen, ahnen wir etwas von dem
mit tönenden Arabesken hinausgewachsen ist Glücksgefühl, das die Schritte des Jünglings,
zur Vorstellung einer metaphysischen Unend.. den Goethe da oben erwartete, beflügeln mochte.
lichkeit, dem sehnsüchtigen Künstler nicht DasZwei te ist Macht, solches Glücksgefühl
anders erschaubar wie dem forschenden Auge emporblühen zu lassen.
die ferne Herrlichkeit der Gestirne, so ist ihm Was wir so im Gedenken Eckermanns
selbst diese Unendlichkeit "Musik" nicht Voll.. ahnen, wird zur Wirklichkeit den wenigen,
inhalt seines Lebens mehr. Nicht im Künstler, denen es vergönnt ist, Busoni m1tzuerleben.
imMensehen Busoni ist das "Goetheschef~ zu Nicht im Glanze seines Künstlertums, in der
suchen und zu finden. erwartungsvollen Bewunderung seines Schaffens,

38
wohl aber im Erschauen ~ines Menschen, det;lsen pult jagte, wenn seinen größten Konzeptionen
geistige Kraft~ den ihn Suchenden wie ein die Zeit ruhiger Reife versagt bliebe. Hier in
Stahlbad umspült, und dessen GUte nie eine Deutschland muß er das Refugium finden, wo
Hand zurückwies, die voll Vertrauen und Wahr.. sein Künstlertum befreit dem Gipfel entgegen,..
haftigkeit nach der seinen faßte.. Der Einfluß, steigen, das Goetheliche seines Wesens dereinst
den er aufvorwlrtsdrlngende Jugend auszuüben in glücklichem Alter Terklären und Tollenden
fähig, ist ungeheuer und seiner ethischen Wich .. kann.
tigkeit nach gar nicht hoch genug einzuschätzen. Gebt Ferruccio Busoni ein Weimar. auf
Als Ferrucdo Busoni nach den Kriegsjahren daß die Eckermanns von heute wissen, wohin
von seinem Schweizer Asyl suchend über die sie ihre Sehnsucht nach großer Menschlichkeit
Grenzen Ausschau hielt nach einer Stätte, wo hintragen. Dort wUrde vieles aufgehen, was
er sein Haupt niederlegen sollte, besann sich Bonst verkümmerte, manches Irren im Gestrüpp
Deutschland darauf, was seine Kunst ihm zu auf den richtigen Weg ~ewiesen werden. Eine
danken habe und rief ihn zu sich. Er kehrte Leuchte würde uns dort erstehen für die Wan..
heim zu dem Boden, in dem sein Schaffen und derung in der WÜlte, die noch lange unsere
Denken wurzelt und wirkt; haltet ihn fest!
Denket daran, daß es einer Verschleuderung
Zukunft bedeutet; eine Heimat für
alle jene.
deren kranke Seele sich nicht mehr zurecht..
höchster geistiger Werke gliche, wenn diesem findet in dem Chaos, das uns heute umgibt.
Menschen je wieder materieller Druck aus einem
Land ins andere, Ton Klaviatur zum Dirigenten.. Gise1la Selden .. Goth, Berlill

e e

B u s o N I I N w E I M A R
Hofkonzert in Weima.r.. Buson! spielte. Der vorher in Berlin seit mehreren Jahren zur
Großherzog Karl Alexander, der letzte KUnstler.. Regel gemacht, nur noch ausgewählte Schüler
fürst in Deutschland, unterhielt sich mit dem zu unterrichten und kein Honorar mehr zu
Meister. Man sprach von der großen Liszt...Zeit, nehmen. In Weimar erhöhte dieses Prinzip die
von ihrer schier unerschöpflichen Befrucht1:lng ideale Seite des Meisterkurses. Die Glücklichen,
des musikalischen Nachwuchses. Bilder aus der die kommen durften, konnten sich als freie
musikalischen Glanzzeit Weimars tauchten vor Scholaren fühlen, wie die Schüler der großen
dem hohen Herrn wieder auf. Sollte es nicht Maler der Renaissance. Aber es ist leider auch
noch einmal möglich sein, der nach den Höhen mancher unter ihnen gewesen, der splter Buson!
der Musik strebenden Jugend durch einen schnöde verraten hat. Weil er dem Ikaruaflug
gereiften Meister kUnstlerisch und menschlich zur Sonne, den Busoni ihm wies, nicht gewachsen
den Weg zu weisen? Gab es einen solchen war, und der solide bürgerliche Boden sich
Meister? Der alte, liebenswürdige Großherzog, stärker erwies, als die Sehnsucht des Meisters
ein reiner und wunderbarer Idealist, sprach nach einer neuen Pianistengeneration, die das
lange mit Busoni Uber den Plan und erkannte, Klavierspiel nach der Lisztschen Erhebung
daß er in diesem Mann den einzigen großen abermals einer höheren Stufe entgegenführen
Künstler vor sich hatte, dem er damals sein sollte. Und so steht Busoni heute, nach %wanzi(
Ideal anvertrauen durfte. Busoni sollte im Jahren, allein; vielleicht als der letzte große
Sommer 1900 nach Weimar komment als Gast Meister seines Instruments, als der einzige, der
des Großherzogs, und seine Schüler mitbringen. dem Klavierspiel noch einmal Würde und Wert
Das malerische Tempelherrenhaus im herrlichen gegeben und neue Wege gewiesen hat.
Park wurde ihm zur Abhaltung des Unterrichts e
zur Verfügung gestellt - ein wirklicher Tempel, Damals war Busoni noch Pianist und
in dem die weihevolle Stimmung zur Pflege der Komponist. Heute ist er Komponist und Pianist.
Musik nicht ausbleiben konnte. Der schöpferische Drang aber war stets in ihm
Und so zog Buson! mit einer etwa fiinfzehn lebendig. Daher gelangte er auch über das
Köpfe starken Schülerschar Anfang Juli 1900 Vermächtnis von Liszt hinaus, wurde klavieri..
zum ersten Male nach Weimar. "Gäste kamen stisch..schöpferisch, und seine Phantasie er..
und Gäste gingenU und wurden gern gesehen weiterte die Ausdrucksmöglichkeiten und be..
und warenglücklich. dieses Erlebnisses teilhaftig reicherte sie um Dinge, die seither langsam in
geworden zu sein. Busoni hatte es sich schon das Spiel der Jüngeren, auch solcher. die nicht

39
seine Schüler waren, übergehen, ala zum Rüstzeug sich hinsetzte und vorspielte, was fast jede
des modernen Pianisten g~hörig. Damals mußte Woche einmal vorkam, wievid Technisches er
ein Mann, der aovie! Neues anzuregen und selbst noch zu lernen hatte, um die volle Deutung,
zu geben vermochte, auf die Jugend eine frei von Zufälligkeiten der Finger, geben zu
magische Anziehungskraft ausüben. Er war für können. Dafür bildeten dann techniiche Probleme
sie der Zauberer, dem man nur se:ine Kunst außerhalb der Unterrichtsstunden im Schüler..
abzusehen brauchte, um auch bald ein Meister kreis ein umso eifriger behanddtes Thema, zu
" zu sein. Ein Zauberer, der über alle konventio.. dem Busoni von selbst oder auf Befragung
nelle KlavierschuImeisterei hinweg, frei von der gern und ausführlich seine Anlichten äußerte.
leisesten Pedanterie, der Jugend die Musik als Genau genommen war eigentlich der Unterricht
ein unbegrenztes Himmelreich erschIoß, der ein permanenter; denn Busonis gastliches Haus
weit ab vom Alltag führte, und dessen eigenes stand fast jeden Nachmittag den Schülern für
Lebensbeispiel, das trotz enger, bescheidener die Teestunde offen. Hier, oder auch bei
finanzieller Grundlage nie die profane Zweck.. gelegentlichen Spaziergängen durch den Park
mäßigkeit berührte, bezeugte: erst mußt du ein und bei den häufigen abendlichen Zusammen..
Mensch und ein Künstler sein, dann findet sich künften im nErbprinzenu widmete sich der
alles andere. Und doch verlangte er niemals, Meister dann mit ungezwungenster Hingabe der
. daß man Asket werden sollte. Der Mensch ist menschlich..künstlerischen Entwicklung seiner
ein Sinnenwesen, der Künstler erst recht: also Scholaren.
muß den Sinnen ihr Recht werden. Ein freier In diesen Stunden blieb das Gespräch
Künstler des Lebens sollte jeder werden, und meistens nicht bei der Musik stehen. Und da
ein strenger Priester der Kunst, ohne" Konzes.- war es denn auch, wo uns Buseni aus den
sionen an das Publikum und die Musikwisser. unerschöpflichen Quellen seines allgemeinen
Den Wankenden ermutigte erzumAufrechtgehn, Kunstwissens speiste. Wie er selbst in jüngeren
den Aufrechtgehenden gab er die Sicherheit Jahren die anderen Künste in sich aufgenommen
und Zuversichtlichkeit. Wo Busoni einen Ansatz hatte, bis es für ihn nur noch eine Gesamtkunst
zur Persönlichkeit erkannte, ver:suchte er die gab, die in aUen ihren Zweigen eng zusammen..
Entwicklung zu fördern. Jeder Schüler, jede hängt, so sollten auch 'sein Schüler nicht nur
Schülerin sollte sich selbst finden lernen; denn einseitig der Musik dienen.
nur mit der Entwicklung der menschlichen
Persönlichkeit kann die künstlerische Indivi.. c
dualität wachsen.
c Es war ein Kreis mit Buson! als Mittelpunkt,
Zweimal in der Woche fanden wir uns im wie man ihn jedem angehenden Künstler nur
Tempelherrenhaus zusammen. Wer etwas fertig wünschen kann. Wer ihm im Sommer 1900
studiert hatte, durfte vorspielen. Die anderen oder 1901 angehören durfte, und dann auf der
saßen auf den einfachen, mit Kattun überzogenen erhaltenen Grundlage weitergebaut hat, sollte
Sofas, die ringsherum an den Wänden entlang Busoni sein Leben lang dankbar sein können.
standen, und hörten zu. Sie lernten dabei eben.. Wenn man bedenkt, was jede Stunde im Leben
soviel wie der Vorspielende. Hatte ein Schüler eines von Schaffensdrang erfüllten Künstlers
sein Stück beendigt, so gab es erst eine allgemeine bedeutet, und sich dann vorstellt, was für eine
Unterhaltung darüber oder man trat auf die gewaltige Menge seinerzeit Busoni in Weimar
Rasenseite, 'die einen herrlichen Blick in den seinen Schülern geschenkt hat, wird man be..
Park gewährt, vor das Haus und rauchte eine greifen, mit welcher Liebe und Hingabe und
Zigarette. Jeder aber war tief erfüllt von der mit welchem schönen Glauben der Meister an
unbeschreiblichen Anregung, die Busanis Aus.. allen gehangen hat, die ihm vertrauten. Es
führungen erweckte. Es war, wie wenn der waren ja nicht nur Pianisten, die zu ihm
heilige Geist über alle gekommen war. Da gab gekommen waren; doch das machte für ihn
es keinen, der sich nicht von seiner zukünftigen keinen Unterschied. Er spendete allen von seinem
Mission in der Musik erfüllt fühlte. Selten tiefen menschlichen und von seinem unermeß ..
wurden übrigens technische Dinge besprochen. lichen künstlerischen Reichtum mit offenster
Das Technische verstand sich gewissermaßen Hand, und jeder konnte bei ihm lernen und
von selbst. Fast immer atand das Kunstwerk ging von ihm fort, reich mit Schätzen beladen.
ab Ganzes und seine Gliederung zur Diskussion. So wifikte Busoni in Weimar.
Und doch merkte jeder einzelne, wenn Busoni H. W. Draber
o 0

40
v E R z E I c H N I s
der veröffentlichten Komposition~n und B~arbeitt1ngen von F. BUBoni
a) Kompositionen: op. 25 Symphonische Suit~ für Or..
op.l A v eM a ri a, für Gesang und Klavier (c:::ranz, chester, Präludium, Gavott~, Gigu~, Lang..
Leipzig 1878) sames Intermezzo, AlIa breve (Kahnt, Leipzig
op.2 Ave Maria, Nr.2, für Alt und Klavier 1888)
(Cranz, Leipzig 1879) op. 26 Zweites Streichquartett (Breit..
op. 3 Cinq pieces pour Piano, Pre1udio, kopf & Härtel 1889)
Menuetto, Gavotta, Etude, Gigue (Cranz, Leipzig op. 27 Finnländische Volksweisen für
1877) Kla v i er, vierhändig (Peters, Leipzig 1889)
op. 4, 5, 6 Troia morceaux pour Piano, op. 28 Bagatellen für Violine und
Scherzo, Pretude ct fugue, Scene dc ballet Kl a vi e r, Aus der Zopfzeit; Kleiner Mohren..
(Wetzier, Wien 1884) tanz; Wiener Tanzweise; Kosakenritt (Peters,
op.7 P r e lud i 0 (Basso ostinato) e F u g a (Doppel.. Leipzig 1888)
fuge zum Choral) fürOrget (Wetzler,Wien 1881) ap. 29 Erste Sonate für Violine und
op. 8 K I a v i e r s 0 n a t e, Fragment (Ricordi, K I a v i e r (Rahter, Leipzig 1891)
Mailand, zwischen 1880.. 85) op. 30 Zwei Klavierstücke, Kontrapunk...
op. 9 Una festa di Villaggio. sechs Klavier.. tisches Tanzstück ; Kleine Ballettszene (Rahter,
stücket Preparazione alla festa,Marcia trionfale, Leipzig 1891)
In chiesa, La Fiera, Danza, Notte (Ricordi, op.30a Neu e Aus gab e:Kriegstanz,Friedens ..
Mailand, zwischen 1830 ..85) tanz (Rahter, Leipzig 1914)
op. 10 3 Pezzi nello stile antico, für op. 31 Zwei Lieder, Wer hat das erste Lied
Klavier, Minuetta, Sonatine, Gigue (Ricordi, erdacht; Bin ein fahrender Geselle (Kahnt,
Mailand, zwischen 1880.-85) Leipzig 1884)
op. 11 Danze antiehe, für Klavier, Minuetto,
op. 31a KonzertstückfürKlaviermit
Gavotta, Giga, Böurree (Ricordi, Mailand,
zwischen 1880..85)
o r c h e s t e r (Breitkapf & Härtet 1892)
ap. 32 Vi e r i tal i e n i s c h e Lieder (Schmidl,
op. 12 n.Iacchiette mediaevali, sechs Stücke Triest 1884)
(Trebbi, Bologna 1883)
op. 13 D anza notturna (Trebbi, BOlognh.1883) ap. 32a Symphanisches Tongedicht,
op. 14 M en u ett 0, für Klavier (Ricordi, Mailand, für Orchester (Breitkopf & Härtel 1894)
zwischen 1880 .. 85) op. 33a Vierte Ballettszene in Form
op. 15 Zwei Lieder, Ich sah die Träne; An eines KanzertwaIzers (Breitkopf & Här..
Babylons Wassern (Gutmann, Wien 1884) tel 1894)
op.16 Sechs Etüden für Klavier (Gutmann, ap. 33b Sechs Stücke für Klavier,
Wien 1887) Schwermut, Frohsinn, Scherzino, All"antica,
op. 17 Etude en forme de variation s, Finnische Ballade, E:x:eunt amnes (Peters,
für Klavier (Gutmann, Wien 1887) Leipzig 1896)
op. 18 Zwei altdeutsche Lieder, Wohlauf, op. 34 Serenata für Cello und Klavier
der kühle Winter ist vergangen; Unter der (Ricordi Mailand)
Linden (Kistner, Leipzig 1885) op.34a Zweite Orchestersuite, Gehar..
op. 19 Erstes Streichquartett (Kistner, nischte Suite (Breitkopf & Härtet 1904)
Leipzig 1886) ap. 35 Ave 1\1 a r i a, für Bariton und Orchester
op.20 Zweite Ballettszene für Klavier (Ricordi 1882)
(Breitkopf & HärteI, Leipzig 1885) op. 35a ViOlinkonzert (Breitkopf & Härtel
op.21 Preludio e fuga, für Klavier (Ricordi, 1899)
Mailand) op.36 Preludio e fuga für Klavier (Ricordi
op. 22 Varia tionen und Fuge für Kla vi e r 1882)
über Chop ins C MoU .. Präludium (Breit.. op.37 24 P r el u d es für Klavier (Ricordi 1880..83)
kopf & Härtel, Leipzig 1885) op. 38 Lushpiel .. Ouvertüre für Orchester
op. 23 Kleine Suite fü r Cello und Kla vie r, (Breitköpf & Härtel 1904)
fUnf Stücke (Kahnt, Leipzig 1886) op. 38a Li e d d er Klag e
op. 24 Zwei Lieder, Lied des Monmouth;' Es op. 39 Concerto für Klavier mit Orchester und
ist bestimmt in Gottes Rat (Kahnt, Leipzig 1886) Schlußchor (Breitkopf & Härte! 1906)

41
op. 40 Primavera, Estate, Autunno, In.. Inventionen; Tier Duette; Präludium. Fuge
verno. Vier Mä.nnerchöre mit Soli und und AIIegro Es Dur (1916)
Orchester (Ricordi 1882) 2. Band: Bearbeitungen H. Meisterstücke. ehro..
op. 41 Musik zu Gozzis Turandot, matische Fantasie und Fuge; Klavier..Konzert,
für Orchester (Breitkopf & Härt.eI 1906) D Moll; Aria mit 30 Veränderungen (1916)
op. 42 Berceul!le eIegiaque für Orchester 3. Band: Übertragungen. Präludium und Fuge,
(Breitkopf & Härte! 1910) D Dur; Präludium und Fuge, Es Dur; Orgel..
op.43 N-octurne symphonique für Or.. Toccata, DMoll; Orgel..Toccata, CDur; zehn
chester (Breitkopf & Härtet 1914) Orgd.. Choral..Vorspie1e; Chaconne (1916)
op. 44 Indianische Fantasie fürKla.vier 4. Band: ,Kompositionen und Nachdichtungen.
und 0 r c h e s t e r (Breitkopf & Härtet 1914) Fantasia; Pre1udio, Fuga e Fuga figurata; ,
op.45 Die Brautwahl. Oper. Partitur und Capriccio, BDur, über die Abreise; Fantasie,
Klavierauszug (Harmonie..Verlag, Berlin 1913) Adagio und Fuge, CMoll; Choral..Vorspiel
- Die B rau t w a h I, Orchestersuite (Breit.. nebst Fuge über ein Bachsches Fragment;
kopf & Härte! 1915) Fantasia contrappuntistica (1916)
op. 46 Rondo arlecchinesco, für Orchester 5. Band: Das Wohltemperierte Klavier, 1(1916)
(Breitkopf & Härtet 1916) 6. Band: Das Wohltemperierte Klavier, 11 (1916)
op. 47 Gesang vom Reigen der Geister Joh. Seb. Bachs ausgewählte Werke'.
für Streicher, sechs Bläser, eine Pauke (Breit.. Bearbeitungen. Ein"zelausgaben
kopf & Härte! 1916)
Zweistimmige Inventionen (1892)
Werke ohne Opuszahl - - ,englisch (1909)
Ku I ta seil e, Variationen über ein finnisches - - französisch (1914)
Volkslied, für Cello und Klavier (Dietrich, - - italienisch (1910)
Leipzig, zirka 1891) - - spanisch (1913)
Berc euse für Klavier (Breitkopf & Härtell909) Dreistimmige Inventionen (1892)
Ch 0 ral .. Vo rsp i e I nebst Fuge über ein - - englisch (1909)
Fragment von Bach, für Klavier, Kleine Aus.. - - französisch (1914)
- - italienisch (1910)
gabe der Fant~sia contrappuntistica (Breit..
kopf & Härte! 1910) - - spanisch (1913)
Orget..Toccata C Dur (1900)
Eie g i e n. Sechs neUe Klavierstücke (Breit..
kopf & Härtet 1908) Orge1.. Choral..Vorspiele. Band I (1907)
Erste Sonatina für Klavier (Zimmermann, - - - Band 11 (1909)
Leipzig 1910) Orgd..Präludium und Fuge, D Dur (1910)
Toccata und Fuge, D Moll (1900)
A n die J u gen d, Tier Hefte (Zimmermann,
Leipzig 1909) Sechs Tonstücke (1902)
Chaconne (1907)
Nu i t deN 0 eI, für Klavier (Durand, Paris 1909)
Fantasia nach Bach, für Klavier (Breit- Konzert, D ..Moll (1909)
kopf & Härte! 1909) Vier Duette (1914)
Fantasia contrappuntistica für Klavier Fantasia, Adagio e Fuga (1914)
(Breitkopf & Härte! 1910) Capriccio über die Abreise des vie1geliebten
Sonatina seconda für Klavier (Breit.. Bruders, B Dur (1914)
kopf & Härte! 1910) Präludium, Fuge und Allegro, Es Dur (1915)
Dritte Sonatina "ad usum infantis u für ·Das Wohltemperierte Klavier. Teil I/lI (1916)
Klavier (Breitkopf & Härtel 1915) Orgd..Präludium und Fuge, Es Dur (Rahter,
Indianisches Tagebuch für Klavier Leipzig)
(Breitkopf & Härtel 1915) Chromatische Fantasie (Simrock, Berlin)
Dieselbe für Violoncell und Klavier
b) Bearbeitungen: Mo zar t, W. A., Zwei Kadenzen zum Klavier..
Die ohne Verleger angegebenen Kompositionen stammen Konzert, D ..Moll (1907)
aus dem Verlage Breitkopf & Härtet
- Andantino aus dem neunten Klavier..Konzert
J 0 h. Se b. Ba c h. Gesammelte Ausgabe in (1914)
sechs Bänden. - Zwei Kadenzen zum neunten Konzert, Es Dur
1. Band: Bearbeitungen I. Lehrstücke. Widmung; (1915)
18 kleine Präludien und eine Fughette; Giga, Bolero e Variazione, aus: nAn die Jugend U
15 zweistimmige Inventionen; 15 dreistimmige Ouvertüre zur Entführung aus dem Serail

42
Ouvertüre z~· Doh Giovanni (Schirmer~- New.. Cramer, Acht Etüden, er8tes Heft: Legato,
York) zweites Heft: Staccato (Schlesinger, Berlin 1895)
Beethoven, L. v.,.. Ecossaisen (1889) Goldmark, KlaTier...Auszug ohne Text von
-. Benedictus auS' der Missa Solemnis, für "Merlin44 (Schuberth, Leipzig 1888)
Violine und Orchester (1916) Große Konzer't-Fantasie über "Merlin"
- Drei Kadenzen zum Violin..Konzert, mit (Schuberth, Leipzig 1888)
vier Instrumentalstimmen (1915) No v a ~ e k, Scherzo aus dem I. Streichquartett
- Zwei Kadenzen zum vierten Klavier..Konzert, für Klavier übertragen (Fritzsch, Leipzig 1893)
G Dur (Rahter, Leipzig 1891)
Beethovens Klavierkadenzen zu seinen Kanzer ... Wagner, Trauermarsch zu Siegfrieds Tod
(Ricordi, Mailand 1883)
ten (Heinrichshofen, Magdeburg)
Analytische Darstellung der Schlußfug'e aus Versuch einer organischen Klavier.. Notenschrift
op. 106, Anhang z. Wohlt. Kl. I (1910)
Liszt, F., Spanische Rhapsodie, für Klavier c) Ungedrucktes 1919(20:
und Orchester (Schirmer, New..York)
1. Zwei Kadenzen zu Mozarts Cdur: Klav. Kanz.
- Erste Gesamtausgabe der Etüden. Drei Bände
- Polonaise, E Dur mit Schlußkadenz (Simrock, 2. Zwei Kadenzen zu Mozarts Es dur Klav. Konz.
BerUn) 3. Rondo concertante, Bearbeitung vom Finale
- Fantasie und Fuge über den Choral "Ad aus Mozarts Es dur Konz. Part.
nos etc ../O' (1897) 4. Duettino concertante über Mozarts Finale
- Figaro ..Pantasie, erste Ausgabe (1912) aus dem F dur Konz., zu zwei Klav.
- Heroischer Marsch im ungarischen Stil 5. "Lo Staccato". Der Klavierübung dritter Teil
(Schlesinger, Berlin) (mit Vorwort)
_ Mephisto..Walzer, Tanz in der Dorfschenke 6. Sarabande und Cortege. Zwei Orchester..
(Schuberth & Co., Leipzig) studien zu "Doktor Faust"; Part.
- Sonetto 104 deI Petrarca, -für Tenorsolo und 7. Ricordo di Londra. Elegie für Klarinette
Orchester übertragen (Schirmer, New...York und Klavier
1909) 8. Paganini..Etüden von Liszt. Instrukt. Ausg.
- Valse oublh~e, für Violoncell und Klavier 9. Sonatina Super "Carmen"
Paganini .. Liszt, Thema mit Variationen, 10. Divertimento für Flöte und Orchester. Part.
Etüde Nr. 6 (1914) 11. Toccata (preludio, Fantasia, Caccona) für
La CampaneUa Klavier
Brahms, Sechs Choralvorspiele aus op. 122 12. Tanzwalzer für Orchester, Part.
(Simrock, Berlin) 13. Der Arlecchineide Fortsetzung und Ende
- Kadenz zum Violin..Konzert (Simrock, Berlin (Dichtung)
1914)
Chbpin, Fr., Polonaise op. S3 (Schmidi, Triest 14. "Doktor Faust" - die Hälfte derTheaterpart.
1909) 15. (Erschienen) Doktor Faust, Dichtung für
Cornelius, Fantasie f'ur Pianoforte über Musik
Motive aus dem "Barbier von Bagdad./O' (Kahnt 16. (Erschienen) Das Wandbild. Eine Szene und
Nachfolger, Leipzig 1886) eine Pantomime (Dichtung)

a a

Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. P. A. Pisk. Wien, I. Karlsplatz 6. - Herausgegeben von d.el' Universal~
Edition A.~G. _ Druck von Otto Maa.J.P Söhne Ges. m. b. H •• Wien I. Wallfischgasse 10.

43
3. au~erordentl imes
Orrnesterkonzert
IUßIlIlIlIlIUIDIIßIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII1111111111111111111111111111111111111

Freitag, 7, Januar 1921, 7 I;' Uhr abends, in der


Philharmonie mif dem philharmonismen armester

Dirigent:
Ferruccio Busoni

Programm: Ferruccio Busoni



1. Lustspielouvertüre ,..•.. '. .. •. .• .•.• op. 38
2. Ormesterstüd<e:
a) Berceuse·"I"giaque ...••••...•... op. <12
b) Nocturne symphonique .•.•..••.• op. <13
c) Rondo arlecchinesco .•.•...••••• op. <16
3. Konzert für Violine mit armester .•.• op. 35
<1. armestersuite aus der Oper .Die Brautwahl"

*
Solist: Emil Telmany

Karfen bei BOTE K BOCK und A. WERTHEIM


3. ordentliches
Orrnesterkonzert
1II1111111111111~lIIl1l1l11ll11lll11ll11ll11l1l11l11l11l1l1llilllllllll.lIlIlIlIIllIIlIIllIllIIllllllllllllllllilllII111111111111111111111111111111111111111
Donnerstag. 13. Januar 1921.7 1/2 Uhr abends. in der
Philharmonie mit dem philharmonismen armester

Dirigent:
Ferruccio Busoni
Programm: Ferruccio Busoni *
1. armestersuite _ Aus der Musik zu • Turandot"
2. Con (erfino für Klarinette und kleines armester
op.48
3. Gesang vom Retgen der Geister .. •... op. 47
(Uraufführung)
4. Zwei Studien zu .Dr. Faus'"
a) Sarabande b) Cortege (Manuskript)
5. Divertimento für Flöte und kleines armester
(Manuskript)
6. Tanzwalzer .................... (Manuskript)

Solisten:

Klarinelfe: .earl Essberger
Flöte: Alfred liechtenstein

Karten bei BOTE & BOCK und A. WERTHEIM


4. äu~erordentliches
Orrnesterkonzert
1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlllllIIllil1II11111lJ111111111111111111

Donnerstag, 27.)anuar 1921,7 112 Uhr abends, in der


Philharmonie mit dem philharmonismen Ormester

Dirigent: Gustav Bremer

Programm: Ferruccio Busoni



I. Konzertstüd< für Klavier und Ormester .. .. .. .. .. ... .. .. .... op. 31
2. Indianisme Phantasie für Klavier und Ormester.. .. .. .. .. .... op. 44
3. Concerto für Klavier, Ormester und Männermor .. .. .. .. .... op. 39

*
Solist:
Ferruccio Busoni

.
Karten bei BOTE K BOCK und A. WERTHEIM
Ferruccio Busonis
musikalische Kompositionen

Opern Für und mit Orchester


Tutandot. - Arlecchino Sinfonische Suite f. Orchester, op. 25. Konzert..
stück für Pianoforte und Orchester, op. 31
Sinfonisches Tongedicht, op.32
Für Pianoforte Zweite Orchester.. Suite (geharnischte), op.34
Sechs Etüden, ap. 16 Konzert für Violine und Orchester, op. 35
Daraus einzeln: Etiide Nr. S. Etüc1eNr.5 (F.Ce) Lustspie1.. 0uv"'rtüre, op. 38
Etüde in Form von Variationen, op.17 Concerto für Phnoforte, Orchester u. Männer..
Zweite Ballettszene, cp. 20 chor, op.39
Variationen und Fuge über Chopins C moll.. Otchester .. Suite aus der Musik zu Gozzis
Präludium, op. 22 Märchendrama ..Turandot''', op. 41
Zwei Tanzstücke. ap. 30 a Verzweiflung und Ergebung (Supplement zu
Vierte: Ballettszene (Walzer und Galopp), neue ..Turandot")
veränderte Ausgabe, ap.33 Berceuse elegiaque, op. 42
Erweiterte Kadenz zum 4. Satze des Concerto Nocturne symphonique, op.43
Elegien. Sechs neue Klavierstücke. - Berceuse Indianische Fantasie (Fantasia .. Canzona e
Fantasia, nach Joh. Seb. Bach. (Auf den Tod Finale) für Klavier mit Orchester, op.44
meines Vaters) Orchester..Suite. Fünf Stücke aus der Musik
Fantasia contrappuntistica (Preludio al ecrale: zur Oper "Die Brautwahl", op. 45
e Puga a 4 Soggetti obbligati) Rondo arlecchinesco, op. 46
nrei Klavierübungen und Präludien (der Gesang vom Reigen der Geister (des indiani..
Klavierübung zweiter Teil). sehen Tagebuches, H. Buch). für Streich..
Sonatina orchester, 6 Bläser und 1 Pauke, op. 47
Sonatina brevis. In Signa ]oannis Sebastiani Concertino für Klarinette u. kleines Orchester
Magoi. In freier Nachdichtung von Bachs
kleiner Fantasie und Fuge D moll
Sonatina Seconda
Kammermusik
Choralvorspiel, nebst Fuge über ein Fragment Kleine Suite fürVioloncell und Klavier, op. 23
von Bach (der Fantasia contrappuntistica Zweites Streichquartett, op.26
kleine Ausgabe) Sonate für Violine und Klavier, op.29
Sonatina ad usum inlantis Zweite Violin..Sonate, op. 36 '
Indian. Tagebuch, I. Buch (4 Klavierstudien Albumblatt für Flöte (oderViolinemitSordine)
über Motive der Rothäute Nordamerikas) für Viola oder Violoncell und Klavier
An die Jugend Für eine Singstimme mit Begleitung
Nr.1. Pre1adietto, Fughetta. und Eserc.izio. -
Nr. 2. Preludio. Faga flgürata. Studie nach Zwei Gesänge f.eine tiefe Stimme u. K:lav •• OP:24
J. S. Bachs wohltemperiertem Klavier. - Nr.3. Nr. 1. Lied des Monmouth "Es zieht sich eine
Giga. Bolero u. Variationen. Studi~ nachMozart. blut'ge Spur" (Th. Fontane). - Nr. Z. "Es ist be~
- Nr. 4. Introduzione, Capriccio and Epilog. stimmt in Gottes Rat" (H. v. Feuchtersleben)
Albumblatt. Sechs KlavietÜbungen und Prä.. Zwei Lieder f. eine Singstimme u. Klav., op.31
ludien. Drei Sonatinen. (Gesamt--Ausgabe) Nr.I. "Wer hat das erste Lied erdacht'" (Viktor
BUithgm). - Nr.2. "Bin ein fahrender Gesell'"
(Rad. Baumbach)
Für zwei Pianoforte Zwei Gesänge für eine Männerstimme mit
Konzertstück, op. 31 kleinem Orchester, op. 49
Concerto, op.39 Nr.I.A1toums Gebet aus "Turandot": "Konfutse.
dir habe ich geschworen". - Nr. 2. Lied des
Indianische Fantasie, op.44 Mephistopheles aus Goethes ..Faust": ..Bs war
Improvisati9n über ein Bachsches Chorallied einmal ein König'"
Zwei Gedichte von Goethe für eine Bariton..
Für Orgel stimme und Klavier
Nr. 1. Lied des Unmuts ..Keinen Reimer wird
Fantasia contrappuntistica man finden" (, ~est58t1kher Diwan"). - Nr.2.
Lied des Mepnistophe1ea ..B8 war einmal ein
Bearbeitet von Wilhelm Midde1schuIte JUlnig" ("Faust")

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Meer", "Der Himmel öffnet die
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ehor. und OrdIesterwerke Kammermusik


6urre·[Ileder StreIchsextett Verklilrte nacht
u. E. nr. fOr Soli, eller und Orchester mark lLE.nr. op./J, m"l,
6300 PartIIur. Doppell.Ii •• rormot. . 100'- für zwei 'Dlollnen. zwei tliolen uni zwei 'PioloneeUi
3697 rakslmileparlitur. Groijquart . 30'- 3662 ParliluT (kleIn .. rormat) . . . . . %'-
3696 Klavierauszug mit Text (Berg) . 20'- 3663 Stimme• . . • • . . . . • . . . 10'-
3696 Dasselbe. Bütlenausgabe .. . 25'-
3695 rührer (Berg) . . . . . . . 2'-
5215 Kleiner rUhrer (Berg). . . . 1'- Streichquartett nr. 1, Dmoll op. 7
Einzelausgaben für eine Singstimme und Klavier lür zwei Violinen, Viola und t'Ioloncellt'
5330 "SO tanzen die Engel. . . . . . 1'20 3665 Partitur (kleines rormat) . . . . . %'-
5331 <lnun sag' ich dir zum erstenmal" . 1'20 3666 Stimmen. . • . . . . . • • . . 1'-
5332 4Du wunderliche Toue~ • . • •. 1'!0
5333 ~Tauben tlon Gurre» • • • . .• 2'50 StreIchquartett nr. 2, i'ls moll
Verklilrte nacht op. Ij, op.10
ifiT ZliJci "Iollnen, tllola und tlioloncello
Bearbeitung ror Strelchordlester
6065 Parlltur (nur gegen Reuers) . . . 12'- 111. und IV. Satz mit Gesang nach Gedldlten DOR
Sfefan George
Pelleas ulld melisallde op. 5 %993 Partitur (Okta.). . . . . . • . . 5'-
Sinfonische Dichtung für grobes Orchester 2994 Slimmen. . . . • . . . . . . . 12'-
3311 Partitur (nur gegen Reuers) . . • 40'- Kammerslllfollle E dur op. 9
Kammersillfollie E dur op. 9 fIlr 15 Solo-Instrumente
Bearbeitung für Ormes/er 3667 Partitur (nur gegen Revers) . . . . 1!'-
36610 Partitur (nur gegen Reuers) . • . 20'- 6ao Themattsme Hnalyse (Berg) •.• -'35

Die :1akobsleiter PIerrot IUllalre op. 21


Ein Oratorium Dreimal sieben Gedichte nom albert Glraud
6061 Textbum . . . . . . . . . 1'50 5334 Partitur (lnr Hufführung) . . . . . 15'-
6061 Dasselbe, Büfterrausgabe •. %'50 DosseIbe uni Büttenpapier . . • . 25'-
5336 Studienpartitur . . . . . . . . . -4'-
Bühnenwerke
Erwartullg KlavIer zu zwei Händen
monodram %991 Dret Klaulerstüd< ••p. 11 . . . . . 2'50
5361 Onneslerportitur (nur gegen Reoers) %0'- %99~ Klavierstfick op. 1L nr. 2. K\H1zert·
5360 Texlbudr . . . . . . . . . . . -'40 mäfjige 3nterpr. von rerr. Busanl . 1'5~
5069 Sems kleine Klo'Jierstücke op. 19 "Sv
DIe glückliche Halld
Drama mit musik
5670 Orchesterpartitur (nur gegen Retlers) 20'-
musiktheorie
5.12 Textbum . . . . . . . . . . . _·~o 3370 HarmVfttel,hr,(IlI.BuilagelnVo,",,: '.)

1IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUIIIIJIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUlIUllllllllllUIIIIIIIIIIIIIII1II11I1II1I1I1I1II1I1I1I1II1I1II1I1I1II....lIIlIIlilUli

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Uraufführung: 20. November 1920

Walter Braunfels
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DIE VOGEL
Eitt lyriach .. phantastiaches Spiel nach Aristophanes. - Dicktune vom Komponiste.
U. E. Nt. 6420 Klavierauszug mit Text. . . . . . . . . . • . • . . . . . • Mark 20'- >

U. E. Nr. 6421 Textbuch ............... . . . . • . . . . . Mark 1'50


U. E. Nr. 6427 Die Taubenhochzeit, für Klavier zweihäncUc . . . . . . . . . Mark 2'-
MÜNCHENER NEUESTE NACHRICHTEN (Paul Ehlers):: Von Anfang bis Ende Musik,
klingende Schönheit ••• starker, vom Herzen kommender Beifall
MÜNCHEN..AUGSBURGER ZEITUNG (AlbertNoeite): Eine Quelle dauerndenGenUs3ts •••
von klassischer Reinheit und Schönheit ••• ein äu.oerst starker, völlig un..
bestrittener ErfoI~
:u:tl'NCHENER TAGBLATT (1. Dachs): Blühende Phantastik, leuchtende Farben, durchaus
- modeme Tonsprache •.. Der Erfolg war glänzend
MÜNCHNER ZEITUNG (1. L. Fischer): Eine formvollendete, feingearbeitete Partitur,
ungemein frisches und pulsierendes Leben •.• Das Werk erntete großen Beifall."
DEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (Alu. Berrsche): Das Echteste, BegUlckendste,
Deutsche.ate, was unserer heutigen OpernbUhne bleiben wird, •••
Ferner erschienen von Walter Braunfels:
Phantastische Erscheinungen eines Themas von
Hector Berlioz, op. 25
für grl'ßes Orchester
Zahlreiche Aufführungen dieses hervorragenden Werkes haben bereits Ton den
namhaftesten deutschen Orchestervereinigungen mit starkem Erfolge stattgefunden
U. E. Nr. 6398 Grofle Partitur . Mark 50'- U. E. Nr. 6374 Themat, Analyse Mark -'60

Drei Gesänge für eine Baßstimme mit Orchesterbegleitung


Ausgabe mit Klavierbegleitung:
U. E. Nr. 6395 Auf ein Sotdatengrab (Herrn. Hesse) . . . . . . • . • . . . • Mark 1'50
U. r·~. Nr. 6396 An die Parzen (Hölderlin) . , . • . . . . . . . . . , . . • . Mark 1'50
U. E. Nr. 6397 Tod ~ in Vaterland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark 1'50
In einfacher melodischer Linie zeichnet hier Braunfe1. du von edler Größe getragene
Pathos der Dichtung nach und steigert den Stimmungsgebalt zu hinreiflenden Höhe..
punkten, die beim Hörer eine tiefe Wirkung hinterlassen
In Vorbereitung:
,. Vor, und Zwischenspiele", op. 31 für Klavier zweihändig
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Sinfonien und 170kalwerke mit Ormester


Sinfonie I D dur fir gro~es Orchester Sinfonie VI 8 moU rnr grofles Orchester
~L~
2931 Partitur • . • . . • • . . .•
m.
50'-
~L~ m.
2775 KIaDlerauszug " ms (ZemIlnsky) , ;'1:-
941 Kla'Plerauszug ... ms (S. Walter) 10'- !7n Kleine Partitur • • • • • , , .• 6'-
90\6 taschenpartItur (16°) . . . . ' 7'50
S7S1 thematische Bnal~se (Specht). -'50 Sinfonie VII Ißr oro" •• Ordlest.r
Sinfonie 11 e: moll filr gruftlils Ormester, ~L~ ~~
Bit. und Sopransolo uno gemisdden I!bor 2984 KIQlJI"auszug 4 ms (e.seUa). . . 12'-
~L~
2933 Partitur . . . . . . . . . . . . 60'-
m. 2985 Kleine Partitur . • • . • • • .• 6'-
9-'9 Kla'Pierauszug ~ ms (8. Walter) . 10'- SJnfonfe VIII fDr 8 Soll... Knabenmor, 2 ge.
2937 Zwei Klaplere ~ ms (H. Behn) (zur mischte ehGre und grolles Ordlester
Buililhrung sind zwei Exemplare er-
iorderlicfl) • • • . . . • • • 7'50
~L~ m.
3638 Zwei Klaoiere 8 ms (BQddet) . . . 15'- 2772 Partitur . . . . . . . . . . • . 100'-
,9\8 taschenpartitur (t61» . . . . •. 7'50 2660 KlaDlerauszug mit text (WOiss), 15'-
2938ajb B1I501o: .Urll"'l0 h.t. . . . . 01'50 3390 Klagierauszug zu ~ Hdnden. • • . 15'-
5782 thematische Hnal~se (Specht) . . • -'50 3000 Kleine Partitur , • , , • • • . • 1J.-
3399 themattsche anal~se (Specht) .• -'SO
Sinfonie III D moll far grofJes Ord1ester,
~L~
2939
951
HUIOlv, frauen. und Knabenchor

Partitur . • • • • • . . •
Klavierauszug ~ ms (Woss).
• • . 60'-
. . . 10'-
m. ~L~
Sinfonie IX IOr groke. Ormester

3395 Partitur • • • • • • , , , • • . 50'-


m.
3397 Klaoierauszug 4 ms (WOiss). . • • 12'-
950 'tascf1enpartltur (16°) • • • • .. 9'- 3398 Kleine Partitur , • . . . • • •• 7'50
%9U Bltsolo:.O menschi Gib acht!, (stehe
~t.der) . . . • • . . . . . . . 1'50 nas [sied pan der erde. Sinfonie flir t tenor.
360i IÖlockencf1or 2 ms (W~ss) ',' . .• 2'- und t alt. oder Baritonstimme und
3103 menuett i ms (rrledman) . . •. 2'- U. E. ßr. Ormester mark
3649 alb "El sungen drei Engeh (rrauen. 3392 Partitur • . • . . , , . . •• 50'-
mor) 6"esang und Klaoler h. t•• a 1'SO 3391 KlaDierauszug mll text (Wöss) . 10'-
5783 'thematlscf1e Bnalyse (Specht). . . -'SO 3631 Studienpartitur , • • . , . •• 7'50
Sinfonie IV ~ dur fßr grofles Orchester und 3394 thematts.che Bnalyse (WOiss) •• -'60
U. E. ßr. SoprlllnsoJo mark
2940\. Partitur . . • , . , . • ••• '. 50'- nas klagende [rIed. . rUr Sopran., BU....
953 Klavierauszug 4 ms (Wess). , .• 10'- tenorsolo. . gemischten Ihor und Orchester
952 taschenpartltor (10') . • . . " 7'50 U. E. nr. mm
29\6 Sopransolo ~ "Wir genie~en die hlmm. 2969 Partitur , • . . . . . . . . • 30'-
!Ismen rreuden. (siehe [(leder) ' . 2'- 269~ KIaoierauszug mit text (WOiss) • 7 SO
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BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Die Gezeichneten
Infantin U, E, Nr,
Oper in drei Aufzügen
Mark
Pantomime nach Oskar Wildes gleidmamigef 5690 Klavierauszug mif Text. , 20'-
Novelle
U, E, Nr, Mark 5691 Texfbum , , , , 1"50
5762 Themalisme Analyse. , , , , , 1'-
2545 Klaviersuife, vierhändig • . . . 3'-
5763 Kurz~ thematische Analyse • , , -'30
5884 Vorspiel, Klavier zweihändig , , )'-

Der ferne Klang 5389


5364
Dasselbe. Klavier vierhändig .
Dasselbe. Studienparlitur . ,
,
,
"-
4'-
Oper in drei Auf2.iigen
5365 Dasselbe, Orrneslerparfitur . , , 30'-
3096 Klavierauszug mit Text. , , 20'-
3100 Regiebuch mit szenischen
Bemerkungen . • , , , , 2'- . Der Schatzgräber
31000 Texlbuch , , ,. . , , 1'50 Oper in vier Aufzügen, einem
5367 Ballade für eine Singslimme und Vor- und Nachspiel
Klavier. , ...
, , , !'So ... 6136 Klavierauszug mit Texl. . • . . 20'-
5369 Sctllu~duell für zwei Singstimmen 6137 Texlbuch , , , , , , , , • " 1'50
und Klavier . , , , • , , , 2'- . . 6133 Wiegenlied der Eis, für eine Sing-
stimme und Klavier , , , , " 1'50
Das Spielwerk 6199 Themallsche Analyse (R, Specht). 2'-
Oper in einem Aufzug
In Vorbereitung:
3770 Klavierauszug mit Text. , , , 15'-
l771 TE'xtbum , , , , , , , 1'50 Memnon
Operndichlung in zwei Akten

• Der rote Tod


frei rtadl E. A. Po e. Didlfung In einem Akt Irrelohe
3289 Texlbuch • , ., , , , , , , " 1'50 Opemdichlung in dreI Aklen
Musikbläller des Anbrum - Smreker Sonderheit . . . , . . , . Mark 6'-
Hiezu Verlegerzuschlag
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG

Universal-Edition A.-G. Wien-Lei pzig J


Der führer der polnischen Moderne:

Karai Szymanowski I
1IJIIJIIIIJlliIIUIIIlllUtllIIlllllllmllllllllllWUJIIIIlIIIIIIlllIIIJIl!IUIIJIUlUlUllillmllllllJIlJmmllllllllllllfllmIlll11lU1I1J1I1II1IUlUmlUIIIJ1Il1II1I1I !
KLAVIER ZU 2HANDEN GESANG U. KLAVIER I
i

~;5~· op. 7 Der Smwan, deutsch,


U.E.Nr. Mark
3852 op. 1 Neuf Preludes ... 3'- M"k ',I

3853 - Nr. 1 Pr<'!. H moll .•... -'80 polnisch, mittel . . . . . . . . .• 1·-


3854 - Nr. 8 Pr<'!. Es moll ..... -'80 3860 op. 11 Vier lieder (F. Mi·
3855 op. 4 Vier Etüden ... '. 3'- (ioski) deutsch, poln., hoch • 3'-
3856 - Nr. 3 Etüde B moll .... , 1'- 1. Idl bin so trübe. 2. Im ver-
3.859op. 10 Variationen über zauberten Walde. 3. Im Blau des
einpolnism.Volkslhema 3'- Meeres. oi. Brause. 0 Sturm
3864 op. 21 Sonate 11 A moll 5'- 3861/63 op. 17 Zwölf Lieder
5858 op. 34 Masken, 3 Klavier· deutsch, poln., hoch, 3 Hefte 0 2'-
stücke ................ 4'50 I. HEFT: 1. Hodl in der früh~
(Scheherazade; Tanlris der Narr, (Dehmel). 2. Geheimnis (Dehmel).
Eine Don Juan-Serenade) 3. Werbung (Dehmel). 4. Mandl.
Nadlt (Dehmel)
5859 op. 36 Sonate 111 D moll 4'- 11. HEFT, 5. Aufblid< (Dehmel).
6. Verkündigung (Dehmel). 7. Nadl
einem Regen (Dehmel). 8. Ent-
VIOLINE U. KLAVIER führung (Dehmel)
111. HEFT, 9. Sdllummerlied (Mom·
3868 op. 9 Sonate D moll .. , 6'- bert). 10. Seele (Falke). 11. Frag·
ment (Momberl). 12. liebesnadlf
3866 op. 23 Romanze D moll 1'50 (Greif)
3865 op. 22 Bunte lieder
SINFONISCHE WERKE deutsch, polnisch, hoch .... 3'-
1. Einsiedel (Bulcke). 2. lied de5
nur in Abschr*en vorhemden Mfidchens (Paquet). 3. An kleine
Op. 19 11. Sinfonie MCiddlen (Faktor) . .4. Sommernami
(Ritter). 5. Bestimmung (Ric. Hmh)
Op. 27 111. Sinfonie
Konzert-Ouvertüre 3867 op. 24 Des Hafis Liebes·
Sinfonisme Ouvertüre lieder (Nachdichtungen von
Penthesilea (Sinfonische Dichtung) H. Bethge), deutsch, polnisch 3'-
1. Wünsrne. 2. Die einzige Arznei.
3. Die brennenden Tulpen.... TBnz.
BOHNENWERKE 5. Der verliebte Ostwind. 6. Trau-
riger Frühling
Hagith 5932 op. 41 Vier Gesänge für
Oper in einem Akt von Fe!. Dörmann mitllere Frauenstimme (Worte
aus .Der Gärtner" v. Rabin-
5912 Klavierauszug,deutsdl,poln. 20'- dranath Tagore) deutsch, poln. 3'-
5913 Textbuch, deutsch ....... , ]"- 1. Mein Herz. 2/3. Der junge
5914 Textbuch. polnisch........ 1'- Prinz. A. Dös letzte lied
Hiezu Verlegerzuschlag
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE BUCH· UND MUSIKALIEN· HANDLUNG
"IIJ 1II1II1II1II1II1Il mIIJ 111111 r111111111111111111111 m11111111111 J11111111111111111111111111111111111111111111111 r11111111111 rr 1111 1111111111111111111111111111111111111111111

UNIVERSAL·EDITION A.-G., WIEN-LEIPZIG


------------~-------

BEETHOVEN ---
ANLASSLICH DER BEETHOVEN-fESTE EMPfEHlEN WIR OIE
HERVORRAGENDEN SCHRIfTEN UND ERlAUTERUNGS·AUSGABEN VON

HEINRICH SCHENKER
Beelboven: leunte S,mpllonle
Eine Darstellung des mUSlkohsdlen IMaIIes unter foIfIGufender
8erildukhIigung dH VOtIrilgeS und der llIeI'oIut (430 Seilen)
U. E. r. 1499 8rosdliert Hk. 8-- Gebunden Hk. 10"-
DIoses gI1IIIdIegetodo _ _ _ 80_... & _ In ondlöpr.Mor
w.... 1liiio< _ _ -.....o..g der ...".,. . . - - AbhoncIIungon
_ 0.-. W_. W......... ~ ~._ ele.eIe:.

,DIe Oanlelung zeigt ihn lIb _ der ~ Könner


und Kenner unter denen. die heule für die l'IuSik die Feder
führenl AI.., etne KuIurtGII'
~ Dohnu In der.~~)

Op. 109. U. E. Nr. 3976 (57 SeHen) .• ............ Hark ]' -


Op. 110, U. E. Nr. ]977 (84 Seiten) .. .. .• .. .. ...• Hark ]'-
OP. 111, U.Iö. Nr. 3978 (95 Seilen) ...... .... .. .. Hark ,.-
(Op. 101 und 106 In Vorbereitung)
D,ese Erlaulenmgsousgoben sind d.. bedeubomsle uod liefgrtlndlid1s1e out
dem Gebiete musikkrilischer Analyse. die. unter &nUtzung der belreffe~
Autograph.. den mu,ik.lisdJen Inh.lt. den Vorirog und die bezQglkhe Liter."',
der Sonolen In elnzlgorllger Welse darslellen

,Ein Künstler von umfauendster GeIstesbildung. von höch-


stem Idealismus beseelt, reidlt hier allen die Hand, die ehrlidl
bestrebt sein wollen, das Genie in der ungeheuren Gr~ und
Erhabenheit seiner Äu!Jerungen zu verstehen'
. (,Kreun ellung·.IIeriIn)

Hiezu Verlegerzusdllag. Zu beziehen durdl jede Bud!· und Huslkolienhandlung

Universal-Edition A.-G.• Wien - Leipzig


l' ________ ~ ________ _
LT
H!'(rtP Kauder ..•• " •. ..... Gedanken UJld Betraohtungen
. • _ •F'fltllIJlezos 8tzoeiti!Johz-j,f't(I)
Ego1/. WellesIll •• D~zo $til dfl:r- 19t~en. Werke Debusi!JYs
O4sazo Sae:r-ehing:ezo ., ., .......... " .. .. Musik iJl Alllerika
Alrz..doQas911a, .. . , .. " , .•. Warulll selbst ein .. Futurist"
RossiJli bewundern kann
R. St. Hotrlllann .... S. W. Korngolds "Die tote Stadt"

>-, ~-- --


op.? Nr. S
3. Jahrga.ng, Nummer 8 1. Februazo.-Heft 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

~~
CI //gf'mf'ilff'r
........ ~
reif
GEDANKEN UND BETRACHTUNGEN ZU
PFITZNERS STREITSCHRIFT
Von Hugo Kauder, Wien
Welcher Künstler hat sich sonat um die politischen Ereignisse des Tages
bekümmert - er lebte nur in seiner Kunst und nur in ihr schritt er
durchs Leben; aber eine verhängnisvolle schwere Zeit hat den Menschen
ergriffen und der Schmerz preßt ihm Laute aus, die ihm sonst fremd waren.
(E. T. A. Hoffmann, Kreisleriana)

I
Schon im Titel von Pfitzners letztem Buche + spricht sich in schärfster Weise
seine ablehnende Haltung gegenüber den zeitgenössiscben Kunstbestrebungen aus,
in denen er Symptome eines unaufhaltsamen Verfalls' und Verwesungsprozesses
erblickt. In Sätzen wie den folgenden gibt er dieser seiner Anschauung drastischen
Ausdruck: "Die musikalische Impotenz wird in Permanenz erklärt, theoretisch gestützt.
Musik braucht nicht mehr schön zu sein" (S. 11) und •.•• wir sind verkitscht,
versaut, versumpft und stecken tief bis über den Hals in Lüge, Dreck und Ver'
wesung!" (5. 126).
Was hat nun Pfitzner zu solch schroffer Absage veranlaßt ? Der Gegensatz zwischen
ihm und seinen Zeitgenossen ist ja kein anderer als der immer, zumal in Deutschland,
zwischen dem großen Schaffenden und seiner Umwelt bestanden hat: zur Zeit, da
Mattheson und Telemann in Deutschland hochberühmt waren, wußte man von dem
damaligen Leipziger Thomaskantor, einem gewissen Johann Sebastian Bach, kaum
mehr, als daß er ein vortrefflicher Orgelspieler sei; Mozart wurde in einem Massen...
grabe beerdigt; Beethoven galt den Wienern für einen halb oder ganz Verrückten;
Schubert war außerhalb seines Freundeskreises gänzlich unbekannt u. s. w. u. s. w.
"So ging es und geht es noch heute,'l
ol< Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz. Ein Verwesungssymptom ?
(Ver!. der Süddeutschen Monatshefte, München 1920).

45
Und so muß gegenwärtig auch Pfitzner, dessen .Palestrina" wohl die tiefste,
reinste, ethoshafteste Musik unserer Zeit ist, der ihm gebührenden Geltung und
Anerkennung ermangeln: denn in unserem öffentlichen Kunstleben herrschen die
gleichen, wahrem Wert und Wesen feindlichen Mächte wie auch sonst auf allen
anderen Gebieten menschlichen Tuns.
Aus solcher Verkennung und Vereinsamung erwächst dem Schaffenden wohl
tiefstes und schwerstes Leiden; aber er erkennt dieses Leiden als mit zu seiner
Sendung und Aufgabe gehörend und nimmt es auf sich, ohne darum die Welt
anzuklagen oder gar an ihr zU verzweifeln: Bolang nur in seinem Innern die Schöpfer...
kraft lebendig ist, bleibt auch die Welt für ihn stets im Flusse; mögen rings um
ihn Stillstand und Verfall herrschen, ihn wirds nicht irre machen, vielleicht kaum
ihn berühren; ewigen Lichtes Hüter und Nährer, wird er die Blinden und Ver-
blendeten, die um ihn her im Dunkeln tappen, wohl bedauern, nicht aber schelten
oder verdammen.
Nur in Augenblicken der Ermattung, da die Schöpferkraft aussetzt, der Gott
ihn verlassen hat und das bloße irdische Ich übrig bleibt, mag er vielleicht zweifeln
und klagen:
"Allein in dunkler Tiefe
Voll Angst ich armer Mensch
Rufe laut nach oben". (Palestrina, 1. Akt)

Aber in solchen Augenblicken soll er mit sich allein bleiben und nicht zur Welt
sprechen - wenn sein Genius schweigt, dann schweige auch er.
Damit will nun nicht etwa gesagt sein, der Künstler solle nur schaffen, nicht
aber über seine Kunst nachdenken, noch darüber reden. (Die beliebte falsche und
flache Anwendung des Goethe...Verses "Bilde, Künstler, rede nicht .. /4, aus dem
der Philister mit Vorliebe ein .Maulkorbgesetz" für den Schaffenden ableitet, hat
Pfitzner selbst in der vorliegenden Schrift auf scqöne Weise widerlegt [So 147 ff.])
Der Künstler kann sehr wohl auch als Denker und Kritiker schöpferisch sein;
unter den großen Musikern waren es Schumann, Wagner, nicht zuletzt auch Pfitzner,.
allerdings mit Ausschluß seiner letzten Schrift: aus dieser spricht wahrlich kein
Genius, nur eines armen, gequälten und verärgerten Menschen persönliches
Ressentiment.

II
Zur Frage, was im musikalischen Kunstwerk das Primäre sei, ob eine musika...
lische Idee oder eine poetische: selbstverständlich ist des Werkes unmittelbare
Entstehungsursache der musikalische nEinfalllJ; er ist der Keim, aus welchem die
Form des Ganzen, als ein Organisches, erwächst (solcherart ist sie durch den Einfall
vor be s tim mt und nicht, wie Pfitzner behauptet, akzidentell). Aber der Einfall
ist nicht das erste und ursprüngliche, sondern selbst schon Aus wir k u n g; und
zwar Auswirkung jenes inneren Schwingungszustandes, den wir "Inspiration U nennen.
Dieser Zustand kann ganz von selbst, ohne jede wahrnehmbare Ursache, eintreten
(wie vom Geiste gesagt ist: du hörest sein Sausen wohl, doch weißt du nicht, von
wannen er kommt); er kann aber auch durch die verschiedensten Dinge herbei-
geführt werden; ein Gehörseindruck: der Klang einer Glocke, der Sang einer Lerche,.

46
das Rauschen des Waldes oder des Wassers, ja selbst das Gepolter eines fahrenden
Eisenbahnzuges, kann uns in Schwingung versetzen j desgleichen ein anderer Sinnes..
eindruck: der Anblick eines Bildes, einer Landschaft; ein Duft, ein Windhauch;
und ebenso kann auch ein rein Gedankliches, also eine poetische oder philo'
sophische Idee, im Tondichter jene innere Erregung hervorrufen, die sich dann in
einem musikalischen Einfall auswirkt. Und wie ein Bild oder ein Gedanke ein
musikalisches Kunstwerk erzeugen kann, so kann umgekehrt dieses im Hörer
wieder Bilder oder Gedanken erwecken; der Inhalt dieser Bilder und Gedanken ist
aber weniger durch die Musik bedingt als durch die Psyche des Aufnehmenden:
so daß ein und dasselbe Tonstück bei verschiedenen Hörern die verschiedensten
Vorstellungen auslösen kann.
Wenn nun Pfitzner die Bedeutung der poetischen Idee für das musikalische
Schaffen allzu hartnäckig bestreitet (daß sie die Inspiration anregen könne, gibt er
- auf S. 19 - halb widerwillig zu, n~cht ohne hinzuzufügen, daß ein Glas Wein
dies auch könne), so hat dies allerdings einen tiefen Grund: der schöpferische
Musiker in ihm wehrt sich instinktiv gegen die heute so verbreitete literarische und
intellektualistische Auffassung der Musik, die nur eine Folge ist des Grundübels
unserer Zeit: der Trennung von Verstand und Gefühl und der dadurch bewirkten
Vereinzelung aller Geistes ... und Seelenkräfte. Nur wenige vermögen ins innerste
Wesen der Musik einzudringen, sie gleicherweise als Element und als Form zu
erfassen: die meisten begnügen sich entweder mit dem bloßen sinnlichen Eindruck
oder sie bedürfen, um mehr zu haben als bloß diesen, des Notbehelfes einer
poetisierenden und allegorisierenden Auslegung: so wird das reine Element und
die reine Form der Musik getrübt durch Hineintragen von Gedanklichem und
Gegenständlichem.
(Hier muß einmal ausgesprochen werden, daß die Hanslicksche Definition: ,Der
Inhalt der Musik sind tönend bewegte Formen" absolut richtig und durchaus erschöpfend
ist, sofern sie nur bis ins Tiefste verstanden wird: sofern Bewegung und Form
als lebendige schöpferische Kräfte, als die Urprinzipien der Welt begriffen
werden.)
Paul Bekkers Beethovenbuch ist nun ein Beispiel jener literarisch,intellektualistischen
Auffassung und Ausdeutung der Musik: die poetische Idee ist ihm ,das oberste
formgebende Prinzip", und zwar nicht bloß in durch eine solche angeregten Werken
(wie zum Beispiel der heroischen oder pastoralen Symphonie, den Ouvertüren und
andE;:ren), sondern auch dort, wo Beethoven nur musizieren will, beispielsweise in
der IV. Symphonie. Bekker begründet seine Anschauung damit, daß bei Beethoven
die Form im höchsten Grade individualisiert sei, es für ihn also kein allgemein
gültiges Formschema gebe, weshalb seine Formgestaltung ohne ,poetische Idee"
unerklärlich werde: ,Unerklärlich nicht etwa in bezug auf die verstandesmäßig
nicht faßbare Genialität, sondern unerklärlich, willkürlich, roh, phantastisch in
bezug auf ihre innere Eigengesetzlichkeit ••. "
Hier übersieht Bekker eines: nicht erst das vollendete Werk, sondern schon
jedes Formelement (das Thema, sogar schon das Motiv) ist Individuum; aus dem
ersten Keime (dem Einfall) erwächst der Organismus des Tonstückes mit Not,
wendigkeit; die Form ist. wie schon gesagt, durch den Einfall vorbestimmt
und entsteht aus ihm, als ein Continuum. durch dessen fortzeugende Kraft. Damit
wird auch Pfitzoers Unterscheidung zwischen "Einfall" und "musikalischem

47
Kitt"" hinfällig. Denn gerade dort, wo der "Einfall" aufhört, beginnt erst so recht
die Fortwirkung seiner lebendigen formbildenden Kraft, seine nEigenbewegung44. In
dieser formbildenden Kraft allein liegt die "Eigengesetzlichkeit" des Kunstwerkes;
und nur wer das Rein . . Musikalische nicht in seiner ganzen Fülle und Tiefe zu
begreifen vermag, bedarf zum Verständnis eines Tonstückes einer poetischen Idee.

III
Das Kunstwerk ist keineswegs letzter Zweck der Kunst; nicht um seiner selbst
willen ist es da, sondern als Auswirkung schöpferischer Kräfte; denn nur in den
Augenblicken, da jene Kräfte in seinem Inndn rege werden, vermag der Mensch
das Leben in seiner höchsten Fülle und Intensität zu erfassen und zu begreifen,
vermag er mitzuschwingen im großen Rhythmus des Weltgeschehens. Nun drängt
es ihn, diese Augenblicke festzuhaJten, ihnen Dauer zu verleihen; so muß er denn
schaffen: Werke hervorbringen, in denen jene Schöpferkräfte nicht nur ein für
allemal sich auswirken, sondern dauernd fortwirken; die im Aufnehmenden die
gleichen Seelenschwingungen, aus denen sie entstanden, hervorrufen und so in ihm
das höhere Leben von neuem entzünden.
Der wahre und eigentliche Wert eines Kunstwerkes beruht also nicht auf der
damit vollbrachten Leistung, sondern auf dem darin sich offenbarenden Ethos.
(Nach allem vorher Gesagten verbietet es sich von selbst, diesen Satz so miß-
zuverstehen, als habe die Kunst eine Moral zu lehren oder als solle aus dem Kunst ...
werk eine solche sich ableiten lassen - es sei denn jene höchste Moral, deren
Ausdruck Weininger in ein einziges Wort gefaßt hat, das Wort: Sei!)
Nun ist es höchst merkwürdig, ja paradox, daß gerade Pfitzner, heute der einzige
deutsche Musiker, in dessen Kunst ein Ethos sich kundgibt, das Kunstwerk nur
als Leistung eines Talentes nimmt statt vielmehr als Auswirkung' eines Ethos.
Wenn er im ersten Kapitel seiner Schrift (S. 5) sagt: "Talentlosigkeit ist die UIV
moral der Kunst", so müßte es, damit dieser Satz richtig sei, statt Talentlosigkeit
"Ungenialität" heißen: denn das Talent hat, als rein intellektuelle Fähigkeit, mit
Moral nicht das geringste zu tun; Genie aber ist gleichbedeutend mit
E t ho s und so ist das Unschöpferische zugleich das Unethische. In diesem Sinne
identifiziert Clemens Brentano +« den Philister (das heißt den absolut ungenialen
Menschen) geradezu mit dem Teufel.
Viel schlimmer und gefährlicher als Talentlosigkeit (denn diese kann sich ent-
weder nic~t verstecken oder ist, wo sie's dennoch versucht, leicht zu entlarven) ist
Talent ohne Ethos: dieses ist die wahre und eigentliche Unmoral der
Kunst, das, was die mittelalterlichen Mystiker "das falsche Licht l' nannten. Das
umgekehrte hingegen: Ethos ohne Talent, gibt es nicht, kann es nicht geben; denn
Ethos ist schöpferisches Sein; dieses muß sich auswirken und kann's auch immer.
010Vergleiche "Zur Grundfrage der OperndichtungU S. 141 ff. Pfitzner verwahrt sich allerdings
dagegen, in dem Sinne mißverstanden zu werden, als meine er, das Komponieren bestehe tat ..
sächlich darin, die Einfälle durch bloßen "KiWI miteinander zu verbinden ("Die neue Ästhetik'l,
S. 96); wenn er dennoch so verstanden wird (Bekker geht sogar allen Ernstes so weit, 1
eine Charakterisierung von Pfitzners eigenem Schaffen zu erblicken), so trägt seine nicht sehr
glückliche Ausdrucksweise den größten Teil der Schuld: wie kann man bei einem lebendigen
Organismus von "KittU sprechen? !
010+ In der Abhandlung: Der Philister ,,"or, in und nach der Geschichte.

48
Die Musik kann nun leichter als jede andere Kunst diesen schöpferischen Prozeß
hervorrufen; als reine Bewegung, fließendes Element, Lebenswille und Weltatem ist
sie räumlich unbegrenzt, daher nicht in dem Maße wie Raum- und Dichtkunst der
Individuation unterworfen; so kann sie denn schon in ihren primitivsten Erscheinungs..
formen, ja selbst durch ihr noch ungestaltetes Material, den bloßen Klang, eine Wirkung
üben wie sie den anderen Künsten erst auf der Stufe vollendeter Gestaltung eignet.
Hierin liegt der Grund, daß von allen Künsten die Musik sich am spätesten zur
Selbständigkeit entwickelt hat: das ganze Altertum und auch den größten Teil
des Mittelalters hindurch war sie an Wort oder Tanz gebunden; die eigentliche
Kunstleistung war Sache der Dichtung oder der plastischen Darstellung. In dieser
untergeordneten Stellung der Musik liegt ebensowohl ein Mangel und eine Unvoll-
kommenheit (Pfitzner nennt die Musik des Altertums "das primitive Gestammel
einer dienenden Halbkunst") wie anderseits ein Vorrang: gegenüber der Dichtung
und plastischen Darstellung als gestaltenden, in d i v i d u a I i sie ren den Prinzipien
erscheint die Musik als kosm isch-ü berindi vid ud!. Pfitzner fragt nun, warum
nicht ein einziges großes Musikwerk des Altertums auf uns gekommen sei, warum
es damals keinen großen Musiker vom Range eines Homer oder Euripides gegeben
habe; er sieht den Grund davon, anstatt in jenem überindividuellen Charakter der
alten Musik, lediglich darin, daß den Alten die Welt des Zusammenklanges, der
Mehrstimmigkeit, der Harmonie gefehlt habe. Aber ist das auch richtig? Sollten
die Alten tatsächlich die Mehrstimmigkeit nicht gekannt haben? Die Geschichts-
wissenschaft behauptet wohl, die Musik des Altertums sei bloß einstimmig gewesen:
dies kann aber nUr für den Gesang zutreffen; es ist als gewiß anzunehmen, daß
die einstimmige Gesangsmelodie von Instrumenten mehrstimmig begleitet wurde:
gab es doch vieltönige Seiteninstrumente (Leier, Harfe und dergleichen), welch. die
verschiedensten Zusammenklänge ermöglichten; sollte man diese wirklich nur
theoretisch untersucht und nicht auch praktisch erprobt haben? Die Alten kannten
sehr wohl die Begriffe Konsonanz (= Einheit, Ruhe), Dissonanz (= Entzweiung,
Bewegung) und Harmonie (= Wieder-Einigung des Entzweiten); die Identität alles
musikalischen Geschehens mit d~m Weitprozeß finden wir auf wundervolle Art bei
Heraklit ausgesprochen: "Nicht ist die Welt das Einfach... Eine, sondern ein aus
Vielen Geeintes ... wie auch die Lyra ein System ist gegenklingender und zusammen...
klingender Töne. Das aus dem Gegenüberliegenden Eine aber ist Harmonie, so der
Lyra wie des Weltalls". Wenn wir nach diesem Ausspruch des tiefsten griechischen
Denkers Wert und Bedeutung der alten Musik ermessen, so wende man dagegen
nicht ein, daß - der allgemein verbreiteten, auch von Pfitmer geteilten Ansicht
zufolge - die praktische Musikübung des Altertums weit zurückstand hinter der
hoch entwickelten theoretischen Spekulation;" denn um zu solcher Anschauung zu
gelangen, wie sie in Heraklits W orten (und verwandten Äußerungen der Pythagoreer
und Platons) sich kundgibt, genügte keine noch so tiefsinnige Spekulation; vielmehr
mußte man dazu die lebendige Wirkung der Musik bis in die letzten Tiefen
erfahren haben. (Schluß folgt)
+ Die Musiktheorie des Altertums war, im Gegensatze zu unserer, die zur Hälfte Handwerks..
lehre, zur Hälfte Ästhetik und auch als dieses beide noch unzulänglich ist, eine vollkommen
ausgebaute Kosmologie. (Deren erschöpfende Darstellung findet man in A.v. Thimus' Werk:
Die harmonikale Symbolik des Altertums. lKöln 1868]).

c c

49
9!J t' SO ;rdt' r t ' r
DER STIL DER LETZTEN WERKE DEBUSSYS
Von Egon Wellesz, Wien
Wenn von dem Nahen einer neuen Klassizität gesprochen werden kann, deren
Beginn sich bereits in den romanischen Ländern bemerkbar macht, so müßte vor
allem der letzten Werke Debussys gedacht werden, in denen sich ein neuer
Geist ankündigt. Seltsamerweise scheinen gerade diese Werke selbst in Frankreich
nicht die volle Einschätzung zu finden, die ihnen gebührt. Es ist in der neuen großen
französischen Musikzeitschrift "L aRe v u eMu sie a 1e4' , die der ausgezeichnete Musik..
forscher, Henry Pruni"res (hervorgegangen aus der Schule Romain Rolands), heraus'
gibt, ein Heft, dem Andenken Debussys gewidmet, erschienen. Aber auch hier fand
ich nicht die Anerkennung, die man den reifsten Erzeugnissen eines Künstlers zollen
müßte, der nichts Unfertiges, Unausgeglichenes aus der Hand gegeben hat, und in
seiner Abneigung vor dem Fragmentarischen so weit ging, daß er vor dem Tode alle
'unvollendeten Manuskripte vernichtete.
Sicher ist es, daß die Spuren des Leidens, das seine Kräfte brach, auch in seiner
Musik fühlbar sind: in einem Nachlassen des Blühens, des Aufschwungs, der manche
seiner Kompositionen - man denke an "rIsle j oyeuse" oder an "Iberia u ,
.R 0 n des du pr i n t e m p s" - so berückend machte. Denn die Briefe, welche
aus dieser Zeit in einem Essay von Robert Godet "L e I y r i s me i n tim e d e
CI a u d e D e bus s y" in der .R e v u eMu s i ca I e" veröffentlicht sind, geben
Zeugnis von dem qualvollen Zustande, in dem Debussy, sich seines unheilbaren
Leidens völlig bewußt, die letzten Jahre verbrachte •• Das Leben", so schreibt er
seinem Freunde, "setzt seine Bewegung fort, wie eine alte ermüdete Maschine, aber
sichtlich hat es genug davon ••• Ich führe immer ein Leben der Erwartung - ich
könnte fast sagen, ein Leben im Wartesaal: denn ich bin der arme Wanderer, der
einen Zug erwartet, der nie mehr kommen wird."
Aus dieser Stimmung entstand das dritte der.S i x E p i g rap h e san t i q u e s"
für Klavier zu vier Händen .Po ur q ue la nu it so it pr 0 p i ce", ergreifend in
seiner zarten Zurückhaltung, ein subjektives Bekenntnis für den, der von dem
Schicksal des Schaffenden weiß, aber über das Subjektive hinausgehoben ins Allgemeine.
Kein Schrei, kein Ausbruch, kein prometheisches Aufbäumen gegen das Verhängnis,
sondern eine verhaltene Klage mit dem Lächeln eines, dem der Tod nichts Schreck,
haftes mehr hat, seit er sich ihm durch die Krankheit .cette vieille servante de la
mort" angekündigt hat. In ihm lebte etwas von hellenischer Klarheit, das sich mit
der anderen Seite seines Wesens, der Neigung zum Symbolismus, in seltsamer
Weise auszugleichen wußte. Aber immer mehr gewann das Hellenische in ihm die
Herrschaft, umgab ihn mit jener Serenitas der Griechen, die aus jedem Vasenbild
zu uns spricht. So erscheint ihm, wie Claudio, der Tod nicht als schauerlicheErscheinungr
sondern als Bote einer höheren Welt, "aus des Dionysost der Venus Sippe, ein großer
Gott der Seele" und löst in den Werken, die von seinem Kommen überschattet

50
sind, nicht Töne des Schreckens und der Furcht aus, sondern macht seine Musik
wissend von jenem Erlebnis, das nur Begnadeten zuteil wird.
Dieses Wissen, diese Erleuchtung fühle ich in den letzten Werken Debussy•• Es
ist eine Musik, die voll von Geheimnis ist und demjenigen, der ohne ihren tieferen
Sinn zu ahnen, an sie herantritt,' völlig verschlossen bleibt. Denn Debussy schafft
nie im Erlebnis, er läßt sich von seinen Gefühlen nicht überwältigen, sondern
meistert sie und formt sie, und nur der sublime Rest des Erlebnisses vibriert in der
Musik weiter.
Es gibt nichts Unsinnigeres, als Debussy einen Impressionisten zu nennen, in
dem Sinne, wie man heute diesen Ausdruck auf Künstler anwendet, die nur den
äußeren Schein der Dinge in Worten, Farben oder Tönen wiedergeben. Er suchte
immer das Wesentliche der Erscheinungen in Töne zu fassen. Und immer mehr
entra1fte er sich der traumhaften Atmosphäre der Werke, die seinen Ruhm begründet
haben: "Damoiselle eIueu t "N octurnes" und "Pelleas et Melisande", immer mehr
wandelte er sich, wuchs über sein Jugenderlebnis hinaus zu attischer Klarheit,
vervollkommnete den Stil, den er in "L' Apd:s. . midi d'uo Faune" und in den "Chansons
de Bilitis" gefunden hatte.
In der Klarheit des Erschauens, in der Kunst, mit wenigen Tönen und wenigen
Instrumenten das Wesentliche zu sagen, ist er den Meistern der großen Epoche der
französischen Musik verwandt und es 'ist bezeichnend, daß ein Klavierstück, in dem
er seinen neuen Stil zum erstenmal rein gestaltet hatte, dem Andenken Rameaus
gewidmet ist.

Unter Klassizität verstehen manche mancherlei: für die Rückständigen ist sie das
Schutzpanier, hinter dem sie sich geborgen fühlen vor allem, was die gewohnten
Bahnen verläßt, für die Drängenden eine unwillkommene Fessel für die frei.türmenden
Gedanken. Mir scheint der Ausdruck "klassisch" für solche Werke zu passen, in
denen Form und Inhalt in glücklicher Weise sich decken, in denen das Kunstwollen
nicht die Form sprengt, und nicht ein Übermaß der Form die freie Entfaltung der
Idee hemmt.
Wir leben gegenwärtig in einer Zeit, in der man alles Unvollkommene vom
Künstler gern hinnimmt, wenn man nur ein kraftvolles Streben fühlt; denn die
alten Formen haben sich überlebt und die Mittel der Technik, mit denen das neun-
zehnte Jahthundert arbeitete, sind nicht mehr unsere; wir erleben sie nicht mehr,
wie sie frühere Generationen erlebt haben, deshalb können wir uns ihrer nicht mehr
bedienen. Aber darüber hinaus fühlen wir, daß wieder eine Zeit komm en wird, .in
der eine Synthese möglich sein wird, und vielleicht ist sie näher, als man ahnt. Als
einen ihrer Boten empfinde ich Claude Dehu,sy in seinen letzten Klavierstücken
und den Sonaten für verschiedene Instrumente.

Im neunzehnten Jahrhundert und zu Beginn des zwanzigsten mußte der Prozeß


durchgeführt werden, der sich seit dem Anfang des siebzehnten allmählich vorbereitet
hat; die Einbeziehung der Dissonanz als gleichberechtigtes Element neben der
Konsonanz in den Kreis des Harmonischen. Es war dies eine Entwicklung, die
langsam und schrittweise einsetzt'j, dann aber immer schneller verlief, je weitere

51
Kreise sie zog. bis die Scheidewand zwischen Konsonanz und Dissonanz fiel. Nun
ist das weite Reich der harmonischen Möglichkeiten' erschlossen und es beginnt die
Zeit der Ernte.
Bei dieser stürmischen Entwicklung blieb mancherlei unbeachtet, was früheren
Epochen wichtig war; das muß allmählich nachgeholt werden. aber auf erhöhter
Basis. Es kommt zu einer "Rückkehr zu Mozart". wenn man in Mozart das Idealbild
des Musikers sehen will. der in glücklichster Weise sein Streben mit dem Material.
das ihm zur Verfügung stand. in Einklang zu bringen wußte. Bei einer solchen
Natur ist kein Gegensatz zwischen den dunklen Mächten. weiche das Leben bestimmen.
und dem Trieb. zu gestalten; der Instinkt gebietet ihr. in jedem Augenblick nur das
zu tun. was bei höchster Anspannung der Kräfte im Bereich des Möglichen liegt. Die
romantische Natur lebt in einem Konflikt mit der Umwelt; sie sucht sich gegen
die Gesellschaft durchzusetzen; die klassische sucht Werk und Leben in Einklang
zu bringen. ihre Kräfte wachsen nicht im Kampf gegen die Weit. sondern durch
die Steigerung der inneren Fähigkeiten; durch die Bändigung des Chaos in ihr und
seine Gestaltwerdung. Die Rückkehr zu Mozart oder, sagen wir besser: die Schaffung
einer neuen Klassizität kann nicht auf retrospektivem Wege erreicht werden und
alle Versuche, auf dem Wege einer archaisierenden Kunst dieses Ideal zu erreichen,
müssen notgedrungen scheitern. Es gibt in der Kunst kein Zur ü c k, sondern nUr
ein Vor w ä r t s. Es kann sich, wenn die Ersch~inung Mozart zum Symbol erhoben
werden sol1, nur darum handeln, eine Klarheit der Form und eine Reinheit des
Ausdrucks anzustreben, als deren unerreichtes Vorbild allen dieser vorschwebt; um
eine Synthese. in der sich die Gemütstiefe des Nordens mit der Formkraft des
Südens eint.
Wir leben in einer Zeit. die mit der des "Sturm und Drang" zu Ende des acht-
zehnten Jahrhunderts manche Ähnlichkeit hat. Wie Goethe inmitten dieser Epoche
aber, selbst Führer, mit sich rang, um zur Gestaltung zu gelangen, so muß es auch
heute jede große Natur tun. wenn sie einmal die Schranken des Überlieferten aus
innerster Notwendigkeit niedergerissen hat. Für die kleinen Geister war Sturm und
Drang Selbstzweck. für Goethe der Ausgangspunkt.
Jeder große Geist schafft sich die seiner Natur entsprechende Form und muß so
lange ringen. bis er die Form gefunden hat. in der der eigene Rhythmus frei und fessellos
schwingt. Mozart. Haydn und Beethoven: sie alle verstanden unter der Sonate. unter
der Symphonie etwas anderes; erst später hat sich das dürftige Formschema der
Romantiker herausgebildet. Aber unter allen ist Mozart der reichste formale Erfinder.
der unersohöpflich die Form varüert und keine Erstarrung aufkommen läßt. der den
Kon tr as t an Stelle der E n tw i ck I un g hat.
c

Debussy hat von den französischen Clavicinisten, von Daquin, Couperin und
Rameau den Sinn für die Form des kleinen Klavierstückes übernommen. In seinen
Spätwerken, besonders in den Sonaten für verschiedene Instrumente - von denen
sechs geplant waren, aber nur drei vollendet werden konnten, hat er den Geist der
Mozartischen Kunst im höchsten Sinne erfaßt. Diese Sonaten. die erste für Violine
und Klavier. die zweite für Cello und Klavier. die dritte für Flöte. Viola und Harfe.
gehören zum Bedeutendsten. was er geschaffen hat. Sie sind von absoluter Reinheit.
völlig verzichtend auf Äußerliches. und von einer herben. wunderbar verschlossenen

52
Schönheit. Über allen schwebt eine zarte Melancholie, die sich in der dritten mit
ihren eigenartigen Klängen bis zur Schwermut steigert. Am stärksten ist die Violin-
sonate an die traditionelle Form gebunden, aber schon ihr zweiter Satz ist von einer
phantastischen Freiheit. In der Cellosonate ist der expressive Ton des Instruments,
die Noblesse der Kantilene in glücklicher Weise ausgenützt. Der erste Satz, Pro-
log u e, hat frei rezitierenden Charakter, der zweite, Se ren a cl e, ist wieder ein
phantastisches Stück, rhythmisch reich bewegt, das F in ale ein leichtbeschwingtes,
nervöses Stück mit südfranzösischem Einschlag.
In der Triosonate für Flöte, Viola und Harfe ist die Kunst bewundernswert,
wie die Motive und Passagen, die den einzelnen Instrumenten zugeteilt sind,
völlig aus der Natur der Instrumente erfunden sind. Der erste Satz, Pas tor al e,
ist fast durchwegs ein Dialog zwischen Flöte und Viola: nur an einzelnen Stellen
greift die Harfe mit vollen Harmonien ein; der zweite, In te r 1 u cl e, im Tempo
eines Menuetts, zieht die Harfe teils zur Melodiebildung, teils zu Passagen heran,
die eine sublime Kenntnis der Technik dieses Instruments zeigen. Im F i n ale
konzertieren wieder hauptsächlich Flöte und Viola; gegen den Schluß zu
taucht, gleichsam an Stelle einer Kadenz, eine Episode aus dem ersten Satz auf.
Es ist schwer, ohne genau zu analysieren, auf das Inhaltliche dieser Werke näher
einzugehen: man möge sie lieber in , kleinem Rahmen spielen oder hören. Sie bedeuten
echte Kammermusik, die nirgends über ihre Grenzen hinausstrebt, sondern mit
ihren Mitteln auszudrücken sucht, was in der Phantasie des Autors lag.
Dieses Ziel suChen auch die "Douze Etudes pour 1e piano" zu erreichen. Sie geben
wieder dem Klavier seine Eigenart, ohne den Wettstreit mit dem Orchester aufnehmen
zu wollen. Sie erstreben eine Virtuosität, die nicht durch Klangrausch, sondern durch
Intensität wirken will. Sie sind ein äußeres Zeichen der großen Verehrung, die
Debussy von seiner Jugend bis zum Tode für Chopin empfand und auch dessen
Andenken gewidmet. Kaum in einem anderen Werke ist es Debussy geglückt, so
sehr den Begriff der Steigerung, der aus der Orchestermusilc auch in die Klavier-
musik Eingang gefunden hat, zu vermeiden und, wie die alten Meister, gleichsam
in einer Ehene zu bleiben.
Weniger glücklich erscheint das Problem in den drei großen Stücken HE n bl a n c
e t n 0 i r für zwei Klaviere zu vier Händen gelöst, die äußerlich die wirksamsten
41

Stücke der ganzen Gruppe sind. Sie entstanden im Frühjahr 1915, in der Zeit, da
Debussy nach den ersten furchtbaren Monaten, in denen wohl kein großer Künstler
die Sammlung zum Arbeiten hatte, wieder zu komponieren begann, doppelt schwer
unter der seelischen Depression und den Ahnungen des nahen Todes leidend.
Das bedeutendste Klavierwerk der letzten Zeit sind die Si x E pi g rap h e s
an t i q u e s für Klavier zu vier Händen. Fast hat es den Anschein, als ob die
Bezeichnung E p i g rap h e s nur eine andere, E p i t a p h e s, vor der Welt verbergen
sollte, und er sich selbst in den Stücken nach französischer Art ein Tom b e au
setzen wollte. Denn wenn man die Uberschriften "Four que 1a nuit soit propice",
"Pour remercier 1a pluie du matin" "Pour un tombeau sans nom" liest, weiß man,
was sie bedeuten sollen. Sie alle sind von wunderbarer Einfachheit. Kaum Gesagtes,
nur Gefühlte>, wird Ton und Sprache.
c

53
Es wäre verlockend, eine Darstellung des gesamten Oeuvres von Debussy zu
geben, in der vor allem auf die gemeinsamen Züge hingewiesen werden müsse,
die ihn mit den führenden Männern in den anderen Ländern, vor allem in den
deutschen Gegenden, über das Trennende von nationaler Gebundenheit und sub,
jektiver Eigenart verbinden.
Aber eine Darstellung des Schaffens jenes außerordentlichen Mannes, dem
Frankreich eine neue Blüte seiner Musik dankt, muß fragmentarischen Charakter
haben, sofern sie ohne vorgefaßtes Urteil die Phasen seiner Wandlung nachzuformen
sucht. Denn sie hat zum Gegenstand das wie ein wunderbarer antiker Torso an'
mutende Werk eines, dessen allzufrüh beschlossenes Schicksal das Geheimnis der
Vollendung hinübergenommen hat, ehe es ihm beschieden war, das Ziel zu erreichen,
das sein Blick ahnungsvoll erschaute.
Ein erlesener Geist ist dahingegangen. Einer, der zu Höchstem berufen war
und, wie alle großen Naturen, das Erbe der Meister seiner Nation übernommen
hatte. Formensprengend, Gegebenes verwerfend, so schien sein Wirken den Augen
derer, denen die Nähe der Erscheinung Blick und Urteil verwirrte: aber als Glied
in der Kette der Entwicklung, über die Niederungen hinweg die großen Geister der
Vergangenheit grüßend, so offenbarte er sich denen, die aus dem Hier und dem Heute
den Sinn ins Weite zu heben WIssen, denen sich der Bogen über die Schöpfungen
der Jahrhunderte wölbt.
D D

!VI u s I K I N A !VI E R I K A
Die Produktion +
Von Cäsar Saerchinger, Berlin
Korrespondent des "Musical Couriet", New...York
Es wird lange dauern, ehe Amerika als ein musikalisch'produktives Land
anerkannt ist. Selbst in Amerika. In Amerika gilt Deutschland als das Land der
Musik und Italien als das Land des Gesanges - .the land of song". Frankreich
und Rußland haben eine gewisse Anerkennung errungen als Faktoren in der
modernen Tonkunst (jedenfalls mehr als in Deutschland); alle anderen Nationen
sind Nebenläufer. Daß Ellgland zum Beispiel im siebzehnten Jahrhundert eine
hervorragende Irtstrumentalkultur besaß, und daß die Niederlande im sechzehnten
die Vokalpolyphonie als erste zur Blüte brachte, geht das große Publikum
nichts au.
Diese landläufige Auffassung beweist natürlich nicht, daß dem so ist - daß
tatsächlich diese beiden auserwählten Völker die einzig musikalischen sind. Mit
gleicher Berechtigung glaubt man, daß Frankreich das Land der Malerei und England
das Land der Literatur sei. Und an diese knüpft man gern Amerika an, denn
schließlich sind ja einige Sterne der englischen Literatur am amerikanischen Firmament
erstanden. Daß es aber trotzdem etwas eigenes um die amerikanische Literatur ist 7

das wissen die Engländer besser als die Amerikaner.


Diese Eigenart ist der Ansatz zu einer Tradition.
+ Vergleiche Musikblätter des Anbruch, 11. Jahrgang, Heft 11/12.

54
Wo aber ist die Tradition in der amerikanischen Musik? Mit England ist
Amerika nicht zu vergleichen: England hat seine musikalische Tradition, und wird
seine Stimme in den Wurzeln dieser Tradition wiederfinden. In Amerika ist sie
fremd r fremder noch als die Deutschlands und der anderen Völker, deren Überzahl
sich auf die amerikanische Erde ergossen hat. Von diesen Völkern - von Deutsch..
land und Frankreich zumeist - hat Amerika die Technik des Schaffens erlernt
und ihre Idiome sind ihm geläufig geworden. Viel eher aber ist es zu vergleichen
mit den "neuen" Völkern Europas - mit Finnlandr sagen wir - die gleich
Amerika von Deutschland äußerlich gelernt, innerlich ihre Inspiration direkt vom
Volke ziehen.
Vom Volke? Das ist etwas schwer zu erklären. Deutschland kennt Deutsch..-
Amerikaner, England Anglo.. Amerikaner. Amerika aber kennt nur Amerikaner.
Seht euch einmal einen "Deutsch..Amerikaner u an - nach zwanzig Jahren. Wie
spricht er deutsch? Sind seine Manieren deutsch? Was für eine Musik pfeift
er? Deutsche?
So geht es allen. Die alte Eigenart verschwindet. Der große Schmelztiegel ist
gründlich. Und das Verschmolzene hat auch seine Eigenart. Diese Eigenart bricht
in allen kulturellen Bestrebungen mehr und mehr durch. In allen europäischen
Cafes spielt man "amerikanische Musik" - nachgemachte zum großen Teil. Diese
Musik, soweit sie echt, ist vulgarisierte Volksmusik.
Das heißt, sie stammt vom Volke her, vom "Niedrigsten" - von Negern,
Indianern, von den "armen Weißen" im Appalachia.. Gebirge. von keltischen Cow..
boys, von spanischen Halfbreeds, von Kreolen - verarbeitet von New..Yorker
Juden. Das ist das Volkslied Amerikas. Es ist nicht künstlich herausgesucht, sondern
aufgesogen, in das Blut übergegangen - genau wie der Wiener Walzer in das
Blut sämtlicher Wiener übergegangen ist. Auch in das der Komponisten.
Wir wollen uns nicht beim Volkslied aufhalten. Nur sagen, daß es das eigen"
artigste, vollblütigster urwüchsigste ist, das man sich denken kann. Seine brutale
Kraft kümmert sich wenig um europäisch..temperierte Tonart, seine starke
Empfindung stellt neue Schönheitsformeln auf, seine "Rasse" erfindet unerhörte
Rhythmen. Arbeitr Religion, Leidenschaft sind seine Triebkräfte.
Die ersten "bewußten lj amerikanischen Komponisten waren die Minstrels. Minstrels
sind Zirkusmenschen - Bänkelsänger, die sich ihre Gesichter schwärzten, sich grotesk
kleideten und mit ihren derben Witzen Stadt und Land erheitertern. Von 1830 an.
Heute noch strolchen sie im Land herum, aber die Goßstädte haben ihre eleganten
."Revues", in denen ein raffinierteres, obwohl nicht weniger echtes "Ragtime" gesungen
und gespielt wird. Die Minstrels {Debussy hat sie sogar impressionistisch verewigt}
sangen immer zu Anfang und Schluß einen Marsch, den ."walk..around". "Zip
Coon", ."Old Dan Tucker l l , ."Dixie" waren walk..arounds. nDixie~ wurde National...
hymne des Südens im Bürgerkrieg.
Das Sentimentale kam hinzu. Der Negersklave wurde das Objekt der Rühr..
seligkeit {wie der pilysan in der französischen Revolution} und sentimentale "Neger..
lieder", mit verweichlichten Neger...Rhythmen, wurden geschrieben. Ein verbummeltes
Genie, Stephen Collins Foster, schrieb Dutzende, die heute als echt amerika...
nische Volkslieder gelten. "Old Folks at Horne", "01' Black Joe", "My Old
Kentucky Horne". "Massa's in de Gold, Gold Ground" sind die ersten Lieder, die
ein amerikanisches Kind singen lernt. Foster war der amerikanische Si1cher.

55
Bezeichnend ist, daß dieser so reich Begabte sich scheute, Komposition zu studieren,
aus Furcht, daß ihm seine natürliche Ader verdorben würde.
Kein Wunder. Der musikaliche Mentor Amerikas in dieser Zeit war der deutsche
Klavierlehrer - ein Typ der viktorianischen Mittelmäßigkeit, der sich anmaßte,
ein rohes, aber geistesstarkes Volk über aUe Mysterien einer hohen Kunst zu
belehren. Mit seinem langen Haar und seinem imponierenden Jargon gewann er
auch das Gehör der Allgemeinheit, und aus seiner Schule sind viele gute, mittel...
mäßige, pseudo... amerikanische Musiker - auch KompollTsten - nach deutschem
Schnitt hervorgegangen. Lowell Mason und seine KoUegen schrieben ihre "psalm...
tunes" nach dem Muster der deutschen Romantik, W iniam Fry und George Bristow
verfertigten amerikanische Opern C"Leonora," "Rip van Winkle") nach deutsch...
italienischem Modell. Die Späteren dieser Schule gingen sogar nach Leipzig und
Berlin, um dann Symphonien und Oratorien zu schreiben, die denen eines deutschen
Kapellmeisters auf ein Haar ähnelten. Hervorragend unter diesen, hauptsächlich als
tüchtige Pädagogen, sind John Knowles Paine (1839-1906) und George W. Chadwick
(geb. 1854). Arthur Foote und Horatio Parker haben in ähnlichem Stil vielleicht
Originelleres geleistet. Der letztere mit stark englischem Einschlag. Viel früher schon
entwickelte sich ein Virtuosengenie auf südlich ..amerikanischem Boden, dessen
Kreolentum ihn nach Frankreich zog. Louis Moreau Gottschalk hieß er, in New...
Orleans geboren, und in Paris war er der Held des Tages mit seiner blendenden
Tastenmeisterei, die er in "Bamboulas"· und "Habaneras" Ewisse: von Negern
stammend), von ihm französisch frisiert und parfümiert, vor rauschenden Krinolinen
offenbarte. Ein Ansatz zum nationalistischen, immerhin.
Dies sind die "Klassiker" Amerikas. Die Blüten dieses Treibens sind MacDowell
und Nevin. Edward MacDowell: eine Poetennatur, musikalisch begabt, kultivierter
Künstler, von keltischem Blut, ein Schüler von Raff, an Liszt und Grieg empor...
gewachsen und doch Amerikaner von Überzeugung - Kulturpatriot und Märtyrer
des Unverständnisses seiner Landsleute. Er ist der amerikanische Schumann. in
Klavierstücken und Liedern die Heimlichkeit und die Natur seines Landes feiernd,
nicht ohne Eigenart, herbe Koloristik, mystische Stimmung des weiten Westens,
aber zu kultiviert vielleicht.
Dem Schumann gesellt sich ein Chopin; Ethelbert Nevin. Das heißt, hätte er
mehr gelernt. Seine Feinfühligkeit beweist sich am Klavier, wird aber mit deutscher
Sentimentalität verkitscht. Schade um Nevin; selbst seine Banalität beweist sein
großes ·Talent. Er ist schon zwanzig Jahre tot, und sein bekanntestes Lied ist noch
heute das beste Geschäft der größten Verlegerfirma von Amerika.
Nun kommen die Dilettanten - im besten Sinn - die Literaten, die Reformer.
Eine camerata bildet sich aus Schülern MacDoweI1s und anderen, die glauben,
daß amerikanische Musik amerikanisch sein muß. Ja, wie denn? Einer von ihnen
gründet einen Verlag (denn kein etablierter Verleger nahm etwas amerikanisches
an). Der Verlag heißt" Wa..Wan Press u • Indianisch. Farwell schreibt "Ichibuzzi" und
"Das Reich des Hurakan u • Harvey Worthington Loomis, ein Schüler von Dvorak
(der den Amerikanern die Verwertung ihrer Volksmusik vormachte), impressioniert
genialisch in der "Lyrik der RothautU, und Henry F. Gilbert, der schon für
Mac Dowell indianisches Material (die Themen der nlndian Suite") gesammelt hat,
macht eine nNeger..Episode" für Orchester und druckt sie mit eigener Hand, denn
er war Notendruckergeselle, dann Insektensammler für die Harvard. . Universität,

56
dann Küchengehilfe bei der Weltausstellung in Chicago (um sie zu sehen), dann
Globe . . Trotter und dann einsiedelnder Komponist im einsamen Blockhaus - echt
amerikanisch.
Eine "Neue Musikgesellschaft" wurde gegründet, etwas Staub aufgewirbelt, große
Defizite angehäuft und Schluß. Aber die Wa. . Wan Press wurde an die besten Ver. .
leger verkauft (die dieselben Komponisten früher ablehnten), nnd die Nationalisten
schufen weiter.
Allerdings kamen andere Einflüsse dazu. Mit den Indianern war's ja nichts
(obwohl man hunderte von Grammophon . . Platten von ihren Gesängen aufgestapelt
hat), mit den Negern schon mehr. Aber dann die amerikanische Literatur: Edgar'
Allan Poe, Walt Whitman, Mark Twain - eine Welt von Anregungenl Gilbert
hat die "Insel der Fay" von Poe für Klavier gesezt. wunderbare Gedichte von
Whitman vertont ("Give me the Splendid, Silent Sun"). eine Lustspielouvertüre
zu der amerikanischesten aller Kindergeschichten, Joel Chandler Harris's "B'rr
Rabbit", geschrieben. und auch in einer Humoreske jene Minstrels, von
denen hier schon die Rede war, gefeiert. Doch seine bedeutendsten Arbeiten sind
eine N eger ...Rhapsodie und ein symphonisches Tanzgedicht, "Dance in the Place
Conga", die tief im Rassenblut wurzelnde Vorgänge großartig stilisieren. Gilbert
hat weder in Deutschland noch in Frankreich studiert und hat in einem Leitspruch
gesagt. daß er seinen alten Hut der Krone eines anderen vorzieht. Er ist der Beweis
daß es "amerikanischell Komponisten geben kann.
Natürlich haben die Neuerungen in der Technik und in der Ausdrucksweise,
die sich hauptsächlich in Rußland und Frankreich vollzogen haben, auch drüben
eine große Werbekraft entwickelt. Daß aber der Impressionismus nicht eine aus . .
schließlich französische Erfindung war, ist ja schon durch die Komposition eines
Dargomischky, eines Moussorgsky, ja eines Grieg bewiesen. Auch in Amerika hat
man ihm vorgegriffen, und der oben genannte Harvey Worthington Loomis hat
in seinen Bühnenmusiken und Vertonungen von Versen von William Sharp und
Paul VerIaine schon vor vielen Jahren "Debussyismen ll und "Ravelismen" angewendet,
Neuerdings hat John AIden Carpenter, allerdings mit Beimischung amerikanischer
Rhythmik (American Polonaise) und exotischer Elemente ("Ghitanjali" von Tagore-
bei weitem die beste Vertonung), sowie der früh verstorbene Charles T. Griffes
(mit chinesischen und neurussischen Einflüssen) und Edward Burlingame HilI
bedeutendes geleistet.
Mit der KlassifizIerung ist es eine heikle Sache. Und bloße Namensnennung
ist von wenig Wert. Man könnte hunderte nennen und dennoch den richtigen
vergessen. Denn die Tätigkeit der jungen Leute ist enorm, und Sonaten, Quartette,
Symphonien wachsen aus amerikanischem Boden mit jedem Tag. Dennoch möchte
ich an einige erinnern, deren Werk einige Anerkennung gewonnen hat. Unter den
älteren Edgar Stillman. . Kelley, der lange in Berlin lebte und viel in Deutschland
verlegt hatj Templeton Strang, der, in der Schweiz lebend, mehr Erfolg in Europa
als in Amerika gefunden, und Ernest R. Kroeger, amerikanischer Nationalist, seinem
Namen zu Trotz. Dann Arne Oldberg. strenger Klassiker und Verfasser fein . .
gearbeiteter Kammermusik j Henry Hadley, der erfolgreichste amerikanischeste
Orchesterkomponist, und Frederick S. Converse, in symphoruschen Dichtungen
amerikanisierend, dessen Oper, "The Pipe of Pan", die erste am Metropolitainhaus
angenommene war. Rubin Goldmark, Neffe des berühmten Karl, aber in New.York

57
gebürtig, beherrscht alle Gebiete der Komposition und hat, wie Hadley, auch in
der Öffentlichkeit Erfolg.
Unter den Jüngeren und Jüngsten, die alle mehr oder weniger von der nationali..
stischen Strömung beeinflußt sind, muß man Howard Brockway, Daniel Gregory
Mason (Neffe des Pädagogen William Mason und Nachfolger MacDowells an der
Columbia Universität), David StanIey Smith (Professor der Musik an der Yale
Universität), Arthur Shepherd, Benjamin Lambord (frühverstorben, ein wahrer
Dichter), Arthur Nevin, Campbell-Tipton und Charles Wakefield Cadman genannt
werden. Der letztgenannte hat auch eine Pseudo..lndianeroper geschrieben (in New..
York aufgeführt), die sich aber in italienischen Melismen bewegt und die nur zu
beweisen scheint, daß es eine amerikanische Oper überhaupt nicht geben kann. Auch
ist die Verkitschung nindianischer,l Melodien in seinen Liedern ein Mißbrauch der
nationalistischen Idee.
Hingegen haben John Powell, in seiner nRhapsodie negre ll und "Sonate
Virginianesque", und A. Walter Kramer in symphonischen Skizzen beachtenswertes
auf diesem Gebiete geleistet.
Alle diese jungen Leute wollen Symphoniker sein und kämpfen einen schweren
Kampf gegen die Gleichgültigkeit der - meist deutschen - Dirigenten und ihrer
Komitees. Inzwischen aber dringt die amerikanische Produktion mehr und mehr
im solistischen Felde durch, denn im Lande des ausgesprochenen Individualismus
kommt unter den heimischen Musikern der Virtuose am ersten zur Geltung. So
schreiben Kramer, Albert Spalding und Cecil Burleigh (seIbst Geiger) effektvoll für
die Geige, Arthur Whiting, Brockway, Powell fürs Klavier und viele, viele für die
Singstimme. In der "Liederkomposition sind die Amerikaner so fruchtbar und so
erfolgreich, daß wenige Liederabende in Amerika heutzutage ohne amerikanische
Lieder gegeben werden. Außer Mac DoweI1, Nevin, Carpenter, Kramer, sind da
noch Reginald de Koven, Bullard, Frank La Forge und Sidney Homer zu nennen.
Diese in leichterem Milieu Musizierenden leisten, respektive leisteten eine wichtige
Erziehungsarbeit, beweisen den Amerikanern, daß nicht alles Schöne aus Europa.
kommen muß, schaffen ein Publikum für die Werke, die noch kommen od« schon
da sind. Und hier sollte auch noch derer gedacht sein, die - wie etwa Johann Strauß
für die Wiener - für die amerikanische Musik auf ganz populärem Gebiet eine
Bahn in der WeIt brechen. Unter ihnen ist John Philip Sousa, der "Marschkönig U,
ein gefälliger und solider Musiker zugleich. Viktor Herbert, dessen Operetten ihm
Millionen einbrachten, beweist zugleich, daß er große musikalische Begabung und
Fertigkeit hat. Er hat sogar ein paar wirkliche Opern geschrieben (nNatoma" etc.),
die noch immer das Haltbarste sind, was an amerikanischen Opern aufgeführt
wurde. Aber seine Büc.herschränke sollen voll symphonischer Dichtungen sein, die
er aus Neigung schreibt und nicht dem Spott eines amerikafeindlichen nernstenU
Publikums preisgeben will!
Nun muß noch die Rede von zwei Persönlichkeiten sein, die, zwar nicht in
-Amerika geboren, doch beweisen, daß auf seinem Boden großes geschaffen werden
kann. Die beiden Namen sind Charles Martin LoeffIer und Ernest Bloch. Der
erste, Elsässer von Geburt, französisch orientiert, Katholik wie d'Indy, schreibt
impressionistisch, aber voIlbrüstiger als Debussy, und beweist sein halbes Deutsch..
turn in der Solidität, der Polyphonie seiner Partituren. Er trägt seiner langen
amerikanischen Ansässigkeit in Tondichtungen über Poe ("DeviI in the Belfry#)

58
und ähnlichem Rechnung. Bloch, Schweizer, Jude, Vollblutmensch und Vollblut-
musiker, ist auch eine deutsch . . französische Mischung, aber neu, mit der Farbe
seiner Rasse getränkt. Ein Meister.
Diese heiden entgegengesetzten Musikernaturen sind in Amerika geblieben und
wirken weiter - Loeffler in Boston, Bloch in Cleveland, wo er an der Spitze
eines neuen Konservatoriums steht. Viele Jünger scharen sich um sie - die früher
nach Europa zum Studium gegangen wären. Es steht also fest: man kann auch in
Amerika komponieren lernen.
Eins fehlt: die Auffiihrungen. Die Dirigenten sind noch meist Fremde. Das
beste, originellste, amerikanischeste liegt ihnen am fernsten. Die vulgären Akzente'
stoßen sie ab. Das, was aufgeführt wird, wird auf akademischer Basis beurteilt und
das charakteristische daran unterdrückt. Nicht immer, aber meist.
Aber in den Cafes, den Operetten theatern, den Revues wird weiter amerikanische
Musik gemacht. Wenn die bei den Extreme sich treffen, dann ist das Ziel erreicht.
Die "Tradition~ ist noch zu neu. Aber gebaut wird schon an ihr.
o c

WARUM S E L B S T E l N "F U T U R I S TU
ROSSINI BEWUNDERN KANN
Von Alfredo Casella, Rom
Ich gestehe offen, daß ich die Musik Rossinis außerordentlich liebe.
Ich bin nämlich nicht der Ansicht - wie so viele andere Musiker - daß unsere
Kunst für die leidende Menschheit, die ohnedies schon mit anderen Sorgen so reich
gesegnet ist, eine Art schwere Bestrafung bedeuten solle. Hauptzweck der Kunst
bleibt die ideale Tätigkeit des Geistes und der Sinne, die sich in der Virtuosität,
in der Bravour ausdrückt oder in einem heiteren und intensiven Glücksgefühl. Nicht
daß ich etwa die Notwendigkeit der tragischen Kunst bestreite - ich bin davon
weit entfernt - aber man muß unbedingt zugeben, daß die Meisterwerke, die heitere
Freude vermitteln. in der Kunst viel seltener sind als diejenigen, welche nur sorgen...
volle Not gezeitigt hat.
Auf .jeden Fall, ob ein Werk nun heiter oder traurig ist: unzulässig ist eine
Kunst, die langweilt. Und dies gilt ganz speziell von der Musik. Ein langweiliges
Buch kann man jeden Augenblick zuschlagen, von einem Bild, das nicht gefillt,
wendet man sich ab; was macht aber derjenige, der im Konzertsaal oder im Theater
an seinen Sitz gleichsam festgenietet und dazu verurteilt ist, eine langweilige Sym...
phonie in x Sätzen oder eine Oper mit so und sovielen Akten, deren Länge man
unmöglich voraussagen kann, über sich ergehen zu lassen?
Obwohl vor der französischen Revolution die Musik oft nur heitere Freude
bedeuteter haben die Romantiker unglücklicherweise ihr Möglichstes getan, diese
Freude aus der Musik auszuschalten. Und es scheint kaum wahrscheinlich, daß das
20. Jahrhundert, zerschmettert durch den allgemeinen Ruin und die Zerstörung der
Zivilisation, uns viel Fröhliches geben wird. Das ist so wahr, daß selbst in Italien,
der Geburtsstätte des Lachens, dem Heimatlande der größten Komiker und Buffo...
sänger, dem Boden, auf dem das Bühnenwunder der Opera buffa erstand, der

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Sinn für heiteren Scherz für immer verloren gegangen zu sein scheint. Der alte,
maliziös lächelnde Witz unserer Großväter ist verschwunden. An seine Stelle trat
die gemeine Zote, Trivialität und albernes Geschwätz; obszöne Vaudevilles, welche
der Pariser Boulevard exportiert, und die geschmacklosen Wiener Operetten wett...
eifern mit der Invasion des Kinos, um der Verblödung des Publikums den letzten
Stoß zu versetzen. Wir haben allerdings den Trost, daß dieser Stand der Dinge
allgemein ist, aber es ist kaum erfreulich, ein Volk zu sehen, das einst durch die
neapolitanische Opera buffa und die Opern Rossinis begeistert wurde und nun bei
der "lustigen Witwe" in Verzückung gerät.
Wie soll man sich nach so viel Not und Unglück, so viel Enttäuschungen und so
viel Skeptizismus nicht jenem Manne zuwenden, der als letzter wußte, was lachen
heißt und - was noch wichtiger ist, - der es verstand, andere in sein Lachen
miteinstimmen zu machen.
Entwerfen wir uns doch selbst ein Bild von diesem alten Italiener. Wie sehr
muß man bedauern, das Original jenes behäbig...breiten Antlitzes mit seiner
bischöflichen Rundung, seinem fein geschnittenen, ironischen Mund, seinen maliziös,
aber stets gutmütig zwinkernden Augen nicht gekannt zu haben!
Gehen wir seine Opern durch. Keine einzige, nicht einmal eine seiner ersten,
trägt nicht den Stempel des Genies. Seine Erfindungsgabe ist unerschöpflich, sein
Sch:vung unbegrenzt, seine rhythmische Kraft ständig pulsierend, die Harmonie oft
feinsinnig ausgeklügelt, die Instrumentation erstaunlich neu und für seine Zeitperiooe
selbst kühn, die Melodie unvergleichlich frisch und voll von Grazie und Geschmack.
Ich sage "Geschmack", eine Eigenschaft, die man besonders hervorheben muß,
denn sie ist vorherrschend bei Rossini, der, sozusagen, die Verkörperung des
musikalischen Geschmackes bedeutet. Trotz mancher Schwächen, welche für seine
Zeitperiode charakteristisch, oder an denen die Tyrannei der Sänger und die An ...
forderungen der TheaterIeiter schuld sind, gibt es kaum einen Takt in seinen
Werken, der, musikalisch gesprochen, nicht vollendeten Geschmack verriete. Wenn
seine Kunst auch durch die Zeit gealtert ist, so bleibt doch der ursprüngliche Adel
ihrer Züge sichtbar und die "edle Herkunft" dieser oder jener Seite, so fern Sle
uns auch heute liegt, unbefleckt.
Man hat Rossini den Vorwurf seichter Oberflächlichkeit gemacht. Richtig. Er
war kein so tiefsinniger Geist wie Beethoven. Aber da er berufen war, der Mensch..
heit die Freude des Lachens zu bringen, warum denn immer nach dem Unmöglichen
fragen? Er war' sicherlich ein geringeres Genie als die großen deutschen Kompo ...
nisten. Aber leider ist ein "kleines'< Genie oft viel amüsanter als ein großes. Ich
will nicht respektlos oder paradox erscheinen, aber ich möchte mir doch zu behaupten
erlauben, daß Boccaccio weniger negierend war, als Dante, Scarlatti weniger streng
als Bach und daß ein Bild von Tintoretto sicherlich angenehmer anzuschauen ist,
als eines von Miche1ange1o.
Es geht nicht gut an, einen Künstler so summarisch abzuurteilen, der etwas von
Musik verstand und der schließlich so bewunderungswürdig erhaben und mensch...
lich mitfühlend war, die Musik für die höchste Freude der Menschheit zu halten,
und der in dem Lachen die Lösung des unglücklichen Problems irdischen Lebens
zu finden glaubte. Dies sind die heiden Gründe, warum ich persönlich - obwohl
seine Musik mit der meinigen sehr wenig gemein hat ~ so stark mit der Kunst
Rossinis sympathisiere, sowie mit seiner ganzen Auffassung der Musik.

60
Lieber, großer Rossini! Wer von uns wird bei den fürchterlichen Stürmen, die
Europa zu verschlingen drohen. noch die Kraft haben - wenn auch nur für einen
Moment - jenes Lachen wiederzufinden und es der Menschheit mitzuteilen, die
so sehr leidet und Zeuge ist von dem Untergang der Zivilisation? auf welche sie
einst so stolz war? (Frei übertragen aus dem "Chesterian" )
o 0

"D I E T o T E s T A D TU
Von Dr. R. St. Hoffmann, Wien
In drei Bildern ist mir das tote Brügge erschienen: in der blassen Silberstift:t:adierung
des Romans, in der grellen Farbenskizze des Dramas, in dem knalligen Öldruck des
Opernbuches. Auch diesmal: man sollte Romane nicht dramatisieren. Was an Georges
Rodenbachs, des früh Verstorbenen. Bruges. . la. . morte auch den fesselte, dem die Bindung
mystischer Religiosität und praktischer Erotik so wenig sympathisch war, wie das
rächende Requisit des Totenhaars? das einen konstruierten Konflikt erwürgte. nicht
löste, war die Zartheit in der Darstellung psychologischer Behutsamkeiten. verträumter
Naturstimmungen, in denen die seltsame Stadt mit der toten Geliebten zu einer
merkwürdigen transzendentalen Einheit verschwamm. Man erlebte die düstere
Schwermut, die hoffnungslose Melancholie einer Stätte, in der Totes lebt? in der
Leben erstirbt. man_glaubte an die Voraussetzung einer sonst unmöglichen Ähnlichkeit,
die die junge Tänzerin zum "Trugbild" der gestorbenen Gattin macht. da es vorsichtig
verhüllt bleibt. wie weit diese Ähnlichkeit objektivem Urteil standhielte? wie weit
sie vielmehr der lebenssüchtigen Wunschphantasie des nur pietätvoller Erinnerung
Lebenden entstammt, entstammen muß.V om .?Dämon derAnalogie" , sprichtRodenbach,
von der Ähnlichkeit, die immer nur in der Linie, nur im Gesamteindruck liege, im
Detail jedoch größter Verschiedenheit weiche, von der Lüge, die Gleiches sieht, weil
sie anders sieht. Dann das Drama, le Mirage, das sich in Rodenbachs Nachlaß vorfand,
selbst ein "Trugbild" ohne viel wahre Ähnlichkeit mit dem toten Geist des toten
Brügge. Denn hier - von Siegfried Trebitsch' ärgerlicher Übersetzung. in der allein
es mir zugänglich war, ganz zu schweigen - sind die Natur und die Stadt, die
vordem Hauptakteure waren, zum Hintergrundprospekt degradiert, hier wurde in
primitiver dramatischer Technik der gute Freund eingeführt, der das Stichwort zu .
bringen hat, hier wurde Visionäres zur Szenenwirklichkeit gezwungen, die Tote gegen
die Lebende gestellt, die Ähnlichkeit zur Identität banalisiert, Erinnerungs.... und
Trugbild zum schauspielerischen Problem vergröbert, zur - Doppelrolle, und der
gewaltsame Abschluß zum theatralischen Knalleffekt. Da knüpft nun das Opernbuch
Paul Schotts an. Zwiespältig. . unsicher in seinen Absichten. Auf der einen Seite redlich
bestrebt,wieder der traumhaft. . phantastischen Stimmung des Originals näher zu kommen,
auf der anderen Seite ganz ebenso um den Bühneneffekt bis zu grellster, äußerlichster
Theatralik bemüht. Überzeugt, daß das Theater noch immer in erster Linie Schaubühne
sei, keineswegs nur moralische Anstalt.
Unvermittelt führt uns die Oper in das Allerheiligste, in die "Kirche des Gewesenen",
wo der Witwer Paul seit Jahren den Totenkult für seine verstorbene Frau zelebriert.
Es ist Theater, wenn dieser Mann unter dem ersten Eindruck der neuen Bekanntschaft
mit dem "Trugbild" der Ähnlichkeit diese fremde Person sofort in dieses jedem
verschlossene Heiligtum lädt, sie mit dem Kleide der Toten drapiert und auf deren

61
Laute ein beziehungsreiches Lied der Erinnerung spielen läßt. Es ist Theater, wenn
sie Marietta heißt, und die Tote Marie, Theater, wenn sie deren Bild als ihr eigenes
erkennt - ("das bin ja ich" - während es im Roman hieß: "sie sieht mir ähnlich").
Dem fiebernd Erregten belebt sich das Bild, kaum daß Marietta ihn verließ. Marie
schwebt - Erscheinung seines Gewissens und seiner Nerven - aus dem Rahmen
- prophetisch und warnend: "dich faßt das Leben, lockt die andere - schau und
erkenne ..• " Dieser Szene voll visionärer Innigkeit folgt unmittelbar mit verletzender
Brutalität eine neue Erscheinung, Marietta auf dem Theater in orgiastischen Rhythmen
tanzend. So bleibt der Zwiespalt zwischen handfester Theatralik und visionärer
Beseeltheit bestehen. Nicht sofort klar, daß zwei w~itere Szenen, der ganze zweite
Akt (die Nacht am "Minnewasser"), und der größere Teil des dritten (Prozession
und Todesszene) auch bloß Vision sind. Wie Schwäche oder ästhetisches Gewissen
mutet es daher an, wenn nach der großen scene...a.·.faire, wenn die goldene Flechte
der Toten ihr rohes Rächerhandwerk an der Nebenbuhlerin erfüllt hat, das ganze
plötzlich zum Traume ungedeutet wird, nach dem alten Rezept vom "Traum ein
Leben", nach dem noch älteren vom "Leben ein Traum", wie ein reuiges: es war
nicht so bös gemeint, und: Marietta, seht ihr, lebt ja! Diese einschneidende
Änderung des Textdichters hat ihren Vor... und Nachteil. Zweifellos ermöglicht sie
dadurch einen beruhigten, versöhnenden Ausklang, zugleich die dankbarste
musikalische Rundung durch Beziehung auf die Ausgangsstimmung. Dagegen
verwirrt und erschwert sie-- die Wirkung der Traumszenen, die auf die Dauer
das Unwirklich. .gespenstische nicht darstellen können, nicht sinnlos. .sinnig, abrupt
traumhaft sein können - wie unnachahmlich... genial in Strindbergs T raumspie1 versucht
worden ist-, die eben, solang sie spielen, immer nur "wirklich" sind, und als unwirklich
erst durch den Schluß entlarvt, aposteriori verstanden werden. So erscheint die
Eifersuchtsszene mit dem Freunde, dem der Hausschlüssel Mariettas entrissen wird,
gerade in dieser Wirklichkeit recht seltsam unmotiviert, so wird der breiten
Schilderung des Theatergetriebes von Mariettas zahllosen Freunden und Freundinnen
mehr Raum gegönnt, als dem Traumspie1 gemäß wäre, mit "Einlagen''', wie dem
"Pierrot...Ständchen/l und vielen Details, die wieder nur theatralisch sind, keineswegs
aus der Psychologie des Träumers erklärbar. Auch im folgenden Akt wird der selbst
gewählte Rahmen verlassen, wenn eine Szene Mariettas vor dem Bilde Mariens
gezeigt wird, in Abwesenheit des Träumenden, der sie nicht sieht, also auch im
Traum nicht sieht, und vollends verwirrt wird die Situation, wenn ihm so, wie er
sich im ·Traum erschaut, wieder Visionen erscheinen, somit: die Vision in der Vision I
Im Ganzen: eiD Buch von sehr respektablem literarischemRang, von auffallender Gewählt...
heit der Sprache, wenn auch nicht überall glücklich im Reim, überaus effektvoll durch
den Kontrast starker Stimmungen, und gerade durch den "Zwiespalt des Gefühls" wohl
geeignet, einen Musiker zu locken, den es reizte, sich möglichst reich, abwechslungsreich
auszuleben und als Eroberer das Theater unter seinen festen Willen zu zwingen.
Ich gehöre zu den ersten, die für das bewunderungswürdige Phänomen Korngolds
öffentlich eingetreten sind, und seine staunenswerte Entwicklung mit teilnehmender
Freude verfolgt haben. Zweifellos - heute auch bereits von Neidern und Nörglern an..
erkannt, die alle möglichen geheimen Väter für seine Arbeiten entdeckt hahen - eine
hochbedeutende, ja singuläre Erscheinung. So übervoll von Musik, von einer künst...
lerischen Potenz, die immer bereit ist, auf Reize jeder Art - gleichwie das Auge sogar
auf rohe Einwirkung nicht anders kann, als Licht sehen - mit vollblütiger Musik

62
zu reagieren, mit einem fabelhaften Instinkt für Form und Wirkung, einer
unerschöpflichen Phantasie in der Verwandlungsmöglichkeit seiner Einfälle, einem
kräftig entwickelten rhythmischen Gefühl und dem beneidenswerten Mut starker
Naturen sich gerade, ungezwungen, natürlich zu geben, tonal und gesanglich zu
schreiben, den Vorwurf der Banalität, dem noch keiner entgangen ist, nicht zu fürchten.
Drei Gesichtspunkte gäbe es meiner Meinung nach, sich dem Problem Korngolds
als Opernkomponisten zu nähern, wozu freilich in den vielen Kritiken, die ich jetzt
gelesen habe, kaum ein Versuch zu finden war. Wie er - natürlich nur annähernd
- in die moderne Opernproduktion einzureihen wäre, was seinen Stil charakterisiert,
was speziell die neue Oper in seiner Entwicklung.
Da glaube ich ungefähr dieses. Ein Menschenalter und länger ist die deutsche
Opernbühne mißbraucht worden, um zu philosophieren, Mysterien und Erlösungen
zu verkünden. Stilistisch in der verwirrenden Idee vom Gesamtkunst~erk, vom
Musikdrama mit überwuchernder Polyphonie, herrschsüchtigem Orchester, Sklaverei
der Gesangsstimme. Das verdrängte Leben revoltierte. Einmal nur ganz kurz
triumphierend in der für Deutsche unerträglichen Brutalität das Verismo, später und
heute noch in der verfeinerten, einschmeichelnden Art Puccinis. Hier freilich drohte
die Gefahr stilistischer Verflachung in Text und Musik, Gefahr, die d'Alberts schlecht
begründete Erfolge nahe genug zeigten. Aber das Leben, das Carmen-Leben, und ihr
letztes und schönstes Ausdrucksmittel, die gesungene Melodie, ließen sich nicht länger
fernhalten. Die Deutschen spürten, was not tat. Sie hatten Richard Strauß' geistvolle
psychologische Motivtechnik, Schrekers unerhörte Farbenphantasie, bei der harmonische
Neuheit dazuzutun, die Leichtigkeit romanischer Melodik zu verinnerlichen, das
Kantable dabei wieder dominieren zu lassen, wie es für gesungene Musik, für Opern...
musik schließlich selbstverständlich - sein sollte. So sieht man in Strauß und
Schrekers letzten Werken immer deutlicher den Weg einer Vereinfachung des Stils,
zugleich der stärkeren Betonung des melodischen Elements, immer bewußter verfolgen.
So hält Korngold - "dieser hat gelernt" ... - stilistisch die Verbindung zwischen
Strauß und Puccini aufrecht. Von diesem in mancher charakteristischer melodischer
und harmonischer Führung, in der Vorliebe für Quarten- und Quintenfortschreitungen
deutlich beeinflußt, ebensosehr von jenem in der Reichhaltigkeit seiner Orchesterpalette
wie im geistvolIen Spiel der Motive. Vielleicht auch stellenweise in dem Bekennen
einer melodischen Simplizität, ja Unbedenklichkeit, die man bisweilen a !imine
ablehnen müßte, gestatteten nicht Mahlers anfängliche Banalitäten beinahe das
Paradoxon: das Banale von Heute ist das Selbstverständliche von Morgen. Ich gebe
zu: für meinen Geschmack schlägt das Pendel jetzt etwas zu sehr nach der anderen
Seite. Gibt man dem Theater, was des Theaters ist, so ist es oft mehr, als einem
verfeinerten Geschmack behagt. Aber die rechte Mitte wird sich von selber finden
lassen. Die Lust am Extremen, dem Theater eingeboren, wird zu mäßigen, Exzesse,
wie das Schlußbild des ersten Aktes - so meisterhaft gerade dieses musikalisch erfaßt
ist - werden zu vermeiden, melodische Konzessionen - so sehr sie in rhythmischen
und harmonischen Feinheiten jederzeit für die Vornehmheit des echten Künstlers
sprechen - einzuschränken sein, im Sinne einer höheren Reinheit des Stils, eines
harmonischeren Gesamteindrucks. Von diesen Einwänden kann umso leichter abgesehen
werden, als die positiven Werte der neuen Oper die denkbar stärksten sind. Die
ungeheure Schwungkraft, die diese Musik von der ersten bis zur letzten Note
befeuert und kaum je einen toten Punkt zu überwinden braucht, ist wahrhaft

63
faszinierend. Der prägnant geformte, eigentümliche Einfall ist wieder - gottlob -
wichtig geworden, die motivische Polyphonie ist außerordentlich, und immer mehr
entdecken sich neUe überraschend . . geistreiche Kombinationen, besonders reizvoll durch
stete Variation der Themen, unter Verzicht auf das Leitmotiv-Klischee. Auf diesem
thematischen Fundament gründet sich der schönste, lebendigste, vielfach ganz neue
Orchesterklang, dem obligates Harmonium und Klavier charakteristische Farbe geben.
Im Orchestralen ist Korngold über die nicht seltene Überladung der früheren Werke
hinaus zu größerer Ökonomie - besonders in der Verwendung der Klanginstrumente,
wie der Massigkeit des Blechs - zu Durchsichtigkeit und wirklicher Meisterschaft
fortgeschritten. Vollkommen originelle und überraschende Töne inspirieren die
mystischen Traumstimmungen, am bedeutendsten wohl die chromatisch absinkende
Stimme aus dem Jenseits in der Bildvision des ersten Aktes, und die großartige
Prozessionsmusik. Unbändige Leidenschaft, in äußerster rhythmischer Belebtheit,
füllt die großen Liebesszenen des zweiten und dritten Aktes, aber auch zarteste
Innigkeit quillt überreich aus reinem Gemüt, wie in den resignierten Tönen der
alten Brigitte, wie in der wundervollen Ges dur . . Melodie Pauls im ersten Akte, wie
selbst in dem sentimental-einschmeichelnden Lautenlied.
Überall ein unerhörtes SchweIgen in berückendem Wohllaut. Der fröhliche Walzer-
daktylus des "kleinen" Korngold ist in der kontrastierenden Welt des leichtlebigen
Theatervölkchens wieder zur Stelle, in Mariettas übermütigen, bis zur Ekstase gesteigerten
Tänzen, wie im schmachtenden Liede des "deutschen" Pierrot. Höher als dieses vielleicht
ironisch gemeinte, allzu gefällige Stück, und als Muster geistvollster, graziösester
Lustspielmusik schätze ich das vorhergehende Ensemble-Ständchen. Zu dem spöttischen
Zitat aus dem "Ring des Nibelungen" glücklichste Erinnerung an die fröhlichen
Herzen im Ring des Polykrates.
Über alle Überfülle bedeutender, genialer Einzelheiten hinaus aber preise ich den
herrlichen Fortschritt eines Stils, der fest auf dem Boden der Theaterwirklichkeit
steht, über allen Geist eines sprühenden Orchesters das heiße Herz der Gesangsmelodie
stellt, jede atonale Kühnheit in den Dienst der Tonalität zu zwingen weiß, das
Komplizierte in edle Einfachheit auflöst. Tonal sein heißt heute an-atonal sein. Nur
starke Potenzen, große Könner, originale Vollblutmusiker wie Korngold können sich
heute erlauben, es zu sein. Mit der Wünschelrute des Genies werden sie in dem
nur scheinbar versiegten Boden unserer alten Musik immer wieder finden, was uns
so dringend not tut: den Quell des Lebens.
Die Inszenierung der Staatsoper war - nicht durchwegs mit Erfolg - bemüht,
das Phantastisch-Unwirkliche zu unterstreichen: So hätte die mysteriöse Beleuchtung
der gespenstischen Beghinen an Eindruck gewonnen, hätte man die elektrischen
Taschenlampen nicht zu sehen bekommen. Dagegen war musikalisch alles aufs beste
besorgt, das Orchester unter Sc haI k wohl den allermeistl\ll Wünschen des Komponisten
gefügig und die Hauptrolle in den Händen einer Künstlerin, wie sie ein zweitesmal
heute auf der deutschen Bühne nicht zu finden sein dürfte. Frau Je ri t z a ist darstellerisch
und gesanglich unvergleichlich, Herr Oestvig ein nicht unwürdiger Partner, wenn er
auch den besonders großen Anforderungen seiner Partie mit allzu groß~r Schonung
entgegentrat, Herr M a y r braucht nur ein kleines Lied zu singen, um alles zu ent-
zücken; auch die kleinen Rollen hatten die vollkommenste Besetzung. Der Erfolg war
der denkbar glänzendste. Kein • Trugbild"! Diese tote Stadt wird lebendig bleiben.
o 0

64
G/ass rei/
JENSEITS VON MUSIKALISCH herauszutreiben vermag. Der Name Joh. Seb.
Bach bedeutet einen gewaltigen, ewig neu
UND UNMUSIKALISCH gebärenden Formen..Organismus, der dem tiefer
Über aller Denktätigkeit des Musikers steht blickenden Auge des Musikers unausschöpf..
das Streben zum Organismus, zur Form. Wer baren Reichtum für sein Tonempfinden in
da glaubt, daß die nGroßentt ihr Denken auf vollstem Überflusse darreicht. Bachsehe Kühn..
Einfälle, die der Augenblick erschafft, auf heit und Zie1bewußtheit ist nicht immer
Ideen, welche Inspiration und Phantasie ge.. ~ur musikalisch, sie ist viel mehr als das!

bären, auf Eindrücke und Erlebnisse, die ihnen Mystisches und Religiöses verdichten den
die Außenwelt zutragen, einstellen und einzig Inhalt zum nachdichtenden iferständnis, ebenso
ihrem Denktriebe folgen, der muß allerdings wie Tempo, Melodie und Rhythmus die Kon..
zur oberflächlichen Annahme gelangen, daß tinuität des rein Musikalischen bestimmen;
dem musikalisch höchst veranlagten, dem es ist aber ein Geistiges, welches alles dieses
Musikalischsten, auch die größte Fähigkeit suggestiv und dämonisch zu ewig Neuem ver..
von Natur mitgegeben sei. - Gibt's darin wirk.. bindet, neue Kräfte in unheimlicher Spannungs..
liehe Rangunterschiede? - War Beethoven, der energie gebieterisch zwingend in Bewegung
Größte aller Musiker, um so vieles "musika.- setzt. Tonempfindungen sind elementar sinn..
Iischer N als andere Große und Kleinere? Was licher Natur, ,streben aus verwirrendem Chaos
ist das Trennende? Sollte es eine Summe nach Einheiten, Beständigkeit, Kontinuitäten,
von psychisch festgefügter Kraft, alles Mensch.. spotten der persönlichen Erlebnisse, organi..
liehe, alle Triebe menschlichen Wesens im sieren sich zu Welt..Abbildern, weil nur diese
Wes end e r Mus i k begründet und notwendig ein Mittel sind, den Inhalt zu erkennen. Bei..
festgelegt zu haben, darstellen und in Schaffens.. läufig mag Erkenntnis theoretisch dem Musiker
Wiedergeburt vollenden, dann ist in diesem als musikalisches Gesetz gelten; Leben spendend,
einzig tiefen und ernsten Sinne der Musiker Geistiges verwirklichend, weist sie den Mtfsiker
in der Dämonie seiner Begabung sich dem über sich hinaus, gleichsam ihm sich selbst
reinen "Musikalischu..sein, als einem ihm be.. entfremdend. Das sind dann Höhen, fast eisig
sonders Mitgegebenen kaum bewußt, er emp.. klar, von welchen aus er "jenseits des Musika..
findet das Materielle dessen als etwas immer lischen und Unmusikalischen u steht. Alles wird
wieder einseitig Betontes, als Last, er denkt ihm zum Problem, im Einfachsten und Ver..
"jenseitig von Musikalisch und Unmusika1isch~. wickelten entdeckt er Zusammenhänge und
Er blickt über sein eigenes Gebiet hinaus, er Beziehungen. Er denkt nicht dem einzelnen
hört und sieht. Der musikalische Inhalt er.. Kunstwerke nach, er empfindet nicht nach, er
weitert sich zum Form.. Organismus, der nach empfindet anders. Alles Assoziative ist ihm
Neuem strebt, das Alte, das ja so gründlich Brücke und Helfer. Wozu das alles? - um das
musikalisch geworden und gewertet worden ist, Unwirkliche, Schöpferische nicht begreifen zu
hinter sich lassend, neue Wege suckend, neue lernen.- Sollte etwa der Komponist musikalisch
Energie.. Quellen, seiner Individualität ent.. seine Einfälle erst komponieren, nachdem er
sprechend, erforschend. In keiner anderen sie - überwunden hat? - Vom Gedächtnis
Kunst ist so weiter Ausblick auf Neuland geht alle Weisheit aus. Lu dwig Rotten berg
wie in der Musik! Modern, ein Gegensatz .. c c
Schlagwort, ist nicht immer neu: Es gibt
Reiz..Varietäten, die mitbestimmend dem Wert
des Kunstwerkes eigenes und besonderes Ge..
KUNST UND POLITIK
präge verleihen, die Mittel des Ausdruckes In Deutschland ist ein heftiger Kampf im
beträchtlich steigern, Möglichkeiten fördern; Gange über die Frage: soll die Kunst national
doch bedeuten sie noch nicht alles - auch oder international sein? Er ist vielleicht be ..
das eben schon Unmoderne enthält genug deutend leichter zu entscheiden, als beide
geistiger Energetik, welche zu neuen Zielen Gegner es sich träumen lassen. Haben nicht
(Formen) drängt, neue Formen, Spannungen, beide unrecht? Den Wert eines Kunstwerkes

65
vom Gesichtspunkt Hnational" oder Hinter.. legenheit macht Diebe". Von manchen wird
national" beurteilen, heißt der Kunst politische allerdings die Ansicht verfochten, man müsse
Fesseln anlegen. Das sähe ja unserer freiheit- Künstler und Mensch scharf von einander
lichen Zeit immerhin ähnlich, würde aber eine trennen. Ich glaube aber die überwiegende
Sünde wider den heiligen Geist der Kunst Mehrheit und jedenfalls die Ethik auf meiner
bedeuten, die keine Götter neben oder gar Seite zu haben, wenn ich, so wie Billroth
über sich duldet. Die Individualität, die sagte: Hein guter Arzt muß auch ein guter
schöpferische Potenz des Künstlers ist auf die Mensch sein" behaupte: "ein wahrer Künstler
Wagschale zu legen, nicht aber seine politische muß einen anständigen Charakter haben".
Überzeugung oder gar Stammesmerkmale, die Gewiß ha,t manchmal eine politische Idee
sich in der Musik manchmal bemerkbar machen. einen Künstler zu einem großen Werk begeistert,
Denn die können Sympathie oder Antipathie in der Regel ist aber der Einfluß der Politik
wecken, kommen aber für die Bewertung in auf die Kunst doch unheilvoll, also möglichst
letzter Linie in Betracht. einzudämmen. Die Menschheit ist ohnedies
Die künstlerische Existenzbedingung eines genug verhetzt. Die Kunst ist ihr einziger Ruhe ..
wahren Künstlers ist die volle, unbedingte punkt: man lasse sie aus dem Spiel.
Freiheit seiner künstlerischen Individualität. Die Frage sei also nicht: ist dieser oder
Man sollte glauben. das sei ein Gemeinplatz: jener Komponist Deutscher oder Kosmopolit,
leider ist dem nicht so. Nie hat die Politik so sondern: ist er eine schöpferische Potenz und
scharf ins Leben, in die Kunst eingegriffen wie ein anständiger Mensch? Und die Losung sei
jetzt. Dem Einen wirft man vor, daß er ein weder "nationale"noch "internationale", sondern
Deutscher, dem Anderen, daß er es nicht sei. Hwahre Kunst!.. Dr. JOB. A. Dasatie1
Wer nicbt zu irgend einer Clique gehört, ist
ein toter Mann. Wenn man nun auch vor c c
einigen führenden Männern seine Verbeugung
machen muß - wie man es etwa bei Hans BEL A BAR T 6 K S
Pfitzner als Künstler und Mensch bedingungs ..
los tut - die Masse stößt ja doch in beiden KLAVIERWERKE IN PARIS
Lagern aus Konkurrenzneid ins Parteihorn Mit Vergnügen verfolgt man den persön..
und nicht etwa aus innerer Überzeugung, um lichen Aufschwung von Bela Bart6k, welcher
uneigennützig der Idee zu dienen. Es sind so ohne Zweifel einer der begabtesten jungen
quasi zwei feindliche Produktivgenossen.. Musiker der gegenwärtigen Zeit ist. Zur voll ..
schaften, deren Mitglieder im Stillen den kommenen Meisterschaft gelangt unter der
frommen Wunsch hegen, zuerst mittels Hebung Ägide von Liszt und Ravel, spricht er heute
der eigenen Genossenschaft das feindliche eine eigene Sprache, deren solider Schwung
Unternehmen und dann ihre eigenen Genossen und deren Selbstvertrauen eine wahrhaft un ..
zu unterdrücken. widerstehliche Uberzeugungskraft besitzt. Eine
Zu welcher politischen Partei sich ein frische und gesunde Luft durchströmt die
Künstler bekennt ist gleichgültig, so lange er geschmackvolle und kühne Musik zu seiner
es als anständiger Mensch tut. (Ob er sich Suite und zum Allegro Barbaro. Hier herrscht
aktiv politisch betätigen soll oder darf, ist eine keine Willkür, kein einziger Teil enthält
andere Frage.) Es gibt aber auch Leute t die, ungleichartige Partien, die gewaltsam anein ..
ohne durch' höhere Gewalt dazu gezwungen zu andergefügt sind. Keine mühselig konstruierten
sein, heute einem Fürsten und morgen einem Harmonien, die nur für das Auge bestimmt
Bolschewikenführer ihre sogenannte Gesinnung sindt sondern eine Musik für das Ohr. Eine
zu Füßen legen: ihr niedriger Charakter dis.. derartige Kunst kennt keine Schwierigkeit,
qualifiziert sie, sie können keine wahren sondern tritt derselben geschickt entgegen, mit
Künstler sein. Es zeigt sich da wieder, welch ehrlichem Draufgängertum. Wie ein noch
demoralisierende Wirkung - allerdings nur wenig Berühmter, tritt er dem Hindernis mit
auf gewisse Charal!:tere - bei der Bewertung gieriger Freude entgegen. Und man täusche
eines Künstlers aus der politischen Perspektive sich nicht darüber hinweg: diese schöne
sich ergeben kann. Wüßte jeder Künstler, daß Brüskerie ist niemals Brutalität. Man über..
er vom Standpunkt der Politik aus überhaupt zeugt sich davon, wenn man nach dem kühn ..
nicht in Betracht kommt, so käme wenigstens bewegten Allegro der Suite jenen vierten Teil
auf diesem Gebiet keiner in Versuchung, hört, welcher mit seinen sehnsuchtsvol1en
charakterlos zu sein; denn schließlich: "Ge .. Tredezimen eine so mysteriöse, raffinierte Kunst

66
darstellt. Denn Bart6k, ein Freund der grellen den Stimmungsg~halt des Originals zu voll..
Farben und eigensinnigen Rhythmen, ist trotz.. kommener Geltung bringender Fassung. Wie
dem empfänglich für des zarteste Spiel. Er in den Brahmsschen Volkslied..Bearbeitungen,
bringt hiezu mit die Eigenschaft genauer auf deren Höhe manche der Stepanschen sich
Präzision und, altes in allem, ein wenig erheben, ist häufig die Wirkung eines vollendeten
krankhafte Schwermütigkeit, die ihn zum Kunstliedes erreicht. Als besonden wertvoll
ungarischen RaTel macht. R. M. möchte ich die Lieder "Vor dem Abschied",
(Bericht der Revue Muskaie) I1Kirchweih", "Trost", "Trennung vom Liebchen"
und "Herrgott" hervorheben, in denen die
c c Begleitung häufig für sich allein schon die
Stimmung des Liedes in höchst charakteristischer
BESPRECHUNGEN Rhythmik und Harmonik zum Ausdruck bringt.
Dr. Felix Rosenthai
BELA BART6K; ETÜDEN, op. 18, ffir
Klavier. Universal..Edition, Wien.. Leipzig. c
Diese drei Studien gehören wohl zu dem W. KIENZL: op. 99, STREICHQUARTETT
modernsten, was auf dem Gebiete der Etüde Nr. 2, C moll Bote & Bock, Berlin.
seit denen Debussys geschaffen wurde. Von den Musikalisches Neuland wird man in diesem
Stücken des großen Franzosen unterscheiden Quartett vergebens suchen. Der Komponist
sich die Bart6ks jedoch vor allem durch die wandelt da Iä.ngd bekannte Pfade. Deshalb
größere Massigkeit des Klaviersatzes und den das Werk gering einzuschätzen wäre ein Irrtum,
Umstand, daß technische Probleme b,ehandelt denn gerade darin zeigt sich Kienzls Meister..
werden, die nur durch eine Atonalität ent... schaft, daß er mit alten Mitteln neues schafft.
stehen konnten, die etwa in der Linie Schönberg... Nicht etwa neue Klänge, wohl aber gesunde,
Strawinsky liegt. Es braucht wohl nicht betont plastische Themen, die klar und zielbewußt
zu werden, daß es trotz der pianistischen geführt, einfache, ansprechende Formen ergeben.
Brfltanz doch vor allem der innere Gehalt ist, Die Hauptthemen des ersten und letzten
der an diesem Werke fesselt. Das erste Stück Satzes zeichnen sich durch jugendliche Energie,
beschäftigt sich mit der "Oktaventrübung (wie das Seitenthema des ersten Satzes und der
ein böses Schlagwort jene Sept-- und Nonen... ganze zweite Satz durch Kantilene aus, in der
sprünge nennt, die einen integrierenden Be... sich warmes Gefühl und abgeklärte Reife ver..
atandteil der modernen lYIelodiebildung aus.. einigt; der dritte und vierte Satz atmen die
machen). Die Studie ist also im wesentlichen Heiterkeit einer besseren Zeit. Aus dem ganzen
eine Spannungsdüde, die im ersten Teil unisono Werk spricht ein überzeugter Optimismus, der
in beiden Händen erklingt. Die zweite Etüde, in unserer Zeit umso sympathischer wirken
eigentlich auf harmonischer Basis, bringt muß, als ein gerader Sinn und ein warmes
Zerlegungen moderner Akkorde, die sich aber Herz seine Eltern sind. Dr. Joseph Dasatiel
auch melodisch entwickeln. Ihr Mittelteil ist
[]
kadenzartig in vollgriffigen Akkorden und
rhythmisch ganz aufgelöst. In der dritten Etüde
REGERS HARMONIK von Hermann
wird ein neuartig harmonisches Begleitungs...
Grabner. Otto Halbreiter, Musikverlag,München.
motiv der linken Hand verarbeitet, während
die Rechte durch Pausen getrennte Stakkato ... Eine SChrift, die in mehreren Bez.:iehungen
Akkorde zu einer Linie verbindet. sehr zu begrüßen ist. Einmal wirft sie lehrreiche
Obwohl die Schwierigkeit der Etüden ganz Streiflichter auf die eigenartige Persönlichkeit
enorm ist und sich nur Meister des Instrumentes Max Regers und führt uns an der Hand
an sie heranwagen können, möchte man doch Regerscher Leitsätze auf Wege, die das Ver..
ein für die moderne Kunst so repräsentatives ständnis seiner merkwürdigen Harmonik
Werk gerne in der Öffentlichkeit bekannt wissen. wesentlich erleichtern. Dann gewährt sie uns
auch Einblicke in seine Konstruktionstechnik
Dr. P. A. Pisk
und zeigt uns die bewußten und unbewußten
c
, .......' .
VACLAV STEPAN: BOHMISCHE VOLKS-
Prinzipien und Charakteristika seines formalen
Schaffens. Ferner bietet sie uns Ausblicke auf
LIEDER. Universal..Edition, Wien..Leipzig. die Klangmöglichkeiten der modernen Har...
Köstliche Juwelen schlichter, urwüchsiger, monik überhaupt.
zu Herzen gehender Volksmusik in prächtiger, Klarer Stil, logische Entwicklung und
zuweilen vielleicht etwas preziöser, immer aber eine trotz aller Verehrung für den Meister

67
konsequente Objektivität sind die Vorzüge P r eis fra ge : In welcher glücklichen
dieser Schrift, deren Lektüre der musikalischen Ententestadt steht das: Theater, das einen Volks..
Welt zu empfehlen ist. Den Verehrern Regers opernspiclplan auf folgende Art aufbaut?:
wird sie eine willkommene Gabe, denjenigen, Sonntag: Margarete (Faust). Montag: Cavalleria
die ihn noch nicht kennen, ein wertvoller Weg .. rusticana. Der Bajazzo. Dieu.itag: Rigoletta.
weiser sein. Mittwoch: Tosca. Donnerstag: Die Hugenotten.
Und noch eins: das Vorwort des Heraus .. Freitag: La Traviata •••
gebers - Richard Würz - darf nicht etwa mit Antwort: In der Ententestadt Wien, die
Gemütsruhe überschlagen werden, im Gegen.. bekanntlich keineswegs in Deutschland liegt ...
teil, es verdient die Beachtung weitester Kreise, R. S. H.
enthält es doch Sätze, deren Erkenntnis in den a a
trostlosen künstlerischen Verhältnissen unserer
Zeit nur heilsam sein kann. ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Dr. Jas. A. Dasatiel P. A. Pisk, ein Schüler Arnold Schönbergs,
o schrieb außer bereits aufgeführten Liedern mit
Orchesterbegleitung mehrere Chöre, Instrumen~
HJALMAR v. DAMECK: NEUBEARBEITUNGEN
tals tücke und eine Violinsonate. Auch ein
für Violine. Verlag Raabe & Plothow, Berlin.
großer Zyklus von Gesängen nach Stefan
Vor uns liegt eiue Serie wertvoller Werke,
George ist teilweise in die Öffentlichkeit ge~
die hauptsächlich der vorklassischen Stilperiode
langt. Das dieser Nummer beiliegende kleine
angehören. Sie sind größtenteils w'lhrscheinlich
Klavierstück, im Jahre 1920 entstanden, zeigt
deshalb der heutigen Zeit unbekannt, weil
ihn als Vertreter der expressionistischen Kunst
keine Neuausgaben mit modernen Bezeich ..
nungen und Phrasierungen vorhanden waren. in Wien. Richard Schwarz
Dieser Mangel ist durch die Arrangements von o 0

Dameck behoben, so daß eine Reihe vergessener


Literatur wieder allgemein zugänglich wird.
N E U E N o T E N
Verlag Bote & Bock, Berlin
Interessant sind vor allem zwei Kammer ..
Max Ettinger: Drei Lieder aus dem Chinesi-
konzerte von Arcangelo Corelli, deren Basso
schen, o? 16
continuo sorgfältig ausgesetzt ist, während die
Paul Graener: Vier Lieder, ap. 52
Solostimmen mit allen neuzeitlichen dyuami ..
Issay Barmas: Neubearbeitungen für Violine:
schen Zeichen reich versehen sind. Bei der
A. Dvarak: 2 Mazurken
Ausgabe eines Quartetts von Kar! Stamitz
M. Reger: Gavotte
fällt auf, daß die Taktzahlen in allen Stimmen
WiIhelm Kienzl: Streichquartett. op. 99, Part.
konform am Anfang der Zeile angegeben sind.
Verlag Harmonie, Berlin
Dadurch wird das Studium außerordentlich
erleichtert. Ein Konzert für vier Violinen von
J. Jadassohn: Aus fernen Tagen, 6 Stücke
G. Ph. Telemann in G dur ist als historische für Klavier, op. 143
Theodar Szanto: Präludium,Fuge und Andante
Kuriosität, aber auch als formschöner Typus
der Kirchensonate der Neube1ebung wert. Die von Bach, übertragen für Klavitr
Reihe der Arrangements beschließen einige Brich J. VI olff: 3 Konzertetüden, op. 16
Verlag Schlesinger ... Lienau, Berlin
Stücke für Violine Solo mit Klavierbegleitung,
von denen nur ein Adagio von G. B. Somis Alfred Rahlwes: op. 4, Klavierquintttt
op. 9, Z~-ei Stücke für Violine und Klavier
unbekannt ist, während die übrigen Werke
op. 11, Serenade [A dur] für Klavier
(Mo zart, Tartini und Vivaldi) nur in wohlfeiler
Verlag Universal ... Edition, Wien-Leipzig
Ausgabe verbreitet werden sollen. M. P.
Egon Wellesz: Die Prinzessin Girnara, Welt~
o 0 spiel und Legende, Text von Jakob
N o T I z E N Wassermann, Klavierauszug mit Text
Anton Webern: Entflieht auf leichten Kähnen,
Der im zweiten Jahrgang. Heft 20, der gemischter Chor, op. 2
ItMusikblätter des Anbruch" enthaltene Artikel Sechs Stücke für großes Orchester, op. 6,
von Zolta n Kod.Uy über die erste Oper Par~itur
Bela Bartoks ist der ungarischen Zeit.schrift Curt R. Menge1berg: Vier Lieder, op. 1
ItNyugat" entnommen. Fünf Lieder, op. 2
Hans Gil: Drei Skizzen für Klavitr, op. 7
VerantwortIl~her SchrlfUdter; Dr. P. A. Piak. Wien, I. Kllrhpllltz 6. - Herllulfegeben von der Unlvusal~
R!ition A...-G.. - Dr-uc.k von Orto M.aa/.l' S,shne Ge •• w. b. H .. Wien I. W.a.U.a...c;hgauc 10.

68
1

Aufführungsrecht vorbehalten.
Klavierstück.
Droits de:cecution reserves .
Stürmisch be~'I(t.
P. A. Pisk, Op; 7. Nr.2.

Piano. fft.

poco rit.

rit. motto

molto rU.

r
Notenbeilaga zu .. Musürblätter des A1tbntch.~ Erstes Februarheft 1921.
M.A.•!!.
2,

piuf==~-

3 J

..
.................... (noI11e9~

sempre - rit. fff

..,.-
M. A.. U. Stich u. DrucJ< der' "lhld'he;m.Eb.,rt." A. G.
PATENT. TONVEREDLUNGS-VERFAHR(N:
Gitarren,
Lauten,
s~~g~~f~ Mandolinen,
Zithern,
flügel SOflen,
VIOLINEN ·VIOLEN· (EUI Pianinos Saiten,
Formetuis
seilJahrenmjln~isb.ErkIge"'''''',,_
Imlrumenlen ang- '. PiOIII" 'e, - .... a,; 2 ....

Wertvolle "Jeuenmeinung f' Ir Klavier


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SodIea ~ Dr A.IgIbe

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Komponisten. dessen Werke sich zusehends stiirkere ellllng
übernimmt errlng~n. werden bei jedem KJ"vi~rspieler sich~rhdJ lebhaftes
Arrangemenls von Konzerlen. Vorlrags. und lnlcresse linden
Tcmzt:lbenden. Zusammenstellung v. Tourneen -
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. Mk. 6'-
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Elegi~d1es Trio lür I iOIe. VioIGu. Horte. Mk. 2Z'SO

Lord Serners
GUERRINI..
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(Drei Gesange im deuts<hen Ut':dslilJ. Te~1 \'. Heine
1. Du bisl wie eine Blume. 2. König \\ iswt:lmitra.
3. Weihnachtslied. Mitllere Slim~'e. IlIu~lr. Tilelblall
"A 0 A G I 0"
Mk.9·- für Cello und Klavier lire 5'-

IIdebrando PfneHi nLE GEN 0 E"


Sonate in A für Violine und Klavier •. Mk. 36'-
für Violine und Klavier lire 3'50
.loseph .longen •
Zwei Serenaden für Streichquarlell
l. Serenade tendre. Tasmenpartilur. . . Mk. 12'-
1. Serenade dramalique. Stimmen , . . Mk. 30'-
---~ ...__._,--;..--------------_.~,--_._.----,_.-_._.--~,_.~----

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1111111111111111111111111111111111111111111111111111
I Hornwirnfige Neuersmeinung !

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Hjalmarv.Dameck
EVA BACH J. S.,Siciliano tür Vio];nl! und K!evi~ (Harmonium
odoer~l)
CORElll~lo,
__ .. __ .... _ ......•....... Merk,"SO
Op. 6 Nr.! I, ConcHtogrQno (Kammer-
konzert B dur lur zwei SQIQ-ViQlinen, Solo-Violon-

~tnfvntfd)t 1Jtd)tung cello und SJreidlOrd1e~ler mit Cemb<llo (KlaVIer,


ed lib. Partitur n. Mark 2"-, S1immen .. n. Mar 2"40
CORElU Arcangelo, Op.6Nr.12.CQnCertQ rruso (Kammer_
S
für grovce Drd)e~er konzert) [ur zwei Solo·Violinen. olo·Vloloncello
lind SlreldlormesJer mit Cembfllo (KIlIvier)
Partitur n. Mark 2" ~. Stimmen " "' ...... n. Mflrk 2""
CORElU Mangelo. Pastorale aus dem Weihnad1tskonzerl
!omponiett fiir ""wel Violinen mit Klavier (Harmonium oder
Orgel) ............................... _ n. M... rk 1""50
.on MOZART W. A.. Ave verum für Violine und Kla ......... ~
monium oder Org<i>O ., ........., .. ,. .. .. .. 110
SOHIS G. B (1676-1763), Adagio non Iroppo für \ -.e

:5vfc~~ ®uftab ffilrac~cf und Klavier (Harmonium oder Orgel) .. ~. . . 110


ST AMITZ K... rl. Op. S Nr. 4. Qu ... rtetl in Es dur jL ' II.l.w>c
(oder Oboe), Violine. Viola und Vi,'!oncd!o ~ .,-
TARTINI Giuseppe, AdClgio can/Bbilelür\ilohne.-l· :.oe"

~ (Hi'lrmonium oder Orgel) .............. _ .. '"""" ;0


TElEHANN G. TI! .. K.onz .. r! in G dur i~r vier , ....... ~
I!inzuge!ilgter Klavierbegl"IJung .. __ ..... P'I.-\ -
VIV AlDi An/onio. largo für Violin~ und . . _ ..
oder Orgel) ................ _______ ...... 1"10
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gesmimle der neueren und neuesten Zeit veräffentlidll. das. seil Jahren sehnsuchtig erwarlel,
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erfuhr. Es ist ein echles Krelzsmmarsches Buch. ohne jede Weilsdlweifigkeit meisterl es in der aus
Krelnmmcm Werken her bekannten lebendigen. treffenden Darstellung den Sioff in einer Art. die
jedem Gebildeten verstandiim ist und das Studium seines Buches auch dem Nimlhistoriker zu einem
Genusse mi1mt. Kretnmmars .. Gesmich!e der Oper" legt die Gesmi<h!e der Gallung von ]acopo
Peri bis Cluf Rimard Wagner so eingehend dar, da~ alle Komponisten und alle Werke. die einst
Beachtung gefunden und verdient haben. zu ihrem Rechte kommen. Der Florentiner und der Römismen
SdlUle folg! die Entstehung und die erste Periode der französischen Oper von Lully bis Rtlmeau;
aum die dem 17. Jahrhundert angehörenden Anläufe zu einer Deulsdlen Oper werden mit besonderer
BerUduichligung R. Keisers angeführt Bei der Sdlilderung der lIalienisdlen Oper des 18. ]ahrhunder1s
wird]. A. Hasse an die Spitze gestellt und die Gruppe Perez, Tarradellas. Jommelli als "zweite
Neapolilanisdle Smule" ihm angesmlossen. Eine ganz neue Klörung erfahr! im Widerspruch zu
Q. Jahn die Frage nam der Bedeutung Mozarfs für die Geschidlle der Oper. Für die weitere Ent-
wicklung wird Simon Mayr eine bisher unbekannte Wid-lIigkeit zugesdlrieben. u. a. Meyerbeer in
dessen Gefolge gestellt, und auch auf die nadlwagners<he Produktion werden Strei!lidlter geworfen

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und seinem Volke, seinem Sehnen und Hoffen aufs innigste verwamsen. wurzelt seine Kunst lief in heiden.

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Großartiger Erfolg am Münchener Nationaltheater
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111IIIIIflUIlllllllllllllrllllllllllllllllllllllnlllllllJIIIIIIIIIIIIIIJIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII

Uraufführung: 20. November 1920

, Walter Braunfels
..
••
r
DIE VOGEL
!":a. tr·:seh .. pba.r:~utiachea Spiel nach Aristophanes. - Dichtung vom Komponisten
t" -r ''''-,6(10 )[Izo;-:· ... aWl:-·.lcmit Text • • • • • • • . • • • • • • • • • • • . Mark 20'-
t t: -.t'· ~u 1. . • • • • • • • • • . • • • • . • • . • • • • • • • • Mark 1'50
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klin ;en"",,: Sc.hön.bett •.• .t&rkcr. yom Herzen kommender Beifall

, MÜNCHEN.. AUGSBULGER ZEiTtT~,:; (AlhrtNodtt): Eine Quelle dauerndenGenu88es •••


von klassischer Reinheh und. S ......... ünhelt ••• ein äulerst starker, völlig un ..
bestrittener Erfolg
MÜNCHENER TAGBLA'rT (J, Dachs): Blühende Phantastik,Ieuchtende Farben, durchaus
moderne Tonspra,he •.• Der Erfolg war glänzend
MÜNCHNER ZEITUNG (J. L. Fis,her): Eine formvollendete, feingearbeitete Partitur,
ungemein frisches und pulaierendes Leben ••• Das Werk erntete großen Beifall ..•
DEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (Alelt. Berrsche): Das Echteste. Beglü,kendste,
Deuts,heste, was unserer heutigen Opernbübne bleiben wird •••.
Ferner erschienen von Waltet Braunfe1s:
Phantastische Erscheinungen eines Themas von
Hector BerIioz, op. 25
für großes Orchester
Zahlreiche Aufführungen dieses he"orragenden Werkes haben bereits von den
namhaftesten deutschen Orcheste"ereinigungen mit starkem Erfolge stattgefunden
U. E. Nr. 6398 Große Partitur . Mark 50'- U. E. Nr. 6374 Themat. Analyse Mark -'60

Drei Gesänge für eine Baßstimme mit Orchesterbegleitung


Auagabc mit Klavierbegleitunl':
U. E. Nt. 639~ A"~ (':'1 SCu··· .. ~·lb (H('''m. Heue) . . . . . . . . • . . . . Mark I'SO
U.E.Nr. 6396 An';: -. .1 I 'LoUt: •••••••• " • • , • • • • • Mark I'SO
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In einfacher me1odi1~""T I h.l,. '!'l"; ...... n- bf?T Btnnfd.l cIa.I YOD edler GraBe getragene
Pathos der Di:ht"'l!l; 1W:'l U:.:.i
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5763 Kurze Ihemalisdle Analyse • . • -'3D
5884 Vorspiel. Klavier zweih",ndig •• 3'-
Der ferne Klang 5389
5364
Dasselbe. Klavier vierhändig
Dasselbe. Sludienparlilur . .
. . 6'-
. . 4'-
Oper in drei Aufz.wgen
5365 D<:Isselbe. Orme:sferpartifur • • • 30'-
· · · · 20'-
3096 Klt'lvif'rauszug mit Texl •
3100 Reglebuch mit ueniiChen
Bemerkungen •
· · · · · · · 2'- Der Schatzgräber
3100a Textbua. .
· · · · · · I'SO
5367 Ballade für eine Singstimme und
Oper in vier Aufzügen. einem
Vor- und Naduplel
Klavier.
· · · · · · · · I'SO
S369 Sdllu'dueH für zwei Singstimmen
6136 Klavierauszug mll Text, , , • , 20'-
6137 Texlbum , ' , • , . . . • " 1'50
und Klavier.
· · · · · · · · 2'- 6131 Wiegenlied der Eis. für eine Sing-
.timme und Klavier • • . . •• I'SO
Analyse IR- Sped11).
Das Spielwerk 6199 _ 2'-

Oper in eilM!m Aufxug


In Vorbereitung: ,
3770 Klavierauszug mit Texl • • . • • 15'-
3771 Textbum • • • • • • • • . •. I'SO Memnon
Operndimtung in zwei AkteIl
Der rote Tod
Frei nach E. A, Po e, Didltung in einem Akt Irrelohe
3289 Tex.lbua. , , • , , • . , , , . 1'50 Operndidlfung In drei Akten
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LE.:-, -. 6 __ ' Ihanat. An.alya (Dr. ~opold Schmidt) • . . . . . . Mark 1'-
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1920) sowie der Uraufführung in Darmstadt (Basisches Landestheater)
BERLINER TAGEBLATT: Zwdfello. eine der interessanteaten Neuerscheinungen
auf muaikaJ..ilchem ~bietc
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~~~;·n. 2. nun Hit' L1, wohl, werun S~
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flieder mit KlaDllr


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Zu belIehen durd! Jede Bud!· und muslkallenhandlunll
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(:Italien) :;,. W \!tats (Hililundl = 10 Ore (Skandlnauf,n) ::;;: It P",,, (a:'olbrlhllurfe~ .." Il:ellls _(alJl~1kG") ro
3. JallrgaJlU, Nummer 4 2. Februar-Hert 1921

INHAL T

Hugo Kauder ...... ...... Gedanken und Betraohtungen


.... P:f1.tJ8ners Streitsohri:t't (II)
Prof. Oscar Bie .. .............. Über Musik J8U schreiben
Guido M. Gatti ..•........... .. Sokrates" von Erik Satie
Dr. Paul A. PioJr: .. .. Dirigenten VII (W. Furtwängler)
H. 'W: Draber .. .................. " ..... , Aus der Schweiz

Glossen : .. Ikdar" von JoserGustavMraoo:ek vonMa:r


Broesike-Schoen; Meine Herren Operndirelctoren-von
.R.. S. Hoif'mann; Musik in Wien von .R.. S. Hoif'mann;
Preisa.usschreiben / Bespreohungen I Zu unserer Noten-
beila.ge I Neue Noten I Neue Bacher

Notenbei1&rTe: Ernst KanitJ8 Zwei Lieder: op.8 Der


leise Frühling. op. 9 Nr. 2 Ioh waohe nooh
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sprechen tordernd
und fördemd in allen Fragen der Musik
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH verfolgen da. je-
weilige Gesamtbild, sowohl hinsichtlich der musikalischen
Produktion, wie der internationalen Musikpllege
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH arbeiten für den ge-
wichtigen Nachdruck der künstlerisch reinen Absicht des
Komponisten, für die Entkleidung des Musikbetriebe.
seines rein geschäftlichen Charakters, für eint Veredlung
der Musikpflege überhaupt
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH bekennen sich, bloß
Podium für alle ernsten Bestrebungen in der Musik,
nicht zu Schlagworten irgendwelcher musikalischen Zu..
~ehörigkeit, wie Schule, Richtung, Clique als prinzipiellen
Gesichtspunkten, vielmehr lediglich zu Werten aufbauen..
der Qualität
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH wollen befruchtend
auf alle Musikintaess:ie:rtcn wirken/ seien sie Schaffende,
Ausübende, Genießende
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sind die energische
~u1Jung gegen die heutige Konvention im Musikhetrieb,
die Forderung nach dem Edlen und Bleibenden in der Kunst
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sthen es als ihre über
der Politik stehende wichtigste Aufgab. an, die durch den
Krieg zerrütteten Beziehungen der ewopäischen Völker auf
dem Umweg der Musik zu jener kulturellen Gemeinschaft
wieder aufzubauen, die seit je das einzig unverbrüchliche
Band innerer Zugehörigkeit gewesen ill
Schriftleitung: Ac1lntniatratioD.: \

Dr. Otto Schneider Universal.Edition A .•G.


Wien, I. Karlsplatz Nr, 6
Die t1Musikblätter des Anbruch erscheinen zweimal im Monat,
M

mit einer zweimonatlichen Sommerpause Ouli-September).


Der Abonnementspreis beträgt: Ganzjährig (mindestens 20 Hefte)
K 120·-(Mk.4S·-, FrCl. lS'-),halbjährig (mindestens 10 Hefte)
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Einzelbeftpreis K 7'- (Mk, 3'-, Frcs. 1'-)
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an Friedrich Hofmeister, Leipzig, Karlsstraße 10
für "Musikblätter des Anbruch u
DCCCCCDCCOOCODCCCCOCOCOCOCCOCDDDCDDDCCDDCDDCDaD
Alleinvertretung und Vertriebsstelle für die Schweiz:
Musikhaus Hüni, Zürich, Neumühle-Quai 10-12
3. Jahrgang NUJ2uuer 4- 2. Februar-Hen 192:1

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

CI/'/'gemeil1er i/'
................
..............-~_
re
GEDANKEN UND BETRACHTUNGEN ZU
PFITZNERS STREITSCHRIFT
,
Von Hugo Kauder, Wien
(Schluß)
Es besteht also kein Rangunterschied zwischen der Musik des Altertums und
der der Neuzeit, wohl aber ein tiefer Wesensunterschied : bedeutet diese den höchsten
Ausdruck schöpferischer Persönlichkeit, so war jene tönendes Abbild des Weltalls,
Gleichklang mit der Sphärenharmonie.
Die Weiterentwicklung unserer Musik strebt nun der Synthese jener Gegen,
sätze zu: die Musik muß die verloren gegangene Beziehung zum Kosmos wieder
finden, sie muß wieder Ausdruck der Weltenharmonie werden, ohne jedoch an
Individualisierung und Differenzierung zu verlieren. Charakteristisch für die moderne
Musik ist daher das Streben nach dem Unbegrenzten: Aufhebung oder vielmehr
schrankenlose Erweiterung der Tonalität, Ausschaltung alles Gedanklichen und Gegen-
ständlichen einerseits, des Architektonischen anderseits. Freilich muß dies alles einst'
weilen noch Stückwerk bleiben, indem die neuen Ausdrucksmöglichkeiten zuerst
jede einzelne für sich ausgebildet werden müssen, bevor sie sowohl miteinander als
mit allem vorher geleisteten synthesiert werden können. Daher haben die künstlerischen
Tendenzen der Gegenwart den Anschein des Zersetzenden und Destruktiven und
wer nicht genug weitblickend ist, kann, gleich Pfitzner, leicht für ein Zeichen von
Dekadenz und Impotenz nehmen, was in Wirklichkeit das Gegenteil bedeutet: den
Beginn einer großen aufsteigenden Entwicklung.

IV
.Das Kriterium des symphonischen Kunstwerkes liegt nicht in der nach fachlichen
Begriffen festzustellenden .Schönheit< der Faktur oder Erfindung, sondern in der
besonderen Art und dem Maße der Kraft, mit der dieses Kunstwerk Gefühls,
gemeinschaften zu bilden vermag. Das symphonische Thema soll also gar
nicht originell sein - auch die Beethovenschen Symphoniethemen sind dies keines..
weg.; es soll leicht faßbar und eindringlich sein, es soll gemeinschaftbildenden

69
Wert haben". Diese Äußerung Paul Bekkers (in dessen Schrift "Die Symphonie
von Beethoven bis Mahler 4') hat Pfitzners heftigsten Widerspruch herausgefordert:
er wirft Bekker vor, daß er das Wesen de.s Kunstwerkes in etwas außerha.lb
desselben Befindliches verlege; damit werde "die Musik aus der Musik heraus-
jongliert" und solcherart der Taientlosigkeit und Unfähigkeit Tür und Tor geöffnet;
Musik brauche hinfort weder schön noch originell zu sein. Hier geht Pfitzner zu
weit: denn Bekker sagt ja nur, die "gemeinschaftbildende Kraft" des Kunstwerkes
liege "nicht in irgend einer Eigenschaft dessen, was wir als Kunstwer k im eng er e n
Sinne zu bezeichnen pflegen"; das ist nicht so zu verstehen, als liege diese Kraft
außerhalb des Musikalischen; sie ist nur nicht von bestimmten musikalischen
Formen abhängig, sondern eignet schon dem bloßen Element der Musik: dieses,
als reine Bewegung und unmittelbarer Ausdruck des W e!twillens, ist übe r-
in d i v i d u e 11: daher können durch kein Medium so leicht Seelenschwingungen
sich fortpflanzen und auf andere übertragen wie durch die Musik; keine andere
Kunst bewirkt in solchem Grade Überwindung der Individuation, läßt uns der
Einheit alles Seins innewerden; solcherart ist also die gemeinschaftbildende Kraft
etwas der Musik Immanentes, in ihrem eigensten Wesen Liegendes.
(Bekker hat es nun freilich unterlassen, seinen Begriff der "gemeinschaftbildenden
Kraft" aus dem Wesen der Musik selbst abzuleiten, da ja wie schon gesagt seine
mehr literarische Ästhetik nicht ausreicht, das Reinmusikalische bis ins Letzte zu
erfassen - und so wird bei ihm auch dieser wichtige und wertvolle Begriff nicht
wirklich lebendig und fruchtbar).
Als Element ist Musik unbegrenzt und unendlich, irrational und überindividuell ;
in ihren Formen hingegen erscheint sie begrenzt und individualisiert; erst die In...
einsbildung dieser beiden Prinzipien ergibt das Kunstwerk. In ihm gibt der Künstler
sich an die Welt hin; in ihm setzt und behauptet er sich anderseits als Einzelwesen
der Welt gegenüber. So trägt denn das Kunstwerk einerseits die Gewähr der Fort-
wirkung in sich, anderseits die Möglichkeit des Mißverstandenwerdens : alles Schaffens
unentrinnbare Tragik. Die Kunst, gleich allem geistigen Streben der Menschheit:
ein Bauen an dem Turme, der bis in den Himmel hineimagen soll - aber jeder
der Bauenden spricht seine eigene Sprache, kann nie den andern vollkommen
verstehen, noch von ihm ganz verstanden werden, und so muß der Bau in alle
Ewigkeit unvollendet bleiben. Daher der immer wiederkehrende Fall des Miß-
verständnisses zwischen großen Zeitgenossen: der Große findet im eigenen Schaffen
Erfüllung und Vollendung seines Ich sowohl als der Welt - wie kann er da noch
Raum haben, das Schaffen eines anderen zu begreifen?
Wenn solcherart auch Pfitzner weder Verständnis noch Sympathie für Mahlers
Musik besitzt, so brauchte uns das, als eine der zahlreichen Wiederholungen
dieses Falles, nicht weiter zu beschäftigen; die bösen, gehässigen Worte aber, in
denen er seiner Abneigung gegen Mahler Ausdruck gibt (ohne dabei dessen Namen
zu nennen!) dürfen hier nicht unwidersprochen bleiben. Vor zehn Jahren erschien
aus Anlaß von Mahlers fünfzigstern Geburtstag eine aus Widmungen berühmter
Zeitgenossen bestehende Festschrift, die auch einen Beitrag von Pfitzner enthielt:
in diesem war allerdings nicht von dem schaffenden Musiker, sondern nur vom
Opernleiter Mahlet die Rede, der kurz vorher die "Rose vom Liebesgarten~ auf...
geführt hatte: der letzte Satz lautete: ,,1 n ihm ist Li e b e~. In seinem Buche da . .
gegen sagt Pfitzner über Mahler folgendes: "V C'Ili creator spiritus! Wenn das vorne

70
dran steht, ist's gut! Komm, du schöpferischer Geist! Wenn er aber nun nicht
kommt, was dann? . .. Das schadet nichts, denn wir wissen ja von Herrn Bekker,
daß die .gesellschaftbildende Kraft<, als ·höchste Eigenschaft des Kunstwerkes<,
außerhalb des Kunstwerkes liegt, also die Musik sein kann, wie sie mag." Pfitzner
weiß nicht, wie sehr er sich hier widerspricht: denn die "gemeinschaftbildende Kraft"
in Mahlers Musik ist ja nkhts anderes als die ewige Liebe, Spiritus creator.
Die Blindheit, in der Pfitzner seinem größten Zeitgenossen gegenüber befangen
ist, macht er doch anderen Großen zum Vorwurf: so begreift er nicht, wie Schopenhauer
Rossini ebenso hoch oder gar noch höher schätzen konnte als Beethoven und beklagt
es, daß Goeth. kein Verhältnis zu Beethoven, Weber und Schubert hatte. Wenn
Schopenhauer in der Musik das Heitere, Spielerische, Leichtflüssige bevorzugte, so
liegt dies nicht etwa, wie Pfitzner meint, in einer mangelhaften Bildung oder ein-
seitigen Richtung seines musikalischen Geschmacks, hat vielmehr seillen Grund
n.ur darin, daß er in der Musik den Gegensatz und die Ergänzung zu seinem
eigenen Wesen suchte. Musik ist ihm einerseits Abbild des Wesens der Welt, des
Willens; anderseits ist ihm der Kunstgenuß ein will e n los e s reines Anschauen,
Aufgehen, Hingegebensein ; das wars nun, was er suchte, und das konnte er nur
in einer rein apollinischen Musik finden. einer Musik, die nichts ist noch sein will
als" Welle und Spie1 l1 ; nicht aber in dionysischer Musik, die, aus gewaltiger Er. .
regung des Willens entsprungen, auch den Willen des Hörers bis ins tiefste bewegt.
Daß Goethe sich den größten Musikern seiner Zeit, vor allem Beethoven, ver ..
schloß, wird fast immer auf Zelters Einfluß zurückgeführt; auch Pfitzner teilt diese
Meinung und ergeht sich in maßlosen Beschimpfungen Zelters, nennt ihn einen
"boshaften Simpel" und "faulen zähnefletschenden Kläffer", der geflissentlich alles
Bedeutende von Goethe fern gehalten habe. Es lag indessen in Goethes eigenem
Wesen begründet, daß er sich notwendig von Beethovens "ungebändigter
Persönlichkeit ll abwenden mußte: er, dessen Lebens .. und Kunstideal die Klassik
war, konnte sich zu diesem Ideal nur durchringen, indem er den Romantiker in
sich überwand: so konnte ers natürlich nicht ertragen, wenn das, was er in sich
selber stets bekämpfen mußte, um zu der ersehnten Harmonie zu gelangen, nun
von außen an ihn herankam. Und so bedurfte es gar nicht erst einer Beeinflussung
durch Zelter, der übrigens, so wenig er auch Beethoven wirklich erfassen konnte,
doch seinen Rang erkannte, ihn auch persönlich sehr hoch achtete ("ich bewundere
ihn mit Schrecken" schrieb er einmal an Goethe). Bezüglich Zelters sei, Pfitzners
Herabsetzungen gegenüber, I!ur ganz nebenbei bemerkt, daß sein Briefwechsel mit
Goethe nicht etwa nur durch Goethes Persönlichkeit Wert und Interesse gewinnt:
vielmehr geben Zelters Briefe einen originellen und höchst lebendigen geist- und
charaktervollen Menschen zu erkennen, als Architekt und Musiker wohl nur Hand ..
werker, dies aber im besten Sinne; bei all seinen Derbheiten und kleinen Be..
sdlränktheiten doch von Ehrfurcht, Liehe und Verständnis für Kunst und Kunstwerke
erfüllt; darüber hinaus von vielseitiger Bildung und großer, aus lebendigster An-
schauung gewo~nener Weltkenntnis; er war, wenn auch auf viel tieferer Ebene,
Goethe in manchem wesensverwandt und seiner Freundschaft durchaus würdig.

V
Pfitzner sieht in Deutschlands politischem Zusammenbruche ein Zeichen für das
nahende Ende der deutschen Kunst. Mit Unrecht: denn nicht deutsche Kultur und

71
Geistigkeit sind in diesem Kriege vernichtend geschlagen worden, sondern nur eine
unwahre geistesfeindliche Zivilisation. Und wenn Nietzsche in prophetischer Vor...
ahnung im deutschen Siege von 1871 die Gefahr einer " Niederlage, ja Exstirpation
des deutschen Geistes zugunsten des ",Deutschen Reiches .. •• erblickte, so wollen
wir nunmehr hoffen, daß der Zusammenbruch des ungeistigen deutschen Staates
Vorbedeutung und Vorbedingung sei einer geistigen Erneuerung des deutschen
Volkes. Hier ist nicht der Ort, diesen Gedanken weiterzuverfolgen; in der
D eu tschen L ehre von R udolf P ann witz" ist den Deutschen der Weg gewiesen
zur Erfüllung ihrer Sendung: der Wiederaufrichtung des wahren Deutschen Reiches
als eines Reichs des Geistes.
Die erste Voraussetzung solcher Erneuerung ist aber, daß das deutsche Volk
wieder auf seine Großen höre: denn alle Erneuerung kann immer nur von
schöpferischer Lehre und Tat großer Einzelner kommen; im heutigen Deutschland
aber gleicht der große Schöpfer, er sei Künstler. oder Denker, dem Rufer in der
Wüste: er bleibt vereinsamt und unerkannt.
Nun ists wohl leicht, ihm zu sagen: er soIle, unbekümmert um die Beachtung
und das Urteil der Welt, schweigend seinen Weg gehen und allein in seinem
Schaffen Genüge finden. Das tut er ja ohnehin, so lang er schafft. Aber in den
Aug~nblicken, da der Genius von ihm gewichen ist, ist er nur Mensch; nun ver ...
langts ihn nach Bestätigung, nach Widerhall und Fortwirkung; was er in seinem
Werke liebend hingegeben, n1.öchte er auch mit gleicher Liebe aufgenommen wissen.
Und die Antwort, die ihm nun wird? Unverstand und U f1gerechtigkeit, ja sogar
Haß oder, das schlimmste von allem: eisiges tötliches Schweigen. Wer hat das
Recht, den zu verurteilen, der solches nicht ertragen kann noch will? Denn auf
die Dauer konnte es selbst jener Größte nicht, der in seiner tiefen Vereinsamung
das wundervolle königliche Wort sprach: "ich erwähle mir eure Ungerechtigkeit als
den mir zugemeßnen Teil« - auch er mußte schließlich zusammenbrechen.
Und so trifft auch Pfitzner, dem Verbitterung und Ressentiment die vorliegende
Streitschrift erpreßten, nur die kleinere Schuld: die größere, schwerere trifft eine
Mitwelt, die ihren Besten zu solcher Verbitterung Anlaß gibt.
Bleibt zum Schlusse nur noch der eine Wunsch: Plitzner möge uns durch ein neues
Kunstwerk, die Welt ihn durch dieses Werkes Aufnahme und Fortwirkung sein
letztes Buch vergessen machen.
o 0

ÜBER MUS I K z u SCHREIBEN


Von Prof. Oscar Bie, Berlin
Über Musik zu schreiben ist eigentlich unmöglich. Ich habe doch eine gewisse
Erfahrung darin und kann bis heute nicht sagen, wie man das am besten macht.
Ja natürlich für Musiker kann man schreiben, indem man sich fachlich ausdrückt
und technische Dinge schildert. Ungefähr so, wie es in den Programmbüchern geschieht.
Aber wer hat davon etwas? Der Musiker kann sich von selbst erklären, was da
geschrieben steht, und für das allgemeine Publikum ist es meistens langweilig und
unklar. Es wäre ungefähr so, wie wenn man zu einer Gemäldeausstellung ein Programm
+- Rudolf Pannwitz, Die Deutsche Lehre. Verlag Hans Carl, München.. Fe1dafing 1919.
ausgäbe, in dem über die Verteilung und Mischung der Farben eine technische
Erklärung gedruckt wäre. Nein, es ist nicht einmal so. Denn bei der Malerei liegt
erstens eine dauernde Beziehung zur Wirklichkeit vor und zweitens ist das Niveau
der Bildung viel höher. Die Musik ist dagegen eine Kunst, die nur in einem
geschlossenen Kreise von wirklich musikalischen Menschen ganz verstanden wird
und die außerdem in einer Welt für sich lebt, die mit der Realität fast nichts
gemeinsam hat. Was soll man also machen?
Über das Fachliche wird wenig zu reden sein. In den Programmbüchern ist es
gänzlich an falscher Stelle. Es tut gelehrt und lenkt die Leute nur von der Musik
ab. Wo es an rechter Stelle ist, wird es ganz in der Sache aufgehen und mit der
Schriftstellerei als Kunst nicht wetteifern.
In dem Augenblicke aber, wo der Schriftsteller auch nur die geringste Neigung
verspürt, nicht bloß Mitteilungen zu machen, sondern das, was er zu sagen hat, in
eine selbstä-ndige Form zu bringen, wird er sich überlegen müssen, wie er die Suggestion
herstellt. die seine Aufgabe ist. Künstlerisch schreiben, wenn es kein Dichten ist, das
heißt, wenn es Belehrungen oder Schilderungen enthält, wird darauf ausgehen, statt
nackter Tatsachen Stimmungen, Atmosphären, Assoziationen zu geben, durch die
der Gegenstand indirekt dem Leser so übermittelt wird, daß er ihn durch die Tätigkeit
seiner eigenen Phantasie sich gewinnt. Das ist das Wesen des Essais. Er findet die
Umwege der Mitteilung. Irgendwie durch seinen eigenen Aufbau, durch ein Mitklingen
verwandter Dinge, durch eine Übersetzung der Wirklichkeit in die Persönlichkeit
des Schriftsteners, wirkt er auf den Leser so, daß dieser durch das Objektiv des
Schriftstellers die Tatsache in einer Einstellung sieht, die ihn reizt, sie zu seiner
·eigenen umzuwandeln.
Der musikalische Essaist hat nun viel größere Umwege zu machen als der malerische
und poetische. Er spricht von Dingen, die in sich geschlossen sind, fast Dinge einer
Zunft. die sich sofort versteht, wenn man von gewissen Modulationen oder Rhythmen
spricht. Musiker untereinander s0lagen ein paar Töne auf dem Klavier an, lächeln
einander zu und wissen gleich, was sie meinen. Würden sie dies aufschreiben, so brauchten
sie viele Seiten zur Erklärung einer Angelegenheit, die hier im Augenblick zwischen
Verstehenden erledigt ist. Es gibt naive Schriftstener, die wirklich solche Seiten
aufschreiben, sie erreichen damit statt einer Belehrung eine solche Ermüdung, daß
sie den Leser vollkommen verlieren. Es muß ein Verhältnis sein zwischen der Mitteilung
selbst und dem Format, in dem sie gegeben wird. Das Format darf nicht größer sein,
als die Energie der Mitteilung verträgt. Das ist das künstlerische Gefühl. Künstlerisch
und dabei doch im höchsten Sinne praktisch. Weil durch die Umsetzung der Tatsache
in die Schriftstellerei, wenn sie gelingt, der Zweck schneller und tiefer erreicht wird,
als sonst. Die Umsetzung musikalischer Begriffe in assoziative ist hier die Frage.
Das Geläufigste ist eine Übersetzung des Akustischen ins Optische. Man sieht
den Gang eines Musikstückes seine Kurve vollenden. Aus Skalen werden Linien,
aus Intervallen Sprünge, aus Harmonien Bauten, aus der Polyphonie ein Gewebe,
aus dem Klang eine Farbe. Wie soll ich einen C dur-Dreiklang beschreiben? Wie
soll ich diese merkwürdige Wirkung schildern, die das C E G ausübt, die mir so
ganz klar ist und doch so ungreifbar bleibt für eine Übermittlung? Unwillkürlich
setzen wir optische Tatsachen dafür ein; wenn wir in künstlerischen Büchern über
Musik lesen, finden wir fast gar keine akustischen Formeln, sondern alles wird, je
.deutlicher es sich darstellen will, desto eifriger ins Sichtbare übertragen. Hier liegt

73
ein natürlicher Mangel der Sprache vor. Das sind die Schwierigkeiten des Musik...
schriftstellers. Nicht nur seine Kunst ist sehr zünftig. sondern auch seine Sprache leidet
unter dem Mangel akustischer Wortbildungen. Um zu sprechen, muß er extensiv
werden. Er muß das feine Gehör in die brutale Sichtbarkeit auflösen, um sich ver...
ständlich machen zu können. Jetzt ist er in der Verlegenheit, die Wirkungen seiner
eigenen Kunst dauernd durch die einer fremden ersetzen zu müssen. Er schreibt
über Musik wie über eine Art Malerei. Wer weiß, ob er nicht dadurch die Programm-
matiker unwillkürlich stärkt.
Oder er schreibt über die Musik wie über eine Art Dichtung. Das ist der zweite
Fall. Statt musikalische Vorgänge zu .schildern oder zu kritisieren, ersetzt er sie durch
poetische Inhalte, die sie gar nicht zu haben brauchen, durch lyrische und dramatische
Formen, denen er sie durchaus annähert. Er verstößt damit ebenso gegen das Wesen
der Musik, wie bei der malerischen Methode. Das ist ja ehen nicht Begriffsdichtung,
nicht Gefühlslyrik, die auf ganz bestimmte Erscheinungen unserer Umwelt reagieren t
sondern es ist doch Musik, die viel ursprünglicher ist, als aUe die kleinen Sorgen
unseres Lebens. Der SchriftsteUer, wenn er künstlerisch ist, weiß das aIles
und muß doch die Musik in jeder Zeile immer wieder herabziehen, um sie vor seinen
Lesern glaubhaft zu machen. Er gibt ihren Sätzen scheinbare Überschriften, ihren
Inhalten scheinbare Vorgänge, ihrer Lyrik legt er ein Gedicht unter, ihrer Dynamik
ein Drama, und weiß doch, daß sie viel elementarer ist und viel undifferenzierter.
Er anthropomorphisiert die Götter, um sie den Menschen verstehen zu geben.
Er leidet überhaupt, wenn er ein Künstler ist, der Künstlerisches nachempfindet,
an dieser dauernden Methode des Substrats. Am liebsten führt er seine Kunst (und
das ist der dritte Fall), in jene Regionen zurück, wo sie sich nicht einmal in Musik
oder Malerei oder Dichtung gespalten hat, sondern noch im Menschen selbst als
moralische Regung, als Wille zur Äußerung, zur Wirkung festsitzt, noch ein Teil
seiner reinen Lebensenergie geblieben ist, also biologisch zu werten ist. Die Zurück...
führung musikalischer Dinge ins Biologische, ihre Deutung als Zeichen des Charakters,
als Lebensquell und Lebenswendung, als unverdorbener, ungeschliffener Ausdruck
seelischer Potenzen, als moraIisches Bekenntnis, als vitale Kraft ist psychologisch
ebenso tief und wahr, als sie ästhetisch einseitig und gefährlich ist. Man kann damit
wichtige Strecken eines Lebens und Schaffens beleuchten, man kann nicht das Werk
und seine vorhandene Form und Geltung erklären. Wenn ich die Eroica als biologisches
Phänomen auffasse, habe' ich schließlich auch nicht mehr gesagt. als wenn ich sie
als Malerei oder Dr~ma erkläre. Aber es reizt, um einmal ihre Tiefe zu gewinnen,
sie einmal' als Produkt einer Kultur zu verstehen. Man streckt die schreibende Hand
gern hinüber in diese Kulturkreise der Musik, wiederum um Intensität durch
Extensität zu ersetzen. Zieht Inan sie zurück, ist man erst recht in der alten
Verlegenheit, um die Musik herum geredet zu haben, die den Schriftsteller anzuflehen
scheint, sie selbst zu verschonen. Dann wirft er die Feder weg und spielt Klavier.
Ich stand an einer Stelle, wo man gewohnt war, trocken über Musik zu schreiben
und zu lesen. In Literatur und Malerei erzogen, übertrug ich unwillkürlich jene
Bildung auf diese Kunst. Ich litt unter den Umwegen. Aber ich tröstete mich damit,
so wenigstens dem Ziele näher gekommen .zu sein, als auf direktem Wege, der
versperrt ist. Ich schlug Brücken, auf denen Begierige gehen konnten. Echo kann
man nicht sagen. Nicht schreiben. Nur smgen und spielen.
c c

74
"S 0 K RAT E S" VON E R I K S A T I E
Von Guido M. Gatti, Turin
Als ich mich vor einiger Zeit mit den Werken dieses französischen Komponisten
beschäftigte, sprach ich von seiner "dritten Kompositionsmanieru. Ieh dachte damals,
ohne es direkt auszusprechen, daß dies seine letzte und definitive Kompositionsweise
wäre. Darauf brachten mich nicht nur Analogieschlüsse, sondern vor allem das
gen aue Studium des Entwicklungsprozesses der Musikalität Saties, die entschieden
in seinen letzten, ausschließlich im ] ahte 1918 erschienenen Werken einer gewissen
Vollendung entgegengeht. Nicht ohne Überraschung habe ich daher den "Sokrates"
studiert, ein Werk, das in einer n1usikalischen Seance der Fürstin Edmond von
Polignac letzthin in Paris aufgeführt wurde und mit deln sich alle Kritiker dies. .
und jenseits der Alpen ausführlich beschäftigt haben.
Ohne Zweifel kann der "Sokrates U weder mit den 11 Trols valses du precieux
degoute", noch mit den "Morceaux en forme de poire u oder den "Pieces froides u
verglichen werden; er reiht sich vielmehr an die ältesten Werke der Satieschen
Kunst an, die "Sarabanden", "Gymnopädien u und "Gnossiennes", Werke der Jahre
1887-1890, welche ich seinerzeit als Schöpfungen seiner "ersten Manier" zusammen. .
faßte. "Sokrates" schließt also den Zirkel genau an dem Punkte, von dem Saties Schaffen
ausgegangen war, ein in der Musikgeschichte übrigens nicht seltener Fall. Die 40 Jahre
sind zwar sichtlich nicht spurlos vorübergegangen: Wenn der "Sokrates ll auch in
der Ästhetik - ich möchte lieber sagen, im Ethos - der "Gymnopädien u geschrieben
ist, bietet er uns doch neue Gesichtspunkte und läßt die charakteristischen Eigenarten
des Komponisten deutlicher hervortreten.
Für den, der genaue Daten liebt, füge ich hinzu: Erik Alfred Leslie Satie wurde
geboren in HonfIeur am 17. Mai 1866. Seine Mutter war eine Schottin. Er studierte
einige Zeit am Pariser Konservatorium, aber m.it solcher Unlust, daß ihm diese Zeit
keine Früchte brachte. Er spielte jedoch fleißig Orgel in den Kirchen der Hauptstadt
und seiner Heimat, der N ormandie, und diese Betätigung, die Vorliebe für die
"Königin der InstrumenteU, sowie das ganze geheimnisvoU ..mystische Milieu, ließ
Spuren in den meisten Werken des Komponisten zurück. Er war wie Peladan
Okkultist und Dämonist. Mit 45 Jahren besuchte er einen Kurs an der "Schola
Cantorum"", als dessen Ergebnis zwei "Schulsammlungen" mit vielen Beispielen im
fugierten Stile erschienen sind. So paradox es auch scheinen mag, auf eine Verwandtschaft
der Musik Saties mit jener der Musiker der alten Schule hinzuweisen, so gibt es
doch mehr als einen Berührungspunkt zwischen seiner Kompositionsweise und
der Vincent d·Indy·s. - Zum Schlusse: Satie lebt in Arcueil, antwortet nicht auf
Briefe, kümmert sich wenig um die Außenwelt und brummt über vieles in seinen
Spitzbart. Das dürfte für die Chronik genügen.
Das symphonische Drama "Sokrates" beleuchtet drei Lebensabschnitte des griechi . .
:s.chen Philosophen, welche mit den Worten der Dialoge des Platon erzählt werden.

75
(Die französische Fassung stammt von Victor' Cousin und ist in ihrer Einfachheit
sehr harmonisch.) Im ersten Abschnitt (Gastmahl) ist Alkibiades der Lobredner
Sokrates', welcher zum Schlusse selbst eingreift; der zweite Abschllltt (Phädrus)
behandelt den Dialog zwischen Sokrates und Phädrus an den Ufern des llyssus; im
dritten (Phädon) erzählt uns Phädon den heiteren Tod des Philosophen.
Satie wollte vor allem eine Musik schreiben, welche die klare, weitausholencle
Linie der Platonischen Dialoge widerspiegeln sollte; er stellte die drei Bilder trotz
des Titels "symphonisches Drama" nicht in dramatischer Form dar und wollte auch
keine musikalischen Übersetzungen der drei Lebensmomente des Sokrates geben.
Denn in diesem Falle (besonders bei der Erzählung des Todes des Philosophen)
hätte er alles darangesetzt, um die dramatische Vision oder den umgebenden Hintergrund
oder andere Einzelheiten musikalisch auszudrücken: er hätte vor allem die Worte
Platos als Richtschnur genommen, um sie in ihrer Intimität zu beleben. Satie hat
jedoch den Text Platos schon als den idealen und unübertrefflichen Ausdruck der
drei Lebensabschnitte des Sokrates angenommen und alle Mühe nur darauf verwandt,
eine Musik zu schaffen. die diesen Text derart unterstreicht, daß er in seiner ganzen
leuchtenden Schönheit erstrahle. Die Person ist hier nur ein rezitierender Geschichts . .
schreiber: aber sein Ausdruck ist der eines Menschen, der das Ereignis schon mit
der universellen Vision der Dinge betrachtet. und deshalb unterwirft er sich auch nicht
mehr den VeränderIichkeiten der Handlung, sondern verläuft heiter und in gewissen
Momenten kühl und objektiv. Wenn auch gelegentliches Erschauern oder manche
Betonung die innere SeeIenbewegung verrät. faßt er sich doch wieder sofort: gegenüber
der Ewigkeit und der Unermeßlichkeit des menschlichen Pathos ist jede Leidenschaft
nur ein leichtes Gekräusel der Oberfläche, vergänglich und beinahe unmerklich.
Der symphonische Kommentar ist nichts anderes und will nichts anderes sein,
als die Unterstützung des Wortes. Selbst wenn die Vorstellung des szenischen Bildes.
welche das Wort wachruft, ihn in Versuchung führt, das Szenenbild musikalisch zu
illustrieren, selbst nur mit elnigen wenigen, flüchtig hingeworfenen Strichen, widersteht
er, um die ästhetische Einheit des Werkes nicht zu durchbrechen. Eine Einheit,
welche - wir dürfen und wollen es nicht verschweigen - manchmal in Monotonie
ausartet; die Natur der dramatisch . . rezitativischen Form - eine Folge des an und
für sich spekulativen Sujets, das eben deshalb unveränderliche und statische Mensch-
lichkeit verrät - mußte notwendigerweise zu einer Monotonie des Musikalischen
und der äußeren Linie führen, zu einem Zurückgreifen auf Vorlagen und Harmonien,
die schließlich ermüden. Aber sicherlich dürfen wir das Werk nicht beurteilen, ohne
uns um seinen Charakter zu bekümmern. Von einem höheren Gesichtspunkte gesehen,
von einer philosophisch . . pIatonischen Warte, verläuft auch das Leben in seiner breiten
Linie langsam und einförmig und alle Farben und Affekte, welche kaleidoskopartig
einander zu folgen scheinen, müssen im Auge des philosophischen Betrachters beinahe
in einer einzigen Farbe zusammenfließen, welche die Einheit in der Verschiedenheit
hervorgebracht hat.
Im Grunde ist der religiöse Geist - religiös, natürlich. in der weitesten Bedeutung
des Wortes - der in den "Ogires U und den "Sarabanden ll vorherrscht. gerade das,
was dieses letzte Werk belebt. Satie gewann seine ersten, lebhaften Eindrücke in
der alten Kirche der heiligen Katharina in Honfleur: in der Stille der gotischen
Kirche. als einsames, verlassenes Kind von acht Jahren. vor dem Orgelmanua1e, bei
dem f.thlen Glanze der Orgelpfeifen, mit einer Seele, die in weite Fernen schweift~

76
sich verlierend in der langsamen Auflösung der liturgischen Harmonien. Diese
Atmosphäre von Mystizismus und nirwanischer Heiterkeit, geschwängert vom Dufte
der großen Blüten des Gregorianischen Gesanges, kehrt wieder im "Sokrates" nach
einer Zeitspanne von 40 Jahren; die Auswahl des Sujets bestätigt uns das Wiedlfr...
erwachen jener Tendenz, idealistisch bis zum Transzendentalen, welche Satie ebenso weit
vom Verismus wie vom Impressionismus trennt. Die oft behauptete Vorläuferschaft
Saties gegenüber Debussy reduziert sich auf eine gewisse harmonische Analogie rein
formaler Natur, ist daher von geringer Bedeutung. Der Geist der beiden Komponisten
ist jedoch sehr verschieden. Der Irrtum in der Einschätzung jener beiden Verwandt...
schaften beruht meiner Meinung nach darin, daß die heiden eine Zeit lang Seite an
Seite gegen das veristische Melodram und das Wagnersehe Drama kämpften: es
sind also Verwandtschaften mehr negativer als positiver Natur.
Die moderne und leichte Polyphonie des französischen Komponisten ziellt deutliche
Konstruktionslinien und schafft gleichzeitig den Rahmen für eine auserwählte und
reizvolle Klangfülle, durch welche sich unser Künstler auszeichnet: wenn man Debussy
den Diclter kleiner Genrebildehen nennen könnte, wird man nicht umhin können,
in der Musik von Erik Sat:e - und ganz besonders im "Sokrates« - den Reflex
eines welten, universellen Lebens und die Einfachheit des Weltweisen wiederzufinden.

D I R I G E N T E N
VII
Wilhelm Furtwängler
Von Dr. Paul A. Pisk, Wien
Seit Furtwängler lVIannheim verlassen hat, leitet er neben Orchestern im Auslande
nicht nur die Konzerte des Tonkünstlerorchesters in Wien, sondern a .... ch die :Museums . .
konzerte in Frankfurt und wurde außerdli:m kürzlich als Nachfolger von Richard
Strauß zum DirJgl"nten der Symphoniekonzerte des Berliner Staatsopernorchesters
gewählt. Seln Name klingt also in drei Städten, die in ihrer Art Zentren des Musik...
lebens in Deuts hland sind: dies allein würde genügen, um für seine Künstle-rschaft
zu zeugen. Trotzdem wüd, besonders in Deutsc.hland, das Bedeutende und Neue
seiner künstlerischen Ausdrucksart von einem Teile der Öffentlichkeit verkannt und
seine Person steht oft im Mittelpunkte kritischer Debatten.
Unsere Zeit, in der ein übertriebener Individualismus in künstlerischen Fragen
Platz gegriffen hat, sucht beim Dirigenten vor allem die "Persönlichkeit worunter
ll
,

gemeinhin bloß eine "Manier verstanden wird. Wenn nun bei manchen Künstlern
ll

gewisse Äußerlichkeiten immer wieder zu bemerken sind oder technische Eigenheiten


auffallen, werden diese für das wesentliche gehalten und darin die "Persönlichkeit"
gesehen. Fe1ix Weingartnel' zum Beispiel, dessen Arm . . und Fingerhaltung schon von
weitem kenntlich ist. gilt als solche und noch manche andere Dirigenten machen es den
Hörern leicht, ein abschlIeßendes und charakteristisches Bild zu prägen.
Bei Furtwängler wird diese Art des Urteiles vor allem dadurch erschwert, daß
er durchaus von dem Gerste eines re pro cl uz i e ren cl e n Künstlers beseelt 1st. Er
ist sich zwar dessen bewußt, daß Cl' das Werk unter seinen Händen nachschafft,
läßt aber seine Person stets hinter der des I\omponisten zurücktreten, den er möglichst

77
rein und stilgerecht dem Hörer nahebringen will. Dieser Auffassung entsprechend
schwankt auch seine äußere Zeichengebung für dynamische Schattierungen je nach
dem Komponisten, den er interpretiert, und läßt sich daher schematisch nicht fassen.
Dazu kommt, daß Furtwängler nicht durch Eleganz der Bewegungen besticht, im
Gegensatze zu Artur N ikisch, mit dem er anderseits manche Züge gemeinsam
hat. Rein technisch genommen geben beide durch ganz weiche, völlig losgelöste
Bewegungen dem Orchester die Möglichkeit, sich klanglich zu entfalten, ohne die
Spitzen und Ecken des Rhythmus, die Taktteile, zu markieren. Bei Furtwängler
ist jedoch zum ersten Male der Orchester klang keine fixe, durch die Instrumentation
der Komposition bestimmte Größe, sondern ein variabler Faktor, den der Dirigent
im Geiste des Werkes, Takt für Takt neu gestalten muß. Daher gibt es für ihn
auch keine absolut gut oder schlecht instrumentierten Stücke, sondern die gewöhnlich
als "schlecht gesetzel geltenden Werke müssen, auch ohne Retouchen in der Partitur,
durch Neufärbungen zu gutem Erklingen gebracht werden. Ein Akkord verändert
sich klanglich oft vollständig, wenn sein Baßton etwas verschärft wird, oder etwa
vorhandene dissonierende Mittelstimmen differenziert werden. Versuch einer
Gestaltung in diesem Sinne erfordert also genaueste Konzentration auf dynamische
und rhythmische Details jeder Orchesterstirnrne.
Wenn einmal die orchestertechnischen Vorbedingungen gegeben sind <es gibt ja
heute in den großen Städten kaum mehr Konzertorchester, die so unzulänglich sind,
daß sie durch Probenarbeit nicht wenigstens die manuelle Seite des Kunstwerkes
bewältigen könnten), muß dann die weitere und endgültige Ausgestaltung des Werkes
durch den Dirigenten erfolgen. Furtwängler erreicht diese größtenteils durch seinen
suggestiven Einfluß. Dazu ist natürlich souveränste Beherrschung des Kunstwerkes
notwendig. Furtwängler dirigiert im m er auswendig, völlig frei, auch wenn die
Partitur auf dem Pulte liegt, da sich nicht nur seine Hand, sondern auch sein Auge
mit jedem einzelnen Instrumente und jeder Stimmführung beschäftigt. Nur so kann
er mit dem Orchester frei musizieren, wie ein Solist auf seinem Instrument, in
jenem großen Rubato, das die Lösung von der taktischen Gebundenheit bedeutet,
und das erst die Komposition von den Fesseln der Materie befreit.
Wenn dieses Nachgeben im Kunstwerke begründet liegt, folgt jeder Orchester-
musiker dem Führer mit Hingebung und Freude, da auch er die innere Richtigkeit
solcher Interpretation intuitiverfaßt. Gegen die Natur des Werkes etwas zu verlangen,
wäre auch beim besten Orchester der Welt fast unmöglich.
Selbstverständlich sind hier unter dem Rubato nicht willkürliche T ernporückungen
verstanden, sondern der freie Aufbau des Werkes; jedoch muß jeder Abschnitt
organisch mit dem vorhergehenden verbunden und mit dem folgenden in Zusammen-
hang gebracht werden; Steigerungen gilt es sorgfältig vorzubereiten, auf daß der
Hörer von Anfang bis zum Ende unter dem Banne eines mit zwangvoller Folge-
richtigkeit verlaufenden musikalischen Geschehens steht, welcher allein ein Verständnis
des Kunstwerkes ermöglicht. Deshalb kann Furtwängler auch nur solche Werke
bringen, deren innere Architektonik ihm bewußt und zwingend wurde, und deren
Geist er sich durch angestrengtes Studium völlig zu eigen gemacht hat. Hiedurch
erklärt sich, daß Werke, denen oft Erfolg versagt war, unter Furtwänglers
Leitung tiefe Wirkung erzielten, wie zum Beispiel Mahlers H. Symphonie, die auf
das so konservative Publikum der Berliner philharmonischen Konzerte nachhaltigen
Eindruck machte.

78
Furtwängler weiß, daß die "Unverständlichkeit" und damit manche Mißerfolge
moderner Werke zumeist in unzulänglichen Aufführungen begründet liegen. Darum
hat er sich mit seiner ganzen Kraft und seinem Können für Schönbergs "Pelleas
und Melisande~ eingesetzt, die symphonische Dichtung, der nicht nur zur Zeit ihres
Entstehenst sondern noch heute ein großer Teil der "Kritik" nicht bloß ablehnend,
sondern sogar feindlich gegenübersteht. Von anderen neueren Komponisten steht
Furtwängler außer Mahler noch Bruckner besonders nahe, den er romantisch im
Sinne Wagners auffaßt und speziell im Hinblick auf die Klangfarben des Orchesters
gestaltet. Seine Interpretationen der Klassiker nehmen Mozarts Symphonien die
gewöhnlich falschlieh hineingelegte tändelnde Grazie und schenken ihnen dafür Tiefe
und blühenden Klang. Auch Schuberts C dur-Symphonie erreicht bei der Wieder-
gabe durch Furtwängler eine Tiefe, die in manchem trotzigen Aufbäumen an
Beethoven gemahnt. Am besten zeigt sich aber die bedeutsame Ge~taltungsart
unseres Künstlers bei der Wiedergabe der heute leider bis zur Unkenntlichkeit
abgehaspelten und ausgeleierten Beethovenschen Symphonien. Abgesehen davon,
daß beispielsweise das Gewaltsame der Eroica, die Verträumtheit der Pastorale (bei
diesem Werke hört man geradezu ein zarteres und feineres Klingen als sonst). das
Glanzvolle der VI!. Symphonie oder gar das Übermenschliche der Neunten bei Furt-
wängler dem Hörer nicht nur Ahnung, sondern Wissen wird, erreicht hier sein
Nachschaffen jene tieferen übersinnlichen Kräfte, welche in diesen Werken walten.
Auf dem Wege. den Furtwängler beschritten ~hat: in unserer kuItuTzerrissenen
Zeit wenigstens einem kleinen Kreise Strebender llt'ue Ausblicke zu geben, geht er
stetig und unbeirrt weiter; nicht Zustimmung. Dicht Ablehnung können ihn davon
ablenken. Er weiß, daß die menschliche Natur auch itn Drange modernen Lebens
Rückhalt und Ruhepunkt findet in Spiegelungen künstlerischer Schöpferkraft.
c c

A u s D E R s c H w E I z
Von H. W. Draber, Zürich
Die ganze musikalische Schv.reiz war während der ersten Hälfte der Winter ...
saison auf die Feier von Beethovens 150. Geburtstag eingestellt. Kein Wunder!
Dem schwerblütigen Deutschschweizer geht die tiefernste Natur der Beethovenschen
Muse besonders nahe ans Herz und Gemüt. Bach, Beethoven und Brahms sind
seine drei obersten Götter in der Musik; alle anderen, selbst Mozart, ehrt er, aber
die rechte warme Liebe kann er für sie nur in vereinzelten Fällen aufbringen. Das
Schwere, Wuchtige, Kraftvoll-urwüchsige, das unbedingt Gefühlvoll-gewaltige erst
erfaßt ihn ganz. Seltsamerweise erkennt er nicht klar den großen Abstand zwischen
Bach und Beethoven einerseits und Brahms anderseits. Der große Gefühlsirreführer
Brahms hat den Nordschweizer bezwungen und hält ihn noch immer in unlösbaren
Fesseln. Ob es auch hier noch einmal dämmern wird, wie es anderswo schon
lange dämmert und zum Teil bereits zur hellen Erkenntnis geführt hat? Vorläufig
wohl nicht; und wer hier in der Schweiz es wagt, Brahms nicht für voll anzusehen,
gilt mehr oder weniger als Ketzer.
Aber diesmal ist die Beethovenwelle so mächtig gewesen, daß alles andere da_
gegen in den Hintergrund getreten ist. In Be r n, wo der prächtige, zackige und
grimmig. . temperamentvolle Fritz Brun den Taktstock führt, wurde schon am 1. und

79
2. November mit den Beethoven-Ovationen begonnen. Die Coriolan.. Ouvtrtüre und
die Neunte als Orchestcrwerkc, das Quartett und der Gefangenenchor aus "Fidelio"
sowie der "Elegische Gesang" für Solostimmen und Orchester standen dazwischen.
Ein w:uchtiges Programm, das muß man schon sagen! Am 23. November, als
Fortsetzung neben Werken anderer Komponisten. Beethovens Siebente. Am
14. Dezember in der Kammermusik Quartette und das Trio Op. 70.
In Z ü r ich zog man noch schwereres Kaliber heran: Die Missa soIemnis, die
Neunte (als einziges Werk eines Programms) und ein Konzert mit der D dur..
Symphonie, dem Tripelkonzert (Herren P. O. Möckel, Klavier, W. de Boer,
Violine, Fr. Reitz, Cello: ein treffliches Ensemble) und die C moll-Symphonie. Hier
war Dr. Volkmar Andreae der begeisterte und begeisternde Führer, der bei allen
Werken einzig und allein auf die große Linie und die grandiose Wirkung ausging
und diese auch vollauf erreichte. Seit Fram Wüllner habe ich derartig monumental
angelegten Beethoven nicht mehr gehört. Sympathisch unsentimental, frei von
tropfendem Gefühl, dennoch empfindungsvoll in den feineren Details und von
einer grenzenlosen Liebe zum Werk und Meister getragen. Das herrliche Solo ..
quartett der l\'1issa - wann kann man einmal von einem solchen sprechen? -
darf nicht verschwiegen werden: Gertrude F ö r s t el, lIona Du ri g 0, Karl Erb und
Paul Ben der. Im Stadttheater der "Fidelio", festlich gestaltet durch die Mitwirkung
des Gemischten Chors Zürich und des Lehrergesangvereine,s, was rund 500 Chor..
stimmen bedeutet. Der Klang war überwältigend.
In den anderen, kleineren Musikstädten der Schweiz - welche Stadt in diesem
musikliebenden Lande ist keine Musikstadt ? -. wurde das Andenken des großen
Meisters ebenfalls unter Aufbietung aller erlangbaren Mittel gefeiert. Nicht vergessen
sei der Abend des Lesezirkels Hottingen, der vornehmsten literarischen Vereinigung
it'Zürichs, die sich Hugo v. Hofmannsthai verschrieben hatte und von ihm einen
der wertvollsten Vorträge über Beethoven bekam, den man je gehört haben wird.
Man darf wohl annehmen, daß nunmehr für einige Zeit der Bedarf an
Beethovenscher Musik selbst hier im über alle Maßen Beethovenfreudigen
Schweizerlande gedeckt ist. Dies bedeutet dann etwas freie Bahn für andere Komponisten
Ich würde aber ein falsches Bild, mindestens von den Züricher MusikverhältnisseIlt
geben t wenn ich verschwiege, oder wenigstens nicht genügend betonen würde, daß
hier auch für die modernste Musik ein Boden vorhanden ist. Gerade die Schweiz
bildet ja, zumal jetzt, nach dem Kriege, einen Mittelpunkt, nach dem die Sehnsucht
aller musikschaffenden Kreise und Länder gerichtet ist. Nach diesem Interludium
zurück zu 'den Konzerten. Als Novität gab es in den. Tcnhallenkonzerten die unter"
haltsame Suite aus der Musik zum "Bürger als EdelmannI' von Richard Strauß, die
man mit Vergnügen hörte und mit Beifall aufnahm. Andreae liegt diese Musik
besonders gut, da er ja selbst eine Strauß musikalisch verwandte Seele ist.
Im Stadttheater war die Erstaufführung einer Oper von Schreker in der Schweiz
das Hauptereignis. Es war "Der Schatzgräber". Um die wegen Schrekers
Modernität ängstlichen Gemüter etwas vorzubereiten, hatte Kapellmeister Max
Co n r a cl eine einführende Vortragsmatinee veranstaltet. Es wäre nicht nötig
gewesen. Das Publikum ging hemmungslos mit dem Werk mit und nahm es sehr
beifällig auf, so daß bisher auch die Wiederholungen gut besucht waren. Damit dürfte
das Eis für die Schrekerschen Bühnenwerke hier gebrochen sein.
o 0

80
6/os ~j/
"I K DAR" VON JOSEF zu ihm spricht, vernichten, aber im Zertrümmern
findet er selbst den Tod. In tiefem Mitleid
GUSTAV MRACZEK wendet sich Riana zu dem Unglücklichen, in
Zur Uraufführung an der Dresdner Staatsoper dem metaphysisches Glück und tiefe Lust
In einer Art mythischer Umwelt und vor.. weiler schwingt. Das Plasma der Musik zu
geschichtlicher Sphäre, in der Geschick und dieser Handlung, die nicht völlig zu einem
Lehen fast schon zum Symbol und reiner Ausgleich esoterischer und dramatischer Art
Menschlichkeit erstarrt spielt sich "lkdar" ab. gelangt, mehr Libretto als Operndichtung, teils
SaMhi, ein junger Bildhauer, hat sich in die zu k,mtrastsuchend, teils zu umschleiert, kann
Einsamkeit der Berge zurückgezogen, um einen in der orientalischen Welt liegen, die Mraczeks
farbige Natur zu höherer Fülle und Arabesken
in ihm drängenden künstlerischen Impuls
Wirklichkeit werden zu lassen. Das ~cbi(ksal
des Stil:; reizte und in der mystisch-kontempl:....
fügt es, daß ihm Riä.o cl, die schöne und hoheits.. tiven Sphäre, die magnetisch höhere Kräfte
volle Gaain des Eroberers des Ikdarreicl,es aus dem Geiste der Musik lockt, Wohl auch
Mno! gis begegnet; in ihr erkennt er beglückt die Luft des Künstlerdramas, die, ohne daß
sinnliche Erfüllung sdner inneren Vision. man pal'allelisieren könnte, etwa lose von der
Rianä führt an cl.!f Seite Mnolgis', d.:ssen glütend-pcJ"sön!ichen des "Fernen Klanges""
Liebe brutal.. tierischer Natur ist. ein ödes, ver.. bis zu der geklärt-transcendenten des"Palestrina"
sklavt~s Dasein; aber sie duldet schweigend.
reicht. Man weiß, daß Mrilcuk die seltsame
Beim Ikdarfest - Ikdar, der Göttin der Vitalität, Verschmelzung von Mystik und Eros gern in
geweiht - in d<'m sich Kult und Lebusdrang halb naiver, halb morbider Art in Töpe löst.
nach alter Mysterienart in hymnisch .. rauschender Er liebt Leidenschaften und Steigerungen,
FestliChkeit mischen, kommt es zur Katasti'ophe. Versunkenheiten und Geheimnisse, die um
Auf Drängen des Volkes, das auf Begnadung ihrer selbst willen da sind.
und Befreiung, eine Gralsbotschaft durch ein Mraczek ist auch im Drama Lyriker, der
Symbol der Schönheit und Fruchtbarkeit harrt, die weite FJächengebung strömenden Gefühles
und durch den Zorn der Göttin Ikdar bewo.c.en, über die ideologische Tiefengebung setzt. Das
die sich in einem Ausbruch der Elemente Lyrische rankt sich poetisierend un; die Worte,
kündet, darf sich Riana, Menschwerdung des es fließt oft naturhaft strömend, ohne Be..
Ikdargedankens, in Schönheit dem Volk ent.. schwernisse des Wissens oder Intellekts, in der'
::;chleiern. Aufs neue glüht Sa6thi, den Gefä.hrten Musik, es gewinnt Farbe und Tiefe aus dem
sein,'r Traumseligkeit entreißen, wollten, in ursprünglichen Bezirk musikalischen Erhbens.
heiliger Entzückung auf und nähert sich ~iänä. Neben dieser Grundlegung interessiert (las
Sie werden von Mnorgis überrascht, der in Aroma, das Artistische, wenn man es so nennen
wild,'m Zorn, grausame Strafe sinnend, Sa6thi will, das die innere Ausströmung ziseliert und
auf ein Eiland bannt. Hier schafft Saöthi, in Rahmen faßt. "Ikdar"" ist österreichischen
glühenden Erlebens voll, an seinem Werk und Geblüts, das als Tangente zwischen exquisite
preist in hohen Worten Giück und Erfldlung. und verschieden dimensionierte Kulturen ge ..
Doch Mnorgis, von lViißtrauen zerwühlt, un .. stellt, kostbare Essenzen in fast intuitiver
fähig, tiefere Zusammenhänge zu schau<'n, hat Bindung, bald betonend, bald wrdampfend zu
einen Uuflischen Plan ersonnen: er schenkt binden sucht. (Es ist deshalb fraglich, ob die
Riana, wie sie es erbat, das Leben Sa6this, von "Ikdar" ..Musik in Deutschland, dem Land, das
dem sie weiß, daß es durch höheren Sinn dem starke, ausmeßbare Werte liebt, nach ihrer
ihren verkettet ist - er läßt ihn blend.:'U und besten Art gewürdigt werden wird.) Ihr Radius
den Verstümmelten voll Hohn zu Riana führen. reicht von Debussy zu Strauß, ohne sich irgend ..
Doch in Saüthi klingt Vision und Erfüllung wie entscheidend festzulegen. In den besten
in seligem Befrcitsein weiter, anbetend kniet Ergebnissen gehört auch Mraczek, der zu Beginn
er vor Riäna, deren Bild in ihm lebt. In ahn ... mehr zu der deskriptiven Art Strauß' neigte,
mächtiger Wut will Mnargis auch die Statue, zum Kreis der Neo .. lrnpressionisten, in deren
aus deren beseelten Zügen f;cheinbare Schuld fIand suggestive Formeln romanischer und.

81
"lieutscher Künstler neuer Energie und Aus... und Kunstwillen geschaffen, das keine unmittd...
rundung zustreben. baren Probleme, aber wägbare Reize und
Besonders rühmen kann man im ersten Schwingungen neuen Geistes birgt.
Akt den Auftritt Rianäs, die die Luft der Berg... M a x B r 0 e s i k e .. S c h 0 e nt Dresden
einsamkeit in kristallener "Salome".. Stimmung
atmet; im zweiten Akt die Klänge, die den o D

Ikdartempel und seinen mystisch.. sinnUchen


Kult lichtströmend, im impressionistisch ab.. MEINE HERREN OPERN,
dämpfenden Spektroskop, in horizontalen
Akkordlichkeiten umfließen, im dritten den DIREKTOREN
dramatischen Atem, der, ganz auf Seelisches Sie können mich unmöglich einen zudring..
gestellt, fast über seinen lyrischen Ursprung lichen Bittsteller heißen. Ich habe Ihnen Zeit
hinauswächst und. sich beruhigend, in dem gelassen.• Es ist weit mehr als ein Jahr her,
milden Abglanz über das (wenig am Platz seit ich Ihnen im ersten Dezemberheft 1919 an
befindliche) d' Alberth,ch.. veristische Einschiebsel dieser Stelle geschrieben habe. Ich habe Sie
des Schlusses ein nur der Musik mögliches vertrauend gebeten, bescheiden gebeten. Sie
Quietiv breitet. Das mit souveräner und dis .. entsinnen sich nicht. Um Nachmittags...Schüler..
kreter Künstleri1.and geführte Orchester - wir vorstellungen klassischer Werke zu er mäßigten
können uns dcs Reichtums an Dichtern des Preisen. Um Zulassung von Musikern zu den
Klanges freuen, die, weit über alles Instru.. Generalproben. Was ist geschehen?
mentieren und bloße Zwc(klichkeit, ihn in Ad eins gar nichts. Ad zwei fast gar nichts.
synthetischem innerem Hören der seelischen Ich höre, daß einige Karten an der Akademie
Substanz angleichen - ergänzt und lockert verteilt wurden. Wie viele, nach welchem System
überall in seinem funkelnden und doch ge .. weiß ich nicht. Aber daß das eine halbe, eine
tönten Schmelz Absicht und Wirkung des Viertdmaßregel ist, mit der gar nichts geleistet
Persönlichen. wird, ist klar. Zu hunderten sind die Sitze auf
Man hat de'n Eindruck einer ehrlichen, der dritten und vierten Galerie bei den General..
fast selten aufrichtigen Musik, die sich in allen proben leer. Zu hunderten warten die Anwä.rter.
verführerischen und bildsamen Künsten neuer Doch die besetzt sind •••
Art frei und mit sicherem Schritt bewegt, Dazu aber ein wahres Geschichtchen aus
ohne sich künstlich zu steigern oder zu ver.. ;iingster Zeit. Ein Musiker hatte - töricht wie
brämen. idealistische Jünglinge sind - die Direktion der
Der Erfolg des Werkes, dessen Gelegenheit Oper um Einlaß zur Generalprobe ersucht. Nach

zu dekorativer und stilisierender Entfaltung der. prompten Abweisung erinnerte er sich der
nicht ungenützt geblieben war - nur das alten militärischen Methode, sich besser an den
Ikdarfest hätte man sich noch schrekerartiger, Korporal als an den General zu wenden, und
e1ysiumhafter denken können - war überaus vertauschte die Direktionsstiege mit der Hinter ..
lebhaft. Es war ausnahmsweise keine Dekadenz.. treppe. Sofort hatte er seinen Platz im dritten
Stimmung in der Oper, deren starke künst .. Stock. Neben ihm jedoch saß ein braves Weib
lerische Geschlossenheit zusehends durch aus dem Volke. dem die Unverständlichkeit des
Organisationsfehler und .. Mißhelligkeiten zu neuen Werkes viel Kummer machte, den zu
verbrödeln droht. Was F rau von der Osten, dämpfen die gute Frau sich gerne seiner
hineingegossen in diese südlichen Rollen erklärenden Teilnahme bediente. Ahnungslos
dunkler Lebensfülle und Vollweiblichkeit, an sei sie durch die Operngasse gegangen als ein
diesem Abend auch eine große Sängerin, Bur g, ihr bekannter Funktionär des Hause.; sie ganz
mehr finstere Wischnu ..Gewalt, als Theater.. gegen ihre Absicht bewogen habe, die General..
dämon, Taucher, Sehnsucht und Traum probe zu besuchen. Recht geschah ihr! Wäre
ekstatisch verströmend boten, steigerte die
j sie Musiker gewesen und hätte bei der Direktion
'Triebkräfte des Werkes zum höchstmöglichen angefragt! Und ich möchte seheu, ob sie dann
Erlebnis. Wie Re i n e r, fast zu viel, die oft in die Probe gekommen wäre! --
weichen Linien dieser Partitur mit seinem Diese kleinliche Engherzigkeit ist un ..
Antrieb und Sinn für Gipfelungen lockerte und begreiflich. Fürchtet man für die Kassa? Ja, will
stützte, war eine neue erstaunliche Leistung denn die Oper mehr als tagtäglich ausverkauft
des hervorragenden Dirigenten, bei dem sich sein? Oder glaubt sie, daß die - Musiker sie
j-ede Musik mit Substanz und individuellem auskaufen werden? Herr Präsident Vetter hat
Leben füUt. In Hlkdar" ist ein Werk von Stil.. zwar gefunden, daß die Preise in der Oper

82
relativ wenig, nämlich nur auf das drei .. bis MUS I K IN WIE N
vierfache - getrieben seien, ich weiß aber nicht
genau, von wann an er rechnet. Ich besitze Ähnlich wie Reger ringt Marx um die große
zum Beispiel ein fabelhaftes Gedächtnis für das Form. Es scheint, daß der Meister der kleinen
Jahr 1914, in dem ein Parkettsitz ein Vierund .. sich als Lyriker erfüllt hat und nun sein pro ..
zwanzigstel von dem heutigen "besonderen u fundes theoretisches Können von der Kammer ..
Preise eines Galeriesitzes gekostet hat. (Aller.. musik zur symphonischen fortschreitend aus..
dings lobt der Herr Präsident auch die "neuen wirken lassen will. Auf diesem Wege ist das
Reichen" gegenüber dem "aristokratisch.. bürger.. neue romantische Klavierkonzert, uraufgeführt
lichen u Publikum von ehedem und findet in von Loewe und dem tastengewaltigenKessissoglu,
diesem Zusammenhang den Ausdruck "demokra.. ein bedeutsamer Schritt. Der bezeichnende
tisch u geschmackvoll I) Aber trotz dieser mäßigen Titel klingt, als wolle er Einwände a !imine
Verteuerung und den feinen Sitten, die jetzt abwehren. Sie würden sich in erster Linie gegen-
dort regieren sollen, sind wir bürgerliche eine gewisse Hypertrophie zu kehren haben,
Aristokraten boshaft genug, das Opernbaus die, schon in Man' Lyrik angedeutet, in zwie",
immer mehr zu meiden. facher Weise beeinträchtigend wirkt: in der
Meine Herren Direktoren! Sie sind Künstler! zeitlichen Ausdehnung der Sätze und des Werkes"
Nicht Kaufleute, nicht Beamte. Nur Künstler! und in der Überfülle einer Tonsprache, die in
Denken Sie nach, ob mit einer Verbeugung vor allem zuviel gibt, im Überschwang des Gefühls,
den neuen Reichen ein Problem erledigt ist. in Sattheit des Orchesterklangs wie der Klavier..
Ob der künstlerische Nachwuchs, ob die Reste figuration, in polyphoner wie harmonischer
des gebildeten Mittelstandes endgültig aus dem Schwerblütigkeit. Dem Romantiker freilich ist
Opernhaus verbannt bleiben dürfen, endgültig jeder Überschwang zu wenig, damit erst schenkt
den neuen Reichen die alten Armen geopfert sich ihm wahre Kunst. Unerhörtes hat zu
werden müssen. Die alten Armen, die nur noch geschehen, bis der Ritt ins wilde, romantische
eine einzige Beziehung zu ihrer Oper haben: Land zur Ruhe kommt, zur Ruhe angesichts,
daß sie sie mit erhalten, mit ihren Steuer kronen der kleinen blauen Blume. Von dieser schmerz ...-
das Defizit mit bezahlen dürfen. Ist wirklich in lichen, trauerverklärten Ruhe - alles Roman ..
der Oper unmöglich, was in der Burg möglich tische leidet am Leben, flüchtet in Fernen -
ist, daß der verfluchte IVUttelständler sich doch gibt der langsame ariose Gesang des Mittelsatzes
einmal eine ermäßigte Nachmittagsvorstellung die schönste Kunde. Nicht minder der letzte von
gönnen kann? Für den Arbeiter sorgt - mit schwunghafter Bewegung - wahrlich ein be..
Recht - die Gemeinde, die ihm Konzert und schwingter Ritt - und von tränenlächelndem
Theater - (freilich aus den Steuern aller) - Gefühl der erste. Mau cro bert sich sein Orchester-
bietet. Wer sorgt für uns?? wie Reger, ist nicht in ihm aufgewachsen. Neu..
Darüber denken Sie nacb, meine Herren, artig die Behandlung klavieristischer Probleme.
wenn Dirigieren, Komponieren und Konzert- Auch hier ein Fast.. zu~viel an Noten, Schwierig..
reisen Ihnen einen Augenblick Zeit lassen. Wir keiten häufend, die nicht blenden, dem Fachmann
wollen in die Oper, nicht ins Tabarin. Unter.. freilich umsomehr imponierend, immer gehalt..
schätzen Sie den Kulturwert dieses Dranges nicbt, voll, fast nie spielerisch unbesorgt. Ein Fluten'
die geistigen Güter, die man sich schwer schön entfesselter Musik, das den geraden
errungen hat, zu wahren, auch wenn der Rock Weg zum Ziele gel'ne meidet. Aber die blaueste-
nicht mehr ganz ist, und sie als kostbarstes, Blume spiegelt sich lieblich darin •••
vielleicht einziges Vermächtnis den Heran.. Ähnliches ließe sich von desselben Meisters
wacrsenden zu vererben. nZeigen Sieu - ich Violinsonate A dur sagen, die im ersten Kammer..
wiederhole eindringlichst meinen SChlußappell konzert des "Anbruch" von Leo Sirota und
von damals - ,.,die nötige Einsicht für die Robert Pollak in bewunderungswürdiger Weise
einfache Tatsache, daß unser musikalischer gespielt wurde. Wie ungern läßt sich der
Nachwuchs unsere musikalische Zukunft be .. melodische Einfall - hier gibt es noch diese
deutet. Und für die Zukunft mehr denn je veraltete Kunst! - bändigen, wie schwer ein
eine Gegenwart zu sorgen habe, die, so wie sie Brahms .. Rhythmus, wie im "markierten" Mittel ..
ist, keine Existenzberechtigung hat. u satz, im Zaume halten. Aber eine edle Wärme,
R. St. Hoffmann ein vornehmes Können erfüllt jeden Takt dieses
reichen Werkes und t:?estätigt die Erkenntnis,
o 0 daß wir in Marx einen unserer Wertvollsten zu
schätzen haben. Auch von s!;manowsky war in

83
,derselben Besetzung eine Viotinsonate :zu hören, Dr. Hans Pless, Gründer eines neuenFrauen...
die ebenfalls einen Romantiker verrät, wenn chors der Urania, wagte sich an Md.hlers "zweite
er auch später im modernsten Expressionismus, Symphonie". Ffir einen Anfänger ein gewaltiges
den er heute vertritt, kaum mehr kenntlich ist. Unternehmen und kein übler Erfolg, Ein prä..
\,{': eichheit ist der Grundzug seines früheren ziser, noch eckig.. unfreier Schlag regiert ener..
Wesens, Reste nadonal .. ererbter Chopin.. Sen.. gi8ch. nur zuviel um die kleinsten Notenwerte
timelltaHtät. Auch die interessante Harmonik besorgt, darüber manchmal den weiteren Blick
·dürfte sich auf denselben Ahnherrn berufen, verlierend. Wirksam, wie immer, ragte die
.dessen Bedeutung als Harmoniker viel zu wenig Auferstehungfeier empor, Hcht et"helltvonHanna
gekannt und gewürdigt ist. Von Schreker und Pless' schwebendem Sopran, mild besänftigt von
Schönberg sang Frau Weigl.-Pazeller mit der Hermine Kittels samt-dunklem Alt.
schmerzlichen Intznsität, deren sie wie wenige Mit ganz ungewöhnlicher, "amerikanischer"
fähig ist, Lieder aus älterer Zeit, Abschied vom Aufmachung ist eine Gesdlschaft zur Förderung
Jugendland, neuen, noc:1 Unc.tLli1nten Wegen zu. Ignaz Herbßtscher Musik für ihren Schutz ..
Ein Novitätenkonzert des philha.·monischen heiligen auf den Pfan getreten. Er dirigierte ein
·Chores brachte Neues: dn kaum gekannte •. , durch groDes Orchester konzert mit eigenen Werken,
Wohllaut bestechend, s, vor;. c:c:n Herren :tn.cs,;!, eine phantastische Einleitung zur religiö~en Oper
L. und F. ]ellinek und Martens virtuos gespieltes "Die Sündflut", Orchestergl:'sänge nach Peter
Streichquart~tt von GHere, noch nicht allfgefährt2 Hil1es "Aus dem Heiligtum der Schönheit/',
bretonische Liebeslegenden des so früh verstor~ und ein, symphonisches Touwerk in zwei
bellen Richard Mandl -- auch er ein Rüter der Abteilungen ,.,Arnold Böcklin", eine Biographie
blauen Blume -, dann Gesänge und eine orama.. des herrltchen Malers in Tonmalereien. Trotz
tische Szene von ].Dasatie1, feine Impression am der pompösen Worte des Programms erinnere
feinsten in dner zarten Schneestimmung, und ich mich der Böcklin.. Suite Regers lieber, und
die hier noch nicht gehörten jüngsten Klavi.;:r ... habe seinem geigenden Eremiten angeregter
stücke M. Ravels, "le tombeau de Couperin" gelau~cht. Es ist mir unmöglich, ober Herbsts
genannt, hommage a Couperin, in schalkhafter Werke a;"lalytisch .. sdchlich zu sprechen. Sie haben
Weise Reminiszenzen alter Formen mitneufran.. mir keinen Eindruck gegeben, außer dem einer
zösischem Geiste zitierend. Die besondere Eigen.. monströ,·en Unzulänglicb.keit. Sehr viel Lärmen
art und pianistische Schwierigkeit dieser um Nichts. R. St. Hoffmann
·echtesten Ravel.. Kinder fand in Frau Lampl.. o a
Eibenschütz die kongeniale Interpretin.
Zum zweitenmal schwedische Gäste. Kurt PREISAUSSCHREIBEN
Atterberg, dessen piccola sinfonia im ersten
Konzert durch nationale Farbe angenehm auf.. Der Verein für musikalische Privatauf..
gefallen war, diesmal als blonder,sympathischer, führungen in Wien eröffnet ein Preisaus..
einfach..sicherel' Dirigent und mitneuen Werken: sc h r e i ben für Stücke oder Lieder für
-einem Vorspiel zur Oper "Herwarth der Harfner" Kam m e r 0 r c h e s t e r. Maximalbesetzung :
und einer Symphonie Nr, 2. National hier bloß Solostreichquintett, Klavier (zwei.. oder
in dem Mittelsatz der Symphonie, übrigens ein vierhändig), Harmonium, Flöte, Oboe,
.hübscher Versuch, das Scherzo mit seinem Klarinette, Fagott (eventuell Horn); die
lebhaften schwedischen Volksmotiv in das Anzahl der Stimmen darf geringer sein, docll
melancholische Adagio einzufügen, anmutig im soll auf das Harmonium und auf die Mit...
ersten, energisch im letzten Satz und mit ein;:m wirkung von Bläsern nicht verzichtet werden.
gut ges>!tzten Bläserchor zu einer kräftigen Dieser Wettbewerb steht Angehörjgen aller
Schlußwirkung aUfsteigend. In dem Vorspiel Nationen offen, Die Aufführung der Komposition
sichtbar von Wagner beeinflußt, wie denn über.. soll womöglich nicht mehr Zeit als eine halbe
all die Zugehörigkeit zu einem musikalischen, Stunde in Anspruch nehmen. nie Kompositionen
unter deutscher Vorherrschaft stehenden Mittel .. dürfen w e de r ver ö ffe n tli ch t no c h
europa offenbar wird. Viel angenehmer präsen.. aufgeführt sein.
tierte sich Ture Rangström, der sich damals Die Manuskripte sind bis zum 1. Juni 1921
in einer "Strindberg.. Symphol".ie" zuviel zuge .. an den Verein für musiltalische Privatauf..
mutet hatte, mit einer sanften "elegischen Suite" führungen in Wien zu Banden Erwin Stein,
für Streichorchester, die gut klingt, freilich Wie n, 1. K 0 h I m a r k t 20, zu senden. Die
von tieferer Bedeutung nichts weiß, vielleicht Manuskripte sind mit einem Mo t t 0 zu be ..
gar nichts wissen will. zeichnen. Ein verscfllossenes Kuvert, welches

84
dieses Motto außen als Aufschrift trägt und da gerade bei Ric.hard Strauß äußere Lebens ..
den Namen uni die Adresse des Autors enthält, geschehnisse in reger und enger Wechsel..
ist dem Manuskript beizulegen. wirkung mit seinen Schöpfungen stehen.
Preis rich te r sind: A rnold Schön berg, Kritisches, oder besser gesa.gt, analytisches und
Anton Webern, Alban Berg, Erwin synthetisches Schildern dieser Werke, das ist
Stein, Eduard Steuermann. es, was im wesentlichen den Inhalt dieses
Als Preise sind ausgesetzt: köstlichen Werkes ausma.cht. Und hier zeigt
sich Specht als Meister, als kongenialer Biograph
1, Preis K 2500 und Analytiker. Die Werke (im vorliegenden
2. Preis K 700 ersten Band sind es die Instrumentalkompo..
3. Preis K 300 sitionen einschließlich der "Alpensymphonieli)
Außerdem ist für die beste Bearbeitung werden in ihren thematischen Beziehungen,
eines Orchesterwerkes für Kammerorchester ihrer geistvollen musikalischen Architektur
ein Preis von K 500 bestimmt. Die Jury wählt zerlegt - und doch nie .,seziert" - ihre
innerhalb eines Jahres die besten Arbeiten aus, spezifische Atmosphäre und ihre ideelle
von welchen wenigstens sechs (sofern es Pflysiognomie in fesselnder Sprache gezeichnet.
künstlerisch zulässig erscheint) im Verein für Dabei findet Specht immer Gelegenheit, Stellung
musikalische Privataufführungen aUfgeführt zu nehmen zu allgemeinen Problemen unseres
und der Universal-Edition zum Verlag emp~ blusiklebens und so das Buch trotz des persön..
fohlen werden. Die schließliche Preiszu.. lichen Stoffes ins a.llgemein gültige empor..
el'kennung erfolgt durch die Mitglieder des Ver .. zutragen.
eins für musikalische Privataufführungen nach Mit großen Erwartungen darf die musi ..
Aufführung aller Werke durch Abstimmung kaIische Welt dem in Kürze folgenden zweiten
(einfache Majorität), wobei jedoch nur eines Band entgegensehen, der den Vokalkompo ...
der aufgeführten Werke gekrönt werden kann. nisten (die Opern) behandeln wird. Wir werden
e nach Erscheinen des Bandes auf das Werk
zurückkommen.
Für ein Kammermusikwerk (vier bis
.acht Stimmen) mit Kontrabaß (obne Willy Werner .. Göttig, Frankfurt a. M•
Klavier) wurde von einem westdeutschen Musik.. o
freund, der ungenannt bleiben will, ein Preis
gestiftet. Die näheren Bedingungen für den HERt~ANN SCHERCHEN: STREICH-
Wettbewerb sind zu erfahren durch den Musik.. QUARTETT Nr. 1, op. 1. Verlag Steingräber,
verlag Tischer und Jagenberg, Köln .. Bayenthal, Leipzig.
G. m. b. H. Preisrichter sind die Kölner .pro ... Das Musikerprofil Hermann Scherchen ist
fessoren Abendroth, Bölsche, Eldering und so ausgeprägt und als prominente Führer..
Körner sowie Prof. Jos. Haas, Stuttgart. gestalt der Berliner musikalischen Moderne
Endtermin der Einsendung: 1. Oktober 1921. (Begründer der Neuen MUl'likgesellschaft,
Wichtig ist vor allem die Bestimmung, daß Herausgeber der Zeitschrift Melos) gegenwärtig
dem Prdsgewinner außer einem Geldbetrag die so tonangebend, daß sein erstes Opus unwill ...
Drucklegung seines Werkes und eine dauernde kürlich unser besonderes Interesse in Anspruch
Absatzbeteiligung sicher sind. nehmen muß. Wie nicht anders zu erwarten,
birgt Scherchens Streichquartett einen durchaus
e 0 modernen Zug, doch, überrasche:1cler Weise.
ohne jenen Einschlag von extremem Radi~a1is ...
BESPRECHUNGEN mus, dem wir etwa in den Kammermusik ..
werken Schönbergs, Wellesz' oder Bart6ks
RICHARD SPECHT: RICHARD STRAUSS begegnen, deren revolutionärer Richtung sonst
UND SEIN WERK. I. Band: Der Künstler und Scher ehen so geflissentlich huldigt. Dieses
sein Weg. Der Instrumentalkomponist. Verlag Strclchquartett Scherehens scheint ein selt...
E. P. Tal & Co.~ Wien. sames, aber gelungenes Kompromiß zu sein,
Dies Buch des jetzt SOjährigen Wiener insofern, als der Autor bis ins minutiöse
Musikschriftstellers ist der erste Teil einer zwei .. Detail beobachtl.'te traditionelle Formung:
bändigen Monographie über Richard Strauß. klassische Satzfolge, gutbürgerHch~t Petiodm..
Specht vermeidet es, f'llJ:ax Steinitzers Strauß ... Buch bau des thematischen Materiales, mit charak~
zu wiederholen und läßt alles Biographische tedstischen Elementen modernen Tonschaffens,
beiseite, das trotzdem niemand vermjssen wird, wie etwa rücksichtsloser VC1'se1bständigtmg der

85
vier Streicherstimmen, überdimensionierter me.. ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Iodische Stimmführung, tiefgehenden Schnei..
dun gen kontrastierender Akkordgruppen, Ern s t K a n i t z ist einer der älteren Schüler
raffinierten chromatischen Rüekungen in fried .. Franz Sch:ekers, Er beschäftigt sich außer
liehes Einvernehmen zu setzen versteht. Die mit Komposition hauptsächlich mit der Lehr..
vorgezeichnete Tonart E dur ist nur im Finale tätigkeit in Musiktheorie in Wien und zeigt
durchgeführt, das auch in E schließt, während auch hiefür besondere Vorliebe. Sein be..
der erste Salz, ein heiter..ruhiges Allegretto, in kanntestes Werk ist die "Lustige Ouvertüre"
H steht, der zweite (Scherzo), ein in hämmernden für großes Orchester, die von Schreker im
Rhythmen stürmendes Furioso, ein ausge .. Herbst 1918 zur UraUfführung gebracht und
sprochenes C dur mit einem wundervoll singen.. von Ferdinand Löwe in einem Abonnement..
den Trio in As dur ist und in dem langsamen konzert des Konzertvereines im Februar 1920
dritten Satz mit einem an Mahler erinnern-den, wiederholt wurde. Die Uraufführung eines
großartig gezeichneten Trauermarsch ein auf.. großen Chorwerkes "Das Hohelied" für Soli,
schluchzendes, ängstlich verstörtes und in Chor und großes Orchester steht im 7. Abon..
machtvolIen Steigerungen mit seinem tiefen nementkonzert des Philharmonischen Chores
Schmerze ringendes C moll düstere Schatten unter Alexander v. Zemlinsky bevor. Außerdem
wirft. Wir besitzen in der modernen Kammer.. hat Kanitz mehrere Solo .. und Kammerlieder
musik nicht viele Werke, die es mit dieser geschaffen, von denen die beiliegend abge ..
poetischen, die Marke des Außerordentlichen druckten im Winter 1920 entstanden sind.
tragenden Tonschöpfung aufnehmen könnten. Sie zeigen gelungene Charakteristik und eine
Dr. H. R, Fleischmann eigene Note selbständig gefundenen GefÜhls ..
ausdruckes.
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UuufPhrun,: :''). November 1920

Walter Braunfels
DIE VÖGEL
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Deutscheste, was unserer heutigen Opernbühne bleiben wird ••••
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AWr"abe mit Klavierbegleitung:
U.E.Nr.6395 Auf e::t SoIdatengr.a.b (Kenn.. Heu4!:) , . • . , •• , . , , , . 'Mark 1'50
U.E.Nr. 6396 An d:,: ParZ4!:n (H61de ':t) • •• . . . . • . . , . • . . . , Mark 1'50
U, E. Nr. 6397 Tod: .na Vater:~nd. , . , . . . ' , . , • . . . . • • , , . . ILuk 1'50
In einfacher mdodiacher Linie zeichnet hier Braullfe1a daa von edler Gr6De getragene
Pathos der Dichtung nach und ateig.!rt den Stimmungsgebalt zu hinreißenden Höhe ..
punkten, die beim Hörer eine tiefe Wirkung hinterlalStn
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ehor. und Ormesterwerke· Kammermusik


6urre·[deder StreIchsextett Verklllrte nacht
1L E. Ur. for Soli, e:hQT und Ormes/er mark u. e. f1r. op. 4 mark
6300 Partitur, Dcppelfolio-FI.Hffiat. . 100'- h1r zwei tliollnen, zwei \1iolen und zwei Uioloncelll
3697 tOksimileporlitur, 3rofjquarf . 30'-
3696 Klavierauszug mit Text (Berg) . 20'- 366~ Partitur (kleines rormat) . . . . . 2'-
3696 Dasselbe, BQUenausgabe . . . 25'- 3663 Stimmen. . . . . . . . . . . . 10'-
3695 rünrer (Berg) . . . . . • . 2'-
5275 Kleiner rütuer (Berg). . . . 1'- Streichquartett nr. 1, Dmoll op. 7
Einzelausgaben für eIne Singsftmme und Klavier tor zwei Violinen, Viola und Uioloncello
5330 .. So tanzen die Engel. . . . . . 1-20 !i665 Partitur (kleines rormat) . . . . . 2'-
5331 ,nun sag' Im dir zum er;tenmal,. 1'%0 3660 Sfimmen. • • . • . . . . • • • 8'-
5332 .. Du wunderllme TO\'Je. . . . . . t·tO
5333 .Tauben tlon Gurre. . . • . . . 2'50 Streichquartett nr. 2, i'ls moll
Verklarte nacht op.• op. 10
. 19 ,-,~)' '~'" ..'
ßea~' "er fOr zwei "loUnen, 'Oiela und "ioloRtello
6065 Partitur (nur g.... a...,;)
. . . J!'- 111. und IV. Sutz mit Gesang nach Gedieh!en "on
Sfehm 6eorge
Pelleas und lr.eLande op. 5 2993 Partitur (Okta,), ' , . , , , . , 5'-
s:' - ~"t . ; ('-:!tester 299-' Stimmen. . . . . . . . . . . . 12'-
3371 Partttur (Dur _ - . ) • . • 40'- KammersinfonIe E dur op. Q
Kammerslnf;nle E dur op. Q für 15 SI3Io·lnstrumente
Bearbe:' - . - "'--'- -"2T 3661 Partitur (nUT gegen Revers) . . . . 12'-
61"0 Thematische Rnclyse (Berg) . . • -'35
36670 Partitur (nur gegeII Rlftrs) • • 20'-
DIe :7akobslel:"r Pierrot lunaire op. 21
Ein Ora:'· .~ Dreimal sieben Gedichte nach BIbert Giraud
6061 TextbudI • • • • • • • • • 1'50 5334 Parillur (IOr Hullührung) , . , . ,15'-
6061 Dasselbe, Billtenausgabe . . 2'50 Do:;selbe all! Bfitlenpapier . . . . 25'-
5336 Sludlenpartitur '. . . . . . . . . lj.'-

Bühnenwerke
Erwartung Klauier ZU zwei Händen
rnoRodram !991 Drei KlolJlerslilcke op. 11, . . . . 2'50
5361 OrdtesteTpaTtifuT (nur gegen Reo~) 20"- ~992 Klaulerstflck op. 11, fiT. 2. Konzert.
5360 TextbudJ • • , . • • • , " -'40 mllljige !lnterpr. DOR rerr, Busoni . 1'50
5069 Sems kleine K1apicrsUlcRe op. 19 1'50
Die glfiddlche Hand
Drama mit musik
5610 Ordtesferpartltur (nur gegen Revers) 20'-
musiktheorie
5612 TextbudJ . • ' . , , , • • , , -'40 3370 HarrnonlelehreCIil. Buflage In 'Dorbereltung)

11111111111111111111111111111111111111111111111111111111 111111111111111111111111111111111 IIlIIlIlIIlIlIIlIIlIIlIIlIlIlIIllIIlIlIlIIlIIllIIlIIllIIlIImll" 1111111 '" 111111111


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Silz In Wien, I. Giselasira/le 12, Ge~ude der GeselIsdt"p der ",.klreunde
-------~-- --

Der Verein bezwedd die Errlddung von festsplelhaus.8Dulen In Selzbu'"'; Abhelhmg


\Ion Infemillionalen musikalismen und dramafismen Festspielen 'n_~.d Inhalts
unler Führung der deulsdlen Kunst
Prlsldlum der Direktion: AlexilinderThurn-Taxls (WIen) Pr4slden1; Oireklor f'rledrTch
Ciehmacher (Slllzburg) I. Vizeprösldent; Dr. Karl Wiener (Wien) Proudcnl d. R. d. S1&m·
okildemie für MuSik und don.lellende Kuns!. betraut mit der FunkUon ob H. VLZt:pr~;
Red.,kteur Heinrich Damisdl (Wienlgesdlölbführendes (jjrekllonsmilglied; O.,ekfor Emll
Ronsperger (WIen) Flnanzreferenl; andes-Oberredmungsrot Arthur Sed1er (Satzburg)
Zcntralkossier; Oberslleulnonl d. R. Adolf frank (Salzburg) Hilupbdlrilt(uhrcr; Georg
Jung (Salzburg) Zenlralvorsteher der Ortsgruppen
In die Direktion entsendete Regierungsvertreter: SekUomraf Dr. Karl Kobald "om
Slaalsaml für Inneres und Unlerridll; Seklionm,' Or. Ciustav Huber vom Slaahamt 10r
Verkehrswesen; Oberbaurot Ing. Oustav Gelse vom Sloohem! fOr Hondel und Gewerbe.
Industrie und Btllulen
Kunstrat: Dr. Hugo HOlmannsthai (Wien), Prolenor Mex Relnherdt (BerUn), Hofrat
Prof. Alfred Roller Wien), DlrekUonsmllglled Operndirektor Prol. FraßE Sdlalk (Wien),
Operndlreklor Dr. Richard Streu" (Wien)
Vorstlnde der Zweigvereine : DirektionsmHglled Genertilldirektor Dr. Sleg.und Sfrensky.
Zweigverein Wien; Dlrekllornmltglled D;rektor FriedrIch Oehmacher,Zwtigvereln Salzburg
Sekretariate: Wien: I. Giselastra~e 12 (K(lrlspl(ltz 6), Huslkverelnsgebaude. Salzburg : Churfonten-
stra~e 1. Resldenzgeb&ude

Auszug aus den Sotzungen


•• Ord~tllche Mitglieder. I. Gruppe: 0) Stifter. \lJelche ein für ollemel einen Betrag "on
K so.OOO·- erf~n. b) Grilnder, .-elche ein für ellemel einen Betrag "'00 I< 10.000"-
.'tIdie ein Iür oII<moI ......_"11
erleGen. c) F6rderer_ \Io~eJnfOrllllerMldnen6eJtllg"on K 200tj- m~en. d)Spende.r,
von K 1000'- erlO9'"
11. Gruppt, e) f6rdem<le !'!lIglieder '" ....... tAhrIIdltn 6dIrog ,on Illind<>ltflS K 100"-,
o U"te"tOtEe:nd~ Mit.glieder mil ttnem J.ahthd1en ßMag "on nUndeslem K 10'-.
0) OrfJgrtlppe" ab wIcfJe. ..'elche einen GHamibellreg von mindestens K IClO'"- Jahr·
Ikh 1 _ (Orl.gruppen.ftnztlbedr.g Iür werbende M"glieder I( 5·-)

-------------
Der Verein gibt moMflkh eine eigtne Kumtnihchrift ",MIHeIlungen der Salzburger fest ..
spielheus..Oemeinde"'. hereus. "'leiche sich mit allen emuhlaglgen künstlerischen und Ilferari~en
Frftgen bela~t und die '"u1enden Verelnsongelegenhellen behendelt. Hauptsd'lriftleiter: Heinrich
Damisch, Wien, I. Glselodro~e 12. Bezugspreis lür Mitglieder IlIhrlidll< (Mk.) 10·-, für Nicht·
mllglleder jahrlidl K (Hk.) 15·-. Einzelnummer K (Hk.) '·50
Anmeldungen eis Mitglied und Abonnements der .. MIHeilungen'" werden t3gUch mündll41
oder sdlriflfich angenommen in den Sekretariaten der Solzburger ft:stsplelhous-Gemelnde. Wien.
I. Glseloslra~e 12, und Solzburg. Churfürstenstro~e 1
(;ustou Ulohlers Werke
In der UniuersaI=Editlon
llJl NIUUlIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIU 111111111111111111111 m1II1111111l1il11l! 11 H1111111111111111 111 HIlI! tu U111111 U1111111111111/11111 fII U1I111111J11l11l11l1i11l11l HIli!

flieder mit Orchester


12 lIleder aus pDIS Knaben Wunderhorn. Klndertofenlteder
IJ. E. nr. t.
mark U. E, !lr. mllrk
,.47 Der Sdtlldlofadle DadJlllerf. Partitur, lief 5'- 3158 alt !lQrU/ur, hod'!.J. mlftel, tief . , . . . . Il 12'-
n3QII'b Susijabe Inr l3esQllg lind 1{!lIv!er, 1\. t. il. no 277~ nb Elusgabe fin ~esanll u. Khillfer, hlld'!, mittel CI 4'-
2m J. V,rll:lfl.1 miih', Partitur, horn .. , 5'-- InhClI!: I. nun wl!! dIe Sonn' so hel! IIU/'
n~i!b Busgabe fllr 3uanll und Klavier, h. I. il 1'50 lIeh'n. 2. nun seit' Id'I. wolll, wllrum S0
U51 8. TrOll Im Unglildr:. Par!Hur, flOd! . y- dunkle Flammen. 3, Wellll dein m!i!!er.
:'~"'ll1l b Busgabe f!lr Gesang und Klavier. h.l. d \'50 leIn. ". Olt denk Im, sie sind nur aus.
:ms 4. Wer hat dIes bi.dleln erdadltt ParI., h. 5'- lIegangen, 5, ~n diesem \iJ~lter,
,nu alb Elusgabe l11r Sesan\! und I<IQv!er, h. t. 0. 1'50
IU5 5. lIal Irdlldte beben. ParliIur. had! .. 5'--
3UJalb lIu~gabe trrr Gesang uml 1{,,,\!ler, h.l.lI 1'59 Steben bieder aus letzter Zeit
!9U •• ne, Bntonlus uon P,u'ua flsdlpredlit 37U::s '~ 1. Blieb mir ""fit 111 die "leder. PartHur,
Parntur, lief, . . . _ . . ' . . . 5'-
Bus gabe filr Gesnng und Klall'ler, h. t. /I 1'50 277111/'
hom, m1ltel, lIel .
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Elu~{Il1be l11r Gesanll. u. Wle,ler, h. m. t. CI
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7. Rhllnlegendchea, Parll!ur, hllch . . • 5'~
f!UI'llabe f!ir Gesanll ulld Klg~ler, h.1. Ci rso
S. (1I1d des V.rfolgten illl "turme, Pari.. h. 5' ~
3923<1 b
278t 11 c
!, Idebsl eu um S,f!6nl'loll. ParI., b.
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m. (\
Busgalttt !/lr Guan!! u. Klal'ler, h. m,l. (I 1'10
3748 a./c 3. ~cb almet' ,ilun flndln Duft. Partitur,
Busgabe filr GesanQ und Klulllu, 11.1. d 1'50
., Wo dl, sch6nea trompetea bilIsla.
Pa:rlllUf, hom" S' -
2773 ai~
3150
hod'!, mittel, lief
ab'. IcfI bla dtr
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Guang u. K/lHller, h. m.I, d
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Weil abhalideD.
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Gnung und Klavier, h.m. t. 4 "-


S", 4lb Busgabe fOr Guanll und Klaulu, h. !. fI 1'50 ParlllllT. hom, mft111
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8.uslClbe IlIr GUClng und Klauler, !t. I. d rSO
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Bu.s~.:be fOr G.•~.SG:n~ und Khluier, h. I CI 1'50
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BusgClbe lilr GeSCInn u. Kfal/leT, h. m, t. (I I'SO
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1"1 a.:D Bun:6 I (1- 6/, b :h;, uJ . , .. ~ '- kom,lell :
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flieder mft Kloofer


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U. E, Ur. Ln drei He!rea ;:;", j l~:;!H; .:Ilif' ''m.t: ~.~ ß d •. , . .42'St
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"51 alb Hett t, hoch, fiel " . , ~ <.. . .e. :t ~~ ~3 ~ ..
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I. Fri1hllngimOrgtn. t. Erfn:tm::q.. .3. S;;:~S
und Grele.4. Serenade aus ·n~1: <;- ...~ ...
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5. Phantllsle alls .Don $uan-
,.SS alb Heff tt hoch, tief ' . . .. .." A i"- eJnnlQ..'~t!tn9. au§ den Sinfonien
I. um schlimme Kinder ar!!g zu mc.dR,n. 0. muscbi 61.11 adltl (811so10 aus dtr
t. ~dt ging mll l.Iust dUlch d,,~n gr.:l:>,m Itl. Sinienle) • . . • • • • . . 1'50
Waid, 3. Bus I Bus 14. S!<lrke €l:iblldun,;s· Wir glnlr'.n die hlmmTlsdlea freude ••
krall. tS~pron$olo all' der IV. Slnfllnfe) " . 2'-

Bearbeitungen f
Bücher und Portrllts
Oberoa, KOlllg der €lien. R"IßIlIUISdle Oper In 3 9ufll1jJen U. E. nr~ mark
,an e. m, Il. ~eb~ r. neue Biihnenelnrldltunli 1)0" S. md!ßH, 55:3" 6uido Bdler. 3usl,l1l mahler ' 1'30
uenlsdte BemerkunlJ-cn 90n Blfred Roller, neue iibertrag!l!lg Krllt ~ die ~:lrdillung des 3e-;amtsdlalf2ns
des: 3esangtextes oodi dem enllllsdl'en Orillinale sowie l1\1r. e;usl<l\l mahleu} nebst tlner duonologlsdten
bemerkung zu mohlers BearbelluRII IIon 311Slllil Bredi:eT Tabelle als Bnnlln!!
aEß~ ~~ Bildnis Busgabe lIuf BClttenkClrfllß . , . . . 5-
555Q Cex/blldl
5177 KIGvlerauszug mit Cext .
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10'-
ausgabe aut KunstdruGlPa!Her • . . • . •
mllhlcr.Sonderh.1I du _muslkbt d. Bnbrudlc "-
"-
frobe Orcflesterpllrllfuren zum PrI1latge[)rau;h gegen Reuns. Ordlesler. und Cftermatulale naen \'ItrelnbClrunll mit lIem Verlall
i.!il!%u VerlegerzusenlClg

Zu beziehen durch jede Buch- und musikalIenhandlung


-
8, raJugang, Nummer I;

SOJ!derb..lf
BELA BARTÖ
B.J1a Bartd.k ..., ... , , ....:;............ ,... tlelbBtbiOfP'l&,IU.
a.ci.J G rar .- ....... u . . . . . . . . . . . . u . . . . . . . . . . . ' . , Biil& Ba.ndJt
O_ar Bie ..., .............. ,....... Brid' an B~la Bartdk
EqoZJ lVelle_ •••. Die Streiohquartette Ton B~la Bartdk
Zoltb K6dal;r .. ......., ............ Ba.rt6k" Kinderstdck.'
Jl'eUxPet;rrek .............. BtJla Ba.rt6.ks KlaTierwerke
Feaillaton da• •• Tamps" Aber B~la Ba.rt6k
,
/

Die MUSIKBLÄTTllR DES ANBRUCH sprechen tordernd


und fördernd in allen Fragen der Musik
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH verfolgen da. je-
weilige Gesamtbild, sowohl hinsichdich der musikalischen
ProdUktion, wie der internationalen Musikpflege
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH arbeiten für den ge-
wichtigen Nachdruck der künstlerisch reinen Absicht des
Komponisten, für die Entkleidung des Musikbetriebes
seines rein geschäftliche" Charakters, für eine Veredlung
der Musikpflege überhaupt
Die MUSIKBLÄTTER DES AN/3RUCH bekennen sich, bloß
Podium für aUe ernsten Bestrebungen in der Musik,
nicht zu Schlapo:orten irgendwelcher musikalischen Zu-
lLehörigkeit, WIe Schule, Richtung, Clique als prinzipidlen
Gesi~lspunkten, vielmehr lediglich zu Werten aufbauen-
der \,lUaIität ..
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH wollen befruchtend
auf aUe Musikinteressierten wirken, seien si. Schaffende,
Ausübende, Genießende
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sind die energische
Einstellung gegen die heutige Konvention im Musikbetrieb,
die Forderung nach dem Edlen und Bleibenden in der Kunst

Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sehen es als ihre über
der Politik stehende wichtigste Aufgabe an, die durch den
/
Krieg zerrütteten Beziehungen der eutopäischen Völker auf
dem Umweg der Musik zu jener kulturellen Gemeimchaft
\ wieder aufzubauen, die seit je das einzig unverbrüchlich.
Band innerer Zugehörigkeit gewesen i.n
Scbrift1e:it~ng : Adminiatr,atiQß:

Dr, Dtto Schneider ' Universal-Edition A.-G,


'Wien, 1. Karlsplatz Nr, 6,
Dir nMusikblätter des Anbruch" erscheinen zweimal im Monat,
mit einer zweimon.tlichen Sommerpause auli-September),
Der Abonnementspreis beträgt: Ganzjährig (mindestens 20 Hefte)
K 120'- (Mk,4S'-, Frcs,IS'-),halbjährig (mindestens 10 Hefte) •
K 6S'- (Mk,'2S'- , Frcs, 9'- )
Einzelheftpreis K " - (Mk, 3'-, Frcs, 1'- )
Abonnements-Einzahlungen im Deutschen Reiche erfolgen
an Friedrich Hofmeister, Leipzig, Kar/sstraße 10
für nMusikblätter des Anbruch"
COOOCODCCOOODDDDCDCOQCCCCDCCCDDDDDCOCDDOOCDDDDD
- Alleinvertretung und Vertriebsstelle für die Schweiz:
Musikhaus Hüpi, Zü~ich, Neulnühle-~uai 10--12

,
""

BELA BARTÖK
3 . .TahrgaZlI1 Nummer 5 1. Miirz-Heft 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

BELA BARTOK
o 0

S E L B S T B I o G R A p H I E
Geboren am 25. März 1881 in Nagyszentmikl6s (einem Orte im Torontaler
Komitat in Ungarn, welches derzeit von Jugoslawien annektiert ist), erhielt ich im
sechsten Lebensjahre den ersten Klavierunterricht von meiner Mutter. Mein Vater,
Direktor einer landwirtschaftlichen Schule, zeigte ziemlich hohe musikalische
Anlagen; er spielte Klavier, organisierte ein Dilettantenorchester, lernte Cello, um
darin als Cellist mitwirken zu können und versuchte sich sogar in der Komposition
von Tanzstücken. Ich verlor ihn in meinem achten Lebensjahre. Nach seinem Tode
mußte meine Mutter als Volksschullehrerin für das tägliche Brot sorgen: wir kamen
nach Nagyszöllös (derzeit von der Tschecho-Slowakei annektiert), dann nach Bistritz
(in Siebenbürgen; deneit von Rumänien annektiert) und schließlich im Jahre 1893
nach Preßburg (derzeit von der Tschecho_Slowakei annektiert). Da ich schon als neun-
jähriger Knabe kleine Klavierstücke zu komponieren begann, und im Jahre 1891 in
NagyszölIös als "Komponist# und "Klavierspieleru sogar öffentlich debütierte, schien
es für uns besonders wichtig, endlich in eine größere Stadt ziehen zu können.
Preßburg hatte zu jener Zeit unter den Provinzstädten Ungarns jedenfalls das regste
Musikleben, so daß es mir möglich wurde, einerseits bei Laszl6 Erkel (Sohn unseres
bekannten Opernkomponisten Franz Erkel) bis zu meinem 15. Jahre Unterricht in
Klavier und Harmonielehre zu genießen, anderseits manchen - allerdings weniger
guten - Orchesterkonzerten und Opernvorstellungen beizuwohnen. Auch an Gelegen-
heit zur Ausübung von Kammermusik fehlte es nicht, und so lernte ich bis zu
meinem 18. Jahre d,e Musikliteratur von Bach bis Brahms - Wagner jedoch nur bis
zum" Tannhäuser tt - verhältntsmäBig genügend kennen. Inzwischen komponierte
ich fleißig unter starkem Einflusse von Brahms und den Jugendwerken des um vier
Jahre älteren Dohnanyi, namentlich seines Opus 1-
Nachdem ich das Gymnasium absolviert hatte, drängte sich die große Frage aufr
welche Musikschule ich besuchen sollte. Damals galt das Wiener Konservatorium

87
allgemein als einzige Stätte gediegenen Musikstudiums. Trotzdem folgte ich schließlich
dem Rate Dohn'nyis und kam nach Budapest, wo ich in der königlich ungarischen
Musikakademie Schüler Prof. Stephan Thomans (Klavier) und Hans Koeßlers
(Komposition) wurde. Hier blieb ich von 1899 bis 1903. Gleich nach meiner
Ankunft warf ich mich mit großem Eifer auf das Studium der mir noch unbe'
kannten Werke Richard Wagners (Tetralogie, Tristan, Meistersinger) sowie der
Orchesterwerke Liszts. Mein eigenes Schaffen jedoch lag in dieser Periode völlig
brach. Nunmehr losgelöst vom Brahmsschen Stil, konnte ich auch über Wagner
und Liszt den ersehnten neuen Weg nicht finden. (Liszts Bedeutung für die
Weiterentwicklung der Tonkunst erfaßte ich damals noch nicht; ich sah in seinen
Werken nur die Äußerlichkeiten.) Infolgedessen a;beitete ich etwa zwei Jahre hindurch
beinahe gar nichts und galt eigentlich in der Musikakademie nur als brillanter
Klavierspieler.
Aus dieser Stagnation riß mich wie ein Blitzschlag die erste Aufführung von
.Also sprach Zarathustra" in Budapest (1902); das von den meisten dortigen
Musikern mit Entsetzen angehörte Werk erfüllte mich mit dem größten Enthusiasmus:
endlich erblickte ich eine Richtung, die neues barg. Ich stürzte mich auf das Studium
der Straußschen Partituren und begann wieder zu komponieren. Noch ein anderer
Umstand war von entscheidender Bedeutung für meine Entwicklung: Zu jener Zeit
entstand in Ungarn jene bekannte chauvinistische politische Strömung, welche
. sich auch auf künstlerischem Gebiete fühlbar machte. Es galt, in der Musik etwas
spezifisch Ungarisches zu schaffen. Diese Gedankenrichtung erfaßte auch mich und
lenkte meine Aufmerksamkeit auf das Studium unserer Volksmusik, das heißt dessen,
was man damals für ungarische Volksmusik hielt.
Unter diesen Einflüssen komponierte ich im Jahre 1903 eine symphonischeDichtung,
betitelt: 71Kossuth", weIche Hans Richter sofort zur Aufführung in Manchester annahm
(Februar 1904). In dieser Zeit entstand ferner auch eine Violinsonate und ein
Klavierquintett, erstere durch Rudolf Fitzner in Wien, letzteres durch das Prill'Quartett
aufgeführt. Diese drei Werke blieben unveröffentlicht. Dieser Epoche gehören noch
an: die im Jahre 1904 komponierte .Rhapsodie für Klavier und Orchester", op. 1,
mit welcher ich mich im Jahre 1905 in Paris ohne Erfolg um den Rubinsteinpreis
bewarb; ferner die 1. Suite für großes Orchester aus dem Jahre 1905.
Indessen währte es nicht lange, daß mich Richard Strauß faszinierte. Das erneute
Studium von Liszt - namentlich in seinen weniger populären Schöpfungen, wie
zum Beispiel in den" Annees de Pelerinage", ffHarmonie poet. et relig.", in der "Faust...
symphonie", im "Totentanz" u. s. w. - führte mich über manche mir weniger
sympathische Äußerlichkeiten zum Kern der Sache: es erschloß sich mir die wahre
Bedeutung dieses Künstlers; ich empfand bei ihm viel größeren Genius als bei
Wagner und Strauß.
Ferner erkannte ich, daß die irrtümlicherweise als Volkslieder bekannten ungarischen
Weisen - die in Wirklichkeit mehr oder minder triviale volkstümliche Kunstlieder
sind - wenig Interesse bieten, so daß ich mich im Jahre 1905 der Erforschung der
bis dahin schlechtweg unbekannten ungarischen Bauernmusik zuwandte. Hiebei fand
ich zu meinem großen Glücke einen ausgezeichneten Musiker als Mitarbeiter, Zoltan
K6daly, der mir mit Scharfsinn und Urteilskraft auf jedem Gebiete der Musik
manchen unschätzbaren Wink und Ratschlag erteilte.

88
Diese Forschung begann ich vom rein m usikali sehen Standpunkte ausgehend,
und zwar nur auf magyarischem Sprachgebiete; später jedoch gesellte sich die nicht
minder wichtige wissenschaftliche Behandlung des Materials dazu, sowie die
Erstreckung der Forschung auf die Sprach~ebiete der Slowaken und Rumänen.
Das Studium all dieser Bauernmusik war deshalb von entscheidender Bedeutung
für mich, weil sie mich auf die Möglichkeit einer vollständigen Emanzipation von der
Alleinherrschaft des bisherigen Dur... und Moll. . Systems brachte. Denn der weitaus über ..
wiegende und gerade wertvollere Teil des gewonnenen Melodienschatzes ist in den alten
Kirchentonarten, respektive in altgriechischen und gewissen noch primitiveren
(namentlich pentatonischen) Tonarten gehalten, und zeigt außerdem mannigfaltigste
und freieste rhythmische Gebilde und Taktwechsel sowohl im Ru bat 0- als auch im
Tempo giusto..Vortrag. Es erwies sich, daß die alten, in unserer ~unstmusik
nicht mehr gebrauchten Tonleitern ihre Lebensfähigkeit durchaus nicht verloren
haben. Die Anwendung derselben ermöglichte auch neuartige harmonische Kom-
binationen. Diese Behandlung der diatonischen Tonreihe führte zur Befreiung von
der erstarrten Dur...MoIl... Skala und, als letzte Konsequenz, zur vollkomme n freien
Verfügung über jeden einzelnen Ton unseres chromatischen Zwölftonsystems. -
Meine im Jahre 1907 erfolgte Ernennung zum Professor für Klavier an der königlich
ungarischen Musikakademie in 'Budapest war mir deshalb willkommen, weil sie
mir die Niederlassung in Ungarn ermöglichte und ich so meine folkloristischen
Ziele weiterhin verfolgen konnte. Als ich noch im selben lahre auf Anregung
K6dalys die Werke Debussys kennen lernte und studierte, nahm ich mit Erstaunen
wahr, daß auch in dessen Melodik gewisse, unserer Volksmusik ganz analoge penta-
tonische Wendungen eine große Rolle spielen. Zweifellos sind dieselben ebenfalls
dem Einflusse einer osteuropäischen Volksmusik - wahrscheinlich der russischen
- zuzuschreiben. Gleiche Bestrebungen findet man in den Werken Igor Strawinskys;
unsere Zeit weist also in den voneinander entferntesten geographischen Gebieten
dieselbe Strömung auf: die Kunstmusik mit Elementen einer frischen, durch das
Schaffen der letzten Jahrhunderte nicht beeinflußten Bauernmusik zu beleben.
Meine von ap. 4 an geschriebenen Werke, welche die ehen geschilderte Anschauung
auszudrücken beabsichtigten, erweckten in Budapest selbstverständlich großen Wider..
spruch. Grund des Nichtverstehens war unter anderem auch, daß unsere neuen Orchester ..
werke fast durchwegs nur in ziemlich unvoIlkommener Weise zur Aufführung
gelangten; denn es war weder ein verständnisvoIIer Dirigent, noch ein geeignetes
Konzertorchester vorhanden. Als sich der Kampf besonders -zuspitzte, versuchten
1911 einige junge Musiker, in deren Reihen auch K6daly und ich uns befanden, eine
"Neue Ungarische Musikgesellschaft" zu gründen. Der eigentliche Zweck dieser
Unternehmung war die Organisation eines selbständigen Konzertorchesters, welches
sowohl ältere, als auch neuere und neueste Musik in anständiger Weise aufführen
soIlte. AlIe Anstrengungen, dieses Ziel zu erreichen, blieben indessen fruchtlos. Diesen
und verschiedenen anderen mißglückten persönlicheren Versuchen zufolge, zog ich
mich etwa im Jahre 1912 vom öffentlichen Musikleben gänzlich zurück, wandte mich
aber umso eifriger den Musikfolklore . . . Studien zu. Ich hegte manche, für unsere
Verhältnisse ziemlich kühnen Reisepläne, von weIchen ich im Jahre 1913 einen,
als bescheidenen Anfang, auch verwirklichen konnte: ich reiste nach Biskra und
Umgebung, um die dortige arabische Bauernmusik zu studieren. Der Ausbruch des
Krieges berührte mich - abgesehen von allgemein menschlichen Gründen - schon

89
deshalb so schmerzlich, weil er fast alle derartigen Forschungen jäh unterbrach;
es blieben mir für meine Studien nur mehr gewisse Gebiete Ungarns übrig, wo ich
denn auch noch bis 1918 in etwas beschränkte~em Maße , weiterarbeiten konnte.
Das Jahr 1917 brachte einen entschiedenen Umschwung in der Haltung des
Budapester Publikums gegenüber meinen Werken: ich hatte das Glück, ein größeres
Werk, das Tanzspiel "Der holzgeschnitzte Prinz" durch die Fürsorge des Kapellmeisters
Egisto Tango endlich musikalisch tadellos aufgeführt zu hören, Im Jahre 1918
brachte er mein älteres Bühnenwerk, den 1911 geschriebenen Einakter: "Die Burg
des Herzogs Blaubart" zur Uraufführung,
Leider folgte dieser günstigen Wendung der politische und wirtschaftliche
Zusammenbruch im Herbste 1918. Die damit verbundenen, etwa anderthalb Jahre
währenden Wirren waren durchaus nicht dazu geeignet, irgendwe1che ernstere Arbeiten
ruhig vollbringen zu können.
Auch die heutige Lage läßt nicht einmal den Gedanken an eine Möglichkeit der
Fortsetzung musikfolkloristischer Arbeiten zu. Aus eigenen Kräften können wir uns
diesen "Luxus u nunmehr nicht leisten; außerdem ist die wissenschaftliche Erforschung
der vom ehemaligen Ungarn losgelösten Teile aus politischen Gründen und wegen
der wechselseitigen Feindseligkeit unmöglich. Entlegenere Länder zu bereisen aber
ist unerreichbar . . .
Übrigens findet sich nirgends in der Welt wahres Interesse für diesen Zweig
der Musikwissenschaft - möglicherweise hat er auch gar nicht jene Wichtigkeit.
die ihm von einigen seiner Fanatiker beigemessen wird!
BeIa Bart6k, Budapest
C n

B L A B A R T 6 K
Von C ec'il Gra y, London
I
Eine zusammenfassende Übersicht über Bart6ks Schaffen läßt uns mehrere
streng voneinander geschiedene Entwicklungsstadien erkennen. Das erste umfaßt
den' "Trauermarsch" (1903), die beiden Rhapsodien für Klavier und Orchester,
beziehungsweise Klavier allein (1904) und die "Orchestersuite" (1905); auch eine
Symphonie gehört dieser Periode an, welche ich leider noch nicht kennen lernen
konnte. Diese erste Schaffensperiode ist von einer spezifisch nationalen Kompositions ...
weise beherrscht, welche nur das Resultat der Ausbeutung gewisser melodischer und
rhythmischer Elemente der ungarischen Volksmusik darstellt, Mit anderen Worten,
die Werke dieser ersten Periode gehören entschieden jener Bewegung an, welche
gegen Ende des vorigen Jahrhunderts einsetzte, eine der bedeutendsten Neben. .
erscheinungen der romantischen Richtung bildete und versuchte, sich auf nationale
Gefühle und rasseneigentümliche Elemente zu stützen. Sie hatte nur ein beschränktes
Spielfeld, das sehr rasch ausgebeutet wurde, in der Tat, ihre Möglichkeiten wurden
durch ihre eigenen Führer erschöpft. Dies ist ganz natürlich, wenn man bedenkt,
daß die größten Aufgaben der Kunst allen Nationen gemeinsam sind. Nichts ist
kosmopolitischer als das Ewige. Der Nationalismus, selbst wenn man ihn nur
politisch und sozial betrachtet, ist nur ein' Stadium jener Entwicklung, welche

90
ungefähr um das 15. Jahrhundert begann und heute schon einer breiteren Auf,
fassung gewichen ist. Das nationale Gefühl ist heute beinahe ebenso künstlich,
als die engere Form des Lokalpatriotismus, welcher mit einzelnen Städte und Di...
strikten in Verbindung steht. Wir denken nicht mehr national, sondern kontinental.
Echte, spontane Rassengefühle können heute nur in jenen Ländern existieren, welche
aus geographischen Gründen von der in Europa herrschenden Geistesrichtung und
Kultur fern geh alten oder gezwungen wurden, sich davon fern zu halten. Und es
ist nur allzu gerechtfertigt, wenn eine Nation, die ihre Individualität bewahrt, dies
in der vollen Überzeugung tut, daß ihre Ideale vornehmer sind, als die der kosmo ...
politischen Geistesrichtung; andernfalls würde es ein unfruchtbarer und künstlicher
Kult sein, wie heute in England. Die ungarische Nation hat schon frühzeitig, im
14. Jahrhundert, lange vor jedem anderen europäischen Lande, unter L~dwig dem
Großen und Matthias Hunyadi, ihr eigenes, nationales Selbstbewußtsein erlangt, und
wird es wahrscheinlich als letzte verlieren; praktisch ist ihre ganze Kunst der
Ausdruck tief eingewurzelter Rassenempfindungen. Wir finden demgemäß, daß die
Erstlingswerke Bartoks auf derselben Stufe stehen, wie die bedeutendsten Werke
der nationalen Schule. Eines dieser Werke, die Suite, ist ein unübertreffliches
Meisterwerk. Ein Jugendwerk im besten Sinne des Wortes, nicht wegen Unreife
der Gedanken oder Zögern des Ausdruckes, sondern wegen der niemals erschlaffenden
Überschwänglichkeit und Spannkraft, welche sie von der ersten bis zur letzten
Note durchzieht. Vollendetstes Musikertum, wie es sich in der Suite offenbart,
findet man bei einem Komponisten meist erst dann, wenn seine ursprüngliche
Frische und sein glühender Komponistendrang schon ein wenig verblaßt sind.
In dem Maße, als Bartok an Individualität gewinnt, nimmt das nationale Element
in seinen Werken ab, obwohl es niemals gänzlich verschwindet. In den beiden
Orchesterporträts und dem ersten Streichquartett erfährt die Qualität der Gedanken
.eine tiefe Veränderung, indem sie persönlicher und intimer werden und doch gleich..
zeitig in anderem Sinne abstrakter und entfernter. Das reiche harmonische Gewand
und die brillanten Orchestereffekte, welche man in der Suite wahrnimmt, weichen
einem feinen und körperlosen polyphonen Gewebe und zarten melodischen Linien:
die starke und vollblütige Männlichkeit macht einer mehr geistigen, beinahe
mystischen Stimmung Platz, in welcher Strenge und Verschwiegenheit vermischt
sind mit einer auße rgewöhnlichen Sensibilität, einer gedankenvollen Zartheit und
Leidenschaft. Bart6k kann in seinem ersten Streichquartett von anderen erreicht
werden, aber er wird es noch übertreffen. Es ist jedenfalls eine der bedeutendsten
Schöpfungen der Streichquartettliteratur seit Beethoven. Dies ist natürlich ein
genügender Grund, seine Vernachlässigung zu erklären.
Daran schließt sich eine außergewöhnlich fruchtbare Zeit, welche uns mehrere
Sätze von Klavierstücken schenkte, die einzigen Werke Bart6ks, welche wenigstens
relativ den Musikern bekannt sind. Diese Stücke sind: "Bagatellen" (op. 6), die
rumänischen Tänze, Burlesken, Ejlegien (op. 8), die "Skizzen" (op. 9), die zehn
leichten Stücke und die vier Bände der Kinderstücke, welche größtenteils um das
Jahr 1908 geschrieben wurden: beinahe alle sind Miniaturbilder von exquisiter
Schönheit und seltener Originalität. Obgleich sie den Eindruck machen, in der
Hauptsache nur Skizzen oder Studien zu größeren Werken zu sein, besitzen sie
doch, wie dies bei Malerskizzen oft der Fall ist, den Reiz der Flüchtigkeit, zarte,
launische Gebrechlichkeit, welche jeder Analyse ausweicht und welche eine weitere

91
Entwicklung möglicherweise beeinträchtigen oder g~nzlich zerstören könnte. Wenn
si~ auch in ge'\Yissem Sinne Experimente darstellen, würde es doch falsch
sein, sie in demselben Lichte zu betrachten, wie die bekannten späteren Werke
eines Strawinsky, welche (selbst wenn man ihren Wert nach der Schätzung ihres
Auktionators bemißt) .objektive Erforschungen de. Hörwertes der Klänge darstellen".
Bart6ks Stücke sind gerade das Gegenteil; sie sind eher höchst subjektive Nach-
forschungen auf dem Gebiete des rein geistigen Wertes der Töne. Sie sind keine
Experimente in bezug auf Wohllaut und Dynamik, sondern Studien des Ausdruckes,
etwas ganz anderes. Mit wenigen Ausnahmen sind sie Verwirklichungen bestimmter
Gefühls- und Gedankenvorstellungen ; die besten unter ihnen (zum Beispiel die
vier Grabgesänge) stehen in bezug auf Größe der Konzeption und tragischer
Intensität in der modernen Klaviermusik unerreicht da. Trotz ihrer scheinbaren
Einfachheit und dem verhältnismäßigen Fehlen von technischen Schwierigkeiten
erfordern diese Stücke ein hohes Niveau von Interpretationsfähigkeit. Es genügt
natürlich nicht, nur die geschriebenen Noten zu spielen; jeder Schatten einer Nuance
muß der einzelnen Note mitgeteilt werden, sonst wird das Resultat nicht völlig
überzeugend sein. Keine Musik verliert soviel durch nicht entsprechende Aufführung,
wie die Bart6ks. Kein Grad technischer Vollkommenkeit wird genügen, wenn man
nicht vollständig mit den Absichten des Komponisten sympathisiert und sich in
diese einlebt.
So schön auch diese Stücke sind, wäre es doch ein Fehler, anzunehmen, daß
Bart6k, wie die meisten seiner Zeitgenossen, hauptsächlich Miniaturist ist. Er ist
im Gegenteil einer der wenigen lebenden Komponisten, die imstande sind, Werke
im großem Stile zu entwerfen. Ich lege Wert darauf, diese Seite seines Schaffens
selbst auf Kosten seiner übrigen Eigenschaften besonders zu betonen, teils weil
die Klavierstücke verhältnismäßig bekannt sind, teils weil man heute bei objektivem
Anhören von Musikstücken, die durchschnittlich. nicht länger als eine halbe Minute
dauern, beängstigende Neigung von Größenwahnsinn bemerkt, der so weit geht,
daß man meint, ein Werk, welches bei der Aufführung ungefahr 30 Minuten
dauert und das Resultat eines mehrjährigen, konzentrierten Nachdenkens ist, habe
an und für sich größere innere Bedeutung als eines, das nur 30 Sekunden dauert
und im Laufe eines Nachmittags geschrieben ist. Wir ziehen es vor, die kürzeren
Stücke in der Hauptsache als Vorstudien zu den breiter angelegten Werken zu
betrachten, weiche ihnen nachfolgen: den beiden Orchesterporträts (1912) und dem
zweiten Streichquartett (1915 - 1917), welche zu den bedeutensten Schöpfungen
des Jahrhunderts zählen. Die Suite für Klavier (op. 14), die in diesem Jahre er-
schienen ist, ist ebenfalls ein Werk seltener Bedeutung, besonders im dritten und
vierten Satz.
Diese späteren Werke, besonders das Quartett, bilden die Schlußphase in Bart6ks
Übergang vom Nationalismus zum vollständigen Individualismus oder zur Uni..
versaIität, wenn man diesen Ausdruck vorzieht. Wenn man näher zusieht, findet
man den Konflikt dieser beiden Elemente in seiner künstlerischen Entwic.klung,
wobei die Individualität beständig zu dominieren scheint. Der vorherrschende Ein ..
fluß t welcher sich ganz unzweifelhaft in den letzten Werken zeigt, ist der Beethovens.
Speziell das Streichquartett ähnelt so sehr im Stil den nachgelassenen Werken
dieses Meisters, daß es beinahe den Anschein hat, als wäre es absichtlich in An. .
lehnung an dieselben komponiert worden. Interessant ist auch der unzweifelhaft

92
Beethovonsche Charakter des Scherzo in der Suite (op. 14). In der Tat, ohne irgend
einen Vergleich von zweifelhaftem Werte, sondern bloß im Hinblick auf die geistige
Qualität, Bart6ks geistige Veranlagung ist nahe verwandt jener Beethovens und
diese Verwandtschaft wird immer auffallender bei jedem neuen Werke.
In einem tiefsinnigen und glänzenden Vergleich zwischen Schiller und Shakespeare
bemerkt Coleridge, daß ersterer die "materielle Erhahenheitl l besitzt; um' einen
bestimmten Effekt zu erzielen, setzt er etwa eine ganze Stadt in Brand, wirft Kinder
samt ihren Müttern in die Flammen oder sperrt den Vater in einen Turm;
Shakespeare hingegen läßt ein Taschentuch fallen und erzielt damit denselben oder
noch größeren Effekt. Diese Gabe, unbedeutende, selbst triviale Ereignisse mit tiefer
dramatischer Bedeutung zu umgeben, hat ihre musikalische Parallele nur in der
Kunst Beethovens und (in einem geringeren Grade) in der Bart6ks. Bei beiden
Komponisten finden wir jene starre Ökonomie in der Wahl der Mittel, dasselbe
intime und ehrfurchtsvolle Verständnis für ihre Materie, welche eine ganz gewöhn...
liehe Phrase zum Träger tiefer Empfindung macht. Beide haben eine gewisse
Vorliebe für bestimmte< melodische Figuren und harmonische Fortschreitungen
gemeinsam, welche eine besondere, beinahe esoterische Bedeutung haben. Diese
Motive kehren in der ganzen Musik Bart6ks ständig wieder und scheinen infolge
einer gewissen geheimen Verwandtschaft oder Ideenassoziation irgend einem späteren
Zweck, irgend einer vorgefaßten Idee zu entsprechen, welche aus Mangel an einem
geeigneten Wort manchmal irrtümlich "poetisch genannt wird. Ein Beispiel hiefür
ll

findet man in der Folge D, Fis, A, Cis, mit der die Widmung zu den zehn leichten
Stücken beginnt. Dieselbe Phrase kehrt wörtlich wieder in den beiden Orchesterporträts
und auch in Nummer 13 der Bagatellen, welche den Untertitel trägt: "Sie ist tot".
Titel wie "In voller Blüte" (Bildnisse), "Ein wenig grau" (Burlesken) darf man nicht
als Erklärung oder als Hinweis auf eine programmatische Idee literarischer oder
malerischer Natur auffassen. Bart6k ist vor allem - vielleicht in weit größerem
Maße, als andere lebende Komponisten - absoluter Musiker. Nichts in seinen
Werken verlangt Kommentar oder nähere Erklärungen; es ist Programmusik der
Seele ... Gesamtinhalt seiner subjektiven, psychologischen Erfahrungen. Wie Gautier
von Berlioz sagt: "Es ist eine steile hieroglyphische Kunst, in die man nicht wie
in die Kunst des Alltags eintritt". Auffallend ist Bart6ks gelegentliche Dunkelheit,
welche durch die sonstige Helligkeit und Geradheit seines Stils erhöht wird. Diese
Dunkelheit ist nur das Resultat seines Versuches, flüchtige geistige Erfahrungen
_mitzuteilen, welche der kalten Ausdruckslosigkeit der geschriebenen Note ausweichen.

II
Eine besonders einnehmende Eigenschaft, welche sich beim Studium der Werke
Bart6ks ständig offenbart und weiche ihn scharf von seinen Zeitgenossen unter. . .
scheidet, ist die, daß er keine bestimmte unveränderliche Kompositionsweise kennt,
keinen fixen, einseitigen Stil. Er benützt weder von den Akademikern, noch von
der modernen französisch . . .russischen Schule abgebrauchte Vorlagen, oder genauer
gesagt, wenn er fremde Vorlagen benützt, so hören sie auf, solche zu sein. Er
besitzt jene seltene Qualität des Geistes, welche alles beleuchtet, was er berührt und
es in Reiches und Seltsames umformt. An einer Stelle schreibt er eine Melodie,
welche keine stärkere harmonische Unterstützung verträgt. als ein einfaches Volks...
lied; in einem anderen Falle konstruiert er ein harmonisches Gewebe von großer

93
Zartheit und Vielmaschigkeit. Er ist ein Meister der Kunst, reiche und verschiedene
Wohlklänge zu einem ausgearbeiteten und doch eng verknüpften orchestralen
Gewebe von blendendem Glanze und außergewöhnlichem Reiz zu vereinigen. Und
doch ist er ebenso fähig. ein kunstvoll gefügtes polyphones Gewebe zu verfertigen.
wobei er strengste Beschränku.ng und Zurückhaltung übt, die ebenso eindrucksvoll
als selten ist. Mit einem Wort, er ist ein Meister in allen Ausdrucksformen und
doch hat er sich jede von ihnen ganz zu eigen gemacht. Dieser Katholizismus seines
Stils ist das Resultat einer ungewöhnlich individuellen Ausdrucksform. welche im
Dienste einer reichen und meisterhaften Persönlichkeit steht. Seine Originalität ist
das Ergebnis von Inklusivität, nicht von Exklusivität. Sie ist nicht eine jener zarten
Treibhauspflanzen, die bewußt kultiviert und eifersüchtig gehegt werden, damit nicht
der leiseste Windhauch ihre kostbaren, blutleeren Blüten verwelken macht. Bart6k
ist ein großer Stilist, gerade weil er keinen Stil kennt. Seine Ausdrucksform bildet
er sich nach dem besonderen Gedanken, den er auszudrücken wünscht. Er sucht
nur dessen genaue Wiedergabe, nicht mehr und nicht wenig er. Er ist in der Tat
der musikalische Exponent des "rechten W ortes U , der von Gustav Flaubert in der
Literatur vor einem halben Jahrhundert eingeführten Lehre. tlDer Stil ist nUr eine
bestimmte Denkungsart; je schöner eine Idee ist, desto volltönender ist die Phrase.
Die Genauigkeit des Gedankens ergibt das richtige Wort ... , wenn man genau
weiß, was man sagen will, sagt man es auch richtig/I. Wenn wir irgend ein Werk
Bart6ks prüfen oder analysieren, werden wir finden, daß ein seltsamer und doch
charakteristischer Reiz in seiner Ausdrucksform liegt, in einer undefinierbaren
Gedankenqualität hinter den Noten. Niemals vorher hat es einen klareren und
überzeugenderen Beweis für die Wahrheit gegeben, daß in der Musik, wie in jeder
anderen Kunst, die Schönheit nur relativ ist und von der Relativi tät des Symbols
des betreffenden Ausdruckzweckes abhängt. Die Musiker gehören im allgemeinen
zwei Hauptgruppen an. Der eine setzt sich hin und schreibt in vagem, unbestimmtem,
beinahe physischem Schaffensdrang. Er beginnt mit der erstbesten Idee. die ihm in
den Sinn kommt und schreibt von Takt zu Takt weiter. ohne sich über das nach-
folgende klare Vorstellungen zu machen. Er hat aus Erfahrung gelernt, daß er im
Laufe seiner Arbeiten oft ganz unerwartet auf einen Gedanken kommt, welcher ihm
eine ganze Welt von Möglichkeiten eröffnet. Gelingt dieses unbestimmte Etwas, so
entsteht ein gutes Werk, wenn nicht, ein schlechtes. Aber er kann niemals vorher
sagen, was daraus werden wird.
Ein Musiker des zweiten Typus, zu welchem BeIa Bart6k zu gehören scheint,
geht ans Werk mit einer bestimmten, im Geiste bereits fertigen Idee, die durch. .
zuführen sein ausschließlicher Endzweck ist. Für ihn besteht der größte, einem
Künstler mögliche Erfolg darin, genau das durchzuführen, was er sich zu vollbringen
vorgenommen hat. Er ist nur befriedigt oder unbefriedigt, je nach dem Grade, bis
zu welchem er sich diesem Ideal genähert, beziehungsweise (bei dessen Unerreich . .
barkeit) entfernt hat.
Der erstere ist ein fahrender Ritter, der ausreitet, um Abenteuer zu suchen; ob
ihm ein Magier, ein hübsches Mädchen im Unglück, ein alter Drache oder nur ein
wilder Eber in den Weg kommt, ist ihm gapz gleichgültig. Was immer er findet,
mit dem ist er zufrieden.
Der letztere ist ein Ritter des heiligen Gral, der sich sein ganzes Leben auf der
eW1gen, endlosen und unermüdlichen Suche nach einer Vision befindet, die ihm

94
ständig entrinnt; weder rechts noch links blickend, aber die Augen fest gegen den
Horizont gerichtet, ist er ein Mensch, den weder hübsche Mädchen im Unglück,
noch Drachen, noch alle verlockenden Zauberkünste Klingsors, noch zauberhafte
Blumengärten von seinem unveränderlichen Endzweck abbringen können.
Dadurch, daß er nach und nach alles ausschaltet, was seiner ausdrücklichen Absicht
entweder hindernd im Wege steht, oder ihr nicht direkte Dienste leistet, ist Beta
Bart6k heute bei jener natürlichen Einfachheit angelangt, von welcher man so viel
in der Theorie hört, und so wenig in der Praxis vorfindet. Was gewöhnlich als
einfach und natürlich angesehen wird, ist nur Konventionalismus, welcher die
organische Form auf eine mechanische, leblose, tapetenmusterartige . Schablone
zurückführen will. Daß in dieser rücksichtslosen Eliminierung, in diesem unnach..
giebigen Verhalten gegenüber allem Konventionellen eine Gefahr liegt, war immer
selbstverständlich. Die Kunst ist stets mehr als erfolgreicher Ausdruck; iminer besteht
die Tendenz, diese Ausdrucksfähigkeit zu konzentrieren und zu verfeinern. Sicherlich
gibt es einen Punkt, der schwer in der Praxis zu definieren ist, über welchen man
unmöglich hinaus gehen kann, ohne selbst rasch und plötzlich dahin zu schwinden.
Es ist jedoch bemerkenswert, zu betonen. wie selten Bart6k diese Grenze überschreitet.
Bei der ersten Bekanntschaft mag Bart6ks Kunst, da wir ja alle ~n den Schwulst
und die Überladenheit der modernen Musik gewöhnt sind, vielen allzu leer und
verworren erscheinen, oft s~gar einen kindlichen Eindruck zurücklassen. Erst nach
gewisser Zeit beginnt man, die erstaunliche Feinheit und Unaufdringlichkeit zu
erkennen und zu schätzen. Es gibt in der Tat nur wenig Parallelen in der Musik
irgend einer Zeitperiode für jene einnehmende Geradheit, welche dem Durchschnitts..
musiker, als eine meist nur oberflächlich komplizierte Struktur oft unverständlich
ist; denn der gewöhnliche Musiker hat sich so lange schon daran gewöhnt, das Symbol
für Wirklichkeit, das Ebenbild für die Gottheit selbst zu halten, daß er über diese
entschlossene Verwerfung alles dessen, das ihm bisher als wesentlich erschien, fassungs ..
los ist. Bart6k hat die Musik von der Tyrannei des Konventionellen befreit, das in
Wirklichkeit nur die Negation in der Musik bedeutete: von überflüssigen Kontra ...
punkten, bedeutungslosem Figurenwerk und all dem übrigen Füllsel, das, eine Art
Elefantiasis, so lange jede natürliche Freiheit des Ausdruckes behindert hat. Er hat
den Mut gehabt, das für den Musiker fatale Erbe der VergaQ.genheit von sich zu
werfen und hat einen frischen Zauber in jener absoluten Ehrlichkeit entdeckt1 die
für immer mit bloßer Beredsamkeit und Rhetorik gebrochen hat.
BartOk scheut sich nicht, roh und ungeschlacht zu erscheinen, weil er ganz gut
den Wert dessen, was er sagt, kennt. Nur der Komponist nlißtraut sich selbst und
zweifelt an dem inneren Wert seiner Ideen, der sein Werk mit gleichgültigem Bei ..
werk überladet, in eitlem Versuch, dessen vollständige Leere zu verbergen. Im all..
gemeinen kann man ganz ruhig behaupten: Je besser ein Komponist weiß, was
er will, desto einfacher wird sein Stil sein und umgekehrt. Die Griechen waren
gewohnt, zu glauben, daß ein Mensch, der sich nicht nackt zeigen woHte, unbedingt
irgend ein physisches Gebrechen haben müsse. Die charakteristischen Krankheiten
des Musikers sind Furcht vor Nacktheit und leeren Räumen (Pausen).
Entgegen der allgemeinen Annahme sind die bedeutendsten Erscheinungen der
jüngsten Generation der lebenden Komponisten Schönberg, van Dieren und
Bart6k unvergleichbare Me1odiker. In der Musik der älteren Meister, bei Delius
zum Beispiel, fühlt man ständig das Vorherrschen harmonischer Elemente, welche das

95
melodische Interesse in deo Hintergrund treten lassen. Man kann die Möglichkeiten eines
Werkes von Delius erfassen und seinen besonderen Reiz festhalten, selbst wenn man
jede Spur einer melodischen Linie vernachlässigt. Bei Bart6k ist es gerade das
Gegenteil. Die Harmonie hat keine selbständige Existenz und das melodische Element
herrscht vor. Er verwendet die Harmonie hauptsächlich dazu, die charakteristischen
Elemente der melodischen Phrase zu unterstreichen und besser hervorzuheben. In
einem der zehn leichten Stücke harmonisiert er die Melodie mit einem einzigen
Akkord auf verschiedenen Tonstufen. In einem anderen Stücke verwendet er über'
haupt keine Harmonie.
Bart6k ist unzweifelhaft ein unverbesserlicher Romantiker, obgleich manche der
mehr oberflächlichen Seiten der Romantik bei ihm nicht zu finden sind. Seine
Romantik ist frei von den Sünden der Übertreibung und zu starker Betonung.
Bildlich ausgedruckt, könnte man sagen, daß er, obwohl seine Musik vom Herzen
kommt, dieses kostbare Organ nicht in seinem Ärmel, seinen Schuhen oder im
Munde trägt. Er steht zur romantischen Schule im selben Verhältnis, wie die nach. .
impressionistischen Maler zu Manet, Pissara und Monet. In der Tat, man könnte
ihn als einen Nachimpressionisten bezeichnen. Er kennt nicht jene sehnsüchtige
Schwärmerei, jenen Weltschmerz, der vielleicht das charakteristischeste Element der
Kunst der früheren Generation bedeutet und welcher einen so vollendeten Ausdruck
in den Werken von Delius, Verlaine, Yeats und vielen anderen, gefunden hat. Im
Gegenteil, Bart6k besitzt zeitweilig eine heroische Strenge und Männlichkeit, welche
der Musik der letzten Jahre beinahe gänzlich abhanden gekommen ist. Er ist sensibel,
nicht neurasthenisch; seine Stärke degeneriert niemals zur Gemeinheit; seine Leiden. .
schaft ist frei von Sensualität oder Sentimentalismus ; sein launischer Humor verirrt
sich niemals in respektlose Possenreisserei. Er ist vor allem niemals sensationell.
Mit einem Wort, seine Kunst hat nicht jene Eigenschaften, welche auf unmittelbare
Popularität gerichtet sind, obgleich sie nichts anderes verlangt, als Sympathie und
einen von alten und neuen Vorurteilen freien Geist.
Es gibt sehr viele Künstler, die sich sonst stark 'von einander unterscheiden, sich
aber doch darin gleichen, daß sie, in folge der unübertrefflichen Vollkommenheit ihrer
Werke, bei ihrer Nachfolge ein Gefühl tiefer Entmutigung zu erzeugen im Stande
sind. Man fühlt, daß' sie alle Möglichkeiten erschöpft haben, die sie selbst eröffneten
und daß nichts mehr für die Späterkommenden übrig geblieben ist, wie bei Bach,
Mozart, Wagner, Chopin und Delius. Andere hingegen, Beethoven, BerHoz, Liszt,
Moussorgskr geben uns Hoffnung und erneute Kraft; alle ihre Werke, ob groß oder
klein, lass'en immer noch neue Möglichkeiten offen. Und Bart6k gehört zu den
letzteren. Für viele von uns zum mindesten enthüllt er neue Möglichkeiten. Er hat
sich seinen Weg durch den undurchdringlichen, finsteren Wald gebahnt, in dem sich
so viele moderne Komponhten hoffnungslos verirrten. Über seine gegenwärtige,
erreichbare Kunst hinaus, gibt er uns ein Gefühl von Freiheit, frische Hoffnungen
und neue Energien, mit welchen wir sein Schaffen erfüllt sehen.
Bela Bart6k ist erst 40 Jahre alt; er tritt eben erst in die Phase reifster Tätigkeit.
Man geht kaum zu weit, wenn man sagt, daß keine Hoffnungen für die Zukunft
in einem solchen Falle zu hoch gespannt seIn können, wenn jemand in so jungen
Jahren schon so viel vollbracht hat. (Frei aus dem nSackbut")
o 0

96
B R I E F A N BEL A BARTÖK
Von Oscar Bie, Berlin
Lieber Bart6k! Als Sie bier waren, konnten wir wenig sprechen. Es ist um Sie
so eine schöne Atmosphäre der Einsamkeit, vor der ich mich scheute. Wenn S'ie
spielen, lebt die ganze Musik in Ihnen und man erhält den starken Eindruck Ihrer
Persönlichkeit. Aber in dem Augenblicke, in dem Sie aufhören, findet sich nicht
das rechte Wort zur Auseinandersetzung. Es ist, als ob Sie in Ihre Höhle wieder
zurückkriechen, aus der man Sie nur mit Ge~alt hervorlocken kann. Ich habe sehr
viel Sinn für diese Zurückgezogenheit, aber ich muß immer an ein Wort denken,
das neulich ein berühmter Komponist zu einem bescheidenen jungen Künstler
sagte: das genügt nicht, daß Sie gute Kunst machen, Sie müssen auch ein bißehen
verstehen, sich in Szene zu setzen. Natürlich, ich verstehe, daß dies wetliger Sache
des Entschlusses, als des Temperamentes ist. Aber ich schreibe heute an Sie, um
Sie anzuflehen: treten Sie in die Welt! Bieten Sie dem Schicksal die Stirn! Es ist
mir so, als ob Sie jedesmal, wenn eine wichtige Entscheidung naht, vorher um die
Ecke biegen. Nicht wahr, jetzt läßt sich vielleicht etwas in Amerika machen, aber
Sie sitzen lieber still und häuslich über Ihrer Sammlung von Volksliedern, in der
Sie ja ein berühmter Kenner sind, die aber Ihrer Wirkungsmöglichkeit als schaffender
Meister durchaus nicht entspricht. Damals handelte es sich hier darum, daß Sie
vi elleicht zu der Reinhardtschen Aufführung der Lysistrata die Musik machen sollten.
Da verreisten Vecseys, bei denen Sie wohnten, und Sie reisten auch, weil Sie nicht
so leicht ein Obdach fanden. Und wissen Sie noch, als Sie Ihre Ballette bei einem
Freunde vorspielten, da war auch Schillings hinbestellt, aber er zankte sich mit dem
Portier, der von Ihrer Existenz nichts wußte und ging wieder weg, nachdem er das
Klavierspiel nur ganz von weitem gehört hatte. Er wußte, daß Sie es waren, aber
er erreichte Sie so wenig, wie Sie ihn erreichten. Solche Wege des Schicksals muß
man durchkreuzen. Man muß ganz anders hinterher sein, um seine Kunst öffentlich
zu machen,
Was wissen die Leute hier von Ihnen? Sie haben hin und wieder einmal ein
Streichquartett gehört oder ein Klavierstück und viele haben sich bekreuzigt. Keiner
hat ein wirkliches Bild von ihrer Tätigkeit. Es ist Zeit, daß es anders wird und
ich will das meinige getan haben, um Ihnen zu helfen. Doch ist Schreiben dabei
das geringste. Die meisten Leute, die es lesen, wissen von Ihnen und die anderen
lesen es zu wenig. Ich wünschte, daß ein Mäzen käme, der Ihre Werke in die Tat
umsetzte, indem er an hervorragender Stelle einen Zyklus Ihrer Arbeiten in Szene
setzte. Sie lassen sich gut genug mischen, um nicht die Gefahr einer Uberanstrengung
zu laufen, älteres und neueres in allen Gattungen der Musik. Sehen Sie, ich großer
Opernkenner, kenne auch noch nicht einmal Ihre Opern, obwohl mich jede Zeile
von Ihnen interessiert, die ich zu sehen bekomme. Wenigstens kenne ich Ihre beiden
Pantomimen vom Klavier her und denke an sie zurück, als an die kühnsten und
und modernsten Erzeugnisse dieser Art, die in der Wirkung ihrer ganz eigenartigen
Illustration unbedingt die Aufführung verdienen, die auch Ihre sehr besonderen
Texte empfehlen. Das müßte zuerst hier zu machen sein, nachdem sich unsere
pantomimische Bühne so eifrig entwickelt hat.
Ich blätterte in diesen Tagen wieder in Ihrer Kammer... und Klaviermusik und
es war mir, als ob Ihr produktiver Geist wieder lebendig vor mir stände. Bald ein

97
Fugato in altmeisterlicher Arbeit, dann wieder die vollste Freiheit der Stimm...
führung. ein starkes Unisono der Streicher, die immer lebendige Rhythmik, Ihre
vorzüglichste Eigenschaft, plötzliche schöne Abgerissenheiten der musikalischen
Sprache, alle Freude in dem Schnitt der sogenannten Dissonanzen, die aus einem
Expansionsgefühl der alten Musik hervorqueIIen, eingemischte nationale Weisen,
ein rhapsodisches Schwingen freier Passagen und dann wieder ein Händekrallen
enger Klavierintervalle, der ganze Naturalismus des Instrumentes in einer neuen
pianistischen Phantasie, ein Lebendigwerden aller versteckten Geheimnisse, die noch
immer in den Saiten ruhen, der Geist aller neuen Harmonisationen, die Konzequenz
paralleler Akkorde und Figuren, die Mischung verschiedener Tonarten übereinander,
alle Dämonien des Walzers und der Trauer im nie geahnten Bilde dieser Tastatur
- es stürmt alles auf mich noch einmal ein, als ob es immer noch nicht Wirk...
lichkeit geworden wäre und Besitz der musikalischen Welt. Es ist mir, als ob ich
es immer wieder entdecken müßte. Und doch ist Ihre Musik, so neu sie sein mag,
auf dem Grunde der Tradition gewachsen. Das ist der Unterschied zu der letzten
Musik Schönbergs, die von einer ganz neuen Einstellung zum Material selbst ihre
Wege zu finden sucht. Wogegen Ihre Phantasie eine gerade Linie von Schumann
zu unserer Zeit führt. Ihre Rhythmik, scharf, schneidend, purzelnd, stechend, rollend,
spritzend, ist Schritt und Wurf einer Zeit, deren Tempo wir erst ahnen, die "aber
doch folgerichtig aus dem Takt unserer geistigen Erneuerung geschaffen erscheint.
Ihre Melodie, von einer erregten Exotik. gänzlich frei in Intervall und Koloratur,
singt die alte Romantik in neue, schwere, ferne, visionäre Träume hinüber. Ihre
Harmonie, trotz aller Alterationen in der Struktur durchaus logisch, in tausend
heimlichen Beziehungen der Stimmführung aus Durchgängen, aus Vorhalten, ohne
Scheu vor jenen Zusammenklängen, die der Gesundheitsfanatismus der Tonalität
haßte, blüht wie ein Wundergarten verwegener musikalischer Blumen und ist doch
so ganz natürlich erwachsen aus der alten Kunst, die nur zu letzten Möglichkeiten
unserer Sinne geführt wird. Dies gute Handwerk, das in Ihnen lebt, ist ein Trost
für die Zukunft. Derselbe Meister, den ich oben zitierte, sagt: Gefühle verwehen,
Handwerk bleibt. Ich wünsche Ihnen, daß die Zukunft, die in Ihren Werken liegt,
bald Ihnen und uns Gegenwart werde. Wenn ich das erlebe, brauche ich nicht mehr
zu schreiben.
c c

DIE STREICHQUARTETTE VON BELA BARTOK


Von Dr. Egon Wellesz, Wien
Beethoven hat in den letzten Quartetten und Sonaten die Gebundenheit des
Aufbaues, die seine Werke der mittleren Epoche kennzeichnet, gelöst und den Weg
gewiesen, innerhalb eines gegebenen Rahmens völlige Freiheit schalten zu lassen.
Fast eines Jahrhunderts aber hat es bedurft, um die Konsequenzen aus dieser
Errungenschaft zu ziehen; denn die unmittelbaren Nachfolger sahen die Aufgabe,
die sie zu erfüllen hatten, nur in einem Inhalts .... nicht auch in einem Formproblem.
Sie, die Romantiker, erweiterten die Sphäre des Gefühls und der Leidenschaften,
sie brachten ein gesteigertes subjektives Empfinden in die Musik, sie erweiterten
das Feld der harmonischen Möglichkeiten und ihre NachfolRer, Mitlebende einer

98
saturierten, den Besitz mehrenden Zeit, suchten das Überkommene zu bewahren
und die Errungenschaften der Vorgänger auszubauen. Mehr noch als die größere
Form der Symphonie stand die Kammermusik im Banne eines geruhsamen Eklek...
tizismus, sie war nicht mehr der Ausdruck einer intimen Aussprache über die
höchsten Dinge, die den Geist bewegen, sondern eine behagliche Form der Konversation.
Erst die letzte Epoche brachte Werke hervor, in denen wir wieder die unmittelbar
zwingende Aussprache von Mensch zu Mensch verspüren, eine gesteigerte Leiden...
schaftlichkeit, ein neues Pathos.
In anen Ländern finden sich fast gleichzeitig die Versuche, das Streichquartett
zum Träger dieser neuen VhinnerIichung zu machen. Dieser neue Inhalt, der sich
schon in der musikalischen Idee, der Melodie ausdrückt, schafft sich aber naturgemäß
seine Form. Das glatte Schema der eklektischen Sonate genügt ihm 'licht mehr,
auch nicht jener romantische Idealismus, der durch genaue Wiederholung des ersten
Teiles eine glückliche Lösung um jeden Preis versucht. Er läßt die Gedanken sich
formen und entwickeln, solange ihre innere Triebkraft es fordert und zuläßt. (Das
ist eigentlich gar nichts N eues und findet sich in jeder Epoche eines gehobenen
Kunstempfindens ; es muß aber gesagt werden, weil die wenigsten Schaffenden sich
bewußt sind, wo die Grenzen der Erfindung und der Beginn der Routine liegen.)
Bart6k ist einer der großen Innovatoren, der ungehemmt seinen inneren Trieb,
zu musizieren, entfalten kann. In seinen Quartetten ist alles von einer strengen,
fast unerbittlichen Konsequenz; diese Konsequenz ist ihm aber nicht von einer
gegebenen Form, sondern vom Inhalt diktiert. Er ist einer der stärksten und un...
mitteIbarsten Melodiker, die heute schaffen; dies merkt man mehr noch in seinem
zweiten Quartett, als im ersten.
Das erste Streichquartett op. 7 besteht aus drei Sätzen.
Von diesen ist der dritte t dem eine kleine t thematisch diesen Satz vorbereitende
Introduktion vorangeht, der umfangreichste. Der erste Satz ist in langsamer Bewegung
mit imitierenden Einsätzen der einzelnen Stimmen angelegt; der Mittelteil enthält
einen kantablen Kontrast und ist, im Gegensatz zu der polyphonen Haltung des
ersten und dritten teilest eher homophon gehalten.
Allmählich entwickelt sich aus diesem ersten Satz das All e g r e t todes zweiten,
ganz außerordentlich streichermäßig erfunden, mit einer gewissen Vorliebe für unisone
Führungen der Instrumente.
Den Schlußsatz beherrscht ein energisches Motiv, das sich aus den rezitativischen
Figuren des ViolonceIl in der Introduktion allmählich herausbildet. Ein gewisser
stetiger Achtelrhythmus der Motivik gibt diesem Stück eine eigenartige Prägnanz;
ein kapriziöses Fugato im Mittelteil schafft einen ausgezeichneten Kon trast.
Das zweite Quartett op.17 entstammt einer viel späteren Schaffensepoch e j es entstand
in den Jahren 1915-17, nach der Oper und dem Ballett. Es besteht ebenfalls aus
drei Sätzen, die aber eine ganz andere Formung haben, ~ls die des ersten Quartettes.
Der erste Satz zeigt geschlossene Bildung und ist thematisch gearbeitet; der zweite,
ein Allegro molta capriccioso, zeigt Elemente, die den Lesern der Zeitschrift aus dem
Allegro barbaro her bekannt sein dürften j einfache, fast an Volkstänze gemahnende
Melodien, harte, konsequent festgehaltene Harmonien, die durch den ehernen Rhythmus
sich dem Ohr unschwer einprägen. Der letzte Satz ist ein klagendes Adagio, frei
rhapsodisch gehalten, aus der Gefühlswelt der "Nänien" für Klavier. Man kann sich
nach der Partitur nur schwer ein Bild davon machen, wie dieses Werk klingt;

99
obwohl es von unerhörter Kühnheit in der harmonischen Konzeption ist, macht
es der prägnante Rhythmus, die scharfgeprägte Melodik und der klare Aufbau
leichter faßlich als manch anderes Werk von weniger kühner Konzeption.
Es fallt mir schwer, ohne Heranziehung von Notenbeispielen zum Zweck einer
ausführlichen Analyse mehr über diese Seite von Bartoks Schaffen auszusagen; es
ist mir um seine Kunst zu ernst, als daß ich zu den allgemeinen Phrasen greifen
könnte, mit denen man heute neue Erscheinungen zu signalisieren pflegt. Ich kann
nur glauben, daß jeder, der Sinn für das Große und Bedeutende in der gegenwärtigen
Epoche der Musik empfindet, beim Anhören dieser Werke einen ähnlich unmittel-
baren Eindruck haben wird wie ich, als das Waldbauerquartett das erste Streichquartett
1911 in Budapest zum erstenmal spielte. Ich fühlte damals, so neu mir auch Ausdruck
und Form des Werkes war: dies mußte ausgesprochen werden, und der es ausspricht,
beherrscht seine Sprache so, daß sein Empfinden in den Herzen der anderen Menschen
verwandte Saiten zum Klingen bringt.
Es ist immer ein wunderbares Schauspiel, zu erleben, wie das, was ein einzelner
einsam empfunden hat, und nur für wenige Menschen bestimmt scheint, in weitere
Kreise dringt, wie das Persönliche der Aussprache dadurch, daß es anderen Menschen
zugänglich wird, zurücktritt, und die Sprache des einzelnen, aller Zufalligkeiten
entkleidet, zur Diktion wird, die für andere Menschen, andere Werke vorbildlich
wirkt. Früher, als man zu hoffen wagte, wächst das Schaffen Bart6ks aus dem
begrenzten Kreise der ersten Freunde und Weggenossen hinaus in die Welt, Kunde
gebend von der großen, gestaltenden Kraft seines Schöpfers.
D D

BARTOKS KINDERSTÜCKE
Von ZoItan Kodaly, Budapest
Es ist begreiflich. daß das steigende Interesse an Bart6ks Werken sich in erster
Linie den größeren Kompositionen zuwendet. Doch wäre es verfehlt, gewisse kleinere,
mit bescheideneren Ansprüchen auftretende Werke, die eine Fülle des Interessanten
und Wertvollen bieten, zu übersehen.
So die Kinderklavierstücke. (1110 leichte Klavierstücke", 1.908, "A gyermekeknek",
1908 /09, "Pro Deti", 1909/10, Sonatine über rumänische Themen, Rumänische
Weihnachtslieder, Rumänische Volkstänze, 1915. Geistesverwandt, wenn auch von
schwierigerer Ausführung: ,,15 ungarische Bauernlieder" , 1915.)
Obwohl ihm schon beim ersten Versuch dieser Art Kabinettstücke gelingen (wie
die seitdem trotz ihrer Leichtigkeit zu beliebten Konzertpiecen gewordenen Nr. 5
und 10 aus den 10 leichten Stücken), verwendet er späterhin, wenn er für Kinder
schreibt, doch niemals mehr eigene Themen, als ob es ihm angenehmer schiene,
den Kindern di~ kindliche Musik des Volkes näher zu bringen.
Die Reigen, Sriele und Lieder geben dem am Lande aufgewachsenen Kinde
etwas mit, das ihm zeitlebens ein Eckchen der Seele warm .hält. Dieses Schatzes
sind die Kinder der Stadt beraubt. Ihre ersten musikalischen Eindrücke sind zumeist
al1erschle(hte.~ter Art. Das beste Gegengewicht wäre freilich, ihnen die Kinder . .
reime und einfachsten Lieder des eigenen Volkes einzuprägen. Hiefür sorgen die
öffentlichen Schulen noch bei weitem nicht genügend. Unserer klavierspielenden

IOD
Jugend gab Bart6k das Mittel in die Hand, sich jenes fehlende Erlebnis, wenigstem.
nach der musikalischen Seite hin, soweit es möglich, zu ersetzen.
Doch er ging weiter. Nach einer Reihe der schönsten ungarischen Volks ... und
Kinderlieder nahm er die meist selbstgesammelten Melodien der anderssprechenden
Bewohner Ungarns vor. "Pro deti·· enthält slowakische, die letzten Hefte rumänische
Volksthemen.
An der Hand dieser kleinen Mustersammlungen, welche den besonderen Charakter
jedes Volkes - soweit ihre Knappheit es zuläßt - klar und bestimmt darstellen,
wird das Studium der Volksmusik Ungarns spielend eingeleitet und, durch Erwecken
des Interesses, der zurzeit hierüber herrschenden argen Konfusion vielleicht bei der
kommenden Generation ein Ziel gesetzt.
Der nicht hoch genug anzuschlagende Nutzen dieser musikalischen Landeskunde
en miniature wird von einer Fülle spezifisch musikpädagogischer Anregungen begleitet.
Was alles wird nicht den armen, musiktreibenden Kindern zugemutet! Nicht zu
sprechen von der unabsehbaren Menge Schund, der sich unter verschiedenen
pädagogischen Vignetten verbirgt. Kein anderes Gebiet der Musik war je in diesem
Maße ein Zufluchtsort der Stümperei und Talentlosigkeit.
Aber auch die einschlägigen Werke größerer und kleinerer Meister erreichen
selten das Ziel, wirklich Musik für Kinder zu werden. Das beste dieser Art wird
meist von Erwachsenen gespielt und findet bei den Kindern nicht immer das
dankbarste Publikum. Andere Werke stoßen sie durch die widerliche Attitude ab,
die sich ihnen - wie manche Erwachsene durch Nachahmung ihres Tonfalles,
ihrer Sprechfehler u. s. f. - etwa wie sonderbaren Tierchen nähern will.
Bartok spricht zu ihnen wie zu Menschen, jedoch, um verstanden zU werden,
bedient er sich ihrer Sprache. Diese Sprache aber ist ihm keine Ma.ske, sie ist zu..
gleich die seine - eine seiner Ausdrucksweisen. Er stimmt die alten, traditionellen
Weisen der Kinder des Volkes an, in einer zarten, äußerst feinfühligen Klavier..
einkleidung. Man harmonisierte . ja unsere Volksmelodien auch ehedem in den
verschiedensten Stilarten : bald dilettantisch.. stümperha,ft, bald klassisch..korrekt,
bald virtuosenmäßig..brilIant, endlich aber wagnerisch.
Hier aber scheint der richtige Stil getroffen zu sein: der Stil der Melodien
selber. Er mag vielleicht anfangs fremdartig anmuten, wie auch die Weisen selbst:
im eigenen Lande den Gebildeten kaum mehr bekannt. Doch die Kinder fühlen
das ihnen Verwandte bald heraus. Sie fühlen, daß sich ihnen einer ohne Verstellung
zugesellt, sie haben ihre helle Freude an den Stücken, soweit ihnen diese nicht
von ängstlichen Pädagogen vorenthalten werden. Besonders von Lehrern älteren
Schlages, die "beim LeistenIl bleiben wollen und namentlich die schier unbegrenzte
Möglichkeit und Notwendigkeit einer tieferen rhythmischen Durchbildung noch nicht
erkannt haben. Diejenigen aber, welche soweit sind, werden auch als rhythmische Übung
eine lebendige, urwüchsige Musik allen künstlich ausgeklügelten Übungen vorziehen.
Und hier liegt die Bedeutung dieser Stücke für Kinder anderer Länder. Es wurde
von verständigen Lehrern auf die musikpädagogische Ergiebigkeit des Ungewohnten
bereits hingewiesen. (So von Max Friedländer in der Vorrede seiner ausgezeichneten
kleinen Chorschule.) In diesem Sinne wird das Fremdartige in Bart6ks Kinder-
stücken noch zu einem besonderen Vorzug. Mögen die Kinder glücklicherer Län ..
durch diese Musik ihren armen osteuropäischen Geschwistern nähergerückt werden!
c c

101
BELA BARTOKS KLAVIERWERKE
Von Fe1ix Petyrek, Salzburg
In BeIa Bart6k ringen zwei Elemente: verfeinerte musikalische Kultur, die alle
Elemente der Tonsprache beherrscht, und die elementare Gewalt seiner heimatlichen
Volksmusik. Andere würden versuchen, diese Gegensätze zu vereinigen, einander
unterzuordnen; bei Bart6k ringen sie miteinander.
Seine Musik ist überhaupt eine Musik des Gegensatzes, der Groteske.
Zunächst fällt die unerwartete Einfachheit auf, mit der eine melodische Linie
zuweilen harmonisiert wird. Dort, wo man sich versucht fühlte, alle harmonischen
Beziehungen, die in einer Melodie schlummern, herauszuarbeiten und der Chromatiker
die feinsten Regungen des Melos aufspürt und unterstreicht, hält Bartok einen ein. .
zigen Akkord, eine kleine Ostinatofigur,+ sehr oft nur ein Intervall, besonders gern
eine Sekunde, längere Zeit fest. (Vgl. op. 6, 1II, V, XIII; op. 14, III etc.) Kadenz-
artige Wirkungen, welche die Melodie gliedern, werden dabei durch Akkordfolgen
erreicht, die an sich keine oder nur schwache Schlußwirkung haben.
In dem glücklichen Griff, gerade den oft sehr dissonierenden Akkord, gerade
diese Sekunde zu packen und dadurch der ganzen Stelle einen bestimmten Charakter
aufzuzwingen, zeigt Bart6k Meisterschaft und Genialität zugleich. Es klingt so einfach,
so zwingend, so natürlich, als könne es nur so sein und nicht anders; selbst wenn
er atonal ist, kann man schwer sagen, wo er die Grenzen der Tonalität verläßt.
Fast immer ist ein Klang da, von dem aus sich das Stück (oder eine Episode des--
selben) unerbittlich weiterentwickelt und in ihn zurückkehrt, den es umkreist. Wo
das nicht deutlich in Erscheinung tritt, bewegt sich die Harmonie in einem inneren
Rhythmus, der sich in der Wiederkehr gewisser Fortschreitungen auswirkt. Dieses
freieste aller Gesetze einer Kunst, welche die Fesseln der Tonalität abgestreift hat,
prägt sich bei wenigen Zeitgenossen so klar aus, wie bei Bart6k. Kompliziert wird
die Sache erst durch die schulmäßige Analyse, doch muß diese Musik auch einfacheren
Gesetzen unterstehen; die zu ergründen, bleibt noch vorbehalten.
Oft wirkt Bartok dadurch merkwürdig, daß er eine einfache melodische Wendung,
einen klaren Rhythmus durch unerwartete Harmonie untermalt. - Auch Stimmungs. .
gegensätze macht er zu Grotesken. Lustige Rhythmen (Polka u. a.) werden wehmütig,
reich an Dissonanzen Ebenso findet er im Rhythmus selbst Anlaß zum Grotesken. Ein
scharfer, prägnanter Rhythmus wird einem gleichstarken, aber andersgearteten, entgegen. .
gesetzt. Bar.tok legt auch in das Wechselspiel von Harmoflien und Rhythmen zahllose reiz-
volle Wirkungen.
Überall ist seine Rhythmik kraftvoll, lebendig; man fühlt in ihr den Einfluß der
Volksmusik.
Bart6k schreibt in eminentem Sinn klavieristisch, jedoch ohne äußerlichen virtuosen . .
haften Glanz. Sein Klaviersatz ist schlicht. Aus der Fülle aller Möglichkeiten greift
er unwillkürlich beraus, was dem Augenblick entspricht. Bezeichnend dafür ist das
herrliche einstimmige Klavierstück, die Bagatelle op. 6, IX, das (seit dem Schluß . .
satz der B moll. . Sonate Chopins) zu den schönsten Stücken dieser Art gehört. Bart<>ks
>i< Es muß nicht immer ein Ostinato sein; zuweilen hat ein regelmäßig erscheinender Rhythmus

oder eine Stimme, die sich andauernd auf demselben TaktteiI um das gIeicre Intervall senkt oder
steigt, ostinatoartige Wirkung (steigender und fallender Ostinato); auch Fälle eines durch Pausen
unterbrochenen (intermittierenden) Ostinato kommen vor.

102
"Bagatelle" ist ein dreistrophiges Gedicht, das sich in seiner Intensität fast den Worten
der Sprache nähert; die dritte Strophe steigert sich zu bedeutender Wucht. Schon
die 14 Bagatellen op. 6 geben uns ein vollständiges Bild Bart6kscher Eigenart. Die
erste überrascht durch ihr ungewohntes Notenbild: Rechte Hand 4~, linke 4 P. Die
Stimmen gehen aber rücksichtsvoll gegeneinander vor: Die rechte erzählt, die linke
wirft ab und zu ein Ostinato von fünf Tönen ein (unterbrochenes Ostinato): das
klingt so, als ob jemand immerWtährend einen Einwand (gegen irgend eine Sache)
gedankenlos wiederholen würde. In der zweiten der Bagatellen wird die harmonische
Einheit durch die Sekunde b-as hergestellt. Das ganze Stück wächst in schrittweiser
Erweiterung aus dieser Sekunde heraus. Im dritten ist ein durchgehendes Ostinato von
fünf Tönen in der linken Hand festgehalten. Drei weitere Stücke sind als Volkslieder
gesetzt, Nr. X hat ein prächtiges Thema, Nr. XIII ein seltsames, düsteres Bild:
"Elle est morte", Nr. 14 ein bizarrer Walzer (M'amie, qui danse.) Verwandt mit diesem
ist op. 9, "Skizzen"; besonders daraus hervorzuheben ein zartes, feines "Mädchen. .
bildnis" (Nr. I), Schaukel (11), darin in launiger Weise das Schaukeln nachgeahmt
wird; die Rechte beginnt in E moll, die Linke in As dur. Eines der Stücke ist als
rumänisches, ein anderes, sehr übermütiges als italienisches bezeichnet. Im op. 8 b
finden wir vier Klagelieder (Nenies), ernste, würdige Stücke, das zweite wie ein
Volkslied. Die im selben Opus enthaltenen zwei Elegien sind größere inhaltsreiche
Tondichtungen, die der neufranzösischen Schule verwandt sind.
Op. 8 c "Drei Burlesken": die erste "Der Streitl.<, größtenteils unisono, wirkt im
Mittelteil beruhigend; die zweite "Etwas angeheitert" enthält dissonierende Akkorde
in einförmigem Rhythmus, unterbrochen von volksliedmäßigen Phrasen; die dritte
ist ein Scherzo mit seltsamen Sekundenwirkungen in Passagen.
Seine viersätzige Suite op. 14 besteht aus vier kürzeren Stücken: I. Alegretto
(nicht Sonatenform, die sich bisher in Bart6ks Klavierwerken nicht findet), 11. ein
sehr witziges Scherzo mit einem charakteristischen zweiten Thema (siehe Noten. .
beispiel cl, III. ein Allegro molto, im Hauptteil wieder eine Art Ostinato (d),
IV. Sostenuto mit einer charakteristischen Wendung, das chromatische Gegeneinander. .
schieben von Terzen.

Sehr anregend sind seine drei Etüden op. 18, die technische Probleme, welche
In seinen anderen Werken gelegentlich vorkommen, weiter entwickeln.
Pädagogisch von ganz besonderer Wichtigkeit sind außerdem die vier Hefte seiner
nSammlung für Kinder", leichte Klavierstücke, ohne Oktavenspannung mit Benützung
ungarischer Kinder . . und Volkslieder.

103
An einIgen Stücken, wie der schlichten "Ballade con variazioni" sieht man den
innigen Zusammenhang der Volksmusik der Heimat mit der Kunst Bartoks. Wer
ihn ganz verstehen will -, muß ihn auf seiner Puszta suchen j das große Weite,
der Rhythmus der Landschaft und des Lebens, das wirkt sich in allen seinen Werken aus.
o 0

DER "T E M P S" ÜBE R BELA BARTOK


Le Tombeau de Claude Debussy. ccuvres composees en hommage a Debussy par BeIa Bartok.
Paul Dukas, Manuel de Falla. Eugene Grossens. Francesco Malipiero, Maurice Rave1, Albert Roussel,
Florent Schmitt. Erik Satie. Igor Strawinsky (suite).
Un troisieme orateur funebre s·avance. C'est Beta Bart6k, un des representants les plus
caracteristlques de cette jeune et originale ecole hongroise dont la revelation soudaine. a un
concert de la Sodete mus kaie independante, stupHia jadis les amateurs fran~ais. Cette audition
est demeuree ceIcbre parmi les musiciens A cause de !'impression singuliere produite par des
pieces de piano de Kodily, executees par Theodore Szint6 avec une solennite hieratique et un
lu xe de silences qui dechainerent dans 1a salle une gaiete immoderee. Il n'en fallut pas davantage
pour accrediter la legende d'une mystification savante organisee par de facetieux compagnons
et eteer un etat d'esprit terriblement circonspect a l'egard des musiques portant la meme bande
de garantie.
La qualite la plus rare dans les milieux musicaux est, en effet, Ia sincerite. Un amateur
de musique goüte diffidlement une joie: artistique affranchie de toute idee precon~ue. debarrassee
de prejuges critiques ou historiques. allegee du fardeau des theorles et des hierarchies. 11 a besoin
d'etayer ses admirations, sUt des bases rassurantes: le decret explicite d'une autarite constituee
ou l'argument tire .. du consentement universel". 11 n'ose pas interroger son coeur et avouer
ingenument son plaisir, son ennue ou sa perplexite. Le respect humain le paralyse. En presence
de la singuliere liberte de style des jeunes compositeurs hongrois, de Ieur affranchissement, de
leur deIicieuse sensibilite harmonique, beaucoup d'auditeurs eprouverent une surprise nuancee
d·inquietude. Comment classer ces sauvages? Dans quel compartiment de l'esthetique pouvait... on
faire entrer cette sorte de barbarie subtile, cette spontaneite et ce raffinement? On trouva plus
facile d'en rire et de decIarer que Kodily de-vait etre un proche parent de Boranali.
Ce pendant, quelques auditeurs plus perspicases avaient remarque 1a qualite du discours
musical que tenait Bela Bart6k. Hs pressentirent un maHre ct le proc1amerent au milieu des
ironies dechainees. Ils ne s'etaient pas tromp':s, Le talent de Bart6k n'est pas plus discute
a l'heure actuelle que celui de Schoenberg et c'est une satisfaction tres vive,
pour ses amis de la premiere heure, de le retrouver aujöurd'hui charge d'une
pieuse ambassade au tombeau de Claude Debussy. 11 s'en acquitte avec unediscretion
et un tact parfaits.
Un theme melancolique, expose a l'unisson, chante avec une- simpIidte tranquille, comme
une meIopee populaire fredonnee par UD cortege lointain. Chaque membre de phrase s'attarde
sur la note finale. selon l'usage des foules qui conduisent une melodie jusqu'au bout de leur
souffle et prennent ensuite largement leur respiration. Mais, sur cette note qui meurt, s'eICvent
des reponses ,mysterieuses, des echos legers qui vibrent et disp.uaissent, fugHifs, insaisissable.
Est... ce UDe doche qui disperse et emmele s\?s sons harmoniques dans la campagne, est-ce un
fremissement de feuillages, un leger sanglot du vent d'ouest? . . . On ne sait ct il importe peu:
mais une tristesse delicate nait de cette opposition de la melodie sereine et nue, et de ce frisson
d'harmonies inqui(hes et douloureuses qu'eveille san passage, Peu a peu, les dissonances
chuchotent sous les pas de la meIopee - comme de fcuilles martes qui bruissent au passag.::
d'une promeneuse dans une foret de novembre - eleve nt leur insinuant murmure et tourbillonnent
autour de la melodie qu'elles submergent un instant. Mais Ia nostalgique passante poursuit sa
route et, derriere elle. les ticrces ct les secondes, soulevees. retombent lentement avec un dou~­
bruit de soie froissee. 3 decembre 1921}
o 0

Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. P. A. Pisk, Wien, I. Karlsplatx 6. Herausgegeben von der Universal ..
Edition A.-G. - Druck von Orto Maa.fl' Sohne Ges. m. b, lL, Wien I. WallftschgaSie W.

104
Töne im Herbst. 1

Aui'fü}u'ungsrecht vorbehalten.
Droifs d'cxeculion rCserv6. Az aszi larma.
, Sostenuto. Bela Bart6k, Op. 16. Nr. 2.
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Notenbeihge zu "Musikblätter des Anbruch~ Sonderheft Bela BartOk, I. Mäl'zheft 1921-
~J. A. 24.
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hört man a.ll ~ näch _ tens ,töh - - nen
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M.A.24.
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Mandolinen,
Zithern,
Bo~en,
Pianinos SaIten,
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überschrieben, in dem er für das Schaffen von Alfred Valenlin Heuu mit gro~em Nachdruck einfriff

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Pelleas und Melisande op. 5


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Symphonische Dichlung für Orchesler
u_ E. Nr_ 3371 Orchesler-Parlilur Mk_ 40--
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sicherlich diese Neuausgabe hochwillkommen hei~en
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6\\\'Che KOlli .
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Ze\ B.Sdtott'sSÖhne.MainZ" en

Oie neuesfen und soeben veröffenIl. bezw. in Vorbereitung (*) befindlichen Werke

DI~
t Rudi Stephan
enlen Me n $ dae n. Oper in drei Aklen. Uraufführung
Olto Klemperer
Miuö ulera In C. Meue für drei Sopt"ne. All. Tenor.
In Frankfurl a. M. Herbsl 1920 BlI~, 01Or. Kindenhor, Orgel und OrdJ~ter
Musik liH Orlllester in einem 5;:11% Psalm 42 Judico mt. Für Ba~.Solo.O:rgelundOr<hesler
lieder. Aus dem Nac:hlo~ herausgegeben von Sonderverzeidmis über fruher erschienene Werke vom Verlog
Dr. K. Hall, ö) Sieben lieder nadJ versmledenen,
DIchlern. b) Sechs Gedlmle .Idl will Dir sIngen ein
Hohelied ..... von G. Roberlus. cl Zwei ernste Geiilnge
(Günlher und HebbeL) Für Bariton. d) Up de eensilme
Hallig (lilieneron). Für fiele Stimme. Erwin Lendvai
fl a mme. Neun lieder lür MönnerdlOr n<'lm Gedidlfen von
K. Brager, op.26. In drei Hellen. I. Drei vier$llmmlge

t Fritz Jürgens M1innerrnöre.., c... p('I1 .... 2. Drei ~ediSslimmjge(Doppel-}


Mannermöre mit Bi'lrilonsolo. 3. Drei ..,mbUmmlge
(Doppel·) Miinnerdiöre
Aus dem geSilmlen liederwerk einsmlie~lim des Nam'asses~ ·V i er Lö n i·1 I ed er fürvienfimmige MlInnen:höre acapella
Ausgew1ihlle lieder. Zwölllieder "tlch ftllke. Greif
u. ..,. Dichtern. In einem B,md. (h. m. u. f. erschienen.)
Sonderverzeimnis fiber das ganze, verölfenllidlle Smaflen
vom Verl<'lg
Heinr. Kaspar Schmid
Sireimqu..,rlell in G dlM'
°Qu In' eil für flöle, Oboe, KI ... rlnelie. Horn und F<'Igoli
Josef Haas Sonale A moll für Violine und Klavier
KI<'Ivierwerke: Paraphrasen über ein Them<'l von Llul
lieder des Glücks, Sieben Gpdimte \'on K. A. Melz für zwei KllIviere. °Bayeri5che ländler für Klavier zu
Heim1i<he lieder der NiHhl. Sedls lieder nlleh ver· zwei Händen. °Bayrbme Uindlerf. Klavierzuvier Hilnden
sc-'edenen Dimlern Gesiln9'1!; Il) "liederspiel zur laufe für mitllere
°Ela .... ykluJ ... on I\lavlef5füdl,en Stimme mit GillIl'f'e oder Klavier. Zehn lieder nam
Dehmel und Rückerl. b/OKI<'In g um Klang. Sems
Gedimle von Eichendor! • Für hohe Stimme mit Klavier
oder Orcheder. In zwei Heften. cl ODer Pi Iger. liedf'f'
Paul Hindemith zyklus von fünf Gedlmlen fur Bartlon. d) "Sil n ge eines
fahrenden Spielmanns. Ein liederzyklus nam
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6266 Klavierauszug mit Texl •.• " , )5'-
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63-11 .-Sonnkar·, Gesang und Klavier • • . . , )'so

DER ABENTEURER
Oper in drei Akten. Dichtung vom Komponisten
6316 Klavierauszug mit Texl •. . ...•••••.....
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DAS HölliSCH GOLD
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5770 Texlbudl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ,-'60
DER LIEBE AUGUSTIN
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6773 Klavierauszug mit Texl . . . . , 8'-
5772 Texlbudl .....•..•... ,2'-
5772 a dlo. Büttenau$gabe . . . . . . • . , 12'SO
6078 Drei Tänze. Klavier zweihändig . . 2'-
609(} Augtisliri~Walzer. Klavier zweihändig ) 'SO
6075 Drei Gesange des August!n • . . . 2'-
6076 Drei Gesänge der Tini . . . . . . .~ 2'-
6077 Gesänge des Smmidl . . . • • . . 2'-
6079 li~d der zwei kleinen Mädchen . . )'-

LA TARANTELLE DE LA MORT (Die Todes-Tarantella)


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6436 Texlbum . . ..........' , -'60
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6501 Valse lente. Klavier zweihandig I-SO
6502 Valse de Ninon. Klavier zweihändig , ),SO

I
Verein
Salzburger Festspielhaus-Gemeinde
Gegründei am 1. August 1917
. G"cld.lra~e 12. Gebdude der Gesellsmall der Mu.iklreunde
-- -- ~ - --------
"M_ bfolHdd die Erridllung von Fests pie I h (I Us, 8 ft UI e n In Sah bur g zur AbhaUung
_ musikcllischen und dramallsdleft fesbplelen wellJkhen und gebllkhen Inhell!.
.........ton ..'len
führung der cleulsd1en Kunsl
. . .114_ der Direktion: Ale"anderThum-Ta ..ls (WIen) Prä1ident; Dlrek'or friedlich
OeIwnacher (Solzburg) I. Vll~prihKl~nl: Dr, Karl Wiener (Wien) Pr6~1 d. R. d. SIMII·
ek.mie für Musik und darsleU~nde Kumt, belr..,ul mir der Funktion ~Is 11. Vinprihidenl:
R~kleLJr Heinrich Damisch (Wien) ge)mallsltihrende, [lIrekliommilgliE-d; OtAoklor EmU
Ron!.perger (Wien) nnanzreferenl: land(>s·Oberrechoung~rttl Arfhur Sadler l~lzburg)
.lenlrl'llktmier; Oberslleulnom d. R. Adol' frank (Salzburg) Houp'schrlltführer; Cieorg
Jung (Salzburg) Zenlrillvorsle.her der Ortsgruppen
In die Direktion entsendete Regierunglvertre'ertSekllonsraJ Ot. KarI kobakl VOIII
SltHItsliml rUr Inneres und Ulllerri<ht; Seklionsrilt 0,. OUltav H"'r vom ~
Verkehrswesen; Oberbaurat Ing. Gus'av Gebe vom SIMben'd lOr HondeJ und 6

Induslrle und Bauten.


Kunst.a" Dr. Hugo HO!nn.thal (Wien). Proleuor MG Reln_ (Berllnt HWIII
Prof. Ar,.ed Roller Wi..). DiroI<lionsmllglied Opemdlreldor P,o~ f ..... SdNor. (Wienl
Opemdirektor Dr. Ri rd StreufJ (Wien)
VON'lnde der Zweigvereinel DirektMMumHgIied Otnereldirektor 0,. Sle.....1NI Sfr...tay,
Z.flg" ~eln Wien; Dlrektionmlilglled D'feklor Frledrtch Cielt........, ZWIOVfl'eln Selzburg
S~Ir.r~'.rI.'e::o Wien:I. Giselmlrllt-e 12 (KlIrlspliltz 6), Musltliverelnlgebaldt. Salzburg: ~
"''' I. R...donzgebaude

Auszug aus den Satzungen


•• o.Mral •• I1tfglled.r. I. Grupre: a) S.tfte-r, .E'khe ein tut aUemeJ einen Betrog von
~ b} CirGnder, ~ f:1fI lur allemol e-Inen Betrag .. on K 10.0CIIt-
( fa.-det ~r, wtf4atot'C ~ ~ NW'J" &evG9 ,on K 2(X))"- ertt'Of:Jl. d) Spender,
....... ...... 60InIg "'" K IlW .n.g.n
11. u- • 'lIrde._ ,__
o91 Ullfenau ............... ~
.der _ fIIo- _09 "'" - . . . . . K 10lt-.
0. ..... 11&= ... seift, _ cx.._oq~ag ~ K Ht-,
_'tlfl_ 100- tohr· ~
"'" t.ts!<n. fOrtq_fmd><1INg .,... ...tM • • ~ K S-)

-----------_._---- - --- -- - .- ----_ .. _-- .

Der Vere", glbl l1lOI1<IfIl<h .... _ _ f(IOISIztlhdortll "'1_ _ der Selzburger fest-
spielheus-Oemetftde", her6US, ~ lkh mJI alten (>~ ~ und 1öernc:Mn
fragen befG"und die k1ulendenVet~en~ .....pbdlrtfHeiter: Helarkh
Damis"', Woen. L Gl.."','r.~ 12. Bezu_ets lur Motgliedor I.hrbch f( (Mk.lllt-. für NkhI-
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IBela Bart6k
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U. E. Nr. Mark U.I!.Nr. a .."
M« op. 6. 14 Bagatellen •.••••.••. 3'- 11584·2/43 ..Für Kindtr G.1Udnl$tüdi:e f, Aft.;-
6857 op.8& Deu:! Danstl!ll RoumulKS •• 4'- flnler 'obne OldayCbpUluUD,),·
6845 op. 8 b. l Elegtcn •.•••••••••• 2'5'0
6659 op. 8 c Troia Burtnqua: •• , ••• •••~ mit BcnfitaUD& uDlarllDcl-"r:
4840 op. 9 Eaqui..ca •.•.••••..•• 2'-- W;inder.. u. Volkslieder Heft l/U '2"40
6850 op. 10 DeuI Imagu •..• .• ••.• " - "'12/'" n....lb. Hdt llI/IV •.••••• l l'&,}
lS891 op. 14 Kla:"ic.r.uit~ •••.••••••• 2'50 UM Q 'U&tte Hinlu (Trauet,csl",.) • 4· ......
6498 op. 18 Trob EUtdU • • . • • . • • . . 2'60 5802 RumAnlllcbe Volb;tluc •. Uaaan 1'28
690' AUerto barbaro •.•.••.••••• 1'50
6370 15 uD.uiJ.c.he BauttnUtdn ...•• 2-'.50 aS9() RamlDlKh. WrihDa,btaJic4cr •• :1'-
6841 Zehn lddltc JOnkntlc.ke .••..• 1'.0 6508 Sonati.Jlc •••••••••••• 4 2"BG
•••

ZWEI KLAVIERE ZU VIER HÄNDEN


CSI58 OJ'. J Rb.Apodk ••••••••••:.-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . :"-=-
KAMMERMUSIK

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op..' ,Bat uaIor alt ~ Daeb T _ .... My (IIl Vookfdl -,I
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s1-_ V~" flIr 1'IuotImmipD ...............
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/ DER HÖLZERNE PRINZ
Tal>lapld In _ Akt. Tut YOIl B. B .....
tIf35 KJa.,ltraua:uI mit dlUtKbcm, en&lfadmD uDd UJala.riechtm Tat .•••.•.••.. 10'-
663<1 Tatbucb dcDtKb In VorbcrcltullJ
Aailllbraapm.tcrial Dach Vcrdab&ruIIc
In Vorbcrdtu",:
DIE BURG DES HERZOGS ~ BLAUBART
Oper iD. \dnem Akt J Tut von B. Balm
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8. Jabzog&Dg, Nummer 6

J os. A. Dasatiel .. .. Entwicklung in der Kammer.musik


C. R. Mengelberg .. ............ " .. Arnold und
die deu
Richard Specht .. Dirigenten V.lIjrf1~ !l!~~;:~~:::-~~
"VJdmUDl7eJ1 .. Zu Wi11em 60. G
a &. Hotrmann .~~~:~ ................ Julius Bittner
hrlA..hrin .. Diel vonBittners"Kohlhaymerin"

CI' ..... :
nWhi·Haba" von R. St. Hoffmann; Musik
~. a S:t. Hot!'mann; Polnisches Symphonie-
.t.:.1It.iIiia ,
KOllI .... ,....W.ltller Klein Preisausschreiben des
,~bnlOJlH blJ!!pborlrompotdtionen Besprechungen I
Noti_. f .za ~ N0C6nbei1&ge . Neue Noten' Neue
Bdcber

Note.be1Jal1e: Buge Kauder "V6gJein Scbwermut"


~d ..Septembermorgen"

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i5!
~ Die MUSI!CBL!T!ER DES. ANBRUCa '!Prechcn !ordernd 5
.5 und fördernd 111 allen Fragen der Musik ;;;;
~ Die .MUSlKBLAcTTER DES ANBRUCH verfolgen du je-. ~
;;;;;; wellige Gesamtbild, sowohl hinsichtlich der musikal~ §
.===_= Produktion.wi~:derintcrnationalen MUlikpflcge ~
Die ~S!K~LÄTTBR DES A!'IBRU~H ar~eit~fiir.d1inge-·· E
5 wlchttgen~achdrucltder kunstlcriach reiJl.eli Ab$icht des §
== .
KornI>Qnisten.fiirdie Entkleidung deS~\lSlkbetriebes §
i s.m~ rein.geSch~.ftlichen Charakters. füteine V.,e<Jlu'lg
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E.
iii!li
§ \ Die MtlSIKBLÄ TTER DES ANBRUCH bekennen '!ich.. bloß Ei!
~ .,"odium für aUe ernsten Bestrebungen in d.. iMu$ik. §
.ä . !licht zu Schlagworten irgendwelch.. musikalisch.en.zu~ E
§ g.hörigkeit. wie Schule. Richtung. Clique als prinzipienen ,::;
§ Ge.i~htspuukten. vielmehr lediglich zu Werten aufbauelV iii
§ d.. Qualität ',. . =
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Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH wollen befruchtend
auf alle Musikinteressi..ten wirken. seien sie Schaffende.
E
=
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;;; Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sind die encrg~ i §
;: Einstellung ~ die heutige Konvention,irn Musikbetrleb. 5
Si! die Forderung nach dem Edlen und Bleibenden'in ~IW.,.t ==
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Band inn.... Z\1g..ehörigkeit gewesen ist
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MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

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ENTWICKLUNG IN DER KAMMERMUSIK
Von Dr. J. A. Dasatiel, Wien
So oft hört man, das kammermusikalische Schaffen der modernen Komponisten
entferne sich immer mehr vom Wesen dez eigentlichen Kammermusik. Dabei wird
al. Maßstab in der Regel die klassische Art dieser Kunstgattung angenommen. Das
heißt aber die Kammermusik durch eine chinesische Mauer von der Entwicklung
abschließen wollen, ein ebenso ungerechtfertigtes, als aussichtsloses Unternehmen.
Aussichtslos: die Modernen gehen naturgemäß unbekümmert ihren Weg weiter;
ungerechtfertigt: die Kunst entwickelt sich als Ganzes und wächst einer ihrer Zweige
nicht weiter, so stirbt er ab.
So hat sich denn die Kammermusik in engster Verbindung mit der übrigen
Musik entwickelt, hängt sie doch ebenso von Empfindungsart und Ausdrucksbedürfnis
ab, wie die Kunst überhaupt, die ihrerseits stets auf den kulturellen Verhältnissen
basiert, also von Psyche und Mentalität der Zeit nicht zu trennen ist. Mit diesen
ändern sich naturgemäß alle Zweige der Kunst, nicht bloß einzelne.
Wird in einer Kunstgattung ein endgültiges Ausdrucks' oder Form,Ideal aufgestellt,
so leugnet man damit ihre weitere Entwicklungsfähigkeit. Ist diese. Ideal - wie
das ja meist und auch in der Kammermusik der Fall ist - ein Beispiel aus der
Vergangenheit, so begeht man noch einen anderen schweren Fehler: ein erreichtes
Ideal ist keines mehr. Ideale müssen in der Zukunft liegen und dürfen nie als
Endziele, sondern immer nur als Tore zu neuen Zielen gelten, sie müssen aus der
Ferne gesehen absolut, in der Nähe betrachtet relativ sein.
Unterziehen wir nun das klassische Kammermusik..ldeal einer näheren Betrachtung,
untersuchen wir, ob es wirklich ein Endpunkt ist. Das Wesen einer Form, einer
Ausdrucksweise wird man aber nur dann voll erfassen, wenn man ihre Entstehung
berücksichtigt. Werfen wir also einen Blick auf Ursprung und Entwicklungsgang
unserer Kunstgattung. Dabei werden wir naturgemäß auch der Genesis der klassischen
Musik überhaupt unser Augenmerk schenken.
Nach der jahrhundertlangen Vorherrschaft des polyphonen Stils setzte ungefahr
in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die vol1e Wirkung einer Reaktion von

105
grundlegender Bedeutung ein: die meiodlsche Homophonie begann ihren Siegeslauf.
War das Thema des alten polyphonen Satzes ein Melodietorso, so ist das des
neuen homophonen Stils eine wohlabgerundete Melodie. Bewegte sich der alte
Stil in streng gleichbleibender Stimmung, so zeigt die neue Schreibweise regen
Wechsel des Ausdrucks, häufigen Stimmungsumschwung, auch im Rahmen kurzer
Stücke. Die Musik beginnt da freier zu atmen: das Gefühl durchbricht die Kloster-
mauern verstandesmäßigerKonstruktionstechnik, die Musik beginnt zu leben.
Freilich sind es zunächst nur Gefühlchen, hauptsächlich galanter Natur, die da
zum Ausdrnck kommen. Erst in den späteren Werken Haydns finden wir höhere
Gefühlsgrade. Sie steigern sich bei Mozart immer mehr und werden bei Beethoven
zur elementaren Leidenschaft. Mit dem steigenden Einfluß des Gefühles wird nun
die Rolle des als neues Formelement eingeführten Kontrastes immer dominierender,
um im klassischen Sonatensatz zu prinzipieller Bedeutung zu gelangen, die ihren
augenfälligsten Ausdruck in der Gegenüberstellung von Haupt- und Seitenthema findet.
Die Entstehung und fortschreitende Entwicklung des Sonatensatzes brachte es mit
sich, daß auch die alten Tanzformen, wie Courante, Chaconne etc., aus denen sich
bisher die Suiten, Divertimenti, Serenaden zusammensetzten, gefälligeren, freieren
Rhythmen den Platz räumen mußten, wie sie zum Beispiel im Menuett zu Worte
kommen. Die so regenerierten Serenaden erfreuten sich als Nachtmusik, Ständchen,
überhaupt als Musik im Freien bald großer Beliebtheit und Verbreitung. Von dieser
homophonen, heiteren, anspruchslosen Freiluftmusik nahm nun das Haydnsche
Streichquartett seinen Ausgang. Es behielt auch noch länger den volkstümlichen Ton
bei. Das Prinzip der thematischen Arbeit führte Haydn erst dann, als er es auf dem
Gebiete der Symphonie schon genugsam angewendet und erprobt hatte, in die
Kammermusik ein. Damit stellte er die klassische Form des Quartettes auf, die über
Mozart und Beethoven bis in die Moderne anscheinend unverändert geblieben ist.
Anscheinend: nur insofern man sie strenge getrennt vom Inhalt betrachtet. Aber
auch sie ist relativ, ist eine, Funktion der schöpferischen Potenz und der Ausdrucks. .
möglichkeit. Wäre das nicht der Fall, so würde sie zur Formel.
So hat denn auch das vermeintlich unveränderliche klassische Ideal schon zur
Zeit seiner Blüte innere Metamorphosen durchgemacht. Mozart hat die kantable
Thematik nicht bloß in die Ecksätze der Symphonie eingeführt, er hat sie auch in
der Kammermusik zu erhöhter Geltung gebracht, hat ferner harmonische Kombinationen
von erhabener Kühnheit in Tönen festgehalten, wie sie noch lange nach ihm niemand
wagte. Beethoven erweiterte nicht nur die Form des Sonatensatzes durch die sogenannte
große Coda, er brachte wie kein anderer vor ihm elementare Leidenschaft, "titanisches
Ringen", tragisches Pathos zum Ausdruck. Die Romantik brachte insofern neues,
als sich ihre große psychische Sensibilität im Hervorheben schwellender Kantilene
auslebte. Brahms knüpfte zwar unmittelbar an Schumann, also an die Romantik
an, entwickelte aber bald in ganz entgegengesetztem Sinn seine antifreiheitliche,
unsinnliche Kunst, die den Endpunkt der naiven Freude am Musizieren bedeutet.
Eingeschworen auf das klassische Ideal war er ein rückblickender Künstler, der aber
sowohl für die konservative, als auch für die fortschrittliche Richtung eine Basis
bildet. Ein Fall, der viel von seiner Merkwürdigkeit verliert, wenn man bedenkt,
daß Brahms' Gegenpartei, die neudeutsche Schule, fast kein einziges Kammermusikwerk
geschaffen hat, also nur eine Anknüpfung an ihn oder an die Romantik mögliCh
war, welch letztere Eventualität aber dem Zeitgeist wenig entsprochen hätte. War

106
für die Konservativen Brahms' Klassizismus maßgebend, so boten für die Fortschrittlichen
zwei andere Momente gute Anknüpfungspunkte. Einmal sein vielleicht unbewußter,
aber jedenfalls starker Pessimismus, der sich in fast allen seinen Kompositionen
in Form einer Schwermut äußert, die Nietzsehe (Zweite Nachschrift zum "Fall
Wagner U ) als "Melancholie des Unvermögens ll bezeichnet hat. Ob diese Qualifikation
bei Brahms stimmt, soll hier nicht untersucht werden; den Geist der damaligen
und besonders den der Vorkriegszeit, der leider, gerade in dieser Beziehung
noch immer wirkt, l{ennzeichnet sie treffend. Das zweite Moment ist das starke
Hervortreten des Verstandesmäßigen, das sich in oftverkünsteltenRhythmuskreuzungen,
unregelmäßigen Perioden und besonders in der - von Riemann so genannten -
Gotik seiner Durchführungskunst zeigt. Da von diesem Ausgangspunkt ein Fortschritt
nur in radikaler Richtung möglich war, vor der aber die große Mehrzahl zurück ...
schreckte, blieb die Kammermusik noch lange im klassizistischen Fahrwasser. Die
Folge davon war ein Versinken im Epigonenturn, ein Stillstand in der Entwicklung.
Hier liegt die Wurzel des Übels insofern, als durch diese Umstände auf dem Gebiete
der Kammermusik eine Versteinerung der Wertbegriffe herbeigeführt wurde, die
heute noch stark nachwirkt, obwohl die Entwicklung dieser Kunstgattung in
jüngster Zeit wieder in Fluß gekommen ist.
Zwei führende Größen sind hier zu erwähnen: Max Reger und Hans Pfitzner.
Reger, ein typischer Vertreter der modernen Verstandesmusik, geht von Brahms
aus, betritt aber - schon in seinen ersten Werken eine ausgeprägte Persönlichkeit
- alsbald den Boden musikalischen Neulandes und hegründet, so paradox es klingen
mag, eine radikale Moderne im alten Stil. Pfitzner wieder, einer der bedeutendsten
lebenden Komponisten, greift einerseits auf die Romantik zurück, bekennt sich aber
anderseits - viel früher als alle anderen - auch zum Prinzip der Horizontalmusik~,
ohne sich jedoch auf das tote Geleise reiner Verstandesmusik zu verirren. Sind
Pfitzner, Reger und Schönberg Vertreter der Polyphonie, so sehen wir in Claude
Debussy, dem Führer der französischen Moderne, einen typischen Repräsentanten
des homophonen Stils. Er stellt ein Kompromiß zwischen Impressionismus, alt...
französischem Klassizismus und Monteverdi dar und ist einer der ersten, welche auch
die Kammermusik als Stimmungskunst deuten. Stark von ihm beeinflußt Rave1,
ein Komponist, der bemüht ist, den Grenzen seiner musikalischen Potenz durch
hypertrophisches intellektuelles Raffinement den Anschein eines weiteren Horizontes
zu geben.
ImLaufe dieser ganzen En twicklung vollzogen sich die verschiedenen Metamorphosen,
im wesentlichen auf dem Gebiete der Ausdrucksweise, der Thematik und Harmonik,
während - mit Ausnahme der extremen Moderne - die Form im allgemeinen
keinen großen Veränderungen unt.e:rworfen war; sie ist variabel. auch wenn sie
gleichbleibt, genau so wie sich derselbe Rahmen ändert, wenn er verschiedene Bilder
birgt. Das Ausdrucksbedürfnis ändert sich mit der Kulturentwicklung. Man kann
also heute nicht mehr beim Klassizismus Halt machen, kann nicht von den Modernen
verlangen, daß sie klassisch empfinden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer
neuen Thematik, Harmonik, Kontrapunktik, kurz eines neuen Stiles, der aber
naturgemäß nicht durch klassische Brillen betrachtet werden will und darf. Überall
sehen wir bedeutende Künstler auf neuen Wegen. Im deutschen Sprachgebiet Pfitzner,
Horizontalmusik im Gegensatz zu Vertikalmusik: Polyphonie ohne Rücksicht auf den
o{o

Zusammenklang.

107
Reger, Schönberg, in Italien F. Malipiero und den Triestiner Carlo Perinello, in
Frankreich Debussy, in England Cyrill Scott, in Böhmen Suk, Novak, Haba, in
Ungarn Bela Bart6k. Jeder dieser Komponisten hat seinen eigenen Stil. Impressio-
nismus und Expressionismus sind da ebenso vertreten, wie Homophonie und
Polyphonie, wie Gefühl und Intellekt. Aber so verschieden alle diese Stile auch
sein mögen, es verbindet sie doch alle ein neuts Element: die Klangfarbe.
Das Wesentliche dabei ist, daß das Formelement des Kontrastes nicht mehr bloß auf
dem Gebiet der Thematik und Kontrapunktik, sondern ebenso auch auf dem der
Klangfarbe zur Geltung kommt. Das kann ebenso auf polyphonem Wege erreicht
werden (Strauß, Pfitzner, Reger), wie auf homophonem (Debussy) ja auch eine Ver-
schmelzung bei der Richtungen ist möglich, eine homophone Polyphonie, das hat
Schreker bewiesen. Die neue Ausdrucksweise entspringt einem neuen Ausdrucks . .
bedürfnis. Ihm muß sich auch die Kammermusik anpassen, deren ohnedies durch
Art und Zahl der Instrumente begrenzte Klangmöglichkeiten noch durch Stilregeln
einzuschränken, ein arg rückschrittliches Beginnen ist.
o 0

ARNOLD SCHÖNBERG UND DIE DEUTSCHE MUSIK


Von Dr. C. Rudolf Mengelberg, Amsterdam
Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist in der deutschen Musik eine Tendenz
zur Nationalisierung wahrzunehmen. Sie setzt vor 1870 ein - wie jede große geistige
Bewegung den politischen Ereignissen vorauslaufend. Ihre charakteristischen Vertreter
sind Wagner und Brahms - Wagner bewußt d-as Nationale unterstreichend, trotz-
dem kraft seines Genies von umfassender Größe, Brahms unbewußt national, aber
deshalb umsomehr beschränkt. In beider Bahnen wandelt ein Heer von Epigonen.
Der Geschmack des großen Publikums bleibt national eingestellt. Vorbereitet
durch Brahms wird Max Reger aktuell. Und heute verbohrt man sich in Hans
Pfitzner, der mit den beiden lobenswerten deutschen Eigenschaften "Gründlichkeit"
und" Vertiefung« einen starken" Willen zum Genie" verbindet. Der heutige Pfitzner'"
Kult ist dazu angetan, der deutschen Musik das Odium nationaler und geistiger
Exklusivität zu erhalten, das sie sich leider 'erworben. Aber neben diesen zeit . .
gebundenen Erscheinungen gib!'s in Deutschland Gott sei Dank noch eine universale
Musik, nicht nur wurzelnd in der Tradition der Klassiker, sondern wahrhaft
erfüllt von ihrem Geiste. Ihre Heimat ist Wien. Dort wuchs Anton Bruckner, dort
Gustav Mahler, beide zu Lebzeiten hinter der national und stilistisch beschränkten
Musik zurücktretend, allmählich aber immer größer und gewaltiger aufsteigend, die
ganze Epoche überragend.
Noch heute ist Wien der geistigelVentilator Mitteleuropas. Der Name Arnold
Schön berg enthält ein Programm, zu dem sich junge strebende Musiker aller
Nationen bekennen. Wie man auch persönlich zu der Entwicklung stehen mag,
die Schönberg genommen hat, man muß diese große und ehrlich suchende Künstler-
natur würdigen als Ausdruck der lebendigen Kraft, die im deutschen Musikleben
steckt. Reger und Pfitzner werden für das Land Scriabines, das Land Puccinis, das
Land Debussy. eine quantite negligeable bleiben; gegen den Geist Schänbergs kann
sich die Welt nicht verschließen.
o 0

108
9BesoJ1derer Tei/
D I R I G E N T E N
VIII
Willem Mengelberg
Von Richard Specht, Wien
Es gibt berühmte Dirigenten, die man sich nur im Frack vorstenen kann und
deren äußere Eleganz ein Teil ihres Selbst zu sein scheint. Ich zweifle nicht daran,
daß Willem Mengelbergs Frack, in dem er wie alle anderen vor das Publikum tritt,
von tadellosestem Stoff und Schnitt ist. Aber wenn ich an diesen Meister der
Orchesterinterpretation denke, sehe ich ihn nie in Gesellschaftstoilette vor mir,
sondern in einer, die er sicherlich nie getragen hat: ich sehe ihn wie eine der zeit...
losen Arbeitergestalten Constantin Meuniers, im Kittel, den Hammer oder den
Meißel in der Hand. Und wenn ich der Musik gedenke, die ich in seiner Ausdeutung
und Gestaltung gehört habe, muß ich mich jedesmal daran erinnern, daß sein Vater
es war, der die Erztore des Kölner Doms geschaffen hat und fühle des Sohnes
Wesensgleichheit, der jedes Tonwerk zur Plastik von Bronzegüssen formt und
gleichzeitig zur mächtigen, sinnbildervollen Pforte, die in ein Allerheiligstes führt.
Was an Mengelberg vor allem zu .bewundern ist, heißt: Arbeit und wieder
Arbeit. Ich will nicht entscheiden, ob er als Musiker genialer ist als die meisten
anderen Orchesterleiter, ob er als Techniker souveräner sei und als geistige Kraft
intensiver. Obwohl ich es glaube. Aber unvergleichlich, auch in ihren Resultaten.
ist die eigensinnige Zähigkeit und die Energie, mit der er das innere Bild, das seine
produktive Begabung ihm aufhellt. auf die anderen überträgt. Auf das Orchester.
indem er nicht abläßt. ehe die subtilste Betonung, die zarteste dynamische Schwebung.
die lebendigste, feurigste Beseelung jedes Takts und die organische Einheit des Ganzen
erreicht ist. Auf das Publikum. indem er nicht abläßt. den Widerstrebenden das von
ihm als groß Erkannte so lange vorzumusizieren, bis sie es erfaßt haben und sich
zur Liebe bekehren.
Freilich: er. beginnt dort, wo die anderen, vergnügt und befriedigt, aufhören. Aber
daß er das vermag, daß er mit seineln Orchester grobe Arbeit gar nicht erst zu
verrichten braucht und wie auf einem ideal reingestimmten, geistig und technisch
fabelhaft disziplinierten Instrument von höchster Empfindlichkeit darauf .. spielen"
kann - das ist schließlich auch wieder ein Resultat seines beispiellos exakten,
enthusiastischen und enthusiasmierenden Arbeit und seines niemals beschwichtigten
Willens zur Vollkommenheit. (Und wohl auch das Verdienst seines famosen
ll
n Vorstudierers Cornelis Dopper.) Ich habe ihn während des Mahler ..Festes, in Werken,
die das Concertgebouw.. Orchester auswendig kann und, sozusagen, "im Schla{lt zu
spielen vermag, einzelne Stellen, die selbst dem Verwöhnten tadellos, richtig und
lebensvoll schienen, zehn, zwanzigmal probieren, auswägen, einordnen, auf Klang..
farbe, Tongebung und exquisite Akzentuierung hin üben hören, immer wieder
unterbrechend, erläuternd, nach suggestiven Worten suchend, die den Musikern die

109
rechte Stimmung, die geIstIge und seelische Atmosphäre dieser Musik übertragen
sollten, beschwörend, perorierend, scherzhaft und ernsthaft Gleichnisse heranziehend,
die nur diesem auf seine besondere Art eingestellten Orchester, aber sonst keinem
.. auf der Welt fruchtbar werden - denn der Orchester musiker wird sonst gewöhnlich
durch alles Sprechen des Dirigenten, das sich nicht ausschließlich auf rein technische
oder dynamische Weisung beschränkt, nur ermüdet und kopfscheu gemacht. Das
Concertgebouw . . .Orchester nicht; hier war zu sehen, wie das scheinbar längstEinwandfreie
noch unmaterieller, schärfer gefaßt, persönlicher gelärbt und gleichsam reibungsloser,
aller technischen Unzulänglichkeit, aber auch allem Zufälligen entrückt und in die
rechte geistige Gegend gehoben wurde, unmerklich und doch fühlbar. Bis, oft nach
einer halben oder ganzen Stunde der Arbeit an acht Takten der -kleine Mann am
Pult befriedigt mit dem Kopf nickt, mit der kurzen, stämmigen Hand durch den
rostroten Haarschopf fihrt und mit einem frohen Aufblitzen der hellen, guten
Augen das Zeichen zum Fortfahren gibt. Um es bei der nächsten Taktgruppe ebenso
zu machen.
Manche schelten dieses System als doktrinär, mechanisch und vor allem als
überflüssig, meinen mit der Hälfte an Studium und Ausschleifen das gleiche zu
erzielen und meinen, daß alles "Überprobieren" von Übel und das Erreichbare nicht
über eine gewisse Stufe hinauszubringen, ja dann nur wieder zu verwirren und ab ...
zuschwächen sei. Mag sein, daß sie für sich recht behalten. Für sich und sein
Concertgebouw. . . Orchester hat Menge1berg recht. Denn gerade das Improvisatorische
seiner Aufführungen, das erst nach solcher völligen Überwindung alles Technisch. . .
Materiellen möglich ist, gibt diesen einzigartigen Eindruck des freigewordenen Spiels
der Kräfte, das alle Mühseligkeit des Handwerklichen abgestreift hat, der absoluten
Transparenz der Musik, deren Blutumlauf man zu fühlen meint, ohne daß Adern
und Nerven durch ein anatomisches Messer bloßgelegt zu sein scheinen. Nur manchmal,
in Stadien der Ermüdung, stellt sich die Empfindung solcher sezierenden Analytik
ein und dann spürt man wirklich etwas Mechanisches, nur durch Disziplin Erworbenes
im Vortrag des Orchesters. Und ein zweites Symptom! ein übermäßiges Dehnen der
Tempi, bis zum Unelastischwerden, ja bis zum Zerreißen der melodischen Linie;
während es sonst gerade Mengelbergs besondere Kraft ist, langsame Tempi ganz zu
füllen, ohne daß ihr Pulsschlag stockt. Er gehört nicht zu jenen eleganten Dirigenten
der Mendelssohnschule, die Temperament mit schnellen Zeitmaßen verwechseln und
deren Maxime ein nEile mit Langeweile tt zu sein scheint; er bleibt anregend und
voll Impuls auch im langsamsten Schritt. Und bleibt deutlich und wahrt das Gleich-
gewicht aller Teile auch im gewaltigsten Vorwärtsstürmen. Wenig Aufstache1nderes,
heftiger Mitreißendes, unwiderstehlicher Zündendes als Mengelbergs Steigerungen,
kaum Luzideres, klarer Durchschimmerndes, zarter Aquarelliertes als seine unsäglich
sublimierten Adagiogestaltungen. Ob es wirklich immer nur die Gestaltungen eines
Wachen, ja Überwachen, und kaum die eines Träumenden sind und ob seine
Phantasie die gleiche Kraft hat wie sein Wille, mögen jene entscheiden, die von
dieser ungeheuren Energie unberührt bleiben konnten. Ich kann es nicht. Auch
dort, wo meine Empfindung anderes fordert als Mengelberg und wo sie sich gegen
ihn wehrt, bin ich bedingungslos gepackt von der Gewalt seines Überzeugtseins-,
von der unentrinnbaren inneren Notwendigkeit und Unwillkür, die diesem Nach. . .
schaffen eine unbedingte und begeisternde Glaubhaftigkeit erzwingen. HieristPedanterie
schöpferisch und Gestaltungskraft pädagogisch geworden. Ein Ganzer gibt sich ganz

110
hin und erreicht Vollendetes. Man mag dies oder jenes anders wünschen; besser
wünschen kann man nichts. Es gibt nichts, was verehrungswürdiger wäre.
Hier ist einer, der Prophet und Schulmeister zugleich ist, Verkünder des Neuen
und Erzieher eines ganzen Landes, Erzmusikant und Kunsthandwerker, zäh und
enthusiastisch, nüchtern und Mystiker, in Wort und Geste gleich beredsam und
in dieser Mischung sehr deutsch und sehr holländisch gleichzeitig. Was er seinem
Land an Kulturwerten gegeben hat, was er an See1enerweckung, an Erhöhung des
künstlerischen Empfindens und Verstehens vollbracht hat, ist unermeßlich, ist heute
fast schon historisch und verdient ein Monument für sich. Aber er wäre nicht
lVIengelberg, wenn er nichts weiter wäre als der musikalische Pontifex für Holland.
Er ist für die moderne Musik ein nAn... und Aufreger 44 gewesen - und ist es geblieben.
Er kann ja nicht leben, ohne irgend eine Fahne voranzutragen, aber er g,ehört nic11.t
zu jener geschäftigen Art von Krähwinkelrieds, denen es gleich ist, in welche Scharen
sie eine Gasse reißen und welches Banner sie schwenken, weil es ihnen mehr um die
Sichtbarkeit dieses Flaggenwehens als um den Fahnenspruch zu tun ist, dem sie
dienen. Der seine heißt: das lebendige Große. So hat er für Mahler und Strauß,
für Reger und Debussy geworben. gerufen, gepredigt, hat Schlachten für sie geschlagen,
ist nie zu entmutigen und zu lähmen gewesen und hat schließlich gesiegt. Wenn
heute diese großen Meister unserer Zeit wirklich zu der Generation von heute sprechen,
wenn Iv'Iahler und Strauß jetzt schon als Bleibende empfunden werden und ihr
Werk nicht nur ·die Gegenwart durchblutet, sondern schon ins Zeitlose gerückt
scheint und das Zeichen des dauernd Lebendigen an ihm sichtbar wird, hat keiner
ein größeres Verdienst daran als Willem Mengelberg. Und nichts kann ihn mehr
ehren, als daß er, der es nicht liebt, auf Lorbeeren auszuruhen, sondern der uner...
rn.üdlich weiterschreitet und immer wieder· zu Neuem ruft und zwingt, daß er jetzt
seine Kunst und seine agitatorische Energie in den Dienst des umstrittensten, von
den einen bis zur Idolatrie angebeteten, den anderen bis zur Sinnlosigkeit geschmähten
lebenden Musikers, in Arnold Schönbergs Dienst steIlt, Schon weil er zu jenen zählt,
denen man vertrauen darf und denen man deshalb auch ins Ungewisse folgt, gibt
er durch sein Einstehen von vornherein auch dem Problematischen Gewicht. Und
zeigt er auch hier, daß nur Unzulänglichkeit des Hörens, nUr Trägheit der Interpreten
ein Verstehen gehindert haben, das er erschließt, dann muß der Dank, den man
:ihm sch'.ddet, ohne Grenzen sein. Denn dann hilft er, einen Passionsweg abkürzen.
Und hilft uns, die bereit stehen, Zeiten des Ringens um ein rechtes Erfassen
ersparen und trägt uns das kostbarste zu: neue Bereicherung.
So begeht er jetzt seinen 50. Geburtstag mit dem schönsten Gefühl, das ein
nachschaffender Künstler (der, allzu bescheiden und nur für sich, auch ein ton...
dichterisch schaffender ist) überhaupt haben kann: er vermag auf den Triumph
einer Lebensarbeit zurückzublicken und eine Aufgabe vor sich zu sehen, die dieser
Arbeit neuenInhalt gibt. Beim Mahler... Fest, dieser grandiosen Reihe wahrer Feierstunden
der Kunst und unvergeßlicher Interpretationen höchster Art lehnte er, der noch
Rekonvaleszent nach empfindlichem Leiden war, lächelnd alle Lobpreisungen ab und
sagte, auf seinen immer noch schmerzenden Arm deutend: nWas Ihr hier erlebt,
ist nur Dreiviertel meiner Selbst." Dann wüßte ich freilich gern, wie der nganze"
Mengelberg aussieht. Denn wer ihn damals erlebt hat, wer fühlen durfte, welche
Hochfrequenzströme von diesem ganz zu gestraffter Energie gewordenen r jede
Einzelheit zärtlich hegenden, dann wieder gleichsam verzehnfachten, befehlshaberischen,

111
machtvoll anfeuernden Mann ausgingen~ dessen untersetzte Gestalt plötzlich ins
Riesige zu wachsen schien, dessen kluges, heiter gelassenes Gesicht mit den lichten,
frohen Augen, der kecken Stumpfnase, dem brandigen Haar dann hart und drohend
wurde, wie aus Erz gegossen, nichts als Wille und gleich wieder leuchtend und
aufgeschlossen, nichts als Kraft der Liebe - der wußte, auch wenn er nichts
sonst als diese Werke von ihm gehört hatte, daß es für diesen Meister seiner Kunst
und seines Handwerks nirgends, wo wahrhafte Musik ist, ein Geheimnis geben
konnte und daß jene, die ihn gerne zu den "Spezia1:isten 41 einreihen möchten, Unrecht
haben müssen.
Dem .ganzen" Menge1berg gilt heute auch unser Dank und unser Gruß: dem
Vorkämpfer, dem Musiker, dem unermiideten, aufrechten Mann und Freunde, dem
ich vor Jahresfrist, zu seinem Jubiläum, nichts Schöneres zu wünschen wußte, als
daß er wieder einen Meister fände, der seiner werbenden und erobernden Kunst
würdig wäre. Heute, da sein Glaube ihn gefunden hat, bleibt mir für ihn nichts
mehr zu wünschen übrig. Nur für uns: daß sein flammendes Aposteltum uns in
seiner zweiten Lebenshälfte wieder das gleiche bringen möge wie in der ersten:
den Triumph seiner Überzeugung, die Heraufkunft eines Bleibenden, die Erkenntni.
eines Großen, die Erfüllung einer Sehnsucht.
c c

ZU WILLEM ME NGELBERGS
FÜNFZIGSTEM GEBURTSTAG
28. März 1921 ~
Als ich Dir, mein verehrter und lieber Freund Menge1berg, vor zwei Jahren in
Wien die Manuskript. .Partitur der VII. Symphonie von Gustav Mahler überreichte,
hatte ich das Gefühl, der Verewigte wäre mit diesem Danke an Dich einverstanden
gewesen. Der Widmung will ich nun einige Worte hinzufügen.
Du warst nicht nur einer der ersten, der Gustav Mahlers damals so angefeindete
Kunst verstand - Du warst der erste, der sich ohne Grenzen für sie eingesetzt hat.
Er hat immer in Dir seinen nahen Freund, seinen unvergleichlichen Interpreten
und mehr noch, die starke, selbständige Künstler... und Menschenseele gesehen
und geliebt.
Mochte- er, der nur die höchsten Kriterien kannte, an allem was vollkommen
schien, nicht Genüge finden, sprach er aber von Dir, so war in seinen Worten
niemals Kritik und immer höchste Bewunderung.
Einmal nach einer Aufführung seiner IV. Symphonie durch Dich, bei der er
anwesend war, sagte er: "Mir war, als ob ich selber oben gestanden wäre."
Unter den Vielen, die in diesen Tagen Deine Hand drücken werden, wäre Gust<1V
rvtahler - I~bte er - gewiß derjenige, der es mit der größten Ergriffenheit und.
Freude an Dir täte. Alma lViaria Mahler
c
1< Die folgenden Beiträge sind von D!. C. R. Mengelberg zusammengestellt und dem "Wi1Iem
Mengelberg .. Gedenkbuch« entnommen, das anläßIich seines fünfundzwanzigjährigen
Jubiläums als Dirigent des Amsterdamer Concel'tgebouw (1895-1920) im Verlag Martinus.
N ij hoff, '8 Gravenhage, erschien.

112
Der Besitz der höchsten Traditionen, die Kraft, sie für die Gegenwart fruchtbar
zu machen und für die Zukunft ,zu erhalten, das ist das Merkmal des großen
Dirigenten, des geborenen Interpreten, aller wahren Meister. Willem Mengelberg
kennzeichnet es in höchstem Maße. Die Seele des gewaltigen Bach, die Seele
Beethovens, sie lebt in ihm wie die Seelen Wagners, Berlioz' und Liszts. Durch
die Macht seiner unfehlbaren Gesten kommen sie zum Ausdruck. Und ich kenne
keine schöneren Interpretationen ihrer Gedanken als die, welche seine unbedingte
Autorität uns vermittelt. (Übersetzt aus dem Französischen). Paul Dukas
o

Jede Anerkennung aus dem Munde eines, der auf sich hält, ist unwillkürlich
mit etwas Selbstlob vermengt: man glaubt nicht, daß einem ganz fehlt, was den
~=ri_ .
Darum halte ich es für die aufrichtigste Hochachtungsbezeugung, wenn ich sage:
Ich weiß mich mit Mengelberg in Fragen unsrer Kunst eins. Und ich darf das
sagen, denn ich habe es ausprobiert. Ich sah Menge1berg vor ersten Orchestern
stehen und er war - ihr Herrscher; das ist selbstverständlich - aber er war ihr
Lehrer. Sie nahmen das übel; ich nenne ihre Namen nicht, denn sie wären beleidigt.
Solche die nicht mehr können, wozu ihr Rang sie verpflichtet, sind es stets in diesem
Falle; als sie's noch konnten, hätten sie den Meister freudig anerkannt.
Aber ich sah ihn auch dort, wo Rang und Können einander entsprechen: vor
dem Concertgebouw.. Orchester. Und ich wußte, woher hier Rang und Können
kommen und sah, wie das Können die Autorität anerkannte.
Wir haben viel falsche Gleichheit in der letzten Zeit erlebt. Die wahre Gleichheit
aber gibt es nur in dieser Ungleichheit: das Können beugt sich vor der Einsicht.
So wird jenes dieser gleich. Arnold Schönberg
o

Mengelbergs Einfühlungsvermögen
Im Jahre 1917 lernte ich Mengelberg kennen, als ich unter ihm das Beethovensche
Konzert in Frankfurt a. M. spielte. Schon nach den ersten Takten fühlte ich, daß
eine Persönlichkeit am Dirigentenpulte stand, die alle Eigenschaften, die von einem
modernen Dirigenten verlangt werden, in sich vereinigt. Willem Menge1berg ist als
Musiker und Dirigent gleich bedeutend. Seine Technik des Dirigierens ist so, daß
er mit dem geringsten Aufwand an Mitteln all e s ausdrücken und dem Orchester
mitteilen kann, was er ausdrücken will. Und er will nie etwas anderes als der
Komponist selbst. Das unterscheidet ihn vielIeicht am meisten von anderen
modernen Dirigenten. Er spürt die letzten, geheimsten Gedanken des Komponisten,
ohne daß er sie s u c h e n müßte. Sein Einfühlungsvermögen ist in seiner Viel..
seitigkeit staunen erregend. Ob er Ba.ch, Beethoven, Mozart, Mendelssohn, Reger
oder. Mahlet, Tschaikowsky oder Brahms interpretiert - immer ist alles gl eich
gut, weil er in allen Komponisten und Musikern lebt. Er hat es nie nötig, an
dem Werke des Komponisten Veränderungen vorzunehmen, um dem Hörer begreiflich
zu machen, was "hinter den Noten steckt. Bei ihm steht das Werk des Komponisten
ll

rein, klar und groß da, und trotz der gewissenhaftesten Arbeit, die vorangehen
mußte um dieses zu erreichen, lebt das Werk immer und spricht daraus wärmstes
Enlpfinden. Seine, I'~engelbergs, Auffassung ist die des Komponisten. Dieses Gefühl

113
hat jeder, der Menge1berg hört. Er verzichtet auf die sogenannte "persönliche Note"
um ganz in dem Komponisten, in seinem Werke und seiner Per s 0 n aufzugehen.
Mit Hilfe seines herrlichen Amstel'damer Orchesters ist es ihm möglich, alles, was
der Komponist sagen will, so wiederzugeben, daß der Zuhörer den Eindruck hat,
als entstünde das Werk in eben dem Augenblick, wo Mengelberg dirigiert und
sein Orchester spielt. Über Eigenschaften des Orchesters, wie Klangschönheit,
Präzision u. s. w., zu reden, Eigenschaften, die durch eine Unmenge von Arbeit bei
bestem "Material'" erworben wurden, erübrigt sich ebenso, wie über Mengelbergs
Gewissenhaftigkeit und unermüdliche Arbeitskraft zu sprechen, eine Kraft, die immer
wieder in unzähligen Proben und Aufführungen von neuem in alter Stärke ein ...
gesetzt, bei Orchester, Chor, Solisten diese vielleicht in der ganzen Welt unerreicht
dastehendzn Leistungen ermöglicht. Adolf Busch

Menge1bergs Dirigieren ist wirkliche Wiedergabe, d.as heißt Kreation im Augen...


blicke der Aufführung.
Seine leidenschaftliche Energie, seine unermüdliche Ausdauer, aus jedem ein ...
zeInen Mitglied des Orchesters den letzten "Tropfen u von Konzentration herauszu...
pressen, ist bloß die notwendige Vorbereitung für tUe eine letzte, große Anstrengung
- die öffentliche Aufführung.
Keiner kann Menge1berg vollkommen verstehen und schätzen, bis er diesen
außergewöhnlichen Menschen nicht bei der Probe beobachtet hat. Seine unglaubliche
Aufmerkamkeit auf das kleinste Detail, welche weder sich selbst, noch seinem
Orchester irgendwelche Mühe erspart, ist aber nur Zweck zum Ziel,
Meine Bewunderung möchte ich dahin zusammenfassen: Mengelberg ist nicht
nur der bedeutendste Faktor in der musikalischen Entwicklung Hollands - er hat
auch die ganze r'JIusikwelt in unschätzbarem Maße bereichert. (Übersetzt aus dem
Englischen.) Frederic Lamond
o

Wenige Dirigenten habe ich auf meiner Künstlerlaufbahn kennen gelernt, die
den Eindruck machten von solch tiefer Musikalität und von solch gesunder künst ...
lerischer Konstitution als Willem Mengelberg.
Seine enorme Meisterschaft, seine Fähigkeit der Anpassung, des Durchdringens
und Gestaltens kann das Publikum in ~einem vollen Umfang gar nicht würdigen,
da es nur das Endresultat sieht, die VoIIendung und nicht die geniale Leistung,
die ihr vorangeht. Aber wir Komponisten, deren Werke Mengelberg aufführte,
können alle die Eigenschaften eher würdigen, die seine einzigartige Natur zieren
und müssen unserer Bewunderung Ausdruck geben: einstimmig und unverhohlen.
Ich begrüße in W.illem Mengelberg nicht nur einen der größten Dirigenten aller
Zeiten, sondern auch den Musiker, dessen Einfluß auf unsere Epoche künftigen
Generationen unverkennbar sein wird. (Übersetzt aus riem Spanischen.)
]oan Manen

114
Mengelbergs Wille zur Vollendung.
Wenn ein l\l.h~nsch in1 Leben Erfolg hat, wird er von vielen mit den (nicht
immer von Neid freien) \Vorten abgetan - "cr ist ein Glückspilz".
Ich glaube nicht an das, was man gemeinhin Zufall nennt. Jedes Ereignis im
menschlichen Leben ist die notwendige Folge eines vorhergegangenen und bloß
unserem beschränkten Auge erscheint es als zufällig.
Mengelbergs Erfolg im Leben und in der Kunst ist ausschließlich das Resultat
des Komplexes von großen Eigznschaften, die zusammengefaßt das Eigentümliche
seiner Persönlichkeit bilden.
Wenn man das Individuüln mit dem Staate vergleicht, dann ist Mengelbergs
innere Organisation eher die einer absoluten Monarchie als einer Republik.
Ein e große Eigenschaft ist in ihm, welche ihre Mitschwestern -tyrannisch
beherrscht - der Wille zur Vollendung.
IViag der äußere Erfolg nach Aufführung eines \Verkes ein noch so enthusiastischer
sein - innerlich fühlt er sich nur dann restlos befriedigt, wenn die eben voll. .
brachte Kunstleistung seinem Ideale - der absoluten Vollkommenheit - möglichst
nahe gekommen ist. Niemals zufrieden mit dem. noch so hoch stehenden Erreichten,
immer rastlos - und im Innersten selbstlos - vorwärtstrcbend - so erscheint uns
Willem Mengelberg als leuchtendes Vorbild für die eigene Kunstausübung.
Kar! Flesch
o 0

J u L I u s B I T T N E R
Von R. St. Hoffmann, Wien

Anno sieben oder acht dieses jammervollen Jahrhunderts, in dem zu leben wir
verdammt sind, muß es gewesen sein, daß dieser Name zum erstenmal auftauchte.
Der ihn trug, war ein k. k. Staatsbeamter, ein Gerichtsadjunkt oder so was in Wien,
etliche dreißig Jahre alt, nebenbei - die Herren Beamten haben ja so viel Zeit -
Dichter und Komponist einer erfolgreichen Oper. Das war damals, als die "Rote
Gred ll in Wien - ja freilich, in \(/ien - in Frankfurt versteht sich! - erstaufgeführt
wurde. Ein neues Talent - das war keine Frage. Man erkundigte sich und erfuhr:
Stammt aus Oberösterreich, gutes österreichhches Bauernblut - (denkt nur an
Bruckner 1) -Konservatoriumsstudium bei Krenn und Labor, hauptsächlichAutodidakt.
Eines Tages war das in solchem Falle Unvermeidliche geschehen, irgend ein teutonisches
Opernmonstrum, das diesmal auf den Namen Abzieh hörte, geboren und von seinem
optimistischen Vater stracks in die Direktionskanzlei der Oper getragen, und dort
dem ahnungslosen Mahler auf den Tisch gelegt. Gütig und spürsinnlg beantwortete
der Meister diese versuchte Kindesweglegung mit dem Wunsche, Bruno Walter solle
sich Entwicklung und Schicksal des neuen Mannes recht zu Herzen nehmen. Daß
es geschah und ·wie es geschah, dafür konnte bald darauf der Erfolg der "Roten
Gredl~ freudiges Zeugnis ablegen.
Wir haben sie hier zu hören bekommen, ebenso die folgenden drei Opern:
"Musikant" und "Bergsee U in der Hofoper, "Das höllisch' Gold ll in der Volksoper.
Dann gab es, etwas abEcits vom geraden Opcl'nweg, den "Lieben Augustin", Szenen
aus dem Leben eines wiencris::hen TaTents in vier Aufzügen, ein Sprcchstück mit

115
Musik, und ein Mimodrama "Die Todes. . Tarantella", das einzige Bühnenwerk Bittners
auf einen fremden Text. (Warden und Welleminsky.) Eine weitere dreiaktige Oper
"Der Abenteurer J' ist bloß in Deutschland aufgeführt worden t die vorläufig letzte
"Die Kohlhaymerin ist die nächste Novität der Staatsoper. Daneben hat der frucht . .
U

bare Autor noch ediert: "Tänze aus Österreich" für Klavier, zwei Streichquartette,
Lieder, Chöre und eine symphonische Dichtung" Vaterland 'J • Nicht wenig für diese
Zeit, in der er überdies noch Recht sprechen mußte. Aber schon bürgt der Entwurf
einer neuen Oper: "Das Rosengärtlein u , dafür, daß dieses Schaffen in stetem Flusse bleibt.
Bewundernswert die rastlose Tätigkeit, die nie ermüdete Vitalität des Mannes,
der den "Merker"" herausgibt, als Kritiker arbeitet, in umfangreicher journalistischer
Schriftstellerei zu Fragen des Rechtes, der Kultur, seiner Kunst rasch und energisch
Stellung nimmt, den Tonkünstlerverein leitet, und in sozialen Belangen des Musiker...
standes die wichtigsten Aufgaben auf sich nimmt. Er ist mehr noch als Künstler,
er ist eine Persönlichkeit unter den wenigen, die einer Gemeinschaft individuelle
Züge einprägen, ein Element der Gärung und Reife, ein Hecht im Karpfenteich, ein
Gewinn für die Stadt, in der er lebt.
Kraft und Gesundheit - der erste Eindruck, den Bittner macht. Gütiger Humor
- der zweite. Groß, breit, robust, so gar nicht passend zu städtischer Kleidung und
städtischem Milieu, froh gerötete Wangen, gutes, lautes Lachen, fester Druck der
Hand. Ein Problem: der Bauernsohn, von der Scholle gerissen, treibend im Wirbel
der Weltstadt. Seht Bruckner! Wie er schüchtern, in sich verkrochen, demütig,
gewiß auch nicht ganz ohne schlaue Unaufrichtigkeit, der Welt abhanden zu kommen
trachtet. Und hier das Gegenteil. Sich behaupten, allen Gewalten zum Trotz sich
erhalten, sich fühlen als das gesündere, kräftigere, bessere Element. Gefahr für beide:
es vielleicht auf die Dauer nicht können, sich ändern, und unbewußt als eine Rolle
weiterspieIen, was man früher echt und ganz gewesen ist. Schlierseerei.
Bittner ist kein Kraftmeier. Er ist vielleicht gar nicht so wetterfest, wie er sich
gibt. Erinnern wir uns. Die Kraft, ein Schönherr der Musik zu sein, ein Volk in
Not im "Bergsee" zu gestalten, hat ihm gefehlt. Nicht anders, als der Weltkrieg alles
revolutionierte, und im besten Österreicher - es gab und gibt auch solche, allen
Anglomanen und westlich Orientierten zum Trotz! - heiß und mächtig die stets
unterdrückte Liebe zur Heimat aufstieg, und auch Bittner trieb, seinem" Vaterland"
das mächtige Bekenntnis zuzurufen "ein' feste Burg ist unser Gott'J, womit sich das
symphonische Werk mehr laut als bedeutend krönt, auch damals hat es diesem gewiß
ehrlich empfundenen Schwung an überzeugendem Ausdruck gefehlt. Dagegen: wo
er sich nicht übernimmt, mit Bauerngemüt und Bauernfrömmigkeit die liebe Erde
betrachtet, und was ihm heilig ist: seine freie deutsche Kunst (Musikant), seinen
mütterlich liebenden, toleranten Glauben (Höllisch' Gold), wie unglaublich zart und
innig enthüllt sich da das innerste Wesen dieses unsentimentalen Naturmenschen.
Und ferner: was er sich als Köstlichstes aus den tiefen Quellen der Volksseele bewahrt
hat, die Goldkörner eines lebensfrohen, behaglichen Humors. Humor eines Menschen...
freundes, trotz manch aufgeregten Gepolters über Unrecht und Schlechtigkeit, Humor
eines, der tief durchdrungen ist von der Goetheschen Weisheit, daß letzten Endes
alles gut ist. Auch hier: er hat es einmal mit einer Art Satire versucht. Der köst. .
liehe, originelle, ganz neuartige Teufel aus dem Höllisch' Gold hat ihm da einen
Schabernak gespielt, ihn verführt, Beamtenkleinlichkeit, Kanzleiulk, des Dienstes
ewig retardierende Uhr vergröbert und breitgetreten einem Volkstheaterpublikum

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als "unsterbliche Kanzlei'l vorzusetzen, ein Unterfangen, das trotz manchen schlagenden
Witzes und einer im Grunde lustigen Idee mißlingen mußte. Wobei freilich noch
eines eine Rolle spielt: ein ganz auffallender Mangel an Selbstkritik. Dieser Glückspilz
findet in jeder Muschel eine Perle, in jedem Gestein einen Schatz. Fällt es ihm ein,
gefallt es ihm auch - diesen Eindruck bekommt man. Geniales und Banales,
Demant und Glas an einen Faden gereiht. Selbstkritik - so fordert"s der Kritiker,
so nennt er, wennls fehlt, einen Mangel. Von anderer Seite gesehen, läßt sich's
freilich auch anders fassen. Unbefangenheit eines kindlich gearteten, einfach...natürlicp.en
Talents. Ein etwas verschnörkelt gewachsener, aber frei gewachsener, niemals
gezogener oder gepfropfter oder verschnittener Baum. Dann kamen wir Klugen und
tadelten: Autodidakt, mangelnde Technik, formale Gebrechen. Das ist ja vielleicht richtig.
So ganz zuhause er in der Technik der Orchesterinstrumente ist - wer weiß, wie viele
er schon gespielt bat - man merkt schon, daß er mehr im Freien, als in der
Schule gewesen ist. Aber haben wir damit etwas besser gemacht? Nein. Wir haben ihm
seinen guten Optimismus beschädigt, seine Unbefangenheit, seine Naivität. Haben
falsche Begierden erweckt, Ehrgeiz zu zeigen, daß man's auch könne, Quartette
schreiben mit thematischer Arbeit und 'polyphonen Durchführungen, Orchesterstücke
von großem Format mit kont'rapunktischen Kunststücken und auch in der Oper
die gescheite, geschickte Mache. Ab .. das liegt ihm halt gar nicht. Überlegt er sich's
vielleicht lange, wenn er grollend und lachend losfährt, als Kritiker oder Rechtsmensch,
immer mit dem gleichen Impetus, ob es nun einem armseligen Grammophon gilt
oder der Reform des Urheberrechts? Das Reflektierende, der bedächtige Kunstverstand
ist so gar nicht seiner plein...air . .Art gemäß. Laßt sie ihm ungeschmälert, da es die
seine ist. Laßt ihn ungeschoren, in seiner Freiheit selig sein. Und beneidet ihn noch darum.
Nur mit ein paar Strichen wollte ich heute den prächtigen Künstler skizzieren.
Nicht mehr. Nichts vom Fach heute, nichts von Kritik. Nur eine Ahnung geben
von seinem Wert, dem positiven Wert seiner starken, eigenartigen, gesunden~
gütigen Persönlichkeit, erfrischend in ihrer Natürlichkeit, ihrer optimistischen
Schaffensfreude, ihrer so gar nicht dekadenten Sicherheit. Gleich fern von romanischem
Leichtsinn wie von norddeutschem Tiefsinn, steht er zwischen dem Kind Italien
und dem Manne Deutschland - der wangenrote Jüngling da.
Erhalte Gott Dir Deinen Jugendsinn, setze ich mit Grillparzer fort, dem Ahnherrn
aller wertvollen und notwendigen Österreicher von heute. Es gibt ihrer - merk. .
würdig genug - immer noch welche. Und Julius Bittner ist der besten einer!
o 0

DIE PARTITUR VON BITTNERS nKOHLHAYMERIN"


Von KarI Alwin, Kapellmeister der Staatsoper, Wien
Die Instrumentation des neuesten Werkes von Julius Bittner ist höchst eigenartig
und reizvoll. Der symbolische Grundgedanke dieser Dionysos"Oper ist in ihrem
orchestralen Gewande von der ersten bis zur letzten Note festgehalten und durch...
geführt. Ja ich möchte sagen, die einzelnen Akte sind in der Klangfarbe je nach
Sinn und Bedeutung der Handlung voneinander getrennt und verschieden. Der
erste Akt (Dionysos in der Phantasie der sehnsüchtigen Frau) gibt die Grund ...
stimmung im Stil'Z einer Spieloper mit rühren.der Innigkeit an. Gleich das Vorspiel

117
(beherrscht von dem gemütvollen, originellen Klarine;tten. . Thema der Kohlhaymerin
mit dem betonten vorschlagenden Sechzehntel) wirkt in der solistischen Behandlung
der einzelnen Instrumente wie Kammermusik.
Der reizvolle Monolog, der galante Konvel'sationsstil in der Szene mit PichIer,
die drastische Komik des Giacomelli Franz - sie bedeuten klangliche Höhe-
punkte. Wie fein und zwingend verwendet Bittner das neuerdings so oft mißbrauchte,
schon fast nunentbehrlich gewordene u (! ?) Klavier (nachdem Richard Strauß als
erster dieses Instrument mit unvergleichlicher IvIeisterschaft in seiner "Ariadne'
dem Orchester wieder erobert hat)! Es ist bei Bittner der beredte Verkünder der
1IlV1askerade"; an allen parodistischen Stellen steht diesem Klavier noch eine kleine
Schar von Mandolinen und Gitarren hilfreich zur Seite, als orchestrales Flügelkleid
der Masken Papageno und Papagena gedacht.
Der zweite Akt (Dionysos, der Gott des Rausches) entlockt dem Orchester 1<
Harmonien sinnebetörender Lust. Der Abenteurer Salvatore läßt seine V.::rführungs. .
künste spielen, es "dampft" förmlich bei seinem Erscheinen auf der Szene im
Klange der Instrumente; das schwüle Bacchanale, die dramatische Verwandlungs..-
musik, die den Kampf des leichtsinnigen Wüstlings mit der ängstlich widerstrebenden
Frau darstellt - das sind wirkliche Glanzstellen reicher Instrumentationskunst.
Besonders glücklich erscheint mir die Mondschilderung Sal vatores; gleichmäßig
abwärts gleitende Triolen... Achtel in den Streichern, gestützt auf die in Gegen...
bewegung fortschreitendem dunklen Harmoniefolgen dar Bläser, zu denen die Orgel
hinzutritt, begleiten den Gesang. Das obstinate Tremolo in D moll mit dem
strahlenden C dur der Trompeten bei den Worten der Kohlhaymerin "Einer ist
uns gefolgt l" erweckt in mir die Vorstellung greIl... weißen Mondlichtes. Wie ganz
anders wirkt darauf klanglich der klare, durchsichtige dritte Akt.
Gleich das Zwischenspiel eIDer Hofbauer Franz") - ein kontrapunktisches
Meisterstück. Es sprüht und blitzt voll Laune und Frohsinn in diesem Orchester.
Dionysos, der Gott der Sinne, vereinigt sich mit reiner inniger Liebe; das gibt den
edlen, den rechten Klang. Und nach den witzdnden Episoden, dem gerichtlichen
Verhör, der komischen Erscheinung des Polizisten, das Sichfinden der heiden
Liebenden! Rührend in seiner volkstümlichen Schlichtheit wirkt das Schlußduett
e,Nieht mehr aIlein in der Stube, zu Hause tagaus, tagein"), keusch und zart hebt
es in den Holzbläser . . Akkorden, getragen vom Klange der Harfen, an und steigert
sich machtvoll bis zum Liebestherna in Des dur ("Jung und schön, frisch und rot
soll sie nun wieder lebenU), um dann in bacchantischem Jubel auszuklingen.
BittncrS durchaus bodenständige, dabei feine und kultivierte Musik wurzelt im
volkstümlichen Element, sie konlmt vom Herzen und muß deshalb zum Herzen
sprechen. Die Worte seines ttHofbauer Franz": flIeh verachte alles Verlogene, aIIes
Gemeine, Kaltherzige! Niemals aber Menschen, die den Stürmen des Blutes unter . .
legen sind!U möchte ich gewissermaßtn als Motto über die Partitur der neuen
Oper setzen.
+ Die Besetzung ist eigentlich die des Verdi... Ol'chesters; Streichquintett geteilt, 3 Flöten,
2 Oboi.'n. 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 4 Trompeten 3 PQsaunen, Tuba, Schlagzeug; dazu
treten Klavier, Gitarren, Mandolinen und 2 Harfen.

Q Q

118
G/o SSr'J1- ~il
"H I H I , H A H mir weniger. Was bei Max und Moritz recht
ist, ist im Konzertsaal zu billig und die deutschen
Ich gehe am Konzerthaus vorbei. Endlich Meister, zu deren Ehre dieses Haus steht,
einmal vorbei, statt hinein. Und lese Inschriften sind dabei kaum auf ihre Kosten gekommen.
und Ankündigungen. Links oben stcht: "Ehrt Aber derlei unscheinbare Begebenheiten
Eure deutschen Meister" und unten: "Kasperl sind oft Träger einer tieferen Symbolik. Daß
im Burgtheater ll• Rechts oben steht: "Dann der Kasperl nicht bloß im Burgtheater, nein in
bannt Ihr gute Geister" und unten "Hihi..Haha". allen Kunstgebieten sich breit und breiter macht,
Gel"ssen nehme ich zur Kenntnis, daß im ist eine ebenso traurige Wahrheit, wie die
Burgtheater. das mit weggeworfenen Käse ... Nachtkomödien, die sich immer häufiger in
papieren zu zieren meine sonstigen Umstände Konzertsälen abspielen ... So verbannt Ihr gute
und meine hartnäckige Zugehörigkeit zum Geister!" Doch das Publikum lacht und zahlt
geistigen Mittelstand mir verbieten, der Kasperl, und lacht ••. Hihi~Haha •.. R.St.Hoffmann
der sicherem Vernehmen nach vor einer Reihe
von Jabren von der deutschen Schaubühne a a
vertrieben worden ist, wieder irgendwie zu
Ansehen gekommen ist. Aber Hihi..Haha? Viel ..
leicht ein nachgelassener Unfug des unverbesser...
lichen Wedekind, eine Fortsetzung von Mine...
MUS I K IN WIE N
haha? Nichts davon. Vielmehr die zweite "Nacht...
Sensation: Philharmoniker, Symphonie..
komödie./< im Konzerthaus, Beginn 3/410, mit...
orchester, Volksopernorchester auf einem Po ...
wirkend •.• Wenn das nicht zum Totlachen
dium vereinigt. Gewissenhafte Mathematiker
istl Kasperl im Burgtheater, im Konzerthaus
zählten zweihundertzwanzig Instrumentalisten.
eine Nachtkomödie ! - Hihi •••
Zuerst: Ouvertüre Sakuntala unter Loewes
So gut geht's uns I Es gab eine Zeit, da beherrscht... überlegener Leitung. Der satte Klang
man töricht genug war, auf Reputation zu der Streicher, die mächtige Gegenstimme der
halten. Auf Trennung von Ulk und Würde. Da Hörner verblüfft. Geschwindes Detail undeutlich.
man Empfindung dafür besaß, daß man aus Dann: Richard Strauß als idealer FUhrer durch
einem edlen Pokal keinen Fensterschwitz das Zauberpanorama seiner Alpen...Symphonie.
trinken, auf einer Stradivari keinen Gassen ... Sichtlich sein begeistertster Zuhörer. Aber wirk ...
hauer spielen, eine SHitte, die besonderen lieh: hier, wo es nur auf das große Ganze an..
Anstand erfordert, nicht zu ordinärem Unfug kommt, wie es denn auch der Dirigent nur auf
mißbrauchen dürfe. Wie litt Wagner bei dem das große Ganze anlegt, auf die starken Kon ..
Gedanken, seinen "Parsifa!" einem Spielplan. turen, auf gewaltige Steigerungen. mächtige Höhe ..
einer Unterhaltungsstätte anzuvertrauen, die ihn punkte, und vor allem die energischen Tempi.
in unwürdige Nachbarschaft bringen könnten I unbekümmert um die rollenden Kieselsteine
Und ich bin ganz sicher, daß der alte Bösen ... kleiner Einze1heiten,hier hatte man die packende
dorfer seine Reitschule lieber zugesperrt hätte, Impression, daß nur dieser Riesenorganismus
ehe er sie durch KasperIiaden hätte entweihen der Intention dieses Werkes gemäß ist. Gewiß
lassen. Es ist allerdings anders geworden. Ich verschieben sich die Verhältni'ise, die Orgel wird
mußte es erleben, wie Beethovens Heiligenstädter schwach, die Holzbläser klingen verschüchtert,
Testament. mit der Mondscheinsonate als so auch die Harfen, und die vorgeschriebene,
melodramatischer Begleitung, in einem Variete aus besserer Erkenntnis aber bisher immer
solche Rührung erweckte, daß sie nur durch verpönte Windmaschine mußte unnötiger ... und
"Nowotny auf GaIlipoli./< halbwegs behoben ärgerlicherweise zu HUfe kommen, um das vir ...
werden konnte. Und ich habe gewiß nichts tuoseste Gewitter der Musikgeschichte zu einer
gegen Eisenbachs unwiderstehliche Komik. mehr theatralischen Angelegenheit zu machen.
Daß aber just er es sein mußte, der in der Und trotzdem konnte sich niemand, auch wer
Silvesternacht das neue Jahr begrüßte, vie!mehr, Bedenken hatte. dem aufwühlenden, ja betäuben..,~
daß er's gerade im Konzerthaussaale tat, gefällt den Eindruck entziehen. Ein Ereignis.
Ein anderes, sanfterer Art: Bruno Walter. ganz unglaublich suggestiv. Der geniale Hyp ..
Älter, reifer, doch keineswegs kälter. Nur zeIe.. notiseur zwingt, so lang er den Stab schwingt,
briert er seinen Mozart gleichsam objektivierter, unter seinen magischen Willen. Erst nachher
weniger überschwänglich..sentimental, mehr kommen Bedenken. Eigenwilliges, besonders
feierlich ..großartig. So wurde das Requiem zum in Tempis. Der Auferstehungsmarsch kann nun
majestätischen Dom, in der die entriickteste einmal nicht so hasten, daß plötzlich der dazu
Totenfeier die Seelen beugt und erhöht. Das kontrapunktierte Choral ins Keuchen kommt.
Liebliche wie das Übermä.chtige in gleicher Intention und Disposition, Absicht und Ausdruck
Vollendung. Bewunderungswürdig. Philhar.. gleich imponierend. Das wäre ein Herr für die
manischer Chor und Singakademie wuchsen Philharmoniker!
rühmenswert an dem grandiosen Pathos des Der immer eifrige, durch klug erdachte,
Dirigenten. Nichts wäre ersprießlicher, als ein wenig gewöbnliche Programme bemerkenswerte
ferneres Zusammenwirken der beiden Vereine, Herr L ehnert fiihrte mit seinem gut geschulten
die so der letzten Vollkommenheit fähig wären. Orchesterverein der Gesellschaft der Musik...
Ein Chor kann gar nicht zahlreich genug sein. freunde eine hier unbekannte Symphonie F Dur
Und die schöne Aufführung der Singakademie von Eugen d'Albert vor. Glatte, gut instrumen..
unter dem vorzüglichen Dirigenten Edoardo tierte Konservatoriumsarbeit ohne persönliche
Granelli mit Rossinis wenig gehörtem Opern .. Note. Man wird davon - wie die Bezeichnung
'oratorium "Stabat Mater u - das letzte Werk des ersten Satzes heißt - nmäßig bewegtu.
des vierzigjährigen Meisters, der für die letzten Aber sie hat immerhin die löbliche Absicht
sechsunddreitiig Jahre seines Lebens den Ton.. rein musikalischer, oder musikalisch reiner
sinn mit dem Geschmacksinn vertauscht hat- Wirkung - was man von den nToten AugenU
hätte durch stärkere Besetzung nicht gelitten. nicht so bestimmt behaupten möchte. Solist
Haydns Tedeum, das folgte, fand sich durch des Abends, mit Haydns Cello ..Konzert, war
moderne Glocken verändert, was sich jedenfalls der sehr tüchtige Herr Kleinecke. Dasselbe StUck
ungewöhnlich ausnahm. hatte auch ein neuer Mann, Herr Jascha
Ein anderes Requiem, das des Musik ... Uber.. Schwarzmann auf seinem Programm. Gewiß
menschen Berlioz, wirkt weniger auf das Gemüt kein zweiter CasalB, wie Verehrer versprochen
als auf die Nerven. Physisch alarmierend das hatten, aber ebenso gewiß ein ansehnlicher
Massenaufgebot der vier Bläserchöre, denen Meister seines Instrumentes, dessen Technik
freilich statt der geforderten sechzehn Pauken und Tonfülle freilich noch steigerungsfähig sein
deren nur acht im Orchester sekundierten. dürfte.
Hier müssen Tote aufwachen. Die Lebenden Er führt mich zu einigen solistischen
schwingen mit den fühlbaren Tonwellen der Leistungen. die einige Erwähnung verdienen.
gepeitschten Luft, um angesichts der nun doppelt Vor allem die Mitwirkenden der oben genannten
empfundenen Leere des musikalischen Inhalts Veranstaltungen, die unvergleichlichen Stützen
rettungslos der Reaktion lähmender Lethargie des Vokalquartetts, Foerstel, Kittel und Mayr,
zu verfallen. Ein zweites Gesellschaftskonzert denen sich, wenn auch nicht völlig gleichwertig
plädierte wieder einmal fiir den "oberfläch .. die Herren Gallos und Maikl zugesellen. Ferner
lichen'" Mende1ssohn, der immerhin auch als ein neuer Tenor, Herr Aramesco und Maria
Schöpfer des nElias" noch Geltung beanspruchen Ivogün, die Nachtigall, die mit Recht diese Rolle
darf. Das edle Werk, mit dem wundervollsten in Walter Braunfels' neuer phantastischer Oper
Chorsatz gesegnet, fand unter Leitung Hermann "Die Vögel" zu übernehmen hatte. Die silberne
Schmeideis, der sichtlich in seine größeren Reinheit noch in unwahrscheinlicher Höhe, die
Aufgaben hineinwächst, die liebevollste Wieder.. schwebende Leichtigkeit der wohl nicht sehr
gabe. Aber auch der Männetchot des Singvereines starken Stimme, die lieblichste Anmut ihrer
zeigt merkliche Lücken. Ich sage es immer ganzen höchst musikalischen Persönlichkeit
wieder: die Liedertafe1ei, die Vereinsmeierei der machen sie zu einem Phänomen, dem der
Männerges:mgsvereine sind gefährlich für die sagenhaften Patti •wahrscheinlich ebenbiiriig.
seriöse Pflege des Chorgesanges. Ihr eigener Abend, an dem Walter als
Noch eine reproduktive Leistung verdient, Begleiter bezauberte - übrigens als Autor
und zwar ganz besonders, unterstrichen zu einiger schön empfundener Lieder bedauern
werden. Mahlers zweite Symphonie unter ließ, daß er so gar nicht mehr komponiert -
Furtwängler. Um es g1eich zu sagen: Walter war als lachende Überwindung aller Erden..
macht sie Mahlerischer. (Was wohl natiirlich schwere der reinste Genuß. Über Braunfels'
1st.) Trotzdem ist Furtwängler, wie immer, musikalisches Spiel 'getraue ich mir nach dem

120
Vorspiel und Prolog der Nachtigall, einer in POLNISCHES SYMPHONIE,
anmutigen Lyrismen schwelgenden Kolor'atur..
phantasie natürlich noch kein Urteil zu. Ich KONZERT
nenne noch kurz: die Sängerin LuiseRubinstein.. EmU Mlynarski
Heindl, vornehmer Geschmack, sichere Beherr..
achung schöner Mittel; Leo Szamek, dessen Vor allem eine Frage (und Anklage): Warum
weicher Baßbariton schöner Oratorien wirkungen wußte Wien bisher so wenig von den Stürmern
fähig ist. Begrüße herzliehst Duhan, den nach und Drängern jenseits der Karpathen? Jetzt erst,
mannigfachen künstlerischen Irrfahrten Wieder.. da Politik und Valuta unsere Grenzen sperrt,
gekehrte.n, der mit dem Zutrauen zu sich die öffnen wir unsere geistigen Pforten und beginnen,
Liebe seiner Getreuen - wer wäre das nicht? den Weg ins Freie zu suchen. Schon flutet die
- wiedergefunden hat. Musik des jungen Frankreich und des jungen
Und lobe zum Schlusse eindringlich Frau Italien herein und Mlynarskis Konzert zeigt,
Lampl~Eibenschütz, nicht bloß ihrer oft gewür .. wie falsch die Einstellung war, welche die neuere
digten pianistischen Tugenden willen, ihrer des polnische Komposition mit dem Schlagwort der
Lehrers Godowaky würdigen, außerordentlichen Chopin..Nachfolge abgetan glaubte. Zugleich sieht
Technik, speziell ihres rhythmisch kraftvollen man von neuem: die Fermente, die in der
Anschlags,sondern auch wegen ihrer nicht immer Entwicklung der sogenannten Wiener Schule
dankbaren Werbetätigkeit für neue Musik. Dies.. am Werke waren, sind keine lokale Erscheinung.
mal war die Uraufführung eines umfangreichen Die Revolution der Tonkunst, die wir staunend
symphonischen Variationenwerks für Klavier miterleben, ist eine Weltrevolution.
allein von Wilhe1m Grosz schon mnemotechnisch Von denKomponisten, die Mlynarski brachte,
eine Leistung ersten Ranges. Das Werk halte ist Z. Nos k 0 W s k y der älteste. Er gehört der Zeit
ich für das bisher reifste einer Begabung, die und dem Stile nach der Spätromantik an. Seine
mehr dem Witzig.. Spie1erischen geneigt schien, Steppen.. Symphonie ist vom historischen Stand..
mehr beweglichen Geist als tiefe Empfindung punkt aus interessant. Es ist echte, freilich ein
verriet, und durch formales Geschick besonders wenig verblaßte Kunst, als Folie fur die Beur..
auffiel. Auch hier ist die Gliederung, die immer teilung späterer Entwicklung wertvoll.
eine Reihe von Variationen zusammenfassend Der bedeutend jüngere, fruh verstorbene
ein bedeutendes symphonisches Gebilde, gleich.. Karlowicz schöpft gleich Noskowski aus der
sam eine Symphonie in einem Satz gestaltet, reichen Quelle nationaler Lieder und Tanzweisen.
überaus interessant, das Hauptthema nicht Sein Orchester besitzt großen Glanz undfasziniert
ohne Größe, dabei von ganz unmoderner durch seinen sprühenden Rhythmus. Einer ganz
harmonischer Strenge, alles Pianistische glück.. andern Welt gehört der geistreiche S t 0 j 0 w s ki
Hch und wirkungsvoll gesetzt, und vor allem an, der mit der witzigen, französischen Esprit
- bei aller Freiheit der Variierung, die oft atmenden Scherzo .. Musik seiner D moll ..Sym..
zu weit geht, so daß die Beziehung kaum mehr phonie vertreten war. Stojowski ist sehr
verstanden wird, bei mancher Skurrilität amüsant, er versteht die Kunst, wie man es
harmonisch..thematischen Details - doch der macht, "daß alles neu und mit Bedeutung auch
große, durchaus ernste Zug unentwegt verfolgt gefällig sei."
und mit nicht nachlassender Phantasie tern .. Das größte Erlebnis des Abends war tm ..
peramentvoll zu Ende geführt. Wieder einmal streitig Sz y rn an 0 w sk i s himmelsturmende
etwas für denkende Klaviel'spielerl zweite Symphonie. Es ist kaum glaublic.h, aus
Ein neues Streichquartett von Fritz Schreiber welchem verhältnißmäßig geringen Apparat
zeigt nicht nur reichste Erfindung sowohl im Szymanowski seine überwältigenden dynami ..
Melodischen als im Rhythmischen und Harmoni.. scben Wirkungen holt. Ein Blick in die Partitur
sehen, sondern auch, in der Form wie im Satz, zeigt ein Orchester, welches über das Beethovens
volle Beherrsc.hung der technischen Mittel. Be.. nicht wesentlich hinausgeht. Man hat SZY"
sonders schön ist der langsame Satz, ein breiter manowski mit Max Reger verglichen. In der
Me1odiestrom, der auch im fugierten Mittelteil in Tat zeigen beide eine besondere Neigung zur
unverminderter Fülle weiterfließt. Das 8chwie.. Fugenform. Beide gebrauchen sie als cHe wunder..
rige Werk fand durch das Feist..Quartett eine bare Sammellinse, welche die thematischen
technisch vollendete, dabei liebe - und ver.. Strahlen zur Glut höchster und letzter Steigerun..
ständnisvolle Wiedergabe. R. St. H 0• ffm an n gen in einem Brennpunkt vereinigt. Aber
o 0
sonst, welch' ein Kontrast! Szymanowski hat
nicht den Humor dea bayrischen Meisters und

121
Reger.'.; Harmonik ist von der Szymanowskis

schloss~nen Kuvert, das als Aufschrift das l'dotto
weltweit entfernt. Arnold Schönberg sagt irgend .. trägt, dem Manuskript beizuschließen.
wo in seiner Harmonidehre, daß die Akkorde Das Preisrichteramt haben übernommen:
die Eierschalen ihrer Herkunft nicht ewig mit Alban Berg, Julius Bittner, Direktor Emil
sich herum tragen können. Nun, die .. e Eierscha!en Hertzka, Prof. Dr. Josef Marx, Hermann
hai Szyroanowski gründlic.h entfernt, ein Akt Schmeidcl.
der Befreiung, der schließlich auch der Melodie Als Preise, die der Redakti.on der Musik..
ganz neue Wege eröffnet. Denn Harmonien sind blätter des "Anbruch" von Herrn Kar! Se el i g,
Treffpunkt.:: melodischer Ereignisse. einem Freunde modernen Tonschaffens, zur
Noch ein Wort über den Dirigentenl EmU Verfügung gestellt wurden, sind ausgesetzt:
Mlynarski, der, nach seinen Triumphen in Für Chorkompositionenmit Orchesterbeg1eitung
Landon, Paris und Berlin, nun alle Kräfte an ein Preis K 4500'-
die Neuorganisation des polnischen Musiklebens Für Chorkompositionen a cappella ein Pteis
wendet, ist einer der wenigen ganz großen K 2500'-.
Orchesterführer und stellt die seltene Vereini ... Kein Autor kann mehr als zwei Arbeiten
gung vollkommenster Sicherheit mit einer gleichzeitig einreichen. Von diesen wird im
kaum zu überbietenden Leiden.schaft und tiefen gegebenen Fall nur eine prämiiert. Das Ergebnis
inneren Wärme dar. Zu sehen, wie er nach zwei der Jury wird am 1. Jänner 1922 bekannt ...
knappen Proben das Orchester zu den dithy.. gegeben.
rambischen Wirkungen von Szymanowskis Die Musikblätter des "Anbruch" werden für
Schlufifuge mitriß, war ein Erlebnis für sich. eine würdige Aufführung der prämiierten
Dr. Walther Klein Kompositionen Sorge tragen.
Die Universal~Edition A. G. behält sich das
o 0 Recht vor, sowohl die prämiierten, wie auch
die übrigen eingereichten Kompositionen gegen
eine Verlagstantieme von 15 Prozent des Laden..
PREISAUSSCHREIBEN preises für ihren Verlag zu erwerben.
DES .A N B R U C H·
o 0
FÜR CHORKOMPOSITIONEN
BESPRECHUNGEN
Die Musikblätter des ,.Anbruch« eröffnen
ein Preisausschreiben für Chorkompositionen, BEETHOVENS STREICHQUARTETTE,
und zwar für ~ op. 18, Nr. 1 bis 3, Neuausgabe von Arnold
Rose, Universal.. Edition, Wien... Leipzig.
Chorkompositionen mit Orchesterbegleitung,
Diese Ausgabe verfolgt eigentlich das Prinzip,
Aufführungsdauer 20 bis 30 Minuten
die Auffassung und Nuancierungsarten des
Chorkompositionen a cappella, Aufführungs.. Rosequartettes graphisch festzuhalten. Meister
dauer 10 bis 20 Minuten. Rose hat alle Vortragsbezeichnungen und Strich..
Die Kompositionen dürfen weder im Druck arten, die er mit seiner Quartettvereinigung
veröffentlicht, noch bereits aufgeführt sein. Da durch jahrelanges Proben und Musizieren fest ...
die Musikblätter des .,Anbruch<1 jede Haftung gelegt hat, in das Notenbild aufgenommen.
für Manusk,ripte ablehnen, ist die Verwahrung Beethoven selbst notiert ja ziemlich reichlich
einer Kopie den Komponisten dringend zu dynamische Zeichen, speziell bei op. 18 aber
empfehlen. nicht die bis in die letzten Einzelheiten gehende
Für beide Wettbewerbe sind nur gute, Phrasierung. Dies ist hier mit dem größten Kunst ..
deutsche Texte, namentlich auch Balladen empfinden und feiner stilistischer Einfühlung
zulässig, doch ist das Preisausschreiben Kom .. nachgetragen. Auch Fingersätze und Lagen ...
ponisten all e r Nationen offen. bezeichnungen sind sorgfältig vermerkt, sowie
Die Manuskripte, die gut leserlich sein Stichnoten bei längeren Pausen einzelner
müssen, sind bis zum 1. September 1921 an die Stimmen eingezeichnet. Es erübrigt sich wohl,
Schriftleitung der Musikblätter des "Anbruch", festzustellen, daß dieser Neudrucknachgenauem
Wien, I. Karlsplatz 6, einzusenden. Vergleich und sorgfältiger Auswahl aller vor..
Die Manuskripte dürfen den Namen des handenen Lesarten und Ausgaben hergestellt
Komponisten nicht enthalten, sondern sind bloß ist. Eine mustergültige Ausgabe, der weiteste
mit einem Motto zu bezeichnen. Namen und Verbreitung zu wünschen ist. L. Schwarz
Adresse des Komponisten sind in einem ver.. o

122
EGON WELLESZ: WIE EIN BILD. (Mlni.- klingen, so müßte man sie zweifellos als wert..
ture.) Universal..Edition, Wien ..Leipzig. volle Bereicherung der Studienliteratur für
Eine Skizze von Peter Altenberg zu vertonen, Klavier bezeichnen.
ist immerhin ein gewagtes Unternehmen. Es D
ist hier geglUckt, insofern als diese Musik dem
Text von Anfang bis zu Ende voll entspricht: WALTER BRAUNFELS: VOR_ UND
diese Vertonung steht und fällt mit der Skizze ZWISCHENSPIELE. Universal..Edition.
Altenbergs. Walter BraunfeIs, der - schon früher als
Harmonisch reichlich kühn, vielleicht etwas sehr begabter Schüler Thui11es bekannt - in..
zu grundsätzlich kühn, aber in diesem Fall folge des unlängst mit seiner Oper ,.Die Vögel"
doch nicht unmotiviert. Altenbergtexte sind erzielten außergewöhnlichen Erfolges viel von
schließlich ein Land unbegrenzterMöglichkeiten. sich reden macht, Bucht und findet in diesen
Welles% hat sie auszunützen verstanden. Pikante Klavierstücken neue Ausblicke. Freilich, von
Klänge gibt's da genug, auch einige bekannte. radikaler Moderne ist hier nichts zu spüren;
Aber die liegen in der Luft, man darf sie nie.. wohl aber merkt man überall die sichere Hand
mandern vorwerfen, der sie doch wieder zur eines ehrlichen Musikers, der aus 'Altem Neues
Wirkung bringt, so wie das hier der Fall ist. zu gestalten weiß und sich offenbar gerne er..
Diese - jedenfalls "interessante" - Minia .. innert, daß Dreiklang und Kadenz auch nicht
tute wird einen nicht extrem modernen von schlechten Eltern sind. Dazu gehört heut..
Geschmack vielleicht nicht für sich einnehmen, zutage entweder Mut oder Dilettantismus, welch
sicher aber für radikal geschulte Ohren reizvoll letzterer bekanntlich in unserer herrlichen Zeit
und anziehend sein. Als typisches Produkt des voraussetzungsloser Anarchie besonders hoch
Impressionismus verdient sie die Beachtung im Kurs steht. Bei Braunfels ist es Mut. ttHeil
weiterer Kreise. ihm". Dilettantismus kann ihm auch ein Feind
nicht vorwerfen. H Wehe ihm" würde ich darob
rufen, wenn ich nicht wüßte, daß er trotzdem
c wei terkommt. Aber im Ernst: diese Klavierstücke
verdienen die Drucklegung durch die Universal..
CRAMER_PETYREK: KONZERT-ET!iDEN. Edition und die Beachtung VOll seiten des
Universal..Edition. Publikums. Sie sind nicht "interessant" im
Sinne der radikalen Moderne; aber, wenn man
Klavier..Konzertbearbeitungen sind meistens sie spielt, hat man den wohltuenden Eindruck,
lediglich ein Vorwand für klaviertechnische daß der Komponist einer jener weißen Raben
Zirkuskunststücke. Für Etüden gilt das ganz ist, die so singen (man verzeihe die Entgleisung),
besonders. Hier aber ist es nicht der Fall. Diese wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.
,.,Studien über Etüden von J. B. Cramer u stellen Dr. Jos. A. Dasatiel
zwar hohe technische Anforderungen, aber nicht
als Selbstzweck; zumindest merkt man es nicht. a 0
Man hat vielmehr den Eindruck, daß hier
sowohl ein scharfer, zieIbewußter Kunstverstand,
als auch eine vielleicht spröde, aber jedenfalls N o T I z E N
stark persönliche Gefühlspotenz am Werke war, In der Hamburger Volksoper wurde Heinrich
die allerdings weniger in den Stücken selbst Zöllners Musikdrama "Die vCl'sunkene Glocke"
zum Ausdruck kommt, als vielmehr in der zur Erstaufführung gebracht und erzielte einen
Liebe zur Sache, mit der diese Bearbeitungen großen Erfolg.
unbedingt geschaffen wurden. Im Gegensatz zu
anderen Fällen sind hier die Transpositionen c
(zweite, fünfte und sechste Konzertetüde) und Das Württembergische Landestheater, Stutt..
Veränderungen wohl motiviert und wo Petyrek gart, wird Anfang Mai zwei Einakter von Paul
neues hinzutat - er beschränkt sich keineswegs Hindemith (Frankfurt)zur Uraufführung bringen
auf nichtssagende Floskeln - ordnet es sich und zwar: "Mörder, Hoffnung der Frauen",
dem vorhandenen Material organisch ein. Der Dichtung von Kokoschka und "Das Nusch..
ersten Konzertetüde sind einige hei1sa~e Va.. Nttscbi", Dichtung von Pranz Blei. Die musi..
rianten beigefügt. Jedenfalls sind alle diese kalische Leitung hat Fritz Busch übernommen.
Bearbeitungen der pianistischen Welt zu
o
empfehlen. Würde el! nicht abgedroschen

123
...zu 8acharach am Rheineli', Singapiei in MarUk. "Die achwarte Seuoae" statt. Marlik~
drei Akten von Wilhelm Jacoby, Musik von ein Schüler Prof. Hermann Koe.ßlerliil, erzielte
Heinrich Spangenberg, haUe bei seiner Ur.. mit diesem Werke bei Publikum und Presse
aufführung am Coblenzer Stadttheater einen einen nachhaltigen Erfolg.
stürmischen Erfolg.
D D
D

Das Mannheimer Nationaltheater hat für


April die Erstaufführung von BerUoz' "Bea trice
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
und Benedikt'" vorgesehen. Im Mai sollen Hugo Kauder (Wien) IiiIchrieb außer einer
Frühlingsspiele stattfinden, die unter anderem größeren Anzahl von Liedern mehrere Kammer..
Pfitzners Palestrina, Schrekers Schatzgräber und musik.. und Orchesterwerke. MitAusnahme einer
eine vollständige Neuinszenierung des "Frei .. in den Jahren 1919 und 1920 durch Hugo Gottes.-
schütz'" anläßlich des 100jährigen Jubiläums mann aufgeführten Fantasie fUr Violine und
seiner Uraufführung bieten werden. Orchester ist seine Musik bisher nur innerhalb
D
dnes kleinen Kreises bekannt geworden.
P. A. P.
In Preßburg fand die Uraufführung einer
D D
Oper des dortigen Vizegespans, Dr. Emanue1

NEU E NOT E N Egon Wellest: "Wie einBild" (Text von Peter


AItenberg) für Singstimme und Klavier
Verlag Universal .. Edition, Wien-Leipzig Verlag Otto Junne, Leipzig
Beethoven: Streichquartette, op. 18, Nr. 1-3, Hans Fährmann: Große Sonate XII, op. 65,
neu herausgegeben von Arnold Rost für Orgel
Fred. Delius: Requiem, für Sopran und Verlag J. & W. Chester, London
Bariton, Doppel.. Chor und Orchester F. Poulenc: Suite pour Piano
(Klavierauszug mit Text von Philipp Adolfo Salazar: Troia Chansons
Heseltine) Igor Strawiosky: TroiB histoires pour enfanta
ViazIav Novak: Pan, symphonische Dichtung
für großes Orchester, Partitur D 0

Walt'er Braunfels: Vor.. und Zwischenspiele,


op. 31. für Klavier zweihändig
Taubenhoc:hzeit aus "Die Vögel« für Klavier
NEU E B 0 eHE R
zweihändig Verlag Albert Auer, Stuttgart
FeHx: Petyrek: Acht Konzert..Etüden (Studien Alexander Eisenmann : Das Muaikstudium
über Etüden von J. B. Cramer) für Klavier Verlag Graphia, Prag
zweihändig Ernst Finstermünz : Gegen die Fuseln des
OktobernebeIs
Anton Webern: Fünf Lieder aus "Der Siebente
Ring1f von Stefan George für eine Sing.. D D
stimme und Klavier, op. 3

Vuautwortlieher Schriftleiter: Dr. P. A. Pille, Wien. I. Karbplat2; 6. Herau.,e,eben von der Univer.al~
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VERLAG HARMONIE BERLIN


3. Jahrgang. Num.mer 7 1. April-Ben 1921

INHAL T

Ernst Maller .. " ............ Von Tan. und Eurhythmie


Franz Schreltcer ., ........... , .. .... Mein Charakterbild
C. RudoU Mengelberg .. ...... Schönberg in Amsterdam
A.ndr<!l Coeuroy .. Französische Musiltcer I (A. Houssel)
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Bespreollpnu Noti6l6n; Zu unserer Notenbeilage (
BerlolltiflTU&U I Neue Noten I Neue Bflcher

NotenbeJlaue: .,Frdhling" Ton ;To.. A. Dass.tiel


Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sprechen fordernd
und fördernd in allen Fragen der Musik
Die MUSIKBLÄTTB DES ANBRUCH verfolgon das je-
wollige Gesamtbild, sowohllUtlsichtlich der musiblischen
Produktion, wie. der intortllltionalen Mu.ikpflegei
Die MUSIKBl.ATTER DES ANBRUCH arbeiten mt den ge-
wichtigen Nachdruck der künstleriachreinen Absicht des
Komponistim, für die EntkIeidutlg des Musikbetriebes
stinest~in gesch~,ftIichen Cru.rakters. für ~ine Veredlung •
4et MUSlkpflege uberhaupt . .
Die Mt1SIKBLÄ TTER DES ANBRUCH bekennen sich, bloß
'Poclium f'tlr alle ernsten Bestrebungen in der lIIIusik,
Dicht ZU Schlagworten irgendwclche. mU8ikslischen Zu-
&:.ehörigkeit, wie Schule, Richtung, Clique als prinzipiellen
Gesichtspunkten, vieltnehr lediglich zu Werten aufbauen-
der Qualität . . .
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH wollen befrl1chtend
auf aUe Musikinteressierten wirken, seien sie Schalfende,
Ausübende, Genießende
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sind die eDerPd!t
Einstellung gegen die heutige Konvention im Musik1Jettieb.
die Fordit-ung nach dem Edlen und Bleibenden in: detKutW .
Die MUStKBLÄ TTER DES' ANBRUCH sehen es als ihN über
der Politik stehende wichtigste Aufgabe an, die durch den
Kriegzerriitttten ßeziehungen der tufopäischen Völker auf
.dem. Umweg. der Musik zu jener kulturellen Gemeinschaft
wieder aufzUbauen, die seit je das' einzig unverbrüchliche
Band innere. Zugehörigkeit gewesen ist
Schriftleitung: Administration:
Dr. Otto Schneidet Universal,Edition A. G.
Wien, I. Karlsplau Nr, 6
Die .Musikblätter des Anbruch" erscheinen zweimal im MolUj;
mit einer zweimonatlichen Sommerpause Guli-Septem'ber).
Der Abonnementspteisbeträgt:G:inzjährig(mindutens20Hefte)
für Deutschösterreich K 170'- (für die Sukzessionsstaaten
und Deutschland Mk,45'-, für das übrige Ausland Fl'cs.1S·-),
halbjährig (mindestens 10 Hefte) K90'-(Mk. 25'-, Fra. 9'-),
Einze\heftpreis K 10'- (Mki 3'~, Fm. 1'-)
Abonnements-Einzahlungen im Deutschen Reiche erfolgen
an F.riedrich HofmeiSter, Leipzig, Karlsstraße 10
für .Musikbliitter des Anbruch"
3. jahrgang Nummer? 1. April~Hort 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

CI //gemeiJ1er
-_.........-----..---.~
r;i~
...............-
VON TANZ UND EURHYTHMIE
Von Dr. Ernst Müller, Wien
Äußerste Gegensätze: Erhabenes und Niedriges, Göttliches und Gemeines, um'
faßt, was heute mit dem allgemeinen Namen ff Tanz" bezeichnet zu werden pflegt.
Und dieser mehr, als jede in ein anderes Kunstgebiet fallende Betätigung. Wie denn
anders? Ist doch hier Instrument, Stoff und Künstler zugleich nichts anderes, als der
Mensch selbst" in seiner körperlichen Manifestation und bedeutet doch gerade das
körperliche Wesen des Menschen - entgegen den Anschauungen der Materialisten
und der unwahrhaftigen Idealisten - auf Gottes Erdboden ein Heiligstes oder ein
Niedrigstes.
Einstmals war dies anders. Als ein lauteres Gefäß erhabener Gestaltungsmächte
des Lebens hatte sich der Menschenleib gebildet und bildete sich weiter: Nachbild
und Erweiterung dessen, was ihn gebildet hatte. Und in umfassendem Sinne wird
Kunst Gipfelung der Natur, Natur vom Menschen wiederholt und überholt, nach,
erschaffen und neuerschaffen, durch des Menschen geistiges Wesen erstorben und
neu geboren. Wie der Mensch sich adelt und veredelt, zum .Bilde Gottes" heranreift,
Weisheitslicht in sich aufleuchten läßt und mit seinesgleichen Städte und Staaten
gründet - Stätten also, in denen die ersten Keime wahrer menschlicher Gemein'
schaftsformen gepflanzt wurden - da ward all dieses Neuen, Unerhörten Ausdruck
nur wieder er selbst, als Ganzes, in der dreifachen Urausdrucksform von Wort,
Gesang und Gebärde: ursprünglich aus dem Ideenschoße selbst und nicht erst aus
dem Gedanken entspungen, der selber schon eine Art von Ausdruck ist. Und in der
griechischen Tragödie, von der uns nur die Worte verblieben sind, reifte mensch...
liche Kunst zu einer Vollendungsstufe, welche die weihevolle Bewegung des ganzen
Menschen als ein Wesenselement in sich trug.
Auf geheimnisvolle Weise ist Formtypus der Bewegung irgendwie an Ursprung
und Rhythmus des Blutes gebunden. Die gleiche Kraft, welche Völker schmiedet
+ Richard Wagner nennt im "Kunstwerk der Zukunft U die Tanzkunat "die realste aller Kunst..
artenU. Denn "ihr kiinstlerischer Stoff ist der wirkliche lebendige Mensch, und zwar nicht ein
Teil desselben, sondern der ganze . ..U

125
in Charakter und geschichtlichem Schicksal, läßt aus verwandten Tiefen, wie Sprache
und Sang, wie Sitte und Sage, ja wie die stammlich bestimmte Körperform selbst
spezifische Bewegungsform des Körpers entspringen: Tanz als Volkstanz.
Aber Kulturverfeinerung und Kulturzwiespalte zerschneiden ursprüngliche Kunst
in Künste, binden zugleich das Wort enger und enger an den abstrakten Gedanken,
daß es nicht mehr aus den Tiefen des Ideenschachtes selber heraufsteigt, sondern
erst über den Umweg des Begriffs. Und spalten den Ton von der menschlichen
Stimme lOSt lassen aus lebloser Materie eine zweite singende Natur erstehen. Was
aber vollends den lebendigen Körper selbst zum Ausdruck des Erhabenen befähigte,
wird durch eine naturfeindliche, falsche Spiritualität in den Abgrund gestoßen und
nur eine Erinnerung ihrer reinen Höhe flüchtet sich, verinnerlicht und abstrahiert
zugleich, erstarrt und gelöst, aus dem Raume in die bloße Zeitform, in Dichtung
und Musik. Und in verklärter Innerlichkeit, in einer Sphäre sehnsüchtigsten Menschen-
tums läßt Bachsehe Musik den Volkstanz neu erstehen, ergießen sich seine Rhythmen
in ein Meer tönender Bewegung, in Beethovenschen und Wagnersehen Melodien
und Motiven immer neu zerfließend und wieder sich formend.
Selbständig aber lebt der Tanz nur noch in den Tiefen des Volkes und auf
entgegengesetztem Lebensgebiete im gesellschaftlichen Salon, dort sich in dem Strome
der Entwicklung in Inseln verlierend, hier in Diensten eines Kulturraffinements,
dessen Wesen doch wieder zu elementarischer Plumpheit zurückstrebt : als • Ver-
gnügen" an Stelle der "Freude u , als Ausdruck eines gesuchten Frohsinns, den man,
weil gesucht, nicht finden kann. In einer Atmosphäre, wo alle Affekte von kindlicher
Bewegungslust bis ZUr verhüllten und unverhüllten Laszivität verdorben werden,
vermischen sich wie im kulturchaotischen Reflex der Zeit alle Motive und Quellen
einer gefallenen Kunst.
Und dennoch kann die Tendenz nach rhythmischer Veredlung höchstens erstickt,
doch nicht erstorben sein. Sie lebt in der harmlosen Tanzfreude des erwachsenden
Kindes, in jedem, nur durch einen Wald von Eitelkeiten verdunkelten, Streben nach
eigener Schönheit und .Gefälligkeit" und wohl auch in der Freude an körperlicher
Bewegung als solcher, an Turnen und Sport.
Aber auch da ist es schon nicht allein Menge, Wucht und Schnelligkeit der
Bewegung, was ihren Wert bedingt, sondern ein aUes durchziehendes und gegen-
einander regelndes Maß. Nur ist leider der Sinn für Ordnung und Maß selbst auf
diesem Gebiete dank der doppelten Entartung unserer Kultur nach der Seite
mechanisierter Geistigkeit in der Methode und brutaler Inhalte in den Zielen, in
militaristischen Drill und stumpf-egoistischen Gesundheitskult entartet.
Aber doch geht auch hier eine Sehnsucht unserer Zeit von blindem Kult ZU
sinnbelebter Kultur, vom Idol des körperlichen Wohls zur einzig geistmäßigen und
wahrhaft ku lturwürdigen Einschätzung der Körperlichkeit: als Expression und
Betätigung des Geistes. Und die zivilisatorischen Fortschritte der "Hygiene" müssen,
in rein menschlichem Sinne betrachtet, schließlich nur Impulse von Kulturlosigkeit
werden, wenn nicht Hygiene selbst, wenn nicht die scheinbaren Zufälle des gesundheit-
lichen Lebens und dessen wahre Kraftquellen, in tiefere Zusammenhänge verfeinerten
Erlebens eingestellt werden. '
Ein noch lange nicht ergründeter Zusammenhang besteht wohl auch zwischen
Körperbewegung und Moralität, welch letztere ja nichts anderes ist, als im Tiefsten
verstandene wahre Sozietät. Nicht umsonst spricht man von "rohen" und "edlen H

126
Bewegungen. Eine gewisse Formenkultur hat im Laufe der Geschichte gewisse
äußerlich höher gestellte Gesellschaftskreise, trotzdem gerade sie sich am sozialen
Sinn der Menschheit am schwersten versündigt haben, vor der Herrschaft mancher
rohesten Instinkte bewahrt, sie so in äußerlichem Sinne zum Trägertum einer
gewissen Kulturveredlung befähigt. Heute machen wir derartige Erfahrungen vor
allem nach der negativen Seite, wovon uns jeder Gang durch die Straße einer
Großstadt überzeugen kann, wo aller Lebensrhythmus in Hast und übertünchter
Plumpheit verloren erscheint. Eine feinere Beobachtung der Bewegungen der Menschen
könnte uns Intimstes vor allem gerade über ihre in eigentlichem Sinne "soziale"
Artung erkennen lassen. So gibt es zweifellos Bewegungen. die nicht nur in ihrem
Zweck, sondern schon im Ausdruck nur Egoismus bedeuten, während anderseits
manch edelste Blüte des Lebens von vergöttlichter Bewegung getragen erscheint.
Für eine an ihren Urquell wieder anknüpfende veredelte Auffassung der
Bewegungskunst muß der Begriff des "Ausdrucks". selbst in wesentlich erweitertem
und neuem Sinne verstanden werden. Schon für Wagoer erweitert sich in
charakteristischer Weise seine Sphäre von Mimik und Geste zur Bewegungdes
ga n zen K ö r per s. Im Grunde ist Mimik vor allem Ausdruck auch sonst bewußt
erfaßbarer Gedanken-. Gefühls- und Willenselemente. und doch lebt in diesen
nicht der ganze Mensch in seiner kosmisch. . irdischen Verwobenheit. Geste und Tanz . .
gebärde hinwiederum in ihrem unmittelbaren Anschluß an Musik sind in gewissem
Sinne auch wieder nichts anderes, als aus sich selbst exp!lndierte, in Bewegung
übergeflossene Musik. Wird aber wieder das künstlerische Maß als solches für
die Verbindung von Ästhetik und physischer Dynamik in "rhythmischer Gymnastik"
zum bestimmenden Faktor erhoben, dann bedeutet "richtiges Maß" vorläufig
ebenfalls noch eine Abstraktion.
Da kann nun Menschheitserinnerung in alte Zeiten zurücktauchen, sich auf den
religiösen Ursprung aller Kunst besinnen, die zugleich Götter.... und Gottesdienst
war, in gewissem Sinne aber auch Wissenschaft, sofern sie kosmische, genauer:
kosmisch-geistige Verhältnisse nicht gedankenmäßig. sondern schöpferisch reproduzierte.
Der religiöse Tanz weist ja im allgemeinen zwei wesentlich verschiedene Grundtypen
auf, denjenigen der Ekstase, dem wir in verzerrter Form zum Beispiel bei den tanzenden
Derwischen. in innerlicher Adlung durch die Innigkeit des Gemeinschaftslebens bei
den chassidischen Juden begegnen. und denjenigen ursprünglicher kosmischer
Weisheitszusammenhänge, wie in den astronomischen Tänzen der Chaldäer und
Ägypter und den noch tief im Religiösen wurzelnden "langsam abgemessenen
Schritten" des griechischen Chortanzes.
Es kreuzen sich also im Probleme des Tanzes vielerlei Gesichtspunkte. In einer
Zeit, wo religiöse Tradition wesentlich der Vergangenheit zugerechnet wird, ist die
ernsteste Frage, welche hier angeschlossen wird, die pädagogische. So sucht die
rhythmische Gymnastik den Tanz wieder, wie einst in Griechenland, in die Erziehung
hineinzustellen als ein Element, welches über den Weg des Körpers die Seele zu
harmonisieren und zu adeln bestimmt wäre.
Und in allen solchen Bestrebungen erweist sich der Pulsschlag des Lebens darin,
daß die traditionell. . eintänige Form des Tanzes hier überwunden erscheint und Kunst
nicht in schematischer Starrheit, sondern in lebendiger, persönlich und gegenständlich
-individualisierter Neuschöpfung sich betätigen will.
o 0

127
eso
M EIN CHARAKTERBILD
Von Fra nz Sehr ek er, Berlin
Ich bin Impressionist, Expressionist, Internationalist, Futurist, musikalischer
Verist; Jude und durch die Macht des Judentums emporgekommen, Christ und von
einer katholischen Clique unter Patronanz einer erzkathoIischen Wiener Fürstin
"gemacht" worden.
Ich bin Klangkünstler, Klangphantast, Klangzauberer, Klangästhet und habe keine
Spur von Melodie (abgesehen von sogenannten kurzatmigen Floskeln, neuestens
"Melodielein" genannt). Ich bin Melodiker von reinstem Geblüt, als Harmoniker
aber anämisch, pervers, trotzdem ein Vollblutmusiker ! Ich bin (leider) Erotomane
und wirke verderblich auf das deutsche Publikum (die Erotik ist augenscheinlich
meine ureigenste Erfindung trotz Figaro, Don Juan, Carmen, Tannhäuser, Tristan,
Walküre, Salome, Elektra, Rosenkavalier u. s. f.).
Ich bin aber auch Idealist (Gott sei Dank!), Symboliker, stehe auf dem Iinkesten
Flügel der Moderne (Schönberg, Debussy), stehe nicht ganz links, bin in meiner
Musik harmlos, verwende Dreiklänge, ja sogar noch den ganz "trivialen" verminderten
Septakkord, lehne mich an Verdi, Puccini, Halevy und Meyerbeer an; bin absolut
eigenartig, ein Spekulant auf die Instinkte der Masse; Kinodramatiker ; ein Mensch,
"der aus Sehnsucht und Morbidezza seine Kräfte ziehe:; schreibe ausschließlich
homophon, meine Partituren sind gleichzeitig kontrapunktische Meisterwerke, auch
"Künsteleien:', meine Musik ist rein und echt, erklügelt, ergrübelt, gesucht, ein
Meer voll Wohllaut, eine gräuliche Häufung von Kakophonien, ich bin im Gegensatz
zu anderen ein Reklameheld ärgster Sorte, bin "des süßen Weines voll", "ein
grandioses Dokument des Unterganges unserer Kultur", verrückt, ein klarer
berechnender Kopf, ein miserabler Dirigent, auch als Dirigent eine Persönlichkeit,
ein glänzender Techniker, vermag nicht einmal meine Werke zu dirigieren (und
dirigiere sie immerzu); ich bin auf jeden Fall ein "Fall" (einige werden behaupten,
ein böser, andere, ein "Reinfall"), ferner bin ich ein schlechter Dichter, aber ein
guter Musiker, meine dichterische Begabung ist allerdings weitaus bedeutender als
meine musikalische, meine 'Musik erwächst aus der Dichtung, meine Dichtung aus
der Musik, ich bin ein Antipode Pfitzners, der einzige Nachfolger Wagners, ein
Konkurrent von Strauß und Puccini, schmeichle dem Publikum, schreibe nur, um
alle Leute zu ärgern und trug mich kürzlich tatsächlich mit dem Gedanken, nach
- Peru auszuwandern.
Was aber - um Himmels willen - bin ich nicht? Ich bin (noch) nicht über-
geschnappt, nicht größenwahnsinnig, nicht verbittert, ich bin kein Asket, kein
Stümper oder Dilettant und habe noch nie eine Kritik' geschrieben.
o 0

128
SCHÖNBERG,IN AMSTERDAlVI'
Von Dr. C. Rudolf Mengelberg, Amsterdam
Arnold Schönbergs Beziehungen zu Amsterdam begannen mit einem Besuch
des damals Achtunddreißigjährigen, im November 1912, als er im Concertgebouw
seine symphonische Dichtung "Pelleas und Melisande ll dirigierte. "Die Aufführung
in Amslerdam, wo das Orchester durch Willem Mengelberg auf eine wunderbare
Höhe technischer Vollendung gebracht worden war, gestaltete sich zu einem großen
und nachhaltigen Erfolg, der für Schönberg höchst bedeutungsvoll werden sollte" -
so lesen wir in der jüngst erschienenen wertvollen Biographie des Komponisten
von Egon Wellesz. In der darauf folgenden Saison (Anfang 1914) introduzierte
Schönberg im Concertgebouw seine 1909 entstandenen "Fünf OrchesterstückeIl , von
denen besonders das zweite und vierte sehr beifällig aufgenommen wUrden. Im
gleichen Sommer begannen in Amsterdam die Proben für die für den Herbst 1914
geplante erste Aufführung der "Gurrelieder", die aber infolge des Krieges abgebrochen
werden mußten, da durch die zahlreichen Einberufungen die zur Aufführung absolut
notwendigen großen Männerehöre nicht mehr disponibel waren. Während des
Krieges war Schönberg nicht in Holland. Erst im März 1920 dirigierte er wieder
im Concertgebouw, und zwar zum ersten Male sein neuerdings für Streichorchester
bearbeitetes, 1899 komponiertes Sextett" Verklärte Nacht" (op. 4) und die ersten
bdden der fünf Orchesters tücke, da e~ durch Grenzschwierigkeiten die für die ganze
Suite nötige Probezeit leider versäumte. Schon zwei Monate später durfte man
Schönberg wieder in Amsterdam begrüßen, diesmal als Zuhörer und Gast beim
Mahler-Fest. Im Herbst 1920 kam er zum dritten Male in diesem Jahre nach
Holland, um sich nunmehr für sechs Monate dort in dem Amsterdam benachbarten
Zandvoort aan Zee niederzulassen und auf Einladung Willem Mengelbergs im
Concertgebouw nochmals alle seine Orchesterwerke und auch die Gurrelieder zur
Aufführung zu bringen.
Man hatte in dieser Saison in Amsterdam Gelegenheit, da~ gesamte Schaffen
Schönbergs in seinen wesentlichen Zügen kennen zu lernen. Zunächst hörte man
U
wieder die "Verklärte Nacht und die "Fünf OrchesterstückeU, die auch in einem
Volkskonzert wiederholt wurden und hier zum Teil ganz spontanen Beifall hervor-
riefen. Am 6. und 8. Jänner fand in Amsterdam und in der Residenz Haag ein
ganzer Schönberg. .Abend des Concertgebouw. . Orchesters stattt mit ffPelleas und
Melisande" und den Orchesterliedern op.8, die Hans Nachod sang. Von Kammer-
musik spielte das Budapester Streichquartett sein D moll-Quartett op. 7, während
Mitglieder des Concertgeb ouw. . Orchesters in einem Konzert des rührigen Concert. .
gebouw_(Bläser_)Sextetts seine Kammersymphonie zu Gehör brachten.
Seine Tätigkeit in Holland beschloß Schönberg mit zwei grandiosen Aufführungen
der "Gurrelieder u am 19. und 20. März. In wochenlangen Proben sorgsam vorbereitet,
kam sein größtes symphonisches Werk zu einer ganz hervorragenden und mit einer
hier selten erlebten Begeisterung aufgenommenen Wiedergabe. Die das weit aus..
gebaute Riesenpodium des Concertgebouw füllende Schar von 750 Mitwirkenden
standen unter der sicheren Leitung des Komponisten. In den Wiener Solisten
lernte man ganz ausgezeichnete Kräfte kennen: Frau Berta Kiurina, Frau Olga
Bauer v. Pilecka, Hubert Leuer, Josef Manowarda und Wilhelm Klitsch als meister . .
hafter Sprecher des genialen Melodrams.

129
Die: sehr anspruchsvolle Tenorpartie des Waldemar führte Hans Nachod aus
Prag mit bemerkenswertem Können, wenn auch nicht restlosem Gelingen durch.
Das auf etwa 140 Mann verstärkte Concertgebouw. . Orchester spielte wunderbar
klangschön und in klarster Phrasierung. Die technisch höchst anspruchsvollen
Männerehöre gelangen durchwegs gut und der Schluß wurde durch die unvergleich-
liche Tonschönheit und Klangfülle des Amsterdamer "Tonkunst"-Chores zu einer
wirklich sonnenhaft leuchtenden Krönung des ganzen Werkes. Die Hingabe, mit
der Chöre und Orchester ihrer sehr schwierigen Aufgabe gerecht wurden und der
Jubel, mit dem alle Hörer und Mitwirkende den Komponisten feierten, werden
Schönberg ein Beweis sein für die Sympathie, Achtung und Bewunderung, die er
in Holland - trotz mancher natürlich auch hier unausbleiblichen Anfeindung -
gefunden hat. Aus dieser Empfindung heraus kamen ihm gewiß auch die herzlichen
Dankesworte, mit denen er die nicht enden wollenden Beifallsstürme unterbrach.
Die Ortsguppe Amsterdam der "Gesellschaft zur Förderung der Tonkunst" hat mit
den Festtagen der "Gurrelieder" - Dank sei vor allem der energischen, organisatorisch
hervorragend begabten Präsidentin des Chores, Frau J. Benkers v. Ogtrop - das
holländische Musikleben wieder um ein Ereignis bereichert, das weit über die
Grenzen des Landes hinaus Beachtung und Nachfolge verdient.
o 0

FRANZOSISCHE MUSIKER
I
Albert Roussel
Von Andre Coeuroy, Paris
Wäre ich Bildhauer und hätte die Akademie der schönen Künste, aus Lust an
verschrobenen Ideen, zum Wettbewerb "Die Musik der lebenden vierzigjährigen
Komponisten" ausgeschrieben, so würde ich ein Denkmal mit vier Nischen ent...
werfen, in denen man Ravel als "freudige Anmut U , Dukas als "verliebten Ver . .
stand", Florent Schmitt als "kindliche Kraft" und Albert Roussel als "zarte
Vertrautheit" dargestellt sähe.
Man sagt von Rousse1, daß er Maler und Dichter sei, als ob es zu wenig wäre,
ihn als einen unserer besten vier oder fünf Musiker zu bezeichnen. Er war Maler,
gewiß, in' seinem reizenden "Festin de l'Araignee" (Fest der Spinne) nach einer
etwas kindlichen Fabel von Gilbert de Voisins. Der Impressionismus hat hier freies
Spiel, jedoch ein Spiel von 1913, das schon überholt ist. Die Nachahmung des
an seinem Faden herabgleitenden Insektes, des luftigen Schmetterlingstanzes, das
minutiöse Aufsuchen neuer Klangfarben, die gedrängte Schar kleiner sonorer Ton. .
folgen, tragen mehr den Stempel einer Epoche, als den einer Persönlichkeit, die in
anderen Werken in größerer Freiheit ersteht. <

Er war auch Dichter, durch die lyrische Inspiration, welche in Werken, wie
"Auferstehung" vorherrscht, einer symphonischen Dichtung nach Tolstoi oder in
den "Melodien", wo er es sich angelegen sein läßt, den Text in seinen feinsten
Einzelheiten zu erfassen. Ebenso ist es in "La Menace" nach dem Text von Henri
de Regnier für Gesang und Orchester.

130
Aber diese impressionistischen und literarischen Elemente haben den Ohren mancher
Zuhörer, die an bequemem Klassifizieren ihre Freude haben, den wahren, besseren
Albert Roussel entzogen t der durch und durch reine Musik ist. Wenn sein Trio
(op. 2) aus dem Jahre 1902 an die zyklische Form der Anhänger Cesar Francks
gemahnt und an die gesundesten Traditionen der Schola Canto rum anknüpft
(Roussei hat diese Schule durch mehrere Jahre besucht), so zeigen das Quintett, die
Streichquartette mit Horn, das E moll-Trio, die Sonate für Violine und Klavier, die
Klaviersuite und jenes herrliche, ganz träumerische Stück, welches das nTombeau
de Debussy . . schmückt, die sichtliche Entwicklung des Musikers zu einer immer
mehr persönlichen und intimen Form.
Roussel schöpft seine Inspiration aus der Natur, aber keineswegs aus der Acker. .
scholle, wo sich die Herbheit eines Deodat de Severac gefällt. Er liebt den weiten
Raum, die freie Luft, die geraden Wege vor sich. Welche Landschaft es auch immer
sei, er liebt sie um dieses weiten Raumes, dieser freien Luft und um jener geraden Wege
willen, wo seine träumende Einsamkeit, durch das Bedürfnis nach Vertrauen zu
sich selbst, das in ihm schlummert, belebt wird.
Schon das vierte Stück seines Opus 1 ("Des heures passent") ruft die ländlichen
Stunden wach, an denen man Vergnügen findet. Die Klavierstücke op. 5 lassen einen
Tanz am Quellenrand erstehen, dnen sentimentalen Waldgang, eine Rückkehr vom
Feste. Op. 3 und 8, Lieder nach Texten von Henri de Regnier, enthalten einen
Ilbetauten Garteni. und "Herbstabend". Das ttWaldgedicht", eine Symphonie in
vier Sätzen, bedeutet nach diesen Versuchen die Reife.
Die Liebe zur Einsamkeit, welche die Berufung zum Musiker erklärt, kennzeichnet
sich auch im ersten Berufe des Künstlers: Als Seefähnrich hatte er im Alter von
20 Jahren die fernen Meere kem\.en gelernt und seit er (1894) der Musik sein Leben
geweiht hat, bedeutet sie für ihn die Fortsetzung jener Reisen durch die Gefilde,
wo man denkend sinnt, an die Gestade des Traumes.
Bemerkenswert ist (und schon Jean Aubry hat es sehr gut hervorgehoben), daß
das Meer niemals diesen Seemann zu einer Komposition inspiriert hat, während
Rimsky-Korsakoff, der ebenfalls Marineoffizier war, sehr gut die Poesie der
See in Musik übertrug, allerdings nur dort, wo sie phantastisch und unruhevoll ist
(ich denke an "Sadko U ). Aber Rimsky. .Korsakoff hat die reinen Natureindrücke
außer acht gelassen. Er gibt das Pittoreske und das Beschreibende wieder, während
Roussel e:ine Seele hat, die den feinsten Schwingungen nachgeht, die ihr "sehr sanftes,
süßes Lied singt". Seine "Evocatians" sind Juwelen von unschätzbarem Werte, sie
schlagen allen Impressionismus aus dem Felde und unter dem Titel jedes Stückes,
welches die Erinnerung an den Ganges oder den Orient heraufbeschwört, gibt sich
nichts (oder fast nichts) als reine Musik kund. Und das ist umso besser; denn unter
dem exotischen Gewande der "Dieux dans fambre de caverne" (Götter im Schatten
der Höhle) oder "La ViIIe Rose" (Rosenstadt) und "Au bord du fleuve sacre" (Am
Strande des heiligen Flusses) schlägt ein Herz, das nur Keuschheit und Zärtlichkeit
sein will.
o 0

131
D I R I G E N T E N
IX
Fritz Reiner
Von Max Broesike . . Schoeo, Dresden
Von einem modernen Standpunkt aus, einem Standpunkt der Entwicklung, der
formenden Kraft und Phosphoreszenz, die im Individuellen zugleich ein objektives
Bild von Möglichkeiten und Wachstum, von Subjektivität und Tradition abwirft,
kann man Fritz Reiner, den starken Mann der Dresdner Landesoper, fassen. Seit
Liszt das Manifest bedingter Subjektivität des Dirigenten erließ, ist neue Subtilisierung
notwendig geworden: der Grund, aus dem sie natürlich geboren ward, die wachsende
Geistigkeit und Durchsetzung des Kunstwerks mit horizontalen, gleichgeordneten
Werten, die gleich einem realen, polyphonen Gewebe verschiedenste Individualisierungs. .
möglichkeiten zulassen, ja fordern, in denen auch das alte, historische Kunstwerk sich
an Entwicklung und Erkenntnis oxydiert.
, Technike n zu erfassen, nach
Es gilt, von Zeit zu Zeit Profile zu skizzieren und
Möglichkeiten zu spüren, die neben Enttäuschungen und Vergänglichkeiten uns
Perspektiven und neue Reize ewig wandelbarer Skala zeigen. So kann man, im
vielumspannenden konstitutionellen Herrschgebiet des Dirigenten, Sonderpunkte
hervorhebend, auf Fritz Reiner, einen noch jungen Künstler, sehen. Einmal als
Einzelfall, als Repräsentant einer heranwachsenden Gruppe, die es in Wert und
Ziel, der ästhetischen Schwungrichtung zu klassifizieren lohnt. Dann für den Typus
überhaupt, nicht als ein unbedingt Neues, das überdies im Dirigenten im Sinne
einer revolutionären Kraft ästhetisch bedenklich, wenn nicht inhaltlich auch un...
möglich scheint, doch in dem Wert der variablen wägenden Umschaltungen, die,
logisch entwickelt, Gegebenes wiederholend und doch in neuen Deutungen treibend,
ein Mystisches, Unwägbares zu immer neuem Inhalt runden.
Er, der heute noch nicht formell, aber schon in der Gestaltung des geistigen
Habitus an der Spitze der Dresdner Landesoper steht, ist zumindest in der
Bestimmtheit, mit der er persönlich prägt, wohl schon ein Fertiger, der die Synthese
von Einfluß und innerem Gesetz bereits vollzogen hat. In technischem Sinne ist er
es sicher. Als er nach Dresden kam, handelte es sich um das verwaiste Erbe Ernst
v. Schuchs. Er trat keine offizielle Nachfolgerschaft an, für die die Oligarchie einer
Schuch... Schule zeichnete, aber doch eine immanente, die einen Präzedenzfall offen
ließ, so wenig sie heute auch noch aus guten und aus schIech ten Gründen entscheidend
gelöst ist. Soviel steht fest: Fritz Reiner wurde das Agens der Dresdner Bühne, er
gewann bald das ganze Repertoire, die problematischen Werke, die der Zerschmelzung,
des vollen Einsatzes und Brennstärke des Persönlichen bedürfen, er erhielt Einfluß
auf den Organismus überhaupt. In der Spanne einer fünfjährigen Arbeit, die in-
einandergreifend der Ausbreitung, der Schärfung eigenen Könnens und der Haltung,
der Beweglichkeit eines gerade in starke Krisen gestellten Niveaus galt, reifte eine
kräftige, zu gutem Ziel' geschlossene Entwicklung. Discendo docens gab er viel
hinzu und heute ist er mit der Dresdener Kapelle, die seine Führung in jeder
individuellen Verästelung kennt, eng verknüpft; es ist bezeichnend, daß er in seinen
besten und gefeilten Leistungen immer mit ihr verbunden war und wenig strebt,
internationalen Lorbeer zu erringen. Er will kein Virtuose, sondern ein Erfüller sein.

132
Fritz Reiner zählt in der Sicherheit und Frühreife der Ausstrahlung ZU den -
an sich nicht seltenen - rapiden Begabungen, die mit fertigen apriorischen Fähig..
keiten mühelos die Herrschaft über ihr Gebiet beginnen. Doch ist es nur zum
Teil die übliche formale, die in. der spielerischen Überwindung alles Technischen
und Substanziellen, mit oft leicht ephemerem Geschmack im Nachhallen, exzelliert,
sondern im wesentlichen eine inhaltliche, die den geflügelten Intellekt nur als Medium
führt, um tiefer vorzustoßen. Er ist Solist, aber einer, der den Blick wach auf aUe
neuen Möglichkeiten und neu zu erfüllenden Erlebnisse hält, beachtenswert in der
Fähigkeit, Formen und Ziele seiner Gattung prima vista zu durcheilen und zu
substanzieren. Die Art, die Grundform dieser Materialisation ist von vornherein
fixiert, aber ihre Strahlenbrechung mannigfach und zu festen Punkten strebend.
Es ist für alle Vorzüge und Schärfen des Persönlichen sehr wesentlich, daß
Reiner nach Abstammung untl geistiger KHmatik Ungar ist, als solcher von
besonderem Reflex des Temperaments und Intellekts. Mit der frisierten Mischung,
die ein oberflächliches oder allzu naturhaftes Brausen annimmt, wie es uns durch
Zigeuner... und Rhapsodentum geläufig ist, hat es natürlich nichts zu tun. Es ist
eine feurige und doch herbe Richtung des Geistes, ein scharfes, jäh aufleuchtendes
Temperament und - sonderbar genug - ein schwerkräftiges Geblüt, das den
Namen Brahms wachruft, doch ohne dessen massive Bürgerlichkeit; um es an...
nähernd zu bezeichnen, ein reflektiver Elan, ein spekulativ gezügelter Subjektivismus,
wie er im Schöpferischen sich deutlich in Dohnanyi, Bart6k mit der Verschmelzung
von Feuer, Südlichkeit, von Abstraktion und Freude an Geschicklichkeit typisiert.
Die Rasse schafft hier neue Fläche im Reproduzieren, sie schmilzt sich glättend und
ergänzend, belebend und doch individualisierend in das Internationale ein, um das,
was der Charal{ter eines Werkes heißt, das heißt die Summe aller Eigenschaften,
die horizontal gelagert in ihm zur Umschreibung drängen, unerschöpflich zu erfüllen.
Aus dieser Wesenheit hat Reiner mit Schuch, in dessen Bannkreis er sich doch
befindet, nichts zu tun. Schuch kam von reiner minutiöser SüdHchkeit, die Kunst
in lichte Ebenmäßigkeiten löst und Reiner vom Ekstatischen, im Sinne zähen
Sichversenkens, das die Materie als Stoff und Geist in einem pantheistischen Gefühle
formt und weiht.
Von dieser Basis aus, dem Ungarischen, dem Ekstatischen, der Zähigkeit im
Affekt kommt es bei Reiner, mannigfach gebrochen, zu einer ganz aktiven Art der
Dirigentenäußerung. Natürlich: ein schlechthin passiver Dirigent ist Verneinung und
QuaIitätslosigkeit an sich, eine Contradictio, aber es gibt Spielarten aktiver Art, die
sich wertbildend staffeln und den Kreis der Auserwählten enger grenzen. Man kann,
sobald der kleine Mann mit dem energischen und fast verschlossenen Profil den
Dirigentensitz besteigt, eine Stromstärke fühlen, die kauln erst zu sondieren, sondern
unabweisbar ist und vom ersten Ton an feste und nicht wieder entgleitende Intensität
und Spannkräfte, seelische Farben gibt. Ein Individualist steht an der Spitze einer
Heerschar, der durch aufgespeicherte Durchdringung und starke Menschlichheit -
man kann auch sagen: Musikalität - überzeugt und bestimmt; noch besser: einer,
der den Musiker zu sich emporzuheben weiß, so daß die individuelle Überfärbung
auch den Hemmnissen zum Trotz wie in einer mühelosen Verschmelzung erreicht
wird. Er greift eine geschlossene herrscherische und faktische Begabung in sich, mit
allen sicher ausgeschwungenen Erlebnissen, aller Logik eines glühenden Egoismus,
allen oft rücksichtslosen Annexionen und Kanten, die man wohl manchmal ablehnen,

133
doch kaum verurteilen oder übersehen kann. Kein besserer Beweis dafür, als daß
die Reinersche Führung stets über die kaum minder sorgfältige und intentionierte
Führung seiner Mitgenossen in der suggestiven Endkraft triumphiert. Und doch
ganz selbstlos, weder prunkvolle Farbe, noch mop.däne Festlichkeit, noch histrionen. .
haftes Stirnrunzeln ist.
Spürt man dem individuellen Druck, den Reiner austeilt nnd der bei dem
Bedürfnis der Zeit nach Persönlichkeits- und Prägungswerten beachtet werden muß,
weiter nach, im einzelnen und Ausarbeiten, der mühsamen zweiten Geburt, der
Art der "Komposition 41 , die dem Dirigenten obliegt, kommt man zum eigensten:
einer starken linearen Begabung. Vom Technischen - wie wichtig ist der magnetische
Schnittpunkt von Technik und Intuition als KraftqueIle großer Äußerung! - beseelt,
in Bewegungen der Hand, des Körpers, die von einer einst deklamierenden, fast
überschwänglichen Stabführung in malerische, erzählende, präzise, durch Mienenspiel
und erregende Gestik sparsam gestützt, gewandelt ist, ist es ein zeichnerisches Gefühl,
Bögen, Linien, Proportionen plastisch zu spannen und individuell zu spüren, im
Mathematischen zugleich das Seelische zu entdecken, einen vorgefundenen Impuls
in seinen Schwerpunkten auszubohren.
So wird es meist überall ein Lockern, Antasten, Distanzieren innerhalb der
größeren Entwicklung, das den Zeiger des GestaItens, des Reproduzierens minutiös
vorwärtsrückt und in der Zuspitzung von Möglichkeiten, Technik und individueller
Schwingung fesselt. Und er gewinnt immer mehr an Sicherheit und Klarheit. Den
"Ring ll breitet er tragödien haft, ohne zu große denkerisch ..wuchtige Schwerkraft,
in starker shakespearischer Leidenschaft, mehr aus dem Geiste der Musik als der
Abstraktion gewonnen; schon in einer Perspektive gesehen, in der sich jede subjektive
Befangenheit oder Begrenzung löst,'; er nimmt ihn, wie er heute ist: ganz klassizistisch. .
monumental, das zeitlos . . ewige Vorbild neuer dramatischer Form. Moderne Polyphonie
mit ihrem Drang zu gehäufter Geistigkeit wird bei ihm ein besonderes Erlebnis.
Da steht er wie ein Feldherr, in dem frohen Genusse eines Kampfes des Geistes,
eines taktischen Entwerfens und Führens, voll von der Energie der Kräfte, deren
Verwirklichung ihm anvertraut ist und in ihm zusammenströmen. Die "Salome"
erweckt er zu einer glühenden, schrecklich treibenden Brunst, in der sich die sonst
bevorzugte geschmeidige orientalische Sphäre in eine große erotische Katastrophe
löst. Die "Frau ohne Schatten4~, die allerdings das sprühende Fluid der Straußischen
Musik substanzierte, wie er überhaupt kein eigentlicher Strauß . . Dirigent ist, wurde
symbolisches Spiel von Menschenschwäche und endlichem Erringen. Es war ein
Fehler, daß man ihm nicht auch die "Gezeichneten~' anvertraute. Er allein hätte
den dämonisch. . tragischen Reiz, wenn auch wohl weniger den sinnlich. . schwellenden
der seelisch substantierten Farbe Schrekers ausgeschöpft.
Fritz Reiner ist die interessante Spielart eines Energetikers, dessen Privileg
monumentale Ereignisse und sich sinnvoll wölbende Konturen, in einem geistig
geklärten Temperament gemeißelt, bilden werden. Oder, wenn man das Grundsätz. .
liehe der Färbung, der Erfassung der Nuance und' des Seelischen vom Malerischen
auf das Reproduktive trägt, ein expressionistischer Dirigent, wie es etwa im. .
pressionistische, akademische, romantische gibt. So finden auch tänzerische, spielerische
oder brillante Werke bei allem Sinn für sprühende Wirkungen bei ihm weniger
Organ. Die strenge Sachlichkeit trägt den Sieg über jede Regung glänzender
AugenblickIichkeit davon. Zu allzu naiver Musizierfreudigkeit oder Ausströmen

134
jauchzender Beschwingtheit mit sflbstischer, leichtfüßiger Freude kommt es selten.
Auch witzige Musik, besonders wenn sie bürgerlich lächelt oder nur um ihrer selbst
willen, ohne Züchtung oder höheren Sinn, da ist, wird ~ die Sterblichkeit aUer
schweren, ekstatischen Naturen ~ leicht scharf. Im Ausschöpfen und Entfalten der
Essenz ist er eine spezifisch. . episch. . dramatische Begabung; der zeichnerischen Klarheit
des Geflechts, der Betonung und Umspielung des Details, der breiten, deskriptiven
Tempis, der Lust am Ausbruch einer bedachtsam angefachten Flamme. Temperament
und Freude am Aufbau bedingen wechselseitig seine Sonderheit bei der Oper und
im Symphonischen. Im Bohren alles Rhythmischen, das er in scharfen Kanten
vorwärtstreibt, der Keusche des Empfindens, das nicht träumt, sondern als Gegensatz
und Energie gefärbt ist, eine ganz männliche Natur, und nicht allzuviele Dirigenten
haben solche Klarheit und Unbestechlichkeit des eigenen Instinkts. Vielleicht, ohne
zu weit zu greifen, eine werdende Synthese von Bü!ow und Mahler; ohne die
letzte, zwingende Verpersönlichung beider ~ der Typus kann und darf sich ja auch
nicht wiederholen ~, doch ihnen nahe, Mahlerisch in der Schärfe des Dialektischen
und Temperaments, Bülowisch in der Zähigkeit und Verläßlichkeit der Arbeit.
Zuweilen glasklare Schärfe, festgefaßtes Feuer von kristallen. . Iinearer Präzision,
doch nicht minder weiche, lyrische, hochsommerliehe Kraft, die sich des Spendens
und Entdeckens freut. Vom mikrokosmischen, sich selbst als Hebel fühlenden Ich
dringt er zum makrokosmischen, Erscheinungsfülle saugenden Nachschaffen durch.
Von manchen leicht in der Intensivierung von Stilgebieten und euphorionhafter
Beschwingtheit übertroffen, bleibt er in der Mischung dramatischer Auflockerung
und kontrollierter Stoßkraft geschlossene Persönlichkeit. Heut ist er als Opern- wie
als Konzertdirigent eine zentripetale Kraft, von Dämonie der Beseelung ergriffen,
von starker geistiger und formaler Anlage. Den Gestalter, vielleicht den Typus
Fritz Reiner dürfen wir im Auge behalten. Manches ist Rohstoff, manches noch I

wägbarer Faktor, aber weniges nicht Fluß und waches Erkennenwollen. In jedem·
Stil des Wirkens kann es nichts Schöneres geben, als dem satten Ausreifen elnes
Persönlichen und Substanziellen voll Erwartung zuzusehen.
o 0

E R N E s T o B L o c H
Von Paul Rosenfe1d, New-York
Ernest Bloch ist einer der wenigen lebenden Menschen, die hören können. Er
versteht die Kunst, sich selbst zu lauschen. Die meisten von uns, seien es Musiker,
Dichter 'oder Prosamenschen können es nicht. Wir sind nicht imstande, gespannt
innezuhalten und auf die Regungen des Blutes zu achten. Wir stehen abseits,
abgewendet und sind taub gegenüber dem feinen Klingen unserer Seele. Wir strengen
uns an, uns alten hergebrachten Formen anzupassen. Wir reden uns ein, zu fühlen,
was andere Menschen vor 100 oder 50 Jahren fühlten, und sind überzeugt, C dur zu
hören, einen einfachen Marsch und Tanzrhythmen, eine breite, getragene Gesangs.--
melodie, eine melodische Linie mit Begleitung. So ist die Welt und wir sind
beruhigt. Ausdruck wird nachteilig empfunden, die Sache selbst verurteilt und An-
erkennung nur den althergebrachten Formen gezollt. Wir forschen nicht einmal
nach, ob die Personen, die diese Formtypen zu hören vorgaben. sie wirklich gehört

135
haben oder sich selbst täuschten. Tote Dinge werden neu geschaffen und wir wissen
entweder überhaupt nicht, daß sie längst veraltet sind, oder sind absolut außerstande,
uns ihre Nutzlosigkeit zu erklären.
Aber Bloch tut das, was Wagner, Bach und Debussy taten, was jeder wahre Musiker
immer tun wird. Er geht direkt auf sei n e Substanz, sei n e eigene Stimme los,
auf sei n e warmc y lebendige Sensation.
Er hört gierig auf das murmelnde, vergängliche Ding, um es in seiner P1ötzlichkeit
zu erfassen, in seinem unentrinnbaren, unmeßbaren Dahinschwinden festzuhalten,
bevor es ihm und uns vollständig entrinnt. Er hört solange hin, bis sein geistiges
Ohr dessen vergängliche Natur deutlich erfaßt hat, bis eine gewisse Kontinuität,
ein bleibendes Etwas sich aus dem Chaos zu entwickeln beginnt. Er hört den
j
Übergang von Leid in Freud', von Freud in Leid, das unermüdliche Türmen von
Gebäuden über Gebäude, jede neue Konstruktion, welche sofort schwindet, um für
die folgende Platz zu machen. Er hört das mühevolle Ringen der Jahre, das in einem
aufleuchtenden Moment sich zu Entzücken kristallisiert, er hört den Lauf der Stunden der
Entmutigung, die Bewegungen seines Inneren. Er weiß, was zwischen ihm und den
Gegenständen in New...York vorgeht, wenn er ausgeht, was die Taten von Menschen
für ihn bedeuten, welche Rhythmen sich von innen loslösen, um dem Häßlichen
zu begegnen, welche Rhythmen von außen kommen, sich in ihm festsetzen und
ihn vorwärts treiben. Er kennt den Zustand seines Lebens, das unter der Oberfläche
gleißende vordämmerliehe Licht. Und stets in sich gekehrt, nimmt er jeden Impuls
wahr, Menschen und Dinge zu umarmen, mit starkem Willen Ja zu sagen. Es ist
vielleicht dieser Impuls, weIcher sich allzu naiv, romantisch und gedankenlos in seiner
Cis moll-Symphonie offenbart und welchen seine Lebens- und Menschenkenntnis
an die Erde gekettet hat. Aber der Impuls ist da und sucht nach einem Ausweg.
Er ist da in der Bitternis, der drückenden Melancholie, in der Not, in der affen..
artigen Liebe und Zärtlichkeit, verschleiert, groß und sorgenvoll. Er bahnt seinen
Weg aufwärts, verletzt, elend, halb gebrochen, bis sich schließlich die Tore öffnen
und das alte, prophetische Geschlecht frei dasteht und redet, im Überschwang
stammelt und still steht, während die Wolken im Dämmerlicht weichen.
Vor der Aufführung mit Orchester wußte man schon aus dem Klavierauszug,
welch edles, seltenes, höchst bemerkenswertes Stück eigenen Au::::iruckes in der Viola. .
suite von Bloch vor uns lag. Aber die Aufführung des Werkes durch das National
Symphony Orchester in den ersten Tagen des November 1920 hat die Sache ganz klar
gemacht und bei einer zweiten Aufführung war der Eindruck noch nachhaltiger und
tiefer. Denn die beidenAusgaben der Suite sind wie zweiAbdrücke, welche Alfred Stieglitz
manchmal von einem einzigen Negativ macht und weIche wegen Verschiedenheiten
in der Qualität des Druckpapiers einen ganz anderen Eindruck machen. Das Klavier
natürlich macht die Suite zu einem intimen Stück und verdunkelt die Farben, anstatt
sie hervorzuheben. Es gibt uns die Möglichkeit, die orchestralen Schattierungen
durch ein anderes Medium zu betrachten. Das Orchester hingegen läßt die Ideen
anschwellen und verfeinert sie gleichzeitig; die Farben sind kühn, grell und breit
aufgetragen. Die Verschiedenheiten des Mediums bewirken, daß man von einem
Werke y das einem ganz vertraut ist, einen ganz neuen Eindruck gewinnt. In der
Tat, es ist möglich, daß man das Werk beim ersten Hören in der Klavierbearbeitung
vollständig fallen läßt, denn Bloch ist ein entschiedener Orchesterkomponist und im
reichen Gewande des Orchesters macht das Werk einen hervorragenden Eindruck.

136
Es war vielleicht nur dem Umstand, daß Bauer bei der Premiere die Klavierbearbeitung
spielte, während Bodanzky die Orchesterpremiere leitete, die Tatsache zuzuschreiben,
daß nicht wenig Zuhörern die Klavierbearbeitung erfolgreicher schien. D ie Instrumentation
Blochs ist originell und weit kühner als sein Pianofortestil. Sie ist überaus reich i
duftende Früchte reicht man uns dar. Und doch ist sie sauber und deutlich
pointiert. Die Dynamik des Orchesters wird nur selten ins Treffen geführt; das
Zeichen ff erscheint nur einige Male in der Partitur. Trotzdem hört man das Orchester
in seiner ganzen Kraft. Beide Extreme in der Farbengebung werden erreicht; die
Partitur Blochs zeigt gleichzeitig eine Schrille und Düsterkeit, die der Musik neu
sind. Trotz der hellgrünen Flammen der Flöten herrschen die dunkleren Farben vor.
Die Instrumentation Blochs unterscheidet sich von der Debussys genau wie
die Sopran- von der Altstimme. Da gibt es düstere Farben, Purpur Ulld Gold in
Blochs Partitur, viel dunkler als die Farbenpalette Debussys. Die tiefen Töne der
Harfen, das alte Gold der Soloviola herrscht vor. Ferner geben die Schlaginstrumente.
die Bloch verlangt, seiner Musik eine Schärfe und Frische, die Debussy fremd ist.
Er verwendet die kleine Trommel ebenso effektvoll wie Strawinsky; hiefür bietet
ein bemerkenswertes Beispiel eine Stelle in dem Allegro ironico, ein melancholischer
Monolog der Viola unter seltsam trockenen Trommelschlägen. Eine kleine
hölzerne Schachtel, übernommen von den Zigeunerbanden, wird im Verein mit der
Celesta angewandt, um den eigentümlich schwebenden Effekt im letzten Satze
hervorzubringen.
Und wie niemals zuvor erkennt man die meisterhaften Linien des Werkes. Die
Violasuite ist vielleicht nicht das gewaltigste Werk Blochs. Es hat weder den
grandiosen, vollen Lyrismus der Psalmen, noch die Intensität und Vehemenz des
Streichquartetts. Es ist die erste Komposition, welche seit seiner Auswanderung
nach Amerika zur Gänze entworfen und ausgeführt wurde. Die Schwierigkeiten der
Anpassung an das Leben der Neuen Welt sind unzweifelhaft zum Teil schuld an
dem verhältnismäßig engen Maßstab. Übrigens reift Bloch ästhetisch sehr rasch
heran; er mag sich selbst einen gewissen Zwang auferlegt haben, um eine größere
Kontrolle über seinen Stil zu gewinnen. Immerhin, das Werk hat Qualitäten, das
es in mancher Beziehung weit über alles vorher Geschriebene erhebt. Die Suite ist
die Musik eines Mannes, der sich vollständig in der Hand hat. Da gibt es keine toten oder
unbedeutende Stellen. Sie ist immer in Bewegung und doch stets ein eigenes Ding. Sie
entrollt sich unaufhörlich und doch in beinahe unermeßlichen Stadien; sie befindet sich
stets in der Entwicklung. Die vier Sätze sind die vier Fassetten eines einzigen
Würfels und doch vollständig individuell. Durchaus hat man das Gefühl,
daß der Komponist vollständig frei, gänzlich ungehindert ist; er läßt sich
natürlich und reich ausströmen. Es steht zu erwarten, daß Bloch, wenn es ihm
gelingt, die im Quartett und in den Psalmen erreichten Höhen wieder zu erklimmen,
noch vollkommenere, solidere, formal gefestigtere Werke schaffen wird als jene sind.
Das spricht für Ernest Blochs ErrungenSChaften, deren sich vielleicht kein anderer
lebender Komponist rühmen kann.
o 0

137
G ross ef{- reit
MARI 0 NETTE N ,MUSIK Möglichkeiten zu erheben, brächte Ergiebigkeiten.
Es sollte versucht werden.
Die jungen Musiker von heute haben Haltung Einer hat e:;; versucht. Nicht mit beweg..
und ziehen ihre Grenzen reinlich und mit Strenge, lichen Figuren, nur mit ausgeschnittenen Bildern
das ist ein gutes Symptom. Sie schwätzen nicht und Gestalten, aber so rein und rührend, daß
und stellen sich nicht auf die Fußspitzen. Statt man dieser andeutenden Vorläufigkeit die voll..
monströser Götteropern und aufgeschwemmter kommenste Ausfuhrung wunscht. Der junge
Symphonien versuchen sie lieber, sich in kleinen Berliner Tondichter Max Trapp hat das Land
Formen auszudrücken. Dies aber sehr konzen.. Orplid für Auge und Ohr heraufbeschworen,
triert, präzise und wesenhaft, alles zur Essenz hat die wunderlich lieben Märchenszenen aus
verdichtend und jede dieser Miniaturen bis ins Mörikes nMaler Nolten~~ im Wort gekürzt, hat
exquisiteste ausschleifend. Es scheint, nach einer sie in zarten, traumvollen Bildern auf eine
Zeit der Übermaße und nach einer Reaktion kleine Bühne gestellt - die in der Sezession
ins Lakonisch..Aphoristische, jetzt wieder eine ein paar mal zu sehen war - und hat dem
Zeit der intimen Musik zu kommen. Der Ganzen eine Atmosphäre in Tönen gegeben,
Kammerstil herrscht; die große Geste weicht die lieblich versonnen, schwermütig, unschuldig
einer ziervollen, geistreich galanten, der Aplomb und innig, alltagsfern aus einem verlorenen
der musikalischen Rede dem Esprit, dem guten Kinderland zu klingen scheinen und in solch
Ton liebenswürdig ironischer Drolerie oder behutsamen Farben des kleinen Orchesters
anmutig ernster, feiner Zärtlichkeit. Das falsch "fernher leuchten" wie jene Insel Orplid selbst,
genialische Pathos hat sich überlebt; das opern.. die in Weylas Gesang aufersteht. Ich habe seit
hafte ebenso. Ich muß bei der Musik dieser langem keine so entzückende Wirkung gespürt.
jungen Begabungen immer an imaginäre Man ist im Traumland, alte Könige schreiten
Puppenspiele denken, zu denen sie gemacht einsam durch den Wald, Elfen schweben, Kinder
sein könnte und wundere mich nur immer, singen ihren Reigen, Abendlieder klingen, das
wenn ich so ein heiter bizarres, frappierend stille Licht ferner Türme zittert über das Meer,
keckes oder schmerzlich satirisches Stück höre ein Märchenmondschein liegt über dunklen,
wie die Klaviergrotesken des ganz seltsam sargtragenden Gestalten - viel mehr weiß ich
starken Felix Petyrek oder die phantastisch nicht mehr. Aber das alles ist in der Musik
subtilen Orchesterstücke des durchaus apart ebenso da, wie im Wort und in den lieben, ein ..
begabten Wihelm Grosz, warum diese sehr fältigen Bildern ebenso da wie in den leisen,
wählerischen und einfallsreichen jungen ergriffen schwingenden Tönen. Man fühlt: es
Musiker nicht zu wirklichen Puppenspielen muß ein ganz unberührter, reiner, gütiger
Musik machen, am besten zu solchen, die von Mensch und Künstler sein, der das gemacht hat,
wirklichen Dichtern geschrieben und von wirk.. einer jener zärtlichen, verspielten Träumer, für
lichen bildenden Künstlern - wie Richard die man Angst und liebreiche Sorge hat, weil
Taschner es prachtvoll, aber wieder ohne ihnen das Leben immer wieder weh tun muß.
Musik versucht hat - auf die Bühne gestellt Diesem sollte man wohltun, indem man ihm
werden. Raum und Gelegenheit gibt, seine traurig... süße
In Salzburg istwieder das Marionetten theater Legende zu voller Gestalt zu bringen, sie in
zu sehen, leider mit recht albernen und unzu.. Bild und Plastik auszuführen und seine Musik
länglichen Texten, aber so reizvoll in den dann zu spielen.
gelösten, von aller Erdenschwere freien, zweck.. Und dann sollten andere nachfolgen; sollten,
voll graziösen Bewegungen dieser herzigen wie Maeterlinck es begonnen und Arthur
Puppen und so allerliebst in der Märchenbuch.. Schnitzler fortgesetzt hat, Dichtungen für
zierlichkeit des Dekorativen, daß man aus dem Marionetten schaffen und sich mit Musikern,
Entzücken gar nicht heraus kommt. Diese Malern und Bildhauern verbinden, die zunächst
ganz erlesene, feine Kunstart zu pflegen und die wertvollen kleinen Stücke, die schon da
vom vulgären Kasperltheater zu einer phantasie ... sind, zur Bühnenerfüllung bringen mägen und
vollen Puppenbühne mit all ihren bezaubernden dann im Verein mit den anderen Neues ge ..

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stalten sollten. Gewiß, für das Publikum, das Diese Gleichartigkeit beherrscht auch die Musik,
sich jetzt ins Theater und ins Kino drängt, deren Schema sich in nichts von den bereits
hätten diese Puppenspiele nicht die rechte Zug... gehörten Orchesterliedern unterscheidet. Eine
kraft. Aber dafür würden sie die kultivirten kurze Orchestereinleitung endet bestimmt mit
Genießenden, die sich längst von der brutalen einer Fermate. Eine belanglose, oft als Triole
Robustheit der Tageskunst abgewandt haben, erscheinende Figur genügt als Thema. Nach
wieder aus ihrer Einsamkeit hervorholen und jederVerszeile, aber nach jeder, geht der Melodie
es würde sich zeigen, daß es dieselben sind, und dem Orchester der Atem aus, und das
die einst bei Mahlers Fidelio, bei Reinhardts Ganze ist in der Regel genau dreiteilig, ohne
Strindbergaufführungen, in der Kunstschau besonderen Gegensatz im Mittelteil. Die Hat..
Gustav Klimts zu finden waren - und daß sie monik ist eine unruhig schillernde, die nur
noch da sind. Sie kämen. Und schon das hätte den regelmäßigen Dreiklangsabschluß nicht
Wert und Sinn. Einen erhöhten, wenn eine verschmäht, im übrigen sicher sehr stolz auf
viel zu wenig gepflegte Kunstart wieder auf.. ihre Modernität ist. Das einzige, wodurch sich
genommen, unseren jungen Künstlern An .. dieses Werk, wenigstens für den, Exoteriker,
regungen bieten und wieder durch sie zu un .. der ich bin, angenehm unterscheidet, ist der
geahnten, reizenden, höchst eindrucksreichen diskretere Klang des Orchesters und besonders
Wirkungen erhöht würde. Wobei der Einfluß das Fehlen des massig..betäubenden Blechs, mit
auf die Kultur der Bühne - der "Menschen .. denen in den Orchesterliedern selbst die blassen
bühne u meine ich - vielleicht künstlerisch und Veilchen herbstlich gefärbt waren!
moralisch stärker sein könnte, als der Skeptiker Ein Geigenvirtuose großen Formats ist
annimmt und manche Überraschung bringen Johann Koncz, gewiß auch ein Magyare. Wie
konnte. (Von der Verläßlichkeit dieser "Dar.. er sich zu klassischen Aufgaben stellt, weiß
steIler", ihre Bescheidenheit in Urlaubsfragen ich noch nicht. Aber in zigeunerisch schmachten ..
und in Gagenansprüchen gar nicht zu reden.) den Kantilene.. und wirbelnden Rhythmen, in
Es mag ungewiß sein, ob ein Komodiant heute den unerhörten Schwierigkeiten der LaIOschen
noch einen Pfarrer lehren könnte. Aber daß die Symphonie Espagnole zeigte er einen Künstler
Marionetten heute die Komödianten in Schau .. vollen und edlen Tons, einen Meister jeglichen
spiel und Oper lehren könnten, weiß ich gewiß. technischen Könnens.
Richard Specht
Weit mehr noch als technischen ist Ahna
c c Moodie musikalischen Problemen gewachsen.
An den drei großen B, an Bach, Beethoven.
Brahms erwies sich ein Geigenphänomen von
MUS I K IN WIE N ganz außergewöhnlicher Bedeutung. Oieses junge,
exotisch aussehende Mädchen überrascht und
Von Ignaz Herbst, zu dessen Propagierun g
ergreift durch die wahrhaft klassische Über..
sich mitHilfe einiger Dollars ei'ne eigene Ge
legenheit ihres Vortrags, durch ein untadeliges
schaft gebildet hat, war neulich an dieser Stelle
Stilgefühl, dem jede weichliche und kokette
ebenso kurz als abweisend die Rede. Seitd em
VerzKrtelung fern ist, das aber viel reines
trat er nochmals als Dirigent eigener Lieder
Empfinden bezaubernd enthüllt.
auf, die Herr Friedrich Straub, ein Sänger von
Geschmack, doch mäßigen Mitteln, lin seinem Jung und hochbegabt, das ist Dora
Liederabend sang. "Ein Mysterium, sieben Schmeichler. Ein kleines Persönchen mit einer
esoterische Gesänge" für Streichorchester, Oboe, unwahrscheinlich großen Stimme, deren for ..
Englisch Horn, Heckelphon, Fagott, Harfe und zierte Höhe nicht ohne Schärfe ist, mit viel
Celesta. Nach eigenen Texten. Im Sinne theo.. Innigkeit in ernsten Stimmungen. Sollte nicht
sophischer Gedankengänge, die heute wieder bei fortgesetzter Pflege hier ein Gewinn für
zunehmend durch die Welt gehen, und gerade das Oratorium erwachsen?
Musikern, Bekennern einer mystischen Kunst, Wogegen Marlon Szekely unbedingt nach
nicht fremd sind. Denn jede große Musik ist dem Theater verlangt. Ihre ebenso umfangreiche,
Mystik: umso seltsamer, wenn versucht wird, als schöne Stimme, ein Kontra..Alt von seltener
Mystik zu vertonen. Die Verse sind indisch.. Fülle erschien nicht ganz frei im engen Rahmen
buddhistischer Weisheit in ermüdender Gleich .. des Liedes, während sie auf der Bühne, auf
förmigkeit und dabei übertrIebener Schwülstig .. die auch der temperamentvolle Vortrag ein..
keit nachgebildet, so daß man die sieben deutig hinweist, ausgezeichneten Effekt machen
Gedichte ohne Pause als eines lesen könnte. müßte.

139
Ich habe hier Wilhelm Gr6sz' symphonische heißt "Der Überlebende". Darin werden die
Klaviervariationen nach Gebühr gelobt, und Schicksale von Mahlers Erscheinung und Werk
berichte heute über desselben Autors .,zwei nach dem Abschluß seines irdischen Lebens
Phantasiestücke für großes Orchester", Serenade erörtert. Als das Buch so zum Druck gegangen
und Tanz geheißen, die nach einer Odyssee war, fand ich in des Grafen Kayserling Aufsatz~
durch sämtliche philharmonische Konzert ... werk "Philosophie als Kunst" eine Fixierung
programme von beinahe anderthalb Jahren nun des Gedankens, daß sich die Idee, die Sendung
endlich doch zur Erstaufführung gelangten. Das eines Großen erst nach seinem Tode für die
bedeutende Talent des vielseitigen Künstlers Nachwelt zu formen beginnt, daß damitgewisser~
betätigt sich in diesem ersten Versuch für maßen sein eigentliches Leben erst anhebt.
Orchester ebenso selbständig wie in seinen Dieses zweite Leben Gustav Mahlers bricht
bisher erschienenen Arbeiten. Ein witzig be... mit der Gewalt einer Urkraft über uns herein.
weglich phantasievoller, in rhythmischen Die Gewißheit, daß da einer der umge ..
Kapriolen und Burlesken, Zwischenstimmen s taltenden ,Meister gewaltet hat, einer derer,
sich besonders wohl fühlender Geist, eine in die am sausenden Webstuhl der Zeit schaffen,
sanfter Melodie angenehm singende Empfindung sie kommt so rasch, daß ihrer noch manche
loben eine spezifisch lyrisch . . humoristische von denen inne werden, die des Menschen wie
Begabung, die sich im musikalischen Lustspiel des Kunstlers tiefste Erniedrigung durch seine
oder einem Tanzgebilde einmal gründlich aus.. Zeitgenossen mitzuerleben hatten. Ihr zu wider..
toben sollte. Manchem Hinweis auf Mahler, auf sprechen, dem Verständnis Mahlers den Grund
den jungenKorngold, einem Zuviel an anmutigen, zu legen, war mein Buch bestimmt. Richard
solistisch geführten, Mittelstimmen gegenüber, Specht durfte schon höher bauen, Guido Adler
genügt der Hinweis, daß ein Einundzwanzig..
aus den Häusern der Freundschaft und der
jähriger diesen erstaunlicher Erstling produziert Wissenschaft den Triumph aufgehen sehen.
hat. Aber damit ist die Tragik des jungen Paul Bekkers Buch stellt ihn fest,
Künstlers enthüllt, der fünf Jahre - eine Ewig..
keit in diesem Alter - warten muß, bis er zum Schon wiederholt hatte dieser ausgezeichnete
erstenmal -- nicht aufgeführt wird, darum Schriftsteller, Kritiker und Philosoph des
handelt es sich am wenigsten, sondern sein musikalischen Wesens die Linie von seinem
Orchester hört! Man weiß, wie selbst Mahler mit Recht verbreiteten Werk über Beethoven
die fertige Instrumentation, fertiger, ja gedruckter bis hin zu Mahler gezogen. Nun gibt er in
Werke, nach dem lebendigen Klangeindruck seinem .,Mahler" das Gegenstück zu diesem
korrigiert hat. Diese Möglichkeit, noch nasse "Beethoven", auch äußerlich vom Verlag
Tinte in Klingen umzusetzen und so zu lernen, (Schuster & Loefr1er) derart ausgestattet: ein
ist unseren jungen Leuten versagt. Nun kommt, Großquartband von 360 Seiten mit sehr vielen
nach funf oder mehr Jahren der große Tag. Notenzeilen im Text, besonders schön gedruckt,
Dann hat der Dirigent knapp zu zwei kurzen abermals ein Buch von Gewicht und Ge ..
Proben Zeit, dann ist die ersehnte Erstauf.. wichtigkeit.
führung mit allen Mängeln behaftet, wie es Es heißt "Gustav Mahlers Symphonien",
seit Jahren in den philharmonischen Konzerten lehnt also Biographisches ab, nur hin und
die Regel ist. Worauf das vornehme Publikum wieder einzelne Angaben einflechtend, und
seinem Unmut über die Störung der Mittags.. nimmt selbst die Lieder des Komponisten nur
ruhe, die im Zeichen der Klassiker faulenzen als geistiges Band bei der Zusammenfassung
wiII. durch Zischen deutlich macht. Worauf Herr des gesamten Schaffens an. Nur aus den
Weingartner programmgemäß bejUbelt wurde. Symphonien will er diesen Meister nacbgestalten
Der Glückliche! Er kam, lächelte, siegte •.• und es ist seine Absicht, diese Symphonien
R. St. Hoffmann zu erläutern, obne Überschwang zu analy..
sieren. Dann möge gerechtet und eingewendet
o 0 werden.
Demgemäß bringt Bekker nicht allzuviel
NEUE MAHLER,LITERATUR neues "Material" bei, aber dieses wenige ist
wichtig, Er hat, dank dem Entgegenkommen
PAULBEKKERS BUCH "GUSTAVMAHLERS von Frau Alma Mafia Mahler, die Skizze der
SYMPHONIEN", zehnten Symphonie (der unvollendeten und
Das letzte, gänzlich neue Kapitel in der unvollendbaren) studiert und auch andere
jüngsten Bearbeitung meiner Studie über Mahler Skizzen fruchtbar verwertet.

140
Sonst sind die Blätter seines Buches, von PAUL STEFAN: GUSTAV MAHLER. Verlag
einer kurzen allgemeinen Einleitung abgesehen, R. Piper & Co., München. Neuauflage.
eben Analysen der einzelnen symphonischen Zum viertenmal erscheint dieses Buch, das
Werke; Analysen freilich, die in ganz neuer, damals vor zehn Jahren eine mutige Tat war,
ausgezeichneter Art eine Synthese ergeben. Zu .. wie denn Paul Stefan das bleibende Verdienst
dem führen sie die Gedanken der Einleitung nicht versagt werden kann, unter den allerersten,
für jedes besondere Werk genau aus. begeistertsten Bahnbrechern für Mahler gewesen
Bekker reiht Mahler in eine besondere, die zu sein. Seine Sammlung von Widmungen zum
österreichische Gruppe der Symphoniker nach 50. Geburtstage des Meisters, heute vergriffen,
Beethoven ein, die Gruppe, die Schubert, seine fest und zielsicher zuschlagende Streit..
Bruckner und Mahler umfaßt. Und er kommt schrift "Mahlers Erbe" zeigen den treu esten
auf guten, gangbaren Wegen von Beethoven, Schildknappen zum Kampfe und zur Huldigung
Hdem Heros der Symphonie", zu Mahler, "dem gleich geschickt. Mahlerbündler wider die Phi...
Menschlichsten seiner Nachfolger .... Für. diese lister, lang vor dem Mahlerbund. Bald nach
Wege ist es (ungefähr) bezeichnend, wie Bekker des Großen Tode ist die dritte Auflage erschienen,
ein Formproblem erfaßt - vielleicht ist es ihm da die "Neunte" noch unbekannt war. So
sogar das Formproblem der symphonischen begreift es sich, daß sie nicht unverändert
Geschichte: bei Beethoven habe der erste Satz bleiben konnte •.• Vieles war zu ergänzen,
der Symphonien die größte Bedeutung gehabt, manches zu ändern, einzelnes richtigzustellen,
bei Bruckner das Adagio, bei Mahler das Finale. wie die berühmt gewordene Legende von den
Dagegen gäbe es Einwände, aber hier liegt doch Liedern eines fahrenden Gesellen, die Mahler
mehr als eine geistreiche Konstruktion vor - gedichtet habe, ohne ..des Knaben Wunderhorn'"
wie denn überhaupt fast Seite rur Seite ein gekannt zu haben. Was aber geblieben ist, un..
Denker und Überdenker spricht, dem man, der verändert geblieben ist, ist die edle Schwärmerei,
Feuilletons und Umschreibungen ein wenig die hinreißende Darstellung, die poetische
müde, gern auch dann zuhört, wenn man ihm Wärme dieser bedeutenden "Studieu • Denn als
zu entgegnen wünschen würde. Seine Einteilung nicht mehr will sie der bescheidene Autor gelten
der Symphonien in Wunderhorn..Werke (Zwei lassen, nicht als "die Biographie". Nur "erste
bis Vier), mit einer Art Vorspiel, der Ersten, nötigste Beschreibung des Lebens und der
den "Liedern eines fahrenden Gesellen" parallelen Werke: das möchte dieses Buch geben und
Symphonie, in die Instrumental-Symphonien bleiben. Es war, es ist eines Lebendigen lauter
(Fünf bis Sieben); die weitere Unterscheidung: Ruf an Lebendige. Manche sind ihm gefolgt.
Achte Symphonie, für sich, und Werke des Ich rufe ihn wieder •.. " Nur immerzu, wackerer
Abschieds (Lied von der Erde, Neunte und Rufer im Streite, mahnender Rufer in der Wüste,
Zehnte Symphonie) - ist zum mindesten er.. unermüdlicher Rufer des Lebens. Heute wie
kenntnis .. und ergebnisreich. Und das Ergebnis, damals ist es nötig, "Mahlers Erbe" heilig zu
zu dem Bekker im Ganzen und" am Ende hüten, da die Welt, der er gerne abhanden
gelangt? Mit der Vergröberung der Kürze läßt gekommen ist, ihn klatschend für sich rekla..
es sich etwa so fassen: Mahlet schied als ein miert. Treue Hüter sind Bücher, wie dieses,
Vollendeter, als einer, der sein Leben in seinem Gesinnung, wie diese,Künstler, wie dieses Buches
Kunstwerk gespiegelt hat: ..er hatte sich selbst Dichter. R. S1. Hoffmann
erschaut". Aus solcher Magie einer Menschen..
und See1engeschichte ergibt sich Mahlers fort .. o a
wirkende Macht,seine Sendung, Mensch,Künder,
Prophet in Tönen zu sein. Geist von dem Geist
des Schöpfers war in ihm und zu solchem Geist
BESPRECHUNG
eines neuen und doch alten Glaubens führt CURT RUDOLF MENGELBERG: LIEDER
Mahler wie kein anderer. op. 1, 2, 6. UniversaI..Edition, Wien~Leipzig.
Es sei noch bemerkt, daß die Analysen Einfache Lieder, die volkstümlich und zum
nirgends in die bekannte traurige Musikführer... Teile anspruchslos sind. Die Singstimme ist
weis hinabgleiten und sich ebensowenig zu den sanglich geführt (heute muß man das betonen),
Höhen unzugänglicher Schmuckwörter ver.. die Begleitung in leicht spie1barem Klaviersatze
steigen. Somit wäre dem Buch die größte gehalten. Der Komponist ist ein Neffe des
Zahl von Lesern herzlicbst zu wünschen. berühmten Dirigenten Menge1berg.
Paul Stefan Besonders neue Ziele im formalen und
a melodischen Ausdruck sind in diesen Liedern

141
nicht zu bemerken, .lber gewiß werden auch Dieser Kulturtat im gefährdeten Osten kommt
sie dn dankbares Publikum finden, das sich ganz besondere Bedeutung zu.
gerade an ihrer Einfachheit und Unmittelbarkeit o
erwärmt. Dr. Jos. A. Dasatie1 Unter dem Vorsitze des Präsidenten des
e e Arbeitsausschusses fand die erste ordentliche
Hauptversammlung des Österreichiscben Musik..
N o T I z E N und Sangesbundes statt, zu dessen Zielen die
Förderung der Musikpflege sowie die Wahrung
Bei einem Konzert des Stuttgarter Kammer.. und Ausgestaltung Wiens als Musikstadt gehört.
Trios im Richard Wagner..Verdn in Darmstadt Der Deutsche Sängerbund hat sich korporativ
kam ein neues Trio, op. 29, von Volkmar Andreae dem Österreichischen Musik .. und Sangesbund
zur Erstaufführung und fand großen Beifall. angeschlossen.
e
Zur Förderung des heute so schwer ringen..
den musikalischen Nachwuchses veranstaltet ZU UNSERER NOTENBEILAGE
die Gesellschaft der Musikfreunde zu Donau .. Josef A. Das at i e I absolvierte seine
eschingen Anfang August eine Reihe von Musikstudien bei Franz Schreker. Er schrieb
Kammeraufführungen, die ausschließlich dem unter anderem Kammermusik.. und Klavier ...
Schaffen noch unbekannter oder umstrittener lieder, die bereits wiederholt aufgeführt wurden.
musikalischer Talente gewidmet sein sollen. Hingegen ist ein Streichquartett sowie eine
Das künstlerisch wie sozial für unser Musik ... symphonische Phantasie und ein Vorspiel zu
leben bedeutsame Unternehmen erfreut sich Stuckens Drama "Lanval" in der Öffentlichkeit
besonderer Förderung durch Busoni, Hausegger, noch nicht bekannt. DasatieI lebt in Wien und
Nikisch, Max v. Pauer, pfitzner und Schreker, ist im Lehrberuf und als Musikschriftsteller tätig.
die unter dem Vorsitz von Richard Strauß'den P. A. P.
"Ehrenausschuß'"' bilden. Die AUfstellung der
Programme geschieht durch einen "Arbeits ..
ausschuß". Alle Anfragen sind zu richten an BERICHTIGUNG
die "Musikabteilung der Fürstlich Fürsten... In den Musikblättern des Anbruch Heft 5
bergischen Hofbibliothek zu Donaueschingen". (Bart6kheft) auf Seite 88, Zeile 9 von unten, soll
o es heißen, statt: .,Ich empfand bei diesem
Die M.ax Reger .. Gesellschaft veranstaltet zu KiinstIer viel größeren Genius als bei Wagner
Pfingsten ein Reger..Fest großen Stils in Breslau und Strauß": ,.Ich empfand bei diesen Werken
unter der Oberleitung von Prof. Georg Dohrn stärkere Bedeutung für die Weiterentwicklung
und' unter Mitwirkung erstklassiger Solisten. der Tonkunst, als bei Wagner und Strauß 11.

N E U E NOT E N Sechs Lieder für hohe Stimme op. 2


Sonate für Cello und Klavier Cis moll op. 4
Verlag Universal .. Edition, Wien-Leipzig Verlag J. &. W. Chester, London
Alexander v. Zemlinsky: Der Zwerg, Tragisches Joseph Jongen: SecondPoeme pour Violoncelle
Märchen in einem Akt, frei nach Q. Wilde et orchestre op. 46
von Gcorg C. Klaren. Klavierauszug
o 0
Bela Barl6k: op.l0. Deux images pour orchestre:
En pleine fleur
Danse campagnarde NEU E B 0 C HER
op. 1 Rhapsodie pour le piano et r orchestre. Verlag Breitkopf & Härtei, Leipzig
Ausgabe für zwei Klaviere zu vier Händen KarlNef: Geschichte der Symphonie und Suite
Julius Bittner: "Der Hofbauer Franz'"' Zwischen.. Verlag Quelle & Mayer, Leipzig
spiel aus "Die Kohlhaymerin" für Klavier Leo Kestenberg: Musikerziehung und Musik...
C. Davidoff: Album für Cello und Klavier pflege
Verlag Raabe und Plothow, Berlin Verlag Universal..Edition. Wien-Leipzig
Alexander Mafia Schnabel: Sonate für Klavier Franz Schreker: Dichtungen für Musik, zwei
Cdur op. 1 Bände in Halbleinen .. u. Halblederausgabe

Verantwortllcher Schriftleiter: Dr. P. A. Pisk, Wien, L KarIsplatz 6. - Herausgegeben von der Univer8al~
Editioll A. G. - Druc,k Yon Otto Maaß' Söhne Ges. m. b. H., Wien I. WaJ.l:fiachgasae 10.

142
M. S.-8. zu eigen. •
AufführungBrecht vorbehalten.
Frühling.
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Jos. A. Dasatiel.
Mäßig bewegt .
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Copyright 1921 by Universal-Edition.
Notenbeilage zu "Musikblätter des Anbruch:' I":rstes Allrilhteft 1921.
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Ji!~ tr'lc7\ "1'" _ ••••••••••

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blüh'nden Rosenhecken. - Nealh fhe shade 01 fose-clad orhours. - Sur le. roses d'cglanllnes. 3. Das Leid der
Welt. Warum bisl du nidll mehr gekommen? - Why dldsl fhou leave met - Le bel iJmour Qui tut le nölre.
4. Der Leidende an die Nacht. 0 wunderwme kühle N"dJl. - 0 sol«e b~<lihing (ooly Nighl. - 0 Null,
resplendimmle Nuill
ZWEITES HEFT. Deut,mer lieder-Verlag 4782
5. Schlafe du! Schlafe du in sll~er Ruhl - Sieep, 0 sleep, in slumber deepl - Dor!, l'!lmOUf le dol h~s yeux..
6. Idl liebe dirn. Ids:mödJte dir etwas Srnöne~ ~/lgen. - I f<lin would tell thee. - Je veux fe dire une dime douce.
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3. Biwak. - 4. Erinnerung beim Wein Parlilur und Stimmen \lorersl 'lUr in AbSthril1 erl, ... ,,4
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Vier Lieder op. J . . . . . Mk. 2'-
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U. E. Nr. 6643 ParliIur, L'c
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U. E. Nr. 66440/d Stimmen. . . . . . . . :-6. -".
U. E. Nr. 6641
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DIE VOGEL
&' ,Trio.op.lll1d11r .. t I ..... cIooIt 1(I.mor<Uom '!I mil TexI
&' .. Trio S op. 70 '., 1 0 ' " :;0 (U. E. Nr. 6<.:01 .• .".. 20"-
~ -> Trio 6 op. 70 ',p_
., .,; Trio 7 op. 97 ~ cl... . . •
... , Trio , op. posth. B cU. .
_, . . .
''''
. - 00
0.. T· '.,,' odue' (U. E. -: •. 64T) für KI_
~ i • ..r 'ndig M,,,, 2"-
v...... _ Prolog dor NadlIigoil
R-. " Trio 9 Op. po~lh. E1I dl'" . • ,.-
.r ., 14 V,orialionen op.44 l:s dur • • . • 1-- (U. E...·. ',-,J Mari< 2·-
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S. Jödössohn. QUo Lohse. A. Nikisch.


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J. G. Mröczek. E. ). Wolff etc.


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Sinfonien und l70kafwerke mit Orchester


. . . . . I Ddur fDr grofJes Ordle,ter Sinioofe VI B moll lilr grv".. Ormster
11 ' ..,. mark U. E. Ur. mark
!. ~..-...,............. 50'-
2775 Klavierauszug'" ms (ZemIlnskq) . 12'-
- ... ; c;;:":;:rug "ms (S. WaHer) . 10'- 277.\ Kleine Partitur . • • • • • • • • 10'-
.,H i: _ : '1partlfur (160) . . . . . . 7'50
!". t ·"dte Bnaly,e (SpedtI) . . - '50 Sinfonie VII rar grafJes Ormest'f
"'121, 11 e moll rdr ßI'V"es ordles1er, U. E. nr. marlt
81t. . .41 Sopransolo und gemisdJ:ten ehor %98~ Klaulerauszug , ms (easella). . . l%'~
L: ::. nr. mark 2985 Kleine Partitur • • • • • • . • • tJ·-
:: 3.3 PartItur • . . • • .• , . . ' 60'-
. \.9 K: lolerauszug 'ms (S. Walter) . 10'- Sinfonie VIII IAr 8 Soll, Knablncfl:or; 2 ge.
: _: :. 'i!i Klaviere" ms (H. Sehn) (zur mischte ehUre und grolles Orchester
BL:ißhrung sind zwei Exemplare er· U. E. Ur. mark
'"denIdt) . . . . . . . . . NO
2772 Partl/ur . , . . , . , • . . . . 100'-
,.,. Z~el Kla.lere 8 ms (Bocklet) . . . 15'-
11 L ,jt,npartltur (16') . . . . . . ,'50 2660 Klaulerauszug mit text (Ii1Gss) • 15'-
~ ~,- ~ iilisolo: ,Urllrftf~ h. t• . . . . Ci 1'50 3390 Klaulerauszug zu " Handen. • • • 15'-
! : "'-aM,dte Bnal;" (Spedlt) . . , -'50 3000 Kleine Partitur . • • . • • • • • 12'-
3399 thematl,dle Bnalyse (S~edlf) " -'80
~ ... ,r. ßI D . .n ltIr gro~ .. Or",•• I..,
ö Hp -:01e, 'rauIII••ad Knabendlor SInfonI. IX Iftr ..., •• Or",••I..
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60'-
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3395 Partitur . • • • • • • • . • • . 50'-
3397 Klavierauszug '" ms (Wtsss). • • . 12'-
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und 1 Bit. oder Baritonstimme lind
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ehor. und OrclIesterwerke Kammermusik


Gurre.llieder Streichsextett Verklllrte nacht
lL E. nr. für Soll, IZhor und Ordtester mark u. E. ßr. op. 4 mark
6300 Partitur, DoppeUolio.rormaf. . 100'- für zwei 't'lollnen, zwei Violen und zwei "ioloncelli
3697 ~akslmllepartifur, 3roequart . 30'- 366% Partitur (kleines rormaf) • . . . . J'-
3696 Klavierauszug mit Text (Berg) . 15'- 3663 Stimmen. . . . . . . . . . . . 10'-
3696 Dasselbe, BIHtenausgabe .. . ~5'-
3695 führer (Berg) , , , , , , ' 2'50
5215 KI.lner führer (Berg), • , , 1'- Streichquartett nr, I, Dmoll op. 7
Einzelausgaben für eine Singstimme und_ Klavier für zwei tliollnen, Viola und "Ioloocello
5330 "SO tanzen die Engel- . . • _. 1'20 3665 Partitur (kleInes format) . . . . . 2'-
5331 "nun sag' ich dir zum ersfenmal.. 1'20 3666 Stimmen. . . . . . . . . . . . 8'-
5332 ... Du wunderlidte TotJe_ . . . . . '1'20
5333 ... Tauben \)Oß Gurre. . . . . . . 2'50 Streichquartett nr. 2, Fis moll
Verklllrte nacht op. 4 op.l0
Bearbeitung Mr Streichorchester fOr zwei UloIinen, VIola und I: .. ::ello
6065 Partitur (nur gegen ReDen;) • • • U'- m. und IV. Satz mit 3esang Ram 6edidlten 'Pon
Steian George
Pelleas und ffielisande op. 5 2993 Parliiur (Okta.), , , , , , ' , , 2'50
2994 Stimm.n, , , ' , , , , , , • . 8'-
Sinfonische Dichtung für großes Orchester
3371 Partitur (nur gegen Revers) • • • i\O'- Kammersinfonie E dur op. 9
Kammersinfonie E dur op. 9 Inr 15 Solo-Instrumente
Bearbeitung fiir Orchester 3661 Partitur (nur gegen Reoers) . . . • 20'-
36670 Parfifur (nur gegen Revers) • • . !O'-
6140 Th.mattsdI. Hnalyse (Berg) • ' ,-'35

Die 3akobsleiter Pierrot lunaire op. 21


Ein OratQrlum Dreimal sieben Gedichte nach Blbert Giraud
6061 T.xibudI , , , " , , , , , 1'50 S33.Q. Parfllur (für aufführung) • • , •• 15'-
6061 Dasselbe, BOtfenausgabe . • %'50 Dasselbe aur Büttenpapier . . . . 25'-
5336 Studienpartltur . . . . . . . . . " -
Bühnenwerke
Erwartung Kfauier ZU zweI Händen
monoomm 2991 Drei Klao!erstücke op.11 . . • . • %'50
5361 Orchesterpartitur (nur gegen Revers) 20'- 2992 KIOlJierstllck op. 11, Ur. %, Konzert.
5360 TextbudI , ' , , • . • , " -'40 mäijige 3nterpr. von rerr. Busonl . . 1'; ~
5069 Sedts kleine Klaoierstücke op. 19 l' ~ ~
Die glückliche Hand
Drama mit musik
5670 Ordtesferpartifur (nur gegen Repers) %0'-
musiktheorie
561! T.xtbudI , , , , , , , , , , , -'40 3370 Harmonielehre (111. Huflagein t'O[~Cle~

111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111liIJUlI,," ., ..

Hiezu Verlegerzusdtlag. Zu beziehen durdt Jede Rudt- und ffiusikalienhanc'ung


UniDersaI-Edition B. 3.1 Wien - l'teipzig
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Wiesbaden 13.· bis 25. April 1921
I

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1
I Erstes
!IDeutsches Mahle.rfesl
I' 1II11!III111111111111111111IUlllllllllllllllllllllllllilillIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII1IIIIIIIIIIIIIIIIUlUlIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIlIIIIII
I Musikalisdw leitung: CARl .SCHURICHT

A. Orchesterkonzerte
L Millwodl, 13 .. April . . . . . . . . . . _____ .. _ .. Zweile Symphonie
2. freitag, 15. April _ ... _ • . . . . . . . . . . . . __ . Drille Symphonie
3. Montag, 18. April .. _ ... , ...... '. ..... _ . fünlte Symphonie
4. Millwoch, 20. April ... :.... .-. _ _ .. ____ .. Sech,le Symphonie
5. freitag, 22. April _ . _ . _ . . . _ . _ . . . . . . . . . . lied von der Erde
6. Montag, 25. April. ___ . . . . . . . . . . . . . . .. Siebente Symphonie

B•. Kammermusik
1. Sam ,lag, 16. April . . . . . . . _ . . . . . ... Rheinische Kammermusik
2. Sonnt<lg, 17. April. . . . . . . . _ . . . . _ . . . . _ . . _ .. Rudi Stephan
3. Donnerstag, 21. April .. __ .. liederabend (Mahler, Schnabel. Barl6k)

c. Vorträge
L Donnerslag, 14. Apra. . . . . . . . _ Paul Stelan, Dr. C. R. Mengelberg
2. Sonntag, 17. April ...•... , . . . . . . . . . . . . . . _ . Dr. Karl Holl

SÄMTLICHE ANFRAGEN ERBETEN

L- _~~~~ AN DIE ORTSGRUPPE WIESBADEN


MAHlER-BUNDES, KURHA~S -_ _ _
ULIUSBITTNERS
Bühnenwerke in der Universal- Edition

G,o~'r Erfolg ,m der Wiener Sloal,oper bei d., UraullOhrung am 9, April ! 911

~~.~'~~.n,DIE KOHLHAYMERIN
. U. E.Nr. Oper in drei Akten. Didllung vom Komponisten Mark
6430 Klavierauszug mil Text. . . . . • . , . . . . . . .' . •• " . ,10'~
6429 Zwischenspiel "Der HotbiJuer franz" für Klavier zu zwei Händen. HO
6431 Textbuch ' , ' , , , , , ' , , , ' , , , , , , , , , , , , ' , 1'50

früher erschienen : DER BERGSEE


U. E. Nr. Ein Vorspiel und zwej Akte. Diddung vom Komponislen Mark
6266 Klavierauszug mil Text •.•.. ,10'-
6161 Texlbuch , ' , , , , , ' , , , ' , 1'-
6312 Potpourri, Klavier zweihändig: . . . . , ,?'«I
631 S Klavierauszug, lweihdndig • • • ~ __ . ~ .' • '. .' 111'-
6310 .. Einsam stehidl". Gesang und KJavi.!r. . --. .-, 1''«1
6311 "Sonnkar", Ge5angundKIavier .• , . . , "SO
DER' ABENTEURER
Oper in- dreLÄkf4m; Dichtung vom Komponislen
6316 Klavl"'au.~ugmit
6311 Texlbuch.,
r.", , , , ' , , , , ' ,
""",
, 20'-
, 1'-

DAS HOLLISCH GOLD


Ein deuhches. Singspiel in einem Aufzug. Dimtung vom Komponhfen
5711 KIlIvierauslug mil Texl . . . . . . . , 8'-
5770 Textbuch ' , , ' , , , , ' , , -'60
DER LIEBE AUGUSTIN
Szenen aus dem leben eines wie"~ischen Talenls in vier Aufzügen
S713 K1avierau5lug mit Text . . . , , 8:-
5172 Texlbuch , , , , , , • , ' , , , , , 2'SO
S772 a dlo. Bültenausgabe • • . .. • . • , ,I2'SO
6078 Drei Tänze. Klavier zweihändig . 2'-
6090 Augustin.Walzer. Klavier zweihändIg , I'SO
6075 Drei Gesänge des Augustin • . . . 2'-
6076 Drei Qe~nge der Tinl • ;. . . ;. • • 2'-
6077 Gesänge des Sdlmidl • . _. . • . . 2'--
6079 lied der zwei kleinen Mäddlen . . 1'-

LA TARANTELLE OE LA MORT (Die Todes-Tarantella)


Mimodrama von Bruno Warden und l M. WeUemrnsky
6435 Klavieraulzug millext. . . . 8'-
6436 Texlbuch , , , , ' , , , , , , ' , , ' , , , , , -'SO
6500 . Menuett. Klavier zweihandig . . . . . : . . . . . . 1'50
6501 Valselente. _Klavier zweihandig . . . . . . .. . . I'SO
6502 V~'se· 'de Ninon.Klavier zweihändig . .. . . .. . , I'SO
Hiezu Verlegerzusc:hlag
, .
INHALT

HtUln/ll,~, David .. .................... Betrachtung eineu


",-"" ,-"" , Muaikaliscll- Unpolitischen
Hugo Kauder ',' ...... " Musik als Zeit- und Raumkunst
J. B, Foerster .. .. " " ., .. Mein Erlebnis Gustav Mahler
·,~f:JT1!irmerich ................ Max Regers Klavierwerke
.R. St. Hoffmann ...................... Vie Kohlha'ymerin

Glossen, Drama. Libretto. Kino von Guidp GJ(ic.19


N"ovit4tenscheu von Jos. A. DasatieJ,. KritiJiaerKri"if.k
vo.uPauJ Bechen; Musik in Wien von R. St. Hoffmann /
Be"Preohu.uge.u / Noti.en I Zu IUlserer Notenbeilage /
Neue Noten
Note.ubeilage: •• AbendlAaten" u.ud "Wolkenbaum"
von Egon Lustgarten
3. Jahrgang Nummer S 2. April-Ht:ln 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
4' . . . . . .MW ••

er //g •
r; i I'
BETRACHTUNG EINES
MUS I KAL I S C H-U N PO LITI SC H E N
Von Hanns W. D.avid, Berlin
Stehen wir vor einer Revolution des musikalischen Schaffens, vor dem Beginn
einer neuen Ära der Musikgeschichte, so daß die neue Kunst nicht als Fortsetzung
der bisherigen, sondern als ganz neues Gebilde sich erweisen wird? Kündigen die
Werke Schön bergs (Atonalität), die Versuche Möllendorfs (Bichromatik), die
Spekulationen Busonis (Dritteltonsystem, Postulat der Themen- und Form'
losigkeit, "Urmusik«) und die Forderungen Bekkers (linearer Kontrapunkt, Melos),
die uBankerotterklärung der klassisch'romantischen Musikepoche" (Bekker) an, oder
hat etwa P fit z n e r recht, der den so arg befehdeten Dreiklang verteidigt und
seinerseits die neuen Ideen als Ästhetik der Impotenz in Mißkredit zu bringen sucht?
Wenn ich mich auch nicht unterfange, auf die hier aufgeworfenen Fragen die
richtige Antwort zu finden, so ist vielleicht ein Schritt zur Klärung in diesem
Widerstreit der Meinungen und Bestrebungen getan, wenn die richtige Fra g e
gestellt wird. Ganz allgemein gehalten, möge sie lauten: Worauf kommt es in der
Musik an?
Zunächst sei versucht, die neuen Bestrebungen kurz darzulegen und zu charak. .
terisieren und sie auf ihr Ziel hin zu untersuchen.
Allen Propheten eines neuen musikalischen Säkulums gemeinsam ist die Über...
zeugung, daß man mit den alten Mitteln nichts Neues mehr sagen könne, da sie
verbraucht seien.
Bekker sieht den Grund dafür in dem einseitig auf harmonischer Grund...
lage beruhenden Stilprinzip der klassisch'romantischen Periode, als deren Ausfluß
er auch l<'ormenschematismus und das zur bequemen Kompositionstechnik gewordene
Verfahren der motivisch-thematischen Arbeit (nicht das Thema als solches, das ihm
im Gegenteil ein Wesensbestandteil des musikalischen Geschehens erscheint) ansieht.
Er sieht den Weg der Kunst in der Wiederaufnahme von Bachs "linearem Kontra..
punktf< (den Ernst Kurth in einem umfangreichen Buch näherer Betrachtung unter . .
zogen hat), in der melodischen Durchdringung des ganzen Stückes (nMelos«

143
im Gegensatz zu der an Periodizität und Kadenz gebundenen Melodie). Wir
saUen Musik nicht mehr senkrecht, sondern w'agerecht empfinden, wie es Bach
getan habe.
Busoni kämpft nicht nur gegen Formen, Melodie, Kadenz, sondern gegen aUes,
was nach Gesetz aussieht, gegen Tonalität, Thema, Überlieferung u. s. w. Alles
das scheint ihm [der "freigeborenen" Musik Fesseln anzulegen. Er ersehnt eine
"Urmusik", die nicht einmal an Instrumente gebunden ist und träumt vo'rn
"abstrakten Klang", der hindernislosen Technik, also etwa von einem Idealinstrument,
auf dem schlechtweg aUe nur erdenklichen Klänge erzeugbar wären (beispielsweise
unter tausend Kombinationen: tiefe Baß töne von der Duftigkeit einer Flöte, höchster
Diskant vom Glanz und der Festigkeit der Trompete, Tubabässe mit Klarinetten'
geläufigkeit u. s. w. u. s. w.). So großartig als dichterische Phantasie, die eines
E. T. A. Hoffmann würdig wäre, solche Spekulationen sind, so achtunggebietend
auch das Postulat ist, daß der Schaffende sich mit jedem neuem Werk von aUer
Überlieferung, ja von der eigenen Entwicklung lossagen müsse, so erweisen sich
diese Theorien als für die Praxis unbrauchbar, wenn man fragt: wi e soll denn der
Schaffende schreiben? Denn irgendwie muß er doch schreiben, sei es tonal oder
atonal, sei es harmonisch oder melodisch. All das ist aber schon dagewesen und
wenn er sich davon lossagt, so muß er es sich selbst wieder erarbeiten und für
sich also wieder die Entwicklung von Jahrhunderten durchmachen - und auf eigener
Entwicklung .aufzubauen, das sieht Busoni auch wieder als Unfreiheit an.
Aber nicht genug, daß er, wie es auch Bekr.:er tut, das bisherige Form' und
Stilprinzip verwirft, rückt er auch unserem Tonsystem als solchem zu Leib. Und
hiemit kommen wir zu einem neuen Angelpunkt der musikalischen Revolution.
Unser altes Ton s y s t e m wird nämlich angeklagt, an der angeblichen Stagnierung
unserer musikalischen Produktion schuld zu sein und Eein Koeffiziens, die
Tonalität, wird als veraltet abgetan, dem Dreiklang der Krieg erklärt. Was
bisher als Gesetz galt, wird als scholastische Regel entlarvt, in der Tonalität nichts
als ein "unnötiger Kampf erblickt, um dorthin zu gelangen, wo man am Anfang
stand" (Busoni, Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, S. 10). Wenn
.Tonalität nichts weiter wäre, wäre sie freilich kein musikalisches Grundgesetz,
sondern eine törichte Regel! Gibt es aber nicht ungezählte Fälle, in denen die
Anfangs, und Schlußtonart nicht die gleiche ist und doch von Atonalität oder auch
nur harmonischer Planlosigkeit nicht die Rede sein kann? Einheit der Tonart ist
nämlich nur ein Symptom, nicht aber ein Postulat der Tonalität. Man mag
neue Tonsysteme aufstellen, nach welchen Gesichtspunkten man immer wolle:
nicht aus der Welt zu schaffen ist die physikalische Eigenschaft des Einzeltones,
in eine gesetzmäßige Obertonreihe zu zerfallen und ebensowenig die Kongruenz
der physikalischen und physiologischen Erscheinungsformen, die mir durch ihre
restlose Einheit der physikalischen Beschaffenheit des Tones und der physiologischen
Rezeptionsfähigkeit des menschlichen Gehörsorganismus der Beweis für die natur. .
gemäße Gesetzlichkeit des alten Tonsystems zu sein scheint - es sei denn, daß es
auf der Busonischen Phantasieorge1 auch Töne mit anderer Obertonreihe gibt!
Tatsächlich hat auch noch keines der neuen Tonsysteme am Wunder der Oktave
(der Grundlage des alten) zu rütteln gewagt. Ohne weiteres leuchtet also die natur'
gemäße Selbstverständlichkeit des auf dem Wesen des Tones fußenden alten Systems
gegenüber den spekulativ gewählten neuen Prinzipien ein.

144
Von allen neuen Tonsystemen wird behauptet, daß sie eine Bereicherung der
Mittel des musikalischen Ausdrucks bedeuten.
Da ist zunächst die Atonalität. Sie besagt, daß die zwölf Halbstufen der Oktave,
voneinander unabhängig, ein selbständiges musikalisches Leben führen, ohne
harmonisch...senkrechte Beziehung zueinander, lediglich durch lineare, horizontale
Stimmführung und Anordnung bedingt. In Wirklichkeit hat das alte Tonsystem
gar nicht 12, sondern (nach Riemann) 53 Stufen innerhalb einer Oktave!' Die
12 gleichschwebenden Stufen sind das Ergebnis einer auf die Vereinfachung der
Praxis gerichteten rechnerischen, durch Andr. Werkmeister eingeführten Konstruktion.
Und nun als Weiterentwicklung des atonalen Gedankens: MöHendorfs
Bichromatik (Vierteltonmusik) und Busonis Drittel, und Sechstel,tonsystem.
Grundlage bei der ersteren: der gleichschwebende Halbton, beim zweiten: der
gl eichs eh we b ende Ganzton. Ziel beider Bestrebungen: Bereicherung der Mittel
des musikalischen Ausdruckes. Aber schon rein numerisch errechnet ist das ja gar
nicht der FaH: bei der Bichromatik erhalten wir 24 Stufen, beim Dritteltonsystem 18,
beim Sechsteltonsystem 36 Stufen. Unser altes Tonsystem hat 53 Stufen!
P fi tz n e r schickt dem angegriffenen Dreiklang die Geschichte und die Philosophie
als Hilfstruppen zu und führt Schopenhauer ins Feld, trotzdem er dessen musi. .
kaIischen Sinn sehr anzweifelt! Nun ist es immerhin möglich, daß selbst ein ganz
unmusikalischer Kopf das Wesen und die Grenzen der Musik erkenntnistheoretisch
scharf erfaßt: zur Ktarstellung rein technischer Fragen, wie der unserigen, trägt das
aber wenig bei. Auch mag Pfitzners Betonung der aprioristischen Natur des Drei. .
klanges richtig sein; aber selbst wenn dies der FaU ist, so beweist es nichts und
trifft auch das Wesen nicht. Denn es wäre doch möglich, daß wir im Rausch über
die Errungenschaft des Dreiklanges vergessen hätten, worauf es in der Musik
ankommt (womit ich nicht sagen will, daß Perspektive und Harmonie Parallel,
erscheinungen verschiedener Künste seien).
Worauf kommt es nun in der Musik an?
Ich sagte schon zu Beginn, daß ich die Antwort auf diese Frage erschöpfe nd und
in aUen Einzelheiten zu geben mich nicht vermesse. Aber mich dünkt: Ins pir a ti on,
echte musikalisch,schöpferische Potenz kann Werke bleibenden Wertes zeitigen.
Wenn die bisherigen Mittel des musikalischen Ausdruckes erweiterungsfähig sind,
so kann das nicht durch vernunftgemäße Spekulation geschehen: ein Schaffender,
dem das Bisherige nicht genügt, wird den Weg aus sich finden, da ein wichtiger·
Teil des Wesens künstlerischer Schaffenskraft darin besteh t, daß das, was zum
Ausdruck kommen will, auch zum Ausdruck kommen kann. Wenn also unsere
musikalische Produktion zu stagnieren scheint, so liegt das bestimm t ni c h t an
den mangelhaften Mitteln des Ausdruckes. Ich kann mir eine Musik ohne Formen,
schemen, ohne Kadenz, ja ohne Harmonie, ohne irgend welche bisher als Gesetz
geltende Regel denken, eine Musik, die nach ganz anderen Gesichtspunkten als den
heutigen aufgebaut ist: nicht möglich ist aber, daß solches Neuland durch
theoretische Spekulation gewonnen wird.
c c

145

MUSIK ALS ZEIT- UND RAUlVIKUNST


Fragmente
Von Hugo Kauder, Wien
Im Raume sind alle Dinge gleichzeitig vorhanden, ist alles gegenwärtig; uns
aber ist es nicht gegeben, dieser Allgegenwart unmittelbar inne zu werden. Die
"Enge unseres BewußtseinsI' macht es uns unmöglich, den Raum in ein e m
Moment, "das heißt zeitlos zu erleben: wir erkennen nur stückweise, wir können
nur Teil um Teil in zeitlichem Nacheinander wahrnehmen. Die Zeit ist also
gleichsam das V ehike1, in welchem wir den Rau m er'" fa h ren; was uns da. als
Werden erscheint, ist Sein; was wir als zeitliches Geschehen erleben,- ist räumliche.s
Bestehen.
. .• Ihr sollt die Zeit wegdenken. Alles Geschehn
Ist »Ort". Liegt »nebeneinander". (Otto zur Linde)
c
Eine vollkommene Musikschrift müßte, anstatt einer Chiffernschrift, vielmehr
eine Bilderschrift sein; sie müßte, als ein Gleichnis der Musik, deren zeitliche
Verhältnisse durch räumliche wiedergeben; in ihr würde die musikalische porm
als Raumform, die Musik selbst als Plastik erscheinen.
c
Ist Architektur, nach Schellings Wort, "erstarrte Musik", so kann man umgekehrt
die Musik als "flüssige Architektur" bezeichnen. In einer höheren Dimension des
Raumes, in welcher als Gegenwart erlebt werden könnte, was uns nur als zeitliche
Folge wahrnehmbar ist, erschiene auch unsere Tonkunst als (räumliche) Baukunst.
In einem solchen Raume könnte man also mit den Ohren sehen. ~
c
Das richtige Musikhören ist gleichsam ein Sehen, indem dem Aufnehmenden
in jedem einzelnen Mome:r;lte des Tonstückes der Zusammenhang mit aUen ver...
gangenen, ja selbst mit m~nchen künftigen Momenten zum Bewußtsein kommt, so
daß er das gam;. Werk als Gegenwart erlebt. -Wir soUen uns dazu erziehen, nicht
nur alle Musik so aufzunehmen, sondern überhaupt so zu leben.
c
»Welt-Anschauung" haben heißt: das WeltaU als Kunstwerk (als KOSMOS in
des Wortes eigentlicher Bedeutung) erfassen können. Nun lassen aUe Welt-
anschauungen sich auf zwei Grundansichten zurückführen: in der einen erscheint
die Welt als plastisches, in der anderen als musikalisches Kunstwerk. Das
plastische Kunstwerk ist, als erfülltes Sein, als geschlossener in sich beruhender
geformter Raum, allzeit gegenwärtig und in seiner ganzen Fülle erfaßbar. Das
musikalische Kunstwerk ist zwar gleich dem plastischen erfülltes Sein und All. .
gegenwart, ist aber unseren Sinnen nicht als solche faßbar. Es bedarf daher der
Umsetzung in zeitliches Geschehen, der Wiedergabe durch den taktierenden KapeU..
meister (den Demiurgos), der, selbst außerhalb des Werkes stehend, dieses und die
Spieler regiert. Im musikalischen Kunstwerk erleben wir also die Welt als Zweiheit
von Wesen und Werden, im plastischen als deren Einheit.
a c

146
9Bl?sol1dl?rl?r ~i/'
MEIN ERLEBNIS GUSTAV MAHL ER
Von J. B. F oerster, Prag
Als ich Gustav Mahler zum letztenmal in der Direktion der Hofoper besuchte
- es war dies nicht lange vor seiner Abreise nach Amerika - fand ich ihn ernst,
aufrecht, aber staunenswert mild. Selbstverständlich berührte ich mit keinem ·Wort
seine Demission, mit keinem W ort- den Undank, mit keinem Wort das merkwürdige
und heuchlerische Spiel der öffentlichen Meinung. Aber der Schatten dieses Unaus-
gesprochenen, eine stumme Klage, die unsere Herzen erfüllte, lag schwer auf unseren
Seelen.
"Es ist also entschieden - Sie verlassen Wien. Vielleicht auf immer. Das ist es,
was ich persönlich so sehr bedauere." Aber Mahler lächelte•• Ich reise ab, aber Sie
wissen, ich habe große 'Ferien und einen Teil derselben werde ich immer in Wien
verbringen. Ich behalte hier meine Wahnung, habe hier einige' Verwandte, einige
Freunde. Wir werden erst je.tzt wieder freundschaftlich verkehren. Unsere Hamburger
Tage - erinnern Sie sich? - werden neu erstehen. Ich war bisher so beschäftigt,
daß wir einander nur seIten sehen konnten. Jetzt wird das anders werden und ich
freue mich auf unsere Zusammenkünfte. Haben Sie übrigens Giordano Bruno gelesen?"
Von diesem Augenblick an war er verändert. Gerade damals begann Diederichs
in Jena mit der Herausgabe der Schriften Brunos, und Mahler, sowie zufällig auch
ich, lasen den ersten Band.
,.,WeIch ein Mensch, weIch ein Denker" äußerte Mahler, ,.,haben wir mehr erreicht?
Wußte nicht Bruno all das, was wir heute wissen?U
In ihn vertiefte er sich ganz. Er vergaß zeitweise an alles was ihn bedrückte, an
allen Undank, an alle schmerzhaften Eindrücke der letzten Tage, an die bitteren
Enttäuschungen, an den Verrat der ,.,Anhänger und Verehrer" die den Verlassenen,
der alle Macht und Gewalt verloren hatte, verließen.
Dieser gefallene, mit unreiner Hand vom Thron gestoßene Held, erhob sich auf
den Flügeln des Geistes in das Reich der Seligkeit und des Vergessens alles Irdischen.

Zum erstenmal in meinem Leben erblickte ich Mahlet am Dirigentenpuit im


Stadttheater zu Hamburg. Er dirigierte die Meistersinger und es war mir sofort
klar, daß derjenige, der diese Vorstellung mit seinem Geist durchdrang, ein aus. .
erwählter Künstler sei.
Jener Abend erweckte in mir heftige Sehnsucht, den mir bis dahin unbekannten
Dirigenten persönlich kennen zu lernen. Aber es dauerte lange, bevor es mir gelang,
einen Verkehr mit Mahler anzuknüpfen. Wir kamen als echte Musiker zusammen.
Musik verband uns. Meine Frau>!< mußte gerade in Eile die Eva aus den Meistersingern.
einstudieren. Mahler, der damals eine mustergültige Disziplin auf der Bühne und im
oI< Berta Foerster.. Lauterer, die Gattin des Autors (Anm. d. Üb~rs.).

147
,
Orchester hielt, klopfte während der Probe ab und fragte vom Pult aus die neue
Eva: "Wer hat diese Rolle mit Ihnen einstudiert?" Und auf die Antwort: "Mein
Mann", sagte er zu allen im Theater Anwesenden: "Meine Herren, so studiert ein
Musiker ein",
Und so war scheinbar ein Zufall die Grundlage unserer Freundschaft. Er flößte
mir umso mehr Mut ein, als mir meine Frau an jenem Tage aus dem Theater
die direkte Einladung brachte, Mahler zu besuchen. Ich sehe noch heute die beiden
Zimmer, die er gemietet hatte. In dem ersten das Bett, in dem zweiten Klavier,
Bücherschrank, Tisch. Am Klavier lag aufgeschlagen die Partitur der Bach-Kantaten
und nach einigen meinerseits ziemlich verlegenen Worten, saßen wir zusammen
bei, Bach. Diese schönen, weltvergessenen Stunden! Bald wurden uns unsere
Zusammenkünfte zur Gewohnheit, ja zum Bedürfnis und Mahlet kam zu mir, wenn
ich mich nicht bei ihm einstellte. Gespräche mannigfacher Art wechselten ab und
damals lernte Mahlet auch eine Reihe tschechischer Opern, deren Klavierauszüge
in meiner Bibliothek zur Verfügung waren, kennen. Von "Libusa war er begeistert
U

und wir berieten lange die Inszenierung des letzten Aktes für die Fremde. Die
nationale Begeisterung störte Mahler nicht, aber er bedauerte, daß sich der letzte
Akt nach einem rein theatermäßigen Abschluß, in einem einzigen, unendlichen,
unbeweglichen lebenden Bild verlor. Wie bekannt ist, bemüht e sich Mahler auch
als Direktor der Hofoper um die Aufführung der .Libusa", leider auch dort vergeblich.
Einige Bemerkungen, die ich mir aus jener Zeit gemerkt habe, Bemerkungen
die besonders charakteristisch sind, mögen hier zum erstenmal erzählt sein. Wir
sprachen über Wagner und über Kritik. Damals sagte Mahler: "Es ist nicht wahr,
daß Wagner deklamatorisch, unzusammenhängend geschrieben hat. Nein, er verleugnete
nirgends den Musiker, er schrieb immer zusammenhängend, verständlich, periodisch,
band sich nicht an das einzelne Wort, um es zu charakterisieren; so beugte er der
Uneinheitlichkeit vor. Jeder gute Musiker findet stets Stellen im Text, bei denen er
beginnen und aufhören, die Form schließen kann."
Ein anderesmal sprachen wir von symphonischer Musik und vom Problem der
Themenführung, als zweitem Teil der Sonatenform, wie sie die Lehre von den
Formen auffaßt .•Ja Mozart, der schrieb noch Durchführungen" - erwähnte Mahler
damals - _er griff die Themen auf und verwendete sie meisterhaft, aber Beethoven
tat das niemals! Der hatte immer etwas zu sagen. Daß MendeIssahn und Schumann
wieder im alten durchzuführen begannen, ist ihre Sache, aber sie waren damit beide
bestimmt im Unrecht."
Solche klare und begründete;Urteiie äußerte er mit Feuer, und sie ließen erkennen,
daß sie nicht die Äußerung eines Augenblicks, ein momentaner Einfall, ein witziges
Bonmot, sondern das Ergebnis tiefer, ernster Überlegung waren. Ich erinnere mich
noch einer unvergeßlichen Episode, die uns aufs innigste zusammenführte, ja zu
unzertrennlicher Freundschaft vereinigte.
Ich saß am Nachmittag bei Mahler. Nach fünf Uhr wurde er plötzlich ernst und
forderte mich auf, mit ihm nach Altona zu fahren, wo er am Abend Beethovens
Fidelio dirigierte. Die Leonore sang damals Fräulein Mildenburg, die erst ihre
Theaterlaufbahn begonnen hatte, aber von Mahler, der bald ein aufrichtiger Freund
der glänzend begabten Sängerin war, schon damals richtig eingeschätzt und verstanden
wurde. Die Aufführung im kleinen städtischen Theater, wo z. B. im Orchester nicht
einmal genügend Platz für die Musiker war, so daß beide Seitenflügel mit ihren

148
Pulten und Instrumenten in den Proszeniumslogen sitzen mußten, hatte dennoch
so viel Kraft und Schönheit, daß ich tief ergriffen die Rückkehr Mahlers von der
Bühne erwartete. Er kam verstört, reichte mir wortlos die Hand, und wir gingen
nach Hause. Wenn ich nicht irre, war ich es, der nach langer Zeit das Schweigen
unterbrach, um mein übervolles Herz zu erleichtern: "Fidelio - Glauben Sie mir,
immer von neuem reißt mich dieses Werk hin, so daß ich alles dafür hingeben
würde, was jemals fürs Theater geschrieben wurde/l Als ich dies ausgesprochen
hatte, schwieg ich, denn ich erwartete einen Widerspruch seitens meines Freundes.
Aber Mahler wendete sich mir zu, blieb stehen und sagte: "Auch Wagners
Werke?" Und als ich ohne Überlegung mit einem energischen "Ja" antwortete,
umarmte er mich plötzlich, küßte mich und sagte: "Ich denke so, WIe Sie. Wir
bleiben Freunde bis in den Tod."
Und das blieben wir.
c
Als vier Sätze der Ersten Symphonie geschrieben waren, lud Mahler das Orchester
des städtischen Theaters ein, dessen Kapellmeister er war, dazu einige intime - etwa
zehn - F reunde t und spielte, oder besser gesagt, studierte vor diesem kleinen
Publikum, das ihm persönlich mehr bedeutete, als ein voller Saal, das durch, was
er vollendet hatte. Wir alle waren ergriffen, der Komponist schien der einzige
strenge Kritiker zu sein. Hinter das Dirigentenpult stellte er seinen treuen Kopisten
Weidlich und der zeichnete alle Änderungen auf, die ihm Mahler angab. Da schienen
ihm die Holzblasinstrumente überflüssig, hier trat die Oboe zu sehr hervor, dort
wollte er den Klang abschwächen, hier irgend eine thematische Steigerung hervor. .
heben. Es gab keine Seite, ja fast keinen Takt, der unverändert und unberührt
geblieben wäre.
Glauben Sie nicht, daß die ursprüngliche Instrumentation unvollkommen war,
daß der Klang nicht befriedigte, durchaus nicht; die Zuhörer und das Orchester
waren entzückt, aber dem Komponisten schwebte jener klangvolle Eindruck vor,
den ihm seine Phantasie vorzauberte und deshalb änderte, verbesserte, steigerte und
mäßigte er mit jener energischen Zähigkeit, die für seine ganze Tätigkeit so bezeichnend
war. Erst zum Schluß der Probe, bei dem begeisterten Beifallsklatschen des Orchesters
und bei der Entgegennahme der Glückwünsche seiner Freunde, erheiterte sich
Mahler. Sein ernstes Antlitz, das sich schon in jüngeren Jahren zu eigenartigen,
den Denker verratenden Linien gefaltet hatte, wurde fröhlich und mit glücklichem
Lächeln verließen wir den Saal.
Dies waren wahrscheinlich die einzigen Stunden, in denen Mahler volle Befriedigung
fand, und in diesem harmonischen Zusammenklingen verwandter Seelen fühlte er
einen Schimmer von Glück. Als es nach einigen Monaten zu der ersten Aufführung
der zweiten Symphonie kam - es geschah dies durch das Verdienst einiger reicher
Hamburger Verehrer unter der persönlichen Leitung des Komponisten - stellten
sich auch alle oben genannten Freunde des MeisterSt bis auf den letzten ein. Der
Erfolg war stark und unbestritten, obzwar sich eine bedeutende Opposition meldete
und die Kritik mit Tappert an der Spitze, Mahler allerdings einen Tag später für
einen halben Narren erklärte. Ich schrieb damals an die "Narodni Listy'l eine
begeisterte Kritik und bemühte mich t Mahlers Symphonie in Prag durchzusetzen.
Dies gelang mir nicht. Erst nach Jahren, als Oskar Nedbal sich der Philharmonischen

149
Konzerte annahm, kam es zu ein~r Prager Aufführung. Nedbal, dem ich die durch
die Freigebigkeit zweier Hamburger Mäzene herausgegebene Partitur zeigte, nahm
sich sogleich des Werkes an und heute noch gebührt ihm Lob für diese Tat.
o
Die Dritte Symphonie wuchs. Der 'griechische Pan flößte dem ersten Satz seinen
Zauber ein, den Zauber des Frühlings, den Zauber der Liebe. Der Wald wurde im
zweiten, das Reich Floras im dritten Satz lebendig, der vierte Satz mußte in die
Wolken zu den Engeln fliehen, aber der letzte, der schönste und reichste, kehrte
zur Erde zurück, um das unaussprechliche Glück des liebenden Herzens zu erzählen.
Dieser letzte Satz: "Was mir die Liebe erzählt" ist die eindrucksvolle Beichte eines
erdentrückten, in Schwingungen des Glücks tönenden Herzens, denn Mahler liebte
und wurde geliebt . . .
In einer Beziehung wurde gerade diese Symphonie typisch für das ganze Werk
des Komponisten. Obzwar in der Ersten, und auch in der Zweiten Symphonie
(in letzterer z. B. der Gegensatz zwischen dem ersten und zweiten Satze), die Gegensätze
auffallend waren, trat in der Dritten zum erstenmal die Vorliebe Mahlers für die
schärfsten Kontraste hervor, aber gleichzeitig die Fähigkeit, sie zu vereinen, zu
verschmelzen. Die Wirklichkeit verbi~det sich mit dem Traum, beide stehen neben ..
einander, vermischen sich und werden eins - wie in der Liebe. Und wenn Shake ..
speare recht hat, daß alle Verliebten "von Natur aus U Narren sind, verstand es
Mahlet, diesen süßen Wahnsinn auch in seiner verzweifelten Unausgeglichenheit
voll und ganz festzuhalten.
Die fertige Partitur reichte Mahler Felix Weingartner ein, der damals die Konzerte
der Berliner Philharmonie in Berlin und Hamburg dirigierte. Weingartner entschloß
sich zur Aufführung - eines Satzes, des Scherzos ("Was mir die Blumen erzählen l ').
Das Scherzo gefiel sehr gut, wurde in Hamburg sogar wiederholt, aber die Symphonie
blieb liegen. In diesem Jahre, am Ende der Saison, vertraute mir Mahler ohne
Einleitung an, daß er nach Wien gehe. Er sagte wörtlich: "Ich trete als dritter
Kapellmeister an, aber ich bin als Direktor engagiert l ' " Das war eine große und
freudige Überraschung. Endlich: Die Anerkennung in der Heimat!
Was folgte ist bekannt. Mahler kam rasch empor, nach einigen Monaten war er
tatsächlich Hofoperndirektor. Hier, mit einem Ensemble der besten Kräfte, die er
zu schätzen verstand, vollführte Mahler - der Dirigent - wahre Wunder. Aber
der Prophet gilt nicht im eigenen Lande. Die besten Musiker und verwandten
Seelen verstanden ihn - aber das genügte nicht. Es kam in der Hofoper zu
Aufführungen, die den Ruf Mahlers rasch über die Grenzen verbreiteten und
bedeutende Kenner eilten zu den Wien er Premieren alter \Verke herbei.
Unterdessen wuchs der Ruf Mahlers als Komponist. Einzelne Symphonien wurden
in Wien, Prag und Deutschland aufgeführt. Es fanden sich sogar Verleger für die
Symphonien! Da auf einmal - es war bekannt, daß der Kontrakt Mahlers mit der
Hofoper auf zehn Jahre lautete - ein plötzlicher Umschwung. Mit wenigen
Ausnahmen trat die Presse gegen den Direktor auf, noch einigen kurzen Monaten
war Mahler entlassen.
o
Wir sprachen einmal von Verlegern und Ausgaben. Mahler, gerade durch Angriffe
der Presse bedrückt und verärgert, sagte: "Weon ich keine Kinder hätte, würde

150
ich mich um die Herausgabe meiner Kompositionen gar nicht kümmern. Wie
lange lebt ein Werk? Fünfzig Jahre. Dann kommen andere Komponisten, andere
Zeiten, andere Werke. Was damit? Ich brauche einen großen Apparat; wer wird
sich die Mühe geben, eine Sache gut einzustudieren? Und wissen Sie, ob derjenige,
der Begeisterung und Zeit hat, verstehert wird, was ich beabsichtige? Bevor eine
schlechte Aufführung, lieber keine ...
Als er nach Amerika abreiste, schrieb man: "Auch Mahler haben die amerikanischen
Dollars verlockt.« - Das war bis zu einem gewissen Grade wahr. Mahler hatte in
Wien geheiratet und ich bin sicher, daß er zu der Zeit als er den amerikanischen
Kontrakt unterzeichnete, sein Innerstes verleugnete und - für seine Familie
unterschrieb. nEinige Jahre und dann bleibe ich hier. Ungestört, in Ruhe werde ich
meiner Arbeit leben . . .« '
Einige Jahre sind verflossen! Ungestört - in Ruhe - schläft mein teurer Freund.
(Übertragen von G. Straschnov.)
o 0

MAX REGERS KLAVIERWERKE


Von Paul Emerich, Wien
Bei Beurteilung und Würdigung der Klavier- und auch der sonstigen Werke von
Max Reger kann man nicht wie bei anderen großen Meistern (z. B. Beethoven)
von einzelnen Entwicklungsperioden sprechen; im Gegenteile, es folgen während
der ganzen Schaffenszeit Regers in bunter Aufeinanderfolge hochwertige, geradezu
klassisch zu nennende, minderwertige, mittelmäßige, oberflächliche, ja sogar seichte
und wertlose Werke aufeinander, je nach Stimmung, Laune, körperlicher und
geistiger Verfassung des Autors; doch kann man an allen diesen, sogar bei den
unter ein e r Opuszahl erschienenen Werken drei Typen unterscheiden; einen nach...
ahmend reproduzierenden, einen individuell produzierenden und einen originell
philosophierenden. So gehören zum Beispiel von op. 20 die HumoreskenNr.!, 2, 3, 5
zum ersten Typ, die 4. zum zweiten. Die Intermezzi op.45 Nr. 1, 3, 5 stehen unter
Brahms' Einfluß, gehören also dem ersten Typ an, Nr.2, 4, 6 sind jedoch originell
Regerisch. Variationen und Fuge über ein Thema Bachs op. 81, zeigen den
philosophierenden Typus, während die vier Sonatinen op. 89 zur ersten Gattung
gehören, also trotz des Vorausgehens der H moll. .Variationen op. 81, sowie der
Variationen und Fuge op. 86 für' zwei Klaviere vierhändig (über ein Thema von
Beethoven.) - Doch hat Reger allen seinen Klavierwerken, auch den nachahmenden,
einen eigenen pianistischen Stempel aufgedrückt, mit oft ganz eigenartigem
(natürlich unbeabsichtigtem) technischem Wert und interessanten Problemen. Sein
stark polyphoner Klaviersatz schmiegt sich in die Hand des Spielenden, Thema
und Kontrapunkte so bildend, daß sie sich von selbst abheben. Im homophonen
Stil aber bietet er reichlich Gelegenheit, den Klavieranschlag und -Ton in allen
Farben leuchten zu lassen, die schwierigsten Pianistenexperimente auszuführen und
die verwickeltsten musikalischen Aufgaben zu lösen. - Gleich in op. 20, Humoreske
Nr. 4, zeigt sich, der echte Klavier...Reger. Hier läßt er seinem unverwüstlichen
Humor die Zügel schießen, schneidet am Schluß eine entsetzliche Grimasse und
macht einen kurzen, markigen Witz. Unglaublich wie Reger, nach seinem Klavierkonzert

151
(op. 114), welches eines der größten der KlavierIiteratur ist, sowie nach den oben..
erwähnten Bach..Variationen op. 81, auf welche wir hier noch.zu sprechen kommen,
nach der Passacaglia op. 96 für zwei Klaviere vierhändig, dem Klaviertrio op. 105,
Klavierquartett op. 113 und nach dem Klavierquintett op. 64 (C moll), Stücke von
einer Zierlichkeit und Beweglichkeit schreiben konnte, welche feinster Filigranarbeit
gleichen. So gleich nach dem Konzert op. 114, die Episoden op. 115, sowie die
Variationen op. 132 über ein Thema von Mozart. (Origin~1 für Orchester, bearbeitet
vom Komponisten für zwei Klaviere vierhändig und ein Klavier vierhändig.)
Merkwürdig wie frisch, fein, leicht und zierlich er' seihst solche feingeschnitzte
Stücke spielte, obschon er an Körpergestalt einem Riesen glich.
Nicht ganz mit Unrecht wirft man dem großen Beherrscher der Form eine
übergroße Komplikation und Häufung der Stimmen vor; man darf aber nicht
übersehen, welch' große, mannigfaltige und feine Abstufung der Dynamik, vom
ffff (con tutta sforza) bis zum kaum hörbarem pppp, er forderte! Sein einfaches
f oder p muß ganz anders angesehen werden als das f oder p eines anderen
Komponisten. In den oben erwähnten Variationen op. 81, wo man die besonders
feinen Nuancierungen der Dynamik deutlich sehen kann, finden wir auch eine un..
gewöhnliche Fülle musikalischer und technischer Sonderheiten. Brillante Figuren,
Doppelgriffrepetitionen, das Thema variierende Handgelenkoktaven, Kantilene und
mehrfache Begleitung in derselben Hand, rasche Aufeinanderfolge von acht.. bis
zehnstimmigen Akkorden, rhythmisch neuartig gestaltete Technik und dergleichen
viel mehr, stellen an den Pianisten die höchsten Anforderungen und geben ihm
vielfach Gelegenheit, sein ganzes Können in mächtigstem Orgelklang, spitzem Staccato,
prickelndem Leggiero, weichstem Legato etc. etc. zu entfalten.
Pikanten Humor finden wir in den "Burleskenl', "Wal.zern l', "Bunten Blättern",
"Silhouetten"",,,Tagebuchblättern u,,, Charakterstücken"" , "Kaprizzen"" und "Humoreskenu
beim jungen, wie auch beim reifen Reger.
Mögen seine einzelnen Leistungen an innerem Werte noch so ungleichartig sein,
eines kann unwidersprochen behauptet werden: Seit dem großen Thomaskantor
Johann Sebastian Bach haben wenige Männer so Großes, so Vieles, so Bedeutendes
auf dem Gehiete der gesamten Klavier- und Orgel-Literatur geschaffen, wie der
Thomaskantor Max Reger.
o 0

D I E K o H L H A y M E R I N
Von Rudolf Stephan Hoffmann, Wien
Ich lese gerade wieder in Keyserlings "Reisetagebuchll . Und lese: .. . "es ist nicht
möglich, ohne liebende Hingabe auch nur irgend etwas zu verstehen; solange die
leiseste Neigung zur Kritik im Mittelpunkte des Bewußtseins lebt, ist es aussichtslos,
einem Fremden gerecht zu werden . .. 11

Goldene Mahnung für Kritiker, und solche, die sich einbilden, es zu sein. Sie
paßt wunderbar in die Gedanken, die ich mir zur Kohlhaymerin gemacht habe. Über
den Fall Bittner habe ich neulich geschrieben, als ich von der neuen Oper noch
nichts, nicht Inhalt, noch Wort, noch Ton gekannt habe. Nur im Rahmen dieses
"Fallesll' vermag ich sie heute zu betrachten. Für mich ist Bittner eine Individualität,

152
eine, die mit allen ihren Schwächen und Fehlern "liebende Hingabell verdient, deren
Schwächen und Fehler ihn einem österreichischen Beurteiler eher noch sympathischer
machen müssen, weil dieser sie, ist er aufrichtig gegen sich, als Teil seiner selbst
empfindet. So meine ich - ohne jede Rücksicht darauf, daß ich den Mann auch
persönlich gut leiden mag -, daß die nicht leise, sondern sehr kräftige Neigung
zur Kritik, die im Mittelpunkt des Bewußtseins der meisten Kritiker lebt, diesmal
einer Erscheinung Unrecht tun mußte, der eben weniger mit scharfem Intellekt, als
mit Hingabe zu begegnen war.
Man glaubt doch nicht, daß es mir schwer fallen würde, die handgreiflichen
dramatischen FehJer, ja Unmöglichkeiten dieser Oper zu zerpflücken, vielleicht sogar
mit etwas mehr Humor, als jener M. M. eines Abendblattes, der sie neben Lehar
und die lustige Witwe zu stellen für unbedingt nötig hielt. Dramatisch-technisch
ist der Sache überhaupt nicht beizukommen. Weil von dramatischer Technik einfach
keine Rede ist. Ich bin trotz ;Bittners Bekenntnis, durch die Lektüre einer Wiener
Stadt geschichte angeregt worden zu sein, in der zu lesen stand, daß um 1806 ein
neuer "antikisierender#~ Gesckmack aufkam, unbeirrbar davon überzeugt, daß die
junge Bürgerswitwe, wenn ihr Lenzwind und Fliederduft Kopf und Sinne
beschweren, keineswegs von Dionysos in Person zu träumen beginnt. Ich weiß mit
dem Herrn von Pichler, dessen geheimer Schwarm für die reizende Nachbarin so
nett eingefädelt wird, und der im zweiten Akt spurlQs verschwindet, so wenig
anzufangen, wie mit dem parorustisch. . tobenden Goldgräber . . Exaltadot dessen Episode
in gar keiner Beziehung zu allem Folgenden steht. Ich finde Parallelen unmöglich,
wie solche, die dreimal die Polizei zur Rettung der Hauptperson eingreifen läßt,
oder den braven Hofbauer Franz im letzten Akt zwingt, viermal hintereinander
verlassene Bräute des Hochstaplers zu trösten. Ich kann kein mitfühlendes Herz
haben für alle die weinenden, ohnmächtigen Damen, die plötzlich im dritten Akt
auftauchen, da sie mir fremd sind. Es ist ein anderes, ob ein guter Bekannter im
Unglück ist, oder ein Wildfremder. Es ist aber nichts geschehen, uns auch nur von
der Existenz dieser Personen, des Wachtmeisters und seiner Tochter, des Juden
und seiner Tochter, der "fremden" Dame, geschweige denn von ihren näheren
Umständen die geringste Kunde vorher zu geben. Ungepflegt oft die Sprache, wenig
gewählt oft der Spaß - absichtlich hemdärmelig, ohne zu bedenken, daß gerade
diese Absicht verstimmen muß, wo sie eben nicht am Platze ist.
Alles das ist mir klar, und wenn ich weiter ins Detail gehen wollte, noch mehr.
Und dennoch •..
Dennoch ist es tausendmal leichter, alle diese berechtigten Einwände zu erheben,
als sich nur eine einzige melodische Wendung einfallen zu lassen, wie sie, zumal
im Vorspiel und ersten Akt, immer wieder zur Stelle sind. Schließlich ist doch der
Bittner kein Anfänger und kein Abenteurer. Hat doch im "Musikant", im "lieben
Augustin", im "höllisch' Gold" immerhin schon einige Proben von dramatisch. .
künstlerischer Disziplin abgelegt, die ihn vor dem Verdacht schützen müßten, es
bloß auf die zweifelhafte Unsterblichkeit seiner "unsterblichen Kanzlei ll abgesehen
zu haben. Er wollt' es eben' diesmal nicht anders. Ob er recht damit tat, ist eine
andere Frage. Aber daß er's auch anders gekonnt hätte, ist für mich keine.
Jedenfalls war es ihm hier nur um Leichtigkeit, gedankliche Unbeschwertheit,
Spiel, Scherz und Innigkeit zu tun. Vielleicht auch um Ironie und - Schlamperei.
Mit einem Wort um ein Stücke! Wien von vor hundert Jahren. Bürgerliche Philistrosität

153
und freie Sinnlichkeit, friedliche Ehrbarkeit und gewissenlose Abenteurersuggestion,
Griechinnen aus Mariahilf, Mal'ches.e Salvatore aus Schwechat, Dionysos im Polizei. .
kommissariat. Sehnsucht und Erfüllung, Phantasie und Wirklichkeit, Rausch und
Katzenjammer. So ähnlich muß er sich's gedacht haben, so ähnlich sollten es wohl
Bilder von gröbster Unwahrscheinlichkeit verkünden. Aber schließlich und endlich
- fragen wir uns ehrlich: ist nicht das Unwahrscheinliche, ja das Unmögliche der
gesegnete Nährboden für Opernmusilc überhaupt?
Diese Opernmusik ist in erquickendem Umfang guter und bester Bittner, und
damit immerhin etwas, was eigenes Gesicht hat und durch das Ohr ins Herz geht.
Die anheimelnd gemütvolle Wärme gleich des Vorspiels, das in glücklicher Steigerung
die zwei Hauptthemen der Kohlhaymerin exponiert, davon eines wienerisch. . freundlich
ein liebes Milieu, das andere, später zum Walzer gewendet, die Sehnsucht einer ein. .
samen Seele teilnahmssich"er besingend, kontrastiert wirksam mit dem "dionysischen + l

Mittelteil, der in Ganztönen fremde gefährliche Regungen in die bürgerlich behagliche


Tonalität abenteuerlich einbrechen läßt. - (Wobei ich freilich Ganztöne zur Charakteri-
siernng der Sinnlichkeit schon fast als stereotyp empfinde.) - Auch der größere Teil des
ersten Aktes, der von den zwei Hauptthemen getragen wird, findet seine herzlichsten
Töne in den Sehnsuchtsstimmungen der jungen Frau und mehr als eine lyrische
Schönheit wird bleibender Gewinn. Konventioneller, sichtlich gehemmt durch die
umständliche Prosa des Textes verläuft lustspielmäßige Konversation, um in der
"Goldgräberszene" einer auch im dritten Akt wiederkehrenden parodistischen Laune
Platz zu machen, die alte Verdi. .Arien, freilich ohne die ewige Verdi...Kantilene, verulkt.
Der zweite Akt transponiert das Bacchanal der " Gezeichneten" in ein heimisches
Milieu, in dem es ohne Erinnerung an Strauß ische, Johann Straußische Walzerromantik
nicht abgehen kann. Am wenigsten inspiriert ist die Musik, wenn sie die echten
Leidenschaften des unechten Marchese mit mehr erhitzter als brennender Aufregung
gestalten möchte. Hier und anderwärts zeigt sich, daß Bittner trotz löblicher und
meistens geglückter Absicht, diesmal thematisch einheitlicher zu arbeiten, als in
seinen früheren, mehr improvisatorisch behandelten Opern, jene Opernroutine
abgeht, mit denen sich ein mittlerer französischer oder italienischer Komponis(über
tote Punkte der Szene oder der Erfindung unfehlbar hinüberhilft. Aber vielleicht
ist er dazu auch zu ehrlich. Ganz findet er sich wieder in der Liebesszene. des letzten
Aktes. Da ist er zuhaus. Wo es ohne Pathos, ohne falsche Sentimentalität, um
einfache, innige Gefühle reiner unkomplizierter Gemüter geht, wie in der natürlichen
Selbstverständlichkeit mit "der zwei gute, liebe, simple Menschenkinder zueinander
kommen, als wär's ihnen längst vorher bewußt, da singt er ergriffen und glückselig
seine herzlich...begütigenden Weisen für alle, die, wie er, reinen Herzens sind. -
Schade, daß das mythologische Gesindel noch im letzten Moment sich den Spaß
machen muß, schönsten Ausklang durch allerlei Ballettunfug zu gefährden!
Die Aufführung der Staatsoper - recht gedankenarm im Szenischen - erfreute
durch Alwins sachlich. .sichere Leitung, durch öie ausgezeichneten Leistungen der
Damen Lehmann, Paalen und Jovanovics und der Herren Fischer, Stehmann, Maikl,
Schmedes, Madin, Breuer und Betteto, und durch den herzlichsten Beifall, der dem
prächtigen, mit Recht beliebten Autor zuteil wurde. Es klang wie Dank für Geleistetes
und zugleich wie Vertrauen in Künftiges!

154
G loss (Yf{- ~il
DRAMA, LIBRETTO, KINO zu sein haben. Damit aber hat der Tondrama..
tiker als Librettist nur einen Teil seiner
In den Bezeichnungen..,Wortdrama, Ton .. Schuldigkeit getan. Streichen allein ist zu
drama, Bilddrama" nennt das Bestimmungswort wenig. Was an immer notwendiger N Verständ ..
Wort, Ton, Bild nicht das schlechthin Ent.- 1ichkeit'~ dem geistigen Auge entzogen wurde,
scheidende und wesentlich Unterscheidende muß dem körperlichen gegeben werden. Daher
dieser drei unter den Begriff "Theater" (mensch.. ist im Tondrama auch die Steigerung nach dem
lieh verkörperte Schaukunst) fallenden Er.. Optischen hin durchaus notwendig., die Schau ..
scheinungen. Das Wortdrama besteht nicht barkeit, das echt Theatralische der Oper.
nur aus Worten, das Tondrama (hier für Der Bilddramatiker vermag nicht einmal
Libretto im allgemeinen gebraucht) nicht nur das Geistige des Tondramatikers zu geben: er
aus Tönen, das Bilddrama nicht nur aus Bildern. verzichtet aufs Wort gänzlich. (Daß unsere Kino ..
Das mit "nicht nur" Angedeutete, doch näher dramatik noch immer mit Geschreibsel arbeitet
nicht Bezeichnete müßte sonst das allen drei und arbeiten muß, bezeichnet ihre heute noch
Gemeinsame bedeuten, was schon kurze Über.. immer unvollkommene Technik, ist hier aber
legung als unrichtig ablehnen muß. "Wort, kein Einwand.) Auch aufs Akustische verzichtet
TOD, Bild" bezeichnen vielmehr das vorzüglichste, er gänzlich. (Stimmungmachensollende Klavier..
vorherrschende Ausdrucksmittel, dessen sich und Orchestermusik bedeutet wieder keinen
der Künstler zur Vermittlung seiner inneren Einwand.) Das Bilddrama ist rein optisch, gibt
Gesichte bedient, und damit die vorzüg1ichste~ rein äußerliches Geschehen; inneres nur insofern,
vorherrschende Aufnahmestelle: Geist, Ohr, als es mimisch... körperlich, also äußerlich, ange..
Auge. deutet oder ausgedrückt werden kann. Optische
Der Wortdramatiker wendet sich aber Ausdrückbarkeit muß zur letzten Höchstleistung
gewiß nicht allein an unseren Geist, wenn er ausgenützt werden. Jedes zur "VerständlichkeitU
von den dreien auch am besten und ehesten notwendige, aber auch hinreichende Wort muß
hoher reiner Gedanklichkeit zu dienenl vermag: verbildlicht werden: Drama wird Epos. Roman,
schon seine geprägte Prosa, Schwung der Erzählung. Außerszenisches (wie in Drama und
Sprache, Bildlichkeit des Ausdrucks, Vers .. , Oper) gibt es nicht: alles muß Szene, Bild.
Strophen.. und Reimbildung beschäftigen Ohr selbstverständliches Bild werden.
und geistiges Auge; Erscheinung, Bewegung, Bedeutet also die Folge Drama.-Libretto..
Tätigkeit, Mimik seiner Sprecher und ihre Kino allmähliches Zurücktreten, ja Aufhören
Umwelt auch das körperlicb.e Auge. des Wortes, so gebietet sie gleicher Weise hin
Der Tondramatiker (Librettist und Kom .. zum Optischenl Zum Bildl
ponist als Einheit) wird das Geistige durchaus Das Opernbuch, das Libretto, steht also
nicht ganz ausschalten, wohl aber vor dem in der Mitte.
Sinnlichen (dem Akustischen und Optischen) Oper war immer Ausstattungssache, die
zurücktreten lassen, die klar und scharf um.. dieser Forderung allergrößte Rechnung in jedem
grenzten Bezirke der 11Verständlichkeitu mit Sinn (und Unsinn) trug, die "Große Oper u
den verwischend umspülenden Wogen seiner wußte, was sie tat und wollte, oder spürte es
hochgehenden Gefühle überschwemmen. Das wenigstens instiktiv, was ihres Wesens war.
Wort tritt als Träger bloßen (abstrakten) AuswUchse beschneiden, ja abstellen, sollte
Geistes, als Gedanklichkeitsvermittler immer aber Erkenntnis des wahren Wesens sein,
mehr und mehr zurUck, ohne diese Tätigkeit nicht seine Verkennung. Geschimpft ist bald.
aber völlig aufgeben zu mUssen und wird fast Genau so bald wie verkannt.
ausschließlich Ausdruck für Gefiihl und Leiden.. Darum ist der Vorwurf "Kino u, den man
schaft. Es sinkt in seiner Bedeutung und findet nun allenthalben hören kann, bald zur Hand.
sich notwendig auch in der Zahl beschränkt. Beschimpfung und Verkennung in Einem. Es
Alles, was es im Wortdrama für das Akustische liegt mir fern, schlechte Kinodramen (und wir
leistete, wird es nicht nur beibehalten dürfen, haben fast nur solche!) und schlechte Libretti
sondern steigern müssen, es wird musikalischer (und wir haben fast nur aolche!) verteidigen

155
zU wollen. Außer der Schlechtigkeit und der ErZählung leicht anpaßlich entgegenl), sei der
Beschimpfung haben sie aber etwas ganz Hinweis hinzugefügt, daß fast alle - Ver..
Wesentliches gemeinsam, was sie beide mit zeihungl Libretti Richard Wagners auf
dem guten Kinodrama und dem guten Libretto Grund e pis c h gestalteter Sagenstoffe gedichtet
gleicher Weise teilen: das im besten Sinn sindl
Theatralische, den verständnisklaren logischen Auch darin steht das Libretto in der Folge
Zusammenhang in bloßer Schaubarkeit! Wo Drama.. Libretto..Kino an richtiger Stelle!
sie nichts als äußere und äußerliche Schaubal''' Dr. Guido Glück
keit ist, weg mit ihr! Doch als sichtbare
Kristallisation innerer Notwendigkeit ist sie
a a
Wesen des Librettos und des Kinosl
Jedes Libretto muß sogar eher ein gutes NOVITÄTE N S eHE U
Kinostück als ein gutes Wortdrama sein. Wohl.. Das neue Publikum: ein trauriges Kapitel.
gemerkt: nur eher! Damit rückt es nur in der Es kennt keinerlei Hemmungen. Unerhörte
Reihe Drama..Libretto ..Kino etwas mehr vom Preise werden widerspruchslos bezahlt. Das ist
Drama ab und dem Kino zu. Es darf aber schließlich noch eine Privatangelegenheit. Für
weder ein fertiges Drama noch ein fertiges die Allgemelnheit tief bedauerlich und für
Kinostück ist. Doch wieder eher das zweite) jeden gebildeten Menschen abstoßend ist aber
Im ersten Fall geht es infolge Überfrachtigkeit die sattsam bekannte Tatsache, daß heute auch
durch die Musik zugrunde, im zweiten besitzt im Konzertsaal und Theater 'das durchschnitt-
es infolge Unterfrachtigkeit mangels der Worte liche Existenzminimum von Anstand, Manieren
keinen· seelisch verankerbaren Tiefgang. In und Geschmack unter dem katastrophalen
beiden Fällen fehlt dem Schliff zu beschwingter Einfluß der gesellschaftlichen Umschichtung
Fahrt auf den Orchesterwogen die genaue auf Null gesunken ist. Im Alltag kann man
Austarierung. mit souveräner Verachtung darüber hinweg..
Wir haben diesfalls vieles schon erlebt. blic ken, in der Kunst gibt es nur eins: schärfste
Klassische Meisterwerke auf dem Gebiet· des Gegenwirkung.
Dramas wurden zu Opernlibretti ausgeschrotet, Zuspätkommen. während der Vorstellung
zusammengezogen, gekürzt, gestrichen: keines sprechen oder essen, vor Schluß aufstehen und
wurd~ ein gutes haltbares Libretto, konnte weggehen (nicht etwa in einer Pause), alles dies
es werden! Ebenso falsch wäre es, wenn möglichst lärmend, das ist jetzt an der Tages--
es dies gäbe, ein vollkommenes Kinodrama ordnung. Die Saaldiener sind teils mitschuldig,
zum Opernbuch machen zu wollen. Wir teils ohnmächtig gegen dieses Treiben, das sich
sind in der (unglücklich.. glücklichen) Lage, über Bitten und Verbote skrupellos hinweg...
eine andere Probe aufs Exempel machen zu setzt, auch wenn sie in vier Sprachen groß
können: Lilienfeins Drama "Der Stier von gedruckt an jeder zweiten Wand oder Ecke
Oliveral< wurde d' Alberts Libretto zur gleich.. affichiert sind. Die Anarchie ist vollständig
namigen Oper und endete als - Kinostück ! und das neue Publikum kennt durchaus keine
Wären alle drei gut - vom Libretto weiß ich Scheu. Doch halt, eine kennt es und das ist
es bestimmt, daß es dies nicht ist! - dann das einzige tertium comparationis mit dem
ließen sich die "unterschiedlichen Gesetze~1 früheren Publikum: die Novitätenscheu.
studieren, ffdie keiner soll verletzen!"' Weder Man spricht oft vom Reiz der Neuheit. In
der Dramau'ker, noch der Librettist, noch der der Kunst scheint er erst dann zu wirken,
Filmstückerzeuger ! Denn alle drei stehen unter wenn die Neuheit alt geworden ist. Ein
wesentlich verschiedenen Gesetzen, wenn man Novitätenkonzert war ja auch in Friedenszeiten
auch gemeinhin den Librettisten als verpfuscht.. zumeist nicht gerade ausverkauft. Das war
pfuschenden Dramatiker auffaßt! Nur der gewiß ein bedauerliches Zeichen von ein..
schlechte ist es, der Nicht..Librettist! gefleischtem Konservativismus. Aber eine Ent-
Das Wort allein entscheidet nie. Alle drei schuldigung hatten die Konzertbesucher der
in Rede stehenden Theaterstückgattungen ver.. Vorkriegszeit doch: sie kannten wenigstens
langen ihre eigene Struktur, ihr eigenes Lebens.. einen großen Teil der bedeutendsten Kunst.-
tempo. Zu der Bemerkung, daß das Kinostück werke, hatten eine Basis, an der sie eben un..
zum Epos, zum Roman, zur Erzählung wird, bedingt festhalten wollten. Das neue Publikum
nicht weil es meist von ihnen herkommt, aber kann an nichts festhaIten, denn es kennt ja
sondern weil es zu seinem technisch bedingten meist noch gar nichts und betrachtet Beethoven
Wesen gehört (darum kommt ihm Epos, Roman, ebenso als spanisches Dorf wie etwa Scriabine.

156
Die Mehrzahl der Leute, die heute in der Lage
sind, regelmäßig Konzerte zu besuchen, hat
"KRITIK DER KRITIK"
vorläufig zur KunoSt noch gar kein Verhältnis; "Der Leiter der Tschechischen Phil~
bestenfalls sc h 0 n zum Konzertsaal, meistens harmonie in Prag. Sak, hat dem Musik~
aber auch das nicht. kritiker eines tschechischen Blattes wegen
unsachlicher Kritik eine Ohrfeige ver~
Jedes Programm wird anstandlos ver.. abfolgt. Bin Teil der tschechischen Presse
schluckt. Das drückt zwar natürlich auf das nimmt seit längerer Zeit Stellung gegen
allgemeine Konzertniveau, aber die Novitäten.. Sak, weil er deutsche Komponisten, wie
Strauß und Mahler. bevorzugt."
scheu ist damit nicht zu erklären; im Gegen..
teil. Woher kommt sie nun? Früher entsprang Man mag der Ansicht zuneigen, daß diese
sie aus der konservativen Überzeugung (damals Form der Auseinandersetzung mit der Kritik
gab's noch so etwas wie Überzeugung), heute zwingend, aber nicht überzeugend, begreiflich,
wird sie dem Publikum von den Konzert.. aber nicht berechtigt sei. Immerhin ist hier an
direktionen suggeriert. Die Gründe sind' durch.. ein Problem gerührt, das - wie fast jedes
sichtig. Novitätenaufführungen erfordern viel traurige Problem - in Wien gan~ besondere
Arbeit und Geld, alte Stücke sind viel bequemer Beachtung verdient. Der Kiinstler ist bei Kon ..
und kommen auch bedeutend billiger. Da nun flikten mit der Kritik von vornherein in der
die Konzertdirektionen die Kunst als Melkkuh schwächeren Stellung. Ihm bleibt gegen Gehässig..
betrachten, also mit dem inneren Wesen der keit nur ein sachlich berechtigtes Mittel: durch
KUnst nichts zu 'tun haben, ist der Fall klar. seine Leistungen die Kritik zu entkräften. Aber
Hier liegt überhaupt die Wurzel so mancher was vermag der Eindruck von hundert künst..
Übet, als da sind: zu wenig Proben und in.. lerischen Großtaten, vor einem dem Großteil
folgedessen mangelhafte Aufführungen, un .. nach bornierten Parkett vollführt, von diesem
glaublich geschmacklose Programme, zu..Tode.. am nächsten Tage vergessen, gegen die Wir..
hetzen einzelne~ Werke. kungsmöglichkeit einer Bosheit, die allen
Aber einen Milderungsgrund können auch Dum.mköpfen einer Stadt zum ewigen Gedächtnis
die gewinnsüchtigsten Konzertunternehmer mit schwar.z auf weiß serviert, von tausend bös ..
Recht anführen. Er liegt in der großen Kom.. willigen Narren allzubereit kolportiert wird?
pliziertheit vieler moderner Werke. Nun ist ja Hier steht der Künstler vor der Wahl: entweder
gegen die Kompliziertheit nichts .zu sagen, wenn seinen Weg zu schreiten, unbekümmert um
sie durch die Bedeutung des Inhaltes gerecht.. Ranküne - und wie viele finden die innere
fertigt erscheint. Das ist aber leider nur selten Größe hiezu? - oder auf seine Art Remedut
der Fall. Es wird eben heute in der Musik zu schaffen. Ein Appell an die Öffentlichkeit
ebenso verstiegen "geschmustU wie in Büchern ist ihm nicht gegeben. Wehrlos ist sein Werk
und Zeitschriften. Der Geist der Zeit. Geist?- jenen Krähen ausgeliefert, die eine der anderen
Lassen wir die ominöse Schuldfrage. Die kein Auge aushacken und unter die der sprich..
Novitätenscheu besteht, das ist sicher; daß sie Wörtliche weiße Rabe sich so selten verirrt.
überwunden werden muß; ist ebenso sicher. Diese Prager Ohrfeige ist ein Warnungssignal,
Das ist nur auf dem Wege systematischer Er.. das auch anderwärts gehört werden soll. Wenn
ziehung durch häufigeVorführung von Novitäten die Tat zu verdammen ist - die Gesinnung ist
möglich. Dazu aber braucht man die Großmacht zu loben. Paul Bechert
d~r Großmächte: das Geld.
c c
Darum, Ihr beneidenswerten neuen Reichen,
die Ihr offenkundig Geld habt zum Schweine
füttern, füttert einmal mit Euren Millionen MUS I K I N WIE N
statt der Schweine die Kunst. Das wird weder
Neu für uns der Dirigent Albert Coates aus
ihr, noch Euch schaden. Gründet eine "Gesell..
London, der vordem in Mannheim und Rußland
schaft der neuen Musikfteunde u und führt
gewirkt hat und - irre ich nicht - einmal für
Novitäten auf, aber einwandfrei und oft. Dann
eine Stelle an unserer Oper in Kombination
vollbringt Ihr eine wirkliche Kulturleistung, um
stand. Eine imponierende Figur am eigens
derentwillen man Euch alles Unmögliche ver..
erhöhten Pulte, beherrscht er sein Handwerk
zeihen und Euch überdies noch in der Musik..
wie ein Deutscher, läßt freilich auch englioSche
geschichte ein Ehrenplätzchen einräumen kann.
Kühle nicht missen. Macht geziemende Ver..
Dr. Jos. A. Dasatiel beugung vor Wagner, plädiert für Englands
anerkanntesten Komponisten mit Elgars hier
o c
schon gehörtem Variationenwerk "Enigma#,

157
in dem der ausgedehnte Freundeskreis des zeigte und nun überraschend genug wieder bei
Autors sich porträtiert finden soll und entdeckt seinen Anfängen anknüpft. Dieses Opus 19
schließlich sein Herz für den neuestens viel.. leidet bei aller technischen Reife, die sich zu ..
genannten, 1915 verstorbenen Russen Scriabine. mal in der Fuge kundgibt, an einer gewissen
...Le divin poeme", auch Symphonie Nr. 3 geo' anaemischen Blässe, die schon in der Urform
nannt, geschrieben 1903, eine Enttäuschung für des Themas auffällt und in den Veränderungen
die, die einen Stürmer und Dränger, einen keineswegs gebessert wird. Derlei hat man einst..
russischen Schönberg erwartet hatten. Das mals als akademisch trocken geschoIten. An
deutlich in vier Sätze gegliederte Opus, die Kessissoglus sehr bedeutende pianistische
recht getreu den Charakter der alten Form Leistungen reihen 8ich: Josef Rosenstock, der
wahren und thematisch verknüpft sind, wäre jetzt an der Berliner Hochschule wirkende
höchstens eine~ russischen Liszt zuzuschreiben. ausgezeichnete Schreker..Schüler und das
Ein ...göttliches" Thema, soll heißen ein Thema glänzende Dreigestirn der Robert.. Schule, das
der göttlichen Idee, erfüllt pantheistisch diese ihres Meisters 60. Geburtstag nicht ehrender hätte
symphonische Welt. Wäre es nur stärker und feiern k5nnen als mit einem Konzert, in dem
eigenartiger 1 Stärke und Eigenart sind die der hoffnungsvolle Benjamin Rudolf Serkin
Merkmale, durch die jedes Thema göttlich wird. neben dem trotz seiner Jugend schon gereiften
Neu als Dirigent auch eiD sonst gut Be.. Georg SzeH und der außerordentlichen Vera
kanntet: Joseph Man: dirigierte die zweite Kauffmann..~chapira zum Lobe des erfolg..
Aufführung seines romantischen Klavier.. reichen Pädagogen musizierte. Szell ist, wie
konzerts, das wieder Angelo Kessissoglu spielte. man weiß, besonders als Dirigent bekannt
Es verstärkte sich der Eindruck der höchsten geworden und geht nach Deutschland, nachdem
Sympathie für die reichen, malerischen Schön.. er ein Jahr lang in seiner Vaterstadt vergeblich
heiten dieses wirklich romantisch gefühlten auf eine dauernde Beschäftigung gewartet hat.
Werkes und des Bedauerns über die Grenzen .. Ein anderer jugendlicher Schreker.. Schüler
losigkeit dieses Gefühls, die senkrecht und erlebte die Freude, ein großes Chorwerk bald
horizontal nicht genug Noten findet, sich zu nach der Fertigstellung uraufgeführt zu hören.
betätigen. Wie denn Marx' fast gesamte Kammer.. Philharmonischer Chor und Singakademie ver...
musik an solchem Übermaß leidet. So auch die einigten sich unter Szells anfeuernder Leitung
prächtige Violinsonate, die man kiirzlich wieder zur Ausführung des "Hohen Liedes''', das den
von Kessissoglu und Frau Soldat..Roeger zu Sängern wohl ganz ungewöhnlich schwierige
hören bekam. die ohne Striche gar nicht auf.. Aufgaben stellt, die so befriedigend gelöst zu
geführt wird. Straffheit, Konzentration würden haben, ehrenvoll ist. Dieses hohe Lied, das
die bezwingenden lyrischen Einfälle Mau', der textlich mit Salomo nichts gemein hat, kom..
sich an Regersche Vielheit und Breite zu ver.. poniert das gleichnamige Gedicht von Christian
lieren droht, noch viel eindringlicher zur Morgenstern, einen siebenstrophigen Hymnus,
Geltung bringen. die Strophe zu zehn langen Versen, jede mit
Vorher als erste Wiener Aufführung ein dem Refrain endigend: ...Auf allen Sternen ist
Klavierkonzert C moll von Frederick Delius. Liebe!" Man versteht sofort die Gefahr eines
Auch dieses romantisch, obzwar ohne die Textes, der sich nach der ersten Strophe nicht
Bezeichnung. In einem Satze, dreiteilig ge.. mehr entwickelt, kau~ mehr steigert, eigentlich
gliedert, ohne eigentliche Durchführung, thema.. gesagt hat, was zu sagen war und auf Variation
tisch einheitlich. Es gibt bedeutenderes von seiner esten Idee angewiesen ist. Viel1eicht wäre
diesem vorzüglichen Komponisten, aber auch - bei entsprechender Kürzung- die Variationen..
hier, in einem älteren Werke, ist er, wie stets, form der Komposition ihm gemäßer gewesen
vornehm, von echter, wenn auch beherrschter als ein großer Bau, der - textlich vollkommen
Empfindung, ein verträumter Naturpoet. Wie unbegründet - nach der vierten Strophe will..
anders zwischen Marx und Delius, den Roman.. kürlich in zwei Teile abgetrennt erscheint.
tikern, ein neuer Carl Prohaska! siebzehn Dieser Gefahr, sich nicht bis ans Ende immer
Variationen und Fuge über eigenes Thema für noch weiter steigern zu können, sich notwendig
Klavier. Seltsam der Weg dieses Wiener an Details verlieren zu müssen, um nur über..
Akademikers, der, bei Brahms beginnend, im haupt zu Gegensätzlichem in der Gleichförmig..
Pierrot lunaire nicht sehr glaubhafte Kabarett.. keit der Stirllmung zu gelangen, konnte die
töne anschlug, sich später von Mahlerschen Musik auch wirklich nicht entgehen. So kommt
Rhythmen, im Streichquintett von ganz mo.. es zu fortwährendem, stoßweise Ansetzen
dernen harmonischen Einflüssen impressioniert immer neuer Empfindungsimpulse, an einem

158
Wort, einer Wendung entflammt, ein Immer.. Einflüsse hoffmanneske Brambilla..Stimmungen
Noch, ein Immer..Mebr, ein fast konstantes erzeugen - übrigens gibt es auch eine Oper
Affetuoso von Liebe, Liebe, Liebe! ZuvieI,zuvieI, TaO BraunfeIs, die die phantastischen Masken ..
sagt Tannhäuser. Auch satztechnisch bleibt das schicksale dieser seltsamen Prinzessin behandelt
Bedenken, daß ruhloses und nicht gerade sanftes - weit interessanter, als in mehr Brucknerisch
Modulieren, das den Chor vor Aufgaben des gefärbten Quintensprüngen.
Streichquartettes setzt, Qur von Übel sein Im ganzen dennoch mehr ein Spid des
kann. Distonieren ist die fast unabwendbare Intellekts, mehr gewillt als gemußt. Aus einem
Folge. Trotzdem besteht kein Zweifel, daß die Floh einen Elefanten machen!
schöne Wärme, die hohe Begeisterung dieser R. St. Hoffma~n
Tonsprache dem großen Talent des Autors das
c c
denkbar günstigste Zeugnis ausstellen.
Ein anderer Jünger - sie sind erfreulich
regsam - verdient aufmerksamste Beachtung.
BESPRECHUNGEN
Hugo Kauder, tief denkender Schriftsteller, FREDERICK DELIUS: REQUIEMfilrSopran
guter Geiger, erschien mit einem neuen Streich.. und Bariton. Doppelchor und Orchester. Klavier..
quartett, das das Gottesmann.. Quartett auf der auszug mit Text von Philip Hese1tine, Universal..
Höhe seines Könnens zeigte. Das dreisätzige Edition.
Werk überrascht vor allem durch eine heute Dieses Requiem ist in mancher Beziehung
ganz ungewöhnliche Meisterschaft in der Be .. merkwürdig und hat jedenfalls nichts, was an
handlung a.ller technischen Probleme. Varia..- Schablone erinnern könnte. Schon der Text
tionen wie die des Mittelsatzes, eine Fuge wie bewahrt es vor dieser Gefahr. die übrigens auch
das Finale, sind in der Kammermusik seit Reger durch Delius' unglaublich prägnante Eigenart
nicht geschrieben worden. Dabei ist von For.. gebannt ist, die in Melodik, Dynamik und
malismus keine Rede. Alles klingt und lebt. besonders in der eigentümlich weichen, süßen,
Und die motivischen Eintalle des langsamen manchmal taufrischen, dann wieder schwülen
und des ersten Satzes - der leider zu schnell Harmonik sofort erkennbar ist. Auch hier ist
den edlen Ton des Anfangs verliert, um in dies der Fall. Schon nach wenigen Takten
Stürmen sich zu zersplittern - sind von befindet man sich im Banne des Komponisten,
hervorragender melodischer Schönheit und der für manche vielleicht unangenehm, für alle
Ausdruckskraft. Hier ist viel erfüllt und viel aber zwingend ist. Bei DeHus' Werken gibt es
verheißen! nur zwei Möglichkeiten: entweder sie lösen
Die Vorliehe für formale Probleme führt starke Sympathie oder heftige Antipathie aus.
auffallend öfter wieder zur Variationsform, So wenig dramatisch seine Individualität auch
was ganz recht ist. Von Walter Braunfels, ist, so elementar wirkt sie.
38 jährig, einem der besten der Münchener Für eine ausführliche Analyse - sie wäre
Schule, dessen "Offenbarung Johannis"" vor sehr interessant - ist hier leider zu wenig Raum.
Jahren der philharmonische Chor unterSchreker Darum sei nur kurz konstatiert,. daß der Lyriker
mit stärkstem Eindruck gebracht hatte, für Delius ein lyrisches Requiem geschrieben hat,
dessen lyrisches Opernspiel "Die Vögelll Bruno das mit vollem Recht den Anspruch erheben
Walter sich eingesetzt hat, gibt es ein op. 25, darf, gehört - öfter gehört - und geschätzt zu
"Phantastische Erscheinungen eines Themas werden. Ein lyrisches Requiem? Gefahr der
von H. Berlioz"". Wohl das umfangreichste Sentimentalität? Nein, dieses Requiem ist hell
Variationen werk, das für Orchester geschaffen und freudig - die letzten Worte: "ewige Wieder..
wurde. Prolog, dreizehn "Erscheinungen"" und kehr ••. Sommer, Herbst, Winter und wieder
Finale dauern nahezu eine Stunde, und Furt.. Frühling, und wieder Friihling" - ist über
wängter, der unvergleichliche Interpret, sah sich den Rahmen einer einze1nenKunstgattunghinaus
darum veraniaßt, zwei und eine halbe Variation allgemein menschlich von Bedeutung: es ist das
auszulassen. Das pikant akzentuierte "FlohIied"" e-rste Requiem. das zum Leben "ja" sagt.
des Mephisto aus Fausts Verdammnis ist der Dr. Jas. A. Dasatiel
merkwürdige Anlaß dieses großen Werks,
c
obwohl sein melodischer und harmonischer
Gehalt dazu kaum ausreicht. So wird die ANT. DOBRONIC: SAMMLUNG JUGO-
Veränderung immer freier. das Phantastische SLAWISCHER VOLKSLIEDER, Agram 1920.
verdrängt immer mehr die thematische Er .. Das Merkwürdige dieser äußerst reich..
scheinung. Hier, wo Straußischeund Berliozische haltigen und charakteristischen Auslese besteht

159
darin, daß sämtliche Gesänge für Männerchor In Stuttgart errangen sich Marie Hdene
gesetzt sind. Neben serbischen und slowenischen Lang und Johanna Haustein in einem Abend
Melodien finden sich auch zahlreiche aus für zwei Klaviere mit der Aufführung von
Bosnien und Mazedonien, die schon in der Busonis Improvisation über ein Chorallieti
melodischen Linie deutlich an den Orient von Bach starken Erfolg.
gemahnen. Überhaupt ist fast jede Gegend durch e
charakteristische Details im Ausdruck gekenn .. Bei dem Pfingsten in Breslau statt..
zeichnet, währen4. gewisse generelle Merkmale findenden Maz Reger..Fest werden erstklassige
allen Gesängen zugrunde liegen. Dies sind vor Solisten mitwirken, darunter Fritz und Adolf
allem harmonische. Ebenso wie in den durch Busch, Karl Straube, Emmi Leisner und das
Bela BartOk ans Licht geförderten Schätzen Wendling..Quartett.
der ungarischen Bauernmusik, sind hier noch e
zahlreiche Relikte der Kirchentonarten und In Bückeburg fand die Uraufführung eines
auch exotische Tonreihen vorhanden, während großen Chorwerkes von Carl August Ra U t nach
unser Dursystem völlig zurücktritt. Auch die einem Gedichtzyklus von H. Ch. Ade statt. Das
Setzweise ist gänzlich entfernt vom Herkömm.. symphonisch.. oratorische Werk, das interessante
Hchen. motlerne Züge enthielt, erzielte starken Erfolg.
Die Übertragung erfolgte mit liebevoller e
Sorgfalt und genauer Aufzeichnung der oft sehr Im Mai 1921 wird in London die erste
komplizierten Rhythmen. Diese Sammlung bildet VioIin.. Sonate von Karol S z y man 0 W ski durch
für jedent der an Folklore Interesse hat, eine den Pianisten Ernest Whitfie1d zur Auf..
Fundgrube, zumal speziell für diese Gegenden führung gelangen.
kein ähnliches Werk existieren dürfte.
e e
Dr. Paul A. Pisk

e e
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Von Egon Lustgarten kamen bisher
N o T I z E N Lieder, Orchestergesänge und ein Klavierquartett
1m Nationaltheater Mannheim fand die zur Aufführung. Er schrieb außerdem Bühnen..
Uraufführung von Maler Müllers "Schafschur'" musiken, eine Violinsonate und eine abend..
und Nadlers "Brand im Urwald"', dramatisiert füllende Symphonie. Lustgarten ist auch als
von Barack, statt. Beide Stücke wurden durch Musikschriftsteller tätig und lehrt Musiktheorie
Einfügung alter pfälzischer Volkslieder und am Neuen Wiener Konservatorium.
Volkstänze bereichert. Die diesem Hefte beigelegten Lieder sind
den Zyklen "Des Abends", beziehungsweise
e "Nachtgesichte'" entnommen.

NEU E NOT E N Etbel Smyth: Einzelstücke aus "Strandrecht"


"Die Ratte"', Solo der A.vis
Verlag Bote & Bock, Berlin Thurzas Liebeslied
Paul Graener: Streichquartett, op. 54, Partitur Ballade und Elegie des Mare
Zwei Lieder, op. 3, Abendwanderung, Heimat "War ein wildes Kind"'t Solo der Thurza
Rhapsodie, op. 53, für Klavier, Streich..
quartett und eine Altstimme Julius Zaiczek..Blankenau: "Der junge Helm..
Verlag Raabe & Plothowt Berlin brecht"', Oper in einem Vorspiel und drei
Alexander Maria Schnabel; Vier Lieder, op.3 Akten, Text von E. A. Rheinhardt. KlaTie:r..
Sonate für Violine und Klavier, op. 5 Auszug mit Text und Textbuch
Kleine Lieder, op. 6 Richard Stöhr: Von den Mädchen, op. 64,
Verlag Universal .. Edition, Wien-Leipzig 12 Charakterstücke für Klavier
Bela Bart6k: Erstes Streichquartett, op. 7, Part.
Wilhelm Grosz: Symphonische Variationen e e
fiber ein eigenes Thema, op.9 t für Klavier
VerantworWcher S,hrlftle1ter: Dr. P. A. Plak. Wien. L Karlaplatz 6. - Herausgegeben von du Unlvenoü ..
Bdition A.. G. - Dtuck von Otto MaaIY Söhne <ÜI. m. b. ~ Wien L Wa.l.l1l»d1gasac lO,

160
t
Abendläuten.
Aufführungsrecht vOl'behalten .. (ChI'. Morgenstern.)
Proits d'executz"on liserves.
Egon Lustgarten.
In erhabener Ruhe.
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N'otenbeilage zu "MusikbJättt'lr des... Anbrueh" Zweites Aprilheft 1921.
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iibernimmt aus der Oper .. Der Sc:halzgräber"
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Tanzabenden.Zusammemlellungvon Tourneen
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Der holzgeschnitzte Prinz
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Tmmpfcllri t'tnern Akt. - Texf von B, Ballizs
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U.ENr.6635 Klavierl'luszug mit deulsmem. eng~
Prei, . . . . . • . • neffo Mark 60'- lischem und ungarischem Text _ . . . . Milrk 10'-
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DieVioline und ihre Meister I

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Geheftet 36 Mk. in Halbleineneinband 48 Mk. und Teuerungszusmlag

Noth kaum

111 mehr als einem Jahre nam Erscheinen


der fünften Auflage liegt heule v.ieder eine neue Auflage. die
sechste des vor einem Halbjahrhundert zum erslen Male ausgegebenen Buches.
vor, das dank der nur beim vorigen Namdruck ausgeselzten Ergänzungen und Ver-
besserungen "om heule als das maßgebende Werk über die Violine und ihre Meister gilt.
Was der Geiger. von Beruf sowohl wie der loie. von der Entwickelung des Geigenbaues.
von der Violinkomposiflon, vom Violinspiel und den gro~en Geigenspielern aller Zeilen
wissen same und kennen möchte. damit mamf dieses nunmehr (mf 700 Seifen Umfang ange-
wamsene Werk bekannt. Von (orellt dem Stammvater des kunslgemä~en Violinspiels aus
dem 17. Jahrhundert, bis zu Adolf Busch in unsere Tage hinein dürfte in der ergänzten
sechsten Neuausgabe des Wasielewskisc:hen Buches kaum eine \ un den vielen Grö~en,
die am Geigerhimmel glanzlen und noch glänzen, fehlen, glei<h\iel ob sie ihre
Kunst italienischen. deutschen. französischen, belgismen. nieder·
ländismen oder auch slavischen Meistem
verdankten

Verlag Breitkopf &. Härte!. Leipzig - Berlin

Vor kurzem ersrnien:

Franz Schreker
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zusammen Mark 60'-. Hiezu 200 Prozent Verlegerzuschlag.
1. Band (U. E. Nr. 6293): Der ferne Klang. Das Spielwerk. Der rote Tod. Die
Gezeichneten.
2. Band (U.E.Nr.6294): Der Schalzgräber. Memnon.lrrelohe. Tanzdichtungen.
Bei dem ungemein gro~en Interesse, dem Smrekers Schaffen in der gesamten
Musikwelt begegnet, wird diese vom Dichterkomponisten revidierte Gesamt·
ausgabe seiner Dichtungen beim Publikum sicherlich slärkste Beachtung finden

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tERICH • WOLFF
darunter die bekanntesten aus den Konzert-Programmen von:
Julia Culp,. Elena Gerhardt, Therese Behr-Smnabel.
Herlha Dehmlow, An!. Sistermans, Paul Smmedes elc.
z. B.: Alle Dinge haben Sprame. - Fäden. - Glückes genug. - Es ist alles
wie ein wunderbarer Garten. - Knabe und Veildlen. - Ich bin eine Harfe. -
Der Steinklopfer.- Frism vom Storm. - Im Kahn. - Der einsame Pfeifer. -
Idl fürmt' oil Gespenster. - Fest sieht mein flammendes Gebot. - Funfllbar
sddimm' - Erhebung. - Christkindleins Wiegenlied. - Und bild' Dir nur im
Traum nimb ein. - Einen Sommer lang. - Drum sollst Du dulden. Mensch. -
Tag meines lebens. - Die Krone gerichtet. - Schlje~e mir die Augen beide. -
Selig mit blutendem Herzen. - Der Kuckuck ist ein braver Mann. - Du bist
so jung. - Die Lor' sitzt im Garten. - usw. usw.
Einzeln je Mk. 1'- bis 1'50 no. (zuzüglim Teuerungszuschlag)
(Viele aum mit englischem und französischem Texte)
(Genaues Verzeimnis mit Stimmen· Umfang ete, kosteniosI)

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:~~. .>.: -...cl __ C """
> 'oOC 8 .
v. (op<. ." " •. -... . . , lr-rt, ' .dftr,.- (Hel"} und neun
Kind~rh .. ~ r , .. _.~ t.aux:roA. .;-;;.- ....l-4.IßI. Oe ..~,;4ben .\ underhorn)

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OTIO lOHSE - )os. GUSTAV MRACZEK - etc)

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2821 op. 22 Estampes, 6 Klaviersfücke . 3'- 6460/64 ap. 81 Cing Morceaux . . ,a )'50
Impafience - Serenade du 3703 Menuett aus Mahlen 111. Sin ...
Pierrot - Discours intime - fonie • . . • . . . . . . . . • 2'-
Marquis et Marquise - A la 5658159 } Drei Wien er Tänze nach
Wafteau - Badinage 6198 Moliven von Ed. Gärtner 1/111 a 2-c-
2539 up. 33 Drei Ktavierstüc:ke . . . 3'-
Efude - Milzurka - Tübatu~re 12 KONZERT-TRANSKRIPTIONEN,
tJ. mmique 5070 Nr. 1 Dandrieu. Les nfres. . • _ 1'50
2539a Daraus einzeln Nr. 3 5071 • 2 Rameau, Mu,ette _____ 1"50
Tabatiere ä musique . . 1'50 5072 • 3 Grazioli, Adagio _ _ _ 1"50
3053 op_ 44 Passacaglia _ , _____ 2-- 5073 .. 4 Glu"', BaUel des ombres heu-
3365 up. 45 Drei Phantasiestüc:ke . . 2"- reu,e, . _ _ . __. I-SO
3366 ap. 47a Vier Studien. . . . . . 3'- 5074 .. 5 Dandrieu. Le Caquef • 1'50
5145 op. 47b Studien über ein Thema von 5075 " 6 Beethoven. Ecossaises . • . 1·50
Paganini. " . . . • 3'- 5412 .. 7
Scarlatti.l Pastorale . . . • 1'50
3377 op_ 48 Vier Präludien _ _ _ _ 2-- 5413 .. 8
Scarlatti. Gil,;lue . • • 1'50
3378 op_ 49 Zwei Mazurkas _ _ _ _ _ 2-- 5414 Dalayrac.l Romance (aus der
• -9
3702 op. 53 Polnisd1e Lyrik. I. Folge 2-- Oper »La pazza per amore<') 1'50
Herbst - Schlununerlicd - 4515 .. 10 Qluck.lGavotte(a.»Dan]uan«) 1'50
Bauerntanz - Wind 5416 ,,11 Couperin, La tendre fanchan 1'50
5710 op_ 60 PolnischE! Lvrik, 11. Folge 2-- 5417 ,,12 Rameau,Le.rappel desoiseaux 1'50
Dumka - Hymne -Im Mai -
Valsefte - Vieux. refrain
5711 op_ 61 Vier Präludien _____ 2--
Klavier zu 4 Händen
6023 op_ 66 BalladE! _ _ . _ _ _. 3-- 3504 op. 51 Fünf Walzer. . • . . . 2'-
6022 op. 72 Polnisdte Lyrik. 111. folge.
5 Klovi."IO<ke . . . _ . 2·-
Weihnachtslied - Von lieb' und
ViolonceIl u. Klavier
3798 ap. 50 Nr. 1 Melodie Slave. , . I'c:t)
Leid I - In der Dorfschenke - 3799 ap. 50 Nr. 2 Valse lente. . . , I'SO
Soldafenmamh - Tändelei
6020/21 op_ 79 Stimmungen, Hell I/li _il 2·-
6460/64 ap. 81 Cinq Morceaux . • . a 1'50 Gesang und Klavier
Serenade· Masque galanfe' Ar· 2550 op. 5 Drei Lieder (0_ J. Bierbooaj 1>ol
lequinade . Mirage-· Ecossaise Das Mädchen am Teidle sir . ~ -
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ehor. und Ormesterwerke Kammermusik


6urre-[lIeder Streichsextett Verklilrte nacht
LL E. Ur. ifl:r SoH, €:hor uml Orchester martr: u. E. n,. op. 4 m,,"
OSOO Partitur, DoppelfoIioorormat. . 100'- fIlr zwei \7iolinen, zwei Violen und zwei 'OioloncelIl
3697 faksimilepartItur, 6ro{Jquart • 30'- 3662 Partitur (kleines format) . . . . . 2'-
3696 Klavierauszug mit Text (Berg) . 15'- 3663 SHmmen. . . . . . . . . . . . 10"-
3696 Dasselbe, Büttenausgabe . . . 25'-
3695 rührer (Berg) . . . . . . • ~·50
5~75 Kleiner rührer (Berg). • . . 1·- Streichquartett nr. 1, Dmoll op. 7
Einzelausgaben für eine Singstimme und Klauier fOr zwei \7lolloen. Viola und Violoncello
5330 .So tanzen die Engel_ ..•.. 1'20 3665 Partitur (kleine, rormat) . . . . . ~'-
5331 .. nun sag' im dir zum erstenmal» • 1'20 3666 SUmmen. • • • • • . • . • . . 8·-
5332 "Du lOunderlidte Tove. • . • •. 1'20
5333 eTauben von Gurre. • • • • .• 2'50 Streichquartett nr. 2, Fis moll
Verklt'lrte nacht op. 4 op. 10
Bearbeitung fQr Sfreldtordlester fOr zwei \7lollnen, \71010 und Violoncello
606S Partitur (nur gegen Reuers) • • • 12'- 111. und IV. Satz mit Gesang nadl. Gedldl.ten VOll
Stefan 6eorge
Pelleas und melisande op. 5 ~993 Partitur (Oktav). . . . . . . . . ~·50
Sinfonische Dichtung Uir grobes Orchester %994 Stimmen. • . . . • • . • . . • 8·-
3371 Partitur (nur gegen Revers) • • • '0'- Kammersinfonie e; dur op. 9
Kammersinfonie e; dur op. 9 fllr 15 Solo-Instrumente
Bearbeitung iOr Orchester 3667 Parfitur (nur gegen Re.ers) . • • . %0·-
3667. Partitur (nur gegen Revers) . • • ~o--
6140 Themafj,dte Bnalyse (Berg) . . • -·35

Die 3akobsleiter Pierrot lunaire op. 21


Ein Oratorium nreimal sieben Gedichte nach Blbert 6fraud 1
6061 Textbudt . . . . . . • • . 1·50 533~ Partitur (tür Bufführung) . • • • . 15'-
6061 Dasselbe, Bittenausgabe . . !·so Dasielbe auf Büttenpapier . . • . 25'-
5336 StudienpartItur . • • . . . • . • ~.-

Bühnenwerke
Erwartung Klauier ZU zwei Handen
monodram %991 Drei KIavlerstQcke ap. 11. • . . . !-50
5361 OrchesferparfUur (nurgegenRetJers:) 20'- %99% KlavierstOck op. 11. Ur. 2. Konzert.
5360 Textbudt . . • • • . • . •. _'~O mllkige 3nterpr. von rerr. Busoni . I·S0
5069 Sechs kleine KIaolersttlcke op. 19 1·50
Die glllckliche Hand
Drama mit musik
5670 Ordtesterpartltur (nur gegen Revers) %0·-
musiktheorie
567% Textbudt • • • • . . . • . • • -'40 3370 Harm.nielehre(III.Butiagel.~orhil---.il

11111111111111111111111111111111 1I111111111111111111111111111l11111IßIIIIIIHIIUIIIIßlItIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII m 11111111111111111 r 11111 r..._ __

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und Orgel (Goller) ••..•. _6'-
Oro(le Messe IU F moll ..HeI~1and"
für gemischten ehq. und' Orchester
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für l"Iännerchor, und gro~es', Orchester
2898 Parlilur ••.•.......•••.... 40'-
2899 Ormesterslimmen ("am Ver- 2902 p'artilur " .. .. .. ".. .• .• .. 12'- '
einbarung) 2903 OrmeSlersfimmen (nam Ver-
2899 a Orgelstimme .. .. .. .. .... 3'- einbarung)
2900 a/d Chqrslimmen ........ " 1"80 2904 Chorsllmmen .; ........ iI -'60
2901 Klavierauszug mit Text. 101. 12'- ~905 KlaVierauszug mit Text d... 3'50
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"fJ07 Orchesterslimmen (namVer- Tex!) .. .. .. .. •. .. .. .. .. ..2'50
einbarung) 2911 Ortbesl~ftmmen(namVer­
2908 Chorslimmen "'" ,._ " II -'SO einbarung)
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: -I' .
3. Jahrgang, Nummer 9-10 1. u. 2. Mai.-Hen 1921

INHAI. T
Ernst Maller .............. Von Tanz und Eurhythmie 11
Siegmund Fisling .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .... Musikkritik
H. Möller .. ...... Amerikanische Orchesterverhtl.ltnisse
Guido M. Gatti .................. Italienische Musiker 111
(Ricclirdo Fiok-Mangi&galli)
Faul Stefan .............. Dirigenten X (Garl Schurioht)
P. S. A. .. ................... ' .. o. Musikbrie:f aus Lendon
Glossen: Antwort Ton R. St. Hoff'mann; Mahlers
Achte in Dreoden von Maz Broesik.e-Schoen; "Kritik
der- Kritik" von R. St. Hoff'mann; Zu Maz KalbecJcs
Tod von F. A. P~ak I Ausschreibung I B.sprechungen I
Notizen I Zu unsererNotenbeila.ge f Beriohtigu.ng l Neue
Noten f Neue .Baoher
Notenbeilage: "Lied eines Knaben" und "Der Tod"
von Karl Horwits
3. Jabrgang Nummer 9-10 1. u. 2. Mai-Heh 1921

MUSIKB~ÄTTER
DES ANBRUCH SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

- CM
a

CI// g f'mf'iJ1f'r re/~


~.~ ............................ ...•.• ~ ~

VON TANZ UND EURHYTHMIE


Von Dr. Ernst Müller, Wien
Schluß +
Der weite Rahmen universeller Kulturbetrachtung in Hinsicht auf die Tan.kunst
scheint wohl erst das eigentliche Wesen des mit dem Namen .Eurhythmie" b...
zeichneten Beginnes einer neuartigen Bewegungskunst richtig hervortreten .u lassen.
Dieselbe ist nicht aus isolierten Tendenzen, sondern im Zusammenhang mit um...
fassenden geistigen Erneuerungsbestrebungen entstanden, an welchen man heute nicht
mehr achtlos vorübergehen kann. Sie haben in der Persönlichkeit Rudolf Steine ..
ihren Mittelpunkt. Die zahlreichen Bücher und Schriften dieses merkwürdigen
Mannes und;die in jüngster Zeit erschienenen Darstellungen seiner bisherigen Wirk,
samkeit lassen die Grundzüge derselben in einer gewissen Entwicklung deutlich
zutagetreten. Noch in den Achtziger, und Neunzigerjahren des verflossenen Jahr'
hunderts unternahm es Steiner, in philosophischen und erkenntnistheoretischen
Schriften, die Widersprüche subjektivistisch-negativer erkenntnistheoretischer und
ethischer Einstellungen aufzeigend, auf das Positiv,Geistige im Wesen des menschlichen
Denkens und Wollens hinzuweisen, +. das nun freilich in seiner Realität erst aur
überlogischen Stufen, in bewußtem übersinnlichem Erlebnis erfaßt werde. Natur'
wissenschaftliche Disziplin und Goethesche Methode aus den äußeren in seelisch,
geistige Daseinsgebiete fortsetzend, gelangt Steiner zu einem umfassenden theo'
sophischen Weltbild und zu einer, der christlichen Mystik einerseits, der uralten Re'
inkarnationslehre anderseits entsprechenden Auffassung des menschlichen und mensch,
heitlichen Wesens, die sich auch als kosmisch'geistige Entwicklungslehre begreifen
läßt.
Aus der engen Verbindung von Erkenntnis und Erlebnis erflossen nun auch
merkwürdige künstlerische Impulse: die durch mehrere Jahre vor dem Kriege all'
jährlich in München zur Darstellung gebrachten .Mysterienspiele", der Bau einer
40 Siehe 1. AprU.. Heft 1921.
Siehe namentlich die .,Philosophie der Freiheit" (Neuausgabe 1918) und "Goethes Welt..
'io+
anschauung" (1897).

161
tempelartigen, der Pflege der neuen "Geisteswissenschaft" gewidmeten Zentralstätte
in Dornach bei Basel ("Johannesbau spä.ter "Goetheanum" genannt), wo ganz neue
ll
,

Stiltendenzen auf allen Gebieten der Raumkunst in Erscheinung traten und endlich
auch die .Eurhythmie". Aus der Anregung einer jungen Dame zuerst entsprungen
und bereits in den Münchner Aufführungen in einer Art szenischer Tanzvorgänge
zur Darbietung gebracht, wurde und wird sie nach alIen Seiten hin ausgebaut und
vervollkomm t.
Im Gegensatze zU anderen Arten von Bewegungskunst erscheint die Eurhythmie
in ihrer bisherig entwickelten Gestalt vor allem an die sprachbildenden Kräfte des
menschlichen Organismus angeschlossen. Zwei uralte Vorstellungen dürften vielleicht
geeignet sein, Tendenz und Art dieses Anschlusses näher zU bezeichnen. Zunächst
die im Laufe der Menschheitsgeschichte immer wieder auftauchende, ursprünglich
an die biblische Urgeschichte anknüpfende VorstelIung einer gemeinsamen mensch-
heitlichen Ursprache. Stellt man nun die Tatsache einer funktionell zweifelIos be-
stehenden universellen Sprachenverwandtschaft der anderen gegenüber, daß sich doch
für eine konkrete urzeitliche Einheitssprache selbst keine materielIen Anhaltspunkte
finden, so dürfte man wohl, und dies in Entsprechung zu einer geistigeren Ent-
wicklungslehre, jene mystische Einheitssprache konkret als wirkendes geistiges
Kräftesystem mehr ins Übersinnliche und Sprachbildnerische zU verlegen haben.
Die andere Vorstellung, welche in der .Kabbala" ihren reinsten Ausdruck gefunden
hat, ist die von der schöpferischen Gewalt des Lautelementes. Aus solchen Vor-
ste1Iungskreisen heraus ergibt sich, in Übereinstimmung mit einer erweiterten
Goetheschen Weise der Naturbetrachtung, ein Grundmotiv der Eurhythmie, das von
Steiner selbst gelegentlich mit folgenden Worten gekennzeichnet wurde: • W er die
Goethesche Metamorphosenanschauung lebendig durchdringt, darf wohl versuchen,
sie aus dem Gebiet der Formen in das der Bewegungen des Organismus zu über-
tragen. Nach dieser Anschauung ist ein Organ oder Organzusammenhang das Um-
wandlungsergebnis eines anderen Organs oder Organzusammenhanges. Aber auch
ein ganzer Organismus läßt sich als Metamorphose eines seiner Glieder denken." ...
• Was intuitiv erkannt werden kann als Bewegungsimpuls des Kehlkopfes und der
mit ihm zusammenwirkenden Organe, wird gesetzmäßig übertragen auf Bewegungen
des ganzen menschlichen Organismus". So soll denn der Mensch selber mit seinem
ganzen Organismus zur Darstellung bringen, was lautbildend, also noch .hinter"
der Sprache webend, aus dem Kosmos her, erst noch ihm unbewußt, an ihm
schöpferisch wirksam war.
So bilden zunächst Bewegungsformen, welche in unstarren Typen den einzelnen
Sprachelementen, vor allem den Vokalen, gesetzmäßig entsprechen wollen, die Bau-
·steine, das Material gleichsam, einer Art Bewegungssprache (etwa wie der Ton in
der Musik, die Farbe in der Malerei, der Laut selber in der Sprache). Hiezu kommen:
das rhythmische Element, das aus der Sprachform in seinen ursprünglichen Sinn
als Schrittform wieder eingesetzt wird, eine gewisse:'seelische Orientierung nach den
verschiedenen Raumesrichtungen, in gewissem Sinne den seelischen Ure1ementeri des
Denkens, Fühlens und WoUens entsprechend (wobei man an die merkwürdigen
symbolischen Gebärden in Goethes .pädagogischer Provinz" erinnert werden kann)
und manches andere. So ergibt sich denn als künstlerische Hauptform der Eurhythmie
zunä.chst die "rezitativischell , welche in der Wahl der Texte selbstverständlich daran
gebunden ist, daß diese in Rhythmus und Vokalisation noch jene .Wahrheit"

162
besitzen, welche mit dem Wesen der Dichtung überhaupt verknüpft ist und auch
gleichsam der Individualität des kleinsten Gedichtes oder Spruches so weit als
möglich entsprechen sollte. Die Programme der eurhythmischen Darbietungen,
welche in Dornach zum Beispiel für auswärtige Gäste mit großer Regelmäßigkeit
stattfinden, umfassen unter anderem Gedichte von Goethe, Hebbel, Konrad Ferdinand
Meyer, Christian Morgenstern (interessanterweise auch Stücke von komischer
Charakteristik).
Zur Einzelkunst tritt aber von vornherein das Gruppenelement als wesentlich
hinzu. Sehr merkwürdig sind Übungen, welche schon auf elementarster Stufe ein gewisse.
innerlich-soziales Moment in einfachen Wendungen (wie zum Beispiel nach den Worten:
Ich und du sind "wir") zur Ausprägung bringen wollen. In szenischen Vorführungen,
welche übrigens schon durch szenische Wiedergabe von Gedichten (wie, zum Bei-
spiel dem "Schatzgräber" Goethes) vorbereitet werden, vereinigen sich individuelles
und Gruppenmoment, zugleich mit Farben- und musikalischen Eindrücken - zu
künstlerisch komplizierten Wirkungen, die in Aufführungen von "Faust"-Szenen
(namentlich dem Beginne des zweiten Teils), von Szenen aus Steiners Mysterien-
dramen oder Chören aus Dichtungen Fercher v. Steinwands ihren Höhepunkt erreichen.
Das rein musikalische Element ist bis jetzt noch weniger gepflegt worden.
Es kam bisher vor allem ,als innerlich bewegendes Moment des Rhythmischen (im
Unterricht) sowie als "Auftakt" bei rezitativischen Darstellungen zur Geltung. Dort
soll es jetzt auch sei bständig, vermöge eines Systems von Entsprechungen der Inter-
valle mit einfachen Bewegungstypen als "Toneurhythmie" gepflegt werden.
Werden im Sinne dieser Auffassung die lautbiIdenden Kräfte als "Bilde-
kräfte" des menschlichen Organismus betrachtet, in einem mehr übersinnlichen
als physischen Sinne, so ergibt sich hieraus vor allem auch die pädagogische
Bedeutung eurhythmischer Übungen. Lassen sich ja doch in einer sinnvolleren
Auffassung des menschlichen Gesamtwesens, wonach' geistige und physische Natur
des Menschen nicht als auseinanderklaffend, sondern als in tieferen Zusammen-
hängen verbunden betrachtet werden, hygienische, ästhetische und willensbildende
Momente nicht voneinander isolieren. Gerade im rhythmischen Elemente - im
weitesten Sinne verstanden - greifen ja Inneres und Äußeres auf eine merkwürdige
Weise ineinander, empfängt aus den Tiefen des Unbewußten das Bewußte innerstes
Leben. Und wenn auch von einer direkten "moralischen" Wirkung der Eurhythmie
zu sprechen übertrieben sein mag (und wohl auch dem Wesen des Moralischen
nicht entsprechend, zumal wenn diese Wirkungen gewissermaßen auch als magisch
zwingende aufgefaßt würden), so bildet sie doch wohl ein Erziehungselement, welches
durch die Macht geadelter Gewohnheit auf die physische und seelische "Rhythllli-
sierung" des ganzen Lebens in förderndstern Sinne wirken muß. Zumal im Kindes-
aIter, wo Gewöhnung und Übung noch "Bildekräfte" des ganzen menschlichen
Lebensorganismus bedeuten. In der unter der Initiative Steiners vor eineinhalb
Jahren in Stuttgart gegründeten" Walddorfschule" findet die Eurhythmie besondere
Pflege. Und auch hier in Wien ist durch die Einrichtung entsprechender Kurse für
Erwachsene und für Kinder seit kurzem Gelegenheit hiezu geboten.
o a

163
M u s I K K R I T I K
Von Siegmund Pisling, Berlin
Keine Kunst flieht die Nähe des Begriff, so sehr wie die Musik, die ewig
Fliehende. Ihr Sein heißt Werden. Man muß schon ein listiger Schreiber sein, will
man einen Zipfel ihres Mantels erhaschen, und erhascht man ihn, so geht es einem
oft wie Rustan, der nach dem Mann vom Felsen greift. ,,'s ist nur mein Kleid#,
sagt der Mann vom Felsen. Der Kritiker hüte sich, daß die Leidenschaft, Musik
mit Worten einzufangen, ihm nicht verderblich werde. Ist einmal der Stil verdorben,
so verdirbt auch bald der ganze Mensch.
c

Mit dem unentbehrlichen Korn Salz ist für einen echten Musikkritiker alles in
irgendeiner Hinsicht interessant und lehrreich. Er übt sich in der Diagnose und
schärft durch die kritische Formulierung des Unzulänglichen seinen Blick für das
Bedeutende.
c

.Le plaisir de la critique nous öte celui d' etre vivement touche de tres belles
choses". (La Bruyere.) Man merkt, daß La Bruyere kein Musikkritiker war; denn
der Zuwachs an Empfänglichkeit für das Schöne ist bei künstlerischen Musikkritikern
enorm. Ihre Sensibilität setzt Jahresringe an. Der Kritiker beobachtet das Steigen
der Reizschwelle mit einem Gemisch von Freude und Angst. Freude, weil das
feinsternstrument für sein Fach gerade gut genug ist, Angst, weil erkennen leiden heißt.
o

Diatonik und Chromatik kommen auch in der Musikkritik vor. Der Stil des
chromatischen Musikschreibers kadenziert anders, als der des diatonischen. Hanslick
war reiner Diatoniker. Die Chromatik schafft Leittöne. Man setze für .Leitton"
den französischen Ausdruck .note sensible", um zu erfahren, wo meine Sympathien
liegen.
c

Der Mangel an deutschem Verständnis für den entwickelten Stil Schönbergs ist
~ aus unserer alten Musikkultur heraus verständlich, aber doch so traurig, daß man
trübsinnig' werden könnte. Damit, daß dieser Stil von der Kritik nicht mehr
allgemein verlacht wird, ist viel gewonnen; der Weg bis zum Ernstuehmen ist aber
noch weit.
c

Forscher, die eine Zeitlang - schlecht und recht - Kritiker gewesen sind und
in dieser Eigenschaft ihr ästhetisches Praktikum durchgemacht haben, gewinnen
einen ungeheuern Vorsprung vor ihren Genossen. Es ist etwas Schreckliches um
einen Menschen, der sich gelehrt mit Musik beschäftigt, ohne ein sinnliches
Verhältuis zu ihr - fast hätte ich gesagt mi t ihr - zu haben. Musik ist ein
schönes W<ib, das man streichelt, küßt und besitzt. Der Philologe spielt mit ihm Schach.
c

164
Die Gefahr, falsche Ideale aufzupflanzen, ist bei der Tageskritik groß. Es ist ihre
klassische Gefahr. Zum Glück fälu1 die Zeit schnell über die tönernen Götzen
hinweg und schmeißt sie in Stücke.
o

Impressionistische Kritik ist eine Methode, auf den Schmerz zu reagieren, der
feinen Rezensenten aus dem Gefühl ihrer Unfruchtbarkeit erwächst. Ich glaube,
Rober! Schumann hat gesagt, daß die schwächste Komposition noch immer mehr
wert sei, als die Kritik darüber; und wenn er es nicht gesagt hat, so gellt es doch
in uns: "Du kannst nicht Vater sein!"
o

Nichts entsetzlicher, als wenn einem Musikkritiker das "dritte Ohr" Nietzsches
fehlt. In ihm nistet aller Verdacht, dessen der geborene Kritiker irgend fähig ist.
Man könnte sonst gerade so gut einen Tauben hinsetzen.
o

Es gibt zentrale Erlebnisse des Ohres, die uns Musikkritiker umschmelzen. Wir
wandeln uns und schwingen uns zu höheren Warten auf. Mit Arnold Schönberg ist
ein neues Pathos heraufgekommen, beladen mit allen Spezereien der modernen
Seele. Hier sank ich einst in die Knie, und als ich mich erhob, war es Morgen
um mich her.
o

Was das Publikum von uns verlangt? Doch wohl dies, daß wir sehen, wenn ein
Stern im Aufsteigen ist, und wenn einer sinkt. Daß er im Zenith steht und glänzt,
sehen die Leute selber. Viele von Uns schreien Hosiannah, wenn das Phänomen
kulminiert, wo wir es doch aus der Ferne begrüßen und die Welt durch Tücher'
schwenken aufmerksam machen sollten.
o

Der Sinn für die eigentlichen Probleme fehlte Hanslick vollständig. Die Feder
des unterrichteten, geistvollen Mannes hüpfte an ihnen vorbei. So kam es, daß der
spätere Wagner bei dem einzigen Musikkritiker von Weltruf auf taube Ohren stieß.
Wagner störte die epikuräischen Lebenskreise Hanslieks in einem Maße, daß er
sich selber hätte aufgeben müssen, um Wagner zu bejahen. Es ist hart, seine
musikalische Weltanschauung um der Wahrheit willen preisgeben zu müssen.
Als ein im höheren Sinn unwissenschaftlicher, weil nicht voraussetzungsloser
Kopf, war Hanslick eines solchen Heldentums gänzlich unfähig. Seiner Bequemlichkeit,
Eitelkeit, oder wie man es sonst nennen will, verdanken wir jene ungemeine
Blamage und Einbuße an öffentlicher Achtung. Das Mißtrauen, das die Weft in
unsere Fähigkeit setzt, ein Musikneues richtig einzuschätzen, schreibt sich haupt'
sächlich von Hanslick her. Wir werden unseren diagnostischen Blick glänzend
bewähren' müssen, bevor uns die Wissenden ihr Vertrauen wieder zuwenden.
o

165
Uns schmückt ein "gefahrliches 14 Denken über Musik, an Abgründen vorbei und
über sie hinweg. Wo es die Professoren schwindelt, da liegt unsere Lust. Man pflückt
die letzten Erkenntnisse wie Edelweiß am Abgrund.

Große Zeitungen soUten überaU zwei Musikkritiker haben, einen älteren, in


sich ruhenden, für die ältere Kunst, und einen jüngeren, im Safte stehenden, für
die Moderne, weil sonst der FaU Hanslick nie ausstirbt.

Daß die musikalische Moderne von Deutschen noch vielfach für einen Krebs
gehalien wird, der mit dem Messer ausgerottet werden muß, steUt der Kritik ein
übles Zeugnis aus. Man denkt milder darüber, sobald man das eherne Gebot der
Selbsterhaltung in Berücksichtigung zieht. Es ist nicht auszudenken, was einem Musik-
kritiker aUes in Trümmer fäUt, wenn er einmal die Tragweite der Revolution voU
erkannt hat.
o

Musikkritiker unterscheiden sich voneinander auf die verschiedenste Weise.


Wichtig ist das Verhältnis des Kritikers zum Wagnersehen Espressivo. Es hat sich
überall, %umal in unseren Mozart. .Aufführungen, eingenistet und gibt Mozart einen
pappigen Geschmack nach "Bedeutsamkeit14 , der unerträglich ist.

Der Kritiker verbaue sich nicht die Landschaft der Musik mit philosophischen
Heustadeln! Der Empiriker sieht oft den Wald vor lauter Bäumen nicht, hingegen
der Abstrakte die Bäume nicht vor lauter Wald. Wenn ich zwischen beiden Übeln
wählen soU, entscheide ich mich für Nummer Eins, weil mir die ewige Guckerei
sub spetie aeternitatis gegen die Sinnlichkeit geht.

c c

166
1ei/
AlVIERIKANISCHE ORCHESTERVERHÄLTNISSE
Von Dr. Heinrich Möller, Breslau
Die Erziehung zur Musik ist eine der großep Leidenschaften des amerikanischen
Volkes geworden. Es gibt wohl in keinem Lande eine so umfangreiche Literatur
über das Thema "how to hear musk". In den Schulen und auf Hochschulen erobert
sich die Musik ein immer weiteres Feld.
Ein stärkeres Betonen dieses Willens zur Erziehung als bei Uns spürt man bis
in den täglichen Konzertbetrieb hinein. Die volkstümlichen Konzerte nehmen
einen breiten Raum ein, wobei noch zu bedenken ist, daß die Preise für gewisse
Abonnementszyklen von Orchesterkonzerten dem "kleinen Mann" in Amerika immer
noch leichter zugänglich sind, als Konzerte entsprechenden Charakters in Deutschland.
Es gibt auch viele ganz unentgeltliche, gediegene Konzerte in New-York, zum Beispiel
die des People's Institute, sodann die Museumskonzerte unter David Mannes, die
schon des Metropolitan-Kunstmuseu~s wegen, in dem sie abgehalten werden, eine
Sehenswürdigkeit sind, die Sommerkonzerte des National Symphon y Orchestra in
dem großartigen Stadion (griechischen Theater) des City College und andere Konzerte
in öffentlichen Parks.
Der Qualität nach stehen diese populären Konzerte nicht auf der Höhe der
Leistungen der größten Orchester. Was die letzteren betrifft, so steht New-York an
Fülle des Gebotenen nicht nur an der Spitze der amerikanischen Städte, sondern
übertrifft sogar die europäischen Musikmetropolen. Die Besetzung der besten
Orchester ist eine verschwenderisch volle (16 erste Geigen, 10 Kontrabässe etc.), die
Disziplin ganz auf der Höhe der deutschen Orchester. An Klangschönheit finde ich
einzelne amerikanische Orchester den besten europäischen Klangkörpern überlegen.
Da die Musiker ausreichend bezahlt sind, um sich ganz ihrer Arbeit für das Orchester
widmen zU können, entfalten diese eine sehr umfangreiche Tätigkeit. Das Symphonie-
orchester unter Walter Damrosch und Coates und das Philharmonische unter Josef
Stransky geben jedes mehr als 100 Konzerte in der Saison, die in verschiedene
Abonnementsreihen gegliedert sind, teils- nachmittags, teils abends, und t1:nter'"
nehmen außerdem noch Rundreisen. Gewisse Programme kehren ganz oder teilweise
in mehreren Abonnementsreihen wieder; einige Reihen haben einen mehr volks-
tümlichen, andere einen exklusiveren Charakter. Die meisten Konzerte finden in
der mehr als 3000 Personen fassenden Carnegie Hall statt. Das National Symphony
Orchestra, jetzt unter Leitung von Bodanzky und Mengelberg, gibt etwa 75 regel-
mäßige Abonnementskonzerte. Das Bostoner Orchester, zur Zeit unter dem Taktstock
eines Franzosen, Monteux, arbeitend, ist auch jetzt noch an Klangschönheit eines der
ersten Orchester der Welt, wenn auch nicht mehr auf der unerreichten Höhe
früherer Zeiten. Es spielt in New-York zehnmal. Ungefähr ebenso oft das jetzt
in Amerika wohl an erster Stelle stehende Orchester aus Philadelphia unter Leopold
Stokowski. Dieser war es, der zum ersten Mal in New,..York Mahlers achte Symphonie
und Schönbergs Kammersymphonie aufführte. Seine Programme zeichnen sich auch

167
sonst durch fortschrittliche Tendenz und vornehme Haltung aus. Es spielen außer...
dem noch regelmäßig: das Orchester der Metropolitanoper in populären Sonntags-
konzerten, in denen das solistische Element sich breit macht, ein russisches Orchester
unter Modest Altschüler, das sich ganz der Pflege russischer Musik widmet, die
Opernorchester der Chicagoer und Manhattan... Oper, ein kleineres Orchester untet
Max ]acobs und Orchester der später zu erwähnenden Filmtheater.
In dieser Fülle der Erscheinungen kommt auch die erzieherische Tendenz zur
Geltung. Walter Damrosch zum Beispiel gibt zwei verschiedene Reihen von Jugend-
konzerten, die eine am Sonnabend Nachmittag für die nreifere Jugend" mit meist
klassischem Programm, die andere Vormittags für Kinder mit noch leichteren
Programmen, in denen den jugendlichen Hörern die Elemente der Orchestration
durch Ordnung der Stücke nach dem Vorherrschen der einen oder anderen
Instrumentengruppe demonstriert werden. In aUen diesen Konzerten leitet der
Dirigent ·die Aufführung durch belehrende Erläuterungen ein. Seiner Neigung zu
Konzertreden gibt Herr Damrosch gelegentlich sogar in den Konzerten für Erwachsene
nach, wenn es gilt, ein neues Werk einzuführen und das Publikum auf den Genuß
vorzubereiten. Früher hatte die Symphoniegesellschaft einen besonderen "Klub"
für solche Demonstrationen am Klavier zur Vorbereitung auf die Konzerte. Auch
hier also die Neigung, erzieherisch zu wirken.
Selbst in Solistenkonzerten habe ich es oft erlebt, daß der Künstler in einer
Ansprache an das Publikum sich über das zu spielende oder zu singende Werk
verbreitete: Arthur Friedheim wurde von seinem schlauen Impresario Paul Sydow
gezwungen, seinen Zyklus von Liszt. .Konzerten durch eine nConference" vor jeder
Matinee einzuleiten und das Publikum strömte zu den Konzerten, mehr noch, um
Friedheim reden, als um ihn spielen zu hören; George Hamlin machte in seinen
Hugo Wolf-Matineen die Hörer auf einzelne Schönheiten oder auf die thematische
Struktur eines Liedes aufmerksam. Eva Gauthier pflegt die Übersetzungen der von
ihr gesungenen exotischen Lieder selbst vorzutragen und ähnliche Fälle ließen sich
sich in Hülle und Fülle anführen.
Walter Damrosch verdient in diesem Zusammenhang noch ein Wort der All'
erkennung für die oft meisterhafte Zusammenstellung seiner Programme. Ohne
doktrinär zU sein, weiß er auch hier oft schon durch die bloße Auswahl auf sein
Publikum erzieherisch einzuwirken. Das einfachste Mittel, stilistisch abgerundete
Programme zu formen, verschmäht auch er nicht: die historische Anordnung, die
Wahl na<;h Nationalitäten, Komponistenabende oder einfach die Bestreitung eines
ganzen Programmes durch ein einziges Werk von großem Umfang. Aber er ver-
steht sich auch auf die schwerere und feinere Kunst der Erzielung von Geschlossenheit
im Wechsel, der Fesselung des Publikums durch freudige Buntheit, durch Antithese
und Kontrast ber Unterordnung unter einen latenten Generalnenner. Einige Bei...
spiele mögen dies veranschaulichen und zugleich ein paar Proben des für Deutschland
etwas fremdartigen Repertoires geben, das im allgemeinen jedoch dem deutschen
Konzertspielplan viel ähnlicher sieht, als man nach diesen Beispielen glauben könnte.
Kammersymphonie von Schönberg
Poeme für Violine und Orchester von Chausson
Symphonische Variationen für Cello von Boellmann
A dur..Serenade von Brahms
Serenade für Violine, Cello, Klavier und Orgel von Saint.. Saens,

168
G moll...Symphonie von Kalinnikoff
Violinkonzert von Vogrich
Don Quijote von R. Strauß
Rondo capriccioso von Saint... Saens.
Abschieds,Symphonie von Haydn
Zwei Tondichtungen von Delius (idyllische Naturstimmungen)
Till Eulenspiegel von R. Strauß
Nach Nr. 1 und 2 Gesangssoli mit Orchesterbegleitung.
Harold von Berlioz
Poemes juives von Ernest Bloch (symphonische Dichtungen)
Freiscbütz...Quvertüre. Nach 1 und 2 Gesangsarien.

Wie man sieht, ist der Dirigent ein fortschrittlicher und nicht durch' nationali-
stische Scheuklappen beengter Musiker. Als Schlußstück wählt natürlich auch. er
mit Vorliebe leichtere, stark plastische, bewegte oder humoristische Stücke wie das
spanische Capriccio von Rimskij-Korszakoff, das die deutschen Dirigenten nicht zu
kennen scheinen, die Rhapsodie "Espana" von Chabrier, die ungarischen und
rumänischen Rhapsodien von Liszt und Enesco, "Catalonia" von Albeniz, Volks-
liederbearbeitungen von Grainger und dergleichen. Die stilistische Unart der ein-
gelegten Gesangnummern mit Klavierbegleitung ist glücklicherweise entschieden
im Abnehmen begriffen und wird nur ausnahmsweise noch den repertoirearmen
Gesangsternen der Nichts-als-Lieder-Varietät zuliebe geduldet. Zahlreich sind wie
in Deutschland die nach einem Komponisten gruppierten Folgen: die Bach-.
Beethoven-, Brahms- und leider auch Tschaikoffskij-Programme.
Auch die anfechtbare Praxis der Aufführung von Opernbruchstücken hat sich
sehr eingebürgert. Wagner-Programme sind in volkstümlichen Orchesterkonzerten
sehr im Schwange. Auch hier muß man es den New-Yorker Dirigenten als Ver-
dienst anrechnen, daß sie sich wenigstens bemühen, in der Anordnung und Auswahl
der Nummern Geschmack und Willen zur Erziehung des Geschmacks zu bekunden.
Man hört schon lange nicht mehr den "Einzug auf Wartburg" oder "Sieg&ieds
Rheinfahrt" und hat drüben wohl nie den "Kaiserschmarren" gehört, wohl aber
einige der feinsten Perlen, die bisher selten für den Konzertsaal gewonnen wurden
und dort ihre ganze Schönheit offenbaren, wie die" Traurige Weise" und Brangänes
Weckruf aus" Tristan und Isolde". Auch kam die Oper-im-Konzertsaal-Praxis hie
und da wenigstens Werken zugute. die man auf der Bühne nie oder selten sah:
Dukas' "Peri", Schmitts "Salome" und "Pupazzi", Ravels "Ma Mere rÜye", Francks
"Psychei" Strawinskijs "Feuervoge1", Mussorgskijs l1Kawantschina".
Eines der wichtigsten Mittel der Erziehung zum verständnisvollen Hören der
Musik sind die Programmbücher der amerileanischen Konzerte. Es gibt .kaum
ein Orchester oder eine Chorgesellschaft in den Vereinigten Staaten, die nicht ihren
Besuchern gut redigierte und vornehm ausgestattete Programmhefte mit vortreff-
lichen Analysen und Erklärungen der gespielten Hauptwerke bietet, wie sie ja auch
in europäischen Ländern bei allen auf guten Ruf haltenden Organisationen üblich
sind und deren Abfassung den besten Federn anvertraut wird. Der einzige Unter-
schied ist der, daß in Amerika auch in Zeiten der Papierknappheit diese Programm-
hefte unentgeltlich jedem Besucher eingehändigt, auf ane Sitze gelegt, oder den
Abonnenten einige Tage vor dem Konzert zugesandt werden. Die Programmhefte
der Opern enthalten in der Regel Inhaltsangaben und eine Geschichte des Werkes,

169
die der Konzerte genaue Analysen mit oder ohne Notenbeispie1e, geschichtliche
Einführungen, biographische Daten etc. Kein Wunder, daß der durchschnittliche
amerikanische Konzerthabitue das begriffliche und historische Handwerkzeug und
die formale Schulung zum verständnisvollen Verfolgen eines Tonstückes heute
sicherlich in demselben Grade besitzt, wie der deutsche Konzertbesucher .
Wahre Muster kurzer musikalischer Hermeneutik enthalten die Programmhefte
der New,Yorker Symphoniegesellschaft, früher von Daniel Gregory Mason, jetzt
von Otto Kinkeldey verfaßt, die des National Symphony Orchestra aus der Feder
des geistvollen Lawrence Gilman, die des Bostoner Symphonie,Orchester von Philip
HaIe; von Chorgesellschaften vor allem die an musikgeschichtlichen Belehrungen
reichen Programmbücher der Musical Art Society unter Frank Damrosch und der
Schola cantorum unter Kurt Schincller, in denen auch der Musikhistoriker Anregung
und wertvolles Material finden kann. Außerhalb New-Yorks zeichnen sich die
Programme der Orchester in Minneapolis (Oberhoffer), Detroit (Gabrilowitsch),
Cincinnati (Ysaye), San Francisco (Herz), Los Angeles durch gediegene Analysen
aus, wie ja im ferneren Westen solche Eioführungen für das noch weniger musikalisch
geschulte Publikum auch notwendiger sind.
Selbst die Filmtheater, Moving Picture', das heißt Wandelbildertheater, kurzweg
"Movie" genannt, zum Teil luxuriöse Riesenpaläste mit einer Fassungskraft von
2000 bis 6000 Personen, die für die Verbreitung guter Musik mehr tun, als alle
populären Konzerte, legen Wert auf gut ausgestattete Programmhefte mit Analysen
der gespielten Musikstücke. Die drei großen Theater am Broadway in New-York,
die jetzt unter der Leitung des Wiener Musikers Dr. Hugo Riesenfeld stehen,
"Rialto/, "Rivoli" und "Criterion", sowie "Strand" und das a-eueste Unternehmen
dieser Art, "Capitol", geben, wie alle größeren "Movies" in Amerika nicht aus ..
schließlich Wandelbilder, sondern ein buntes Programm. Es setzt sich zusammen
aus Liebtspielen versebiedenen Charakters, kIeioen Balletts, - in den Riesenfeldsehen
Theatern gewöhnlich von Adolf Bolm vom Diagileffseben Ballett, jetzt an der
Metropolitanoper, arrangiert - musikalischen Solovorträgen von Sängern und
Instrumentalisten, meist vortrefflichen Künstlern, die nur für die großen Bühnen
und Konzerte noch nicht ganz flügge sind, endlich als Einleitung, Mitte oder Schluß
größeren Orchesternummern und Orgelvorträgen. Als Beispiele führe ich aus den
letzten Jahren nach dem Gedächtnis an: Ouvertüren zu Wagnerschen Opern, zu
"Freischütz", Rossinis tt Tell", "Carnaval romain" von Berlioz, "Zauberlehrling"
von Dukas, Teile von Opern vonVerdi, Zandonai, Puccini und andere. Ich
erwähnte diese auf der Grenzscheide von Kunst und Brettel stehenden, aber für die
Volksbildung so wiebtigen und nach künstlerischen Gesichtspunkten geleiteten
Institute als eine amerikanische Besonderheit, die sicherlich in Deutschland
Nachahmung finden wird. Sie wirkt zweifellos weniger geschmacksverderberisch als
das Kino schlechtweg,::zieht im Gegenteil Elemente des Publikum s, die sonst guter
Kunst aus dem Wege gehen, io deren Bann.
Doeb ieb komme zur nHöhenkunst" zurück. Eioe Übersicht des amerikanischen
Musiklebens zu geben liegt niebt in der Absicht dieser wenigen Streiflichter. Aus
der Fülle des Beachtenswerten greife ich nur noch ein Konzertinstitut heraus, das
auf Sympathie in Deutschland rechnen kann, umsomehr, als ein ehemaliger Deutscher
und Schüler Mahlers an seiner Spitze steht: die "Schob cantorum ll
Über ihre

stets interessanten Konzerte ließe sich ein besonderes Kapitel schreiben. Kurt

170
5 chi n dIe r hat es verstanden, die Konzerte dieses großen gemischten Chores zu
Höhepunkten des New,Yorker Musiklebens zu gestalten, nicht nur durch die
Qualität der Leistungen, die nUr von der Musical Art Society unter Frank Damroscb,
dem besten amerikanischen a cappeIla.. Chor, vielleicht etwas übertroffen werden, als
durch die eigenartigen und wohl einzig dastehenden Programme. Auf eine bestimmte
Richtung hat der Leiter sich nicht festgelegt. Klassische Werke wie die Messen und
Oratorien Bachs und Händels gehören;mehr zur Domäne der Oratoriengesellschaft
(früher unter Leitung von Louis Kömmenich), doch finden größere Chorwerke wie
Mozarts "Requiem", Palestrinas Mareellus-Messe auch in der Schola cantorum würdige
Interpretationen. Wichtige neuere Chor' und Bühnenwerke fanden aber erst durch
Schindler ihren Weg nach Amerika. Liszts "Heilige Elisabeth" wurde zehn Jahre,
bevor die Metro politanoper sich zu ihrer Musteraufführung des herrlichen Werkes
unter Bodanzky aufraffte, von der "Schola" in Konzertform vorgeführt. Ebenso
nahm Schindler sich auch des an unvergänglichen musikalischen Schönheiten reichen,
aber infolge dramatischer Schwächen später nur zwei Jahre hindurch an der Oper
gegebenen "Fürst Igor von Borodin an: eine Tat, die ich deutschen Chor ... und
ll

Orchesterleitern nicht angelegentlich genug zur Nacheiferung empfehlen kann.


Kleinere a cappella,Chöre aus der Blüte des Kontrapunktes und der Renaissance, wie
die Madrigale eines Arcadelt, Marenzio, Palestrina, Byrd, Greaves und ein Bravour...
stück wie die "Schlacht von Marignano· des Jannequin, sind bei Schindler ebenfalls
gut aufgehoben. Daneben kommen auch lebende Autoren, wie Rachmanninoff
(Kantate "Frühlingsstimmen"), Deerns Taylor, Reger und Grainger mit Volkslieder'
bearbeitungen zu Wort. Doch sein Eigenstes gibt Schindler in der Pflege des inter'
nationalen Volksliedes. Über die "Aufmachungen", die er dabei für die konzert'
mäßige und mehrstimmig,chorische Wiedergabe für nötig hält, insbesondere seine
Harmonisierungen, läßt sich gelegentlich streiten. Aber nach dem Grundsatz, daß
der Zweck die Mittel heiligt, findet man .sich gern mit fragwürdigen Willlcürlich'
keiten ab, wenn dadurch herrliche Schätze der Volksmusik, die sonst kaum dem
Historiker bekannt sind, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Während
der letzten Jahre hörte man unter anderem deutsche, west..., ost... und südslawische
Volkslieder, finnische Studentenchöre, keltische Volkslieder aus Wales, Irland,
Schottland und der Bretagne, Volksweisen der Indianer, Neger und Kreolen in
Amerika, spanische und katalonische Lieder, Balladen und Chöre geistlichen und
weltlichen Charakters, die Schindler teilweise dem Repertoire des "Orfeo cata!a" in
Barcelona entnahm, aber selbständig bearbeitete und die eine bis dahin unbekannte,
an ungeahnten Schönheiten reiche Welt erschlossen.

o 0

171
ITALIENISCHE MUSIKER
III
Riccardo Pick,lVIangiagalIi
Von Guido M. Gatti, Turin
Bei Untersuchung des Wesens von Inhalt und Form in Riccardo Pick,
Mangiagallis Werken wird eine Kritik, welche den langen Aufenthalt des Komponisten
in Wien und den Einfluß der künstlerischen und sozialen Struktur dieser Stadt
auf seine persönliche Entwicklung nicht in Betracht zieht, schwerlich das Ich des
Künstlers darstellen können. Überdies brauchen wir Italiener keinerlei patriotische
Bedenken zu haben, des Komponisten wienerische Bildung anzuerkennen, wenn
wir gleichzeitig die charakteristischen Züge wahrnehmen, welche aus Riccardo Pick. .
Mangiagalli im Grunde seines Herzens einen echten Italiener machen, nicht nur einen
naturalisierten, da er ja vor zirka 39 Jahren in Böhmen geboren wurde.
Unser Komponist war in der österreichischen Hauptstadt durch frühzeitige
Assimilation von musikalischen Formen und Stilen beeinflußt, welche von den
bedeutendsten Sternen am Wiener Kunsthimmel, damals, als Brahms allmächtig war,
gepflegt wurden; aber in stärkerem Maße dadurch, daß er das wesentliche und
charakteristische absorbierte, was ich wienerisch nennen möchte. Es ist so deutlich
und gibt Wien eine ursprüngliche, unerhört südliche Physiognomie - oder gab sie ihm
wenigstens in der Vorkriegszeit, so daß es beinahe zu einer latinischen Oase wurde,
inmitten des deutschen und ungarischen Kulturlebens, das an seinen Toren brandete.
Sobald sich Riccardo Pick,Mangiagalli völlig vom Einfluß der großen Meister befreit
hatte (wir nehmen deren Spuren nur in derViolinsonate und, ganz wenig, auch im Streich,
quartett wahr), hat er auch den wienerischen Zug, der unverkennbar tief eingewurzelt
war, gemeistert. Mangiagallis früheste Klavierkompositionen (1904-1910) ein'
schließlich der Lieder über Texte von Verlaine dürfen nicht übersehen werden. Nicht
nUr um ihrer selbst willen, sondern auch als Vorbereitung für die späteren Werke.
Sicherlich sind ihre bemerkenswertesten Eigenschaften Eleganz der Linien und
Zartheit der Harmonie. Beides nicht sehr mannigfaltig, aber sehr wohl dazu geeignet,
das Bild, das der Dichter wünscht, auszudrücken.
Schon von den ersten Noten des Komponisten an befinden wir uns im König...
reiche der Maskenfeste, der fröhlich sentimentalen Typen ~der italienischen Commedia
delI' arte. Große und kleine vielgeliebte Namen erscheinen hier in lebhaft gefärbter
Imagination, komische und schmachtende Personen, mit manirierten oder steifen
Gesten in grotesken oder sentimentalen Stellungen.
Die Helden von Mangiagallis Werken besitzen keine komplizierten Seelen und
wünschen nicht, sich zum Zentrum des Universums zu machen. Sie heißen einfach:
Colombine Rosaura, Pierrot, Harlekin, Florinde und sind nichts als Masken. Wie
bereits gesagt, sind nicht alle Teile der Klavierstücke von gleicher Stilreinheit. Es
sind einige darunter, welche nachlässig komponiert scheinen, mit mehr Rücksicht
auf die Hand des Pianisten, als auf die musikalische Logik. Aber sie enthalten
einige charakteristische Züge, wie zum Beispiel einen besonderen Bogen der
melodischen Linie. Die Tendenz zu Walzerrhythmen, welche sowohl in früheren
als auch in späteren Werken bemerkbar ist, obgleich sie häufig bis zur Unkenntlichkeit

172
verkleidet erscheint, ist ein charakteristisches Kennzeichen des wienerischen Ur..
sprunges der Kunst unseres Autors.
Im Zusammenhang mit diesen Klavierkompositionen muß das Streichquartett
betrachtet werden, das 1909 entstanden, in die Jugendperiode des Künstlers fällt.
Obgleich es weder in Technik, noch in Erfindung ausgeprägte Individualität zeigt,
ist es doch eines der erfolgreichsten Werke von Pick-Mangiagalli. Es ist kein
Streichquartett im klassischen Sinne, sondern drei Bilder, welche durch einen
dünnen psychologischen Faden zusammenhängen und denen eine gewisse vor-
über gleitende, abseits liegende Atmosphäre gemeinsam ist. Gerade in dieser Atmo-
sphäre, geschaffen durch den Dialog der vier Instrumente, besteht der Wert des
Werkes. Es zeigt in wunderbaren Klangeffekten, in dem Ineinanderfließen der
Stimmen - einige Unisonogänge ausgenommen - die träumerische S,eeIe eines
Dichters, der sich dem Zauber einer Mondnacht hingibt, eines Musikers, der das
Murmeln des Wassers, das Rauschen der Bäume und die schwermütige süße Sehn-
sucht seines Wesens in Töne umsetzt. Dieses Quartett war der erste Schritt zur
Realisation jener Klangfülle, welche der Komponist erst im vollen Orchester finden
sollte, nachdem er sie noch einmal vorher am Klavier gesucht hatte. Wir dürfen
nicht vergessen, daß Mangiagalli ein ausgezeichneter Pianist ist und daß er für sein
Instrument die größte Vorliebe hegt. Die Klavierkompositionen, welche unmittelbar
vorher und zugleich mit den bedeutendsten symphonischen Werken entstanden
sind, bieten den Beweis dafür. Besonders op.33 "Lunaires", von welchem das erste
Stück "Colloquio al chiaro di luna" bestrebt ist, die Klangfülle des Instrumentes
zu erweitern, während das zweite in bezug auf Inhalt und Technik wie ein Echo
des Orchesterstückes "Rondo fantastito" wirkt.
1911 wurde .Salice d'oro" geschrieben, vom Autor eine Musikfabel benannt,
Dieser Titel bezieht sich natürlich auf den Gegenstand und ist daher für uns bei
der Beurteilung des Werkes nutzlos, Wir können immerhin vermuten, daß der
Komponist die Form einer mimischen Tanzhandlung schaffen wollte, um den An-
forderungen der modernen Bühne zu entsprechen, die den Platz der komplizierten
altmodischen Tänze des vorigen Jahrhunderts einnehmen sollte. Selbst wenn dies
nicht seine Intention war, würde uns eine Aufführung in unserer Vermutung
bestärken. Es ist bezeichnend, daß das Werk bald nach dem Auftreten des russischen
Balletts im Chatelet 1909/10 geschrieben wurde, Die Handlung bewegt sich auf
einem transparenten und spinnweb .. dünnen Hintergrund und hat mehrere Szenen
voll von Phantasie, Lyrik und Gefühl. Hier erweist sich der Komponist als Meister
der Instrumentation und scharfer rhythmischer Charakterisierung, Den Spuren von
"Salice d'oro" folgt .Carillon magie,," und bedeutet unzweifelhaft einen bemerkens-
werten Fortschritt, wenn auch nicht vom musikalischen Standpunkt aus <es hat
viel mit dem ersten Ballett gemeinsam), so doch in bezug auf die Szene und
Instrumentation. Die Personen sind dieselben, die wir in den Klavierkompositionen
bereits getroffen haben: Colombine, Pierrot, Harlekin. Überdies spielt das Glocken-
spiel die Rolle des deus ex machina. Handlung, Gebärden und Szenen, feinste
Schöpfungen des Malers Brunelleschi, sind überaus klar. Ebenso zeigt die Musik
klare Linien, deutliche Rhythmen, ist melodiös und solid gebaut, mit verschwen-
derischen Instrumentaleffekten. Der Komponist hat jede Person so nachgezeichnet,
daß sie uns unvergeßlich wird: Pierrot honigsüß, sentimental, Colombine spielerisch,
schalkhaft, Harlekin munter und phantastisch. Jedes Detail hilft das Bild vervoll-

173
" .:,.;;\
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ständigen. Ein feiner Beigeschmack von Karikatur und groteskem Sinn verleiht
der Szene einen wunderbaren Duft. Wollte man die erfolgreichen Stellen der Partitur
aufzählen, müßte man sie vollständig zitieren; denn jede Seite ist interessant und
trägt das Zeichen einer reichen Phantasie. Noch mehr würde es irreführen, Beispiele
aus dem Klavierauszug zu bringen, da der musikalische Ausdruck der ständigen
Mitwirkung des Orchesters bedarf, das sein wesentlichster Bestandteil ist. Sowohl
durch das Studium der Partituren von Wagner, Strauß und den modernen franzö-
sischen Komponisten als auch (und zwar zum größten Teil) infolge seiner Veranlagung
erreichte Pick-Mangiagalli eine l'rleisterschaft in der Anwendung orchestraler MitteL
die ihn dazu trieb, sich in der rein symphonischen Form auszudrücken. Hier
haben wir drei Werke: .Notturno e rondo fantastico", ein symphonisches Gedicht.
.Sortilegi" und die zwei Preludes, op. 42. Deren erstes wurde vor dem Ballett
.Carillon magico" geschrieben und ist ein sehr effektvolles Werk, das vom Publikum
seines grotesken und unwirklichen Beigeschmackes wegen, in welchem Ausdruck
der Komponist eine erstaunliche Vollkommenheit erreicht hat, bewundert wird.
Toscanini, der ein Freund und großer Bewunderer von Pick-Mangiagalli ist,
brachte eine vortreffliche Aufführung dieses Werkes. Die Partitur nimmt ihr,,:
Platz neben dem .Apprenti soreier" von Dukas oder dem .Feux d'artifice" Von
Strawinsky oder irgend einem Werk von Grieg ein, wegen der Geschicklichkeit,
mit welcher gewisse Effekte von beinahe brutalem Helldunkel hervorgebracht
werden.
Wir müssen anderseits unsere geringe Vorliebe für die zwei anderen sym-
phonischen Werke gestehen, welchen der Komponist eine Bedeutung beilegt, die
kaum berechtigt ist. Die musikalische Substanz im .Sortilegi" ist etwas abge-
braucht und instrumentale Effekte sind so häufig wiederholt, daß sie einen
deutlichen Mangel an Proportion zwischen dem, was der Komponist sagen will und
der Sprache, die er dazu benützt, herbeiführen. Dieser Defekt ist ebenso - viel-
leicht sogar noch mehr - in den zwei Präludien empfindlich und speziell im
zweiten "Marosi", welches "la mer immense, tumuItueux, et verte . .. r eau informe et
multiforme ... ", .das ungeheure, geräuschvolle und grüne Meer... das gestaltlose
und vielgestaltige Wasser" (nach Baudelaire), beschreiben soll. Tatsache ist, daß
wir uns hier wirklich außerhalb der Welt des Komponisten befinden, welcher in
dem Wunsche, das große Panorama al fresco zu malen, nUr erreichte, daß die Farben
auf seiner Palette an Glanz und Frische verloren und daß seine Linien unsicher
und unbestimmt wurden. Der weite und mächtige Atem der See ist nicht darin,
trotz der vielen - zu vielen - onomatopoetischen Klänge, der jetzt schon stereotypen
Effekte und dem Wunsche, um jeden Preis originell zu sein. Er ist nicht darin,
weil der Komponist ihn nicht in sich selbst gefühlt hat, sondern nur die akustische
Sensation des Meeres hatte; diese aber kann keineswegs von dem relativ eng
begrenzten Orchester klang in einer Weise gemalt werden, die seiner natürlichen
Größe adäquat ist. Es ist unnötig, hinzufügen, daß, wenn auch die Partitur unserer
Meinung nach die oben erwähnten Fehler aufweist, wir gleichzeitig nicht vergessen
dürfen, den guten Geschmack und die Eleganz der Komposition festzustellen -
Merkmale, die niemals in Pick-Mangiagallis Werken fehlen; wir müssen auch die
glückliche und originelle Verwendung des Klavieres als Orchesterinstrument in
.Sortilegi" und .Marosi" erwähnen. Im ersteren besonders ist es von größter
Wichtigkeit, ohne jedoch die Hauptrolle zu spielen, indem es einerseits dem Ganzen

174
seinen charakteristischen Klang einfügt, anderseits jedoch über all~ anderen Instru-
mente herrscht, was höchst originelle Resultate hervorbringt.
Das Orchester von Pick-Mangiagalli, sowohl das seiner rein symphonischen Werke,
als auch das, welches zum Beschreiben und Untermalen der Szenen seiner Bühnen-
entwürfe dient, hat, wie wir beobachtet haben, seinen Ursprung mehr in Richard
Strauß, als in Debussy oder dem Strawinsky der "Petruschka", obgleich es uns
vielleicht manchmal an letzteren erinnert. Trotz der Tendenz, die allen modernen
Komponisten gemeinsam ist: die Blas- und Schlaginstrumente vorherrschen zu
lassen, sowie häufigen Gebrauch von gewissen Effekten zu machen, die an das
Klavier erinnern, machen die klare polyphone Zeichnung, die Klangökonomie, die
variierende Dynamik und besonders die Vorliebe für gemischte Klangeffekte im
Gegensatz zur solistischen Verwendung der Instrumente, die Partituren von
Pick_Mangiagalli, den Werken Strauß' ebenbürtig. Natürlich wurde der
italienische Komponist von den jüngsten Bewegungen des Impressionismus
und Anti-Romantismus beeinflußt, deren Resultat es war, die symphonische
Komposition zu vereinfachen und klarer zu machen, indem die Linien kraftvoller
und schärfer wurden, die Zeichnung einfacher und straffer. Daher finden wir in
seinen späteren Partituren sozusagen eher die Merkmale eines Radierers,
als eines Ölmalers, nämlich: Beweglichkeit, Lebhaftigkeit, Eleganz, zugleich mit
einer Strenge der Linien, die uns an gewisse Zeichnungen von Chahine, einem
pariserischen Wiener-Armenier erinnern oder von Umberto Brunelleschi. (Das
Zusammentreffen der zwei Künstler Pick-Mangiagalli und Brunelleschi war äußerst
glücklich; es ist wirklich schwer zu sagen, ob die Musik von "Carillon" als
Kommentar zu den ausgezeichneten Szenen des Florentiner Malers geschrieben
wurde, oder ob letztere - wie es der Tatsache entspricht - von der Musik inspiriert
wurden: so völlig sind diese zwei Schöpfungen der Ausdruck derselben Vision in
zwei verschiedenen Temperamenten.) Gewisse einfache, vorherrschende Farben, das
Blau des Himmels, das smaragdfarbene Grün der Wiesen, gewisse dekorative
Arabesken, zarte Linien, welche die Figuren luftigem Gewebe nahe zu bringen
scheinen - das alles ist mit bewundernswerter Präzision in die Musik von
"Carillon magico" übersetzt.
Das Vergnügen, mit welchem wir über diese mimo-symphonische Komödie
berichtet haben und sie den anderen, jüngeren Werken des Komponisten vorzogen,
zeigt deutlich unsere Meinung. Tatsächlich scheinen seine besten Eigenschaften im
nCarillon" zu finden zu sein und dies ist auch das Feld, auf dem er, wie bereits zu
sehen war, die beste Ernte des Beifalles sammeln kann. Wenn Pick-Mangiagalli in
seiner eigenen Welt ist - und wir haben gesehen, was für eine Welt das ist - dann
hat seine Musik einen in die Augen fallenden originellen Charakter, der sie von
aller anderen unterscheidet; wir fühlen, daß der Komponist aufrichtig ist, daß er
ohne Anstrengung schafft und daß seine Einfälle in ununterbrochener Folge er-
scheinen. Die Probe dafür ist uns auch durch sein letztes, noch unaufgeführtes und
nicht veröffentlichtes Werk gegeben; "Basi e Bote", Komödie nach dem aus-
gezeichneten Libretto von Arrigo Boito, welches vor ungefähr 10 Jahren von dem
Dichter und Komponisten des "MephistopheIes" und "N ero· geschrieben und in
einer Mailänder Volkszeitschrift veröffentlicht worden war. Pick-Mangiagalli hatte
Boitos Erlaubnis, "Basi e Bote" in Musik zu setzen - ein einzig dastebender
Fall, da nach dem Tode Verdis der Dichter des "Falstaff" niemals mehr emen

175
Komponisten seine berühmten Libretti vertonen ließ; letztes Jahr wurde das Werk voll ..
endet. Hier finden wir uns abermals unter den Personen, welche dem Komponisten
so lieb sind; aber ein neues Element tritt dazu, und das ist die Stimme. Bisher
gestikulierten die Masken nur; in nBasi e Bote" singen sie wie Charaktere in
einer lyrischen Oper. Wird dieses weitere Ausdrucksmittel eine neue Bereicherung
der Charakterisierung jeder Type sein?
Wir wünschen es inständig und unsere Hoffnung wird gerechtfertigt durch die
vielen Proben von Ernst, Gewissenhaftigkeit und Talent, die unser Komponist uns
in seinen früheren Werken gegeben hat; sie räumen ihm einen Platz ein unter
den wichtigsten und individuellsten der modernen italienischen Künstler.

o 0

D I R I G E N T E N
x
earl Schuricht
(Anläßlich des Wiesbadener Mahler-Festes)
Von Paul Stefan, Wien
Längst schon war mir diese Gestalt von TOIlkünstlerfesten her, besonders aber
von so mancher Aufführung eines Werkes von Mahler, vertraut: eine überdeutsch ..
zierliche, fast schillerisch jünglinghafte Gestalt, die Gestalt - dies zweifellos - eines
Musikers und eines Führers. Als Musiker wird man geboren; Carl Schuricht kam
von der Musik, aus einem Geschlecht von Orgelbauern her. Die Vaterstadt Danzig
ist ein Wesen für sich, schwer von größter Vergangenheit, Schwelle eines slawischen
Ostens, Bollwerk, Bauwerk, erster, ewiger Traum einer Künstlerkindheit. Dieser
Künstler gelangt an die Berliner Hochschule; Franz Mendelssohn unterstützt ihn
dazu vier Jahre lang, auch als der durch böse Kindheit geschwächte Organismus
nach einem Landleben verlangt. So arbeitet Schuricht vielleicht nicht schulgemäß ,
aber bei gtiten Meistern - ihre Partituren begleite~ ihn. Praxis in Mainz, Dortmund,
Goslar, Zwickau; Operetten, Chöre (in Goslar von fünf Chören zusammen 1500 Mark
im Jahr I), zuletzt eine Empfehlung Regers, die ihm den Ruhischen Gesangverein in
Frankfurt verschafft. Erste, gründlich genützte Gelegenheit, sich einzuprägen. Er ist
dort nach einem alles umwälzenden Jahrzehnt nicht vergessen. Seit mehr als acht
Jahren in Wiesbaden. Jährlich etwa 70 Konzerte, alle volkstümlichen und wieder-
holten eingerechnet; Vorträge, die er selbst hält. Strenge Programme. Viel Neues.
Viel Fremdes. So auch Bruckner, so immer wieder Mahler.
War nicht in Amsterdam, und Schuricht saß dabei, ein Mahler-Bund begründet
worden? Ein durch Jahresfrist ein wenig schweigsamer Mahler-Bund? Konnte sich
nicht aus dem sorgsam gelockerten Boden seines Wiesbaden eine Wiesbadner Orts-
gruppe hervorgetrauen? Sie tat es. Schuricht, Guido Bayer, Carl Hagemann waren
ihre Gründer und sie beschlossen sogleich, mit einem Mahler...Fest, dem ersten in
Deutschland, ersten seit Amsterdam, hervorzutreten. Man sammelte Geld, man lud

176
die besten Solisten, zum Teil aus Holland, ein, und wartete nicht vergeblich. So
mancher ortsfremde Musiker fand den Weg ins nbesetzte Gebiet".
Es gab Vorträge (Paul Stefan, Rudolf Mengelberg, Rudolf Kastner) und einen
unvergeßlichen Liederabend der Frau Therese Schnabel-Behr, mit Arthur Schnabel
am Klavier, wobei auch das "Nocturno" von Schnabel gesungen wurde, Sonst die
Symphonien Zwei, Drei, Fünf, Sechs, Sieben und das Lied von der Erde. Kammer ...
musikwerke rheinischer Komponisten, nach dem Amsterdamer Vorbild angekündigt,
mußten leider abgesagt werden; namentlich bedauerte man die verfehlte Gelegenheit,
einiges aus dem Werk des früh abberufenen Rudi Stephan zu hören.
Das Mahler. . Programm dieses Festes aber, es war so recht das Programm für
earl Schuricht. Nicht die Erste Symphonie, die doch bloß Prolog sein konnte, nicht
die Vierte, die mancher andere schon so oft aufgeführt hat. Sondern Zweite un d
Dritte, das überirdische und das allirdische Bekenntnis Mahlers. Und dann, mit
dem Hauptakzent des ganzen Wagnisses (im Wagnis ein Wagnis für sich), die
drei publikumfremdesten, weitabhandengekommensten Werke, die Fünfte, Sechste
und Siebente Symphonie. Nicht die Achte, für die sich die Chöre nicht fanden
und die Neunte nicht, die selbst von diesem geschulten, unermüdlich proben[Tohem
Orchester (Konzertmeister: Aranyi)· zu viel weitere Arbeit :vorausgesetzt hätte.
Das Programm eines Führers, der sich zu bescheiden versteht. Das Programm
eines Bescheidenen, der zu führen weiß.
Die Zweite Symphonie, die ich fast vom Bahnhof weg hörte, schien mir noch
mehr Versuch, den Klangkörper zusammenzusetzen, mit dem vergrößerten Orchester
(Mainzer Musiker, deren Herbeiholung im großen Auto Schuricht zu gelegentlichen
Extraproben auf seine Kosten veranlaßte), mit diesem Orchester vertraut zu werden.
Die mittlere Höhe seines Könnens erklomm der Dirigent mit der Dritten Symphonie.
Er nahm schnelle Zeitmaße, wich Überspitzungen aus, tönte den Blumensatz und
das Nachtstück aufs feinste ab, verschleierte das gefürchtete Posthorn schier zauberisCh,
ließ dafür die Knaben desto kräftiger ihr Bim-Bam rufen und packte mit einem
Furtwänglerischen Ruck die Steigerungen des letzten, nicht eben ruhevoll, aber
beruhigt gespielten Satzes, mit dem er sein Niveau erreichte. Er hielt es in der
Fünften und Sechsten hoch und fest, am höchsten in den beiden raschen Sätzen der
Fünften und im Finale der Sechsten Symphonie ansteigend. Hier lag wohl der
Firnglanz des Festes, die reinste, kälteste, glühendste Sonne. Ein Mann sprach sich
aus, sprach sich zum Meister, der sich längst von der Bürgerlichkeit des musik ..
zünftigen Treibens gereinigt hatte, ein Beherrscher der Technik in Hand, Ohr und
Blick, ein reifer, freier, ehrlic\ler und liebreicher Künstler mit dem Willen des
Verkünders, hier von der Größe, von der Sendung Mahlers im Innersten getroffen.
In ersten Anfang der Vierzig, strebt er auch räumlich über die Bedingtheiten
Wiesbadens hinaus. Nicht jeder Stadt wäre solche Art zu gönnen; und vielleicht
wäre sie sogar dem Wiesbaden von heute nötig, denn Schuricht erzieht Orchester,
Sänger, Publikum. Wo immer, wird er seit diesem Mahler-Fest der ganzen
Welt gehören.
o 0

177
lVIUSIKBRIEF AUS LONDON
Das letzte Symphoniekonzert des Queen's Hall-Orchesters, das kürzlich stattfand,
hatte ein Programm, das die Veranstaltungen dieser Saison zu würdigem Abschluß
brachte. Es muß festgestellt werden, daß das Publikum überaus begeistert war und
daß dieser Enthusiasmus keineswegs dadurch beeinträchtigt wurde, daß Werke der
heimischen Produktion zur Aufführung gelangten. In der Tat könnte man sich
nicht vorstellen, daß jemandem größere Ovationen gebracht wurden, als Frau
Dr. Ethel Smyth am Schlusse ihres langen (aber sehr willkommenen) Teiles der
schönen Oper.The Wreckers" (Die Schiffbrüchig~n), der zu Unrecht den Titel
.Liebesduett" führt. Nachdem man sich dieses Stück vergegenwärtigt hatte - es
stellt die Leuchtturm-Szene des zweiten Aktes dar, die in dem leidenschaftlichen
Liebesgeständnis Marks und Thurzas gipfelt - und die Solisten Uohn Coates und
Rosina Bruckmann), in ihrer dramatischen Eindringlichkeit und glänzenden Vortrags-
kunst hörte, konnte man nur bedauern, daß es in London keine Gelegenheit gibt,
Ethel Smyths Werk vollständig in der dazugehörigen dramatischen Umgebung zu
hören. Sicherlich geht es im Musikbetrieb nicht mit rechten Dingen zu, wenn
solche Möglichkeiten ausgeschlossen sind. Die Komponistin dirigierte das Fragment
selbst mit !viel Feuer und Autorität; allerdings gestattete sie dem Orchester oft
dynamische Freiheiten, die den Sängern die Aufgabe nicht leicht machten. Aber
deren Stimmen drangen trotzdem durch und sie errangen zusammen mit der
Komponistin starken Erfolg.
Mit Granville Bantocks Hebriden-Symphonie, die unmittelbar folgte und
ebenfalls vom Komponisten geleitet wurde, waren wir auf bekannterem Boden, da
vor einigen Jahren eine Aufführung dieses Werkes durch das Londoner Symphonie-
Orchester stattfand. Das zweite Hören bestärkte den Eindruck von damals. Die
Symphonie, die diesen Titel eigentlich mit Unrecht führt, wirkt mehr in ihren
T eilen als im Ganzen; hauptsächlich in den ruhigen Partien, bei denen die Geschick. .
Iichkeit des Tondichters, feine atmosphärische und poetische Stimmungen zu malen,
so recht zutage tritt. Hingegen scheint das Werk an Stellen, wo der Komponist die
Farben stärker aufträgt und uns zum Beispiel die Schilderung eines Orkans im
Orchester gibt, das, was es an "Erregung" gewinnt, an tieferem musikalischen Gehalt
zu verlieren; gar nicht von der .Schlachtmusik" zu sprechen, bei der das Ohr durch
die beständigen Trompetenstöße arg mitgenommen wird. Aber im ganzen bleibt
der Eindruck: ein phantasievolles Werk, oft von wirklichem poetischen Empfinden
durchdrungen, lebhaft, wenn auch etwas heftig in seinen Kontrasten, doch von
fester und sicherer Meisterhand gearbeitet. Nach Schluß der Symphonie wurde
Bantock sehr gefeiert und oft gerufen.
Das übrige Programm, das Henry Wo 0 d dirigierte, brachte nur a!tbekannte
Werke: Beethovens Egmont-Ouvertüre, das Tristan-Vorspiel sowie das Schumann-
Klavierkonzert. P. S. A.

o 0

178
(i/ass ('11-

A N T w o R T Die Direktion hat vor längerer Zeit schon


in Erwägung gezogen, berufsmäßig Musik Stll"
Auf meinen offenen Brief an die Herren dierenden nicht nur den Zutritt zu den General ..
Operndirektoren erhielt ich folgende Antwort, proben, sondern auch zu größeren und wichtigen
die ich mit Zustimmung des Herrn Staatsopern.. Orchesterproben zu gestatten. Diese Erwägung
direktors Schalk veröffentliche. hat bis heute noch keine Verwirklichung
Wien, am 26. März 1921 gefunden und zwar deshalb, weil es ziemlich
Bchwierig ist, einerseits den Kreis der Berechtigten
Herrn Dr. Rudolf Stefan Hoffmann, Wien richtig aufzustellen, anderseits Garantien dafür
Sehr geehrter Herr Doktor 1 zu schaffen, daß interne Vorgänge während
Wie es leider schon manchmal geht, ist der Proben durch solche, nicht der Disziplin
mir das Februarheft des HAnbruch'4 erst jetzt des Hauses unterstehende Personen an die
zu Gesicht gekommen, sonst hätte ich längst Öffentlichkeit gelangen. Sollten Sie in der Lage
auf Ihren in so liebenswürdige Form gekleideten sein, uns irgendwelche positive Vorschläge zu
Appell an die Direktoren der Staatsoper ge.. machen, wie man den interessenten Personen
antwortet. den Besuch der Proben ermöglichen kann, ohne
Ich erkläre sogleich im vorhinein Ihre daß man auf der anderen Seite Gefahr läuft,
darin aufgestellten Aufforderungen als in jedem allen möglichen Klatschereien TUr und Tor zu
Sinn berechtigt. Schwieriger werden die Dinge öffnen, so wäre ich Ihnen sehr verbunden und
schon, sobald man sie auf ihre Durchführbar.. würde Ihnen zu diesem Zwecke vorschlagen,
keit untersucht. Hier ist nun zu sagen, daß mich zu einer vielleicht telephonisch zu verein..
Nachmittags..Vorstellungen für Schüler und barenden Stunde in der Oper zu besuchen.
Studierende bei unseren gegenwärtigen tech.. Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtung
nischen und personellen Verhältnissen fast in
das Reich der Unm6glichkeit gehören, aus Schalk
tausenderlei Gründen, die ich Ihnen sehr gerne
einmal mUndlich auseinandersetzen möchte, Das habe ich auch getan. Direktor Schalk
während sie sich zu schriftlichen Mitteilungen war sehr liebenswürdig und stellte immer seinen
kaum eignen. guten Willen der Übermacht der Widerstände
Was die Generalproben und deren Besuch gegenüber. Freilich gehörte zu gutem Willen
betrifft, so kann ich Ihnen leider nur zustimmen, auch etwas bessere Energie.
daß die Zugängigkeit dieser Proben für ganz Also: bezüglich der Zulassung der Musik..
unberufene Elemente, während Zunächst.. schüler zu Proben kamen wir annähernd ins
Interessenten außen bleiben müssen, ein rich.. Reine. Ich erlaubte mir über die Geheimhaltung
tiger Skandal ist. Wir haben zuletzt dadurch, von Probenereignissen und über die Disziplin
daß wir für jeden Besucher einer Generalprobe des Hauses zu lächeln und zu fragen, wann
eine auf Namen lautende unübertragbare Karte jemals ein Vorkommnis welcher Art immer
ausgestellt haben, geglaubt, alle Mißbräuche nicht den Weg aus dem Hause hinaus gefunden
abstellen zu können. Trotzdem haben sich hätte. Für die Auswahl und Kontrolle schlug
bei den letzten Generalproben unerhörte Fälle ich den denkbar einfachsten Weg vor. Die
ereignet. Es sind solche auf Namen lautende Professoren der Konservatorien, nicht bloß der
Karten an weiß Gott wen verkauft und weiter.. Akademie, wie ich unter Zustimmung Direktor
gegeben worden,ohne daß die Direktion irgendwie Schalks betonte, werden im Wege ihrer Di..
im Stande gewesen wäre, die Schuldtragenden rektionen eine Liste der bestqualifizierten und
festzustellen. Das richtigste wäre, die General.. reifsten Kompositions.. und Kapellmeisterschiller
proben gänzlich zu schließen und nur den an die Direktion der Oper einreichen, die Liste
30 bis 40 persönlich bekannten Vertretern der wird in jedem Semester richtigzustellen sein.
Presse den Zutritt zu gewähren. Auch diese Diese Schüler werden zu den Proben Karten
Einschränkung ist unter den gegebenen Ver.. erhalten und sich überdies mit einer Legiti..
hältnissen leider unmöglich. mation ihrer Schule auszuweisen haben. Das

179
wird also hoffentlich gehen und immerhin ein die jetzt schon erfolgreich funktionieren, um
Erfolg sein. den Schleichhandel mit Stammsitzkarten zu
Auf den Einwand des Direktors wegen der verhindern! Es ist ein Kinderspiel, das zu
mißbräuchlichen Weitergabe von an Bezugs .. organisieren. Aber hier zweifle ich ernstlich
berechtigte abgegebenen Generalproben..Karten an dem guten Willen, da vermutlich der heim..
bemerkte ich, daß mir persönlich bekannte liehe Ehrgeiz besteht, finanziell möglichst
Besucher die Karten keineswegs im Schleich.. großartig abzuschneiden.
handel, sondern durch ihre Beziehungen zu Von den politischen Parteien aber haben
den maßgebenden Faktoren (siehe Intendanzl) die Vertreter der Bauernschaft höchstens In..
ganz direkt, ohne Umweg zu bekommen pflegen. teresse für die Höhe des Defizits, die der
Würden nicht soviele Karten an Nichtberechtigte Arbeiter sind durch die sehr dankenswerten
abgegeben werden, dann gäbe es auch keinen Bemühungen der Kunststelle, die an Theater..
Weitervertrieb. Denn der Journalist und der und Konzertaufführungen der Arbeiterschaft
Musiker sind persönlich viel zu interessiert, mehr bietet, als die geistigen Arbeiter je für
als daß sie auf ihren Sitz verzichten könnten. sich zu erhoffen wagten, befriedigt. Der Mittel..
Was sich von Angestellten der Staatstheater.. stand hat auch für seine Kulturbedürfnisse
verwaltung oder entfernten Bekannten der keine Vertretung. Aber, wie ich es Herrn
Schauspieler nicbt BO gewiß behaupten läßt. Direktor Schalk zum Abschied sagte, man wird
Nur die nichtberechtigten - (ich meine sachlich, in dieser Sache nicht locker lassen! Wir können
nicht etwa durch ihre amtliche Stellung be.. absolut nicht warten, bis das berühmte dritte
rechtigten) - Bezieher von Karten ermöglichen, Theater aktiviert wird. Wir verwerfen den
was Direktor Schalk so richtig als Skandal Klassenkampf auch in der Kunst. Die trotz
bezeichnet. Herrn Vetter wertvollste Klasse der Opern..
Vollkommen resultatlos blieben meine Be.. besucher dauernd vom Opernbesuch aus..
mühungen wegen der ermäßigten klassischen schließen, ihren Kindern den Zutritt unmöglich
Vorstellungen. Nach jeder Widerlegung eines zu machen, heißt die Kunst erschlagen und
Argumentes gibt es drei andere. Was in der den künstlerischen Nachwuchs dazu. Ein
Burg geht, ist in der Oper einfach unmöglich. systematischerer Abbau dessen, was einstmals
Die großen Versatzstücke sind schuld, die als Musikstadt Wien Geltung gehabt hat, ist
Bühnenarbeiter wollen nicht, die Musiker noch kaum denkbar. Noch weniger, daß Künstler
weniger. Ich zweifle trotzdem nicht, daß es wie Schalk und Strauß, weil sie ZUfällig auch
ginge. Die Philharmoniker würden anSonntagen, Opern direktoren sind, dies tatenlos dulden!
an denen sie kein Konzert geben, schließlich R. St. Hoffm'ann
auch in der Oper gegen besondere Vergütung
mitwirken, die zahlreichen SUbstituten erst c c
recht, und an Tagen einer Matinee müßte man
ja nicht abends unbedingt eine vierstUndige
Wagner..Oper ansetzen. Aber zugegeben: zwei MAHLE R S ACHTE
Vorstellungen an einem Tage 'seien -von allen I N D R E S DEN
Theatern der Weit (inklusive Wien) nur in der
Staatsoper unmöglich. Warum, fragte ich, Der Drang zu Mahler und seiner Erkenntnis,
widmen Sie dann nicht zwanzig Abende im der die Gegenwart erfüllt und nicht bloß, wie
Jahre den 'klassischen Vorstellungen zu er.. es manche meinen, eine musikalische, sondern
mäßigten Preisen? Man hört, daß die Oper vor allem eine geistige Angelegenheit der Sym ..
derzeit dank den besonders I1besonderenu phonie ist, der Gedanke Mahlers, wie man ihn
Preisen, ohne besonderes Defizit arbeitet. Dann analog dem Beethovens oder Wagners stellen
soll sie eben eines haben! Muß, soll, darf die muß, bricht sich unhaltbar Bahn. So nennt
Oper ein Geschäft sein? Hat sie sonst keinen auch Dresden, nachzüglerisch wie immer, aber
Zweck? Wirklich nur für Milliardäre da zu voll Bemühens, Mahler..Feiern großen Stils sein
sein? Dann nehmt denen an dreizehn Tagen eigen: in der Saison zwei Aufführungen der
noch um soviel mehr ab - das geht schon in Achten, von denen die Wiederholung nicht
einem - daß ihr uns Bedürftigen davon den zuletzt durch den Erfolg der ersten Aufführung
vierzehnten Abend schenken könnt! Sind wir bedingt gewesen sein mag. Und dazu die erste,
nicht lächerlich bescheiden? Macht ein eigenes die von vornherein mit dem Bewußtsein eines
Stammsitz abonnement für diese zwanzig Außerordentlichen empfunden und vorbereitet
klassischen Abende im Jahre, mit allen Kautelen, war. Mahler rückt jetzt in stilbildende Distanz,

180
die, harte Erfahrung alles Potentiellen, zum isoliert, verstummt der Intellekt, der Erdenreste
Gesetz der Kunst gehört und Wert und Wille wägen und despotisch messen will.
erst mit dem Verlöschen aufreizender sensa.. Nur ist es nötig, diese Ausschürfung des
tioneHer Untergrunde, wie sie zumeist im architektoni3chen und deutenden Gefühls ob ..
Anfang starker Kunst anhaften, langsam aus jektiv als Wert, als Produktionsbegriff zu
Flut und Dialektik aller Trübungen des Gegen.. materialisieren. Die Symphonie. die alles,
wärtigen klarer scheidet. Ob Dresden überhaupt Oratorium, Lied und Messe in sich hat, gibt
sonst zu Mahler schon gekommen wäre? War eine Unzahl zu erraffender Probleme, die in
es ein "praktischesu Gefühl gewesen: etwa, mit einer Stadt ohne Mahler ..Tradition sich lebhaft
diesem Mahler kann man, das Beste gUlt genug fUhlbat machen. Sie sind im wesentlichen
für bürgerliche Vorsicht, etwas anfangen? Wie taktischer Natur, mit dem erzieherischen Wert
es auch sei, man durfte Hoffnungen haben. genialen Wollens, das Sinn und Fühlen steigernd
1m breit sich wölbenden Kuppelbau der alten spannt: akustisches, das in der Gliederung,
Frauenkirche brandeten die Wellen dieses in.. Schattierung, Auswägung der wechselseitig vital
brunstig mit sublimem inneren Gesicht gefaßten verzahnten Gruppen der Soli, des Orchesters
tönenden Gefühls an die Pfeiler. Und eine und des Chores liegt, das Dirigierproblem, das
Menge, die zuerst noch ungewiß in der Er.. homogenes technisches Organ zur Übertragung,
wartung ~ines materiellen amerikanisierten herrscherischen Überwindung des tief geformten
Erlebnisses der ungeheuren Proportion ge.. Stiles braucht und endlich ein geistig..analy..
kommen war, wurde von der Proportion der sierendes, das, stärker denn je bei Mahler, die
weit gespannten Geistigkeit gebannt. Die Sym.. Vel'sinnlichung der literarischen, der gedank.. '
phonie verblaßte und reichte in Umschaltung lichen Substanz in sich birgt. Man hat sie alle
aus nüchternem Konzertsaal stark in eine drei, die sich eins in dem anderen bedingen,
religiöse, oratorienhafte Sphäre. Die Kirche gab hier in Dresden unterschätzt. Durchschnittliche
eine esoterische Umhii.llung. Berechtigt oder bequeme Dirigier.. und DisponierkuniSt, die sich
nicht, Verdrängung oder Vereinseitigung des empirischer Formeln bedient, langt hier nicht
Schwerpunkts - an sich ist jede Symphonie, mehr aus. So ungewöhnlich wie ihr Inhalt, ist
die aus der Reifung und Züchtung des Begriffes auch die Forderung der Symphonie. Vielleicht
schöpft, ein religiöses Kunstwerk - das Werk zu groß, zu renaissanceartig überspitzt, um
erglühte, ein heiliges Gef'äß, in neuer meta.. nicht des Durchgangsstadiums zu bedürfen, bis
physischer Umspie1ung. Man war ergriffen und der Reproduzierende durch Unerbittlichkeit des
bezwungen und wird beschämt gefühlt haben, schöpferischen Triebes zu solcher Höherzüch..
was man versäumt hat und welches Integral tung von Nietzsche'scher Begehrlichkeit erzogen
die Kunst Mahlers für die Gegenwart bedeutet. ist. Doch muß es einer ;ungen, zu Rundungen
zumal wenn man wüßte, daß es noch einen und neuen Blicken strebend,en Generation an
Mahler gibt, der menschlich, im Problem der Mahler Antrieb, Reiz zur Überwindung werden.
Musikalität viel tiefer und befremdender noch Mahler als Anreger und Erzieher: auch das ist
schürft, als gerade in dieser Achten. Freilich, eine wesentliche Frucht dieses bestiirzend
unter allen Symphonien Mahlers ebnet diese, eruptiven Schaffens. Kurt Striegler, der die
mehr noch als die Vierte, arn meisten zu ihm den Atlasbürde auf sich nahm, ist apriori sebon
Weg; ihre Intuitionen, sonst in schweres Ringen kein Mahler..Dirigent, dem gleiche zuckende,
verstrickt, sind in Klarheit und himmlischer von Durst zur Tiefe drängende Kräfte ,gegeben
Beflüge1ung geboren und auch das Übermaß sind. Seit Mahler, der seltsam suggestive Mann,
der Mittel und des Substantiellen ist, worauf dahin ist, scheint diese Kunst fast wie verwaist
man bald nicht mehr hinzuweisen brauchen zu sein. Mit bloßer Ehrlichkeit und Sachlichkeit
wird - wenn man will, nenne man es vor.. des Musizierens ist es bei diesem Werke nie
läufig romantisch, faustisch - aus biologischem getan. Suggestiver wirkte da He i n z K n ö 11,
Gefühl und Willen, die Gattung höher zu zugleich erfolgreiches Debut des jungen Diri..
züchten, der Aufsaugung und Individualisierung genten in verantwortungsvoller Aufgabe -
von Kraft und Stoff des einzelnen zu neuem warum ließ man ihm nicht die Wiederholung
multipliziertem Sonderorganismus, entstanden. dirigieren? - der, aus dem Zentrum guten
Über der Gr5ße dieses bauenden Durchdringens, Modernismus stammend, farbig und mit
des Bekenntnisses, des Wege weisenden und stärkerer Mahlerischer Empfindung in das
Verschmelzenden, das sich zu zeitlosem Problem reichte.
Expressionismus vom Geiste Wagners und Als ein Versuch, zu starken Taten vor ..
Beethovens (vor allem des letzten Beethovens) zudringen und aus naivem Kreis heraus nicht

181
bloß um Tradition, sondern um neue Dinge Gottes Teut leider öfter zu hören bekommt,
sich zu mühen, muß man diese begrenzte und wenn sie gerade wieder Deutschtum mit Grob..
doch seltsam bewegende Mahler... Celebranz, die heit verwechseln: wer ,,]a zum Teufel" und
sich in jeder neuen Aufführung bewährt, "Nein bei Gott" schreit, hat damit seine Geltung
gefestigt und vertieft hat, bedeutsam für Dresden als deutscher Mann bekräftigt und "blödes
werten. Und vielleicht, doch ein Anstoß einer Geschwafel" ist gewiß ein niederschmetterndes
Mahler...Pflege, ein Stoß, der sich in Wellen Argument.
weiterpflanzen kann, mit schönen zentralen Auch denVerlag, die UniversaI..Edition,zu ver..
·und frischen Möglichkeiten für Dresden. Viel.. teidigen, ist nicht meines Amtes. Aber zur Auf..
leicht-doch mag es gewagt sein, zu prophezeien., klärung mancher Mißverständnisse wird es ganz
Max Broesike .. Schoen gut sein, bei dieser Gelegenheit festzustellen, daß
die Leitung der Musikblätter und deren Verlag
c c einerseits, und die der Berliner "Anbruch"..
Konzerte anderseits, wohl parallele Bestrebungen
"KRITIK DER KRITIK" verfolgen, aber nicht identisch sind. Beide
wollen, jede für sich, neue Musik fördern, neue
In München haben sie bekanntlich das
Deutschtum gepachtet. Sie sind, um das be.. Musik, die sie mit Recht oder Unrecht für wert.-
kannte Wort eines österreichischen Ministers zu voll halten. Der Wiener Verlag hat speziell die
variieren, gelernte Deutsche. Womit freilich neue fortschrittliche Produktion zu seinem
Arbeitsgebiet gemacht und es genügen Namen,
noch nicht immer bewiesen ist, daß man auch
DeutBch gelernt hat. wie ]ulius Bittner, Franz Schmidt, ]osef Marx,
Max Schillings, Max Springer, Friedr.Klose, oder
In den "Münchener Neueste Nachrichten"
vom 14. April greift P. E. in einem "Anbruch der gewiß national einwandfreie Müncbener
und Deutschtum" betitelten Aufsatz den "An.. Walter Braunfels, sowie E. N. v. Reznicek und
bruch"an.Dieserwiderstrebedem"geradenGeiste Paul Graener, um zu beweisen, daß hier jedenfalls
nicht bloß der "internationalen" Richtung ge..
der deutschen Musik" und suche "von dem
rechten Wege abzuziehen". - (Üb immer Treu dient wird. Allerdings ist man hier noch nicht
allgemein so weit, die Beurteilung eines Kunst..
und Redlichkeit!) - "Der "Anbruch" dient be..
werks lediglich von der Nationalität der Groß ..
wußt der internationalen Richtung deutsch..
sprechender Komponisten und verabscheut die eltern des Autors abhängig zu machen.
Bestrebungen, die den Deutschen mahnen, auch Freilich bat der "Anbruch" noch schlimmeres
im Kunstschaffen sein Volksbewußtsein zu zu verantworten. Nämlich den "undeutschen"
wahren." Nun ist es keineswegs meine Pflicht, Namen dieser Musikzeitschrift.
den "Anbruch" irgendwie zu verteidigen. Ich Und nur darum beschäftige ich mich mit
bin in keiner Weise von dieser Zeitung ab .. P. E., uttt das Deutschtum mancher Deutsch..
hängig, bin in jedem Belang ein freier Mann tiimler einmal recht zu beleuchten. Mit dem
und ausschließlich für das verantwort~ich, was Namen "Musikblätter des Anbruch" werde
ich selber schreibe. Aber nicht weniger als nämlich die deutsche Sprache "verhunzt". Und
jeder "made in Germany"-Deutsche bestrebt, warum? Weil es richtig heißen müsse: "des
den "rechten Weg" zu wandeln, mhlte ich Anbruchs u•
mich ver anlaßt, die Beweise des Klägers für Nun, dieser Name ist nicht von mir, ist
den "widerdeutschen Geist" des "Anbruch" vielleicht 'nicht schön, aber er ist trotzdem
genauer zu prüfen. Er findet sie in dem Inhalte vollkommen richtig. Weshalb icb hier P. E.,
der "allermeisten seiner Aufsätze" - eine der über "die elende Mißhandlung unserer
Pauschalbehauptung, die nicht weiter begründet Spracheu wettert, eine kleine Lektion in seiner
wird, darum auch nicht widerlegt zu werden Sprache erteilen muß. Diese Sprache, er
braucht - und besonders in dem Aufsatz von meint die deutsche, hat nämlich die Schrulle,
Dr. C. Rudolf Mengelberg im zweiten März.. auch Eigennamen zu kennen, die überdies
Heft. Herr P. E. wird wahrscheinlich nicht der grammatikalisch ihre Eigenart wahren. "Die
einzige sein, der mit dem Inhalt dieses Auf.. Leiden des jungen Werthers u , wie Goethe noch
satzes nicht durchaus übereinstimmt; er hätte 1774 schrieb, würde beute niemand mehr sagen.
für eine sachliche Antwort jedenfalls auch Die alte Form ist endgültig verloren gegangen.
im .,Anbruch'" Raum gefunden. Indessen be.. Darum ist es ein Unterschied, Herr P. E., ob
gnUgt er sich mit einigen Bemerkungen gegen ich von den Eigenschaften des MUller oder des
den Autor, Bemerkungen von der Art, wie Müllers spreche. Der erste ist nämlich Name
man sie von den unentwegten Bekennern des einer Person. Genau dieselbe SondersteIIung

182
gebührt ohne Zweifel auch den Namen von AUSSCHRE IBUNG
Zeitungen oder anderen als Individuen auf..
gefaßten Unternehmungen. Es ist der gleiche des im Sinne der Widmung des Beethoven..
Unterschied. Herr P. E., wenn ich von der Festkomitees im Jahre 1870 errichteten Kom ..
Adresse des Türmer oder des Türmers, von der positionspreises der Gesellschaft der Musik..
Ausgabe des Bund oder des Bundes spreche. freunde in Wien.
Ebenso: die gestrige Nummer des Tag, nicht Am 7. Mai 1922, dem Gedenktage der
des Tages, das letzte Heft des Merker, nicht ersten Aufführung von Beethovens nNeunte~
des Merkers. Sehen Sie, P. E., jetzt verstehen und des Kyrie, Credo, Agnus und Dona aus
Sie's schon besser. Sie begreifen allmählich, daß der nMissa" unter Beethovens eigener Leitung
es eben so zu heißen hat: des nAnbruch". in seiner Akademie im Kärntnerthortheater
Nicht wahr? im Jahre 1824, gelangt der oben bezeichnete
Die widerdeutsche Gesinnung desnAnbruch" Kompositionspreis der Gesellschaft der Musik.-
deckt somit ein gut deutscher Name, die echt.. freunde in Wien zur Verleihung. ,
deutsche Gesinnung des Münchener Tadlers Derselbe betrligt K 2000'- und wird für die
hingegen seine undeutsche Kritik. Womit wieder beste Komposition auf dem Gebiete der Opert
einmal bewiesen ist, daß deutsch schreien des Oratoriums, der Kantate, der Symphonie,
leichter ist, als deutsch schreiben. des Konzertes und der Sonate (für ein oder
mehrere Instrumente) nebst einschlägigen Arten
R. St. Hoffmann
verliehen.
Als Schlußtermin für die an die Direktion
c c der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien zu
richtende Einreichung der Konkurrenzwerke
hat der 16. Dezember 1921, der Geburtstag
ZU MAX KALBECKS TOD L. van Beethovens, zu gelten.
Zur Bewerbung sind alle Tonsetzer berech..
Er verschied im Alter von 72 Jahren, nach tigt, wdche entweder in Deutschösterreich ge..
einem Leben, das reich an Erfolgen, aber auch boren und zuständig sind, oder anderen Falles
reich an Unerfülltem war. Allerdings hatte er ihre künstlerische Ausbildung in Deutsch..
das Glück, Johannes Brahma zu verkünden und österreich erhalten haben.
den Triumph dieses Meisters, dessen Textdichter Jeder Konkurrent kann sich nur mit einem
er auch zeitweilig wurde, zu erleben. Sein Werlt: bewerben. Dieses ist in Partitur ohne
Brahms ..Buch wird ihm auch stets einen ehren.. Angabe des Namens, lediglich mit einem Motto'
vollen Platz in der Musikliteratur sichern. Dabei versehen und von einem mit demselben Motto
darf aber nicht übersehen werden, daß Kalbeck bezeichneten, versiegelten, Namen und Adresse
l:Jei Brahma stehen geblieben ist. Abgesehen des Komponisten enthaltenden Brief begleitet,
von seiner damals durch die kunstpolitischen einzureichen.
Verhältnisse bedingten Einstellung zu Wagner Das Preisgericht besteht aus den Herren:
und Bruckner und besonders Hugo Wolf, war Robert Fuchs, Hermann Graedener, Ferdi..
er nie Freund und Vorkämpfer der neuen nand Löwe, Dr.Josef Marx, Karl Prohaska,
Produktion und modernen Musik. So kommt Franz Schalk, Franz Schmidt, in Wien.
es, daß ihn die heutige junge Generation nur Die Direktion der Gesellschaft der
als Überlebenden einer vergangenen Epoche, Musikfreunde in Wien.
allerdings auch als ausgezeichneten Mfnschen
und Schriftsteller von reinster Gesinnung c c
kannte, den nicht nur Brahms, sondern auch
- ]ohann Strauß vertonte (Die Operette
n]abuka"). Bleibendes Verdienst Kalbecks sind BESPRECHUNGEN
seine deutschen Übersetzungen italienischer und • NOVAK: •
französischer Opernbücher und die neue, VIT. PAN, Tondichtung für Or...
freilich nicht überall anerkannte Textierung chester, op. 43. (Wien, Universal..Edition).
von Mozarts nDon Juan u. Dieses Werk des tschechischen Meisters,
Dr. P. A. Pisk ursprünglich als Tondichtung fürKlavierallefn
komponiert, wurde später orchestriert und liegt
c c nunmehr als Partitur für großes Orchester
gedruckt vor. Form, Gestalt und Fünfzahl der

183
Sätze: Prolog, Berge, Meer, Wald. Weib, ist $cott gruppieren. Sie halten frdlich mehr
unangetastet geblieben. Einzig die Hülle hat Allianz zu Frankreich und zu Debussy, und
sich gewandelt und man muß sagen, das viel.. nur das sattere, polyphonere Gewebe erinnert
farbige Kleid des modernen Orchesters steht an germanische Verwandtschaft. Sie haben eine
dem an Naturstimmungen so reichen Stück gewisse Clarte der Linie und der Ausdruck..
gut. Seine Themen und Motive, schon ehedem gebung, aber weniger von der zarten Spiri..
orchestral erfunden und erst im Verlaufe tualität des Meisters; versonnen geben sie sich
klaviermäßig behandelt und verarbeitet, fügten nur, mit Sympathie zu Malerischem, dem
sich ohne Widerstreben dem Orchestersatz ein. Schwelgen im Reiz und in der Spiegelung des
Wohl ergab sich ein Zuwachs an neuen Füll.. Augenblicks hin. Es ist die Luft Englands und
und Nebenstimmen, das Gewebe ward not.. seiner Highlands, durch französische Künste
gedrungen dichter, kompakter, allein die im geseHen. Arnold Ba x ist am meisten Klassizist
Grunde vorwiegend homophone Struktur blieb und Bildner aus Melodischem, das in ein feines
unverändert. Und damit auch der Charakter Netz und biegsame Empfindung gesponnen ist.
des Tongemäldes. Daß Novak den Klavierklang Er singt etwas schwermütig und verhalten,
auch in der neuen Fassung nicht missen wollte, aber mit Farbe und Ornamentik. Dagegen drängt
beweist die Verwendung des Pianoforte als es bei G 0 0 s sens zu revolutionärenEntladungen;
Orchesterinstrument darin. Die Prüfung der drei Nature poems, ein "Awakening", aus
Rolle, die nun dem Klavier in der Partitur dunklen Farbflecken zu schwelgerischer, sich
gegen,über der des Soloinstruments in der Aus.. beruhigender Helle tönend, ein tolles "Baccha ..
gabe für Klavier allein zugewiesen ist, gestaltet nale" von Schrekerischer Trunkenheit und
sich höchst lehrreich, wie denn überhaupt das horizontalen Kühnheiten, belauschen die Natur
vergleichende Studium des Werkes in altem mit harten, aber eigen gehörten und brünstigen
und neuem Gewande für den Musikbeflissenen, Akkordfarben. Auch Lord Berners zieht Kon ..
dem der Name Instrumentation nicht "fremd sequenzen aus Debussy, aphoristisch und
vorm Ohr klingt", von Nutzen sein wird. nonchalant, aber schärfer in den Tönungen,
So sei der "Pan", eine den Freunden des als ob man einen maßvolleren Schüler Schön..
Komponisten längst Iiebgewordene Ton.. bergs vor sich hätte.
schöpfung, als neubcarbeitetes Werk für M. Broesike .. Schoen (Dresden)
Orchester willkommen geheißen. o
Dr. Kurt Rager ALEXANDER JEMNITZ: ZWEI SONATEN
o für Violine und Klavier, op. 10. München 1920,
ARNOLD BAX: A mountain mood (MeIody Wunderhorn..Verlag. (Nr.l A moll. Nr. 2 D moll.)
and Variations), Winter Waters (Tragic Lands.. Diese beiden Sonaten wären, ihrer Kürze
cape), Nereid, Whirligig, Dream in Exile; und ihres vorwiegend heiteren und spielerischen
Eugene GOOSSENS, op.25, Nature Poems; Lord Charakters halber, eher als Sonatinen zu be..
BERNERS, Three Songs (Verlag J. u. W. Chester, zeichnen; und vielleicht unterließ es der Kom..
London). ponist nur deshalb, sie so zu nennen, weil man
Wenn man geneigt ist, den Engländer in aus dieser Benennung gewöhnlich auf leichtere
höherem und relativem Sinne als amusikal an.. Auaführbarkeit, instruktiven Zweck, ja wohl
zusprechen, wird man dies allmählich revidieren auch auf geringeren Gehalt zu schließen pflegtt
müssen. Der Gehalt seiner Musik beginnt sich was alles hier nicht zutrifft. Denn in den beiden
zu weiten und zu füllen und wächst über liebens.. Sonaten steckt viel ernsthafte und respektable
würdige Könnerschaft hinaus. Oder soUten es, künstlerische Arbeit, ja sogar zu viel: diese
wie etwa bei Shelley, Keats auch hier beim Pro .. Musik ist teilweise gar zu sehr "gearbeitet"t
duktiveren Ausnahmen, Zufälligkeiten sein, die "komponiert" (während das wahre Kunstwerk,
gerade gegen die Nationalität sprechen? Aber sei es auch noch so kompliziert, nie als etwas
hier ist viel Nationales: die Zurückhaltung, die ",Zusamm~ngesetztes", vielmehr als ein von
nicht völlige Lösung des Gefühls, die Kühle selbst Gewachsenes erscheint); sie interessiert
und das Sentiment statt Leidenschaft. Soviel mehr durch geistreiche Einzelheiten, als daß
ist sicher, die Musik des Kontinents mit sie durch ein zwingendes und bedeutendes
ihren großen Steigerungen übt magische Kräfte, Ganzes überzeugte. So fehlt es vor allem an
eine subtilere Kultur, ein feines Ohr wird ge.- innerem Gesang, an weitgespannter,langatmiger
wonnen. Das spürt man bei fortschrittlichen Melodie (ausgenommen den schönen, ernsten
jungen Talenten, die neue Werte national und ausdrucksvollen dritten Satz der D maU ..
facettieren und sich teils um Elgar, teils um Sonate); doch wird dieser Mangel durch eine

184
recht lebendige Rhythmik zum großen Teil Alexander Maria Sc h n a bel, op. 1 bis 6,
wettgemacht. Sehr zu loben ist die Kürze der Sonaten und Lieder (Verlag Raabe und Plothow,
Sätze: die Themen werden zwar in der aus .. Berlin).
giebigsten Weise verarbeitet, aber nicht breit.. In diesen, durchwegs anspruchslosen Stücken
getreten; hervorzuheben ist, daß die Reprisen hat sich der Autor (nicht zu verwechseln mit
niemals genaue Wiederholungen des Anfangs dem modernen Arthur Schnabel) die Aufgabe
sind, vielmehr der Schluß des Durchführungs... gestellt,_ leicht verständliche, gut klingende
satzes fast unmerklich mitten in den Haupt.- Musik zu veröffentlichen. Die technischen
satz hinein führt. Schade, daß die Seitensätze Schwierigkeiten für Geige (Sonate op. 5) oder
fast durchwegs zu kurz sind: hier macht sich Cello (Sonate op. 4) sind nicht bedeutend;
der schon erwähnte Mangel an langem Atem trotzdem sind die Stücke doch dankbar, da
fühlbar. Auch ist die Harmonik manchmal durch leicht ausführbare Passagen ulid Zer..
willkürlich und gezwungen und steht oft im legungen der Schein größeren technischen
Widerspruch mit der recht einfachen Melodik: Aufwandes entsteht. In den Liedern (op. 2, 3
solch ein Widerspruch kann dort statthaft, ja und 6) finden sich durchaus sangbare, rhythmisch
geboten erscheinen, wo er als Kühnheit oder als einfach gehaltene Motive, die auch harmonisch
Witz wirkt; letzteres ist zum Beispiel im Scherzo j größte Einfachheit zeigen. Der Klaviersatz ist
der ersten Sonate, einer recht anmutigen Gavotte, sehr leicht, fast durchwegs akkordisch oder
der Fall; aber auch hier ist's nicht immer figural homophon. In der dreisätzigen Klavier..
fiberzeugend genug (übrigens sei der Mittel... sonate (op. 1) überragt nur der letzte Satz mit
satz dieses Scherzos besonders erwähnt, mit seiner durchgehaltenen Sechzehntelbewegung
seinem höchst reizvollen Wechselspiel der die technische Mittelstufe.
beiden Instrumente, die einander in der Um... Im ganzen genommen sind Schnabels
kehrung imitieren; nur wäre es hier vielleicht Stücke als Unterhaltungsmusik und Studien..
besser gewesen, nachher die Reprise des Haupt.. werke zu Werten. Richard Schwarz
satzes durch eine kurze Überleitung einzu.-
fübren, anstatt sie ganz unvermittelt erfolgen e e
zu lassen). Möchte doch. der Komponist, anstatt
auf geistreiche Durchführungen und eigenwillige N o T I z E N
Harmonisierungen das Hauptgewicht_ zu legen, Otto K 1e m per e r dirigierte in einem
sich mehr der "Eigenbewegung" seiner melo ... Berliner nAnbruchu..Konzert zum ersten Male
disehen Ein:fäUe überlassen, vor allem jedes Arnold Schönbergs "Verklärte NachtU in der
b ew u ß te Streben nach Neuartigkeit vermeiden; Bearbeitung für Streichorchester und "PeUeas
dieses ist nicht weniger verderblich und lebens.. und MeIisande u•
feindlich, als das unschöpferische Übernehmen e
fertiger Kunstformen. Was aus eigenem Erleben
Das auf Pfingsten angesetzte Max Reger ...
kommt, schafft sich von seIbst, ohne, ;a mit.-
Fest in Breslau mußte wegen der durch den
unter gegen den Willen des Künstlers, die
Poleneinfall geschaffenen Lage auf unbestimmte
eigene Form und Ausdrucksweise; für den
Zeit verschoben werden. Nähere Nachrichten
wahren Schöpfer sind aber auch die her..
über Ort und Zeitpunkt des Festes werden
gebrachten Kunstmitte1 und ..formen nichts
seinerzeit bekannt gegeben.
Starres, er erlebt auch das Längstbekannt~, Alt...
gewohnte immer wieder zum erstenmal und e
erschafft es immer wieder von neuem: "Kunst Das neueste Werk Paul Graeners, eine
ist das Geheimnis der Geburt des alten WortesU VioIinsonate, wurde von Professor Havemann
(Karl Kraus). in Dresden zur Erstaufführung gebracht und
beWillig aufgenommen.
Im ganzen sind die beiden Sonaten als
Ergebnis eines ernsten künstlerischen Strebens e
zu schätzen und der Beachtung aUer, die an In Prag werden im Juni dieses]ahres Arnold
der zeitgenössischen Musik Anteil nehmen, zu Schönbergs "Gurreliederu unter Alexander von
empfehlen. Und der Komponist möge auch den Zemlinsky zur Erstaufführung gelangen.
Umstand, daß hier an seine Leistung ein e
hoher und strenger kritischer Maßstab angelegt Im Rahmen des diesjährigen Tonkünstler...
wurde, als Anerkennung und Aufmunterung festes (13. bis 20. Juni) des "Allgemeinen
nehmen. Hugo Kauder Deutschen Musikvereinesu in Niirnberg (Fest...
e dirigent Robert Heger) gelangt JosefRosenstocka

185
neuestes Werk, die eben vollendete "Ouvertüre Klavierpart und Konzertmeister Treichler die
zu einem heiteren Spiel" :zur Uraufführung. Violine spielte. Peeters, ein Freund der "An..
e bruch".. Bewegung, fand Interesse bei Publikum
und Presse.
"Die Entführung aus dem Serail" wurde e e
vom Nationaltheater Mannheim als Freilicht..
aufführung im Innenhof der Moschee des ZU UNSERER NOTENBEILAGE
Schwetzinger Schloßparkes zur Darstellung Karl Horwitz, ein gebürtiger Wiener,
gebracht. studierte an der Wiener Universität Musik,,:
e geschichte und wurde 1906 zum Doktor phi!.
Georg Kalkum, ein bekannter deutscher promoviert. 1904 bis 1908 genoß er Kompositions..
Konzertsänger, veranstaltete in Wiesbaden einen unterricht bei Arnold Schönberg (als einer der
Liederabend, bei dem ausschließlich Gesänge ersten SchUler) und war dann als Theater..
Paul Graeners zur Aufführung gelangten. Die kapellmeister tätig, zuletzt am Neuen Deutschen
reiche Auswahl von Liedern aller Stimmungs.- Theater zu Prag (1911 bis 1914). Durch den
inhalte hatten einen starken Erfolg. Krieg aus der Theaterlaufbahn herausgerissen,
e lebt er gegenwärtig in Wien der Komposition.
Von Emil Peeters, dem in Bochum als Bisher kamen von ihm Lieder und ein Streich..
"Theaterkapellmeister wirkenden Komponisten, quartett zur Aufführung. Er schrieb außerdem
einem Flamen aus Antwerpen, fanden in kurzen neben anderem eine symphonische Ouvertüre
Abständen drei Uraufführungen statt: Orchester.. und Orchesterlieder.
musik zu Tirso di Molinas "Don Gil von den e e
grünen Hosen", sehr umstritten, aber bewundert,
vor allem die sechzehnstimmige "Fuge in Grün";
BERICHTIGUNG
ferner zwei Gesänge mit Orchester von Hilde Auf Seite 146 des zweiten Aprilheftes, nach
Köster (M. Gladbach) vollendet vorgetragen. Zeile 13 von unten. fehlt ein Satz (das fünfte
Als letzte endlich eine Violinsonate in F, bei Fragment): "Musik: die Plastik des vier..
welcher KapeIImeister Schulz..Dornburg den dimensionalen Raumes u•

NEU E NOT E N J. Rode: Violinkonzert Nr. IX, op.17, C dur


neu herausgegeben von Hans Sitt
Verlag J. u. W. Chester, London F. David: Violinkonzert Nr. V, op.35, D moll
P. de Maleingrau: op.10, Opus sacrum f. Orgel neu herausgegeben von Hans Sitt
Lord Berners: Three Songs H" Vieuxtemps: Violinkonzert Nr. V, op.35.
Verlag der London and Continental Music o moll neu herausgegeben von Hans Sitt
PubIishing <;0., London R. Ernst: Polonaise, op. 17, D dur neu
Kaikhosru Sorabji: Klaviersonate Nr. 1 herausgegeben von Hans Sitt
Verlag B. Schott's Söhne, Mainz
Rudi Stephan: Sieben Lieder nach ver.. e e
schiedenen Dichtern
Up de eensame Hallig, für tiefe Stimme und
NEU E B 0 C HER
Klavier Verlag Breitkopf u. Hä.rtel, Leipzig
Zwei ernste Gesänge für Bariton und Klavier Dr. P. G. Graap: Richard Wagners drama ..
Seros Gedichte von Gerda v. Robertus tische Entwurf "Jesus von Nazareth"
Verlag Universal..Edition, Wien. . Leipzig Dreimasken ..Verlag, München
Beta Bart6k: Derj holzgeschnitzte Prinz, Zeitgenössische Komponisten, herausgegeben
Tanzspiel in einem Aufzug, Text von von H. W. v. Waltershausen:
Beta Balazs, Klavier..Auszug H. W. v. Waltershausen: Richard Strauß
Leo Blech: Sechs Liedchen für Gesang und Hermann Unger: Max Reger
Gitarre Julius Kapp: Pranz Schreker
Franz Schreker: Wiegenlied der EIs aus Hans Oppenheim: Herrmann Zilcher
der Oper ,;)er Schatzgräber", Partitur Hermann Roth: Heinrich Kaspar Schmid
Egon Wellesz: IV. Streichquartett, op. 28, Heinrich Knappe: Friedrich Klose
Stimmen e e
V_&Dtwortllcher SWriftle1ter: Dr. P. A. Piak. Wien, L Karl.plan 6. - Herausgegeben von der Universal~
Bdltion A.. G. - Druck VOll Ottet l4aaI.Y Söhne Gu. m. b. H •• Wien L Wallfisdiuu 1a.

186
• 1
Lied eInes Knaben .
(Alfred Mombert.)
Aufführungsrecht vorbehalten. Karl Horwitz, Op. 6. Nr.4.
Profts d'execuiion reservh;. Tempo I. '
In gehender Bewegung. (J" 48)
Wild . (J - 80) (mit erzwungener Rulte~ fast unwillig)
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Gesang.
Ru - hig, ru - big,
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I f Tempo n.
~ I , etwas bewegter (J;::: 69)

~ ru-higwill ich ·~ein. Wie ein Lämmlein~ufderWei-de lie-1:n. Mlhc zu- f"ß .
u- en eI-nem
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'1"___) '!" 1><1 19- ~ " I I

I.
Wild. (J" 80)

Hir- tenschmiegen. sein.

Notenbeilage zu "Musikblättel' des Anbruch" Maiheft 192i.


Copyright 1921 by Universal-Edition.
M. A.2S.
2 Tempo I .
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1'1)1'0
M. A: 28.
4
AufführlUlg'srecht vorbehalten.
Der Tod.
(Matthlas Claudius.)
IJroz"ts d'execution reserves. Karl Horwitz, Op. 6. Nr. 3.

Gesang.~
~~L~a~n~g,s~a~m~(~J~'4~2~).~S~C~hw~e~r'~~~~~P~{~~C~ka~,~,e~rn~&~~~~~~~~___
~
@ _ Ach, es ist so <lun - kel in des

KlaVier.~~I~·~~~~~~·~p~~~ij~·d#tl:~~qi'-=~~~
.. marcato
~~tj~~,.·~R.i~W
p'! '! ~~ ~ ~~'--.---"~ ~ ~ ~~r ~ ~ ~~
ausdrucksvoll steigern!

trau- ;ig, wenn er s[ch be _ wegt_ und nun

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-~.- .H.

r r-r~ ~ ~~~~
Zurückhaltend'jBreit.
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6840 - op. 9 Esquisses. . . . . • • 2'- 6017 - RomanI. Klavierkonzert E dur
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5891 - op. 14 Klaviersuife. . • •. 2'50
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6842/43 - .FürKinder". Kleine Slü<kel.An. E moll • • • . . • • . . . . 3'-
fänger (ohne Oktavenspann ung)
mit Benützung ungarländismer
6483 - op. 4 Symphonisrnes Konzert
Zwei Klaviere zu vier Händen 8'-
Kinder· u. VolksliederHefll/li 11 2'40
6872/73 - Dasselbe. Hell 1I1/IV . . . . 11 2'40 2991 SCHONBERG A.op. 11.3 Klavier·
6658 - QuafreNenies(Trauergesänge) 4'- stü<ke • . . . . . . . . . • 2"SO
5802 - Rumän. Volkstänze aus Ungarn 1'20 5069 - op. 19 Sems kleine Klavierstücke I'SO
5890 - Rumänisme Weihnachtslieder . 2'- 2992 SCHONBERG • BUSONI Konzert-
6508 - Sonalina • . • . • • . . • • 2"50 mäpige Interpretation v. ap. 11
Nr.2 . . . . . . . • . • . 1"50
6623 BRAUNFELS W. op. 31 Vor· und 6050 SPRiNGER M. op. 32Sieben kleine
Zwischenspiele für Klavier. . . 3'- Tonbilder _ . • . . . • . I'SO
3903 DEUUS F. Klavierkonzert C moll 6051 - ap. 331m Reime der Mitternachts·
Zwei Klaviere zu vier Händen S'- sonne ' .• , . , , . . , . 1'50
6052 - ap. 34 Drei Klaviersfücke. . , 1'50
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1. Smerzo. 2. Inlermezzo. • • 2'- 2796 WEIGl K. Bilder und Gesmlmlen 2"SO
5543 - op. 3 Sonate D moll . . • • • 3'-
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Efude - Mazurka - Tabaliere , 5070 Nt. J Dandrieu, Les Filres . . . • 1'50
a musique 5071 • 2 Rameau, Mu,elle . . • • . "50
2539a Daraus einzeln Nr. 3 5072 • 3 (irazioli, Adagio . . . . . 1'50
Tabatiere amusique .• 1"50 5073 • 4 Glulk, Ballet des ombres heu-
3053 op. 44 Passacaglia . . . . . • . 2'- reu,e, . . . ..•..• "50
3365 op. 45 Drei Phantasiestiic:ke . . 2"- 5074 .. 5 Dandrieu, Le Caquet . • . 1'50
3366 op. 47a Vier Studien. . . . • . . 3'- 5075 .. 6 Beefhoven, Ecomlises . • . 1·50
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3378 op. 49 Zwei Mazurkas . . . . • 2"- Oper »La pazza per amore.:) 1'50
3702 op. 53 Polnisdte lyrik, I. Folge 2'- 5415 .. 10 Glu"', Gavofle (a,»DonJuanu) 1'50
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2895 Bläserslimmen (nach Verein- 277 3 Klavierauszug vierhändig.. 3'-
barung) 2989 Taschenparlilur (16') ...... 3'-
2896 Chorslimmen .......... " 1'20
Sinfonie IX und Te Deum zusammen
2915 NEU I Bearbeitung für Chor
(vgl,lnstrumenlalwerke)
und Orgel (Goller) .. .. .... 6'-
{jro~ Messe 111 f moll
"Helgoland"
für gemischlen Chor und Orchester
für M8nnerchor und gro~es Ormes!er
2898 Parlilur .................. 40'-
2899 Orcheslerslimmen (nach Ver- 2902 Parlilur .. .. .. .. .. .. .. .. .. 12'-
einbarung) 2903 Ormesterslimmen (nam Ver,
2899 a Orgelslimme .. .. .. .. .... 3'- einbarung)
2900 a/d Chorslimmen ........ II 1'80 2904 Chorslimmen .......... <l -'60
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2907 Orch.slerslimmen (nam Ver- Text) .. .. .. .. .. .. .. .. .... 2'50
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291t7 1. Dir Scflildwame Radltlied. Pllrlllur, Hel 5"- 3ns ale Partitur, hoch, mlfler, Ifef. . • • d 12'-
3b39a/b ""lalle f!lr ßes(H!!l und K/cl\!ier, h. t. a 1'50 211t< lIib Husgabe l!ir Gesang U,Kla\ller, hom, mlllei 11 "'-
!9'" 2. V.r onne müh', Partitur, hoell . . . 5'·- Inhnlh I. nUll wllf die SOHn' so hell iluf·
3~40a/b BU.~lIabe l!ir (3esang und Klavier, H. f. tl 1'5~ ·geh'n. 2. nun 'eh' Idl WQbl; warum so
,2951 3. Trost Im Ungllick. Partitur, hoch •.. S'- dunkle flammen. 3. Wenn dein müller·
Ausgabe lin Gesang lind Klavier, h. I. d 1'50
~~l ,afb •• Wer lein, -.. Oft denk Ich, sie sInd nur aus·
haI dies (liedl.!n erdami TPart" 11. 5'-- gegangen. 5. "Sn dles2m Weller,
S61j.2 alb Ausgab!! Jür ~e$,aßII und !{[o\!lcr, h. t. a 1'50
!455 5. Das Irdische (nbcn. Parl!fur, flOGl .. 5'-
36'3 a;b Elu~IIQbe t]}r 3e~(l!lQ und Ki;;v!~r) b. I. a l'50 SI.ben lI:ieder aus lefzter Zelt
2957 ' 6. Des Sntonlll" !Ion Padua fismpndiul 3nt a 'e 1. BUcke mir nleblill die bieder. Parlifur,
Partitur, Iiel . . . . . . '. . .. , 5"-, boch, mlll~l, 1It1. ,. . . . . . . . a: 3'-
3644 a;b AUSBuhe 'ur Gesang uml Kl;:lI.'Jer. h.1. (j 1'50 '2iTI ac HUSjlOllt tilr Gesong u. Klopfer, b. m. t. a 1'!C
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364b ob Bn5"ilObi! für S<!san" und K!<il.'iu. h,l. d 1'50 h;:dl, mllt~r. lid ., ...•. " 4 2"-
29~3 O. WQ die smi5l1~n trompeteil blasen. 27iS il C 8 usgabe /Ur 3eSOllO tt. Klavier, h. m. t. /I: l'!O
PartlIur, hQdJ, . ' . ,...', 5'·- 315C a h 4. 3eh bin dir Welr abh(lPd'lI .,.
3~" 8u5gt1be litT G.sonij ur.d Klavier, h. t.
ü 'b d t '50 kommtn. Pa:f1fur, h'Jd1. mItleI •. a 3'-
!9~5 10. h"b des hQhen VerslaHlfs. Portiluf, h. Y - - ~1N oe Busgabe fli r Glesang und Kla;tlH,h.m.f.4 1'50
3648a bAusgabe h1r Gesang tHld Klolller h. f, (! 1'50 37ltOa b 5. Revelge. Partitur, hodl, "11f1e1 ." a: 6'-
3131 11, e:s sungen drei Engel (aus dfir j 11. Sln· 2782ac B:J$gabe ffir Gesan!l und Klauler,h.m.f.1I: 2'-
fonle). Partitur, hQdt (In \Iorbereltunil) 37lt4a i c 6. Der t"ambourg'ull. Partitur, h. m. f. 4 "50
3M·t aib Rusgabe fi'ir (;e;ong und I{louler, It. t, d 1'50 27830 ;' flusgahc IOr 03esilng u. Klavier, h. m. t. 11 1'80
29~1 n.
Urlhflt \81/5010 aus der JI, Sinionle.)
Partitur, lef . . • , , . , , , , , , . 5'-
3754((.'C 7, Um mitternacht. PilrUlur, h, 1lI, 1., ,11 3'-
2991 a/c ausgabe rOr ßesQllrJ u. Klavier, h, 1lI, I, 0 l'iO
U3&o/b Husgabe fijr l3esang und Klavier, h. t. d t·-
Di"eselblll rar 6,sang und KlaDler In 2 BlindlHlI Dleselb,n Uir Gesanl1 und Klavier la 1 Blind
1691 alb Band I (I - öl, hom, tief • , . , .. 11 Ij.'- kQmIlletl ;
1691 alb Rand If (1-12), hoch, tief ' , . • • . d ,.'- S056 a/~ hDch mWeI, IM • , . , , , , , ..• , 11 5'-

hieder mit· Klaofer


(Siehe oum I1I~der mf! Ordrlster)
14 bieder und Gesllnge (aus der '3ugendzeil) U, E. flr, mark
U. e,
flr. In drei Heften murk 3954-o!!J Heft 111, 110m.,. tlel . , . , • . . . . . . 4 2'5Q
1, Zu Stral.lhurll aul der Sdlailz, 2, Hb·
3952 alb Heft I, hoch, lief, . . .. , . , . . . d 1I'~ lösullg Im Sommcr, 3, Sdlelden und
t. frllhllnasllloT(ltn, 2. €rlnn~run". 3. Hans meld~n, IJ., ßlchl Wiedersehen r 5. Selbst-
und 3rele. IJ.. Serenade auo; .DQn ~Im~. gefühll
5, Phantasie aus .0011 luan.
3953o!b HeU 11, hoch, Ifer • '" . . •• 0 2'~ Elonlgel4nge aus den Sinfonien
1. Um schlimme Kluder artig zu madtcl'lo o menseb I 61b acllt I (HUsar" ans der
t. !ldr ging mll (.lUst durdl einen grünen 111, Sfnfonle) , , . • • . • • • . • • • I'~
Wald, 3. Bus I 8us! IJ.. Starke Einbildungs. WIr ,.Rlefle. dl, hlQlmlisdle.. fread'lI.
krllll, (S"opraR.5ofo aUI der IV. Simonie) •• ' r-

Bearbeitungen Bömer und Portriits


Obef(!ß. K~ßII1 der elfen. Romantlsdie Oper In 3 aufzügen u. e, nr. merk
von e. m, 11. Weber, neue 8iihnene!nrldlfun\luon 5, mahleT, 5800 6uldo Bdltr. 3fts{,w marder, • . . . . • , 1'50
szenlsdJe Btmtrkung:en \lon alfred Roller. l1eue Übertragung Krltllctu: Wllrdlgllnll des 6uomts:dtaffeni
des $esanoltx.les nadl dem engllsdten OrigInale sowie \IQr· l3uslatl ntohJus, 8tbs! ,Iner dlronologlsdlen
bemerkuoll ,u mahlen: 8earbellung von Guslav Bmiler Tabene als Hnnallil
U. E, flr, mark 811dnls, BusIlabe auf ßl!ffenkarfQn • • . S·-
5SSt texlbuch " " ' •. ,, 1'- Busgabe auf Kunildrudlpapler . . . . . ' "-
5817 KIQ\l!eraU5.Zug mit rext ' . ' , , .. , . , . 10'- mahf'r.$oaderh,H der .muslkbl, d, Bnbruch~ 6'-
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Hlezu Virlegenusdl.lao

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I N B A I.. X

Paul Emerich •. .. .. .. .... Das moderne Klavier1t;on16fji't
Kar.& Horwit. .. ...................."............ ' F~gm~R~~
Paul B,os6nreld .......................... Igor Btrawin~/J>
Paul A. Pisk.. .. .. .. .. .. .... Aut'.t'clhra:l2gennEtufjr Mao:ili;
iaader.. .. .. .. .. .. .. .. .. .... .Radi Stephfl,:I2s .L it;Jder
k.t..,i't .............. Zur InsBenierung von Wellt;JEIJJ'
"PriD.BeSsin Girnara"

des Li.brettos von Guido


Be. Hoff'man u ; Aus den
3. Jahrgang Nrunmer 11 Juni.-Bett 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER

CI//g t'mt'il1t'r
,.-_.............-._~--------...~
'ft,il
DAS MODERNE KLAVIERKONZERT
Von Paul Emerich, Wien
In der klassischen und nachklassischen Stilperiode lag der Schwerpunkt des
Klavierkonzertes gegenüber dem der anderen Klaviersolokompositionen vorzugs...
weise in den an die Virtuosität des Pianisten gestellten Ansprüchen; war doch die
allgemein übliche Kadenz ausschließlich technischen Zwecken gewidmet. Den wahren
Sinn des Konzertes kennzeichnete jedoch Händel mit seinen Worten: "Konzertieren
heißt Zusammenspielen". (Soloinstrument und Orchester.) Dies wurde selten erfaßt,
umso öfter verkannt.
Beechoven beschimpfte den (übrigens ganz tüchtigen) Pianisten J. N. Hummel
ob der vielen Schnörkel und Läuflein in seinen Konzerten; Hummel tadelte wieder
Beethoven ob seiner Unbeholfenheit, für ein "konzertierendes;4 Klavier zu komponieren.
Das lag eben in der Zeit, wo man nur an den Solisten und an de n .Effekt" dachte.
Perlen, Flitter, Glasgeklirre, Wasserstrahlen, Glockengeklingel und ähnliche Mätzchen
sollten die Virtuosität des Pianisten zeigen. Bluffen mußte er; hier mußte er zeigen,
was er kann; noch eine Kadenz darauf, ein langer Triller, daß dem Hörer der
Atem ausgeht; noch eine letzte Schleife hinterher - - - dann erst durfte sich
der krönende' Ruhequartsextakkord des Orchesters zum Abschluß in die Tonika
begeben.
Nun kam Liszt. Eiserne Des dur-Dreiklänge, dröhnende Es dur-Martellato-
Oktaven, Akkorde vom Baß bis zum Diskant mit Pathos gehämmert und äußerer
Glanz, ohne jede innerlich interessante oder wertvolle Eigenheit, kennzeichnen
seine Klavierkonzerte und die seiner Nachbarn und Nachfahren.
Das Brahms-Konzert op. 15 gebietet Halt. Wenn es auch noch nicht gar so
lange her ist, daß es in Leipzig ausgezischt wurde (oder gerade deshalb ?), wird es
schon tieferen Anforderungen gerecht und bildet einen Meilenstein auf dem Ent-
wicklungswege des Klavierkonzertes. Hier wurzelt schon das ffUnklavieristische"
und sproßt bereits reine Musik für Klavier mit Orchester, wie es Händel gefordert!
Hier schwindet der eingangs erwähnte Unterschied zwischen Klaviersolokomposition
und Klavierkonzert.

187
In dem wirklich modernen Konzert ist die Teclmik nicht mehr Selbstzweck,
was schon das häufige Fehlen der Kadenz beweist. Die rücksichtslose Polyphonie
mit ihren Harmoniewirkungen, die Aufhebung des Tonalitätsprinzips sowie die
vÖllige Ausnützung des Klaviertons und ,umfangs schafft neue Ausdrucksmöglich,
keiten, bringt kunstvoll aufgebaute, kaleidoskopartig wechselnde Akkordfolgen,
Kühnheit in Rhythmus und Erfindung überhaupt, nach oben und unten erweiterte
Dynamik, oft in Terzen' und Quartensprüngen geführte Melodik; Oktaven ver'
größern sich zur kleinen None und vermindern sich zur großen Sept, hie und da
sind mit 10 Fingern 12 Töne gleichzeitig anzuschlagen, nicht zu reden von den
drei, und vierfach geteilten Akkord, und Stimmkomplexen (was eigentlich zur
Pedaltechnik gehört) und von den beiden Ganztonskaien mit ihren Doppelgriff,
verbindungen, die schon längst gewöhnlicher Alltag geworden sind. Dazu kommt,
daß das konzertierende Instrument zwar im modernen wie im alten Konzert die
verschiedenen Abschnitte der Konzertform rekapituliert oder antizipiert, jetzt aber
auch ein selbständiges Glied des Orchesters bildet, mit einer unterstrichenen Rolle,
die es ihm gestattet, das Orchester zu imitieren und sich mit ihm in mancherlei
Gespräche und Auseinandersetzungen einzulassen.
In der Behandlung des Instrumentes hat die Moderne eine förmliche Revolution
herbeigeführt. Zusammenspiel, Zusammenklang, Gesamtfarbe, Soloform oder
Uniform, Harmonographie' oder Melodographie,Funktion des Klaviers, lassen alle
die rote Fahne flattern; oft erblickt man diese am geänderten Titel, manchmal
allerdings nur in diesem allein.
Die Technik der modernen Klavierkomposition im allgemeinen und besonders
bei den Radikalen, ist eine wirklich neue und eigenartige, so sehr, daß ein Klavier'
virtuose nach dem Spiel eines modernen Klavierwerkes fast außerstande ist, ein
klassisches zu spielen. Sieht er von Eindruck und Stimmung ab, bleibt die Technik
als Rest, welche mit ihren eigentümlichen Griffen, Lagen, Gängen etc., die Klavier'
hand zu einem noch ungewohnten Funktionieren zwingt, von wo sie den Rückweg
zu der altgewohnten Bahn nur allmählich finden kann.
Lis%! führte die einsätzige Form der symphonischen Dichtung auch beim Klavier'
konzert ein: Nachahmung findet dieses Prinzip nur bei den, stilistisch übrigens
völlig anders gearteten Werken Bela Bartoks für Klavier und Orchester, die
jedoch nicht mehr den Titel "Klavierkonzert" tragen. Max Reger schreibt sein
Konzert ebenso dreisätzig wie die Klassiker; zwar mit breiteren Themen und
Motiven, wie dies schon die Symphoniker Bruckner und Brahms anbahnten, doch
streng in Form und Durchführung.
Auch die Klavierkonzerte von Frederick Delius und Josef Marx (der seines
direkt "romantisch" nennt) zeigen viel mehr Zusammenhänge mit der formalen
Anlage der früheren Stilperioden, als Beziehungen zur neuen Kunst, obwohl die
Technik sich hier schon die erwähnten neuenErrungenschaften teilweise zunutze macht.
Im allgemeinen gibt es aber unvergleichlich weniger wirklich wertvolle und
schöne Konzerte für Klavier, als zum Beispiel für die Violine. Dazu mag vielleicht
die von Haus aus bestehende Selbständigkeit des Klaviers beigetragen haben;
immerhin ist die Produktion auf diesem Gebiete sehr gering, mit Ausnahme der
neuen russischen Komponisten (Glazounow, Rimskij . .Korsakoff, Rachmaninoff etc.),
die sehr wirkungsvolle, allerdings hauptsächlich vktuose Konzerte schreiben.

188
Von einem radikal-modernen Klavierkonzert ist uns dagegen derzeit noch nichts
bekannt. Schönberg und Schrekor, aber auch die französis chen und englischen
Neutöner haben dieses Gebiet unbearbeitet gelassen. Ein Grund mag etwa darin
erblickt werden, daß das Klavier mit seiner universellen Ausdrucksmöglichkeit
selbst ein Orchester im Kleinen darstellt und es daher keine leichte Aufgabe ist,
seine Farbenskala von der des Orchesters abzuheben. Diese Lücke wäre noch aus-
zufüllen und auf den bereits bestehenden Grundsteinen und Eckpfeilern das Kunst-
gebilde des neuen, wirklich modernen Klavierkonzertes seiner Vollendung
zuzuführen.
c c

F R A G M E N T E
Von Dr. Kar! Horwitz, Wien
Es ist wohl genau zu unterscheiden, ob ein Werk Originalitäten infolge starker
Persönlichkeit - dann sind es wahre OriginaIitäten - oder infolge gr,o.ßen
Dilettantismus aufweist - dann sind es Schein .. Originalitäten. Die ersteren ent...
springen dem Unvermögen, seine Persönlichkeit der Allgemeinheit zu unterstellen-
was auch das Rechte und Starke ist - die letzteren dem Unzuläng lichen im Hand-
werksmäßigen und daher auch im Ausdruck. Wieso dilettantische Produkte dem
wahrhaft persönlichen, echten Kunstwerk schaden, ist vielleicht nicht genügend
erkannt. Der Grund ist darin zu suchen, daß die Emanationen des wahren Künstlers
oft im Anfang in ihrer Neuheit auf die Allgemeinheit ebenso wirken wie die
Unzulänglichkeiten des Dilettanten - welche originell erscheinen - und von dieser mit
dilettantischem Maßstab gemessen werden. Zu den Schein-Originalitäten ge-
hören auch die bewußten, gewollten. 'Sie treten aber bloß ver einz elt (als Phrase,
Wendung, Motiv oder Floskel) auf, ohne dem Ganzen den Stempel des Beson-
deren zu geben, wie es das unbewußte, wahrhaft Persönliche vermag.
\~" c

Realismen werden oft als unpoetisch verworfen und deshalb gemieden. Sie sind
jedoch notwendig für jede Kunstgattung als Mittel zu Ausdruckszwecken. Sie be-
leben, bilden Kontraste zum rein Gefühlsmäßigen und geben dem Werk, wenn sie
~ichtigen Platze sind, das Gepräge des Wahren.

Wahre Produktivität äußert sich nicht in der Anzahl, vielmehr. im Gehalt, im


Lebendigen der Schöpfungen. Seichtes Vielproduzieren hat oft seinen Grun d in der
Unproduktivität.
c

Um einem musikalischen Werk, zu welchem kein bestimmtes Programm in


irgendwelchem Sinn gegeben ist, innerlich möglichst nahezukommen, ist vor allem
größte Unbefangenheit in intellektueller Beziehung nötig. Es ist besonders heut-
zutage zu einer Unsitte geworden, der Musik womöglich immer eine Idee, einen
Vorgang und dergleichen zu supponieren, wodurch man sie eher zu "verstehen"

189
glaubt. Der hieraus resultierende Eindruck des Werkes auf den Zuhörer ist ge . .
wöhnlich ein zumindest verwirrender, wenn nicht falscher, weil vor Allem das
Intellektuelle dem Gefühlsmäßigen gegenüber in deri Vordergrurid gerückt ist und
außerdem meistens zur Empfindungswelt des Tonstückes in keinem adäquaten
Verhältnis steht. Die Befangenheit geht oft so weit, daß eine förmliche Furcht
davor eintritt, ein Werk hören zu müssen, ohne etwas supponieren zu können.
Musik, als die elementarste, unmittelbarste und arir wenigsten anschauliche Kunst,
gattung, kann am schwersten rein intellektuell erfaßt werden. In ihr ist - wie sich
Goethe zu Eckermann in einem Gespäch äußert - etwas Dämonisches, "im höchsten
Grade, denn sie steht so hoch, daß kein Verstand ihr beikommen kann, und es
geht von ihr eine Wirkung aus, die alles beherrscht und von der niemand imstande
ist, sich Rechenschaft zu geben".
o

Musikalische Werke, bei welchen das Intellektuelle insofern ein integrierendes


Merkmal bildet, als es die Übergänge der Empfindungen und somit deren Folge,
richtigkeit leitet, dringen schwerer und langsamer in die Breite der Allgemeinheit
ein, als aus instinktiver Ursprünglichkeit hervorgegangene Tonschöpfungen.
o

Die Idee des Künstlers kommt aus dem Leben oder aus seiner eigenen Kunst . .
gattung. Die Entlehnung einer Idee aus einem fremden Werk kann bei einer stark
produktiven Persönlichkeit niemals als Diebstahl gedeutet werden. Die fremde Idee
wirkt in diesem Fall als Anregung, erweckt das Bedürfnis, sie wie die eigene
Idee als Glied der Kette einzufügen, sei es aus was immer für einer Empfindung
oder einem Intellekt heraus. Sie erscheint bloß fremd und ist in Wirklichkeit
Ei gen t u m des Entlehners geworden, der sie mit seiner ganzen Persönlichkeit
durchtränkt und aus ihr das seinem Werk Adäquate gestaltet hat. Es kommt eben
nur auf die zwing;ende innere Notwendigkeit und darauf an, diese durch die rest...
lose Lösung des Problems zu empfinden. Dasselbe gilt für die Entlehnung von
Ideen aus ci gen e n Werken. Im Grunde ist es, wie bereits gesagt, ganz gleich,
woher die Idee kommt. Der Künstler muß nur sagen können: sie ist mein! -
Unbewußte Ideenverwandtschaft bedeutet kongeniales Ahnen.
o

Tendenzen, welche nicht der Individualität der künstlerischen Persönlichkeit ent'


springen, sind für die Entwicklung dann von fördernder Bedeutung, wenn sie
überwunden und als bloßer Durchgang erkannt werden. Es tritt dann ein umso
intensiveres Sichbefestigen im Ursprünglich . .lndividuellen ein, geläutert durch die
Qualen des Irregehens : man findet sich.
o 0

190
I G o R s T R A W I N s K I J
Von Paul Rosenfeld, New,York
In Strawinskijs .Frühlingsweihe"" sind die neuen Stahlorgane der Menschheit
Musik geworden. Denn mit Strawinskij halten die Rhythmen der Maschine in die
Kunst der Musik ihren Einzug. Mit diesem Meisterwerk beginnt ein neues Kapitel
der Musik, der Menschenleib erhält eine neue Vorgeistigung.
Durch ihn entsteht eine Musik, deren Stil geradezu die Kehrseite des 'impressio'
nistischen ist. Durch ihn wird die Musik wieder würflig, quadrisch, massig,
mechanistisch. Ihr Glitzern ist vorbei. Ihre zarte, sich schlängelnde melodische Linie,
ihre schimmernden, flimmernden Harmonien sind vorbei. Debussys Eleganz und
ruhige Sinnenfreude, der Anflug meisterlich goldener Reife sind entflohen. Statt
dessen: Große, gewichtige, metallische Massen, geschmolzene Stöße und Platten von
Stahl und Eisen, glänzende diamantene Klötze. Grimmige, strenge, kantige Umrisse.
Scharfe, starre, unebenmäßige Melodien. Als Akkorde plumpe Quadernhaufen von
Noten, stämmig und stark wie dächertragende Pfeiler, schwer wie die Schläge von
Eisenhämmern. Vor allem Rhythmus, rechteckiger, ungebrochener, sich reckender
Rhythmus. Rhythmus, der ausfällt, zustößt und nachstößt, der tanzt mit all der
stählernen, vollkommenen Unermüdlichkeit der Maschine, der herausschießt und
zurückzuckt, der auf, und niederschießt mit der unmenschlichen Geste stählerner
Titanenarme. Ja, die Wandlung ist so durchgreifend, so vollständig, als ob inmitten
eines mondbeglänzten Ziergartens plötzlich eine Maschine aus dem Erdboden sich
erhoben, die Nacht mit elektrischem Licht überschwemmt und ihre metallenen
Sehnen und Gelenke in Schwingen und Schwirren versetzt hätte.
Und doch sind die beiden Stile, der Debussys und der Strawinskijs, mitein-
ander verwandt. Genauer, sie ergänzen einander. Sie sind die Reaktionen von zwei
grundverschiedenen Geistestypen auf denselben Reiz. Zweifellos bestehen zwischen
den beiden Männern Unterschiede auch außer denen ihrer allgemeinen Denkrichtung.
Debussy war von Grund aus sinnlich, edelmännisch und zurückhaltend veranlagt.
Strawinskij ist nervig, heftig und höhnisch.
Debussy einerseits scheint von der Art Menschen zu sein, in denen, bildlich
gesprochen, der Mittelpunkt des Bewußtseins versunken ist; einer von denen, die
in sich selbst eine Unbeweglichkeit haben, die Leute und Dinge um sie herum
fließend und unwirklich erscheinen läßt. Für solche ist die Welt etwas in weiter
Ferne, etwas tief unter der Bewußtseinsschwelle Liegendes, zart und unbeständig
wie Abendsonnenfarben oder die Lichter und Bewegungen des Traumes. Debussys
Musik ist das meisterhafte und formvollendete Gemälde dieser fernen, zauberischen
Prozession, dieses eingebildeten, geisterhaften und durchsichtigen Schauspiels, dieses
Dinges, das von Augenblick zu Augenblick sich ändert, das nicht zweimal dasselbe
ist und uns so schnell entflieht.
-" .. Le sacrc du printempsl'. Mimodrama, aufgefUhrt vom Diagileffschen Ballett 1913,1914 und
1920 in Pari::> und Lendon.

191
Sti'awinskij auf der anderen Seite ist mitten in dem Ding, ,das dem anderen so
fern liegt. Für ihn ist die stoffliche Welt etwas sehr Wirkliches, Klares, Unmittel-
bares. Er liebt sie, genießt sie, läßt sich von ihren mannigfachen Formen erregen.
Er gibt sich lebhaft ihrem Getriebe hin. Die Dinge machen einen unmittelbaren
und beißenden Eindruck auf ihn, spornen seine Freude, seinen Schmerz. Er
fühlt ihren Stachel und empfindet ihn stark, er fühlt ihre Bewegung in all ihrer
Heftigkeit. Der Verkehr, die rastlose Hast der Menschenmenge, der Lärm der
Wagen, das Geklapper der l'ferdehufe auf dem Pflaster, die Menscheruufe und
Schreie über dem Grundbaß des Straßengeräusches, ein paar Leierkastenmänner, die
einander zu überleiern suchen, eine des Weges kommende Bläserkapelle, der Donner
eines Eisenbahnzuges, der sich über Meilen von Stahl einherwälzt, die Sirenen von
Dampfern und Lokomotiven, das Brausen von Städten und Häfen werden ihm
zu Musik.
In einer seiner früheren Skizzen für Orchester ahmt er das Summen eines
Bienenschwarms nach. In einem seiner Zwergbilder für Streichquartett klappern die
Holzschuhe von Bauern, die zu den schnarrenden Tönen eines Du de1sacks tanzen.
In einem anderen gibt er das Murmeln eines Priesters in einer kleinen Kapelle
wieder und schafft diesen Auftritt fast grausam nach.
Strawinskij ist nämlich einer jener am Pfade der Kunst entlang verstreuten
Tonsetzer, von denen die Ausdrucksmöglichkeiten der Musik durch unmittelbare
Nachahmung der Natur vermehrt werden.
Er spielt mit den Formen, launisch wie ein Kind mit Papier und Bleistift. Er
vergnügt sich mit jedem Instrument des Orchesters, unbekümmert um dessen
gewohnheitsmäßige Verwendung. Bisweilen kommt er in die Versammlung der
Musiker wie ein Gassenjunge mit Trommel und Trompete. Er treibt mit dem
hochehrwürdigen Streichquartett Schindluder und verführt es zu Leichtsinn und
Seiltänzereien. Das eine Zwischenspiel des "Petruschka" ist nur für Rolltrommel
geschrieben. Das Werk ist durchsetzt mit billigen Walzern und Drehorgelweisen.
Er läßt das Orchester das Wimmern eines alten Leierkastens nachahmen. Neuer-
dings ihat er ein Ballett für acht Hanswürste verfaßt. Er soll gesagt haben: "Ich
möchte, daß Musik in Straßenbahnwagen, während die Leute ein- und aussteigen,
gespielt wird". Denn er sieht seinen größten Feind im Konzertsaal, diesem Geleise,
das die Einbildung des Hörers in seine Bahn zwingt, dieser Festung, in der die
Ansichten der Männer der Vergangenheit sich verschanzt haben und von wo aus
sie die musikalische Gegenwart beherrschen. Dem Konzertsaal ist es gelungen, aus
der Musik eine Droge, ein Beruhigungsmittel zu machen; er hat in den Leuten
eine "Einstellung zur Musik" erzogen, die falsch ist und hat die musikalische Kunst
ihrer Macht beraubt.
Strawinskijs Kunst zielt darauf hin, zu beleben, anzustecken, eine Handlung ZU
beginnen, die der Zuhörer in sich selbst vollenden ';'uß. Sie ist eine Art musika-
lischer Kurzschrift. Auf dem Papier hat sie ein bruchstückartiges Aussehen. Es ist,
als ob Strawinskij die Bestandteile der Musik auf ihre knappsten und einfachsten
Urformen habe zurückführen wollen, als ob er gehofft habe, daß der Zuhörer die
"Entwicklung" ausführen werde. So finden wir ihn Gesänge schreibend (die drei
japanischen Lieder zum Beispiel), die von einer epigrammatischen Kürze sind, oder
ein Stück für Streichquartett, das in fünfzig Sekunden, eine Oper von drei Akten,
die in dreißig Minuten gespielt wird.

192
Und doch sind es keine Form-Experimente, die er macht. Er will, scheint es,
in die Musik etwas von jenem Vermögen der chinesischen Künstler bringen, die
in dem Gemälde eines Zweiges oder von ein paar Blüten den ganzen Frühling
vorzustellen wissen. Er hat Dinge gfschrieben, die zur frischesten, plätscherndsten
und zartesten Musik gehören; kein Lebender zum mindesten hat blühender und
glühender geschrieben. Der April, die Blütenzweige, die schneeigen Blumenblätter,
die Wolken hoch im Blau sind leibhaftig da in dem schrillen kleinen Orchester
der japanischen Lieder, in den grün glucksenden Flöten und den wässerigen Geigen.
Keine der unzähligen Frühlingssymphonien, Frühlingsouvertüren, Frühlingsweisen
ist mehr wirklich lenzmäßig, tiefer eingetaucht in den sanften Sonnenschein des
Lenzes, ist wahrhaftiger die Säezeit, als jene sechs naiven, pfeifenden Takte der
Melodie, durch die der als .Rondes printanieres" bezeichnete Reigen in der. Weihe"
eingeführt wird. Gibt es ein Schlummerlied, das so voll von Schläfrigkeit ist, wie
die wenigen Seiten, die im .Fenervogel" dem Tode des unsterblichen Kostschej
vorangehen?
Eines seiner ersten selbständigen Tonstücke, das er noch als Schüler von Rimskij-
Korsakoff schrieb, ahmt Feuerwerk nach und hebt das Menschliche in dessen
Tätigkeit hervor: in dem Zischen, Zerplatzen, in dem wilden Heulen seiner Licht-
springbrunnen, den stolzen Ausladungen und dem jähen Zusammenbrechen der
Feuerräder. Die trNachtigallu, jenes sonderbare Werk, dessen erster Aufzug aus dem
Jahre 1909, dessen zweiter und dritter aus dem Jahre 1914 stammt, schildert die
Maschine als Feind des Menschen. Strawinskij hatte die Dichtung nach dem Märchen
von Hans Christian Andersen gebildet; dieses erzählt die Abenteuer des kleinen
braunen Vogels, der so schön singt, ,daß der Kaiser von China ihn an seinen Hof
entbietet. Auch Strawinskijs Nachtigall kommt in den Palast und singt; allen
Hofdamen wässert der Mund bei der Hoffnung, das Schmettern des Sängers noch
zu übertreffen. Da kommen Boten mit dem Geschenk des Kaisers von Japan, einer
mechanischen Nachtigall, die den Hof mit ihren Spieldosenspässen ergötzt. Noch
einmal verlangt der Kaiser, daß der Waldvogel ihm vorsingt. Aber er ist davon-
geflogen. In seiner Wut verbannt der Kaiser ihn aus seinem Reich. Dann kommt
der Tod, setzt sich an das Bett des Kaisers und stiehlt ihm Krone und Zepter, bis
plötzlich die Nachtigall zurückkehrt und singt und den Tod seine Beute aufzugeben
zwingt. Und wie die Höflinge in der Erwartung, den Monarchen tot vorzufinden,
hereinkommen, finden sie ihn wohl und fröhlich im Morgensonnenschein.
In seinen beiden Hauptwerken, "Petruschka" und "Frühlingsweihe", läßt
Strawinskij die Maschine sein eigenes Selbst darstellen. Denn die Tätigkeit der
Maschine erwachte im menschlichen Organismus zuerst, und Strawinskij verstärkt
die Bewußtheit des Körpers, indem er dessen Bewegungen auf ihren Ursprung
bezieht. Petruschka ist die Menschenmaschine von außen gesehen, teilnahmslos, von
der komischen Seite betrachtet. Unzählige Dichter haben vor Strawinskij versucht,
das puppenartige Gebaren des menschlichen Wesens zu malen, und Petruschka
ist nur eines der unzähligen neuen Stücke, die den Automaten in der menschlichen
Seele darstellen. Aber das Puppenstück Strawinskijs ist eigenartig wegen seiner
musikalischen Begleitung. Denn das Orchester, mehr als selbst die Mimen auf der
Bühne, ist voll von dem "Geist" des Automaten. Die eckigen, hölzernen Bewegungen
der Puppen, ihre geschminkten Gesichter, ihre Sägespäne ..Eingeweide sind in der Musik
zehnmal so deutlich wie auf der Bühne. Die Bühnenbilder, die kleine TrödeImesse,

193
der schäbige Flitte>putz de~ Menge, das T ~zen eier- J:>:lenschlichen Erscheinung, einen
Augenblick bowor eier S,lwee Zu {allen beginnt, sind von der Musik wundervoll
eindringlich ausgemalt. Die Partitur hat eile Farbe .ines roh bemalten, verblichenen
Segeltuchs. Sie ist elas Sinnbild des ganzen billigen, armseligen, erbärmlichen
Weltalls.
Die "Weihe" anderseits ist eile Menschenmaschine nicht von außen und teil,
nahmslos, sondern von innen gesehen. Sie ist bis jetzt Strawinskijs Meisterwerk,
der vollständigste und reinste Auselruck seines Geistes. Denn das, was dem
"Petruschka" und den anderen bezeiclwenden Tonstücken Strawinskijs ihr eigen,
artiges Gepräge gibt, erreicht in eliesem Werk eine bemerkenswerte Breite und
Stärke. Das rhythmische Element, im .Scherzo" und "Feuer vogel" und im ganzen
"Petruschka" schon frisch und frei, erreicht hier eine männliche und meisterhafte
Macht, wogt und dröhnt mit Rießenkraft. Die Instrumentierung, voll des
Zaubers der russischen Meister älterer Ballette, bekommt in der» Weihe" jene
Schärfe, Härte und Nacktheit, die Strawinskijs Eigenart ist. Außerdem hat dies
Werk etwas, was in der Kunst des jungen Mannes bisher fehlte: Größe, Strenge
und eiserne Härte der Sprache. In ihm steht er als ein vollständig Neuer da, voll,
ständig im Besitz seiner Kraft. Und in ihm arbeitet die Maschine. Äußerlich ist die
Handlung des Ballettes in vorgeschichtliche Zeiten verlegt. Äußerlich stellt es die
Opfergebräuche dar, mit denen eine Horde des russischen Steinzeitalters den Frühling
feiert. Etwas dieser Art mußte es sein, denn eine wirkliche Darstellung von Maschinen,
ein Maschinenballett, würde nicht so grimmig charakteristisch gewesen sein wie die
eckigen, ungeschlachten Bewegungen von Menschen, würde die menschliche Maschine
nicht in dieser Nacktheit enthüllt haben. In dieser Darstellung ist jede flüssige,
geschmeidige, weiche, runde Bewegung ausgeschaltet. Alles ist eckig, würflig, grad'
linig. Die seltsame Orchestereinleitung zur zweiten Szene hat ganz das beängstigende
Schweigen nachts ruhender Maschinen. Strawinskij hat alles von dem Menschen
weggenommen, womit Spezialisierung und Differenzierung ihn bedeckt haben und
ihn gleichsam in einem schonungslosen, grellen Licht als ein Bündel arbeitender
Organe aufgedeckt. Er hat ihn als eine Maschine gezeigt, der man eine Kraft
gegeben hat, und die nun in blindem Gehorsam arbeitet, nicht anders als das
winzige Urtier, das frißt, sich fortpflanzt und stirbt. Der Frühling kommt, das
Leben ergänzt sich wieder, und der Mensch gehorcht wie der Keim und Samen dem
Trieb der blinden Macht, d,ie ihn erschuf, geht seinen vorherbestimmten Gang. nimmt
Energie in sich auf und strömt sie wieder aus. Nur für einen Augenblick fühlen
wir in der "Frühlingsweihe" die bewegenden Kräfte, beobachten wir die nackten
Räder, Hebel und Arme an der Arbeit, sehen den Stromerzeuger selbst.
Das Ballett wurde 1913 vollendet, in dem Jahre, als Strawinskij einunddreißig
Jahre alt wurde. Es ist möglich, daß dem Werk noch eigenartigere nachfolgen
werden. Es ist auch möglich, daß Strawinskij sein Meisterwerk schon geschrieben
hat. Denn die Werke, die er während des Krieges verfaßt hat, scheinen nicht
eigentlich nene Entwicklungen zu sein. Mögen die drei kleinen Stücke für Streich,
quartett eine Erweiterung des Feldes bedeuten, sie würde zweifellos nichts sein
im Vergleich zU der Neuerung, die das große Ballett in die Orchestermusik gebracht
hat. Gerüchten zufolge sind die let;ten Werke Strawinskijs, das Tingeltangel,Ballett
für acht Hanswürste und das Werk für Orchester, Ballett und Chor, das "Die
Bauernhochzeit" (Les noces villageoises) benannt ist, keineswegs so kühn im Stil

194
wie die" Weihe" und ähneln mehr dem "Petruschka· als jener. Aber was auch
Strawinskij in Zukunft noch vollbringen mag, es kann kein Zweifel bestehen, daß
er mit diesem einen Werk, wenn nicht auch mit "Petruschka"; sich einen Platz
unter den großen Musikern gesichert hat.
Frei übertragen von Dr. Heinrich Möller, Breslau
c c

AUFFÜHRUNGEN NEUER MUSIK'


Von Dr. Paul A. Pisk, Wien
Ein Teil des Wiener Publiknms,
. das sich für neue, wertvolle Musik
. interessiert,
.-
weiß, daß es hier einen ff Verein für musikalische Privataufführungen " gibt, der im
Herbst 1918 von Arnold Schönberg gegründet wurde. Und die es wissen, sind
fast alle Mitglieder. Daß die große Öffentlichkeit von diesen Aufführungen keine
Kenntnis hat, hat seinen Grund in den Statuten des Vereines, die jede publizistische
Tätigkeit, jede Veröffentlichung, jede Kritik streng untersagen, ja ein etwa gegen
dieses Verbot handelndes Mitglied mit dem Ausschluß bedrohen. Dies geschieht
deshalb, weil das Publikum nicht zur Beurteilung, sondern zur genauen Kennt'
ni s moderner Musik geführt werden soll. Die gemeinhin übliche, verständnislose
Ablehnung zeitgenössischer Kunst ist nämlich auf die Unklarheit zurückzuführen,
die das Verhältnis der Allgemeinheit zur modernen Musik charakterisiert. Der
Verein verfolgt also das Prinzip, moderne Musik, ohne Bevorzugung einer Stilart,
in sorgfältig und gründlich einstudierten Aufführungen seinen Mitgliedern vorzu,
führen und die einzelnen Werke so oft in verschiedenen Konzerten zu wiederholen,
bis sich das allgemeine Verständnis "einstellt. Es ist also kein Verein von Kampo ..
nisten und auch nicht für einzelne Komponisten, sondern für das Publikum.
Durch diese Gründung, die immer weitere Kreise zieht, werden die Auswüchse
des Konzertlebens bekämpft. Bei den Ausführenden: Streben nach Erfolg, Beifall
und Kritik (denn all das gibt es bei den musikalischen Privataufführungen nicht)
sowie die Jagd nach dem Geld (hier wird durch strenge Auswahl der Künstler das
Virtuosentum ausgeschaltet; das Werk muß Selbstzweck sein). Beim Publikum:
Vorliebe für "Stars", gewisse Komponisten und spezielle musikalische Stilarten. Im
allgemeinen: die Industrialisierung und Kapitalisierung des Musiklebens überhaupt
(Konzert"unternehmer", Agenten und dergleichen).
Der Grund, gerade jetzt darauf hinzuweisen, daß Schönberg in Wien mit dieser
Art der Kunstdarbietung den Anfang machte, ist der, daß im Laufe der letzten
Zeit Nachrichten aus mehreren Städten des Auslandes über ähnliche Gründungen
hierher gelangten.
Ein direkter Schößling ist wohl die geplante Vereinigung Maurice Ravels in
Paris, der bei seinem hiesigen Aufenthalte wiederholt Gast des Vereines war, sowie
die dem Vernehmen nach in Budapest im Entstehen begriffene Gesellschaft unter
d~r Ägide Beta Bart6ks. Aber auch in Frankfurt a. M. und anderen Städten
Deutschlands sind ähnliche Striimungen merkbar, entsprungen aus dem Gefühl der
Korruption unseres öffentlichen "Musikbetriebes".
In London taten sich ausübende moderne Künstler zu einer "Guild of Players
and Singers" zusammen. Auch sie fühlen, daß die Art, wie heute moderne Musik

195
öffentlich aufgeführt wird, unhaltbar ist, und daß unter diesen Mängeln die Hörer
ebenso wie sie selbst leiden. Weder die Interessen der wahren Kunst im allgemeinen,
noch die reinen Intentionen der Ausführenden können zur Geltung gelangen. Aller..
dings ist die Londoner Vereinigung mehr für Berufsmusiker bestimmt, da auch
Bestimmungen über gewisse finanzielle Vorteile der konzertierenden Künstler auf,
genommen sind. Aber auch hier ist der allgemeine Zweck derart formuliert, daß
.durch das beharrliche Zusammenarbeiten der Gilde unter den höchsten Zielen
allmählich eine genauere Kenntnis und Freude an der besten Musik einem stets
wachsenden Publikum vermittelt werden soll".
Und das sieht man auch an den Programmen. Ebenso wie in Wien bei der
Beurteilung der Würdigkeit eines Kunstwerkes ausschließlich dessen Physiognomie,
nicht aber die Nationalität des Künstlers in Betracht kommt, finden wir in London
neben englischen, französischen und italienischen ,Autoren Hugo Wolf, Max Reger,
Richard Strauß, ja sogar E. W. Korngold (Violinsonate). Natürlich auch die
tschechischen, russischen und polnischen modernen Komponisten (A. Dvorak,V. Novak,
Scriabine, Karol Szymanowski).
Vielleicht kann man diese Ansätze hüben und drüben als Antangsversuche
werten, aus denen nach vielen Jahren wieder eine neue europäische Kultur
werden könnte.
o 0

R U D I S T E P H ANS LIEDER
Von Hugo Kauder, Wien
Rudi Stephans vor kurzem erschienene Lieder bringen uns den Verlust, den
sein früher Tod (er fiel, 28jährig, im Herbst 1915 bei TarnopoI) für die deutsche
Musik bedeutet, zu schmerzlichem Bewußtsein; und geben doch wieder die Gewißheit,
daß er, so kurz sein Leben und Schaffen auch währte, seines Daseins Sinn und Aufgabe
durchaus erfüllt, sein nErdenpensum" vollbracht und uns in seinen Werken einen Besitz
von dauerndem Wert hinterlassen hat. Seine Lyrik allein (4 Hefte mit insgesamt
16 Liedern) genügt schon, um ein klares Bild seiner Persönlichkeit zu geben: DieseLieder
zeugen nicht bloß von reicher Begabung und starker Gestaltungskraft sowie voller
Beherrschung der Kunstmittel, sondern vor allem von einem zielbewußten Streben
nach strengster Reinheit der Form und Wahrhaftigkeit des Ausdrucks; und das
will ganz besonders viel heißen in einer Zeit, da auch bei vielen der Begabtesten und
Berühmtesten Talent und Können gleichsam .Ieer laufen", das heißt nicht einem Ethos,
einem Bewußtsein höchster Verantwortlichkeit entspringen. Hier geht es immer
um das Wesentliche, das Eine, das not tut: die Gestaltung des geistigen und seelischen
Gehalts; und so ist diese Musik frei von allem Zufälligen und Nebensächlichen:
aller äußerlichen Tonmalerei und Stimmungsschwelgerei, allem bloßen Spielen mit
Klängen und Farben. Man ist heutzutage leicht geneigt, solche Reinheit und Strenge
mit Dürftigkeit zu verwechseln; aber diese bis zur Askese gehende Beschränkung
auf das schlechthin Notwendige (worin Stephan eine auffallende Geistesverwandtschaft
mit Pfitzner %eigt) kommt nicht aus Dürftigkeit, vielmehr aus der Fülle schöpferischer
Kraft (wie ja auch Askese nicht Abtötung der Sinne ist, sondern deren zielbewußte

196
Lenkung und Beherrschung durch den Geist), ist Verzicht auf Nichtiges um des
Wesentlichen, auf Scheinbares um des Wirklichen willen.
Rudi Stephans Lieder sind durchaus modern, vor allem darin, daß ihre Musik mehr
instrumentalen als vokalen Ursprungs ist: sie wird nicht aus dem Worte geboren,
sondern aus dem, wovon das Wort bloß Ausdruck ist: aus dem Gedanken- und Gefühls-
gehalt der Dichtung. So ist denn auch die Singstimme nicht das Primäre, Führende und
Bestimmende, vielmehr ist sie dem musikalischen Gesamtbilde eingeordnet. Damit
knüpft Stephan an den Stil Hugo Wolfs an, von dem er sich jedoch in einer wesentlichen
Beziehung unterscheidet. Bei Hugo Wolf ergibt sich die Form aus der Verarbeitung
eines (meist ziemlich kurzen) Motiv~, während bei Stephan fast durchaus die Harmonik
das formgebende Prinzip ist, und zwar eine Harmonik, die selbst wieder das Ergebnis
einer höchst einfachen Kontrapunktik ist: sie resultiert nämlich in der Regel aus einer
konsequenten Gegeneinanderbewegung von Oberstimme und Baß oder auch aus
einer absteigenden Führung des Basses zu liegenbleibender Oberstimme. Diese an
sich höchst primitive Technik ist hier jedoch mit einer bisher unerhörten, fast schon
an Starrsinn grenzenden Konsequenz durchgeführt und ergibt die merkwürdigsten
und eigenartigsten Harmoniefolgen : die einzelnen Zusammenklänge, obwohl aus
der Stimmführung erfolgend, sind doch keineswegs bloße "Zufallsharmonien" sondern
werden nach Möglichkeit als selbständige Akkorde ausgedeutet. Dies alles geschieht
mit strengster Folgerichtigkeit und absoluter Zielsicherheit: jede Akkordfolge stellt
sich bei genauer Betrachtung als eine in freiester Weise erweiterte Kadenz dar.
Man vergleiche etwa das Lied "Abendfrieden" aus dem Zyklus "Ich will dir singen
ein Hohelied i' : Das ganze besteht aus drei Perioden; die beiden ersten, aus chromatisch
absteigender Oberstimme und ebenso aufsteigendem Baß gebildet, nach G dur,
beziehungsweise D dur kadenzierend; darauf ein Abgesang (Fis dur) mit liegen-
bleibendem Fis in der Oberstimme des Klaviers, absteigendem Baß und aufsteigender
Singstimme. Eine weitere Eigentümlichkeit von Stephans Harmonik: zu den von
dem absteigenden Basse geführten wechselnden Harmonien wird statt einer "liegen. .
den" Oberstimme eine Quint oder gar ein vollständiger Dreiklang festgehalten;
so in "Kythere" und "Das Hohelied der Nache', dem ersten und letzten Stücke des
erwähnten Zyklus (dessen sechs Gesänge - nach Gedichten von Gerda v. Robertus-
überhaupt das schönste und reifste in Stephans Lyrik sind): hier ist die in zart
schwingender Achtelbewegung durchwegs festgehaltene Quint fis-cis von der wunder-
barsten Wirkung, nicht minder dann in dem letzten, wieder ans erste anknüpfenden
Liede bei der Stelle "0 hehre Nacht" der über den in Quintenparallelen absteigenden
Bässen 12 Takte hindurch liegenbleibende E moU-Dreiklang.
Der Grundton der meisten Lieder ist eine ganz eigenartige herbe Schwermut,
deren eindringliche Wirkung durch die ungemeine Schlichtheit des Ausdrucks noch
gesteigert wird. So vor allem in den nZwei ernsten Gesängen" (nAm Abend"
von Joh. ehr. Günther und "Memento vivere" von Hebbel) und in "Up de eensame
Hallig" (Lilieneron) ; dieses letztere wirkt durch die strenge Festhaltung der Strophen-
form ganz besonders ergreifend. Einige Lieder sind wieder ganz erfüllt von einer
tiefen und reifen Süße in Klang und Ausdruck, so zum Beispiel das schon be-
sprochene "Kythere" mit seinem unvergleichlich schönen und innigen Abgesang
oder HEin Neues" ; aber auch durch alle freudigeren und glücklicheren Stimmungen
bleibt der dunkle ernste Grundton vernehmbar; bezeichnenderweise ist gerade das
eine einzige Lied, in dem der Komponist einen hellen und heiteren Ton anzuschlagen

197
vC{st1cht (.Pappel im St\'4h!"), das am w~nigsten geglüc~te YQn aUen, \licht
nur im Ausdruclc, auch schon jm Tec~ischen:' ~i,:, auf der Ganztonskal~ ber~.,:,<\~s
M,otiv il1 4\'1" Begleitung steht in keinerlei Beziehung zur M.elodik de~ Singstimme
und wirkt daher willkürlich und unorganisch; clazu ist auch \Ii. F(ilirung der Sing-
stimme spröde t11ld ungelenk. ' , ,
Indessen kann einzeIDes Mißglüclcte oder Schwächere nichts an einem G<:J\amt,
bilde ändern, da. UnS Rudi Stepl\an als einen der Besten und Reinsten unter
Del1tschlands jüngeren Musikern erscheinen läßt. ' Wer Uns durch sein Schaffen ein
solches Bild seiner Persönlichkeit übermittelt hat, dessen künstletisches Vermächtnis
kann, ungeachtet seines geringen Umfa~ges, nicht als Fragment betrachtet werden;
es ist vielmehr ein geschlossenes Lebenswerk, dem durch sehlen Wert Best~l1d und
Wirkung verbürgt ist. '
o 0

ZUR INSZENIERUNG VON WELLE SZ'


"P ,R I N Z E S S I N G I R N ARA"
Von Intendant Dr. Ernst Lert, Frankfurt"
"Weltspiel und Legende" nennt Egon~Wellesz sein Bühnenwerk "Die Prinzessin
Girnara". Damit ist auch für den Stil der Aufführung der Weg gewiesen. Irdische
Welt und Welt des Heiligen sollen dargestellt werden. Dem oberflächlichen Be-
trachter sind diese beiden Welten auch bequem geschieden: ein erster realistischer
Teil ist vom Dichter als Weltspiel, ein zweiter symbolischer T eil ist als Legende
bezeichnet.
Die Musik aber durchdringt das Weltspiel ebenso stark mit symbolisch-mystischen
Elementen, wie sie die Legende in realem Boden verankert. Die Musik schweißt
damit die bei den auseinanderfaUenden Abteilungen des Wassermannsehen Text-
buches zu einer künstlerischen Einheit zusammen: zu einer musikdrama tischen
Legende.
Die Sagen aUer Völker erzählen von blutigen Taten der wum\erbar götter-
geleiteten Helden, die Legenden vom Leiden und Erlösen der Menschen, als noch
verkannt und sehr gering die Götter auf Erden wandelten. Es ist geradezu das
Wesen der Legende, aus kleinen, handgreiflichen Wirklichkeiten das Wunder er-
blühen zu lassen. "Der Grundcharakter bleibt immer das Wunderbare" sagt mein
altes ästheiisches Lexikon und schließt seine Definition: .Das Wunderbare, das mit
Innigkeit und schmuckloser Einfalt, mehr im Tone der Andacht als der
Begeisterung gehalten seyn muß".
Und im Tone der Andacht ist die Musik gehalten: weitgeschwungene Melodie-
bogen, langsame Tempi, zwischen den Reden lange, fast oratorienhafte Zwischen-
spiele. Kein schlagend dramatisches Zuspitzen der Situationen, sondern ein weit-
schwingendes Ausbreiten des dramatischen und seelischen Konfliktes, der aus zwei
ganz realistischen Eingangsszenen erwächst.
'" Der Autor, zugleich Verfasser des Buches .,Mozart auf dem Theater" yeröffentlichte
diesen Artikel vor der Aufführung in den Frankfurter,Neuen Blättern für Kunst uud Literatur
um seine I~tentioneD bei der Inszenierung zu verdeutlichen. Ein Bericht über die Uraufführung
in Fr~nkfurt und Hannover folgt.

198
Das Wunderbare gibt auch der Inszenierung dieser buddhistis~hen Legende
den Grundcharakter. Der Pilger, welcher im Was~ermannschen Libretto als rea-
listischer Bettler an der Schwelle steht und von den Dienern sogar verjagt wird,
wächst rein musikalisch zu einer derart beherrschenden Größe auf, daß es sich 4em
Inszenator zwangsl~ufig ergibt, in ihm eine der "ielen Erdengestalten Buddhas
zu sehen.
Da Buddha nun in der eigentlichen "Legende" selbst erscheint (und in der
Stimmlage des Pilgers geschrieben ist), so ergibt sich die Darstellung des Pilgers
und Buddhas durch einen einzigen Darsteller wie von selbst. Durch diese Vereinig ung
der beiden Figuren in ein emDarsteUer aber wird die Inkarnation des Eluddha im
Pilger unmittelb~r deutlich.
Die buddhistische Heiligenlegende ist gewonnen: Buddha sucht in Gestalt des
indischen Bettelmönches die durch eine schwere Sünde ihres Vaters mit Häßlichkeit
geschlagene, mit dem Prinzen Siho (der sie nur aus Ehrgeiz nahm) verheiratete,
eingesperrte Prinzessin Girnara auf und erlöst die seelisch Geläuterte durch seinen
Anblick als Siegreich-Vollendeter zu strahlender Schönheit. Dann wandert er wieder
als Pilger weiter in die Welt.
Mittelpunkt und beherrschende Figur der Ins zen i e run g ist uns darum der
Pilger. Gegen das Textbuch folgen wir der Partitur und stellen ihn zu Anfang des
Weltspiels groß und gerade mitten in den Saal auf die Stufen zur Kammer
Girnaras. Die Regiebemerkung des Buches, daß die Diener den Pilger von der
SaalschweUe hinausdrängen, fehlt (sehr bezeichnenderweise!) in der Partitur, die
auch keine "Abdrängemusik" hat, sondern - im Gegenteil! - eine kurze pathe-
tische Steigerung. Der Pilger bleibt also im Saal. Und von ihm lassen wir im
Weltspiel jene zauberhaften Wirkungen ausgehen, welche das Tun der bösen Mächte
(der Menschen und des Magiers) hemmen, in der Legende aber steht er leib-
ha f ti g den Dämonen entgegen, enthüllt sich vor Girnara als Buddha, um schließlich·
wieder als Pilger die Welt zu verlassen. Dadurch, daß nunmehr Sihos Beichte und
Girnaras Sühne unter dem sichtbaren Einwirken des Pilgers geschehen, verlieren
die beiden Handlungen den pathologischen Charakter und erscheinen klar als gott-
gewollte Prüfungen, die enge kausal mit einander verknüpft sind.
Der symbolische Charakter des Ganzen wird Gestalt, die Musik erscheint in
ihrem 5 i n n verkörpert.
Die breite, immer geschlossene Rhythmik, der stetige Fluß der ,Melodik, die
meistens tiefe, wenig bewegte Lage der Singstimmen verbindern apriori eine
stärker bewegte szenische Aktion. Diese Musik zwingt die Darstellung von vorn..
herein mehr zum "Tone der Andacht als zur Begeisterung".
Der Stil der Inszenierung ist darum eher episch oratorienhaft, als dramatisch
zu halten. Das christliche Mittelalter kannte ganz ähnliche dramatische Gleichnisse
wie die Girnara: die Moralitäten. Und diese Moralitäten, in denen ebenfalls gute
und böse Mächte um die menschliche Seele kämpften, wurden mit ganz wenigen,
nur zeremoniellen und symbolischen Gebärden mehr zelebriert als agiert, im Vortrag
mehr lyrisch objektiviert als dramatisch vorerlebt. Im selben Geiste stellen wir
auch unsere buddhistische Moralität dar.
Nicht für "Leben und Bewegung", sondern für Ruhe und Bedeutung sorgt
diesmal der Regisseur. Alles, aber auch wirklich alles Geschehen auf der Bühne
wird restlos auf Sihos und Girnaras Läuterung bezogen. Diese klar zu machen

199
werden alle Mittel des künstlerischen Darstellens aufgewendet. Aber alles ist inner. .
lieh seelische Entwicklung. Daher ist größte ä u ß e r e Ruhe erste Bedingung. Diese
Inszenierung bringt keinen einzigen dramatischen Stellungswechsel. Der musik. .
dramatische Dialog ist nicht dramatisch aufgesteigert, sondern besteht zum Großteil
aus lyrischen Sentenzen aus vielen Köpfen. Daher muß ein lockeres, nur symbolisch
betontes Aufreihen der Figuren und ein mehr allgemeiner, nur durch die individuelle
Beziehung persönlich gefärbter Vortrag Platz greifen. Die lockeren Gruppen ballen
sich nur zusammen, wenn Siho unter der Hypnose des Magiers beichtet.
Allgemein unindividuell ist auch das Kostüm.
" Höfling, Ritter, Fräulein, Hausmeier u. s. W,14 sind eher Chargen des euro . .
päischen als des indischen Hofes. Die Typen des Librettos sind auch durchaus dem
modern,europäischen Dramatikerfundus entnommen. Einzig die Musik färbt sie
orientalisch. . indisch.
Wir wählen daher legendenhaft schlichte indische Kostüme, ohne auf ethno'
logische Genauigkeit zu dringen. Auch die Dekoration zeigt eine fr ei behandelte
indische Architektur. Maßgebend ist auch hier nicht die kulturgeschichtliche Akribie,
sondern die frei und symbolisch behandelte Gelegenheit, den Figuren bedeutsame
Standorte zu geben.
Das Wunderbare als Grundcharakter der Legende wird äußerlich am schönsten
und deutlichsten durch die Beleuchtung ausgedrückt. Den Pilger umschwebt immer
ein lichtes Ambiente, den Magier und die Dämonen umhüllen Rauch und grünes
Flimmern, Buddha strahlt aus Feuer und goldigem Licht. Von Blitzen und roten
Flammen verfolgt fliehen in der Passacaglia die Dämonen, mit tiefem Dunkel und
Blitzen schlägt der Pilger die allzu freche Neugier der Hofscharen ab. Beide Akte
(die ja eigentlich gleichzeitig spielen) beginnen im tiefen Dunkel, um mit mächtigstem
Erglühen alles himmlischen Lichtes zu enden.
Beide Akte beginnen mit kleiner, harter Realistik, um in mystischer Vergottung
zu schließen. Das Wunderbare wird Ereignis, Gleichnis und Lehre.
o 0

200
ZUR BEjURTEILUNG DES So wird der Komponist nicht nur dadurch, daß
er eine Oper komponieren will, des Librettos
LIBRETTOS schuldig, sondern dadurch, daß er es ta tsäch ..
"Librettist.. ist ein Schmähwort geworden. lieh komponiert und erst eigentlich in die Welt
Er hat wohl äußerst vornehme Ahnen, die setzt: die wird erst durch ihn mit dem Libretto
doch sonst etwas auf sich gehalten haben:Wie1and, behelligt! In Schreibtischladen stört es ja
Herder, Goethe - Schiller dachte daran -, um weiter niemand, als den Librettisten selbst-
nur von Deutschen zu reden. Aber, wie ist er und dem geschieht ja alles (Unrecht) zurecht.
heruntergekommen! Trotz Hoffmannsthai, Doch weiter: Opernschaffen ist meist eine
Eulenberg, Anthes, die sich neuerdings darum Arbeit zu zweien und soU Eins werden. Es gibt
bemühen. - Richard Wagner, Kienzl, Walters .. ff Wünsche" des Komponisten. Mit Recht. Kein

hausen, Bittner und neuestens Richard Strauß vernUnftiger Librettist - "Gibt es das?" höre
zählen da nicht, weil sie außer dem textlichen, ich fragen - wird von einem ernstzunehmenden
auch das musikalische Geschäft besorgel'l.. Komponisten - er muß ihn dafiir halten. sonst
Goethe, der Theaterpraktikus, hat anläßlich gäbe er ihm doch sein Buch nicht - verlangen,
des "FreischUtzU auf die Verdienste des Herrn daß er sein Buch wie ein Adreßbuch von Abis Z
Kind hingewiesen, den man nicht so kurzerhand herunterkomponiert. Der erste glückliche Tag
beiseite schieben sollte. Sie, die da schreiben und der Ehe, des Beschlusses, ein gemeinsames
abzuurteilen pflegen, wissen es ja selbst, von Werk zu schaffen, ist vorbei und die beiden
welcher Bedeutung das Buch für Erfolg und guten Leutchen entdecken Meinungsverschieden..
Dauer des Werkes ist, daß dessen Lebensenergien heiten. Wie denn nicht? Es soll und muß doch
fast ausschließlich vom Libretto kommen. Doch, eine richtige Ehe sein! Der Komponist ist der
selbst wenn sie vom Libretto als notwendigem .zweifellos Stärkere. Er braucht doch bloß
Übel schreiben, betonen sie das Übel ,stärker, passive Resistenz zu machen und nicht zu
als seine Notwendigkeit. komponieren. Man kann sich ja verständigen!
Und die ist früher da. Im Anfang jeder Natürlich könnte man das. Man muß es sogar.
Oper ist der Librettist, wenn auch der Wille Wenn es sich nur nicht gleich auf einmal um
vom Komponisten stammt. Man macht sich ja zwei Künstler handeltet (Der Librettist bildet
im aUgemeinen gar keine Vorstellung davon, es sich nämlich ganz bestimmt ein!) Zum
wie hilflos a11 die Fische sind, die meisterlich Verständigen gehören aber nicht bloß zwei,
in Tönewogen und ..Wellen zu schwimmen sondern auch Verstand. Den hat jeder. Natürlich.
wissen, solange sie auf dem trockenen Sand Also Überze:ugungskraft. Nun überzeugt einmal
des Meeres liegen, in das sie sich stürzen einen Komponi.ten, der sich nicht einmal von
wollen! Und hier sitzt das Übel. der Richtigkeit ungünstiger Kritiken Uberzeugen
Es r<illt mir nicht ein, die armen Librettisten läßt, da von, daß er Unrecht hat! Das ginge
"retten" zu woUen.Dochseiaufeiniges verwiesen, vielleicht noch. Aber, überzeugt ihn zugleich
was sie und ihr Tun und Lassen in richtigerem davon, daß der andere Recht haU Und so klar
Licht erscheinen lassen mag. liegt ja die Sache auch gar nicht. Und wenn,
Die Sache steht wohl so, daß das Libretto dann steht es erst recht schlimm. Dem Kom ..
dem Komponisten Anregung und Stimmung und ponisten braucht es tatsächlich nur irgendwie
darüber hinaus immer wieder Grundlage zu nicht zu passen und er kann es (wenn nicht
seinem Schaffen gibt und geben muß. Das Libretto schlecht, was doch auch der Librettist nicht
muß dem Komponisten etwas sagen, ihm irgend.. wollen kann) Uberhaupt nicht komponieren.
wie zusagen, sonst wUrde er ea doch nicht Dann muß eben der Librettist der Kliigere sein,
komponieren. Er ist also sein erster und vorläufig oder ihn wenigstens spielen und - nachgeben.
einzig maßgebender Beurteiler. Mag er auch nur Er tappt dem meist völlig unsicher geä.ußerten
instinktiv "Ja" sagen und zugreifen, so tut er Instinkt des Komponisten nach, wird blindes
es doch im Bewußtsein einer vor allem ihn Werkzeug der Komponisten, der dann eigentlich
selbst treffenden Verantwortlichkeit, die er mit an all diesen Stellen fUr das Libretto verantwort..
Jahren seines besten Schaffens zu bezahlen hat. lieh ist. Beispiel aus der Erfahrung: der

201
Librettist baut drei tadellose Strophen. Dem Abneigung besteht, was sich eben erst im voll ..
Komponisten paßt in dieser die dritte, in jener endeten Werk zeigt? "An ihren Früchten sollt
die vierte, in der dritten die fünfte Zeile nicht, ihr sie erkennen!" Dies immer giltige Wort gilt
er läßt sie aus und komponiert das übrige. auch hier. Wenn ein Libretto die ihm ent..
Und sO weiter! Hier braucht der Komponist - sprechende Mnsik gefunden hat. braucht es noch
in allem künstlerischen Ernst, von dem man keine gute Oper zu ergeben. Die Übereinstimmung
sich meist keine Vorstellung macht -und als ist da, das Werk ist ein Ganzes und auch als
Außenstehender sich auch nicht machen kann Ganzes minderwertig. Erst das gute Libretto
- eine längere lyrische Stelle, dort eine und die ihm entsprechende gu te Musik machen
dramatische Steigerung u. s. w. 1n all diesen die gute Oper aus. Man sieht, wie vielfache
Fällen greift der Komponist entscheidend und Möglichkeiten sich hier ergeben. Dies alles hat
bestimmend ins Libretto ein. Ich behaupte und Opernkritik zu bedenken, zu erwägen und zu
glaube es hiemit unter Beweis gestellt zu 'haben, beurteilen.
daß für die letzte, der allgemeinen Beurteilung Das Libretto ist kein (loslösbarer) Teil
unterliegende Fassung des Librettos der Kom.. eines Ganzen (der Oper). Wenn es auch aus
ponist verantwortlich ist. technischen Gründen abgesondert (vor dem
Hieraus ergeben sich Maßstäbe für die Musikalischen) beurteilt werden muß, darf es
Beurteilung des Librettos. nur in stetem geistigem Zusammenhang des
Wie sieht sie gemeinhin aus? ganzen Werkes geschehen, nie als getrenntes
In Opernkritiken bekommen wir meistens Vorhinein. Aus dem unverlierbaren Blickpunkt
zunächst eine notwendig schlechte (Lessingl) auf das Ganze muß seine Beurteilung eine rück ..
Inhaltsangabe des Librettos zu lesen. Einige läufige sein. Nur so darf man hoffen, ihm und
Brocken wie "unwahrscheinlich4 , "bühnen.. damit dem ganzen Werk gerecht zu werden.
wirksamu, "effektvo1l4 , "kinomäßigu, "abge.. Dies ist wohl die einzige Daseinsberechtigung
droschen u u. s. w. bilden das ästhetische einer ästhetischen Kritik. Guido Glück
Werturteil. Im "musikalischenu Teil folgen
meist einige, Laien wenig verständliche termini c c
technid, was uns hier aber nicht zu beschäftigen
hat. BERUFSCHÖRE
Der verführerische Standpunkt, ein Libretto Der Dilettant hat seine wichtige Rolle von
als dramatisches Wer!{ zu beurteilen, ist falsch. einst, die Rolle des öffentlich ausübenden
Es ist kein Wortdrama, darf keines sein. Es Künstlers ausgespielt, sie längst an den Berufs..
ist kein selbständiges Werk, sondern mit der musiker abgegeben. Niemals wird ernstlich ein
Musik koexistent. Nur von diesem Standpunkt Amateurorchester, ein Dilettantenquartett mit
aus ist es zu Werten. Gewiß ist es für Bühnen..- Berufsmusikern auch nur zu vergleichen sein.
musik gedacht, für BühnendarsteIlung ein.. Unsere Chorvereinigungen jedoch bestehen fast
gerichtet. Doch wichtiger ist zunächst die Frage: ausschließlich aus dilettierenden Liebhabern.
"Ist es - musikalisch?U (Schrekers Libretti Ein Orchester ist ein fester Körper. Ein
machen dies deutlich I) Bedarf es der Musik, Chor ist ein Variabile. Zweihundert Köpfe,
nicht nur als Begleitung, sondern als Aus.. zweihundert Sinne. "Unter diesem Dirigenten
deutung? Hat es zu seiner Existenz Musik nötig? zu singen fällt mir nicht ein.4 "Ich singe kein
Ist ihm die Musik zuteil geworden, die es zum modernes Werk." nDer ßozart ist mir zu lang..
Leben braucht? Hat der Komponist alles aus .. weilig. u Für halb sieben ist die Probe angesagt.
genützt, alle musikalischen Möglichkeiten ge.. Um sieben kann sie zur Not beginnen. Bis halb
staltet? acht kommen die Nachzügler. Nach halb acht
Dieses gegenseitige Verhältnis, von Libretto beginnen die ersten abzuziehen. Und um acht
zu Musik; von Musik zu Libretto, gilt es sind alle erschöpft. (Die noch da sind, versteht
zu beurteilen, denn es handelt sich um sich.) Ich meine keinen bestimmten Chor, ich
ein Werk, das aus beiden besteht. Ein gutes klage auch niemand an. Ich beklage nur Um..
Libretto kann schlecht, ein schlechtes Libretto stände, die bei freiwilliger Mitarbeit unvermeid ..
kann gut komponiert sein. Klaffen Abstände, lieh sind. Begeisterung ist gut. Aber man hat
dann ist die Oper a1s ganzes Werk mißlungen. seinen Beruf; mehr als ein.. bis zweimal in der
Wer ist an dem Mißverhältnis schuld? Muß es Woche Zeit für Proben finden, ist eben un..
immer der Librettist, kann es nie der Komponist möglich, und auch da sind berufliche Hin der..
sein? Oder beide, die nicht zueinander passen, nisse immer wieder zur Stelle, heute bei dem,
zwischen denen (künstlerisch) unüberwindliche morgen bei dem.

202
Und di'e Qualität des einzelnen! Kann mit Philharmonischen Orchester geschadet, daß es
der nötigtn Rigorosität bei der s'ogenannten aus so viel Solist'en. aus so viel Ptofes'soren
AUlnahmsprüfung vorgegangen werden, 'eHe an besteht? Und ist es nicht gerad'e darum das
Stimme,Rhythinus,Tonumfang, absolutes Gehor, Philharmonische Orchester? Hat es dem ein..
a ..vista.. Lesen die strengsten Anforderungen zu zeinen Musiker geschadet, wenn er den Phi!..
stellen hätte? Wie viele blieben von sämtlichen harmonikcrn angehört? Oder ist es nicht am
Wiener Chören auserwählt? Ende ein Ehrentitel geworden?
In Deutschland ist es etwas bess'er. Da gibt Schafft Berufschöre ! Chöre, die den Dilet..
es - vom protestantischen Ritus gefördert - tanten keineswegs ausschließen, ihn aber unter
evangelische Kirc;henchöre. Berufschöre gibt es die Führung des Berufssängers stellen. Bezahlt
bei uns nur an größeren Operntheatern, auch die Mitwirkung, wie Orchester bezahlt werden,
diese an Zahl allzu- beschd.nkt und durch den und mehr und bessere Choraufführungen
täglichen Theaterdienst dem Konzertbetrieb fast we'rden erreichbar sein. Auch der vielfach im
ganz entzogen. Das Ideal sind die Berufs.. argen liegenden Kirchentnusik wäre damit
Kirchensänger der griechischen Kirche, besonders gedient. Daß der Chor sich ebenbürtig unseren
Russen, die gezwungen sind, a..-capella zu singen, so hoch entwickelten Orchestern zur Seite
da die Religion das Instrument aus der Kirche stellen dürfte, daß es endlich möglich sein
verbannt. müßte, die H moll..Messe. die Missa solemnis,
Wäre der unbefriedigende Zustand bei uns die Achte Mahlers, die Gurrelieder 130 voll..
nicht zu bessern? Die leidige Vereinsmeierei, kommen aufzuführen, wie wir es von In..
der Ehrgeiz immer neu auftauchender Dirigenten strumentalmusik fast schon gewohnt sind. Dazu
vermehrt die Chöre fast schon wie Bankfilialen. bedürfte es der Erfüllung dieser Forderung:
Sehr zum Schaden. Es gibt in ganz Wien nicht Schafft Berufschöre !
einen Chor, der an Zahl ausreichend wäre. R. St. Hoffmann
(Denn viel weniger als dreihundert Sänger c c
durfte ein Chor, der großen Aufgaben dienen
will, nicht haben.) Die Männer sind der BUg..
gestiven Anziehung gemUtlicher Liedertafel..
AUS DEN K 0 N ZER T,
runden rettungslos verfallen. Die Frauen machen BERICHTEN DES
sich in zahlreichen Frauenchören selbständig. MUSIKKRITIKERS
Die gemischten Chöre aber müssen einander
gegenseitig aushelfen, wenn sie ein Podium NEPOMUK MITLÄUFER
füllen wollen. Dazu kommen rein parteimäßig
September 1921
gegründete Organisationen. Diese zunehmende
Konkurrenz zwingt die Chorleiter, in den Nach seiner eigenen edel empfundenen und
Ansprüchen an das einzelne Mitglied nach .. ebenso tiefsinnig entworfenen wie meisterlich
zulassen, sehr zum Nachteil der Qualität der ausgearbeiteten Symphonie glaubte unser ver..
Gesamtleistung. Aber die Berufssänger? dienstvoller Musikdirektor Paul Köchel noch
die Erstaufführung einer "Orchesterphantasie"
leh meine ja nicht die großen Stars der von Hans Neuling folgen lassen zu müssen.
Theater. Aber wo bleibt die Unzahl gut oder
Wir konnten nur die Selbstverleugnung bewun..
passabel ausgebildeter Sänger1 die als kleine dern, mit welcher Meister Köchel in fast über..
Solisten, als Gesanglehrer, als begabte Anfanger
triebener Parteilosigkeit sich dieses unreifen,
da und dort auftauchen, in bescheidener Mittel.. aUen Gesetzen der Kunst hohnsprechenden
stellung ihre Aufgabe erfüllen, als Solisten nicht Gestammels annahm. das beim Publikum auf
mehr oder noch nicht erstklassig sind, als entsprechende eisige Ablehnung stieß.
Choraänger aber ganz vortrefflich wirken
würden. Hier waltet Aberglaube und Vorurteil. c
Der Lehrer verbietet den Chorgesang, der Dezember 1921
musikalisch die größte Förderung bedeutet.
Schon kUrzlich wurden wir gezwungen.
weil nur exakte Probenarbeit wirklich mit dem
mit den musikalischen Ausgeburten Hans
Werke vertraut macht und - was auch zu
Neulings bekannt zu werden, und haben nach
beachten ist - lehrt. wie man lernt. Sich seIbst
Anhören seiner ttKlaviersonate4 unserem damals
aber verbietet es der Lehrer oder der solistisch
ausgesprochenen Urteil nichts Günstigeres hin ..
Tätige aus dem lächerlichen Wahne, er vergäbe
zuzufiigen.
seinem künstlerischen Renommee etwas, wenn
er als Solist (!) im Chore sänge. Hat es dem o

203
März 1922 September 1931
QUO usque tandem! Sollen uns immer wieder - - Und wenn wir so den Kranz aus
Kakophonien Hans Neulings zugemutet werden? Ruhmesblättern unseres unvergeßlichen Toten
Auch das Gdringer..Quartett vermochte dem winden, vergessen wir nicht, eines der schönsten
unnatürlichen Reiz, sich solcher anzunehmen, mit hin einzuflechten, daß der verstorbene
nicht zu widerstehen, worüber wir uns mit Musikdirektor Paul Köchel als erster bei uns
ihm nicht weiter ausdnandersetzen wollen. vor nun gerade zehn Jahren die erhabenen Ton..
Den kecken Applaus nachher konnte nur dichtungen Hans Neulings zum Erklingen ge..
wohlangebrachte Ironie gespendet haben. bracht hat.
c c
Oktober 1922 September 1937
Als Gastdirigent wurde Hans Neuling, dessen Nach seiner eigenen edel empfundenen und
persönlichem Erscheinen einige hochmoderne ebenso tiefsinnig entworfenen wie meisterlich
Kompositionen bereits vorangegangen sind, ausgearbeiteten Symphonie glaubte unser ver..
lebhaft gefeiert. Der Erfolg bewies, daß unser dienstvoller Musikdirektor Hans Neuling noch
vorurteilslos denkendes Publikum seine un.. die Erstaufführung einer nOrchesterphantasie"
bestreitbaren musikalischen Fähigkeiten sowie von Peter Modern folgen lassen zu müssen.
sein feuriges Temperament zu erkennen und Wir konnten nur die Selbstverleugnung be..
zu würdigen, verstand. wundern, mit welcher Meister Neuliug in fast
. übertriebener Parteilosigkeitsichdieses unreifen,
c allen Gesetzen der Kunst hohnsprechenden
Dezember 1922 Gestammels annahm, das beim Publikum auf
• • • und eine Violin ..Klaviersonate von entsprechende eisige Ablehnung stieß.
Hans Neuling. Alexander ]emnitz, Budapest
c c c
Mär: 1923
• •• wurde die in mancher Beziehung geist.. BESPRECHUNGEN
reiche VioIin..Klaviersonate von Hans Neuling
wiederholt. , CRAMER_PETYREK: KONZERT-ETÜDEN.
(Universal..Edition, Wien..Leipzig.)
c
Von Godowskys Chopin..studien ist mit
November 1923
Unrecht gesagt worden, sie seien kompositorisch
Am dritten öffentlichen Vortragsabend des wertlos, weil ihre Vorlagen bereits den Stempel
Konservatoriums ••• -, ••• spielte die begabte höchster Mt;isterschaft tragen und zu den
Dora Leuwald zwei Klavierstiicke ihres seit wirksamsten Konzertstiicken zählen; es sei
Beginn des Semesters am Institut wirkenden daher überflüssig gewesen, ihnen eine neue
Lehrers, des interessanten Komponisten Hans Einkleidung zu geben. Es kann aber keinem
Neuling. Zweifel unterliegen, daß Godowskys Bearbei..
c tungen hohe tonsetzerische Vorzüge besitzen;
November 1924 ganz abgesehen von ihrem pädagogischen Wert
Wie wi~ erfahren, wurde dem allgemein können sie sehr wohl als selbständige Kunst ...
geschätzten Professor unseres Konservatoriums, werke gelten. Hat auch vom Standpunkte
Hans Neuling, für sein zweites Streichquartett strengster ästhetischer Kritik niemand das
der Blüthner..Preis zuerkannt. Wir freuen uns, Recht, Variationenwerke der größten Meister
von diesem neuen Ruhmesglanz etwas auch auf von Bach und Händel bis Reger deshalb
die Anstalt fallen zU sehen, welche mit dieser für minderwertig zu halten, weil ihnen oft
Berufu~g abermals einenBeweis ihres bewährten fremde Themen zugrunde gelegt sind, so ist
Entdeckerblickes erbracht hatte. nicht einzusehen, warum dies nicht auch für
Etüdenbearbeitungen, die selbständigen ton..
c setzerischen Wert besitzen, gdten soll.
November 1925 Petyreks acht Cramer .. Studien treten
• • • sowie die famose Erstlings..Sonate ebenbürtig gegen Godowskys Chopin..Bearbei..
Prof. Hans Neulings. tungen. Sie haben vor ihnen voraus, daß die
gewiß gehaltvollen, aber nicht für Konzert..
c
aufführung bestimmten Cramer..Etüden erst

204
in der neuen Form für den KODzertsaal Czardasrhythmull und seinen Tremolos und
erschloisen worden sind. Petyrek hat diese Doppelgriffen. Das ganze hochbedeutende Werk
Aufgabe meisterhaft gelöst, indem er den ist zwar nur von Meistern des Instrumentes
vollen Strom modernen vidstimmig~voll;.. ausführbar, jedoch für das Schaffen Kodalys
griffigen Klaviersatzes in das anscheinend so repräsentativ und daher fUr öffentliche Auf..
enge Bett der nach heutigen Begriffen technisch führungen sehr zu empfehlen.
harmlosen Cramerschen Etüden leitete. Auf Richard Schwarz
diese Weise sind prachtvolle, teilweise hin..
reißende Konzertstücke entstanden, die den e e
Vorlagen nichts von ihrem Wert rauben, indem
sie ihnen zu bisher unerhörtem Glanz und
Klangzauber verhelfen. Was die technische
N o T I z E N
Schwierigkeit betrifft, so erfordern sie zwar Im Rahmen eines Mozart..Festes im
eingehendes Studium, bieten aber keine außer... Mozarteum in Salzburg werden anfangs August
gewöhnlichen technischen oder rhythmischen dieses Jahres drei Symphoniekonzerte, drei
Probleme, so daß einige auch bereits Schülern Kammerkonzerte und eine AuffUhrung des
mittlerer Ausbildungsstufen zugänglich und alle Requiems im Dom stattfinden.
wohlgeeignet sind. zur Einführung in die e
moderne Technik benützt zu werden. Als be..
In der Berliner Staatsoper fand die Erstauf·
sonders reizvoll möchte ich die Etüden in
führung der Opern tI Turandot Uund ffArlecchinou
B dur Nr.3, G dur Nr. 6 und G dur Nr.8 hervor...
von Ferruccio Busoni unter der Leitung des
heben. Die bekannte E moll...Etfide erscheint in
Generalmusikdirektors Leo Blech statt. Die
zwei Fassungen, deren eine der linken Hand
interessanten Werke erzielten starken Erfolg.
allein eine dankbare Aufgabe stellt.
Dr. Feli:!: Rosenthai e
Im Nationaltheater Mannheim findet im
e Juni eine deutsche Opernwoche stattt bei der
unter anderem Schrekers tlSchatzgräberU unter
ZOLTAN KODALY: SONATE op. 8 für
persönlicher Leitung des Komponisten, Pfitzners
Violoncello Solo. (Universal~Edition, Wien..
tlPalestrina;:;: und Richard Strauß' tlAriadne auf
Leipzig.)
Naxos u in Szene gehen wird.
Die Literatur an Werken für Solocello ist
nicht groß. Abgesehen von den für Studien... e
zwecke veröffentlichten Stücken bedeutender Die Ouvertüre zur komischen Oper tlDas
Cellisten wie Klenget oder Duport sind eigent... heiße Eisenuvon Bernhard Paumgartner, welche
lieh nur die Solosuiten Bachs, rein musikalisch das gleichnamige Fastnachtsspiel von Hans
betrachtet, Kunstwerke. Kodalys Sonate ist trotz Sachs benützt, wurde in Salzburg zur erfolg..
ihrer technischen, außerordentlich bedeutenden reichen Uraufführung gebracht.
Schwierigkeiten doch als absolute Musik wert.. e
von. Während des ganzen Stückes sind die zwei
tieferen Saiten um einen halben Ton hinunter.. In Bochum werden vom 26. Juni bis 5. Juli
gestimmt. Dadurch ist eigentlich ohne Vor.. unter der Leitung von Rudolf Schulz..Dornburg
zeichnung die Tonart H moll gegeben, in der Bruckner .. Tage abgehalten, bei denen vor
das Werk auch steht. Allerdings erschwert die allem die bisher wenig beachteten Chorwerke
Notierung nach dem Griffe die Lesbarkeit für des Meisters ausführlich berücksichtigt werden.
den Nichtcellisten. Der erste Satz mit seinem Außer Symphonien und Messen wird auch das
leidenschaftlichen, weit gespannten Hauptthema Te Deuro unter Mitwirkung von 800 Sängern
und seinem, eigentlich zweistimmig erfundenen aufgeführt werden.
kontrastierenden Gedanken kommt in der An.. e
lage dem überlieferten Formtypus am ehesten In Graz fand ein Orchesterkonzert von
nahe. Der Mittelsau, der mit einer ganz freien, Kompositionen E.N. v. R e z nie e ks statt. Sowohl
ausdrucksvollen Adagiomelodie beginnt, führt die D dur ..Symphonie im alten Stil als auch die
in seinem weiteren Verlaufe zu einem beweg.. F moll.. Symphonie und die berühmte Ouvertüre
teren Mittelteil, um dann die Bewegung des zu ttDohna Dianau wurden von Dr. Karl Böhm
Anfanges, allerdings völlig verändert. wieder unter großem Erfolge interpretiert.
aufzunehmen. Der letzte Satz wahrt am meisten
die charakteristisch ungarische Note mit seinem e

205
j

Burleske,
Auffübrungreeht vOt'behaJlnn.
IJroits d'execution reserves.

Rhythmisch, markiert . Rudolf Reti Op. 2. Nr. 2.


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durm seine Bearbeitung wieder zugänglich macht. Echl und
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BRIGG FAIR Eine englische Rhapsodie für gro~es Orchester
6902 Orchesterparlifur...... Mk. 20'-, 6904 Sludienparlilur . • . • • • • • . Hk. 3·....
6905 Klavier-Auszug zu, vier Händen . . • . . . . . . . . • • . • • • . • • . . . Mk. 3"-
DAS LIED VON DEN HOHEN BERGEN (The Song:of Ihe high HiIJs) f. gern.
Chor u. gr. Dreh.
6912 Orchesterparfitur............................ . Hk. 25.-
EINE ARABESKE für Barifon-Solo, gemischten Chor und gro&es Ormesfer
5358 Orcheslerpartitur . . . . . . Mk. 10'-, 5295 Klav.-Ausz. m. Text. d., eng!. • Hk. 3'-
EINE MESSE DES LEBENS (A Ma .. of Ufel f. Soli. Chor u. gr. Orm.
3904/05 OrmesterparliJur 1;11 zus .•• Mk. 100'-, 3908 Klav.-Ausz. m. Texl, d., engl. • Mk. Ht-
3913 Themafisdle Analyse (Haym) . . • • • • • . . , . . . • . • • . '.' • .• . Mk. -'40
EINE TANZ· RHAPSODIE (A Dance Rhapsody) lür grb~e. Orme.ler
6906 Orchesterparlifur .• " .• Hk. 20·-. 6908 Studienparlifur •.•... , . Mk. 3'-
IM MEERESTREIBEN (Sea Drill) Sinl. Dim!. f. Bar.·Solo. gern. Chor u. gr. Orm.
3893 Orchesierparlllur . . . . . . Hk. 25'-, 3896 Klav,-Ausz. m. Text, d., engl. . Hk. S'-
IN EINEM SOMMERGARTEN (In a Summer Garden) I. gr. Orm.
6909 Orcheslerparlilur...... Mk. 20'-, 6911 Sludienparlilur • . • . . . . • • Hk. 3'-
KLAVIERKONZERT C moll
3901 Ordlesterparlilur...... Mk. 25'-, 3903 zwei Klav. z. vier Händ.,. • Hk, S'-
PARIS (The Song of a Great City) für gro~es Orchester
6900 Orme.lerparlilur........................... • Mk. 30'-
REQUIEM fur Sopran- und Bariton-Solo. Doppelchor und gro&es Orchester
6592 Klavier-Auszug mit Texl. d., eng!. . , . . . , , • , . . . • • . . . , . . Mk. 10'-
SONNENUNTERGANGSlIEDER (Song. of Snn ..l) [. Sopr. u. Bar.·Solo. gen1.
Chor u. gr. Oreh, ,. ..
6915 Orme.jerparlilur • • • • • . Mk. 25'-. 6918 Klav.·Ausz. m. lex!. d.• eng!. . . Mk. 5'-
VIOLONCELL UND KLAVIER
6923 Sonate. für ViolonceIl und Klavier , , . . . • , • • . , , . , . , • .Mk. 4'-
UEDER UND CHORE
3892 FONf LIEDER für eine Singstimme und Klavier. deutsch, engllsm. hoch . , • • . Mk. 3'-
I: Das Veilmen, 2, Im Garten des' Serails. 3. Seidensdtuhe. 4, Herbst, 5, 'rmelin
VIER ALTENGLISCHE LIEDER für eine Singstimme und Klavier. deutsch
6919ajb 1. War einst ein liebster uhd sein Srllafz (lt was a lover and his la5s). ho<h,lief ,iI
Hk, ),SO
6920a/b 2, So wei~. so zarf. so sü~ (So while. so soft. so sweel). hoch. liel " . • • • iI
Mk, l'SO
6921 atb 3. Mai. süIJer Mai (Spring, Ihe Sweet Spring). homo tiel . . • . • , . . . . • . i.'J
Mk. 1'50
6922a/b Narzissen (Daffodils). hoch. tief . . • . . . • . • • . . . . • • • • • . • . • iI
Mk. l'SO
3909 EIN HOCHSOMMER LIED (Mld.ummer Song) f. gern. Chor 0 <appena. Partllur . Mk. 2"-
3910 ON CRAIGH DDU für gemismlen Chor a cdppella. Partitur. . • , . • . . •• Mk. l'SO
3911 WANDERERS LIED (Wanderer. Song) lür Männer<hor a <appeHa. Partilur • • . Mk. I'SO
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UNI VER S A L - E D I T ION A. G.. WIE N
Juli-August-Heft 1921

INHAL T

Hermann Grabner .. .. .. .. .. .. .... Über neue Harmonik


Joseph ·A. Dasatiel .. .... .. Homophone Folyphonie und
Harmonie-Ent-wicklung
Hugo Kauder ........ Schellings Fhilosophie der Musik
D. J. Bach ....... , ......... , Arnold Schönberg und "Wien
Hans Tessmer .. Dirigenten XI (Siegmund v. Hausegger)
Th."W. "Werner .. Egon"Wellesz •• DieFrin:iiessin Girnara"
Glossen : .. Mehr Talente" von Alexander Stern; Der
Britl scbe Mu.sik-Kongress in London von Ernest
Whit:f1eld ; Zweites Linzer Musik-Fest von Franz
Gri1i1inger; Die Opern Franz Schrekers auf' deutschen
Biihnen von R. S.; ..Kritik der Kritik" von Fanl
Bechert I Freisausschreiben des "Anbruch" f'ür
ChorJcompositionen I BeBprechungen I Notizen / Zu
unserer Notenbeilage I Neue Noten I Neue Bücher
Notenbeilave: Georg Szal]. Sarabande op. B Nr.2
3. Jahrgang Nummer 12 J'uli~August~Helt 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
&

CI//gemeilfer reif
_ _ . . . . . . . . - . . - . .. . . . . . _ _ ... _ _ _ _ ... _ _ _ _ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . "'1

ÜBE R NEU E HARMONIK


Von Dr. Hermann G r a b n er, Heidelberg
In seinem ausgezeichneten Buche • Grundlagen des linearen Kontrapunkts"
sagt Kurth:
.Das wesentliche Moment, das zur Aufstellung des Begriffes der potentiellen
Energie, eines die ganzen Akkorde als Einheiten betreffenden Spannungszustandes,
führt, liegt also darin, daß nicht nUr einzelne Töne des Akkords aus dem melodischen
Stimmenzusammenhang heraus eine (kinetische) Spannkraft tragen können, sondern
daß der ganze Akkord, als verschmolzene Einheit betrachtet, die Spannung
einer Energieempfindung enthalten kann."
Das Streben, diese Energiewirkungen einer Akkordmasse noch stärker zu betonen
als dies in den durch die Natur gegebenen einfachen Beziehungen der drei Haupt-
harmonien (Tonika, Subdominante und Dominante) ausgesprochen ist, hat in den
letzten Jahrzehnten zu einer außerordentlichen Erweiterung der Harmonik geführt.
Das klassische Ideal der einfachen, unmittelbaren Auswirkung der Akkordspannungen
wurde verdrängt durch das Streben der Romantiker, diese Spannungen durch neue
Klänge zu steigern, um im entscheidenden Höhepunkt die Entladung der auf-
gespeicherten Energie mit desto größerer Macht folgen zu lassen - wie beispiels-
weise im Erlösungsquartsextakkord des Wagnerschen Tondramas und des Wolfsehen
Liedes. Nicht mehr konnte hier die absolute, nur auf sich selbst gestellte Kraftwirkung
des Akkordes genügen und lineare Momente mußten dazu beitragen, diese
Verschleierung der Tonalität zu vervollständigen. Hier liegen die ersten
Ansätze zu atonalen Klangäußerungen. Daß es nicht schon damals zu ihrer völligen
Entwicklung kam, liegt in der Struktur der verwendeten Klänge, die, aus ihrem
Zusammenhang herausgehoben, immer noch deutliche tonale Zugehörigkeit zeigen.
Selbst Reger arbeitet noch mit durchaus tonliehern Akkordmaterial, und das
Bewundernswerte an seiner Harmonik liegt in der weitestgehenden Entfaltung der
modulatorischen Klangtriebkräfte. Bei Richard Strauß dagegen gewinnen schon
gewisse, auf 1i n e are m Wege entstandene Zusammenklänge mitunter eine ganz
selbständige Bedeutung und heben sich als völlig eigenartige Akkordgebilde von

207
den übrigen ab. Noch stärker zeigt sich das Streben nach Verleugnung der Tonalität
bei Deb,ussys Ganztonharmonik, deren exotische Entstehungsweise Schönberg in
seiner Harmonielehre mit Recht bezweifelt, um sie in viel einfacherer Weise als
Durchgangsharmonik zu erklären.
,
In der Tat haben wir genug Beispiele, daß .Zufallsbildungen" sich
gewaltsam zu selbstherrlichen H ar monien durchsetzten. Wie zum Beispiel
der Ursprung der Dominantsept in einer ,Durchgangsbewegung zwischen Dominant-
grundton und Tonikater: zu suchen ist, wie dann diese Dominantsept zu einem
festen, von jeglichem Bewegungsvorgang absolut unabhängigen Akkordbestandteil
der Dominante werden konnte, ebenso haben wohl gewisse, aus Bewegungsmomenten
hervorgegangene, akkordfremde Elemente verschiedene Klangintervalle verdrängt und
dem Klang ein neues Gepräge verliehen. So kann man sich beispielsweise den
Quartenakkord e a d g durch einfache Durchgangsbewegung entstanden denken:

Nehmen wir darüber als liegende Stimmen c und fan,' so erhalten wir einen
Durchgangsakkord mit fünf übereinander liegenden reinen Quarten: e a d g c f.
Auf ganz ähnliche Weise wäre der Akkord f h dis a. des fis zu erklären, der
durch eine Durchgangsbewegung vom verminderten Septakkord zu seiner Tonika
entstanden ist:
f-fis-g
d-des-c
as g
d-dis-e
h g
f e

Aus obigen Beispielen geht hervor, daß ein Akkord alle beliebigen Veränderungen
verträgt und doch seine Funktion unzweideutig beibehalten kann, solange ein
Bewegu'ngsvorgang auf eine bestimmte tonale Auffassung hinweist. Die
wankend gewordene Stellung des einzelnen Akkordes wird hier durch den Be-
wegungsvorgang auf eine bestimmte tonale Richtung hingelenkt, und das Ho r i z 0 n tal e
wirkt hier gewissermaßen aus g I ei ehe n d. Denn die Bedeutung des Klanges als
solchen, losgelöst von allen linearen Beziehungen, bleibt nur solange bestehen, als
gewisse charakteristische Intervallspannungen ihre Vorherrschaft bewahren können.
So wird man beim Nonklang g h d f a alle beliebigen Veränderungen vornehmen
können, ohne daß die Dominantauffassung gestört wird, so lange noch eine kleine
Neigung zur Dominanttendenz irgendwie erkennbar ist, etwa in der Leitton... Sept. .
spannung h-f, oder in der Grundton-Leittonspannung g-h. Daher gestattete auch
die Theorie1ehre Alterierungen der Dominantquinte, war aber den Alterierungen
anderer Dominantintervalle mehr oder weniger abgeneigt. Denn damit schwindet

208
dann der Funktionscharakter des Akkordes.' Im folgenden sind verschiedene Formen
des Dominantnonklanges von C dur in Grundlagen und Umkehrungen dargestellt.
Die charakteristischen Intervallspannungen zwischen Grundton, Leitton und Sept
sind je nach Anordnung der Lage dieser Intervalle verschieden. Dabei wird man
die Beobachtung machen können, daß der Dominantcharaktermanchmal stärker
;hervortritt, manchmal jedoch fast verschwindet. Das erstere ist der Fall, wenn den
charakteristischen Intervallen eine bevorzugte Stellung eingeräumt wird, also wenn
die Grundton-Leitton-Septspannung besonders eindringlich hervortritt, wie in
folgenden Fällen:
f f
des
fis a a f d
as as as
as dis des des dis des a
h h h a f
h h d dis
f fis fis d
d d a a h h
dis g
g g g g
g g g h
f f f f

Dagegen ist in den folgenden Formen schon e10e bedeutende Abschwächung des
Dominantcharakters zu bemerken:

f
g g 'f f g
dis d a d des
h h fis a
a
a as des dis f
des dis
g g h
f f
h h dis

Allmählich vollzieht sich dann der Übergang bis zu vollständiger Beziehungslosigkeit


und atonaler Klangwirkung. Die charakteristischen Intervalle g h f sind zwar noch
erhalten, spielen aber eine sehr untergeordnete Rolle:

fis as
d
f dis des dis
as
g g as g
dis d
d dis f
h , a h
a h
g f f g f
des h h dis I des
f dis des a I a
Oder folgender Fall: e gis d hat eindeutige Dominantfunktion in A moll.
Nehmen wir statt gis den Ton a, so erhalten wir den Quartenklang e a d, der eine
ganz unbestimmte Stellung einnimmt, da er auch aus e a cis oder fad entstanden
sein kann.

209
Man sieht, daß eine einzige Veränderung eines Akkordtones die tonale Stellung
eines Klanges leicht erschüttern kann und daß nur lineare Kräfte imstande sind,
diese Gleichgewichtsstörungen auszugleichen. Kommt jedoch dieser Ausgleich nicht
zustande, so ist natürlich die Möglichkeit, die tonalen Beziehungen aufrecht zu
erhalten, sehr beeinträchtigt, wenn nicht gar Aufgehoben. Die eigentliche Ursache
atonaler Klangwirkungen wird daher wohl in li n e are n Momenten zu suchen sein.
Horizontale Kräfte können unter Umständen Akkordspannungen
hervorrufen, die, bei fehlendem horizontalen Ausgleich, klangliche
Beziehungslosigkeit erzeugen.
c c

HOMOPHONE POLYPHONIE UND


HARMONIE -ENTWICKL UNG
Von Dr. Joseph A. Dasatiel, Wien
Auf den ersten Blick scheint es eine contradictio in adjecto, von homophoner
Polyphonie zu sprechen. Wenn man aber näher zusieht, wird man diesem neu...
geprägten Begriff seine Existenzberechtigung nicht absprechen können. Leider muß
sich der Verfasser hier damit begnügen, sowohl den Begriff selbst, als auch die von
ihm aUsgehenden Gedankenreihen nur skizzenhaft umrissen wiederzugeben, er
behält sich jedoch eine ausführliche und erschöpfende Behandlung dieses Themas vor.
Ästhetische Begriffe sind relativ. Das gilt auch von anscheinend feststehenden
Begriffen, wie zum Beispiel "polyphon/I • Man findet oft Partituren, in denen fort ...
laufend eine Unzahl Stimmen notiert ist, die aber dann bei der Aufführung nicht
herauszuhören sind. Was ist nun da maßgebend für die Bestimmung "polyphon"
oder nicht: das polyphone Notenbild, oder die homophone Klangwirkung?
Bei dieser Gelegenheit sei es gestattet, darauf hinzuweisen, daß - im Gegensatz
zu einer leider stark verbreiteten, sogenannten Meinung - weder Polyphonie ein
Vorzug, noch Homophonie ein Fehler ist. Die Hauptsache ist und bleibt, daß ein
Kunstwerk als einheitlicher Organismus wirkt. Ob der homophon oder polyphon
ist, hat für die allgemeine Wertung "gut" oder "schlecht", deren Existenzberechtigung
ohnedies auf reichlich unsicheren Füßen steht, keine Bedeutung.
Polyphonie ist nicht eine Zahlen-, sondern eine Willensfrage. Und zwar kommt
eS weniger' darauf an, was für einen Willen der Künstler hat, als vielmehr, ob die
Stimmen einer (polyphon angelegten) Partitur als Trägerinnen selbständigen Willens
betrachtet werden können. Aber auch die Beantwortung dieser Frage zeigt uns
zunächst nur, ob Homophonie vorliegt oder nicht. Die endgültige Entscheidung,
ob es sich um wirkliche Polyphonie (etwa im Sinne Bachs) handelt oder ob dies
nicht der Fall ist, bringt erst die Antwort auf die Frage nach dem Ziel des Willens
der einzelnen Stimmen. Ist dies die Linie, die selbständige, gleichberechtigte melo ...
dische Entwicklung jeder Stimme, dann haben wir echte Polyphonie vor uns.
Ist diese. Ziel aber die Farbe, die Klangwirkung, dann stehen wir an der Quelle
jenes Stils, der hier als homophone Polyphonie bezeichnet wird.
Auch die wirkliche Polyphonie kann uns nicht alle Stimmen mit ganz gleicher
Klarheit zu Bewußtsein bringen; mehr als höchstens fünf durchgeführte Stimmen

210
sind ja ohnehin nicht mehr apperzipierbar. Aber sie löst durch die Wechselwirkung
der verschiedenen Stimmen . .Willen eine Spannung aus, die uns veranlaßt, diese
Musik mehr von der intellektuellen Seite aufzufassen; und daran kann man sie
erkennen. Es liegt nun nahe, daß die Komponisten" unserer mit Intellektualismus
geschwängerten Zeit sich bestreben, polyphon zu schreiben. Dazu gehört aber eine
na tür 1i c h e geistige Kraft, über die unser Zeitalter nicht mehr und noch nicht
verfügt, eine Kraft, die positiv, aufbauend wirken muß. (Während gerade die
extremsten modernen Polyphoniker trotz sehr bedeutender technischer Leistungen
über eine negative, destruktive Wirkung nicht hinauskommen können.) Heute
haben wohl die Künstler den polyphonen LiniewWillen, allein ihre Themen, zu
blutleer für das homophone Freiluftleben und zu schwach zur polyphonen Linie,
haben einen ganz anderen Willen, den Willen zur Farbe, besonders zur dekadent,
raffinierten Farbenmischung. Und gerade dadurch ist die kulturhistorisch bedeutungs,
volle Entwicklung der homophonen Polyphonie gegeben.
Diese neue Kompositionsweise hat zwei Methoden: entweder sie verwendet
anscheinend selbständige Stimmen, die kaleidoskopartig wechseln, verschwimmen und
so als Farbenreflexe wirken, oder sie gruppiert mehrere Stimmen zu Klangreiz...
einheiten +, die äußerst intensiv wirken, auch wenn sie zarteste Pastellnuancen dar..
stellen. Denken wir uns nun eine Kette solcher Einheiten, so haben wir das vor
uns, was Arnold Schönberg im letzten Kapitel seiner Harmonielehre "Klang,
farbenmelodie" nennt. Hier gibt es kontrapunktisches Neuland zu erforschen. Die
Möglichkeit, eine reale Melodie mit einer Klangfarbenmelodie zu kontrapunktieren
liegt ja nahe. In der Tat ist das Richard Strauß, Franz Schreker und Arnold
Schönberg auch schon in durchaus überzeugender Weise gelungen.
Die Zusammenfassung mehrerer Stimmen zu Klangreizeinheiten öffnet auch
der Harmonik neue Wege. Bis jetzt hat man einzelne Töne als Einheiten gefaßt,
aufeinander bezogen und auf dieser Basis die Begriffe des Dreiklanges und der
anderen Akkorde geprägt. Nun schwingen aber bekanntlich mit jedem Ton eine
ganze Anzahl von Obertönen mit, die eben mit dem Hauptton zusammen als ein..
heitlicher Klangkomplex betrachtet werden. Was liegt da näher, als in gewissen
Fällen mehrere solcher Komplexe wieder als Einheit aufzufassen?
Diese neuen Beziehungen bedeuten aber nicht etwa das Ende der bisher
akkreditierten Harmonielehre, sondern den Beginn einer neuen. Beide können
gleichzeitig leben, etwa wie Polyphonie und Homophonie. Diese neue Harmonie
lehre eliminiert weder den Begriff der Dissonanz, der wie alle ästhetischen
Begriffe relativ ist, noch das vertikale Hören. Dissonanzen wird es immer geben,
weil bei gewissen Klängen - heute sind es diese, morgen jene - das Ohr
immer das Gefühl einer unbedingt '10t-wendigen Auflösung haben wird. (Dissonanz
darf übrigens nicht mit Kakophonie verwechselt werden; auch ein Dreiklang
kann kakophon wirken.) Die Erkenntnis der Dissonanz ist aber nur durch das
vertikale Hören möglich, das heißt durch das Aufeinanderbeziehen der einzelnen
Töne, ·aus denen sich der Klang zusammensetzt. Dasselbe gilt natürlich auch für
die Konsonanz, wie für die Erfassung jedes Zusammenklanges überhaupt.
Bei der Melodie ist es scheinbar umgekehrt, in Wirklichkeit aber genau so.
Hören wir eine Melodie erst ganz allein, als einzige Stimme, und versuchen wir sie
oI< Der Ausdruck in dieser Bedeutung ist dem Buche ..Romantische Harmonik" von
Dr. Ernst Kurth entnommen.

211
dann zu begleiten, so bemerken' wir, daß in diesem Zusammenhang nur ganz
bestimmte Klänge unser Ohr befriedigen. Wir sehen also, daß sich die melodische
Linie, oder besser gesagt, das, was wir von ihr hören, immer wieder auf Klang . .
komplexe bezieht, die eben nur vertikal gehört als solche aufgefaßt werden können.
Die melodische Linie in ihrer Gänze ist allerdings innerlich überhaupt nicht wahr. .
nehmbar. Das Wertvollste und Wesentlichste an ihr ist das Unhörbare."
Das Ohr zeigt uns nur einzelne hervorstehende Punkte, so wie unser Auge uns
nur einige prominente Gipfel einer fernen Bergkette heraushebt. Unser Gefühl
ergänzt die Linie. So ist es auch zu erklären, daß dieselbe Melodie unter objektiv
ganz gleichen Umständen subjektiv ganz verschieden wirkt. Die Musik gibt
uns· nur Anhaltspunkte, jeder Zuhörer ist sein eigener Impro . .
visator.
Unser Gefühl kann aber nur eine ganz geringe Anzahl solcher Linien gleich-
zeitig ergänzen. Wird diese Zahl überschritten, so sind zwei Fälle zu unter...
scheiden. Entweder es handelt sich um die Polyphonie, bei der die einzelnen
Stimmen einen ausgesprochenen Willen zur selbständigen Linie haben; dann wird
die Wirkung primär beim Intellekt und erst sekundär beim Gefühl einsetzen;
oder der Intellekt kann auch nicht mehr nachkommen und dann wird zwar das
Gefühl primär affiziert, der Eindruck aber chaotisch sein. Handelt es sich hingegen
um jene Polyphonie, bei der die einzelnen Stimmen den Willen zur Klangwirkung
haben, dann wird Bewegung zur Ruhe, Linie zur Farbe. Das zeigt sich sehr deutlich
bei der homophonen Polyphonie. Die Farbe ist nun bekanntlich ein gutes Mittel,
Stimmung zu suggerieren. Ist aber der Zuhörer erst in die gewollte Stimmung
versetzt, so wird sich seine improvisatorische Tätigkeit ZUr Ergänzung der melo . .
disehen Linie um so erfolgreicher im Sinne des Autors gestalten.
Wie wir sehen, weist die homophone Polyphonie verschiedene große Vorteile
auf. Sie bringt das Formelement des Kontrastes, das bisher auf Thematik und
Kontrapunktik beschränkt war, auch auf dem Gebiete der Klangfarbe zu ganz
besonderer Geltung und hat in dieser Beziehung die Homophonie erreicht, die
Polyphonie entschieden überflügelt. Sie bietet ferner einer neuen Harmonik unge-
ahnte Entwicklungsmöglichkeiten. Schließlich ist sie wohl geeignet - und das ist
wohl das weitaus Wichtigste - die Musik wieder in ihre eigentliche, ihr von der
Natur zugedachte Domäne zurückzuführen: in das Gebiet der reinen Gefühls'
wirkung. .
o 0

... Vergleiche das schon erwähnte, lichtvolle Werk von Dr. Ernst Kurth.

212
SCHELLINGS PHILOSOPHIE DER MUSIK
Von Hugo Kauder, Wien
Es soll hier, vermitteIs einer Darstellung von Schel1ings Philosophie du
Musik, eine Einführung in die Philosophie der Kunst. ja in die Philosophie
Uberhaupt gegeben werden; es soll damit gleichzeitig versucht werden,
zu erweisen, daß Philosophie unendlich mehr ist als bloße Wissenschaft,
gleichwie auch die Kunst mehr ist als bloße Fertigkeit; in beiden offen..
bart sich vielmehr jenes höchste schöpferische Vermögen, das wir
Genialität oder Ethos nennen und vermittels dessen die Welt im
menschlichen Geiste zum Bewußtsein ihrer selbst gelangt. ("Ethos ist
bewußtgewordene Natur.'" - Otto zur Linde).
Daher sind wahre Philosophie und wahre Kunst allgemein verständlich:
sie wendc'fi. sich nicht an ein "fachliches" Wissen oder Können, sondern
nur an die reine Menschlichkeit des Aufnehmenden.

I
Die Philosophie der Kunst stellt sich die Aufgabe, das Wesen der Kunst ab-
zuleiten aus dem Wesen der Welt, mehr als das: es darzustellen als des Welten...
seins vollkommenes Abbild. Philosophie der Kunst ist also, nach Schellings Wort:
Darstellung des Universums in der Form der Kunst.
Die Well ist ihrem Wesen nach das ab sol u t e All, das heißt der Inbegriff
alles Seienden: nicht durch eine Ursache bewirkt, nicht im Raume bestehend, noch
in der Zeit sich vollziehend; vielmehr alle Ursache und Wirkung, allen Raum und
alle Zeit ,in sich enthaltend; also ist sie ein Vollkommenes, Unwandelbares, ewig
in sich Beruhendes, oder, wie SchelIing es ausdrückt, absolute unendliche
Realität.
Zugleich aber ist das Sein der Well ein schöpferisches, Inbegriff aller Bewegung
und Tätigkeit, sich auswirkend in die unendliche Fülle und Mannigfaltigkeit des
Lebens, das in unaufhörlichem Werden und Vergehen, in unausgesetztem Wechsel
tausender und abertausender Formen in Raum und Zeit sich ausbreitet; aber dieses
Werden und Wechseln ist nicht (wie manche lehren) blinder Willkür sinnloses Spiel;
vielmehr offenbart sich darin das gesetzmäßige Walten einer ordnenden Urkraft,
einer höchsten Allvernunft. Die Alten nannten diese schöpferische Kraft Logos,
das göttliche Wort; Schelling bezeichnet sie als die absolute unendliche
Idealität.
Wir sehen also im Wesen der Welt eine Doppelheit entgegengesetzter Prinzipien;
aber diese heiden gegensätzlichen Prinzipien sind nicht etwa verschiedenen Ursprunges,
auch kann nicht eines derselben aus dem andern abgeleitet oder dem andern unter..
geordnet werden; vielmehr liegen heide gleicherweise im Urwesen beschlossen,
welches daher ein d r eie i n i g e s ist, indem es zugleich ruhendes Sein (unendliche
Realität), schaffendes Sein (unendliche Idealität) und, als drittes, die Einheit oder
Identität dieser heiden ist.·
Und alles Drängen, alles Ringen
Ist ewige Ruh in Gott dem Herrn. (Goethe)
Zwei Formen sind es, in denen sich das unendliche All im endlichen abbildet:
Die eine ist die er s eh einen de Welt, die andere die K uns t. In der Erscheinungswelt

213
manifestiert sich die unendliche Realität als Na t u rr die unendliche Idealität
als Gei s t; und deren Identität findet ihre Verwirklichung in der menschlichen
Ver nun f t: in ihr gelangen Natur nnd Geist zum Bewußtsein ihrer selbst.
Ebenso spiegelt auch das Kunstwerk, als Abbild des Universums, die Einheit
von schaffendem und ruhendem Sein wider; in ihm hat ein Ideales, die schöpferi. .
sche Kraft des Menschengeistes, sich einem Realen, dem Laut, der Farbe, dem
Stein oder Erz, eingebildet. Kunst ist also Verkörperung des Geistes und Beseelung
des Stoffes; in ihr erscheinen Geistiges und Stoffliches, Ideales und Reales in ei n s
gebildet.
"Durch die Kunst wird die göttliche Schöpfung objektiv dargestellt, denn diese
beruht auf derselben Einbildung der unendlichen Idealität :ins Reale, auf welcher
auch jene beruht. Das treffliche deutsche Wort Einbildungskraft bedeutet eigentlich
die Kraft der Indnsbildung, auf welcher in der Tat alle Schöpfung beruht. Sie
ist die Kraft, wodurch ein Ideales zugleich auch ein Reales, die Seele Leib ist, die
Kraft der Individuation, welche die eigentlich schöpferische ist."
(Schelling, Philosophie der Kunst, ~ 22)
Ist also das Kunstwerk Abbild des Universums, so ist anderseits auch das
Universum selbst ein Kunstwerk, wie dies in dem Worte K 0 s m 0 sausgedrückt
liegt, welches zu deutsch Ordnung wie auch Schmuck heißt; es bedeutet sowohl
vollkommene Gesetzmäßigkeit als auch höchste Schönheit - diese beiden sind ja,
im Weltall wie im Kunstwerk, ein und dasselbe.
o

II
Die Ineinsbildung von Idealem und Realem, welche das Wesen der Kunst aus-
macht, kann auf doppeltem Weg erreicht werden: durch Einbildung des Idealen
ins Reale, des Geistigen ins Stoffliche, oder umgekehrt durch Einbildung des Realen
ins Ideale. Die Kunst, die das Geistige im Stoffe darstellt, es also zur sinnlich
wahrnehmbaren Gestalt, zum Bi 1d e werden läßt, nennen wir bild end e Ku n s t,
Ihr Gegenteil .ist die redende Kunst, welche die reale Welt der Dinge in die
ideale Welt der Sprache auflöst (allerdings ist die Sprache auch real, indem sie
nicht bloß Gedankenausdruck, sondern auch Lau t ist; und insofern ist dann auch
die Dichtung bildende Kunst). Die bildende Kunst bedeutet also die reale, die
redende die i d e ale Seite der Kunstwelt.
Jede Schöpfung ist Abbild des ganzen ungeteilten Seins; also müssen sich in
jeder einzelnen Kunstgattung alle drei Grundformen des Seins wiederfinden. So
gibt es denn auch drei Grundformen der bildenden Kunst; es sind dies die Mus i k,
die Mal e r ei und die PI ast i k (diese, als Gesamtbegriff der Raumkunst, sowohl
Architektur als Skulptur umfassend); und zwar entspricht die Musik der Realität,
die Malerei der Idealität, die Plastik der Identität von Idealem und
Realem.
Die Musik ist die erste Stufe der bildenden Kunst; in ihr hat sich die Ein-
bildung des Idealen ins Reale noch nicht endgültig vollbracht, ist vielmehr im
Begriffe sich zu vollziehen, erscheint somit als Akt, als zeitliches Geschehen,
als reine Bewegung; noch hat sich das schöpferische Prinzip nicht soweit verwirk-
licht, um als ein körperliches, als räumliches Dasein zu erscheinen.

214
In der Musik erscheinen also Realität nnd Idealität noch nicht vollends geeint;
noch bleibt ein Rest von Zweiheit übrig. Und daher kommt es, daß die Musik,
einerseits die abstrakteste und geistigste unter allen Künsten, anderseits auch die
elementarste Kunst ist; einerseits über allem Körperlichen. und Gegenständlichen
schwebend, kann sie ander seits wieder tief herabsinken zu Sinnlkhkeit und ani ..
malischer Rohei!.
Die nächste Stnfe der bildenden Kunst ist die Malerei; in ihr erscheint die Zei!
bereits aufgehoben, sie ist die erste Kunstform, welche sichtbare Gestalten darstellt.
Aber ihre Gestalten haben noch nicht das volle räumliche Dasein; sie entkleidet sie
ihrer Körperlichkeit und stellt sie in der Fläche dar; solcherart ist sie der Musik
entgegengesetzt gerichtet; ist diese Einbildung des Idealen ins Reale, Verwirk-
lichung (Hörbarwerden) der schöpferischen Idee, so ist jene Einbildung des
Realen ins Ideale, indem sie, von den Dinge'n selbst ausgehend, diese jedoch
nicht in ihrem materiellen Dasein, sondern nUr als bloße Formen darstellt.
In der Plastik erst erscheint die Indnsbildung von Idealem und Realem als voll-
zogene Tatsache; in ihr 'ist die Idee völlig ins räumliche Dasein aufgegangen.
Während die Malerei zur Darstellung der Gegenstände auch noch des Raumes außer-
halb der Gegenstände bedarf, so hat das plastische Kunstwerk, gleich dem Universum,
seinen Raum in sich selbst, ist also das vollkommene Abbild des absoluten Seins.
HAlle bildende Kunst ist Einbildung des Unendlichen ins Endliche, des Idealen
ins Reale. Da sie also überhaupt auf die Umwandlung des Idealen in das Reale
geht, so muß die vollkommenste Erscheinung des Idealen als eines Realen, die
absolute Verwandlung des ersten in das andere, den Gipfel aller bildenden Kunst
bezeichnen.« (Philbsophie der Kunst, ~ 133)
(Wird fortgesetzt)
c c

215
93f'sol1df'rf'r
ARNOLD SCHÖNBERG UND WIEN
VO,nDr.D.J.Bach, Wien+
Ich weiß, der Verein für musikalische Privatauffü,hrung (Leiter Arnold Schönberg)
hat sich jede öffentliche Besprechung seiner Abende verbeten, Es ist dies der aus-
drückliche Wille Schönbergs' selber. Die Gründe sind verständlich genug. Daß
Schönberg vor 15 Jahren heftige Anfeindung erfuhr, ist begreiflich. Sein Weg war,
damals höchstens ihm allein kl<ir. Er wußte, daß er ihn gehen müsse; die Theorie
dieser neuen Musik war 0041 nicht geschaffen, Versuche, sie zu ncrk1ären", kaum
erfolgverheißend, da auf der einen Seite die notwendige Fülle des Materials, auf
der anderen Seite die vollkommen neue Einstellung des Hörers noch fehlte. Aber
bei aller Gegnerschaft mußte jeder Urteilsfähige erkennen, daß hier eine große
Persönlichkeit am Werk sei; doch was stand in den meisten Kritiken? Nicht bloß
Ablehnung, nein, sondern Schönberg wurde für einen "Schwindler" (ganz wörtlich!)
erklärt. Eine andere übelduftende Kritik verurteilte ihn zum Steinhof und so ging
es weiter. Daß es just immer die "Fachleute" waren, die so urteilten - einer ver..
sicherte in einer sehr gelesenen reichsdeutschen Monatsschrift ganz treuherzig, man
könnte im Fis moll>Quartett Schönbergs jeden Ton durch einen beliebigen anderen
ersetzen, ohne daß sich etwas ändern würde - ist ein Spaß, der bei allen großen
Erscq.einungen der Kunstgeschichte sich wiederholt. Überhaupt, wem etwa die
öffentliche Kunstpflege zu ausgedehnt erscheint, könnte sie mit einem Schlage be-
seitigen, indem er grundsätzlich nur Komponisten über Komponisten, Maler über
Maler u. s. w. urteilen ließe; binnen einem halben Jahr hätten sich die Künstler
gegenseitig ausgerottet. Bloß die ganz Großen würden auch dieses Verfanren über-
dauern, vielleicht nicht ihre Person, sicherlich aber ihr Werk. So ist Schönberg auch
über die niederträchtigen Kränkungen, die man seiner Jugend und seiner Reife
zufügte, hinausgekommen, glücklicherweise auch mit seiner Person. Aber die Emp-
findung, der Schmerz, und sagen wir es ganz ruhig, die Verbitterung ist geblieben,
in einem höheren Grade, als seinem Schaffen zuträglich sein kann.
Nun, also auch ich will nicht die Aufführungen des Vereine" öffentlich "kritisieren".
Aber ich 'halte es für unmöglich, noch weiterhin schweigend über die Tatsache
hinwegzugehen, daß in diesem Verein künstlerische Arbeit geleistet wird, der sich
nichts Ähnliches in Wien und wahrscheinlich auch sonst nirgends in der' Welt an
die Seite stellen läßt. Die Aufführungen des Vereines sind' ein Hort der Musik.
Aller Musik aller Nationen und aller Richtungen. Wer immer in Tönen wirklich
etwas zu sagen hat, nicht bloß Notenpapier beschreibt und dadurch wunder was
für Priester einer okkulten, der profanen Menge durchaus entzogenen Wissenschaft
zu sein glaubt, kommt an den Abenden des Vereins zu Gehör, Josef Labor so gut
wie Ravel, Robert Fuchs so gut wie Strawinskij. Die Aufmerksamkeit des Vereines
gilt mit Recht zunächst den Lebenden. Von toten Meistern nur solchen, weIche die
<I<Dieser Artikel, der dem ]uniheft des "Merker 4 entnommen ist. dUrfte wohl weitgehenden
Interesses sicher sein. Red.

21.6
Entwick14ng der modernen Musik entscheidend beeinflußt haben, also Gustav
Mahler, Debussy, Reger. Und jetzt ehrte der Verein sich selbst, indem er einen
Abend Johann Strauß widmete (daß und warum Johann Strauß in Wien nur noch
bei den echten Künstlern und wahren Kunstfreunden eine Zuflucht findet, soll bei
anderer Gelegenheit erörtert werden). Letzthin aber gab es wahrhaft erzieherische
Aufführungen der Pierrot-Lunair ...Lieder von Arnold Schönberg. Sie wurden vor
zehn Jahren nicht verstanden, nicht einmal ganz von den Ausführenden. Was nicht
sonderlich wundernehmen kann, wenn man bedenkt, daß es sich um einen voll...
kommen neuen Stil handelt, .der erst erobert werden mußte von Ausführenden
und Hörern, ganz so wie ein halbes Jahrhundert vorher der Tristan-Stil. Vielleicht
zeigen gerade diese Lieder an einzelnen Punkten auch den Weg, den Schönberg
gegangen ist, von einem, um es abgekürzt zu sagen, vorgeschrittenen Impressionismus
zu einem vollkommenen Expressionismus. Wenn es eine an sich expressionistische
Kunst gibt, so müßte es die Musik sein, diejenige Kunst, die aus sich selbst mit
ihrem eigenen Material eine Welt neu erschafft. Der Expressionismus Schönbergs
ist echt, der der meisten anderen, soweit sie nicht seine Schüler sind, zumindest
zweifelhaft. Ganz im Wesen dieses Expressionismus liegt es, daß Schönberg der
absoluteste Musiker ist, den wir seit Brahms kennen. Komponiert er ein Lied, und
selbst seine ersten Opuszahlen, die noch unter anderen Einflüssen stehen, beweisen
es, so gehen Text und Musik eine neue Einheit ein, die mit dem ursprünglichen
Gedicht nichts mehr zu tun hat. Niemals gibt es für seine Musik einen poetischen,
philosophischen, literarischen, malerischen Vorwurf oder ein verschwiegenes Pro.-
gramm. In dem Vorwort zu den Pierrot-Liedern sagt Schönberg: »Niemals haben
die Ausführenden' hier die Aufgabe, aus dem Sinn der Worte die Stimmung und
den Charakter der einzelnen Stücke zu gestalten, sondern stets lediglich aus der
Musik. Soweit dem Autor die tonmalerische Darstellung der im Text gegebenen
Vorgänge und Gefühle wichtig war, findet sie sich ohnedies in der Musik. Wo der
Ausführende sie vermißt, verzichte er darauf, etwas zu geben, was der Autor nicht
gewollt hat. Er würde hier nicht geben, sondern nehmen." In der Tat findet sich
noch hie und da in diesen Liedern Tonmalerei. Also vielleicht noch ein Rest des
Impressionismus. Doch er kommt kaum in Betracht. Wer denkt an solche
Stimmungen, wenn er die Musik hört! Daß wir sie heute schon "hören a können,
ist zum Teil auch ein Resultat der Erziehungsarbeit, die Schönberg durch seine
Lehre, durch seinen Verein, durch seine Schüler geleistet hat. Und wo in aller
Welt hört man technisch so vollkommene Aufführungen wie in diesem Verein?
Die Zahl der Proben wird nach der Schwierigkeit des Werkes, nach dem Maß, in
dem die Ausführenden sich einleben können, bestimmt. Wird ein Werk aufgeführt,
so ist es vollkommen geprobt. Diese Sauberkeit, diese Ehrfurcht vor dem Kunst'
werk ist eine der wesentlichsten Eigenschaften der Schönberg-Schule. Der Ahnherr
dieser Schule ist Gustav Mahler. Schönberg, dessen selbstloser Idealismus, dessen
Unbeirrbarkeit nur wenige Vergleichsmöglichkeiten in der Musikgeschichte hat,
arbeitet da weder für sich noch für seine Schüler, sondern für die Musik, ja für die
Kunst überhaupt. Daher die Verehrung, welche die besten Männer auch der anderen
Künste ihm entgegenbringen. Daß er es ablehnt, alles Interesse auf seine eigene
Person zu konzentrieren, sondern auch seine Jünger fördern will, ist nur selbstver..
ständlich. Er hat mit Anton Web er n recht behalten, dessen Orchesterstücke vor
acht oder neun Jahren in Wien verlacht oder zumindest mißverstanden wurden

217
(auch ich habe sie damals nicht ganz verstanden). Heute wirken diese Orchester. .
stücke auch in einer' Bearbeitung für Kammerorchester - - diese vorzüglichen
Bearbeitungen, die auch anderen Werken gelten, sind ebenfalls eine Besonderheit
des Schönberg"Vereins - wie ein Erlebnis. Das vierte Stück, eine Art musikalisches
Traueropfer, wenn man so sagen darf, das nur ein paar Minuten dauert, ist mehr
wert als eine Reihe sogenannter moderner Symphonien und noch ein paar Opern
dazu. Die Schule Schönbergs ist eben von künstlerischem Eifer besessen. Andere,
materiell erfolgreichere Schulen sind betriebsam.
All dies vollzieht sich in Wien teils unbemerkt, teils mißachtet. Was geschieht,
um dieses wahrhaft künstlerische Besitztum der Stadt uns zu erhalten? Der
Schönberg. .Verein wird zu Gastspielen in die ganze Welt eingeladen, das "feindliche"
Ausland öffnet sich ihm bereitwillig. Und Wien?
Nun werden über Schönberg schon Biographien geschrieben. In der verdienstlichen
Sammlung "Neue Musikbücher", die der Verlag E. P. Tal & Co. in Wien heraus-
gibt, ist auch ein Büchlein "Arnold Schönberg" von Egon WeIl e s z erschienen. Sein
Verdienst besteht hauptsächlich darin, daß zum erstenmal biographisches und auch
etwas künstlerisches Material zusammengetragen ist. Beides leider nicht mit der
genügenden Vollständigkeit und Zuverlässigkeit. Insbesondere die Analyse der ein-
zelnen Werke läßt manche Wünsche unbefriedigt. Wenn man bedenkt, daß schon
vor Jahren so ausgezeichnete Analysen von Alban Be r g über die Gurrelieder und
über die Kammer ... Symphonie erschienen sind, so wird man die Analysen dieses
Büchleins wohl kaum als Fortschritt empfinden. Aber vielleicht trägt daran die
notwendige Raumbeschrankung schuld, und jedenfalls hat derjenige, der' zum erstenmal
die biographische und entwicklungsgeschichtliche Darstellung versucht, den schwersten
Stand. Man hat es ja mit Schönberg überhaupt schwer genug. Als beim Wiener
Musikfest des vorigen Jahres seine symphonische Dichtung "Pelleas und MeIisande~j
fast genau in derselben Programmzusammenstellung aufgeführt wurde, in der dieses
Werk fünfzehn Jahre vorher gehört und verlacht wurde, da schrieben die Unent-
wegten, daß man das Werk eben in eine andere Umgebung hätte bringen müssen.
Sie verstanden nicht das Demonstrative dieser Zusammenstellung: diesmal -wurde
"Pelleas und Melisande" gerade so bejubelt, wie es damals verhöhnt worden war.
Und als ebenso die Gurrelieder bei demselben Musikfest aufgeführt wurden, in einer
Wiedergabe, wie sie Schönberg nach eigenem Urteil bisher nie gehört hat und die
auch seither nicht erreicht worden ist, da empfanden wiederum andere nicht die
Genugtuung, die damit Schönberg bereitet wurde, und meinten, man hätte etwas
anderes bringen müssen, denn die Gurrelieder habe man schon sieben Jahre vorher,
wenn auch nicht ganz zugänglich, gehört! Nun, das muß man tragen. Aber einer
allein oder auch ein paar Leute genügen nicht, um die Pflicht gegen Schönberg zu
erfüllen. Es muß dem allgemeinen Bewußtsein clngehämmert werden, daß es hier
eine Pflicht zu erfüllen gibt. Wird sie erst einmal empfunden, dann werden sich
auch die Möglichkeiten finden, Sle zu erfüllen. Daran ist Wien nicht arm, wenn
es nur will.
o 0

218
D I R I G E N T E N
XI
Siegmund v. Hausegger
Von Hans Tessmer, Berlin
Vielleicht das durchgeistigteste Dirigentenprofi! unserer Tage. Schmal und kühn
vorspringend in seiner Struktur. Die scharfen Augen hinter noch schärferen Gläsern.
Alles dies gemahnt an Gustav Mahler, von dem Hausegger als Komponist sich
so scharf unterscheidet.
Und an Mahler erinnert auch der priesterliche Ernst, mit welchem Hausegger
an das Kunstwerk herantritt. Dieser Ernst schlägt die Lauesten in seinen Bann,
vermöge einer außerordentlichen Energie, die das ganze Auftreten dieses Dirigenten
kennzeichnet. Bis in die kleinsten Kleinigkeiten hinein reicht diese Energie; sie
blitzt beispielsweise in einer Randbemerkung des Programmes auf: "Im Interesse
einer einheitlichen Wirkung der Symphonie wird das Publikum höflichst ersucht,
mit etwaigen Beifallsbezeugungen bis nach Schluß des Werkes zu warten." Dieser
Satz erregte, als er in Berlin zuerst auftauchte, maßloses Staunen. Entgötterte Börseaner
und sonstige Proselyten des Konzertsaales versuchten - nun gerade! - ihren lauten
Beifall nach den einzelnen Sätzen anzubringen, vergeblich. Sie wurden nieder..
gezischt und außerdem regte Hausegger auf dem Podium sich nicht einen Millimeter
weit. Energischer hat nach Hans v. Bülow kein Künstler sein Publikum erzogen.
Es liegt auch in Hauseggers Wesen, freilich in großen Linien, etwas leicht
Dozierendes.
Geboren ist er in Graz, als Sohn des ausgezeichneten Musikästhetikers Friedrich
v. Hausegger, bei dem er auch den ersten maßgebenden Unterricht genoß. München,
Frankfurt a. M., wiederum München, Berlin und nun zuletzt Hamburg, das sind
die Stationen des erfolgreichen Weges. Und gerade heuer ist Hausegger
wieder nach München (als Direktor der Akademie für Musik) übersiedelt _.
Hamburg liegt hinter ihm. Erfolgreich - und doch: so überschwengli:ch man ihn
als Komponisten und Dirigenten überall gefeiert hat, man hat ihn nirgends für
immer festgehalten. Das hat seinen Grund: Hausegger ist nie h t be q u e m. Er
ar b ci t e t mit seinen Musikern und verlangt auch vom Publikum eine gewisse
Mitarbeit. Er besticht nicht, seine Bewegungen sind oft impulsiv heftig und eckig,
so ganz anders als die eleganten Taktzeichen Weingartners oder Nikisch', so unbe-
dingt aus dem Geist des Tonwerkes heraus geboren, daß für Konzessionen kein
Platz bleibt. Noch in einem viel tieferen Sinne als Weingartner ist Hausegger
ferner ein eminenter Rhythmijrer. Ihm gilt Bülows Wort: "Im Anfang war der
Rhythmus". Und er zieht ihn aus allen Ecken hervor, um ihn der Verlebendigung
des Kunstwerkes und seiner Charakteristik dienstbar zu machen. Asketisch streng
steht er vor dem Orchester, mit fest zusammengekniffenen Lippen, leuchtenden
Auges, wo etwas besonders schön gelingt, mit hinreißender Eindringlichkeit die
Idee der Tondichtung interpretierend, wo eine solche gegeben ist (Faust-Symphonie).
So paaren sich in seinen Interpretationen Sinnlichkeit und Gedanklichkeit, mehr
als bei irgendeinem bedeutenden modernen Dirigenten. Und die überragende
Pers ön li ch ke i t fasziniert aus innerster Kraft, niemals mit äußerlichen Mitteln.

219
Das Auswendigdirigieren ist für Hausegger nicht Geste, sondern selbstverständliches
Mittel zum Zweck: zum Zweck des frei aus der Partitur gestaltenden Musikgeistes.
Im Sinne Hans v. Bülows, der 'neue Partituren bekanntlich im Eisenbahnzuge,
zwischen zwei Konzerten, auswendig lernte.
Dieses starre Verfolgen des Zieles: das ist das Mahlerische an diesem Dirigenten.
Nichts interessanter zu beobachten als. seine Proben, die nicht vor kleinlichster
Feilarbeit zurückschrecken. Genau wie Mahler macht Hausegger - trotz liebens-
würdiger Verbindlichkeit im Verkehr mit seinen Musikern - sich dadurch bei den
Orchestern verhaßt. Und als kürzlich von den Mitgliedern der Berliner Staats-
kapelle zum Nachfolger Strauß' für dieSymphoniekonzerte Furtwängler und nicht
Hausegger gewählt wurde, .war dies mit ausschlaggebend. Der inneren Vision
folgend baut Hausegger in den Pro.ben mit zwingender Logik das Kunstwerk auf,
unbestimmt durch die Tradition des Orchesters. So studierte er Ende Dezember 1919
den Berliner Philharmonikern die "Hol1änder".. Ouvertüre ein, so daß aus .ihr, die
jep.e seit vielen Jahren im Schlaf spielen können, etwas Neues wurde. Seine schmale,
nervöse Persönlichkeit vibriert dann; und es ist hinreißend, zu beobachten, wie sich
Steigerungen, die in der Musik liegen, in diesem elastischen Körper mit vollziehen,
wie er sich spannt und windet in den höher gehenden Wogen des Tonmeeres, und
wie er innerlich mit jubelt, wenn der Höhepunkt erreicht ist. In al1 dem ist so
absolut nichts Gemachtes, Theatralisches, daß es nie anziehend wirkt, sondern sich
nur den; enigen unbedingt mitteilt, die hier innerlich mitgehen . .
Hauseggers Domäne: Beethoven. Er ist der geborene Ausdeuter dieses
musikalischen Heldentums. Er gibt im Gegensatz zu Strauß und Nikisch, die beide
Beethoven nach verschiedenen Seiten umbiE;gen und idealisieren, ihn ganz
naturalistisch. In seinem drängenden Ungestüm, seiner leidenschaftlichen Schmerzens--
fülle, seiner dämonischen Heiterkeit, seiner lieblichen Verzückung. In Hauseggers
Interpretation weht BeethovensAtem. Wir fühlen erschauernd und befreit Beethovens
Geist. Das ist charakteristisch für Hausegger: diese unbedingte Unterstellung der
eigenen Persönlichkeit unter den Geist des Schöpfers. Sein Wille: das Werk in
wundersamem Nachfühlen so darzustellen, wie sein Schöpfer es gefühlt hat. Das ist
eben der priesterliche Ernst des Dirigenten, der erschütternd. sich In der "Eroica",
der "Fünften" oder - Gipfelpunkt von Hauseggers Nachschöpfung - der "Neunten"
mitteilt. Neben seinem Beethoven stehen einzig da seine Liszt. .Nachschöpfungen,
besonders der nDante" . . und nFaustu ..Symphonie, in denen er heute von keinem
Dirigenten erreicht wird. Ein besonderes Kapitel: Bruckner, den er unmittelbar
nebet) Beeihoven stellt und bei dem er weniger - wie Nikisch - das Romantische,
als das Heroische, den sehnsüchtig-religiösen Willen der Überwindung betont. Bei
Strauß feiert Hauseggers Kunst der rhythmischen Beseelung Triumphe; so verleiht
er selbst dem kalten Schmiß bei Strauß inneres, impulsives Leben. Große Verdienste
erwarb Hausegger. sich auch um selten gehörte Werke der neueren Musik sowie um
Uraufführungen noch problematischen Schaffens.
o 0 .

220
EGON WELLESZ "DIE PRINZESSINGIRNARA"
Zur Uraufführung in Hannover
Von Dr. Th. W. Werner, Hannover
Vom Dichterischen aus entstand die Oper, als der Humanismus den Ruf "Zurück
zur Antike'j aus dem Munde der Florentiner Camerata erhob. Vom Dichterischen
aus erneuerte sich die Oper unter den Händen Glucks, als Roussea.u sein "Zurück
zur Natur" rief, unter denen Wagners im Sinne eines gewaltigen "Zurück zum
eigenen VolkeIl . Immer, wenn die Oper statt einer Dichtung nur noch ihren Stoff
ergreift, sinkt mit ihrem Werte als Gattung auch der Wert ihrer Musik. So wenig
die schönste Dichtung einen schwachen Komponisten retten kann, so erfreulich ist
es zu sehen, daß, von einer durch den handfesten Eugen d·Albert vertretenen
Richtung abgesehen, die moderne Oper sich wieder auf die Quelle ihrer Kraft
besinnt. Ob der Komponist nun sein eigener Dichter sein will, wie Schrcker, oder
ob er sich das Buch von einem Literaten reichen läßt, verschlägt am Ende so viel
nicht; denn die Wahl des Textes wird immer auf der Intensität der Spiegelung
von des Musikers eigenem lonern in ihm beruhen! Beethoven, in seiner Weit..
anschauung viel strenger gebunden als etwa Mozart, fand nach dem Fidelio kein
Buch mehr, weil es keines gab, das sein Inneres zum Erklingen gebracht hätte. Die
Wahl des Textes ist also nicht ein Akt der Willkür, sondern der Not und damit
ein Symbol für die innere Artung des Komponisten.
Egon Wellesz, mit Jakob Wassermann freundschaftlich verbunden und im
Gespräche mit ihm den Zustand unserer Opernproduktion behorchend, hat jene
Legende ergriffen, die der Dichter als höhere Zusammenfassung seinem Roman
"Christian Wahnschaffe" angefügt hatte. Damit kehrt seine Musik zu dem zurück,
was sie einst (in der Antike) in höchstem Maße besaß und was ihr gerade in der
dem Unterhaltungsbedürfnis dienenden Oper, so oft sie es mit Meistern wie Gluck,
Beethoven und Wagner errang,. immer wieder verloren ging, zum Ethos. Seine
Musik wird Künderin unirdischer Mysterien; sie wendet siCh, wie der Komponist
es ausdrückt, nicht an den Musiker, der sich gewöhnt hat, die Komponisten..
erscheinung auf ihren isolierten Temperamentwert ,zu prüfen, sondern an den
Menschen, dessen geheimes Sehnen sie weckrufend gestalten will. Nicht mehr
Artist will der Komponist sein, er will Sprecher sein seiner Mitmenschen, Zeuge
der Zeit, wie es der mittelalterliche Choralist, wie es noch Bach, noch Mozart war.
Selten wohl ist ein Werk auf der Opernbühne erschienen, das, auf sein Geschehen
hin angeschaut, in so hohem Grade des in theatermäßigem Sinne Dramatischen
entriete. Der Konflikt, die Häufung eigener Schuld auf das Haupt des Prinzen Siho,
fremder Schuld auf das der Prinzessin Girnara, ist vorhanden in dem Augenblick,
da der Vorhang zum ersten, da er zum zweiten Male aufgeht und, was wir erleben, ist
nicht mehr als seine Lösung, die, vorausgesagt von der zwischen Wettspiel und
Legende vermittelnden Erscheinung des Pilgers, einigermaßen gradlinig verläuft.
Das dramatisch zu nennende Ergebnis dieser seelischen Entwicklung, dieses Auf...
steigens durch Bekenntnis, durch Leid und Qual zur Läuterung und Vollendung,
die Tat, ist einfach genug: der entsühnte Prinz bricht auf zu dem oberen Gewölbe,
die geläll;terte Prinzessin sinkt zusammen vor den Füßen der Gottheit und schließ...
lieh vereinigen sich die "GewordenenIJ.

221
Wird die persönliche und zeitliche Singularität solcher Vorgänge, die an sich
keineswegs Eigentum .nur unserer Zeit sind, wie es vom subjektiv erregten, modernen
Künstler geschieht, stark hervorgehoben, so bedeutet das die Forderung nach Einzig..
keit und Einmaligkeit ihrer musikalischen Spiegelung und das ist nichts anderes,
als Auflösung jener Form, in der eben das typisch Gewordene sich auszusprechen
pflegte. Quartenklänge, Septimen" Sekunden, und Quintenparallelen, das Aus,
schwingenlassen mehrerer selbständiger, durch keine tonale Bindung auf eina.nder
bezogener Melodielinien, eine durch das Mittel der Kadenz nicht mehr gebändigte
Harmonik, in der der Konsonanz kein höherer Wert, als der nun nicht mehr auf...
lösungsbedürfti~en Dissonanz zukommt, das sind die Totengräber der nur auf
vertikal gerichteter Musikanschauung die Möglichkeit zur Entfaltung findenden
musikalischen "Form". Die unter der Idee des Kontrapunkts stehende Motette
des sechzehnten Jahrhunderts zeigte an sich keinerlei Willen zu dieser Form;
erst als sie sich mit Elementen aus der Liedkunst, aus metrisch behandelten Oden
und dem Gemeindeliede der evangelischen Kirche: also Gebilden von vertikaler
Struktur verband, beugte sie sich unter ihr Joch. Diese neue Art des Musizierens
geht prinzipiell auf die Anfänge der Motettpraxis zurück und mit gutem Grunde:
unsere Zeit hat, tiefer behorcht, Ähnlichkeit mit jener, da die Mehrstimmigkeit
sich zu entwickeln begann; unser Künstlergeschlecht gleicht den Mönchen des zwölften
und dreizehnten Jahrhunderts - wir sind phantastische Mystiker wie sie.
Diesem sittlich gerichteten Künstlerwillen gegenüber ist es leicht, die Punkte zu
berühren, an denen WelIesz mit der Kunst unserer Tage in Fühlung steht. Man
wird die Namen einiger Franzosen, einiger Russen, eines jungen Ungarn, man wird
Wagner, Strauß, Puccini und, wenn man gewissenhaft ist, d'Albert nennen, vor
allem aber auf den Einfluß östlicher Liturgien weisen; man wird dies tun und
damit nur das treffen, was vor Augen liegt, Einzelheiten, die mehr der Erweisung
der richterlichen Literaturkenntnis als der Lösung der Probleme dienen, die in der
zur Erörterung stehenden Künstlerpersönlichkeit erscheinen. Auf den Namen des
Man\1es, der wie von allen jenen Einflüssen keiner in Lebens' und Kunstanschauung
des jetzt sechsunddreißigjährigen Wellesz gewirkt hat, wird so leicht auch der Kenner
seiner Partitur nicht raten; es ist Gustav Mahler.. Tiefer als das jener andern hat
sich dieses Mannes Bild in die Seele des Jüngers gesenkt, heißer als mit jenen
andern, seinen Lehrer Arnold Schönberg nicht ausgenommen, hat er um seinen
Segen gerungen, inniger ist er mit ihm verschmolzen, und so ergibt sich eine
Erneuerung im Blute, die die Übernahme von Handwerklichem fast ausschließt;
der Geist aber, der die in dem Werk zum Klingen kommende Welt mit starker
Beschwörung angeweht hat, ist nicht faßbar, wie die Manier es ist,
Es ist ein Gesetz, daß nicht alle Blütenträume reifen. So läßt sich auch in
Wellesz' Werk manche Einzelheit aufzeigen, in der die Verwirklichung der Idee
nicht völlig geglückt erscheinen mag. Vieles verschuldet die Parallelität der Gescheh,
nisse, die an beiden Schlüssen zu einem Jubel führt, deren erster, so herrlich er
musikalisch geraten ist, aus Gründen künstlerischer Ökonomie und, wie mir scheint,
aus dein Zustande des Handlungsfortschrittes heraus - der geringere Teil des den
Inhalt ausmachenden gedoppelten Läuterungswerkes ist ja erst vollendet - einer
gedämpfteren Stimmung hätte weichen sollen. Ökonomische Erwägungen sind es
auch, die es ratsam erscheinen lassen, den Entschluß der Dämonen, vor Buddha
das Feld zu räumen, nicht allzulange hinauszuzögern; doch würdige ich die Bedenken

222
psychologisch-künstlerischer Art, die diesem im Interesse äußerer Wirkung gemachten
Vorschlage entgegenstehen. An wenigen Stellen, will es scheinen, i~t die musikalische
Auslegung des vom Dichter unausgesprochen Gebliebenen nicht zwingend, der Raum
nicht völlig mit dem Klang erfüllt, den wir billig erwarten; da erwachsen dann
der Darstellung schwere Aufgaben, die indes von den Beteiligten auf das schönste.
gelöst wurden. Sprechen muß ich auch von der Eigenheit des Komppnisten, ver. .
schiedene Charaktere in der gleichen musikalischen Sphäre zu behandeln, ihre Aus-
drucksweisen nicht kennzeichnend zu unterscheiden, wie es etwa an der jungen
Dienerin geschieht, da sie der Wälder g~denkt und ganz im Stile ihrer Herrin ver-
harrt; das ist episch und kann für einen. Mangel an dramatischem Takt gehalten
werden; aber ich glaube nicht zu irren, wenn ich es als Absicht, als gewollte Schlicht-
heit werte. Denn Wellesz will, das darf man nicht aus dem Auge lassen, keine
Oper, so nahe er ihr manchmal kommt, schreiben~ keine Oper im Sinne des neun . .
zehnten Jahrhunderts, von dessen Stil und Gesinnung:. unsere ars nova sich ja zu
befreien sucht. .
Davon spricht deutlich die Wahl des Textes, deutlicher seine Musik selbst.
Es ist kein Zufall, daß der Komponist immer wieder zum Streichquartett
zurückkehrt, der einzigen Form, die den Quell der Musik, die reine Polyphonie,
ungetrübt in unsere Zeit hinübergeleitet hat. Aus seiner Melodie gewinnt Wellesz
seinen Rhythmus (außer an den Stellen, wo er als primitivste Art musikalischer
Lebensäußerung durch sich allein wirkt und für sich allein steht in oft eigenwilliger
Form), seine aparte Harmonik und nicht zuletzt eine neue Form - eine am Schlusse
der Dämonenszene auftretende Passacaglia ist wohl als Kind einer Laune, bei
besonderer Vorliebe für obstinates Wesen in den Bässen, zu erkennen; formbildend
wirkt sie nur in niederem Sinne.
Es wirft hellstes Licht auf die Artung des Komponisten, daß er im Impressioni-
stischen, wo die von den Heutigen, von Schumann, von Meistern des beginnenden
achtzehnten Jahrhunderts immer wieder heraufbeschworene Gefahr der ein- oder
mehrmaligen Wiederholung kurzer Motive, eines pointilistischen Mittels, sich so-
gleich einstellt, viel abhängiger von zeitgenössischer Kunst ist, als im Expressioni..
stischen. Hier ist er frei, selbständig, gesund. Soll von Einzelheiten gesprochen
werden, so sei an Sihos Selbstgespräch mit seinem andern Ich in den Gestalten
des Freundes und des Magiers, an die Erhebung Girnaras, die den Kampf mit sich
in dreifacher Schwere zu bestehen hat, an die wundervolle Rede Buddhas, an die
Rufe des Pilgers, an alles erinnert, was in diesem mystischen Gedicht wesentlich,
mehr als Zutat ist.
Die Uraufführung des Stückes, die gleichzeitig mit der in Frankfurt a. M. statt-
fand, bestätigte es, daß seine Art als ein Dokument neuzeitlicher Kunstanschauung
in seiner ethischen Seite, in seinem Bekenntniswert voll und rein in die Erscheinung
treten würde. Sie zeigte aber auch, daß seine künstlerischen Eigenschaften im
Dichterischen und im Musikalisch-Artistischen stark genug sind, um über den
gewollten Mangel an in gewöhnlichem Sinne Dramatischem, das man geneigt ist,
für einen wesentlichen Teil des Theaters zu halten, mühelos hinwegzuhelfen. Das
Verdienst, die Qualitäten des Werkes erkannt zu haben, gebührt den bei den Männern,
die ihm auch in gemeinsamer Arbeit zu dem blühenden Leben verhalfen, dessen
wir uns freuen durften: dem Kapellmeister Lert und dem Spielleiter Hofmüller.
n n

223
G /ass ('11- reif
TAL E NT E!" Wir leben heute in der Zeit einer großen
"M EHR Stilwende ; eine neue Kunst, völlig losgelöst
Eine Betrachtung zum Nürnberger Tonkünstler.. von dem bisherigen Schaffen auf einer inhaltlich
fest. wie formalen neuen Grundlage wächst heran.
nSorgen Sie dafür, daß wir mehr wirkliche An den reproduzierenden Künstler werden neue
Talente haben. u Mit dieser eigenartigen Auf.. Aufgaben gestellt, die ihn zwingen, sich von
forderung wurde in der in Nürnberg anläßlich der bisherigen Tradition völlig zu befreien.
Wie kann man sich aber bei einem mittel ..
des Tonkünstlerfestes stattgefundenen Haupt..
versammlung des Allgemeinen Deutschen Musik .. mäßigen, vor solche Aufgaben bisher nicht
vereins das künstlerische Fiasko des Festes halb gestellten Provinzorchester an solche neuartige
und halb zugegeben. Es sei gerne zugestanden. Werke heranwagen? Man muß also bei diesen
daß es verdrießen mag, unter den 200 ein.. Veranstaltungen in Städten wie Nürnberg von
gereichten Partituren immer und immer wieder vornherein auf Werke der Neutöner verzichten,
auf ungeeignete und minderwertige Werke zu die dem Orchester technische Schwierigkeiten
stoßen; eine Überbürdung der fünf beurteilenden bieten, die das Mittelmaß übersteigen. Soll da
Herren (von jetzt ab werden es sieben sein, was bei der Wahl der Werke immer ein Frage..
wohl auch nicht reichen mag) mag eine Trübung zeichen stehen, ob das Orchester es auch leisten
des Blickes verUrsacht haben. Dennoch muß es können wird? Liegt da die Schuld am Mangel
einmal ausgesprochen werden. Nicht ein Mangel an Talenten? Oder soll es noch einmal vor..
an Talenten führte zu dem geringen Ergebnis 'kommen, daß das Orchester wie dies~a1 bei
des Festes, Mit einem mehr einheitlichen Willen den neu<trtig und genial konzipierten Michel..
hätte man bessere Auswahl treffen können, als angelo..Liedern von Kar! Salomon nicht einmal
es dies Leipziger Allerlei war, das man vorgesetzt von ungefähr ein Bild dessen erzielte, was dem
bekam. Man hä,tte das Niveau der Vcr~nsta1tung Komponisten vorschwebte?
nur gehoben, wenn man die Festgäste von Soll ein deutsches Tonkünstlerfest wirklich
jenem A dur..Rondo des ersten Abends, von überragende Bedeutung haben, so müssen lokale
jener "Weisheit des Orients" oder der vom Interessen und Größen unbedingt zurücktreten.
Geist des Kinos gesegneten Festoper verschont Im Oktober vorigen Jahres plaidierte Dr. Paul
hätte, auch wenn man wirklich keinen besseren Marsop in einem ausgezeichneten Artikel in
Ersatz dafür gefunden haben sollte; denn auf den "Münchner Neuesten ,Nachrichten" für
die Quantität sollte es nicht ankommen. Für Abhaltung des Festes in Nürnberg; in groß ..
eine solche Auswahl ist jedenfalls die scheinbar zügiger Weise wurde hier auseinandergesetzt,.
diesmal leitende Devise "Wer vieles bringt, wird wie eine Zusammenfassung des süddeutschen
jedem etwas bringen" nicht am Platze. Musikleben3, das ja Dirigenten von Rang und
Der Negation sei das Positive gegenüber.. Namen wie Busch, v. Hausegger oder Br. Walter,
gestellt: Es, gibt genügend ·wirkliche Talente! ausgezeichnete Orchester etc. besitzt, erfolgen
Aber wenn der Allgemeine Deutsche Musik .. solle. Was daraus wurde, war mehr oder weniger
verein das sehr anerkennenswerte und nicht eine Nürnberger Lokalangelegenheit. Das
genug zu rühmende und zu unterstützende Publikum -durfte im Zu hör e r raum auch
Bestreben hat, jungen Begabungen den Weg wirklich erste deutsche Dirigenten, wie Furt-
an die Öffentlichkeit zu bahnen, so mag er wängler, v. Hausegger, Abendroth und Ba fort
sich vor Augen halten, daß er nur dann die "bewundern", aber Leistungen wurden ihm von
Künstler fördert, wenn er sie in einwandfreier den' beiden "Hausdirigenten" vorgesetzt, von
Weise aufführt, ihnen aber schadet, wenn er denen allerdings der eine, Robert Heger, wirklich
sie schlecht zu Gehör bringt, so daß man kein bedeutende Fähigkeiten und eine große Zukunft
richtiges Bild von ihnen erhält. Und das war hat. Der andere jedoch ist ein braver, gewiß
das eigentliche künstlerische Manko des Festes, vom ehr1ichsten Willen getragener Durch ..
die Qualität der Ausführung, nicht der auf.. schnittskapellmeister, der das Nürnberger
geführten Werke, unter denen sich manche Publikum sicher ausgezeichnet in einer Unmasse
fesselnde Arbeit befand! von Konzerten mit aller möglichen symphoni~

224
schen Literatur bekannt.macht; aber von einem es von Geist und Witz, das Temperament
Festdirigenten verlangt ein kritisches Publikum (namentlich des Finales) reißt Dirigenten,
denn doch mehr. Orchester und Zuhörer mit sich fort. Wer
Über die Schmierenaufführung, die uns das Ohren hatte, zu hören, mußte auch aus den
Komitee als Festoper vorsetzte, schweige ich Orchesterliedern von Kar! S a 10m 0 n fühlen,
lieber. Die solistischen Darbietungen der daß hier eine seltene, verzehrende Glut zum
Kammermusikkonzerte litten darunter, daß alle Ausbruch _drängt, daß hier etwas wirklich
Konzerte in ein und demselben sehr großen Eigenes gesagt wurde.
Raume stattfanden. Was es aber zum Beispiel Ein Phänomen aber ist Ernst Kr e n e k,
für den Komponisten einer ganz nach innen zweifellos die Überraschung des Festes. Wie
gerichtetenj Cellosonate zu sagen hat, im dieser, heute 21 jährige junge Mann un..
selben Raume mit einem Riesenchorwerk (wie bekümmert um alle Konvention seinen eigenen
dem Psalm von Kaminski) aufgeführt zu werden, Weg geht, die Reife und Sicherheit, mit der er
weiß auch ein Laie. Das ist eine grobe künst.. sich in einer allen noch ungeläufigen Sprache
lerische Versündigung. schon auszudrücken weiß, das läßt aufhorchen.
Der Allgemeine Deutsche Musikverein hat Man hat hier das Gefühl, nicht einem Heran..
sich also nicht zu beklagen, wenn ihm die reifenden, sondern einem Fertigen begegnet zu
Talente ausbleiben. Wenn ein annehmbares sein, zumal die starke Gefühlsintensität seiner
Niveau der Ausführung garantiert ist, dann Komposition nie den Eindruck von jugendlicher
drängen sich von selbst die Begabten heran Überschwänglichkeit macht.
nnd verdrängen die Minderbegabten. Nur durch Allzugroß ist die Zahl der Talente nicht,
Werke von wirklich schöpferischen Talenten aber sie ließe sich bei guter Auswahl vermehren,
in einwandfreier Darstellung erhalten die Ton.. und sicher liegt es nicht allein am Mangel an
künstlerfeste die Bedeutung, die ihnen zu.. Begabungen, wenn das Nürnberger Tonkünstler..
kommen sollte. Vera.nstaltungen wie diesmal fest ohne bedeutenden künstlerisc~en Erfolg
in Nürnberg, werden vielen Talenten den Mut verlief. Alexander Stern, NUrnberg
nehmen, hier ffentdeckt zu werden".
Es sei jedoch rühmend anerkannt, daß c c
diesmal eine größere Zahl Begabungen zu Worte
kam, daß der Zuhörer gar nicht den Mangel an DER BRITISCHE MUSIK,
Talenten so scharf empfinden konnte.
Ein op. 1, Sonate fUr Cello und Klavier von
KONGRESS IN LONDON
Otto S t rau b, bedeutete zweifellos einen ver.. Seit zwei Jahrhunderten ist die englische
heißungsvollen Anfang für den jungen Künstler. Musik wenig beachtet worden. Der Erfolg der
Mit Spannung kann man der Entwicklung von italienischen Oper unter Händel und Hasse
Wilhelm Pet e r sen entgegensehen, der diesmal sowie später die Vorherrschaft der deutschen
mit einer älteren, noch stark von Gustav Mahlel' Musiker, welche durch die hannoveranisehe
beeinflußten, aber doch schon persönlichen und Dynastie noch gefördert wurde, brachteJ;l. die
urwüchsigen Symphonie zu Worte kam. Heute Engländer dazu, sich als unmusikalich zu be ..
hat der Komponist diesen Stil überwunden, trachten und künstlerischen Ausdruck auf
soll eigene, neue Wege schreiten, die für anderen Gebieten zu suchen. Seit dem Ende
Festbesucher wohl noch zu dornig und un.. des 19. Jahrhundert begann England zu er..
ausgetreten sind. Erwin L end v ais l\Iänner.. wachen und es entstand reges Interesse für
chöre a cappella erwiesen sich als ungemein Musik; allein die heimischen Künstler hatten
stimmungsvolle Gebilde, die den Weg zu einer weder die Kraft, noch das Selbstbewußtsein,
neuen Behandlung des Chorgesanges weisen sich geltend zu machen. Erst im Kriege, als
können. Den äußerlich größten Erfolg errang fremden Künstlern die Reise nach England
Heinrich Kam ins k i mit seinem unbedingt unmöglich war, bildete sich die British Music
großartig angelegten ff69. Psalm"', der sicher Society mit dem Hauptzweck, den heimischen
bald Gemeingut aller großen Chorvereinigungen Musikern ebensoviel Gelegenheit zur Entfaltung
werden wird. zu bieten~ als den Ausländern. Diese Gesellschaft
Ist etwa Josef Ras e n s t 0 c k kein starkes ist bereits in England und in den Kolonien
Talent, dessen HOuv.ertüre zu einem heiteren weit verbreitet und veranstaltete im Juni dieses
Spiele" von einer ganz seltenen Produktivität Jahres einen stark besuchten Kongreß in London,
zeugt? Da funkelt und glänzt es j in einer bei dem fast alle bedeutenden Musiker Groß ..
seltenen orchestralen Farbenpracht, da sprüht britanniens anwesend waren. Zwei Männern ist

225
vor allem das Gelingen dieses Kongresses .zu ZWEITES LINZER
verdanken, Musikgönnern, welche durch Preise
und Aufführungsmöglichkeiten die Komponisten MUS I K , F E S T
zur Tätigkeit aneiferten: Mr. W. W. Cobbett und Unser Musikleben "vegetiertel l kaum merk..
Lord Howard de WaIden. Diese stellten auch lieh in verknöcherter Einseitigkeit, denn es:
die finanziellen Mittel für die Orchesterkonzerte fehlte der frische Zug und Unternehmungs..
des Kongresses bei. geist•. Für das zweite Musikfest im heurigen
Juni, das wir der kunstsinnigen Konzertdirektion
Die Vorlesungen und Diskussio.nen des Kon..
Kollitsch verdanken, waren aber die Wiener
gresses über ,.Staat und Musik", ,.Platz der Musik
Philharmoniker, denen die Sta.dt anläßlich
in der' Erziehung" sowie "Wissenschaftliche
ihres erstmaligen Kommens einen Flaggen..
Instrumentenkunde" können wohl übergangen
Willkomm entbot, mit Ferdinand Löwe er..
werden,da sie nur fachliches Interesse finden. Hin..
schienen. Derselbe Instrumentalkörper, der
gegen war das allbritische Orchesterkonzert sehr
Bruckners ,.Achte" aus der Taufe hob, bot sie
bemerkenswert. Es wurde von Eugene Goossens
in der Heimatstadt zur Feier der 25. Wieder..
und Adrian Boult dirigiert und enthielt unter
kehr des Todestages des Meisters. Wurden dem
anderem das Klavierkonzert von Cyrill Scott,
Lebenden damals Lorbeeren überreicht, so wand
welches der -Komponist selbst unter großem
heute Lö w e und das Wiener Philharmonische
Jubel des Pu~likums ausführte. Das zweite
Orchester dem Toten durch die herrliche,
Orchesterkonzert unter der Leitung des Gast..
ergr!!ifende Wiedergabe einen unverwelklichen
dtrigenten Walter Damrosch aus New..York
Kranz Immergrün. Allmählich verstummen
führte den Titel eines Plebisdt-Konzertes.
heute die Einwendungen gegen das Formlose,
Jedem Besucher wurde eine Liste von Werken
Sprunghafte und Brüchige der Ecksätze. Wer
eingehändigt, die vorbereitet waren und jeder
die "AchteIl unter Löwe erlebt, hört von alldem
konnte mittels Stimmzettels drei dieser Werke
keine Spur.
auswählen. Von einigem Interesse dürfte es
Das feierlich aufrausche'nde "M eis t er..
sein, daß unter diesen Werken sich neben
singer" .. Vorspiel eröffnete den Abend.
englischen Komponisten Ravel und Debussy
Minutenlanger Beifall durchbrauste die HaUe,
befanden, ja sogar von lebenden deutschen
in der sich gegen 3000 Besucher aus nah und
Komponisten Richard Strauß und die fünf
fern eingefunden hatten. Die "M 0 r gen mus i k"
OrchesterstUcke op. 16, von Schönberg. Zur
fand in dem intimeren Festsaal des kauf..
Aufführung gelangte in diesem Konzert
männischen Vereines statt. Es gab nur
Mac Dowells "Indian Lament", Edvard
Werke von Mozart; zu Beginn die ,.Linzer..
Elgars "Enigma Variationen" und "Don
S y m p ho nie". Ganz einzig waren in der Aus..
Quixote" von Richard Strauß.
führung durch das Kammerorchester (30 Musiker)
Es gab ferner ein Konzert von altenglischer die Strichfeinheiten der Geiger, die delikate
Musik sowie zwei Kirchenkonzerte, von denen Tongebung der Bläser und die dynamischen
eines die gegenwärtige Produktion auf diesem Schattierungen. Als örtliche Neuheit folgte das
Gebiete berücksichtigte, sowie einen englischen D dur .. Divertimento für zwei Hörner und
Liederabend, den John Coates, der beste Streichquartett (mit Doppe1besetzung der
heimische Sänger, veranstaltete. Von den fihrigen Violinen). Berückend klangen die Mittelsätze.
Veranstaltungen des Kongresses sei noch eine Als Schluß die "Jupiteru..Symphonie. Ovationen
Diskussion .fiber britische Musik im Ausland wurden dem Dirigenten, dem Orchester und
erwähnt, bei der Frederick Delius, E. Evans, auch dem Festveranstalter bereitet. Das dritte
M. D. Calvocoressi sowie Bliss, Goossens und Konzert war der Kammermusik gewidmet.
Kussevitsky, sprachen. Mit einer glänzenden Eröffnet wurde es mitB r u c k n er s "S t r e i eh..
Festversammlung und einem Bankett wurde der q ui ntett"; das Scherzo mit seinem gespreizten
Kongreß geschlossen, der für die Entwicklung Thema, der ländlerisch geschliffenen Gegen..
der britischen Tonkunst von großer Bedeutung melodie in der zweiten Geige, das wie ein
war. Ernest Whitfield, London veredelter Bauerntanz klingende Trio, das tief..
gehaltige~ seeleninnige Adagio sowie die
c c miniatursymphonisch gehaltenen Ecksätze
wurden ideal wiedergegeben. Mit Beethovena
Septett klang das Musikfest aus.
Franz Gräflinger
c c

226
DIE OPERN an dnet noch größeren Anzahl von Bühnen,
in Mannheim, Stettin, Zürich, Wiesbaden,
FRANZ SCHREKERS Freiburg, Chemnitz, Krefeld t zuletzt im Stadt..
AUF DEUTSCHEN BÜHNEN theater Essen unter einmütiger Begeisterung
ins Repertoire aufgenommen.
Am Ende der diesjährigen Spielzeit der Nur Wien, Schrekers Vaterstadt, hinkt
Theater kann man einen Überblick bekommen, nach. Seit der Erstaufführung der "Ge ..
wie, tief die von manchen nBeurteilernu 2:eichnetenU in der vorigen Spielzeit konnte
noch immer bekrittelten Bühnenw~rke Franz man hier kein Werk des Dichter..Komponistcn
Schrekers in das deutsche Volk eingedrungen horen. Aber Schreker möge versichert sein,
sind. Die Tatsache, daß von gewissen Seiten auch in Wien hat er seine starke Gemeinde.
noch immer Absprechendes fiber diese Meister ... Sie wächst stets an Zahl und liebt ibn mit der
opern geschrieben wird, zeigt nur die in Innigkeit der Jugend und Heimat. Seine Zeit
Deutschland stets vorhandene Sucht, Be .. wird auch hier kommen. R. S.
deutendes im eigenen Lande zu verkleinern.
Gleichwohl mehren sicb aber auch auf diesem c c
Gebiete jetzt schon Stimmen der Erkenntnis
und der begeisterten Gefolgschaft. Denn gerade
die sich fortwährend an Zahl steigernden und "K R I T I K DER KR I T I K"
an Erfolg immer reicheren Aufführungen
beweisen, daß jener negierende Teil der Kritik Eingehend auf einen kürzeren Artikel
gar nicht mit der Stimme des kunstgenießen .. ,Kritik der Kritik' in Ihrer Zeitschrift ,Musik..
den Publikums im Einklang steht. Sonst blätter des Anbruch', ]ahrg. III, Nr. 8, ertaube
wäre ja die große Verbreitung der Opern ich mir eine kleine Berichtigung desselben
Schrekers, lediglich hervorgerufen durch deren einzusenden und um gefällige Wiedergabe zu
inneren Wert, unmöglich. Dieser innere Wert bitten.
besteht, ganz kurz und schematisch ausgedrückt,
Die in Anführungszeichen vorangestellte
darin, daß sich in Schrekers Texten und Musik Notiz entspricht nicht den Tatsachen und färbt
transzendentale Symbolik und Gedankentiefe natürlicherweise das endgiiltige Urteil des Herrn
einerseits und die Romantik anderseits mit Berichterstatters. 1. Herr Sak war nie Leiter der
der auf der Bühne wirksamen, psychologisch Tschechischen Philharmonie in Prag, sondern
richtig erfaßten Dramatik des real~n Lebens er führt den Stab über sein privates Orchester,
paaren. Solche Werke müssen Boden gewinnen welches nach einigen Metamorphosen denNamen
und behalten. Sakova Filharmonie (das heißt Saks Philhar..
Es braucht wohl nicht betont zu werden, monie) erhielt ••• 2. Von einer Stellungnahme der
daß alle Bühnen, die Werke Schrekers von Prager Kritik gegen Herrn Sak wegen seiner
früheren Jahren auf dem Repertoire hatten, Propaganda für Strauß und Mahler kann keine
dieselben auch in der Saison 1920/21 oft Rede sein. Die Kritiker Prags (mit Ausnahme
zur Aufführung brachten, voran Frankfurt, der deutschen Herren Kollegen) haben nur die
die allzeit Getreue, die ja fast alle Schöpfungen künstlerischen Leistungen des Herrn Sak ins
des Meisters aus der Taufe hob und seitdem in wahre Licht gerückt. Die Reklame seiner Konzerte
Ehren hält. Der "ferne Klang U wurde heuer für streifte an amerikanische Geschäftsofferten •••
Bremen neu gewonnen, das "Spie1werku in Saks Leistungen erwiesen sich als künstlerisch
seiner umgearbeiteten Gestalt im National.. mittelmäßig, so daß es seinen se1bstverherrlichen..
theater München erfolgreich zur Uraufführung den Zeitungsnotizen nicht entsprach. Dabei be..
gebracht. Von den anderen beiden Opern diente sich Herr Sak einer seltsamen Art und
wurden die ttGezeichnetenU in Köln, Halle, Weise, indem er seine eigenen Artikel mit den
Weimar, Magdeburg, besonders glanzvoll aber Namen seiner Freunde zeichnete. Diesem Treiben
in der Berliner Staatsoper herausgebracht, sollte endlich Schluß gemacht werden und als
wo Dr. Fritz Stiedry, bei späteren Auf.. HerrSakumeinestaatlicheSubventionangesucht
führungen auch der Komponist selbst, die musi .. hatte, fand die Kritik in Dr. Vomacka ihren
kalische Leitung innehatte. Von den Sängern Redner, welcher sich gegen die Unterstützung
verdienen in Berlin Barbara K e m p, Josef des kapitalistisch starken Herrn Sak wendete.
Mann und Heinrich Schlusnus, die Dar.. Die Folge davon war, daß Herr Sak im Vor ..
steller der Hauptpartien, besondere Erwähnung. raum eines Konzertsaates den unangenehmen
Schrekers vierte Oper, ..Der SchatzgräberU, wurde Kritiker ohrfeigte•.•. Von einer Anfeindung

227
der deutschen Musik in Prag habe ich bisher P RE I SAUS S CHRE IBEN
nichts gemerkt •.•
Praha, 6. Juni 1921.
DES "A N B R U C H"
Dr. J. Krupka FÜR CHORKOMPOSITIONEN
Professor des staatlio:hen Konservatoriums Die Musikblätter des "Anbruch" eröffnen
C ein Preisausschreiben für Chorkompositionen,
Dies der wesentliche Inhalt einer an die und zwar für:
Redaktion der "Musikblätter des Anbruch.... Chorkompositionen mit Orchesterbegleitung,
gelangten Richtigstellung. Der in ihr geschilderte Aufführungsdauer 20 bis 30 Minuten
Tatbestand sei, wiewohl im Augenblicke un.. Chorkompositionen a cappella, Aufführungs..
kontrollierbar und im übrigen für das in jener dauer 10 bis 20 Minuten.
Glosse berührte Problem vollkommen gegen.. Die Kompositionen dürfen weder im Druck
standslos, ohneweiters als zutreffend hinge.. veröffentlicht, noch bereits aufgeführt sein. Da
nommen. Er ehrt die Kollegialität des Einsenders die Musikblätter des "Anbruchu jede Haftung
nicht minder als die Prager Kritik, deren Ob .. für Manuskripte ablehnen, ist die Verwahrung
jektivität (mit Ausnahme der deutschen Herren einer Kopie den Komptmisten dringend zu
Kollegen) somit außer allem Zweif~l steht. Eine empfehlen.
Stellungnahme der deutschen Herren Kollegen Für beide Wettbewerbe sind nur gute,
wird abzuwarten sein. Denn zumindest sie deutsche ,Texte, namentlich auch Balladen,
müssen unobjektiv gewesen sein, sofern es die zulässig, doch ist das Preisausschreiben Kom ..
tschechischen Herren Kollegen nicht waren, ponisten aller Nationen offen.
oder urteilslos, wenn anders es die tschechischen Die Manuskripte, die gut leserlich sein
Herren Kollegen nicht sind. Denn diese tadeln, müssen, sind bis zum 1. September 1921 an die
wo jene loben. Item: beide sind Richter, die Schriftleitung der Musikblätter des "Anbruchu,
urteHen dürfen, ein inappellabler Gerichtshof Wien, I. Karlsplatz 6, einzusenden.
in geheimer Beratung, der erhöhen oder ver.. Die Manuskripte dürfen den Namen des
nichten darf nach freiem Ermessen, nach ab .. Komponisten nicht enthalten, sondern sind bloß
soluter Willkür, objektiv oder unobjektiv, wohl.. mit einem Motto zu bezeichnen. Namen und
wollend oder feindselig. Zehn Gerechte unter Adresse des Komponisten sind in einem ver..
ihnen beweisen nichts gegen einen Gehässigen, schlossenen Kuvert, das als Aufschrift das Motto
nic~ts für eine Institution, bei der Ankläger trägt, dem Manuskript beizuschließen.
und Richter identisch sind und zehntausend Das Preisrichter amt haben übernommen:
harmlose Narren das willige Echo von Urteil Alban Berg, ]ulius Bittner, Direktor Emil
und Vorurteil: Gegen elnso organisiertes Forum Hertzka, 'Prof. Dr. Josef Marx, Hermann
bleibt dem Künstler kein Mittel als schweigende Schmeidel.
Nichtbeachtung oder eine Selbsthilfe, die dann Als. Preise, die der Redaktion der· Musik..
mitunter ungewöhnliche Formen wählen mag. blätter des "Anbruchu von Herrn Karl See H g,
Somit ist der drculus vitiosus geschlossen einem Freunde modernen Tonschaffens, zur
und wir stehen wieder am Ausgangspunkte. Verfügung gestellt wurden, sind ausgesetzt:
Die künstlerischen Leistungen des Herrn Für Chorkompositionen mit Orchesterbegleitung
Sak standen nicht zur Diskussion; sie sind ein Preis K 4500'-
hier- belang:los und lediglich zufalliger Anlaß Für Chorkompositionen a cappella ein Preis
einer rein prinzipiellen Betrachtung. Nicht K 2500'-,
minder belanglos ist der äußere Anlaß Kein Autor kann mehr als zwei Arbeiten
einer Ohrfeige, die von so symptomatischer gleichzeitig einreichen. Von diesen wird im
Bedeutung war, daß sie sich auch in Wien gegebenen Fall nur eine 'prämiiert. Das Ergebnis
fühlbar machen mage. Sie ist in Prag gefallen, der Jury wird am 1. Jänner 1922 bekannt..
wie jene andere Temperamentsäußerung, die, gegeben.
als Ereignis ebeMo geringfügig, dennoch einen Die Musikblätter. des "Anbruchu werden für
Krieg von dreißigjähriger Dauer heraufführen eine würdige Aufführung der prämiierten
konnte. Wenn der Krieg ausbricht, der hier Kompositionen Sorge tragen.
gemeint ist, so muß er mit der Vernichtung Die Universal..Edition A. G. behält sich das
eines Gegners enden. Eine, Ohrfeige kann unter Recht vor, sowohl die prämiierten, wie auch
Umständen genügen, eineti- vielhundertjährigen die übrigen eingereichten Kompositionen gegen
Götzen vom Thron zu stürzen. Sie muß nur eine Verlagstantieme von 15 Prozent des Laden...
kräftig genug sein. Paul Bechert preises für ihren Verlag zu erwerben.
o 0 c c
228
BESPRECHUNGEN Vo rwurf versinnbildlicht wird. Durch Aus..
nützung aller Register und Lagen beider In..
KARL JAKOB HIRSCH: MAHLERMAPPE. strumente - für sich und im Zusammenspiel -
(Adolf Harms Verlag, Hamburg.) durch mannigfaltige Bewegung und Gegenüber..
stellung kontrastierender Wirkungen der In..
Kein literarischer Versuch. Keinerlei gegen..
ständliehe Hermeneutik. Reine absolute Malerei. strumente werden innerhalb der gewollten Ein..
Man muß die große, ganz kosmisch anmutende tönigkeit des Satzes viele Differenzierungen und
Geste bewundern, mit der hier der Lebens.. Abstufungen der Stimmung erreicht. Der zweite
rhythmus von Gustav Mahlers Musik iO,lineare Satz ist reiner Stimmungsausdruck mit weit-
Rhythmen transformiert wurde. Der Versuch, geschwungener melodischer Linie. Im dritten
Musik zu malen; ist durchaus nicht neu. Aber Satz werden durch das Herunterstimmen der
es wäre falsch, dieses Werk in irgend einen D.. Saite um einen Viertelton ganz eigenartige
Zusammenhang mit KIingers Brahms~Phantasien Klangwirkungen erzielt; neu erscheinen hier
oder selbst mit Kokoschkas Bach..Mappe zu auch die an Flötenkolorit erinnernden Geigen..
bringen. Hirsch' Blätter durchglüht eine Ekstase, flageoletts (Panflöte!). Dieser Satz ist stark auf
die, selbst wenn man technische Bizarrerien fest- das Rein ..Klangliche gestellt. Das hochinter..
zusteHen meint, sie rein als Erlebnis weit über essante Werk, dessen technische Schwierigkeiten
diese Werke stellt. Man hat den Eindruck einer (besonders für den Geiger) enorme sind, ist
in die Unendlichkeit des Metaphysischen ge.. unbedingt wärmstens zu empfehlen.
schleuderten Ausdrucksgewalt - in eine Un.. Dr. Ka,rl Horwitz
endlichkeit, wo die Parallelen von Musik, o
Dichtung und Malerei sich schneiden. Denn die
Beziehung zu Mahlers Symphonien ist keines.. ALEXANDER EISENMANN : DAS MUSIK,
wegs eine subjektive. 'Man wird nicht fehlgehen, STUDIUM. Ratgeber bei der Berufswahl. (Albert
wenn man hinter Hirsch' mittlerweile bis zu Auer, Stuttgart.)
oft brutaler Eigenart gereiftem Stil franziSsische Dieses, mit umfassender Kenntnis aller
Schulung vermutet. Die (kubistische Einflüsse musikpädagogischen Anforderungen und aller
nur noch ahnen lassende) hiSchst persönliche äußeren und inneren Bedingungen für den
Komposition zeigt eine Vollendung und Dis.. Erfolg des Musikstudiums geschriebene Büchlein
ziplin, deren Seltenheit in der heutigen Kunst kann allen, die sich dem musikalischen Beruf
nachgerade bedenklich wurde. Hier ist tat.. widmen wollen, auch solchen, die bereits zu
sächlich ein neuer Weg zu jener jungen Klassi.. stUdieren begonnen haben, wärmstens empfohlen
zität gefunden, in deren Vollendung Busoni werden. Es ist zwar zunächst nur für reichs..
die Aufgabe der kommenden Generation sieht. deutsche Verhältnisse berechnet, enthält aber
Allen Verehrern Mahlers werden die Litho.. soviel Allgemeingültiges, daß es gewiß einem
graphien als ein inbrünstiges Bekenntnis zu der dringenden Bedürfnis Genüge tut. Sehr be.-
Musik dieses größten aller neuen Symphoniker herzigenswert ist, was der Autor über die
Dokument sein einer Liebe, die zu grenzenlos Notwendigkeit einer genauen Prüfung der
ist, um schweigend zu verharren, die explosiv musikalischen Begabung und über die durch
zur Gestaltung drängt. die gewaltige Konkurrenz sehr vermin d e rte n
Das Mappenwerk istvopl Verlagein würdiger Aussichten auf materiellen Erfolg fUr
monumentaler Weise ausgestattet worden und - jeden der einzelnen musikalischen Berufszweige
zählt drucktechnisch zu den besten Veröffent.. ausführt, ebenso der Hinweis auf die Schäd..
Hehungen der letzten Jahre. Der Einband wurde lichkeit einerseits des systemlosen, ander..
nach einem Entwurf des Künstlers ausgeführt. seits des geisttötenden mechanischen Übens
H. H. Stuckenschmidt wie auch auf die Notwendigkeit, Vortrags..
o regeln zu erhalten, die Warnung vor Ein..
seitigkeit wie vor Zersplitterung und
KAROL SZYMANOWSKI: MYTHES. Trois und anderes, was zu jenen Selbstverständlich..
poemes pour Violen et Piano, op.30. (Universal.. keiten gehört, die doch immer wieder gesagt
Edition, Wien..Leipzig.) werden müssen, namentlich Anfängern, denen
Die drei Sätze dieser Neuerscheinung tragen daran liegen muß, sich rasch Einblicke in das
die Überschriften: 1. La Fontaine d'Arethuse, Wesen und die Anforderungen des musikalischen
2. Narcisse, 3. Dryades ci Pan. Das Charakteri.. Berufes zu verschaffen. Dr. F elix Rosen thaI
stische des erstenSatzes liegt im Tonmalerischen.
Ganz neu ist hier die Idee, mittels welcher der o

229
H. 'LEICHTENTRITT, ANALYSE VON lassen. Es ist keine Phrase. wenn beiden Büc:hern
CHOPINS KLAVIERWERKEN. I. (Maz Hesse. Leichtentritts die ihnen gebührende Beachtung
Verlag. Berlin.) und Verbreitung gewünscht wird.
Mit diesem Werk setzt der Verlag die Reihe E. Welles%
wertvoller Analysen fort, die er mit der 'Ausgabe
der Studien Riemanns fiber das Wohltemperierte
c
Klavier von Bach und die Klaviersonaten
Beethov~n3 begonnen hatte. Leichtentritt ana-o
!GOR STRAWINSKIJ: TROIS HISTOIRES
lysiert in dem vorliegenden ersten Band die POUR ENFANTS, für Gesang und Klavier.
Nocturnes, Walzer. Polonaisen. Preludes. Im .. a. ,Wo Chester, London.)
promptus und Mazurken von Chopin. Erfreu.- In diesen "Geschichten für Kinder u gibt
licherweise verwendet Leichtentritt nicht die Strawinskij eine neuerliche Probe seiner außer..
von Riemann eingeführten. dem nicht in seiner ordentlichen Begabung fürs Komilche und
Methode herangebildeten Musiker unbequemen Groteske. Seine Komik ist etwas wesentlich
Bezeichnungen. sondern die alten Stufenbezeich.. anderes als was wir unter Humor verstehen;
nungen, wenn auch das Geistige des Systems der dieser nämlich ist romantisch ( ..sentimen..
Riemannschen Funktionen..Theorie Anwendung talisch'" im Schillerschen Sinn): die Dinge
findet. erscheinen ihm lächerlich klein und beschränkt
Das Erscheinen dieses Buches ist mit Freude im Gegensatz zur Ideenwe1t. der Welt des
zu begrüßen; denn es gehört zu den ersten Unbedingten. Komik dagegen ist naiv: sie
umfassenden Arbeiten, mit denen man das setzt die Dinge nicht in ein Verhältnis oder
kompositionelle Gerüst der Romantiker har.. Mißverhältnis zu einer ersehnten Welt, sondern
monisch, formal und technisch zu untersuchen betrachtet sie in ihrem bloßen Dasein, ihrer
beginnt. Jeder der Gruppen geht eine kurze Realität; diese erscheint durch sich selbst schon
Einführung in das Genre und die Art der lächerlich; nicht also durch einen Widerspruch
Verwendung der betreffenden Form bei Chopin zur Idealitä.t, sondern im Gegenteil durch die
voraus. In jedem einzelnen Fall ist der Aufbau völlige Losge!östheitvon ihr, durch das gänzliche
genau untersucht. die Abweichungen vom Für.. sich..sein: so wie ein Wort, das man un..
Normalschema technisch festgestellt und auf ausgesetzt wiederholt, schließlich allen Sinn
das Wesentliche des Klaviersatzes hingewiesen. verliert, nur mehr als eine leere bedeutungs..
Eine schöne Beigabe des Buches bildet die lose Buchstabenzusammensetzung erscheint und
Reproduktion einer im Besitz Leichtentritts solcherart lächerlich wirkt.
befindlichen Tuschskizze von Chopin, die un.. Das Komische von Strawinskijs Musik liegt
mittelbar nach seinem Tode am Sterbebett von sozusagen in dieser Musik selbst. das heißt es
seiner Schülerin, der Fürstin Czartoryska, spricht sich schon durch deren Grundformen,
gemacht wurde. Rhythmus, Harmonie und MelOdie aus (während
Es sei in diesem Zusammenhange auf ein es nur allzu oft erst von außen hineingetragen,
anderes Werk Leichtentritts. die M us i kai i s ch e also etwa durch Instrumentierung und Vortrag
Formenlehre hingewiesen. die in zweiter bewirkt wird. wie zum Beispiel bei Richard
Auflage bei Breitkopf & Härtel erschienen ist. Strauß, dessen ..Eulenspiegel" und "Don Quixote'"
Diese neue Auflage ist gegenüber der ersten bei der Wiedergabe auf dem Klavier viel von
stark erweitert, und zwar um drei Kapitel: ihrer komischen Wirkung verlieren).
"Logik und Zusammenhang in der Musik .... Die Melodik dieser Stücke ist äußerst
"Die Begleitung in ihrer form .. und stilbildenden primitiv: ganz so wie man einem Kinde vor..
Bedeutung.... "Die Formen der Einstimmigkeitu singt oder wie das Kind selbst es singen würde.
sowie ein ergänzender Anhang zu den einzelnen Die Begleitung beschränkt sich auf die obstinate
Kapiteln. Dieses Buch. von einem ausgezeichneten Festhaltung eines eintaktigen Motivs. was
Musikhistoriker, der auch ein moderner Musiker natürlich an vielen Stellen eine "falsche'"
ist, geschrieben. bietet eine Fülle von wertvollen Harmonisierung ergibt und äußerst drollig
und selbst für den ausgebildeten Musiker wirkt, zumal im letzten Stück. darin von einem
wissenswerten Analysen und Betrachtungen. Bären erzählt wird. der in die Hütte zweier
Als besonders aufschlußreich seien die Kapitel: alter Leute getappt kommt und die beiden auf..
"Unregelmäßigkeiten im Bau der musikalischen frißt. Die Melodie geht aus C dur. die Begleitung
Phrase u• "Die Vokalformen'" und die drei neu dagegen aus Des. und zwar besteht s"ie lediglich
hinzugekommenen Kapitel erwähnt; sie setzen in der unausgesetzten Wiederholung des Quint..
dort ein. wo die meisten Lehrbikher Lücken schrittes As-Des in gleichförmiger Viertel..

230
bewegung. Besonders komisch wirkt dies an werden besser daran tun, Spechts Strauß..Buch
eintr Stelle, wo die Singstimme in den Drei.. nicht %u lesen. Die Andern aber '- sie dürften
vierte1takt übergeht (ohne daß es in der die Mehrzahl bilden - werden Richard Specht
Notierung ersichtlich gemacht ist), während der für dieses Buch, in dem lediglich die Druck..
Baß ganz stumpfsinnig in seinem Zweiviertd.. fehlerhorden der Notenbeispiele ärgerlich sind
takt wdtertrottet. und das des Anregenden, Interessanten, Amü..
Schade, daß eine deutsche Überset%ung santen, Geistvollen und Tiefen (zum Beispiel
fehlt (der Text ist nur russisch und französisch); die prachtvolle Charakteristik Hugo Wolfs,
mit diesen Stücken könnte man Kindern viel S. 12 ff., oder die Worte über Strauß und die
Vergnügen bereiten. Hugo Kauder ,.Jungen", S.120-121) übergenug enthält, Dank
wissen. G S
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RICHARD SPECHT: .RICHARD STRAUSS
UND SEIN WERK" H. Band. Der Vokal..
komponist - Der Dramatiker. (E. P. Tal & Co., N o T I z E N
Verlag, Leipzig-Wien-Zürich.) In Leoben fand heuer Ende Juni die erste
Nun ist auch der zweite Band dieser groß.. obersteirische M:usikfestwoche unter der Leitung
angelegten Monographie - der größten, die je Hermann SchmeideIs statt, bei der das ge ..
über einen Künstler zu seinen Lebzeiten ge.. samte Wiener Staatsopernorchester mitwirkte.
schrieben wurde - erschienen und man ist, Aus dem Programm seien besonders Auf..
wie beim ersten Bande, gefesselt von der Über.. führungen von Händels "Samson", Beethovens
fülle ausführlicher Darstellung. Specht gehört IX. Symphonie und ein Bach ..Kantaten..Abend
nicht zu jenen Kritikern, die ihr Amt wie eine hervorgehoben.
freudlose Last tragen; er ist ein nachschöpfe.. e
rischer Vermittler, ein begeisterter Verkünder
des Kunstwerkes, dessen Reiz, Form und Farbe In der Arbeitsgemeinschaft .zur Erkenntnis
er mit seinem eigenartig subtilen, dabei fast und Förderung expressionistischer (abstrakter)
unheimlich plastischen, phantastisch reichen, Kunst und Kultur in Gera (Reu!) wurden durch
weit gewölbte Satzgefüge bauenden Stil wie mit Frau Marie Gutheil..Schoder von der Wiener
einem Zauberspiegel einzufangen sucht. Und Staatsoper Lieder von Alexander Zemlinsky
vermag. Mit einer fast hellseherischen Intuition und Rudolf R et i zur erfolgreichen Aufführung
gebracht.
vermag und mit einem kristallklaren Kunst ..
verstand dazu, daß jede Zeile, jedes Wort, von
e
blutvollem Enthusiasmus durchglüht, von In Görlitz hat ein Zusammenschluß fort ..
liebefreudigstem Einfühlungsvermögen ge.. schrittlich gerichteter Künstler stattgefunden,
tragen, zu einer, sit venia verbo, verblüffend der den Namen Jakob Böhme..Bund führt.
getreuen Wortphotographie des zu charakteri.. Neben einer Ausstellung radikaler Bildwerke
sierenden Werkes zusammenwirken. wurde bis jetzt auch ein Vortrag über das
Wie wenig indes dieser Enthusiasmus mit Problem der neuen Musik in diesem Rahmen
Exegetenbeflissenheit gemein hat, welche Ob .. gehalten.
jektivität Specht bei all dem hinreißenden e
Aposteltum wahrt, ist in jenen Kapiteln und Ab.. Im Rahmen der diesjährigen Donaueschinger
schnitten zu erkennen, in denen der Autor (wenn.. Kammermusikaufführungen zur Förderung zeit..
gleich unter der Voraussetzung jenes Respekts, genössischer Tonkunst gelangen mehrere öster ..
der dem größten lebenden Meister der Musik - reichische Komponisten zur Aufführung. Unter
und einem der g1'ößten aller Zeiten - gegen.. ande:rn werden Lieder von Kar! Horwi tz, die
über eine Selbstverständlichkeit ist) Worte der Klaviersonate von Alban Be r g, das Streich..
Kritik findet, die in ihrer Schärfe fast peinlich quartett von Alois Hab a sowie die Serenade
berühren würden, wenn nicht das edle Motiv - von Ernst Krenek gebracht.
zeitweise enttäuschte Meisterliebe - so deutlich e
erkennbar wäre.
Jene, für die eine solche Haltung noch Das Brüder Post..Streichquartett plant die
nicht genug der Unvoreingenommenheit ist Aufführung eines Kammermusik-Novitäten..
und die vielleicht den Gipfel der Objektivität Zyklus im Herbst, für den r'iIanuskripte ein..
im Loben der schwächeren und im ,.Verreißenu gesendet werden können.
der starken Werke eines Schaffenden sehen. e

231
Meinem lieben Freunde Fritz Pets.chau.
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Aufführungsrecht vorbehalten. Sf\Rf\Bf\NDE.


Droit.~' dexecution reserves.
Temp)~o~~~O ___--;-;;z--§!org Szell, Op. 6. Nr. 2.

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Op.2 4800 Trio 1 ap. 1 Nr.l Es dur I-SO
.. Entflieht auf leimten Kähnen" 4801 Trio 2 ap. 1 Nr.2 G dur )'80
4802 Trio 3 op. 1 Nr.3 C moll I-SO
(STEFAN GEORGE) für gemismlen Chor <'I clIpelia
4803 Trio 4 op. 11 B dur . . , 1'50
U. E. Nr. 6643 ParliIur. . . . . . . . . . n. Hk.
U. E. Nr. 6644l1id Slimmen. . • , • , . CI n. Mk. -']0 "- 4804 Trio 5 ap. 70 Nr. 1 0 dur
4805 Trio 6 ap. 70 Nr. 2 Es dur
1'50
'·SO
0.>' Fünf Liede .. 4806 Trio 7 op" 97 B dur . . •
4807 Trio 8 op" postn" B dur. .
• 2"-
., -"60
u. E. Nr. 6645 AU5 "Der siebente Ring" von STEFAN
GEORGE Nr eine Singslimme und Klavier n. Mk. 2·- 4808 Trio 9 op. postn. Es dur . • . • • . 1"-
Kompositionen A. WEB ERN S, der, 1Inlangs vielumslrlllen, sich
4809 14 Variationen op.44 Es dur . . • • 1"-
allm<ihUdl Gellung errang, wurden bereih zu wiederhollen M.:Ilen 4810 10Variafionen op,121ja G dur (Kakadu) 1'-
mit starkem Erfolg aufgeluhrl. 877 Alle Klaviertrios in einem Bande . . • 12"-
, Hiezu 200 Prozent Verlegerzusdllag. Hlezu ein Verlegerzuschlag von 200 Prozenl
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Universal ..Edition A. G.J Universal-Edition A, 0., Wien - LeipZig
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nton ru ner
1II111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111mlllllllllllllllllllllllllllllllllll~1II1111111111111111111IIIllnllllllllllllllllllllllllllllllllllllllllll

INSTRUMENTAL-WERKE
U. E. Nr. Preis Mark U. E. Nr. Preis Mark
Klavier zu zwei Händen Zwei Klaviere zu vier Händen
426 Sinfonie I C moll •• • • •• 6'- 5144 "Sinfonie IV Es dur. • • • •• 8'-
787 Sinfonie 11 C moll. • . . •• 6'- 2890 Sinfonie VII E dur. • • • • • 10'-
2986 Sinfonie' 111 D moll. • • • •• 8'- 5347 Sinfonie VIII C moll • • • .• 8'-
2883 Sinfonie IV Es dur rom. •• 8'-
427 Sinfonie V B dur •• • • •• 6'- Zwei Klaviere zu amt Händen
428 Sinfonie VI A dur. • • • •• 6'~
944 Sinfonie V B dur •.•• '.' • 12'-
2889 Sinfonie VII E dur. • • • •• 8'-
2493 Sinfonie VIII C moll. • • •• 8'- Kammermusik
843 Sinfonie IX D moll . • • .. 6'-
2893 Scherzo aus der IX. Sinfonie 3'- Strei chquintelt Fdur
2987 Sinfonie IX u. Te Deum zus. 8'- 2924 Partitur (8°) • • • . • • • ••. 3'-
5257 Andante aus der nachge- 2925 Stimmen. • • • • . . . • . . • 10'-
lassenen Sinfonie F moll •• 1"50
3601 Benedictus aus der F moll- Intermezzo. Ein nachge'
Messe (Wöss) • • • • . • •• 1'50 lassener Streichquintettsatz
2917 Erinnerung, Klavierstü<k •• 1'50 2922 Partitur (16°) • . . . . . . .. 1'-
2923 Stimmen. • • • • • • • • • •• 2'-
Klavier zu vier Händen
. 420 Sinfonie I C moll •••• " 9'- Tasmenparlituren
421 Sinfonie 11 C moll , , •• ,. 9'- 3593/94 Sinfonie 1/11 ' • , , " a 5'-
422 Sinfonie 111 D moll " . " 9'- 3595/96 Sinfonie 1II/IV ••• ' a 5'-
28<2 Sdonie IV Es dur rom, • , 12'- 3597/98 Sinfonie ViVl, , , ., a 5'-
424 SI:,lo: le V B dur •••• ,. 9'- 3599 Sinfonie VII " " . . . . . 5'-
425 Sinfonie VI A dur .. , , . ' 9'- 2495 Sinfonie VIII C moll , • , " 5'-
2888 Sinfonie VII E dur, , , , , • 12'- 93l Sinfonie IX D moll , " " 5'-
2494 Sinfoide \ 111 C mou , .•. , 7"50 2990, Sinfonie IX und Te Deum zu-
SM Sinfonie IX D moll , . . .• 9'- sammen . • • • • • . • . . .• 7"-
2988 Sinfonie IX u. Te Oeum zus. 12'- 2989 Te Deum allein (vgl.BrudUlers
2773 Te Deum al,e'n (\'gl. BrudUlen Chorwerke) . . . . , • . • .. 3'-
Chorwerke) . . . . . , • , .• J'- 5259 Andanfe aus der nachge-
5258 Andante aus der nachge- . lassenen Sinfonie F moll ,. 2'-
lassenen Sinfonie F moll, ,. 2'- 2925, '923 Slreichquinlett. Inler-
2926 Streichquintett F dur •••• , 10'- meno vgl. oben
Hiezu [", \'-~regerzusdl'.:!g

Zu beziehen durch jede Buch- und Musikalienhandlung

Universal-Edition A. G. Wien-Leipzig, I
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Franz Schreker'
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Der Geburtstag der Die Gezeichneten
Infantin U. E, Nr.
Oper in drei Aufzügen
Mark
Pantomime nam Qskl!:lr Wildes gleidllltlmiger 5690 Klavierauszug mil Texl. . . . . 20"-
Novelle
U, E, Nr, Mork 5691 Texlbuch , , . . , . , , . .• 1'50
2545 Klovlersuil., vi.rnllndig , , •• 3'- 5762 Themafische Analyse. , , , " 1'-
5763 Kurze Ihematisme Analyse • • • -'30
5884 Vorspiel. Klavier zweihändig • '" }'-
Der ferne Klang 5389 Dasselbe. Klavier vierhändig •• 6'-
SJ64 Dasselbe. Sludienpartilur . • •. 4"-
S36S Dasselbe, Orchesltll':artilur • . • 30'-
3096 Klavierauszug mit Ted. . . • • 20"-
3100 Regiebudt mit szenischen
Bemenmngen . , . . , . • " 2'- Der Schatzgräber
3100. Texfbudo •. , , . , . , •. , 1'50 Oper In vier Aufzügen, einem
5367 Ballade für eine Singstimme und Vor. und Nachspiel
Klavier. .•••..•..• I'SO 6136 Klovierc1uszug mli Text . • • • . 20'-
5369 Sddu~duell für zwei Singstimmen 6131 Textbum • • • • • • • •• 1'50
und Klavier. • . • . • • • •. 2·- 6133 Wiegeniied der EIs. für eine Sing-
stimnle und Klavier , , , , . , 1'S0
6515 Dasselbe Ormeslerpartitur '. .• 8'-
Das Spielwerk 6199 Themalische Analyse (R, Spechi) , 2'-
Oper in einem Aufzug
3770 Klavierauszug mit Texl, , . , , 15'- In Vorbereitung:
3771 Texlbuch ' , , , , , , , , . ' 1'50
Memnon
• Opemdic:hfung in zwei Akten
Der rote Tod
Frei nach E. A. Po e. Dichtung in einem Akt Irrelohe
3289 Texlbuch , , , , . , , . , . , 1'50 Üpemdimlung in drei Akten
Hiezu ein Verlegerzusddag
Musikblöller des Anbru<h - SdJreker Sonderheit , . '. . , , , . Mark 6'-

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Universal-Edition A. G., Wien-Leipzig


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panfuhn Otblchtt Op. IS• .


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.... . 50 ....w.. 11,.. (mUltI) , "00
5338 .0.. Buch k, hi .. ~•• Gi.ltltJ
. . . .. 6. _110~ (mllld) , , , 1'~
vo. SIel•• Oeol'lle ••• •. • • 4~ '

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1,11' lilthr Op. 6.
..~ 6009 ParHlu. . . • • • • • >. .:: 3'-
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engel" (hoch). . • • • • • • . . no
533' ~Ie~ ~" liov, (mIlIei). . . . • • ...0
5;30 ~I~ Walkman: .Ou wunkrllch.
~. - liove" (hoch) . . • • . . . .• . .~
,'- sm ~I,~ ~'P WalOlaube (mIlItI) . . . ~'50
3. J'ahrgang Nummer 13-14 1. u. 2. September-Heft 1921.

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
p 'riM*ft 'Iwe ". -
WIE N ALS MUSIKSTADT
Von Egon Wellesz
In allen großen Erscheinungen der Kultur waltet Zweck und Sinn. Es ist kein
Zufall, daß gerade Wien eines der großen Musikzentren der Welt geworden ist.
Jahrhundertelang hat sich diese Entwicklung vorbereitet, allmählich trat sie in Er-
scheinung, aber mit jener unaufhaltsamen Kraft, die die Gewähr eines organischen
Wachstums bietet. Wiens Geschichte und Kultur ist durch seine eigenartige Lage
bedingt, die sich auch jetzt, allen Bestrebungen zum Trotz, die Stadt ihrer führenden
Rolle zu berauben, stärker erwiesen hat, als alle dahin zielenden Pläne.
Die Stadt liegt am Abhange der letzten Hügelketten der Alpen, die sich von
hier bis ins innerste Frankreich nach dem Westen erstrecken, von Nordwesten her
nähern sich die letzten Ausläufer der böhmischen Bergketten, die bis zum Franken-
und Thüringer Wald ziehen, im Süden gelangt man längs der Flußtäler nach
Italien und im Osten beginnt die Tiefebene, die sich in südlicher Richtung bis ans
Schwarze Meer, in nördlicher bis in die russischen Steppen erstreckt. So, gleichsam
der letzte westliche Vorposten gegen Asien, an dem Kreuzungspunkt der wichtigen
natürlichen Wege zWIschen Westen und Osten, Norden und Süden gelegen, hat
Wien seit seinem Bestehen eine bedeutsame Rolle in kultureller Richtung gespielt.
Die verschiedensten Einflüsse wirken auf die Stadt ein, slawische vom Norden,
ungarische und polnische vom Osten, italienische und wendische vom Süden und
die der Gebirgsdeutschen vom Westen - aus Tirol, Steiermark, dem Salzkammergut.
Alle diese Einflüsse werden aufgenommen und amalgamieren sich mit dem, was
man als eigentlich Wienerisch bezeichnen kann, ohne daß aber irgend einer dieser
Einflüsse die Oberherrschaft erlangen würde; ohne daß das Wesen der Kultur der
Stadt verändert würde. Sie alle bereichern, verstärken das Eigentliche, Kernhafte
des Wesens. Es entsteht kein billiger Kosmopolitismus, der Oberflächenzivilisation
erzeugt, sondern eine wahrhafte Kultur mit einem gewissen Zug zum Konser . .
vativismus.
Weit reichen die Wurzeln 'zurück. Aber der lebendige Quell, der die Tonkunst
heute noch speist, entsteht in der Zeit des frühen Barock. Noch stehen die Paläste •
und Kirchen unverändert, in denen die großen venezianischen Meister im Dienste
des Hofes prächtige Konzerte veranstalteten, und ihre prunkvollen Messen auf. .
führen ließen. Unverändert sind die Parke der kaiserlichen Lustschlösser, in denen

233
Gluck, damals noch nicht der große Reformator der Oper, seine Festspiele in Szene
setzte; das Michaelerhaus, in dem Metastasio lebte, den seine Epoche über die großen
antiken Dramatiker stellte, während in einer Dachstube Joseph Haydn bei dem
italienischen Komponisten Porpora dienen mußte, als Entgelt dafür, daß ihn dieser
in der Komposition unterrichtete.
Und allenthalben erinnern Gedenktafeln an Häuser, in denen später Mozart,
Beethoven und Schubert gelebt, an Stätten, an denen sie geschaffen haben.
Das Alles ergibt einen natürlichen Traditionalismus, ein Geborgensein in einer
großen Vergangenheit, das auf die Schaffenden belebend und inspirierend wirkt.
Denn von den großen Klassikern geht über die Romantiker eine ununterbrochene
Kette zu Bruckner, Brahms und Hugo Wolf und zu den Künstlern, die heute an
der Spitze stehen.
Wenn man bedenkt, aus welch verschiedenen Nationalitäten sich die Bevölkerung
des alten Wien zusammensetzte, kann man auch verstehen. daß Beethoven in einem
Streichquartett eine russische Melodie verwenden konnte, ohne daß man sie als
fremdartig empfindet, daß Brahms in seiner Wiener Zeit ungarische Melodien,
Mahlet slawische verarbeiten konnten, ohne daß man das Gefühl hätte, hier sei
etwas StiIwidriges geschehen; ja, daß man die Kärntner Bauerntänze und die steirischen
Ländler ebenso als heimatlich empfindet, wie die slowakischen und mährischen
Volkslieder.
Und so läßt sich auch erfassen, daß Traditionelles neben Stürmerisch..Neuem be ..
stehen kann; zarte, fast süßliche Sentimentalität neben grandiosem Elan, die "Zauber ..
flöte" neben der "Eroika", die Walzer von Lanner und Strauß neben den letzten
Quartetten Beethovens, die Raimundschen Couplets neben den Messen Bruckners,
und daß all dies vollwertige Erscheinungen der Wiener Kunst sind; daß aber auf
diesem Boden auch als äußerstes Extrem der Lust zum Beharren, zum behaglichen
Genießen die Operette entstehen konnte, der als Gegenpol die konzessionslose
Kunst eines Hugo Wolf, eines Mahler, eines Schönberg gegenübersteht. Es ist die
Buntheit der Erscheinungsformen das Erstaunlichste an der dem Wiener Bode!' ent-
sprossenen Musik. Man könnte nicht sagen, worin eine größere Vollkommenheit
liege: in den Opern Mozarts, in den Symphonien Beethovens oder in den Liedern
Schuberts. Von der tragischen Oper bis zur Operette, von der Symphonie bis zum
Divertimento, vom Lied bis zum Couplet werden alle Formen gleichermaßen
kultiviert. Dies zeugt von der tiefen Verwurzelung des musikalischen Ausdrucks-
vermögens in der Seele des Volkes, und gibt die Sicherheit, daß von diesem breiten
Strome noch lange nicht die letzte Welle geflossen sein wird.
o 0

DAS lVIUSIKALISCHE IlVIWIENER VOLKSCHARAKTER


Von Hugo,Kauder
Will man die Bedeutung Wiens als "Musikstadt" richtig würdigen, so genügt
es nicht, die öffentlichen Kunstdarbietungen in Theater und Konzert zum Maßstabe
zu nehmen; denn soviel hier auch, quantitativ wie qualitativ, geleistet wird, unter..
scheidet es sich doch in nichts Wesentlichem von den künstlerischen Leistungen in
anderen Großstädten, mag vielleicht sogar in mancher Hinsicht hinter diesen zurück..
bleiben. Und auch, daß einige der größten schaffenden Musiker in Wien gelebt und

234
gewirkt haben, gibt noch keine Erklärung des eigenartigen musikalischen Wesens
der Stadt und ihrer Bewohner, ist vielmehr erst eine Folge davon: denn Wiens
musikalische Atmosphäre war es, welche zu allen Zeiten bedeutende Musiker anzog
und festhielt.
Und auch in der gegenwärtigen Periode des Niederganges, ja der Auflösung, hat
die Stadt Wien, obgleich nach den Worten des Propheten zur Witwe geworden
(allerdings zu einer noch immer recht lustigen Witwe), ihren Charakter als Musik..
stadt bewahrt. Denn dieser hängt eben nicht ab von dem augenblicklichen Stand
des "Musikbetriebesu , bleibt daher im Kern unangetastet von der verhängnisvollen
Tatsache, daß die öffentliche Kunstausübung zu einem "Betrieb" geworden ist, mit
allen Begleiterscheinungen modernen Betriebswesens. Vielmehr wurzelt der musi ..
kalische Charakter Wiens zutiefst in der ganzen Art der Bevölkerung. Man
darf also, wie gesagt, zum Maßstabe für Wiens eigentliches musikalisches Wesen
nicht etwa Kunstleistungen, schöpferische wie reproduktive, nehmen, die, wie
bedeutend sie auch seien, doch immer nur einer verhältnismäßig eng begrenzten
Gesellschaftsschicht zugänglich sind; sondern man kann dieses Wesen nur nach
dem ermessen, was die Musik - und sers in ihren rohesten und primitivsten Er...
scheinungsformen - im Leben der gesamten Bevölkerung bedeutet. Demnach sind
es nicht die großen Meister, die hier gelebt haben, noch die Leistungen und die
Tradition seiner Oper, Konzertinstitute und Konservatorien, denen Wien seine
Bedeutung und seinen Ruf als "Musikstadt'" verdankt, sondern vor allem jene
Musik, die unmittelbar mit dem Leben des Volkes verknüpft ist und überall an
dessen Erholungs- und Belustigungsstätten erklingt: in Kaffeehäusern und Wirts-
hausgärten, in den Praterbuden und Heurigenschenken, ja selbst in den Höfen der
Wohnhäuser. Und die Tatsache, daß der Wiener, um seinen Kaffee oder sein Bier
mit dem richtigen Behagen schlürfen zu können, der Musikbegleitung bedarf,
charakterisiert sein Verhältnis zur Musik besser als der Umstand, daß Oper und
Konzertsäle fast allabendlich ausverkauft sind. Denn jene urwüchsige Wiener Volks . .
musik ist der eigentliche Ausdruck des Charakters der Stadt und ihrer Bewohner
(allerdings ist diese Musik heute nahe daran, im Schmutz der modernen Operette
unterzugehen).
Die Eigenart des österreichischen und insbesondere des Wiener Volkscharakters
hat ihren Ursprung in einer Mischung der verschiedensten europäischen Nationali...
täten: dank der besonders günstigen geographischen Lage Wiens - im Herzen
Zentraleuropas, mit offenen Zugängen nach aUen Seiten - strömten hier Slawen,
Magyaren und Romanen zusammen, deren nationale Eigenheiten sich dem deutschen
Grundwesen der einheimischen Bevölkerung gesellten. So bildete sich der eigenartige
Charakter des Wieners mit seiner merkwürdigen Mischung von heiterer Sinnlich. .
keit, Beweglichkeit und Leichtfertigkeit einerseits, Sentimentalität angerseits ; und
diese Eigenschaften geben auch der Wiener Volksmusik ihren besonderen Grundton.
Sowie in allen Dingen des Lebens geht es dem Wiener auch in allem Geistigen
vorwiegend um behagliches Genießen; und darum liegt ihm unter allen Künsten
die Musik besonders nahe: denn diese, mehr als jede andere Kunst gestaltloses Ele-
ment, gestattet darum auch viel eher ein bloß passives Genießen der Sinne, bei
dem der Verstand ganz oder nahezu ganz müßig bleiben kann. Daraus erklärt sich
des Wieners Verhältnis zur Musik, auch dessen nachteilige Seite: der passive
(mitunter auch aktive) Widerstand gegenüber allen jenen Kunstleistungen, die mehr

235
wollen als bloß sinnliches Behagen vermitteln; die, aus tieferer Erregung der Seele
geboren, auch im Aufnehmenden tiefere und stärkere, vielleicht auch manchmal
schmerzlichere Seelenregungen hervorrufen. So kommt es, daß dieselbe musikalische
Atmosphäre, die einerseits das Schaffen unserer großen Meister, von Haydn bis
Mahler, mächtig angeregt und befruchtet hat, anderseits auch die Ursache ist der
Gleichgültigkeit und Verständnislosigkeit, ja selbst Gehässigkeit, welche die Zeit-
und Ortsgenossen ihnen so oft entgegenbrachten. Und das ist wohl gut so und im
Sinne des schöpferischen Geistes selber: der Schaffende soll es bei seiner Mitwelt
und diese bei ihm nicht zu leicht haben, damit die Kunst ihre Aufgabe erfülle: vor
allem den Künsder selbst und mit ihm die Menschheit weiterzubringen auf dem
Wege nach vorwärts, nach aufwärts.
o 0

DIE MUSIKSAMMLUNG AN DER


N ATI 0 NALB I B L 10TH E K I N WIEN
Von Dr. Robert Haas
Es war ein Zeitabschnitt von besonderer Bedeutung für die Musikabteilung der
Wiener Nationalbibliothek, als sich im vergangenen Jahr die Möglichkeit ergab,
eine glückliche örtliche Veränderung zu erreichen und als die Übersiedlung aus dem
Hauptgebäude auf dem Josefsplatz in das anstoßende frühere Palais Friedrich
auf der Albrechtsrampe (Augustinerbastei 6) tatsächlich bald darauf erfolgte.
Ein kostbares Glied in dem einzigartigen O~ganismus der alten Hofbibliothek -
ihre Bedeutung macht sich in der gedämpften Beleuchtung der Gegenwart immer
gewaltiger geltend - war die Musiksammlung zwar seit langem weltbekannt und
hochangesehen, aber räumlich von dem allgemeinen Mangel der Palatina, der das
altehrwürdige, zweihunclertjährige Gewand längst zu eng geworden war, besonders
schwer betroffen. War sie doch erst verhältnismäßig spät, unter dem Drucke des
gewaltigen Aufschwunges in der Musikwissenschaft als selbständige Abteilung mit
eigenem Lesesaal 1906 aufgestellt und aus den Sammlungen der Handschriften und
Druckwerke losgelöst worden, also zu 'einer Zeit, wo der Alp der Raumfrage bereits
schwer auf der Gesamtheit lastete. Es konnte ihr nur ein zwar geräumiger, aber
finsterer und ungünstig gelegener Lesesaal - in ihm werden jetzt die regelmäßigen
Vorträge der Nationalbibliothek abgehalten - und zur Aufbewahrung der reichen
Schätze drei knappe, unterirdische Räumlichkeiten zugewiesen werden (gegen die
manche Bedenken laut wurden), die auch nicht einmal ausreichend waren, allen
zugehörigen Stoff zu fassen, so daß alte Reste in der Handschriften- und Impressen-
sammlung verblieben, wo sie niemand sieht. Wir werden bald hören, daß der Plan,
eine große systematische Musiksammlung in der Hofbibliothek zu schaffen, bis ins
erste Drittel des 19.Jahrhunderts zurückreicht und schon damals tatkräftig verfolgt
wurde; die älteren handschriftlichen Bestände sind aber von den jüngeren bis heute
örtlich getrennt. Waren also die unersetzlichen Kostbarkeiten der Musiksammlung
in den Kellerdepots am Josefsplatz eng zusammengepfercht und den Gefahren von
Feuchtigkeit und Schimmel ständig ausgesetzt, so steht heute in den neuen Ver..-
hältnissen eine Flucht von 21 lichten, trockenen Räumen zur Verfügung,
wo den Bedürfnissen der Benützer wie der zu verwahrenden Objekte in ungleich

236
günstigerem Maße Rechnung getragen werden kann. Nicht bloß inhaltlich, auch
räumlich ist jetzt die Musiksammlung anziehend: die Leser und Forscher finden
zwei Arbeitsräume vor. einen großen Lesesaal, der durch sechs Fenster in einem
Rundbogen reichlich mit Licht und Luft gespeist wird und einen prachtvollen
Ausblick über Opernplatz und Kaisergarten gewährt. und nebenan ein Arbeitszimmer
-für besonderen wissenschaftlichen Besuch. In diesen heiden Lesesälen ist bequem
zugänglich und rasch erreichbar das notwendige Rüstzeug für die Arbeit zur Hand
gestellt, sowohl die wichtigste Musikliteratur, Bibliographie, Musikzeitungen, Zeit..
schriften und andere mehr, als auch a..l1e Gesamtausgaben der Meister, die verschiedenen
Denkmäler der Tonkunst, die Handpartituren der Eulenburgsammlung u. s. f. Es
bleibt noch Platz, diese Handbibliothek weiter auszubauen. Im großen Saal stehen auch
die verschiedenen Kat a log e der Musiksammlung ; gedruckt wurden bish,er nur zwei
Bände über Handschriften der Musiksammlung, sie sind herausgegeben als 9. und
10. Band der Tabula. codicum manuscriptorum der Hofbibliothek nach den Zetteln
des Anton Schmid von Josef Mantuani. Auch ein zweibändiges Verzeichnis
der Sammlung des beka'nnten Musikforschers Kiesewetter, die in der Musik..
sammlung steht, ist gedruckt vorhanden. Handschriftlich sind die folgenden alpha-
betischen Zettelkataloge angelegt: 1. für die praktische Musik, 2. für die theoretische
Musikliteratur, 3. für Unterrichtswerke, 4. für Autographe, 5. für das Kärntnertor..
theater- und das Hofoperntheater-Archiv und 6. für das Hofkapell-Archiv. In der
Nähe sind nun auch die Standortsverzeichnisse und älteren Kataloge der Musik..
sammlung zusammengestellt. Systematische Verzeichnisse der praktischen Musik
fehlen noch. Da die handgeschriebenen Zettelkataloge der Allgemeinheit nicht zu-
gänglich sein können, wurde die Einrlchtung getroffen, auf einem eigenen Katalogs . .
tisch, wo auch die oben genannten Bände der Tabulae aufliegen, zu diesem Zweck
ausgezogene Zettelabschriften kleineren Formats der allgemeinen Benützung zuzu . .
führen, worin vorläufig die wichtigsten und meistbegehrten theoretischen Werke,
sowie alle Neuanschaffungen aufgenommen sind und frei nachgeschlagen werden
können. Auf diesem Tischchen ist außerdem ein Verzeichnis der Gesamtausgaben,
der Eulenburgsammlung und der Universal-Edition mit den Signaturen der Musik-
sammlung aufgelegt.
Dem großen Lesesaal reihen sich an: das saalartige, vornehm ausgestattete
Vorstandszimmer, ein zweiter Beamtenraum und, vom Publikumsteil ganz ab . .
geschlossen, längs eines Ganges, der die direkte Verbindung mit dem Stammhaus
auf dem J osefsplatz vermittelt, die Depoträumlichkeiten. Hier ruhen licht und trocken
die vielen Seltenheiten, denen die Musiksammlung einen der ersten Plätze unter
den gleichartigen Anstalten Europas verdankt, ~ die zugleich auch die musikalische
Großmachtstellung Wiens in ihrer reichen Vergangenheit dauernd belegen. Wir
wollen sie kurz nach ihrer Herkunft überblicken und beginnen mit den in den
genannten Tabulae beschriebenen Handschriften. Sie sind leider in der durch
fortlaufende Zählung festgelegten Aufstellung sehr bunt durcheinandergewürfelt ; ihr
Grundstock ist der alte Besitz des Hofkapell-Archivs, der unter dem Hof-
bibliotheks-Präfekten Grafen Moritz von Dietrichste in 1826 und 1829 an die
Hofbibliothek übertragen wurde, damit hier mit dem bereits Vorhandenen eine
systematische Sammlung aufgestellt werde. Dietrichstein wandte sich in diesem
oio Vergleiche Emil Vogel, Musikbibliotheken nach ihrem wesentlichsten Bestande aufgeführt
im Jahrbuch Peters, 1894, S. 44.

237
Sinne am 11. Juni 1826 an das Obersthofmeisteramt um Überlassung älterer, zu
Aufführungszwecken nicht mehr dienlicher Musikalien - es waren 44 Folianten
gebundener, 3 Folianten ungebundener Kirchenmusik, und die kostbar ausgestattete
Partitur der Oper "Giunio Bruto U
-sowie am 3. März 1829 um Ausfolgung des
Restes, der in einem Kastenverzeichnis summarisch angedeutet ist. Die Anträge
wurden am 14. Juni 1826 und am 9. März 1829 vom Obersthofmeisteramt genehmigt,
1829 wurde zugleich bestimmt, daß die Übernahme der Musikalien in Gegenwart
des Hofmusikgrafen und der beiden Hofkapellmeister zu erfolgen habe. ~ Diesen
unschätzbaren Zuwachs übernahm in der Hofbibliothek der Skriptor A n ton
Schmid, ein Deutschböhme (1787-1853), der sich um die Ausgestaltung der Musik-
abteilung der Hofbibliothek die größten Verdienste erworben hat. Den n da mal s
(1829) wurde eigentlich unsere Musiksammlung ins Leben gerufen,
obwohl sie erst 1906 den eigenen Lesesaal erhielt. Als der englische Musikgelehrte
D. Burney 1773 Wien besuchte, fand er die Musikarchive in großer Unordnung.
Wie er erzählt, hatte das kaiserliche Theater und die kaiserliche Kapelle jede ihr eigenes
musikalisches Archiv. Der Kaiser hatte selbst den Schlüssel zum Hofkapellarchiv
in Verwahrung, der Hofkapellmeister Gassmann führte ihn in diese "kaiserliche
musikalische Bibliothek". Burney erzählt: "Ich fand daselbst eine ungeheure
Sammlung von musikalischen Schriften, aber in solcher Unordnung, daß jetzt ih.
Inhalt fast gänzlich unbekannt ist. Indessen hat Herr Gassmann angefangen, ein
Verzeichnis davon aufzunehmen, und er hat vom Kaiser das Versprechen, daß diese-
Bücher einen bequemeren :':lud größeren Saal bekommen sollen, als den gegen ...
wärtigen, in welchen sie in du möglichsten Unordnung vermischt aufeinander...
getürmt liegen. U Burney fielen besonders die Musikalien auf, die Kaiser Leopold
gesammelt hatte, die alle in weißes Pergament gebunden und mit seinem Bild
oder Wappen versehen sind. Über diese Kammerbibliothek Leopolds, die
in den Übernahmsakten 1829 ausdrücklich erwähnt ist und die neuestens wieder
zusammengestellt wurde, hat sich auch der zeitgenössische Katalog erhalten;
"Distinta specificatione deU' Archivio Musicale per i1 Servizio della Capella, e Camera
Cesareall. Auch über die zahlreichen Partituren aus der Regierungszeit Karls VI.,
die einheitlich braun gebunden sind, haben wir noch den zeitgenössischen Katalog
der durch zeitliche Angaben besonders wertvoll ist: HCatalogo delle Compositioni
Musicali continente Oratori 5acri, Componimenti da Camera, Serenate et Opere.
Composte e Rappresentate sotto ... Carlo VI .•. dall' Anno 1712.· Es handelt sich
hier, wie in Leopolds Bibliotheca cubicularis in erster Linie um Bühnenwerke.
Diese Part'ituren sind in einem zweiten Verzeichnis auch alphabetisch und chrono ..
logisch zusammengefaßt : "Catalogo Musicale, continente Opere, Feste, Serenate ed
Oratori Sacri ..u Aus späterer Zeit endlich stammt ein dritter Katalog, der viel . .
leicht auf Gassmanns von Burney erwähnte Bemühungen um die Verfertigung
eines vollständigen Verzeichnisses zurückgeht; und zeitlich bis in die Sechzigerjahre
des XVIII. Jahrhunderts weitergeführt ist (1778).
Es genüge, hier die Hauptmassen des alten Hofkapellarchivs festzustellen, das,
wie gesagt, den Grundstock der Tabu1a.e...Handschriften bildet, zu dem im Laufe der
Jahre zahlreiche neuere Erwerbungen durch Schenkung, Kauf und Erblaß hinzukamen,
die hier im einzelnen nicht erörtert werden können i hieher gehört zum Beispiel
das kostbare Vermächtnis Anton Bruckners, der in seinem Testament die Hof...
+ Die Akten liegen im Archiv der Nationalbibliothek.

238
bibliothek zur Erbin der Ori~inalpartituren aller seiner großen Werke, die er dabei
namentlich aufzählt, eingesetzt hat. Leider fehlten bei der Testamentsvollstreckung
einige Partituren, eine Tatsache, mit der man sich damals viel zu leicht abgefunden
hat. Die Tabulae-Handschriften sind aber nur ein Teil der in der Musiksammlung
verwahrten handschriftlichen Schätze, die alle in neuerer Zeit zugewachsen sind.
Es sind im Ganzen über 10.000 Bände und etwa 1500 Faszikel, abgesehen von dem
umfangreichen Stimmenmaterial. Für eine neue handschriftliche Reihe
bearbeitete der frühere Leiter der Sammlung Professor La c h den Katalog. Darunter
befindet sich der wichtige Nachlaß Ambros, besonders aufgestellt sind: die Samm-
lung Kiesewetter (siehe oben) und die seit 1900 übernommenen Bestände des
Kärntnertortheaterarchivs, des OpernaHhivs (totes Repertoir), der
Hofkapelle (Kirchen- und Kammermusik) und des Haydn-Archivs.
Nicht in der Musiksammlung steht, obwohl hieher gehörig, die ganze
Masse an handschriftlichem Besitze der Hofbibliothek mit musikbezüglichem Inhalt,
der schon vor Übertragung des Hofkapellarchivs vorhanden war und bis heute noch
in der Handschriftensammlung verblieben ist. Hieher zählen sowohl die musik-
theoretischen Traktate des Mittelalters, von denen die Nationalbibliothek eine große
Anzahl, und zwar sehr bedeutende Texte, besitzt, als auch neumierte Handschriften,
die Denkmäler des Minnesangs, Chorbücher, Partituren und andere Musikalien,
die man zumeist in Eitners Quellen-Lexikon vergeblich sucht. Eine Reihe davon
beschreibt der oben erwähnte An ton Schmid in der ffCäcilia" im 24. Heft (1845),
S. 51 H. (Die wichtigsten Handschriften der k. k. Hofbibliothek, welche Figural-
musik enthalten.) Auch unter den Autographen der Handschriften-Abteilung (Briefe
und dergleichen) sind zahlreiche Musiker vertreten.
Liegt in den Handschriften inhaltlich das Hauptgewicht auf der älteren Zeit,
etwa bis 1800, während im XIX. Jahrhundert empfindliche Lücken sind - manche
seltene Gelegenheit wurde aus unangebrachter Sparsamkeit versäumt - so besteht
unter den D r u c k wer k e n, wenigstens was die praktische Musik betrifft, ein
ähnliches Mißverhältnis. Es wird allerdings durch die Gesetzesbestimmungen über
Pflichtexemplare etwas gemildert. Die Musiksammlung verwahrt etwa 16.500 Bände
Musikalien und in der Handbücherei über fünfeinhalbtausend Bände Musikliteratur.
Von praktischer Musik ist jetzt fast alles in der Musiksammlung vereinigt, in der
Impressensammlung stehen nur mehr Liturgika >1" zumeist im Prunksaal, daselbst
auch einige Bände der Bibliothek des Prinzen Eugen und einige Festliteratur.
Einige besondere Kleinode sind in der Camera praefecti (Raum des Direktors der
Nationalbibliothek) untergebracht. Besonders wertvoll ist unter der älteren praktischen
Musik die Gruppe der Druckwerke des XVI. Jahrhunderts, wo aus der Anfangszeit
des Musiknotendruckes zahlreiche Kostbarkeiten vereinigt sind >I'>i<, die große Reihe
von Petruccidrucken ist allerdings durch den gewaltsamen Eingriff der Italiener im
Februar 1919 - sie hatten keinen Rechtstitel - um 15 unersetzliche Bände von
Millionenwert vermindert. Sehr zahlreich sind auch die gedruckten musiktheoretischen
Werke aus der älteren Zeit, nahezu vollständig die neuere wissenschaftliche Literatur .
... Vergleiche Anten Schmid.e: Zusammenstellungen in der "Cädliau Bd. 21, S. 103 ff,
Bd. 25, S. 122 ff.
++ Vergleiche Anton Schmid, Die Erfindung des Musiknotendruckes, Wien 1845. Schmid hat
auch ein handschriftliches Verzeichnis der Musikdruckwerke in der Hofbibliothek vom XVI. und
XVII. Jahrhundert hinterlassen.

239
Es wurde endlich vor kurzem damit begonnen, die Operntexte, die bisher in der
allgemeinen Druckschriften...Sammlung ganz verstreut waren, die aber zur großen
Fülle von Opernpartituren der Musiksammlung gehören, zu sammeln, gesondert in der
Musiksammlung aufzustellen und in einem eigenen Zettelkatalog zusammenzufassen.
Wissenschaftliche Anstalten von Weltruf auf der Höhe zu erhalten, bedeutet
heute Anforderungen, denen der Staat allein nicht mehr genügen kann. So hat
sich denn auch ein "Verein der Freunde der Wiener Nationalbiblio . .
thek" gebildet, der helfend eingreifen soll, dessen Tätigkeit also auch der Musik-
sammlung der Nationalbibliothek ebenso zugute kommt, wie etwa der gleichartige
Berliner Verein bereits der dortigen Musikabteilung zur Hand ist. + So möge
dieser Verein auch in Wien unter den Musikkreisen Förderung finden. Vielleicht
bedenken aber auch die lebenden Meister der Tonkunst, daß hier in dieser musikalischen
Schatzkammer ein bleibender Spiegel auch unserer Zeit besteht, an dem sie nicht achtlos
vorüberleben sollten.
o 0

DIE SAMMLUNGEN DER GESELLSCHAFT


DER MUSIKFREUNDE IN WIEN
Von Dr. Eusebius Mandyczewski
Die AnHinge der gesellschaftlichen Sammlungen reichen weit ins XVIII. Jahrhundert
zurück. Sie haben ihren Grundstock in der Bibliothek des Lexikographen Ernst
Ludwig Gerber (1746-1819), der als Organist in Sondershausen das stille und
arbeitsreiche Leben eines deutschen Gelehrten führte und in seinem "Lexikon der
Tonkünstler" ein äußerst gediegenes Werk geliefert hat. Diesen ausgezeichneten
Mann besuchte Josef Sonnleithner im Jahre 1799 und lernte dabei seine schon damals
sehr reichhaltige Bibliothek kennen. Als im Jahre 1814 durch die kaiserliche
Genehmigung der Statuten die .Gesellschaft der Musikfreunde" in ihrem Bestande
gesichert war, machte Gerber den Vorschlag, seine Bibliothek um den Preis von
200 Friedrichs d'or (heute etwa K 4000'-) nach seinem Tode der Gesellschaft zu
überlassen. Über Betreiben Sonnleithners ging diese sofort auf Gerbers Vorschlag
ein und so kam seine Bibliothek im Jahre 1819, als Gerber starb, nach Wien. In-
zwischen war die Gesellschaft auch um andere Erwerbungen bemüht. Im Jänner
1815 veröffentlichte sie einen Aufruf an die "Freunde der Musik", in welchem
sämtliche Besitzer von Musikwerken eingeladen werden, Nachricht zu geben, um
über die Art, selbe für die musikalische Bibliothek zu erhalten, in Unterhandlung
treten zu können. Und Gaben kamen von allen Seiten.
Die Stadt Lübeck sandte eine Sammlung seltener musikalischer Druckwerke
des XVI. und XVII. Jahrhunderts. Österreichs türkischer Gesandter Freiherr von
Stürmer aus Böjukdere am Bosporus schickt~ 1815 eine Anzahl türkischer
Musikinstrumente für das Museum der Gesellschaft. Im Oktober 1824 kaufte
die Gesellschaft über Empfehlung Kiesewetters eine Sammlung von 43 außer
Gebrauch gekommenen, höchst interessanten Musikinstrumenten vom DomkapeU. .
meister Franz Glöggl in Linz. J. Sonnleithner selbst sammelte durch 20 Jahre, 1815
+ Vergleiche Wilhe1m AItmann. Die Musikabteilung der preussischen StaatsbibIiothek.
Zeitschrift für !ilusikwissenschaft. 3. Jahrgang, Heft 7, S. 435.

240
bis 1835, alle wissenschaftlich wertvollen Abhandlungen über Musik und hinterließ
der Gesellschaft 41 starke Bände solcher .,Collectaneen". Diese wurden von dem
langjährigen Bibliothekar der Gesellschaft J. B. Geißler bis 1860 fortgesetzt und
bilden eine Fundgrube für die Geschichte der Musik, besonders in Wien. Mit der
Erbschaft des ersten Protektors (Erzherzog Rudolf) gewann die Gesellschaft eine große
Zahl musikalischer Autographe, so daß sich in ihrem Besitze eine eigene Auto. .
graphen-Sammlung zu entwickeln begann, die heute den kostbarsten Schatz in
ihrem Hause darstellt. Zur Vermehrung dieser Sammlung trug Alois Fuchs wesent-
lich bei. Andere Vermächtnisse bedeutenden literarischen Wertes waren die Spaun-
Witteczeksche Sammlung Schubertscher und die KöcheIsche Sammlung Mozartscher
Werke. Josef Ritter v. Spaun, einer der intimsten Freunde Schuberts, erbte von
seinem Freunde Josef v. Witteczek, der ein begeisterter Verehrer der Werke von
Schubert war, dessen große Sammlung von Schuberts Werken, worin sich alle
Originalausgaben und von den ungedruckten Werken schöne Abschriften befanden
und vervollständigte diese durch den eigenen Vorrat. Nach dem Tode Spauns kam
diese unschätzbare Sammlung 1865 an das Gesellschaftsarchiv. In ähnlicher Weise
sammelte der vielgereiste Gelehrte Ludwig R. v. Köchel jahrzehntelang an
Mozarts Werken, schied nach gründlicher Untersuchung die falschen von den echten
und gab auf Grundlage dieser Studien 1862 seinen berühmten, für alle Zeiten maß-
gebenden Mozart. . Katalog heraus. Seine Sammlung vermachte er 1877 der Gesellschaft.
Einer der größten Förderet, aber auch einer der häufigsten Besucher und gründ..
liehsten Kenner der Sammlung war }ohannes Brahms. Es war ganz selbstverständlich,
daß er seine eigene, nicht sehr große aber ungemein gewählte Bibliothek der Gesell-
schaft vermacht hat. (1897.) Kurze Zeit nach ihm starb der in ganz Wien einmütig
verehrte Kunstmäzen Nikolaus Dumba. Er vermachte seine unvergleichliche Schubert ..
Sammlung der Stadt Wien, aber mit dem Vorbehalte, daß alle Symphonien der
Bibliothek der Gesellschaft zufallen sollten, weil sich hier schon seit langem die
größte derselben (e dur) befand (1900).
Seit das Archiv und die Sammlungen:öffentlich zugänglich sind (1842), entwickelte
sich ein inländischer und ausländischer Ausleihverkehr und dieser nimmt seit der
modernen musikwissenschaftlichen Ausgestaltung in aUen Ländern beständig zu.
Die Sammlungen sind seit jeher in drei Abteilungen geteilt. Archiv, Bibliothek,
Museum. Das Archiv enthält di.e Musikalien (Druckwerke und Abschriften) in
17 Klassen mit einem Stande von 35.000 Nummern. Die wichtigsten dieser Klassen
sind: Musikdrucke des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Kirchenmusik, Oratorien, ferner
Kompositionen für alle Gattungen von Instrumentalmusik, ja sogar BaIIetmusik,
Tänze, Militärmusik und endlich Gesamtausgaben. Die Bibliothek ist in 20 Klassen
eingeteilt und hat einen Stand von 8000 Nummern erreicht. Das Museum endlich
besteht aus einer Sammlung von Musik-Autographen, Briefen, Bildnissen, Denk..
münzen und Musikinstrumenten. Unter den Autographen sind einige Fragmente
von Johann Sebastian Bach, zahllose Skizzen, Skizzenbücher und Orginalmanuskripte
Beethovens, 43 Originalwerke von Johannes Brahms, ferner zahlreiche Stücke von
Haydn, Mozart, Schubert und Schumann zu erwähnen. Auch von anderen berühmten
Komponisten finden sich, wenn auch in kleinerer Anzahl, Originalhandschriften
und Manuskripte vor.

241
DIE lVIUSIKALIENSA M M L U N G DER
WIENER STADTBIBLIOTHEK
Von Dr. Alfred Orel
Als im Jahre 1904 die Leitung der Wiener städtischen Sammlungen daranging,
im Rahmen der Stadtbibliothek eine eigene Musikaliensammlung zu schaffen, mag
vielleicht eines der gewichtigsten Bedenken, die sich diesem Unternehmen entgegen. .
stellten, der Gedanke gewesen sein, inwieweit ein derartiges Beginnen angesichts
der großen und alten Sammlungen, die Wien damals schon besaß, Berechtigung
und Aussicht auf Erfolg haben könnte. Blickte doch die Musikaliensammlung der
Wiener Hofbibliothek (nunmehr Nationalbibliothek) mit ihren unermeßlichen
Schätzen auf ein jahrhundertelanges Bestehen zurück; auch die Sammlungen der
Gesellschaft der Musikfreunde hatten schon 1819 ihren Grundstock erhalten und
konnten sich auf eine schon fast hundert Jahre dauernde Kontinuität der Ver-
waltung und die auf diesem Boden erwachsende Tradition stützen.
Da besonders auf wissenschaftlich. . bibliothekarischem Gebiete ein Konkurrieren
zumindest innerhalb einer Stadt zu vermeiden ist, mußte vor allem aus diesem
Grunde eine Abgrenzung gegenüber den speziellen Sammelgebieten der erwähnten
älteren Institute vorgenommen werden, ganz abgesehen davon, daß ein Nachholen
ihres Vorsprunges offensichtlich nicht mehr möglich war. Bildet die reiche Beethovcn . .
sammlung der Gesellschaft der Musikfreund. vielleicht den größten Schatz ihrer
Bestände, so war der Stadt Wien durch eine großherzige Spende die Möglichkeit
geboten, um einen in seiner Bedeutung wohl jedem Vergleich gewachsenen, richtung. .
gebenden Kern ihre Musikaliensammlung aufzubauen. Im Jahre 1900 starb Nikolaus
Dumba. Seine umfassende Sammlung von Handschriften Franz Schuberts hatte
schon anläßlich der Gedächtnisausstellung, die die Gemeinde Wien zum hundertsten
Todestage des Meisters veranstaltet hatte, Bewunderung erregt. Noch über seinen
Tod hinaus verlieh Dumba seiner Liebe und Anhänglichkeit an Wien dadurch
Ausdruck, daß er den größten Teil' seiner Schubertsammlung der Städtischen
Bibliothek vermachte, die nur die Autographe der Symphonien der Gesellschaft
der Musikfreunde überlassen mußte. Dieser an zweihundert Signaturen umfassende
Komplex wurde vorerst den allgemeinen Beständen der Stadtbibliothek einverleibt
und bildete dann zusammen mit anderen, vor da.s Bestehen der gesonderten Musikalien . .
sammlung fallenden Erwerbungen, deren Grundstock.
Es muß schon an sich als günstiges Geschick bezeichnet werden, daß gerade die
Stadt Wien in den Besitz der größten bestehenden Sammlung von Handschriften
Franz Schuberts gelangte, desjenigen Meisters aus der Glanzzeit der Musik in Wien
um die Wende des XVIII. und am Anfange des XIX. Jahrhunderts, der äußerlich
und innerlich die engsten Beziehungen zu Wien aufweist. Er ist es ja, der in
ungleich stärkerem Maße als dies bei seinen großen Vorgängern der Fall war, die
Volksmusik der Donaustadt zu den höchsten Höhen der Kunst emporhob.
Und auf diesem Gedanken beruht in gewissem Sinne die Eigenart und auch
die selbständige Berechtigung der städtischen Musikaliensammlung. Von Anfang an
wurde das Hauptaugenmerk nicht so sehr darauf gerichtet, alles zu sammeln, was
äußerlich mit dem WienerMusikleben zusammenhängt. Wien bildet ja seit Jahr-
hunderten eine Zentrale der europäischen Musikpflege und wenige Werke von

242
mehr als lokaler Bedeutung gelangten hier nicht zur Aufführung. Für die Musikalien-
sammlung der Stadtbibliothek mußte der Gesichtspunkt maßgebend sein, ob ein
Werk innerlich mit dem musikalischen Boden Wiens im Zusammenhang steht,
ob es dem Wesen nach zu dem überreichen Materiale zu rechnen ist, das die
typische Musik Wiens ausmacht.
Als zeitliche Grenze wurde im großen und ganzen mit Recht die Wende des
XVIII. Jahrhunderts, die Zeit der großen Wiener Klassiker angenommen, die Zeit,
als die Kunstmusik über die Kreise des Hofes und musikliebender und ..ver..
ständiger, meistens adeliger Zirkel hinaustrat, sich an immer weitere Kreise wandte
immer mehr auch das Volk in ihren Bann zog. Überblickt man die Bestände der
Musikaliensammlung der Stadtbibliothek, so fiHIt nach der Schubertsammlung vor
allem die reiche Sammlung von Theatermusik, insbesondere der Vor~tadttheater
Wiens, auf, die hier vorhanden ist. Nach dem Tode Schuberts trat Wien auf dem
Gebiete der höchststehenden Kompositionsgattungen im Vergleiche zur unmittelbar
vorangehenden Zeit anscheinend in den Hintergrund. Die führenden Meister der
vollausgeprägten Romantik sind im Reiche draußen zu suchen. Die Eigenheit der
Musik Wiens in dieser Zeit bildet nicht zum geringsten Teil das Schaffen der
Kapellmeister, die an den verschiedenen Theatern Wiens wirkten und für den
Bedarf ihrer Bühnen Ouvertüren, Begleitmusik und Einlagen schrieben.
An der Spitze der in der Musikaliensammlung der Stadtbibliothek vertretenen
Musiker dieser Gattung steht Adolf Müller der Ältere, dessen gesamten hand-
schriftlichen Nachlaß sein Sohn der Stadt Wien zum Geschenke machte. An weiteren
größeren Komplexen seien der handschriftliche Nachlaß des Männerchor,Komponisten
A. M. Storch, der des Militärkapellmeisters E. Titl, sowie der Franz Suppes er-
wähnt. Daß Johann Strauß Vater und Sohn unter den handschriftlichen Beständen
vertreten sind, braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden. Zu diesen umfang..
reicheren, geschlossenen Komplexen kommt sodann eine reiche Auswahl von Hand..
schriften der verschiedensten Wiener Komponisten, von den Zeitgenossen der
Klassiker an, bis herauf in unsere Zeit und die jüngstvergangene, die wieder durch
eine nicht unbedeutende Anzahl von Werken Johannes Brahms' vertreten ist, deren
Erwerbung der Mithilfe der Brahmsgesellschaft zu danken ist.
Wenn auch ein Großteil der vorhandenen Handschriften aus Widmungen stammt,
wurde doch von vornherein auch auf selbständige käufliche Erwerbung großes
Augenmerk gelegt. So wurde insbesondere die Schubertsammlung beständig ergänzt-
erst in jüngster Zeit gelang es wieder, einen Teil des Autographes der Phantasie
op. 159 zu erwerben. Zu den kostbarsten Stücken sind wohl die Handschriften
6 ungedruckter, teilweise gänzlich unbekannter Werke Anton Bruckners zu zählen,
deren Erwerbung im Jahre 1915 gelang. +
Ist bei den Handschriften vor allem die Frage maßgebend, ob es sich um dnen
Künstler handelt, der in Wien wirkt, so kommt bei der Sammlung von Noten..
drucken ein weiterer Gesichtspunkt in Betracht. Hinsichtlich der neueren Erscheinungen
sind die städtischen Sammlungen anderen Instituten - wie zum Beispiel der
Nationalbibliothek - gegenüber dadurch im Nachteil, daß ihnen kein Recht auf
Pflichtexemplare zusteht und der käuflichen Erwerbung die Preise des heutigen
lVlusikalienhandeis bald Schranken setzen. Um so mehr Gewicht muß daher auf
':. Die dazu gehörige Ouvertüre erscheint anläßlich des fünfundzwanzigjährigen Todestages
im Verlage der Universal ... Edition.

243
die Sammlung älterer Drucke gelegt werden; auf diesem Gebiete ist nun wieder
über den Namen des Künstlers hinaus der Gesichtspunkt des Ver1ags-(Druck-)Ortes
maßgebend. Das Aufblühen des Wiener Musikverlages fällt auch wieder in die
Wende des XVIIl. Jahrhunderts und wenn auch seine Geschichte noch nicht ge-
schrieben ist, muß dem Sammeln des Materials zu einer solchen Bedeutung für
die Kulturgeschichte Wiens zugesprochen werden. Auch ist es für die Musikforschung
durchaus nicht nebensächlich, aus der Art der damals marktgängigen Ware den
musikalischen Geschmack der Zeit zu erkennen.
Wenn auch noch manche Lücke zu füllen ist - welche Sammlung könnte nach
sechzehnjährigem Bestehen auf Vollständigkeit Anspruch erheben - kann die
Musikaliensammlung der Stadtbibliothek als bedeutsame Quellensammlung für die
Musik Wiens im XIX. Jahrhundert bezeichnet werden, die noch durch ein ihr wohl
allein eigenes Gebiet ihre besondere Note erhält:, die Sammlung von Wiener
Volksmusik ...
Die Bedeutung der Volksmusik für die Kunstmusik ist heute wohl allgemein
anerkannt. Immer wieder schöpfen die Meister aus dem Born, der auch in musi ..
kaliseher Hinsicht aus der Volksseele quillt. Und gerade Wien ist ein Boden, der
vieIIeicht wie kein anderer von Musik durchtränkt ist. Die Musikaliensammlung
der Stadtbibliothek sucht auch auf diesem Gebiete die bestehende Lücke auszufüllen,
wie die Erwerbung des Materials einiger Volkssänger, wie zum Beispiel Siolys,
beweist. Dadurch werden soweit als möglich die Reste dieser für Wien kennzeich...
nenden, heute fast ausgestorbenen Musik vor dem Un~ergange gerettet.
Eine Ergänzung dieser historischen QueIIensammlung bilden im engeren Sinne
sodann die Bestände an Gesamtausgaben und dergleichen. Im weiteren hängt die
Musikaliensammlung natürlich innerlich enge mit den anderen Abteilungen der
Stadtbibliothek zusammen, wie insbesondere mit der Briefsammlung, die eine ganz
bedeutende Anzahl von Musikerbriefen enthält, wie zum Beispiel über 40 Beethoven-
briefe, über 200 Brahmsbriefe, denen sich - um nur einige Namen zu nennen -
solche von Haydn, Mozart, Gyrowetz, Pranz und Ferdinand Schubert, Schober,
Wenzel und Adolf Müller, Bruckner und zahlreiche von Hugo Wolf anschließen. Die
in der allgemeinen Bibliotheksabteilung befindliche, möglichst lückenlos vorhandene
Musikliteratur über die Stadt Wien, ihre Musik und Musiker, sei es nun in
biographischer, sei es in stilistischer Hinsicht, ermöglicht sodann eine gedeihliche
Benützung der Bestände der Musikaliensammlung.
Schon heute hat diese auf dem gewählten Gebiete ihre Eigenberechtigung
erwiesen, 'die einerseits in dem Sammeln von Dokumenten auf Gebieten ihren
Grund hat, die in anderen Sammlungen gar nicht oder nur streifend berücksichtigt
werden, anderseits in der Ergänzung der Materialien anderer Sammlungen durch
den eigenen Gesichtspunkt, der für ihre Anlage und Verwaltung als Zielpunkt vor
Augen steht: Ein möglichst vollständiges Bild von der Musik und dem Musikleben
Wiens, insbesondere im XIX. Jahrhunderte zu bieten.
o 0

244
NEU E M U S I K I N W I E N
Von Richard Specht
Wien, die Musikstadt - wer früher an sie dachte, wußte um etwas HeUes,
Sinnenfrohes, Heiter-Lebendiges; es war ihm die Stadt der feurigen Strauß-Walzer
und Lannerscher Tanzzärtlichkeiten, der Himmelsfülle und des Erdenschmerzes
Schubertscher Lieder, der göttlichen Anmut und der verklärten Erotik Mozartscher
MelodiensüBe. Ein Gewaltiger von der erschütternden Wucht, der Seelenhoheit und
dem titanischen Humor Beethovens schien in ihr immer mehr zu Gast als daheim
zu sein. Es mag unentschieden bleiben, ob dem heute anders ist. Vielleicht ist es
ungerecht, heute in Wien nur die Stadt der Operette zu sehen, will sagen der
sentimentallüsternen, parfümiert mondänen, kosmetisch verhübschten und künstlich
aufgepulverten Kokotte an Stelle des wangenroten, unbefangen sorglosen, munteren
und unschuldigen Hcimatkindes, die sie einst war - es gibt nicht allzu viele Aus. .
nahmen unter den Erzeugnissen dieses kommerziell sehr geschätzten Massen...
Ausfuhrartike1s und selbst diese lassen nur in äußerst seltenen FäHen einen Vergleich
mit der Erfindungsfülle, dem Geist, der musikalischen Sauberkeit und dem
Temperament der blühenden, leichtbeschwingten, übermütig jubelnden Operetten
der Strauß, Millöcker, Suppe, ja selbst der von Adolf Müller und Richard Genee
zu, und auch von dem urwienerischen Witz und der leichtsinnigen Frechheit
Offenbachs ist nicht eben häufig ein Hauch bei ihnen zu spüren. Freudenmeister
der Musik aber, Spender von Glück und Vollkommenheiten, wie Schubert und
Mozart es waren, hat der immer noch ergiebige Boden dieser Stadt nicht mehr
hervorgebracht; es ist, als ob die edle Heiterkeit verstummt, die Gabe schönen
Lachens versiegt wäre. Die vielen starken Begabungen, die immer noch Wien zum
Mittelpunkt der deutschen Musik machen, sind - und nicht erst durch das Grauen
des Krieges - meist ernst und schwer, seelisch belastet, ihrer Sinnlichkeit gibt oft
ein Zug von geistiger Anstrengung ein seltsames und manchmal ergreifendes Gepräge,
sie horchen mehr in sich hinein und singen weniger aus sich beraus als früher.
Liegt das an den großen Meistern, die immer wieder und zum Glück der musi. .
kalisehen Kultur der Stadt hier als Schaffende und als hohes menschliches Beispiel
wirkten und die ihnenVorbild und Ansporn bedeuteten? Ich glaube: doch nur zum
Teil; das AuffaIIende ihres Wesens ist Signatur der Generation, nicht die Einwirkung
der gewaltigen Selbstzucht und der treuen Altmeisterschaft eines Johannes Brahms,
der frommen Macht Anton Bruckners, der- dämonischen Paradoxie Gustav Mahlers.
Wäre dem anders, so könnte man jetzt, da Richard Strauß, dieser königliche
Dithyrambiker der Lebensfreude, der unser ist und in dem gleichen Mittelpunkt
der Wiener Tonkunst steht, von dem aus auch jene herrschten, wieder eine Erhöhung
des Willens zum HeUen und Frohen in unserer Musik erwarten.
Wie immer dem sein mag: gewisse Spuren des Wesens aIl dieser Einzigartigen,
Abglanz ihrer Gesinnung, N acheiferung ihrer Selbsterziehung zum Handwerk und
seiner Bemeisterung lassen sich bei allem scharf gezeichneten und nicht seiten unter ...
strichenen Individualismus der Wiener Musikergeneration von heute doch nach. .
weisen und vielleicht hilft das Zurückleiten dieser Linien zur übersichtlicheren
Gruppierung.

j \
245
Eine auffallende Gemeinsamkeit ist den (ä.lteren und jüngeren) Tondichtern eigen.
die, unmittelbar oder über Seitenwege aller Art, von] ohannes Brahms herkommen:
die Abkehr vom Dramatischen. (Wie es überhaupt eine seltsame Erscheinung ist,
daß das Reich der nabsoluten Musik" kaum irgendwo nachdrücklicher und willens-
voller aufgerichtet bleibt als in Wien, der Heimat des phantasievollen, sinnlich
bewegten, traumbunten Komödiengeistes.) Mehr als das: Brahms selber hat dem
dichterischen Wort, der Bibel, dem Volkslied viel umfassender in Gesängen und
Chorwerken Gestalt gegeben als die meisten seiner Nachfahren, die viel ausschließ . .
licher den Intimitäten der Kammermusik, der wortlos beredten Orchestersprache des
Symphonischen naheblieben. Das hat sich schon bei Hermann Graedener lmd
Robert Fuchs gezeigt, den konzessionslosen Paladinen Brahmsscher Erbschaft:
spröder, zurückhaltender, in ernster Redlichkeit und männlicher Melancholie der
eine, anmutiger, liebenswürdiger, weicher in sorgsamer Aquarellistik der andere
(vor allem in den sehr reizenden Serenaden); aber auch die jüngeren, deren Art
durch Brahms gefestigt worden ist - mögen dann später auch noch andere Zuflüsse
durch die Musik Mahlers, Wolfs, ja selbst durch die Schönbergs und Schrekers ihre
endgültige geistige nKanalisation" bewirkt haben - sind keine eigentlichen Lyriker,
nützen nur selten die Chorform zum Ausdruck ihres Wesens; der starke Atem
fehlt, die Serenade, die Suite, die einsätzige Tondichtung, die Kammermusik sind
ihnen am gemäßesten, die Miniatur wird liebevoller und behutsamer als jemals
gepflegt, die Neigung zum Aphoristischen, zur Abkürzung und Komprimierung
scheint (oftmals trotz alledem mit Redseligkeit paradox verbunden) immer mehr
als ein Symptom unserer ungeduldigen, ruhelosen Zeit deutlich zu werden. Manch . .
mal bis zum äußersten: bei Arnold Sc h ö n b erg, von dem ebenso wie von seinen
Jüngern Anton v. Webern und Alban Berg noch besonders zu sprechen ist und
~essen Kunst, so eigenwillig sie gewachsen ist, doch auch in Brahmsschen Gebieten
wurzeln mag, finden wir Orchester. . und Klavierstücke, in denen nUr mehr die
Idee, kaum mehr ihre Gestalt gegeben wird, die Keimzelle statt der Pflanze, das
'Stenographische Sigel statt des Satzes, den die Phantasie des Hörers ausspinnen
soll: Gebilde von 12-24 Takten, nletzte Resultate" (wie jene sagen, denen diese
Stücke klar aufgegangen sind - ich gehöre leider noch nicht zu ihnen), absolute
Konzentration, so stark, bestimmt, eindeutig und plastisch, daß jede Wiederholung
des Thematischen, jeder Ausbau und jede Weiterführung nur abschwächen könnte-
so intensiv und unvergeßlich stellen diese wenigen Takte das vom Tondichter
gewollte vor die Seele. Mag sein, daß solche noch umlernen müssen (und werden),
die Musik' hauptsächlich als seelisch bedingte Entwicklung aus einem thematischen
Kern verstehen, als einheitlichen Organismus und als Gliederung eines gestalt . .
werdenden Tönens, das zugleich eindringlichster emotioneller Ausdruck und
·gebieterisch notwendige Form ist - keine leere, gedankenlos übernommene, aber
durch den Inhalt determinierte, in der die gleichen
, Gesetze wachsam sind, die das
Kreisen der Gestirne, aber auch das Dasein des winzigsten Infusoriums bestimmen;
keine Schönheitsgesetze, aber Lebensgesetze. Von alledem aber zu anderer Zeit. Hier
soll nur auf das Meiden der großen Formen, auf die Freude an engeren und
intimeren hingewiesen werden, die nicht nur unserer radikalen Moderne, sondern auch
-den gemäßigter Fortschreitenden eigen ist. Der Wille zur Größe, die Monumentalität,
die bei Brahms ja oft etwas mühevoll Geschmiedetes, knirschend Emporgerichtetes
hat, ist, wenn sie überhaupt noch vorhanden ist, unter der Überladung des Details

246
kaum mehr zu spüren und ein geflissentlicher Drang, nur nicht nunmodernll zu
scheinen, bringt die wunderlichsten Verbindungen zuwege, gleichsam, als würde auf
einem Waldmüllerbildnis die Tracht von heute in Kokoschkas Art übermalend
verändert, aber das ursprüngliche, stille, liebe Gesicht ist das gleiche geblieben und
sieht verwundert drein. Nicht derart extrem, aber doch ungefähr so widerspruchs. .
voll empfinde ich die meisten neueren Kompositionen von KarI Pro h a s k a, der
unter den heutigen Wiener Musikern wohl am bewußtesten und gelassensten den
Weg gegangen ist, der von Brahms ins Heute führt. Sein "Buch Hiob" hat nach
manchen reichlich trockenen, hie und da durch artigen Einfall aufgehellten, durch,
aus in der "zähflüssigen, vielumschachteIten ]ohannesepigonenweis ll gehaltenen
Kammerwerken durch edlen Zug und schmerzliche Energie und ebenso durch eine
f.J1eisterschaft des Satzes überrascht, die nur hier schon gern den Chor zu u:o.sangIicber
orchestraler Koloristik zwingt. Aber schon in seinem nächsten großen Werk, der
preisgekrönten, vielgerühmten Kantate "FrühIingsfeier" wird dieses Verfahren maß ...
los übertrieben, eine rissige, gewollt herbe Harmonik macht den Eindruck des Hin...
zugefügten, nicht des latent in der Erfindung HEnthaItenen#, ungemeine Technik
der thematischen Verknüpfungen und fesselnde tonmalerische Episoden vermögen
doch über den Eindruck des Gewaltsamen nicht hinwegzutragen. In Prohaskas
kleineren Arbeiten blättert man ein Brahms . . Herbarium. auf; in seinen größeren,
wie in der As dur . . Serenade, in der ein ungewöhnlich reizvolles Thema bis zum
Gequälten der Durchführungsfolter unterworfen wird, zeigt er sich als ein guter
Meister, doch längst schon tot, obwohl er aufs erfreulichste lebendig ist (und bleiben
soll): so verstorben mutet diese Musik an, tongewordenes Plusquamperfektum -
man meint Staub zu schlucken, während man sie hört und am meisten dann, wenn
er sich am modernsten gebärdet; und gerade die sehr vielen glücklichen Einfälle,
die das Material dieser Werke sind, verdrießen durch das Unfrohe des Musizierens
und durch das Zurechtbiegen ihres oft allerHebsten Wesens zu falsch bedeutsamer,
überzeitgemäßer Ausdrucksweise. Er wäre ein angenehmer Komponist, wenn er
nicht mehr und nicht ein "Großer" sein wollte. (Was übrigens nur in beschränktem
Maße seine Schuld und hauptsächlich die seiner Ausrufer ist.) Ganz anders steht
der Fall mit Franz S eh m i d t, den ich mehr deshalb hiehersetze, weil er so oft mit
Prohaska zusammen genannt wird, als weil er zu den Brahms . .Adepten gehörte;
aber ich wäre in Verlegenheit, ihn irgendwo "einreihen" zu sollen und am ehesten
wäre er, wenigstens was den Symphoniker betrifft, von Bruckner "abzuleiten u • Er
ist es aber nicht, weil er einer jener Erzmusikanten ist, die ,der Herrgott selber,
ohne erst "Ahnen" zu bemühen, in einer vergnügten Stunde in diese arge Welt
gesetzt hat, um ihr wieder einmal Musik aus Fülle, nicht nur Musik aus Sehnsucht
und Verlangen zu geben. Ein solcher Erzmusikant ist Franz Schmidt vor allem als
Reproduzierender; jede Musik, die er anrührt, beginnt zu leben, zu glühen und
weithin Glück auszusenden; wir haben nicht viele, denen der Urgrund tönend wird
und die, ganz ohne metaphysisches Grübeln, in voller unschuldiger Kraft musizieren
und dabei an die letzten Geheimnisse rühren - vielleicht, ja wahrscheinlich, ohne
es selber zu wissen. Mit dem Prodtlzierenden freilich ergeht es mir seltsam und es
mag sein, daß ich ihm Unrecht tue. Gewiß, ich spüre in allem, was ich von Franz
Schmidt kenne, in der Notre...Dame ebenso wie in seinen beiden Symphonien, eine
Vollnatur, einen Musiker, aus dem es strömt und der nicht knausert; aber inner...
halb dieser Fülle empfinde ich ihn nicht als reich, nicht als vielsagend und vieles'

247
sagend - er ist echt, aber ohne Vielfalt des inneren Edebens und seiner Abbilder.
Vor allem aber: hier herrscht eine Ungeistigkeit und ein Mangel an Kultur, über
die nur die überwältigende Kraft des ganz Einfalt Gebliebenen oder der hinreißende
Melodiensturz Schubertscher Inspiriertheit hinwegbringen könnte. Aber Franz
5chmidt ist weder so genial.. primitiv, noch so gesegnet an bezauberndem Einfall
und an plastischer Themeneingebung. Mit einem Künstler, der Viktor Hugos "Netre. .
Dame u komponieren kann - die schon Goethes Abscheu erweckte und die er als
"eine Literatur der Verzweiflung" gebrandmarkt hat - mit einem, dem sie zu derart
kolportagehafter Librettistik geworden ist und der sie obendrein so ganz undramatisch,
ohne Ausdeutung in Tönen, nur mit Musik "behängend 4• komponiert hat, kann
ich mich gar nicht auseinandersetzen, ebenso wenig wie mit einem, der sich in der
"Fredegondis " von Felix Dahnscher Germanistenpoesie begeistern läßt. So wenig
ich den Zauber des orchestralen Wohllauts verkenne, der in "Notre..Dame '4 aufs
wundersamste waltet, den zartesten Schimmer über ganze Szenen breitet und in
andern wieder mit feurigem Auflohen zündet, so wenig Zugang habe ich zu einer
so rein vegetativen Musik, die doch den Mangel an seelischer Spiegelung und an
dramatischer Bildkraft nicht durch ein Blütengetümmel der Melodik wettmacht,
selten zu plastischer Formung gelangt und fast immer nur melodische Atmosphäre
bleibt, nicht melodische Gestalt wird. Im zweiten, dem Variationensatz von Schmidts
Es dur.. Symphonie tritt dieser Mangel durch das von vorneherein gegebene Gerüst
nicht derart zutage (während die Verschwommenheit des ersten bis zum Ausbleiben
der thematischen Perzeptionsmöglichkeit geht); hier wird die Kraft und Gesundheit,
das Überquellen der vell aufrauschenden Klänge zu einem bezwingenden Stück,
dessen Glanz, Wärme und Echtheit auch den Widerstrebenden in Bann schlägt und
das entscheidend für den Tondichter wirbt, der in seinem starken Musikertum. seiner
Bescheidenheit und schönen Einfachheit zu den erfreulichsten Erscheinungen der
Wiener Tonkunst von heute zählt (und zu einem ihrer besten Lehrer) und der
nicht seines Wesens halber, kaum wegen des geistig Leblosen, rein sinnlich Bewegten
seiner Musik Gegnerschaft findet, sondern nur als Korrektiv der Posaunenstöße
seiner Anhänger, die in ihm den legitimen Erben Schuberts und Bruckners ver . .
kÜllden, von deren überwältigendem Reichtum ihn schon die Kargkeit seiner spär..
lichen Produktion scheidet, und die ihm auf Kosten weit vielfältigerer, farbigerer
und geistig höherreichender Begabungen einen Thron aufrichten möchten, den der
schlichte und anspruchslose Künstler selber zu allerletzt für sich in Anspruch
nehmen würde.
Brahms-Ausstrahlung ist für mich auch in den Tonwerken Karl Weigls fühl-
bar, der vielleicht über diese Einreihung verwundert sein mag, aber der mir doch,
trotz
,.
aller "Modulationen" ins Moderne, mehr zu den Einheimsende.n 1
einer großen
Uberlieferung als zu den Eroberern des Neuen und Unerprobten zu zählen scheint.
Vor zwölf Jahren waren eine leidenschaftlich ausladende symphonische Phantasie,
eine formvolle, heiter und innig bewegte Symphonie in E dur - man hat sie im
letzten Musikfest mit Vergnügen und wohl auch mit Verwunderung über teilweises
WeIkwerden gehört - dann eine Reihe von sehr empfindungsstarken,~phantastisch",
bunten und verinnerlichten Liedern und Kammerwerke von subtiler Struktur, unter
denen ein Streichquartett mit Viola d' amOUr in mildem Schönheitsschimmer hervor'"
leuchtete, Zeichen einer jugendreichen '4nd ergiebigen Produktionskraft und einer
der besten H,offnungen unserer Musik.

248
Leidensvoll ist auch der Weg Egon Kor n a u t h s, der sich auch noch immer
nicht entschließen kann, Operetten oder Tingeltangelchansons zu verfertigen und
sich durch eine einzige "KlingelfeeIl eine materielle Unabhängigkeit herbeizaubern
zu lassen, die ihm alle seine herb vornehmen, verhalten leidenschaftlichen Lieder
und die lebensvollen Dialoge zwischen Klavier und Bratsche oder Geige, die seine
Sonaten in Wirklichkeit sind, bis zum heutigen Tage nicht erobern konnten. Ein
dezidiertes Profil; nicht diktatorisch ungestüm, noch nicht völlig ausgeprägt im
Endgültigen der Persönlichkeit, aber einer für sich, nicht ohne Härte und Unzu..-
,gänglichkeit; rührend, wenn diese spröde, schamhafte Seele plötzlich in weichen,
innigen Liedern verrät, was sie sonst vor der eilfertigen Neugier einer anteillosen
Welt verbirgt. Man fühlt, daß das hohe Bild Brahmsscher Meisterschaft dem jungen
Künstler vorgeschwebt hat, fühlt das Erlebnis Mahler, das ihn streifte, ohne daß er
ihm verfiel und blickt mit Teilnahme auf eine Musikerentwicklung, di~ vieIleicht
nur der Liebe von außen her bedarf, um ihn zum Schönsten zu erheben.
Der Lyriker Brahms und der Lyriker Wolf haben in entscheidender Weise an
dem Lyriker Josef Marx mitgeformt. Und die gesamte Musik dazu, deren Er-
scheinungen er künstlerisch und philologisch, historisch und spontan genießend wie
kaum ein zweiter beherrscht. Er ist ganz und gar Romantiker, voll Schwung und
Phantasie, tief erglühend in mystischer Hingabe an sein tönendes Selbst, immer
in Hochspannung und Wärme, in flutende Träume versenkt. Seine Lieder sind
intime Meistergebilde, überreich, schwelgerisch im melodischen und im harmonischen
Ausdeuten der Verse, seine Kammerwerke strömen in überschwenglicher Dithyrambik
und zarter Exaltation hin, vielleicht manchmal durch einen Mangel an Kontrasten
'Und Ruhepunkten, durch die fortwaltende trunkene Schwärmerei des romantisch
Verzückten abstumpfend und doch immer wieder durch ihr hemmungsloses Lodern
fesselnd und erwärmend. Aber schon sein neues Klavierkonzert zeigt ihn mit festerer
gliedernder Kraft am Werk, und von seiner Symphonie, die jetzt der Vollendung
-entgegengeht, darf das Schönste erhofft werden. Denn er gehört zu den Wenigen,
die Zeit haben und warten können; deren ruhevolles Wachsen und Reifen von der
Gewissenhaftigkeit des Künstlers weiß, der in seinem Werk Rechenschaft ablegt und
nichts Halbes und Ungefähres darin dulden darf. Das ist beste Gewähr.
o

Von Gustav Mahler haben unsere jungen Künstler nur eines lernen können:
Gesinnung. Denn aIles andere läßt sich nicht lernen: die Größe des Wesens," die
"ethische Kraft, die Fähigkeit, ins Monumentale zu bauen, das Auge, das Weltbilder
erfaßt und die Musikerseele, die dieses Bild wieder in Tönen zu gestalten vermag.
All dies ist einzigartige Gabe und läßt sich nicht erwerben. Aber Unnachgiebigkeit,
Stärke im Leidenkönnen, Nichtablassen von dem höchsten Ziel, Gleichgültigkeit
gegen materieIle Lockung, Verantwortlichkeitsgefühl, Haltung im Sittlichen, Treue
und Demut im Vollbringen seiner Sendung und lieber das ärgste zU erdulden, als
mit den Bequemen zu paktieren und nur einen Schritt von dem erkannten Wege
abzuweichen - für alI das ist Gustav Mahler unserer Generation ein höchstes Bei. .
:spieI gewesen (nur noch Hans Pfitzner kommt ihm darin, wenn auch in kleineren
Dimensionen nahe) und es ist zu sagen, daß dieses Beispiel stark gewirkt
und daß es die Ausprägung mancher unserer Musikercharaktere entscheidend
.bestimmt hat.

249
Vielleicht keinen heftiger als Arnold Sc h ö nb erg. für den es Erkenntnis, Über ..
wäItigung durch ein Heiliges, Aufrichtung und Selbstbestätigung bedeutet hat. Sein
Autodidaktentum hat sich zunächst an Wagner und Brahms gekräftigt; die Tristan . .
welt als klingende Atmosphäre, die Neigung zu polyphoner Ausgestaltung bis ins
subtilste - hier sind die Komponenten von Schönbergs erster Musik, den Klavier . .
liedern, den ersten zwei Quartetten, der "V erklärten Nacht", des "PelIeas~4, der
Gurrelieder. Aber all dies ererbte scheint doch sekundär vor dem ungeheuren Willen
zum Ichsein, zu einer unbedingten, wahrhaften, nur das eigenste Wesenhafte duldenden
Formung seiner Innerlichkeit. Noch ist manche Wendung gleichsam fremdsprachig
und übernommen, noch ist nicht die volle Sicherheit der Hand da, die oft noch
nachzeichnet, statt vorzuzeichnen. Noch ist er selbst, durch Straußens und Mahlers
großartige Wagnisse zum Neuen, froh aufgeschreckt,_ auf den Spuren dieser Eroberer-
und die Synthese all dessen ist, vor allem in den Gurreliedern und im Pelleas, von
zwingendem Reichtum und großer Schönheit; auch meldet sich hier schon am
stärksten im Sommerwindmelodram, aber auch der Brunnenszene Melisandens, der-
"eigentliche Schönberg, der fortan immer weniger die Form für sich musizieren
l
'

läßt, sondern zu äußerster Schärfe und Verdichtung des Ausdrucks gelangt, zur
Vermeidung aller bloß mechanischen Wiederholung und aller überdeutlichen Linien-
führung, zur Sublimierung, zum Extrakt und schließlich zu völliger Loslösung von
allem Überkommenen. Je bewußter seine Hand nur mehr das ihm Gemäße gestaltet,
umso entschlossener und radikaler verabschiedet er alles, was im bisherigen Sinn
als Form, melodische Periodisierung, rhythmische Gruppierung, fundamentierte
Harmonik und Tonalität die Hauptmittel des musikalischen Aufbaues bedeuteten.
Im zweiten Streichquartett mit Gesang, in der Kammersymphonie wird der Über . .
gang zu dieser völligen Anarchie erlebt; hier aber doch noch durch Elemente des
formalen, der Kadenzierung der thematischen Folge auch für den Konservativen
noch in ihrem Zusammenhang mit aller Evolution der Musik erkennbar. Dann
aber, in den Georgeliedern, den Klavier. . und Orchesterstücken, im "Pierrot lunaire"
(in dem einzelne genial frappante Klangbilder seltsam unheimlich bestricken und
eine Ahnung dessen erwecken, was diese höchst visionäre, fieberisch überschärfte
Musik erzwingen möchte) - in all diesen neueren Werken wird jedes Gesetz der
Handwerkslehre verleugnet, nur das despotische Diktat der Persönlichkeit herrscht j
ein Vorüberschweben bannender und peinigender, fesselnder und abstoßender diffuser
Rhythmen und fremdartiger Akkorde bringt einen Zustand gleich dem unruhvoller,
überheißer, angsterfüllter Träume mit sich - nur mehr Stimmen der Nacht scheinen
laut zu werden, Licht und Lachen sind aus dieser Tonwelt verschwunden. Unmöglich,
mich hier, in einem Aufsatz, der nur Übersicht geben soll, mit dem wichtigen und
vielfältigen "Problem Schönberg U auseinanderzusetzen ; das muß besonderer Gelegen . .
heit vorbehalten bleiben. Und ich zögere immer noch, in der hoffnungsreichen Er. .
wartung, doch endlich den Schlüssel dieses tönenden Rätsels zu finden. Immer noch
bin ich, angesichts dieses erbarmungslosen, jedem Zugeständnis fremden, vor keiner
Not und Kränkung zurückweichenden, künstlerischen Martyriums und der vorbild-
lichen, keiner Verführung erliegenden, jeden Opportunismus schroff abweisenden
Haltung Schönbergs, davon überzeugt, daß die Schuld an mir und meinem mangel-
haften Einstellungsvermögen liegt, wenn mir diese Musik trotz jahrelangen Werbens
um sie, trotz liebevollen Bereitseins und verlangenden Offenstehens fremd und
unzugänglich bleibt. Immer noch bin ich davon überzeugt, daß eine Erscheinung,

250
die seit mehr als einem Dezennium die ganze Musikwelt in Spannung versetzt, die
Besten verehrungsvoll an sich heranzieht und jene extremen Empfindungen erweckt,
die niemals von bloßer Willkür, von Bluff und geflissentlicher Absonderlichkeit,
nur von ringendem Ernst und der Kraft zur Größe dauernd erhalten werden können,
zu jenen ganz wertvollen und bedeutenden gehören, die jedem Kunstnahen die
Pflicht auferlegen, über sie zur Klarheit zu gelangen und für sie einzustehen. Und
es gehört zu meinen Schmerzen, daß ich das nur mit dem Verstand, aber immer
noch nicht mit überzeugtem Gefühl tun kann.
Nicht einmal mit dem Verstand aber vermag ich das bei den mir bekannten
Werken der Jünger und Anhänger Schönbergs, vor allem bei denen von Alban
Berg und Anton v. Webern. Es ergeht mir mit ihnen, wie mit gewissen
Gedichten des letzten Expressionismus (beiläufig gefragt: gibt es überhaupt eine
Kunst, die nicht Hexpressionistisch/l, nicht Ausdruck und gestaltetes seelisches Erleben
ist?): sie geben mir weder die Übertragung eines plastischen Gedankens, noch
irgendwe1ches "Ahnen lO , ein Aufrhfen geheimnisvoller Innerlichkeit oder gar Abbilder
äußeren Lebens; und so wie diese Dichtungen das Mysterium der Sprache, den
Zauber des Wortklanges und der Wortsuggeslioll entbehren - also das schönste
Mittel des Dichters - so scheinen mir diese Tondichtungen auf die schönsten Mittel
des Musikers, auf die Verstrickungen durch Klangträume, auf die Gestaltung
thematischer Schicksale zu verzichten. Sie wirken auf mich wie beunruhigende
Zurufe in fremder Sprache. Zudem: Schönberg hat gezeigt, daß er all das vermag,
was er späterhin, sei es in Erkenntnis seines eigensten Wesens, sei es als der
Blutzeuge einer als richtig erschauten Theorie, zu verschmähen gelernt hat. Bei
seinen Schülern bleibt nur eines: das Vertrauen auf den genialen Lehrer, der in
lebendigen Stunden noch mehr als in seiner grandiosen, fabelhaft lebendigen.
unerhört produktiven HHarmonie1ehre" die Gabe des schöpferischen Meisterpädagogen,
des hellsichtigen Gesetzgebers und Gesetzverstehers und die des Seelenbildners dazu
immer wieder erwiesen hat. Gewiß, daß sie bei ihm gelernt haben, was überhaupt "er"
lernt" werden kann. Und: er ist von ihrer Begabung überzeugt; wenn auch vielleicht
die Freude am gleichen Ziel, an der gleichen Art der Tonsprache unbewußt zur
Erhöhung dieser Überzeugung beigetragen haben mag. Auch hier gibt es nur eins:
angesichts von so viel hohem Ernst, von leidvollem Kampf, von der Passion echten
Musikertums, zu warten, bis sich das Widerstrebende endlich dem Sinn entschließt.
Und froh seinen Irrtum zu bekennen, wenn er sich zu Bereicherung verwandelt hat.
Nichts wäre mir beglückender.
Ob ein solcher Irrtum bei Josef Hau ermöglich ist, der noch weitergeht als sie
alle, mag unentschieden bleiben. Da auch bei ihm geistige Schärfe, Ernst und Ge-
sinnung zweifellos sind, will ich, ohne mein vorläufiges Gefühl zu verschweigen,
auch hier lieber Zuschauer einer Entwicklung (oder eines Rückschreitens) bleiben,
als durch abschließende Negation ein Unrecht zu begehen.
Zu Schönbergs Schülern hat auch Egon Wellesz gezählt, der aber in seinen
Kompositionen von je der Art der neuen Franzosen, der Debussy, Ravel und ihres
Kreises näher stand, als den schroffen, radikalen Absagen an alle Überlieferungen,
die die Werke Schönbergs oder Bart6ks oder Strawinskijs beinahe zu Manifesten des
musikalischen Umsturzes machen. Harmonische Delikatesse, äußerste Konzentrierung
des Formalen, die Lust an Problemstellung und Problemlösung sind schon in den
ersten Quartetten und Klavierstücken von Wel1esz, in seinem Altenberg .. Gesang und

251
den Kirschblütenliedern ebenso fühlbar, wie ein Zug zu exotischer Verfeinerung und
eine gewisse Anämie der spezifischen Erfindung. In seinem N Weltspiel und Legende" 1
das er "Die Prinzessin Girnara« nannte (Jakob Wassermann hat die einigermaßen
preziöse und geflissentlid1 "tiefe" Dichtung dazu geschrieben und das Werk hat in
Frankfurt und Hannover unleugbaren Eindruck gemacht) - in diesem sehr un..
dramatischen dramatischen Werk, das die Extensivität des Weihespielgedankens und
der theaterwidrigen Kultoper in all ihren Gefahren für die Entwicklung des Ton-
dramas deutlicher als irgend ein anderes zeigt, ist die musikalische Substanz konziser,
die Energie der Melodiebildung bewußter, das Streben nach symphonischer Zu-
sammenfassung deutlicher. Haltung und Stil des ganzen Werkes flößen eine
Sympathie ein, die mit den gewollten Dunkelheiten des (trotz alledem nur zu leicht
verständlichen) dichterischen und mit der verschwimmenden Kontrastlosigkeit und
Blässe der manchmal weichlich monotonen Musik versöhnt und die durch Partien
von wirklicher Noblesse, vor anem aber durch die fast kindliche Andacht und
Sehnsucht nach dem Reinen und Hohen erhöht wird, die in jedem Augenblick dieses
Werkes fühlbar sind.
o

Schönberg und moderne Franzosen und Russen (Dukas, Scriabine), beinahe auch
DeHus, könnten, so scheint es, an Franz Schrekers Art mitgeschaffen haben -
aber sie haben es nicht; er ist ganz selbständig erwachsen in Unkenntnis gleich . .
zeitiger Wesensverwandter und ist dadurch umso prägnanter, ein Symptom für die
innere Notwendigkeit der allerwärts in gleichartigen Zeichen erkennbaren Entwicklung
der neueren Musik. Wagner und Bruckner waren Julius Bittners Leitsterne; aber
auch diese Komplementärerscheinung Schrekers, dieses herzhafte Elementarweseny
ewiger Student und ewiger Künstler in liebesstarkem, kraftvoll treuem, ungebrochen
gesundem und natürlichem Wesen, ist ganz frei und ganz sie selbst geworden: eine
Anzengrubernatur des Tondramas, ein Egger-Lienz der Musik. Und Strauß und
Puccini dagegen sind Erich Wolfgang Kor n goi d s Meister gewesen, diesem erstaun-
lichen Musikingenium voll Theaterblut, voll sprudelndem Einfan, gesegnet mit der
o uveränen Hand des geborenen Bildners, dem das Komplizierteste zu müheloser
Gestalt, das Einfachste zu persönlich durchgebildetem, einzigartigem Ausdruck wirdo
Schreker ist unter ihnen der raffinierte Artist, als Dichter und Musiker die wunder . .
liebste Mischung von phantastischem Träumen und sicherem Theaterrealismus, der
auch das visionär Verschwimmende mit festem Griff zu szenischem Schritt ordnet;
Bittner d"s Naturkind, dichterisch mit dem Auge des Erschauenden begnadet, der
immer jenen Punkt findet, in dem sich der singuläre SchicksalsfaII mit dem Symbol
des Typisch-Gesetzmäßigen schneidet, als Musiker mehr Improvisator als Architekt,
aber derart aus ganzem Herzen, aus voller Seele und reicher Gefühlswelt heraus
singend und gestaltend, daß diese Innigkeit und Gemütskraft ane Mängel des
Technikers vergessen macht; sie erfüllt selbst das sorgloser Hingesetzte und weniger
Gewählte und Intensive und macht das Ganze liebenswert; Korngold wieder ist um
so vid genialerer Musiker an sich, als ihm das Dichterisch.. Produktive dieser beiden
stärksten Wort- und Tongestalten seit Wagner fehlt (will sagen: die beiden stärksten
spezifischen Dichterkomponisten. . Begabungen, denen Wort und Ton vereint als
AusdrucksmitteI gegeben sind und in denen heide einander bedingen und ihre
gegenseitige Gestaltung bestimmen); während Korngold ein fast unheimliches Wunder

252
als Manifestation des Tongeistes an sich bedeutet, ein blutvoH lebendiger, unerhört
reicher Erfinder und Formbändiger ist, schon als Kind durch das organisch durch. .
gebildete und durch die inspirierte Fülle des Einfalls überwältigend, jetzt als Jüngling
auf schönste gereift und persönlich ausgeprägt, der drohenden Gefahr, dem bloß
Theatralischen und der Lust an sicher zupackendem Effekt zu erliegen, immer wieder
durch Entweichen aus dieser bedenklichen Zone entrinnend und im Schaffen reiner
Musikwerke (das entzückende, wienerisch reizvolle, vornehm heitere Sextett ist ein
Geschenk für feine Geister) all jene beruhigend, die ihn nicht ohne Unruhe in seinen
Opernwerken (der Violanta und der toten Stadt vor allem, während der bezaubernd
anmutige, geistreich frohe Ring des PoIykrates eine Lustspielgabe erlesener Art ist)
auf allzu heftige, nicht immer dramatisch gerechtfertigte Wirkungen ausgehen sahen,
die freilich in dem Sturm und dem Feuerbrand der leidenschaftlich hingepeitschten
dramatischen Melodik nicht im Augenblick, erst im Nachklang eine~ ungleich-
mäßigen, aufgewühlten Gefühls bewußt werden.
Sie alle drei (ich zähle dabei den nach Berlin übersiedelten Schreker zu den
unseren, was ich leider bei dem unserer Stadt schon lange entfremdeten, dämonisch
fesselnden Proteus der Musik, dem Österreicher E. N. v. Reznicek nicht mehr
vermag) - sie aUe drei sind der beste Besitz unserer Dramatik und die deutsche
Gegenwart hat außer Richard S t rau ß, dem hochragenden Meister und Magier, dem
alles mächtig überflügelnden Klassiker unserer Zeit, keinen stolzeren. Man mag
gegen Schreker einwenden, daß er vom "Fernen Klang" und dem "Spielwerk" an . .
gefangen, bis zu den "Gezeichnetenll und dem "Schatzgräber ll eigentlich immer das
gleiche Grundmotiv der unerfüllten Sehnsucht und der mißbrauchten Schönheit
dramatisch abgewandelt hat, daß seine Symbolik, die in fernen Klängen, zauber-
vollen Lauten, mysteriösen Spielwerken jene Hauptthemen ins Gleichnis faßt, nicht
wechselvoll genug sei, daß seine betörende Wirkung mehr in gaukelnden Fieber . .
träumen, in brennend phantastischer Erotik, in zart flirrendem, geheimnisvoll fremd . .
artigem Wohllaut, als in natürlicher Herzlichkeit und Güte der Tonsprache liege,
daß er mehr Geist und Nerven, als Seele und Herz offenbare (denn den Zug zum
Ethischen, den unser Freund R. St. Hoffmann in seinem famosen Schrekerbuch
aufzeigen möchte, vermag ich bei aUer Verehrung für des Tondichters glanzvolle
Begabung, nicht zu entdecken); mag es symptomatisch finden, daß in jedem seiner
Werke, selbst wieder in der neuen "Irre1ohe", ein Verwachsener das Drama beherrscht
und mag sein sublimiertes Me1odisieren, den Reiz seiner verschwebenden, gleißenden,
märchenhaft schimmernden und vibrierenden Orchesterfarben und die geringe Plastik
und suggestive Eindeutigkeit der Themensymbole als allzu gestaltlos empfinden -
hier ist doch vor allem einer, der nauf eigene Kosten" lebt, der eine berückende,
faszinierend eigentümliche Erscheinung, ein packender Theatraliker und ein Meister
der klingenden Phantasmagorie ist; einer, dem im Gestalten der ewigen Künstler . .
tragödie Szenenreihen von beklemmender Traumbuntheit (manchmal freilich auch
von ungesunder Überreizung) und von unentrinnbarem Klangzauber in Feuergarben
und farbentrunkenen Leuchtfontänen des Orchestralen glücken, der stärkste Ver-
führer der Opernbühne von heute. Die von morgen mag anders entscheiden -
auch hier heißt es abwarten, ob diese glänzenden Wirkungen dauernde Macht
haben.
Gegen Julius Bittner hat man die Kunstlosigkeit der Mittel, die ungenügende
Auslese des Einfalls, den ungehemmten Impetus des Produzierens, der überraschend

253
Kraftvolles und Schönes dicht neben Fahrlässiges setzt und die Sorglosigkeit des
Technischen ins Feld geführt. Und hat dabei, selbst wenn es manchmal mit Recht
geschah, das Wichtigere, Wertvollere und vor allem das Seltene dieser Begabung
übersehen und gar nicht gefühlt, welch ein nNaturlautll dieser ganze Mensch und
sein Werk ist, wie gerade gewachsen, herzlich, gesund und reich in Bittners
Schöpfungen die Stimme der Heimat selber laut geworden zu sein scheint und wie
befreiend es wirkt, wenn er in diesen menschlich nahen, opernfernen, wahrhafte
Schicksale gestaltenden Dramen - vor allem in der "roten Gred ll , dem "Musikantli,
dem "Bergsee" dem "höllisch Goldli, dem "lieben Augustin" und, vielleicht am
stärksten zu erwarten, in dem neuen "Rosengärtlein ll - niemals am glatt Realen
haften bleibt, sondern immer wieder Ausblicke ins Geistige schafft und den Hinter . .
grund des Gleichnisvollen, des ewiggültigen Menschheitsgesetzes angerichtet. Mag es
mir erlaubt sein, auf mein kleines, jüngst erschienenes Bittner. . Büchlein hinzuweisen, >1<
in dem ich ali dies Problematische und alles Liebenswerte und Fesselnde dieser er . .
frischenden Wesenheit darzustellen versucht habe, die mitten in der Überkünstlichkeit
und Hysterie der Epoche wie ein "kernhaft Einfacher, im schönsten Sinn Unerfahrener
und Unverdorbener steht. Und es an diesen wenigen Worten über eine der besten
Gestalten unserer l\'Iusik bewenden zu lassen.
Erich Kor n goI d, der musikerfüllteste der neuen Generation, die blendendste
Hoffnung unserer Kunst, steht an einem Scheidewege: er wird zu entscheiden haben,
ob er ein großer Künstler, oder nUr ein berühmter sein wiII, ob Meyerbeer und
Pucdni seine Wegweiser sein sollen, oder Beethoven und Wagner. Es ist eine Frage
der Gesinnung und ist es umso mehr, als sein Genie außer Frage steht. Es muß
gesagt werden und darf es vielleicht am ehesten von einem, der bedingungslos für
ihn eingestanden ist und dessen staunende Verehrung für dieses Phänomen die
gleiche geblieben ist und bleibt, daß Erich KOl'ngold sich vor einem bewahren muß:
vor der Gefahr der Überhitzung und Überladung und vor dem DTang nach Wirkung
um jeden Preis. Immer wieder, ich sagte es schon, beruhigen schöne Zwischenspiele
seines Schaffens die Sorge um das Reinbewahren seiner stupenden Künstlerschaft :
wer das bezaubernde, innig schalkhafte Sextett und gar, wer die ganz und gar ent. .
zückende Musik zu n Viel Lärm um Nichts", diese hinreißend frohen, launigen und
dichterhaften, wirklich von Shakespeareschem Lustspidgeist erfüllten Stücke
geschaffen hat, ist einer, dessen Schöpferkraft man vertrauen kann. Beunruhigen
lronnte nur die Stoffwahl seiner Opern, deren reizvollste, der meisterlich gebaute,
in wahrhaftem Humor strahlende "Ring des Polykrates", durch den mehr als
"harmlosen U Text geschädigt wurde und 'von denen "Violanta" ein Sketch voll
inneren Widerspruchs war, nur auf momentanen Effekt gestellt (freilich durch die
flammende Melodik und die fortschleifende Leidenschaft der Tonsprache geadelt);
während die "tote Stadt" wieder nur starkes Theater ist (wiederum durch unver . .
gleichEche Genie-Einfälle hoch über das Filmhafte des Stofflichen und die arge
Verssprache emporgetragen) und in der Entschlossenheit der Publikumsattacke
manchmal sogar in bedenkliche Niederungen gerät. Und beunruhigen konnte, daß
der junge Meister sich dessen so gar nicht bewußt war, daß er wähnen konnte, er
habe mit Herzblut musiziert und wieder, daß er sich auf seine Fähigkeit des Theater . .
>1- ]ulius Bittner. Von Riehard Spe eh t. (Zeitgenössische Musiker. Herausgegeben von H. W. von

Waltershausen.) Mit einer Porträtzeichnung von Viktor Ti s chI e r. Erstes bis drittes Tausend.
München und BerIin, Drei Masken,Verlag.

254
praktikers, der die Erprobung des Ungewissen lieber meiden und sicher gehen will,
etwas zu gute tut. Kein Zweifel aber, daß a11 die Verlockungen des Bühnenerfolges,
der Rausch des massenbezwingenden Opernschöpfers, die Lust am szenischen Blendwerk
blaß und nichtig werden vor der Macht der außerordentlichen, wunderbaren Begabung,
deren Diktat schließlich doch siegreich bleibt, vor der die jugendliche Freude am
frühen Weltruhm zerstiebt und die immer wieder hervorbricht, immer wieder zu
fassungslosem Bewundern hinreißt. Eine Frage der Gesinnung, nochmals, und eine
Frage der Reife. Und, wahrscheinlich, bald keine Frage mehr, sondern eine Gewißheit,
die schon die famose Menschlichkeit verbürgt, von der dieses fabelhafte Musikerturn
getragen wird. Weder die widerlichen Praktiken, die bis zur elendesten Verleumdung
schon gegen das Wunder des schöpferisChen Kindes geübt wurden (das mit ganz
anders schallenden Fanfaren verkündet worden wäre, wenn nicht das Bedenken
gehemmt hätte, den spontanen Ausdruck frohester Überzeugung zur ffG~fa11igkeit"
für den kritischen Kollegen umgedeutet zu sehen, der des genialen Knaben Vater
ist), noCh die fortwährend erneuten Versuche, die rauschenden Erfolge des Jünglings
zu diskreditieren und sie als (offenbar auch in England und Amerika wirksame?!)
I\iachenschaft zu verdächtigen, können den Sturmlauf eines seit Mozart fast einzig
dastehenden Musiker ... Elementarerscheinung hemmen, die im Branden des melodischen
Stromes, in der packenden, durchaus innerlich gehörten, jugendvoll herben und
jugendvoll blühenden Harmonik (die neue Reife erschließt und befestigt), in der
rhythmischen Kraft und in der überreichen orchestralen Phantastik aufregend und
verführerisch ist, wie jede neue Offenbarung des Genius der Töne. Nichts kann sie
hemmen als sie selbst, wenn sie nicht ihrem ungestümen Ruf und den Herrlich..
keiten ihrer voll gelebten Stunden folgt, sondern Wünschen der äußeren WeIt nach··
gibt, die ihr nichts geben und sie nicht fester verankern, nur beirren und verführen
kann. Und davor wird sie gefeit sein, denn sie ist stärker, als es der Neid glaubt;
stärker vielleicht, als der junge Künstler selber es ahnt. Und deshalb wird sie .11 e
Unkenrufen und aller Niedrigkeit zum Trotz siegreich bleiben.

B~rlin hat uns den glänzenden Lehrer Schreker entführt, der jahrelang an der
Wiener Akademie gezeigt hat, daß er einer der wenigen wirklichen Erzieher zur
Kunst und nebenbei ein unerhört klar und praktisch unterweisender Berater seiner
Schüler ist. (Ich kann es aus eigenster Erfahrung bezeugen.) Das sChwerwiegendste
künstlerische Zeichen für den außergewöhnlichen Bildner junger Begabungen ist
dieses: daß keiner seiner Schüler den Lehrer nachahmt, keiner versucht, Schrekerisch
zu komponieren, sondern daß jeder von ihnen individuell weitergeführt worden ist.
Und menschlich ist das schönste Zeichen für ihn, daß fast ane seine SChüler ihm
nach BerUn gefolgt sind.
Es sind die besten unserer jüngsten Begabungen unter ihnen: der feurige,
romantisch stürmende Josef Rosenstock, dessen Klavierkonzert mehr als ein
bloßes Versprechen ist; Felix Petyrek, ein Edgar Poe der Töne, frappierend in
unheimlich scharf konturierten Grotesken, in seinem seltsam ergreifenden, schmerz ..
voll aufgewühlten und aufwühlenden Klaviersextett von Mahlerschem Geist berührt,
ein ungewöhnlic.her KlavierspieIer dazu; Wilhe1m Gr 0 s z, oft geistreich bizarr. oft
zart melancholisch, oft hoffmannesk marionettenhaft in absonderlichem Humor, in
seinen neuen, weitausladenden Klaviervariationen von fesselndster Vielfalt der

255
Stimmungen und energischer Kontinuität ruhigen, noblen Bauens. Und eine Reihe
anderer, die zum Aufhorchen gezwungen haben, Verheißungen, deren Erfüllung
man gern entgegenharrt.

Noch ist von vielen zu sprechen, die nicht so dezidiert zu gruppieren sind; sei
es, daß ihr Profil noch nicht deutlich genug ist, sei es, daß ihre Wesenheit kaum
zwischen anderen einzugliedern ist. Ich denke zunächst an den jungen Georg S zell,
der schon als reichbegabtes Kind gewaltiges Aufsehen erregte, ein Dirigent von bei. .
nahe unfaßlicher Sicherheit und Geistesgegenwart, jedem Stil gewachsen, mit ver . .
blüffendem Gedächtnis und ungemeiner Leichtigkeit der Hand begabt, die Musikalität
selber; als Schöpfer (allzu weniger) blitzblanker, untadelig gefügter Orchesterwerke,
denen man den Durchgang durch Strauß und Reger anmerkt, ein Talent von großer
Schmiegsamkeit und Anmut; den feinen Hans G,il, dessen liebenswürdiger,
versonnener Art (besonders in seinen Ouvertüren und der anziehenden Oper "Der
Arzt der Sobei'de ein wenig Robustheit nicht schaden könnte; sie tritt in ihrer
U
)

angenehmen, klugen und vornehmen Art nich~ bestimmt genug auf. An Hugo
Kauder, der, so scheint es, noch zu viel mit sich zu tun hat, um sein Eigenstes
ganz auslegen zu können, aber in dessen Kammerwerken Echtheit, Sehnsucht nach
gelöstem Widerstreit des Innern und tiefe Demut vor der Kunst zu spüren ist, deren
stärkste Gegenwartserlebnisse ihm Mahler und Pfitzner waren. An Egon Lu s t gar t e n,
der im Liede vieles zu sagen haben wird und schon manch schönes gesagt hat. An
Walter K 1 ein, der sich immer mehr in Einsamkeiten einspinnt, immer mehr in
IVIystik verliert. Und an Robert Ken t a, den schv/er mit sich, schwer mit der Welt
Ringenden; ein herber, harter und doch liebebedürftiger Musiker, dessen Musik sich
(in drei Opern und einer Symphonie) schwer aus ihm löst, aus Ergriffenheiten
wehevollster Schwärmerei kommt, die sie in ihrer oft lakonischen Knappheit, ihrer
Wortkargheit und Tonkargheit doch mehr ahnen als erkennen läBt. Einer, der noch
immer ein Problem geblieben ist.
Neben ihnen stehen noch alI die Älteren: Weingartner, Stöhr, Lafite,
Horn, Oberleitner, Brandts . . Buys und viele andere. Aber von ihnen habe
ich hier nicht zu sprechen, denn ich wollte nur von Wiens neuer Musik reden.

Man sieht: noch sind wir reich genug, noch kann sich Wien als das Zentrum
der Tonkunst fühlen. Heute zumal, da der größte der Lebenden, einer der Seltenen,
die wirklich vom Mittelpunkt der Musik herkommen, da Richard Strauß unter uns
lebt: das Supremat der Musikstadt Wien ist damit wieder aufgerichtet. Zwar haben
manche, die aufleuchtend begonnen haben, späterhin enttäuscht i und unter den
jüngsten sind nur wenige, von denen man den Aufstieg zur GröBe erwarten darf.
Gleichviel: es ist wieder lebendig in der Wiener Musik, die Stagnation scheint
überwunden, Meinungsstreit und Widerspruch werden wieder wach, gläubige Ver. .
kündigung und leidenschaftliche Anhängerschaft rufen die ewig Gestrigen zum Streit.
Und Wien hat wieder seinen großen, beherrschenden Meister. Auch wenn manch
Beschämendes irritieren mag: es ist nicht entscheidend, wir haben uns nicht zu
schämen, das zugrundegerichtete Wien blüht und lebt, im schönsten Zeichen seines
Wappenschildes: im Zeichen der Töne.
o 0

256
WIENER KIRCHENMUSIK
Von Prof. Fra n z Mo i ß I, Klosterneuburg

"Wiener Kirchenmusik tt • • • Hier stock' ich schon. Wo ist die historische:


Grenze? Fallen die Meister der ma~imilianschen Zeit: Hofhaimer, SenfI, Isaak und
mit ihnen der große Handl-Gallus des XVI. Jahrhunderts - Deutschlands und
Wiens Palestrina - dann in der langen Reihe der kirchen musikalischen Ton... ~
setzer des XVII. Jahrhunderts die vielen, von Wien aus befruchteten oder dem
Wiener Zentrum wie einem Musikparadies zustrebenden deutschen und fremden
Kirchenmusiker, endlich die auf diese Epoche folgenden Fux, Caldara, Lotti unter
dem landläufigen Begriff "Wiener Kirchenmusik tt ?
Anders ausgedrückt: Hat der, welcher leichthin von der "Wiener Kirchenmusik"
spricht, wirklich das ganze historische Gesamtbild dieser Musikgattung im Auge,
von der ersten Wiener Blütezeit angefangen bis herauf zu Bruckner und den Aller ..
neuesten? Oder denkt er nur an eine bestimmte, das Wiener kirchenmusikalische
Leben noch jetzt auffallend beherrschende Stilgattung, an die Bevorzugung der
Werke einer ganz besonderen kirchenmusikalischen Epoche?
Ich gebe die Antwort in Form einer Definition: "Wiener Kirchenmusik" ist im
sprachgebräuchlichen alltäglichen Sinne der Inbegriff der Kunst der Wiener Klassiker
Haydo, Mozart, Beethoven samt Schubert und ihrer Zeitgenossen einschließlich
Reutter, Stadler, Vogler und zahlloser Duodezkomponisten, einer Kunst, die in
ihrer Gesamtheit die Übertragung rein instrumentaler, dem Boden profaner Musik
entwachsener Ausdrucksformen auf das Gebiet der katholischen Liturgie darstellt.
Wir stehen somit, wenn wir die praktische Seite betrachten, vor der Tatsache, daß
die Kirchenmusik Wiens von der Burgkapelle herab bis zu der an der äußersten
Peripherie der Stadt gelegenen Kirche die Merkmale des XVJIl. und XIX. Jahr-
hunderts trägt. Glorifiziert wird diese Richtung, der, will man gerecht sein, der
Vorwurf einer gewissen Einseitigkeit nicht erspart werden kann, durch die unermüd..
liehe Vorführung der großen "Hochämter ll Jos. Haydns - sogar zu zyklischen Vor..
führungen dieser monumentalen Schöpfungen und der Messen Franz Schuberts
beginnt man sich aufzuschwingen - ferner verhältnismäßig zahlreicher Werke
Mozarts und selbst der "Missa solemnis ll von Beethoven, wobei in die Wagschale
fällt, daß solche Darbietungen meist von der hellflammenden Begeisterung der Aus-
führenden und ihrer Dirigenten getragen sind und auch hinsichtlich der materiellen
Opfer Leistungen bedeuten, die zur Hochachtung zwingen. Freilich bleibt die Aus-
wertung der Beethovenschen "Missa solemnis ll für die Liturgie, und wäre diese
auch auf die allerfeierlichste, den zeitlichen Dimensionen des Riesenwerkes immerhin
einigen Spielraum bietende Form eingestellt, eine fragwürdige Sache, denn unsere
engen, oft lächerlich unpraktisch angelegten Chor ... Emporien - es ist höchste Zeit,
beim Entwerfen der Pläne auch endlich die Kirchenmusiker zu Rate zu ziehen J -
lassen die Aufstellung eines der Größe und Würde dieser Messe angepaßten Chor-
und Orchesterapparates von vornherein nicht zu, und so bleibt bei diesen Auf...
führungen stets gar manche prinzipielle Forderung unbefriedigt. Die Verwendung
unzulänglich besetzter Orchesterkörper bei gottesdienstlichen Klassiker...Aufführungen
war schon im Frieden, wo der Chorregent durchaus noch nicht vor schwindelig
hohen Honorartarifen der Instrumentalmusiker zu erbleichen brauchte, ein altes

257
ErbübeI. Wie unendlich viel dadurch unseren Wiener Klassikern geschadet wurde,
ist leicht auszurechnen, wenn man bedenkt, daß oft schwächliche Aufführungen mit
einem Pauschal. . Lob davonkamen, das zur Fortsetzung des Schlendrian reizen m uB te.
Schlendrian? Am Ende habe ich mir jetzt gar einen Strick gedreht. Aber ich will
der Gefahr rasch entrinnen und sage mutig: Manche unserer Kirchenchöre - und das
bezieht sich nicht allein auf Wien - konnten gar keine anderen als Rumpfaufführungen
veranstalten. Die spottschlechte Bezahlung der ehorleiter, die seit jeher zum Himmel
schreit, hat das erwähnte Übel zuletzt von Jahr zu Jahr vergrößert, und heute stehen
wir vor der Erkenntnis, daß unsere Wiener instrumentale Kirchenmusik dem völligen
Ruin entgegeneilt, wenn nicht noch in letzter Stunde Hilfe kommt. In Wien, der
instrumentalen Metropole der Kirchenmusik, will die flackernde Flamme der Unzu. .
friedenheit, die aus dem Heer der Musikerorganisationen gleich nach dem Umsturz
sengend hervorstach, nimmermehr zur Ruhe kommen. Die armen, von aller Welt
verlassenen Kirchenchorleiter sinken verzweifelt in die Knie, wenn sie die Kosten
einer anständigen Aufführung nach dem Tarif berechnen müssen und sehen keinen
Ausweg aus dem Gestrüpp der Forderungen. Kirche, Staat, Nationalrat! wo seid
ihr? Ein kostbares Stück vaterländischer Kultur steht auf dem Spiele! Mann mit
den zugeknöpften Taschen, sieh dich für, bevor es zu spät ist!
o

Vom sozialen Elend unserer mit Idealen und seltenem Opfermut überreich
gesegneten Wiener Kirchenmusiker hinweg richten wir den Blick nochmals auf jene
von aller Welt bewunderte Gruppe klassischer Tonsetzer, die der Wiener Kirchen . .
musik den Stempel der Eigenart aufdrücken: Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert.
Im jahrzehntelangen Streit Uln ihre Integrität haben sich die lVIeinungen auf ver . .
derhliche Weise zugespitzt. Wen trifft der Vorwurf? Alle und keinen. Bei der
Gegenüberstellung der klassischen Polyphonie des XVI. Jahrhunderts mit der Kunst
der Wiener Klassiker ergab und ergibt sich eben ein so riesengroßer Stilunterschied,
daß die in zwei feindliche Lager gespaltenen Verfechter dieser kirchenmusikalischen
Stile schließlich nurmehr Aug' um Aug', Zahn um Zahn kämpften. Es kam zu
Explosionen, die beiden Teilen schadeten. So war es zu Pranz Witts Zeiten, so ist
es bis ... doch nein, was sage ich? Niemals soll und darf der lärmende Streit
wieder aufgenommen werden r denn beide Parteien: die leidenschaftlichen Wort . .
führer der Wiener Kirchenmusik sowohl, wie die mitunter zu Fanatikern gewordenen
Apostel der radikal-cäcilianischen Richtung neigen schon längst betrübt das Haupt,
da sie sehen müssen, wie sich auf beiden Seiten die Abbröckelung des mit En . .
thusiasmus aufgerichteten eigenen Gebäudes vollzieht. - Im Lager des Cädlien..
vereines geheimnisvolles, eisiges Schweigen. Die Ärzte veröffentlichen ein Bulletin:
Der Cäcilienverein im Sterben. So stand es jüngst in einer reichsdeutschen Zeitung.
Man weiß nicht, was man davon zu halten hat j aber das eine ist sicher: hüben wie
drüben ausgesprochene Kampfmüdigkeit. Waffenstillstand oder Friede? Ich bin für
<len Frieden. Begrabet die Streitaxt und seid einig - der Aufbaugedanke verlangt
es! In der Not werden Feinde zu Fl·eunden. Also lasset die Hände uns reichen zu
gemeinsamer Arbeit im Dienste der ho ..h über den Stilstreitigkeiten thronenden,
geheiligten Liturgie'
o

258
In der Geschichte der Wiener Kirchenmusik spielen alle Stilarten eine bedeutsame
Rolle. Aus der alten Zeit der klassischen Vokalpolyphonie ragen wundersame
Denkmäler empor. Die Erforschung des vorerst nur lückenhaft untersuchten
XVII. Jahrhunderts dürfte uns gleichfalls noch manche freudige Überraschung be,
scheren und die vor aller Welt vorbildlich dastehenden Publikationen der "Denk-
mäler der Tonkunst in Österreich" werden da mit der Zeit viele Schleier lüften.
Arbeit über Arbeit. Auch in bezug auf eine Neuausgabe der Wiener Klassiker.
Wir haben noch immer keine heimatliche Haydn...Ausgabe. Es wäre an der Zeit,
den knapp vor dem Kriege geplanten, dann gründlich gestörten Neustich der Werke
der Wiener Klassiker wieder ernstlich ins Auge zu fassen, wenn es sich auch vor...
läufig nur um eine revidierte Ausgabe des Bedeutendsten handeln kann.
Inwieweit Wien an den neuesten Errungenschaften der kÜ'chenmu,sikalischen
Komposition teilnimmt, zeigt die der Wiener Staatsakademie für Musik und dar...
stellende Kunst eingegliederte, einzig aus räumlichen Gründen im Stifte Kloster...
neuburg untergebrachte Abteilung für Kirchenmusik. Sie führt ihre Schüler in alle
kirchenmusikaIischen StiIarten ein, einschließlich den gregorianischen Choral als
offiziellen Gesang der römisch,katholischen Liturgie, aus dessen Melodien der
wundersame Blütenflor der palestrinensischen Vokal-Epoche sich entfaltet hat.
Und da hat nun Max S p ri n ger, der Lebrer für Kontrapunkt, neue, ungeahnte
Ausdrucksmöglichkeiten gefunden, indem er mit unendlicher Liebe und zartestem
Feingefühl die verborgenen Schönheiten der Choralmelodien in den Dienst der
modernen Kompositionstechnik stellte und Kunstwerke schuf, die in ihrer Ab,
geklärtheit und ruhigen Farbenpracht ein völlig Neues darstellen. In seinen hiefür
typischen, großen und an kontrapunktischer Kunst überreichen Messen "Resurrexi"
und "Puer natus" geht er aber noch viel weiter: er umspannt mit der melodischen
Linie des Chorales nicht bloß die feststehenden Gesänge der Messe (Kyrie, Gloria,
Credo, Sanctus, Benedictus, Agnus als sogenanntes "Ordinarium"), sondern auch die
wechselnden: Introitus, Graduale, Offertorium, Communio (das Proprium). So ge . .
langt er zum liturgischen Gesamtkunstwerk, das mit der heiligen Handlung am
Altar in innigstem Zusammenhange steht. Vinzenz Goller, der Lehrer für kirch,
liehe Komposition, schlägt einen ähnlichen Weg ein, nur daß er bei der Komposition
sdner neuesten Messen - sein "Ordinarium missae secundae wird am 8. September
ll

in Klosterneuburg gleichfalls mit durchkomponiertem Proprium aufgeführt - nicht


eigentlich aus dem Born des Chorales schöpft, sondern auf den Ca n tor zurück...
greift, der in der Rolle eines Solisten das Ganze dramatisch beleben soll und dessen
Gesang als ein Mittelglied zwischen Choral und modernem Sologesang anzusehen
ist. So ringen sich auf dem kirchenmusikalischen Nährboden Wiens Stile durch,
die man füglieh als "Wien. .Klosterneuburger Richtung bezeichnen kann und die,
l
'

wenngleich mit verschiedenen Mitteln, auf das eine große Ziel hinsteuern: das
liturgische Gesamtkunstwerk. Schon regt sich'. auch unter den ehemaligen Schülern
der Akademie; die Tiroler Alphon. Schlögl (gegenwärtig in Salzburg) und Dr. Josef
Lechthaler (in Wien) haben den Geist Springers und die praktischen Ideen Gollers
voll erfaßt und schaffen mit Eifer und Glück, ihren Lehrern zur Ehre. Andere,
der Klosterneuburger Schule persönlich Fernstehende, folgen nach: der angesehene
Franz Neuhofer in Linz und der kühn zugreifende Josef Meßner. Weis-Ostborn in
Graz, der neue Domkapellmeister, hätte gleichfalls das Zeug in sich, seine schöpferi ...
schen Ideen noch weiter auszubauen. Ein in:Wien lebender, still wirkender Künstler

259
ist mit Ehren zu nennen: Josef V. Wöß, der Meister des Kontrapunktes, der uns
fernab vom Getriebe der Welt kirchenmusikalische Werke vornehmster Art ge,..
schenkt hat.
Wir stehen vor dem Bruckner,..Gedächtnistag. Möge es uns eindringlich vorführen,
daß nach langem, langem Warten Bruckner der erste war, der über die konven . .
tionellen Formen hinaus wahre Meisterwerke der Kirchenmusik schuf und den
Schatz der Wiener Kirchenmusik nicht nur um neue Kleinodien vermehren half,
sondern unmittelbar stilbildend auf die junge Generation einwirkte.
o 0

WIENER OPERNSPIEL
(Staats- und Volksoper)
Von Paul Stefan
W·ird Wien mit Fug die Musikstadt genannt, weil ja wirklich zum mindesten
die Ereignisse der klassischen und modernen Musik, seit Haydn bis zu Schönberg,
von Wien ausgegangen sind, so dürfte man fast mit noch mehr Recht von Wien
als Opernhauptstadt sprechen. Denn was uns die Oper heute, trotz Wagner oder
vielmehr eben durch Wagner, immer deutlicher scheint: Ergebnis einer romanisch. .
deutschen Synthese, das war Gang und Sinn der Operngeschichte dieser Stadt.
Ein anderer Aufsatz dieses Heftes wird das genauer zeigen; auch habe ich ver . .
-sucht, es in einer Schrift zur Fünfzigjahrfeier der Staatsoper (Das Neue Haus, 1919,
bei Strache in Wien) durch mehr als zwei Jahrhunderte zu verfolgen. Hier nur
soviel: als die Oper von Italien nach Wien drang, kam sie wie etwas längst
Erwartetes, ja wie etwas beinahe Bekanntes. Ihre klassischen Tendenzen waren durch
die Tragödien der Wiener Humanisten, ihre romantisch. .phantastischen durch das
Wiener Jesuitentheater, ihre Buffonerien durch die Wiener Hanswurstkomödie mit
ihren (bis zu Raimund reichenden) volkstümlichen und Zauber-Elementen vor-
bereitet. Überdies war Wien seit den keltischen Zeiten eine Stätte der Vcilkerwand-
lung und . . wanderung, mit reichem, spielerischem Leben und Leben als Spiel,
Theaterstadt an sich, Umrahmung eines glänzenden Hofes, der Künstler aller Völker
schon darum anzog, weil Wien über vielerlei Völker herrschte oder doch herrschen
wollte; und nicht zuletzt eine seit dem römisch. . italienisch,..spanischen Wesen halb . .
romanische Stadt.
So war die Oper schon um die Mitte des XVII. Jahrhunderts eine Leiden-
schaft der Kaiser, des Hofes, des Volkes. Einzelne Herrscher komponierten und
.spielten selbst mit und von der Pracht der (hölzernen) Opernhäuser und ihrer Aus-
stattung sprechen viele Bilder. Sicherlich war Wien die Stadt der nordisch,..welschen
Barockoper, von der am Ende der Weg zu Gluck nicht mehr so weit war. Aber
-das späterhin so berühmte ItHofoperntheater" ging von einer städtischen und
ursprünglich deutsch gerichteten Gründung des beginnenden XVIII. Jahrhunderts
aus. Hofoper war (und als solche die Bühne Mozarts) eher das Burgtheater und
das kleine Theaterehen im Schönbrunner Schloß. Und das ganze XIX. Jahr-
hundert hindurch pflegten, im schärfsten Wettbewerb mit der Oper des Kaisers,
alle möglichen Bühnen das lyrische Drama, so das Josefstädter, das earltheater,

260
das Theater a11 der Wien, das (verbrannte) Ringtheater ; eine längst vergessene Vor-
stadtbühne, das Thaliatheater, hat zuerst Wagner aufgeführt. Ungeheuer war seit
Rossini der Erfolg, die Herrschaft der Italiener und noch heute sind Verdi und
Puccini außer halb Italiens Raum nirgendwo so sehr heimisch wie in Wien. Erst seit
die Hofoper in ihr~m neuen, dem heutigen Haus spielt, steht sie dauernd unter
heimischer (nicht. .italienischer) Leitung. Der erste Direktor dieses "neuen Hauses/I,
wohl des schönsten Opernbaues unserer Zeit, war Dingelstedt.
Seither werden große Namen von Direktoren und Dirigenten genannt: Herbeck,
gleichsam ein Vorläufer Mahlers, Jauner, der Gegenspieler in der Wiener Tragödie
Richard Wagners, WilheIm Jahn, der den artistischen Ruhm der Hofoper in den
Zeiten unserer Väter begründete, machtvoll unterstützt von Wagners (und vieler
anderer Meister) getreuestem Stabführer Hans Richter. Mit einer sensationellen Auf. .
führung des "Lohengrin" beg.nn 1897 der Kapellmeister Gustav Mahl~r sogleich
darauf und bis 1907 Direktor. Unter ihm ist das klassisch-heroische Maß dieser
Bühne erreicht und von dieser heute schon historischen Epoche zeugt noch manche
Pracht des Hauses, des Personals, insbesondere aber die Schulung des Chors und
des Orchesters. Der Geist Mahlers, seine Verehrung der großen Meister, sein feines
Verständnis Hir die Bühne sind, vielleicht mehr als man gemeinhin ahnt, heute
noch lebendig. Von Mahlers Ensemble: Mildenburg, Gutheil, Kurz, Kittel, Schmedes,
Slezak, Mayr, Weidt, Elizza, Forst, Weidemann, Foerster...Lauterer sind noch
manche tätig, alle in ihrem Glanz dankbarstem Gedächtnis gegenwärtig. Zwei~rlei
hat Mahler erreicht: musikalische Vollkommenheit und, sodann, die szenische,
wobei ihm Alfred Roller half. Sein "Festspielgedanke" bleibt das Ideal jeder
Direktionsführung.
Nach Mahler war die Leitung des Hauses Felix Weingartner, dann dem Berliner
Regisseur Hans Gregor anvertraut. Noch vor dem Umsturz wurde Richard Strauß
als Direktor neben dem seit Mahlers Zeit erprobten Kapellmeister Schalk verpflichtet.
Ohne alles und jedes gutzuheißen, was seither in der "Staatsoper" gesc~ehen ist,
darf man doch wohl sagen, daß dieses Theater die ihm oftmals zuerkannte Führung
der deutschen Opernbühnen eben jetzt fest behauptet. Aufführungen wie die des
Fidelio, des Don Juan, die von Cosi fan tutte, der Opern von Richard Strauß, des
Parsifal oder, um ein neuestes Werk zu nennen, der toten Stadt, werden an anderen
Bühnen als Ganzes kaum denkbar sein, besonders, wenn Strauß und Schalk selbst
am Pult sind. Doch gebietet die Gerechtigkeit, auch die Verdienste Reichenbergers,
Tittels und des jungen, sehr begabten Kapellmeisters Alwin anzuerkennen. Der
Spielplan stützt sich vornehmlich auf die Klassiker seit Mozart, auf Wagner, Verdi'
Puccini und Strauß. Die leidigen Urlaubsnotwendigkeiten (die großen Künstler
unserer Bühne müssen abwechselnd Valuten ersingen, um Wien erhalten bleiben
zu können), sie bringen es mit sich, daß die Direktion manche Lücke im Spielplan
dulden, manchen schönen Plan auf bessere Zeiten verschieben muß. Aus dem
Ensemble sind in der letzten Zeit, neben den schon bewährten Kräften, wie den
Damen Gutheil, Kittel, Kiurina, Kurz, Weidt, den Herren Slezak, Schmedes, Maikl,
Mayr, Stehmann (einem der Nothelfer und Alleskönner, gleich dem jungen Gallos und
Madin), besonders oft hervorgetreten: die Damen Jeritza und Lehmann, E1isabeth
Schumann, Mihacsek, Paalen, Born, Bauer...Pileacka und Rajdl, die Herren Aagard...
Oestvig, Schubert, Piccaver, Fischer...Niemann, Manowarda, Jung und so weiter;
die Namen werden alle nur "beispielmäßig" genannt.

261
Was verleiht den Vorstellungen im Operntheater ihren besonderen Rang? Das
schöne, wundervoll klingende Haus gibt einen einzigen Rahmen, Dirigenten von
Ruf und ein unübertroffenes Orchester (die "Philharmoniker") finden sich, Einzel...
leistungen und Chor sind vorzüglich studiert (Studienleiter ist Foll, Chordirigent
Luze), die Regisseure Wymetal und Breuer, ein Gestaltungskünstler wie Roller, bestes
technisches Personal tun das Ihre. Auch ist immer noch ein aufmerksames und
verständiges Publikum da . . . , Manches in der Staatsoper könnte gewiß voll-
kommener sein. Aber für unsere bedrängte Zeit ist wohl das Wichtigste, daß es dort
nicht schlimmer wird: Dann läßt sich's, und das bestätigen gerade die Gäste Wiens
oft genug, schon noch zufriedenbleiben.
Von der Wiener Volksoper, die gegenwärtig das einzige (und zwar private)
Operntheater der Stadt neben der Staatsoper ist, kann ich als von einem jungen
und noch nicht völlig gefestigten Unternehmen nicht gleich ausführlich berichten.
Sie ist an der Grenze der Vorstadt errichtet und hat, ein geräumiger Bau, die
schönsten sozialen Möglichkeiten. Eine recht weithin ausblickende Kunstverwaltung
müßte sie in ihr Gesamtprogramm einteilen. Doch auch in ihrer Vereinzelung hat
die Volksoper, längst im zweiten Jahrzehnt, manches geleistet. Rainer Simons, dem
so tüchtigen Direktor, und dem genialen Kapellmeister Zemlinsky (jetzt Leiter der
deutschen Oper in Prag) gebührt das Verdienst des ersten Anfangs. Sie haben ein
stattliches Ensemble zusammengebracht, dessen Sterne zum guten Teil heute an der
Staatsoper strahlen: insbesondere die Jeritza. Sie haben ein Repertoire aufgestellt,
das alle billigen Wünsche erfüllte, ja bald nach Wagner, selbst nach Strauß und
Dukas ("Ariane und Blaubart") langte und von dem Fleiß, der fast beispiellosen
Arbeitsfreude an diesem Theater an vielen unvergessenen Abenden Zeugnis gab.
Heute ist Weingartner Leiter des Volksoper und, natürlich, ihr erster gefeierter
Dirigent; an der Volksoper ist die berühmte Lucille Weingartner-Marcell noch
wenige Tage vor ihrem Tode aufgetreten. Noch immer bietet dieses Theater einem
fanatischen Opernpublikum das gesamte Durchschnittsrepertoire und in oft aus. .
geglichenen Aufführungen. Publikum und Kritik haben gerade diesem Institut seit
jeher starke Sympathien zugewendet. Möchten diesen Sympathien auch materiell im-
stande sein, der Volksoper weiter zu verhelfen, daß sie zum Opernruhm unserer
Stadt mit beitrage. Denn, noch einmal, der war immer vielleicht ihr größter Ruhm,
und einer, dem auch die schlimmsten Zeiten nichts wegnehmen wollten.
c c

KONZERTMUSIK I N WIEN
Von R. St. Hoffmann
So will ich gerne den Cicerone machen und den fremden Gästen in kinemato,
graphisch geschwindem Rundflug die Wahrzeichen Wiener Konzertwesens weisen.
Nicht als Kritiker heute, den seine beschwerliche Pflicht jahraus jahrein zwingt,
zu analysieren, zu wägen, durch Lob und Tadel anzutreiben, immer das Ganze
durch das Einzelne, auch gegen das Einzelne, zu fördern und somit immer un...
bequem zu sein. Nicht als Kritiker heute - bewahre! Heute nur höflicher, vor . .
nehm...liebenswürdiger Haushofmeister der fürstlichen Gnaden, die Wiener Musik
noch immer und trotz alledem bedeutet, und selbst ein wenig stolz auf den Glanz

262
eines Hauses von altem Adel, das, wie alles übrige, wohl nicht mehr ist, was es
war, vielleicht nicht einmal das, was es sein könnte, aber immer noch lebendig,
ehrfurchtgebietend, immer noch mehr, als die fremden Gäste in eigener Heimat
finden, immer noch das Beste, was sich aus dem Wien von einst in die Balkan . .
stadt, die jetzt den gleichen Namen führt, gerettet hat.
Hier, meine Herrschaften, zeige ich Ihnen die berühmten Philharmoniker, das
Orchester, der Wiener Staatsoper, eine Republik von Meisterspielern mit Felix
W eingartner ~ls absolutem Monarchen an ihrer Spitze. Sie veranstalten, getreu
ihrer alten Tradition, jährlich acht Symphoniekonzerte, die durch öffentliche General-
proben und Wiederholungen zu dreimal acht werden, und ein außerordentliches
Konzert zugunsten ihrer Bruderlade, das den ehrwürdigen Namen ihres Begründers
nNicolai" pietätvoll erhält. Diese Mittagskonzerte, die, wenig praktisch, U1l1 12 oder
1121 Uhr beginnen, sind, kaum angekündigt, von einem treuen, sehr konservativen
Stammpublikum ausverkauft, das auf seine klassischen Programme ungemein eifer-
süchtig wacht und den Bringer Mozartseher Freude, den Künder Schubertscher
Anmut, den Zünder Beethovenschen Feuers - dies alles ist ihnen Weingartner -
über allen anderen Göttern verehrt. Die technische Qualität dieses Orchesters, der
Trabantenleibgarde der Dame Musica, ist immer noch unerreicht.
Nahe, in edlem Wetteifer, sehen Sie das Symphonie-Orchester. Eins ist zwei und
zwei ist eins - wäre das Hexeneinmaleins dieser Körperschaft, die aus dem Ton...
künstlerorchester und dem Konzertvereinsorchester durch die Not der Zeit zu einer
Einheit geschweißt wurde, die durch Namen, durch den Dirigenten und Konzert-
meister Geburtsrechte wahrt und die Freiheit, je eher je lieber, der Amöbe gleich,
wieder zur Zweiheit sich zurück... und damit weiter zu entwickeln. Die Konzert . .
vereinskonzerte verwaltet in selbstgeschaffener Überlieferung der erste und bisher
einzige Leiter Ferdinand Loewe, zugleich als Akademiedirektor und Führer ihres
Zöglingsorchesters auf würdigen Orchesternachwuchs bedacht, mit der Ruhe des
Mannes, der seiner sicher ist und voll Befriedigung auf seine erfolgreichen Be . .
mühungen um die Förderung zeitgenössischer, besonders einheimischer Produktion
zurückblicken darf. Das jüngere Tonkünstlerorchester war bis vor wenigen Jahren
seinem Gründer Oskar Nedbal anvertraut, der sich nun wieder seiner tschechischen
Nationalität erinnert hat. Er war keineswegs Erzieher seiner Truppe, kein Feldherr
überlegenen Weitblicks, aber ein guter Condottiere, der von der Pike, will sagen
der Bratsche, auf gedient hat und durch Temperament und Musikalität über Mängel
des Wissens und Studiums effektvoll hinwegzutäuschen verstand. Anderer Art sein
Nachfolger Wilhe1m Furtwängler. Dieser wirklich ein Erzieher großen Formats, des
Orchesters und seines Publikums, wie kaum einer befähigt, beide aus Lethargie
und Gewohnheit über sich selber hinaufzureißen, genialer Suggesteur ersten Ranges,
jedoch kein Bluffer, immer voll Ernst und Wollen und Gründlichkeit. Einer, den,
wie Richard Strauß, den wir die Freude haben, auch im Konzertsaal wirken zu
sehen, die alte Größe dieser Stadt gelockt hat, und der es vergilt, indem er sie
erneuern hilft.
Sie haben von unseren großen Orchesterkonzerten gehört. Werfen Sie noch
einen Blick, meine Herrschaften, auf den braven Orchesterverein der Gesellschaft
der Musikfreunde, dessen begeisterte Dilettantenschar unter dem Opernkapellmeister
Lehnert die beste Wiener Musiktradition wahrt, die seit der klassischen Zeit ver . .
langt, daß der Amateur nicht bloß sorgloser Genießer, sondern auch tüchtiger

263
Handwerksmann sei, sein Instrument beherrsche, oft nicht viel schlechter als der
Meister des Faches. Und einen zweiten auf ein neugegründetes Frauen... Symphonie...
Orchester unter demselben Dirigenten, und Sie werden mir beistimmen, daß auf
den Schultern des zwei. .einzigen Symphonie. . Orchesters, das den Löwenanteil der
Symphonie, und Begleitungskonzerte zu bestreiten hat, eine Arbeitslast von einer
Größe wuchtet, daß die vorgeschriebene Quantität überhaupt nur auf Kosten der
Qualität geleistet werden kann.
Nunmehr obliegt es mir, Sie, meine Damen und Herren, mit den Chor ..
veranstaltungen bekannt zu machen. Hier darf ich mit einer Fülle prunken, die
mich selbst verwirrt. Der schöne Ehrgeiz des Wieners, Musik auszuüben, findet
hier Erhörung, ohne Mühe und Zeit auf das Studium eines Instrumentes ver-
wenden zu mÜSSen. Ein bißchen singen kann hier jeder, vor allem jede, und ein
wenig musikalisch ist man unbedingt. Diesen löblichen Eifer stört nichts als die
ungeselligste Zersplitterung in die immer neU aufschießenden Ableger der uröster...
reichischen Vereinsmeierei. Die Chöre sprießen aus dem Boden wie Pilze nach
warmem Regen, jeder strebsame Dirigent, jeder eifrige Obmann sind natürliche
Kristallisationspunkte für neue Unternehmungen und die Herren, die für Deutsch,
land, Freiheit und Rebensaft unentwegt schwärmen, bleiben gerne im Männer ..
verein unter sich. So muß ich mich hier mit der Aufzählung des Wesentlichen
begnügen, nicht ohne einen Seufzer darüber. zu unterdrücken, daß die großen, alten
Chorvereine aus diesen Ursachen an Mitgliedern Mangel leiden. Ich nenne Ihnen
den ehrwürdigen Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde, der in den letzten
zehn Jahren unter der Leitung Franz Schalks, des Operndirektors, aufs intensivste
um Bach, Händel und Brahms bemüht war und an Technik des Chorsingens in Wien
nicht seinesgleichen hat. Da Furtwängler sich ihm von nun an widmen wird, kann
eine neue Blüte nicht ausbleiben. Dann die annähernd gleichaltrige Singakademie, die
seit Jahren von Hand zu Hand wandert und in Programm und Führung nun
endlich der Ruhe bedürfte, die gestatten würde, ihre hohen künstlerischen Qualitäten
voll auszuwirken. In diesem Sinne scheint ein im vergangenen Jahre begonnener
und auch für das kommende bestimmter Zusammenschluß mit dem philharmonischen
Chor unter Bruno Walters Direktion unter den günstigsten Auspizien zu stehen.
Der philharmonische Chor, Schöpfung Franz Schrekers, mit der Absicht gegründet
und erfolgreich geführt, moderne Chorproduktion bekannt zu machen, bringt neben
Altem, als weißer Rabe unter unseren gemischten Chören heute noch Neues, so
schwer auch dies durch die Verhältnisse~geworden ist.
Ferner: die tüchtig aufstrebende Oratorienvereinigung, geleitet von Professor
Wagner, der glänzend disziplinierte kleine a,cappella-Chor des Professors Thomas
und die von mäßiger Liedertafelei zu ernster künstlerischer Betätigung fortschreitenden
Arbeitergesangvereine. Dazu die berühmten Männerchöre: der Männergesangverein
(Dirigenten: Keldorfer und Luze), der Schubertbund (bisheriger Dirigent Schmeidei),
etliche Frauenchöre, der Verein der Eisenbahnbeamten, der reisenden Kaufleute, der
akademische, der. " Wer zählt die Völker, nennt die Namen!
In der Kammermusik, meine Herrschaften, dürfen wir mit einem Namen auf..
warten, den die Welt gut kennt: das Quartett Rose. Unbestrittener Erbe Joachims,
Hüter heiliger klassischer Überlieferung, dabei,kühner Vorkämpfer für Neues und
Neuestes, ist dieses Quartett eines der wertvoIIsten Güter einer Stadt, die im Aus . .
land vielfach nur dafür bekannt ist, daß hier gute Musik gemacht wird. Gemacht:

264
das heißt komponiert und gespielt wird. Diesem Stern erster Größe gesellen sich
.zum prä.chtigen Sternbild die anderen, die wir ständig die unseren heißen dürfen:
das altbewährte, nach Fitzner fbenannte, die neueren Schöpfungen des philharmo ..
nischen Kreises, die Quartette Feist, Knall und das neueste von Buxbaum, der
aus dem Rose .. Quartett geschieden ist, mit dem Konzertmeister Mairecker gegründete
und schließlich das Quartett der jungen Männer, Primarius Gottesmann, die schöne
Gewähr, daß unsere Jungen zwitschern, wie die Alten sungen.
All dies, meine Damen und Herren, sind fixe Größen in unserer Konzertwelt,
mit denen dn nimmersattes Publikum rechnen kann. Nicht unerwähnt möchte ich
hier einige Spezialitäten lassen, wie die Konzerte der Hofkapelle unter Luze, die
von der Gesellschaft der Musikfreunde veranstalteten Orgelkonzerte, die Bläser-
vereinigung der Wiener Oper unter verständiger Leitung des Prof. Wunderer, die
populären Sonntag-Nachmittagskonzerte des Symphonieorchesters unter Martin
Spörr und Anton Konrath, um damit die Vielfältigkeit des Konzertbetriebes zu
betonen. Erinnere ich noch an die zahllosen Solisten aller Instrumente, die hier
zuhause, oder doch wie zuhause sind, an die Dirigenten, die ohne valutarische Ver..
führungen immer wieder regelmäßig kommen, an die Nikisch, Oskar Fried,
Zemlinsky, Georg Szell, um nur einige zu nennen, die ich aus letzter Zeit im
Gedächtnis habe, so glaube ich kaum etwas Wesentliches vergessen zu haben, was
zum Bilde des Wiener Konzertlebens gehört.
Und somit sehen Sie, meine Herrschaften, daß wir noch nicht einmal so ganz
tot sind, wie wir uns selber so oft gesagt haben. Wir leben, trotz unserer selbst.
Die Musik lebt in uns, trotz uns. Wäre es denn auch denkbar, daß der kultur-
gedüngte Boden dieser Stadt mit eins aufhören sollte, Früchte zu tragen? So garstig
die politischen Lieder sind, die ihn gern überrauschen möchten, das Echt..Eigene,
<las Bodenständig-Musikalische, der ewig junge Segen Ihrer fürstlichen Gnaden,
unserer Heben Frau Musica Viennensis, fährt fort, zu blühen und zu treiben. Ite,
missa est. Und ich will eine Übersetzung wagen, daß mein Lateinprofessor mich
darob verfluchen sollte, und sagen: Gehet hin, es gibt eine Messe. Und überzeugt
Euch: denn Messe und Musik, so gehört es nun einmal zusammen.
o 0

MUSIKALISCHE VOLKSBILDUNG IN WIEN


Von Paul A. Pisk
Stetig zunehmende Bevölkerungszahl und Verschärfung der sozialen und wirt-
.schaftlichen Gegensätze bringen es mit sich, daß der Teil des Wiener Publikums,
"Welcher sein Kunstbedürfnis an den musikalischen Veranstaltungen der alteingesessenen
Institute befriedigen kann, immer kleiner wird. In der Tat kommt deren Tätigkeit
für die große, kunstfremde und doch kunsthungrige Masse kaum in Betracht, da
der Besuch von Theatern und Konzerten für den überwiegenden Teil des Volkes schon
infolge der Geldfrage unmöglich ist. Auch die seit einer Reihe von Jahren üblichen
"populären" Sonntagskonzerte des Symphonie.. Orchesters können dieser Not nicht
abhelfen. Denn einerseits ist auch hier Zahl und Klasse der Zuhörer beschränkt,
anderseits ist der Bildungswert dieser Konzerte infolge der nach dem billigen
o,Publikumsgeschmack" zusammengestellten Programme gering.

265
Und doch sind in Wien gerade die großen Massen, auch wenn spezielle musi ...
kalisehe Vorbildung fehlt, in gewissem Sinne musikverständig, jedesfalls aber in
hohem Grade ,befähigt, wirkliche Kunst aufzunehmen. Also verdienen jene
Vereinigungen gebührenQe Erwähnung, welche die musikalische Volksbildung in
großzügiger Weise in die Hand genommen haben und unter den größten finan'
ziellen Opfern konsequent durchzuführen suchen.
Hier stehen die beiden Volkshochschulen, der "Wiener Volksbildungsverein"
und das" Volksheim" an der Spitze. Diese haben in ihren regelmäßigen Lehrplan
eine große Anzahl musikalischer Kurse (Allgemeine Musiklehre, Harmonie' und
Formenlehre, Analyse, Musikgeschichte und Spezialkurse über einzelne Komponisten)
aufgenommen, welche nicht nur in bezug auf Besuchsziffern und Lernbegierde,
sondern auch auf Studienresultate Rekorde aufweisen. Die Volkshochschulen sorgen
aber ebenso durch regelmäßige, an Sonn. . und Feiertagen, zuweilen sogar an Werk. .
tagen stattfindende Konzertaufführungen, die infolge der verschwindend niedrigen
Preise wirklich jedermann zugänglich sind, dafür, daß wenigstens Kammermusik
und Vokalwerke von wirklich künstlerischer Qualität allgemein verbreitet werden.
Diese Aufführungen halten sich stets auf ansehnlicher Höhe, zumal sich viele unserer
ersten Künstler gerne in den Dienst der Volksbildung stellen. Von hier aus allein wird
der Kampf gegen die schlechte Operettenmusik und gegen das Kino wirksam geführt.
Viel ist aber auch schon dafür getan worden, daß sich die Pforten der Staatsoper
und der großen Konzertsäle für das arbeitende Volk öffnen. Das Hauptverdienst
gebührt hier. dem unermüdlichen, trotz aller Widerwärtigkeiten beharrlichen Leiter
der "Kunststelle der Arbeiterschaft", Dr. D. J. Bach, der regelmäßige Arbeiter'
vorstellungen in allen Theatern einführte, die Arbeiter,Symphoniekonzerte ins
Leben rief und endlich den "Verein für volkstümliche Musikpflege" gründete, der
Instrumentalkurse aller Fächer, theoretische Kurse und Konzerte veranstaltet, und
sogar ein eigenes Orchester, das Wiener Volksorchester, sein eigen nennt. Von dieser
Stelle aus wird auch nach Möglichheit Einfluß auf das Wirken der zahlreichen
Arbeitergesangvereine genommen, um sie von der gewöhnlichen Liedertafelei zu
ernster Arbeit im Interesse wahrer Kunst zu führen. In seinen Zielen deckt sich
der "Verein für volkstümliche Musikpflege" teilweise mit dem von Arnold Schönberg
gegründeten "Verein für musikalische Privatauff'ührungen". Dieser wirkt zwar nur
für ein musikalisch sehr gebildetes Publikum durch Aufführungen moderner Musik,
aber ebenfalls erzieherisch in höchsten Maße. Beiden Vereinigungen gemeinsam
ist der Kampf gegen das Kunstunternehmertum und die Kritik in ihrer heutigen
Form, sowie das Bestreben, die Zuhörer statt zum Bekritteln eines Kunstwerkes
zum Verstehen zu erziehen.
Hand in Hand mit der Kunststelle geht die "Zentralstelle für das Bildungswesen"
(geleitet von ihrem tief in die Volkspsyche eindringenden Führer Dr.JosefLuitpold
Stern), die in Wien und zahlreichen Provinzstädten bereits mannigfache musikalische
Vorträge und Konzerte veranstaltete. Unter anderem lassen sich die Beethoven...
Feiern der Zentralstelle anläßlich des Gedenktages im November 1920 in Qualität
und Festkultur getrost denen unserer ersten offiziellen Musikstätten an die Seite stellen.
An ähnlichen Einrichtungen gibt es noch die Abteilung für freiwillige Bildungs-
pflege des Bundesministeriums für Heerwesen und eine christliche Kunststelle, die
erfolgreich arbeiten, obwohl die allgemeine Lage unseres Heimatlandes nichts.
wenIger als günstig ist.

266
Unermüdlich werden die großen gelsllgen und künstlerischen Kulturwerte ins
Volk getragen und dieses bereit gemacht, sie verständnisvoll zu empfangen, damit
aus ihm die Erneuerung des gesamten Kunstlebens erfolgen kann. Vielleicht trägt
die ernste musikalische Volksbildung auch dazu bei, daß der Boden für die
wahren Künstler der Zukunft besser bereitet sein wird, als heute.
o 0

WIENER VOLKSMUSIK
Von Eduard Kremser+
Daß in Wien zu allen Zeiten gerne und viel gesungen und musiziert wurde, ist
eine unbestrittene Tatsache. Die ältesten, sowie die neueren Schriftsteller betonen,
wenn sie vom Wiener Volke reden, dessen ausgesprochene Liebe und Begabung zur
Musik. Aber außer dem bekannten Liede, welches dem Dudelsackpfeifer MaI
Augustin (gestorben 1705) zugeschrieben wird und einem bei Erk verzeichneten Liedehen
ist aus früheren Jahrhunderten nichts vorhanden, was mit Sicherheit als Wiener
Lied bezeichnet werden könnte. Selbst aus dem XVII. und XVIII. Jahrhundert
sind uns nur die Namen von vielen Volkssängern und Musikern bekannt, von
denen uns aber 'keine Note, keine Zeile übermittelt wurde.
Das Hauptinstrument, dessen sich diese Sänger zur Begleitung ihrer Lieder
bedienten, war die Harfe, wenn auch dann und wann die Zither oder die Gitarre
in Verwendung kam. Daher wurden sie auch, sie mögen welches Instrument immer
gehabt haben, Harfenisten genannt und dieser Name blieb der ganzen Gilde bis in
die Mitte des XIX. Jahrhunderts. Sie dichteten sich ihre Texte und sangen sie nach
selbsterfundener oder längstbekannter Melodie. Gefiel ein solches Lied, dann flog
es von einem Ende der Stadt zum anderen, überall wurde es gesungen - und
dann wieder vergessen. So blieb es bis in die letzten Dezennien des XVIII. Jahr-
hunderts. Erst um diese Zeit fing man an, Wiener Lieder durch den Druck zu
verbreiten. Aber der Beigabe ven Noten ging man aus dem Wege, wahrscheinlich
weil der Typendruck zuviel Schwierigkeiten bot. Es heißt auf jedem dieser, heute
schon sehr selten gewordenen Exemplare immer: "N ach bekannter Melodie .z:u singen".
Im ersten Viertel des XIX. Jahrhunderts fanden die beliebtesten Lieder aus
Wiener Bühnenstücken ihren Platz in den Publikationen von Volksliedern. Im
zweiten Viertel des XIX. Jahrhunderts fing man auch an, die beliebtesten Tanz-
kompositionen von Lanner und Strauß . . Vater zu textieren und sie dem Repertoire
der Volkssänger anzugliedern.
Im allgemeinen sah es aber gerade in diesem Zeitabschnitt mit der Volkssängerei
recht traurig aus. Die Produktionen vergröberten sich mehr und mehr, die Texte
wurden immer unzweideutiger und die Szenen, welche die Volkssänger zur Belebung
des Repertoires einzuschalten pflegten, überschritten oft die Grenze des Erlaubten.
Aber es sollte ein Mann erstehen, der das ganze Harfenistenwesen umgestaltete
und ihm wieder geößere Bedeutung in den Augen des gebildeten Publikums zu
geben vermochte. Es war das J. B. Moser recte Müller, der im Jahre 1799 geboren,
anfangs der Dreißigerjahre in die Öffentlichkeit trat. Er ist der Schöpfer des
+ Mit Erlaubnis des Verlages Gerlach & WiedIing, Wien, der Sammlung" Wiener Lieder
und Tänze" von Kremser entnommen.

267
Wiener Couplets, jenes StrophenHedes, das den stets wiederkehrenden Refrain
immer wieder in neuem Lichte erscheinen läßt. Maser hatte in seinem Ensemble
vorzügliche Kräfte, Gatter, einen vorzüglichen Charakterkomiker, Hagen, einen
ausgezeichneten Liedersäng~r, der später an die Hofoper kam, und auch Matrasj>
den nachmals unvergeßlichen Schauspieler. Mosers Popularität schien unerschütterlich
zu sein, da trat 1854 Johann Fürst vor das Publikum, ein Findelkind aus dem
allgemeinen Krankenhause, geboren 1824. Vom ersten Augenblick an gewann er
sich die Gunst der Zuhörer. Er war ungleich derber als Moser, aber gerade dies,
erwarb ihm rasch einen großen Kreis von Freunden seiner Vortragsweise. Die
Wirkung beruhte bei ihm auf seinem persönlichen Vortrag. Es ist natürlich, daß,
das Wiener Lied dadurch ungünstig beeinflußt wurde und ganz in den Bann
gewisser Lieblinge des Publikums geriet.
Da fand sich eine wahrhaft poetische Natur, die dem Wiener Lied die alte
Gemütsweise zurückgab, recht aus der Wiener Volksseele heraus schuf und die
richtigen Wege zur Gesundung wies. Wilhe1m Wiesberg, geb. 1850, versuchte sich
zuerst mit Theaterstücken, dann mit Volksliedern und vereinigte sich später mit
Wenzel Seidel zu der bekannten Firma Seidel und Wiesberg. Es kann nicht
geleugnet werden, daß dem Komponisten J ohann Sioly ein großer Teil des Erfolges
der Wiesbergischen Texte zugeschrieben werden muß. Hochbegabt und erfindungs-
reich, musikalisch ausgezeichnet gebildet, traf der den Wiener Volkston, wie nicht
bald ein zweiter. Um diese Zeit erwarben sich auch die Brüder Johann und Josef
Schrammel als Komponisten große Verdienste und mit ihnen, als einer der
nzendsten Interpreten des Wiener Liedes, der Sänger Edmund Guschelbauer.
Ebenso exzellierte KarI Lorens als Komponist und Textdichter, namentlich in
lustigen Marschliedern. Als Komponisten, welche sich neben den genannten in den
letzten Dezennien des XIX. Jahrhunderts hervortaten, verdienen noch genannt
zu werden: Kar! Kratzl, T. F. Schild, und der jungverstorbene Alexander Krakauer,
in neuerer Zeit Ludwig Gruber. TreflIiche Textdichter waren Karl Schmitter, Josef
Hornig und Edmund Skurawy.
Es erübrigt mir noch ein Wort über die volkstümliche Instrumentalmusik in
Wien. Das Wiener Lied wird gewöhnlich von Geige, Klarinette, Harmonika und
Gitarre gemeinsam begleitet. Diese Quartette wirken aber auch selbständig, und
beleben die Stätten fröhlichen Beisammenseins.
In neuester Zeit hat es den Anschein, als wollte sich die Wiener Volksmusik,
insbesondere das Lied, von dem Boden, dem es entstammt ist, in de,n Salon flüchten.
Es mag auch sein, daß der Zuzug fremder Elemente, der das Wiener Volk in der
letzten Zeit durchsetzt hat, eine Bevölkerung geschaffen hat, die insbesondere dem
Wiener Lied fremd gegenüber steht. Eine größere Gefahr scheint mir noch darin
zu liegen, daß unseren Volkssängern das Feld ihrer Betätigung immer mehr ein..
geengt wird. Nur wenige größere Gesellschaften sind im Stande, sich zu halten,
allein auch deren beste Talente sind oft gezwungen. sich in die Varitees zu flüchten.
Aber solche tote Punkte in der Entwicklung hat es schon öfter gegeben und immer
wieder hat sich das Wiener Lied aufgerafft und hat weitergelebt und die richtigen
Wege nach aufwärts gefunden, zur Freude aller echten Wiener und zum Ruhme
unserer herrlichen Stadt.
Veuntwortllther Schriftldter; Dr. P. A.. Plak, WIen.. L Karlsplatl: 6. - Heraallgegebea VOD der Unlverla!"
Editio:n A. G. - Druck yo-n OUo Maaß' Söhne Ges. m. b. H •• Wien I. Wal1:B.schgaaac 10.

268
.<••.
...
-:::E ZUR FÖRDERUNG SYMPHONISCHER MUSIK (WIEN)
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Arrangement Konzertdirektion GUTMANN [HUGO KNEPLERI

3
SYMPHONIE . . KONZERTE
im großen Konzerthaussal
Das Wlener Symphonieorchester unter Leitung von Dr. HANS PLESS
1. Konzert: 6. Oktober 1921. Mitwirkend: Eduard Steuermann
SCHUBERT . . • . . . . . . . . . . . • . . . . . . Symphonie H moll
BRAHMS . . . . .• Klavierkonzert in B dur (Solist Ed. Steuermann)
SCRIABINE . . . Extase (Le poeme de l~extase), Erstaufführung in Wien
2. Konzert: 3. November 1921. - Mitwirkend: Edith v. Voigtländer
WEBER. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ouvertüre zu ".Oberon40
BRAHMS . . . . . . . . . . Violinkonzert (Solistin E. v. Voigtländer)
BEETHOVEN • . . • . . . . . . . . . . . . III. Symphonie (nEro!,a")
3. Konzert: 21. Dezember 1921. - Mitwirkend: Der Urania Frauenchor
DEBUSSY • "Nocturnes" (Urania.-Frauenchor), Erstaufführung in Wien
MAHLER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Symphonie
1fll1lllllllllllllllllillillllllllllllllll111l1l111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111I11IIIIillll!IIIlIIl1IUI!lllllllllllllllllllllltlllllllllllllllll!J1IllJllltlllllllllllllllllll1
Vormerkungen und Karten für alle Konzerte bei der Konzertkassa Gutmann

]. &. W. CHESTER, LTD., LONDON


111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

Sämtliche Klavierwerke
vo,
11 Pianoforte
Zeitschrift für Musikpflege
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.Hrnold Schönberg
.""'11111111111 LIIIIIIIIllIIIIIIIIllIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII i 1111111111111111111111111 U111111111111111111111111111111111111111111111 1111111111 11111111111111111111111111111

ehor. und Orchesterwerke Kammermusik


6urre.llieder Sfreldtsexte!t Verklclrte fiadt!
!.:. I!.. nr. Illr Soll, ehor und Orchester u. E. ß.. op. Ij.
6300 Partitur, Doppel!ollo.rorm,1 . fOr zwei Violinen, zwei 'Diolen und zwei Violoncelli
Dasselbe Pradtfausgabe \)om
Komponisten signiert. . . . 3662 Partitur (kleines rormat) . . . 0 •

3697 rakslmileparlltur, Großquart . 3.63 SUmmen. . . . . . . . . . . .


3696 Klaolerauszug mit Text (Berg)
3696 Dasselbe, Bütlenausgabe . • Streldtquartett fir. 1, Dmoll op. 7
369S führer (Berg) . . . . • • • {ör zwei tllollnen_ 'DioIo und tllolonc:eIIo
S!7S Kleiner rOhrer (Berg). . . .
enzelausgaben IO:r eine Singstimme und Klauler
5~10 ,,5'0 fanzen die Engeb . . . . .
3665 Partitur (kleines format)
3666 Stimmen. 0 0 0 0 • •
0



0



II
, 5331 .nun sag' ich dir zum erstenmab .
533! . . Du \Ctmderlldre Tooe" . . . . •
5333 .Tauben von 6urreJ' • . • • • .
Streldtquartett fir. 2, Fis moll
op. 10
filr zwei 'Dlollneq, 'Diola und UioIonc:eUo
i
I
i
Verklarte fiadtt op. Ij. III. und IV. Satz mit "3esong nach Gedichten von
Bearbeitung für Streichorchester Stehm George
6065 Partitur (nUT gegen Reuers) . • • 2993 Pormur (Oklaa). . . . • . . . .
299~ Slimmen. . . . • • . . . . . .
Pelleas und ffielisande op. 5
s' _: ;mlsd!.e Dldttung für grOBes Ordtesler Kammersinfonie e: dur op. 9
: 371 Partitur (nur gegen Revers) 0 0 0
iOr 15 Solo-Instrumente
Kammersln!onle e: dur op. 9 3661 Parflfur (nur gegen Revers) . . .
Bearbeitung für Orchesler 6140 Thematische Bnalyse (Berg) . .
• • (nur gegen Reoers)
... '·':.lI 0
Pierrot lunaire op. 21
Die :7akobslelter Dreimal sieben ßedlchte nach H!berf ßiroud
Ein Orahnium 533~ Parlilur (Wr Hui1ührung) .
"0: .. ..--il. 0 • 0 0 0 0 • 0
Dasselbe aur Büttenpapier
. .... e. Biltfenausgabe 0 0
5336 Studlenpartuur . . 0 • •

533.' textbudt . . . . . . . .
Bühnenwerke
e:rwartung Klauler ZU zwei Händen
·--:.,nodram 2991 Drei Klavlersfßcke opo 11. . . . 0

'""" .. ""* _.. ''l' (nur gegen Reuers)


2992 KlaulerstOck op. 11_ nro 2, Klmzert.
mdljige "Snferpr. uon rerr. Busonl .
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5069 Sems kleine Klaviersfücke op. 19


!"" ~,~ 1tlldte Hand


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... .. ro-IIII musik
. gegen Revers)
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3370 Harmonielehre (I1I. Huflage In 'Dorbereltung)

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IIIimnlllllllli1ll11l1lllllll1lllllllllJlllllllllllIlllIll11111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111

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5762 Themalisme Analyse. . • . . •
5763 Kurze thematische Analyse • • •
5884 Vorspiel, Klavier zweihändig • •
Der ferne Klang 5389 Daneibe. Klavier vierhändig . •
5364 Dasselbe. Studienparfifur . . . •
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5365 Dasselbe. Ormesterparlilur . . .
3096 Klavierauszug mll Texl. • . . .
3100 Regiebum mit szenismen
Bemerkungen • . • . . • • • . Der Schatzgräber
31000 TexlbucR • • • . . . . . • • . Oper in vier Aufzügen, einem
5367 Ballade für eine Singstimme und Vor· und Nachspiel
Klavier . . . • • . . . . • • . 6136 Klavierauszug mit Texf • • • • •
5369 Sdllu~duett für zwei Singslimmen 6137 Texlbudl . . . • . • • • • • •
und Klavier. • . . . • . . . . 6133 Wiegenlied der Eis, für eine Sing·
stimme und Klavier • • . . • .
Das Spielwerk 65J5
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Dasselbe Ormesferparlifur . . •
Themalisdle Analyse (R. Spedll) •
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'."-)6 Kklvierauszug mit Text . . • . • . . .
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DER ABENTEURER
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f;n deutsches Singspiel in einem Aufzug. Dichtung vom Komponisten
.. ... • .zug mit Texl • . . . . . . . • . . . . . . .
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DER LIEBE AUGUSTIN
S - GUS dem Leben eines wienerischen Talenls in vier Aufzügen
....... • -"~"'-'9 mit Text •....
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.... ~gl!be . . . . . . • .
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.. -., U des Auguslin •.
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von Bruno Warden und
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FDR EINE SINGSTIMME UND KLAVIER
I. folge U.·E.·Nr. Nr.
(28 lieder) 5183 5 An einen Herbslwald (hQ(h
U.-E.-Nr. Nr. deutsch. engi.) •.
5150') I Barkarole (hoch) . '" 5184 6 Der Rauch (mittel. deutsch.
5151 2 Christbaum (horn, deufsdt. eng!.) . . . . . . . . •
eng!.) . • . • . • . • . 5185 7 Regen (mittel, deutsch, eng!.)
5152 3 Dein Blick (hoch). • . . . . 5186 8 DerTon (miflel. deutsch. engl.l
5153 4 Dem Genius des Augenblid\s 5187 9 Kolumbine(hoch.deutsch.eng!.
(millel. deulsch. eng!.) . • 5188 10 Im Frühling (hoch). • . • .
5154 5 Der Denker (millel) • . . . 5t89 11 Leuchtende Tage (miltel)
5155 6 Die Elfe (hoch. deutsch. eng!.) 5190 12 Tuch der Tränen (hoch) .
5156 7 Die Violine (milleI) . . 5191 13 Peregrina V. (hoch) . •
5157 8
Ein junger Dichter denkt an 5192 14 Schönheit (hoch) . . . . . •
die Geliebte (millel) • . . 5193 15 Wanderers Nachtlied (millel) .
5158 9 Frage und Antwort (hmh). . 5194 16 Der Gast (milfel) • . . . •
5159 10 Gebet (millel) 5195 17 Ein Fichtenbaum steht einsam
5160 11 Hai dim die Liebe berührt (mille!) . . • . .
(hoch. deutsch. eng!.). . . 5196 18 Toskanischer Frühling (mittel)
5161 12 Homsommernacht (horn) . 5197 19 Im Maien (hoch) . . . • . •
5162a/c·) 13 Japanisches Regenlied (hoch. 5198 20 Herbstzeitlose (mittel) •
millel, tief. deutsch. eng!.) 5199') 2t Jugend und Alter (millei) .•
5163 14 lied (hoch) . . . . . • . . 5200 22 Lenzfahrl (hoch) . . . . . •
5164 15 Lob des Frühlings (hoch) .• 5201 23 Gesang des Lebens (milfel) •
5165 16 Maienbluten (hodl) . • • . • 5202 24 Ein Drangen isl in meinem
5166') 17 Marienlied (hoch) . . . . • Herzen (hoch). •
5168 18 Neugriemisdles Mädchenlied 5203 25 Traumgekrönt (hoch)
(hoch) • . . . • • • . 5204 26 Nachtgebet (hoch)
5169 19 0 sü~er Tod (millei) • . . 111. Folge
5170 20 Pierrot Dandy (hoch). . .
21 Seplembermorgen (mittel) • (17liedl!r)
5171
5172 22 Sommerlied (hoch) • • . • 5205 I Nocturne (hoch) •
5173 23 Sonnen land (mittel). • • • • 5206 2 Waldseligkeit (hoch) •
5174') 24 Und gestern hat er mir Rosen 5207 3 Saneta Maria (hoch) •
gebracht (hoch) • • • . 5208 4 Sd-rlafend trägt man mich
5175 25 Valse de ChopinJmiftel) . (millcl) . . • . . •
5176 26 Warnung (hoch) • • 5209 5 Vergessen (milfel) •.
5177 27 Wie einst (mille!) • 5210 6 Wanderliedchen (hoch)
5178 28 Windräder (millel) 5211 7 Piemontesismes Volkslied
(hoch) . ....
5212') 8 Zigeuner (hoch) • • . •
11. folge 5591 9 Selige Nacht (hoch)
(26 liedl!r) 10 Isolde (millei) • • . . .
5592
5179 1 Bitte (mille!. deutsch, eng!.) • 5593 11 Herbst (miftel). . . . •
5180·) 2 Erinnerung (mille!. deutsch, 5594 12 Con sordino (horn). .
eng!.) . '" 5595 13 Ein goldenes Kettlein (hoch) •
5181 3 Der bescheidene Schäfer (hoch. 5596 14 Der Gefangene (hoch) . . .
deutsch. eng!.). . • . • . 5597 15 Serenata (hoch) . . . . . .
5182 4 lied eines Mädchens (hoch, 5598 16 Schlie~e mir die Augen (hoch)
deutsd-r, eng!.) . . • . • 5599 17 Der Kuckuck ru# (hoch). . •
.) Audl fUr Sings1imme mit Ordleslerbl!gleilung .) Aw:h für Singllimme mit Orcheslerbl!glelfung

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3352,'3 Streichquintett Emoll. ,Partitur, Stimmen 6390191 Aus meinen Leben. , Zw31f Klavierstücke
5467:68 Klavierstiicke . . . • . . . . . . . op. 16, .u 6210 rünf Lieder. . . . .. . . • . . . . op. 15
5469 Cbarakterstiicke 2 ms . . op. 49 6211 Streichquartett 0 dar, , op. 19, Partitur
6212 Hiezu Stimmen

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H ANS G A L JOHANNA
Der Arzt der Sobeide. Kom. Oper In 3 Aufzfigen
201 ~~~f:w~g.e~ ~r~~d: •. ~r~~e~c.h~r: ~O.lI~ ~~~~Ii MÜLLER"HERMANN
202 Vom Blumchen, das andere BlUter hat ge- 6322 ßymphonie, Chor u. großes Orchester.t op. 27
wollt. Frauenchor, Soli'r0rChester . . . ap. 2 101"2 Weihe der Nacht, Im Garten des ::terails
249 Tonwelsen nacb Rab. agore. Frauenchor, (Frauenchöre)
Orchester. . . . . . . . . . . . . .. . ap. 5 103 Deutscher Schwur. . . . . . Männerchor
5980 Serbische Welsen, I{1avler 4bindlg . . . op. 3 104,7 Vier OrchesterIieder
6509 Zwei Skizzen, Klavier 2 händig . . . . . op. 7 37lO/U Streichquartett op. 6 .. Partitur, Stimmen
5545j47Vier Lieder op. 14 - Acht Lieder ap. 18

E. W. KORNGOLD
* *
-2663 Der Schneemann . . . . Klavier-Auszug ete.
2765 Sonate . . . . . . . . . . . • . . . . . D moll
GUIDO PETERS
2766 Klaviertrio ap.1 . . . .. . Stimmen 5894,195 I. Streichquartett A dur. . Part., Stimmen
'lJfü Dasselbe. . . . . . . . . . . . . 4händig 5896,'97 Notturno Ddur, Oktett .. Part.,Stimrnen
5892/93 11. Streichquartett C moll . Part., Stimmen
Fünf Gesänge
* 2642
234-300 Symphonien . NI'. 1-3
LISE MARIA MAYER
2U1,1t2 Drei Orchesterlleder . , op. 2ß *
5493
5490
Meisters Oruß . . . . . . .
Vier Lieder. . . . . . ' ..
.op. 5
.' .op. 6
RICHARD STÖHR
5491 Drei chinesische Gesänge. ,op. 9 ,,118e", Phantastische Oper In 3 Aufziigen
5492 Flinf Lieder .op.l1 3054 Fünf Klavierstiicke . .op.23
5001 Fünf Lieder .op.28
* 6024,128 Fünf Lieder . op.48 I'
FRAN Z MITTLER *
5351 Sechs kleine Walzer, Klavier 2hlindig . ap."
3494
3«7
Phantasiestück für Klavier . . . . . • . op. 5
Vier Lieder . . . . . . . . . ' . . . . . ap. 6
GEORG SZELL
3288 Marfenlfedchen .. '. • . . . .. op.7, Nr.l 5660 Varlatlonenüberelnefg.Tbema f.gt.Orch.op.4
6590 Maria Verkindfgung . . . . . . . op.7, NI'. 2 6993 Eine Konzertouvertüre op.5. Partitur
6591 Lieder der Jahreszeiten. . . op. B 3694 Klavierquintett Edltt". . . op. 2 I'
0082 Fünf Lieder. . . . . . . • . . . 6993 Drei kleine Klsyierstücke op.6

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6509 Symph. Varialionen für Klavier. . op. 9 6115 24 ukrainisme Volkslieder
63205 Gedimlea.d.)apanismenFrühling op. 3 6825 Variationen und Fuge Cdur. Klav. 2 hdg.
6803 5 liebeslieder . . . . , . ' . . op. 10 6627 8 Konzerlsfudien (nach (ramer) Klavier
6804 3 Stimmungsbilder . . . • • . . ap. 11 2 händig

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Rieh. Dehmel 7. März (Schaukel) . . . . . . . . . . · MI<. 1'20
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OP, 17: Einen Sommer Die Ratte (Sao~Han). . . . . . ..... . • Mk. 1'-
lang Der Mond ist eine feurige Ros' (Dauthendey) · Mk. -'90
OP. 18: Sechs Lieder Liebesprobe (Hebbe1) . . . • .• ..... · Mk. -'90
OP. 19: NeunGedichteaus:
HJost Seyfried" HANS HERRMANN
OP. 21: Kinderlieder von DREI LIEDER:
Rieb. Dehme! 1. Die stille Stadt (Dehme1) ' . . . . . · JIIk, 1'50
OP. 22: Sieben Lieder 2. Der alte Herr (Münchhausen) . . . . · Mk. l'SO
OP. 23: VierMädchenlieder 3. Landknechtsständchen . . ..... · MI<. 2'-
nach P. Heyse . ZWEI BALLADEN:
OP. 24: Neue Kinderlieder 1. Graf Ebetstein (Uhland) . . . . . . . · Mk. 2'50
Sonderverzeichnis kostenlos 2. Swend Gabe1bart (Fotztanz) . . . . .
Wiegenlied "Suse bruse" (Löwenstein) .
• JIIk. 2'50
· Mk. 1'50
I
FERNER "LIEDER
UND GESÄNGE"
JENÖ KERNTLER
Die alte Brücke (0. F. Meyer) . .
I
von
In deinen Garten (M. Löwenkreuz)
Ins Sonnenland (Wilhe1m) . . • •
Gebet (Fr. Evers) . . . . . . . . .
} Mk.3·-
I
P. BECKER, !-EO BLECH, 4
F.DELIUS,A.GOTZL,F.HQ'M..
MEL, K. v. KASKEL, J. KOR-
BER,E.KÜNN!:'CKE,L.ROCH_
Jugend (Fr. Evers) . . . . . . . .
VolksreIm (Fr. Evers) . . . . . .
Lumpenlied (Fr. Evers) . . . . . .
} Mk.3·-

I
L1TZER, H. ROHR, J. SIMON, G. SELDEN,GOTH
J. STRANZKY, K. STRIEGLE,
H. TOMICICH, W. WEND- Meine früh verliehenen Lieder (R. M. Rilke)
LAND, W. WOLFF Gebet zu Maria (R. M. Ritke) . • . . . . .
Das war der Tag (R. M. Ritke) Komplett
Verzeichnis bitte zu verlangen! Nächte (R. M. Rilke) . . . . . lIIk. 4'-
Rosen (R. M. Rilke) . . . . . .
200 ProzentTeuerungszuschlag Die Braut (R. M. Rilke) . . . .

Verlagsgesellschaft "HARMONIEH in Berlin- Ha1en.ee


3. Jahrgang, Nummer 15-16 1. u. 2. Oktober-Hert 1921

INHAL7
Richard Specht.. .. .. .. .... Notizen zum Brllckner-Tag
Franz Moissl ........ Die neuallfgei'undene Ouvertüre
in G moll von Anton Brllckner
Hago Kallder •. " Schellings Philosophie der Musik II
EgoD. Lustgarten ............ oe • • • • • • oe . . . . . . . . Nachklänge
Antun Dobronic ............ .. Die Musik der Südslawen
.R. St. Hoff"mann o' . . . . . . . . . . . . . . . . . . o • • • • • o' . . . . Karl Weigl
GrLido .lIIf: Gatti .... Italienische Musiker IV (Respighi)
JalifUJII Wolt'sohn .• Dirigenten XII (Otto Klemperer)

Glossen, Neue Kammermusik in Donaueschingen von


Faul SteJ'&D.; Die Wiener Kon2ertmesse von R. St.
Hoil'man.o ; Neue Volksliedbearbeitungen für Klavier
von Egon Lustgarten; Das Programm der Wiener
Orchester-VereinifTUDgen I Anregung I Besprechungen I
Notizen I Zu UJl4ere.l' Notenbeilage I Neue Noten I Neue
Btlcher
Notenbeilage: Er~ KI-enek, Lied "Lm Spiegel"
1mn.aa1lD1_IIIIßUlmUUIIIHmIlIIlllllIlBDlIIIIDUHIlIUHU~lBIl11l11nH811I1U"IUU.uuDIIIUI

i Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sprechen fordernd


und fördernd in allen Fragen der Musik
~
~
I
~
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH verfolgen das je--
wellige Gesamtbild, sowohl hinsichtlich der musikaliBc;hen
~
§
iE Produktion, wie der intewationalen Muaikpßege §
I
Ei
Die MUSIKBLATTER DES ANBRUCH arbeiten für den ge,
wichtigen Nachdruck der künstlerisch reinen Absicht des
~
~
§ Komponisten, für die Entkleidung des Muaikbetriebes ~
E seines rein geschäftlichen Charakters, für eine Veredlung 55
~ de! Musikpflege überhaupt iiI
~ Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH bekennen sich, bloß §
!§ Podium für alle ernsten Bestrebungen in der Musik, ~
!i§

nicht zu Schlag,"orten irgend welcher musikaliBc;hen Zu'
~eh~rigkeit, wie S~ule, Richtl1!1g! Clique als prinzipiellen
==
liä!
i!!ä GeSIchtspunkten, VIelmehr ledIglich zu Werten aufbauen' EE!
~ der Qualität
m
E
=
Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH wollen befruchtend
auf alle Musikinteressierten wirken, leien lie Sc:haJJendc,
Ausübende, Genießende
I
i5

~ Die MUSIKBLÄ'tTER DES ANBRUCH lind die energische


Ei Einstellung gegen die heutige Konvention im Muaikbetrieb, Il§
:rr die Forderung nach dem Edlen und Bleibenden in der Kunst !!9
~ Die MUSIKBLÄTTER DES ANBRUCH sehen es als ihre über
der Politik stehende wichtigste Aufgabe an, die durch den
!=
~ Krieg zerrütteten Beziehungen der ~opäi.chen Völker auf El
==
~
~
dem Umweg der Musik zu jener kulturellen Gemeinschaft
wieder aufzubauen, die seit je das einzig unverbrüchliche
Band innerer Zugehörigkeit gewesen ist
ii
"""

e:
==
;;;;;; SchriftleUung: Admlnl.tratlon:
==
15
=
=== Dr. Otto Schneider Universal, Edition A. G. I~
= Wien, I. Karlsplatz Nr. 6

-~
E!!!
Di,e n~usikblä~er des Anlichbruch " erscheincn ZWOCirnalSim Mobnat), i=_
~ mIt emer zweimonat en S ommerpause uli- epttm er • ~
~ Der Abonnementspreisbeträgt: Ganzjährig (mindestens 20 Hefte) ....
1äI_
E für Deutschösterreich K 250·- (für die Sukzessionsstaaten
~=

I==
~
und Deutschland Mk,4S'-, für das übrige Ausland Fra,IS'-),
halbjährig (mindestens 10 Hefte) K 140'- (Mk. 25'-, Fra. 9·-).
Einzelhefipreis K IS'- (Mk, 3'-, Fra. 1'-)
=
iil!i
~
= Abonnements,Einzahlungen im Deutschen Reiche erfolgen =

I
an Friedrich Hofmeister, Leipzig, KarlsstraBe 10
für nMusikblätter des Anbruch" I
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1IIIIIIlIllIIlIIIIIIIIlIIUIlIIIlIUUUIIIIIUIIIlIllllllßlllllll_WWIUHIIIIUßUIlIIIW_afi5i
a, Jahrgang Nummer 15-16 1. u. 2. Oktober-HeN 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
, U! hltäM •• WPAAi 'iM

C1//g emeil1er Yei/


.~_~.~_v_~_~~.

NOTIZEN ZUlVI BRUCKNER-TAG


Von Richard Specht, Wien
Anton Bruckner, der Organist des lieben Gottes, der Stephanskantor der Himmels,
herrlichkeit. Aber eines Himmels, durch den die Donau fließt, in dem die Bäume
der Wachau blühen, Chorherren des Klosterneuburger Stiftes mit Engelsflügeln an
den Schultern dem Pater extaticus der Musik mit goldglänzenden Weinpokalen
entgegenschreiten, bis dann alle Erscheinung verlischt und nur mehr ein ungeheures
Licht da ist und ein mächtiges, geheimnisvolles Brausen, Vision der Gottesahnung
und gleichzeitig ihr Lobgesang.
c
Er hatte die Größe der Einfalt und die Einfalt der Größe. Er war der Unschuld,
vollste, kindhaft Hingegebenste von allen. Keiner ist so erfahrungslos geblieben;
keiner so unberührt durch die Häßlichkeiten der Außenwelt, unter denen er litt, aber
die keine Spuren in seinem rührend vertrauensvollen Gemüt hinterlassen haben.
Beethovens Größe ist geistiger willensvoll ; die seine ist ganz triebhaft, trunken von
innerem Erschauen, seine Musik ist Psalm, nicht Manifest und Auseinandersetzung,
nicht metaphysisch, sondern metapsychisch, das Hohelied eines vor dem Höchsten
in die Knie geschleuderten, inbrünstig Adorierenden, den das Gefühl des Verehrens
groß und demütig zugleich macht, ohne ihn je zu demütigen. Die Wirklichkeit
rings um ihn, sein äußeres Erleben wird immer unwichtiger, ist immer weniger
in seinem Werk zu spüren; die Kirche seines Innern immer leuchtender, durch ihre
purpurnen Fenster strömt immer tiefere Glut. Und er ist so fest ruhend in seiner
glaubensstarken Gewißheit, daß er es schließlich (im Scherzo der Neunten) wagen
darf, allerlei entzückendes, heidnisches Göttergesindel einzulassen, ohne die Weihe
des Dorns zu gefährden, weil er weiß, daß der frohe Spuk entweder zerstieben muß
oder schließlich in seinen Himmel eingelassen und vorn lieben Heiland mit gütigem
Lächeln zu den seligen Scharen aufgenommen wird.
o

269
Er ist oft wie ein Landmann, der über ein unabsehbares Feld schreitet und im
machtvollen Glühen der roten Morgensonne mit gewaltig großer und ernster Gebärde
seine Saatkörner in weitem Schwung in die braunen, duftenden Ackerschollen wirft,
wämend ein Angelus läutet und die vorstürmende Waldgöttin den Atem anhält,
um den hoheitsvoll frommen und hoffnungsgesegneten Säemann nicht zu schrecken.
(Vor allem in den Scherzi. Auch wenn "der deutsche Michel ins Land träumt",
ist diese wunderbar starke Stimmung eines Millet der Töne da.)
Daß dieses Elementarwesen der Heimaterde, wenn's not tut, die Ärmel auf..
strupfen und dreinschlagen kann und auch bei vollen Maßkrügen tapfer zechend
standzuhalten vermag, braucht nicht verschwiegen zu werden, denn auch das sagt
die Musik manches Scherzosatzes aus. Wunderlich genug, daß er nur in diesen
Teilen seiner Symphonik fest und hell in den Tag schaut, dem Land verwachsen,
ganz in Urkraft der Wirklichkeit. Während er in den Adagios ganz Seele ist,
schmerzversunken, in Sehnsuchtsträumen, inneren Gesichten hingegeben, bis der
Lichtsturm der Glorienhelle den Verzückten überströmt und überwältigt. Und in
den Außensätzen ist er selbst, der Meister Antonius als Gestalt, tätig oder leidend,
eigentlich gar nicht mehr vorhanden; sie sind Landschaften, Münsterbauten, Riesen..
fresken - unmittelbare Abbilder des Schöpferwillens, weltliches Hochamt und
Gleichnisbild zugleich.
c
Bruckners "Generalpausen" - das plötzliche Verstummen aus innerer Fülle und
Erschütterung, nicht das hilflose Nichtweiterkönnen eines versagenden Technikers.
Hier kann nur Schweigen und Stille die Bewegtheit der Seele ausdrücken, jeder
Laut ist zuviel, wenn es das Herz zu sprengen droht.
a
Es ist ja zu absurd, immer wieder mit Formschablonen und mit den Gewitzt..
heiten des Metiers zu kommen, wo sich mit solch schöpferischer Gewalt eine Form
selbstherrlich ans Licht hebt. Beiläufig: ganze Schränke voll Studienheften und
nicht zuletzt Sechters, des Strengsten der Strengen, Zeugnisse beweisen, daß Bruckner
jeder Formbeherrschung, jeder technischen Virtuosität des Handwerkes fähig war.
Nur daß er sich ihrer nicht bedienen konnte: wo die innere Stimme ihn anders
aufrief. "Bruckner lS und "Virtuositätll - das gibt keinen Reim; er hatte es nicht
nötig,. "gewandtll zu sein, seine Themen tragen keinen Frack, sie gehen im Herolds . .
ornat, _im Bauernkittel, im Brokat des Meßgewandes einher und ihr feierlicher
Schritt bedingt wieder Feierlichkeit der Entwicklung, primitive Wucht, glorreiche
Einfachheit.
Manchmal sind Bruckners Generalpausen übrigens nicht das wortlose, tonlose
Ausschwingen der übermäßigen Ergriffenheit, sondern, seinem eigenen Wort nach,
ein Atemholen, ehe er zu bedeutungsvollem Neuen einsetzt. Es ist bedingend fiir
das Verständnis seiner Satzform, daß sie richtig erfühIt und nicht verwechselt werden:
die eine als Epilog, die andere als Prolog. Nur solche, die hier verkehrt empfinden,
werden noch vom Stückwerk, der Zerrissenheit. der Sprunghaftigkeit dieser macht. .
vollen Einheiten faseln können.
c
Freilich: er hat keinem Menschen je etwas nachgemacht. Aber dem lieben Gott,
der auch zwischen seine Berge ordentliche Generalpausen legte: zwischen die

270
Hauptthemen der Gletschergipfel die Pausen von Schluchten und Tälern. Und nicht
immer 1,Übergänge"j die werden dann von der Technik konstruiert. Aber Bruckner
konstruiert nicht; er strömt und schafft. Worauf er bedacht ist, sind immer nur
die rechten "Fundamente"; er prüft ängstlich jede Instrumentalstimme und verwehrt
jeder ein eigenwilliges Aussch}Värmen. So wie es in der sittlichen Welt auch immer
nur auf die "Fundamente" ankommt. In allem Geschaffenen gelten die gleichen
Gesetzmäßigkeiten.

Arnold Schönberg hat alle Einwände wie die in so alberner Art gegen Bruckners
"Technik" erhobenen in ein paar prachtvollen Sätzen erledigt: "Der hat nicht
Technik, der etwas geschickt nachahmen kann, sondern die Technik hat ihn. Die
Technik irgend einiger anderer. Wer genau hinzusehen vermag, muß erkennen,
daß solche Technik schwindelhaft ist. Nichts stimmt wirklich, alles ist nur geschickt
überpoliert. Alles ist ungenau, nichts fügt sich von selbst, nichts hält zusammen;
aber von weitem sieht es fast wie echt aus. Es gibt keine Technik ohne Erfindung,
dagegen Erfindung, die sich ihre Technik erst schaffen wird". ("Probleme des
Kunstunterrichtes. ")

Nichts rührender als diese Gestalt: Anton Bruckner in Wien. Es gibt keinen
Meister, der weniger "Großstadtkomponist" (und Großstadtmensch) ist als er. In
seiner Musik ist die Weite und die Bergigkeit der oberösterreichischen Landschaft,
ist die zum gewaltigen Dom ausgeweitete Dorfkirche (die aber doch irgendwie
immer Dorfkirche bleibt) - aber nichts vom Lärm und Hasten der Stadt, nichts
von Telephon und Telegraph, von Lift und Hotelhall und Variete, nichts vom
Luxuriösen einer verdorbenen und verderblichen Zivilisation (die der Gegensatz
von Kultur ist). Man denke sich einmal Bruckner, diese geräumige Gestalt in weit. .
schlotternden Röcken, trombenförmigen Hosen, dem roten Sacktuch, dem mächtigen
Schädel eines Bauern. . CaIigula, der Schnupftabakdose in der weißen, feinen,
gepolsterten Prälatenhand - denke sich ihn im Auto, am Telephon, in einer Bar,
bei einem Jour und wird sofort zweierlei gewahr werden: wie wesensfremd seine
hilflose und dabei gebieterische Erscheinung in ihrer Naturkraft all dem ist; und,
wie nicht er bei solcher Vorstellung lächerlich wird, sondern jene Großstadtdinge,
deren scheinbare Bequemlichkeiten und Amüsements unsere· Nerven für alles Be. .
hagen und alles Gesammeltsein verdorben haben.
o
In Bruckners Devotion (vor Menschen war er devot, vor Gott demütig) war
mehr Stolz, als in Hauslieks überlegener.Bissigkeit, in deren Witz zutiefst doch die
Angst vor einer Unmöglichkeit des Sichselbstbewahrens steckte. Sollen wir uns heute
noch über die Hanslicks, die verstorbenen und die lebenden, aufregen? Sie sind
ärgerlich als Hemmnisse, als Mißverstehensanstifter, die manchen Empfänglichen
eine Zeitlang vom rechten weghalten; aber vielleicht sind sie irgendwie notwendig:
als Widerstände, die den Künstler aufstacheln, als Zwang zu fruchtbarer Diskussion,
als Erwecker gesunden, jungen Hasses gegen alles Gewaltsamgestrige, Stockende und
Vel'stockte. Aber auf die Dauer vermögen sie nichts. Niemals. Das Große ist stärker
als sie und das gute Mittelmaß (das ja zur Bodenbereitung des Zukünftigen not ...
wendig ist) wird ohnehin von ihnen geschützt. "Bruckner komponiert WIe eIn

271
Betrunkener", hat einer von ihnen gekläfft (und hat immer noch nicht Selbstmord
begangen). Die fromme Kraft, die Einfalt, Klarheit und Majestät, das ganz und gar
Unberechnete, andachtvoll Inspirierte der Brucknerschen Musik war stärker als alle geist . .
reichen Perfidien der Gegner und sogar als alle schwulstigen und schiefen Apologien
vieler seiner menschlich und künstlerisch wertvollen, aber oft wunderlich ver. .
stiegenen und seinem felsigen Wesen fernen Anhänger.
a
Viele haben über Bruckner geschrieben. biographisch, programmatisch, anekdotisch,
analytisch (dies am tiefsten und vergeistigtsten August Halm in seinen viel zu
wenig gekannten Büchern). Aber nur einer hat wirklich die Figur in ihrer ganzen
Ergiebigkeit zu gestalten gewußt. Ernst Decsey in seinem wunderbaren "Versuch
eines Lebens"', der "Bruckner ll überschrieben ist. Ein köstliches Buch - nein, gar
kein Buch, nichts "Geschriebenesli, ein Film, ein Kinetophon, eine Rhapsodie in
Worten, aber noch warm vom Atem des Redenden, etwas, das zufällig in gedruckten
Zeichen zu mir kommt, aber das klingt und spricht und agiert; wirklich ein "Leben",
das man gerührt und enthusiastisch mitlebt - man verkehrt mit Bruckner direkt,
spürt den Tonfall seiner Existenz, die Atmosphäre seines V/esens, die sonderliche
Mischung von Erzmusiker und Imperator und Domherr und Dorfschulmeister und
Bauernkind, aber zugleich die unerhörte Einheit des Menschen und Künstlers, in
dessen Brust nur eine Seele wohnte - aber eine mächtige, gotthörige, musikhörige
und ...hörende, die Seele eines Dombaumeisters der Töne, der das höchste und geringste,
was er tat, zur Ehre Gottes vollbrachte; einer, über den man mit Ehrfurcht lächelt,
vor dem man sich in Liebe beugt, den man bewundert, aber mit ein wenig Nachsicht
und mit Neid vor seiner Unschuld, Größe, Lebensfremdheit und Gottesvertrautheit.
Wer Bruckner wirklich "seheni. will, nehme dieses schöne Buch; und auch wer
ihn "hören" will: hier sind Aufführungen dieser Messen und Symphonien, Auf. .
führungen in Worten, die plastischer, klangreicher, schöner, und brucknerischer sind
als die meisten, die man von den Berufsdirigenten hört. (Wenn nicht gerade Löwe
Nikisch, Schalk oder Furtwängler am Pult stehen.)
a
Nur eine einzige Seele. Gewiß. Er hat eigentlich neunmal dieselbe Symphonie
geschrieben; in ihrem Inhalt, dem Bau der Sätze, dem Charakter der Thematik,
ihren Steigerungen und ihren Ablauf sind sie wirklich ähnlich wie Geschwister.
Aber doch nur für den, dem nur das äußerlich Gemeinsame auffällt. In Wahrheit
sind diese 'symphonischen TempeIbauten, trotz der Gleichartigkeiten ihrer pompösen
Eingangssätze, der inbrünstigen Adagiogebete, der ländlich frohen Scherzo tänze (in
denen Gestalten eines österreichischen Hodler den Reigen anführen) und der Choral-
feierlichkeiten der Finali von einander durchaus verschieden, haben nur ihren
Schöpfer, die Wucht seiner Tonsprache. die herrliche Fülle und Weite der Themen
gemein. Jede ist ein Hochamt, aber jede ist doch irgendwie anders eingestellt, ihr
Kult (der nie ein Frauenkult, auch kein Madonnenkult ist) gilt jedesmal anderen
Herrlichkeiten, ist Gottesdienst, Heimatsdienst, Kunstdienst, He1dendienst, ist Trauer . .
gesang auf Wagners Tod und wieder der wunderbar gefaßte, schmerzvoll entrückte
Abschied vom eigenen Leben, ist Lobgesang auf deutsches Wesen, ist Minnesang
romantischer Zeit (in den 11 Vierten" werden mir jedesmal Burg Dürnstein, Blondel
und Richard Löwenherz zum Bilde), ist Erntelied und ]agdgesang und immer wieder

272
Dank und Preis und Andacht vor dem Gott, von dem er sich erleuchtet und durch,
strömt fühlt, ein Angelus Silesius und Meister Eckhart zugleich, ohne Worte, aber
von gleicher Wahrheit und ungewußter Weisheit in seinen Tönen. Ein Gast vom
Abendstern, ein Fremdling in der feindseligen großen Stadt, voll inneren Gesanges
strahlender Trompeten und Geigen und Pauken und Zymbeln, trunken, gebeugt
unter der Last überirdischer Musik, gehorsam ihrem Gebot, schüchtern, linkisch und
doch grandios im Wissen um seine einfache Würde, nur bei schlichten Menschen,
bei Dorfleuten, Pfarrherren und Musikern aufgeschlossen und zutraulich, gespreizt
und überschwenglich im Dank gegen wohlmeinende Inferiorität, furchtsam und
wehrlos gegen den bösen Feind Hansliek, unbekümmert (aber ohne Beethovenschen
Trotz) gegen alles Gesellschaftliche, unfähig irgend einer Niedrigkeit, ganz unbegabt,
sich protegieren zu lassen, ein ewig Lernender, jederzeit des Geprüftwe,rdens froh
(und noch froher seines jedesmaligen triumphalen Bestehens), verehrt und auch
ein wenig verulkt von seinen Studenten - so ging diese seltsam groteske und seltsam
ehrwürdige Gestalt durch die Straßen unserer Stadt und in seinem bäurisch antiken
und zugleich wunderlichen Wesen war so viel Hoheit, daß er es sich erlauben durfte,
ein bißchen komisch zu sein. Aber man lachte nicht über ihn, man lächelte höchstens,
wenn er vor dem neuen Rathaus auf dem Franzensring stand, oft eine halbe Stunde
lang, und, mit dem Zeigefinger in der Luft nachfahrend, immer wieder die Fenster
der Reihe nach zählte, sich verzählte, von vorne begann und nicht abließ, ehe er
die Zahl dieser "Pausen" in der Architektur und ihre Symmetrie ermittelt hatte
(was vermutlich, bei aller Kindlichkeit, der Sinn dieser drolligen Unterhaltung war).
Man lächelte, aber lachte ihn nicht aus. Man hatte ihn lieb und empfand Ehrfurcht
vor ihm, gerade· dort, wo man von den Feindseligkeiten der Cliquen und wohl
auch von seinem besonderen Wesen am wenigsten wußte. Was übrigens ein sym...
ptomatischer Wiener Zug ist.

Er war ebenso beseelt als beleibt. (Das ist viel.) War ergreifend in seinem
Ungeschick und war trotz der primitiv ländlichen Massigkeit der Erscheinung irgend...
wie von der Aura des Genialen umgeben; gemeiner Spott hat sich nie direkt an
ihn herangewagt. Man fühlte, daß aus dieser reinen, schlichten Seele auch Gewitter
brechen können. Ein AgricoIa tonans. Aber dazu die I~aivität selber. So wie ich
ihn im Gedächtnis trage und wie er mir jetzt aus Decseys Buch wieder lebendig
geworden ist, habe ich ihn stark im Verdacht, daß er sich seinen lieben Gott mit
einem Kaiserbart, den heiligen Geist mit einem Wagnerschen Samtbarett und den
Teufel mit den buschigen Augenbrauen Hanslieks vorstellte.
(Und daß selbst eine solche Supposition in Verbindung mit ihm nichts lächer-
liches hat - darin liegt geradezu ein Wahrzeichen für seine Größe.)
o
Er hat zu denen gehört, die spät beginnen, aber die sich zu Ende lehen dürfen.
Und er hat zu den wahren "Armen im GeisteIl gezählt, denen das Himmelreich
gehört - zu jenen, die die Bibel wirklich meinte, nicht zu den Dummen, sondern
zu den Unwissenden: die nichts von Ränken, von Ehrgeiz, von Geldsucht, von
persönlichem Vorteil wissen. Zu denen, die die Reichen im Gemüte sind und die
des Geistes der anderen entraten können, weil der wahrhafte Geist aus ihnen ruft,
in ihnen schafft, ohne daß sie selbst es ahnen.
o 0

273
DIE NEUAUFGEFUNDENE OUVERTÜRE IN G MOLL
VON ANTON BRUCKNER
Von Prof. Franz MoißI, Klosterneuburg
Wie es möglich war, daß eine im Wiener Rathause verwahrte Ouvertüre Bruckners
erst kurz vor dem 25. Todestage des Meisters, rund sechzig Jahre nach ihrer Ent...
stehung, "entdecke4 werden konnte, um als völlig unbekanntes Werk erst am
8. September 1921 zur Uraufführung gebracht zu werden. wird wohl bald auf-
geklärt werden, zunächst durch den Leiter der städtischen Musiksammlungen
Dr. Alfred Ore!, dem wir die Auffindung und Herausgabe der Ouvertüre zu
danken haben.
Das unter der Anleitung des Theaterkapellmeisters Kitzler anfangs der Sechziger...
jahre in Linz entstandene Werk mag von manchen als nAusgrabung U betrachtet werden,
die in erster Linie den Historiker interessiert und daher nur wenig Anlaß bietet,
von der Tageskritik eingehender untersucht und besprochen zu werden. Man wird
vieIleicht lesen können, daß sich's im vorliegenden Falle um einen exhumierten
Bruckner handelt, der nach erfolgter Agnoszierung neuerlich beigesetzt wurde und
nun der Mumifizierung anheimfällt.
Aber die so denken, begehen an dem Meister eiu'großes Unrecht. Gerade das
Studium der instrumentalen Frühwerke Bruckners führt uns auf Spuren,
die auf den späteren Symphoniker auf das d e u t I ich s t e hinweisen, wie beispiels..
weise das echt Brucknersche Seitenthema in der G molI~Ouvertüre untrüglich
beweist. Dieses Seitenthema, das mit seinen kühn ausholenden Septimen sich von
der Glätte des geradezu elegant hergerichteten, wie von der Hand des Klassikers
gemeißelten und sorgsam ziselierten Hauptthemas stark kontrastierend abhebt, sagt
dem Bruckner.. Kenner alles. Auch das die Ouvertüre einleitende tiefernste Adagio,
mag es auch immerhin als eine Nachahmung Carl Maria v. Webers erscheinen,
zeigt den jungen Bruckner als einen Komponisten, der das zu errichtende Ouvertüren..
Gebäude auf granitenen Unterbau stellt. Ebenso fest gefügt, heroisch und glanzvoll
im Ausdruck, der packende Ausklang der Ouvertüre - Vorbild: Hände! - ein ganz
prachtvoller Gegensatz zu dem kurz vorher nochmals aufblühenden, aber diesmal
in Dur gehaltenen, sozusagen spielerisch behandelten Hauptthema.
Nein, diese Ouvertüre ist keine Kapellmeistermusik. Sie ist lebensfähig und ver..
dient, recht oft aufgeführt zu werden. Und nun haben das Wort die - Dirigenten.
a a

SCHELLINGS PHILOSOPHIE DER MUSIK


Von Hugo Kauder, Wien
(Schluß)
III
Wenn im vorhergehenden die Musik als die reale Form der bildenden Kunst
bezeichnet wurde, so wird dies vielleicht nicht so ohne weiteres einleuchten: ist nicht
Musik vielmehr die i d e als t e aller Künste? Raumlos, stofflos, gegenstandslos ist
sie, als die reine Bewegung, die höchste und reinste Form, unter welcher wir das
schaffende Sein selbst gerade noch vorzustellen vermögen. Nun ist aber unter real e r

274
F or m oder realer Einheit jene Art der Ineinsbildung zu verstehen, welche in
d er Richtung vom Unendlichen, Idealen nach dem Endlichen, Realen sich vollzieht;
die Realität ist hier also das Ziel des Schöpfungsprozesses. In dieser Verwirk..
li c h u n g des Idealen beruht das Wesen aller bildenden Kunst, unter den bildenden
Künsten insbesondere der Musik: in ihr hat sich die unendliche Idealität, das ist
die Bewegung an sich, der Materie eingebildet und ist als Klang wahr ..
nehmbar worden. Bei der Malerei vollzieht sich der Prozeß der Ineinsbildung von
Idealem und Realem in umgekehrter Richtung: sie geht vom Gegenstand aus, um
ihn, seiner Stofflichkeit entkleidet, als reine Form darzustellen; unter den bildenden
Künsten entspricht sie also der idealen Einheit.
In jeder Schöpfung durchdringen sich Unendliches und Endliches, Ideales und
Reales. So begreift denn auch die bildende Kunst, selbst die reale Seite der Kunst-
weIt, doch wieder alle drei Grundformen in sich; die Realität, die Ideali'tät und die
Identität beider. Und die reale Form der bildenden Kunst, die Musik, umfaßt ihrer-
seits wieder alle drei Einheiten: die reale als Rhythmus, die ideale als Harmonie,
die Ineinsbildung beider als Melodie.
Die Musik ist ihrer notwendigen Form nach zeitliche Aufeinanderfolge; der
Rhythmus, als gesetzmäßige Teilung der Zeit, ist es nun, der die an sich
bedeutungslose und zufällige Sukzession in eine sinnvolle, bedeutende, notwendige
verwandelt; vermöge des Rhythmus ist die Musik nicht mehr der Zeit unterworfen,
hat sie vielmehr in sich selbst. Der noch rhythmuslose Klang ist bloß tönend
bewegte Materie; ers\ durch den Rhythmus wird er zur tönend bewegten
Form; demnach ist Rhythmus Einbildung des Idealen ins Reale, Einbildung der
Einheit in die Vielheit, ist also innerhalb der Musik das, was Musik unter den
bildenden Künsten.
Der Rhythmus ist die Musik in der Musik.
(Schelling, Ph. d. K., ~ 79)
Die ideale Einheit stellt sich in der Musik als Harmonie dar. Rhythmus ist
Einbildung der Einheit in die Vielheit, denn er unterwirft das regellose Fließen
der Zeit Einem Gesetze; Harmonie ist Einbildung der Vielheit in die
E:inheit; sie vel'einigt in Einem Zeitpunkt eine Vielheit von Tönen. Rhythmus
ist Sukzession, Harmonie Koexistenz.
Nun ist aber Sukzession die notwendige Form der Musik; also muß auch die
Harmonie sich der Sukzession unterordnen; dies geschieht durch Aufeinander..
beziehung der einander folgenden Harmonien. ScheIling nennt diese Beziehung
Modul ation (wir würden heute dafür das Wort Tonalität setzen, das ist Be-
ziehung auf einen bestimmten Grundton. Es sei hier bemerkt, daß durch
die sogenannte "atonaleU Musik dem Begriffe der Tonalität nicht widersprochen
wird, indem in dieser Musik die Beziehung zwischen den einzelnen Harmonien keines ..
wegs aufgehoben, vielmehr unendlich erweitert, verfeinert, vervielfältigt erscheint).
M~e I 0 cl i e ist die Ineinsbildung von Rhythmus und Harmonie, in ihr sind
Idealität und Realität eins geworden; demnach ist sie das Plas tische in der
Musik.
"Am Anfang war der Rhythmus" - Rhythmus ist der Ursprung aller Musik;
in Harmonie und Melodie geht sie bereits hinaus über ihre eigentliche Natur, als
welche in der Sukzession, in der Zeit, im Wer den besteht, und hat teil an der
Koexistenz, am Raum, am Sei D.

275
In der alten Musik war der Rhythmus das Vorperrschende, in der modernen
Musik ist es die Harmonie. "Der Gegensatz heider ist, daß überhaupt jene nur das
Reene, das W ..entliche, das Notwendige, diese anch das Ideene, Unwesentliche und
Zufällige in der Identität mit dem Wesentlichen und Notwendigen darstellt .•.
so stellt sich die rhythmische Musik überhaupt als eine Expansion des Unendlichen
im Endlichen dar, wo also dieses (das Endliche) etwas für sich selbst gilt, anstatt
daß in der harmonischen die Endlichkeit oder Differenz nur als eine Allegorie
des Unendlichen oder der Einheit erscheint.
Jene bleibt gleichsam der Naturbestimmung der Musik getreuer, welche es ist,
eine Kunst der Sukzession zu sein, sie ist daher realistisch; diese möchte in der
tieferen Sphäre gern die höhere, ideale Einheit vorausnehmen, die Sukzession gleich. .
sam ideal aufheben und die Vielheit in dem Moment als Einheit darstenen. Die
rhythmische Musik, welche das Unendliche im Endlichen darstellt, wird mehr Aus-
druck der Befriedigung und des rüstigen Affekts, die harmonische mehr des Strebens
und der Sehnsucht sein". (a. a. 0., 9 82)
Hiemit ist nachgewiesen, wie in den Formen der Musik das Sein der Welt sich
abbildet. So erscheinen die Formen der Musik, nach Schellings Wort, als Formen
der ewigen Dinge.
"Wir können erst jetzt die höchste Bedeutung von Rhythmus, Harmonie und
Melodie festsetzen. Sie sind die ersten und reinsten Formen der Bewegung im
Universum und, real angeschaut, die Art der materiellen Dinge, den Ideen gleich
zu sein. Auf den Flügeln der Harmonie und des Rhythmus schweben die Welt-
körper; was man Zentripetal. . und Zentrifugalkraft ol,< genannt hat, ist nichts anderes
als - dieses Rhythmus, jenes Harmonie. Von denselben Flügeln erhoben, schwebt
die Musik im Raum, um aus dem durchsichtigen Leib des Lauts und Tons ein
hörbares Universum zu weben." Ca. a. 0., 9 83)
D

IV
Aus der Erkenntnis, daß das Wesen aller bildenden Kunst in der Einbildung
des Idealen in die Realität, das heißt in der Verwirklichung, Verleiblichung des
Göttlichen besteht, ergibt sich eine Ra n gor d nun g der bildenden Künste, in welcher
die Musik als die erste, unterste Stufe erscheint: denn sie besitzt unter aUen Künsten
die geringste Wirklichkeit: in ihr erscheint die Verwirklichung noch als Akt, als
ein Geschehen, nicht als ein Sein. Die nächste Stufe ist die Malerei: diese hat die
Zeit bereits überwunden und gelangt schon zur Darstellung ruhenden Seins. Aber
noch erscheint dieses Sein nicht in seiner vollen Realität, sondern als flächenhaftes,
unstoffliches Abbild. Erst auf der dritten Stufe, in der Plastik, ist die gänzliche
Ineinsbildung von Idealem und Realem erreicht; hier erst scheint der Geist voll-
kommen verkörpert, der Stoff vollkommen beseelt,
"der Leib vergottet und der Gott verleibt".
Nehmen wir jedoch die drei Grundformen der bildenden Kunst, Musik, Malerei
und Plastik, nicht als getrennte Kunstgebiete, sondern lediglich als Kat ego r i e n
des Seins, an denen in gleicher Weise jede Kunst teil hat, so erscheint diese
Soll richtig "Tangentialkraft" heißen: diese und nicht die Zentrifugalkraft ist die eigentlich
'1+
bewegende Kraft.

276
Rangordnung aufgehoben oder vielmehr in das Gebiet jeder einzelnen Kunst hinein-
verlegt, das heißt: jede Kunst, Tonkunst wie Raumkunst, hat die ganze Stufen...
leiter zu durchlaufen: als Musik beginnend sich zur Plastik zu vollenden. So
ist denn die schlechthin apollinische Kunst, die Raumkunst, in ihren ersten ursprüng..
liehsten Äußerungen dionysisch, also Musik, das ist Bewegung, Sukzession: im
Gebärdenspiel des lebendigen Menschenleibes. Und umgekehrt muß Musik, um
vollkommen zu sein, zur Plastik werden. Dies aber ist das höchste, was menschliche
Kunst vollbringen kann: wenn die dionysische Kunst das apollinische Ideal ver-
wirklicht, wenn die Kunst der reinen Bewegung zur Raumkunst wird, wenn die
in Tönen schwingende Seele sich weitet und wächst und wächst, bis sie den Welten...
raum erfüllt, bis sie selbst das All wird (wovon etwa Bachs große Orgelfugen oder
der Chorus mysticus in Mahlers Achter Symphonie eine Ahnung geben können):
dann ist die Welt vollkommen worden, dann ist die Zeit erfüllt und ZUm Raum
geworden, dann ist die Ewigkeit angebrochen.
Diese Ewigkeit nicht in einem "jenseitigen U Leben zu suchen, sondern in diesem
Leben zu verwirklichen ist die höchste Aufgabe aller Kunst.
o 0

N A c H K L Ä N G E
I
Von Egon Lustgarten, Wien
Das physiologische Hören kommt nicht, wie allgemein angenommen wird, durch
Resonanz einer durch Schallübertragung betätigten Art Klaviatur zustande (in
der Art, daß jeder Faser des ffCortischen Organs~ eine einzelne Tonperzeption zu...
geteilt wäre) - es wird vielmehr unzweifelhaft durch ~inen dem G r a m m 0 p ho n
entsprechenden Aufnahmeapparat vermittelt >1<. Die Gehörseindrücke kommen also
wohl durch vorübergehende Einkerbungen nach Art der Phonogramme zustande,
weIche die Gehörsempfindungen vermitteln, die dann an das entsprechende Gehirn...
zentrum weitergeleitet werden. Da nun die Schwingungen aller gleichzeitig erzeugten
Töne sich bekanntlich summieren, so daß auf der Quasi ... Grammophonplatte das
Bild einer ein z i gent alle Klangereignisse in sich schließenden Kurve erzeugt wird,
so erwächst, sollen wir Musik "verstehen", für uns die geistige Aufgabe, aus diesem
einheitlichen Gehörseindruck die AkkordbestandteiIe zu sondern, die Stimmen ihrer
melodischen Folge nach zusammenzufassen, die Klangfarben zu ordnen u. s. w.
Musikalisches "G e h ö r ll ist demnach die durch entsprechende Übungen aus ...
bildbare Fähigkeit, die Interferenz der Klangwellen auf die zugrundeliegenden
Einzelkomponenten zurückzuführen. Seine Funktion ist eine dem rein sinnlichen,
synthetischen ,tRören" gerade entgegengesetzte, analytische. Gleichwohl hebt unser
ästhetisches Gefühl diese Trennung beim genießenden Aufnehmen wieder auf.
Gefühl ist Einheit von Denken und Wahrnehmen. In der italienischen Redewendung
IIsentire la musica" liegt schon der Doppelsinn des HMusikhörensl' beschlossen.
o
... Die "Philosophie der Technik weist als den Ursprung aller Erfindungen des Menschen..
ll

geistes Spezialdarstellungen der Kapazitäten unseres Organismus nach. So z. B. sind Fernrohr,


Mikroskop und photographiscbe Kamera den Einrichtungen des animalischen Auges nach ..
gebildet, unsere elektrischen Anlagen dürften ihre Entsprechung im Nervenapparat finden u. s. f.

277
Aller Expressionismus der bildenden Künste (und der Dichtung) entspringt dem
Bestreben, den unsinnlich. . unbegrifflich..-wesenhaften Ausdruck der Musik nach. .
zu ahmen. Die Bezeichnung "expressionistische Musik" ist daher eine Tautologie.
o
Beim Betrachten von Werken der bildenden Kunst bleibt es uns unbenommen,
unserem Wohlgefallen dem Mitgenießenden gegenüber hörbaren Ausdruck zu ver . .
leihen; auch mag wohl angesichts des Kunstwerkes eine unmittelbare Aussprache
über den durch die Schöpfung hervorgerufenen Eindruck dem Verständnis derselben
eher förderlich als hinderlich sein. Dahingegen ist Werken redender Kunst gegen-
über schweigsame Hingabe vonnöten. So beläßt gerade die ge s e 11 i g s t e Kunst, die
Musik, das Individuum allein bei sich selbst.
o
Schönheit ist der Inbegriff aller vollendeten Gestaltung. Die Formen der Natur
erscheinen uns allüberall schön, weil in ihnen eine bestimmte Willensidee stets
restlos ausgesprochen erscheint. Die Aufstellung eines Kanons der Sc h ö n h e i t an
si c h, losgelöst von dem entsprechenden Ausdruckswillen, ist demnach sinnlos; und
es heißt in gleicher Weise Musik mißverstehen, ob man nun, die Idee des Ganzen
außerachtlassend, "schöne Stel1en'~ hervorhebt. oder ob man sich, durch die Intensität
einer Musik mitgerissen, bereit findet, narge Dissonanzen" gnädigst pardonierend mit
1n Kauf zu nehmen.
o
Die kleinliche Angst vor dem ftVera1teten"~! - Aus faulenden Substanzen ent. .
steht Humus, dessen nährende Kraft neuen Organismen zu körperlichem Aufbau
verhilft. Auch abgestorbene Formen sind neubeseeltem Leben zuletzt dienlich. Der
Geist regeneriert sich aus seiner Erniedrigung durch sich selbst.
o
Zwei klägliche Typen: Der konservative Banause einerseits, der, ratlos in die
Kunst vergangener Epochen flüchtend, diese zur Rechtfertigung seines angezweifelten
Kunstverständnisses mißbraucht, indem er sich auf seine Wertschätzung großer
Meister der Vergangenheit heruft, indes ihm, als Kind einer technisch fortgeschrittenen
Zeit, ja nur deren äußere Sprache geläufig ist.
Anderseits der die Idiome der Gegenwart beherrschende technisch,infizierte Kultur'
snob, der allein darob schon dem Wesen moderner Kunst nähergerückt zu sein glaubt.
Nun, Rück, und Fortschrittsphilister haben voreinander nichts voraus! Wohl ist
es klar, daß echte Erlebnisfähigkeit in ihrem aller zeitlichen Begrenztheit entrückten
Wesen ein bequemes Refugium in klassische Kunstperioden verschmähen wird;
aber derjenige, der in Kenntnis der Richtungen von up to date sich dadurch schon
im Besitz des wahren Verständnisses wähnt, übers'ieht, daß er ja damit den gleichen
frevelhaften z e i t I ich e n Maßstab an die Kunst anlegt, wie der sich vor allem
"Neuen . . ängstlich Bekreuzigende.
o
So wie in der Natur (wie Leibniz hervorhob) niemals zwei völlig gleiche
Dinge vorkommen, so gibt es, genau genommen, auch nicht zwei Melodien von
durchaus gleichem Rhythmus; denn jede harmonische Wendung, jede Richtungs . .
änderung des Melodiebogens modifiziert mehr oder weniger auffällig die rhythmische

278
Gestalt und Phrasierung. Aus der bloßen Markierung eines charakteristischen
Rhythmus (mit Hinweglassung des Klanges) lassen sich im allgemeinen leicht die
dazugehörigen Melodien feststellen, ähnlich wie ja auch eine bloße PorträtsiIhouette
die dargestellte Person erkennbar hervortreten läßt. Der Idealfall wäre nun, eine
solch absolute Übereinstimmung zwischen dem Rhythmus einerseits und allen
übrigen melodischen, harmonischen und klanglichen Faktoren der Musik anderseits
herzustellen, daß, die dementsprechende musikalische Organisierung vorausgesetzt,
auch ein Tauber die bloßen rhythmischen Erschütterungen musikalisch zu deuten
wüßte. >f<
D

Himmelsstürmer, die sich erkühnen, die Substanz der Musik ins allzu Ungreif-
bare zu transzendieren, mögen doch dessen eingedenk sein, daß selbst Engel die Flüge I
regen müssen, um sich im Äther schwebend zu erhalten. '
D

Gustav Mahler sieht die Welt nicht als des Geistes Feindin an; er haßt sie
nicht, doch leidet er an ihr. Nicht Richter ist er, sondern ekstatischer Büßer. Das
Schmerzvolle seiner Musik ist nicht Anklage, sondern Selbstpeinigung, rückhaltloses
Bekenntnis eines um die tiefe Tragik der Welt und unsere Mitschuld daran
Wissenden. Höchster Heroismus: Sich mit der Tragik der WeIt, soweit sie uns
selbst betrifft, einverstanden erklären.
D

Weil Mahler die Welt liebt, ist seiner Musik die beglückende Melodik gegeben.
Nur der die Welt kritisch Verneinende ++ ist des Melos bar. Der Abscheu der
Menschen vor unmelodischer Musik muß darum nicht unbedingt nur in dem
philiströsen Verlangen nach emanzipierter "Schönheit an sich" wurzeln; vielmehr
entspringt die Sehnsucht nach melodischer Schönheit zutiefst dem Wissen darum,
daß alle Dinge in Gott beschlossen sind und nur des tönenden Mundes harren,
der, indem er ihr Wesen singt, sie der Entsühnung und Erlösung zuführt.
D

In Mahlers "Der Schildwache Nachtlied" wird der unfreiwillige Wächter des


Volksliedes zum gigantischen Hüter des Geistes selbst erhoben. Wir erleben hier
die Rückverwandlung des Symbols in das Wesenhafte. - "Wenn alle Leute
schlafen, so muß ich wachen~,j +01.<+: Mission und Tragik aller Menschengröße
D

Es ist nicht das Gleiche, ob einem Künstler Beifall ttgespendet'l oder ttgezolltU
wird. Wer Tribut zu fordern hat, braucht keine Gnadenbeweise anzunehmen.
Der tiefste Beifall aber heißt: Dan k.
a D

... Die taubstumm .. blinde Helen Keller vermag durch Auflegen der Hand auf den Resonanz ..
körper eines Klaviers die so übertragenen Schwingungen zu "hören".
++ (Das typisch Böse ist nach Weininger Abwälzen der eigenen Schuld auf andere).
+++ Vision: Christus auf dem Ölberg, wachend, inmitten der schlafenden Jünger.

279
DIE MUSIK DER SÜDSLAWEN
Von Antun Dobronic, Zagreb, Jugoslawien
Die allgemeine Musikgeschichte liefert den Beweis dafür, daß die Autoren aner
westlichen und nördlichen Völker aus ihren eigenen Dispositionen, das heißt von
ob e n her komponierten. Der Gregorianische Choral sowie zum Teile das Volks-
lied dienten den Komponisten im Mittelalter zunächst als Ausgangspunkt eines
objektiven Schaffens. In der späteren Entwicklung ihrer Musik verschwand auch
dieser äußere Kontakt zwischen den Komponisten und den Völkern, welchen sie
angehörten. Die späteren Produkte sind die Frucht zweier psychologiscqer Momente:
des inneren Triebes - der Empfindung - und der posterioren Autokritik. In-
folgedessen steht die heutige Produktion im Zeichen eines Kampfes zwischen dem
äußersten Individualismus und dem äußersten Kosmopolitismus.
Es ist interessant, daß diese Produktionsart der Völker im Norden und Westen
Europas auf die Slawen seit jeher als etwas Gekünsteltes gewirkt hat. Dieser Stand-
punkt führte die slawischen Komponisten zu einer Anschauung, die, gemessen an
der traditionellen europäischen Ideologie der Musik, absolut revolutionär ist. Es ist
charakteristisch, daß das musiktheoretische Wissen des typischen, zugleich auch des
wichtigsten Repräsentanten dieses slawischen Konzeptes - Mussorgski - ziemlich
schwach war.
Unbestreitbar liegt der Grund dieses besonderen Standpunktes in dem
slawischen Volkslied. Es ist Tatsache, daß dieses Volkselement, das bei den
heutigen germanischen und lateinischen Völkern fast gänzlich ausgestorben ist, bei
den Slawen immerfort als Produkt der Kollektivität in Raum und Zeit lebendig
ist. In dieser Kollektivität liegt der Ursprung der Dynamik jedes tonkünstIerischen
Produktes, welches von unten entsteht. Dies bemerkt man am besten in der
musikalischen Leistung jener slawischen Autoren, die sich infoIge ihrer
Erziehung ihren Stämmen musikalisch nicht entfremdet haben. Dieses Kollektiv-
element verlieh seine Kraft der slowakischen Periode Viteszlav N ovaks, befruchtete
den Tschechen Josef Suk, wirkte auf den Polen Karai Szymanowski und
begeisterte den Russen Igor S t r a w ins k i j so, daß er von sich selbst mit Stolz
hervorhebt, er schreibe - für das Proletariat.
Die Südsl.wen verhielten sich in der musikalischen Produktion bisher voll-
kommen passiv. Der nordwestliche Teil der Balkanhalbinsel, auf welchem alle drei
Stämme (der serbische, kroatische und slowenische) des südslawischen Volkes
seßhaft sind, war seit jeher ein Gebiet, um welches ein harter Kampf des Ostens
mit dem Westen geführt wurde. Weil die südslawische Volksmusik in erster Linie
aus dem Widerstreit der Heiden mit den Christen hervorgegangen ist, sammelte
sie auch viele fr emd e Elemente der Musik an. In den westlichen und nordwest-
lichen Gegenden Jugoslawiens ist die Volksmusik hauptsächlich an die europäische
Musikideologie gebunden. In diesen Gegenden ist nämlich (nebst einer geringen
altkirchlichen Beimengung) die Dur- und Moll ton a Ii t ä t deutlich ausgedrückt,

280
und in der Form herrscht das Prinzip der Periodizität und der Symmetrie vor. In
den nordöstlichen, östlichen und südlichen Gegenden, aber auch im mittleren Jugo ..
slawien (Bosnien und Herzegowina) überwiegen jedoch in der Tonalität die
exotischen (persisch.. arabischen) Elemente, und in der Form herrschen die
Prinzipien der Aperiodizität und der Asymmetrie. Diese äußeren Elemente
befruchtete unser Volk durch seinen eigenartigen psychischen Inhalt,
nämlich durch eine tief empfundene Liebe - Hirtenlyrik und durch eine inner . .
liehe Elementarkraft - Gebirgsdynamik.
Es ist auffallend, daß in der Zeit, in der die übrigen slawischen Völker auf
Grund ihrer weniger interessanten Volksmusik eine feste Basis für ihre künstlerisch...
nationalen Musikschulen geschaffen haben, die Südslawen vollständig unfruchtbar
geblieben sind.
Die Ursache hievon ist rein äußerer Natur. Fast alle jugoslawisclien Kultur'
zentren haben sich weit weg vom Volke entwickelt. Zwischen Stadt und Dorf bestand
noch vor wenigen Jahren nicht der geringste Kontakt. In unseren Städten wird auch
jetzt noch nach den Prinzipien der Wiener Vorstädte und der italienischen Provinz
musiziert.
Anderseits war diese Abgeschlossenheit für uns ein großes Glück, da sie in
unseren Massen unsere Musikpsychologie, unsere nationale Musikindividualität
ziemlich unverdorben erhalten hat.
Es ist bemerkenswert, daß die Reaktion gegen die nichtartistische und nicht,
nationale Praxis in unseren musikalischen Zentren stets nur im Namen unseres
Dorfes auferstanden war. SChon der Komponist vieler Violinkonzerte, Jarn 0 v i c
aus Dubrovnik (Ragusa) hat in seinem "Kroatischen KonzertU den Funfvierteltakt
als ein spezifisches Kennzeichen unserer Volksmusik bewußt angewendet. Viel
größere Fortschritte machte man in diesem Sinne im Mittelpunkt des Kroatentums,
in Zagreb selbst. Der musikalische Repräsentant dieser Ideologie und der Begründer
unserer nationalen Musikschule Vatroslav Lisinski lieferte, wenn auch durch
seinen Eklektizismus beengt, eiDe bedeutende Anzahl von wertvollen Werken. In dieser
Hinsicht ragt besonders eiD Chor der Kroatinnen in der Oper "Porin" hervor,
in welchem trotz höchst bescheidener Vokal. . und Instrumentalmitte1 der musikalische
Ausdruck des kroatischen Stammes charakterisiert erscheint. Gleichzeitig legte der
unvergeßliche Stevan Mokranjac in dem musikalisch weniger entwickelten, jedoch
national stärkeren und widerstandsfähigeren Beigrad den Grundstein für die absofute
Pflege unserer Volksmusik. Seine ffR ukoveti" sind ausschließlich aus Volks,
melodien zusammengestellt. Mokranjac hat mit seinem kleinen Chor nK 0 z a r U ein
ideales Muster der selbständigen Komposition geschaffen, das jedem Vokalwerk
der romantischen Periode größerer und musikalisch älterer Völker entgegengestellt
werden darf.
Erst in neuester Zeit häufen sich die Werke, welche wir für Träger unserer
eigenen nationalen Musikkultur halten dürfen. Es ist aber zweifellos, daß
die Idee der südslawischen nationalen Musik auch im eigenen Hause einen
schweren Kampf gegen die zahlreichen unkünstlerischen Elemente, die in allen
unseren Kulturzentren (manchmal auch vollkommen bewußt) die Entwicklung der
heimischen Musik hindern, auszufechten hat.
In diesem gewaltigen Ringen auf dem Gebiete der Musik wird das Südslawentum
die exotischen, melodischen Elemente, durch welche die zeitgenössische,

281
westliche Produktion versucht, künstlich die hundertjährige Eintönigkeit ihres
diatonischen Tonsystems zu verjüngen, als unmittelbaren Widerschein der ei gen e n
musikalischen Individualität der allgemeinen Kultur darbringen können. Und ebenso
das Prinzip der ungleichmäßigen melodischen Architektur, durch welches
die Bestrebungen aller modernen europäischen musikalischen Richtungen den
traditionellen Formalismus zu bekämpfen versuchen.
o 0

K A R L w E I G L
Von R. St, Hoffmann, Wien
In Wien lassen sich ziemlich deutlich zwei Strömungen der neueren Entwicklung
erkennen. Die eine, mehr klassizistische, die sich von Brahms herleitet, die andere,
mehr neuromantische, die irgendwie mit Wagner, Bruckner und Hugo Wolf ver . .
wandt ist. Freilich verwirrt sich das Bild wieder, wenn die zunehmende Beeinflussung
durch Mahler oder durch exotische Neuerer Veränderungen bringt, gleichsam mit
solcher Freiheit variiert, daß das Hauptthema kaum mehr kenntlich ist und nur
aus dem Zusammenhange verstanden werden kann. So sehen wir, wie etwa Richard
Stöhr in der klassizistischen Richtung epigonal stecken geblieben ist, während von
drei anderen, ebendaher stammenden, Karl Prohaska neuestens recht stark von
Mahler influenziert ist, Franz Schrcker durch die Jungfranzosen harmonischem und
orchestralem Neuland zugeführt wurde, und Alexander Zemlinsky Schönbergs
Atonalität angenähert erscheint. In analoger Weise hat sich in der anderen Strömung
Franz Schmidt zum Beispiel kaum weit von Bruckner entfernt, während Josef Man
vom Vater Wolfe sich immer mehr emanzipiert, scheinbar Regerschen Einflüssen
geneigt, und Arnold Schönberg in seiner beispiellosen Entwicklung so schnell und
weit von Wagners Tristanwelt weggerissen wurde, daß er selbst Ursprung einer
neuen Richtung werden konnte.
Sehr merkwürdig ist es dat wenn in diesem Wirrsal sich verzweigender und
wieder vereinigender Adergeflechte sich einer findet, der, selbstverständlich nicht
unbeeinflußt von dem vielen Neuen und Bedeutenden um ihn herum, doch seinen
Weg von anderen Ahnen nimmt und von suggestiven Lockungen der Mode sich
bemerkenswert frei hält, nicht aus epigonenhafter Verkalkung, vielmehr im Bewußt-
sein eines eigenen Charakters, der nach eigenem Gesetze zu entwickeln ist.
Karl Weigl t geboren in Wien 1881, war am Konservatorium Schüler von Robert
Fuchs, privat von Zemlinsky, an der Hochschule von Guido Adler, machte seinen
Doctor philosophiae mit einer Arbeit über Foerster, einen sehr unbekannten Zeit. .
genossen Beethovens, war kurze Zeit unter Mahler Korrepetitor an der Oper und
lebt als Theorielehrer am Neuen Wiener Konservatorium dem Unterricht und
seinem Schaffen. Dieses, durch vierjährigen Militärdienst gehemmt und verdrängt,
ist nun wieder in vollem Flusse, der jede Voraussage verbietet. Aber das bisher
Geleistete ist noch so wenig bekannt, daß mir die Würdigung eines Würdigen ebenso ...
sehr als Pflicht objektiv fördernder Kritik wie subjektiv helfender Freundschaft
erscheint.
Das Gesamtwerk des heute Vierzigjährigen ist, so weit es vorliegt, in den letzten
achtzehn Jahren entstanden und umfaßt im wesentlichen: für Orchester eine sym . .
phonische Phantasie (1905), eine Symphonie (1908), eine zweite große Symphonie,

282
an die eben die letzte Hand gelegt wird. Für Chor und Orchester: .Frühlingsfeier"
nach Hein. (1909) "Weltfeier" nach Heinrich Hart (1910), Orchestergesänge, drei
für hohe Männerstimme (1915), drei für hohe Frauenstimme (1916), an Kammer-
musik drei Streichquartette C moll (1905), E moll (1907), A dur (1909), ein Streich-
sextett (1906), "Stelldichein" nach Dehmel für Gesang und Streichsextett (1904),
eine Reihe von a capeUa . . Chören, für Klavier allein: "Bilder und Geschichten", zwei
Hefte (1909), "Nachtphantasien" (1911), "Toteninsel" (1913) und nicht viel weniger
als hundert Lieder in siebzehn Heften. Wenig genug von dieser reichen Ernte arbeits. .
froher Jahre ist verlegt und erschienen: In der Universal-Edition zwei Hefte Lieder
als ap. 1 und 3, "Bilder und Geschichten als ap. 2, das mit dem Beethoven . . Preis
U

gekrönte Streichquartett A dur als op. 4, die erste Symphonie E dur als op. 5,
zwei Hefte a capella-Chöre als op. 6 und 7, und im Verlag von Robert Forberg
Frauenlieder ap. 8. Vier weitere Liederhefte werden soeben bei E. Strache gedruckt
(op. 9, 10, 11 und 12) - das ist alles. Hat nicht der Kritiker, der von dem Wert
dieser Arbeit eines halben Lebens ebenso durchdrungen ist, wie von der Wert . .
losigkeit vieler Neuigkeiten, die alle Tage fröhlich erscheinen und aufgeführt werden,
ganz einfach die Pflicht, um ein wenig Aufmerksamkeit zu werben für eine be ..
deutende Erscheinung, die unbegabt ist, dies für sich selber zu tun, die, wie jeder
Schaffende, unter fehlender Resonanz leidet, unter der Unmöglichkeit, das Geschaffene,
speziell das für Orchester Geschaffene zu hören, und so aus sich selbst zu lernen,
aus sich selbst zu wachsen.
So versuche ich mit der Propaganda des Wortes die bessere des Ertönens vor ..
bereiten zu helfen, indem ich Einiges, was mir bemerkenswert scheinen will, über
die Eigenart dieses Komponisten sagen möchte. Und stelle an die Spitze das Ent-
scheidende: da ist einer, der muß - und kann. Sein Können ist aber nicht geölte
Gelenkigkeit, die spielerisch die tönend bewegte Form erfüllt. Sein Können ist das
des zähen Kämpfers, der mit dem Engel ringt, und ihn nicht läßt, bis daß er ihn
gesegnet. Auch er war jung, auch ihm war die Welt lyrisch durchsonnt und
romantisch durchglüht. Heine, Bierbaum, Wunderhorn boten geeignete Stimmungen.
Pan regierte eine freundliche Welt ("Zuversicht in PanH), Elfen bevölkerten sie
lieblich - auch groteske Faune dürfen nicht fehlen und es gibt eine Art des Scherzos
bei Weigl, die ich geradezu als faunisch charakterisieren könnte; aus tiefen, ge ..
schwinden, eigenartigen Mollrhytnmen, oft fugisch aufsteigende, mit bockigen Vor..
schlägen springende Motivbildungen, wie im Scherzo der ersten Symphonie, im
Streichsextett, im Adur.. Quartett. Harmloser Humor (zum Beispiel: /IN achtmusikanteH,
Vokalquartett) blinkt in dieser Welt und immer wieder, wie alle echten Poeten
von Schumann bis Mahler zieht es Weigl zur Welt des Kindes, Märchen für Kinder
erzählt er in "Bildern und Geschichten 44 und bezeichnend genug, daß, wenn er nach
siebenjähriger Pause wieder einmal Lieder schreibt - seine jüngsten von Heft 1918 -
es rechte, schlichte Kinderweisen sind (nach Wunderhorn und Klaus Groth). In
beglückender Melodik erfüllt sich die wahre "Zuversicht in Pan" und der Anfangs-
satz und das Adagio der Symphonie, das des E dur-Quartetts mit der ungewöhnlichen
und faszinierenden Anwendung der Viola d'amour, der Beginn des A dur .. Quartetts,
in dem die Welt der Symphonie nochmals ersteht, sind Empfindungen eines reinen
Herzens im heiligen Frühling. So ergeben sich aus der Einheitlichkeit der Grund-
stimmung vielfach Beziehungen der einzelnen Werke zueinander - außer den
bereits angedeuteten sehr charakteristisch etwa das Klopstocksche Rosenbandlied

283
aus den Liebesliedern und der Hauptsatz der ersten Symphonie, oder der Anfang des
E dur_Quartetts und das Heinesche Elfenlied aus op. 10 - "oder soll es Tod
bedeuten? ... 01
Ja, auch der meldet sich zeitig an. Schon in den ersten Werken schattet es ernster:
Sehnsuchtsvolle Unruhe, wie zum Beispiel in der für Weigls Art sehr bezeichnenden
Klarinettenmelodie im Mittelsatz des Symphonie-Adagios, düstere Balladentöne,
wie in den Liedern: nEntführungl', nKleine Balladeli, "Es war ein alter König "
jj
und vor allem in dem "AbendIied der Orchestergesänge für eine Männerstimme.
Und in intensiver, oft schwer pessimistischer Beschäftigung mit Religion und
Sterben. "Gottsucher" (nach Busse), "Dorngekrönter, lichter Menschensohn'"', jJAus dem
Buch Hiob" (schon in op. 1 von 1903!) und viele andere ernste Gesänge enthüllen
eine unabhängig von jeder Äußerlichkeit tief religiöse Natur, die leidenschaftlich
nach dem Höheren sucht, unbefriedigt und ungesättigten Verlangens voll. Hier finden
sich Töne, die ergreifen, wie Brahms' ernste Gesänge, Töne, die nur dem gelingen,
der sie aus eigenstem Erleiden schmerzvoll gebären muß. "Komm', süßer Tod" heißt
ein Gesangsquartett von 1909 und "Tod, komm' herbei" ist der erschütternde Höhe . .
punkt des ersten Teils der großen" Weltfeier" : Weigls künstlerische Entwicklung
geht ~ kann es eigentlich anders sein? - mit seiner menschlichen parallel. Wo
sind doch die jugendseligen, verliebten Stunden, aus denen die reizvollen "Phantasus . .
gesängeli, mit einer ganz merkwürdigen Vorausahnung des "Liedes von der Erde",
die zarten Frauenlieder, die melodiefrohen Tenorlieder (1905) und vor allem die
glücklichen Liebeslieder (1908) mit dem prachtvollen Frühlingslied des lbykos ent-
standen, das als Erinnerung in der jüngsten 'zweiten Symphonie träumerisch auf...
taucht? Wo das harmlos heitere Naturgenießen von einst? Jetzt weht kältere Luft.
Die Liebe ist reifer, schwesterlicher, mütterlicher geworden und sehr bezeichnend
heißt es am Schlusse des zweiten der Männerlieder für Orchester - (deren erstes
ebenfalls in der neuen Symphonie erhöhte Bedeutung bekommt) - mit den schönen
Worten Walter CaIes ,,0 Schwester du, Geliebte du - Mütterliche _1+. Die Natur
aber muß nunmehr ihre letzten Geheimnisse im unzugänglichen Hochgebirge dem
kühneren Ersteiger offenbaren. Gipfe1gruß, Gletscherglanz, Sternenkreuz auf eisigen
Spitzen, Sonnenrast hoch oben über der Welt der Elfen und Faune und Menschen -
das ist jetzt Ziel und Streben. Das Letzte, Höchste, Reinste in der Natur und im
Leben. Und dahinter der Tod. Aus solchem fremderen, freudloseren, unzugänglichen
Stoffe formt sich die Welt der letzten großen Werke: der sechs Orchesterlieder
der Weltfeier, und der fünfsätzigen zweiten Symphonie. Pathos und Ethos erfüllt
sie, heiliges Feuer, Kraft des Gottsuchers, missionäre Überzeugung, Überwindung
des "Ichs" und damit des Todes. Und da muß ich doch ein paar Worte mehr, als
sonst in einer summarisch...knappen Übersicht Raum fänden, gerade über die "Welt...
feier" sagen, die mir bisher Weigls repräsentierendes Werk bedeutet, selbstbekennend
WIe kein zweites.
"W0 sind die Blüten, die ich einst gepflückt,
Wo ist der Duft, der mich im Lenz berückt -
Wo seid ihr hin ... "
Mit diesen Worten Heinrich Harts beginnt nach kurzem Vor~ ?iel der erste
Teil: "Nänie'~. Tenorsolo und Chor klagen um verlorenes Glück, steigern die tiefe
Depression bis zum gewaltig anschwellenden Rufe: "Tod, komm' herbei. 11 Er ist da.

284
hn mächtigen, gedankentiefen Zwiegespräch des zweiten Abschnitts zwischen "Ich u
und "Ihm 11, getragen von einer gesegneten melodischen Eingebung, enthüllt sich ein
Ideal: Erlösung von des ,,!chtums Noe "zum Leben zu gesunden durch den Tod/I
i
,

"lch'l ist aber noch nicht so weit, und ein großes symphonisches Ormesterzwischen . .
spiel "Nachtstück" führt durch Krampf und Zweifel und Angst zum erlösenden
Morgenweckruf, mit dem der letzte Teil anhebt. Und sehr beweisend für Weigls
durchaus abstrakte, dem Programm abgewandte Symphonik ist nun dies, daß die
entscheidende Entwicklung selbst in diesem Vokalwerk der absoluten Musik vor'
behalten bleibt, und die Stimme nur die erfolgte Entscheidung zu künden hat.
Und damit vollendet sich's im vierten Teil, der eigentlichen "Weltfeier~l, ein Ver...
brüderungs, und Freudenhymnus voll feierlichem Schwung. "Kommt ihr Starken,
ihr Verwegnen, eure Fasten sind zu Ende, alle Welten, alle Sterne, bi~t' ich euch
als Liebesspende. - Und in sergen Liebesgluten halten wir das All umschlossen;
ew'ger Frühling, ew'ges Leben, ist in unserem Sein entsprossen.# Und hier ist der
Platz, zu erläutern, was zu Beginn gemeint war, als von Weigls künstlerischen
Ahnen gesprochen W"urde. Haben neuere Musiker Beziehungen zu Beethoven, so
gehen sie über Brahms, vielmehr sie übernehmen sie mit ihrer Verknüpfung an
Brahms, der wieder fest an Beethoven gekettet ist. Brahmssche Einflüsse wird man
bei Weigl wohl nur vereinzelt in den ersten Werken finden, vielleicht am ehesten
in der Strenge, m,it der das Lied zum formgeschlossenen Kunstwerk im kleinen wird,
bei aller Sorgfalt der Beglei'tung, aller thematischer Einheitlichkeit, immer der
gesungenen Melodie durchaus untertan, einer Melodie, die immer "eine ganze Seele"
enthüllt. Sonst aber ist Weigl frei von merkbaren richtunggebenden Einflüssen,
von Ex... und Impressionismus, bei allem Reichtum harmonischer, rhythmischer und
orchestraler Ausdrucksmittel immer in strenger, selbstgewählter Gebundenheit der
Form und des motivischen Geschehens, dabei von einer ethischen Höhe des Wollens,
einer sakralen Gewissenhaftigkeit, einer Reife des Könnens, daß man hier ungescheut-
man versteht schon, daß das kein Werturteil sein kann und soll - von einer ganz
direkten Beziehung zu Beethoven sprechen darf. Von einer Erneuerung der klassischen
Art in durchaus nicht epigonaler N achbetung, vielmehr in modern-lebendigem
Weiterwirken.
Habe ich versucht, etwas vom Geiste von W eigls Werk zu sagen, so bleibt
das meiste ungesagt: sein Temperament, sein Rhythmus, die edle Wärme seiner
Melodie. Er ist nicht eigentlich Gesangsmelodiker, so wenig wie etwa Richard Strauß,
insofern die Melodie eher, wie bei Beethoven, instrumental empfunden scheint.
Demgemäß er nicht immer rücksichtsvoll mit dem Sänger umgeht, und an Atem
und Umfang oft das Ungewöhnliche fordert, sich selber damit an Wirkung schadend.
Sein eigentliches Gebiet ist zweifellos, im weitesten Sinn genommen, das sym. .
phonische - Kammermusik und Orchester. Habe ich bisher mehr vom "MüssenIl
des Künstlers gesprochen, so erübrigen doch noch ein paar Bemerkungen über
sein Können. Die Kunst seines Satzes ist unvergleichlich. Was aus seinem Einfall
wird - und er hat noch Einfälle - die motivische Arbeit, die polyphone Gestaltung,
die er immer mehr entwickelt und in der letzten Symphonie großartig gesteigert
hat, ist so außerordentlich wie seine Lösungen mannigfacher Formprobleme. Er
probiert allerhand, und es wäre nützlich, dem einmal genauer nachzugehen. Er
vermeidet die wörtliche Reprise, wie den leeren Fremdkörper des artverschiedenen
Trios im Scherzo.'Er hat die Einsätzigkeit im Sextett, in der symphonischen Phantasie,

285
und besonders im E dur. . Quartett in geistreicher Weise behandelt und ist ein Meister
der Fuge - (siehe die Doppelfuge, die das Sextett einleitet) - so sehr, daß er,
vielleicht zu gerne, in Durchführungsteilen oder Expositionen dem fugierten Prinzip
huldigt. Der innere Aufbau, die Exposition, die in klassischer Geschlossenheit gerne
zweimal anhebt, und dann erst weiterführt, die Logik der Proportionen, die Durch. .
führungsteile, das Schlußgefühl, das alles ist jedem, der es sich einmal klarzumachen
die Mühe nimmt, ein hoher Genuß, dem unbelehrten Hörer unbefangenes Vergnügen,
weil zum Glück das gut Gekonnte auch rein sinnlich angenehm wirkt. So wie ein
guter Quartett- und Orchestersatz auch gut klingt, ohne daß man's besonders darauf
anlegt. So verschmäht denn Weigls Musik alles Äußerliche, allen Kling,Klang.
Vielleicht zu sehr, vielleicht zu streng, zu sachlich. Denn wenn er einmal will, wie
etwa im Quartettsatz mit der Viola d'amour, oder am Schlusse des Sextetts, kann
er den guten Klang auch zum bezaubernden Wohllaut versüßen, wie nur je einer
der berufenen "Klangkünstleru. In der Regel aber will er durch das wirken, was er
zu sagen hat. Durch Überzeugen, nicht durch Schmeichelei.
Diese herbe, ernste, konzessionslose, unabhängige, überzeugungsstarke, geistige
Kunst hat - ich sagte es bereits - in Wien und ebenso draußen im Reich keines . .
wegs schon die ihr gebührende Beachtung gefunden. Den Jüngsten scheint sie vielleicht
veraltet, den Konservativen zu modern. Das spricht aber sehr für sie und ihren
Schöpfer. Seine Musik ist bemerkenswert frei von fremden Einflüssen und es ist
heute schwerer denn je, sich von ihnen soweit zu emanzipieren, daß die eigene Art
nicht allzu sehr gefärbt erschiene. Besonders in einer ,Stadt, deren Nachwuchs heute
ganz im Zeichen Schönbergs und Schrekers steht und ein wenig unduldsam gegen
Andersgläubige ist. Es gibt jedoch kein Credo in der Kunst. Und kein Esperanto.
Jede Sprache gilt, die aus dem Herzen kommt und zu Herzen geht. Es gibt keine
Parteien, nur Männer. Und für einen rechten Mann breche ich hier diese Lanze,
dessen Schaffen eben mit der neuen Symphonie einen neuen Gipfel erstürmt, von
dem aus er auch anderen das gelobte Land, wie er es schaut, zeigen möchte. Das
muß möglich gemacht werden, und ich wüßte ein Mittel dazu, das gar nicht so
schwer und gar nicht einmal undankbar ist: Mehr aufführen von seiner Musik!

D C

ITALIENISCHE MUSIKER
IV
Ottorino Respighi
Von Guido M. Gatti, Turin
Als am 20. November 1910 am Stadttheater von Bologna die Oper "Semiramis l'
von Ottorino Respighi zur Erstaufführung kam, war der Komponist kein Unbekannter
mehr. Der Erfolg der "Semiramis'j verbreitete indes seinen Ruf mit der Schnelligkeit,
die Bühnenerfolgen eigen ist und von Werken absoluter Musik kaum erreicht wird.
Dem aufmerksamen Beobachter des italienischen Musiklebens war jedoch der
Name Respighi aus zahlreichen Berichten der früheren Jahre, zumal aus Bologna,
wohl bekannt, so daß er voll Zuversicht dem Schicksale seines ersten Bühnenversuches

286
entgegensehen durfte (obwohl genau genommen, von Respighi schon 1905 eine
dreiaktige burleske Oper nKönig Enzio ll komponiert worden war, ohne aber der
breiteren Öffentlichkeit bekannt zu werden. Auch ein zweites Experiment "Die
Mühle u , zwei Akte, Text von Donini, ist infoIge von Meinungsverschiedenheiten,
die am Vorabend einer beabsichtigten Aufführung zwischen Librettisten und Musiker
ausbrachen, bis heute unbekannt geblieben),
Wiederholt aufgeführt und geschätzt wurden unter anderem ein Streichquartett
in D dur, ein Klavierkonzert mit Orchester, geschriehen 1903, als Respighi (geboren<
in Bologna am 6. Juli 1879) erst 24 Jahre alt war, ein Fantasie für Klavier und
Orchester, gespielt 1907 unter der Leitung Rudolf Ferraris, und zwei Violinkonzerte,
lauter Werke ungleichen Wertes, noch ohne ausgesprochene Persönlichkeit, doch
überall schon die sichere Hand und aristokratische Musikalität des Kqmponisten
enthüllend.
"Sem ir amis" nun erfüllte die Hoffnungen, die der junge Musiker erweckt hatte,
und der Erfolg lenkte mit eine~ Schlag die Aufmerksamkeit ganz Italiens auf den
Namen eines neuen Meisters, der soeben kühnen Schrittes die musikalische Arena
betrat, die damals leider an tüchtigen Kämpfern nicht allzuviele aufzuweisen hatte.
Die Dichtung von Alessandro Ceve, vielleicht sein erster und letzter Versuch dieser
Art, enthält manche theaterwirksame Situation, ist geschickt gebaut und überdies
gut erfunden, vielleicht zu sehr d'Annunzio in ihrem bilderreichen, hemmenden
Allzuviel an Worten und wieder - zumal in einigen Szenen von gewollter wol...
lüstiger Grausamkeit - an die berühmten Strauß,Texte HofmannsthaIs gemahnend,
deren manchmal barbarischen, massigen Wirkungen sie nachzueifern sucht. So
stand auch der Komponist, wohl wegen der Ähnlichkeit der Handlung (da dieser
Einfluß in der Folge bei ihm nicht mehr nachweisbar erscheint) unter der unwider...
st,hlichen Verführung von Richard Strauß' Salome und Elektra. Nur in einigen
lyrischen Partien gelang es ihm, sich freizumachen, so im Liebesduett, das den
ersten Akt beschließt, im "Tanz der Aurora", im Nocturno - und hier beschwingt
die Musik eine zarte und sensitive Bewegung, welche noch heute wie vor zehn
Jahren ergreift. Indessen steht fest, daß "Semiramis", obwohl das Werk eines
bedeutenden Musikers, keinen neuen Weg der Bühnenkunst eröffnet hat. Wir
schätzen heute seinen Wert als musikalisches Drama richtiger ein, als manche
kritische Propheten von damals; wir wissen heute, daß Respighis Werk, statt eine
neue Bahn zu gehen, sich an Opern gehalten hat, die damals ihr Glück machten.
Eine neue, ihm eigene Vision zu verwirklichen ist ihm nicht gelungen, konnte
wohl auch, bei einem ersten Versuch, kaum gelingen. Ganz auffallend bleibt auch
in der Folge, wie wenig der Komponist sich für das musikalische Theater interessiert.
Ich kenne zwar "Marie... Victoire" nicht, die seit etwa acht Jahren auf die Uraufführung
wartet, doch glaube ich nicht, sie werde meine Meinung ändern können, daß
Respighis Begabung eine ausgesprochen lyrisch-koloristische ist und daher weniger
nach dramatischem Ausdruck verlangt.
Hatte "Semiramis" durch Reinheit des Stils, Feinheit des Geschmackes, Meister ...
schaft im Technischen ihrem Autor beneidenswerten Ruhm gebracht, so verschmähte
er es doch, auf den Lorbeeren auszuruhen. Fleißiger Arbeiter, der er ist, darin fast
alle seine italienischen Kollegen übertreffend, hielt er das Publikum Italiens, später
auch' des Auslands in Atem. Eine ganze Reihe symphonischer und Kammermusik...
Werke fanden günstigste Aufnahme, ausgenommen vielleicht eine dramatische

287
Symphonie, aufgeführt 1915 von MoIinari im Augusteum zu Rom, weitschweifig,
voll gehäufter Effekte und dramatischer Äußerlichkeit, ein Werk, fast auf jeder
Seite irgendwie interessant, aber doch im Gesamteindruck ermüdend. Dagegen war
ein Jahr vorher (1914) ebenfalls im Augusteum mit großem Erfolge die symphonische
Dichtung .Arethusa" für Sopran und Orchester zur Aufführung gelangt. Hier
dominiert ein beschreibendes Element. Eine ganze Palette zarter duftiger Farben
malt die Poesie des Wassers, dazu ein Fließen und Fluten, und über dieser ein. . .
dringlichen Begleitung die Gesangstimme, die die mythologische Episode der Nymphe
Arethusa auf ihrer Flucht vor dem Flußgott Alpheus schildert. Originell besonders
die Behandlung der Singstimme in ihrer sanften, erzählenden Bewegung, ähnlich
dem "Erzähler" im Oratorium des XVII. Jahrhunderts. Dieser Gesang,. dabei
in mancher Wendung von hoher melodischer Schönheit, hält einen einfachen, gleich. . .
sam kühlen Ton fest, wie der Autor gewollt hat, vollkommen gemäß der Reinheit
der lyrischen Episode. So bleibt es denn das Gebiet der Lyrik, auf dem Respighi
auch weiterhin die bedeutendsten Proben seiner Kunst ablegt, so gleich nach
"Arethusa" die köstliche Dichtung "Die Sensitive" (nach Shelley) für Mezzosopran
und Orchester und der besonders feine "Sonnenuntergang" (ebenfalls nach Shelley)
für Mezzosopran und Streichquartett. Nicht zu vergessen die große Reihe von
Liedern, deren einige zu seinen Meisterwerken zählen. Sie alle anzuführen, wäre
unmöglich, obwohl sie es fast ausnahmlos verdienten, wegen ihres poetischen Reizes
und der Wärme ihrer Lyrik. Übrigens - wer kennt sie nicht? Einige, mit Recht
berühmt, werden überall gesungen: "Nebel", "Schneefall«, "Schöne Pforte aus
Rubinen", "NoeI ancien'l, "Regen", "Längst vergangene Zeit", sie alle komponiert
von 1906 bis 1917, die, einmal gehört, nicht mehr vergessen werden. Wie sanft
der Gesang der Stimme, wie überaus fein und gehaltvoll die Begleitung! Unüber-
trefflich ist Respighi im Ausdruck gewisser melancholischer Stimmungen des Heün-
wehs, oder zarter Erinnerungen an vergangene Zeiten, an Dinge, die nicht mehr
sind und vielleicht nie mehr sein werden ... Dazu kommen Neubearbeitungen alt. . .
italienischer Schöpfungen von einer Meisterschaft, die nur einem gründlichen und
begeisterten Kenner alter Musik, wie Respighi, erreichbar ist (genannt seien seine
zahlreichen Transkriptionen und Umarbeitungen: "Die Klage Ariadnes ll , "Ciaconna"
von Vitali, bis zu den jüngst erschienenen "Alte Tänze und Lautelllieder aus dem
XVI. und XVII. Jahrhundert", welche überall so lebhaft gefallen haben). Mit wenigen
Strichen vermag der Musiker die Welt des XIII. Jahrhunderts herbeizuzaubern -
siehe die "Fünf Gesänge nach alter Art" - oder die des XVI. - siehe "Über eine
alte Arie",' kürzlich erschienen, wobei das bekannte Gedicht d' Annunzios wunderbar
mit einer berühmten Arie Cestis verbunden wird, die als Thema verwendet, mit
dem Klang des Cembalos eine reizvolle altertümliche Wirkung erzielt. Ich bin
überzeugt davon, daß nach Jahren, wenn vieIleicht gerade einige Leistungen von
Respighis höchstem Ehrgeiz von der Mode - die heute nicht mehr eilt, sondern
fliegt - verleugnet und vergessen sein werden, dieser duftige Strauß seiner lyrischen
Blüten immer noch lebend und frisch unsere Kinder erfreuen wird. Und überzeugt,
daß unser Meister nicht aufhören wird, dieses Feld zu bebauen, das ihm die reichsten
Früchte seiner Empfindung getragen hat und weiter tragen wird. Früchte, deren
Geschmack und Schönheit das Publikum Italiens und des Auslandes wohl zu schätzen
weiß, zumal wenn sie ihm von der ausgezeichneten Sängerin EIsa Olivieri geboten
werden, der reizenden Gattin des Komponisten, selbst Schöpferin wertvoller Lieder.

288
Ottorino Respighi hat nur wenig für Kammermusik geschrieben: nach den ersten
lahren seines Schaffens kaum mehr als die Violinsonate, die 1917 erschien. Aus
der ersten Periode (1907) stammt das Quartett in D dur, hervorragend durch sauberen
Satz und Erfindung, niemals überladen, kontrapunktisch interessant, speziell im
l4
n Thema mit Variationen • Was ihm fehlt, ist eigenes Gefühl und Persönlichkeit,
so daß es bisweilen an bekannte russische Vorbilder erinnert. Viel merkwürdiger
die Sonate in H InoH, die, von Arrigo Serato und Ernesto Consolo gespielt, überall
großen Eindruck gemacht hat und seit kurzem auch von Huberman propagiert
wird. Respighis Sonate ist noch nach klassischem rvIuster gehaut, entfernt sich fast
nirgends vom Brahmsschen Typus, versucht höchstens durch hänfige Einfügung
fremdtoniger Episoden die Linie elastischer, nervöser zu verändern. Aber die
Einheitlichkeit der Komposition bleibt glücklich gewahrt und die Probe seines
Könnens, die der Musiker damit ablegt, kann nicht glänzender sein. Trotzdem läßt
sich nicht verkennen, daß die musikalische Substanz dieser Sonate eigenen Charakters
entbehrt. Alle Themen, gefällig, kräftig, einschmeichelnd, weisen doch nicht prägnante
Zeichen einer Persönlichkeit auf, wie sie der Künstler als unauslöschliches Siegel
seinem Werk einzuprägen vermag (nebenbei eine Frage: wie viele Künstler sind
in Wahrheit originell? und wie viele, selbst unter den Großen, dürfen sich rühmen,
wirklich ganz anders zu sein als alle übrigen ?). Nicht um Reminiszenzen zu jagen-
wer will, wird Anklänge an Strauß in den frühen Werken finden - sei doch von
einer echten Assimilation verschiedener musikalischer Stile gesprochen, vielleicht
nicht genügend verdaut und neugeschaffen. Aber die Passacaglia - dritter und
letzter Satz - abgesehen von einem Überwiegen des pianistischen Elementes, das
auf die ganze Sonate drückt - imponiert durch die Sicherheit der Führung, die
Frische, Feinheit und Reichhaltigkeit der Effekte, die der Komponist im Rahmen
der alten Form unterzubringen verstand.
Im hellsten Licht jedoch zeigt sich der Künstler Respighi in seinen sym-
phonischen Werken. Man darf ihn ruhig unter die ersten Orchesterkomponisten
der Jetztzeit, nicht nur Italiens, rechnen und auch als Kompositionslehrer am
Lyceum Santa Cecilia in Rom ist er ein wahrer nMeisteru. Er hat den rechten
Sinn fürs Orchester, beherrscht bewunderungswürdig das Geheimnis, ein symphonischcs
Gebilde zu formen, in dem aUe Elemente ihr eigenes notwendiges Dasein leben
und alle zu einer Harmonie, zu einer dynamischen Ökonomie von größter Schönheit
verschmelzen. Diese angeborene Gabe fand Gelegenheit, sich in der Schule der
Russen, speziell Rimsky..Korsakoffs, zu festigen und zu steigern, dessen Schüler
der dreiundzwanzigjährige Respighi kurze Zeit gewesen ist.
Jedes Orchesterwerk Respighis, ganz gleich welches, mag vielleicht sein musikalischer
Gehalt strittig sein, verdient Bewunderung für seine symphonischen und orchestralen
Werte. Von Arethusa, vielmehr schon vom ersten Violinkonzert an, bis zur
Gnomenballade und den Balletten für die russische Truppe Djagileff - komponiert
nach Motiven von Rossini (La boutique fantasque) und von Cimarosa (\'ifeiberlist)-
sie alle einzeln zu besprechen würde den Rahmen eines Aufsatzes überschreiten,
der das Profil des Bologneser Künstlers in kurzen Strichen zu skizzieren wünscht.
So seien nur kurz erwähnt die bisher noch nicht genannten: nNocturno", nKarnevals ..
ou~rtüreu, nSuiteu für Streicher in G, "Lied und Tanz nach russischen Volksweisen/>
und nGregorianisches Konzert" für Violine und Orchester. Nur über das symphonische
Gedicht "Römische Brunnen.... soll etwas mehr gesagt werden, weil es d.:.s

289
umfangreichste Werk des Autors und auch im Ausland durch zahlreiche Aufführungen
am bekanntesten geworden ist. Die "Römischen Brunnenu, geschrieben 1916-1917,
symphonisches Gedicht in vier Teilen, ein Quadriptychon, in dem jedes Bild eine
Gegend der ewigen Stadt mit einem Brunnen als Hauptmotiv darstellt, einem
jener Brunnen, die zu den größten Schönheiten der Hauptstadt gehören. Die Bilder
heißen: Valle Giulia vor Sonnenaufgang, Triton am Morgen, Piazza cli Trevi zu
Mittag und Villa Medici bei Sonnenuntergang. Jeder Brunnen, Monument aus Stein
zugleich und Wasser, Ruhe, die Jahrhunderten trotzt, und rastlose Bewegung ist von
seiner natürlichen Atmosphäre umgeben: ländliche Stimmung heim ersten, fröhliches
Geschrei der Najaden und Tritonen beim zweiten, Siegesfanfaren um den Triumph...
wagen Neptuns beim dritten, beim vierten Heimk,ehr vom Felde, leises Blätter...
rauschen und Vogellaut, dem die Stille der Nacht folgt. Diese vier Bilder sind
impressionistisch gestaltet und glänzend gelungen. Mit brillanter Technik bannt der
Musiker seine vier Visionen, bedient sich mit gleichem Geschick der leuchtenden,
etwas oberflächlichen Farbengebung Rimsky-Korsakoffs, der grauen blassen Töne
aus Debussys Palette wie des grelleren Wagner-Straußschen Blechs und so glückt
ihm der Gesamteindruck einer orchestralen Persönlichkeit, worin ich seinen
besonderen Wert erkennen möchte.
Sind auch die Themen nicht immer charakteristisch, wie schon bei anderen
Kompositionen bemerkt wurde, die Art, wie .sie verwendet werden, verwandelt und
bereichert durch den Orchesterklang, ergibt unverkennbar Eigenes und wo der
Tumult der Töne sich besänftigt und die Erfindung - wie besonders in den zwei
Mittelstücken - weniger dekorativ ist, intimer wird, aus dem innersten quillt,
fühlt man den Hauch echter Poesie und warmer Beseelung.
Der in anderen Arbeiten manchmal beinahe störende Eindruck, daß bloß orchestrale
Virtuosität die ganze Komposition - Inhalt und Form, wohlverstanden - erfüllt, ist
hier geschwunden. In ·der "Fontana di Valle Giulia u ist ein wahrer Dichter von einem
einfachen, intim. .lyrischen Naturbild bewegt worden und überdies ein Musiker, der die
geheimen Schauer seines Glückempfindens in schönster Weise wiederzugeben verstand.
Und das ist es, was wir von Ottorino Respighi auch weiterhin erhoffen und
was er uns gewiß nicht schuldig bleiben wird. Und darum sehen alle, die sich seiner
freuen und ihm vertrauen, mit größtem Interesse der nächsten Probe seiner Kunst
entgegen, die ihn von neuer Seite zeigen soll: das komische Element regiert die
angekündigte Oper uBelfagor", die ihrer Vollendung entgegensieht.
Frei übertragen von R. St. Hoffmann
a a

D I R I G E N T E N
XII
Otto Klemperer
Von Juliusz Wolfsohn, Köln
Als er den "Figaro" neu ein/?tudiert herausgebracht hatte, sagte mir ein bekannter
Kritiker, der Gustav Mahler in Wien erlebt und erkannt hatte: Hier ist wieder
einmal der wahre "creator spiritus"'. - Er kam her, dirigierte den "Fidelio u und
wurde engagiert. Diese Aufführung wurde zu einem Erlebnis für alle, welche ihr

290
beigewohnt hatten. Dann begann sein Wirken und Schaffen. Die erste Tat war: Er
brachte den "Ring''', der schon jahrzehntelang vom Spielplan verschwunden gewesen.
Mozart . . Opern folgten: "Figaro l ' , Co si fan tutte ll und zuletzt "Don Giovanni 4' . Und
immer und immer wieder der hinreißende große Zug, sein dämonischer Wille, der
jeden Einzelnen zur höchsten Kraftentfaltung zwingt.
Wenn ich Klemperer in den Orchester raum eintreten sehe, stellt sich bei mir
ganz unwillkürlich das Gefühl ein: Heute Abend muß es schön werden! Und dieses
Gefühl verstärkt sich noch, wenn er an seinem Pult steht, seine schwarz. . dunklen,
tiefglühenden Augen über das Orchester schweifen 'läßt und, mit seinem Blick
alle in einen magischen Bann zwingend, den Stab hebt. Und sonderbar! Bei
anderen Dirigenten sind die Musiker nervös, unruhig, aufgeregt; steht jedoch
Klemperer vor ihnen, blicken sie vertrauensvoll zu ihm auf und sind felset;1fest davon
überzeugt: Hier kann nichts vorkommen, ohne daß der Größere es sofort bezwingt.
Er dirigiert mit überlegener Sicherheit, mit brillanter Eleganz, wenn es sein muß,
und dann wieder, Stab und Blick ins Orchester hineintauchend, jeden einzelnen
Akkord wuchtig herausholend. Steht mit unerschütterlicher Ruhe, wie auf einem
Felsen inmitten der Brandung. Reißt dann, ekstatisch aufspringend, die Seinen bis
zum höchsten Grat empor, ballt mit weitausholender Geste das Tosen zum turbulenten
Chaos zusammen und findet dennoch Zeit, jede Mittelstimme, jedes kleinste Motiv
prägnant und deutlich herauszuheben. Dann vergiBt man den Menschen und sieht
nur noch den Propheten und Verkünder. Ein Bewußtsein, das ich bisher nur einmal
empfunden habe: als ich einem Konzert beiwohnte, das Artur Nikisch dirigierte.
Klemperer ist durchaus Vertreter der modernen Musik. Vor allem tritt er für
seinen großen Lehrmeister Mahler ein. Die Konzerte, in denen er die "Lieder eines
fahrenden Gesellenu, die erste und zweite Symphonie brachte, gestalteten sich zu
Erlebnissen, die sobald nicht vergessen werden. Selten habe ich einen Dirigenten so
sehr in einem Werke aufgehen sehen, wie ihn in diesen Konzerten. Und an diesen
Abenden wuchs er über sich selbst hinaus. Da war er nicht der Theaterkapellmeister,
sondern einer der Größten, die nebeneinander genannt werden müssen. Da war es
nicht mehr das Theaterorcbester (das nur den Intentionen des Komponisten zu
folgen und diese getreu auszuführen hatte), hier waren Menschen, einem Großen
folgend, zu Großem emporgewachsen, so daß sie Gustav Mahlers Werk Klang
werden lassen konnten und - durften. Und hier offenbarte sich das ureigenste
Wesen Klemperers zum ersten Male ganz und gar.
Dann wagte er etwas Unerhörtes: Er brachte Schönbergs .Pelleas und Melisande"
hierher, dieses selbst für Große so unsäglich schwer zu bewältigende Werk, an das
sich bisher nur die Wenigsten heranwagten, und ließ zum ersten Mal eine Musik
Klang werden, die man hierzulande noch nicht vernommen hatte. Nur für einige
Wenige, leider Allzuwenige wurde dieses Werk Erweckung zum Erlebnis und all-
zuwenig Freunde hatte dieser Abend für Schönberg geworben. Daß es so kam, ist
einzig und allein dem Umstand zuzuschreiben, daß die heutige Zeit noch nicht reif
für diese Musik ist, in die sich Klemperer mit seiner ganzen großen Musikerseele
hineinversenkt hatte. Aber das ist ja wohl das Los aller, die denen den Weg
ebnen wollen, welche ihr Ziel über die Welt hinausführt.
Restlos jedoch beugen sie sich vor seinem Genius. Da gibt es keinen mehr, der,
wie es wohl in seiner ersten Zeit geschehen ist, spräche: "Der oder jener hat es
M
besser gemacht! . . Jetzt sagen sie nur noch: "Es ist wohl anders gewesen, aber ...

291
Man wirft ihm vor (wenn hier überhaupt von einem "Vorwurf" die Rede sein
kann), er könne nicht Beethoven dirigieren (das heißt, wohl dirigiertechnisch
bewältigen, aber nicht in den Urgrund Beethovenschen Geistes eindringen).
Auch hier, wie schon so oft (ich glaube Ähnliches auch in einem Artikel Richard
Spechts gelesen zu haben), wirft sich die Frage auf, ob ein Dirigent, der Mahler
und Schönberg mit Leichtigkeit bewältigt, bei Beethoven jedoch versagt, zu den
Großen zu zählen sei. Diese Frage kann nicht mit zwei Worten abgetan werden. Man
kann ja nie wissen, von welchen Umständen ein derartiges "Versagen 11 abhängt.
Würde wohl einer, der von seinem Können nicht überzeugt ist, die C moll . .
Symphonie immer wieder in seine Programme aufnehmen? Das darf doch wohl
füglieh bezweifelt werden.
Schon seine äußere Erscheinung ist faszinierend: Die hohe, schlanke, alles über . .
ragende Gestalt, der von schwarzen Locken bedeckte Kopf mit der edeIgewölbten,
hohen Stirn, die tiefdunklen, geheimnisvollen Augen, von dem schier asketenhaft
schmalen Antlitz umrahmt, das eine frappante Ähnlichkeit mit Gustav Mahlers
Zügen "aufweist. Dazu seine Stimme, die so weich klingt, als sei sie selbst eine
Melodie in weichem Moll. Der ganze Mensch ist Musik, nur Musik.
Klemperer will Großes. Und mit eiserner Zähigkeit arbeitet er auf das Erreichen
seines Zieles hin. Und noch eines: Es gibt Dirigenten, die unter Stimmungen
(Indispositionen nennen es die Künstler, gewöhnliche Menschen haben die Ausdrücke:
Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit) leiden. Davon habe ich bei Klemperer nie
etwas verspürt. Niemals habe ich ihn ungleichmäßig gesehen oder gar Launen
nachgebend. Hier ist auch eine von den Grenzen, an denen sich der Mensch vom
Künstler zu scheiden hat und die von Vielen, Allzuvielen wissentlich und unwissent. .
lieh überschritten und ühersehen wird. Klemperer sieht sie und handelt danach.
Die künstlerisch . . moralischen Qualitäten des Dirigenten teilen sich auch denen
mit, die unter ihm spielen. Ein Faktum, das zu beobachten ich Gelegenheit hatte.
Auch hier: Ich sprach des öfteren langjährige Mitglieder des Orchesters, die mir
sagten.' daß niemals größerer Ernst unter den Ausführenden geherrscht habe, als
jetzt unter Klemperer.
Über sein Leben gibt es nur wenig zu berichten. Daß er Gustav Mahlers Schüler
war, habe ich bereits erwähnt. Daß er in Hamburg und Straßburg Kapellmeister
war, ist wohl ebenfalls bekannt. Ein Brustleiden zwang ihn, auf einige Zeit nach
Südfrankreich zu gehen. Dort lernte er Romain Rolland kennen. Und wenn man
dessen Werk "Jean Christoph" liest, tritt einem immer und immer wieder Otto
Klemperers Gestalt entgegen.
Will man nun auch noch den Komponisten Klemperer kennen lernen, dann
nehme man seine Lieder, etwa das nAus tiefer Not" oder "Lilli". Auch seine Musik
zu den Osterchören aus "Fause' wurde hier gelegentlich gespielt. Ein einziges
großes Werk hat er bislang der Welt geschenkt, eine Messe, die unverkennbar den
Stempel Mahlersehen Gepräges zeigt.
Seine letzte große Tat war die Uraufführung von Korngolds "Toter Stade'. An
diesem Abend zeigte sich Klemperers Genialität im hellsten Licht. Und eigenartig
ist es, daß der enthusiastische Beifall des Publikums weniger dem Werk - denn
das verstanden ja nur die Allerwenigsten beim ersten Hören - als vielmehr dem
Dirigenten galt.
o 0

292
G /oss t'11-
NEUE KAMMERMUSIK Streichertrio, heiterer, bei gemäßigter Moderni..
tät glücklich und instrumentengerecht klingen..
IN DONAUESCHINGEN der Musik. Wilhe1m Grosz trat aus dem Rahmen;
Merkwiirdiger Fall: Es ist einigen wackeren seine neuen, aber schon vielfach bekannten
Leuten beigekommen, sich der heute schwerer Klaviervariationen, vom Komponisten meister..
denn jem.als ringenden jungen (und hier ist das haft gespielt, zeigten mehr noch als den raffi..
böse Wort doch einma.l anzuwenden) modernen nierten Techniker einen bewußt aus dem vollen
Komponisten zu erinnern. Schwerer, weil ein.. schöpfenden Geist von höchster, lebendigster
mal musikalische Bemühungen ganz besonders Beweglichkeit. Ist es erlaubt, die, Gruppe zu
hart an die Schranken heutiger Ge1dverhältnisse charakterisieren? Ihrem Lehrer Ruhm ver..
stoßen (Säle, Mitwirkende, Notenvervielfälti.. kündend, gab sie rechte Musiziermusik von
gung, Verlagswesen!), dann aber auch, weil frischen und neuen Farben. Zudem war es
sich, möge mau'::: begrüßen oder verabscheuen, unleugbar (im alten Sinn) österreichische Musik,
eine neue Musik vorbemüht, die man erst wie denn von den zehn Komponisten des Festes
hören lernen muß. Nun denn, einige Herren in sechs Österreicher waren.
Donaueschingen, namentlich lYlusikdirektor Sogleich erhebt sich die Frage nach der
Heinrich Burkhard (und mit ihm Dr. Johne und and.eren Wiener Schule, der Arnolds Schönbergs.
F. C. Barth) gewannen den Fürsten zu Fürsten .. Sie war durch Alban Be r g und durch Kar!
berg, einen auch in Österreich wohlbekannten Ho r w i t z würdig vertreten. Alban Bergs Kla vier..
Förderer der Musik, für den schönen Einfall. sonate (von Erdmann vorgetragen) ist fast
Dank seiner Unterstützung konnte das Unter... allzusehr bekannt, als daß sie noch vorgestellt
nehmen durchgeführt werden. Ein Arbeits.. werd.en müßte: ein Werk von altväterlicher
ausschuß (die Herren Burkhard, Josef Haas und ]ugendreife, dabei in ihren Gedanken, in ihrer
Eduard Erdmann) sichteten etwa 600 Manu .. Melodik und Harmonik der Zeit Wege weisend,
skripte und wählten zehn Kompositionen aus, doch für den Komponisten nur Anfang und Über..
denen Kammercharakter zur Bedingunggemacht gang. KarlHorwitz brachte (durch die vortreff..
worden war. Unter dem Protektorat des Fürsten liehe Sängerin Anna Kämpfert) ältere und neue
und unter Richard Straußens Ehrenvorsitz - er Lieder zu Gehör, die bei innigster WorHon..
war von der ersten zur letzten Note anwesend- Durchdringung und melodischer Eigenprägung
fand das Fest am 31. Juli und 1. August in der ein bemerkenswertes Bekenntnis zu eigenen
an Überlieferungen und Kunstschätzen reichen Wegen verkündeten. Wer es etwa noch nicht
Residenz des Fürstenhauses in Donaueschingen wußte, dem sagten diese beiden Schüler das Lob
~tatt. Zahlreiche Gäste wurden aufs freundlichste jener unerreichten Wesenvollendung, die Schön..
bewirtet. berg jedem gibt, der sich ihm anvertraut.
Zu den Werken selbst! Es gab drei Konzerte, Arthur Willner, Deutschböhmet war ein
deren Programme glücklich gewählt waren. üb Vierziger, der Älteste der aufgeführten Kom..
die getroffene Auswahl ein vollkommen genaues po nisten, die sonst fast alle erst im dritten Jahr..
Bild der neuen Tendenzen gab, läßt sich schwer zehnt prangten. Er ist norddeutscher Schulung
entscheiden; ganz gewiß aber wurden den und Richtung zugewandt. Sechs (von den 24)
Zuhörern ellllge Erschdnungen von zeit.. Fugen eines op. 24 "Von Nacht und Tag", für
charakteristischer Bedeutung vorgeführt. Auch Klayier allein komponiert, boten das Bild eines
waren diese Erscheinungen recht gut gruppiert. klar und doch romantisch fühlenden, logisch und
Da war zunächst die Schule Schrekers, der formgerecht denkenden Musikers von gutem
das erste der Konzerte gewidmet war. Haba, Profil. Eben das Profil zeigten zwei an ..
Grosz und Krenek kamen zu Worte. Haba scheinend wohlbegabte, sehr junge deutsche
und Ktenek mit älteren Werken, jener mit Künstler Franz Ph i Hp P (Klavierquartett)
seinem ersten, in seinem schönen Klang die und Rudolf Peters (Violinsonate) noch nicht
slawische Artsverwandschaft nicht verleugnen .. und ihre Werke blieben darum Versprechungen
den. ungemein reizvollen ersten Streichquartett, und mehr einem Erbe als einer Zukunft zu ..
dieszr mit einer Serenade für Klarinette und gekehrt.

293
Die Streichquartette von Philipp Ja rna ch ihre Ware zur Schau, id est zu Gehör steHen
und Paul Hindemith (Nr. III. Uraufführung) könnten, durch Aufführung von Kammermusik,
hatten besonders starke Überzeugungserfolge. Liedern, Opernfragmenten u. s. w. Schön, aber
Jarnach, ein junger Katalonier von überwiegend der Saal kostete 10-12.000 Kronen, und um
deutschen Neigungen, gab in der neuerlich diesen Preis bekommt ihn schließlich jeder, vor..
vielfach beliebten Variationenform ein Werk ausgesetzt, daß er das Geld hat, auch ohne die
von romanisch geprägter Form und, bei aller Hilfe der Konzertmesse. Verlegerkonzerte, in
Modernität der Mittel, fast klassischer Reife Deutschland längst bekannt, für uns eine er . .
heraus. Dem gegenüber ist Hindemith Stürmer, wünschte Neuheit, scheiterten ebenfalls an der
von wildestem Temperament, von rücksichts . . Höhe der verlangten Beträge. Großartige Auf..
loser Härte der Harmonik, melodisch... thematisch führungen - dunkel entsinne ich mich noch
vieI1eicht minder geschult oder doch bedacht einer (natürlich) französischen Oper - fielen in
(Gegensatz: die Schule Schönbergs) aber von das allgemeine Wasser. Der Wiener Kunst
jenem Plan getrieben, den ein französischer sollte Brot gegeben werden - es war Si mons ..
Philosoph mit Recht elan vital genannt hat. brot, von dem sie nicht satt wurde. Aber gab
Übrigens saß Hindemith, Konzertmeister der es nicbt auch offizielle MesseveranstaItungen,
Frankfurter Oper, selbst am Bratschenpult eines ganz..., halb.. und dritteloffizielle und dann
neuen Quartetts, dem sein Bruder Rudolf als solcbe, welche inoffiziell doch wenigstens "im
Cellist und die Mannheimer Geiger Licco Amar Rahmen der Wiener Messe" stattfinden durften?
und Walter Caspar angehört; ihre Zusammen- War nicht eine Aufforderung an alle Kom ..
spiel' war erstaunlich. Auch das Havemann.. ponililten ergangen, Werke jeden Kalibers ein ..
Quartett bewährte sich in allen Ehren. zureichen, die von einer Jury gesichtet und nach
Das l\IIusikfest brachte auch einen ungemein Würdigkeit und Möglichkeit aufgeführt oder
anregenden Ausflug nach dem Kloster Beuron, wenigstens für künftige Messen vorgemerkt
dessen leidenschaftliche Pflege des gregoriani.. werden s,ollten? Nun, die offiziellen und weniger
schen Chorals an praktischen Beispielen und offiziellen Konzerte ließen jede Spur eines pro ..
in einem glänzendem Vortrag durch P. Johner grammatischen Gedankens in kläglichsterWeise
gezeigt wurde. Endlich als Abschluß ein Park. . vermissen. Jeder führte seine wohlbekannte
fest im fürstlichen Schloß, bei dem serenaden. . Fertigware vor,die Philharmoniker ihr typisches
artig Musik von Mozart in die Nacht hinaus probenloses Musterspiel oder die Oratorien . .
klang. Denn auch er war Neuerer und ist nur vereinigung ihre jährliche "Schöpfung~. Aber
uns der Klassiker an sich. Mögen weitere Feste, was soll man zu einem Eröffnungsfestkonzert
dem Donaueschinger gleich, neuen Geistern sagen, das neben Mozart, Wagner, Beethoven und
einen freudevollen Weg zur Vollendung weisen. Man, noch Bizev, Massenet, Charpentier, Grieg
Paul Stefan und - Richard Trunk zu Worte kommen ließ,
o 0 nicht zu reden von der schlampigen Redaktion
des Programms, das unter anderem versicherte,
Herr Oestvig werde eine Gruppe Lieder "in
DIE WIENER KONZERTMESSE rein norwegischer Sprache~ singen. (Eines
Ich weiß nicht, ob die Wiener Messe ein klang aber dennoch wie deutsch!) Und was zu
Erfolg war. Fest aber steht für mich, daß jener einem allzu weiten und jedenfalls zu geduldigen
Teil, der die seltsame Bezeichnung "Konzert. . "Rahmen", in dem allerhand Outsider ihr
messe" führte, keiner war. Nicht geschäftlich dilettantisches Porträt zeigen konnten, und
und, was ärger ist, nicht künstlerisch. Was war allerhand findige Agenturen die wienerische,
nicht alles versprochen worden 1 Herr Rainer "weanerische~ Note mit würdelosen Re.-
Simons wollte den armen Komponisten helfen, verenzen vor den "Etrangers~ in gute geschäft-
die es, weiß Gott, niemals gut gehabt haben, liche Verbindung zu bringen versuchten. Die
und heute noch viel, viel schlimmer. Heute Aussicht, aufgeffihrt zu werden, leerte mit
kostet das Abschreiben einer Partitur ein Ver ... größter Geschwindigkeit die zahllosen Pulte,
mögen, die Aussicht, aufgeführt und verlegt zu in welchen junge und leider auch ältere Musiker
werden, wird durch die wahnsinnigen Spesen die Manuskripte zu verwahren pflegen. Nicht
beinahe zur Unmöglichkeit. Sehr hübsch fand weniger als 800Werke sollen dngereichtworden
ich zum Beispiel den Gedanken, daß ein Saal, sein. Über die Zusammensetzung und die Arbeit
gleichsam ein Messestand, den Autoren zur der Jury ist nichts mitgeteilt worden. Jedenfalls
Verfügung stehen sollte, wo sie vor Interessenten, fielen sofort alle jene durch, welche im Ver ..
Verlegern, Direktoren, Künstlern, Publikum trauen auf die Einladung an die Möglichkeit

294
einer Orchester.. oder Choral1fführung gedacht sonders der hohen Lage. widerspricht, von den
hatten. Für den Rest wurde sicherem Vernehmen anderen Konstrukteuren jedoch, Bauer, Eng!,
nach in der Person des Herrn Pl'ohaska ein Markstein (Tim.. lnstrumente) und Dr. Heller
Diktator bestellt. Man wird wohl weder offiziell jeder eine scharfsinnige Verbesserung, die jeder
noch inoffiziell die Richtigkeit der Version zu.. für die entscheidende hält, fand. und die man
geben wollen, nach der die einzige pro gram .. versuchsweise jetzt alle an einem neuen In..
matische Idee der Wiener Konzertmesseleitung strument vereinigt zeigen sollte, um vielleicht
eine so wenig künstlerische gewesen sei, wie doch dem edlen Italiener nahe zu kommen,
etwa der übel bekannte Arierparagraph im der sie diesmal noch immer weit hinter sich
Alpenverein. Sicher ist, daß das reichlich spät, ließ. Repräsentativ aber war bloß eine einzige
nämlich nach Schluß der Messe verau:;taltete Veranstaltung, wenn es auch keine der Wiener
erste und bisher einzige "Autorenkonzert" Messe war, Mahlers achte Symphonie unter
dieser Ansicht nicht widersprach. Im Gegen.. Bruno Waltel', die die letzten Aufführungen des
teil: ein derartiges Prinzip erscheint mir Riesenwerkes turmhoch überragte und nur mit
noch als Rechtfertigung für die Annahme der ersten Wiener Aufführung vor 'zehn Jahren
eines Werkes, wie es in seiner aufgeregten zu vergleichen ist, die ebenfalls Walters Ver..
Unzulänglichkeit das Streichquartett in emaIl dienst war. Eine ungeheure Arbeit, in unwahr..
von Gustav Havranek oder das an Können und scheinlich kurzer Zeit geleistet, erzwang den
Satz respektable, aber schulmeisterlich trockene bedeutendsten Erfolg. Der Idealismus aller
Streichquartett in Es dur von Franz Ippisch Mitwirkenden, besonders der freiwilligen Chor..
ist. Günstiger war die Lyrik mit gefälligen mitglieder, welche in wütender Augusthitze
Liedern von Oskar Fischer, interessanteren viermal wöchentlich die Proben füllten t spricht
Gesängen von Oskar Metzner und wohUauten.. mehr für die unverlierbare Musikkultur unserer
den, zum Teil bekannten von Josef Dasatiel Stadt als alle Konzertmessen. Zumal eine solche,
vertreten, der hier zweifellos seine Umgebung wie diese letzte war, uns eher in die Gefahr
beträchtlich überragte. Der Gewinn des Abends des Raisonnements bringen könnte, daß Wien
war die Entdeckung des Zertmoniensaales der keine Messe, sondern ein - Requiem wert sei.
Hofburg als schöner Rahmen für Konzerte, R. St. Hoffmann
wenn es auch nicht gerade Messekonzerte im o 0
Rahmen der Wiener Konzertmesse sein sollten.
Da ich unmöglich glauben kann, daß diese zwei
Quartette und elf Lieder das allein Würdige NEU E V 0 L K S L I E D_
von 800 Werken gewesen sind, die übrigen 787 BEARBEITUNGEN
aber auf den kommenden Messen darankommen
sollen, so ist eine künftige Konzertmesseleitung,
FÜRKLAVIER
wie es in Reklamenotizen so gerne heißt, für Wenn der Kunst als solcher die Fähigkeit
etliche Jahre "aller Repertoiresorgen enthoben;:/ innewohnt, das Universelle in indivi~
und der Kritiker mit ihr. Daß es trotz alledem dueller Weise auszudrücken, und ihr
zu einigen bemerkenswerten Aufführungen doch aUch wieder die Macht zusteht, dem ein..
kam, ist nur teilweise das Verdienst der Messe.. malig Dargestellten zur Allgemeingültigk eit
leitung. Ich nenne hier die ungemein stimmungs .. zu verhelfen, so kommt diese Eigenschaft dem
vollen Domkonzerte in der Stephanskil'che, V 0 I k s 1i e d noch in einer ganz bestimmten
die Bekanntschaft mit dem genialen Dirigenten Hinsicht zu. Denn obzwar dieses das spezifische
Fritz Reiner aus Dresden, das Musik . . Fassel.. Erleben eines Volkes ganz scharf umrissen
rutschen in Klosterneuburg, die besser gedachten darstellt, vermittelt es nichtsdestoweniger auch
als ausgeführten musikalischen Kammerspiele das Allgemein.. Menschliche, ja das Kosmisch..
unter der Leitung Ary van Leeuwens, denen ich Allumfassende, das seine Realisierung in der
eine bessere Mischung, als Mozart, Mörike und und jener konkreten nationalen Eigenschaft
Armin Friedmann ergibt und eine intensivere gefunden hat. Gerade die Quintessenz des volks~
Scheu vor Bühnenanfängern wünschen möchte, mäßig, .oft sogar lokal Bedingten erscheint in
während die musikalische Bearbeitung sebr dieser F arm ins Allgemein..Wesentliche gerückt;
fein ist. Erwähnenswert auch das Vergleichs.. und durch eine vermittelst der Kunst sub ..
spiel neuer Streichinstrumente mit altenMeister... jektivierte Wendung vermag sich eine bislang
instrumenten, wobei nur Thomastik neue völlig verdunkelte Seite wie im Blitzlicht zu
konstruktive Wege geht, die theoretisch ein.. erhellen - die fremde und uns doch im
leuchten, während der näselnde Klang, be.. Innersten, Rein..MenschIichen verwandte Seele

295
erschIi~ßt sich unserem Verständnis und wir Gewaltsamkeit ins Deutsche zu übertragen. An
erahnen das Geh~imnis großer Zusammenhänge. dieser Unzulänglichkeit leiden sonst musikalisch
Freilich, um in solch intensiver Weise auf ganz vortreffliche Bearbeitungen jüdischer
den inmitten der europäisch~n Kultur Stehenden Volksweisen. Da war es nun eine glückliche
wirken zu können, bedarf das Volkslied eines Idee Juliusz Wolfsohns, uns diese Weisen
Interpreten, der, ganz vom Geiste desselben durch Klavier .. Paraphrasierungen nahezu ..
durchdrungen, es gleichwohl unserer gewohnten bringen. (Zwei schön ausgestattete Hefte zu je
Kunstsprache in einigem anzugleichen weiß: vier Paraphrasen '1-.) Den Gefahren, denen so
Denn das reine, unverfälschte Element der viele derartige Bearbeitungen meistenS verfallen,
zeit~ und ortsfremden Volkskunst ist unserem nämlich entweder die Originalmelodie durch
Verständnis allzu fern gerückt; zu sehr sind zu starkes melodisches Abbiegen zu entsteHen,
wir in unserem eigenen, zeitlich und örtlich oder anderseits die unverändert gelassene
bedingten Geschmack befangen. Wer daher die Melodie durch leere Figural-Ornamentik zu
kostbaren verschollenen Schätze des Volks .. belasten und zu verdunkeln, ist Wolfsohn
liedes den Heutigen zu lebendigem Bewußtsein geschickt entgangen. Er leitet jede der acht
bringen will, muß sich wohl oder übel zu einer Paraphrasen durch ein die Stimmung festlegendes
Einkleidung der überkommenen Melodien ent.. kürzeres oder längeres Vorspiel ein. in dem
schließen. Hier liegen nun die großen Schwierig.. die Motive des Liedes anklingen, und versetzt
keiten, die der Verwirklichung eines solchen uns so zunächst in ein 11"edium, aus dem sich
Unternehmens entgegenstehen. Die einen Be .. die Hauptmelodie hierauf ungezwungen loslöst.
arbeiter vergewaltigen die überaus empfindliche Die weiteren Melodiewiederholungen werden
Sede des Liedes, indem sie es bedenkenlos gemäß dem Inhalt des zugrundeliegenden
modernisieren und das Original durch ihm oft Originaltextes gesteigert, gefärbt oder variiert,
gänzlich wesensfremde Harmonien überladen; so daß auch der in Unkenntnis der Worte
die andern wieder glauben den volkstüm .. gelassene Hörer ein ziemlich deutliches Bild
lichen Charakter durch absichtliche SimpU.. des inneren Wesensgehaltes empfängt.
fizierung der Begleitung wahren zu können. Die virtuos gehaltenen Stücke stellen den
Brahms hat mit seinen deutschen Volkslied.. Pianisten vor eine dankbare Aufgabe. Di.!
b~arbeitungen, die in bewußter Reaktion gegen klavieristische Figuration ist aber nie Selbst~
die landläufigen Schulmeisterharmonisierungen zweck. steht vielmehr durchaus im Dienste des
entstanden sind, den rechten Weg in ent.. beabsichtigten Ausdruckes. Aus gewissen, in
scheidender Art gewiesen. Das Volkslied ver.. Oktavenversetzung die ganze Klaviatur durch~
langt zunächst völliges Eindringen in den Geist, laufenden, wirksam auf beide Hände verteilten
dem es sein Dasein verdankt, vor allem das Passagen mit ihren charakteristischen über..
Erleben seines spezifischen Rhythmus und der mäßigen Sekundschritten vermeint man das
sich daraus ergebenden Harmonik. Eine gute Seufzen und Klagen der Wehmut und Unruhe
Volksliedbearbeitung ist eine durch Einfühlung herauszuhören, mit denen die Juden ihre
in die Bedingungen seinerWesenheit ermöglichte traurigen Weisen begleiten. Mit schluchzenden
Neuschöpfung ; sind diese einmal erfüllt, so übermäßigen Sekundvorschlägen und Prall~
wird die unumgängliche persönliche Fassung, trillern, chromatischen Quasi.. Glissandis und
die der Bearbeiter dem Original geben muß, dergleichen versucht der Autor selbst den
den Kern des Liedes nicht mehr antasten. Denn eigentümlichen Tonfall des Singenden nach..
gerade die Anpassungsfähigkeit an wechselnden zu ahmen. Wolfsohn begnügt sich nicht damit,
Vortrag, die Ausdeutbarkeit innerhalb des ihm uns die in ihrer rhythmischen Eigenart und
Eigentümlichen ist ein wesentliches JI,Ierkmal melodischen Prägnanz höchst merkwürdigen
des Volksliedes; ihr, die sein Leben stets Melodien als solche zu übermitteln; es gelingt
pulsierend erhält, verdankt es seine universelle ihm auch, die besondere Eigenart, mit der
Gültigkeit. diese Lieder im Volke vorgetragen werden, mit
Das in unseren Tagen neuerwachte Interesse darzustellen und uns weiterhin überhaupt das
für echte Volksmusik zeitigte viele mehr oder nationale Wesen, das darin seinen Niederschlag
minder wertvolle Ausgaben von Volksliedern fand, nahezubringen. Ich hebe als besonders
verschiedener Nationen; nur die Auslese an charakteristisch hervor: die seufzenden Me . .
brauchbaren Bearbeitungen jüdischer Volks .. lismen als Einleitung und Ausklang eines
lieder ist bisher gering. Meines Erachtens liegt
4 Juliusz Wolfsohn: Paraphrasen über
einer der Gründe hiefür in der Unmöglichkeit, alt-jüdIsche Volksweisen ffir Klavier zu zwei
das Idiom des Ost juden ohne entstellende Händen. 2 Hefte. (Universal-Edition,Wien, New-York.)

296
Liedes (I. Heft, Nummer 1), die Nachahmung reichischer Tondichter Klang werden könnten.
des textlosen Nachsummens der Melodie durch Und jedes Jahr wiederholt es sich~ daß diese
beidhändiges eiliges Nachschlagen der in kurze nur in verschwindend kleiner Anzahl vertreten
Notenwerte zerstäubten Melodie in Diskantlage sind, so daß es den Anschein haben könnte.
(13, II 2, 4), die Paraphrasierung rascher heiterer als sei eine Stagnation in der musikalischen
Episoden (die aber darum doch niemals die Produktion eingetreten,
lVI 0 11 .. Tonart verlassen 1) in elegisch kontern.. Auch heuer wurden die Hoffnungen auf
plativer Verbreiterung (13, Ir 4), das absteigende Aufführungen lebender österreicbischer Kom ..
begleitende Chromatisieren (11 4), die rezita.. ponisten sehr stark enttäuscht. Die Programme
tivischen Tonrepetitionen und anderes mehr. der Konzerte des Tonkünstler.. Orchesters unter
Einige der Stücke weiten sich zu ganzen Wilhelm Furtwängler und die des Konzert-
Bildern aus dem Volksleben. 12: Ein Hochzeits .. vereines unter Ferdinand Löwe enthalten
tanz geht in ein Liebeslied über, das bald heiter .. kein einziges neucs Werk eines Öster..
neckisch, bald leidenschaftlich ertönt, worauf reichers. Auch die von Furtwängler ge...
der Hochzeitstanz wieder einsetzt, aber in leiteten Konzerte des Singvereines der Gesell..
trauriger Resignation leise verhallt, so daß das schaft der Musiktreunde weisen keine Novität
Ganze rückwirkend einen illusionären Charakter eines Österreichers auf.
erhält: Geträumtes Glück. - Oder in II 2 bricht Ausschließlich in den Philharmonischen
das zu lärmender Lustigkeit gesteigerte Mahl.. Konzerten, die Felix W e i ng art n e r leitet,
zeitIied plötzlich ab, um wie durch eine Mahnung finden sich erfreulicherweise vier Werke öster..
an die Vergänglichkeit alles Irdischen geheim.. reichischer Autoren: Die Konzert..Ouvertüre von
nisvoll...geisterhaft zu erstarren, nach welchem Georg Szelll die "Herbstsymphonie" von Josef
unheimlichen Memento des Todes das Lied Marx, die IU.Symphonie vonGuido Petcrs und
wieder anhebt und seinen toU .. übermütigen die symphonischen Phantasien von Hans G,1!,
Abschluß findet. - 11 3 beginnt mit einem Es muß Weingartn er als besonderes Verdienst
religiösen Rezitativ, das unvermerkt in eiD angerechnet werden, daß er neue Werke öster..
Gebetsmurmeln übergeht, welches sich an.. reichischer Komponisten so zielbewußt fördert.
mählich zu einer weltlichen Melodie festigt, Es ist nur zu wünschen, daß die Leiter der
die dann aber, den umgekehrten Weg nehmend, vorn Staate und der Stadt subventionierten
über das Murmeln wieder in das ursprüngliche anderen Orchestervereinigungen ebenfalls in der
Rezitativ mündet, das schließlich leise (auf der Zukunft sich der heimischen Produktion an..
Dominante) verhaucht. nehmen. Es ist ja allgemein bekannt, daß eine
Trotzdem verleiten diese DarstelIungen den große Reihe österreichischer Komponisten, auch
Autor, was ich besonders hervorheben möchte, modernerer Richtung, Orchesterwerke geschaffen
keineswegs zu genrehaften Schilderungen; die hat, die sicher einer Aufführung wert wären.
Bilder werden vielmehr restlos zu fo rm .. R. S.
bildenden Elementen umgedeutet. die nicht der c c
Fasade des musikalischen Baus aufgeklebt,
sondern seiner inneren Architektonik organisch A N R E G U N G
eingefügt werden. Egon Lustgarten
Wir werden vom Verein der Musik ..
c c lehrerinnen in Wien ersucht, folgende Anregung
Z11 veröffentlichen:
DAS PROGRAMM DER /tIm Interesse des musikgenießenden Publi..
WIENER ORCHESTER, kums liegt es, nicht unvorbereitet den Konzert..
saal zu betreten. Das hastige Lesen der dortselbst
VEREINIGUNGEN , verkauften Programmbücher gewährleistet nicht
Wirkliche Kenner und Freunde der zeit.. die zum Hören unbedingt nötige KonZentration.
genössischen Produktion erwarten jedes Jahr Nur eine geistig verarbeitete Analyse er..
im Herbst mit Ungeduld die Veröffentlichung möglicht einen vollkommenen musikalischen
der Programme unserer großen Orchester.. Genuß.
vereinigungen~ da sie sich erho:ffen~ daß außer Wir möchten hiemit die Konzertinstitute
den jährlich sicb wiederholenden Aufführungen anregen, die Drucklegung der Programmbücher
von Beethoven.. Symphonien und anderen be.. derart frühzeitig zu unternehmen, daß selbe
kannten Werken der Klassiker endlich einmal entweder gleichzeitig mit den Karten an den
auch neue Orchesterwerke lebender äster ... Konzertkassen, oder einige Tage vor der Auf..

297
führung in bestimmten Musikalienhandlungen was ohne Cello ausführbar wäre meines
käuflich sind. Wissens gibt es in der gleichen Besetzung
Die wertvöIIe Arbeit der Autoren erfüllt sonst nur noch das Terzett von Dvorik. Aber
dann ihren Zweck: Konzert ..Vorbereitung!U auch ~avon abgesehen ist Kodilys Serenade
(Wir geben dieser Anregung gerne Raum, ein schönes und wertvolles Werk; seine Ton..
obwohl sattsam bekannt ist. daß die bei uns sprache ist im allgemeinen jene den neueren
verbreiteten ffAnalysen" nichts weniger als eine Franzosen, Russen und Ungarn gemeinsame,
wirkliche musikalische ffVorbereitung" für die die einerseits auf gewisse primitive Formen
Konzerte ermöglichen. Vor Art der Verwendung der Melodik und Rhythmik (zum Beispiel fünf..
der Programmbücher müßte die Art ihrer Ver.. stufige Skala, Volkslied und ..tanz) zurückgeht,
fassung geändert werden. Die Schriftleitung.) anderseits von den neuzeitlichenBereicherungen
der Harmonik den weitestgehenden Gebrauch
c c macht: Ganztonskala und Einbeziehung der
höheren Obertöne in den Akkord - letzteres
BESPRECHUNGEN führt manchmal zu einer scheinbaren Gleich~
KAROL RATHAUS: I. SONATE, emoIl, zeftigkeit verschiedener Tonarten, wie zum
op. 2. (Universal..Edition.) Beispiel am Schlusse des zweiten Satzes. Dieser
Ein von tiefem Ernst und starker Leiden.. Satz ist überhaupt besonders eigenartig und
schaft getragenes Werk, das trotz der hohen merkwürdig: ein phantastischer Dialog zwischen
Anforderungen, die es an das pianistische Bratsche und erster Geige zu leiser Tremolo ..
Können und die musikalische Auffassungs .. begleitung der zweiten Geige; der schwermütige
fähigkeit des Spielers stellt. viele und ehrliche Gesang der Bratsche wird von der Geige gleich ..
Bewunderer finden wird. Man sieht sofort, daß sam ausgelacht (Sechzehnteltriolen mit kurzen
diese Sonate von einem geschrieben wurde. Vorschlägen, dazu die Vortragsbezeichnung
der mit allen Feinheiten und Möglichkeiten der ..ridendo U) und dann aufs ergötzlichste karikiert:
modernen Klaviertechnik aufs beste vertraut in den höchsten Lagen, mit ganz abenteuerlichen
ist. aber trotz voller Beherrschung aller verfüg.. Läufen und Sprüngen. Nach einer kurzen Unter..
baren Mittel niemals in Effekthascherei verfällt. brechung durch die beiden Themen des ersten
Dabei hilft dem Komponisten seine ausgeprägte, Satzes wieder das Zwiegespräch, aber mit ver..
oft stark slawisch anmutende Melodik, die sicht.. tauschten Rollen: die erste Geige hebt den
lich an Chopin, Rachmaninoffund der modernen Gesang an, wird nun von der Bratsche verlacht
russischen Richtung geschult ist. Ausgeprägte und fährt darob empört auf. Zum Schlusse
Themen, straffe Durchführungsarbeit, wohl .. Beruhigung und leises Verklingen. Die beiden
anderen Sätze ·sind schöne, hefter fließende
klingender KIaviersatz: das sind die rühmlichen
Charakteristika dieser Sonate, welche auf die Musiziermusik, meisterhaft gebaut, trotz des
aufrichtige Anerkennung der Künstler und des fehlenden Baßinstruments von großer Klangfülle.
Publikums ein gutes Recht hat. Das Werk sei der Beachtung aller ernst,
haftenKammermusikspieler und .. Liebhaber aufs
Dr. Joseph Dasatiel
wärmste empfohlen. H u g 0 Kau der
c
ZOLTAN KODALY: op.12, SERENADE für
zwei Violinen und Bratsche. (Universal..Edition, Dr. KARL HOLL: Rum STEPHAN. (Gebr.
Wien.) . Hafer Verlag, Saarbrücken.)
Zoltan Kodaly, neben Beta Bartok einer der Diese .. Studie zur Entwicklungsgeschichte
Führenden unter Ungarns jüngeren Musikern, der Musik am Anfang des XX. Jahrhunderts'"
ist bei uns doch so gut wie gänzlich unbekann.t. war schon aus dem Vorabdruck in der von
Da sind denn seine beiden soeben in der Guido Bagier ausgezeichnet geleiteten west..
UniversaI.. Edition erschienenen Kammermusik.. deutschen Kunstzeitschrift ..Feuer u bekannt.
werke: das Streichquartett op. 10 und die Holl, als theoretischer und kritischer Musik...
Serenade op. 12 BO recht geeignet, ihn aufs forscher in Frankfurt tätig, war Freund und
vorteilhafteste einzuführen. Die Serenade wird Studiengenosse des als Kriegsopfer so früh
schon ihrer Besetzung wegen allen Kammer.. verschiedenen Pfälzer Komponisten Rudi
musikspie1ern wiIIkommen sein: wie oft Stephau, dessen meteorgleiches Leuchten in
kommt es nicht vor, daß man sich zum Quartett.. Deutschland schon von vielen wahrgenommen
spiel zusammenfinden will und, da der Cellist worden war. Der .,Anbruch u hat sich mit der
sich verspätet oder gar ausbleibt, nichts hat, Erscheinung Stephans befaßt. Es ist, nach den

298
Mitteilungen dieses kleinen Buches, mehr als Von Erwin Lendvai wird demnächst eine
bedauerlich, daß sich in Wien auch nicht die größere Sammlung von Männer.. Chören er ..
geringste Möglichkeit zu bieten scheint, die scheinen. Die Sammlung trägt den Titel "Neue
Musik eines so tragisch (gegen einen stiirmischen Dichtung". In dem im September bei Schott,
Lebenswillen) abberufenen jungen Künstlers zu Mainz, erscheinenden 1. und 2. Heft werden
hören. Stephan hat außer den im "Anbruch'! unter anderen die Dichter Löns, Spitteler, Stef.
besprochenen 'Liedern Kammer.. und Orchester .. Zweig, Kassak, Heynicke und WaUbach ver...
musik hinterlassen und auch Borngräbers treten sein.
Mysterium "Die ersten Menschen" vertont; alle c
diese Werke sind mit Erfolg an Instituten von Im Seminar für Komposition in Wien
Rang aufgeführt worden; ich frage mich immer (Leitung A. Schönberg), werden folgende
wieder vergebens, warum davon keine Kunde Kurse abgehalten: Harmonielehre, Kontrapunkt,
bis zu uns dringt. Alles, was sich literarisch Analyse: J. Polnauer; Formenlehre,lnstru ...
über Stephan sagen läßt, erfährt man in muster.. mentation: A. Berg; Analyse der Symphonien
hafter Darstellung, ohne störenden Überschwang G. Mahlers, Kammermusikübungen: : E. S t ein;
und doch persönlich gefärbt, aus der hier vor.. Kapellmeister(Dirigierübungen,Opernstudium):
gelegten Studie. Sie sollte doch wohl aUfmerk.. Dr. A. Webern.
sam gelesen und in ihren Urteilen durch Auf.. e
führungen nachgeprüft werden. Paul Stefan Unter dem Titel "Rheinische Tha.1ia"
beginnt im Herbst 1921 eine vom Mannheimer
e e Intendanten Dr. Adolf Kraetzer heraus..
gegebene Wochenschrift des Nationaltheaters
N o T I z E N zu' erscheinen.
e
Vor kurzem ist in Casse! das Spohr.. Der bekannte Bruckner..Forscher Franz
Mus e u m eröffnet worden. Vollendet wurde die Gräflinger (Linz) unternimmt eS, die ge ..
im Jahre 1914 mit 19 Nummern begonnene samten Briefe Bruckners zu sammeln und
Sammlung mit der, von einem hohen Vertrauen herauszugeben. Er bittet alle, die im BesitZe
in die Tätigkeit der Spohr..Gesellschaft zeugen.. von Bruckner..Dokumenten sind oder von
den Übergabe und Angliederung einer bisher solchen etwas wissen, ihm Mitteilungen darüber
in städtischer Verwahrung gewesenen Spohr.. zukommen zu lassen. '
Sammlung durch den Magistrat der Stadt Casse!. e
e Zum Gedächtnis Enge1bert Humperdincks
Hermann Zilcher, der Direktor des Würz.. wird das Nationaltheater Mannheim noch in
burger Konservatoriums, hat soeben seine drei.. dieser Spielzeit seine Oper ,,0 i e K ö n i g s ..
aktige Oper "Doktor Eis~nbart" vollendet, kin d e r'4 zur Aufführung bringen.
welche im kommenden Winter zur Uraufführung e
gelangen wird. Das Buch stammt von Otto Der Vogtländische Komponist Karl Kluge
Falkenberg, Mönchen, und ist fUr die Musik bat in mehreren deutschen Städten mit Urauf..
von H. W. v. Waltershausen bearbeitet. führungen seiner Manuskripte (Liederabenden
e und einem Oratorium) großen Erfolg errungen.
Die Organisation Deutscher Musiklehr... e e
kräfte gibt bekannt, daß sie am 1. Oktober d. ].
ein Seminar von Ergänzungskursen eröffnet
ZU UNSERER NOTENBEILAGE
und Hugo Ka un die Leitung übernimmt. Ernst Kfenek, aus Wien gebürtig, jedoch
tschechischer Abstammung, studierte bei Franz
e
Schreker und ist als besonders eigenartige
Für das Karfreitags ..Konzert plant die Komponisten~PersönUchkeit bereits allgemein
"Musikalische Akademie" unter Kar! Ninke in bekannt geworden. Seine Klarinetten ..Serenade
Königsberg i. Pr. eine AuffUhrung des Oratoriums wurde beim Kammermusikfest in Donau-
.,Die Sündflut" von Friedr. Koch. eschingen, sein erstes Streichquartett belm dies..
e jährigen Tonkünstlerfest in Nürnberg zur ~uf..
Das Nationaltheater Mannheim brachte als fllhrung gebracht. In seinem Stil hat Krenek
erste Opernneuheit der SpielzeitHektor B e r 1i 0 z' die Fesseln der Tonalität abgestreift und ist auch
"Beatrice und Benediktu• zu einer wirklich linearen Polyphonie gelangt.
c e e

299
NOT E N Verlag ]uHus Hainauer, Breslau
NEU E Hugo Kaun: Lieder für eine Singstimme, op, 113
Verlag Universal .. Edition A. G., Wien- Erntelied
Leipzig Venedig
Ernest Bloch: Suite für Viola und Klavier, o wundervolle Waldesnacht
Klavierauszug Die Hochzeit zu Kana
Streicbquartett, Stimmen. Partitur Verlag De Standard, Brüssd(Alsbach & Co.,
Waltet BraunfeIs: ..Die Vögel''', Partitur Amsterdam)
Anton Bruckner: Ouvertüre G moll, Partitur Floris van der Mueren: Vier Liederen
(Nachge1. Werk) Sonnet
Alfredo Casella: Ffinf Stücke für Streich.. Verzen (1 u. Il)
quartett, Partitur und Stimmen De gouden Vloot
B. van Dieren : Sechs Skizzen für Klavier, op.4a Verlag Christian Bachmann, Hannover
L. Godowsky: 11 Triakontameron", 30 Stücke im Luigi Boccherini: Quintettino, "La musica
Dreivierteltakt, sechs Bände und 14 Einzel.. notturna di Madrid"
nummern für Klavier, 2 ms.
Alois Haba: Ouverture, Partitur, ap. 5 Selbstverlag des Komponisten
Ernst Krenek: Klavier..Sonate, Es dur, ap. 2 Dr. Ippolito Galante (Rom), "Momenta, Sette
Franz Mittler: ,.Lieder der Jahreszeiten/I, ap.8 liriche per Pianoforte"
Guido Peters: Sonate F moll fiir Cello u. Klavier Verlag]. & W. Chester, London
Karol Rathaus: I. Klavier..Sonate, C moll, op,2
Chester..Bibliothek: Die Zeitgenossen Purce1ls
Franz Schreker: "Spidwerk"', Partitur
Bd. I u. Il lohn Blow
O. G. Sonneck: Ein kleiner Liederzyklus, op.18
Bd. III u. IV William Croft
Karol Szymanowski: Violinkonzert, op. 35,
Bd. V Jeremiah Clark
Klavierauszug
Bd. VI u. VII Verschiedene
Egon Wellesz: op. 11 nEklogenu, 2ms. Komponisten
Juliusz Wolfsohn : Klavierparaphrasen über Alfredo Casella: nL'adieu a la vie" für Gesang
alt jüdische Volksweisen, zwei Hefte und Klavier
Verlag Breitkopf & Härtei, Leizig Lord Berners: "Fantasie EspagnoleU , Klavier..
Erwin Zillinger: Passionsgesang für vier.. auszug, vierhändig
stimmigen gemischten Chor und Orgel Louis Durey: "Le Bestiaireuf. Gesangu.Klavier
Arthur Bliss: "Madame Noy", Gesang für
Richard Fricke: Glockenhymne, op. 70, für
Sopran und sechs Instrumente, Klav... Ausz.
gemischten Cbor
Alfred Valentin Heuß: Der zweite Psalm, op. 16, c c
für gemischten Chor und Soli
K. H. David: Gesänge für Frauenchor mit
Orchesterbegleitung, op. 21, Klavierauszug
NEU E B ü eHE R
H.Zilcher: Suite f. zwei Geigen u.Klavier, op.15 Dreimasken .. Verlag, München
Hermann Unger: Musikalisches Laienbrevier
Eugen d'Albert: Sieben Lieder, op. 31
Richard Specht: ]ulius Bittner
Verlag Raabe & Plothow, Berlin Verlag Cesare Sarti, Bologna
Eduard Herrmann : Romanze für Violine und Diego Ruiz: Contro Chopin
Klavier, op. 35 Verlag Mojmir Urbanek, Prag
Hjalmar v. Dameck: G. F. Händel, Air, be.. Vladimir Balthasar: Beethoven in Prag
arbeitet für zwei Violinen und Orgel (!schech.)
Verlag C. P."Kahnt, Leipzig c c
Viktor Merz: Sieben Lieder

Diesem Hefte liegt der am 1. Oktober erschienene vollständige Katalog der Universal..Edition bei.

VuantwortHc:her Sc:hriftIdter: Dr. P. A. Pisk, Wien, I. Karlaplat:r; 6. - Herausgegeben von der Universal~
Edition A. G. - Druc:k von Otto MaaJ.!,? Söhne Gea. m. b. H., Wien I. WaUfiBc:hgaaae 10.

300
2

Im Spiegel.
(Herd Hans Goering J
Auftuhrungsrecht vorbehalten.
IJroits d'exer:utlon reseroes.
Ernst Kfenek.
" ." (192L)

Gesang.~ ~
*: '.droben, d~;h"Wlrsm. d am Z'J
.:!" ....I nicht.
18 hier ~tehteinZaunlU1d ;i-:e Ta-feldrüber

Klavier. I~ p ereSe.

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~ . blt i11t o. ~ ".

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groß _ _ ver-sperren dd~;'"
as In - u- ber, als Spiegel plötz-lieh in den

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Copyright 1921 by Universal- Edition.
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Notenbeilage zu "Musikblätter des Anbruc~' Oktoberheft 1921.


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M. A. 31.
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M. A. 31.
Anläßlich des 25. TOdestages
(11. Oktober 1921) ersmien soeben eine hominteressante Studie
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im besonderen darlegen. Aufsehen werden des AnIon ganz: neue AtJ!jührungen über die sogenannte .Urlinie- erregen. die an
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6702 2. Wald in lirol 6717 17. Ein amerikanismes Idyll
6703 3. Paradoxe Stimmungen") 6718 18. Anachronismus·)
6704 4. Rendezvous·) 6719 19. Ein kleiner Tangotonz
6705 5. O(immerungsersmeinungen 6720 20. Tanzende Derwisdle*}

6732 BAND 11. 6735 BANDV.


6706 6. Der flehende Troubadour 6721 21. Im Salon")
6707 7. Vergangene Jahre"} 6722 22. Ein Gedicht
6708 8. Eine Watteau-landschaft·) 6723 23. Spieldose
6709 9. Das verzauberte Tal 6724 24. Wiegenlied·)
6710 10. Resignation 6725 25. Erinnerungen·)

6733 BAND 111. 6736 BAND VI.


6711 11. Alt-Wien·) 6716 26. Die Kuckucksuhr
6712 12. Äthiopische Serenade 6727 27. Klage"')
6713 13, Vindobona tanz'·) 6728 28. Don Quimotes Irrfahrten
6714 14, Schaumwellen 6729 29, Totengedicht
6~' 5 15. Die Verführerin 6730 30. Requiem: Epilog*)
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Nr. 2 Narcisse . . • • • . • · 6·-
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u. a.: Alle Dinge haben Sprache. - Fäden. - Glückes genug. - Es ist alles
wie ein wunderbarer Garten. - Knabe und Veileben. - Ich bin eine Harfe.
- Der Steinklopfer. - Frisch vom Storch. - Im Kahn. - Der einsame
Pfeifer. - Ich fürcht' nit Gespenster. Fest steht mein flammendes Gebot. -
Furchtbar schlimm 1 - Erhebung. - Christkindleins Wiegenlied. - Und
bild' Dir nur im Traum nichts ein. - Einen Sommer lang. - Darum sollst
Du dulden, Mensch. - Tag meines L"tbens. - Die Krone gerichtet. - Schließe
mir die Augen beide. - Selig mit blutendem Herzen. - Der Kuckuck ist
ein braver Mann. - Du bist so jung. - Die Lor' sitzt im Garten usw. usw.

HERBSTSTURM
Oper in vier Akten von hon Vojnovicz. Deutsch von Ida Steinschneider
MUSIK VON FRANZ NEUMANN
Die UrauffO.hrung am Deutschen Opernhaus, Berlin, bedeutete für den Komponisten der
,.Liebe1eiu einen neuen, ehrlichen, von der Kritik: einmütig anerkannten durchlagen den Erfolg.
Weitere Aufführungen bisher in Cassel, Stettin, Regensburg, Plauen, BrUnn, Mähr... Ostrau
KIavier..Auszug mit Text.:: Textbuch.:: Weitere Arrangements in Vorbereitung.
Ausführliche Kataloge u. Prospekte kostenfrei. Preise zuzügt. Teuerungszuschlag.

Verlagsgesellschaft "HARMONIE" in Berlin ,Halensee

·.
r
IGNAZ FRIEDMAN
I
Klavier zu 2 Händen Klavier zu 2 Händen
A.ORIGINAL·KOMPOSITIONEN B. BEARBEITUNGEN
U.E.Nr. ,.... llE~ M~

2827 ap. 22 Esfampes, 6 KJavlerstüd!.e . 1C)"- 3703 Menuett aus Hahlers 111. Sin..
Impatience - SereMde du fonie, , . , . , . , , , , , , 6'-
Pierrot - DIscours intime - S6S8!S9 } Drei Wiener Tanze nam
Mtlrquis et Marquise - A Ia 619& Moliven von Ed. Gärtner 1/111 it 6'-
WaHeau - Badinage
12 KONZERT-TRANSKRIPTIONEN,
2539 ap. 33 Drei Kilivierstücke • . . 9"-
Elude - Mo!!zUrM - TGbaRre 5070 Nr, 1 Dandrieu, Les Fjfres, , .• 4'50
1I rnusique S071 • 2 R_eau, MuseHe . . . . ' 4'50
25390 Dlirnus einzeln Nr. 3 S(n • 3 Grazioli, Adagio . . , . 4'SO
Tabatiere 6 .. usique . . .no 5l11l • ~ Cilucil, &0... des ombres heu-
30S3 op. 44 P ..... c.glia . . . . . . . 6'- r8IIel ' " """ .'so
3365 op. 45 Drei Phantasiestilcke •. 6'- SOU • S DandriM, Le ÜIquet " .'50
5075 • 6 Beethov_, ECOUObeI.. • , 4·50
3366op.4711 Vier Studien. . . . . .
SI45op.47b Studien über ein Thema von
Pilganini •
9"-

. . • 9'-
5412
5411


7 Sc:arlatti, PIBIoraIe • . , ' ..-:50
8 Scarlatti, GJg .... e. , , , , , 4 jO
I

5414 • 9 Dalayrac, Ro~e (eus der
3377 ap. 48 Vier Priludien . . . . . 6'-
3318 ap. 49 Zwei Mazurkas . . . . . 6'-
3702op.53 Polnische Lyrik,_ I. folge 6'-
Oper .la ~zza per ~morec)
5415 • 10 Glu",", GavoHe (a.• Oon ]uanc)
4'SO
4'50
I
Herbst - Schlummerlied -
Bauerntanz - Wind
5416 • 11 Couperin, La tendre fanmon
5417 • 12 Rameau,lerappeldesoiseaux
4'50
4'SO i
5710 ap. 60 PolnisdJe Lyrik, 11. Folge 6'-=-
Dumka - Hymne -Im Mai -
ValseIte - Vieu)( refrain
Klavier zu 4 Händen
5111 op.61 Vier Präludien . , • • . 6'- 3504 op. 51 Fünf Walzer, , , , , • , 6'-
6023 op. 66 Ballade . , ., .•.. 9'-
6022 op. 72 Polnische Lyrik, 111. folge.
5 Klav;e"tü<ke • . . • . • . 6'-
ViolonceIl u. Klavier
Weihnachtslied - Von lieb' und 3798op.50 Nr, t Melodie Slave. . 4'SO
Leid I - In der Dorfschenke - 3799 op, SO Nr.2 Valse lente . , ,,4'50
Soldalenrnarsch - Tändelei
6020/21 op,79 Stimmungen, Hell I/li , it 6'-
6460/64 op. 81 Cinq Morceaux , , . b. 4'50 Gesang und Klavier I
Serenade, Masque galanie ·Ar- 25SOop.S Drei Lieder (O.J,Blerbaurn) 4'SO
lequlnade ' Mirage. Ecossaise Das Mädchen arn Teiche singl-
6197 op, 82 Nr. 1 Sonatine C dur , , . 7'50 Arie des Smäfers - Kinderlied

Verlegerzusdlfag einbegriffen Zu beziehen dunh jede Buch- u. MU51klliienhandiung

Universal-Edition A. G .• Wien- Leipzig


nIe
moderne Klaviermusik
In der Universal-Edition
KLAVIER zu ZWEI HANDEN
U, E. Nr, M.rk U.E.Nr. Mork
6844 BARTOK B, op, 6. 14 Bog.lelle, 12'- 5775/80 MARX j, 6 KI.vlenlüdte, I, Album-
6857 - ap. 8 cl Deux Dansts Roumaines 14'- blaU. 2. Humoreske. 3. Arabeske.
684S - Op. 8 b Elegie. , , • , , , ,10'50 4, Ballade. 5, Praludlum und
6659 - op. 8 c Trois Burlesques. . . . 17'50 Fuge. 6, Rh.psodle , , ' , ~ 4'50
6840 - op. 9 ESQui:sses. • . • . . . 10'50 6017 - RomanI. Klavierkonzert E dur
6850 - ap. 10 Deuxlmoges(K1av.Ausz.) 17'50 Zwei Klaviere zu vier Händen 18'-
5891 - op. 14 Klovienuile. . . . . . 1'SO 682S PETYREK F, V.rl.1. u, Fuge Cdur 9'-
6498 - op. t 8 Trols Etudes • • • • • 7'SO 6627 PETYREK-CRAMER KonzerteIOd, 1'50
5904 - Allegro bclrboro . . . . . . 6' - 3062 PICK,MANOIAOALLI R, op,2O
6370 - 15 ungarlsme Bouernlleder. . " SO Trols Voises coprlces . . . . 4'50
6841 - T0 leidlfe Klavientücke. . . . 10'50 RATHAUS C. op, 2 500010 Nr, 1, 9'-
6841/43 - .fürKinder-. Kleine Sfücke f.An-
6933
fänger (ohne Oktovenspannung) SS42 ROSENSTOCK j, op, 3 Son.le
mit Benülzung ungorl~ndlsd1er
E moll ' • , , • , • , , •• 9'-
Kinder· u, Volk.lleder Hell 1/11 ~ 10'50 6483 - op, 4 Symphonls"'e. Konzert
6872 7J- D."elbe, Hell 11l/IV , , , ,~IO'5O Zwei Killviere zu vier Handen 18'-
6658 - Quaire N.~nles (Trauergesänge) 14'- 2991 SCHONBERO A, op, 11.3 KI.vler-
- Rumän. Volkstänze aus Ungarn 4'- ,Iüdte , , , , , , , , , , , 1'50
,.., - Rumänische Welhnodlfslieder . 6'- 5069 - op. 19 Sedls kleine Klavierslücke 4'50
- SonaliM . . . . . . . . . . 9'- 2992 SCHONBERO· BUSONI Konzerl-
mä~lge I}1lerprelotlon v. ap.11
BIUUNFELS W, op, 31 Vor- und Nr. 2 " . . . . . . . . . 6'-
Zwischenspiele für Klavier. . • 9'- 6050 SPRINOER M, op. 32 Sieben kleine
• QSfUA A. 11 Piece. enl.nline. 7'50 Tonbilder . ' , . " ... "-
< u:s f . Klllvlerkonzerl C moll 6OS1 - op, 3J Im Rel"'oderMIHern."'ls-
sonne • • • • • • • • . • • S'-
:; KlaViere zu vier Händen 18'-
6052 - op.34 Drol KI.vlerslOdte, , , S'-
6. \'on, op.40. 6 Skizzen 1'50 60~3 - SUmmungmllder • • . • • • j ' -
• op .9 Symphonisme S8S8 SZYMANOWSKI K,op,34M.sken
lür Klavier. . . . 9'- Drei Klavierstü&.e . . . . • . 12'-
S8S9 - op, J6 Sooole 111 0 moll . . . 12'-
n.:ti~:..: "" 2. 2 Klovierslü<k.e 2796 WEIOL K. Bilder und Oe."'I"'len 7'50
2. Inlermezzo. . • 6'-
. ~ o moll , , •.• 9'- 6831 WELLESZ E, op, 9, 3 KI.vlenlüdte 10'-
6964 - op. 11 Eklogen. 4 Slüdte ' , 9'-
OD". U. 7 Klavier- 9' - 6965 - ap. 15 Epigramme, 5 SIü&.e . 9'-

t.
, , , • , ,
!O. dur. , ,7'50
6091 - op. 21 Idyllen. 5 KI.vlerslOdte, 9'-
6091. - D.sselbe Büllen.u.g.be, , ,"'-
VeriegerzusmlClg eInbegriffen

IN VORBEREITUNG:
i037 DEUUS F, Tanz I "",,''''ord. , - '- 7OS3 RESPIOHI O. Tre preludl .opra
melodie Gregorlone. . . • • -'-
6S67 OROTESKEN·ALBU'1 llnh41, Oro· 6996 SZELL O. op, 6, J kl, KI.vlenlüdte
feske KlovlershJcke ... on B.crI6k. 6997 SZYMANOWSKI K, op,29 M~lope••
Grosz, Hdbo. Ktenek. Pel rek.. 3 Po~mes . . . • • • . • . -'-
Ralh.u •• SI~p.n. Welle.z) . • - - - op, H. 12 Elude•• , • , • , -'-

Universal-Edition A. G., Wien


nton ru ner
1II0ßIHlIllIlIIIIIIIIHIIIIIIUIIIIUUUIIIIHlIIIUIIIIIIlIlilllllllllUIIIIDIIUIUlUlUIIIIIIIIIIIIUlUIIIIIIIIIIIIIIIIHil1IIIIIIIIIlIIIIIUIIIHlIHIIIII

INSTRUMENTAL·WERKE
U, E. Nr, Prei, Morl< U, E. Nr, Preis Mork
Klavier zu zwei Händen Zwei Klaviere zu vier Händen
, 426 sinlonie I C moll , , , , , . 20'- 5144 S!nfon!e IV Es dur. , , ..• 24:-
787 Sin onie 11 C moll • . . , • • 20' - 2890 Sm onoe VII E dur .••.•• 24-
2986 Sin onie 111 D moll . . .. , , 24' - 5347 Sinfonie VIII C moll .•.•• 24'-
2883 Sinlonie IV Es dur rom. .• 20:-
427 Sm onoe V B dur • •• • . . 20- Zwei Klaviere zu acht Händen
428 Sinfonie VI A dur. , , , .• 20'- 944 Sinjonie V B dur .•. , , .• 36'-
2889 Sinfonie VII E dur . , . , . , 20'-
2493 Sinfonie VIII C moll· . , , , , 24'- Kammermusik
843 Sinfonie IX D moll , . , .. 20' -
2893 Scherzo aus der IX, Sinfonie 9'- Streichqulnt e ff Fdur
2987 Sinfonie IX u, Te Deum zus, 27' - 2924 Parlifur (8 ' ) . , , ... . . • ' 9'-
5257 Andante aus der nachge. 2925 Stimmen, . , . , , . , . , .. 30'-
lassenen Sinfonie F moll . . 4'50
3601 Benedicfus aus der F moll· Intermezzo, Ein namge-
Messe (Wöss) . . , , , , , . 4'50 lassener Streichquintettsatz
2917 Erinnerung, Klavierstü<k , . 4'50 2922 Parlifur (16°) . . • . . . . .. 3'-
2923 Sfimmen ••••. . ..• , " 9'-
Klavier zu vier Händen
420 Sinfonie I C moll . , , , , , 27'- Taschen partituren
421 Sinfonie 11 C moll . . , , , . 27'- 3593/94 Sinfonie 1/11 .. , . .. iI 15'-
422 Sinlonie 111 D moll , . , . , 27'- 3595/96 Sinfonie 11l /IV .. , . iI 15"-
2882 Sin onie IV Es dur rom, , . 27'- 3597/98 Sinfonie VIVI .. • . , iI 15'-
424 Sinfonie V B dur , , , , , , 27'- 3599 Sinfonie VII . , . . . . . . . 15'-
425 Sinfonie VI A dur , . , , , , 27'- 2495 Sinfonie VIII C moll. , , .• 15'-
2888 Sinfonie VII E dur, ... , , 27'- 931 Sinfonie IX D moll . . . . . 15'-
2494 Sinfonie VIII C moll. , ... 27'- 2990 Sinfonie IX und Te Deum zu-
844 Sinfonie IX D moll . , ' , . 27' - sammen , . .. . •..•.. . 20'-
2988 Sinfonie IX u. Te Deum zus, 35'- 2989 Te Deum allein (vgl. Bru<kners
2773 Te Deum allein (vgl, Bru<kners Chorwerke) . . . . . . • • .. 9'-
Chorwerke) .. .. .. . ... 9'- 5259 Andante aus der nachge-
5258 Andante aus der nachge- lassenen Sinfonie F moll .. 6'-
lassenen Sinfonie F moll, " 6'- 2925, 2923 Streichquintefl, Inler-
2926 Streichquintett F dur .• , .. 24'- mezzo vgl. oben
Verlegerzusdlfeg einbegriffen
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Universal-Edition A. G., Wien-Leipzig


3. Jabrgang Nun:un~r 17- 18 1. u. 2. Novemb~r-HeN 1921

MUSIKBLÄTTER
DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO SCHNEIDER
MMIfui jE se.

O//gfmfitrfr 7;//
----_.-
GEDANKEN ÜBER DEN SINN DES MUSIZIERENS
Von Klaus Pringsheim, Bulin
I
Schaffende und Nachschaffende
Einigkeit, so will ich annehmen, herrscht darüber, daß Musik, die wert ist,
geschrieben zu werden, aus einem schöpferischen Urtrieb dessen, der sie schreibt:
aus dem ihm eingeborenen Drang entsteht, sich durch Musik, durch diese Musik
auszudrücken. Wie weit reicht, wohin zielt dieser "Urtrieb" des Schaffenden? Die
Musik seines Inneren reale Musik werden zu lassen - das heißt: sie zum Werk zu
gestalten. das Werk niederzuschreiben: Das, was auf dem Papier steht, erklingen zu
lassen; dies durch das Mittel eines Anderen oder Anderer, die spielen, was auf dem
Papier steht; und dies vor Zuhörern, im Konzert oder im Theater - wirkt all das
jener Urtrieb: Urtrieb. durch Entwicklung umgebildet und der Realität ang,paßt?
Der let,te Teil der Frage betrifft das Verhältnis des Künstlers zum Publikum oder
zur Menschheit; der erste Teil das Verhältnis des Künstlers zu seinem Werk. Da ..
zwischen liegt das Problem: Schaffen und Nachschaffen.
Schaffen und Nachschaffen - das eine: sich durch Musik auszudrücken und das
andere: diese Musik (sei es auch auf dem Umweg über das Papier, auf dem sie
geschrieben steht) zu realisieren, das sind ursprünglich nicht zwei getrennte oder
trennbare Dinge; es kann nicht anders sein, als daß sie überall in den Anfängen
der Kunst eines waren - wie beim Naturmenschen, der singt - richtiger: aus dem
es singt, wie es ihm ums Herz ist. Der Urmusiker ist, dem echten Märchenerzähler
ähnlich, in einem - gleichzeitig, nicht nacheinander - schaffender und ausübender
Musiker. Von ihm ist ein langer Weg bis zu unserer Kunstmusik, in der das
moderne Prinzip der Arbeitsteilung sich so sehr durchgesetzt hat, daß darin
Produzierende und Reproduzierende durch Begabung, nicht nur durch Ausbildung,
grundsätzlich geschieden scheinen. Doch wieder nUr: scheinen; es kann nicht anders
sein und die Beobachtung bestätigt es, daß jeder echte Musiker die Entwicklung
der Art durchläuft, eben die Entwicklung, an deren Anfang das Bild jenes "Ur"

301
musikers" und an deren Ende das Entweder.. Oder der modernen Arbeitsteilung
steht. Es ist heute da, dies Entweder.. Oder, als beherrschendes Prinzip für den Ein..
zelnen und für Alle; es ist auch da, wenn einer, der komponiert, außerdem "aus ..
übend l4 wirkt, es herrscht als Prinzip auch dann, und dann gerade am souveränsten,
wenn zum Beispiel der Pianist Busoni am Flügel sitzt und spielt, was, früher
einmal, der Komponist Busoni geschrieben hat; indem hier gewissermaßen zwei
getrennte Ressorts, Komposition und Interpretation, durch Personalunion ver ..
bunden sind.
Kein wirkliches, nur ein scheinbares Entweder.. Oder. Der Schaffende, das ist
selbstverständlich, hegt in der Sphäre des Urtriebhaften das Verlangen, sein eigener
Mittler, selbst Interpret seines Werkes zu sein. Wie steht es mit dem Nachschaffenden?
Zunächst: wer ist Nachschaffender? Nur ein kunstfeindlicher Sprachgebrauch und
eine kunstfeindliche Anschauungsart gestatten schließlich jedem, der eine hübsche
Tenorstimme hat (und das ist nicht viel mehr als: eine gute Geige besitzen), sich
neben die zu stel1en, die berufen sind, Musik, die nur geschrieben, das heißt: aus
dem Erlebnis ihres Schöpfers in starre Zeichen gebannt ist, neuschaffend zu ver ..
wirklichen. Neuschaffend : der Beethoven neuschaffend Nachschaffende erlebt
Beethovens Musik so, als ob er sie wirklich erlebte; der Beethoven .. Dirigent wächst
an Beethoven selbst zum Beethoven, Beethoven wächst aus ihm hervor, er ist,
indem er Beethoven dirigiert, selbst ein Beethoven - nein: selbst Beethoven -
oder es fehlt ihm zum Beethoven.. Dirigenten so viel wie zum Beethoven. Wollte
jemand entgegnen, daß wir, so verstanden, heute keinen einzigen wahrhaft voll..
kommenen Beethoven .. Dirigenten haben, ich hätte nicht den Mut, zu widersprechen.
Aber nicht um Vollkommenheit, sondern um den Grundsatz handelt es sich; um
das Problem, nicht um die Lösungen, die es schuldig bleibt; schuldig bleiben muß:
denn die Forderung ist unerfüllbar, daß Mittler eines Werkes nur der sein darf,
der es selbst geschrieben haben könnte.
Der Nachschaffende ist, in der Sphäre des Urtriebhaften Schaffender, muß es
sein: Schaffender nicht außerdem, sondern im Nachschaffen. "Schöpferisch ll ist der
Urtrieb des Musikers zu nennen, sich, sein Inneres, sein Erleben durch Musik aus...
zudrücken - wofern dies Erleben wert ist, durch Musik ausgedrückt zu werden.
Nur einer, den es treibt, sich durch Beethovensche Musik auszudrücken, kann ein
rechter Interpret Beethovens sein. Den Trieb, sich durch Beethovensche Musik aus ...
zudrücken, kann nur einer haben, dessen inneres Erleben Beethovensches Format hat.
Von diesem sage ich, er sei wie Beethoven musikalisch..schöpferisch zu nennen. Auch
wenn er außerdem Sachen schreibt, die seine wahrhaft schöpferische Potenz in Frage
stellen. Das Besondere zum Beispiel des Falles d' Albert liegt nicht darin, daß ein be..
trübender Komponist außerdem ein seltener Beethoven ..Interpret sein hann; sondern
darin - und das ist im Grunde wieder nichts Besonderes, denn es zeigt d' Albert gerade
als typisches Produkt jener generel!en und individuellen Entwicklung bis zu dem
scheinbaren Entweder.. Oder im heutigen Musikerberuf - darin, daß sich sein eigent..
lieh Schöpferisches, zugleich das ethisch Wertvolle seines Künstlertums, im N etv
schaffen Beethovenscher Klaviermusik erschöpft, während an der Peripherie oder in
den Niederungen seiner Persönlichkeit jene Antriebe lagern, die sich in der Herstellung
betrübender Opernmusik befriedigen. Wahrhaft schöpferisch als BeethovewDirigcnt:
Mahler, der seine eigene WeIt in sich trug (und darum als Symphoniker Neues
geschaffen hat); er war es nicht, wenn er gelegentlich Beethoven Mahlersehe Züge lieh,

302
sondern da, wo seine mit Beethovens Welt sich berührte: wenn er das Beethovensche
Werk aus Beethovens Geist als eigenes Erlebnis neu erstehen ließ.
Es ist nicht Wortwillkür, wenn ich hier unter dem "Schöpferischen 'l gerade das
verstehe, was viele wohl eher das "Unschöpferische" nennen würden. Wenn einer,
werden die vielleicht einwenden, wirklich innere Erlebnisse von Beethovenschem
Format hat und dazu den Urtrieb, sich durch Musik auszudrücken: so wird er
nicht Beethoven . . Dirigent oder Beethoven. . Spie1er sein, sondern selbst wie Beethoven
komponieren; jedenfalls nur so wird er sein Musikalisch . . Schöpferisches bekunden.
Wie Beethoven? Er soll also, fordert Ihr, erstens das tun, was Beethoven tat,
nämlich: komponieren; und zweitens: so komponieren, wie Beethoven es tat.
Vielleicht aber wird er gerade, will ich sogleich antworten, erstens: nicht komponieren,
weil zweitens: Beethoven so komponiert hat, wie er komponieren würde (wenn er
Beethoven wäre). Nachschaffen_ ist Neuschaffen; aber Schaffen ist: Neues schaffen.
Wer schafft wahrhaft Neues? Es gäbe vielleicht mehr Komponisten, wenn es weniger
gäbe: mehr unter Lebenden, wenn weniger tote lebendig wären.
Schaffen heißt: N eues schaffen. Neu ist das EinmalIge der Persönlichkeit. Neu
ist jedes echte Erlebnis. Auch wenn es nicht neu ist; denn es ist: immer wieder
neu. Zum Beispiel bei allen. von denen Hans Sachs sagt, daß der Lenz für sie
sang. Oder zum Beispiel bei einem Zigeuner, der, "wenn der Geist über ihn
kommt" - so nannte es Beethoven; nennen wir es zigeunermäßiger : wenn sein
Blut in Wallung - kommt aus seiner Geige die herrlichsten Weisen zaubert; viel. .
leicht haben seine Väter, wenn der Wein, die Steppe, Liebe, Sehnsucht über sie
kam, dieselben Weisen erklingen lassen; aber was fragen wir danach, ob der
Bursche die Melodie erfunden, oder gefunden, oder nur: empfunden hat; ob sie
ihm im_ Blute liegt, oder im Ohr, oder in den Fingern? Wir unterhalten uns nicht
darüber, nicht über den Unterschied von "Neuschaffen" und "Neues schaffen II ; hier,
wo wir uns dem Bild des Urmusikers näher fühlen, verwischt sich zugleich mit
dem Unterschied die Grenze von Sc.haffen und Nachschaffen.
Alle Musik ist spontanes Musizieren: bei den Zigeunern; es spielt nicht einer,
was ein anderer geschrieben hat. Das gerade ist bei uns das Trennende: die Noten,
die auf dem Papier stehen. Sie binden Schaffende und Nachschaffende, gewiß;
aber, nachdem sie erst alle Musiker in Schaffende und Nachschaffende geschieden
haben; sie sind das Symbol der Arbeitsteilung, durch das jedes musikalische
Geschehen in zwei Hälften gespalten, vom Akt der Produktion der Akt der
Reproduktion gesondert wird • " Nein, so weit will ich mich nicht verirren, hier
vom SeRen oder Fluch zu reden, den das Wunder der Schrift (wovon die Noten. .
schrift ein Teil ist) über die Menschen gebracht hat. Die Gemeinschaft zwischen
Beethoven und seinem heutigen Mittler, eine innigste geistig. . seelische Gemeinschaft
über Zeiten und Länder, ist eben durch dies Abbild seines künstlerischen Willens
bedingt: die Noten, die auf dem Papier stehen; sie sind: das Werk (dessen Mittler
jener ist). Wären sie's nicht, bestünde Musik bei uns, wie bei Zigeunern - was
heute nicht denkbar, nur ausdenkbar ist - nur als Erbschaft des Blutes, als Über""
lieferung des Talents, stündlich nur als Geschenk der Stunde; so daß zum Beispiel
dies geschehen könnte: ein d' Albert, wenn der Geist über ihn kommt, setzt sich
ans Klavier und phantasiert, spielt, wie es ihm ums Herz ist, aus dem Geiste
Beethovens und braucht nicht anderswo, anderswie den Ruhm des "Schaffenden"
zu suchen - dergleichen müßte nur unserm Zeitalter des Urheberrechts und der

303
Tantiemen absurd scheinen; aber es hat Zeiten gegeben (mit geschriebenen Noten),
da vom Schaffen des Musikers nicht allzuviel Aufhehens gemacht wurde, da der
Musiker eben Musiker war, dem oblag, Musik zu machen i Bach oder gar Händel
fanden keineswegs absurd, abzuschreiben 'und in ihr Werk aufzunehmen, was ein
anderer geschaffen hatte. Wäre Musik heute nicht etwas, das in ein tatl:sendfältiges
Gewirr außer künstlerischer, kunstfremder, kunstferner Interessen des Lebens, des
Staates, der Gesellschaft, der Wirtschaft verstrickt ist, vielleicht könnte ... aber wir
lehen in der heutigen Welt: wir werden es nicht ändern, wir können es nicht
ändern, und, selbstverständlich, wir wollen es auch gar nicht ändern. Wir wollen
ja durchaus nicht, denn wir sind nicht rückwärts gerichtete Utopisten, zum Zustand
des Urmusikertums zurückkehren. Aber wir wollen uns doch, bitte, gelegentlich
daran erinnern, daß es diesen Zustand einmal gegeben hat i daß jeder Musiker,
Schaffender und Nachschaffender, irgendwo in seinem Innersten eine Spur davon
behalten haben muß: eine Stelle, für die eS keine geschriebene Noten gibt, wo
Musik,Erleben und Musizieren eines, zwei Seiten einer Sache sind.

o 0

DIE MUSIKALISCHEN KRISEN DER GEGENWART


Eine Skizze von Dr. Jos. A. Dasatiel, Wien
Unsere gepriesene Epoche, die auf allen Gebieten die schwersten Krisen hervor...
ruft, verschont naturgemäß auch die Musik von diesem Übel nicht. So kann denn
diese Kunst gleich zwei Krisen aufweisen. Erstens die der musikalischen Produktion
und zweitens die des Musikbetriebes. (Daß das Wort .Musik-Betrieb" überhaupt
eine Existenzberechtigung hat, ist ein ungemein betrübliches Zeichen der Zeit.)
Die musikalische Produktionskrise kann man allerdings nicht so ganz auf das
S,huldkonto der Gegenwart s,hreiben, gehen do,h ihre Anfänge bis zur Jahrhundert-
wende zurü,k. Um diese Zeit war es ungefähr, als die intellektualisierende Ri,htung
in der bildenden Kunst und in der Musik langsam aber skher S,hule zu maohen
begann. Der Intellekt unserer Zeit war nun offenbar viel zu schwach, um den
gestellten Anforderungen Stand zu halten, viel zu degeneriert, um die Kunst wirklich
zu vergeistigen, viel zu ungesund, um Positives zu schaffen. Denn nur so ist es zu
erklären, daß die meisten Vertreter der intellektuellen Rkhtung in Musik und
bildender Kunst mit unfehlbarer Skherheit in ein schwer pathologis,hes Fahrwasser
kamen oder kommen. Das Pathologische, das schon über dem äußerlich geschwollenen,
innerlich hohlen fin de siec1e...Literatentum - das gibt es auch in der Musik - wie
ein schwach duftender, etwas jenseitig und traumhaft anmutender Herbstnehel lag,
versteckte sich später hinter der epidemisch auftretenden Analysierwut, wodurch der
Geist, der stets verneint und zerstört, freies Spiel bekam und seine katastrophale
Wirkung entwickeln konnte, die etwa zur Zeit des Zusammenbruches der Mittel...
mächte ihre jetzt glücklicherweise bereits welkende Blüte erreichte. Das war der
Augenblick, in dem das Pathologische - diesmal ohne Maske - in Form des
Dadaismus und ähnlicher Absurditäten ins Licht der Gegenwart trat. Scheinbar leben
wir aber auch in geistiger Beziehung in eioer Zeit energischester Lichtsparmaßnahmen,
denn SOnst hätte man diese Richtungtn als ungesund und sinnlos sofort ablehntn

304
müssen. Daß sie entstehen konnten, ist betrüblich; viel trauriger ist es aber, daß sie
immerhin bei einem Teil des Publikums Anklang fanden.
Diese ganze Entwicklung basiert offenbar auf einer künstlerischen Impotenz. .
periode, die mit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts einsetzte, leider noch
andauert und sich über ganz West... und Mitteleuropa erstreckt. (Es gibt natürlich
Ausnahmen. welche die Regel bestätigen.) Die Russen - vermutlich das Volk der
musikalischen Zukunft - sind in dieser Beziehung erfreulicherweise lange nicht
so verseucht; und wenn in Rußland erst wieder geordnete Zustände herrschen,
wird sich dort wahrscheinlich eine ganz außergewöhnliche Blüte der Kunst entwickeln.
Daß die heutige Entartung der Kunst relativ sehr selten erkannt wird, ist
entschieden zum großen Teil eine bedauerliche Folgeerscheinung der jetzigen Ver. .
hältnisse, die aber ebenso wie der Krieg und die ganze Entwicklung der letzten
Zeit ohne eine entsprechende Disposition der Volkspsyche nie hätten' entstehen
können. Was wir heute auf den verschiedensten Gebieten an Demoralisation, an
Entartung überhaupt sehen, war unbedingt schon in der Mentalität der Vorkriegs . .
zeit latent vorhanden. Da nun eine neue Blüte der Kunst nur unter wesentlich
anderen und besseren aIlgemeinen Verhältnissen möglich ist, muß sie Hand in Hand
gehen mit einer geistigen und körperlichen Gesundung der Menschheit.
Die zwei wesentlichsten Übel. ".elche die jetzige Krise der Kunst zur Katastrophe
entwickeln, sind erstens die Sucht, auch das Extreme noch ins Extremste zu steigern
und zweitens das Bestreben zu analysieren, ohne dann aus den gewonnenen Resul. .
taten die synthetischen Folgerungen zu ziehen. Um nun diesen Übeln zu begegnen,
müßte man sich vor allem gewöhnen, den Aufbau, nicht aber die Zerstörung als
das Wesentliche des Schaffens anzusehen, müßte das Natürliche wieder natürlich
betrachten und sich also von Perversitäten fernhalten (das könnte zum Beispiel in
punkto Erotik auf der Bühne durchaus nicht schaden), müßte erstens einsehen, daß
es ein fatales Armutszeugnis ist, sich nur in Extremen auszutoben, zweitens daß
alles Unnatürliche letzten Endes doch immer eine bloß ephemere Lebensdauer hat,
müßte ferner zur Anerkennung des Begriffes der Autorität nicht zurück. . , sondern
vorgehen. In unserer Zeit ist bekanntlich jede Autorität abgeschafft; bis auf eine,
die dafür unentwegt blüht und gedeiht und sowohl Individuum als Allgemeinheit
mehr schädigt, als alle Autoritäten von früher zusammen: die Au'torität der
Inkompetenz. Doch auch sie wird über ihre eigene Unfähigkeit vielleicht früher,
vielleicht später, aber ganz sicber zu Falle kommen. Und das wird der Beginn
einer neuen Ära sein.
Die Jagd nach dem Extremen hat übrigens schon Folgen gezettigt, die zum
Beispiel der immer stärkeren Komplizierung und Vergrößerung des Orchesters ein
jähes Ende bereiten. Sehr viele moderne Werke stellen nämlich derartige Anforde...
rungen an die Größe und Zusammensetzung des Orchesterapparates, daß aus
finanziellen Gründen eine Aufführung unmöglich ist. Damit befinden wir uns nun
auf dem Gebiet der Krise des Musikbetriebes.
Infolge des Valutasturzes sind die Erhaltungskosten eines groBen Orchesters
derartig gestiegen, daß sie durch die Erträgnisse der Konzerte nicht mehr gedeckt
werden können. Denn die Preise der Konzertkarten können über ein gewisses
Niveau nicht hinausgehen, ohne die Gefahr heraufzubeschwören, unanbringlich zU
werden. Dieses Niveau ist zwar leider schon so hoch, daß Mittelstand und geistige
Arbeiter nicht mehr mitkönnen, bleibt aber hinter den ErhaItungskosten noch

305
weit zurück. Das Defizit des Wiener Symphonie~Orchesters zum Beispiel wird
voraussichtlich in die Millionen gehen. Nun bemüht sich zwar das nKomitee zur
Förderung symphonischer Musik in Wien<l in ebenso energischer als dankenswerter
Weise, helfend einzugreifen, kann aber naturgemäß nur einen Teil des Defizits
decken. Die Folge davon wird wahrscheinlich eine weitere Abwanderung von
Orchestermusikern in Länder mit hochwertiger Valuta sein. Nun gäbe es freilich
in Wien eine ga.nze Menge von Kriegs ... und Nachkriegs ... Gewinnel'n, denen das
Spenden der fehlenden Summe eine Kleinigkeit bedeuten würde, aber diese Herr...
schaften haben in den meisten Fällen für Kulturangelegenheiten nur ein mitleidiges
Ingnorantenlächeln übrig.
Da kommt nun eine Neugründung des schon genannten Komitees zurecht: das
Kammerorchester. Es besteht aus erstklassigen Berufsmusikern und Amateuren, die
gratis oder für ein Ehrenhonorar spielen und hat sich gleich bei seinem ersten Konzert
im Juli dieses Jahres durch ganz hervorragendes Spiel ausgezeichnet. Warum so11te
man diese Institution nicht ausbauen und vielleicht unter Zuziehung von Schülern
der letzten Ausbildungsklasse der Akademie (beso!1ders von Bläsern) zu einem
großen Orchester erweitern können? Hier wurde ein Weg betreten, der nicht nur
gangbar ist, sondern bestimmt zu schönen Resultaten führt. So wäre es möglich.
gute MitteIstandskonzerte großen Stils zu wirklichen Mitte1standspreisen zu arran ...
gieren. Damit soll aber nicht gesagt sein, daß das Kammerorchester in seiner
jetzigen Form unvollkommen wäre; im Gegenteil: es muß als sehr wertvoll be..
trachtet werden, ist es doch hervorragend geeignet, den Sinn für feine. nicht auf
Massenwirkung berechnete Musik, der unserer Epoche leider abgeht, zu heben.
Hier sei auch darauf hingewiesen, daß die warm zu begrüßende Idee der Amateur..
Orchester... Vereinigungen, deren ausgedehnte Verbreitung und Verwirklichung für
Kunst, Künstler und Publikum nUr vorteilhaft wäre, leider so oft an dem Übel...
stande scheitert, daß es fast keine Amateure gibt, die sich als (brauchbare) Kontra...
baßspieler, Bläser, Harfenisten oder Schlagwerker betätigen würden. Das hat seinen
Grund darin, daß niemand eine Nebenstimme spielen will, daß der Sinn für
Zusammenarbeit meist ganz fehlt. Hier müßte der Hebel angesetzt werden, wenn
eine Reform des "Musikbetriebes<l und der musikalischen Erziehung ermöglicht
werden soll. Dazu gehört aber wohl eine Generation, die nicht so an Zerfahrenheit
und Größenwahn leidet, wie unsere Zeit, sondern einsieht, daß man bei organischer
Ein... und Unterordnung auch als scheinbare Nebenfigur einen wesentlichen Anteil
an schönep Leistungen haben kann.
Die Krise, welche die Orchestermusik jetzt durchmachen muß, ist gewiß sehr
bedauerlich, aber sie beweist wieder einmal, daß sich Übertreibungen immer riichen.
Mit gebieterischer Hand weist sie die Komponisten in die Schranken eines viel
engeren Rahmens zurück. Das mag auf so manchen lähmend wirken - der wirk...
lichen Begabung wird es nicht schaden. Denn: "In d.er B~schränkung zeigt sich erst
der Meister ....(
c c

306
UR AUF F Ü H RUN G S-K 0 L L ER
Von Richard Specht, Wien
Zunächst ein paar Erfahrungen aus den letzten Jahren.
Einer der begabtesten unserer jungen Komponisten schreibt zwei kurze, phan..
tastische Orchesterstücke, die sowohl in ihrem Ausmaß wie in ihrer instrumentalen
Besetzung keinerlei Schwierigkeiten der Aufführung bieten (außer wenn sie einem
wesensfremden Dirigenten in die Hände fallen, der kein Gefühl für ihre. Eigenheit
hat und nur Noten, aber keine Musik dirigiert - aber das soll, sagt man, ja auch
Beethovenschen Werken nicht wohltun). Ich lerne diese Stücke kennen, sie fesseln
mich durch ihren Geist und ihre Anmut und es gelingt mir, den Leiter eines
unserer großen Orchesterverbände so sehr für sie zu interessieren, daß er sie für
die nächste Spielzeit aufs Programm setzt. Nur nebenbei bemerkt: daß sie anderthalb
Jahre lang auf diesem Programm stehen geblieben sind, daß der junge Tondichter
warten und warten und eine ganze Saison verlieren mußte, ehe er seine Stücke, die
ersten, die er für Orchester geschrieben hatte. hören und aus dem Klang für seine
nächsten etwas lernen, Erfahrung sammeln, Fehler meiden zu wissen konnte. Daß
er aber auch beinahe die zweite Saison verloren hätte, kam so: die Stücke, zunächst
für das erste Konzert der neuen Spielzeit angesetzt, wurden sukzessive bis zum
vorletzten geschoben. Inzwischen kam eine Anfrage aus Deutschland: eines der
ersten Orchester und einer der besten jüngeren Dirigenten verlangen die Stücke zur
Aufführung. Natürlich, mit Freuden, antwortet der Komponist. Ja, aber nur, wenn
wir die Uraufführung haben können, sagen die deutschen Herren. Der Komponist
ist in der größten Verlegenheit: er hat die Uraufführung den Wienern zugesagt,
ist aber, durch die fortwährenden Verschiebungen verzagt, schon unsicher geworden,
ob er sich darauf verlassen kann, daß seine Musik auch wirklich gespielt wird,
möchte einerseits nicht um die deutsche Aufführung kommen, anderseits den Wiener
Dirigenten nicht verstimmen, wenn er ihn bittet, auf das Uraufführungsrecht zu
verzichten und die Stücke als zweiter aufzuführen. Er schreibt noch einmal nach
Deutschland; umsonst. "Uraufführung bleibt Bedingung. Es war nur der Urbanität
U

des Wiener Orchester leiters zu danken, daß der unglückliche Jüngling nicht zwischen
zwei Stühlen auf der Erde saß: er ließ den Deutschen die Vorhand und führte die
Stücke trotzdem auf.
Aber das tut nicht jeder (und nicht einmal er selber immer). Eine zweite
Geschichte soll das erhärten: ein anderer, sehr ernster, schwer ringender und höchst
befähigter Wien er Tonsetzer hat nach langem Harren seine erste Symphonie zur
Aufführung bringen können. Unter den ungünstigsten Verhältnissen; Dirigenten..
absagen, gestörte Proben und sonst allerlei Mißgeschick verursachen eine schwung..
lose und oft unklare Interpretation, unter der der Eindruck des jugendlich schwung ..
vol1en.lebendigen Werkes erheblich leidet. Der mit Recht enttäuschte Komponist reicht
die Symphonie einer anderen Körperschaft ein; sie wird angenommen und auf das
Programm gesetzt. Aber nach kurzer Zeit langt ein Brief mit Entschuldigungen

307
ein: man habe gemeint, hier zu einer "Uraufführung l l zu kommen, habe nicht
gewußt, daß das Werk schon in einem anderen Konzertverband auf~eführt worden
sei und müsse infolgedessen lebhaft bedauern ... Kein Einspruch half. kein öffent..
lieher Appell, auch nicht die Feststellung, wie oft Werke begünstigter Musiker mit
dem Programm vermerk zur Wiedergabe gelangten: "Erste Aufführung in diesen
Konzertenu. Umsonst, die Symphonie blieb unaufgeführt, ihr Weg ins Ausland
dadurch gehemmt und erst einige Jahre nachher, bei den Meisteraufführungen Wiener
Musik, ist sie endlich wieder erklungen.
,Es wären noch zwanzig Beispiele ähnlicher Art anzuführen, aber diese bei den
dürften wohl als symptomatisch genügen. Nur daß sich in der letzten Zeit derartige
Fälle in so ungeheuerlichem Maß vermehren, daß e'fdlich ein kräftiges Wort gegen
die~en irrsinnigen Uraufführungswahn gesprochen und einiges Prinzipielle angefügt
werden muß.
Denn: es ist irrsinnig. Ist vor allem eine Eitelkeitssache und darf schon deshalb
nicht konzediert werden: dem Dirigenten, der entweder nuraufführtU oder gar nicht
aufführt, ist es nicht um die Förderung einer Begabung zu tun, sondern um den
Ruhm. sie "entdeckt l l zu haben. Und da muß doch gesagt werden, daß dieser Ruhm
vielleicht "sichtbareru, der andere aber wertvoll.lr ist. Besser als Uraufführung um
jeden Preis ist Gutaufführung um jeden Preis. Was, zum Donnerwetter, kann den
Münchenern daran liegen, ob die Wiener ein Werk schon vor ihnen gehört haben?
Ob sie die ersten sind, die ihr Urteil darüber sprechen, oder ob sie dem der anderen
widersprechen oder zustimmen? Eine Erstaufführung ist doch keine Deflorierung;
jedes Werk bleibt für jeden "ersten" Hörer unberührt - nur zu sehr, denn erst
das zweite oder dritte Hören bringt das rechte Verstehen; wovon später noch zu
sprechen sein wird. Soll jener Entdecker ... Eitelkeit zuliebe heute wirklich jeder befähigte
junge Komponist. der noch keinen der Namen trägt, die jeder Dirigent sofort auf
das Programm setzt, dazu verdammt sein' müssen, seine Schöpfung nur einmal,
nur bei der Uraufführung, hören zu können? Und nur, weil ein zweiter Dirigent
es deshalb nicht "nachdirigiere:n ll will, weil der Kollege in Bomst an der Knatter
die Uraufführung gewagt hat? Man möchte meinen: wenn ein Dirigent von einem
Werk überzeugt ist und es der Wiedergabe für wert hält, dann ist es seine ver"
fluchte Pflicht und Schuldigkeit, es seinem Auditorium zu vermitteln, gleichviel, ob
es nun die "Uraufführung" ist oder nur die "erste Aufführung in diesen Konzerten U
und ob die Musikfreunde einer anderen Stadt sich schon dabei blamiert haben oder
nicht. UnP. wenn er ein Werk nur deshalb aufführt, weil er dadurch eine "Ur'"
aufführung U hat und nicht, weil er es für inhaltsvoll genug hält, sich dafür ein..
zusetzen oder für problematisch genug. um es öffentlich durch eine Interpretation
zur Diskussion zu stellen, dann soll ihn der Schlag treffen, mitten in solch einer
Uraufführung! Punktum.
D

Das ist ja eigentlich alles, was darüber gesagt zu werden braucht. Aber mit diesem
unleidlich gewordenen Wettlauf um die Uraufführung steht noch anderes in
Zusammenhang, worüber schon hie und da gesprochen worden ist, was aber wieder
einmal nachdrücklich erörtert werden muß, weil gerade dieser Wettlauf die wirk..
lichen Begabungen noch anders schädigt als durch die Bedrohung, nur in einer
einzigen Stadt einmal aufgeführt zu werden.

308
Man wird unter allen, die Musikschriftstellerei betreiben, mich am wenigsten
verdächtigen, gegen die Vorführung neuer Werke zu sein; ich habe immer und immer
wieder den Zusammenhang des Interpreten mit der lebendigen Produktion gefordert
und bin immer wieder für bestimmte neue Schöpfungen und für deren Wiedergabe
eingetreten. (So wie ich nicht ruhen werde, bei jeder Gelegenheit, und so auch
bei dieser, es als eine Schmach zu bezeichnen, daß die W iener Philharmoniker bis
zum heutigen Tage keine Note von Arnold Schönberg gespielt haben, dessen Werke
heute zur europäischen Diskussion stehen und deren Aufzeigen eben deshalb heute,
jenseits aller persönlichen Geschmacksrichtung, einfach Pflicht gegen das Publikum
ist, das eiD Recht darauf hat, aus eigenem Anhören sein Verhältnis zu soIch
umstrittenen, kühnen und unabhängigen Schöpfungen zu finden.) Und ich habe die
Absicht, es auch weiterhin so zu halten. Aber es wird Zeit, mehr auf die Qualität
als auf die Quantität der Neuaufführungen zu sehen. Es ist heute so weit gekommen,
daß das verkannte Genie zur Fabel geworden ist - oder vielmehr, da das Genie
zwar gespürt, aber immer doch wie nur je gehemmt wird, daß es unterdrückte
Talente nicht mehr gibt. Im Gegenteil: man sucht nach Talenten, man reißt den
jungen Leuten ihre Partituren aus den Händen (freilich müssen es immer junge
Leute aus einer "anderenIl Stadt sein), man fahndet nach Novitäten (freilich müssen
eS halbwegs bequeme sein, in zwei Prohen herauszuhauen, wohlerzogen, um den
Hörer nicht zu agassieren und ihm doch das schmeichelhafte Gefühl zu geben,
"modern orientiert o'4 zu sein, oder langweilig und abstrus zugleich, um ihn von den
eigentlichen, wichtigen, aufs morgen, weder auf den Tag noch auf den Jour ein...
gestellten Erscheinungen, den Schön berg, Delius, Strawinskij, Hindemith, Rudi
Stephan und allen, die Studium vom Orchester und Einfühlung, Auseinander-
setzung. nachschaffendes Verstehen und Kenntnis des Konstruktiven vom Dirigenten
verlangen, endgültig abzuschrecken -leugnet's, wenn Ihr könnt!). Diese Novitäten..
hetze aber, der Stolz, in jedem Konzert eine Neuheit zu bringen, verbunden mit
der Uraufführungssucht, bringen einen kunstfeindlichen Zustand mit sich. Erstens,
weil viel zu viel Mittelmäßigkeit präsentiert WIrd, zweitens, weil dem (wenigen)
Wichtigen der Raum weggenommen wird, drittens, weil dieses Wichtige, wenn es
nicht von einem stammt, den die Tradition oder die Mode verlangt (oder sagen
wir gleich: der Welterfolg), sich nicht auswirken, nicht durchsetzen kann und nicht
zum Besitz, nur zur vorüberfliehenden Erscheinung wird. Es wird einmal gespielt;
wenn kein ungewöhnlicher Erfolg da ist (der auch im Ausgehöhntwerden durch die
lieben Zünftigen liegen kann), womöglich nur in einer Stadt, da man ja nur Ur...
aufführungen will und nicht als Zweiter hinter dem anderswärtigen Dirigenten
"nachhinken" mag. Und wird gleich wieder vergessen; wenigstens aber muß es, im
allerbesten Fall, jahrelang auf eine Wiederaufnahme warten. Es ist zum Verzweifeln.
Und es spricht für inneres Überzeugtsein, daß nicht die meisten Symphoniker und
Kammermusikdichter Selbstmord begehen.
Denn es ist zu sagen, daß al1 dies hauptsächlich für die absolute Musik gilt.
Opernkomponisten haben es besser. Schon dadurch. daß auch das durchgefallenste
Musikdrama ein paar Mal aufgeführt wird, daß also die Gelegenheit da ist, den
Eindruck zu revidieren, Urteile richtigzustellen, das wahre Wesen des Werkes,
besonders wenn es ein nicht leicht zugängliches ist, besser oder vielleicht erst über ..
haupt in seiner Singularität zu erfassen. Zudem ist man jetzt, da "Uraufführung" doch
sein mußr zu dem seltsamen Auskunftsmittel gekommen, ein bemerkenswerteres

309
Werk am gleichen Abend in verschiedenen Städten herauszubringen. Im Schauspiel
macht man das schon lang; Hans Müller hatte, glaub' ich, ein Dutzend Städte, die
hinter einander nicht zurückstehen wollten und sein letztes Stück gleichzeitig, am
seI ben Tage, zum erstenmal spielten. Das hat nun große Nachteile, in der Oper,
wo es auf richtige Tempi und auf Subtilitäten der Musik ankommt, die nur der
Tondichter einwandfrei angeben kann, noch mehr als im Schauspiel: es wird doch
nur eine Stadt die bevorzugte sein und eine authentische Wiedergabe bieten: nämlich
die, in der der Schöpfer des Werkes anwesend ist, der die letzten Proben unbedingt
leiten soll, aber unmöglich an mehreren Orten zugleich inszenieren und dirigieren
kann; und sein Fehlen wird nur zu oft mit einem Mißerfolg bezahlt, der aus..
geblieben wäre, wenn der Autor seine Intention in plastisches Leben umzusetzen
vermocht hätte. Allerdings ist auch ein Vorteil da: die Kritik der verschiedenen Städte
muß selbständig arbeiten, es können nicht von einem Ort aus Schlagworte aus ..
gegeben werden, die nur zu oft den Weg eines Werkes hemmen, die Rezensenten
können nicht von den Genossen der Uraufführungsstadt abschreiben und sie
paraphrasieren und gerade durch den Widerspruch der öffentlichen Meinung~il und
der gleichzeitigen unpräjudizierten Kritik entsteht ein Interesse und eine Spannung,
die dem Werk und seinem Bühnenleben förderlich sein kann. Das ist aber auch
der einzige positive Gewinn dieser Massen.. Uraufführungen und auch er ist frag ..
würdig. Bei alle dem : die Opernkomponisten haben es besser, sie haben durch die
Wiederholung ihrer Werke die Möglichkeit, Mißerfolge wettzumachen, Unverständnis
zu überwinden und Fehlurteile zu entkräften. Und, wie gesagt, selbst der Durch ..
gefallenste hat diese Chance. Während auch der erfolgreichste Symphoniker (wenn
er nicht zufällig ein Mitglied des Orchesters ist, das ihn aufführt) erst nach Jahres..
frist, zumeist aber niemals eine Wiederholung seines Werkes erlebt. Denn dann
müssen ja die anderen dran. Und für mehr als ein modernes Werk ist im Programm
.eines Symphoniekonzertes kein Raum. Die Hörer wollen ja immer dasselbe hören,
wollen sich nicht plagen, sondern genießen und das ist nur möglich, wenn sie ein
Werk wirklich kennen. Ist es nun aber kein scheußlicher drculus vitiosus, daß sie
bei einer neuen Schöpfung zu solchem "Kennen u gar nicht oder crst nach Jahr..
zehnten gelangen können (wie es bei Bruckner, Mahler, Strauß der Fall war), weil
sie sie nicht oft genug hören konnten und wollten? Hinterher bedauern sie's,
machen's aber im gleichen Fall immer wieder so töricht, lehnen das Neue und gar
dessen Wiederholung ab, statt seIher auf sie zu dringen und lieber auf das zwanzigste
Mal "Pastorale u und ,,]upitersymphonie u freiwillig zu verzichten. In Holland tun
siets und wissen warum. Während sich bei uns und in Deutschland das ewig gleiche
Programmkarussel vor entzückt gleichgültigem Auditorium dreht.
Hier liegt ein Kern des Übels. Statt die "Uraufführung" zum point d'honneur
zu machen (und zum lächerlichsten dazu), müßte der künstlerische Dirigent etwas
anderes tun: die wenigen und doch zahlreicher als man denkt vorhandenen, wirklich
lebendigen und problematisch fesselnden Werke der Epoche um jeden Preis, und
sei es zunächst gegen den Willen der Hörer, zu fördern. Ein Werk, von dessen Wert
er durchdrungen ist, so oft vorzuführen, bis es verstanden ist; zumindest aber
es gleich nach der Erstaufführung, und zwar schon im nächsten Konzert zu wieder..
holen i und mehr: wenn es ausgezischt worden ist, gleich zweimal hintereinander.
Das hat Mengelberg mit Mahlers Vierter getan, ohne daß sie ausgezischt worden
ware; aber beim zweitenmal gab es Triumph und Entzücken. Und Mengelberg

310
macht es auch sonst mit neuen Stücken so, von denen er etwas hält; ich habe im
Mai binnen zwei Wochen Ernest Blochs farbiges, biblisch prunkhaftes, schwermütig
psalmendes Tongedicht "Schelomoll dreimal und mit steigendem Vergnügen gehört
und auch seinem Publikum war's recht. Was MengeIberg kann, werden andere auch
treffen. Nur freilich: seine Kraft und seine Autorität müssen sie haben. Man glaubt
es ja nicht, was sich jedes Publikum von einem gefallen läßt, zu dem es Vertrauen
hat, weil er es immer wieder zu bezwingen weiß, das ist natürlich die Voraussetzung.
Die Zögernden, Bedenklichen, Vorsichtigen haben niemals mit Erfolg einen Vor~
stoß ins Richtige und ins Neue wagen können. Aber Kaurage lohnt sich immer,
Nachgiebigkeit rächt sich immer - in der Kunst noch mehr als sonst. Und jetzt
haben wir ja ein paar Dirigenten, die das Vertrauen der Musikgemeinde haben und
die ruhig etwas riskieren können, ohne leere Bänke befürchten zu müssen. Also:
Furtwängler, los! Fried, los! Nicht nur einzelne Versuche, Neues zu bringen -
sondern auch die Zähigkeit, es durchzusetzen. Um nur eine Einzelheit aus meinem
Gedächtnis hervorzuholen : warum hat man Rezniceks gewaltige symphonische Fresken
"Schlemihl" und "Der Sieger", die sehr starken Eindruck pro und kontra gemacht
haben, nur einmal - vor ungefihr zehn Jahren - und seither nicht wieder hören
können und seinen "Frieden" gar nicht? Und Schönbergs Kammersymphonie?
Und seine hier noch unbekannten' Orchesterstücke ? Und Mahlers Sechste, die in
all den Jahren hier nur vier oder fünf Mal gespielt wurde und noch lange nicht in
ihrer furchtbaren Macht verstanden ist? Furtwängler, los! Fried, Jas! Ob "Ur~
aufführung 11 oder nicht: macht wichtiges Neues, und: wiederholt es. Und umsomehr,
je mehr die lieben Leute gepfiffen haben! Schon deshalb, weil sie sich dann etwas
mehr davor scheuen werden, zu pfeifen, in der Furcht, sonst statt der unvermeid~
lichen klassischen Symphonie (die natürlich in ihren hohen Exponenten dauernd
zu erhalten ist) wieder das verhaßte Neue ertragen zu müssen. Aber auch, weil sie
dann auf die Dauer lernen werden, wie voreilig sie waren, wie sehr Zurückhaltung
ihnen geziemt hätte, wie falsch in jedem Sinn ihr erstes Hören eingestellt war.
Falsch, weil sie gleich "genießen" wollen; was nur bei vollkommenen Erfaßthaben
und gesammelter Ruhe, also nicht in der erregten Spannung im Aufnehmen des
Unbekannten gelingen kann. Beim ersten Hören wird der Empfangende nur dann
sofort "Genießender", wenn das Werk konventionell ist und mit den Wendungen
von heute spricht; also wenn es ein Bockmist ist oder etwas Überflüssiges. (Oder
Operette; wobei man bemerken möge, daß ich höflich bin und "oder" sage.) Ein
Werk aber, das seine eigene Sprache spricht, wird zunächst aufreizen, beunruhigen,
fremdartig sein und wird vor allem, in dem seltsamen Zusammenziehen, dem
Perzipieren des "Gewohnten" und dem Überspringen des Eigenartigen, wie es dem
ganz falschen Assoziieren des ersten Hörens eigen ist, ein völlig verschobo?nes,
unrichtiges, bestenfalls in seinen Umrissen geahntes Bild geben. Erinnern wir uns~
wie fremd uns Bruckner, Mahler, Strauß, nicht im Wesen ihrer sofort gefühlten
Musik, aber in ihrer Tonsprache waren, die heute so sehr die unsere geworden ist
und der Beethovens und Mozarts so ganz wesensgleich: ebenso muß (muß, sage ich)
es mit jedem Werk von persönlicher Haltung und neuem Inhalt gehen. Was sofort
anspricht, ist konnivente Banalität; erst wo auch der Widerspruch, freilich aber
gleich auch das Gefesseltsein der 1'4usiknahen und die Tobsucht der Musikfernen
beginnt, dort liegen Werte des Lebendigen. Aber man soll nicht jedesmal zehn
Jahre w..rten müssen, um sich diei:c Werte endlich auch aneignen zu können, nicht

311
bloß, um ihre Existenz wissen zu dürfen. Deshalb nochmals: weniger Uraufführungen,
mehr Wiederholungen!
Das soll aber um des Himmelswillen nicht heißen, daß die Dirigenten sich der
Uraufführungen enthalten sollen. Im Gegenteil. Nur soll die "Uraufführung<'! nicht
Bedingung der Wiedergabe überhaupt sein; nur soll nicht die Uraufführung eines
mittelmäßIgen Werkes der Erst .. oder Zweitaufführung eines wertvollen ("in diesen
Konzerten<'! oder nicht gleichviel) vorgezogen werden, weil's besser "aussieht". Etwas
mehr Verantwortlichkeitsgefühl gegen Kunst und Künstler, etwas weniger Entdecker ...
eitelkeit und Konkurrenzneid und alles wird in Ordnung sein. Denn das Publikum
will immer, was der Dirigent will, wenn es nur spürt, daß es ihm nicht um den
persönlichen Erfolg, sondern um die Sache zu tun ist. Und wenn es seinen stärkeren
Willen einmal spürt, ist er unüberwindlich.
c c

RELIGIÖSES ZU MAHLERS VIII. SYMPHONIE


Von Georg Klaren, Wien
Wenn die katholische Religion als Voraussetzung zum Gottesglauben das
unkontrollierbare, superindividuelle Moment einer Begnadung annimmt, ohne die
kein Denken über den letzten Grund zum Ziele führt. so will sie damit offenbar
konstatieren. daß jede Religiosität eine Gefühlsangelegenheit ist, auf welche die
."ratio" nur sehr sekundären Einfluß ausübt, und niemand an Gott glauben,
diesem Gott gedanklich näherkommen kann, wenn er nicht seelisch apriori dazu
prädisponiert ist.
Es wird in letzter Zeit sehr viel und intensiv darüber gestritten, ob Mahler ein
Deutscher oder einjude war; mir scheint es unnütz, dies zu diskutieren. denn bei
dieser Fragestellung handelt es sich um die Nationalität, welche künstlerisch sehr
wenig zu bedeuten hat. Man müßte fragen, ob er Israelit oder Christ oder Katholik,
am Ende gar Buddhist war, denn dies erst ruhrt an seine Mentalitä.t, welche für
die Produktion bestimmend sein konnte. Gewiß, nun werden die Herren "reinen
Musiker" wieder wettern, daß einer sich erlaubt, einen Komponisten von einem
anderen Standpunkte als dem der verminderten Septime zu betrachten! - aber
das macht nichts.
Von teils böswilliger. teils bornierter, teils heider Seite wird immer wieder den
Mahler. . Anhängern vorgeworfen. daß ihr Meister "kein Musiker. sondern ein Literae·
war, der ~nicht komponierte, sondern meditierte'" und was dergleichen ungerechter
Unsinn mehr ist; man hackt sich zum Zwecke dieser Behauptung in die Tatsache
seiner philosophisch genannten und in Wahrheit religiösen Interessiertheit ein,
wobei natürlich angenommen wird, ein solches "Thema" sei kein musika.lisches.
Nichts falscher als dies! - man verwechselt immer wieder Religiosität mit
Philosophasterei; letztere ist ab sol u tun musikalisch. erstere fa s t nur musikalisch,
siehe Beethoven. der den Kampf um Gott in der Fünften weitaus beredter ausdrückt,
als es zehn Bücher vermögen! - Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß
gerade Wagner genau betrachtet Antipode Mahlers war, denn er verbrämt ja Feuerbach,
später Schopenhauer mit religiösem Weihrauch, während Mahler sich aus den
speli.ulativen Niederungen gedanklicher Skepsis zu den gefühlsmäßigen Höhen
religiöser Kontemplation erhebt, wie je d e Seelen . . und ni eh t Gehirn... Angelegenheit

312
musikalisch im höchsten Sinne: man höre die uralte, katholische Melodie
des mächtigen "Credo in unum deum" und erkenne, daß ein Glaube ohne diese
Melodie nur lau sein kann!
Mahlers ReligionstragöJie war die Tragödie des Assimilanten, des Menschen,
der glauben will und nieh t glauben kann. Ich verstehe hier Assimilation im geistigen
Sinne, den Versuch zum Übergang aus einer Mentalität in eine andere; daß er
Jude war, verschärft seine Situation: die jüdische Religion ist positivistisch, zugleich
aber transzendent, ein Paradoxon, das erst in der kosmopolitischen Idee des messia..
nischen Reiches auf Erden gelöst erscheint. Angelpunkte: der Mensch und seine
Menschheit unter Gott, einem vergrößerten Seinesgleichen! - und so dringt Mahlet
durch alle Natur zur Erkenntnis des Individuums vor, dessen schon früher geschauten
individuellen Kämpfe - »denn alle Lust will Ewigkeit" - als Überwindung des
Pessimismus ihn später in der Fünften beschäftigen; er löst sie mit einem erdenfesten,
lustbetonten Furioso: das ist zugleich jüdisch und nietzscbeanisch; aber daneben
zieht es ihn zum Primitivismus der Naivität eines "fahrenden Gesellen u oder zur
heiligen Einfalt seiner "Fischpredigt U , ein auch im Leben geübter asketischer Zug
tritt als Reaktion gegen Überkultur ein, sehr viele seiner Sätze verfluchen die
später so "schöne Erdeu: christlich, urchristlich - aber er kann vorn ein e n völlig
nie los und nie völlig ins an der e - da haben wir d\e Achte: soll man sie christlich
nennen? - Wohl eben so wenig wie Goethes mystische Worte! - sie ist im
Gegensatze zu diesen, die bloß geläufige Symbole zur Illustration einer autokratischen
Theodicee nahmen, k a th 0 I i s ch, erst mit tel a lte r1 ich... , später bar 0 ck··katholisch,
ort h 0 d 0 x. Er vertonte hier nicht, was Goethe sagte, sondern was die Kirche
sagt - wieder: ohne ganz daran zu glauben! - es kam ja noch anders.
Im Anfang des zweiten Satzes der Achten verkündet uns Mahler das absolut leere,
tonlose Reich völliger Abstraktion, die tabula, rasa geistiger Sphären; dieses im...
materielle Jenseits im Gegensatze zum Nirwana sich von körperlosen, symbolischen
Gestalten belebt zu denken, an die "Gemeinschaft der Heiligen U zu glauben, ist
eine der peinlichsten Anforderungen des Katholizismus, peinlich, nur daran zu
denken, fast unmöglich, es künstlerisch zu gestalten. Er aber wagt es und weil es
ein über alle Begriffe gehendes Unterfa.ngen ist, fleht er im ersten Satze um die
Gnade, denn das" Veni creator lt ist nur so zu verstehen. In diesem Satze drückt
sich alles aus, was ein Konvertit, um stark im Glauben zu bleiben, von der Kirche
fordert; wer die Bekenntnisse bekehrter Intellektueller + gelesen hat, weiß es: die
Kirche muß imponieren! - jeder wünscht sich schon auf Erden die ecclesia
triumphans. Mahler zeigt uns deshalb auch in der typischen ängstlichen Lautheit,
prononcierten Grelle des Assimilations .. BefIissenen den Glauben von der starken
Seite. die religiöse Kraft: »", und ihr sollt Gott loben mit Pauken und Zymbeln!"-
Ein solcher Ängstlicher muß eben sein Credo schreien, um sich seinen Glauben
zu glauben. Er war nicht umsonst skeptisch: im zweiten Satze verfällt er dem
Kardinalirrtume derer, die nur um der -Ästhetik ihres Kultes willen zur Kirche
kamen, er läßt sich von eben diesem Kulte verleiten, das Jenseits barock zu illustrieren.
Es ist sehr bezeichnend: wir finden im Satze "von der Schönheit U im "Lied von
der Erde" ganz deutliche Anklänge an den zweiten Satz der Achten, insbesondere an
das T erzet!, Er kann als Künstler das Immaterielle nicht vertragen, er will nicht
meditieren, sondern gestalten, damit entfernt er sich vom Dogma des Katholizismus
>lo Siehe HUYlImans, Rete, Verkadel

313
ebenso, wie sich von ihm die meisten Mystiker entfernten, die 'Gott sahen und
eben deshalb vom Klerus meist sehr unbequem empfunden wurden. Wenn er
am Ende der Achten abermals den heiligen Geist anruft, so tut er es als ein Ver...
zweifelt er, der den Glauben angewandt hat und sich auf einem anderen Stand...
punkte sieht, als er beabsichtigte, denn von der barocken Darstellung des Himmels
ist es nur ein Schritt zum Pantheismus, zur Vergöttlichung der Natur, zur "schönen
Erde 4 , welche wohl am intensivsten die asiatische Seelenwanderungslehre, zu der
ihn schon die Vorliebe für Nietzsehe prädestiniert, preist.
Jener Schritt ist im "Lied von der Erde" getan. Mahler aber ist als Buddhist
wi e d er nichts weniger als orthodox, denn die Materie, die Wiederkehr, empfindet
er nie h t pessimistisch, sondern bejaht sie, sogar in der herbstlichen Melancholie
des "Abschieds u ungemein trostreich und ruhig. Es ist übrigens eine Leistung
ohnegleichen, dem Hörer aus den tendenzlosen, eine bloße Naturstimmung
schildernden Worten des chinesischen Dichters den Todesgedanken geradezu
suggestiv aufzudrängen!
Betrachten wir Mahler also vom religiösen Standpunkte, so finden wir, daß er
im Gegensatze zu seiner musikalischen, formalen Vollendung in dieser Beziehung
als ein Unfertiger gestorben ist; er war, wie wohl jeder ganz Gewaltige, bis ans
Grab ein religiöser Sucher, welcher als geistiger AssimiIant nie den Frieden fand --
nun hat ihn der Friede gefunden.
D C

DAS KAMMERORC HE STER DES


SC HAU S PIE L HA U SES DÜSSELDORF
Von Hanns W. David. Berlin
Das jüngst gegründete "Kammerorchester des Schauspielhauses DüsseIdorf" ist
ein Unikum unter seinesgleichen. Schon äußerlich unterscheidet es sich durch seine
Zusammensetzung wesentlich von allen anderen bekannten Orchestern insofern,
als alle Instrumente, zumal aUe Bläser, solistisch besetzt sind. Und hiemit sind
denn auch der Zweck und die Möglichkeiten dieser neuen Körperschaft scharf um...
grenzt. Es kann nämlich nicht die Aufgabe eines derartigen Orchesters sein, die
großen symphonischen Werke, die zum ständigen Repertoire eines großen Orchesters
gehören und die seit Beethoven neben einem starken Streichkörper zum mindesten
zweifache, , seit Wagner sogar mindestens dreifache Bläserbesetzung erfordern, zu
Gehör zu bdngen. Vielmehr erinnert die Zusammensetzung des Kammerorchesters
an die Form des Orchesters, wie sie noch zu Mozarts Zeiten gang und gäbe war und
wie sie heute bei unseren jüngsten Komponisten wieder wachsendes Interesse gewinnt.
Es liegt auf der Hand, daß kein Orchester so berufen sein kann, alte sym...
phonische Werke. insbesondere die des XVI!. und XVIII. Jahrhunderts. stilgerecht
im Sinne der damaligen Zeit aufzuführen, als ein Kammerorchester, das
sich seiner Struktur nach den Erfordernissen einer solchen Wiedergabe anpaßt.
Denn wenn bisher von großen Orchestern diese Werke aufgeführt wurden, so
mußte die Besetzung eigens hiefür verkleinert werden, das heißt also, das Orchester
bekam eine andere Zusammensetzung als die gewohnte. Von einer Kultur, wie sie
nur die systematische Pflege solcher Musik mit sich brin2:t7 konnte also nicht die

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Rede sein; alle derartigen Aufführungen trugen von vorneherein das Merkmal des
Ungepflegten, Zufälligen, des Unfreudigen. Das neue Kammerorchester dagegen
würde - ebenso wie andere Orchester etwa die symphonischen Werke Beethovens,
Brahms', Wagners, Bruc.kners, Strauß', Mahlers - die kleinen symphonischen Werke
Bachs, Händels, Haydns, Mozarts etc. ständig im Repertoire haben.
Nach eine weitere Perspektive eröffnet sich für die Aufgaben dieses neUen
Orchesters. Wenn bisher größere Kammermusikwerke, deren Besetzung über den
Rahmen eines Streichquartetts hinausging, aufgeführt wurden, sei es Sextette,
Septette, Oktette und Nonette mit Bläsern oder ohne solche, so trug auch die
Wiedergabe solcher Werke notgedrungen den Stempel des Improvisierten,
Unorganischen. Denn die Ausübung von Kammermusik liegt in der Regel Streich...
quartett.. oder Triovereinigungen ob. Wie aber die großen Orchester zwecks Auf...
führung von Kammersymphonien sich verkleinern und so ihre eigentliche und
wesentliche Zusammensetzung aufgeben n1üssen, so sind die Quartette, wenn sie
größere Kammermusikwerke aufführen wollen, genötigt, sich durch Hinzuziehen
fremder Kräfte zu ergänzen, ein Verfahren, das niemals zu einer wirklich kultivierten
Zusammenarbeit führen kann. Im Rahmen des neuen Kammerorchesters würden
diese Hemmungen fortfallen, da alle Mitglieder in täglicher Zusammenarbeit von...
kommen miteinander eingespielt sind und auch für größere Kammermusikwerke,
insbesondere solche mit Bläsern, jede künstlerische Divergenz bei der Aufführung
ausgeschaltet würde.
Es würde somit nicht nur die selten und meist unvollkommen zu Gehör
kommende größere Kammermusik der Klassiker und Romantiker bis zu Brahms
und Reger gepflegt werden, sondern auch die jüngste Produktion ein Forum finden,
von dem aus sie ständig gehört werden könnte.
Es macht sich nämlich bei den jungen Komponisten aller Richtungen und
Schulen in ihrem Schaffen eine deutliche Abkehr von dem bisher im Vordergrund
des Interesses stehenden großen Orchester und eine zunehmende Beliebtheit des
Kammerorchesters und der größeren Kammermusik mannigfaltigster Besetzung
bemerkbar, eine Bestrebung, die nach Jahrzehnten ausgesprochenen Orchester ...
virtuosentums als eine gesunde, zukunftsreiche Bewegung zu begrüßen ist. Es steht
aber auch außer Frage, daß so mancher junge Musiker von der Komposition solcher

Werke Abstand nimmt, weil es für eine Aufführung bislang allerorts am nötigen Organ
fehlt, zumal die Zusammensetzung derartiger Ensembles in der oben erwähnten
Weise meist hohen -Ansprüchen nicht genügt und zudem von Fall zu Fall mit
den größten Schwierigkeiten und unter hohem Kostenaufwand erst gebildet werden
muß. Somit wäre das neue Kammerorchester berufen, auf die musikalische Produktion
befruchtend einzuwirken, umsomehr, als auch dem Komponisten vor oder während
der Konzeption derartiger Werke Gelegenheit gegeben werden könnte, mit dem
Orchester Versuche in klanglicher Hinsicht anzustellen, ein Problenl, das von zahl..
reichen Fachleuten schon oft diskutiert worden ist, das aber stets an der Unmög...
lichkeit, einen derartigen Versuchskörper auch nur zusammenzustellen, geschcltert ist.
Die besondere Aufgabe des "Kammerorchester des Schauspielhauses Düsseldorf ll ,
die Bühnenmusik zu Schauspielen auszuführen, verspricht auch auf diesem Gebiete
eine Neubelebung. Bisher schwankte die Art der Ausführung von Schauspielhaus...
musik zwischen zwei extremen Polen: dem Symphonieorchester nach Art der
Opernmusik (mit den Einschränkungen, die - meist zum Nachteile der künstlerischen

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Wirkung - aus materiellen Gründen oder aus Platzmangel stattfinden mußten}
oder dem Miniaturorchester, dessen Zusammensetzung stets peinliche Erinnerungen
an Salonorchester in Kinos oder Kaffeehäusern wachrief und das von vorneherein
künstlerisch ernste Arbeit ausschloß. Aber auch ein großes Symphonieorchester
birgt für Schauspielmusik die Gefahr in sich, ins Opern mäßige zu verfallen und
somit einen Stil in das Schau~piel einzuführen, der diesem fremd und für die
Unterstützung des gesungenen Wortes wohl notwendig, durch genetische
Tradition begründet ist (zum.l die Entwicklung sogar dahin gefuhrt hat, die
Singstimme in der Oper als obligat erscheinen zu lassen), der aber im Schauspiel
das gesprochene Wort unbeding~ erdrosseln muß. Gewiß ist also auch auf diesem
Gebiete das Heil von einer Musik zu erwarten, die im kammermusikalischen Sinne
durchsichtig und doch a!len dramatischen Ausdruckes fähig ist, ja vielleicht könnte
von einem solchermaßen neugewonnenen Stil auch die Oper Anregung und Neu..
belebung gewinnen.
Zum Schluß sei noch auf die soziale Bedeutung und den erzieherischen Wert
für Volk und Tugend hingewiesen, wofür sich große Orchester oder verstärkte
Kammerrnusik .. Vereinigungen wegen der unvergleichlich höheren Kosten nur in
beschränktem Maße tauglich erweisen.
So wird also das neue Kammerorchester eine wichtige Rolle, nicht nur als
konzertierender, sondern darüber hinaus als kultureller Faktor spielen.
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DAS RUSSISCHE BALLETT


Von Francis' C. BarrettoI<
Von allen künstlerischen Vereinigungen, die vor dem Kriege bestanden, hat das
russische Ballett die größte Macht über das Publikum behalten. Durch seine künst-
lerische Basis ist sein Ruhm vollkommen berechtigt. In seinem Direktor Serge
Diaghileff besitzt es das Muster eines künstlerischen Leiters, der weiß, was er will
und wie er es erreicht. Er zeichnet sich dadurch aus, daß er im Gegensatz zu so
vielen Leitern ähnlicher Unternehmungen den Wert guter Musik schätzt., Daher
nimmt auch die Musik in seinen Plänen einen besonderen Platz ein; er hält sie
für ungenügend dargestellt, wenn sie nur "Rhythmus" für den Tanz bedeutet; sle
muß ihren eigenen Charakter haben und dies.em adäquat wiedergegeben werden.
Indem er ein erstklassiges Orchester verwendet und durch musikalische Zwischen..
spiele die Ballette trennt, verleiht er der Musik überdies eine ganz besondere
Prominenz. Es war ein ziemlich schwerer Kampf gewesen, die Aufmerksamkeit
für diesen Teil seines Programmes zu gewinnen; aber er :)cheint schließlich gesiegt
zu haben. Das wesentliche ist. daß das Unternehmen sehr bald einen Ruf erwarb,
der in diesem Falle mit Recht verliehen wurde.
Das russische Ballett ist eine künstlerische Vereinigung von höchster Voll ..
kommenheit. Es genügt, die außerordentliche Technik der Tanzer, die Mannig..
:faltigkeit ihrer Bewegungen und die Tatsache, d..ß auch nicht das kleinste Detail jemals
übergangen wird, festzustellen, um zu dem Schluß zu kommen, daß hier das Er..
lesenste seiner Art existiert. Die Direktion zeigt wunderbare Vielseitigkeit; nichta
• Aus "Musical Time&~, London.

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ist Diaghileff unwillkommen: er kann uns etwas durchaus Anmutige. und Reizende.
wie "Carnaval" bringen oder in einem künstlerischen Jazz wie "Chout" schwelgen,
immer aber ist das Niveau des Erreichten hoch, der Zweck klar und deutlich aus..
gedruckt.
In diesem Jahre fanden verschiedene Veränderungen im Ensemble statt. Ein
glücklicher Zufall brachte die reizende Tänzerin Lopokova zurück, welche vor zwei
Jahren während der Saison in Alhambra auf geheimnisvolle Weise verschwand,
ebenso Herrn Massine und andere. Aber auch die neu gewonnenen Mitglieder sind
tüchtig an ihrer Arbeit und die Arbeit ist ebenso individuell und anziehend wie
jemals. Ansermet blieb leitender KapeUmeister; er scheint durchaus befähigt, den
großen Anforderungen an seine künstlerischen Sympathien gerecht zu werden. Er
hat ein ausgezeichnetes Orchester, in dem einige der besten Landaner Spieler sitzen
(und das will viel sagen). Die Anordnung des Orchesterraumes bringt notwendiger'
weise eine seltsame Sitzordnung mit sich. beispielsweise sind die Hörner auf der
einen Seite des Orchesters, Trompeten und Tuba auf der anderen erhöht. Der Effekt
ist keineswegs schlecht und befähigt jeden, der Instrumentation studiert, sieb die
Wichtigkeit der Hörner in der Partitur, den Klang dieser Instrumente und die
T echni k der Spieler genau vorzustellen.
Gleichzeitig kann ich es nicht unterlassen, die Frage aufzuwerfen, warum die
Architekten bei Theaterbauten sich nicht bemühen, so zu bauen, daß sich das
Gebäude auch für Aufführungen, die ein großes Orchester erfordern, eignet. Es
wäre sehr leicht, den Orchesterraum mit einer Plattform abzudecken, wenn nur ein
kleines Orchester erforderlich ist. In solchem Falle wäre das vorhin erwähnte
Arrangement überflüssig und wir kämen nicht in die Lage, den Spieler des Glocken...
spieles und Xylophons für einen Zuhörer zu halten.
Vor kurzer Zeit brachte Diaghileff seine letzte Großtat unter dem Titel "Cuadro
Flamenco" auf die Bühne. Dies ist eine Gesellschaft von andalusischen Tänzern
und Sängern, die erste Truppe echt spanischer Tänzer, die in England auftrat.
Ihre Methode des Tanzes ist etwas gänzlich Neues, das wir niemals vorher
sahen. Sie führen kein Ballett auf, sondern tanzen in spanischen, von Picasso
speziell entworfenen Kostüm'en auf einem Podium mitten auf der Bühne. Den
Anfang bildet ein charakteristisches Lied von La Minarita; die seltsamen Tonkurven
und ... schleifen, welche in einem harten, jeder Farbe baren Ton gesungen werden,
klmgen zwar nicht besonders schön, doch sind sie zweifellos ganz natürlich. Darauf
folgt ein Beweis für die Herrschaft über den Rhythmus, welche einen Verfertiger
von Neger Jazz so in den Schatten stellt, als wäre er ein armseliger Taktschläger,
der nur "Eins~ betonen kann.
Die Gitarren geben Tonika und Dominante im geraden und ungeraden Takt
zugleich an, die Gesellschaft stößt ein unheimliches, gellendes Geschrei aus und
dann bringt jeder von ihnen eine besondere Variante des Grundrhythmus, die er
nicht nur mit den Füßen, sondern mit dem ganzen Körper ausführt und welcher die
höchste Steigerung darstellt. Erstaunliche Wendungen und Drehunge~werden gezeigt,
der Boden in Kreisen mit heiden Koieen berührt, der ganze ,Körper nach vorne
zu Boden geschleudert.
Das Ganze ist eine Darstellung von Rhythmus, die uns ganz neue Gebiete eröffnet.
Zu den Repertoirestücken gehört auch "The Good .. Humoured Ladies'4 (die gut...
gelaunten Frauen), das entzückende Ballett von ScarIatti, j,we1ches ebenso die

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technischen wie die plastischen Qualitäten der Gesellschaft zur Geltung kommen läßt.
Die Ausführenden haben eine Stilreinheit erreicht, welche sehr schä.tzenswert ist
und auch im allgemeinen die Ausführung vervollkommnet. Ferner werden
aufgeführt "Cleopatra t' und "Scheherazade" - beides Erinnerungen an jene Tage,
an denen das Ballett als überraschende Neuheit zu uns kam, dann "Prinz Igoe' und
Schumanns ttPapiIlons" i in diesem letzteren bietet besonders der ewig junge Ceccbetti
sein Bestes.
Wie ich bereits erwähnte, haben die Orchesterzwischenspiele eine bedeutende
Rolle ione und bilden einen äußerst interessanten Teil, auf ungewöhnlich wirkungs . .
volle Art dargeboten. Unter den Werken sind hervorzuheben: Ouvertüre und Marsch
von Rimskij .. Korsakoffs .Coq d'Or", die Ouvertüre zu seinem ttIwan der Schreckliche",
Sades ttGymnopedies", das Finale von Borodins ttMlada", tt Tam 0' Shanter" von
Eugime Goossens und die .Symphonie Classique" von M. Prokofieff.
ttChout 44 ist eine impressionhtische Angelegenheit, für weIche Michael Larinoff,
der futuristische Maler, verantwortlich ist. Hier sehen wir den Farbenklangwirrwarr
zu feiner Kunst gebracht. Es gibt keine ähnlich. Form. Man kann eine Handlung-
eigentlich zwei - feststeHen, aber ich wundere mich, daß überhaupt etwas wie eine
Aufeinanderfolge vorkommt. Die Musik von Prokofieff ist klug, aber er kann nicht
die "Linie" außer acht lassen und gibt einigen seiner Phrasen eine entschieden
melodiöse Wendung. Andere klingen so, als ob das Oberste zu unterst gespielt
würde oder eine Pianola walze verkehrt eingelegt würde. Es ist am besten, das Ganze
als musikalischen Scherz zu betrachten, den wir in Anbetracht der wahren Vorzüge
anderer Repertoirestücke DiaghiIeff vergeben können.
Nichts aber zeigt die speziellen Methoden des russischen Ballettes besser als
Strawinskijs phantastisch..wunderHches Stück "Petruschka". Hier haben wir wieder
Puppen, die lebendig werden, aber nicht um irgend eine Musik zu illustrieren, wie
in ttLa Boutique fantasque", sondern um illustriert zu werden. Diese Musik
Strawinskijs rechtfertigt seine künstlerische Existenz mehr als alles andere, das er
geschrieben hat, mit Ausnahme von ttL'Oiseau de feu". Seine Illustration der
bewegungstollen, hektischen Ballerina, des Petruschka selbst, der leise an Puldnell
erinnert, des Mohren mit seiner hochmütigen Haltung, grünem Rock und prunkender
Feder (einer entschieden würdevollen Person), diese alle sind überraschend geniale
Konzeptionen. Ihre Musik paßt genau zu ihnen.
Aber Strawinskij beschreibt mit glücklicller Hand auch die übrige Szene, den
lärmenden russischen Jahrmarkt, die rivalisierenden Drehorgeln und Tänzer sowie
die unvermeidliche Ziehharmonika, die lhre großen Nonen auf jedem Jahrmarkt von
China bis Peru und der ganzen übrigen Welt kreischend vernehmen läßt.
Musikalisch überzeugt die Komposition mit jedem Taktstrich und man kann
nur bedauern, daß der Komponist nicht bei diesem Stil geblieben ist. Das Werk
versetzte die Zuhörerschaft in Erstaunen. Der Komponist konnte vor dem Vorhang
erscheinen. Schließlich wurde noch die allegorische "Mitternachtssonne'4 heraus . .
gebracht und "Das Frühlingsopfer u Strawinskijs mit neUer Choreographie und
vergrößertem Apparat angekündigt.
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F. W EIN GAR T N E R S "G E N E S I U S"
Erstaufführung in der Wiener Volksoper
Von R. St. Hoffmann, Wien
Es darf nicht übersehen werden, daß diese dreiaktige Oper dreißig Jahre alt ist
und ihr Autor, Komponist und Dichter in einer Person, nicht viel jünger war, da
er sie schrieb. Er, der Frühbegabte, der als Jüngling das Glück hatte, von Liszt
belehrt und gefördert zu werden, trat mit diesem Werke schon in seine zweite
Schaffensperiode, der später noch einige mehr gefolgt sind. Denn nicht weniger als
zwei Opern: "Sakuntala 'l und t1Malawika" waren diesem "Genesius" um Jahre
vorausgegangen, und hatten, wie es damals in Deutschland und im Kreis um Liszt
erst recht natürlich war, die Wagnersche Dramenwe1t getreulich und erlösungsvoll
rekapituliert. Nun vollzog sich - analog der Umkehr seines symphonischen Ideals
von der Programm. . Musik der "Gefilde der Seligen" und des "König Lear" zu
Beethovenscher Symphonie. . Viersätzigkeit - eine Annäherung an das Prinzip der
"Großen Oper" vom Typ Meyerbeer. . Verdi. Weingartners Vorliebe für sinnlich...
gefällige Melodik, seine wirksam . . dankbare Behandlung der Singstimme, seine
eminente Beherrschung aller Instrumentationskünste, seine Beweglichkeit, sich jeder
dramatischen Situation umSQ leichter anzupassen, als er nicht immer die rigorosesten
Ansprüche an selbstkritische Disziplin zu stellen gewohnt war - nebenbei bemerkt,
vielleicht eine Notwendigkeit für manchen wirksamen Theatraliker, der immer ganz
Schauspieler zu sein hat, somit immer ein anderer, und sei es selbst auf Kosten der
eigenen Individualität - all dies paßte zu seinem neuen Textgehalt, der alles sein
wollte, bunt, farbig, effektvoll, unterhaltend, kurz opernhaft, aber nur ja nicht
psychologisch, tief, bedeutend, und nachwagnerisch . . langweilig. Einzugsmarsch und
Märtyrertod, sterbendes Altertum und siegreicher Christenglaube, irdische und
himmlische Liebe, Rache, Eifersucht und Liebespermutationsspiel sämtlicher auf...
tretender Figuren in kaum mehr übersehbarer Mannigfaltigkeit, üppige Cäsaren...
feste und asketische Katakomben - nach dem Gesetz der Komplementärfarben ist
hier reichlich für Kontrast gesorgt und die Musik ist jederzeit anmutig...sicherer
Helfer und Freund.
Frei von Brutalität, immer in der vornehmen Haltung maßvollen Geschmackes,
hätte diese Oper, wäre sie um etliche Jahre früher wiedererstanden, keinen
geringeren Anspruch auf Erfolg gehabt, als etwa die ähnlicher Empfindungswelt
entstammende "Quo vadis ". Auch heute gönnt man ihr gerne den schönen Beifall,
der neben den vortrefflichen Darstellern - in erster Reihe stehen die Damen
Rantzau und Gelter, die Herren Brand und Lußmann - ganz besonders dem Liebling
seines Publikums gilt, dem Dichter, Komponisten, Direktor, Kapellmeister und
Regisseur Weingartner.
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(i /0 S S fff- 'Te i /
DIE KLARINETTE KEIN bequem zu schreiben und zu lesen, sondern
auch sinngemäß. Wenn man Posaunen, die von
TRANS PONIERENDES Natur in F stehen, wegen ihres durch die ZUge
INSTRUMENT erzeugten Charakters als chromatisches Instru..
ment so notiert, wie sie klingen, warum hat
Die Lesbarkeit der Partituren wird bedeutend man dasselbe nicht schon längst bei den
dadurch erschwert, daß die Klarinetten in fünf Klarinetten getan? Das wäre damals, als die
Stimmungen notiert werden. Auf Anregung Literatur noch beschränkt war, ein leichtes
Arnold Schönbergs möchte ich einen Vorschlag gewesen.
machen, der diese Schwierigkeit ohne große Heute ist es nicht möglich, alle Klarinetten..
Mühe beseitigt. stimmen auf einen Schlag entsprechend um ..
Der Unterschied im Klang zwischen A.. und %udrucken, das heißt wie für C.. Klarinette; das
B..Klarindte ist verschwindend klein, jedenfalls wird nur nach und nach geschehen können.
Yid geringer als der Unterschied, der durch den Für diese t)bergangszeit müssen die
Ansatz verschiedener Klarinettisten entsteht, Klarinettisten, die in der oben genannten Art
die auf demselben Instrument blasen. Der Grund gelernt haben und, wie ich es vorgeschlagen
für die Einführung dieser Stimmungen bestand habe, nur auf der bisherigen A .. Kl,irinette blasen,
also nicht in der Verschiedenheit des Klanges, zwei Hilfslesarten erlernen. Die alten
sondern in der Unmöglichkeit, auf den älteren, Stimmen für A .. Klarinette müssen sie eine kleine
primitiven Instrumenten alle Töne hervorzu.. Terz, die für B~Klarinette eine große Sekund
bringen. Die Vervollkommnung der Klarinetten tiefer spielen. Und zwar sollen sie nicht etwa
aber erlaubt einem guten Klarinettisten, in transponieren, sondern absolut lesen, das beißt
allen Tonarten alle Figuren zwar nicht gleich nach cler Art von SChlüsseln, die man
bequem - und darauf kommt es auch nicht etwa "A.. Klarinett~ .... und "B~Klarinettschlüssel""
an - aber gleich sicher und schnell sowohl nennen könnte; wie ein Kapellmeister, der eine
auf der A .. als auch auf der B..Klarinette zu transponierende KJarinettstimme auf dem
spielen. Somit wird eine der bei den Stimmungen 'Klavier spielt, auch nicht transponiert, sondern
überflüssig. Da die A ..Klarinett~ das kleine Cis absolut liest und wie ein Geiger eine Bratschen..
bat, schlage ich vor, die B .. Klarinette ab .. stimme liest.
zu s c h a f f e D. Schon dadurch wären die Die Mühe, diese zwei Schlüssel zu erlernen,
Partituren bedeutend vereinfacht. Immerhin ist sehr klein, •im Vergleich zu dem großen
hätte man beim Lesen noch nach A zu trans.. Vorteil, der sich daraus ergibt, ganz abgeseben
ponieren. Diese letzte Schwierigkeit will davon, daß dann die Klarinettisten statt zwei
folgender Vorschlag beheben, der leicht aus .. nur mehr ein Instrument :tu besitzen und
führbar wird, wenn die B.. Klarinette nicht mehr iIpmer mit sich zu tragen ha.ben werden. Ein
gespielt wird. Kapellmeister muß außer Violin .., Baß~. Alt...,
Die A .. Klarinette wird so notiert Tenor.. und Sopranschlüssel allein Yier Baß ..
wie sie klingt. Die Klarinettisten Klarinettschlüssel, mindestens A .., B .. , D.., Es..
ins b es 0 nd e re die Sc h ü 1 er, wer d en• Kladnett.. , mehrere Horn, und Trompeten ..,
lernen: Jeder Ton wird so genannt wie eventuell noch Tubenschlüssd können; das
er klingt: zum Beispiel leerer Ton ist E, tiefster sind schon etwa zwanzig. Bei Militärmusik sind
Cili. Dadurch hört die Klarinette auf, ein trans .. es noch viel mehr, Die lernt er relativ schnell
panierendes Instrument zu sein. Die Bezeichnung und leicht. Da wird es für einen Klarinettisten,
"in A" iit nicht mehr berechtigt, seitdem durch der nich doch ausschließlich mit der Klarinette
Einführung vieler Klappen alle Töne und alle be~aßt, nicht zu viel sein, wenn er zwei Schlüssel
Tonfolgen leicht gespielt werden. können. Die lernen muß.
Klarinette ist kein Naturinstrument Das ist aber, wie gesagt, nur für die Über..
mehr, sondern ein chromatisches In .. gangszeit nötig, bis die Stimmen neu gedruckt
strument, wie Klavier oder Geige. Daher ist sind. Solange können die älteren Klarinettisten,
die vorgeschlagene neue Notierung nicht nur die noch nicht nach der neuen Art gelernt

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haben und nicht umlernen wollen, weiter auf betrifft - durchaus ungeeignet, sicher aber ganz
A~ und B-Klarinetten blasen und wie bisher überflüssig ist. soll im folgenden gezeigt werden.
lesen. Dadurch ersparen sie sich das Erlernen Vor allem ist die Voraussetzung. von der
der zwei Schlüssel. Freilich die neue Bezeichnung Herr Seligman in seinen grundstürzenden
der Griffe müssen auch sie lernen, nämlich, Vorschlägen ausgeht, vollkommen unrichtig.
daß der ,;riff, den sie bisher C genannt haben, Die Behauptung, daß es dem guten Klarinettisten
jetzt A heißt und so weiter, damit sie die neu.. gldchgültig tlei, in welcher Tonart er spielen
g.::druckten Stimmen gleich lesen können. Die muß, wird von jedem Fachmann auf das
N.:udrucke werden bestimmt erfolgen, sobald energischeste zurückgewiese'n wercien müssen.
sich die neue Art %u lernen durchgesetzt haben Hätte Herr Seligman den ersten besten oder
wird. Einstweilen könnte man mit den Stimmen noch besser den ersten und besten Klarinettisten
der gangbarsten Werke den Anfang machen: gefragt, so hätte dieser ibm gesagt, daß ihm
Wie von A~ und B.. wird auch von D.. und die Tonart, in der er zu spielen hat, durchaus
Es .. Klarinette eine überflüssig. Die D-Klarinette nicht gleichgültig ist, daß die Schwierigkeiten
ist leichter zu spielen, die Eil_Klarinette mehr der Te<hnik in Tonarten mit viden Vorzeichen
eingebürgert. Welche von beiden beizubehalten ins Ungeheuerliche wachsen, manche Bindungen
ist, will ich nicht entscheiden; ~n der Praxis auch auf mit den neuesten Verbesserungen aus..
wird sich das bald ergeben. Jedenfalls wird gestatteten Instrumenten nahezu unmöglich
auch sie ihrem Klang entsprechend, allo nicht sind. Die außtrordentlich hoch gediehene
transponierend notiert werden. technische Vollendung der Virtuosen auf den
Ähnlich wie mit der Klarindtnotierung Klarinette vermag wohl einen großen Teil
steht es mit der Notierung der Hörner, Trom.. dieser Schwierigkeiten zu besiegen, niemals
peten und 80 weiter. Ich stelle das Prinzip aber dieselben so vollkommen zu beseitigen,
meines Vorschlags auch für diese Instrumente daß uie Darstellung darunter nitht leiden würde.+
zur Diskussion. Vielleicht werden die betreffen.. Ev sind dies technische Schwierigkeiten, welchen
den In.trumentaIisten weitere Anregungen die großen Meister, wie Beethoven, Mozart,
geben. Walter SeliK'man, Frankfurt auch Weber, Spohr, Brahms u. A., durch
c c Verwendung .. einfaCher" Tonarten Rechnung
trugen. In den dichten Tonmassen moderner
ENTGEGNUNG Orchester ..Kompositionen mit acht Klarinett ..
Zum Artikel Seligman stimmen machen 8ich derartige technische
Der so weit gehende Vorschlag des Herrn Schwierigkeiten sicherlich weniger bemerkbar.
Seligman bedarf dringend einer Entgegnung In der Kantilene aber und in der Kammermusik,
von seiten der durch denselben arg in Mit.. in dem durchsichtigen Zauber Mozartscher oder
leidens<haft gezogenen Instrumentalisten. Be.. Beethovenscher Instrumentierung würden viele
deutet die ,er Vorschlag doch nichts weniger, Klarinettstellen. die uns heute erbauen.,empfind..
als eine vollständige Revolutionierung der lich leiden, wenn lie in Cis dur auf A_Klarinette
Betätigung der Klarinette, dieses so wichtigen geblasen werden müßten, .statt in C dur auf
Holzblase-Instrumentes. B_ Klarinette 1
Vor allem sei es Herrn Seligman gerne Darin gipfelt aber der Vorschlag des Herrn
zugestanden, daß das Lesen von Partituren _ SeIigman: Die B .. Klarinette 8011 gänz..
besonden jungen und noch unerfahrenen 1i<h abgeschafft. die A.. Klarinette aus..
Dirigenten - durch die Notierung der trans.. schließlich verwendd werden und die Besorgnis,
panierenden Instrumente in einer anderen Ton.. daß die Klarinettisten dadurch in ihrer "Be ..
art - in der nämlich, in der sie gespielt werden quemlichkeit" gestört werden könnten, möge
und nicht in der Tonart, in der sie klingen - dem ruhigen Schlaf von Komponisten und
anfangs gewisse Schwierigkeiten bereitet. Man o}o Richa r d Stra uß (Be rit 0 z~Strauß, Insttu~
kann daher den Wunsch des Herrn Seligman, mentationsiehre, Ed. :l'eteu Nr. 3120, S.216) sagt:
sämtliche Zeilen einer Partitur einheitlich in "Mein erster Klarinettist in BerlIn teilt mir mit, daß
ein und derselben Tonart notiert zu schl.'n, er mit der heutigen Klappenverbesserung auf der
B~Klarinette !'Iogar lieber H dur als B dur bläst". Diese
vollkommen begreiflich und es berechtigt finden, Ansi~ht steht gewiß als ein individuelles Kuriosum
einen Wei" zu suchen, wie die.se Methode in ganz vereinzelt da und dürfte kaum von dnem anderen
befriedigender Weise in die bestehende und die Klarinettisten geteilt wl'rden.
noch bevoratehende Musikliteratur einzuführen Auf S. 216 (a. a. 0.) bezeichnet aber Strauß die
sei. Daß der von Herrn Seligman Tor.. Tonfolge cis-cis-cts-ds als: "fast unmöglich!"
ges<blagene Weg - soweit es die Klarinette und b - b- b - b als: .. leiCht".

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Dirigenten keinen Abbruch tuo. Die Tatsach~. Bis zur vollständigen Neuherausgabe aller
daß er durch diese Amputation die Schönheit, derzeit feststehenden Partituren \über die .sich
manchmal sogar di~ Möglichkeit der Darsteltung, übrigens auch noch die Herren Verleger äußern
nicht aber die "Beq uemll chkeit.. der Klarinettisten sollten) müssen sie aber lernen, aus den heute
bedroht, ist Herrn Sei i g man offenbar gänzlich üblichen Stimmen zu spielen, zu we1<:hemBehufe
entgangen. auch noch zwei Klarinettschlüasel eingeführt
Die Verwendung zweier nur um einen halben werden sollen.
Ton auseinander liegender Instrumente, der c
Klarinetten in A und B, ist die ebenso einfache, Die Frage ist berechtigt, ob zur Durch..
als ingeniöse Lösung der ganzen Frage, wie führung des begreiflichen Wunsches des Herrn
man für dieses transponiert:nde Instrument in Se 1i g man, das Lesen von Partituren zu ver..
eine gut spielbare Tonart gelangt: was sich für einfachen, solche folgenschwere tektonische
die A nicht eignet, läßt sich auf der B erzielen Erdbeben auf dem Gebiete der Klarinette herbei..
und umgekehrt. geführt werdin müssen?
Aus dem Gesagten geht wohl zur Genüge Der einstige Außenminister der gewesenen
hervor, daß, wenn man von falschen Voraus .. Monarchie, Andrassy schuf das cbarakte..
aetzungen ausgeht. man zu falschen FoIgerung"en ristische Wort: "Man soll auf Spatzen nicht mit
gelangt und daß die energische Zurückweisung Kanonen schießen". Ist denn wirklic.h derWunsch
der Beseitigung einer der beiden derzeit in des Herrn SeI i g man nicht mit einfacheren
Gebrauch stehenden Klarinetten (A und B) nicht Mitteln zu erfüllen? Wenn einmal die große
die Verknöcherung einer veralteten, konser . . Orgel mit einer Geige nicht stimmt, ist es doch
vativen Anschauung bedeutet. sondern die Ver... nicht zweckmäßig, gleich die Orgel umzubauen.
teidigung der lebenswichtigsten Organe des es kann doch dem Übelstand in viel einfacherer
Klarinettspie1ens. + Weise durch das Stimmen der Geige abgeholfen
Nebenher möchte ich noch erwähnen, daß die werden.
Behauptung des Herrn Seligman, der Unterschied Ich möchte deshalb Herrn Seligman
im Klange der beiden in Rede stehenden Instrumente
sei geringer, als der durch den Ansatz der vers,hiedenen folgenden einfachen Weg zur Er reichung seiner
Spider auf derselben Kategorie bedingte, von den Wünsche vorschlagen, wobei - wie ich glaube-
meisten Musikern mit gutem musikalischen Gehöre die Leser von Partituren und die Instrumen ..
durchaus nicht geteilt wird. Die Klarinette in A hat ta listen in gleicher Weise befriedigt werden
einen viel baritonaleren Klang, ihre Höhe ist weicher.
Eine Reihe von Dirigenten und Philharmonikern, die können:
ich befragte, erklärten, jederzeit imstande zu sein, Der Komponist schreibe sämtliche Stimmen
nur mit dem Gehör festzustellen. ob auf A oder B seiner Partitur in C, so daß Flöte, Oboe,
geblasen wird. Kl a r in e t te, Fagott etc. und das Streichquartett
Mit dem bisher angestifteten Unheil hat es in derselben Tonart einheitlich notiert er ..
aber noch nicht sein Bewenden. Es wird fort~ scheinen. Dann transponiere er die für den In ..
zeugend noch weiter Böses geboren. s tr u men taUs ten her a uszu schrei ben de
Zur Durchführung des Vorschlages des Stimme in diejenige Tonart und für diejenige
Herrn SeI i gm a n muß das ganze Unterrichts.. Klarinette (A oder B), welche nach seiner Er..
syst('m an den Musikschulen geändert werden. fahrung oder nach Anhörung eines erfahrenen
Das trifft die zukünftigen Jünger dieser Kunst. Klarinettisten di~ am besten spielbare ist.
Sie müssen, lernen, die Griffe auf ihrem lnstru.. Der Dirigent hat dann seine einheitlich
mente mit dem klingenden Ton zu identifizieren. notierte Partitur und der Klarinettist seine gut
Wenn nun die Komponisten einer glücklicheren spielbare Stimme. keiner von beiden erleidet
Zukunft finden werden, daß ihre Kompositionen dabei eine Einbuße, und die Tonart der
doch be",ser zur Da.rstellung gebracht werden Stimme, die nur auf dem Pult dea
könnten, wenn die Klarinette in B neben der K 1a ri ne t ti a t e n li e gt, wird die Behaglichkeit,
Klarinette in A wiederin ihre Daseinsberechtigung gewiß auch nicht die "Bequemlichkeit'" des
eingesetzt wird, dann werden diese unglück ... Dirigenten im geringijten stören.>I<
seligen Instrumentalisten dieser Forderung nicht
nacbkommen können und werden wieder von
o
Grund aus umlernen müssen, daß das "ge ... Es hat sich in neuerer Zeit bei den Vor..
griff~ne Cu auf der A .. Klarinette als a, auf der arbeiten für die Schaffung wicbtiger Gesetze
B.. Klarinette als b klingt. der Usus eingebürgert, auch Vertreter der Inter..
+ Dies gilt natürlich auch für die kleinen Klar!. 01< Dic:se Methode ist %um Beispiel von Wein-
netten (in D und Es). gartner in seinen Partitaren bereits durchgeführt.

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essentengruppen (Industrievereinigungen, Ge .. lerischen Durchführung der Festspiele ••• zu
werkschaften, Konsumentenvereinigungen etc.) betrauen.
heranzuziehen. Ich hielt es für notwendig, bei Ich beantrage, der Kunstrat möge sich in
BO tiefeingreifenden Änderungen, wie sie Herr der nächsten, stattgefundenen Sitzung noch
S eH g man vorschlägt, auch die Klarinettisten durch Kooptierung eines Deutsch .. Schreibe.Rats
zu Wort kommen zu lassen. zu dem Behufe ergänzen, um letzteren
Schließlich möchte ich mitBefriedigung noch mit der Abfassung der Mitteilungen zu betrauen.
darauf hinweisen, daß unter anderem die Herren R. St. Hoffmann
Behrends, Polatschek, Löw, Schlda und o c
Ga u d rio t des Wiener Staat.opern.. Orchesters,
mich ihrer vollständigen Übereinstimmung mit MUS I K IN WIE N
meinen Ausführungen versicherten.
Freude brachte die Fülle an Begabung, die
Univ...Professor Dr. Arthur Klein
die jUngere Generation der Dirigenten freigebig
o 0 mitteilt. Fritz Reiner, der Dresdener, jung,
fwrig. impulsiv. Dirigiert Ottorino Respighis
SALZBURGER .. Gnomenballade" aus dem Gedächtnis, eine
Virtuosenleistung ersten Ranges. Diese Klang ..
FESTSPIEL,DEUTSCH symphonie mit dem unmöglichen Text, der, noch
Die Direktion der Salzburger Festspielhaus.. viel unmöglicher Ubersetzt, von .. faselnden"
gemeinde teilt mit: Gnomen faselt und ., W ahnschaff'nen Ehe ..
Hau p t säe h I i eh werden die nächstjährigen bund<! wahnvoll schafft, ist übrigens keines..
Spiele musikalisch und vor aIIem AuffUhrungen wegs, wie das Programm will, zum erstenmal
MozartscherWerke gewidmet sein; au ß erd em in Wien gespielt worden. Aber gerne ergötzt
(also neben dem musikalischen Teil?) wird man sich zum zweitenmal an diesem Hexen ..
ein Werk von Richard Strauß unter dessen sabbath abenteuerlicher Orchestereffekte. Solist
Leitung gebracht werden. (Also wie? wird es des Abends: Fritz Plaschke, Dresden: große
unter sei n e Leitung od>!r unLr sein e r Leitung Stimme, intelligenter Vortrag, wenig Wärme.
gebracht, viehnehr in diesem Falle zur Auf.. Auch Hans Pleß, unser bedeutsam aufstrebender
führung gebracht?) Mit ziemlicher Sicherheit Dirigent des Uranla~Frauenchors, imponierte
(z i e m 1i eh, in dieser Bedeutung als Eigenschafts .. mit dem auswendig geleiteten "Poeme de l'ex..
wort gebraucht, nicht gerade falsch aber doch- tase" von Scriabine. Dieses vorletzte Werk des
beinahe - u n z i e m I ich) darf auch die Dar.. 1915 verstorbenen Jungrussen ist viel merk..
bietung eines für die Salzburger Festspiele würdiger, als das hier einmal gehörte, noch
eigens bearbeiteten dramatischen Werkes- unter stark Lisztsche .. Poeme divine". Voll Geist und
der Regie Profeasor Max Reinhardts in Aussicht Raffinement in der Verflechtung zahltoser
gestellt werden. In der vor kurzem statt.. winziger Motivpartikelchen, in Tristanschem
gefundenen Sitzung - (0 prächtiger Wustmann, Über.. Chroma - da es atonal fort moduliert-
ehrlicher Sammler von "al1erhand Sprach .. gewaltig gesteigert zu einem, vielleicht nicht
dummheiten", sag, was du davon hältst: ..Vor ganz motivierten, jedenfalls etwas unvermittelt
allem aber unerträglich erscheinen die s tat t .. einsetzenden Dur..Ausklang. Auch als sicherer
gehabte und die stattgefundene Ver .. Begleiter zdgte sich der Stabführer in Brahms'
sammlung. Je häufiger die beiden Zeitwörter Klavierkonzert. flir das Eduard Steuermann
statthaben und stattfinden. namentlich eine mehr küble Hochachtung, aber gewiß nicht
das zweite, ohnebin in unserer Amts.. und die Intensität aufbrachte, mit der er sehr vor ..
Zeitungssprache verwandt werden .•. , desto geschrittener Klaviermusik offenbar lieber dient.
widerwärtiger sind für jeden Menschen, der Der dritte Mann am Pult: Kar! Schuricht (Wies..
sich noch etwas Sprachgefühl bewahrt hat, baden) bekannter geworden durch die große
diese zahllosen stattgefundenen Versamm .. Unternehmung seines heurigen Mahler .. Festes.
lungen, Beratungen, Verhandlungen ..•" und Diesmal ein wenig enttäuschend mit dem "Lied
Sitzungen, füg' ich hinzu). Aber in dieser von du Erde", das schon stimmungsvoller er..
Sitzung wurde ja auch zur Kenntnia genommen, klungen ist. Sachlich einwandfrei, überlegen
daß der Kunstrat des Vereines •.• sich durch disponiert, doch ohne rechtes Gefühl. Gut die
Kooptierung des Direktionsratea der Wiener Soli: Herr MaHd und Frau Cahier. Trotzdem
Staatsoper Herrn Karl Lion zu dem Behufe bleibt, unbegreiflich warum, der Wunsch un ...
ergänzen wird, um letzteren (um Gottel!.<' befriedigt, die tiefe Stimme von einem Bariton
willen, doch nicht den Behuf?!) mit der kün.t.. gesungen zu hören. Keine Frage, daß diese

323
Partie Mannes Sache ist. Und wir haben doch FUUe. Fritz KreisIel', der Unnachahmliche. Die
Duhan, der den Eindruck der unvergeßlichen Reinheit und Frische der kleinslen Tonpartikeln
Uraufführung mit dem unvergeßlichen \Veide ... ist. faat ohne Vergleich. Die .,Kreutzer .. Son.1te'
mann zu erneuern wobl fähig wäre. hat man so beherrscht männlich, iO ganz
Und noch ein vierter Dirigent: Egon Pollak ohne weichliche Ziererei, so ganz bl?tthovenscb,
aus Hamburg. vielleicht in dieser Serie der lang nicht gehört. So gar nicht beethoven.~ch,
Reifste. Sehr löblich sein Eintreten für Neues. wie die dem Klavier zugehörige Hälfte diesmal
JosefRosenstocks "Ouvertüre zu einem heiteren war, allerdings schon öfters. - Ein junger pol..
Spielu, der Erfolg des letzten deub.chen Ton.. nischel' Pianist, CZeslaw l\Iarek, gehört zu den
künstlerfestes, ist würdige Nachfolge seines be .. Begnadeten, die ihr groCes technisches Können
deutenden Klavierkonzerts, über das ich im vergessen machen, weil es so ganz im Dienste
letzten Winter hier geschrieben habe. Obwohl des Kttn.<;twerkes und des Ausdruckes steht.
mir auch hier die pathetischen und kantablen ÄhnliCh Richard Byk, der an Innerlichkeit und
Parti .. n die lieberen sind und ich yon des hoch .. Reife erstaunlich gewonnen hat. Ein besonderea
begabten Komponisten Berufung für das heitere Verdienst seine Uraufführung der längst kom ..
Genre weniger überzeugt bin. Das Flüssige, panierten ..Nachtphantasien" von Kar! Weig1.
Leichte, Graziös beschwingte scheint seiner
# Fünf Stücke. moderner Romantik voll, die aus
ernsten Natur nicht gemäß zU sein. Eine zweite Sehnsucht zum Träumerischen sich zu mildem
Neuheit: Symphonie in E moll Nr.3 VOn Rach .. Morgentroste ergreifend verkläl'en. Eine Ur ..
maninoff, verrät wenig von der modernen Ent.. aufführung und, was dabei noch seltener ist:
wicklung der jüngeren Russen, zieht es viel.. ein voller Erfolg. Georg Steiner, der aeffiiche
mehr vor, in Tschaikowskys erfolgverheißenden Geig!:T, hatte wieder Gelegenheit, seine tadel..
Bahnen französisch ..russi.'\cben Idealen anmutig lose Technik, seine Musikalität und die Tntem,ität
und temperamentvoll nachzustreben. Mancher seines Ausdruckes zu bestätigen. Als Mitwirkende
Umweg, schönem Orchesterdetail gewidmet, ver.. erschien zum erstenmal auf dem Podium Lily
liert das Ziel aus dem Auge und ermüdet Gerold, welche mit ihrem glockenhellen.
schließlich den Begleiter, der sonst wÜliger tragenden Sopran Lieder von Marz sang. Die
folgte. Auch neue Lieder von E. W. Korngold vornehme Ges.lngskultur, welche sich in Tech:lik
machten den Abend interessant und wertYoIl. und Vortrag dokumentierte. läßt einiges er...
"Lieder des Abschieds", inhaltlich, wenn auch wa.rten.Andere Sängerinnen : E. Lei tner..Wilhelm,
nicht musikalisch ein Zyklus von vier Gesängen, jugendfrische. ausdrucksfähige, noch nicht in
yerschiedene Abschieds.itimmungen, traurige allen Registern a.u2geglichene Stimme. Auch für
und sogar vergnügte, nicht immer stilvoll in der neue Lieder von Wetchy und Zach warb sie
Wahl der Gedichte. Eines von Edith Ronsperger nicht vergeblich um Gunst. Helene Kalmar,
hat vor Zeiten Schreker vertont, eines scheint schöner, in allen Lagen gut durchgebildeter
einem älteren Liede Korngolds angepaßt zu Mezzo von mittlerer Klangfülle. Sang zwischen
sein, das in anderer Form bekannt war. In Brahms und Mahler, wohin lilie stilistisch recht
allem aber drückt der starke Melodiker Korn ... gut passen, Lieder von Paul Kammerer, dem
gold überströmend inniges Empfinden aus, hervorragenden Biologen, eindrucksvolle Be...
mit orchestral gedachter Begleitung, ohne viel kenntnisse eint:s sehr begabten Amateurs. EIsa
Detailspie1erei oder Wortmalerei, wie heute Nygren, blond, kühl, schwedisch. Von deutscher
vielfach beliebt, sondern in einer fortlaufend Spracbe sichtlich, hörbar gehemmt, sonst kaum
und rein m'elodisch gefiihrten Linie und _ wie mehr als korrekt. Unsympathisch sind mir
wohl das tut, in strophischem Bau. Besonders solche .,internationalen" Abende. So hörte ich das
mit dem dritten, dem schönsten, ergriff und erste Konzert der Engländerin Dorothy Robson:
rührte der edle Alt Maria Olszewskas. 18 Lieder, 16 Komponisten, 4 Sprachen I Natürlich
Ein paar Momentbilder aus den letzten kamen dieDeut2chen wieder am schlimmsten weg
Wochen. - nämlich wegen des Vortrages, die Engländer
Wieder einmal Richard Mayr als Lieder... kaum günstiger - nämlich wegen ihrer Kabarett--
und BaIIadensanger. De·r Kritiker schweigt, musik. Anerkennung verdient die groOe Stimme
fühlt Trauer und Trost mit Brahms' erschüttern.. des Gastes wie die Bemühung um uns unbe ..
den .,ernsten Gesängenl l und schmunzelt bei kannte l'v!usik. Aber es scheint, daß das deutsche
Loewes gutmütiger Laune. Ein yollkommenes .,Lied" wirklich etwas unübersetzbares ü;t: das
Vergnügen. Antonie Geiger.. Eichhorn, Klavier .. Wort wie der Inhalt. R. St. Hoffmann
spiderin hervorragender Technik. Ein neuer
Ehrbar ..Flügel überrascht durch Klang und
o 0

324
BESPRECHUNGEN H lind e1 für zwei Violinen, beziehungsweise
für Viola und Violoncell gesetzt und da die-
JOSEPH JONGEN: ap.59 LEGENDE NAIVE. technischen Schwierigkeiten nicht groß sind,
pOUt Violon et Piano; op.46 SECOND POEME, ein allgemein zugängliches und dankbares
pour Viotonedie ct Orchestre, Reduction pOUt Vortrags~tü(k. Die Vortrags zeichen sind genau
Violoncelle et Piano par l'auteur. J. & W.Chester, angegeben und erleichtern die Ausführung. Die
Ltd., Londan. Romanze von Eduard Herrmann gehört zur
Das erste Stück macht Tor Dehusay seine Gattun~ der Salonmusik, die absoluten künst.-
Verbeugung, gewiß aber durchaus nicht serTil. lerischen Wert nicht besitzt, aber stets viel
Nein, in dieser Verbeugung liegt Haltung. gesucht ist. Das Stück, das technisch nicht ganz
"Andantino gra;zioso" beginnt es. Alsbald setzt leicht ist, würde sich wohl am besten als Zu ..
eine wirkliche. Janggesponnene Melodie ein. die gabenummer in einem Konzert eignen. R. S.
sich durch das ganze Stück zieht. Das zweite
Thema, anfangs puccinesk, kokettiert immer
mehr mit Debu5sy, bis nach einem kurzen, EDWARD J. DENT: MOZARTS OPERAS.
ganztonlkhen Gewissenskampf die erste Melodie London.
wieder einsetzt. Sie entwickelt sich diesmal In ganz bewunderungswürdiger V/eise ist
etwas anders und führt das Stück zu den der Verfaner dieses umfangrdchen, aber durch..
Schlußtakten, in den\!n die Le~ende ebenso süß aus spannend geschriebenen Werkes in den
und duftig ausklingt, wie sie begonnen. Geist der Mozartschen Opern eingedrungen.
Second Poeme: Das Violloncello setzt mit Dent, einer der btsten Musikforscher England!lt
einer anfangs etwas monotonen Melodie ein, hat schon in seinem Buche über Scarlatti und
die sich aber bald freier entwickelt. In lang.. scinen Studien über das Finale der italienischen
atmigen Sequenzen steigt die Linie aufwärts Opern und über die italienischen Kammer..
und erreicht mit immer stärkeren Akzenten kantattn wichtiges :Material zur Geschichte der
den ersten Höhepunkt. Nach ein~m Abflauen dramatischen Formen ~eliefert und es ver..
Betzt pp eine neue Melodie ein, wird aber ba.ld standen, nicht nur die Musik zu besprechen,
von einem Thema abgelöat. das in seiner sondern den Geist klarzulegen, aus dem heraus
weiteren Entwicklung neue melodi.sche Möglich .. diese Musik t:rwachsen ist. In dem vorliegenden
keiten zeigt. die auch YOn aU2gen'ützt werden. Werk ist ebenfalhl nicht nur die Musik, sondern
In weitgespanntem Bogen erreicht d~u Stück die ganze musikalische Kultur, die das Ent..
eiu\!n zweiten starken Höhepunkt, kehrt zum stehen der Op .. rn gefördert hat, in meister..
ctwas veränderten ersten Teil zurück und endet hafter Weise dargtatellt. So sind diejenigen
mit einer kurzen Coda, die sich dem Klang .. Opern aU3fünrlich betrachte~, die als Vorläufer
z2.ubcr einzdner Quintenfolgen nicht verschließt. von Mozarts Opern zu gelten haben.
Obwohl sich der Komponi.d in dies<'n
Das Hauptgewicht ist auf die Analyse der
Stücken nicht in der Kunst der Durd fUhrung
Opern der Reifezelt,begi nnend mi t dem Idomeneo,
versucht, kann man ihm doch eine xielbewußte,
gelegt; unter diesen nimmt wiederum die Dar..
solide Technik nicht absprechen. Einen Vorzug
Itdlung des Werdens der "Zauberflöte" den
haben die beiden Stücke unbedingt: sie zeigen,
größten Umfang ein. Dieser Teil des Buches.
daß Joseph Jongen Melodien %u erfinden weiß.
ist der ältere. Dent hat schon einige J~bre
Dr. Jo •. A. Dasatiel frül)er anläßlich einer Aufführung der "Zauber..
c flöte" in Cambridge 1911 den Text ins Englische
H}ALMAR T. DAMECK: G. F.Händel NAIR", übersetzt und eine Studie über Quellen zur
EDUARD HERRMANN: ROMANZE. (Verlag .. Zauberflöte l ' veröffentlicht. Diese Studie ist,
Raabe & Plothow, Berlin). wesentlich erweitert und vertieft, in den letzten
Die Bearbeitungen von Hjalmarv. Da m eck, Kapiteln des vorliegenden Buches verarbeitet.
von welchen bereits eine größere Zahl erschienen Ea ist kein Zufal1, dan· uns die letzten
ist, weiStn die sichere Hand eines Kenners der Jahre neben diesem Buche eine Reihe bedeut..
YerBchiedencn lUusikstile auf. Sie versuchen, samer Werke über Moxart beschert haben.
einzelne kIß.ssiRche Stücke, die nicht .allgemein Nach dem Abschluß der Gesamtausgabe und
zugänglich sind, für die heutige Zeit in Be.. dem Erscheinen von }abns großer Biographie
arbeilungen zugänglich zu machen, weIcht: nicht hat eine Generation damit zu tun gehabt, die
nur pädagogbch wertToll sind. sondern auch bier und dort aufgehäuften Resultate sich anzu ..
auf die Best.tzung unserer Hausmusik Rücksicht eignen und zu verarbeiten. UnterdeliSen sind
nehmen. Ebenso ir.t das TorHegende Air von durch die muaikhistoriscbe Kleinforschung die

325
Vorläufer und Zeitgenossen Mozarts bekannt was man wird. Und zu diesem Werden ge.-
worden; nun gilt es, die Urteile zu revijieren, bören ganz gewiß auch Selbsterkenntnisse,
und so entstand eine neue Literatur, die dem Enttäuschungen, Erfahrungen mit der Wirkung
Phänomen Mozart kritisch gegenübersteht; seiner Erzeugnisse auf andere, darum Olm Ende
das heißt aufweist, was er von seinen Zeit.. gar auch mit - Kritiken! (Soweit sie nicht
genossen tmpfangen hat. Aber gerade bei bösartig . . beschränkt sind, versteht sicb.) In
diesem Verglei,h wä,bst seine Ge8talt ins diesem Sinne lernt auch Bittner,. nicht aua
Uufaßbare. dem ..Büchel". In diesem Sinne kann, wird er
Deuts Buch, mit einer außerordentlichen der Meister werden, den t:r von allem Anfang
Sachkenntnis und Gründlichkeit geSChrieben, an yersprochen hat, und gerne glaube ich, was
hat den Vorzug, nicht auf der niederen Stufe der Spechts prächtige, lebenssprühende, in jedem
Fußnotensammlung stehen lU bleiben, sondern Worte anrt.gende Studie allen Freunden Bittners
in stilistisch vollendeter Form die Ergebnisse _ und wer wäre das nicht? - mit der eben
darzustellen. Dadurch schenkt er nicht nur den fertig reifenden Oper vom .,Rosengärtlein" ver...
.engeren Facbgenossen, sondern der gebildeten heHlt. R. St. Hoffmann
Welt etwas Wertvolles. E. Wellesz c
c FREDERICK DELlU$: DREI CHÖRE: Mitt-
JULIUS BITTNER: Von Richard Specht. 8ommerlied, Bergesstille, Wanderers Lied. (Uni..
(Dreimasken..Verlag, München 1921.) versal~Edition. Wien..Leipzig.)
Ein erquickliches Buch. Ein Porträt, durch Diese a capella~Chöre sind zwar schon in
die Art der Darstellung nicht weniger sym... den Jahren 1907-1908 entstanden, jedoch jetzt
pathisch, als durch das dargestellte Original. das erstemal nebst dem englischen mit deut...
Sehr hübsch, wie Spechts Diktion unmerklich schem Text erschienen. Sie sind so recht ge ...
mit dem Gegenstande verändert erscheint, eignet, ein Bild ..,on der Persönlichkeit des
weniger pathetisch, Straußisch,prunkvoll. mehr Komponisten zu geben, der besonders im Schil...
heimatlich liebenswürdig und leger. Seine dern von Naturstimmungen Meisterschaft er..
Polemik mag nicht überall einwandfrei sein. reicht hat. Der erste Chor "Mittsommerlied" ist
Was man Bittner vorgehalten hat, war gewiß a~htltimmig, für gemischte Besetzung, und
nicht, daß er nicht nach dem Büchel kom ... zeichnet sich besonders durch den prägnanten
poniert habe, seine Bässe nicht richtig seien, Secbsachte1...Rhythmus unddurcheinen tutlosen
er das Wa.gnersche Leitmotiv nicht anwende. Mitt~lsatz (auf die Silbe la.... la), der interessante
So superdumm waren auch die "Superklugen'" Mischungen von bewegten und liegenden
wohl nicht. Sondern: wenn ein Werk, das Stimmen bringt, aus. Auch in harmonischer
seine hohen Qualitäten hat und einem lieb ist, Beziehung ist das Stück äußerst fein geaetzt.
im ganzen doch nicht voll wirkt, sich nicht Der zweite Chor HBergesstiUe" ist eine
erhält, zwiespältige Eindrücke hinterläßt, wie Naturszene in Jangsamem Tempo mit zartem
etwa die "Kohlhaymerin", von der Specht in AusdJu,k und besonderer harmonischer Fein..
eben dieser Studie, die vor der Aufführung heit. Die Abendstimmung in ihrer friedvollen
abgeschlossen war, noch mehr erhofft. als sie Ruhe und die verschiedenen Geräusche der
gehalten hat, dann hat gerade der Kritiker, der Nacht sind besonder.e: glücklich zum Ausdruck
verstehen und verstehen machen möchte (so gebracht. Das "Wanderlied'" ist ein vierstim..
formuliert Specht sein Kritik,Ideal), keine miger Männerchor, der im allgemeinen Marsch..
andere Möglichkeit, ja die Pflicht, auch die charakterfe8thält, jedoch in seinem mittleren Teil
Mängel zu verstehen und verstehen zu machen. auch freiere rhythmische Gestaltung aufweh;t.
Specht weiß mindestens so gut, wie ich, wo Die Chöre ailld Kunstwerke und es wäre
Biltners Mängel zu finden sind, und er scheut dringend zu wünschen, daß unsere Chor..
sich gelegentlich nicht, zu ,sagen, daß die Cello... vereinigungen statt der üblichen Liedertafelei
sonate ..oft geradezu rührend naiv'" und keinea endlich solche moderne wertvolle Chöre in ihre
der Streichquartette ein Meisterwerk sei, "oft Programme aufnehmen wollten. R. S.
ungeschickt, oft primitiv im Bau". Also! "Nicht o
Meister! Nein! Will ohoe Meister ilelig sein --
Zitiert das polemische Motto der Schrift. Ver.. EGON WELLESZ: EJ(LOGEN, op.l1. EP!,
gißt sich die rechtweisende Antwort, die Wagner GRAMME, op. 17. (Universal .. Editioo, Wien..
aus Sachsens Munde gibt? ,Nerachtet mir die Leipzig.)
Meister nicht!... Doch Meister iat etwas, was DieRe Kla.vieutücke zeigen da. Bild dea
bekanntlich nicht vom Himmel fällt, etwal, Komponiaten wieder in neuem Lichte. Beson..

326
ders im Festhalten ~anz merkwürdiger Farben WALTER SCHULTHESS: SERENADE für
burlesker und phantastischer Stimmungen bei Streichtrio (E dur), op. 6; CONCERTINO für
konzisen Rhythmen und sehr interessanter Violine und Orchester (A dur), op. 7 (Klavier ..
Harmonik. welche als Hauptelemente Dreiklang'" auszug); SONATE für Violine und Klavier
mischungen, Oktaventrübungen und Quarten.. (G dur), op.8. (B. Schott's Söhne, Mainz.)
akkorde aufweist. In allen diesen Werken fällt uns zunächst
Besonders hervorzuheben sind: ".Nänie''', die reichliche Anwendung von scheinkonso..
ap.11, Nr. 1, mit dem festgehaltenen, quälenden nierenden VorhaItskomplexen auf, deren chro ..
Synkopen..Rhythmus, das Intermezzo Nr. 2 mit matische Einmündung in den eigentlichen Ak..
der merkwürdig scbillernden Begleitung!lfigur, kord sie nachträglich begründet. Sie dienen
der Tanz op. 17, Nr. 1, mit seinen verschieden nicht dem Ausdruck dramatischer Zusammen..
rhythmitIierten Figuren, und das phantastische ballungen, sind auch keine Knotenpunkte gegrn..
Schlußstück der "Epigramme", in dem kontra.. einanderstoßender Stimmen, sondern einfach
punktische Arbeit mit rein harmonischer Klang .. im HinbliCk auf den folgenden formbildenden
kombination wechae1n. Dabei sind auch inter.. -Akkord dazugckoppelte Akzidenzien, die ihrer ..
essante formale Zusammenhänge, Ansätze zur seits die Stimmführung im Hinzu .. und Wegtritt
neuen Umgestaltung der zwei.. und dreiteili~en bestimmen. So scheinen sie einem gewissen
Liedform merkbar. Die KlaTierstücke wiirden architektonischen Spieltrieb zu entstammen.
intensives Studium und Auffilhrungen lohnen. der an sich keineswegs etwas Kleinliches be ..
P.A.P. deutet, ... ielmehr der dUTchaus sympathischen
Freude an handwerklicher Durchbildung ent..
·0
springt. Diese Freude an der Detailarbeit zeigt
JOSEF HAAS: HEIMLICHE LIEDER DER sich auch in der sauberen Feingliedrigkeit der
NACHT. Für eine Singstimme und KJavier, ganzen Satzweise. Von Extravaganzen jeder Art,
op. 54. (B. SChott's Söhne, Mainz.) insbesondere auch des Klaviersatzes in der
Sechs Lieder, durch die Einheit des text.. Sonate, hält sich der Komponist mit offenbar
lichen Ideenkreises zuaammengehalten, ohne bewußter Zurückhaltung fern. So resultiert ein
aber eigentlich an eine Wiedergabe in zyklischer Kammermusikstil edelmaßvollen Gepräges, der
Form gebunden zu sein. Mit Ausnahme du durchaus trfreuIiche Eindrücke hinterläßt.
ersten Liedes, dessen leere Quintenharmonien DasConcertino bietet halbwegs guten Geigern
in ausdnandergezogener Lage die fahle Zwie.. keine sonderlichen Schwierigkeiten, insbeson..
lichtstimmung treffend wiedergeben, verzichten dere verliert sich die Violinstimme nicht in
die Lieder auf das rezitativisch..deklamatorische unersteigbare Höhen. So werden sich auch
Prinzip, das die Hugo Wolf.. Nachfolge oft zu Geiger, denen brillante Konzerte noch unzu ..
Tode gehetzt hat, und geben voll ausgesponnene gänglich sind, im häuslichen Kreise an dieses
Gesangsmelodien, die der strophischen Gliede.- Concertino heranwagen dürfen.
rung der Gedichte ihre Formgebung entnehmen, E. Lust~arten
der Skandierung dtrTextworte aber durch musi.. o
kalische Dehnungen oder Verkürzungen eigene HEINRICH KASPAR SCHMID: BLAS_
Impulse verleihen. QUINTETT in B dur für Flöte, Oboe, Klarinette,
Die Ktavierbeglcitung ist reich gehalten Horn, Fagott, op. 28. (B. SchoU's Söhne, Maim:.)
und weiß trotz feinsinniger Anschmiegung an Drei Sätze gutgefügter und wohlklingender,
die Singstimme ihre melodische und rhyth .. in heiterem Serenadenton da bin fließen der
mische Sdbständigkeit zu wahren. Am glück.. Musiziermusik, gleich fern allem Grübeln und
lichsten scheint mir das dritte Lied "Gute Experimentieren, allem Originell.. oder Tief..
Nachtl Gute Nacht!" erfaßt, das von einer sinnigscheinenwollen wie auch anderseits aller
inneren gedämpften Farbigkeit erfüJ1t ist, die formalistischen Routine und leer laufeil den
das Interesse ungeachtet der festgehaltenen Komponiergeschicklichkeit. Erfindung und Ver-
Pianissimostimmung bis zum Schlusse lebendig arbeitung der Themen, ausgezeichnete Kenntnis
erhält. - Die schlichte Haltung der bei den und dementsprechend geschickte Be:~ andlung
letzten Lieder zeigt von Verständni1l für den der Instrumente lassen den gereiften und er..
innigen Volkston, was der überlegenen Kunst .. fahrenen Musiker erkennen. (H. K. SChmid,
fertigkeit des durchgebildeten Musikers in keiner 1874 geboren, wirkt seit Jahren als Lehrer an der
Weise widerspricht. E. Lu.i t g ~ r te n Münchener Akademie der Tonkunst; von seinen
o aonstigen Arbeiten sei hier die ernsthafte, groß
angelegte vicrsätzige Violinsonate in A moll er..

327
wähnt, ferner ein Liederspid zur Laute nach RUDISTEPHAN: MUSIK FÜR ORCHESTER.
Gedichten von Rückert und Dehmd.) Angenehm (8. Schott's Söhne, Mainz.)
auffallend die Kürze des Werkes: auch nicht Die Überschrift "Musik für Orchester" (Rudi
ein Takt. der g~haltlos oder Uberflüssig wäre, Stephan betitelte seine Instrurnentalwerke nur
bloß der Ausfüllung der Form di~nend; ja, die als "Musik", ohne jede sonstige Bezeichnung)
Coda des letzten Satzes wünsch~e man sogar soil nicht etwa eine Absage an die über..
etwas länger. Wenn wir das Werk als Unter.. kommenen Kunstformen bedeuten (denn, um
haltungamusik im besten Sinne bezeichnen, so es gleich xu sagen. das SlUck ist ein durchaus
möge niemand hierin eine geringere Wertung wohlgebOluter Symphoniesatz). sondern will nur
-erblicken: baben doch unsere größten Meister besagen, daß das Werk lediglich als Musik
Werke geschaffen. mit denen sie nichts anderes genommen werden soll, ohne jede literarische
'Wollten als Spieler und Zuhörer (und wohl auch Nebenbedeutung. Also keine Spur von Form..
aieh sdber) auf die beste und edelste Weise zu losigkeit, noch Oluch von Suchen nach neuen
unterhalten (daher ja die Bezeichnung .. Diver.. Formen, vielmehr festes und sichere3 Gestalten,
1imento" für ein Musikstück dieser Art). Und klare und plastische Thematik, kunstreicher
.ao wird auch das Quintett von Schmid, all Satz und Aufbau. Wohl ist eine gewisse Härte
Bereicherung der heute viel zu wenig gepflegten und Sprödigkeit zu bemerken, in der Melodik
Bläser.. Kammermu:.ik, den Ausübenden wie den wie auch im Klang; die Ursache davon ist aber
Aufnehmenden willkommen sein. nicht Ungeschicklichkeit und Unreife. sondern
Hugo Kauder jene Unaufgeschlossenheit. wie sie gerade tieferen
und reic;huen NJturen in ihrer Jugend eignet.
c
Auf Rudi Stephan ist in diesen Blättern bereits
ALOIS HABA: op. 15, OUVERTURE pour gelegentlich cin.'r ausführlichen Bespre<.hung
grand orchestre, Partition. (UniversaI ..Edition.) seiner Lieder eindringlich hingewiesen worden;
also genüge es für diesmal, die Aufmerksamkeit
Alois Haba kam seinerzeit von Novak zu aller, die an der Musik unserer Zeit Anteil
Schreker nach Wien und brachte damals Sachen nehmen, auch auf seine wenigen größeren
mit, die durch tadellosen Satz und sehr kon .. Werke zu lenken: außer dem eben besprochenen
servativen Charakter auffielen. Binnen kürzester Stück noch eine "Musik für Geige und Orchester"
Zeit aber entwickelte sich der junge Komponist sowie die Oper "Die ersten Menschen".
zum großen Staunen der Akademie "in sehr Hugo Kauder
radikaler Richtung, so zwar. daß er noch im
sei ben Jahre ein Viertettonquartett komponierte. o c
In der vorliegenden Ouvertüre merkt man von
80 extremer "Modernität" erfreulicherweisenich t8.
ZUR ERSTAUFFÜHRUNG
Das Stück wurde beim heurigen deutschen Ton.. VON FRANZ SCHREKERS
künsllerfest aufgeführt und errang einen großen "SCHATZGRÄBER" IN LEIPZIG
und verdienten Erfolg. Ausgereifte, plastische
Themen, lebenswarme, temperamentvolle Auch in dieser Stadt hat Schrekersvierte Oper
Rhythmen. organischeStruktur und ganz hervor.. einen bedeutenden Erfolg errungen. Dr. Adolf
ragende kontrapunktische Arbeit sind für dieses Ab erschreibt in den "Leipziger Neue8te Nach..
Stück und für Habas Kunst Uberhaupt charak.. richten" unter anderem: In gleichem Maße, wie
teristisch. Qer sehr gewählten und natürlichen ihn als Dichter sein Idol vom Wesen der Frau
Farbengebung nicht zu vergessen, die dieser immer weiter von menschlicher Allgemein..
"Partitur sowohl bleibenden Wert als sicheren gültigkeit Meiner Stoffe weg geführt hat, ist er als
Erfolg verbürgt. (Haba kam übrigens von der Musiker dem Ideal seines "fernen IClanges'"
Malerei zur Musik.) Hoffentlich wird er den näher gekommen. Vegleicht man die "Schatz;..
Weg. den er mit seinem op. 15 eingeschlagen gräber".Partitur mit denen seiner früheren
hat, weitergehen, ohne sich wie so viele andere Werke. so wird man ft'ststdlcn müssen, daß
%u irgendwe1chen Monstrositäten der .sogenannten Schreken musikalische Spra.che zusehends ein ..
"modernen Moderne" verleiten zu lassen. Bleibt facher geworden ist. Schrekers 0 r c b e s t e r ..
er der Melodie und sie ihm treu wie es jetzt behandlung hat jetzt eine Meisterschaft er..
ist, dann kann man ihm wohl mit gutem reicht, die zur Ehrfurcht zwingt. ~Iit unfehl..
Gewissen eine große Zukunft prophezeien. barer Sicherheit umreißt das Orchester, oft mit
Dr. Joaeph A. Dasatic:l verblüffend einfachen Mitteln, die jt;weilig
hertl!!chende Stimmung. Auch die gewagtesten
c Harmonien erscheinen lVie se1bstnrständlich;

328
.schreiende Dissonanzen (auf d~m Papier) ver.. Preis" für schaffende Tonkünstler verliehen. Den
wandeln sich in schwelgerischen Wohlkla.n~ Preis fiir ausübende Virtuosen erhielt die
durc.h die Kun:<;t dieser Instrumentation. Man Cellistin Sela T rau (Berlin).
hat beim Anhören dieses Werkes den ganz c
.zwingenden Eindruck, daß jede dnzdne Or..
Am Mannheimer Nationaltheater gelangte.
chesterstimme ohne jedes Tasten und Suchen
unter Franz Y. Hoeßlin neu einstudiert und in
niedergeschrieben hlt. Kontrapunktische Künste
neuer Inszebierung "Cosi fan tutte" zur
..sind in der .,Schatzgräber.u"P.irHtur selten. Ibr
erfolgreichen Aufführung. Anfang Dezember
Mutterboden ist eine ung~wöhnlich reiche
wird zum ersten Male die Pariser Bearbeitung
Ha r mon i k. Ihm entsprießen melodische Ge-
des "Tannhäuser", szenisch völlig neu einge.-
bilde von eigenartiger Schönheit. richtet, aufgeführt werden.
Nicht in der Weise, daß man etwa vor in
D
.sich geschlossenen "Nummern" im Sinne der
alten Oper stände I Mit Ausnahme des schnell Fdix Petyrek gab vor kurzem im Bechsteln..
berühmt gewordenen ..Wiegenliedes" der Eis saa.l in Berlin einen .,Modernen Klavierabend",
zu Beginn des dritten Aktes und der weit.. der a.usschließlich Werke moderner Komponisten
gesponnenen Erzählungen des Sängers Elis im enthielt. Es gelangten zur Aufführung: Alois
vierten Akt und im Nachspiel, sind derartig Hab .., Klaviersonate, op. 3, und Variationen.
gerundete Musikstücke nicht zu finden. Aber Ernst K f e n e k, Es dur ..Sonate, und Fdix
die Art, wie auch bei schnellem Wechsel der Pet y r e k, Etüden, Grotesken und kleine Klavier..
.singenden Personen und der Stimmungen die stücke. Die Klavierwerke der jungen Autoren
melodische Linie weitergeführt wird, ohne ab.. wurden vom Publikum sehr beifällig auf..
zureißen oder zusammengestückelt zu er.. genommen und von der Kritik ausführlich be.-
.scheinen, trägt denStempel h ö c h ste r M cis t er... sprochen •
.schaft. Die Behandlung der Singstimmen zeigt c
-einen Melodiker größten Formats. Niemals Die Konzertsängerin CäciIie Back hat unter
werden die Stimmen vom Orchester erdrückt. Mitwirkung anderer Künstler in Berlin einen
DdR zu betonen, scheint mir deshalb beaonders
Verein "Musikalische Privataufführungen zur
wichtig, weil bei der Leipziger Aufführung in.. Pflege der führenden Moderne" nach dem Muster
folxe der unfaßlichen Besetzung einer Haupt.. des Wiener Schönberg.. Vereines ins Leben
rolle zuweilen das Gegenteil der Fall zu lilein gerufen. Bis jetzt sind vier Abende festgelegt,
ßcheint. an denen Werke von Strawinskij. Mussorgsky,
Das Publikum nahm die Neuheit mit be .. Schreker, Schön berg und Bart6k zur Aufführung
geistertem Beifall auf. Vom dritten Akt ab gab gelangen. In den folgenden Aufführungen sollen
es endlose Hervorrufe für den Komponisten, neben den deutschen auch die Führer der
den Dirigenten und die Sänger. italienischen. tschechischen, amerikanischen und
Dr. Adolf Aber englischen Moderne zu Worte kommen. Die
Vereinigung will sich hauptsächlich mit unauf..
o 0 geführten oder schwerverständlichen Werken
N o T I z E N beschäftigen. Insbesonders sollen auch be ..
deutende Ereignisse des Berliner Konzertlebena
Die Donauesching~r Karnmermusik.. Auf.. sowie Neuerscheinungen und Uraufführungen
führungen zur Förderung zeitgenössischer (Grosz, Haba, Windt, Viebig) durch diese Vor..
Tonkunst soIlen, falls genügend Material ein.. führuogen unterstützt werden.
'geht, auch nächstes Jahr abgehalten werden. D
Einsendungen sind bis L März 1922 zu richlen an Der Satzburger Kammermusikverdnschreibt
die MusikabteiIung der fürstI. Fürstenbergschen zwei Preise von
Hofbibliothek zu Donaueschingen.
K 10.000'- und
In Betracht kommen Kammermusikwerke
., 2.000'-
jeder Besetzung (auch Klavierstücke und Lieder).
für ein Klaviertrio klassischer Form aus. Ein..
c reichung bi.s 31. ].inner 1922 für unveröffent ..
Dem jungen tschechischen Komponisten lichte und unaufgeführte Werke mit Kennwort
Alois Hab 03., einem Schüler V. NOl'aks und an den Salzburge:r Kammermusikverein :zu
Franz Schrekers wurde für sein erate. Streich .. Handen des Domorganisten Franz Sauer,
,quartett, das in Donauel!!ichingen mit großtm Salz bur" lI,{ozarteum.
Erfolg aufgeführt wurde, der "MendeIssohn.. c

329
Vor kurzem beendigte Waltet Gieseking welche nunmehr allen Orchelltervereinigungen
seinen Klavierkursus, den er am Städtischen zugänglich ist.
Konservatorium in Hannover gehalten hat. c 0
Die Entwicklung der Klaviermusik: von Bach ZU UNSERER NOTENBEILAGB
bis in die neueste Zeit hinein zu vcranschau..
lichen, bildete sein Programm. Gieseking er.. B. Tan Dieren ist einer der modernllten
läuterte den Aufbau der Kompositionen und holländischen Komponisten. ein Anhänger
führte mit überzeugenden Worten die Teil.. der radikalen atonalen Schule. Das bei ..
nehmer dea Kursus in die moderne Musik ein. liegende Klavierstück ist die vierte von sechs
Skizzen seine. op. 4a. Van Dieren arbeitet
o momentan an einer kleinen Oper, die er jedoch
Das OrchestermaterialzuAnton B ru ckn e ra wegen seines schwankenden Gesundheits..
wVI.Symphonie", dessen Orchesterausgabe zahl.. zustandes noch nicht beendet hat, da ein
reiche Druckfehler aufwies und von Josd V. schwere. Leiden ihn in den letzten Jahren
W ö ss einer genauen kritischen Revision unter.. wiederholt zwang, in Spitalspfh:ge zu verweilen.
zogen wurde, ist in Neuausgabe erschienen, D 0

N B U B N o T B N Walter Schultheß: Streichtrio..Serenade, Edur,


ap. 6
Verlag Universal .. Edition A. G., Wien- Cancertino für Violine, A dur, op. 7
Leipzig Sonate für Violine und KIaTier,Gdur,op.&
Fredertck Delius~ Mittsommerlied, Berges.. Lothar Windsperger : Der mythische Brunnen,
stille, Wanderers Lied, gemischte Chöre KlavierstUcke, op. 27
mit deutschem und englischem Text Sonate für Klavier, C dur, ap. 28
Sonate für Cello und Klavier Verlag D. Rather, Leipzig
Vit. Novak: op.48 Die Totenbraut, Klavier .. Robert MüUer~Hartmann: Sonate für Violine
auszug mit deutschem und tschecbililchem und Klavier. op. 5
Text Drei Klavierstücke, op. 8
Heinrich Schalit: op. 17 Sechs Liebeslieder Fünf Lieder, op. 11
L. Godowsky: Miniaturen Liebesgedichte (Ricarda Huch), ap. 12
Drei Suiten He:inrichshofen's Verlag, Magdeburg
Sieben alte Tänze Frit" Behrend: Vier Gedichte von AdolfHolst~
Sieben neue Tänze op. 21
20 verschiedene Stücke Drei Gedichte von N. Lenau, ap. 27
fUr Klaviu, vierhändig Verlag Julius Hainauer, Breslau
Joan Manen: op. A-13 Klavierkonzert (zwei Huga Kaun: Viertes Streichquartett, op. 114
Kla viere, vierhändig) Verlag J. & W. Chester, London
Max Springer: ap. 29 Auferstehung, Partitur Manue! de Fal1a: Danse de la Meuniere
Egon Wellesz: op. 17 Epigramme für Klavier, Chanson du Chagrin d'amour
zweihändig Arthur Bliss: Two nursery RhymeJil.
Verlag B. Schott's Söhne
Jos'ph Haas: Lieder des Glückes, op. 52 o c
Heimliche Lieder der Nacht, ap. 54
Schwänke und Idyllen. Ein Zyklus von
NEU E B Ü C H B R
Fantasietten für Klavier, op. 55 Verlag J. Enge1horn, Stuttgart
Heinrich Kaspar Schmid: Blasquintett, B dur, Adalbert Lindner: Max Reger
op.28 Verlag Max Hesse, Berlin
Liederspie1 zur Laute, ap. 31 Deutscher Musikerkalender 1922
Klang um Klang (drei Gedichte von Eichen .. Verlag Breitkopf & Härtel, Leipzig
dorff), op. 32 a. Drei Lieder, op. 32 b Erich Schnorr v. Carolsfeld: Musikalische
Der Pilger (Fünf Gedichte von Eichendorff), Akustik
ap. 33 Am a 1t h e a Ve r 1 a g, Leipzig. Wien
Bayrische Ländler, ap. 36, Klavier, 2hdg. J. Kobald: Schubert und Schwind
Die heilige Flamme, vierstimmiger Männer... J. Pirker: Die Salzburger Festspiele
chor a capella, op. 38 o 0
VerAntwortU~her
----_.. -..
S~hrjft1clti':r:
Dr. P. A. pisk, Wien.
._-----
K"'rl~platx 6. -
I.
-------.
Herausgegeben von der Univer&al~
Edition A. G.·- Dru~k von Otto Maatl' Söhne Ge.il. m. b. H., Wien I. W.t.llfischgas/ie 10.

330
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ß. van Dieren, op. 4 a, No. 4.


Die Noten mit PunkteJl (.) non legato, jene mH einem größeren Punkte
(f) st1\Ccato.
Allegramente. (J. = 76.) TM uotes with eWis (.) simply detacked, the unes with a druk (T)
staccato
I • , i ".
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nÜ!rfli: i
atempo

Copyright: 1921 by Universol-Edition.


Notenbeilage zu .. Musikblätter des Anbruch", Novemberheft t9~J.
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atempo, risvegliato

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..__ Neue, hochinferessante Ce!lokomposilionen' ..
..•
Interessante
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BLOCH ERNEST+) Klavierkompositionen
Srnelomo, RhaplOdie hebraTql.le für Violoncetl und Ordtesler von
U. E, Nr. 6949 Au~gabe jur ViolOllcell und Klavier Mark nn. 24"-

DELIUS FREDERICK ....) Egon Wellesz


U. E. Nr. 6923 Sonate für Violoncell ulld Klavier Mark nn. 1~'-
für Klavier zu zwei Händen
Im Repertoire von Beatrlc",- Hilrri10n
U.E.Nr.
6826op. 4, DER ABEND,4Impression.n. Mk. 14'~
KODALY ZOLTAN 68310p. 9.3 KLAVIERSTDCKE ..... n.Mk.IO·~
6964 op. 11, EKLOGEN, 4 Klavierslücken. Mk. 9',-
U. E. NT. 6650 op. 8 Son . 1Ie für ViolonceIl ~olo •. Mark n. 9'-
6965 op. 17. EPIGRAMME, 5 Klavierst. n,Mk. 12'-
6091 op.2I,IDYLLEN, 5 Klavierslücke .n.Mk. 9'-,
PETERS GUIDO 6091 a - Dasselbe BüHenausgabe nn.Mk.15'--
U. E. Nr. 6519 SOrl/lle F moll f. ViolonceIl u. Klilvier Mk. 11. 18'-
Hiezu ein Verlegerzuschlag
Hie~u ein Verlegerzu~dJlag

Bei dem Man~el eil guter Cellolit"r<1lur werden die~e neuen,


ber~H~ wieder alt rnil gro~em Erfolg oufgelührlef\ Werke von Die hominleressanlen Klavierkomposilionen des
jed",m Cello~pielef jreudig begru~t werden
Wiener Komponisten finden bereils in allen klavier·
.) Nur IÜI' Konlinenlal-Europa mit Al.Islldhme von Frankrehn.
Spanien und Skandinavlen spielenden Kreisen des In- und Auslandes leb halle
h) Für alle Uinder mil AlI~nahme von Gro~britannien und Verbreitung und können beslens empfohlen werden
Kolonien SO\\'le Nord<lmerika

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von Soeben ersmienen

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Da~ neue OPUI eies tn weiten Kreill'n homg~sd1ilfzten hol1iln·
u. E. Nr. 6565 disdwn Meis!er>, der SId! auch in Englilnd besonderer Beliebtheil
erfreut, steIlI sich als hominlere~lant(·s Werk delr, das zw<w völlig
op.16 Seelenlieder neue Wege gehl, lidl aber doch al~ höml! d,,"kbar !lir Planishm
erwei~1

..tt ~en Jehuda ben Halevis für .


f"'fte ~ .., .... e rril Klavier .. n. Mk. 7·50
f. Nr. 6566
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op.17. 6 Liebeslieder
n.:lm Dk'--""'l98I f"t4~~ Daulhendeys für
eine hohe ~ ~""'1Ik . !\fav. n. Mk. 9·-
Hiezu ein \'~..Jeqe~lUsmfag
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für zwei Violinen oder Violine und Cello (oder
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Viola) mil Klavier (Harmonil,m oder Orgel)
Bearbeitet von H. von DAMECK
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t·f,-.'nrich Smolil 015 überdUS Lai I empfindender. ED. HERMANN op. 35
- ,diöser Komponist, dessen nE'~e SdlOpfungen Romanze für Violine u. Pianoforte
ffi Sangern und Sängerinnen auh be~le emp- Preis. . . . . . Mark 2·50
fohlen werden können Dankbare Vortragsslücke
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M,usikalische Seltenheiten
Wiener Liebhaberdrucke
Geleitet von 0 t t 0 E t' i eh D e u t s cf) untet Mitwirkung nambaftct' Fachleute
Die UniversalgEdition beginnt Ende 1921 mit der flusgabe det' ersten Bände
eines neuen Untetnebmens. das bei den Musikfreunden und Bibliophilen allel'
Länder lebhaftes Int':l'esse hnden düdtc. In dieser Sammlung musikalischer Kostbat'-
keiten, die der bekannte Scbubet'tforsmer Ouo El'ich Deutscb in Wien
t:edigiett. soUen wertvolle und seltene oder unbekannte 5tü<He det
klassischen M usiklitet'atut" zum erstenmale in einem schönen und stilgemäßen
Gewande erscbeinen: Handschtiften und hübe DrucHe in Faksimile (Photo·
lithographie) oder Neubearbeitungen ältctet' fl' eiaterwerke in Notensticb, gedrudl:t auf
Bütten, gebunden in farbigen Pappbänden m : Leine' rücken nach guten Mustern altet'
Musikalien. Die Bände erscheinen in Quer., bezw. Ho ')foliofonnat und werden dem
Inhalt entsPt'ecbend in der Stärke veTSdlieden $(.'n. Rußet"" der pappband ausgabe
et'scheint eine Vorz u 9 5 a u sg a bein Halbleder, allf be:. ... rtder5 '§cb")nem echten Bütten-
papier gedru&t, in j .. 50 numen~rten Exempwren
I
HIs ente Bände dieser Sammlung (Se:t'ie R) werden bis E--de 1921 enmeinen:
BliND I BliND III
L. van Beethoven. Sonate op. 21 Johannes Brahms. drei Lieder
Nr. 2 in Cis Moll _Mainamt·, Sappbi.~ Ode, ·Namfwandltt.
(sogenannte .Mondsmein·Sonate·)
Nacb dtt Handschrift aus eigenem Besitz fakfimlllert
Herausgll!:geben von HeinTirh S ..hj!'nker Im Failsimilll!: berausgegeben von Max Kalbe&.
des Orginlll.Manusilripts mit B<"wUllgtmg cles Beet" oven_
Hauses zu Bonn am Rbein samt drei Silizli'enblättll!:l'n Rn drei klasslsrnen Mustern zeigt Male Kalbedl, worin
des Pltzwltllam,M"seums zu Cambridge ,owie AU' sieb der kultivierte Lyriker Brahms unter den Sch3pfem
Privatbesitz. HeinrM, S.neniler fübTt an Hand du bis. des deutsrnen Liedes aU6Zticbnet
her nicht vervh>lfJltlgten M"nuskripts unct der er.
baltenen SkiZ2en in die Geheimnisse der Entstebung 1
des Kun$twerkcs ein BliND IV
BliND II Pranz Schuberts fünf erste Lieder l
Joseph Haydn, zwölf schottische In Fa)(simile bl'rausgegeben von Otto Erirn Deutsch
Volkslieder Neben den getreuen WiedttQaben der Typendtu<ke von
.On Erlabee_, -Widerschein. und .Dle Foreli... ent.
tat' rine: Singstimme mit Pianoforto, Violine u. Violon. hält der Band den berübmten .Erlkönig· und die norn
cell. Musikal. Bearbeitung von Eusebius Mandyczewski v·el bedeutsamere 6oethl'.}{omposition .6retcben am
Diese erste fachkundige Ru,wahl aus der wundervotlll!:n Spinnrade.. Mit Bewllligung des Wiener StadtrAtn
Sammlung SdlotriScher Lieder, de:rtn äußet'~t seltene wurde als sechster Tell ,les reichhaltigen Bandei aucb
englische Orlgln~\ausgabe In deutschen Landen J,caum die noch nicht vervielfältigte Handscbrlft dlest5 e:nten
VOllständig zu finden Ist, bringt einen verschütteten modemen Liede$ aus den städtischen Sammlungen
Schatz der Volksmusik wieder zu Tage Wlens uproduziert

Hn diese ersten viel' Bände scbließen sieb In den folgenden Monaten des Jabres 1922
an (Setie B):
~and V. JOH. SEB. BR.CH, Präludium und Fuge in H mon für Orgel. Het'ausgegeben
von Georg Kinsky - Band VI. WOLFG. RMf\D. MOZf\RT, Rondo in f\ moll für Klaviet'.
Herausgegeben von Dr. Hans Glil ~ Band VII. 10HHNN tiTRHUSS d. J. Fünf Walzer.
Herausgegeben von Ferdinand Smerber - Band VlII. J0::,EPH HRYDN, Galante
Liedel' für eine Singstimme mit Klavierbegleitung. Het:ausgegeben von Hugo Botstibet:
Weitere Bände sollen in kurzen fibständen folgen
Der Prels, d" sl~b für Subskrlbmtm df.'t" ersten vier Nummttn du Serie H, bis 15. ~umb" 192' um
20 Prozent biUlge:rsteUt a\s de:r endgültige Ladenpreis, betrllgt a) für die Pappbandausgabc. Mark 60'-, b) ftk: die
Vorzugs. (Halbleder.) Zlusgabe Mark 200'- pt"O Band

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ZEITGENÖSSISCHE· MUSIK
AUS DEM VERLAG B. SCHOTT'S SÖHNE
AUI dem Verzeichnis
B Fortlaufende llittellunren

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zciti"cnösililcher Muaik Aber wertvolk WCJke
Bitte dieses :EU verlanren
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NEUE LIEDER
RUDI STEPHAN
Sieben Lieder nach Ycrlchiedenen Dichtern (hoch bis mittel). In einem Bande
1. Sonntall (Bierbaum). 2. Pap,p.el im Strahl (Sehandert). 3. Dir (Hinriehe). 4. Ein Neues (v. Ber·
lepsch). 5. Im Einschlafen (GÜlZ). 6. Abendlied (Falke). 7. Heimat (Dehmcl)
Up de eenaame Hallig (l.i1iencron) für eine tiefe Stimme
Ich will Dir singen dn Hohelied •• , Sechs Gedichte von G. v. Robe:rtus (mittel bis
hoch). In einem Bande
1. Kythere. 2. Pantherlled. 3. Ahendfriede. 4.. In Nachbars Garten. 5. Glück 1ft zweien. a. Du Hobe
Lied der Nacht
Zwei ern.te Gesänge. FOr Bariton
1•. Am Abend (Günther). 2. Memento vlvere (Hebbel)

JOSEPH HAAS
Lieder deI Glücks, op.52. Sieben Gedichte von K.A.Metz(mittel bis hoch). In einem Bande
1 Das Glück. . SttlIes, kleines Kämmerlein. 3. Du bist die Macht. 4. Du und ich. 6. Warte, wenn
das Veilchen blüht. 6. Könii!in Jugend. 7. Auf blauer HimmtllsllUe
Heimliche Lieder der Nacht. op.54. Sechs Lieder nach verschiedenen Dichtern (mittel
bis hoch)
1. Die StlUe lieb ich (Schellenherg). 2. Wolken (Schellenberg). 3. Gute Nacht, gute Nacht (FlaiBeh-
len). '" August (Hesse). 6. Leises Lied (Dehmel). 6. Ständchen (Dehme!)

FRITZ JÜRGENS
Liederauswahl. Die %wölfbesten Lieder nach verschiedenen Dichtern. In einem Bande,
herausgegeben in drei Stimmlagen: hoch, mittel und tief
1. Morgenmut (Falke). 2. Ellsabeth (H. Hesse). 3. Die Lilie (Falke). 4. Das mitleidige Midel (Falke).
6. Wolken (Falke). 6. Hoher Mitta am Meere (Greif). 7. WHdrosen (Frey). 8. HusarendurchmaNlch
(Greif). 9. Der Geworbene (Greif. 10. Schön Anna und juni DeUef (F"alke). 11. Das treue Paar
z
(Greif). 12. Auf dem HaskenbaU Falke)

HEINRICH KASPAR SCHMID


Lieder'piel zur Laute mit Gitarre oder Klavier für mittlue Stimme, op.31
1. ErnteUed. (Dehmel). 2. Die Getrennten (Dehmel). 3 Wiegenlied für meinen Juni!en (Dehmel).
4. Hüter spät und früh (Rückert). 5. Im Frühlini" (Rückert). 6. Die nickende Mutter (Rückert .
7. Liebe im Kleinen (Rückert). 8. Lockvogel (Ruckert). 9. Hcrbt;thauch (Rüekcrt).10. All' Liebe (Rückert)
Klang um Klang. a) Drei Gedichte von Eichendorff als zusammenhängendes Lied für
hohe Stimme mit Orchester oder Klavier, op.32a. - b) Drei Gedichte T. Eichen--
dorff für hohe Stimme und Klavier, op.32
1. Der stille Grund. 2. Die Kleine. 3. An eine Tänzerin

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ZEITGENÖSSISCHE MUSIK
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Neue Klaviermusik
HEINRICH KASPAR SCHMID
Bayrische Ländler o~. 06. für Klarier ZU z....i Hinden
Bayrische Lindler . . . f", IOnier zu ,,,,, H.1nden
Paraphuaen über ein Thema von LlSU op. 30••.ir ~.ci
KJayiere zu vier HiDden
JOSEPH HAAS
Schwänke und Idyllen. Ein Zyklus von Fantasietten für
KJa vier zu zwei Händen ap. 55
LOTHAR WINDSPERGER
Der mythische Brunnen. Ein Zyklus von sieben Klavier..
I stücken (zu zwei Händen)

i, Neue Kammermusik
WALTHER SCHULTHESS
Serenade in E dur op. 6. für Violine. Viola u. Violoncello
Konzertina in Adur op. 7. für Violine mit Klavier od.r
Orchester
Sonate in G dur op. 8 .•••• für Violine und Klavier
HEINRICH KASPAR SCHMID
Quinten op. 28. für Flöte. Oboe, Klarinette, Horn und
Fagott
Fünf Tongedichte op. 34, für Solobl;;.er und Klavier
FRITZ KREISLER
Quartett in amoll fürzwei VIolinen, Viola u. Violoncello

ZUR ANSICHT DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG


Soeben erschien das neue Buch von

PAULBE
KRITISCHE ZEITBILDER

INHALT:
~mlll11"lIIlmllll""m",,,,,,,m,,,,,,,,,,,,m,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,,m,,,,,,,,,,m,,,,m 1IIIIIIIrmnnlmmlllll!mmmnH!lII"I","~

I
:

~:n:~:n~ ~~e~: C HTE


Vorwort als Selbstanzeige
Kritik und Persönlichkeit
=
E R S eHE I NUN GEN
Wagner
Kunst und KriE'g Il
Künstler als Politiker
Der geistige Arbeiter =
I
~ Die Kunst geht nach Brot ~
ParaiEal Gefahren ~
Bayreuth Theaterverfassung
Liszt Theaterkrise
Verdi ÄST H E T I K
StrauS "Wohin treiben wir?"
§: Ariadne auf Naxo8 Vom musikalischen Drama
-~ ]osefslegende Futuristengefahr ? -~
i Eine Alpensinfonie
I R~:: Frau ohne Schatten Di~:;:~:~:~~:nld" in
Pfitzners "Palestrina" §
I
DebuBay
§=§ :;f;~:~8~~~ ~:~::;:er 1=-
Pucdni Impotenz oder Potenz?
~ Schön berg Die .. RQckkehr zur Natur" ~
e 2
§UlllUlIlIlIlJllIlIlIlJllIllUlIll1ll1ll1l11l11ll1tlll1l1l1l11l1l1l1l11l1l1l1l1l1l1l1ll1l1l1l1l1l1l1l1l1l1l11l1I1II1I1I1I1I1I1I1I1I1I1I1I1IUlHIIIIIIIIIILUif.

Geheftet Mk. 30'-, in Halbleinen gebunden Mk, 40'-

SCHUSTER&LOEFFLER VERLAG,BERLIN
PAULBEK ER
Das deutsche Musikleben
Fünftes Tausend.
Ein Buch, das, mit tiefster Sachkenntnis geschrieben, unseren Musikern
wie dem Publikum neue Zukunftswege weist und in strengster Objektivität
die vielfachen Schäden beleuchtet, die dem deutschen Musikleben der Gegen-
wart anhaften. Man wird Wort für Wort von dem. was Bekker hier sagt,
unterschreiben können. Berliner Börsenzeitung.
Der großzügige Gedanke des Buch... mit dem der ganzen Fülle der
Erscheinungen ins Gewissen geredet wird, dürlte manchem Leser die Augen
öffnen über Musik sowohl wie über Musiker. Su..Jlburger N.cuc Zeitung.
Es ist eine. der ernstesten Bücher über Mus,k, die je geschrieben
wurden, eines der wichtigsten und einschneidendsten. ein Buch aus Gewissen
und Zucht, ein mo,alisches. ein deutsches Buch. Wie ein Felsblock hebt
es sich aus dem wogenden Getriebe des täglichen Musiklebens heraus, starr,
bitter und hart. Vossische Zeitung.
Ein Werk wie es zum besten Geist unserer Zeit paßt und gehört. Ein
Werk. das uns auf lange hinaus Einsichten, Ziele und Wissensinhalte gibt.
Ein Werk, an das wir anknüpfen können und müssen, wenn wir Ernst
machen mit dem Willen, ganze Arbeit zu tun, neben der politischen auch
die künstlerische Seite unseres Daseins unter die neuen Gesetze eines
menschenwürdigen Lebens zu stellen. Der Kunstwart.
Geheftet Mark 7'50, in Halbleinen Mark 16'-

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Ein schönes, würdiges und wertvolles Buch, eine Arbeit, die als
wichtiges Dokument über die Stellung, die der Beginn des 20. Jahrhunderts
Beethoven gegenüber einnimmt. von bleibender Bedeutung sein wird. Das
Beethoven-Buch, ein ganz prachtvolles Werk, ist ein wahre. Labsal in einer
Zeit der trocknen, fachsimpelnden Musikschriftstellerei.
Hamburger Fremdenblatt.
Geheftet Mark 40'-, in Halbleinen Mark 60'-, in Halbleder Mark 80'-

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t

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Gustav M'ahlers Sinfonien
Dritte. Tausend.
Das ist ein ganz grandioser Beitrag zur Aufschließung der Mahlersehen
Ideenwelt. Ungemein reich an neuen und wertvollen Gedanken, die das
Mahlersehe Gesamtschaffen in ein Licht rücken, dessen segnender Helle
nur die Besten zu danken verstanden haben. In den Hauptzügen streng
analytisch, ist es doch auf keiner Seite akademisch trocken, vielmehr überall
klar und übersichtlich erzählend, nicht doktrinär. aber doch das Ergebnis
einer Forschertätigkeit, der innige Liebe zur Sache aus einem Füllhorn
überzeugender Erkenntnisse geistvone. Material geschenkt hat.
Wiener Mittagszeitung.
Bekker hat uns in diesem Buch ohne Frage die großartigste Gesamt-
darstellung des Mahlersehen Schaffens geschenkt. Die Beherrschung des
Stoffes ist überwältigend. Kaum jemand, dem das moderne Schaffen nicht
völlig gleichgültig ist, wird dieses Monumentalwerk aus der Hand legen,
ohne das Bedürfnis, seine eigene Kenntnis der Mahlerschen Werke an
Hand der Partituren oder der Klavierauszüge nochmals gründlich durch-
zuarbeiten. Danziger Zeitung.
Ein grundlegendes Werk über die neun Sinfonien Mahlers!
Bekker hat in diesem Buch gewissermaßen das musikalische Kausalitäts...
gesetz für Mahler und sein Werk nicht nur entdeckt und aufgestellt, sondern
auch begründet. Eine Unmenge musikalischer Beispiele erläutern die Lektüre.
Jeder, der den Schlüssel zu Mahler sucht, kann an diesem Werke nicht
vorübergehen. Badische Post.
Bekkers Buch darf als eine künstlerische Schöpfung allerersten Ranges
betrachtet werden. Das Werk läutet den neuen Morgen für Gustav
Mahler ein. Leipziger Zeitung.
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In Halbleinen ...••.... Mark 90'-
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GESlnGE
FÜR EINE SINGSTIMME MIT ORCHESTER

Wilhelm Berger Waller Rabl


ap. 96. Drei Balladen "Wa der Weg zum Liebchen geht"
für Bariton mit Orchester von Baumbach, für Tenor (e'-ais1)
Nr. t. OERNULFS KLAGE ,.Die zürnende Nonne"
von Ib~pn (G- el)
Sturmlieder
Gedichte von Anua Ritter. Für Sopran.
Nr. 2. DER MöNCH ~Vona1Ien Sagen~vonG"Renner
I,, (B-1 1) Nr. 1. STUR,\lFLUT .Die WOfil'enros·e schäumen"
g
Nr. 3. DER MUSIKA.NT .Rumdaradei" von Haustein Nr. 2. STUR"" ~'SWERBEN ~HUJ, wie er tobt
(B-gesl) Nr. 3. MARZENSTURM ~Miirzenstur""rufst du mich"
Nr. 4. ICH WOLLT,ICH WARDES STURMES WEIB"

Adolf P. Boehm Rlchard Strauß


ap. 48. Zwei Stimmungsbilder ap. 15. Nr. 5. Heimkehr
Nr. 1. DER PARKTEICH .Ein stiller Teich" 'Von .Leiser schwanken die Äste", Qrche"terbegleituoi'.
G. Falke (cesl as!!) von L. Weninger (Edur wld Gdur)
Nr. 2. ALLGEGENWARTlo .. Wenn dIe Winde lacht"
von G. Falke (dI-h'2) ap. 17. Nr. 2. Ständchen
.Mach' aut, mach' auf, doch leise, mein Kind", Or·

SIegm. v. Hausegger ehesterbegleitnni'. "on Felix Mott! (Fdw' und Esdur)

Zwei Gesänge
für Tenor und Orchester
Peler TschaikowskV
.WAR ICH NICHT EIN HALM AUF FRISCHEM
WIESENGRUND~ op.47, Nr.7, von J Surikow (h~h;l)
Nr. 1. DER NACHTSCHW,\RMER .Von heifier Le-
benslustentglüht" von GatUr. Keller (1is1-a2) Orchesterbelileitung vom Komponisten

, Nr. 2. STURMABEND .. R',usche nur vorülJer" von


Fr. Hebbel (fis'-a~) Legende
Aus op.54. Kinderlieder: .. Als noch ein Kind war
I: Weihnacht Jesus Christ-. Arranliement v. Komponisten (dl_e~)
.Nlcht "ond, noch Stern" von Bierbanm (b-es'l) tür
eine mittlere Stimme mit S ..lo-Violine und kleinem Aus: "Eugen Onegin"
Orchester NI'. 3. A~le der OIga. . . •. (Mezzosopran)
i Nr. 6. Arioso des Lenski . (Tenor)

Georg Henschel Nr.


NI'.
9. Briefszene der l'atjana . . . . . . . (Sopran)
17. Arie des Lenskf

ap. 37. Nr. 1. Es war ein alter König Aus: "Pique Dame"
von Heinrich Heine, deutscher und englischer Text NI'. 8. Romanze Paulinens. . .
NI'. 12. Arioso des Fürsten. . .
. .(Alt!
(Barilon
(a-fis 2) Nr. 20. Arioso Lisas . _ . . . . . . . . (Sopran
NI'. 24. Arie Hermanns . . . . . . . . . (Tenor)

Eugen Llndner Aus: "Jalanthe"


Nr. 6. Romanze Roberts . • . . . . . . (Baß-Bariton)
Das Märchen vam Glück
.Sie sind allein" von E. Eckstein tc 1 _a2) Aus: nMazeppa"
Wfelienlied. ..•.. _ . • . . . . (Sopran)
Lieder des Saidjah
Aus .Saidjah und Adlnrla" von Multatuli (a-es2) Aus: .,Die Jungfrau von Orleans"
1. Saidjahs Klage. 2. Saidjaha Tod. Arie der Johanna . . . • . . • . . . • . . . (Sopran)

Will, v. Hoellendorff Felix Wovrsth


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bild' Dir nur im Traum nichts ein. - Einen Sommer lang. - Darum sollst
Du dulden, Mensch. - Tag meines Lebens. Die Krone gerichtet. - Schließe
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DES ANBRUCH
SCHRIFTLEITUNG: DR OTTO SCHNEIDER
'we ee es

BE RLI N ALS lVIUSIKSTADT I N DER


GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG
Von Dr. Hugo Leichtentritt
Nennt man die großen Musikzentren Europas aus früheren Jahrhunderten, so
wird Berlin kaum unter ihnen sein. Erst seit dem Ende des XIX. Jahrhunderts
datiert Berlins Bedeutung als ein internationales Musikzentrum. Paris war schon
Sitz einer berühmten Tonsetzerschule zu einer Zeit, als Berlin überhaupt noch nicht
existierte. Nach Rom, Venedig und Neapel pilgerten die Kunst jünger ganz Europas,
als Berlin in Kunstdingen noch von fast dörflicher Bescheidenheit war. Neben dem
musikalischen Glanz und Ruhm des alten Wien kann Berlin kaum genannt werden,
und selbst Städte, wie Dresden, Leipzig, Nürnberg, Prag, Augsburg, Mannheim,
laufen bis spät ins XVIII. Jahrhundert der preußischen Hauptstadt in musikalischer
Hinsicht den Rang ab. Trotzdem hat auch Berlin in der Musikgeschichte seine
Meriten, seinen ausgeprägten Wesenszug und eine dauernd wachsende, in der letzten
Generation sogar gewaltig sich auswirkende Bedeutung. Es sei in kurzen Strichen
ein Bild der Entwicklung des musikalischen Berlin entworfen.
Der prunkliebende Kurfürst Joachim H. war der erste Hohenzoller, der für Musik
Sinn hatte. Er gab im Jahre 1568 eine stattliche Sammlung heraus: .Der alten,
reinen Kirchen Gesenge verdeutschet", deren Einleitung der theologischen Gelehr . .
samkeit des fürstlichen Herausgebers Ehre macht. Auf J oachim 11. geht die Stiftung
der Berliner Hofkapelle zurück, die den musikalischen Ruhm Berlins - mit einer
Unterbrechung im XVIII. Jahrhundert - seit 350 Jahren dauernd hochgehalten hat.
Die Kapellordnung vom Jahre 1570 unterrichtet uns über den Bestand der Kantorei,
den Dienst der Musiker.
Kurfürst Johann Georg (1571-1598) hatte die musikalischen Neigungen seines
Vaters geerbt. Unter seiner Herrschaft wird die Kapelle vergrößert, für Kirchen . .
und Kammermusik eingerichtet; zumal für die konzertierende Instrumentalmusik
wird viel getan. Die Musiker sind Deutsche und Niederländer, die besten Meister
der Zeit aus Deutschland, den Niederlanden, daneben Frankreich machen den
Bestand der Berliner Notenschätze jener Epoche aus.
Unter dem Kurfürsten Joachim Friedrich (1598-1608) begegnen wir zum ersten
Mate in Berlin einem erlauchten Namen. Johann Eccard, ein noch heute hoch ..
geschätzter Meister, wird 1608 (samt einem erheblichen Teil seiner Königsberger

331
KapeUmitglieder) als Kapellmeister in Berlin angestellt. Schon drei Jahre später
starb der Schöpfer der prachtvollen .Preußischen Festlieder". Unter Johann Sigismund
(1608-1619) ist die Kapelle auf 37 Mitglieder angewachsen, Kapellmeister ist Nicolas
Zangins, der .aus Prag nach Berlin kam und eine Anzahl böhmischer und polnischer
Musiker mitbrachte. Noch bedeutsamer war 1614 die Anstellung des englischen
Violisten Waltet Rowe, der wahrscheinlich mit einer Truppe englischer Wander...
komödianten 1614 nach Berlin gekommen war. Rowe brachte die hochentwickelte
Spielkunst der englischen Violisten nach Berlin und bis gegen 1650 begegnen uns
englische Namen von gutem Klang in der Berliner Kapelle. 1619 wird der treffliche
Suitenkomponist William Braae Kapellmeister. Auch italienische Musiker erscheinen
um diese Zeit zum ersten Male in Berlin. Der angesehene Suitenkomponist
Bartholomäus Prätorius, ein Mitglied der Kapelle, hat 1616 fünfstimmige Paduanen
und Gagliarden in Berlin im Rungeschen Verlage veröffentlicht.
Die Regierung Georg Wilhe1ms (1619-1640) fällt in die Zeit des Dreißigjährigen
Krieges. Für die Berliner Kapelle eine Zeit des Verfalles. Unter dem Großen Kur'
fürsten (1640-1688) ging es langsam wieder aufwärts. Die stärksten musikalischen
Kräfte Berlins während dieser Zeit gehören allerdings nicht der Hofmusik an,
sondern dem städtischen Musikbetrieb. Als Haupt der Berliner Stadtpfeiffer hat sich.
Jakob Hintze (1620 geb.) so ausgezeichnet, daß man ihn zu den besten Musikern
seiner Zeit rechnet. Noch gewichtigeren Klang hat Johann Crüger, der Kantor zu
S. Nicolai. Seine herrlichen Choralweisen zieren noch gegenwärtig den Schatz der
protestantischen Kirchenmusik. Daß ein geistlicher Dichter vom Range eines Paul
Gerhard neben ihm als Diakonus zu S. Nicolai wirkte, ist der protestantischen
Dichtung wie der Musik gleichermaßen zustatten gekommen. Die Gesangbücher
Crügers gehören zu den bedeutendsten Leistungen ihrer Art und sind in fast 50 Auf,
lagen bis spät ins XVIII. Jahrhundert hinein verbreitet worden. Mit Jakob Hintz.
war Crüger in dauernder künstlerischer Verbindung, und dem Zusammenwirken
dieser bei den Musiker ist der hohe Stand zuzuschreiben, den gerade damals die
Kirchenmusik, die Hausmusik, die städtische Musikpflege in Berlin erreichte.
Ein wesentlich anderes Bild entrollt sich, wenn wir die Berliner Musik während
der Regierung des ersten preußischen Königs Friedrich I. (1688-1713) betrachten.
Die bürgerliche Kunst tritt zurück, die höfische glänzt dafür desto stärker. Diese
Blüte ist in der Hauptsache zurückzuführen auf die Kunstbegeisterung der auch
musikalisch fein gebildeten Königin Sophie Charlotte, der Freundin eines Leibnitz
und Steffani von ihrer Heimat Hannover her. Die italienische Musik zieht in Preußen
ein. Zum 'ersten Male erscheint die italienische Oper; berühmte Meister, wie Atti1io-
Ariosti, Francesco Antanio Pistocchi, Giuseppe Torelli, Giovanni Bononcini, Ruggiere
Fedeli, wirkten in Berlin. Zumal das Charlottenburger Schloß war der Schauplatz
einer hochstehenden regen Pflege der Kammermusik und der italienischen Oper..
Der frühe Tod der Königin machte diesem Frühling der hohen Kunst in Berlin
ein plötzliches Ende. Als vollends der nüchterne, sparsame Soldatenkönig
Friedrich Wilhelm I. 1713 das Regiment antrat, war für den Luxus einer dauernden
höfischen Kunst nichts mehr übrig. Die Hofkapelle wurde aufgelöst und erst Jahr-
zehnte später von Friedrich dem Großen neu gegründet.
Friedrich der Große hatte lebhafte Neigung zur Musik, war (als Schüler des
berühmten Quantz) ein leidenschaftlicher Amateur auf der Flöte, betätigte sich
auch als Komponist ernsthaft und führte eine neue Blüte der Musik in Berlin

332
herbei. Er bevorzugte die italienische und französische Musik, wenn schon er, wie
allgemein bekannt, auch die Größe eines Joh. Seb. Bach zu würdigen wußte. Hasse
und Graun waren sein~ Lieblingsmeister, ihren italienischen Opern brachte er große
Bewunderung entgegen. Das Berliner Opernhaus verdankt Friedrich seine Gründung.
In seine Zeit fällt die sogenannte "Berliner Schule", zu der man neben PhiIipp
Emanue1 Bach, dem Cembalisten des Königs, angesehene und gelehrte Musiker
wie Kirnberger, Agricola. Nickelmann, Quantz, Graun, Marpurg zählt. Der verstandes...
mäßigen Einsicht in das Wesen der Liedkunst entsprach bei den meisten das
künstlerische Vermögen keineswegs. Erst in einer späteren Zeit, gegen Ende des
Jahrhunderts, kamen die Prinzipien der Berliner Schule zu besserer künstlerischer
Geltung, als Meister des volkstümlichen Liedes, wie J oh. Abr. Peter Schulz, J oh. Friedr.
Reichardt (Kapellmeister der Berliner Oper) und der Urberliner Kar! Friedr. Zelter,
auftraten. Die Schwester Friedrichs, die Prinzessin Amalie (1723-1780),wetteiferte
mit, ihrem Bruder an musikalischem Talent und Kunstbegeisterung. Selbst ein.
geschickte Komponistin, hielt sie die Kunstpflege hoch. Ihre reiche Bibliothek kam
später an das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin.
Auch König Friedrich Wilhelm II., ein gebildeter Amateur und geübter Cello-
spieler, hielt die Oper und die höfische Musik auf ansehnlicher Höhe. Vergebens
suchte er Mozart als Kapellmeister zu gewinnen.
Gegen 1800 steht Berlin schon als Musikzentrum von ansehnlichem Range da.
Neben die Oper und die königliche Kapelle tritt nun bestimmend für das Berliner
Musikleben die 1790 von Fasch gegründete Singakademie, die die besten Kräfte
des musikalisch interessierten Bürgertums an sich zieht. Zumal unter Zelter, dem
Freunde und musikalischen Ratgeber Goethes, blüht die Singakademie auf. Händel,
in beschränktem Maße Bach, Graun, überhaupt die Oratorienmeister der Zeit
werden nun in Berlin heimisch. Ludwig Berger (nebenZelter der Lehrer Mendelssohns),
der königliche Kapellmeister Bernhard Anselm Weber sind als die angesehensten
Berliner Musiker dieser Zeit zu nennen.
Eine üppigere Blüte brachten die Jahre von den Freiheitskriegen an bis etwa 1848
hervor. Es genügt an Felix Mendelssohn-Bartholdy zu erinnern, den Berlin mit
vollem' Recht für sich beanspruchen kann als den genialsten Musiker, der von der
preußischen Metropole seinen Ausgang genommen hat. Durch seine denkwürdige
Aufführung der Matthäus-Passion im Jahre 1829 wird Berlin der Mittelpunkt der
neu erwachenden Bach-Bewegung, die für die gesamte Kunst des XIX. Jahrhunderts
eine so große Bedeutung gewonnen hat. Die Oper kommt auf eine Höhe wie nie
zuvor. Man denke an die Erstaufführung des Webersehen Freischütz, an das be-
deutsame Wirken eines Spontini als Generalmusikdirektor, an Meyerbeer, der
neben Mendelssohn der Musikstadt Berlin einen Glanz verleiht, der alles überstrahlt,
was den früheren Berliner Künstlern geglückt ist. Auch E. T. A. Hoffmann ist hier
zu nennen, dessen Genie eine W l,trzel auch in der Musik hat, dessen Kunst ein
dauernder Ruhm Berlins bleibt. Lortzing und Nicolai bringen in Berlin das Sing-
spiel und die komische Oper zu einer noch nicht verwelkten Blüte. Durch da.
verdienstvolle Wirken von K. v. Winterfeld und Ad. Bernh. Marx wird Berlin
führend in der musikgeschichtlichen Forschung und der Musikschriftstellerei. Marx
begründete auch mit Kullak und Stern 1850 das Sternsche Konservatorium, das
Berlin eine Schule vom Range des Leipziger Konservatoriums gab und dazu beitrug~
Scharen von Kunst jüngern aller Länder nach Berlin zu ziehen, Berlin zum

333
internationalen Musikzentrum zu machen. 1869 folgte die Gründung der königlichen
Hochschule für Musik, der als Direktor Josef Joachim fast vier Jahrzehnt. vorstand.
Er gab der Berliner Kunst bis gegen 1900 den Grundton. Berlin wurde die Hoch,
burg der klassischen Kunst, die in Joachim und seinem berühmten Quartett die
stärksten Verteidiger fand. Insbesondere für das Klav'ierspie1 wurde Berlin von etwa
1860 ab ein. Pflanzschule von allgemein anerkannter Bedeutung. Kullak, H. v. Bülow,
Kar! Tausig, Klindworth, etwas später Scharwenka waren Klavierpädagogen von
Weltruf.
Das glänzende Sängerensemble der Berliner Oper, zwischen 1860-1880 etwa,
unter dem Intendanten B. v. Hülsen, sicherte dieser Pflegestätte der dramatischen
Kunst einen allerersten Rang. Es folgt von den Achtzigerjahren an das rasche Auf,
blühen des Konzertwesens, das eigentlich von Berlin seinen Ausgang nahm. Von
großer Bedeutung ist die Gründung des Philharmonischen Orchesters, das besonders
H. v. Bülows Dirigierkunst seinen Ruf verdankt. Kaum minder bedeutsam für das
Berliner Musikleben die Gründung des philharmonischen Chors durch Siegfried
Ochs, der den bis dahin unbestrittenen Vorrang der Singakademie brach. Jahrzehnte
hindurch war auch die Krollsche Oper eine Berliner Spezialität, die für die Oper
im allgemeinen durchaus belangreich geworden ist. Eine klassische Pflegestätte
fand die Musikforschung an der Berliner Universität durch Philipp Spitta und auch
HeImholtz wäre hier zu nennen, dessen Wirken auch die Musikwissenschaft angeht.
Was das musikalische Berlin seit 1900 bedeutet, ist in seiner Fülle und Viel,
seitigkeit so allgemein bekannt, daß es überflüssig wäre, im einzelnen davon zu
reden. Die Opernhäuser, die berühmten Orchester und Chöre, Dirigenten und
Virtuosen, Musikschulen, Lehrer, Verlagshäuser, Konzertdirektionen, wirkten zu...
sammen, um jenes rastlos bewegte musikalische Treiben, jene Fülle der Erscheinungen,
jenen internationalen Zug hervorzubringen, die alle vereint das Berliner Musikleben
in seiner energieerfüllten Eigenart ausmachen. Der Ausbruch des Weltkrieges hat
ein unabweisbares Halt gesprochen. Aber gegenwärtig ist, wenigstens was Tätigkeits...
drang angeht, das Berliner Musiktreiben wieder in voller Arbeit. Abzuwarten bleibt,
ob Berlin im selben Maße wie früher international. Geltung erlangen wird. Aber
es hat den Anschein, daß in diesem Rennen Berlin keine schlechten Aussichten hat,
seinen früheren Vonang wieder zu erreichen und siegreich zu verteidigen.
c c

NOTIZEN ZU BERLIN ALS MUSIKSTADT


Wir leben in einer tiefernsten Zeit. Unser Volk ringt um Sein oder Nichtsein.
Da ist es denn erstaunlich und für die Intensität unserer Arbeit auf allen Gebieten
charakteristisch, daß das Musikleben Berlins. welche Stadt trotzdem und alledem
Weltzentrum unserer Kunst geblieben ist, nicht nur nicht zurückgegangen, sondern
auch - wenigstens quantitativ - im steten Aufschwung begriffen ist. Daß sich
dieser Aufschwung auch in fortschreitender Vertiefung und Verinnerlichung aus'"
wirken möge, damit dem Ausland ad aures demonstriert werde, was es auch
an musikalischer Kultur zu vernichten sich anschickt, wünscht aus vollstem Herzen
E. N. v. Reznicek
BerUn, 19. November 1921.
c

334
Eine Musikstadt in dem Sinne wie etwa Wien ist heute Berlin nicht mehr.
Dazu fehlt der notwendige geschlossene Kreis musikalisch kultureller Interessen,
die alles umgebende leidenschaftliche Anteilnahme an Musik.
Freilich bliebe beim Bestehen einer solchen noch fraglich. wieweit diese Anteil-
nahme mit der Existenz der bisherigen großen deutschen Musik verknüpft ist. Für
Berlin ist heute jedenfalls charakteristisch eine sich vielfach bemerkbar machende
Übersättigung gerade dem Besten und Größten der Vergangenheit gegenüber, die
Tendenz, dieser nur noch mit dem kühl interessierten Blick des "historisch" ver...
stehenden Zuschauers gegenüberzutreten. Es gibt wohl noch Anstrengungen auf einer
Seite, sich den inneren lebendigen Zusammenhang mit der bisherigen Musik zu
bewahren, aber die Hoff nun gau f das Neu e, die bisherigen Möglichkeiten
wirklich Erweiternde, tritt hier stärker als irgendwo anders, ja geradezu im Charakter
einer moralischen Forderung, eines kategorischen Imperativs auf.
Es sind zwei entgegengesetzte Richtungen, die umso ausgeprägter sind, als in
ihnen moralische, intellektuelle, ja politische Impulse wirken, und zwar häufig
stärker als rein musikalische. Sie zeigen deutlich den Scheideweg, an dem heute
nicht nur Berlin, sondern mit ihm ganz Deutschland steht.
Berlin selber steht freilich noch vor einer anderen Entscheidung. Neben allem
anderen ist es nämlich noch die größte .Musikbörse" der Weh, zu der sich alles
drängt: Virtuosen, Sänger, Dirigenten u. s. w. (selbst der moderne Komponist -
im Gegensatz zur Zeit Brahms' und Wagners - glaubt heute nicht mehr ohne
Eerlin auskommen zu können). Die hiemit entstehende Gefahr, daß alle wahr-
haften Werte sich in bloßen Psrsönlichkeitskult, in Snobismus und Sensationslust
auflösen, ist die eigentliche Gefahr Berlins; hier liegt seine eigenste Entscheidung,
von der seine Zukunft abhängen wird. Wilhelm Furtwängler
C 0

DIE MUSIKALISCHE PHYSIOGNOMIE


Von Joachim Beck
Berlins musikalische Physiognomie ist,. sehr allgemein, sehr vage, und doch
richtig gesprochen, die Unmusikalität. Wenn wir zur Dreigliederung : Masse, Musik..
publikum und Künstler schreiten, werden wir im einzelnen sehen, wie gering gerade
der Berlinische Anteil an der Reputation unserer Reichshauptstadt ist. Daß sie den..
noch zur Musikmetropole werden konnte, hat eigene Ursachen und war durch die
Internationalisierung der Weltstadt möglich. Alt-Berlin aber war nicht Pflegeboden
der Tonkunst; und faßt man den Begriff Berliner heute noch im engen Sinne, so
steht es momentan nicht besser mit uns. Wir haben keine Berliner Kunst, wir
haben nicht einmal Berliner Künstler, wir haben höchstens einen Berliner Geschmack.
Wir sind eine östliche Stadt, wir dnd ein Kolonistenvolk. Verschiedene Elemente:
Deutsche aller Gaue, Polen, Wenden, Juden, Holländer, Franzosen fanden sich hier
ZUsammen und verschmolzen bald auch zur Spracheinheit. Die älter zugewanderten
Slawen sind nur noch an ihren Namen kenntlich, die frisch zuwandernden erhalten
sich eine, zwei Generationen hindurch ihr heimatliches Idiom und akklimatisieren
sich dann gleichfalls. Heute mögen es im Weichbilde der Stadt noch an fünfzig-
tausend sein, deren Umgangssprache das Polnische ist. Trotzdem sind diese zum

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Stadtstamm zu rechnen, denn gerade die mitteldeutsch...östliche Mischung war
physiognomiebildend und physiognomiebestimmend für die Reichshauptstadt; das
Internationale kommt erst durch den Reisenden, den Kaufmann und die bourgeoise
Oberschicht hinein. Der Internationalismus hat uns den geistigen Amerikanismus
gebracht, wir haben viel und schnell zu arbeiten und darum wenig Schönsinn~
wenig Kunstsinn zu betätigen. Schon unser Stadtbild ist ohne jede Rhythmik, ohne
jede Gliederung, und wenn die Architektonik "gefrorene Musik u ist, so enthüllt sie
greifbar und widerspruchslos unseren Mangel artifizieller Begabung. Musikliebe ist
da, aber wo in aller Welt wäre sie nicht? Taucht ein geigenspielender Italiener im
Volke auf, so lauscht man ihm; lauscht ihm lieber als dem Leierkasten, aber auch
der ist dem harten Ohre willkommen. Alle diese Wandervirtuosen sind fremden
Geblüts, ein Sohn der Mark wird wohl Landstreicher, aber niemals musikübender
Landstreicher. Ich habe Volks" Bürger' und Hochschulen besucht und gleichermaßen
den Talentmangel der Berlinischen Jugend festgestellt. Stets waren die Kunst'
empfänglichen fremdländischen, jüdischen oder süddeutsch'rheinischen Ursprungs.
Der Berliner empfindet die Musik fast ausnahmslos materialistisch; das Wort muß
hinzutreten und um des Wortes, des Textes wegen singt man; der Ton ist nur
Beigabe. Volkslieder werden schon den eben sprachfähigen Kindern, den sechs'
jährigen Schülern beigebracht; selten aber, daß diese außerhalb des Unterrichtes das
Gelernte nach... und wiedersingen. Im Volksbewußtsein wurzeln die Gassenhauer,
die "S~lager". Sind sie nun aber elementarer Gefühlsausdruck, sind sie echte
Produktion? Sie sind es wohl heute nur in Amerika, wo jüdische Geschäftemacher
Nigger... und Indianersongs harmonisieren und auf den Markt werfen. Was nicht von
drüben kommt, kommt von zigeunerischen Operettenmaklern, die das Ex 0 t i s c h e
bewußt hineintragen. Von einer Volksmusik kann hier also nicht die Rede sein.
Man nimmt sie aber auch, wie gesagt, nur zur Unterlage; das Reizvolle bleibt die
Erotik des Stoffes, die schon vom Kinde halb verstanden wird. Männergesellschaften
in animierter Stimmung greifen manchmal zum einstimmigen (und doch viel. .
stimmigen!) Chor; da aber wird Musik als Lärm, als stärkster Ausdruck gefühlt
und begrüßt. Junge Mädchen ergehen sich wohl öfter zartsingend - unerträglich
übrigens singend mit ihren keuschen, knospenhaften Stimmen - und auch eine
gemischte Gesellschaft vereint sich beim Naturanblick häufig zu »Wer hat dich, du
schöner Wald". Dieses Lied ist eines der wenigen, die 1,absolut" empfunden werden.
Tanzmusik wird einseitig rhythmisch oder wieder stoffIich. . erotisch apperzipiert.
Schade einesteils, daß die preußische Militärmusik, die, wiIhelminisch ...pompös, Staats...
ausdruck war und selbst vom Arbeiter uneingestandenermaßen mitempfunden wurde,
so gut wie verschwunden ist. Wir steigen zu den Kleinbürgerschichten auf: hier
gehört die Musikpflege schon zum guten Ton; doch anch hier ist die Begabungs,
losigkeit die Regel. Man pendelt zwischen der klassischen Kunst, die meist nur
Übungsmittel, und dem Operettenschlager, dem Couplet, der das Erziehungsziel ist.
Dadurch wird freilich noch keine Unmusikalität gekennzeichnet, dies kennzeichnet
nur einen Geschmack, einen TeiIgeschmack. Der Proletarier und der kleine Mann
sucht auch die strenge Kunst und findet sie, nachdem die Volksbühne und die
große Volksoper seinen Bedürfnissen entgegenkommt. Zudem ist Unmusikalität
noch kein ethischer oder staatsgefährdender Mangel, auch der Ungeschmack ist es
nicht, denn Kunst ist Kunst, und wenn sie auch aus dem Leben wächst, so steht
sie doch irgendwie für sich - ja, man kann Kunst und Leben in dialektischen

336
Gegensatz stellen - und muß auch gesondert betrachtet werden. Beziehen wir selbst
die höhere Bourgeoisie, den Adel, die Hofgesellschaft, sowie die Boheme mit ein,
so finden wir von unten nach oben eine Geschmacksstufung, die parallel der Lebens....
haltung, der Lebensanschauung läuft. Die "Niederen" haben den Gassenhauer, die-
Mittelschicht hat die heitere Muse und ihren Puccini (der auch im Kaffeehauskonzert
eine Weltmacht ist), die oberen Zehntausend sind klassizistischer Tendenz und
suchen in der Musik das Formal.·Spielerische, das nicht so sehr an die Nerven
greift. Auch der Beethovenkult ändert daran nichts, denn die zeitliche Entrückung
macht sich hier schon mildernd und ausgleichend bemerkbar. Von einem verständnis..-
Tollen, weitgehenden Mäzenatentum, wie wir es in Wien gehabt, war seitens des
märkischen Adels und der Patrizierkreise niemals die Rede. Vor einem Jahrhundert
nicht und heute nicht. Ja, der brandenburgische Adelige ist geradezu kUl).stfeindlich
und sieht als Staatsbeamter, als Militär im Künstler den Parasiten, den Lebens.,,·
'schmarotzer, der nichts tun will. Dieser amusische Geist beherrscht auch mehr oder
weniger die subalternen Kreise. Darum kommt es bei uns nicht annähernd zu einer-
lIIusikpfIege, wie wir sie in Italien, Ungarn, Österreich, Böhmen und anderorts,
haben, wo die Gasse von Melodien widerklingt. Am Rhein bilden notenunkundige,
gehörmäßig singende Arbeiter Männerehöre, die sich hören lassen können. Kommt
man in eine norddeutsche Kirche und wird Zeuge dieses Altweibergeplärres, so weiß
man, wie es um unsere Musikalität (wenn auch in extremis) bestellt ist. Ziehen
wir selbst das mechanische Musiktalent ab, das in den Fingern oder im Kehlkopf
,sitzt, prüfen wir den typischen Berliner auf die "absolute U , akustische Musikalität,
so ist das Ergebnis negativ. Jene motorischen, dynamischen, rhythmischen, klang...
lichen, architektonischen Elementet, die zusammen ihren Begriff ausmachen, fehlen
dem Reichshauptstädter in bedenklichem Maße.
Wie aber konnte Berlin trotzdem zur Musikzentrale der Welt werden? Dies",
Stadt, wo wenig Begabung und wenig allgemeine Kultur ist, auf der allein die
große Kunst erwächst? Zunächst einmal steht ja die Kunstmusik etwas abseits und
ist das Produkt einer Oberschicht, einer esoterischen Gemeinde. Man weiß, wie
niedrig ein Tolstoi von ihr dachte, der ihren Oligarchismus, ihren dem demokratischen
Gefühle entgegengesetzten Ausdrucksinhalt durchschaute. Selbst Bach und Beethoven
werden hier, bis auf einige chefs d'ceuvres, nicht ausgenommen. Sie sind Abbild,.
nicht so sehr des Individuums und der V olkheit, sondern in ihrer weitentwickeIten
Polyphonie Spiegelbild unserer vielgliederigen, unendlich komplizierten Staatsform.
Nun kam nach 1870 der Aufschwung des Reiches und mit ihm der Aufschwung
der Hauptstadt, wohin sich ein Strom von In.. und Ausländern aller Arten ergoß. Man
frage einmal die Ortsansässigen nach ihrer Genealogie und man wird erstaunt sein,.
wie wenige allein bis zur zweiten Generation hier beheimatet sind. Die Stadt....
physiognomie änderte sich bald, auch die künstlerische. Hier waren es im besonderen
die Süddeutschen, Österreicher, die Ungarn, Russen und Polen, die zur Umwertung
beitrugen. Wir bekamen davon Vorteil und Nachteil. Den Vorteil der allgewaltigen
Riesenstadt und ihrer Weltästimation, den Nachteil eines geschäftigen, eilevollen,.
entseelten Amerikanismus, der durch Arbeitshäufung und Überorganisation alle
Menschenrechte einbüßte, ein Amerikanismus, der an sich wohl zu bedauern, aber"
freilich nicht fortzudenken ist, weil ihn die rasend wachsende Bevölkerungsziffer·
bedingte. Aber um dieses Amerikanismus willen, der doch allgemeiner Zeitausdruck
war und der in unserer Temperierung eine Mitte zwischen dem Weltmarkt New...York

331
und der Musikstadt Wien darstellte, konnten wir zum Wertmesser namentlich alles
Reproduktiven werden und die Bedürfnisse der öffentlichen Musik regeln. Hinzu
kam, daß sich der eingeborene, unverwischte Stadtgeist, der sich mit dem Namen
Nicolai bezeichnen läßt, doch den Vorzug unbestechlicher, kühl wägender Kritik
bot, die uns heute noch auszeichnet. Und so gibt es in der Tat einen Berliner
Geschmack in der Kunst, einen guten und einen schlechten. Musik ist nicht nur
Form, ein außerweltliches Göttergeschenk, eine Kraft von eigenen Gnaden,
sondern auch Ausdruck; sie ist in jedem Falle von Seelenkräften durchzogen, und
diese aufzuspüren, sie zu vermitteln, sie abzumessen, ist Sache der Kritik im eng . .
fachlichen wie im weiten, allgemeinen Sinne. Der Zufluß musikalischer Elemente
einerseits und die Urteilsfähigkeit des spezifischen Berliners anderseits wirkte zu
unserer aufkommenden Weltgeltung mit. Einen bedeutenden Anteil hatte daran der
Jude, der, assimilationsfähig wie er ist. heute zwar keinen besondern Summanden
in der Rechnung darstellt, aber doch einmal herkunftsmäßig für sich betrachtet
werden muß. Er stellt einen starken Prozentsatz unter den schaffenden und aus. .
übenden Tonkünstlern und einen ebensolchen in der Fachkritik, in der Hausmusik. .
pflege und im Konzertpublikum. Als vitaler Ost jude gehört er mehr zum "Bau"
und hat meist ausländische Attitüde, als Zivilisationsjude ist er mehr Zuschauer
und Zuhörer uud stellt heute den größten, wichtigsten und auch wohl besten Teil
unserer Besucherschaft dar. Geht man in dem judepreicheren Wien in Oper oder
Konzert: dort ist der arische Anteil seltsamerweise bedeutender als bei uns. Durch
die Kriegsfolgen ist das Niveau nur wenig herabgedrückt, der zahlungsfähige, gut-
bürgerliche Kaufmannsstand füllt nach wie vor die Säle und nimmt reges Interesse
an der Kunst. Gerade heute, wo die Tonkunst an einer Wende scheint und manchmal
sogar intellektuellen Antrieb hat, muß die geistige Fühlungnahme sehr hoch
bewertet werden. Darum stellt sich der junge Komponist, sei er nun "modern l ',
radikal oder ultra, hier mit Vorliebe zur Diskussion. Nicht zufällig hat der .Anbruch"
seinen Hauptsitz nach Berlin verlegt, wo die starke Anteilnahme für das heutige
Schaffen besteht. In diesen Konzerten findet man das wertvollste Publikum; die
Grenzen seines kritischen Sehvermögens sollen nicht übersehen werden, aber Tatsache
ist, daß die führenden Fachrezensenten vielfach Juden oder Berlinisch-norddeutschen
Geistes sind. Der Wienerische Einschlag, den einige Proselyten sehr farbig, aber
auch feuilletonistisch schreibend zu uns gebracht haben, ändert an der Gesamt. .
physiognomie nur wenig. Der Musiker ist bei den autochthonen Kritikern gewöhn...
Iich stärker als der Schriftsteller, ihre Phantasie, die Lebenskraft meist mäßig,
ja, selbst' die Intelligenz ist nur mittleren oder niederen Grades - was bei der
anerkannten "Aufgewecktheit" des Berliners doch merkwürdig berührt. So steht es
um die Fachrezension nicht gerade günstig zur Zeit; doch kann hierin schnell
einmal ein Wandel eintreten, sobald jüngere Leute zugelassen werden. Ob dieser
Berlinische Geist das neue, erwartete Genie zu erkennen vermag, bleibt abzuwarten:
wir sehen ja an Paul Bekker, diesem musikalisch wie geistig hochgebildeten, intellekt. .
klaren Reichshauptstädter, die Beschränkung hinsichtlich der Gefühlsstärke und des
Tiefblickes. Den besten Teil unseres Musikpublikums, der die innerliche Aus. .
einandersetzung nicht scheut, haben wir schon bezeichnet. Seine Hoffnungen sind
bei den Jüngsten und seine Erfüllung ist bei Gustav Mahler. Nicht zu leugnen, daß
sich gerade hier das israelitische Element wieder vordrängt, doch liegt das an diesem,
das den Gleichrassigen sucht; nicht an Mahler, der rassen... und konfessionslos

338
ist. Der übrige Teil - und natürlich der Hauptteil- unserer Konzert' und Opern,
sänger geht auf Erbauung, auf anstrengungslose Lebenssteigerung aus, die man von
den distanzierten Klassikern erwartet, auf den Ohrenschmaus, den Genuß, den
begnadete Sänger versprechen, auf die Zerstreuung und den Sinnenkitzel, den die
Operette bietet, oder auf die gesellschaftliche Sensation, die von den italienischen
Opernabenden kommt. Bei der allgemeinen Arbeitssteigerung, die dem Einzelnen
abverlangt wird, bei der Entnervung der Zeit können die seelischen Bedürfnisse
keine anderen sein. Die Virtuosenkonzerte büßen hier wie anderswo ihre Anziehungs..-
kraft etwas ein, zum ersten, weil die große Artisten... und Persönlichkeitsepoche ihrem
Ende zustrebt, zum andern, weil das Soloinstrument, insonderheit das Klavier,
seine lebendige Wirksamkeit verloren hat. Der moderne Musiker ist Orchester . .
musiker. Und wenn man einem Kreisler, einem Busoni zujubelt, so sind es die
letzten, heißen Winke, die einem schon Entfernten gelten. Die Stillen im Lande
findet man in den Kammerkonzerten; bei Rose, der freilich schon eine größere
Gesellschaft anlockt, bei Klingler, wo man sich in Stunden innerer Sammlung trifft.
Im Hause selber wird das Trio, und Quartettspie! leider wenig gepflegt; andere
Städte, wie Frankfurt, Dresden, Mannheim, München, Köln und Hamburg haben
hier eine höhere Kultur. Die Hausmusik ist eigentlich mit dem Namen Beethoven
umschrieben und reicht bestenfalls bis zu Wagner; groß ist noch die familiäre
Macht, die Chopin und Grieg üben. Gesang im intimen Kreise ist aber sehl'
geschätzt und, wie das obligate Klavierspie1, sehr verbreitet.
Die Schulen kultivieren den drei, und vierstimmigen Gesang, schöpfen aber, da
heute nicht mehr für Chor komponiert wird, zumeist aus abgelebten Werken. Die
Konservatorien sind bis auf wenige Ausnahmen Abbilder und Stilbildner des haus-
backenen Musikempfindens ; der strenge Satz, durch den der Kompositionsschüler
geht, der vormärzliche Instrumentalunterricht und der meist gänzlich unzureichende
Gesangunterricht ist akademisch im schlechten Sinne und fördert weder die Starken,
noch die Schwachen. Die Hochschule für Musik war im letzten Dezennium ein
Reservoir solch geisttoter Unterrichtsmethode : Fran: Schreker hat uns glÜCklicher'
weise einen frischen Zug gebracht. Im allgemeinen sind die Talente auf sich und.
den individuellen Privatunterricht angewiesen, wenn sie zur Persönlichkeit durch...
reifen wollen. Stattlich ist noch immer die Zahl derer, die in den Chor' und
Kirchenkonzerten Erhebung suchen. Doch gehen von da keine zeugenden Kräfte
mehr aus; die Norm, auf der die alte Sakralmusik erwuchs, ist erstarrt und die...
jenigen, die an ihr festhalten, . sind nicht schöpferisch, nicht vital genug. Die Oper
ist, ihrer Entstehung gemäß, auf die Lustbarkeit, die Feudalität angewiesen; fehlen
die Stars, fehlen die großen Stimmen, so kann nur die Vergeistigung des Repertoirs
Ersatz schaffen. Wenn Max Schillings, Intendant der Staatsoper, sich dazu fest und
ohne Kompromisse entschließt, wird er sein Publikum schon heraufziehen und
befriedigen können. Die Bfugerkreise strömen zu Scharen ins Deutsche Opernhaus
(Charlottenburg), das unter der Leitung des bürgerlichen Herrn Hartmann steht,
der eine bürgerliche, aber recht schmackhafte Kost in annehmbarer Appretur
verabreicht. Das Konzertleben ist amerikanisch,industriehaft und wird durch
die Agenturen despotisch geregelt. Korruption bei der Presse, Reklametum,
wie wir es jenseits des großen Teiches haben, gibt es bei uns aber noch
nicht. Selbstverständlich hat freilich die Riesenstadt und der Geschäftsbetrieb
auf die Kunst abgefärbt. Ja, auch auf den Künstler abgefärbt. Nicht nur

339
der dem Tage lebende Opernsänger, auch Musiker von Standesbewußtsein jagen
dem Gelde ohne Unterlaß nach und werden von den Konzertagenten dazu 8Y8te . .
'matisch erzogen.
Die Frage, ob der Berliner Geschmack stark genug war, ein Genie zu zeugen,
4as, geistig hier verwurzelt, eine Weltsprache zu reden vermöchte, muß verneint
werden. Wir haben nicht einmal eine Lokalkunst, die stofflich verwurzelt ist.
Der Musiker ist unabhängiger und) abhängiger von den Ortsbedingungen, als der
Maler und der Dichter; unabhängiger, weil seine Kunst immateriell, eine selb. .
:ständige, nicht nachbildende Kraft ist; abhängiger, weil sie zwar nicht in dem
Zeichen (was beim Schriftsteller die Sprache ist), wohl aber in dem Bezeichneten,
dem Inhalt, differenziert ist und also doch der Scholle, der Landschaft verhaftet
bleibt. Wir sehen, wie bei Gustav Mahler die böhmische Straße lebendig wird,
.und wir brauchen nur einen vergleichenden Blick auf die deutsche und romanische
'Tonkunst zu werfen, um die Unterschiede in der ästhetischen Grundansicht, im
Gehalt und in der Faktur zu begreifen. Berlin scheint im Innern ohne Qualität zu
.sein, sonst müßte es sich einen vollwertigen Exponenten schaffen; aber die Lokal. .
posse, die ehemals florierte, liegt heute ganz darnieder und wird nicht einmal in
Angriff genommen, und so bleibt unsere sehr vage Physiognomie ohne künst...
..1erische Auswertung. Wie festbestimmt ist dagegen diejenige Wiens oder Paris'!
Unser Geschmack ist lediglich rezeptiv. Bach ist nicht sehr ins Volk gedrungen, trotz
der erschöpfenden Kirchenpflege. Unter Musikern ist seine Bedeutung freilich heute,
wo wir einen neuen Melodiestil suchen, ins Unmeßbare gewachsen; sowohl die
intellektuellen wie die Ur... Musiker halten zu ihm. Beethoven frühzeitig erkannt zu
haben, bleibt ein Verdienst und ein Ruhmesblatt in unserer Geistgeschichte. Seine
norddeutsche Prägung hatte es hier leicht, Geltung zu finden.
Mozart hat als Lebender bei uns nur wenig Wurzel fassen können und genießt
.auch heute mehr eine ästhetische Ästimation, als da~ er die Gemüter bewegte. Aber
·das liegt zu gutem Teil an ihm selbst (die Mozartheuchelei weiter Kreise kann
unschwer entlarvt werden). Es ist Tatsache, daß alle die Größeren oder Minderen,
die Jahre oder ihr Leben in Berlin verbracht haben, auch heute noch in unserem
Musikleben etwas bedeuten. So Mendelssohn, der eine Ara heraufführte, so Meyer-
beer, so Spontini. Von den Nachklassikern nimmt der hanseatische Brahms eine
Vorrangstellung ein, die derjenigen Beethovens kaum etwas nachgibt. Das ist
symptomatisch und wird auch andauern, wenn die eigentliche Hochflut vorbei ist.
Richard Wagner ist verhältnismäßig spät zu Uns gedrungen und aufgeführt worden;
dann kamen allerdings Jahrzehnte eines hemmungslosen Wagnerkultes. Persönlich-
keiten waren plötzlich da, die ganz auf ihn gestimmt waren, Sänger, wie Niemann
und Betz. In letzter Zeit macht sich nun ein Rückschlag bemerkbar, der von den
französischen Impressionisten vorbereitet und in deutschen Musiker ... und Literaten...
kreisen unterstützt wurde. So natürlich, zeitgegeben und notwendig diese Reaktion
'war - ein neues Sängergeschle41t schien aus dem Boden gestampft, das ganz auf
den bei canto gestellt war -, so ist sie dort eben eine Reaktion, das heißt selbst eine
temporäre Erscheinung. Von den modernen Meistern sind einzig Gustav Mahler,
über dessen Daseinswert ich schon sprach, und Richard Strauß, der den Vorzug
persönlichen Hierwirkens hatte, Kulturfaktoren .geworden. Strauß ist ja. ein Ex. .
ponent unseres Zeitalters, und wenn das Zeitalter übel ist, so ist doch sein Bildner
so grandios, daß er es überdauern wird.

340
Das amüsementlustige, klanggierige Opernpublikum steht zu Verdi und Pucdni:
in der Tat zwei Großmeister neuitalienischer Musik, deren internationale Macht
nicht wegzudiskutieren ist. Puccinis Bedeutung mag in den Entente1ändern noch
unvergleichlich größer sein, aber auch bei uns beherrscht er Oper und Konzert, die
Vergnügungsstätten wie das Haus, weil er auf weltmännisch. . sehnsüchtige Weise die
Empfindungen des geistigen Mittelstandes ausdrückt. Der reproduktive Künstlertyp,
der in Berlin seine Heimat hat, ist schwer bestimmbar und sehr vielseitig. Daß wir
eine Kolonistenstadt sind, ist in künstlerischer Beziehung doppelt wahr. Wer sich
unserer Mentalität verhaftet fühlt - und das ist eine kaum nachprüfbare, innerlich
auszumachende psychologische Angelegenheit -, kommt zu uns. So herrscht ein
reger Völkeraustausch, ein buntes Rassengemisch. Heimatsberechtigt ist in erster
Linie der sprödere, intelligenzstarkenorddeutsche Tonkünstler, geliebt und gesucht
wird aber auch sein Gegenteil: der warmherzige südliche Musiker. Es ist zwecklos,
die Namen aufzuführen, die Berlin seit seinem Werden das Gepräge gaben. Die
Autokratie, die in den Achtzigerjahren Hans v. Bü!ow ausübte, ist jetzt Artur
Nikisch zugefaUen, den freilich wieder Furtwängler abzulösen im Begriffe ist. Und
der steht unserem Geiste in der Tat näher als der Weltmann Nikisch. Auch der
als Nachschaffender fundamentale Strauß hat mit seinen Klassiker .. lnterpretationen
die Berliner lange Zeit in Atem gehalten; wo er nun freilich fort ist und nur gast..
weise einkehrt, vermißt ihn niemand ernstlich. Dem künstlerischen Range nach
den Vorgenannten in keiner Weise vergleichbar, aber eine spezifisch Berlinische
Erscheinung ist der ehrgeizige, bohrend inteIIigente Hermann Scherchen, der einen
neuartigen expressionistischen Dirigententyp darstellt und nirgends anders als bei
uns zu denken ist. Einen Vorrang unter den Instrumentalisten, wie ihn in früheren
Jahren Joseph Joachim einnahm, hat heute nur noch Busoni, der ein ganz spezi.-
fisches, aus der Boheme und der geistvollen Bourgeoisie seltsam gemischtes Publikum
hat. So groß er als reiner Musiker ist, so stark arbeitet doch der Kopf auch in dem
Pianisten, und so kann dieser nirgends günstigeren Boden als bei uns erhoffen. In
jüngster Zeit triumphiert hier der Geiger Kreisler, wie selten ein Konzertmensch.
Aber Kreisler ist in Berlin wie anderorts in gleicher Weise zu Hause und auf die
Dauer auch in Amerika denkbar; die Begeisterung, die er weckt, ist zudem ebenso
menschlichen wie artistischen Ursprungs. Opernsänger, die bei uns ein natür.-
liches Asylrecht hatten, finden wir von der Frederizianischen Elisabeth Schmehling
bis zur Kemp, die nach längerer Vakanz den Berliner Typus wieder neu belebt
hat. Selbst die Deslinn oder die phänomenale, jedoch plattbürgerliche Hempel waren
weniger ortsbestimmt, als diese prachtvolle, dunkel-leidenschaftliche Künstlerin, die
ebensowenig nach Wien, wie die helle, naturstarke Jeritza nach Berlin gehört. Die
wenigen physiognomiebildenden, kulturell bedeutsamen Konzertveranstaltungen
werden mit den Namen "Anbruch:: und Furtwängler bezeichnet. Furtwängler, dieser
ebenso kluge wie temperamentstarke Künstlermensch, zwingt sein Publikum mit
der Kraft seines umgestaltenden, erobernden Willens, die klassischen Werke neu
zu hören und zu erleben; der "Anbruch" erzieht seine Leute mit System und
Geschmeidigk~it zur Kunst von heute. Und wer nimmt sich heute außer ihm der
Lebenden an, wo der moderne Riesenapparat jede Wirtschaftlichkeit ausschließt:?
Aber da man sich wenigstens innerlich mit dem Gegenwärtigen beschäftigt, kann
es nicht ausbleiben, daß sich die schaffende Jugend nach Berlin hingezogen fühlt
und hier Förderung erhofft. Und wenn wir zwar keine eigengewachsene Volksmusik

341
haben (die wir aus Wien, Budapest, Paris, New. .York beziehen), so sind wir doch
vielleicht auf dem Wege zu einer ernsten -Kunstmusik, die zwar von hier nicht
ausgeht, aber hier mündet. Aus dem Rassengemisch der Nord...- und Süddeutschen,
der Österreicher und Rheinländer, der Tschechen, Magyaren, Polen und Russen, der
Niederländer, Nordländer und Amerikaner werden bestimmt bedeutende Kräfte
hervorgehen; nur ist es verfrüht, heute, wo diese jungen, starkgeistigen, musikalisch
oft hochbegabten Talente nur erst ein individuelles, noch kein künstlerisches Gesicht
zeigen und sich noch nicht genügend unserem Charakter angeglichen haben, von
ihnen zu sprechen oder gar prophetisch von der Zukunft der Kunststadt und der
Einzelnen zu reden. Schauen wir in die Vergangenheit zurück, so treten uns nur
wenige berlingeborene Tonmeister, wie MendeIssohn, Meyerbeer, Lortzing entgegen;
jetzt aber, wo wir eine Riesenstadt geworden sind, in die ungeheure Kräfte geleitet
werden, kann es an der künstlerischen Ausweitung nicht fehlen. Noch ist keine
Kultur, keine Tradition vorhanden - dazu sind wir zu jung - aber wir werden
sie uns schaffen, sobald die unklare Physiognomie sich festigt. Was auch der moderne
Mammutismus an Entartung und innerer Leere bringen mag: er ist doch eine Not. .
wendigkeit und die Folgeerscheinung der sozial. . staatlichen Verhältnisse, wie sie die
allgemeine Weltentwicklung mit sich bringt.
o 0

DIE MUSIKABTEILUNG DER PREUSSISCHEN


STAATSBIBLIOTHEK IN BERLIN
Von Prof. Dr. Wilh. Altmann
Erst im Jahre 1924 wird gerade ein Jahrhundert verflossen sein, seitdem die
jetzige Preußische Staatsbibliothek, die Gründung des Großen Kurfürsten vom Jahre
1661, eine besondere Musikaliensammlung hat. Trotzdem darf sie den Ruhm für
sich in Anspruch nehmen, in Bezug auf eigenhändige Handschriften der bedeutendsten
Tonsetzer und auch auf alte Drucke die älteren ähnlichen Sammlungen in Paris,
London, Wien, München und Brüsse1 ziemlich überflügelt zu haben. Zu verdanken
ist dies zum großen Teil einer Reihe glücklicher Zufälle und auch der Freigebigkeit
oder dem Entgegenkommen von Privatpersonen.
Hier kann selbstverständlich auf die Geschichte der Sammlung nicht ausführlich
eingegangen werden. Wer sich dafür interessiert, 'der findet Näheres im 3. Jahrgange
der "Zeitschrift für Musikwissenschaft" (1921), 426 ff. Erwähnt muß aber auch hier
manches für die Entwicklung der Musikabteilung Wichtige werden, vor allem, daß
ihr Grundstock in der sehr reichhaltigen musikalisch-liturgischen Bibliothek des
Hallenser Musikdirektors Johann Friedrich Naue (1787-1858) bestanden hat,
von der eine Auswahl am 15. Jänner 1824 zunächst übernommen wurde. Diese
Musikaliensammlung der damals königlichen Bibliothek wurde aber zunächst nur
nebenbei verwaltet.
Sie erhielt einen sehr wesentlichen Zufluß durch die 1841 nach langen Unter-
handlungen endlich erworbene kostbare Bibliothek des Sammlers Georg P öle hau
(1772-1836), der bereits 1823 in einer Denkschrift für die Schaffung einer
großen Musikbibliothek eingetreten war und während seiner letzten Lebensjahre
die Bibliothek der Berliner Singakademie verwaltet hatte. In dieser Pölchauschen

342
Sammlung befanden sich der Nachlaß Karl Philipp Emanuel Bachs mit vielen
Autographen seines großen Vaters, Bestände aus der Bibliothek der alten Hamburger
Oper und des Göttinger Professors F 0 r k e 1, des 1818 verstorbenen bedeutendsten
Musikschriftstellers. An gedruckten praktischen Werken des XVI. und XVII. Jahr-
hunderts hatte Polehau mehr als 300 Nummern besessen, ferner zahlreiche Hand...
schriften, zum Beispiel von Hasse. Grauq, Haydn und Mozart, über 120 gestochene
Opern partituren, auch das einzige erhaltene Probedruckexemplar des ersten Bandes
von Forkels "Denkmalen der musikalischen Kunst", dessen Kupferplatten in Flinten...
kugeln verwandelt wor'den sein sollen. Zum besonderen Verwalter dieser musikali...
schen Schätze wurde am 1. April 1842 der 1799 geborene, von Meyerbeer warm
empfohlene Musikgelehrte Siegfried Wilhelm Dehn ernannt und ihm besonders
aufgetragen, die in alter Notierung geschriebenen Musikstücke in die übliche Ton...
. schrift zu übertragen.
Die Grundlage zu den allmählich besonders reichhaltig der Musikabteilung zu-
geführten Originalhandschriften Be e th 0 v e n s wurde 1813 durch den Ankauf des
größten Teiles der in Besitz Anton Schindlers, des langiährigen Freundes und
Biographen des Meisters, befindlichen Kostbarkeiten gelegt.
1847 gelangte der musikalische Nachlaß des besonders als Novellisten so berühmt
gewordenen, 1822 verstorbenen Kammergerichtsrats E. T. A. Hoffmann in die
Bibliothek; darunter befand sich auch die Partitur seiner Oper "Undine l4 , zu der
erst Hans Pfitzner den Klavierauszug gearbeitet und im Jahre 1906 veröffentlicht hat.
Sehr wichtig war die Erwerbung des musikalischen Nachlasses Otto Ni cola i s
im Jahre 1850; er war besonders reich an altitalienischer Kirchenmusik. Noch weit
wertvoller und umfangreicher war die Schenkung des Konsistorialpräsidenten Grafen
von V oß ... Buch im Jahre 1851. Sie enthielt namentlich Kirchenmusik aus der Zeit
von 1680 bis 1750, darunter damals noch ungedruckte Werke B achs und viele
Abschriften Johann Gottfried Walthers. Die herrlichsten Bach-Handschriften wurden
1854 sehr billig von der damals in Not befindlichen Singakademie angekauft. Das
folgende Jahr brachte wieder einen reichen Gewinn für die kirchenmusikalischen
Bestände durch die Schenkung von 103 Sammelbänden Kar! von Winterfeldts.
in denen dieser sich Partituren alter Kirchenmusik zusammengestellt hatte.
Ein besonders glückliches Jahr für die Musiksammlung war 1859. Der Berliner
Musilcalienhändler Julius Fri edländer gab ihr recht billig alles das ab, was sie
aus der von ihm erworbenen, namentlich an Instrumentalwerken reichhaltigen
Bibliothek des Wiener Musikprofessors Josef Fischhoff wünschte. Noch wichtiger
war die Erwerbung der von dem in Rom verstorbenen Professor Dr. Ludwig
La n d s b erg gesammelten, hauptsächlich dem XVI. und XVII. Jahrhundert
angehörigen musikalischen Schätze; darunter waren Petrucci .. Drucke, Werke
Palestrinas, die Autographe von 37 Liedern und eine Messe Franz Schuberts, der
bis dahin mit seiner Handschrift in der Musikabteilung noch nicht vertreten
gewesen war.
Zahlreiche Opernpartituren wurden 1860 aus den Beständen des königlichen
Opernhauses überwiesen, das spä.ter 1878 diese Gabe noch wesentlich vermehrte.
1861 wurde für 150 Taler die Originalhandschrift von Bachs H-moU-Messe
angekauft, also für einen Preis, der schon damals lä.cherlich gering war. In demselben
Jahre erwarb Franz Espagne, der nach Dehns am 12. April 1858 erfolgtem Tode
an dessen Stelle getreten war, die reichhaltige Handschriften..., Brief... und Porträt..

343
lOammlung des Buchhändlers Me n d h e im; darin befanden sich unter anderem die
einzig erhaltene zeitgenössische Abschrift des Balletts "Don Juan" von Gluck und
mehrere damals noch ungedruckte Kantaten von Bach.
Die herrlichsten M oz ar t. . Handschriften, im ganzen 131 Stück mit 531 Kom . .
positionen, wurden 1873 von den Brüdern August und Gustav Andre in Offenbach
durch den Berliner Fabrikanten Landsberger, der auch schon vorher Mozartsche
Handschriften gespendet hatte, angekauft und der Bibliothek geschenkt.
Espagne, der überhaupt unermüdlich und auch mit großem Glück auf den Erwerb
von Handschriften bedacht war, konnte 1877 den sehr reichhaltigen, namentlich
viele ungedruckt gebliebene Jugendkompositionen enth.ltenen Nachlaß von Felix
Men dei ss 0 h n ... B ar thai d y übernehmen und auch den Erwerb des sehr reichhaltigen
Cherubinischen Nachlasses vorbereiten. Den Ankauf ermöglichte der Kaufmann
Dellschau.
Espagnes (t 1877) Nachfolger Kopfermann konnte sich über den Erwerb der
Sammlung Grasznick und der Karl Maria Y. Weber. . Sammlung, die Friedrich
W ilhelm Jähns zusammengebracht hatte, wieder ein Geschenk Jakob L an ds b er ger s
(1881). zunächst freuen. Noch weit wichtiger wa.r die Erwerbung der namentlich
an Beethovenschen Handschriften reichen Sammlung des früheren Musikverlegers
Artaria (1901) und der Bach,Sammlung Franz Hausers (1904).
Als Ergänzung zu der Musiksammlung, die für die Anschaffung neuerer
Musikalien nur geringe Mittel zur Verfügung gehabt hatte, wurde im Jahre 1906
die Deutsche Musiksammlung bei der königlichen Bibliothek be,
gründet. In sie gelangten als Schenkung alle Verlagswerke, die weitaus der größte
Teil der deutschen Musikverleger noch auf Lager hatte, so weit sie noch nicht in
der alten Musiksammlung vorhanden waren. Dem Vorgehen der deutschen ~'1usik. .
verleger schlossen :.Iich auch viele ausländische an, die dann regelmäßig ihre
Neuerscheinungen spendeten. Freilich ließ sich das erstrebte Ziel, ein Archiv des
gesamten Musikverlages zu schaffen, nicht erreichen, da einzelne Verleger sich
weigerten, ihre Verlagswerke kostenlos zur Verfügung zu stellen. Manche haben
freilich ihren anfänglichen Widerstand aufgegeben. Durch die Gründung der
Deutschen Musiksammlung ist die königliche Bibliothek in die glückliche Lage
gekommen, den Wettbewerb mit der Kongreßbibliothek in Washington aufnehmen
zU können, die durch das sogenannte Copyright fast alle musikalischen Neu. .
erscheinungen aus der gesamten WeIt erhält.
1907 wurde der so umfangreiche handschriftliche Nachlaß des Berliner Hofkapel!,
meisters Wilhe1m Taubert und herrliche Autographen aus dem Josef Joachims
erworben, 1908 die kostbare Autographens.mmlung Ernst von Mendel.sohn,
Bartholdys geschenkt.
Das Jahr 1912 brachte durch die Verschmelzung der alten Musiksammlung mit
der Deutschen Musiksammlung die langangestrebte Schaffung einer besonderen
Musikabteilung an der königlichen Bibliothek mit ausreichendem Personal,Etat.
1914 wurde die sogenannte Am.lien,Bibliothek, die musikalische Bibliothek
,der Prinzessin Amalia von Preußen, der Schwester Friedrich des Großen, welche die
·wertvollsten Werke ihrer Zeitgenossen in Abschriften gesammelt und dem Joachims...
thalschen Gymnasium (jetzt in Templin U ....M.) vermacht hatte, von diesem leihweise.
-üb er lassen .

.344
Eine besondere wichtige Ergänzung wurde die gesamte musikalische Bibliothek
Mcyerbeers, die 1915 von den Erben seines Enkels, Professor Raoul Richter auf
;zunächst 99 Jahre überwi,~sen wurde.
Kurz vorher hatte der Verfasser dieses Artikels, der die Deutsche Musiksammlung
<:ingerichtet und nach Kopfermanns Tode (29. Mai 1914) die Direktorstelle der
Musikabteilung erha1:en hatte, mit Glück den Versuch unternommen. von allen
bedeutenden lebenden Tonsetzern ein Werk in ihrer Handschrift zu erhalten.
Näheres darüber ist in den Jahresberichten der Bibliothek nachzulesen, sowie auch
in der 1921 dem scheidenden Generaldirektor v. Harnack überreichten Festschrift
wFünfzehn Jahre Königliche und Staatsbibliothek", worin überhaupt die Entwicklung
der Musikabtei/ung in den letzten Jahren geschildert ist. 1920 vertraute Dr. Werner
Wo I f f h ei m seine umfangreiche, wertvolle Musikbibliothek als widerrufliche
Leihgabe der Musikabteilung an.
Seit dem März 1914 ist diese endgültig in:: dem äußerlich höchst stattlichen
Neubau der Bibliothek untergebracht.
Der Ausbruch des Weltkrieges hat auch in die Weiterentwicklung der Musik,
.abteilung, insbesondere in die Fortführung der Deutschen Musiksammlung, natürlich
sehr störend eingegriffen. Nicht bloß, daß die Geschenke aus dem feindlichen
Ausland fortfielen, war es auch sehr bald nicht mehr möglich, die Musikzeitschriften
aus Paris und London (die zum Teil allerdings ihr Erscheinen hatten einstellen
müssen) zu erhalten, so daß wir uns über das Musikleben der feindlichen Nationen
während des Krieges so gut wie garnicht unterrichten konnten. Ob es gelingen
wird, die durch den Krieg entstandenen Lücken aufzufüllen, erscheint um so fragliche!',
.als wir bei dem Stande unserer Valuta gar nicht imstande sind, nennenswerte Käufe
im Auslande zu machen.
Treu als Geschenkspender sind uns auch während des Weltkrieges die skan..
dinavischen und holländischen Musikverleger geblieben. Ja die größte italienische
Verlagsfirma hat sogar während des Krieges uns manche wertvolle Zuwendung
gemacht, wie denn überhaupt die Italiener gleich nach Friedensschluß die Beziehungen
.zur Deutschen Musiksammlung wieder aufgenommen haben. Besonders schmerzlich
ist es, daß die darin besonders reichhaltig vertretenen Werke russischer Tonsetzer
seit Kriegsausbruch keinen weiteren Zuwachs erhalten haben. Da unter der Sowjet...
regierung die oleisten Lager der russischen Musikverleger und auch die Stichplatten
vieler Werke vernichtet worden sind, so bietet jetzt das in der Deutschen Musik..
abteilung befindliche Exemplar manchen Verlegern die einzige Möglichkeit, einen
Neudruck der begehrtesten Werke in Leipzig zu veranstalten. Man sieht, wie wichtig
unter Umständen ein Geschenk auch für den Spender werden kann.
Beibehalten ist nach der Verschmelzung der beiden Sammlungen 'in gewissem
Sinne doch die räumliche Trennung. Die Aufstellung der seit 1701 erschienenen
Musikalien ist nach zwei Formaten erfolgt und zwar rein mechanisch nach fort . .
laufenden Nummern. Dieses in Frankreich und Italien hauptsächlich gebräuchliche
Aufstellungsprinzip hat bekanntlich den Vorteil der größten Raumausnützung,
bedingt aber immer Kenntnis der Signatur, die nur durch Nachschlagen im Katalog
gewonnen werden kann, und trennt Zusammengehöriges; so können zum Beispiel
zwanzig Ausgaben ein... und desselben Werkes an zwanzig verschiedenen Stellen
stehen und haben dann zwanzig verschiedene Signaturen, was das Heraussuchen
.außerordentlich erschwe!'t. Bei Neueinrichtungen von Bibliotheken ist aber diese

345
reIn mechanische Aufstellung, die die Führung eIDes Standortskatalogs .bedingt, die
vorteilhafteste j ihre Hauptmängel zu verbessern, ist immerhin wenigstens In
mancher Hmsicht möglich, doch ist hier nicht der Ort, darauf einzugehen.
Ein Standortsverzeichnis für die Autographen fehlt noch, ebenso ist ihre laufende:
Numerierung noch nicht durchgeführt, doch sind wenigstens die autographischen
Werke der besonders reichhaltig vertretenen Tonsetzer mit Nummern versehen.
Ganz neugeschaffen wurde kürzlich ein brauchbarer, das ist übersichtlicher und für
die Nachträge reichlich Platz bietender Standortskatalog für die Handschriften, die nach
dem Alphabet mit springenden Nummern aufgestellt sind, und zwar ohne nach den
Formaten getrennt zu sein, was der Raumersparnis wegen bisher nicht unbedingt
nötig gewesen ist. Da jede Hands,hrift ihre Standortssignatur deutlich trägt, ist das
Heraussuchen eine sehr einfache, selbst ven einem Laufmädchen zu erfüllende
Aufgabe.
Seit Jahren ist in der Ge1ehrtenwe1t der Wunsch ausgesprochen worden, daß ein
Katalog der musikalischen Autographen und Handschriften gedruckt werden
solle, damit die Allgemeinheit endlich Auskunft über die großen, bei uns lagernden
Schätze erhielte. Soweit es sich um Werke der bis zum Jahre 1780 geborenen
Tonkünstler handelt. gibt darüber Robert Eitners Biographisch.. bibliographisches
Quellenlexikon der Musik und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung
wenigstens eine kurze Auskunft. Der erste Band dieses mit einem bewundernswerten
Fleiße hergestellten Werkes ist aber bereits 1900, der abschließende zehnte 1904
erschienen. Seitdem sind aber sehr viele Neuerwerbungen hinzugekommen; auch
beanspruchen die Autographen der nach 1780 geborenen Tonkünstler ein immer
steigendes Interesse. Einen Autographen ... und Handschriftenkatalog zu drucken, der
vor der Wissenschaft ganz in Ehren bestehen 'kann. wird' immer seine Schwierig..
keiten haben. Vor allem wird die dazu nötige Ausführlichkeit ihn für lange Jahre wegen
der allzu großen Kosten die Drucklegung ganz unmöglich machen. Wohl aber halte
ich die Veröffentlichung eines Inventars für möglich und auch für völlig ausreichend.
Bei Werken, die schon gedruckt vorliegen, besonders gilt dies von den großen
kritischen Gesamtausgaben der Werke der Klassiker, ist es meines Erachtens durchaus
unnötig, daß die Autographen oder Handschriften ausführlich beschrieben werden;
es genügt der Hinweis auf den Druck. Wer sich dafür interessiert, wie sich dieser
ZUr Handschrift oder dem Autograph verhält, der kann ja dann selbst die Vergleichung
vornehmen. Gar nicht genug betont werden muß auch immer, daß das Autograph
des Komponisten für die kritische Textgestaltung nicht unbedingt maßgebend ist,
daß ein v'On ihm überwachter Erstdruck in der Regel den Vorzug vor der eigen ..
händigen Niederschrift verdient. Diese ist oft noch im letzten Moment abgeändert
worden, so daß der letzte Korrekturabzug unter Umständen wichtiger ist als die
ursprüngliche Handschrift.
Die alten in Drucken vorliegenden Theoretiker sind neu katalogisiert worden:
dagegen konnte und mußte von einer Neukatalogisierung der alten Drucke von
praktischer Musik bis zum Jahre 1700 Abstand genommen worden.
Bisher liegen von der alten Abteilung freilich nur alphabetische, nicht auch
systematische Kataloge handschriftlich vor. Beides aber ist der F all bei den seit
1701 im Druck erschienenen musikalischen Büchern und praktischen Musikwerken.
In der neuen Abteilung ist auch ein Schlagwortkatalog und ein stark benutzter
Katalog der in der Musik gesetzten Dichtungen vorhanden. Letzterer gibt sofort

346
Auskunft darüber, was zum Beispiel an Vertonungen Hermann Everscher Gedichte
in der Musikabteilung einzusehen ist.
Ein großer, leider vielfach verbreiteter Irrtum ist es, daß diese auch Aufführungs. .
material zu Opern, Chor ... und Orchesterwerken aus der neueren Zeit zU verleihen
hat. Sie besitzt freilich das Aufführungsmaterial zu manchen längst aus der Mode
gekommenen Opern und stellt dies auf Wunsch auch zur Verfügung.
In Bezug auf Benutzung der Musikabteilung wird sehr liberal verfahren; auch
die umfangreichste und wertvollste Musikaliensammlung würde ja ihren Zweck
verfehlen, wenn sie der Benutzung verschlossen wäre. Auch wird an dem Grundsatze
festgehalten, daß die Bibliotheksbeamten Berater der Benützer sein müssen. Diese
finden in dem recht geräumigen, sehr gut beleuchteten L e ses aal c, der von 9 Uhr
vormittags bis 6 Uhr abends geöffnet ist, eine sehr reichhaltige Handbibliotkelr
aufgestellt. die das Hauptbedürfnis vollauf befriedigt und stets auch die wichtig,ten
in den Opernhäusern und den Konzertsälen zur Aufführung gelangenden Werke
enthält. Auch liegen in diesem Lesesaale die letzten Nummern der laufenden
Zeitschriften auf. Jeder Besucher des Lesesaals hat ohne weiteres das Recht, die
Bände der Handbibliothek lfnd die Zeitschriften sich selbst aus den Repositorien
herauszunehmen. Für andere Werke, die erst aus den Magazinen herausgeholt
werden müssen, hat er einen Bestellschein abzugeben, der in dringenden Fällen
binnen wenigen Minuten seine Erledigung findet. Werke, die zu häuslicher Benutzung
verlangt werden, müssen in der allgemeinen Leihstelle der Staatsbibliothek in
Empfang genommen und auch dort zurückgegeben werden. Die Abholung und
Rückgabe braucht aber nicht persönlich von dem Benützer vorgenommen zu werden;
er kann auch einen Boten damit beauftragen, dem er freilich seine Leihkarte rnit~
geben muß. Diese ist aber nur bei persönlichem Besuch gegen Entgelt zu erhalten;
auch sind vorgeschriebene Empfangscheine zu benützen. Daß Unterhaltungs. .
musik von der Entleihung nach Hause ausgeschlossen ist, versteht sich von selbst.
Im Lesesaale kann aber auch sü benutzt werden.
Auch an auswärtige Benützer werden Musikalien verliehen, in der Regel jedoch
nur du,ch Vermittlung der Bibliothek des Wohnorts des betreffenden Entleihers.
Auf p...iese Weise ist es zum Beispiel einem Kapellmeister in einer kleinen Stadt
möglich, sich Partituren neuerschienener Symphonien zu verschaffen. Wer freilich
Ausgrabungen machen oder sich über ein bestimmtes Gebiet vollständig unterrichten
will, der muß sich die handschriftlichen Bibliothekskataloge an Ort und Stelle zum
Einblick erbitten,
Im allgemeinen geht noch so mancher Fachmusiker an der MusikabteiIung
vorüber, ohne zu wissen, welcher Nutzen auch für ihn dort zu gewinnen ist. Immer
wieder muß betont werden, daß dort außer den kostbaren Autographen der Klassiker
und vieler hochberühmter anderer Tonsetzer der Vergangenheit und Gf'genwart mit
verhältnisrnlßig geringen Ausnahmen alle in Deutschland und einem großen Teile
des Auslands gedruckten Musikalien zu erhalten sind. Praktisch in Töne umgesetzt
werden können diese Musikalien freilich nicht. da ein Klavier nicht zur Verfügung
steht. Ein solches Instrument würde freilich auch nicht ausreichen, da oft gleichzeitig
mehr als 30 Personen die Musikabteilung benützen.
o 0

347
DIE HOCHSCHULE FÜR MUS I K
Von Kurt Singer
Es ist noch nicht lange her, da rubrizierten die Vorlesungsverzeichnisse der·
Hochschulen den außer .. etatmäßig co Dozenten der Musikwissenschaft hinter den
Turn... und Fechtlehrer, hinter den Lektor der chinesischen Sprache. Die Hohe Schule
der Weisheit und GeIahrtheit, die sich berufen fühlte, aus dem Geist der Früh...
Jahrhunderte den letzten philologischen Rest herauszuquetschen hatte für den Trieb
und für den fundamentalen Drang nach künstlerischer Tat nichts übrig. Musik...
wissenschaft: das war ein Fach für Liebhaber, im ehrbarsten Fall aber eine Ab...
zweigung des philologischen Quellen- und Vergleichstudiums. Jetzt gibt es zwar
Ordinariate für Musikgeschichte, und es lehren hie und da Professoren an den
Universitäten, die Musik in den großen Strom der Kulturgeschichte einfließen lassen,
die von der turmhohen Fülle aller geschriebenen und beschriebenen Partituren fort
den Geist der Jugend hinleiten zur praktischen. erlebten, in Kunstbetätigung t .
nicht in fruchtloser Kritik und Exegese lebenden Musik. Aber das Professorale ist
gegenüber dem Lebensnotwendjgen, das Akademische gegenüber dem Inspiratorischen
trotz Seminaren und Kolloquien noch lange nicht genug entwertet. Musik kann
nur in den elementaren und sicher auch bedeutungsvollen Grundlagen der Geschichte,
Biographie, durch das Herabsteigen zu den Müttern und Quellen, gelehrt werden. Aber
Musik ist .k;:ein Fach der Universitäten, wie Geschichte und Jurisprudenz. Und der
junge Doktorand, der die griechischen Neumen, die ars antiqua, das Organum, die
Minnesänger und die niederländische Kontrapunktik durchaus studiert hat, ist noch.
bei aller Gelehrtheit weit entfernt von der Berufung zum Lehrer und Förderer der-
schönsten, der beseeltesten aller Künste.
Der Übergang bereitet sich vor. Männer, wie Kretzschmar, Sandberger, Guido-
Adler, Abert und einige ihrer Schüler, weisen den Weg, der aus der klanglos-
unlebendigen Philologie zum Erlebnis des Kunstwerkes führt, der von der Erd...
haftigkeit alles geschichtlichen Wissens und theoretischen Könnens die Brücke
schlägt zum praktischen Arbeiten, zum ästhetischen Genießen, zum inneren Hören
und Erleben. In den Hilfswissenschaften ist es nicht anders. Auch hier steigt die
Anforderung, das Einverleiben großen Wissens, ästhetischen, psychologischen, litera . .
rischen Einfühlens in den großen Kreis der gesamten, lebendigen Musikdisziplin~
Solange die Universitäten dieses Ziel allein nicht erreichen, solange müssen die
praktischen Ausbildungsinstitute nachhelfen. Wenn der wissenschaftliche Lehrer der
Praxis und dem Zeitgeist noch oft fernsteht, so scheinen die Musikschulen den
größeren und niemals ausgleichbaren Fehler zu machen, das Handwerk zum A und O-
der Musik zu stempeln und dem Grundwert des wissenschaftlichen Erkennens und:
Deutens verständnislos gege~überzustehen. So ~erden Spezialisten und Schein"'-
musikanten erzogen, Halbheiten, Zwitter von autodidaktischen Schöngeistern und
eng begrenzten Fachmenschen. Ausgleich tut not, und jetzt mehr denn je, wo der
Musikhunger der Spiel.. und Tanzwut sich zu nähern scheint, wo jedes gut situierte
Haus ein großes Talent in seinen Mauern birgt. wo das Kunsterlebnis wahrhaft-
bei den Modeerscheinungen des Tanzes beginnt und hier, nur hier seine Wurzeln
schlagen will.
Eine staatliche Hochschule für Musik müßte sich von der Neigung zur
Erziehung Ton Philologen ebenso fern halten, wie von der_Züchtung ungelehrter.

348
Virtuosen ohne großen Horizont. Die Praxis, die Umsetzung von Schrift in Klang,
das Erwecken und Erleuchten der Produktiven, Schaffenden im Nachwuchs ist Ziel,
Aufgabe, Berufung eines solchen Staatsinstitutes. Die Siebung der zahllos Heran ...
drängenden vom Gesichtspunkt der Nicht .. Spezialisten aus würde es erlei.htern,
daß uns eine wirkliche Musiker,Generation erblühe und in einem wirtschaftlich gut
fund1erten Staatsgebilde müßte es sogar möglich werden, daß in der Hochschule bei
der Aufnahme nur die Frage der Hochbegabung entscheidet, daß die Entwicklung
und Ausbildung aber ohne jedes materielle Opfer der Schüler vor sich gehe. Bis
dahin ist noch allerhand zu tun und abzuwarten. Zu einer Heimstätte für Durch,
schnittstalente, Modeschwärmer, Kunst.. Snobisten aber dürfte sich ein staatlich...
akademisches Institut in keinem Fall hergeben. Dazu sind die Konservatorien da.
Die sorgen schon dafür, daß Lehrer und Schüler zu tun haben, und daß die Haus--
musik nicht erhungert. .
Sehnsucht und Utopie zugleich: Verschmelzung des Universitäts, und des
Hochschul,Gedankens für die Ausbildung von Musikern. Zwischen Verzweifeln
und Hoffnung ist das neue Institut historisch eingestellt. Was war die alte
Berliner Hochschule, was verspricht die neue? Welcher Wille und welcher
Geist regiert, welche Methoden wollen durchdringen, weIche Ziele weisen Wege,
welcher Aufbau,Versuch ist geplant, im Grundplan entworfen, in Rat und Absicht
gefestigt?
Für 1 1 '2 Jahre neue Hochschule ist umwälzend und renovierend genug getan.
Joachims Geist und Können, seine Weisheit und sein ge:igerisches Meistertum in
Ehren: sein Institut war ein Konservatorium höherer Ordnung. Sein Bekenrltnis
zur klassischen, seine Absage an die neudeutsche und gar moderne Musik waten
wahrhaftig, ehrlich und beengt. Von Bach zu Beethoven, von Beethoven zur Romantikj
in der Mitte des XIX. Jahrhunderts hörte die Musik auf. Brahms war wohl schon
zu modern, und Wagner ein Jugendverdcrber. Hat man in den Lehrstunden und
Konzerten der alten Hochschule einmal etwas von Mahlet gehört, von Pfitzner,
Hugo Wolf, vom Impressionismus, oder, um nun ganz zu den Sternen zu greIfen,
von Anton Bruckner? Das war's: Abblendung des neuen Lichts, Einpanzerung in
die Tradition. An der wurde Wundervolles gelernt und gelehrt, an ihr starb abCl'
gleichzeitig der Blick ins Weite, die Umschau im Wunderland, die Vollständigkeit,
die Offenbarung, die Heiligkeit der umfassenden, millionenhaft geäderten We1t ...
musik. Dem Fuhrer standen die Lehrkräfte, sicher aus eigenem Temperament und
eigener Überzeugung heraus, nicht nach. Ein Institut des Rückschritts, in dem sich
die Vorwärtskräfte, lehrend oder lernend, nicht ohne Umbiegung ihrer Natur halten
konnten, ein Institut der nachgehaltenen, klassisch,starren Überlieferung. und daneben
eine Meister... und Musterklasse für Geiger aller Nationen. Konservativ bis in die
Knochen, also ein wahrhaftes Konserva.torium, in dem die Grundlage der Musik...
durchbildung (nämlich Kenntnis und Stilgefühl in der Klassik) Selbstzweck wurde.
Das Sprungbrett war klein und brüchig. Der Himmel mag wissen, wie viel Jugend
sich beim Versuch des Absprungs da das Genick gebrochen hat. Aus diesem reaktio,
nären Institut wegen Talentlosigkeit herausgetadelt zu werden, konnte schon einmal
das Zeichen für besondere Fähigkeiten sein, selbst wenn das revolutionä.re Feuer
des Entlassenen nicht über Streichholz .. Dürftigkeit hinausging. Kretzschmar wußte
sicher, daß eine bescheidene Umorganisierung nichts nutzen wurde, eine große nicht
erreichbar wäre. Der Gegner War zu statk und man ahnt selbst in Westeuropa

349
nicht, wie viel Haltekraft ein alter Zopf haben kann, wenn er organisch geflochten
ist und den heiligen Zauber der Altertümljchkeit bewahrt.
Die Revolution schlug den Zopf ab und stellte ein Institut, das bestenfalls in der
Erziehung zur Handfertigkeit Ausmaß und Ziel seines Wirkens sah, auf den - Kopf.
Ein neuer Geist, der Geist der Zeit und Zukunft geht um und lichtert in das ganze
System hinein; über dem Plan schwebt, verankert in den Namen der Lehrer und
des Direktoriums Schreker ... Schünemann etwas, von dem großen Sinn eines
zusammenraffenden, Alt und Neu lebendig und gegenwärtig umschließenden Willens
zum Gesamtkunstwerk. Handwerk ist gut und Spezialistentum ist gut und Tradition
und klassische Teilrichtung ist notwendig. Alles aber sind nur Teile. Die mmd ...
kantische, nicht nur musikalisch... technische Universalbildung tut not. Das Einzel...
fach ist immer nur ein Steinehen am Bau; der Blick auf das Instrument und auf
ein beschränktes Wissen läßt nicht immer das Auge frei für die Leibhaftigkeit,
das Wachsende, Blühende, Sprießende, Vergängliche oder Ewige des Musikerlebens
um uns herum, der künstlerischen Produktion, für die Einstellung auf Geschehen
und Erzeugen, nicht allein auf Geschehenes und Überzeugtes. Das Wissen um die
Dinge ist gewiß schön und nützlich; aber die Erziehung zum Gewissen oder gar
das Tasten nach den Umwirklichkeiten, die hinter den Dingen und Klängen dämmern,
das Erfühlen übersinnlicher Schönheiten. da.s zitternde Erlebnis der Musik... und
Klangbildvisionen - all das in seinen Tendenzen, Möglichkeiten, Zukunfts ...
warten der Jugend zu erschließen, zu deuten, zu predigen, ist Sinn einer Künstler . .
schule. Wer mit Aug' und Ohr Musik empfindet und nicht die Heiligkeit und
letzte Schönheit des inneren, seelischen Hörens erlebt, bleibt Fachmensch und wird
nicht Musikant.
Problematik, die vielleicht eher am Material, als am Wissen und Wollen der
Lehrenden scheitert. Schrekers Dichterwerk a,hnt menschliche und seelische Zu ...
sammenhänge höherer Art. Es wäre schön, wenn hier Fruchte reif würden an aus...
erlesenen Edelbäumen. Ein neuer Menschenschlag würde dann im Musiker erstehen.
Meister und Jünger - eine Veredelung und Höherzüchtung aner Schulbegriffe.
Solchen Feiertag der Zukunft und der Auserwählung gegenüber fordert der
Alltag sein Recht. Und das heißt immer wieder: lernen, lehren. Und wenn der
Blick über die enge Begrenzung des Schulzimmers reicht, so fügt sich Lehrart und
Lehrstoff lebendig ein in den großen Stoffkteis des Geschaffenen, des im Meister. .
werk der Musikschöpfer ewig Fortklingenden und Fortwirkenden. Bei der Neu ..
auswahl der Lehrkräfte hat wohl Kestenbergs Organisationstalent ebenso bestimmend
eingewirkt' wie Schünemanns weite Kenntnis der deutschen und außerdeutschen
Schulen, des Musikbetriebes und all seiner Schattenseiten. Schrekers Ruf und
Schaffensart wären allein noch kein Programm, oder doch nur im Hinblick auf
eine bestimmte Stilrichtung, die, gepriesen und bekrittelt, der Jugend eines von
vielen Kunstidealen zu erfüllen berufen wäre. Doch zeigt er als Kopf eines Hoch. .
schulinstituts markante Willenszüge, in der Gesamtausbildung von Begabungen
individualisierende Lehrkraft, als Erfüller und Gestalter spezifischer musikdrama...
tischer Forderungen so viel Leuchten, Anziehung und Suggestion, daß um diesen
Kern herum sich ein ganzes Reich von Kräften, Strebungen, Zielsicherungen aus...
bilden kann. Schon stei~t die Schüler ... und Hospitantenzahl erheblich, schon wird
die Neufrage überstark. Siebung des Schülermaterials heißt Auswahl der Tüchtigsten
und damit Steigerung des SeIbstbewußtseins, Herausarbeiten einer Sonderstel1uug

350
der akademischen Hochschule, die wieder einen internationalen Ruf gewinnen dürfte.
Der brachliegende Chorgesang erhält durch die Energie und Meisterschaft des Chor-
führers Ochs stärkste Impulse, eine Stilbildungsschule für Oratorien .. und Messen..
gesang wie zur Förderung von Dirigiertalenten bahnt sich an. Die öffenfichen Auf...
führungen werden Beweis ablegen. Hinleitung zur Praxis ist auch das Ziel der
Orchesterschule, der mit jugendlichem Schwung und sachlicher Freude der Theater...
mann Krasselt seine Kräfte weiht. Besonders geeignete S~hüler erproben sich solistisch
oder kapellmeisterlieh an der gesammelten Einheit ihrer Pultkollegen. Bläser-En,
sembles, Kammermusiken, Gesangquartette bereiten stilistisch und technisch die
Konzertreife vor. Aus dem System eines Stundenplanes lacht die Freude an der
Musikpraxis heraus. Opernaufführungen (unter Hörth) sollen den Eleven nach durch...
gemachtem Lehrkursus (Sprechkunst, Dialogstudium, Gehörbildung, vom Blatt,Singen,
Ensemble... und RoJ1enstudium, Mimik, rhythmische Gymnastik, schau~pielerische
Darstellung etc.) unter besseren, zwangloseren Bedingungen auf die Bretter bringen,
als es zuweilen an provinzialen und schlimmeren Bühnen möglich, unter Gefahren
erstrebenswert war. In den theoretischen Disziplinen wird nach den Bedürfnissen
der Praxis gelehrt und in Kursen (die weitere Ausdehnung erfahren dürften) auch
Grenzgebiet erschlossen. In den Kompositionsklassen reichen sich sehr akademische,
im Alten wurzelnde und ausgleichend rnodern ... unakademische Männer die Hände.
Mit ab gewandtem Gesicht - versteht sich. Aber zu seinem Musikstil, der ja auch
ein bJßchen Lebensstil ist, kann schon jeder den rechten Meister finden. Gibt es
größere Antipoden in Welt .. und Kunstschau, in Mitteln, Winken, Perspektiven,
Wünschen, als Busoni und Pfitzner? Auch diese beiden lehren an dem gleichen
Institut. Wer etwa heute eine Strindberg.. Phantasie schreiben wollte, würde sich nur
toten tänzerisch zum Taubmann .. Stil bekennen, der ihm aber bei der Konzeption
von Messen und Psalmen zum Segen werden könnte. Die komische Oper erlernt
man nicht bei Juon oder Koch. und den Palestrina.. Stil nicht bei Reznicek, nicht
bei Schreker. Ist das tadelnswert? Raum für alle hat die Erde. Auch in der Hoch-
schule ist für jeden Suchenden ein Förderer; und die der Phantasie, dem Talent,
der Neigung des einzelnen genehmsten Partituren finde sich jeder als reinste und
reifste Lehrkraft aller Zeit allein. Kunst und Natur sind in einem sich verwandt
und gleich: was sie dir nicht offenbaren wollen, das zwingst du ihnen nicht ab mit
Hebeln und mit Schrauben. Im tiefsten Sinne wird man nicht Musiker, sondern
ist es. Und kein Lehrer kann lehren, wie Musik Erlebnis wird. Nur Fundamente
liefert die Schule. Daß die Berliner Hochschule versucht, auch in den Elementen
tüchtigste Spezial.. Baumeister heranzuziehen, ist nur Pflicht gegen sich selbst und
ihren Ruf. Ein moderner, überragender Kontrapunktiker, der noch fehlt (die Lehrer
der Kompositions-Meisterklasse haben die Zeit nicht dazu), wird vielleicht bald Zierde
des Instituts sein i der arg vernachlässigten und nicht ganz mit Unrecht auch ver..
lästerten Methodik deutscher'Singekunst werden hoffentlich Lehrkräfte, wie Bachner,
Fischer, Mysz... Gmeiner, Hiedler, Schützendorf, Freunde und Lobredner schaffen.
Wenn die Wüllner und Stockhausen ausgestorben sind, wenn die Genies fehlen,
müssen die Tüchtigen und TÜChtigsten Ersatz sein. Für den klassischen Stilmeister
Joachim gäbe es auch nur einen einzigen Nachfolger: Rose. So aber - nun, Flesch,
Klingler, Havemann genießen ihren künstlerischen Kredit nicht zu unrecht. Die
größten Virtuosen sind nicht immer die besten Lehrer, und es gab ja selbst Männer,
die vom Kanapee aus ihre Schüler unterrichteten und dennoch, ohne viel eigenes

351
Spiel, Autoritäten, Lehrmeister waren. Um der Hochschule virtuosen Glanz zu
geben, dächte man in der PianistendiszipIin etwa an Fischer, Schnabel, Paur, Rosen..
thaI, Godowski, Sauer, und auch an diese vielleicht nur, weil es keinen Liszt und
Rubinstein und Bü!ow mehr gibt. Aber um Himmels willen keine reisenden Vir..
tuosen, keine Gelegenheitsunterrichter und Primadonnen der Unpünktlichkeit!
Auch in Kunsthochschulen muß der Stundenplan Ordnung verbürgen bei Lehrenden
und Lernenden. So müssen l'vlänner vom Können und von der didaktischen Fähig,.,
kelt eines Lütschg. Kreutzer, Becker. Walter Tischer, Flemming, Schubert etc. aufs
herzlichste begrüßt und gepriesen sein. Bleibt noch die Musikgeschichte, vonStudierenden
als eine üble Notwendigkeit zu Prüfungszwecken angesehen. Sie dürfte allmählich,
ebenso wie manches wichtige Grenzgebiet, breiteren Platz gewinnen, möglichst
obligatorisch in Einzel.. und in Universalvortragsgruppen (neben Krebs, Schüne...
mann, Sachs). In jedem Spezialgebiet müßte die Geschichte des Instruments und
seiner Meister ge1ehrt werden, und darüber hinaus müßten die Grundlinien der
musikalischen Gesamtentwicklung in einem Institut, das alle äußeren Mittel dazu
an die Hand bekommen kann, bequem von der wissenschaftlichen Kalkulation in
die praktisch~, ausgeübte Musik umgesetzt werden können. Parlament, Ministerium,
Staat werden bei derartigen Perspektiven, bei der Aussiu.~t, eine wirklich vollendete
Hochschule musikantischer Bildung zu ermöglichen, auch aus politischen
Gründen das äußerste an materiellen Opfern bringen, bei leidlicher Gesundung der
Wirtschaft reiche Mittel frei machen müssen, um das Institut zu halten, zu stärken,
zu veredeln. Das Mäzenatentum starb ja. aus. Und der ideale Gebersinn auch. Was
blieb uns denn? Die heilige Kunst. Die neue Hochschule beuge sich ihrem rettenden,
erlösenden, lebendigen Geist. ·Und wir werden nicht mehr arm sein.
o 0

D I E p R o D u K T I o N
Von Adolf Weismann
Kunst in Berlin ist ein Zwangsprodukt, wie Berlin selbst eines ist. Und trotz. .
dem ist diese Stadt von jeher darauf angewiesen, Kunst in sich zu beherbergen.
Berliner Witz, Berliner Kaltschnäuzigkeit mögen so antimusikalisch sein, daß ihnen
gegenüber alle echte Kunst erstarrt; sie ist da und eine Macht geworden. Musik
strahlt nach allen Richtungen aus und zwingt auch die Widerwilligen, sich ihr hin-
zugeben. '
Phantasiearmut, Redlichkeit. Ernst, Sentimentalität: dies liegt auf dem Grunde
Berliner Musikübung. Bürgerlicher Bildungsdrang zieht auch zur Musik. ein ruhig
wägender Verstand setzt sich mit ihr auseinander. So geschah es, daß Beethoven
dem Berliner Echo seines Schaffens besonders aufmerksam lauschte. Der jüdische
Salon fördert die Produktion. Mendelssohn und Meyerbeer vertreten die musikalische
Produkt'on. Berlin gilt gegen Leipzig als Hort spießbürgerlichen Kastengeistes. der
sich auch in der Musik spiegelt. Der Berliner Tonkünstler, der in seinem Verein
wirkt, gibt ein Abbild des Preußentums, das sich mit Ellenbogenkraft aus diesem
andboden hervorentwickelt hat. Und bei alledem ist der Herdentrieb hier mä,ht;g
und es gibt Rasereien der Sensation bei Paganini, Liszt, den Sternen des Koloratur..
gesanges. Wirkt das produktiv? Gewiß nicht.

352
Doch Berlin wird seine glückliche Stunde haben. Das trotz dem großen Friedrich
im Innersten unkünstlerische- Preußentum hat durch seine organisatorische Kraft-
und durch seine gewaltsame Redlichkeit den Grund für das neue Berlin gebaut.
Das Gründertum überschichtet das Alt... Preußentum. Die Initiative dieser sich arneri ...
kanisierenden Stadt lockt. Ihrt geographische Lage fügt sich zu den anderen Vor'"
teilen, Vorzügen, Werten, die in bedächtigem Schritt hier entwickelt sind. Fieber
der Rührigkeit, der Betriebsamkeit, das neue Berlin will das alte fressen, aber es
rafft alles Organisatorische des Preußentums auf. Redlichkeit, Ernst, Sentimentalität
in der Musikübung, wachsende Sensationslust und der Trieb zu kritischer Aus..-
einandersetzung mit dem Schaffen haben dieser,fieberhaften Betriebsamkeit zu dienen.
Alles Reproduktive und Produktive drängt hieher. Selbst das musikantische Wien
beginnt nach der norddeutschen Kunststadt zu schauen, während es d,och zuletzt
noch einen Norddeutschen, Brahms, an sich gezogen hatte.
c
Die geistige Atmosphäre dieses neuen Berlin, die voller elektrischer Spannungen.
war, hat nun allerdings den Willen zum Produktiven sehr gesteigert, zugleich aber-
auch gewisse unvermeidliche Halbheiten heraufgeführt. Denn so stark auch der
Zustrom an fremden künstlerischen Kräften war, das untergründige Preußentum
als konservative Macht blieb. Es half dem Unternehmertum mit seiner organisa ..
tOr ischen Fähigkeit für die ins Ungeheuerliche wachsende Reproduktion, so daß die·
Darstellungsmittel einen hohen Grad der Vollkommenheit erreichten.
Aber auf das Musikschaffen angewandt, bedeutete das Preußentum die Fesselung-
der schöpferischen Phantasie durch ein Formschema. Die Form hatte sich nicht,
wie moderne Musik sollte, aus dem Geiste zu erneuern, sondern sie war ein Gerüst,
in das die Gedanken sich einspannten, sie hatte etwa die Art des preußischen-
Reglements, das den bedenkenlosen Gehorsam wollte. Und verkörpert war sie in
der königlichen Hochschule für Musik, welche Schutzherrin der Sonate als strenger,
nicht entwicklungsfähiger Form blieb. Dabei war wohl durch Joachim eine un,..,·
vergleichliche kammermusikalische Kultur möglich, aber der Weg zu einer wahrhaften
Produktion gesperrt. Zwar nimmt dieses moderne Berlin Richard Strauß als Opern ....
kapellmeister in sich auf. Aber selbst sein Werk, nur in wenigen Beispielen wirklich-
populär, erschüttert den Akademismus der in Bulin Schaffenden nicht ernstlich.
In diese Starrheit Bresche zu legen, war die verdienstvolle, aber undankbare
Arbeit eines Künstlers wie Ferrucdo Blisoni. Man mag über die Endgültigkeit seines.
Schaffens urteilen, wie ma.n will! von dem Augenblick, da er in Berlin auftauchte,.
sah man Probleme. ber nachschöpferische Pianist verschiebt eigenwillig das Gerüst
der Werke, deren Auffassung durch Herkommen geheiligt galt, aber er über ...·
redet durch die völlige Umfärbung des Klavier klanges, die eine Umwertung der
Werte schien. Er verteidigt sein eigenes Schaffen durch sein Nachschaffen. Und
ergreift, nicht, um sich im Szene zu setzen, sondern um die Reize einer umriß ...
losen, größtenteils in Frankreich geborenen Musik zu zeigen, den Taktstock, der'
nur ein ungefüges Ausdrucksmittel in seiner Hand ist.
Busoni ist seit zwei Jahrzehnten bewegende Kraft in der Berliner Musik. Darum
aber auch stark befehdete. Er leistet das Erstaunliche, vom Umrißhaften auszugehen,
den Impressionismus mit ihm zu verknüpfen und endlich einer Synthese zuzu""
streben. Niemand ruht wie er auf Bachschem Fundament, niemand hat gleich ihm

353
den Rausch mystischer Versenkung in der Farbe erlebt, und es wird schwer sem,
einen Künstler zu finden, der gleich ihm den Gegner in der eigenen Brust, viel. .
mehr im Hirn, den Cerebralmenschen also. bekämpft. Die Widersprüche seiner
Natur scheinen sich zu lösen. wenn Busoni sein Concerto spielt. Oder seine Fantasia
contrappuntistica. Die Fuge, die ihre Straße zieht. immer bereit, sich mit der
'Genossin zu verknüpfen und sich zur Klangvision hin zu entwickeln; das Inter. .
mezzo. das in verschwimmender Farbe der Fuge zu entweichen scheint: so wäre
Gleiches schon verpunden aufgetreten! Und der Men~ch. der uns zu Zeugen seiner
Vision macht, bleibt bei alledem immer ein Erneuerer des Virtuosentums, dessen
Pose er übernommen hat; und ist doch zugleich ein hochfliegender Idealist, der
sich nie Ruhe gibt. Sein Wesen entfernt ihn nun am stärksten von der Oper, die
er doch begehrt und nicht ohne Spitzfindigkeit in andere Richtung führen will.
Die "Brautwahl" hat Berlin nicht gesehen. Der überlegene Witz des "Arlecchino"
und die Halbheit der "Turandot" haben es nicht überzeugen können. Das Faustische
spricht sich musikalisch am zwingendsten aus, wenn es schweifendem Weltschmerz
gilt, wie In der "Sarabandeli. Da spürt man ein Eigenwesen, dessen Verlust an
schöpferischer Sinnlichkeit durch den ganz eigenen Ausdruck, durch die ganz: CJgene
Farbe im Unsinnlichen, in die Weite Schweifenden ersetzt wird.
Busoni und Berlin. Ein durch Rassenwiderspruch Heimatloser hat hier noch am
ehesten eine Heimat gefunden, eine Republik von Künstlern und Auchkünstlern
.aller Art errichtet; Formfreiheit gegen Akademismus. Weltbürgertum gegen Klein. .
bürgertum verfochten. Das Artistentum, dessen Fürsprecher er war, will er über...
winden.
Busoni hat in BerIin eine Sezession der freien Menschen hervorgerufen. Er wird
wohl selbst an seine Unfehlbarkeit nicht glauben. Denn das hieße: der akademischen
Starrheit eine andere entgegensetzen.
c

Damit aber haben wir das allerneueste BerIin betreten. Denn die von Busoni
gegebenen Antriebe wirken auf alle Jüngeren weiter. War einmal die Tatsache einer
Entformung und die Möglichkeit einer Neuformung der Musik eröffnet, dann
Konnte auch Schönberg, wenn nicht festwurzeln, so doch einen Kreis von Gläubigen
um sich scharen. Man er lebte kurz vor dem Weltkriege wie im. Zeichen des nach
Berlin übergesiedelten Schönberg auch das Kühnste gewagt wurde. Die Fäden
zwischen der Pariser Atelierkunst und einem künstlerischen Außenseitertum schienen
ganz eng geknüpft. Das Artistentum in der Malerei und in der Musik war im
Begriff, alle Verkürzungen des Ausdruckes durchzuführen,·· die Atonalität war
scheinbar auf dem Marsch, der Pierrot Lunaire wurde hier zum ersten Ma.le gehört.
Folge des Krieges war Inzucht auf der ganzen Linie. Reaktion hier, Umsturz
·dort. Der Expressionismus der Novembergruppe verbündet sich dem musikalischen.
Aus einer "Neuen Mu<ikgesellschaft((, die im Zeichen Schönbergs entsteht, ragen
der Führer Hermann Scherehen, der Deutsch.. Balte Eduard Erdmann hervor. Zu
dieser Gruppe schlägt sich auch Heinz Thiessen, Straußjünger, doch ohne das Credo
der Atonalität anzunehmen. Dies trägt zur Klärung bei. Das musikalische Wesen
dieser Jüngeren läßt sich nicht schlüssig umreißen. Sie sind immer bereit, über
sich seIbst, über ihr Programm hinauszuschreiten. Scherehen ist keineswegs mehr
Jusquanboutist, der in naiver Besessenheit klavierspielende und schaffende Erdmann

354
sucht in der Auseinandersetzung mit den Richtungen der Zeit sein Eigenwesen
zu finden. Heinz Thiessen aber hat, straußisch beginnend, mit starker Bewußtheit
Lieder, Klavier... und Orchestermusik geschrieben. die eine vermittelnde Art be . .
kennen. Und ganz jenseits alles Modischen steht Erwin Lendvai, in Ungarn geboren t
aber ganz zu Berlin gehörig: seine Sehnsucht nach einer reinen Vokalpolyphonie
spricht sich in Chorwerken von eigentümlichem Charakter, mindestens aber von
Charakter aus.
Den Richtungen fern, aber ganz gewiß nicht unbeeinflußt von der gesamten
Problematik der Zeit, schafft Artur Schnabel. Sehr merkwürdig, wie dieser Lesehe . .
titzkyschüler gegen alle leere Virtuosität Brahmsaposte1 und schließlich Schönberg...
gläubiger wird, freilich mit dem starken Willen, sich als eigener Architektoniker
durchzusetzen. Sein Musikantisches hat sich von jeher mit einem bohrenden Intel. .
lektualismus zu versöhnen, der die Darstellung des Pianisten bestimmt und die
Versuche des Schaffenden kennzeichnet. Aus tiefer Erkenntnis der Musikentwicklung,
aus einer Analyse der Werke, aus der Betrachtung der Abnützungserscheir;ungen
ergibt sich ihm die Notwendigkeit einer Umordnung, einer Neueinstellung. Schnabels
Musik streift allen sinnlichen Reiz ab, ist durchaus linear gerichtet und sucht, auf
Bach, letzten Beethoven, Schönberg schauend, den Stil kontrapunktischer Jenseitig...
keit, die al1es Irdische in Melodie, Harmonie, Rhythmus hinter sich läßt. Eine
Soloviolinsonate scheint für jetzt die Ergebnisse dieser schürfenden Arbeit zu...
sammenzufassen. Das singende Instrument, dem schon Reger' das neubachsehe
Selbstgespräch anvertraut hatte, ist hier zu einem Sprecher, nein, zum Prediger
einer neuen Lehre geworden.
Inwieweit ein solches Werk zukunftsträchtig ist, läßt sich heute nicht sagen, daß
nur ein ungewöhnlicher, willensstarker Mensch seine Phantasie auf solchen Weg
zwingen kann, leuchtet ein. Die Problematik der Zeit wird durch Schnabels Schaffen,
das auch Erdmann und Emil Bohnke schon angeregt hat, grell beleuchtet.
e
Aber das Akademische war ja. durch die Akademie verkörpert gewesen. Ein
Interregnum des überlasteten Kretzschrnar hatte es weder beseitigen wollen, noch
können. Auch soviel hervorragende Musikwissenschaft blieb praktisch unfruchtbar.
Der Hochschule für Musik einen neuen Kopf zu geben, ihr neues Blut, neuen Geist
zuzuführen, das war für die Berliner Produktion unentbehrlich. Die Form als Schema
mußte der Form als Ergebnis des Organischen weichen.
Von Franz Schreker, den man vOn Wien holte, soll die Erneuerung ausgehen.
Man spürt sofort, wie sehr die frühere Königliche Oper in ihrer Art am Aka ...
demismus unschuldig war: Franz Schreker, der neue Direktor, war für die große
Berliner Öffentlichkeit ein Mann ohne Vorzeichen. Sein Klang zu fern, um bis
hieher zu reichen; Kammersymphonie und "Vorspiel zu einem Drama", im Konzert
aufgeführt, haben keinen stärkeren Widerhall gefunden.
Für Übelwollende war klar, daß man mit ihm die völlige Traditionslosigkeit
zur EmporkömmIingsherrschaft gebracht habe. ~
Schrekers des Opernkomponisten künstlerisches Gesicht hat sich zwar bisher dem
Berliner Publikum in den nGezeichneten" halb enthüllt, aber man kann nicht
eigentlich sagen, daß engere Beziehungen zwischen Schreker und Berlin sich geknüpft
haben. Richard Strauß, der als Ausführe-nder immer wieder vor dieses Ber Hn trat,
steht ihm jedenfalls sehr viel näher.

355
Man muß ja auch feststeHen, daß zwischen dem Preußenttlm, <Luch in seinen
:guten Seiten, und Schrekers Werk Widersprüche auftreten. Dieses ruht auf einer
Sinnlichkeit, die doch nicht mit Kraftgefühl Schritt hält. Aber der Mangel an
Linie ist in diesem zwiespältigt'n Wesen begründt't. Sie ist nur die Schwäche eines
rAeisters, dessen Könnerschaft innerlich gehemmt ist. Schreker hat dIe Sehnsucht
nach dem Melos im Herzen, das den großen Rhythmus mit sich führt. Und die
Unfehlbarkeit des Handwerks, ihm selbst Grundlage seiner Kunst, ist er immer
bereit, seinen Schülern mitzuteilen, so hingebend, daß seine Fruchtbarkeit,
.seine Produktivität hier, in dem Bereich der Hochschule, sich recht eigentlich
offenbart.
Wer aber sind seine Schüler? Zunächst jene, die ihrem Meister von Wien her
gefolgt sind: ein Alois Haba, Josef Rosenstock, Ernst Kfenek, und nun auch Felix
Petyrek. An ihnen wird klar, daß Schreker nicht schrekerisch, sondern nur frd ...
geistig wirkt: Er läßt sie auf gesicherter Grundlage dir Mehrstimmigkeit nach ihrer
eigenen Richtung hin gehen. In diesen Österreichern lebt freilich ein Musikanten...
turn. das jeden Schritt vorwärts zugleich trägt und überwacht. Der am wenigsten
Kühne unter diesen Schreker ..Jüngern ist vorläufig Rosenstock, der den romantischen
,Klavicrklang im Ohr hat und sich an ihm emporentwickelt. Alois Haba sucht in
I''.)'euland vorzustoßen, aber sein Vierteltonstreichquartett ist im Grunde nur aus
einer Halbierung der Chromatik hervorgegangen, die ihm im Blute liegt, und die
er mit Sicherheit und Klangsinn verwertet. Ernst Kfenek hat in einer Serenade eine
erstaunliche Bewegungsfreiheit der Form und der Instrumente gezeigt, auch
er will sich möglichst von der tonalen Grundlage hinweg entwickeln. Während alle
diese jungen Schrekerschüler in musikantbchem Überschwung schaffen, ist der schon
-etwas ältere Felix Petyrek ein geistreicher Kopf. der mit dem Musikantischen
jongliert und eine bewegliche Rhythmik und Harmonik als witziger Grotesk... Akrobat
spielen läßt. Hiezu tritt noch Herbert Windt, der Lineares und Harmonisches in
sehr fesselnder Art ausgleicht. Zumeist verheißungsvolle Talente, die als tätige
Kräfte in das MusIkleben eingeführt zu haben Verdienst des Anbruch ist. Ihm
danken wir auch die Bekanntschaft mit Grete Zieritz, deren Lieder dem Ruf der
komponierenden Frau zu Hilfe kommen. Dieses österreich ische Mädchen, das die
Brücken hinter sich abbricht, um ihren Dämon in Berlin schaffend zu beherrschen;
diese schöpferische KlavierspieIerin, die aus der Romantik zur Eigenart hinstrebt~
hat in ihren Liedern das Zwielicht der Seele enthüllt, das Dichterwort seltsam
klingen gemacht, Stimme und Klavier zu gegenseitiger Befruchtung geführt. Schon
will sie auch die größere Form zwingen. Es ist in ihr eine Entrücktheit, die
in der viel bewußteren GiseIa Selden-Goth sich nicht leicht einstellt. Hier hat
bereits die moderne Problematik ihre Furchen gezogen, Bela Bart6k seine Spuren
hinterlasse.n.
So sind wir ziemlich weit von der Hochschule abgebogen, die aber nun doch
unsere Aufmerksamkeit zurückfordert. Denn hier leitet Busoni eine Meisterklasse
für musikalische Komposition, hier wirkt der starre Spätromantiker Hans Pfitzner~
hier gibt der Stilkünstler E. N. v. Reznicek, der so schön klingende ErsatzmitteI
für Seele und Eigenart zu finden weiß, seine wertvollen Anregungen. Man sieht
also in dieser neuen Hochschule alle Einseitigkeit der Unterweisung ausgeschaltet
und eine freigeistige Lehre tätig. die dem Schaffer helfend beispringt und Keime
zur Selbständigkeit sich entwickeln läßt.

356
Schon strömen vom Ausland produktive Begabungen in Fülle herbei, um die
eigene junge Art in dieser geistigen Atmosphäre und in diesem Arbeitsfieber fruchtbar
zu machen.
o
Reznicek, der Österreicher! der vielgewandte Kapellmeister und geistreiche
Instrumentator, der seine symphonischen Dichtungen und seinen "Blaubart schreibt,
U

lenkt unseren Blick nach der Staats oper hin, deren Herr, Max v. Schillings, nun
auch in den Kreis der Berliner Komponisten getreten ist. Der kultivierte Mann,
von dem viele die Erneuerung des Hauses erhofften, gehört im Innersten einem
verflossenen Geschlecht von 'Y/agnerianern an. Wohl hat er die Bayreuther Tra...
dition erst aus zweiter Hand empfangen, aber sie wirkt in ihm weiter, seinen
mäßigen Neuerungsdrang bindend; und wenn er auch in einer schwachen Stunde,
die er für eine starke hielt, sich entschloß, das aufreizende Textbuch Beatric.
Dovskys "Mona Lisa i l zu vertonen, muß man doch sein Melodram "Das Hexen ...
lied" als glücklichste Eingebung verzeichnen; im übrigen aber alles, was Schillings
geschaffen hat, ein mehr oder weniger deutliches Nachwagnertum nennen oder einen
Versuch, Anschluß an die Moderne, wie er sie sieht, zu gewinnen. Denn seine
Hand ist immer die eines Meisters ohne Ursprünglichkeit, aber mit unbedingter
Anlage zum Architektonischen.
o
Dieses also ist das merkwürdige Schauspiel; die produktiven Kräfte aller
Gegenden fühlen sich von dem Berliner Rationalismus, Arbeitstrieb, Ausnützungs..
drang und von der mit Spannkraft gefüllten Berliner Luft angezogen. Eine Berliner
Schule gibt es wohl, aber sie kapselt sich in ihrer Phantasiearmut ein und reicht
in ihren Wirkungen nicht über das Weichbild der Stadt hinaus.
Die Aufsaugungskraft dieses unverwüstlichen geistigen Stapelplatzes aber, die
sich selbst im gegenwärtigen Wirtschaftsfieber nicht verleugnet, ermöglicht eine
Musik in Berlin. die nach allen Richtungen des deutschen Sprachgebietes entscheidend
übergreift. Die Münchener Schule, die nicht ohne Charakter ist, die rheinische, die
ein rascher pulsierendes Blut zeigt, und die Wiener Schule, die im Widerspruch
zwischen Musikantentuln und Atonalität fesselnd ist, wollen sich doch in diesem
Berlin spiegeln.
Das ist die ewige Hoffnung dieser seltsamen Sta.dt.
o c

D A s K o N z E R T
Von Siegmund Pisling
,
Wehe dem kühnen Schwimmer, der sich unberaten in die Wogen unseres
Konzertlebens stürzt; er wird bald ermattet dem Ufer zustreben! Wir. brauchen den
Leser nicht durch sta.tistisches Gestrüpp zu bemühen; einige Impressionen sollen
die "Poesie der Quantität U klar machen helfen, von der unsere sonst so nüchterne
Stadt umflossen ist.
Berlin hatte sich in den letzten anderthalb Jahrzehnten der Wilhelminischen Ära
zum größten M"sikmarkt der Welt entwickelt. Obwohl sich die Gestaltung der
Dinge im Auslande seit dem Weltkriege meiner persönlichen Kenntnisnahme entzieht.
glaube ich aus mündlichen und schriftlichen Mitteilungen sachkundiger Fremder

357
sowie aus ausländischen Journalen und Fachzeitschriften den Schluß ziehen zu
dürfen, daß wir jene Stellung, wenn nicht behauptet, so doch nur in unwesentlichen
.Punkten preisgegeben haben. Sonntage und die im protestantischen Norden
seltenen Feiertage abgerechnet (an denen man immerhin mit zwei bis drei Kon-
zerten rechnen durfte), hatt~n wir in der Vorkriegssai6on allabendlich bis zu einem
Dutzend Konzerte und darüber. Ich schlage meine Notizen nach und finde an einem
Novembertage des Jahres 1912 Konzerte in folgenden Sälen verzeichnet: Philhar-
monie, Beethoven~aal, Singakademie, Bechsteinsaal, Meis~ersaat. BlüthnersaaI, Klind..
worth.. Scharwenkasaal, Hochschule für MusIk (zwei Säle), Choralionsaal, Harmonium. .
saal, außerdem ein Symphoniekonzert der vormals Königlichen Kapelle (jetzt Staats. .
opern. . KapeIle) im Königlichen Opernhause und ein geistliches Konzel"t im Dom,
macht zusammen, die öffentliche Mittagsprobe im Königlichen Opernhause zu . .
gerechnet, dreizehn Konzerte. Choralionsaal und Harmoniurnsaal sind mittlerweile
eingegangen. In einem der Hochschulsäle finden jetzt TheJ.tervorstellungen statt.
Dafür sind neu hinzugekommen: Neue Welt, Scala (für große Matineen), Schubert-
saal, Schwechtensaal und Brahmssaal, so daß sich also die Zahl der Konzertsäle
gegen die Vorkriegszeit nicht nur nicht verringert, sondern sogar vermehrt hätte.
In manchem dieser Säle, deren Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt,
wird fast allabendlich Musik gemacht. Die vornehmen, großen Orchesterkonzerte
pflegen in der Philharmonie stattzufinden. Dieser zwar altmodische, aber herrlich
akustische Saal besitzt für uns einen ähnlichen Gefühlswert, wie ihn etwa der Große
Musikvereinssaal VOr der Eröffnung der Konzerthaussäle für die Wiener besaß und
vielleicht noch besitzt. Hier musizieren Nikisch, FurtwängIer, Bruno Waltet
und andere deutsche und fremdländische Puitgrößen mit dem Philharmonischen
Orchester, hier treten Sänger und Instrumentalisten auf, deren Zugkraft den
kolossalen Raum zu füllen vermag. Berühmt ist auch die Akustik des Sing-
akademiesaales, wo einst das Joachim .. Quartett seine Abonnementsabende gab, ein
schlichter, vornehmer, Alt...Berliner Kultur atmender Raum.
e
Das moderne Ohr ist vom Orchesterklang entscheidend beeinflußt worden.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die großen Berliner Orchestervereinigungen.
Man wird die mit dem Opernorchester identische Kapelle der Staatsoper als
das beste Konzertorchester Berlins bezeichnen dürfen. Da sie an die Oper gebunden
ist, so tritt sie als symphonisches Orchester fast ausschließlich in ihren eigeneo y

-früher von Richard Strauß und jetzt von Furtwängler geleiteten Abonnements. .
konzerten' auf, die samt der Mittagsprobe regelmäßig ausverkauft sind. Da.s Or. .
chester sitzt an diesen Abenden, an denen die Vorstellungen natürlich entfallen,
auf der Bühne. Das Lob des Philharmonischen Orchesters braucht nicht
gesungen zu werden. Wenn früher internationale Musikfreunde an Berlin dachten,
so schwebte ihnen wohl zunächst das Philharmonische Orchester unter Nikisch
vor Augen. Schon seine phänomenale Geschicklichkeit im BIattlesen würde ihm
einen Platz unter den ersten Orchestern der Welt sichern. Das tüchtige Blüthner . .
Orchester bleibt hinter diesen erlesenen Körperschaften zurück. Wir haben ein
paar treffliche Chorvereinigungen. Der vielbewunderte Phi lh arm 0 n i s c he eh 0 r
löste sich nach dem Krieg unter dem Drucke der wirtschaftlichen Not auf. Es
gelang Siegfried Ochs, einen Teil der alten Mitglieder mit dem neu gegründeten
Chor der staatlichen Hochschule für Musik zu verschmelzen (Hochschulchor).

358
Die altehrwürdige Singakademie untersteht nach wie vor der Leitung Georg
Schumanns. Der Madrigalchor wirkt unter Carl Thiel in vorbildlicher
Weise für alte Musik. Der Kitt eI s ehe eh 0 r strebt mit schönem Erfolge auf-
wärts. Auf dem Felde der Kammermusik betätigen sich das konservative K I i n g I e r-
Qua r te t t, das noch immer nicht völlig amalgamierte Bus eh ... Qua r t e t t für
moderne Musik, das Anbruch ... Quartett, die Trio ... Vereinigung Schnabel...
Flesch-Becker, die Bläservereinigung der Staatsopern-Kapelle. Dazu
ein Heer von Solisten, die überall und nirgend zu Hause sind. Bus 0 n i hat nach
mehrjähriger Abwesenheit wieder sein altes Heim am Viktoria...Louise. . Platz bezogen.
Kreisler gedenkt seinen ständigen Wohnsitz in Betlin zu nehmen. Schnabel
und F I e s c h sind mit unserer Stadt längst verwachsen. Berlin ist stark auf den
Import fremder Virtuosen angewiesen. Ein Musikvolk kat' exochen, soweit es sich
um die Hervorbringung großer Komponisten handelt, stehen die heutigen' Deutschen
in der Behandlung von Instrumenten und Kehlen, mit rühmlichen Ausnahmen, hinter
anderen Nationen zurück. Durch die aufgedrungene Abschließung war es seit dem
Ausbruch des Krieges allmählich zu einer Art Inzucht der Werturteile gekommen.
Das hat sich gebessert. Wenn Ananasse jahrelang auf dem Markte fehlen, so reden
sich die Leute langsam ein, daß die heimischen Zuckermelonen auch nicht schlechter
schmecken. So geht es nicht nur in Berlin. An Kreisler, Battistini, Busoni
renkt sich dann der Geschmack wieder ein. Sofern nicht Neid oder eine verruchte
Allianz zwischen Chauvinismus und Kunst auch das d e u t s c h e Urteil beeinflußen,
gibt man in Berlin offen zu, daß das Fernbleiben französischer und be1gischer Instru. .
rnentalisten schon mit Rücksicht auf das herrliche Met i e r zu beklagen sei.
Zu den erquicklichsten Erscheinungen unseres öffentlichen Musiklebens gehören
unstreitig die V 01 k s k 0 n zer t e. Mehr und mehr werden die breiten Schichten der
Segnungen edler symphonischer Musik teilhaftig. Man plant auch Schülerkonzerte.
An den großen Volkskonzerten in der Neuen Welt, in der Philharmonie, in der
Volksbühne am Bülowplatz beteiligen sich die besten Sänger und Instrumentalisten.
Muck, Schillings, Blech, um nur einige zu nennen, schwingen dort den Takt. .
stock. Der Arbeiter hat die Möglichkeit, Wa n d a La n d 0 w s k a zu gar kleinen Preisen
Couperin spielen zu hören. Er kann aber auch die Kammersymphonie von Schön,..
berg hören. Bei diesem unverbrauchten Publikum, dessen Aufnahmsfähigkeit durch
keinerlei ästhetische Schlagworte beeinflußt ist, geht einem das Herz auf. Die
Arbeiter kümmern sich den Teufel darum, ob sich die Moderne mit den klassischen
Normen in Einklang bringen lasse .oder nicht, sie gehen ohne Hemmungen ins
Konzert, sie ballen nicht im voraus die Faust in der Tasche, sie begnügen sich, zu
fühlen.
o
Vorigen Winter gab ein in Berlin weilender englischer Musikschreiber semer
Verwunderung über die Vernachlässigung, die man der modernen Musik in Berlin
angedeihen läßt, Ausdruck. So sehr ich - nach meiner Kenntnis französischer und
englischer Musikverhältnisse - zweifle, daß die Dinge für unparteiische Beurteiler
drüben im großen ganzen besser liegen als bei uns, so weiß ich doch, daß wir es
mit Paris, London und kleineren westeuropäischen Zentren in der mo der n e n
Musik nicht mehr aufnehmen können. Wie kommt es, daß eine Stadt, die
modernsten Bestrebungen in Literatur und bildender Kunst gastlich die Arme
öffnet, in der jeder experimentierende Maler und Literat von einigem Profil

359
Beachtung, ja sogar eine Gemeinde finden kann, wie kommt es, frage ich, daß
Berlin, das dem Kriege und allen Auswüchsen zum Trotz die geistigste Stadt der
Welt blieb, dem musikalischen Philisterium anheimfiel ? Bei der verwickelten Lage
der Dinge läßt sich eine halbwegs befriedigende Antwort nicht leicht geben. Die
Konzertgeber berufen sich außer auf ihre eigene Abneigung gegen die Moderne,
auf die des Publikums, wobei sie, je nach Temperament, den ungünsti~en Einfluß
auf Besuch und Kasse betonen. Meines Erachtens liegt der Kern des Übels darin,
daß unser Publikum noch immer nicht zur Moderne erz 0 gen ist. Die Erziehung
wird in Schrifttum und bildender Kunst im Theater. in Buch und Ausstellung
besorgt und von einem ansehnlichen Teil der Tagespresse gefördert. Für die
musikalische Moderne setzen sich ein paar Idealisten ein, deren Konzerte von der
überwiegenden Mehrheit der Kritik immer wieder, sabotiert werden, bis die tapferen
Streiter entmutigt den Platz räumen. Die Moderne - gemeint ist natürlich nicht
die modisch aufgeputzte ältere Schöne, sondern die jung e Kunst - führt in Berlin
ein Aschenbrödeldasein. Es möchte kein Hund so länger leben. Einen oder zwei
Winter nach dem Kriege schienen die Aussichten günstiger. Der Schönberg. . Apostel
Scherchen fand einigen Zulauf, und man war so gütig, dem Pianisten Erdmann
Genie zuzuerkennen, obwohl er auch Stücke von Schänberg spielte. Me y r 0 w i t z
wirkte am Dirigentenpult für die Moderne. Dann trat der "Anbruch" auf den Plan.
Er setzte sich für den frühen Schönberg, für jungtschechische und neufranzösische
Kunst in Orchester... und Kamrnermusikabenden ein. Die Aufführung von Schönbergs
"Verklärter Nacht" (Orchesterbearbeitung) sowie von Schönbergs "Pelleas und Meli"
sandel4 war ein Erlebnis im Rahmen eben dieser Konzerte. Man verdankte es
Klemperer. Brecher brachte Strawinskij, Tieferblickenden konnte es jedoch
nicht entgehen, daß das flüchtig belebte Interesse an der Moderne mittlerweile wieder
abgeflaut war. Strawinskijs "Berceuses du Chat" und "Pribaoutki verpufften in einem
ii

Kunstsalon. Hibas "Frühlings. . Ouvertüre ll , so sehr sie es verdient hätte, brachte es


zu keiner zweiten Aufführung. Als Schönbergs "Pierrot Lunaire" vor einem Jahr . .
zehnt die erste Berliner Aufführung erlebte. war es mit Lebensgefahr verbunden,
ihn zu loben. Ich lobte ihn. Ich war begeistert. Man hat vom "Pierrot Lunaire"
nie wieder eine Note gehört. Schönbergs Orchesterstücke op. 16 sind schon vor
Jahren gespielt worden. In London natürlich. Von Henry Wood. Deutschland hielt
seine Neugierde im Zaum. Voriges Jahr bekam man endlich die Stücke auf dem
Weimarer Tonkünstlerfest zu hören. Den Berlinern sind sie bis auf den heutigen
Tag vorenthalten worden. Wir kennen nicht einmal die "Gurrelieder". (Mahlers
Achte, in' Parenthese, wurde vor zehn Jahren zweimal hintereinander gespielt und
seither nie wieder.) Ich glaube, daß die Berliner, die sich wundern, daß "Baris
Godunow ll von Moussorgsky in ihrer Stadt noch keine Konzert. . Aufführung,
geschweige denn eine s zen i s ehe erlebt hat, an den Fingern vierer Hände abzu. .
zählen wären. Was wissen wir von der "Pariser Gruppe der Sechs"? Wir haben
·uns noch nicht einmal das Herumdoktern an Debussy abgewöhnt. Fast alle unsere
Pultgrößen stehen der Moderne teilnahmslos gegenüber. Man lacht bei dem bloßen
Gedanken, daß sich gewisse "Prominente ll herbeilassen könnten, uns über die Fort. .
:schritte der außerdeutschen Moderne zu orientieren. Es ist ein bitteres Lachen, ein
Lachen der Verzweiflung darüber, daß sich unsere neue deutsche Musik vom euro . .
päischen Blutkreislauf abschnürt.
o

.:360
In der Zusammensetzung des Publikums macht sich jetzt wieder der inter . .
nationale Einschlag mehr und mehr geltend. Berlin wimmelt von Russen. Ich
habe diesen Winter russische Konzerte gehört, bei denen man zweifelte, ob man
sich in Deutschland befände. Nächst dem slawischen Ausland scheinen sich Skan'
dinavier und Holländer am lebhaftesten zu beteiligen. Berlin war früher von einem
Heer amerikanischer Musikstudenten bevölkert, die sich bei Kriegsausbruch zer . .
streuten. Diese fleißigen und höflichen jungen Leute werden allmählich zurückkehren
und den internationalen Charakter unseres Musiklebens verstärken helfen. Nament. .
lieh die Busoni. . Konzerte gleichen einer Heerschau über die musikalischen Fremden,
zu denen sich, mit einer erstaunlichen Fähigkeit der Anpassung an europäische
Musik, die Japaner gesellen. Große Änderungen haben sich in den letzten Jahren in
Struktur und Aussehen des einheimischen Konzertpublikums vollzogen. Da
sich der größere Teil des kunstsinnigen Mittelstandes gute Plätze in bevorzugten
Konzerten nicht mehr leisten kann, hat er das Feld den neuen Reichen räumen
müssen, die ihren Kulturehrgeiz zuerst auf die Staatsoper beschränkten, dann aber
in die großen Konzerte vorstießen, wo sie der sozialen Umschichtung als wenig
erfreuliches Aushängeschild dienen. Von diesen Braven gilt nicht, was George
Sand im "Consue1o l1 sagt: daß sich nämlich das Publikum auskenne, und daß das
Herz ihm sage, was seine Unwissenheit ihm verschleiere. Es gibt erlesene Auditorien,
vor allem eines, dessen Feingefühl schon deshalb nicht versagt, weil es in einem
sehr wichtigen Punkte, wo es versagen könn te, kaum je auf die Probe gestellt
wird. Ich meine das Publikum der weltberühmten Philharmonischen Konzerte unter
Ni k i s eh, dessen ablehnendes Verhältnis zur Moderne beim Publikum Schule
gemacht hat.
Äußerlich präsentieren sich unsere Konzerte von jeher in einem sehr unfestlichen
Gewande. Wenn der männliche Teil des Publikums schon vor dem Kriege wenig
Wert auf Abendkleidung legte, so ist ihm jetzt, unter dem Druck der Verhältnisse,
der weibliche nachgefolgt. Die Sorglosigkeit erstreckt sich bereits auf das Podium.
wo sich neulich ein A .. capella.. Chor in Straßenkleidern um den befrackten Dirigenten
scharte. In Wien, Paris, London werden die Konzertplätze den Besuchern von Saal. .
dienern angewiesen. Diese Einrichtung ist in Berlin teils unbekannt, teils nur rudi. .
mentär entwickelt. Die Konzertbesucher müssen sich gewöhnlich ihre Plätze selber suchen.
Bei der uns eigenen Gründlichkeit vollzieht sich die Suche oft in recht eigentüm. .
lichen Formen. Man kann fast in jedelu Konzert die Wahrnehmung machen, daß
später Kommende, statt an der Türe stehen zu bleiben oder den nächstbesten leeren
Platz einzunehmen, in aller Gemütsruhe den Seiten. . oder Mittelgang durchschreiten,
nach ihrem Platze ausschauen und, wenn sie ihn endlich gefunden, mehrere Per . .
sonen aufstehen lassen oder sich an ihnen vorbeidrängen. Und das alles, während
die Musik im Gange ist! Man kann es in manchem Philharmonischen Konzert
erleben, daß Nikisch den bereits erhobenen Taktstock zwei. . , dreimal sinken läßt,
weil die Phlegmatiker nach ihren Plätzen suchen. Es ist ein psychologisches Rätsel,
daß dieselben Menschen, die, an ihren Plätzen angelangt, mit Aug' und Ohr an dem
geliebten Meister hängen, sich nicht scheuen, seine Geduld einer so peinlichen Prohe
zu unterwerfen. Ähnliche Vorgänge spielen sich bei weltberühmten Sängern und
Instrumentalisten ab. Ich erinnere mich an folgenden Fall aus der Vorkriegszeit~
Kr eis I er geigte eben im Blüthner. . Saal ein zartes Stück, als eine Dame, die während
des Spieles eingetreten war, sich plötzlich knarrend nach vorn bewegte. Flüsternde

361
Zurufe vermochten das Unheil nicht aufzuhalten. Erst ein militärisches Kommando
schaffte Wandel, will sagen -Stillstand. "Stehen bleiben !/I donnerte es aus Mannes...
kehle, und nun blieb sie wie angewurzelt stehen, bis das Stück zu Ende war. In
kleinbürgerlichen und Arbeiterkreisen, in der viertausend Personen fassenden "Neuen
W clt" in der Hasenheide zum Beispiel, wo von ersten Kräften Musik gemacht wird,
liegen die Dinge anders. Dieses Publikum ist still und wohlerzogen, womit nicht
gesagt sein soll, daß die Bourgeoise, kleine Schönheitsfehler beiseite gelassen, es.
nicht sei. Auch wir haben ein vornehmes bürgerliches Konzertpublikum, das den
Vergleich mit den alten deutschen Kulturstädten und dem westlichen Auslande aus-
hält, ja es vielleicht an kritischem Feingefühl noch übertrifft. Ich hege das Ver-
trauen, daß Berlin bald wieder als die internationale Goldprobe auf den Gehalt
ausübender Musiker gelten wird. Wenn zugegeben werden muß, daß die Diagnose
unseres Publikums in wichtigen Fällen - ich denke an M engel b erg und Casals -
fehlging, so hat es doch genug Talente entdeckt und gefördert. Überschätzte Be-
gabungen, die sich dann grollend von dem "kalten" Berlin zurückzogen, sind in
ihre Schranken gewiesen worden. Nein und tausendmal nein! Unser Publikum ist
nicht kalt, es ist bloß zurückhaltend. Wenn es liebt, liebt es ganz. Es geht
mit ihm, wie mit einem Kachelofen, der sich langsam erwärmt, um dann lange warm
zu bleiben. Wäre ich Kapellmeister. Klavierspieler, Sänger oder Geiger, so würde
ich keinen größeren Ehrgeiz kennen, als der Elite des Berliner Konzertpublikums
zu gefallen. Ich hatte oft Gelegenheit, die Langmut unserer Musikfreunde zu be-
wundern. Bei Absagen, die im letzten Augenblicke vom Podium herab erfolgten f

bei Programm . .Änderungen in letzter Stunde, bei ärgerlichen Indispositionen von


Sängern, verstimmten Klavieren, Nachlässigkeiten in der Drucklegung von Pro ...
grammen usw. hält man gutmütig still. Wenn ich prinzipielle Kundgebungen gegen
extrem moderne Kompositionen, wie Schönbergs "Pierrot LunaireI', ausnehme, so
erinnere ich mich an blutwenig Fälle, in denen das Publikum die Geduld verloren
hätte. Ein Fall - er betrifft Herrn K.1 e m per e r - ist so amüsant, daß ich ihn
den Lesern nicht vorenthalten möchte. Klemperer, der heute bereits zu den Lieb ...
lingen unseres Publikums gehört, trat vorigen Winter in einem "Anbruch" . . Konzert
zum erstenmal in die heiße Berliner Öffentlichkeit. Ohne sich umzublicken, wartet
er eine, zwei Minuten: die Philharmonie will nicht zur Ruhe kommen. Eine weitere
bange Minute vergeht, und noch immer zirkulieren die Platz. . Pedanten seelenruhig
in den Gängen. Und wieder läßt Klemperer den erhobenen Arm sinken. Unbeweg-
lich steht er da. Da mit einem Mal ertönt aus einer Saalecke der Ruf: "Nu man
los" Und nun fing Klemperer wirklich an. Diese Methode, einen Künstler zum
Anfangen zu bringen, be vor noch die Ruhe, auf die er Anspruch erheben darf,
eingetreten ist, besitzt unleugbar den Vorzug der Originalität, ich befürchte nur,
daß K1emperer überzeugt ist, dergleichen könne nie und nirgend In dzr WeIt
passieren, außer in Berlin.
o 0

362
STAATS o P E R und L~oncavallo.. Sti1. Die Musik. das Th~ater,
die Welt schritt weiter. das Hoftheater trug eine
KALAM I T ÄT E Binde vor den Aug~n. Auf den Wunsch der
,.Was die Wanzen tötet, tötet auch den Dirigenten horchte noch einmal ein Hülsen;
Popenu - ein altes russisches Sprichwort, das der aber mußte in Ehrfurcht und im Wahren
in weisester Selbsterkenntnis Fritz Mauthner der zimperlichsten aller Etiketten ersterben.
irgendwie als Motto über seine Sprachkritik Schwarzer Terror und bunter Zirkus. Man
gesetzt hat. Und der überaus feingeistige, wollte es wohl nicht anders oder verstand es
galanteste Verehrer und schwärmerischeste nicbt. Im Parlament vertrat ein Schulmeister
Historiograph der Oper, Oskar Bie, hat als Kopsch die Kunstinteressen des Volkes. Nun,
Resultat liebevoller Untersuchungen erklärt, eine Destinn, Farrar, ein Kraus, Bertram halfen
die Oper sei ein "unmögliches Kunstwerku. uns freudvoll über schmerzliche Erkenntnis
Aber bevor solch selbstmörderische Folgerung hinweg.
wahr würde, müßte sie als Erkenntnis der Töten wir die Toten nicht noch einmal;
Wahrheit im Herzen der Musiker und des fragen wir nach dem Jetzt und nach dem Leb~n.
Volkes sitzen. Dem ist nicht so, Gott dank An die Spitze des Opernhauses berief Wille
dafür. Und daß, fiber das Paradoxe und Wider.. und Vertrauen der meisten KUnstler und An ...
.spruchsvolle des Opernbegriffes hinweg, Bie gestellten Herrn v. S eh i 11 in gs. Er ist Künstler,
uns dennoch seine köstlichen und unnachahm.. beinahe FUhrer einer Schule, hat die .. Ingwe1de"
lichen Streifzüge durch musikalisches Theater.. geschrieben, kommt vom Theater her, leider
land erzählt hat, beweist ja oder ersetzt dem vom Hoftheater, ist ein Aristokrat, kennt das Be ..
Einsamen einmal das l1Mögliche" des Opern.. amtentum, kennt die Musik aller Schattierungen
Kunstwerkes. durchaus und gut, dirigiert selber Opernkonzerte.

Es ist wahrhaft erquickend, außerbalb der Ein ungeheurer Zwiespalt, eine Mißsituation
Philologie zu leben und staunend in solchen apriori, wenn ein im Herzblut der Kunst sich
Bekenntnissen zur scheintoten Idee der Oper wärmender Mann verurteilt ist, über Akten und
Musik klingen zu hören, zu spUren, wie sieg.. Verträgen die Tage. Nächte zu vergeuden. Es
haft die Toten erwachen, wenn einer kommt drängt ihn nach dem Pult. Auch die ermattete
und klopft an das Grabgewölbe. Ein lockender Hand nimmt den Taktstock. Zur Labung der
.Finger gehört dazu und ein Kopf und ein Herz. Hörer? Um frei zu werden vom Staub. Nicht
Es ist nicht leicht, über die Berliner Staat.s... verzeihen hieße unmenschlich sein gegenüber
.oper zu schreiben, der nicht immer Kopf und einemhervorragendenArbeiterundkonzilianten
und Herz, wohl aber de.r lockende Finger, der Manne. Der demokratische Staat fordert gleiches
große Ausblick, die richtunggebende Initiative zu Recht für alle. Und Schillings "Tristan" ist
fehlen scheint. Wenn man sich nicht beeilt, prachtvoll. Die guten, die musikantisch voll...
könnte aus einem 15 Jahre alten Hymnus Uber wertigen Aufführungen haben alle BI e c h zum
eine gegenwärtige Kritik hinweg ein zukünftiger zum Dirigenten. Der lebt für nichts anderes
Nekrolog geworden sein. Beeilen wir uns. als für Partituren, Orchesterproben, er hat den
nie Wilhelminische Oper war einseitig, inspiratorischen Funken und Dämon des stil..
prunksUchtig, terrorisiert von dem zweifel... sicheren, allgegenwärtigen Dirigenten. S ti e dr y
haften Geschmack eines Allmächtigen; sie war schon ist spezialisiert, nicht universell. Er
das, was sie vor Jahrhunderten gewesen sein umreißt ein Werk mit dem Geist des artistisch
mußte: höfische, glitzernde, mit Licht, Glanz interessierten Musikers, der an der Romantik,
und Fanfaren bediente Schaustellung, zu der an der Impression, am Duft einer Partitur
auch Musik kommandiert war. Das Positive: vorbeigleitet. Starkwillig, reizsam, unverwirrt,
ein wundervolles Orchester, eine Musterauswahl doch ohne GemUt. Es fehlt ein dritter Kape11 ...
von Stars und Solisten, drei in allen Sätteln meister, es fehlt ein zweiter. und wenn Blech
-reitende, nichtspezialisierte Kapellmeister. Eine in Spanien sich wärmt, friert das Haus unter
"Ring".., eine ..Meistersingeru.... eine .. Aidal l.. den Linden. Ein Muck mUßte wiedergewonnen
AuffUhrung konnte Erlebnis werden. Hof.. werden; oder ein anderer Führer neben Blech.
theaterf'ähig zu sein, war Sehnsucht aller Größen. Das Orchester hat seine Schönheit bewahrt.
Und Geld floß aus Pri vatschatullen zu. Das Seiner einzigartigen Stellung im Berliner Musik..
Negative: die Programmlosigkeit, die Ein .. leben droht Gefahr; wirtschaftlich nicht auf
tänigkeit des Repertoirs, der NovitätenreinfaU, Rosen gebetet. sucht es durch eigene Konzerte,
die Ausstattungg.. und Bal1ettmisere, das Un... durch Ausleihevorträge den Erwerb zu ver...
persönliche der Regie, der Coppelia.... Mignon.. größern. Wird zu Proben an neuen Werken

363
immer genug Zeit, Lust, Genügsamkeit bleiben? viel und viel Gutes geleistet worden. Doch
Vorsicht: die Patina könnte verloren gehen. scheint das nicht alles aus erster Hand zu
Das Ensemble zerflattert in der Luft. Die kommen und der KolIege Feßner zeigt doch,
großen Namen gehen, ohne Nachfolge zu hinter.. wie eine jede Neuaufführung am Gendarmen..
Jassen. Der Ersatz ist tüchtig und nützlich, markt die Tat, die Neu . . Tat eines starken
aber eindruckslos. Es geht nicht ohne Stars Theatergeistes werden kann, für die Erfolg oder
und es geht mit ihnen nur, wenn sie so oft Mißerfolg belanglose Kriterien sind. Doch seien
hinausgestellt werden, daß sich die Umgebung wir zufrieden, daß wir wenigstens aus der-
ihrem Stil einordnen kann. Will man ton.. Hoftheater..Pappzeit heraus sind, und daß ein
angebend sein, Menschen und Künstler locken, Stil im Dekorativen und eine Stilvereinigung
so muß man mit einer Oper, die der Staat zwischen Spiel, Musik, Umwelt und Kostüm
unterhält, stützt und lebensfähig macht, auch gesucht wird. Eigentlich war nur der expres ..
Staat machen können. Die eine Barbara Kemp sionistische "Freischütz" ein glatter Fehlgriff:
ist wundervoll und leuchtet. Tritt sie ihre Rolle Sonst: seien wir ein bißchen dankbar.
ab - und sie hat die CarIotta zum Beispiel Neue Werke wurden bei den Erstauf..
nur einmal gesungen - so wird es finster. führungen stets würdig besetzt, bei den Wieder..
nie Wildbrunn wird nur gastweise bemüht und holungen schien betriebsrätliche VermittlunK
die Iphigenie scheint schon für zweitrangige oft auf redliche Abwechslung zu sehen. Der
Kräfte vorbehalten. Nach Manns Tod ist über.. Erfolg war dürftig. Es geht wirklich nicht ohne
haupt kein erster lyrischer Tenor da, ein ragende Persönlichkeiten; oder das Werk leidet.
Siegfried. ein Wotan, ein Don Juan, eine Uraufführungen gibt es in der Staatsoper nicht.
Koloratursängerin fehlt. Wenn Bohnen, Schwarz, Die für Berlin neuen Opern waren anderwärts
Jadlowker feiern, wenn die Dux über eine schonfastabgespielt.München,Darmstadt,Frank...
schwächliche Konkurrenz stolpern muß furt marschieren voran und bei den Premieren
weist niemand in die Provinz, wo es genug neuerer Werke von Strauß, Pfiuner, Reznicek.
überdurchschnittliche Sänger gibt? Wer kann Busoni, Schreker hatte man zudem das Gefühl,
außer der ArtOtMozart-Arien singen? Wo ist die. als sei dabei auch noch eine Geste der lokal. .
Staatstheater..Toska? Armster ,Schlusnus, Henke, patriotischen Courtoisie ausschlaggebend. Man
Hutt, Kirchner, Vera Schwarz. die prachtvolle kann sich nicht recht zurückhalten und einer
Branzell in Ehren: welche Vorstellung bringt Pflicht entziehen, wenn auswärts gespielte
neben der Güte einer Einzelleistung die Vor.. Komponisten in der Stadt ihrer Amts.. und
züglichkeit eines einheitlich geschlossenen En .. Kunsttätigkeiten mit langen Gesichtern herum..
sembles zum Durchbruch? Und wenn schon gehen. Ein starker Wille, ein bestimmter Ge ..
tragende Rollen gut besetzt sind, so klafft schmack, eine klare Richtung wird vergebens
zwischen ihnen und den sogenannten kleinen gesucht, und neue Namen, unbekannter Nach..
Partien ein Riß, wie er zwischen Battistini und wuchs, das Talent von morgen kommt nicht
jedem deutschen Bariton nicht empfindlicher zu Worte.
wäre. Zu kleinen Rollen fühlen sich selbst die Mangel an Persönlichkeiten, Mangel an ersten
mittelguten Mimen nur rollenden und grollen.. Dirigenten, Mangel' an Initiative und Mut bei
den Auges hingezogen. Das Ensemble zerflattert. Repertoire ..Bestimmung, Zufalls..Ensemble der
Trotz gesunden Chores, der nur aus der Leb .. nur tüchtigen und zuverlässigen Sänger: das
Iosigkeit und Erstarrung herausge1eitet zu mpß bergab führen. Entweder Starsystem
werden braucht, trotz einiger bedeutender (koste es, was es waUe) oder Ersatz durch
Stützen und Kräfte bezweifle ich, ob ohne Gäste Stilkunst, Regietaten, Neuheits..Sehnsucht in
augenblicklich eine knapp durchschnittliche einem gleichmäßig gestimmten, detailliert abge ..
Aufführung von Ariadne, Jüdin, Aida, Figaro, tönten Ensemble, das singen, spielen, sprechen
Tannhäuser, Boh~me, Butterfly, Freischütz, kann. Die Oper ist kein unmögliches Kunst ..
Cosi fan tutte,Holländer e tutti quanti zustande. . werk. Aber man kann es unmöglich machen.
käme. In der Provinz gibt's das zur Not alle In den Grenzen der Möglichkeiten liegt es heute
Tage, und in Charlottenhurg, das viel tieferes noch (auch für Schillings, der entlastet werden
Niveau hat und wirtschaftlich viel schlechter muß), den Verfall aufzuhalten. Bis dahin: lesen
steht, alle paar Wochen einmal. wir ein paar Kapitel aus der Bie..bel über die
In der Regie, im Ausstattungs .., Kostüm.. und
Opern..Paradoxie. Kur t Si n ger
Ballettwesen ist dank Hörth, Aravantinos,
Pankok, Kröller auf Initiative Schillings' hin C C

Verantwortlf,her S,hriftleiter: Dr. P. A. Pisk. Wien. I. Karl.platz 6. - Herausgegeben von der Untver.al~
Bdition A. G. - Dru,k von Otto MaaO' Söhne Ges. m. b. H., Wien I. Wallfia,hgasse 10.

364
Inhaltsverzeichnis des dritten Jahrganges
Jänner bis Dezember 1921
der

Musikblätter des Anbruch


Nach Autoren aIphabetisch geordnet. Die' Ziffern bedeuten die Seiten des Jalllgange••

GRÖSSERE AUFSÄTZE Ha a s Robert Die Musiksammlung der Nationat..


Al tman n Wilhe1m Die Musikabteitung an der bibliothek Wien 236
preußiscl1en Staatsbibliothek 342 Hoffmann R. St. Korngolds "T'o,te StAdt" 61
Al w i n Kar! Die Partitur von Bittners "Kohl.. - Julius Bittner 115
haymerin<4 117 - Die Kohlhaymerin 152
Bach D. J. Arnold Schönberg und Wien 216 - Konzet1musik in Wien 262
Barrett L. Funds Das russische Ballett 316 - Kar! Weigl 282
Bar t 6 k Btla Selbstbiographie 87 - Weingartners "Genesius" 319
Beck Joachim Die musikalische Physiognomie Horwitz Karl Fragmente 189
335 Jarnach Philipp Das Stilproblem der ntuen
Bi e Oskar Über Musik zu schreiben n Klassizität im Werke Busonis 16
,- Brief an BeIa Bart6k 97 Kauder Huga Gedanken und Betrachtun&en
Broesike .. Schoen Max Fritz Reiner 132 zu Pfitzners Streitschrift 1/11 45, 69
Bus c h Adolf Widmung an Mengdberg 114 - Musik als Zeit- und Raumkunst 146
Busani Ferrttcdo Aufzeichnungen und Tage.. - Rudi Stefans Lieder 196
buchblätter 19 - SchelIings Philosophie der Musik I/lI 213,274
Casella Alfredo Warum auch ein Futurist - Das Musikalische im Wien er Volkscharaktet
Rossini bewundern kann 59 234
Chantavoine ]ean Ferrucdo Busoni 1 Klaren Georg Religiöses zu Mahlers VIII. Sym..
Co e u r 0 y Andre Albert Rousse1 130 phonie 312
Das a tUB Jos. A. Entwicklung in der Kammer... K 0 d a 1y Zoltan Bart6ks KinderstUcke 100
musik 105 K"remser Eduard Wiener Volksmusik 267
- Homophone Polyphonie und Harmonie..Ent.. Lamo nd Frederik Widmung an Mengelberg 114
wicklung 210 Leichtentritt Hugo Busoni und Bach 12
- Die musikalischen Krisen der Gegenwart 304 - Berlin als Musikstadt in geschichtlicher Ent..
David Hanns W. Bdrachtungen eines musi .. wicklung 331
kalisch Unpolitischen 143 Lert Ernst Zur Inszenierung der "Prinzessin
- Das Kammerorchester des Schauspie1hauseJ!I Girnara" 198
Düsseldorf 314 Lustgarten Egon Nachklänge 277
Den t Eduard J. Busoni und das Klavier 27 Mahler Alma M. Widmung an Mengelberg 112
- _Busoni als Komponist 30 Ma n d yc ze wsk i Eusebius DieMusiksammlung
D 0 b roni ~ Antun Die Musik der Südslawen 280 der Gesellschaft der Musikfreunde inWien 240
Draher H. W. Busoni in Weimar 39 Manen Joan Widmung an Mengelberg 114
- Aus der Schweiz 79 Me n gelb erg C. R. Arnold Schönberg und die
Dukas Paul Widmung an Mengelberg 113 deutsche Musik 108
Emerich Paul Max Regers Klavierwerke 151 - Schönberg in Am5terdam 129
- Das moderne KIdviakonzert 187 l\Ioissl Franz Wiener Kirchenmusik 257
Faerster J. B. Mein Erlebnis Gustav Mahler - Die neu aufgefundene Bruckner Ouvertüre
147 G moll 274
Furtwängler Wilhelm Notiz zu Berlin als M ö I1 er Heinrich Amerikanisehe Orchester..
Musikstadt 335 verhältnisse 167
Gatt{ Guido M. Sokrates von Erik SaHe 75 Müller Ernst Von Tanz und Eurhythmie I/lI
- Riccardo Pick Mangiagalli 172 125, 161
- Ottorino Respighi 286 DreI Alfred nie Musiksammlung der Wiener
Grabner Herrmann Über neue Harmonik 207 Stadtbibliothek 242
Gray Cedl Beta Bart6k 90 Petyrek Felix Beb Bart6ks Klaviermusik 102
Pisk Paul A. Wilhe1m Furtwängler 77 Hof Fm a n n R. S. Berufschöre 202
- ~Aufführungm neuer Musik 195 - Die Wiener Konzertmesse 294
- Musikalische VoJksbilJung in WiCD 265 - Salzhurger Festspieldeulsch 323
Pisling Siegmund Musikkritik 164 - Muük in Wien 83, 119, 139, 157, 323
- Das Konzert 357 ]emnitz Alexander Aus den Konzertberichten
Pringsheim Klaus Gedanken über den Sinn des Nepomuk Mitläufer 203
des Musizierens 301 Klein Artur Entgegnung auf den Artikel Selig..
P. S. A. Musikbrief aus London 178 mann 321
Reznicek E. N. v. Noti.z zu Berlin als Musik.. Kle i n Walther Polnisches Symphonie.. Konzert
stadt 33t 121
Rosenfe1d Paul Ernest Bloch 135 Lustgarten Egon Neue Volksliederbearbei..
- Igor Strawinsky 191 tun gen 295
Saerchinger Cäsar, Musik in Amerika 54 M. R. Bart6ks Klavierwerke in Paris 66
Schön berg Arnold Widmung an Menge!.. Piak P. A. Zu Max Kalbecks Tod 183
berg 113 Rottenberg Ludwig ]wseiLs von musikalisch
Schreker Franz Mein Charakterbild 128 und unmusikalisch 65
Selden .. Goth Gise11a Das Goethesche in Bu .. S. R. Die Opern Franz Schrekers auf deutschen
soni 37 Bühnen 227
Simon ]ames Der musikalische Stil 32 - Das Programm der Wiener Orchester ver..
Singer Kurt Die Hochschule für Musik 348 einigungen 297
.:.... Staatsopernkalamitäten 363 Seligmann Waltet Die Klarinette kein trans..
Specht Richard Wilhelm Mengelberg 109 ponierendes Instrument 320
- Neue Musik in Wien 245 Spe eh t Richard Marionettenmusik 138
- Notizen zum Bruckner..Tag 269 S t e fan Paul Neue Mahlerliteratur 140
- Uraufführungsko!l~r 307 - Neue Kammermusik in Donaueschingen 293
Stefan Paul Karl Schuricht 176 Stern Alexander Mehr Talente 224
- Wiener Opernspiel 260 Wh i t fi eId Ernest Der britische Musik~Kon ..
Temps Le Üb<.>r Bela Bart6k 104 greß in London 225
Tessmer Hans Siegm~nd von Hause~ger 219 Besprechungen: Seite 67, 85, 122,141,159,
Weismann Adolf Die Produktion 352 183, 204, 229, 298, 325
Wellesz Egon Der Stil der lelzten Werke Neue Noten und Bücher: Seite 63, 86, 121.,
Debussys 50 142, 160. 186, 206, 232, 300, 330
- Die Streichquartette Bart6ks 98 Not i zen Seile 68, 123, 142, 160, 185, 205, 231,
- Wien als Musikstadt 233 299, 329
Werner Th. W. Die "Prinzessin Girnara u von NOTEN BEILAGEN
Wellest 221
Wolfssohn ]ulius Otto Klemperer 290 Bart6k Bela Töne im Herbst Op. 16 Heft 5
Bus 0 n i Ferrucdo Toccata für Klavier Heft 1/2
Das a t i e 1 ]. A. "Frühling" Lied Heft 7
GLOSSEN
Dieren van B. Skizze fürKlavierOp.4aNr.4
Bechert Paul Kritik der Krit"k 157, 227 Heft 17/18
Broesike,:,Schoen .. Ikjar U von Mraczek BI Horwitz Karl Lied dnes Knaben, Der Tod
- Mahlers VIII. in Dresden 180 Hefl 9/10
Dasatiet]. A. Kunst und Politik 65 K a n i t z Ernst Der leise Frühling, Ich wache
- Novilätenscheu 156 noch Heft 4
Glück Guido Drama Librdlo Kino 155 Ka u der Hugo Vöglein Schwermut, September..
- BeufleiJung diS Librettos 201 morgen Heft 6
Gräflinger Franz Zweites Linzer Musik.. K f e ne k Ernst "Im Spiegel" Lied Heft 15/16
fest 226 Lustgarten Egon Abendläuten, Wolken baum
H offm a n n R. S. Meine Herren Operndirektoren Heft 8
82 p j s k Paul A. Klavierstück Op.7 Nt. 2 Heft 3
- Hihi.. Haha 119 Rhi Rudolf Burleske für Klavier Op. 2 Nt. 2
- Neue Mal1lerliteratur 141 Heft 11
- Antwort 179 S zell Georg Sarabande für Klavier Op.6 Nr. 2
- Kritik du Kritik 182 Heft 12
o 0

173 - 1922
.

Wertvolle reizende Kinderlieder

LEO BLECH
11 Pianoforte
Viermal acht liedchen Zeitschrift fUr Musikpflege
he,rousQegeben von der
(Kindern vorzusingen)
Fabrica flaliana Pianoforle
Für Gesang und Klavier (F. I. P.)
U. E. Nr. 3271 op. 21 Erste Folge 111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111
U. E. Nr. 3310 op. 22 Zweite Folge
ie beste iI~lienisme Zeilsdlrifl mit
U. E. Nr. 5000 op. 24 Drille Folge
U. E. Nr. 5829 op. 25 Vierte Folge
Preis pro Heft . . . Mark 7'50
D Aufsalzen uber das gesamle Musik·
leben Europas. Beilräge und Berimle
Daraus sind soeben ersrnienen: aus der Feder der hervorragendslen
Sems Lieddten für eilJe Singstimme mit ilalienismen und auswiirligen Musik-
Gilarre (Or. J. Zuth) smriflsleller und Musiker
111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111
1. Die funf Hühnerchen - 2. Frühlingsbotsch.:lfl
3. Hänselein - 4. Hasensalat - 5. Kinderreim Ersmeint am 15. jedes Monals
6. Wille wohl ,d"olen 7 mindeslen~
U. E. Nr. 6456 . . . . . . Mark 6'-
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BOHNENWERKE
Der Geburtstag der Die Gezeichneten
Oper in drei Aufzügen
Infantin u. E. Nr. Mark
Pantomime muh Oskar Wildes gleichnamiger 5690 Klavierauszug mit Text. . . 60·-
Novelle 5691 Textbuch . . . . . . . . . 3·-
~E~ M~ 5762 Thematische Analyse. ~ • . 3·-
2545 Klaviersuiie. vierhändig • • •. 9"- 5763 Kurze thematische Analyse . -·60
5884 Vorspiel, Klavier zweihändig . 9·-
5389 Dasselbe, Klavier vierhändig . 18·-
Der ferne Klang 5364 Dasselbe. Studienpartifur. . 12·-
Oper in drei Atll2.ügen 5365 Dasselbe. Orchesterparlilur . . 70·-
3096 Klavierauszug mit Text. • • • • 60"-
3100 Regiebum mil szenischen
Bemerkungen . • • • . . • . . 4·-
Der Schatzgräber
Oper in vier Aufzügen, einem
3100. Textbu<i1 • . . ...... 3·- Vor. und Nachspiel
5367 Ballade für eine Singstimme und 6136 Klavierauszug mit Text. . . . • 60·-
Klavier.
.•.• . ... 4·50 6137 Textbum . . . . . . . . . . 3·-
5369 Sddu~duett für zwei Singstimmen 6133 Wiegenlied der Eis. für eine Sing-
und Klavier. . . . . • . . . 6·- stimme und Klavier. • •• 4·50
6515 Dasselbe Orcheslerpartitur . . . 24·-
Das Spielwerk 6199 Themalis<he Analyse (R. Spe<ht) . 4·-
Oper in einem Aufzug In Vorbereitung:
3770 Klavierauszug mil Texl.. . 45"-
3771 Textbu<h . . . •. . . 3·- Memnon
Der rote Tod Operndidltung in zwei Akten

frei nad! E. A. Po e. Dichtung in einem Akt Irrelohe


3289 Textbu<h • . • • . . • . • . 3·- Opemdichlung in drei Akten

SCHREKERS DICHTUNGEN
(Zwei Bände - 540 Seiten)
Ausgabe A auf holzfreiem Papier,
kartoniert beide Bände zusammen 40'-
Ausgabe B auf J~p(mpapier. in Ha~b- I
Jeder. numerlerl. vom Autor slg·
niert. beide Bände zusammen • 120'-
I. BAND 6293 Der ferne Klang. Das Spi~lwerk. 11. BAND 6294 Der Schatzgräber. Memnon.
Der rote Tod. Die Gezeichneten Irrelohe. Tanzdichtungen
Hiezu Verlegerzuschlog
Musikbläfler des Anbruch - Schreker Sonderheit Mark 6·-
ZU BEZIEHEN DURCH JEDE MUSIKALIENHANDLUNG

Universal·Edition A. G. Wien-Leipzig J
Hermann Zilchers
I
I
Konzertwerke
.. Die liebesmesse". Dichtung von Will Vesper. Für gemischten Chor,
Knabenchor, Soli, Orgel und Orchester • . . • . . . • . . . op. 27
Aus dem Hohelied Salomonis. Ausgewählt aus den neudeut-
schen Nachdichtungen von Will Vesper. Variationen für zwei Singstimmen
(AI! und Bariton), StreichquarteIl und Klavier . . . . . . . op. 38
Hölderlin. Symphonischer Zyklus für Gesang und Orchester •. ; op. 28
Deutsches Volksliederspiel. 16 Volkslieder filr vier Singstimmen
und Klavier . . • . . . . . . . . . . • . op. 32
Symphonie Nr. 1 in Adur für Orchester . . . op. J7
Konzert für Klavier und Orchester, H moll. . . . op. 20
Konzert für Violine und kleines Orchester, H moll . op. JJ
Konzert für zwei Violinen und Orchester, D moll . .op. 9
, .. Klage". Konzertstü<k für Violine und kleines Orchester .op. 22
Konzertsfü<k für Violoncell und Orchester, A moll . op. 21
Suite für zwei Violinen und Orchester, G dur . . . . .op. 15
Nacht und Morgen. Für zwei Klaviere, Streichorch. u. Pauken op. 24
Quintett für Klavier, zwei Violinen, Bratsche und VioloncelI, (jsmoll op. 42
Sonate für Violine und Klavier, D dur. . . . . . . . . . • . . . op. 16

Von dem gesaml~n komposilorismen Schaffen H erma n n Z i Ich e r s entwirft Her man n Op pen-
h ei m in seinM Lllcher-Biographie ein i'l.nsmouliches Bild; die Verlagshandlung madlf Interessenten
gern mil dieser bekannt und unterbreitet auf Wunsm auch die Werke selbst zur Durchsicht

Verlag Breitkopf K Härtel. Leipzig.Beriin


WERTVOLLE GESCHENKBflNDE
Musikalische Seltenheiten
Wiener Liebhaberdrucke
Geleitet von 0 t t 0 E t" i eh D e u t s cD unter Mitwirkung nambafte~ Farnteute
Die Universal"Edition beginnt Ende 1921 mit dct' Husgabe det' ersten Bände
eines neuen Unt~t'nebmens. das bei den Musikfreunden und Bibliophilen allet:
Länder lebbaftes Intetesse finden düt'fte. In dieset Sammlung musikalischer Kostbat:-
keiten, die der bekannte Scbubet'tforscher Otto Et:icb Deutsch in Wien
t'edigicrt. soUen wedvolte und scltene edet: unbekannte Stürue det'
klassischen Musikliteratut' zum ct'stenmale in einem schönen und stilgemäßen
6ewande ct'smeinen: Handsdltiften und frühe Dt:uCke in Faksimile (photo-
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Inhalt entsprechend in det' Stärke versmieden sein. ftußet: det' Pa p p ban da u s gab e
et'Scbeint eine Vot:zug sausgab e in Halbleder, auf besonders smönem echten Bütten-
papiet' gedrudtt, in je 50 numetiet'ten Exemplaren
Hls ct'Ste Bande diese!' Sammlung (Serie fl) wet'den bis Ende 1921 €tsa..einen:
BIlND I BHND 111
L. van Beetboven, Sonate op. 27 Jobannes Brabms, Drei Lieder
Nr. 2 In Cis Moll .. Mainacbt., .Sappbisc.be Ode_, .NamtwandLtt..
(logmannte ~P.'ondscbeln·Sonate_)
N~m dU" Handschrift aus dg~nem Besitz faksimiliert
H(!rausg~ebm von HelnrlL'bSc:benket' im Fak.lmile des bfti1U1Qeg.-:b~n von Max Kalbedt
Original.Manuskripts mlt Bewilligung des Beethoven-
Hausa zu Bonn am Rhein samt drei Eilli:;-.z.tnbllttern Rn drei ldauisd)en Mustern zeigt Max Kalbedl, worin
des Fitzwi\llam-MuseUtnR zu Cambrldg<! sowie aus sieb da kultivierte Lyriker Bl'l'I.hrnsunt~r den Stböpfem
Privatbesitz. Heinrich Schenkel: fübl:t an Hand des bis-- des deutsdlm Liedes auszddmet
hel' nilbt vnvlelfältlgtm Manuskripts "nd de\' el'-
baltenen Skizzen in die Geheimnisse der Enutebung
des Kunstwet'll:es dn BHND IV
BHND 11 Pranz Schubetts fünf erste Lieder
Josepb Haydn, Zwölf schottische In Faksimile bel'ausgegeben von Otto Erleb Deutsro
Volkslieder Neben den getreuen Wiedergaben det' Typendrud(e von
.[Ur Erlafseeo, _WideT\ld:ldno (unb~kannte Faslmng)
tfit' eine Singstimme mit Pianoforto, Violine u. Violon_ und .Dle Forelle- entbält der Band dm berilbmten
cello Muslka1- Beal'bettung von Eusebius Mandyczewskl .El'lkBnig_ und ,tie nom viel bedeutsamel'e Goethe_
Diese el'ste facbkundlge 8uswabl aWi dn wundervollen Komposition .6t'mbm am 8plnnl'ade., Mit Ikwilli-
Sammlung 6ch()ttismel' Lieder, deren 5ußet"st seltm.e gung des Wlent'l' Stadttal:~s wurde a15 ledtstfn" Teil
mglische Originalausgabe In deutschen Landen ilaum des Nimbattlgm Bandes auch die nocb nicht vervlel-o
vollständig zu finden ist, \)Tingt einen vel'scbütteten fiiltIgte HandseM1ft dle.tlea ersten modemen Liedes aus
Sdtatz der Volksmusllc wledet' zu Tage den städti8cbo= Sammlungen WleJ1ll npcod.u:llied

Hn diese ersten viel' Bände schließen sieb in den fotgenden Monaten des Jaht'es 1922
an (Serie B) :
Band V. lOH. SEB. BHCH. Pt'äludium und Fuge in H moll für Orgel. Heuusgegeben
von 6eot:g Kinsky - Band VI. WOLFG. ftMf\D. MOZHRT, Rondo in H moll für Klavier.
Herausgegeben von Hans Gal - Band VB. JOHflNN 5TRHUSS d. J. Fünf Walzet.
Hct'ausgegeben von Fcrdinand Scbe-rbet' - Band VIll. JOSEPH HllYDN, Galante
Licdet' fiit eine Singstimme mit Klavierbegleitung. Herausgegeben von Hugo BoisUbet
Weitete Bände sollen .in kurzen fibständen folgen
Duren die Subskribtion wut'de ~in großel' Teil dn Vorzu!=l.ausgabe bereit VOl'ausbestellt. Die mdgü, :gGl
Ladenpt'eise betragen a) filt' die Pappl>andausgal>e Mark60'-, l» für dieVol"Zugs~ (Halbleder.) ausgabe llla'k 250"-
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Repertoir-Oper an den Deutschen Bühnen!
Soeben angenommen von der Metropolitan-Oper in New York

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TEXT VON BEATRICE DOVSKY

U. E. Nr. 6881 Vollständiger Klavierauszug mit Text ........ Mk. 60'-


u. E. Nr. 6882 Textbuch Mark 3'- - U. E. Nr. 6887 führer durch die Oper Mark 3'-

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Erstaufführung on der Staatsoper in Berlin am 17. Dezember t921,


Landestheater in StUfIgart am 18. Dezember 1921
Bevorstehende 25. Aufführung am Nationaltheater in Münmen
Der gro~e Erfolg des Stadt- Theaters in Köln I

WALlER BRAUNFELS
DIE VOGEL
Ein Iyrism-phanlaslismes Spiel nach Arislophanes. - Didlfung vom Komponisten
U. E.Nr.6420 Klavierauszug mit Text . • . • . . . • • . . . . . Mark 60'-
U.E.Nr.6d21 Textbmh· . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mark ]'-
U. E. Nr. 6428 Vorspiel u. Prolog der Na<hligall.lür Gesang u. Klavier" Mark 6"-
U. E. Nr. 6870 Vorspiel und Prolog der Nachtigall, Parlifur. . . . . Mark 25'-
U. E. Nr. 6427 Die Taubenhomzeil. für Klavier zweihfindig • . . . . Mark 6'-
U.,E. Nr,6478 Die Taubenhoc:hzeil. Ptlrlilur • . • . . . . " . . . . Mark 40'-
Dieses Wl!rk, welduls bei seiner Uraufführung In Milnmen einen senSCI!lonellen Erfolg erzielte ur.d sla. dort d<'lndlg im Repetloi~
bejindet, hot bei seiner Ersloullührung In Köln t'inen au~erordentlid!er. B('ilall ernmgen und wurde bereits von den Buhnen in
Berlin, Hamburg, Mannheim. Sluilg/l.rl, Br/l.ummweig, Aamen e1c. l!ir dieses Spieljahr erworben
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MADAM NOY, Lied fiir Sopran, Flöte, Klarinette, Fagott, Harfe:, Viola
und Kontrabaß. Partitur und Stimmen . . . . . . . . . . " . . D. Mk. ao"-
Bearbeitung für Singstimme und Klavier (vom Komponisten) . n. Mk. U*-
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INEZIE. 1. Prelude, 2. Serenata, 3. Berceuse. Klavier. . . . . . . .1IIk. 6'-
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SUITE POUR PIANO • . . .• . .... . . . . . . . . . . . . . . IIIk. 12'-
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L'OISEAU DE FEU. Suite, Bearbeitung für mittleres Orchester. VoUsilndige
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LE BESTIAIRE or CORTEGE D·ORPHBE. 26 Gedichte Ton G. Appollinaire.
für Singstimme und Klavier . . . . . . . . . . . . . . . . . :Hk, 24'-
INSCRIPTIONS SUR UN ORANGER. Zwei Gedichte von Hvariste ParnT, für
Singstimme und Klavier . . . . . . . . . . . . . :Hk. 6'-
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Moderne Werke für den Konzertsaal

RICHARD STRAUSS
Op. 71 Drei Hymnen
von friedrim Hölderlin für eine hohe Singstimme und gro~es Ormester
1. Hymne an die liebe. - 2. Rü<kkehr in die Heimat. - 3. Die liebe

Op. 60 Ormester-Suite
aus der Musik zum .Bürger als Edelmann"
(Inhalt: Ouvertüre zum 1. Aufzug, Menuett, Der Femtmeister, Auftritt und
Tanz der Smneider, Menuett des lully, Courante, Auftriff des Cleonte,
Vorspiel zum 2. Aufzug, Das Diner)

Op. 55 Bardengesang
aus der .Hermannssmlamt" von Fr. G. Klopsto<k für Männermor und
Ormester (deutsm-englismer Text)

Op. 52 Taillefer
Ballade v. ludwig Uhland f. Chor, Soli u. Ormester (deutsm·englismer Text)

HANS PFITZNER
Op. 28 Von Deutsmer Seele
Eine romantisme Kantate nam Sprümen u. Gedimten von jos. v. Eimendorfl
für vier Solostimmen, gemismten Chor, gro~es Ormester und Orgel
(Eventuell an Stelle des Ormesters aum Bearbeitung für zwei Klaviere
zu vier Händen)

"PALESTRINA"
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"DAS CHRIST·ELFLEIN"
Ouvertüre für Ormester
Orchesler-Parlituren, Orchesler-Slimmen. Klavierauszüge. Einzelausgaben. Texfe u. s. w. - Voll-
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ehor. und OrdIesterwerke Kammermusik


6urre-Ideder Streichsextett Verkldrte nacht
u. E. Ur. fiit Soll, ehor und Ordlesfer U.E.n,. op . .\
6300 Partitur. Doppelrollo-format . lar zwei UlolJnen, zwei Ulolen und zwei UloloocelO
Dasselbe Prachtausgabe oorn
Komponisten signiert. . . . 3662 Parlitur (klein., rormat) . . . • .
3691 raksimileparfltur. Gro{Jquarf . 3663 SUmmen. . . . . . . . . .. • .
3696 Klavierauszug mit Text (Berg)
3696 Dasselbe. BOtfenau,gabe .. Streichquartett fir. 1, Dmoll op. 7
3695 rOhrer (Berg) . . . . . . . ffir zwei Violinen, Viola und \11010nce1l0
5275 Kleiner rOhrer (Berg). . . . 3665 Parlllur (klolne, rormat) . . . . .
Einzelausgaben Ulr eine Singstimme und Klavier 3066 Stimmen. . . . . . . . . . . .
5330 1150 tanzen die Engeh . . . . .
5331 ,.nun sag' Ich dir zum ersfenrnQI" . Streichquartett nr. 2, Fis moll
5332 «Du wunderlldle TOlle.. . . . . .
5333 tTauben oon Gurre, . . . . . .
op. 10
IOr zwei ttfollnen, "iola und 1'loloncello
Verkldrte nacht op. , 111. und IV. Sol' mll Ge,ang nadl G.dldllen .on
Bearbeitung IßT Streichordtester Steton George
6065 Partitur (nur gegen Reuers) . . . 2993 Parlllur (Okta.). . . . . . . . .
2994 SUmmen. • • . . . . . . • . .
Pelleas und ffiellsande op. 5
Sinronlsdle Didlfung fOr groIjes Orchester Kammersinfonie e: dur op. 9
33'2'1 Partitur (nur gegen Revers) . . . fQr 15 Solo.Instrumente
Kammersinfonie e: dur op. 9 366'2 Partitur (nur gegen Revers) . . . .
Bearbeitung tOr Orchester 6140 Thematl,dle Bnaly,e (Berg) • . •
36670 Partitur (nur gegen Revers) . Pierrot lunaire op. 21
Die :7akobslelter Dreimal sieben 3edimte nam Blbert 31raud
Ein Oratorium 533l Parlllur (IOr BullOhrung) .
6061 Textbudl . . . . . . . . . Dasselbe auf BOUenpapler
6061 Dasselbe, SOttenausgabe . . 5336 Studlenparlllur • . . . .
53360 texlbudl. . • . . . . .
Bühnenwerke
e:rwartung Klauier ZU zweI Hdnden
monodram 2991 Drei Khrolerstocke op. 11. . . . .
5361 Ordtesterpartltur (nur gegen Reoers) 2992 KlavierstOck op. 11, Or. 2, Konzert-
5360 Textbudl . • . . . • . . • . mt'lijlge 3nterpr. von ren. BU50ni .
5069 Sedls kleine KloDierstOm.e op. 19
Die glllckllche Hand
Drama mit musik
5670 Ordlesterparillur (nu. gegen Re.ers)
musiktheorie
5672 TexJbudl . . . . . . . . . . . 3370 Harmonielehre (111. Buflage in Vorbereitung)

1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIUIIWW

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Nr. 1 An die liebe. HodlU. mittel it Hk. 1"50 Nr. I - 4 horn komplett. . Mk. 4'~
Nr. 1 - 4 mittel komplell • Mk. 4'-
Nr. 21d! will meine Seele tauchen
op. 10 Trio C molllür Violine, Cello und
Horn und millel . . . . h Mk. 2'- Klavier . .- . . . . , . . Mk.25·-
op.8 Sonate Es moll für Klavier. . Hk. 12"- ap. 11 .. Gorm Grymne", Melodram für
op. 9 Kleine lieder. Heft 11 Deklamalion, Slreidlquariell und
Klavier. muh der Ballade von
Nr.l Derlraumende See (Julius Mosen) Theodor Fontane. • . . . . Mk.12'-
Nr.2Ständdlen (Gleim) ap. 11 Desgl. Ausgabe für Deklamation
Nr.3 Barbtlrazweige (Martin GrelO und Klavier allein . . . . • Mk. 6'-
TeuerunguHschlllQ 100 Prozenl
In diesem grofszüglgen Komponiilen, von dem soeben Sonaten und lieder eingetroffen sind, smeint die gute Form und die Kennlnls
der Verlellunll instrumentaler Klangelfekte unerwartet wiederzuerstehen, ... erbunden mll dem Fortsmritt moderner rhYlhmisdu.. r und
harmonisdter I edlllik. In den Ic:mgsamen Sätzen ubwingt eine sponton und breil empfundene Melodie, weldJe, trotzdem hin und
wieder harmonisme Verzwidltheitell bemerkbar sind, eine Persönlimkell zeigt. die noch oiml dUflh harmonisdJe Akrobaten·Kunstslü<ke
... erdorben bt, mll welmen sim diejenigen ergötzen, die \lolIsl1!ndig jegll<ner I~~pir<lllon b~r sind. Er Ist !m Geg~nteil eille .Persön_
Ihnkeit, die auf fesler Grundloge bouend, <lum mit dem Geiste der Selbslkrlhk begabi Ist, weldte es Ihr ermoghdJen Wird, dos
sdJön Er:.dJeinellde vom wirklich SdJöllltn zu unlersmeidell und uns noch elwa:. wirklidJ Bedeutelldes. etwas wirklich Empfundenes zu sogen
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Da... id, Dont, Dvorak, Ernst, fiorillo, Flesdl, Haendel, Haydn. Hubay. ]oamim, Juon.
Klingler, Kreisler. Kreu1zer. lalo, Mazas. Mendelssohn. Mozarl, Paganini. Reger.
Rode, Sarasale. Schnirfin. Schuberl, Sdmmann, Sibelius, Sinding, Spohr, Strau~, Tarlini.
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A. ORIGINAL-KOMPOSITIONEN B. BEARBEITUNGEN
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2827 op. 22 Estampes, 6 Klavierslücke . 10'- 3703 Menuett aus Mahlers 111. Sin-
Impa1ience - Serenade du fonie . . . . . . _ . . . . . . 6'-
Pierrot - Discours inlime - 5658/59 } Drei Wiener Tanze nam
Marquis et Marquise - A la 6198 Moliven von Ed. Görlner 1/111 b 6"-
Watteau - Badinage
25190p. 33 Drei Klavierstücke . . . 9'-
12 KONZERT·TRANSKRIPTIONEN,
Elude - Mazurka - Tabatiere 5070 Nr. 1 Dandrieu, Les Fifres. • • • 4'50
b musique 5071 • 2 Rameau, Musette • •. ,4'50
25396 Daraus einzeln Nr. 3 5072 .. 3 Grazioli. Adagio . . . 4:50
Tabatiere a musique .• 4'50 sOH .. .4 Gluck. Ballei des ombres heu·
30S3 op. 44 Passacaglia . . . . . . 6·- reuses " . . .... ." 4·S0
3365 op. 45 Drei Phanfasiestiicke . . 6'- 5074 .. 5 Dandrieu, Le Caquet . • • 4'50
3366 op. 47. Vier Studien . . . . . . . 9·- 5075 .. 6 Beethoven, Ecossaises. . 4·50
514Sop.47b Studien über ein Thema von 5412 • 7 Scarlatti, Pastorale ' • 4'50
Paganini. • . . . • 9'- 5413 _ 8 Scarlatti, Gigue, . . . . . 4'50
3377 op. 48 Vier Priiludlen .. . 6'- 5414 • 9 Dalayrac, Romance (aus der
3378 op. 49 Zwei Mazurkas . . . 6'- Oper »la pazza per amore«) 4'50
3702 op. 53 Polni5(he Lyrik, I. Folge 6'- 5415 .. 10 Gluck. Gavotle (a.»Don]uana) 4'50
Herbst - Sddummerlied - 5416 • 11 Couperin. La tendre fanmon 4'50
Bauerntanz - Wind 5417 • 12 Rameau.lerappeldesoiseaux 4'50
S710op.60 Polnische lyrik, 11. Folge 6·-
Dumka - Hymne -Im Mai -
ValseIte - Vieux refrain Klavier zu 4 Händen
5711 op.61 Vier Präludien . . . . 6'- 3504 op" Sl Fünf Walzer. " . . . • . 6·-
6023 op. 66 Ballade . ..... 9·-
6022 op. 72 Polnisdle Lyrik, 111. Folge,
S Klavierslüd<e . . . . " 6·- ViolonceIl u. Klavier
Weihnaddslied - Von lieb' und 3798 op. 50 Nr, 1 Melodie Slave. . 4'50
Leid I - In der Dorfsmenke - 3799 op. 50 Nr.2 Valse lente . . . . . 4'50
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ERNST KRENEK JOSEF ROSENSTOCK


6496 Sonale Es dur. . . . . Klavier 2 h8ndig 6483 Symphonisches Klavierkonzert op.4,Ausg .•
7080 Sireimquartelt Parlifur 2 Klaviere 4 händig
7081 Hiezu Stimmen 7024 Ouvertüre zu einem heiteren Spiel op. 5
erzielle bei der Uraufführung im Wiener Ton· Parlilur
kümllerverein einen sensationellen Erfolg 5542 Sonate E moll op. 3, Klavier 2 händig

ALOIS HÄBA
6389 Oeux. morceaux. für Klavier 2 hdg. op. 2 6874 Ouvertüre f. gro~es Ormesfer ap. 5 Partitur
5543 Sonate D moll für Klavier 2 hdg. . ap. 3 6418 Streimquarlell in Vierlellönen op,7 Partitur
6419 Hiezu Stimmen

UNIVERSAL-EDITION A.o., WIEN-LEIPZIG

Neue Kammermusik
PAUL GRAENER. STREICHQUARTETT. op. 54
Kleine Parlifur Mk. 1,50 Stimmen Mk. 10'-
Eine eIgenartige, sdtwermutvoJle Shmmung liegt über diesem Klllngwerk. Ernst und gedankenreld'l
ist seine Sprache, \loller Herbigkeit. Ein eigentümlich archalsdler Haud! verleiht d"m Ganzen sein
besondere:> Gepräge. Viellf'idll dar! man diesen Slil mit dem Pfil~nef'sd1eJl .PalestrIJla" v!!rglehn!!Jl. UJld
dom ist!!s etwas ganz Eigenes, was Oraener hier mit meiderhaffl!!r formbl!!herrschung
gestaltet hat, hömst kunstvoll In der faktur und knapp und öu~ersl pragJlanl Im Ausdrudl., Vlelleid'tt
vet'hillt gerade dIeser UmslaJld, nllmlim da~ dieses QuarteIl eines der wenigen Gllltung 1!iI. das keine
Uingen lIufweill.lhm zu besondl!!rer Beaddung seitens uns_er Kammermusikwereinigungen
(AJlgemeine Musiklellung Nr.47, vom 18. XI. 21.)
I,

ROBERT KAHN, STREICHQUARTETT Amoll, op. 60


Kleine Partitur Hk. 2'- Sfimmen Mk. 10·-

WllHElM KIENZl, STREICHQUARTETT Nr.2 Cmoll, op.99


Kleine Partilur Mk. 2·- Stimmen Mk. 10'-
••• Mim nhöneJl Gesang des Ad<'lg!os, wie beim Sd!erzo. aus dem l1edllsme slelrlsme Volksmusik her-
vorkldJerf, empfiJldet molln ehrlrdle Freude. • • Dr. A. GllhdJka ( .. Der Met'ker")

Sämtl .. Preise zuzügl. Teuerungszuschlag.


Zu beziehen durch elle Musikalienhandlungen.

Inleressenlen stehen die Parliluren auf Wunsm aum kurze Zeil zur Ansicht zur Verfügung durch:
Ed. Bote & G. Bock, BerUft W 8, Leipzigerstraße 37
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HERMANN NOETZEL
MEISTER GUIDO
Komische Oper in drei Aklen. - Dichlung vom Komponislen
U.E.Nr.6260 Klavierauszug mit Text . . . . . • • . • . • . . . . Mark 20'-
U.E.Nr.6261 Texlbuch • . . • . . . . • . . . • . . . . • • . . . Mark 1'-
Au~erordentl. Erlolg in: München. Hannover, Karlsruhe. Bremen, Kassel. Augsburg elc.

BERNHARD SCHUSTER
DER JUNGBRUNNEN
Romanlische Oper in drei Aufzügen. - Nach der Prosadichlung
des Komponislen in Verse gebrachi von Wilhelm Holzamer
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U.E.Nr.6131 Textbuch . • • . . . . . . . • . . . . . . . . • • . Mark 3'-

ALADAR SZENDREI
DER TORKISENBLAUE GARTEN
Ein Spiel von liebe und Tod in einem Akt - Dichlungv. Rose Silberer
U. E. Nr. 6255 Klavierauszug mit Text . • . . . . . . • . . . • . • Mark 45'-
U.E.Nr.6256 Texlbuch • . . • . . • . • . • . . . . . • . . . . Mark 2"50
Gro~er Erfolg in Leipzig. Angenommen für .Freiburg i. B. eie.
Hiezu Verlegerzuschlag

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UNIVERSAL-EDITION A. G., WIEN-LEIPZIG




,

~ustau fiahlers Werke


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Sinfonien und \7okalwerke mit Orchester


Sinfonie I D dur Hlr gro~es Orchester Sinfonie VI B moll lilr gratJes: OrdIester
U. E. Ur. U. E.Ur.
2931 Partitur . . • • • • . • . • • 2715 KlavIerauszug" ms (ZemlInsky) •
n 7 KloIJlerau5zug "' ms (B. Waller) . %77.\ Kleine Partitur . • • • • • • • •
9\6 taschenpartitur (16°) . . . . . .
578t thematlsd1.e Bnalyse (Spedd) • . Sinfonie VU nir orotJes Ormest.r
SinfonI. JI e: moll fllr grofte. Orchester, U. E. Ur.
Bit. und SopraDsllIlo und gemischten ehor 298.\ Klavierauszug " ms (easeIla). . .
U. E. Ur. %985 Kleine Partitur • • • • • . . • •
2933 Partitur • . . • • . • • • • • •
90\09 Klavierauszug: "' ms (B. Waltet) • Sinfonie VIII Iftr 8 Soli. Knabenchor, 2 ge.
2931 Zwei Klo,,!ere "ms (H. Behn) (zur mischte ehGre und groiJes Orthester
aufführung sind zwei Exemplare er- U. E. Ur.
forderlich) • . . . • • . • . • •
3638 Zwei Klaviere 8 ms (Roddet) • . . i77i ParUtur . • . . • . • . • . .
9.0\8 taschenpartUuT (16°) • • . . • • %660 Klaolerauszug mit text (WOss) .
2938 alb BllsQIQ: .. Urlidth h. f.. . . . 3390 Klaolerauszug zu " Handen. . •
5182 thematlsdte Rnall1se (Spedlf) . . . 3000 Kleine Partitur . . . . . . • .
3399 themaU,dIe Bnalyse (SpedIt) •
Slnlvnis 111 0 moll IOr aratJes Orchester.
BUsolo. Frauen. und KnabendIor Sinfonl. IX 14r gro'es Orchester
U.E. Ur.
2939 Partitur . • • • • • • . . . . .
U.E.Ur.
3395 Partitur • • • • • . . • . • • •
I
95 I
950
294-3
Klavierauszug "rns (WGss). . • •
tasmenparfitur (16°) . • • . • •
altsolo; ,0 ffiensdtl Gib amU" (siehe
flieder) . . • . . . . . . . . .
3397 Klavierauszug" ms (WOss). • ••
3398 Kleine Partitur . • . . • • • • •
Das (lied pon der Erde. Sinfonl. filr 1 renar.
I
3602 (3lockendtor 2 ms (WOss). . • • • und 1 au. "der Baritvnstimme und
3703 menuett %ms (rrledman) . . • . U. E. Ur. Orchester
36.\9a/b .Es sungen drei EngelOi (frauen- 339% Partitur • . . . . . . • • • • •
mor) Gesang und Klavier h. f•• 3391 Kiaolerauszug mit text (W5ss) •
5783 thematlsdte Bnalyse (Specht). . . 3637 StudienpartItur . . . . . . . •
Slnlvnie IV 6 dur Ißr grutJes Orchester und 339.\. themalisd1.eElnalqse (W5ss) • •
U. E. Ur. Sopransolo
29.\4- Partitur . . . . . • . . . . . • Das klagende Wed, lilr Sopran., Brt.,
953 Klavierauszug .\ ms (Wilss). . . • renonolv. gemischten ehor und Orchest.r
9S! t"aschenpartitu-r (1611) . . . . . . U. E. Ur.
!94-6 Sopransolo : • Wir genle{Jen die hlmm.
IIschen rreuden . . (siehe [(ieder) . .
2969 ParHtur . • • . . . . . • • • I
1694- Klavierauszug mit text (WOss) •
5784 th.maU,dI. Bnaly'. (Sp.dIt) ••• 5390 Kleine Partitur • . . . . . . • !
6roije OrcMsterparftturen zum Prlvatgebraudl gegen Revers
Ordlester- u. ehormaterlale nadl \lereinbarung mit dem \?erlage

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1IIIIII1IIII1III'1I1nlllll"IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII'1111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111111,111

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Mil Beiträgen von: Max Chop. Pau! Bekker. Mi! Bei!rägen von: Bela Barl6k. Cecil Gray,
leopold Schmidt, Felix Weingarlner efe. O. Bie, E. Wellesz, Z. Kodaly, F. Pelyrek elc.
Bei lag e n: PorfrCiI Rezniceks sowie Original· sowie Original-Nolenbeilage, .. Töne im Herbst"
Nolenbeilage ... Sdlelmiscne Abwehr" ap. 16 Nr. 2, und Porträt Barloks
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Mit Beiträgen von: Jean Philippe Chanlavoine. Mit Beifrägen von: Egon Wellesz. Eusebius
Hugo Leimtentritt. F. Busoni, James Simon ete:. Mandyczewski, Rimard Spemf. R. SI. Hoffmann.
Bei lag en: Porträt Bu~oni5, Bühnenbilder ClU5 Eduard Kremser elc.
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Inleresse lIe'e~en werden. bringl hier in der ihm eigenen fesselnden lA!rsleliung eine Reihe von Aufsätzen, weld!e die über-
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im besooderen darlegen. Auhehen werden des Aulor~ Q",nz neue Ausführungen tiber die sogenannte »Urllnie- erregen. die <'In
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