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News 09.02.2012 Lesedauer ca. 2 Minuten

BIONIK

Wirbel an der Haihaut geben den


Geschwindigkeitskick
von Jan Osterkamp

© NOAA (AUSSCHNITT)

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Die überragenden Strömungseigenschaften ihrer reibeisengezackten Haut


machen Haie zu zu besonders schnellen Schwimmern; und längst inspirierte dies
Ingenieure zu erfolgreichen Plagiaten, etwa beim OberDächendesign von
besonders reibungsarmen Schwimmanzügen. Dabei hat man der Natur aber
offenbar nicht genau genug kopiert, meinen nun zwei Forscher von der Harvard
University: Die OberDäche der Haihaut funktioniert nur dann wie sie soll, wenn sie
auf einem sich Dexibel durch das Wasser schlängelnden Körper montiert ist.
Dann allerdings sorgt jedes Wasserwirbelchen für geringen Widerstand – und
sogar veritablen Vortrieb.

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Das wurde Johannes Oeffner und George Lauder erst nach einem
überraschenden experimentellen Fehlschlag klar. Die Forscher hatten sich echte
Haihaut auf einem Fischmarkt besorgt, um den Beitrag der typischen winzigen
OberDächenstrukturen, der Dentikel, auf den Strömungswiderstand zu
analysieren. Als Kontrolle diente Haihaut, von der sie zuvor die Dentikel säuberlich
abgeschabt hatten – was zur Verblüffung der Forscher den Strömungswiderstand
der Haut auf einem starren angeströmten Träger aber keineswegs erhöhte,
sondern – im Gegenteil – sogar senkte. Erhöht das Haihautreibeisen den
Widerstand demnach sogar?

© J. OFFNER, G.V. LAUDER / HARVARD UNIVERSITY (AUSSCHNITT)

Verschiedene Schuppen auf der Haihaut | Die Placoidschuppen (oder Dentikel) auf der
Haihaut unterscheiden sich je nach Lage. Vermutlich ist ihre Struktur dabei an die beim
Vorwärtschwimmen üblichen Strömungsverläufe ihres jeweiligen Standorts angepasst: So
optimiert sich die Verwirbelung bei der Bewegung und sorgt für geringen Reibungsverlust
und Vortrieb.

Anders als in diesem Experiment bleibt die echte HautoberDäche mit ihrer
Feinstruktur auf schwimmenden Haien allerdings niemals starr. Die Forscher
simulierten daher die natürlichen Bedingungen mit der Hilfe Dexibler Haut-Träger.
Anhand der Aufnahmen eines schwimmenden Maki programmierten die Forscher
zudem Motoren, die den verformbaren Träger wie das natürliche Vorbild
rhythmisch schlangenlinienartig durch das Wasser bewegten. Nur an diesen
Trägern war nun, so die Messung, der Strömungswiderstand an der künstlichen
HaihautDäche tatsächlich dramatisch reduziert.

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Aufnahmen mit einer Kamera, die kleine Partikel im Strom und ihre
Geschwindigkeitsänderung verfolgte, zeigten zudem einen spannenden weiteren
Effekt der Strömungsdynamik an den OberDächen: Die altbekannten Wasserwirbel
an den Dexiblen OberDächen werden an den Ecken der bewegten Ministrukturen
zu Wirbelschleppen, die einen von voraus wirkenden Sog erzeugen. Somit wird
nicht nur der Widerstand verringert, sondern tatsächlich sogar an jeder
Haihautschuppe ein Vortrieb erzeugt. Im Experiment erhöhen diese Effekte die
Geschwindigkeit um über 12 Prozent.

00:25

© J. OFFNER, G.V. LAUDER / HARVARD UNIVERSITY

KÜNSTLICHE, FLEXIBLE HAIHAUTSCHUPPE


Die Dexiblen Schuppen auf der Haihaut erzeugen bei jeder Bewegung eine
vorauseilende Verwirbelung: Sie saugt das Tier geradezu gegen die
Anströmrichtung vorwärts (im Video links).

Hat man demnach seit Jahren völlig umsonst versucht, den


Strömungswiderstand von OberDächen durch eine möglichste naturgetreu
nachgeahmte Haihaut-Beschichtung zu simulieren – ohne dabei die Flexibilität
des Untergrundes zu bedenken? Tatsächlich versagte in einem
Vergleichsexperiment das im Wettkampfschwimmsport berühmt gewordene,
haihautanaloge Textil einer australischen Sportartikelherstellers: Es sorgt nicht
für messbar geringeren Widerstand. Offenbar hat der Rekordanzug aber andere
Vorteile für die Athleten, spekuliert Lauder – sein extrem enger Schnitt verändere
vielleicht den peripheren venösen BlutDuss, oder unterstütze eine
leistungsfördernde Haltung der Athleten im Wasser. Ein physikalischer Vortrieb,
wie ihn Haie erleben, werde damit jedenfalls allerdings nicht erzielt.

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Jan Osterkamp
Der studierte Biologe war Redakteur bei »Spektrum.de«.
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