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Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ), Laser Spectroscopy Division

Ronald Holzwarth, Peter Fendel, Maximillian Herrman, Marcus Zimmermann, Christoph Gohle, Thomas Udem, und Theodor Hänsch

Es werde Licht
Elektromagnetische Wellen sind durch ihre Frequenz f und ihre Wellenlänge l
charakterisiert. Die Frequenz läßt sich aus der Wellenlänge l über die Beziehung f=c/l
berechnen. Dabei ist c die Lichtgeschwindigkeit von 299.792.458 Meter pro Sekunde.
Beträgt die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung zwischen 400 und 800
Nanometer (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter), so handelt es sich um sichtbares
Licht. Die verschiedenen Wellenlängen empfinden wir als verschiedene Farben. Die
längsten sichtbaren Wellenlängen erscheinen rot und die kürzesten blau. Licht mit einer
größeren oder kleineren Wellenlänge bezeichnet man dementsprechend als infrarote bzw.
ultraviolette Strahlung. Die Frequenzen sichtbaren Lichts sind viel zu groß, um sie
elektronisch zählen zu können.
.

Höchste Frequenzen
Die höchsten elektronischen Frequenzen, die man verwendet, sind beispielsweise für das
Satellitenfernsehen oder in einem modernen PC (etwa 1-10 Gigahertz). Grünes Licht dagegen
mit einer Wellenlänge von 500 Nanometern hat eine Frequenz von 600.000 Gigahertz (1
Gigahertz = 1 Milliarde Schwingungen pro Sekunde). Deswegen wurden in der Vergangenheit
in spektroskopischen Anwendungen immer die Wellenlänge des Lichts und nicht dessen
optische Frequenzen gemessen. Der Spektroskopie - also der Bestimmung der Wellenlängen des
Lichts, das von Atomen ausgesendet wird - verdanken wir den Großteil unseres Wissens über
die Physik der Atome. Um die Gültigkeit der daraus entwickelten Theorien (zum Beispiel der
Quantenmechanik) zu testen, muß man sehr genau messen, weil diese Theorien auch sehr
genaue Berechnungen erlauben. In der Tat hat man im Falle der Quantenmechanik noch keine
signifikante Abweichung vom Experiment feststellen können, obwohl sich die Meßgenauigkeit
in den letzten Jahrzehnten drastisch gesteigert hat.

Höchste Genauigkeit
Man kann heute Uhren bauen, die seit dem Beginn des Universums vor etwa 10
Milliarden Jahren, gerade mal um 5 Minuten falsch gehen würden. Alle anderen
physikalischen Größen außer der Zeit können nur sehr viel ungenauer gemessen werden.
Um also höchste Genauigkeit zu erreichen muß man irgendwie eine Zeit messen. Das
gelingt mit einer Frequenzmessung, also der Bestimmung der Anzahl von
Schwingungen pro Sekunde. Falls man sich beim Zählen nicht vertut und eine sehr
große Anzahl von Schwingungen hat, ist eine Frequenzmessung also genauso genau wie
die Uhr, die einem sagt wann die Sekunde vorüber ist. Zum Beispiel wurde in unserem
Labor eine Übergangsfrequenz im Wasserstoffatom, das für die Grundlagenforschung
von zentraler Bedeutung ist, auf 2.466.061.413.187.103 ± 46 Schwingungen pro
Sekunde bestimmt.

Die genaueste Uhr der Welt vom LPTF/Paris in unserem


Garchinger Labor.

Der optische Frequenzkamm


Um einen optischen Frequenzkamm zu erzeugen verwenden wir einen Titan:Saphir Pulslaser, in dem ein sehr kurzer Lichtpuls über
Umlenkspiegel zirkuliert (unten links). Die Energieverluste durch nicht ganz perfekte Reflexion und durch das Auskoppeln eines Teils der
Pulsintensität durch einen teildurchlässigen Spiegel, werden von einen eingebauten optischen Verstärker (der Titan:Saphir Kristall in der
Abbildung in grün) ausgeglichen, so dass derselbe Puls tagelang in der Spiegelanordnung umlaufen kann. Am Ausgang des Lasers erhält man
eine Kopie des Lichtpulses nach jedem Umlauf (einmal pro Nanosekunde). Mit Hilfe eines von uns erfundenen Tricks lässt sich die Pulsrate
so einstellen, dass auf genau eine Millionen Zyklen eines sehr schnell oszillierenden Einfarbenlasers genau ein Puls fällt. Dies geschieht mit
:
Hilfe eines Spektrometers der das Licht des Pulslasers analysiert. Das Spektrum des Pulslasers hat bei sehr genauer Betrachtung
Ähnlichkeiten mit einem Kamm, daher der Name Frequenzkamm. Es gibt etwa eine Millionen "Zinken" in diesem Kamm. Durch die
Überlagerung des Einfarbenlasers mit dem Frequenzkamm auf einem Photodetektor lassen sich elektrische Signale erzeugen die zur
Pulssynchronisation genutzt werden können. Um die Frequenz des Einfarbenlasers zu bestimmen, braucht man nur die leicht messbare
Pulsrate zu bestimmen (etwa 1 GHz) und diese dann mit einer Millionen zu multiplizieren. In diesem Sinne ist der Frequenzkamm einer Art
Frequenzteiler, der die viel zu große Frequenz des Einfarbenlasers auf die elektronisch zählbare Frequenz des Pulslasers herabsetzt.

Der nächste Schritt: die optische Uhr


Eine Uhr, ob Sonnenuhr, Sanduhr, Pendeluhr, Quarzuhr oder Cäsium-Atomuhr besteht immer aus zwei Komponenten, einem Oszillator, der
möglichst gleichmäßig schwingt und einem Zähler, der diese Schwingungen mitzählt und nach einer gewissen Anzahl zum Beispiel den
Sekundenzeiger um eine Einheit weiter bewegt. Während bei Uhren mit sehr langsamen Oszillatoren, zum Beispiel bei der Sonnenuhr mit einer
Schwingung pro Tag, der Mensch mitzählen kann und den "Tageszeiger" um eins weiter stellt, braucht man bei Pendeluhren ein Zählwerk, um eine
praktisch verwendbare Uhr zu haben. Bei einer Quarzuhr oder bei einer Cäsium-Atomuhr, bei der die Cäsiumatome genau 9.192.631.770 mal pro
Sekunde schwingen (so ist die Sekunde definiert) braucht man ein elektronisches Zählwerk. Beim Vergleichen der verschiedenen Uhren fällt auf,
daß diese je genauer gehen je schneller das Pendel schwingt. Deswegen könnte man mit einem "optischen" Pendel eine noch viel genauere Uhr
bauen. Als optisches Pendel wird man ein Atom, nehmen das eine genau definierte optische Welle, also Licht, aussendet. Dieses Pendel war bisher
nicht die größte technische Herrausforderung, sondern das Uhrwerk, das derart schnelle Schwingungen zählen kann. Mit dem Frequenzkamm läßt
sich nun ein solches Zählwerk auf einfachste Weise realisieren.

Und wozu das Ganze?


Genaue Atomuhren werden bei der Synchronisation von Datennetzen gebraucht. Wenn man zum Beispiel ein Fax sendet, kommt unter Umständen
eine Atomuhr zum Einsatz. Eine weitere Anwendung aus dem Alltag ist die Satellitennavigation im Auto oder im Flugzeug. Mit den genaueren
optischen Uhren werden sich aber möglicherweise neue Anwendungen ergeben, etwa das Aufspüren von Erzlagerstätten durch deren Gravitation
und der damit verbundenen winzigen Änderung des Verlaufs der Zeit (Stichwort: Zeitdilatation, Allgemeine Relativitätstheorie). Ursprünglich
jedoch haben wir diese Technik an unserem Institut für die Grundlagenforschung entwickelt. Wir haben damit die präzisen Voraussagen der
Quantenmechanik anhand des Wasserstoffatoms auf insgesamt 14 Dezimalstellen überprüft. Die Quantenmechanik ist genaueste, aber auch die
seltsamste Theorie, die die Physiker je hatten. Weil diese Theorie noch wesentlich mehr dem gesunden Menschenverstand widerspricht wie die
Relativitätstheorie, versucht man sie schon seit es sie gibt (fast 100 Jahre) in Widersprüche mit der Natur zu verwickeln. Bisher jedoch erfolglos.
Aus unseren Experimenten ergibt sich, daß die Quantenmechanik auch bei der vierzehnten Nachkommastelle recht hat. Als kleiner Trost bleibt, daß
diese seltsame Theorie zwar inzwischen fast alle natürlichen Phänomene richtig "erklären" kann, sich aber über andere, wie zum Beispiel die
Gravitation, beharrlich ausschweigt.

Thomas Udem 4.10.2005


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