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Kendo-Rüstungen - ein Überblick über Materialien

und Verarbeitungstechniken
Wir geben dir hier einen Überblick über verschiedene Materialien
und Verarbeitungstechniken, die bei Kendo-Rüstungen zu finden sind. Dabei versuchen wir,
deren Vor- und Nachteile aufzuzeigen und hoffen, dass es dir hilft, die richtige Rüstung für
dich zu finden. Mit über 10 Jahren Erfahrung bei der Herstellung von Rüstungen möchten wir
dir auch einen kleinen Blick “hinter die Kulissen” auf die Fertigung der Rüstungsteile geben.
Natürlich beraten wir dich auch gerne persönlich.

Nähtechniken und Nahtabstände bei Rüstungen

Parallele Nähte
Verlaufen an der Rüstung die Nähte parallel zueinander, so wird angegeben, wie groß der
Abstand der Nähte zueinander ist. Gängige Nahtabstände sind 5 mm oder 3mm (siehe Bild
unten). Engere Nahtabstände erhöhen die Festigkeit und Lebensdauer der Rüstung. Durch
einen größeren Aufwand bei der Herstellung steigt aber auch der Preis. Außerdem nimmt
mit der Dichte der Nähte in der Regel die Flexibilität der Rüstung ab.

Nahtabstand bei Kendo-Rüstungen

5 mm 3 mm 6 mm

parrallele Nähte parrallele Nähte überkreuzende Nähte – Cross-Stitch


Nähte überkreuzen sich – Cross-Stitch
Die in Japan sehr verbreitete Rüstung mit “Cross-Stitch” hat Nähte, die sich diagonal
kreuzen. Auch bei einem größeren Nahtabstand (im Bild unten 6 mm) ist sie in mehreren
Richtungen zugfest. Sie ist flexibler als die Rüstung mit nur Nähten in einer Richtung und
etwas leichter. Beim Men fällt besonders das geringere Gewicht angenehm auf, bei den
Kote die deutlich größere Beweglichkeit. Die wie kleine Kissen wirkenden Erhebungen
bieten eine zusätzliche Stoßdämpfung.

Cross Stitch
Die Richtung der Nähte am Men – Naname

Bei dem abgebildeten Men mit der Bezeichnung “Naname” verlaufen die Nähte im Bereich
der Men-Flügel schräg, während sie im oberen Teil des Men gerade verlaufen. Das Men
“Naname” hat einen Nachteil des Men in herkömmlicher Verarbeitungsweise verbessert:
Schräge statt senkrechte Nähte verleihen den Flügeln mehr Flexibilität. Sie bleiben
beweglicher, im Gegensatz zu der aus mehreren Schichten gefertigten, senkrecht vernähten
Trefferfläche. Das Men “Naname” schützt Schulter und Hals besser, obwohl die
Armbewegungen nicht eingeschränkt werden. Die Herstellung so eines Men ist jedoch
aufwändiger.

Kendo Rüstung – Men Naname mit schräger Naht an den Men-Flügeln


Herstellung eines Men Naname

Do mit Bambusoptik fängt Schläge gut ab

Sehr hochwertige Do enthalten Streben aus Bambus. Diese fangen Schläge besonders gut
ab, sind in der Regel sehr leicht, jedoch wegen der aufwändigen Verarbeitung entsprechend
teuer. Auch bei vielen Do ohne innenliegende Bambusstreben sind auf der Rückseite
Längsrillen zu finden. Hier wird von einem Do mit “Bambusoptik” gesprochen (siehe Bild
unten). Die Rillen sind nicht nur aus optischen Gründen vorhanden, die
Riffelung verbessert auch seine mechanischen Eigenschaften. Da das Shinai beim Schlag
zum Do senkrecht zur Riffelung auftrifft, wirkt sie der Verformung wirkungsvoll entgegen.
Sehr preiswerte Do haben keine Rillen auf der Rückseite.

Tipp: Bei einem Do mit Bambus-Optik aus Kunststoff kannst du die Wölbung des Do
selbst nachträglich um einige Zentimeter an den Bauchumfang anpassen (Siehe Abb.
rechts). Die Ausrichtung der Rillen lässt die Verformung in diese Richtung zu.
Do nachträglich anpassen

 Ist die Wölbung des Do nicht groß genug, so legst du es mit der offenen Seite nach
unten auf einen Stuhl. Biege es so weit auseinander, dass das Do die Sitzfläche des
Stuhls umschließt. Fixiere das Do in dieser Position mit ein paar schweren Büchern.
Lasse das Do einen Tag so liegen.
 Wenn die Wölbung des Do hingegen zu groß ist, dann biege das Do ein wenig
zusammen. Fixiere es, indem du die unteren Do-Himo fest zusammenbindest.
Nach einem Tag ist das Do etwas enger geworden.
 Die Methode eignet sich nicht für ein Do mit echten Bambus-Streben.

Kendo Do mit Bambusoptik


Do – Mune nach deinen Maßen

Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl einer Rüstung ist eine gute Passform. Rüstungen, die
aus Japan kommen, sind in der Regel an männliche japanische Körpermaße angepasst. Die
Mune des Dos, egal ob es sich um eine Rüstung aus der Kategorie “sofort lieferbar” oder
“maßgefertig” handelt, wird für unsere Do in aufwändiger Handarbeit produziert. Daher ist
es uns möglich, die Mune nach europäischen Körpermaßen höher, breiter oder speziell für
Frauen gerundet zu produzieren. Dabei stehen viele Muster und Farben zur Auswahl.

Do Mune in Handarbeit. Vor dem Besticken werden die Löcher durch eine Schablone
gestochen.
Material für die Innenflächen der Kote

Neben dem Shinai sind die Kote beim Kendo das Ausrüstungsteil mit der größten
Beanspruchung. Je nach Trainingsintensität bilden sich an der Handfläche der Kote früher
oder später kleine Löcher, die ohne Reparatur kontinuierlich größer werden. Damit die Kote
möglichst lange halten, empfehlen wir für die Innenflächen Hirschleder. Es ist sehr weich
und das Shinai liegt damit gut in der Hand. Kote mit Innenflächen aus Rindsleder sind zwar
preiswerter, verschleißen jedoch schneller.
Damit Kote aus echtem Leder lange halten, sollten sie nach dem Training langsam im
Schatten getrocknet werden, also keinesfalls auf der Heizung oder in der prallen Sonne. Das
Innenleder würde dann schnell spröde und brüchig. Kote aus Kunstleder sollten nur, wenn
unbedingt nötig, mit der Hand in lauwarmen Wasser gewaschen werden. Mittlerweile gibt
es auch maschinenwaschbare Kote, sogenannte Kote wash, bei denen das Außenmaterial
aus Jersey gefertigt ist und die Handinnenflächen aus künstlichem Clarino-Leder.

Kote Handmade 1.5 Bu, Innenfläche Hirschleder Kote wash 5 mm, Innenfläche Clarino Leder

Füllmaterial der Kote – Hirschwolle oder Kunstfaser

Besonders Kote brauchen gute Dämpfungseigenschaften. Bei einem guten Füllmaterial


verändern sich Form und Dämpfung nicht wesentlich, nachdem die Kote durch Schwitzen
nass geworden sind. Dazu eignet sich hervorragend Hirschwolle. Sie ist auch im nassen
Zustand noch elastisch und verklumpt nicht wie zum Beispiel Baumwolle. Spezielle
Kunstfasern sind eine preiswerte, aber dennoch akzeptable Alternative zur Hirschwolle.
Kendo Kote, Füllung mit Hirschwolle

Kote mit extra Polsterung

Besonders Rüstungs-Anfänger wünschen sich oft Kote mit einer extra dicken Polsterung, um
blaue Flecken am Handrücken oder am Unterarm zu vermeiden. Aber auch für
Fortgeschrittene, die sich als Motodachi anbieten, können solche Kote eine gute Lösung sein.
Zwar können in normale Kote auch Polsterungen eingelegt werden, ist die Polsterung aber
wie hier mit den Kote fest vernäht, so kann sie nicht verrutschen und die Hände sind in den
Kote beweglicher.

Kote mit extra Polsterung


Wer braucht welche Rüstung?

 Junge Kendo-Anfänger und Kinder, die wenig Geld zur Verfügung haben, greifen
meistens zu einer preiswerten sofort lieferbaren Rüstung mit einem Nahtabstand von 5
mm. Vereine bieten oft für Kinder und Jugendliche Leihrüstungen an, weil diese noch im
Wachstum sind.
 Für Erwachsene empfehlen wir eine Rüstung mit 3 mm Nahtabstand. Sie ist langlebig
und bietet einen guten Schutz.
 Eine besonders leichte und flexible aber dennoch haltbare Rüstung bekommst du
durch Nähte in Cross-Stitch-Technik. Wir empfehlen sie für fortgeschrittene Kendoka,
die im Wettkampf eine große Bewegungsfreiheit wünschen.
 Wer eine individuelle Rüstung haben möchte, z.B. ein Do mit Farbe oder eine besondere
Bestickung der Mune, für den ist eine Rüstung in Maßanfertigung das Richtige. Hier
kannst du deine weiteren Wünsche für deine Rüstung erfüllen lassen wie ein breiteres
Tsuki, kürzere Men-Flügel oder ein extra breites Do.
 Für Frauen hat oft eine für Männer konzipierte “Standard-Rüstung” nicht die richtigen
Maße. Daher empfehle ich für sie eine Rüstung in Maßanfertigung, die speziell auf die
Anforderungen von Frauen zugeschnitten ist: Je nach Größe wird bei der Mengane eine
Strebe weniger verarbeitet. Die Mune des Do ist gegebenenfalls schmaler und kleiner
gehalten als bei den Standardrüstungen. Auch sollte die Rüstung besonders leicht sein.
Tare anlegen
1. Beim Anlegen der Rüstung sitze ordentlich im Seiza. Das Shinai liegt links parallel zum
Körper, Men auf dem Kote rechts vor dem Knie, Do und Tare vor sich aufgebaut.

2. Der vordere Tare-Bund wird unterhalb des Bauchnabels angelegt, mit den Bändern
hinter dem Rücken gekreuzt und zwar entlang des hinteren Hakama-Trapezes.
3. Dann werden die Bänder nach vorne geführt und unter dem Mittelschurz mit Knoten und
Schleife befestigt.
4. Wenn der Mittelschurz heruntergeklappt wird, sollen die Bänder von außen nicht mehr
sichtbar sein.
Do-Himo binden

Befestigen der Do-Himo

1. Die längeren Do-Himo werden mit der Schlaufe wie gezeigt über die seitlichen, oberen
Do-Lederschlaufen gezogen.

2. Das Ende der Himo sodann durch die Öffnung der Lederschlaufe stecken.
3. Ebenso wird mit den kürzeren, unteren Do-Himo auf der linken und rechten Do-Seite
verfahren. Zum Schluss die Bänder straffziehen.
Do anlegen
1. Als nächster Ausrüstungsgegenstand wird das Do angelegt. Es wird so an die Brust mit
einer Hand gedrückt, dass die Unterkante des Do etwa die Hälfte des Tare-Bundes
überlappt.

2. Zuerst werden dann die oberen Do-Himo überkreuz über die Schulter geführt und an
der gegenüber-liegenden Lederschlaufe befestigt. Dabei ist darauf zu achten, dass die
Himo nicht verdrehen.
3. Zur Befestigung an der Lederschlaufe wird das Band wie gezeigt doppelt gelegt durch
die Lederschlaufe geführt.
4. Das lose Ende wird mit dem anderen Ende gekreuzt. Dazwischen entsteht eine kleine
Öffnung.

5. Aus dem losen Ende wird eine Schlinge geformt und durch die Öffnung (Siehe Punkt 4)
gezogen.
6. Schlaufe und Ende sollen gleichlang herabhängen. Achte auf sichere Befestigung und
verfahre mit der anderen Seite ebenso!

7. Dann werden die unteren Do-Himo mit Knoten und Schleife so befestigt, dass die Schleife
waagerecht sitzt. Tare und Do sind nun angelegt.
Tipps:
 Neue Himo neigen dazu, sich von selbst zu lösen! Deshalb ziehe kurz vor dem Training
die Himo mit einem feuchten Tuch durch, um die Haftung zu verbessern
 Beim Kauf eines neuen Gi empfiehlt es sich, auch neue Do-Himo zu kaufen. Damit wird
vermieden, dass auf dem neuen Gi helle Streifen entstehen.
Zu unseren Do-Himo [hier klicken].
Tenugui binden
1. Um das Tenugui (Kopftuch) anzulegen, breite es vor dem Gesicht aus.

2. Ziehe es dann vorsichtig über den Kopf, bis die untere Kante hinten unter dem
Hinterkopf anliegt.
3. Dann werden die Enden einzeln wieder nach vorne geführt, so dass sie sich in Stirnhöhe
kreuzen.

4. Das lose Ende wird an der Kopfseite unter das Tenugui gezogen.
5. Zuletzt wird das vor dem Gesicht hängende Teil hochgeklappt und even-tuell hinten
eingerollt, damit keine "Zipfelmütze" entsteht.

6. Das Tenugui muss straff sitzen und darf sich nicht lösen! Beim Tenugui-Binden ist kein
Knoten notwendig. Mit etwas Übung bekommst du den "richtigen Dreh" heraus.

Es gibt noch eine zweite Methode, das Tenugui zu binden; lasse sie dir ggf. von einem
erfahrenen Kendoka zeigen.
Men-Himo binden
Die beiden Men-Himo werden mittels der beiden mitgelieferten Lederschlaufen am Men
befestigt.

1. Die Lederschlaufe wird wie abgebildet über die Öffnung für die Men-Himo flach
übereinander gebogen. Sie wird an der vierten Men-Strebe von unten durchgezogen.
2. Dann wird das Men-Himo - ähnlich wie beim Do - mit der Schlaufe über die beiden Leder-
enden geschoben.

3. Das lose Ende des Men-Himo durch beide Schlitze der Lederschlaufe führen.
4. Anschließend festziehen. Wiederhole das auch auf der anderen Seite mit dem zweiten
Men-Himo.

5. Die nun befestigten Himo werden um die Hinterkopfseite des Men geführt und von oben
unter die Mittelstrebe des Gitters geführt.
6. Führe die Bänder zur Rückseite und kreuze sie. Das Men kann nun aufgesetzt und mit
den Himo festgezurrt werden. Zum Abnehmen oder Transportieren lege die langen Enden
der Himo aufgerollt in das Men hinein.
Men anlegen
1. Nun wird das Men angelegt. Ergreife es so, dass sich die Himo zwischen Zeigefinger und
Daumen befinden, damit sie beim Aufsetzen nicht wegrutschen.

2. Setze zuerst das Kinn in das Innenpolster, dann drücke die Stirn an das obere
Innenpolster. Die Himo werden hinten mit beiden Händen unter den Hinterkopf geführt.
3. Das Men wird mit den Enden festgezurrt und mit Knoten und Schleife
befestigt.

4. Indem man die Daumen in die so gebildeten Schlaufen steckt und mit den Zeigefingern
jeweils das lose Ende greift, werden Enden und Schlaufen auf gleiche Länge gezogen und
ruckartig festgezurrt, damit das Men sicher sitzt. Achtung, der Helm muss fest sitzen und
darf nicht zu viel Spiel am Kopf haben!
5. Wenn das Men befestigt ist, sorge dafür, dass die Bänder am Helm nicht verdreht sind,
glatt und parallel anliegen.

Beachte: Vom Knoten unter dem Hinterkopf abwärts liegen Schlaufen und Enden gleich
und dürfen maximal 40cm lang sein (Knoten bis Ende). Neue Himo sind anfangs länger
und dehnbar und müssen gekürzt werden. Bitte durch Abkleben oder -nähen dafür sorgen,
dass die Himo-Enden nicht aufspleißen können.
Kote anlegen
1. Wenn die Kote auf dem Boden liegen, zeigen die Fäuste immer nach rechts.

2. Zuletzt werden beim Anziehen der Kendo-Rüstung die Kote angelegt und zwar zuerst
das linke und dann das rechte. Ergreife die Kote dazu wie gezeigt am Futon und nicht an
der Faust.
3. Die Rüstung wurde nun komplett angelegt.
Rüstung Pflegetipps
Die neue Rüstung muss wie ein neues Paar Wanderschuhe "eingelaufen" werden. Das heißt
bis sie wirklich bequem und störungsfrei sitzt, dauert es eine Weile abhängig von der
Trainingsintensität.

Beim Men ist darauf zu achten, dass die Schulterflügel immer nach vorne und nicht nach
oben gebogen werden, damit sie vorne schützen und keine Lücke zwischen Tsuki-Tare und
Men-Flügel durch eine falsche Biegung entsteht.

Die Kote sollten nach dem Training am Handflächenleder glattgestrichen werden. Lege sie
zum Trocknen nicht direkt in die Sonne oder auf die Heizung, da sonst das hochwertige
Leder spröde wird.

Das Tare wird nach dem Training so auf das Do gebunden, dass der Schweiß der Innenseite
nach außen zeigt und trocknen kann. Je schonender die Rüstung getrocknet wird, desto
langlebiger ist sie!

Tipp: Sind die Kote durch langen Trainingsgebrauch an den Lederteilen verhärtet, dann
wasche sie (vorzugsweise im Sommer) in einem Eimer mit warmen Wasser und
einem sanften Waschmittel (z.B. Sattelseife) per Hand aus.
Auf jeden Fall hat kein Rüstungsteil etwas in der Waschmaschine zu suchen!
Kendo Rüstung zusammenlegen
1. Als erstes werden die Bänder auf beiden Seiten des Tare im rechten Winkel umgelegt
und um das Tare-Endstück herum aufgewickelt.
2. Das Tare wird mit der Innenseite nach außen und mit der Oberkante auf die Unterkante
des Do aufgelegt. Die längeren, oberen Himo des Do werden mittig über dem Tare gekreuzt
und zur Innenseite des Do geführt,..

3. ... wo sie mit Knoten und Schleife befestigt werden.


4. Mit den kürzeren, unteren Himo werden die Tare-enden an das Do festgebunden.

5. Die Menflügel werden aneinander gebunden, die Kote in das Men gelegt und das Men in
das Do. Die Rüstung ist nun zusammengelegt und kann zum Transport in die Tasche
gepackt werden.

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