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OSTWALDS KLASSIKER

DER EXAKTEN WISSENSCHAFTEN


Band 235

Reprint der Bände 235, 236, 240, 241 und 243

Die Elemente
Bücher I - XIII

von
Euklid

aus dem Griechischen übersetzt


und herausgegeben von
Clemens Thaer

Einleitung von
Peter Schreiber

Euklid

Verlag Harri Deutsch


Inhalt

Einführung - Euklid und die Geschichte seines Werkes .......... III

Euklid - Die Elemente


1. Buch
Definitionen ............................................ .
Bibliografische Inforl1U1tion Der Deutschen Bibliothek
Postulate ............................................... 2
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Axiome ................................................. 3
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische §1-§48 ................................................ 3
Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
H. Buch
Definitionen ........................................... 34
§ I - § 14 ............................................... 34
ISBN-I0: 3-8171-3413-4
ISBN-13: 978-3-8171-3413-7
III. Buch
Definitionen ........................................... 45
§ I - §37 ............................................... 46
IV. Buch
Definitionen ........................................... 75
§1-§16 ............................................... 75

Jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des V. Buch
Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfaltigungen, Definitionen ........................................... 91
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in § I - §25 ............................................... 92
elektronischen Systemen.
Der Inhalt des Werkes wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, VI. Buch
Herausgeber und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und
Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Definitionen III
© Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main, 2005 §I - §33 III
1. Auflage Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig, Leipzig
Nachdruck der 4. erw. Auflage 2003, 2005 VII. Buch
Druck: Rosch - Buch Druckerei GmbH, Scheßlitz Definitionen .......................................... 141
Printed in Gennany
§1-§39 .............................................. 142
11 Euklid: Die Elemente

VIII. Buch
§I - §27 .............................................. 167
IX. Buch
§ 1 - §36 .............................................. 189
X. Buch Einführung
Definitionen .......................................... 213
§1-§18 .............................................. 2\3
Euklid und die Geschichte seines Werkes
§19-§26 ............................................. 226
§27-§35 ............................................. 231
Die additiven Formen von
§36 - §47 ............................................. 239 Peter Schreiber
§47a (Zweite Definitionsgruppe) ........................... 247
§48 - §72a ............................................ 248
Die subtraktiven Formen
§73 - §84 ............................................. 272 Die Elemente des Euklid gehören seit ihrer Entstehung vor
rund 2300 Jahren zu den meistgelesenen, diskutierten und kom-
§84a (Dritte Definitionsgruppe) ............................ 280
§85 - § lIla ........................................... 281 mentierten Texten der Welt und seit der Erfindung des Buch-
drucks auch zu den meist gedruckten und meist übersetzten
§112 - §1l5a .......................................... 309
Büchern. Über den Mann Euklid ist dagegen so gut wie nichts
XI. Buch Sicheres bekannt. Gelegentlich wurde sogar bezweifelt, dass es
Definitionen .......................................... 315 ihn überhaupt gegeben hat. Einem solchen extravaganten Zwei-
§ I - §39 .............................................. 317 fel wollen wir uns nicht anschließen, halten es aber immerhin für
XII. Buch möglich, dass Euklid den ihm zugeschriebenen Text nicht selbst
§ I - § 18 .............................................. 354 aufgeschrieben hat, sondern dass er sich aus den Aufzeichnun-
gen seiner Schüler, womöglich erst im Laufe einiger Generatio-
XIII. Buch nen, entwickelt hat.
§\ - §18a ............................................. 386
Anmerkungen Ort der Handlung war sicher die um 300 vor ehr. aufblühende
Buch I - III ............................................ 415 Hafenstadt Alexandria nahe dem Nildelta, die 332 von Alexan-
Buch IV - VI .......................................... 429 der dem Großen gegründete Hauptstadt des Ptolemäischen
Buch VII - IX .......................................... 438 Ägypten. Bereits unter der Herrschaft Ptolemäos des I. war dort
Buch X ............................................... 446 das Museion gegründet worden, eine universelle antike For-
Buch XI - XIlJ ......................................... 463 schungs- und Lehrstätte, die für rund 500 Jahre das Zentrum der
Mitteilungen über Buch XIV - XV der Elemente .............. 476 griechischen Wissenschaft und Kultur für den gesamten Mittel-
meerraum werden sollte. Allgemein wird angenommen, dass
Berichtigungen Euklid bereits in der Gründungsphase dorthin gerufen wurde,
Buch I-X ............................................. 478
IV Euklid: Die Elemente P. Schreiber: Einführung V

und da sein Werk nicht nur deutliche Spuren der Philosophie Pla- rer Umstand. Ein wesentlicher Zweck dieser Einleitung besteht
tons (427 - 348) und der Methodologie des Aristoteles (384 - daher darin, dem Leser die Augen für die verborgenen Schätze
322), sondern auch die damals noch neuen mathematischen zu öffnen und ihn anzuregen, sich seinerseits Gedanken über die
Theorien von Eudoxos (um 400 - um 347) und Theaitetos (um vielleicht noch unentdeckten Aspekte des euklidischen Textes zu
417 - 369?) aus dem Umkreis Platons enthält, ist es sehr wahr- machen.
scheinlich, dass er aus Athen nach Alexandria kam und dass er
etwa zwischen 360 und 280 gelebt haben muss. Nur am Rande Damit sind wir beim nächsten Thema. Seit Menschen sich mit
kann hier erwähnt werden, dass ihm außer den Elementen eine den Elementen wissenschaftlich beschäftigen, und das setzte
Reihe kleinerer Schriften über geometrische und physikalische bereits in der Antike ein, ist die Art dieser Beschäftigung nicht
Themen zugeschrieben werden, die teils erhalten, teils verloren nur deutlich zweigeteilt, sondern die Anhänger dieser beiden
sind und deren Kenntnis wichtig für das Gesamtbild der Persön- Richtungen befehden sich, freilich mit im Laufe der Zeit wech-
lichkeit Euklids ist, einerseits, weil sie zumindest teilweise selnden Stilmitteln, bis auf den heutigen Tag. Der einen Partei
Gegenstände der damaligen "angewandten Mathematik" (Optik, ging und geht es sozusagen um die "Denkmalspflege", was unter
Astronomie, Musiktheorie) betreffen und damit dem lange kul- den Bedingungen zahlreicher einander widersprechender teils
tivierten Bild eines ganz der Platonischen WeItsicht verhafteten griechischer, teils spätantiker lateinischer und teils aus dem Ara-
reinen Theoretikers widersprechen, andererseits weil Euklid in
bischen ins Lateinische rückübersetzter Texte zunächst die Jagd
einigen von ihnen sehr originelle und weit in die Zukunft der
nach dem "authentischen Originaltext" bedeutete. Dass es den
Mathematik weisende Gedanken skizziert hat, was ihn vom
vielleicht nie gegeben hat, hören die Anhänger dieser Partei
ebenfalls oft geäußerten Vorwurf befreit, nur ein freilich sehr
nicht gern, zumal seit zu Beginn des 19. Jhs. die vermutlich älte-
erfolgreicher und didaktisch geschickter Sammler und Aufberei-
ste erhaltene griechische Textfassung (Manuskript "P") aus der
ter vorhandenen Wissens gewesen zu sein. (Leider sind diese
Bibliothek des Vatikan entdeckt wurde, die allen modernen
Schriften bis auf eine Ausnahme, die "Data", nicht in deutscher
Übersetzungen in lebende Sprachen, auch der hier vorliegenden
Übersetzung zugänglich.) Umgekehrt darf man aus heutiger
deutschen, zugrunde liegt. Sie ist, soweit es die Elemente betrifft,
Sicht gerade das didaktische Geschick Euklids mit einem Frage-
auch die Grundlage der griechisch-lateinischen Standardaus-
zeichen versehen. Zwar sind die Elemente reich an großartiger
Mathematik, präsentiert wird sie aber in einem extrem trockenen gabe der Opera omnia Euklids, die zwischen 1883 und 1916 von
Stil, so dass diese Reichtümer sich keineswegs beim einmaligen dem dänischen Altphilologen Johan Ludvig Heiberg (1854 -
und systematischen "Durchlesen" oder "Durchnehmen" 1928) und Heinrich Menge herausgegeben wurde. Abgesehen
erschließen. Dass sie, bzw. Teile daraus, dennoch über Jahrhun- davon, dass die richtige Übersetzung eines Textes ein über phi-
derte hin in vielen europäischen Ländern das zentrale Schulbuch lologisches Wissen hinausgehendes tiefes Verstehen des Inhalts
für den Mathematikunterricht waren, dass darüber hinaus der voraussetzt, können moderne computergestützte Methoden der
euklidische Stil mit der sturen Aufeinanderfolge von Satz und historischen Linguistik Interpretationshilfen für Wörter und
Beweis, ohne Motivation, Anwendung oder Kommentar, bis vor Wendungen liefern, von denen man sich am Ende des 19. Jhs.
etwa 100 Jahren als didaktisch vorbildlich von allen Schulma- noch nichts träumen ließ. Somit sind vermutlich auch der Hei-
thematikern nachgeahmt wurde, hat dem öffentlichen Bild von berg-Text und die von ihm abhängigen Übersetzungen nicht so
der Mathematik vermutlich mehr geschadet als irgendein ande- endgültig, wie man lange geglaubt hat.
I
I
VI Euklid: Die Elemente

Der anderen Partei ging es immer, ohne allzu großen Respekt


P. Schreiber: Einführung

Gymnasium. Dieser freiwillige weitgehende Rückzug aus der


VII

vor dem jeweils gültigen Wortlaut, um einen kreativen Umgang akademischen Laufbahn war einerseits durch aktive politische
mit der euklidischen Vorgabe. Hier gingen die Mathematiker des Tätigkeit in diesen Jahren, vor allem aber durch die ungewöhn-
mittelalterlichen islamischen Kulturkreises voran. Sie haben ein lich selbstkritische Haltung Thaers begründet, der nach eigener
ebenso umfangreiches wie inhaltlich reiches Erbe hinterlassen, Aussage mangelnde Begabung für eigentlich mathematische
das trotz vieler Bemühungen der letzten Jahrzehnte noch längst Forschung spürte. Daher wendete er sich ganz der Geschichte
nicht voll erschlossen ist. Dies leitet zur dritten Art des wissen- der Mathematik zu. Auf Grund seiner mutigen antifaschistischen
schaftlichen Umgangs mit Euklids Erbe über: der Erforschung Haltung wurde er 1935 an eine Schule in Cammin (Hinterpom-
der Tradierungs- und Wirkungsgeschichte. Diese Geschichte mern) strafversetzt und ging nach weiteren Auseinandersetzun-
kann hier über das schon Gesagte hinaus nur grob angedeutet gen mit den Nazis 1939 vorzeitig in den Ruhestand. Er lebte
werden. 1482 wurden die Elemente in Venedig auf der Grund- danach bis zu seinem Tode im wesentlichen in Detmold. Seine
lage einer rund 200 Jahre älteren lateinischen Bearbeitung von wissenschaftliche Tätigkeit, die er noch bis in die siebziger Jahre
Giovanni Campano erstmals gedruckt. 1533 folgte der erste fortsetzte, umfasst die Übersetzung (1962) der "Data" Euklids
Druck in altgriechisch. Den zahlreichen weiteren griechischen und viele Artikel und Referate zur Geschichte der antiken und
und lateinischen Druckausgaben gesellte sich ab 1543 eine Flut der mittelalterlichen islamischen Mathematik.
von meist volkstümlichen Übersetzungen und Bearbeitungen in
_ lebenden Sprachen bei. Welche Rolle diese Bücher einmal im
Leben des Volkes gespielt haben, darüber wissen wir leider Die Elemente
wenig. Eine kleine Ahnung vermittelt die auf wahren Begeben-
heiten beruhende Novelle Der Schimmelreiter von Theodor Dieses Hauptwerk Euklids ist in 13, üblicherweise römisch
Storm. Die (nochmalige) Lektüre ihrer ersten Seiten unter die- numerierte "Bücher" gegliedert. Die Bücher I bis IV und VI
sem Aspekt sei unserem Leser ans Herz gelegt. Am Ende des 19. behandeln die ebene Geometrie, die Bücher XI bis XIII die
Jhs. setzten dann die neuen "wissenschaftlichen" Übersetzungen räumliche Geometrie. Eingeschaltet sind drei Bücher VII bis IX
in lebende Sprachen ein, deren Kette bis heute nicht abreißt. Sie über die heute meist als "natürliche" bezeichneten positiven gan-
wendeten sich wiederum an ein anderes Publikum als die beiden zen Zahlen, das Buch V, welches die eudoxische Proportionen-
zuvor genannten Arten von Druckausgaben: vor allem an profes- theorie enthält, und das Buch X, dessen Gegenstand die von
sionelle Mathematiker und Mathematiklehrer, Mathematikhisto- Theaitetos stammende Theorie der mit Zirkel und Lineal kon-
riker, Kulturhistoriker und Studenten dieser Fächer, nun natür- struierbaren Größen ist. Jeder dieser Komplexe hat seine eigenen
lich auch an Sie, lieber Leser, was immer Sie sein mögen. Kerngedanken und Probleme. Es gibt aber auch einige übergrei-
fende Gesichtspunkte, denen wir uns zunächst zuwenden.
Bevor wir uns einer kurzen Einführung in wesentliche Inhalte
und Gesichtspunkte der Elemente zuwenden, einige Sätze über Definitionen und Axiomatik. Euklid beginnt jeden neuen
Clemens Thaer (1883 -1974), der 1933-37 die vorliegende deut- Gegenstand mit Definitionen. Einige von ihnen sind auch aus
sche Übersetzung schuf. Nach dem Studium der Mathematik in moderner Sicht Definitionen, d.h. gewisse Begriffe, deren
Gießen lehrte er ab 1913 an der Universität Greifswald (ab 1916 Benutzung lediglich Formulierungen vereinfacht, werden in sol-
als Professor) und seit 1921 hauptamtlich am Greifswalder cher Weise auf andere Begriffe zurückgeführt, dass sich daraus
VIII Euklid: Die Elemente P. Schreiber: Einführung IX

ergibt, wie man ihren Gebrauch prinzipiell vermeiden könnte. alles Folgenden besonders wichtig, weil die moderne Geometrie
Beispiel DI, 11: "Stumpf ist ein Winkel, wenn er größer als ein stets mit der Vorstellung der unendlich langen Geraden operiert.
Rechter ist." Wenn man weiß, was Winkel sind, was ein rechter Nur aus der Begrenztheit der euklidischen Geraden ist auch das
Winkel ist und was Größenvergleich für Winkel bedeutet, ist die folgenreiche 5. Postulat richtig zu verstehen, welches in der
Bedeutung der Eigenschaft "stumpf' von Winkeln eindeutig, ursprünglichen euklidischen Formulierung besagt, dass unter
und man könnte an jeder Stelle, wo ein Winkel alpha als stumpf den dort genannten Voraussetzungen die sukzessive Verlänge-
bezeichnet wird, statt dessen sagen "alpha ist größer als ein rech- rung der beiden Strecken in der genannten Richtung (also aus
ter Winkel". Andere Definitionen Euklids versuchen, einen heutiger Sicht ein zyklischer Algorithmus) irgendwann einen
Begriff möglichst gut zu beschreiben, z.B. DI,I: "Ein Punkt ist, Schnittpunkt liefern wird. Anders formuliert besagt es, dass die
was keine Teile hat." Offenbar ermöglicht diese Erklärung nicht, in § 17 bewiesene notwendige Bedingung dafür, dass ein Dreieck
den Begriff Punkt in jedem Zusammenhang durch andere aus einer Seite und zwei anliegenden Winkeln konstruierbar ist,
Begriffe auszudrücken, und er ersetzt auch nicht eine Erklärung auch hinreichend ist. Dass dieses Postulat nicht akzeptiert wer-
mit Hilfe von vorgezeigten Beispielen und Gegenbeispielen (wie den muss, wurde im Laufe des 19. Jhs. durch die Entdeckung der
der Mathematiker Oskar Perron (1880 - 1975) am Beispiel der logischen Widerspruchsfreiheit der hyperbolischen Geometrie
Erklärung des Begriffes "Hund" erläuterte). (von Bolyai und Lobatschewski) klar. Als Satz einer axiomati-
Buch I und nur dieses beginnt weiterhin mit Postulaten und schen Theorie ist das 5. Postulat zur Eindeutigkeit der Parallelen
Axiomen. Dabei sind, entsprechend der Methodologie des Ari- durch einen Punkt zu einer gegebenen Geraden gleichwertig.
stoteles, Axiome Grundsätze, die allgemein und unbezweifelbar In der euklidischen Formulierung, die sich auf Ausführbarkeit
sind (Man mache sich also z.B. klar, dass die Natur der Objekte, bezieht, besagt es mehr.
von denen hier gesprochen wird, ebenso offen bleibt wie die spe- Euklids Elemente sind seither als Vorbild für den axiomatisch-
zielle Art des Hinzufügens und Wegnehmens. Vielmehr wird aus deduktiven Aufbau von Systemen wahrer Sätze aufgefasst wor-
modernder Sicht der Umgang mit dem Begriff "gleich" charak- den. Dagegegen gibt es den Einwand, dass Euklids Begriffssy-
terisiert.) Postulate sind nach Aristoteles solche Grundsätze, die stem ebenso unvollständig ist (z.B. wird mit allen Anordnungs-
man akzeptieren oder ablehnen kann. Im Fall von Euklids ebener fragen intUItIV umgegangen) wie sein Axiomensystem.
Geometrie betreffen sie die angenommene Ausführbarkeit Außerdem besitzen die zahlentheoretischen Bücher VII-IX und
gewisser Operationen: "Gefordert soll sein ... ". Dass zwei belie- die stereometrischen Bücher XI-XIII überhaupt keine axiomati-
big nahe benachbarte oder beliebig weit voneinander entfernte sche Basis. Wenn also Euklid womöglich gar nicht diese Absicht
Punkte in eindeutiger Weise geradlinig verbunden werden kön- hatte, was wollte er dann?
nen (Es geht nicht um die Existenz der betreffenden Geraden,
sondern um die Ausführbarkeit!), könnte man mit guten Grün- Der konstruktive Aspekt. Die als Propositionen bezeichneten
den bezweifeln. Die Postulate sind somit gewissermaßen Spiel- kleinsten Einheiten der Elemente lassen sich in Sätze mit Beweis
regeln. Akzeptiert man sie, so muss man auch alle Folgen akzep- und in Konstruktionsaufgaben mit Beschreibung des Lösungs-
tieren. Man entnimmt den Postulaten 1 und 2 auch, dass Euklid verfahrens und Beweis der Korrektheit der Lösung einteilen.
unter geraden Linien stets begrenzte Geradenstücke versteht. Sie Dies ist auch in der Thaerschen Übersetzung dadurch gekenn-
entstehen durch Verbindung zweier Punkte und können bei zeichnet, dass hinter den §§ in Klammern L (Lehrsatz) oder A
Bedarf beliebig verlängert werden. Dies ist für das Verständnis (Aufgabe) steht. Es gibt jedoch auch unter den als L gekenn-
x XI

r
Euklid: Die Elemente P. Schreiber: Einführung

zeichneten Propositionen einige Aufgaben mit Lösung. Z. B. dert demnach nur die Ausführbarkeit des Spezialfalles. Wenn es
beschreibt IX.20 das berühmte Verfahren, zu einer gegebenen noch eines Beweises für das "konstruktivistische", veriahrens-
endlichen Menge von Primzahlen eine weitere Primzahl zu kon- orientierte Denken Euklids bedarf, so nehme man diesen und
struieren. Dass es folglich unendlich viele Primzahlen gibt, ist vergleiche Euklids Vorgehen mit wohlbekannten Techniken der
erst eine Folgerung daraus. Damit ist zweierlei illustriert: Der Rekursionstheorie, die bestimmte nötige Operationen mittels
konstruktive Aspekt der Elemente, nämlich der Beweis der Exi- Unterprogrammen auf scheinbar weniger leistungsfähige Opera-
stenz gewisser Objekte, die zu gegebenen Objekten in einer vor- tionen zurückführen.
ausgesetzten Beziehung stehen, durch Angabe eines Verfahrens
zur Beschaffung solcher Objekte, ist nicht auf die Geometrie Geometrische Algebra. Die Entdeckung inkommensurabler
beschränkt, und die Lehrsätze Euklids sind häufig Sätze über die Strecken durch die Pythagoreer (d.h. Paare von Strecken, die bei
Konstruktionsaufgaben. Sie weisen bestimmte Voraussetzungen keiner Wahl der Maßeinheit gleichzeitig in ganzen Zahlen
über die gegebenen Objekte als notwendig nach, sagen etwas gemessen werden können) führte bei den Griechen zu einer völ-
über die Eindeutigkeit der Resultate oder ziehen Folgerungen ligen Verwerfung des zahl orientierten Größen begriffs: Größen
aus der Existenz der konstruierten Objekte. Somit ist denkbar, sind in der Geometrie Strecken, Winkel, Flächen oder Körper.
dass Euklids Hauptabsicht war, die von den Ägyptern und Baby- Gleichartige Größen kann man addieren, subtrahieren und der
Ioniern überlieferte mathematische Kultur der Angabe von Größe nach vergleichen. Multiplikation wird -modern gesagt-
Lösungsverfahren für Aufgabentypen durch die argumentative durch kartesische Produktbildung realisiert, so dass das Produkt
Rechtfertigung der angegebenen Verfahren zu ergänzen, wobei zweier Strecken ein Rechteck, das Produkt einer Strecke und
er zwangsläufig erste Fragmente von deduktiven Theorien schuf. einer Fläche F ein zylindrischer Körper mit der Grundfläche F
Dabei ist von neuzeitlichen Historikern zu recht immer wieder wird. Damit hatte die griechische Mathematik sich zwei wesent-
hervorgehoben worden, dass der Übergang von der autoritären liche Beschränkungen auferlegt, die erst durch Rene Descartes
Mitteilung der Lösungsmethoden zu ihrer Begründung vor dem (1594 - 1650) beseitigt werden konnten: Gleichungen zwischen
Hintergrund des Überganges zu demokratischen Staatsformen Größen mussten bei den Griechen homogen sein, d.h. nur Grö-
zu sehen ist, in deren öffentlichem Leben das Vertreten des eige- ßen gleicher Natur (Dimension) können addiert, subtrahiert und
nen Standpunktes mit logischen Argumenten allgemein eine verglichen werden, und die Dimension geometrischer Größen ist
große Rolle spielte. höchstens drei. Innerhalb dieser Grenzen leistet die Algebra der
Griechen für die Geometrie etwa das, was heute die Koordina-
Gebrauch des Zirkels. Unter dem Eindruck des üblichen Zir- tenmethode leistet: die Übersetzung geometrischer Beziehungen
kelgebrauchs, bei dem von zwei gegebenen Punkten B, C ein zwischen Objekten in die Sprache der Algebra und die Lösung
Radius abgegriffen und dann mit diesem Radius der Kreis so übersetzter Aufgaben mit im wesentlichen algebraischen
Z(A;B,C) um den Mittelpunkt A geschlagen wird, kann man Methoden. Buch II gibt eine systematische Einführung in diese
Euklids 3. Postulat leicht missverstehen. Erst die Aufgaben AI geometrisch eingekleidete Algebra, wobei alle Operationen
und A2 machen deutlich, was gemeint ist. Al benötigt nur den durch geometrische Konstruktion ausgeführt und alle Sätze auf
Spezialfall Z(A;A,B), also den Kreis um einen gegebenen Punkt geometrischem Wege bewiesen werden. Am Eingang steht als
durch einen gegebenen Punkt. A2 führt den allgemeinen Fall mit letzter Teil von Buch I der Satz des Pythagoras: Zum ersten Mal
einem listigen Trick auf diesen Spezial fall zurück. Postulat 3 for- wird hier eine rein geometrische Beziehung zwischen drei Punk-
XII Euklid: Die Elemente P. Schreiber: Einführung XIII

ten, nämlich einen rechten Winkel aufzuspannen, in eine rein Diese Art der Benutzung in indirekten Beweisen für Inhaltsfor-
algebraische Aussage über Größen verwandelt, die die gegensei- meln findet man aber auch schon in Buch XII, z.B. §§ 1, 10.
tige Lage dieser Punkte charakterisieren.
Zahlentheorie. Eine Schwierigkeit für den heutigen Leser
Proportionen (Buch V). Was das Verhältnis zweier Größen ist, besteht darin, dass die Griechen die Eins (Einheit) nicht als Zahl
könnte man nur mittels eines Zahlbegriffs definieren, der dem gelten ließen (vgl. Definitionen VII.l ,2). Das hat zur Folge, dass
Begriff der reellen Zahl zumindest nahe kommt. Definition V3 Euklid häufig Sonderfälle behandeln muss. Z.B. ordnet sich aus
ist noch ein Relikt eines älteren, vermutlich prozedur al orientier- heutiger Sicht der in VI behandelte Fall zwanglos in die allge-
ten Verhältnisbegriffs, (d.h. sukzessive konstruktive Annäherung meineren Fälle V2 bzw. V3 ein. Besondere Beachtung verdie-
mit rationalen Verhältnissen), mit dem im Folgenden nicht mehr nen die Aufgaben IX.18,19. Hier wird womöglich erstmals in
gearbeitet wird. Die geniale Idee des Eudoxos bestand darin, der Geschichte der Mathematik eine Aufgabe formuliert, deren
dass man den Verhältnisbegriff gar nicht braucht, sondern nur Ergebnis nicht ein mathematisches Objekt im damaligen Sinn,
erklären muss, wann zwei Verhältnisse gleich sind, also eine sondern eine ja - nein - Antwort und erst im ja - Fall zusätzlich
vierstellige Relation A:B = C:D zwischen Größen A, B, C, D. eine Zahl ist. Dementsprechend hat die Lösung den Charakter
Definition V5 ist so beschaffen, dass sie nur voraussetzt, dass eines "verzweigten" Algorithmus, in dem außer Rechenschritten
A,B von gleicher Art und C,D von gleicher Art sind. Man kann Testschritte (hier zwei) auftreten, die ihrerseits mit Hilfe von
also mit ihrer Hilfe ganz exakt aussagen, dass zwei Strecken sich vorher entwickelten "Unterprogrammen" (ggT, Division mit
wie zwei ganze Zahlen oder dass die Inhalte zweier Pyramiden Rest) bewältigt werden.
mit gleicher Grundfläche sich wie ihre Höhen verhalten. Indem
man eine Proportion von vier Volumina aufstellt, kann man
Buch X. ist bedeutend länger als alle anderen Bücher der Ele-
sogar implizit eine Gleichung zwischen Größen der Dimension
mente und unterscheidet sich schon äußerlich dadurch, dass es
6 ausdrücken (die sich ergeben würde, wenn man über Kreuz
Definitionen nicht nur am Anfang, sondern auch mehrfach zwi-
multipliziert). Definition V,4 beschränkt übrigens die betrachte-
schendurch enthält. Hier werden Zahlentheorie und geometri-
ten Größenbereiche auf solche, die man heute archimedisch
sche Algebra auf einem höheren Niveau fortgesetzt. Prop.
nennt: Eine beliebig große Größe soll durch hinreichend oftes
Addieren einer beliebig kleinen Größe der gleichen Art übertrof- X.28a, die allerdings eventuell später eingefügt wurde, enthält
fen werden können. Fläche und Strecke können sich demnach ein Verfahren zur Erzeugung aller pythagoreischen Zahlentripel.
nicht im gleichen Größenbereich befinden. In X.I wird aus Defi- X.115a, ebenfalls vermutlich eingefügt, präsentiert den Beweis
nition V,4 gefolgert: Nimmt man von einer (beliebig großen) der Inkommensurabilität von Seite und Diagonale eines Quadra-
Größe immer wieder die Hälfte oder mehr weg, so kann man tes. Teile von Buch X gehören zum höchststehenden, das die
(nach einer nicht im voraus angebbaren Zahl von Schritten) eine antike Mathematik hervorgebracht hat: eine Klassifikation der
gegebene beliebig kleine Größe der gleichen Art unterschreiten. mit Zirkel und Lineal konstruierbaren Größen nach dem Grad
Archimedisch, gelegentlich und mit größerem Recht Eudoxisch, der Kompliziertheit. Zum Verständnis für den heutigen Leser
heißen diese Größen bereiche bzw. das Axiom, das der Aussage empfiehlt es sich, die Definitionen und Aussagen in die Sprache
entspricht heute, weil Archimedes es bei seinen nichtelernenta- der "Quadratwurzelterme" zu übersetzen, d.h. Formeln, die aus
ren Flächeninhalts- und Volumenaussagen extensiv benutzt hat. Variablen durch fortlaufende Ineinanderschachtelung der
XIV Euklid: Die Elemente P. Schreiber: Einführung XV

Grundrechenarten und des Wurzelzeichens gebildet werden kön- Hier konnten nur wenige Anregungen gegeben werden, wie
nen. man Probleme und Zusammenhänge hinter dem trockenen Text
Euklids entdecken kann. Seine unglaubliche Überlebensfähig-
Stereometrie. Euklids Beweise sind nirgends so anfechtbar wie keit ist nicht zuletzt darin begründet, dass unzählige Generatio-
am Beginn von Buch XI. nen sich in ähnlicher Weise aus der Position ihrer jeweiligen Zeit
Immerhin kann man aus XI, 11 herauslesen, was er unter Kon- heraus kritisch und schöpferisch mit den Elementen auseinan-
struieren im Raum versteht: Er legt jeweils in Gedanken durch dergesetzt haben. Wenn also im vorstehenden ein wenig der
drei (nicht kollineare) Punkte oder eine Gerade und einen Punkt Geist der algorithmisch orientierten Mathematik unserer Tage
eine Ebene (was aber nicht als eine ausführbare Operation postu- dominiert, so ist das ein legitimes Gegenstück dazu, dass die
liert wird und in der Tat in einem materiellen Sinn zwar ein erstes Mathematiker im 17. bis 19. Jh. , als die Frage immer dringlicher
Mal ausführbar wäre, aber bei mehrfacher Wiederholung den wurde, was denn eigentlich ein strenger Beweis ist, sich auf das
Konstrukteur schnell "einmauern" würde) und konstruiert dann Parallelenproblem einschossen, und dass im philosophisch ori-
mit Zirkel und Lineal in dieser Ebene neue Punkte und Geraden, entierten Mittelalter intensiv die Frage diskutiert wurde, ob der
die ihrerseits zur Bestimmung neuer Referenzebenen dienen. Winkel zwischen einem Kreis und seiner Tangente gleich Null
Mit diesem Hintergrund liefern seine Konstruktionsbeschrei- oder nur unendlich klein ist.
bungen Hinweise für die Ausführung im Mehrtafelverfahren der
darstellenden Geometrie, denen man auch heute noch folgen
kann. Buch XIII ist vermutlich zusammen mit Buch X als Gan-
zes von Theaitetos übernommen worden. So erklärt sich, dass
Literatur
Konstruktionsaufgaben und Sätze, die insbesondere das reguläre
Fünfeck betreffen, zum Teil hier nochmals wiederholt werden.
Die Sekundärliteratur über Euklid und die Elemente ist uferlos
Die Variante, in der Euklid die Konstruktion der fünf regulären
und wächst ständig. Wir geben einige neuere Schlüsselliteratur,
("Platonischen") Körper behandelt, nämlich sie in eine Umkugel
zum Teil mit Kommentar an, mit deren Bibliographien man sich
von gegebenem Radius einzubeschreiben, ist vom praktischen
bei Bedarf den weiteren Weg ins Dickicht dieser Literatur bah-
Standpunkt durchaus sinnvoll, da man Körper sehr unterschied-
nen kann.
licher Größe enthält, wenn man immer von der gleichen Kanten-
länge ausgeht. Seine Lösungen setzen jedoch eine vorherge-
hende Analyse der Aufgabe voraus, die er nicht gibt. Heute Die neuesten Bücher zum Thema sind:
würde man die euklidische Variante der AufgabensteIlung ver- Peter Schreiber, Sonja Brentjes: Euklid (Biographien hervorra-
mutlich lösen, indem man den gewünschten Körper zunächst mit gender Naturwissenschaftler... Bd. 87). Leipzig: Teubner
einer beliebig gewählten Kante konstruiert (was einfacher ist als 1987.
der Weg des TheaitetooslEuklid), den Radius der zugehörigen Benno Artmann: Euclid. The Creation of Mathematics. New
Umkugel bestimmt und das Ganze dann auf die gewünschte York-Berlin usw.: Springer 1999 22001.
Größe ähnlich abbildet.
Jürgen Schönbeck: Euklid. (Vita mathematica, Bd. 12) Basel-
Berlin-Boston: Birkhäuser 2003.
XVI Euklid: Die Elemente

Eine wunderbare Bibliographie der historischen Euklidausgaben


mit vielen Faksimiles ist
Max Steck, Menso Folkerts: Bibliographia Euclideana. Hildes-
heim: Gerstenberg 1981. I. Buch.
Eine Sammlung wichtiger (faksimilierter) Texte zum Parallelen-
Definitionen.
problem mit Übersetzung in Interlingua ist
C. E. Sjöstedt: Le axiome de paralleles. Stockholm: Natur och 1. Ein Punkt ist, was J:eine Teile hat,
2. Eine Linie breitenlose Lä1UJe.
Kultur 1968.
3. Die Enden einer Linie sind Punkte.
Umfassende historische Auskunft geben die bei den Euclid-Arti- 4. Eine gerade Linie (Strecke) ist eine solche, die zu den
kel von Ivor Bulmer-Thomas (Life and Works) und J. Murdoch Punkten auf ihr gleichmäßig liegt.
(Transmission of the Elements) in 5. Eine Fläche ist, was nur Lä1UJe und Breite hat.
Ch. Gillispie (Ed.): Dictionary of Scientific Biography, New 6. Die Enden einer Fliiche sind Linien.
York: Scribner's 1970 ff. 7. Eine ebene Fliiche ist eine solche, die zu den geraden
Linien auf ihr gleichmäßig liegt. •
Zu den hier vertretenen unorthodoxen Meinungen sei verwiesen 8. Ein ebener Winkel ist die Neigung zweier Linien in
auf einer Ebene gegeneinander, die einander treffen, ohne einander
Peter Schreiber: Anregung durch Euklid. Didaktik der Mathe- gerade fortzusetzen.
matik 1994,57-64. 9. Wenn die den Winkel umfassenden Linien gerade sind,
Ders.: Didaktische Bemerkungen zu Euklids Optik. Didaktik heißt der Winkel geradlinig.
10. Wenn eine gerade Linie, auf eine gerade Linie gestellt,
der Mathematik 1995,300-307.
einander gleiche Nebenwinkel bildet, dann ist jeder der beiden
Zur Biographie von Clemens Thaer gleichen Winkel ein Rechter;
Peter Schreiber: Clemens Thaer (1883 - 1974) - Ein Mathema- und d'ie stehende gerade Linie heißt senkrecht zu (Lot
tikhistoriker im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. auf) der, auf der sie steht.
Sudhoffs Archiv 80 (1996), Heft 1, 78-85. 11. Stumpf ist ein Winkel, wenn er größer als ein
Rechter ist,
12. Spitz, wenn kleiner als ein Rechter.
13. Eine Grenze ist das, worin etwas endigt.
14. Eine Figur ist, was von einer oder mehreren Grenzen
umfaßt wird.
15. Ein Kreis ist eine ebene, von einer einzigen Linie [die
Umfang (Bogen) heißt] umfaßteFigur mit der Eigenschaft,
daß alle von einem innerhalb der Figur gelegenen Punkte bis
zur Linie [zum Umfang des Kreises] laufenden Strecken ein-
ander gleich sind;
16. Und lJIittelpunkt des Kreises heißt dieser Punkt.
17. Ein Durchmesser des Kreises ist jede durch den M ittel-
punkt gezogene, auf beiden Seiten vom Kreisumfa1UJ begrenzte
Strecke;
2 Erstes Buch. Postulate, Axiome, § 1. 3

eine solche hat auch die Eigenschaft, den Kreis zu halbieren. 4. (Ax.10) Daß alle rechten Winkel einander gleich sind,
18. Ein Halbkreis ist die vom Durchmesser und dem 5. (Ax. 11) Und daß, wenn eine gerade Linie beim
durch ihn abgeschnittenen Bogen umfaßte Figur; Schnitt mit zwei geraden Linien bewirkt, daß innen auf der-
[und Mittelpunkt ist beim Halbkreise derselbe Punkt wie selben Seite entstehende Winkel zusammen kleiner als zwei
beim Kreise]. Rechte werden, dann die zwei geraden Linien bei Verlängerung
19. (20-23) Geradlinige Figuren sind solche, die von ins unendl1:che sich treffen auf der Seite, auf der die Winkel
Strecken umfaßt werden, liegen, die zusammen kleiner als zwei Rechte sind.
dreiseitige die von drei,
vierseitige die von vier, Axiome.
vielseitige die von mehr als vier Strecken umfaßten. 1. TVas demselben gleich ist, ist auch einander gleich.
20. (24-26) Von den dreiseitigen Figuren ist ein gleich- 2. Wenn Gleichem Gleiches hinzugefügt wird, sind die
seitiges Dreieck jede mit drei gleichen Seiten, Ganzen gleich.
ein gleichschenkliges jede mit nur zwei gleichen Seiten, 3. Wenn von Gleichem Gleiches weggenommen wird, sind
ein schiefes jede mit drei ungleichen Seiten. die Reste gleich.
21. (27-29) Weiter ist von den dreiseitigen Figuren 4. [Wenn Ungleichem Gleiches hinzugefügt wird, sind dl:e
ein rechtwinkliges Dreieck jede mit einem rechten Winkel, Ganzen ungleich.]
ein stumpfwinkliges jede mit einem stumpfen Winkel, 5. (6) [Die Doppelten von demselben sind einander gleich.]
ein spitzwinkliges jede mit drei spitzen Winkeln. 6. (7) [Die Halben von demselben sind einander (Ileich.]
22. (30-34) Von den vierseitigen Figuren ist ein Quadrat 7. (8) Was einander deckt, ist einander gleich.
jede, die gleichseitig und rechtwinklig ist, 8. (9) Das Ganze ist größer als der Teil.
ein längliches Rechteck jede, die zwar rechtwinklig 9. (12) [Zwei Strecken umfassen keinen Flächenraum.]
aber nicht gleichseitig ist,
ein Rhombus jede, die zwar gleichseitig aber nicht
rechtwinklig ist,
ein Rhomboid jede, in der die gegenüberliegenden Seiten § 1 (A. 1).
sowohl als Winkel einander gleich sind und die da- Über e~ner gegebenen Strecke em gleichseitiges Dreieck
bei weder gleichseitig noch rechtwinklig ist; zu errichten.
die übrigen vierseitigen Figuren sollen Trapeze heißen. Die gegebene Strecke sei A B. Man soll über der Strecke
23. (35) Parallel sind gerade Linien, die in derselben A B ein gleichseitiges Dreieck errichten.
Ebene liegen und dabei, wenn man sie nach beiden Seiten Mit A als Mittelpunkt und A B als Abstand zeichne man
ins unendliche verlängert, auf keiner einander treffen. den Kreis Be D (Post. 3), ebenso
mit B als Mittelpunkt und BAals
Postulate. Abstand den Kreis ACE; ferner
Gefordert soll sein: ziehe man vom Punkte C, in dem
1. Daß man von jedem Punkt nach jedem Punkt die die Kreise einander schneiden, nach
Strecke ziehen kann, den Punkten A, B die Strecken CA,
C B (Post. 1). F'19. 1 •
2. Daß man eine begrenzte gerade Linie zusammenhängend Da PunktA Mittelpunkt des Kreises
gerade verlängern kann, CD B ist, ist A C = A B (I, Def. 15); ebenso ist, da
3. Daß man mit jedem Mittelpunkt und Abstand den Punkt B ~fittelpunkt des Kreises C A Eist, B C = BA.
Kreis zeichnen kann, Wie oben bewiesen, ist auch CA = AB; also sind CA
Erstes Buch. § 2-4. 5
und C B beide = AB. Was aber demselben gleich ist, Man lege am Punkte A eine Strecke A D = c hin (1, 2)
ist auch einander gleich (Ax. 1); also ist auch CA = C B; und zeichne mit A als Mittelpunkt und A D als Abstand
also sind CA, AB, B C alle drei einander gleich. den Kreis D E F.
Also ist das Dreieck ABC gleichseitig (1, Def. 20); Da Punkt A Mittelpunkt des Kreises D E F ist, ist

&
und es ist über der gegebenen Strecke AB errichtet - AE=AD; aber auch c=AD.
dies hatte man ausführen sollen. Also sind A E, c beide = A D; folg- ~
lieh 1st auch A E = c.
§ 2 (A. 2).
Also hat man, während zwei un-
An einem gegebenen Punkte eine einer gegebenen Strecke gleiche Strecken A B, c gegeben E
gleiche Strecke hinzulegen. waren, auf AB, der größeren, eine c, A.C' B
Der gegebene Punkt sei A und die gegebene Strecke B C. der kleineren, gleiche abgetragen, r
Man soll an dem Punkte A eine der gegebenen Strecke B C nämlich A E - dies hatte man aus-
gleiche Strecke hinlegen. führen sollen. Fig.3.
Man ziehe von Punkt A nach Punkt B die Strecke A B
und errichte über derselben das gleich- § 4 (L. 1).
seitige Dreieck DA B (I, 1), verlängere Wenn in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten ent-
ferner DA, D B gerade um die sprechend gleich sind und die von den gleichen Strecken
Strecken A E, B F (Post. 2) und umfaßten Winkel einander gleich, dann muß in ihnen auch
zeichne mit B als Mittelpunkt und die Grundlinie der Grundlinie gleich sein, das Dreieck muß
B C als Abstand den Kreis C G H, dem Dreieck gleich sein, und die übrigen Winkel müssen
ebenso mit D als Mittelpunkt und den übrigen Winkeln entsprechend gleich sein, nämlich immer
D G als Abstand den Kreis G K L. die, denen gleiche Seiten gegenüberliegen.
Da hier Punkt B Mittelpunkt von ABC, D E F seien zwei Dreiecke, in denen zwei
CGHist,istBC= BG. Ebenso ist, Seiten AB, AC zwei Seiten D E, D F entsprechend
da Punkt D Mittelpunkt des Kreises gleich sind, nämlich AB = D E und AC = D F, ferner
Fig. 2. G K List, D L = D G; von diesen L BA C = L E D F. Ich behaupte, daß auch Grdl.
Strecken sind die Teile D A = D B. Also sind die Reste B C = Grdl. E F, ferner 6,. ABC = 6,. D E F und die
AL = B G (Ax. 3). Wie oben bewiesen, ist auch B C übrigen Winkel den übrigen Winkeln entsprechend gleich
= B G; also sind AL und B C beide = B G. Was aber sein müssen, immer die, denen gleiche Sei-
demselben gleich ist, ist auch einander gleich (Ax. 1); also ten gegenüberliegen, ABC = D E Fund
ist AL = B C. A CB=DFE.
Also hat man am gegebenen Punkte A eine der gegebenen Deckt man nämlich 6,. ABC auf
Strecke B C gleiche Strecke hingelegt, nämlich A L - dies 6,. D E F und legt dabei Punkt A auf Punkt
hatte man ausführen sollen. D sowie die gerade Linie A B auf D E, so
§ 3 (A. 3). muß auch Punkt BEdecken, weil A B =
D E; da so A B D E deckt, muß auch die
Wenn zwei ungleiche Strecken gegeben si1Jd, auf der größeren Fig. 4. gerade Linie A C D F decken, weil L BA C
eine der kleineren gleiche Strecke abzutragen. = E D F; daher muß auch Punkt C Punkt F
Die zwei gegebenen ungleichen Strecken seien AB, c; decken, weil gleichfalls A C = D F. B deckte aber E; folg-
von ihnen sei A B die größere. Man soll auf A B, der lich muß die Grundlinie B C die Grundlinie E F decken
größeren Strecke, eine c, der kleineren, gleiche abtragen. [denn würde, während B E und C F deckt, die Grund-
6 Erstes Buch. § 5-7 7

linie B C E F nicht decken, so würden zwei Strecken Restc B F = C G (Ax. 3). Wic oben bewiesen, ist aber
einen Flächenraum umfassen; das ist aber unmöglich auch F C = G B; mithin sind zwei Seiten, B F, F C, zwei
(Ax. 9). Also muß die Grundlinie B C E F decken] und Seiten, C G, G B entsprechend gleich; auch ist L B F C
ihr gleich sein (Ax. 7); folglich muß auch das ganze Dreieck = L C G B und die Grundlinie B C ihnen gemeinsam;
ABC das ganze Dreieck D E F decken und ihm gleich also muß auch /':,. B F C = /':,. C G B sein, und die übrigen
sein, auch müssen die übrigen Winkel die übrigen Winkel Winkel müssen den übrigen Winkeln entsprechend gleich
decken und ihnen gleich sein, ABC = D E Fund A C B sein, immer die, denen gleiche Seitcn gegenüberliegen,
=DFE. also L F B C = G C Bund B CF = C B G (I, 4). Da
"\Venn also in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten nun, wie oben bewiesen, die ganzen Winl{el A B G = A CF
entsprechend gleich sind und die von den gleichen Strecken und von ihnen die Teile C B G = B CF, so sind die Rest-
umfaßten Winkel einander gleich, dann muß in ihnen auch winkel ABC = A C B; diese liegen an der Grundlinie
die Grundlinie der Grundlinie gleich sein, das Dreieck muß des Dreiecks ABC. Wic oben bewiesen, ist ferner F B C
dem Dreieck gleich sein, und die übrigen Winkel müssen = G C B; und diese liegen unter der Grundlinie - S.
den übrigen Winkeln entsprechend gleich sein, nämlich
immer die, denen gleiche Winkel gegenüberliegen - dies § 6 (L. 3).
hatte man beweisen sollen. Wenn in einem Dreieck zwei Winkel einander gleich sind,
müssen auch die den gleichen Winkeln gegenüberliegenden
§ 5 (L. 2). Seiten einander gleich sein.
Im gleichschenkligen Dreieck sind die Winkel an der ABC sei ein Dreieck mit LAB C = L AC B. Ich
Grundlinie einander gleich; auch müssen die bei Verlängerung behaupte, daß auch Seite AB = Seite AC.
der gleichen Strecken unter der Grundlinie entstehenden Wiire nämlich A B ungleich A C, so wäre von ihnen die
Winkel einander gleich sein. eine größer; A B sei größer; dann trage
ABC sei ein gleichschenkliges Dreieck (I, Def. 20) mit man auf AB, der größeren Strccke, D B
den Seiten AB = AC, auch seien AB, AC um die ge- = AC, der kleineren, ab und ziehe D C.
raden Linien B D, CE verlängert. Ich behaupte, daß Da dann D B = A C wäre und B C gemein-
LAB C = A C Bund C B D = B C E. sam, so wären zwei Seiten, nämlich D B,
Man wähle nämlich auf B D Punkt F beliebig, trage B C, zwei S6iten, niimlich AC, C B, ent-
auf A E, der längeren Strecke, AG = A F, der kürzeren, sprechend gleich und L D B C = L A C B; Fig. 6.
ab (1,3) und ziehe die Strecken F C, G B. also wäre Grdl. D C = Grdl. A Bund
A Da A F = A G und A B = AC, so /':,. D B C = /':,. A C B (I, 4), das kleinere dem größeren
sind zwei Seiten, nämlich FA, AC (Ax. 8); dies wäre Unsinn; also kann A B nicht ungleich
zwei Seiten, nämlich GA, AB ent- AC sein, ist ihm also gleich - S.
sprechend gleich, und sie umfassen
einen gemeinsamen Winkel, nämlich § 7 (L. 4).
FA G; also ist Grdl. F C = Grdl. G B, Es ist nicht möglich, über derselben Strecke zwei weitere
/':,. A F C = /':,. A G B, und die übrigen Strecken, die zwei festen Strecken entsprechend gleich sind,
o E Winkel müssen den übrigen Winkeln an denselben Enden wie die ursprünglichen Strecken ansetzend,
Fig. 5. entsprechend gleich sein, immer die, auf derselben Seite in verschiedenen Punkten zusammen-
denen gleiche Seiten gegenüberliegen, A CF = A B G und zubringen.
A F C = AG B (I, 4). Und da die ganzen Strecken A F Wäre dies nämlich möglich, so bringe man über derselben
=0=A G, sowie von ihnen die Teile AB = A C, so sind die Strecke A B zwei d~n festen Strecken A C, C B entsprechend
8 Erstes Buch. § 8-11. 9

gleiche weitere Strecken A D, D B in verschiedenen Punkten nicht deckten, trifft nicht zu. Also decken sie sich, und
C und D zusammen, und zwar auf derselben Seite und an L BA C muß L E D F decken und ihm gleich sein
denselben Enden ansetzend, so daß CA und DA, die an (Ax. 7) - S.
demselben Ende, nämlich A ansetzen, einander gleich § 9 (A. 4).
sind, ebenso C Bund D B, die an demselben Einen gegebenen geradlinigen Winkel zu halbieren.
C 0 Ende Bansetzen; ferner ziehe man CD. Der gegebene geradlinige Winkel sei BA C. Ihn soll
;)?j Da dann AC = A D, so wäre auch man halbieren.
~ LACD=ADC (1,5); also wäre ADC Auf ABwähle man Punkt D beliebig, trage A E = A D
A B > D C B (Ax. 8), um so mehr also CD B auf.-A C ab, ziehe D E, errichte über D E
> D C B. Da ebenso C B = D B, so wäre das gleichseitige Dreieck D E F (I, 1) A
Fig. 7. auch L CD B = L D C B. Wie oben be- und ziehe A F; ich behaupte, daß L
wiesen, wäre er zugleich weit größer als dieser; dies ist B A C durch die gerade Linie A F hal-
aber unmöglich-So biert wird.
Da nämlich A D = A E ist und A F
§ 8 (L.5). gemeinsam, so sind zwei Seiten DA, A F
Wenn in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten entsprechend zwei Seiten E A, A F entsprechend
gleich sind und auch die Grundlinie der Grundlinie gleich gleich; ferner Grdl. D F = Grdl. E F; F
ist, dann müssen in ihnen auch die von gleichen Strecken also ist L DAF = L E AF (I, 8). F'19. 9•
umfaßten Winkel einander gleich sein. Der gegebene geradlinige Winkel B A C
ABC, D E F seien zwei Dreiecke, in denen zwei Seiten wird also durch die gerade Linie A F halbiert - dies
AB, A C zwei Seiten D E, D F entsprechend gleich sind, hatte man ausführen sollen.
nämlich A B = D E und A C = D F; ferner sei Grdl.
B C = Grdl. E F. Ich behaupte, daß auch L BA C § 10 (A. 5).
= LEDF. Eine gegebene Strecke zu halbieren.
Deckt man nämlich 6. ABC auf 6. D E F und legt Die gegebene Strecke sei AB. Man soll die Strecke
dabei Punkt B auf Punkt E sowie die gerade Linie B C A B halbieren.
auf EF, so muß auch Punkt C
F decken, weil BC = E F; da so
B C E F deckt, müssen auch
BA, CA die Seiten E D, DF
[)
A
J!j 0 G
Man errichte über ihr das gleichseitige Dreieck ABC·
(I, 1) und halbiei'e L AC B durch die gerade Linie CD
C (I, 9); ich behaupte, daß die Strecke A B
im Punkte D halbiert wird.
decken. Würden nämlich zwar
die Grundlinien B C, E F ein-
ander decken, die Seiten BA, B
AC aber E D, D F, nicht decken,
sondern abweichen wie E G, G F,
e E
Fig. 8.
f

ill
A 0
Fig. 10.
Da nämlich A C = C B ist und C D ge-
meinsam, so sind zwei Seiten AC, CD
zwei Seiten B C, CD entsprechend gleich;
8 ferner L A C D = L B CD; also ist
Grdl. A D = Grdl. B D (I, 4).
dann hätte man über derselben Strecke zwei weitere Strecken, Die gegebene Strecke A B ist also in
die zwei festen Strecken entsprechend gleich sind, an den- D halbiert - dies hatte man ausführen sollen.
selben Enden ansetzend auf derselben Seite in verschiedenen
Punkten zusammengebracht. Sie lassen sich aber nicht § 11 (A. 6).
so zusammenbringen (I, 7); daß also, wenn man Grdl. B C Zu einer gegebenen geraden Linie rechtwinklig von einem
auf Grdl. E F deckt, die Seiten BA, A C dabei E D, D F auf ihr gegebenen Punkte aus eine gerade Linie zu ziehen.
10 Erstes Buch. § 12-14. 11
Die gegebene gerade Linie sei AB und der gegebene Da nämlich G H = HE ist und H C gemeinsam, so
Punkt auf ihr C. Man soll vom Punkte C aus rechtwinklig sind zwei Seiten G H, H C zwei Seiten EH, H Centsprechend
zur geraden Linie A B eine gerade Linie ziehen. gleich; ferner Grdl. C G = Grdl. CE; also ist L C H G
Auf A C wähle man Punkt D beliebig, trage C E = C D = L EH C (I, 8); sie sind dabei Nebenwinkel. Wenn
ab, errichte über D E das gleichseitige Dreieck F D E aber eine gerade Linie, auf eine gerade Linie gestellt, ein-
(I, 1) und ziehe F C; ich behaupte, ander gleiche Nebenwinkel bildet, dann ist jeder der beiden
F
daß die gerade Linie F C rechtwink- gleichen Winkel ein Rechter, und die stehende gerade

A
11 0 C
Fig. 11.
E
lig zu der gegebenen geraden Linie
A B von dem auf ihr gegebenen
Punkte C aus gezogen ist.
Da nämlich D C = C E ist und
CF gemeinsam, so sind zwei Seiten
D C, CF zwei Seiten E C, CF
Linie heißt Lot auf die, auf der sie steht (I, DeI. 10).
Man hat also auf eine gegebene unbegrenzte gerade
Linie AB von einem gegebenen Punkte C, der nicht auf ihr
liegt, das Lot gefällt, nämlich C H - dies hatte man aus-
führen sollen.
§ 13 (L. 6).
entsprechend gleich; ferner Grdl. D F = Grdl. FE; also
ist L D CF = L E CF (I, 8); sie sind dabei Neben- Wenn eine gerade Linie, auf eine gerade Linie gestellt,
winkel. Wenn aber eine gerade Linie, auf eine gerade Winkel bildet, dann muß sie entweder zwei Rechte oder solche,
Linie gestellt, einander gleiche Nebenwinkel bildet, dann die zusammen zwei Rechten gleich sind, bilden.
ist jeder der beiden gleichen Winkel ein Rechter (I, DeI. 10); Eine gerade Linie ABbilde nämlich, auf die gerade
also sind D CF und F C E beide Rechte. Linie CD gestellt, die Winkel C BA, AB D. Ich behaupte,
Man hat also zu einer gegebenen Strecke A B recht- daß die Winkel C B A, A B D entweder beide Rechte
winklig von einem auf ihr gegebenen Punkte C aus eine sind oder zusammen zwei Rechten gleich.
gerade Linie gezogen, nämlich CF - dies hatte man Ist C BA = A B D, so sind beide Rechte (I, DeI. 10).
Anderenfalls ziehe man von Punkt Baus B E 1- C D
ausführen sollen.
§ 12 (A. 7).
Auf eine gegebene unbegrenzte gerade Linie von einem
gegebenen Punkte, der nicht auf ihr liegt, aus das Lot zu fällen.
(1,11); C B E, E BD sind also zwei Rechte.
Hier ist C B E = C B A + A BE; daher
füge man E B D beiderseits hinzu; dann
!:lind C B E + E B D = CB A + A BE
IE A

Es sei AB die gegebene unbegrenzte gerade Linie und + E B D (Ax. 2). Ebenso ist D BA
C der gegebene Punkt, der nicht r = DBE + E BA; daher füge man ABC 0 B C
auf ihr liegt. Man soll auf die ge- beiderseits hinzu; dann sind D BA + ABC Fig.13.
gebene unbegrenzte gerade Linie = D BE + E BA + ABC. Wie oben
AB von dem gegebenen Punkte bewiesen, sind aber auch C B E + E B D denselben drei
C, der nicht auf ihr liegt, aus das JI"-~~---!L,-~f-:---: Winkeln zusammen gleich; was aber demselben gleich ist,
Lot fällen. ist auch einander gleich (Ax. 1); also sind auch C BE
Man wähle auf der anderen Seite +EBD=DBA +ABC; aber CBE, EBD sind
der geraden Linie A B Punkt D Fig. 12. zwei Rechte; also sind auch D B A + ABC = 2 R. - s.
beliebig, zeichne mit C als Mittelpunkt und CD als Ab-
stand den Kreis E F G, halbiere die Strecke E G in H § 14 (L. 7).
(I, 10) und ziehe die Strecken C G, C H, CE; ich be- Bilden an einer geraden Linie in einem Punkte auf ihr
haupte, daß man auf die gegebene unbegrenzte gerade zwei nicht auf derselben Seite liegende gerade Linien N eben-
Linie AB von dem gegebenen Punkte C, der nicht auf winkel, die zusammen zwei Rechten gleich sind, dann müssen
ihr liegt, aus das Lot gefällt hat, nämlich C H. diese geraden Linien einander gerade fortsetzen.
12 Erstes Buch. § 15-17. 13
An einer geraden Linie A B mögen nämlich in dem [Zusatz: Hiernach ist klar, daß zwei gerade Linien, wenn
Punkte B auf ihr zwei nicht auf derselben Seite liegende sie einander schneiden, am Schnittpunkte Winkel bilden
gerade Linien Be, B D die Nebenwinkel ABC, AB D müssen, die zusammen vier Rechten gleich sind.]
bilden, die zusammen = 2 R. Ich behaupte, daß B D C B
gerade fortsetzt. § 16 (L. 9).
Wenn nämlich B D Be nicht gerade fortsetzen sollte, An jedem Dreieck ist der bei Verliingerung einer Seite
möge BE C B gerade fortsetzen (Post. 2). Da dann die ge- entstehende Außenwinkel größer als jeder der beiden gegenüber-
A rade Linie A B auf der geraden Linie liegenden Innenwinkel.

~
E C BEstünde, so wären L. ABC Das Dreieck sei ABC; man verlängere seine eine Seite

C 8 D
+ A B E = 2 R.
auch ABC
wären CB A
+
+
(I, 13) , aber
A B D = 2 R.; also
A B E = CB A
Außenwinkel AD
Be nach D. Ich behaupte, daß der
e größer ist als jeder
der beiden gegenüberliegenden Innen-
/J(-FE
Fig. 14. + A B D (Post. 4, Ax.l). Man nehme winkel e B A, BA e.
C B A beiderseits weg; dann wäre Man halbiere A e in E (I, 10), ziehe D
der Restwinkel A B E dem Restwinkel A B D gleich B E und verlängere es nach F; ferner B C
(Ax. 3), der kleinere (Ax. 8) dem größeren; dies ist mache man E F = B E, verbinde F e G
aber unmöglich. Also setzt B E nicht C B gerade fort. und ziehe A e nach G hin durch. Fig. 16.
Ähnlich läßt sich zeigen, daß auch keine andere von B D Da A E = E e und B E = E F, so
verschiedene gerade Linie es tut; also setzt C B B D sind zwei Seiten A E, E B zwei Seiten CE, E F ent-
gerade fort (Post. 2) - S. sprechend gleich; ferner L A E B = L FEe als Schei-
telwinkel (I, 15); also ist Grdl. A B = Grdl. Fe,
§ 15 (L. 8). t::" A BE = t::" FEe, und die übrigen Winkel sind den
Zwei gerade Linien bilden, wenn sie einander schneiden, übrigen Winkeln entsprechend gleich, immer die, denen
Scheitelwinkel, die einander gleich sind. gleiche Seiten gegenüberliegen (I, 4): also L BA E
= E CF. Aber LEe D > E CF (Ax. 8); also ist
Zwei gerade Linien AB, e D mögen einander im Punkte E
schneiden. Ich behaupte, daß L A E e = D E Bund
A CD> BA E. Ähnlich läßt sich, bei Halbierung von
Be, zeigen, daß auch BeG, d. h. A CD> ABC - S.
eEB=AED.
Da nämlich die gerade Linie A E auf der geraden Linie § 17 (L. 10).
CD steht und dabei die Winkel In jedem Dreieck sind zwei Winkel, beliebig zusammen-
CE A, A E D bildet, so sind A~C gerwmmen, kleiner als zwei Rechte.
LeE A + A E D = 2 R. (I, 13). Das Dreieck sei ABC. Ich behaupte, daß in dem Dreieck
Da ebenso die gerade Linie D E B A ABC zwei Winkel, beliebig zusammen-
auf der geraden Linie ABsteht D 5

~
und dabei die Winkel A E D; D E B Fig. 1 . genommen, kleiner sind als zwei Rechte.
bildet, so sind L A E D+ D E B = 2 R. Wie oben be-
Man verlängere Be nach D.
wiesen, sind auch e E A + A E D = 2 R.; also sind
Als Außenwinkel am Dreieck ABC
0 ist dann L A e D größer als der gegen-
CE A + A E D= A E D + D E B (Post. 4, Ax. 1). Man 8
.
C
überliegende Innenwinkel ABC (1,16).
nehme A E D beiderseits weg; dann sind die Reste CE A
FIg.17. Man füge A e B beiderseits hinzu; dann
= BE D (Ax. 3); ähnlich läßt sich zeigen, daß auch CE B + +
sind A CD A e B > ABC B CA. Aber A CD A e B +
=DEA-S.
= 2 R. (1,13); also sind ABC +B CA< 2 R. Ähnlich
14 Erstes Buch. § 18-21. 15

läßt sich zeigen, daß auch B A C +A C B < 2 R., des- Man verlängere BA nach Punkt D, mache A D = C A
gleichen CA B + ABC - S. und ziehe D C.
Da DA = A C, ist auch LAD C ~D
§ 18 (L. 11). = AC D (I, 5); also B CD> A D C
In jedem Dreieck liegt der größeren Seite der größere Winkel (Ax. 8); und da D B C ein Dreieck ist
gegenüber. mit L B CD> B D C, dem größeren
ABC sei ein Dreieck mit der Seite AC> AB. Ich Winkel aber die größere Seite gegen- /I
behaupte, daß auch LAB C > B CA. überliegt (I, 19), so ist D B > B C. B C
A Hier ist AC> AB; man trage da- Aber DA.. AC; also sind B A A C + F' 20
her A D = A B ab und ziehe B D. > B C. Ahnlich läßt sich zeigen, daß 19..

~
D Als Außenwinkel am Dreieck B CD auch A B + B C > CA und B C +
CA> A B - S.
ist dann LAD B größer als der
gegenüberliegende Innenwinkel D C B
B C (I, 16); aber A D B = A B D, da die
§ 21 (L. 14).
Fig. 18. Seite A B = A D (I, 5); also ist auch Sind in einem Dreieck über einer seiner Seiten von ihren
A B D > A C B, um so mehr ABC> A C B (Ax. 8) - S. Enden aus zwei Strecken innerhalb zusammengebracht, so
müssen die zusammengebrachten Strecken kleiner sein als die
§ 19 (L. 12). beiden übrigen Dreiecksseiten zusammen, dabei aber den
größeren Winkel umfassen.
In jedem Dreieck liegt dem größeren Winkel die größere Im Dreieck ABC seien nämlich über B C, einer seiner
Seite gegenüber. Seiten, von ihren Enden B, C aus zwei Strecken B D,
ABC sei ein Dreieck mit LAB C > B CA. Ich be- D C innerhalb zusammengebracht. Ich behaupte, daß B D
haupte, daß auch die Seite AC> AB. und D C zusammen kleiner als die beiden übrigen Dreiecks-
Anderenfalls wäre A C nämlich entweder = oder< AB.
Gleich ABkann AC nicht sein; denn
seiten BA + A C sind, dabei aber den größeren Winkel
/I umfassen, nämlich B D C > B A C.
sonst wäre auch LAB C = AC B (1,5); Man verlängere B D nach E. Da in jedem Dreieck zwei
dies ist aber nicht der Fall; also ist nicht
Seiten zusammen größer sind als die letzte (I, 20), so sind
A C = A B. Aber auch < ABkann
im Dreieck A B E die zwei Seiten
A C nicht sein; denn sonst wäre auch B
LAB C < A C B (I, 18); dies ist aber
A B + A E > BE; man füge E C
beiderseits hinzu; dann sind B A
nicht der Fall; also ist nicht AC< AB.
Wie oben bewiesen, sind sie auch nicht C
+ AC> B E +
E C. Ebenso sind
im Dreieck C E D die zwei Seiten C E
gleich. Also ist AC> AB - S. Fig. 19.
+ E D > CD; man füge daher D B
Fig. 21. beiderseits hinzu; dann sind C E
§ 20 (L. 13). + E B > CD +
D B. Wie oben be-
In jedem Dreieck sind zwei Seiten, beliebig zusammen- wiesen, sind BA + AC> BE +
E C; um so mehr sind
genommen, größer als die letzte. BA +A C> BD +DC.
Das Dreieck sei ABC. Ich behaupte, daß in dem Dreieck Zweitens ist, da an jedem Dreieck der Außenwinkel
ABC zwei Seiten, beliebig zusammengenommen, größer größer als der gegenüberliegende Innenwinkel ist (I, 16),
sind als die letzte: BA +AC> B C, AB +
BC> A C am Dreieck CD E der Außenwinkel B D C > CE D.
und B C + CA> A B. Aus demselben Grunde ist auch am Dreieck A BE der
16 Erstes Buch. § 22-24. 17

Außenwinkel CE B > BA C. Wie oben bewiesen, ist dem gegebenen geradlinigen Winkel D C E gleichen gerad.
B D C > C E B; um so mehr ist B D C > B A C - S. linigen Winkel antragen.
Man wähle auf beiden geraden Linien CD, C E Punkte D,
§ 22 (A. 8). E beliebig und ziehe D E; ferner errichte man aus drei
Aus drei Strecken die drei gegebenen gleich sind, ein Strecken, die den drei Strecken CD,
Dreieck zu errichten; hierbei müssen [weil in jedem Dreieck D E, CE gleich sind, ein Dreieck
zwei Seiten, beliebig zusammengenommen, größer sind als A F G (1, 22), so daß C D = A F, CE
die letzte (I, 20)] stets zwei, beliebig zusammengenommen, = A G und- D E = F G.
größer sein als die letzte. Da hier zwei Seiten D C, CE zwei
Die drei gegebenen Strecken seien a, b, c, und von ihnen Seiten FA, AG entsprechend gleich
seien stets zwei, beliebig zusammengenommen, größer als sind, auch Grdl. D E = Grdl. F G, ~o 8
die letzte: a + b > c, a + c > bund b + c > a. Man ist L D CE = L FA G (I, 8). Fig. 23.
soll aus Strecken, die a, b, c gleich sind, ein Dreieck errichten. Man hat also an eine gegebene ge·
Man ziehe eine in D begrenzte, rade Linie A B in einem Punkte A auf ihr einen einem ge·
nach E unbegrenzte gerade Linie gebenen geradlinigen Winkel D C E gleichen geraclJinigen
D E und trage D F = a, F G = b, Winkel angetragen, nämlich F A G - dies hatte man aus.
G H = c ab; ferner zeichne man führen sollen.
mit F als Mittelpunkt, F D als
Abstand den Kreis D K L, ebenso § 24 (L. 15).
mit G als Mittelpunkt, G Hals Wenn in zwei Dreiecken zwei, Seiten zwei Seiten entsprechend
Abstand den Kreis KLH, ziehe gleich sind, der von den gleichen Strecken umfaßte Winkel
K Fund K G; ich behaupte, daß aher im ersten Dreieck größer ist als im zweiten, dann muß
Fig. 22. das Dreieck K FG aus drei Strecken auch die Grundlinie im ersten Dreieck größer sein als im
errichtet ist, die a, b, c gleich sind. zweiten.
Da nämlich Punkt F Mittelpunkt des Kreises D K L ABC, D E F seien zwei Dreiecke, in denen zwei Seiten
ist, ist F D = F K; aber F D = a; also ist auch K F = a. AB, AC zwei Seiten D E, D F entsprechend gleich sind,
Da ebenso Punkt G Mittelpunkt des Kreises L K H ist, nämlich AB = D E, AC = D F; der Winkel bei A sei
ist G H = G K; aber G H = c; also ist auch K G = c. aber größer als der Winkel bei D. Ich behaupte, daß auch
Ferner ist F G = b. Die drei Strecken K F, F G, G K sind Grdl. B C > Grdl. E F.
also den drei Strecken a, b, c gleich. Hier ist L B AC> L E D F; man trage daher an die
Also hat man aus drei Strecken K F, F G, G K, die drei gerade Linie D E im Punkte D auf
gegebenen Strecken a, b, c gleich sind, ein Dreieck errichtet, A D ihr L E D G = BA C an (I, 23),

'V~
nämlich K F G - dies hatte man ausführen sollen. [ mache D G = A C oder D Fund
§ 23 (A. 9). B G F ziehc E G, F G.
Da A B = D E und A C = D G,
An eine gegebene gerade Linie in einem Punkte auf ihr so sind zwei Seiten BA, AC zwei
C
einen einem gegebenen geradlinigen Winkel gleichen gerad.
Fig. 24. Seiten E D, D G entsprechend gleich;
linigen Winkel anzutragen.
ferner L B A C = E D G; also ist
Die gegebene gerade Linie sei AB, der Punkt auf ihr A, Grdl. B C = Grdl. E G (I, 4). Andererseits ist, da D F
der gegebene geradlinige Winkel D CE. Man soll an die =DG, auchL DGF=DFG (I, 5); also DFG>EGF
gegebene gerade Linie A B in dem Punkte A auf ihr einen (Ax. 8); um so mehr ist E FG > EGF. Da so E FG ein
18 Erstes Buch. § 26-26. 19

Dreieck mit L E F G > E G F ist, dem größeren Winkel behaupte, daß in ihnen auch die übrigen Seiten den übrigen
aber die größere Seite gegenüberliegt (I, 19), so ist auch Seiten entsprechend gleich sein müssen, AB = D E,
die Seite E G > E F. Aber E G = B C; also ist auch AC = D F, und der letzte Winkel dem letzten Winkel,
BC>EF -So BA C= EDF.
Wäre nämlich AB ungleich D E, so müßte eine der
§ 25 (L. 16). Strecken größer sein. A B sei die größere; dann trage
Wenn in zwei Dreiecken zwei Seiten zwei Seiten entsprechend man BG=DE ab und ziehe GC. Da hier BG=DE
gleich sind, die Grundlinie aber im ersten Dreieck größer und B C = E F, so wären zwei Seiten B G, B C zwei
ist als im zweiten, dann muß auch der von den gleichen Seiten D E, E F entsprechend gleich; ferner L G B C
Strecken umfaßte Winkel im ersten Dreieck größer sein als = L D E F; also wäre Grdl. G C = Grdl. D F, t;, G B C
im zweiten. = t;, D E F, und die übrigen Winkel müßten den übrigen
ABC, D E F seien zwei Dreiecke, in denen zwei Seiten Winkeln gleich sein, immer die, denen gleiche Seiten gegen-
AB, AC zwei Seiten D E, D F entsprechend gleich sind, überliegen (I, 4); also wäre LGCB=DFE. Nach
nämlich A B = D E, A C = D F; Voraussetzung ist aber D F E = B CA; also wäre auch
Grdl. B C sei aber > Grdl. E F. L B C G = B CA, der kleinere dem größeren (Ax. 8);
Ich behaupte, daß auch L B A C dies ist aber unmöglich. A B ist also nicht ungleich D E,
>L EDF. also ihm gleich. Aber auch B C = E F; mithin sind zwei
Anderenfalls wäre er entweder ihm Seiten AB, B C zwei Seiten D E, E F entsprechend gleich;
gleich oder kleiner. Gleich E D F ferner LAB C = L D E F; also ist Grdl. AC = Grdl.
kann B A C nichtsein; denn sonst D F und der letzte Winkel B A C
Fig. 25. wäre auch Grdl. B C = Grdl. E F D
dem letzten Winkel E D F gleich

~~r
(I, 4); dies ist aber nicht der Fall; also ist nicht L BA C (I, 4).
= E D F. Aber auch < E D F kann BA C nicht sein; Zweitens seien Seiten gleich, die
denn sonst wäre auch Grdl. B C < Grdl. E F (I, 24), gleichen Winkeln gegenüberliegen,
dies ist aber nicht der Fall; also ist nicht L BA C etwa A B = D E. Ich behaupte
< E D F. Wie oben bewiesen, sind sie auch nicht gleich wieder, daß die übrigen Seiten
also ist BA C >E D F - S. B H C
den übrigen Seiten gleich sein Fig.26.
müssen, AC = DF und B C
§ 26 (L. 17). = E F, schließlich auch der letzte Winkel BA C dem
Wenn in zwei Dreiecken zwei Winkel zwei Winkeln ent- letzten Winkel E D F gleich.
sprechend gleich sind und eine Seite einer Seite, nämlich Wäre nämlich B C ungleich E F, so müßte eine der
entweder die den gleichen Winketn anliegenden oder die Strecken größer sein. B C sei etwa die größere; dann
einem der gleichen Winkel gegenüberliegenden Seiten ein- trage man B H = E F ab und ziehe A H. Da hier B H = E F
ander gleich, dann müssen auch die übrigen Seiten den und AB = D E, so wären zwei Seiten AB, B H zwei
übrigen Seiten (entsprechend) gleich sein und der letzte Seiten D E, E F entsprechend gleich; auch um faßten sie
Winkel dem letzten Winkel. gleiche Winkel; also wäre Grdl. A H = Grdl. D F, t;, A B H
ABC, D E F seien zwei Dreiecke, in denen zwei Winkel t;, D E F, und die übrigen Winkel müßten den übrigen
ABC, B CA zwei Winkeln D E F, E F D entsprechend Winkeln gleich sein, immer die, denen gleiche Seiten gegen-
gleich sind, nämlich ABC = D E F, B CA = E F D; überliegen (I, 4); also wäre L B HA = E F D. Aber
ferner sei in ihnen eine Seite einer Seite gleich, zunächst E F D = B CA; mithin wäre am Dreieck A H C der
die den gleichen Winkeln anliegende B C = E F. Ich Außenwinkel B H A dem gegenüberliegenden Innenwinkel
20 Erstes Buch. § 27 -29. 21

B CA gleich; diesl st aber unmöglich (1,16). B C ist also oder die innen auf derselben Seite liegenden B G H +
GH D
nicht ungleich E F, also ihm gleich. Aber auch AB = D E; = 2 R. Ich behaupte, daß AB" CD.
mithin sind zwei Seiten AB, B C zwei Seiten D E, E F Da nämlich E G B = G H D, andererseits E G B = AG H
entsprechend gleich; auch umfassen sie gleiche Winkel; (1,15), so ist auch AG H = G H D;
also ist Grdl. A C = Grdl. D F, !:::. ABC = !:::. D E Fund sie sind dabei Wechselwinkel;also
der letzte Winkel B A C dem letzten Winkel E D F gleich ist A B 'I CD (I, 27). A B
(I, 4) -So Im zweiten Fall sind, da B G H
+ G H D = ~ K, aber auch A G H C D
§ 27 (L. 18). + B G H = 2 R. (I, 13), AG H
Wenn eine gerade Linie beim Schnitt mit zwei geraden + B GH = B GH + G H D (Post. 4,
Linien einander gleiche (innere) Wechselwinkel bildet, müssen Ax. 1); man nehme B G H beider- F
diese geraden Linien einander parallel sein. seits weg; dann ist Rest AG H Fig. 28.
Die gerade Linie E F bilde nämlich beim Schnitt mit = Rest G H D; sie sind dabei Wech-
den zwei geraden Linien AB, CD einander gleiche Wechsel- selwinkel; also ist A B 11 CD (I, 27) S.
winkel A E F, E F D. Ich behaupte, daß AB" CD.
Anderenfalls müßten sich näm- § 29 (L. 20).
lich AB, CD bei Verlängerung Beim Schnitt einer geraden Linie mit (zwei) parallelen ge-
11 treffen entweder nach B, D zu raden Linien werden (innere) Wechselwinkel einander gleich,
G oder nach A, C zu (I, Def. 23); jeder äußere W inlcel wird dem innen gegenüberliegenden
man verlängere sie, sie mögen gleich, und innen auf derselben Seite entstehende Winkel
C sich nach B, D zu treffen, in G. werden zusammen zwei Rechten gleich.
Dann wäre am Dreieck G E F der Man bringe nämlich die gerade Linie E F mit den paral-
Außenwinkel A E F dem gegen- lelen geraden Linien AB, CD zum Schnitt. Ich behaupte,
Fig. 27. überliegenden Innenwinkel E F G daß dann die Wechselwinkel AG H, G H D gleich werden,
gleich; dies ist aber unmöglich der äußere Winkel E G B dem innen gegenüberliegenden
(I, 16); also treffen sich A B, CD bei Verlängerung nicht G H D gleich und die innen auf derselben Seite entstehenden
auf der Seite B, D. Ähnlich läßt sich zeigen, daß sie es Winkel B G H + G H D = 2 R.
auch nach A, C zu nicht tun; nach keiner Seite hin sich Wäre nämlich A G H ungleich G H D, so müßte einer
treffende sind aber parallel (I, Def. 23); also ist A B der Winkel größer sein. A G H sei
IiCD -So der größere; man füge B G H beider-
A B seits hinzu; dann wären AG H
§ 28 (L. 19). + B GH > B GH + G H D. Aber
Wenn eine gerade Linie beim Schnitt mit zwei geraden A GH + B G H = 2 R. (I, 13); also
Linien bewirkt, daß ein äußerer Winkel dem auf derselben : . C _ _ _+_~D wären B G H + G H D < 2 R. Von
Seite innen gegenüberliegenden gleich oder innen auf der- Winkeln aus, die zusammen< 2 R.
selben Seite liegende Winkel zusammen zwei Rechten gleich F sind, ins unendliche verlängerte tref-
werden, dann müssen diese geraden Linien einander parallel Fig. 29. fen sich aber (Post. 5); also müßten
sein. AB, CD sich bei Verlängerung ins
Die gerade Linie E F mache nämlich beim Schnitt mit unendliche treffen; sie treffen sich aber nicht, da sie nach
den zwei geraden Linien AB, CD den äußeren Winkel Voraussetzung parallel sind (I, Def. 23). AG H ist also
E G B dem innen gegenüberliegenden Winkel G H D gleich nicht ungleich G H D, also ihm gleich. Weiter ist AG H
22 Erstes Buch. § 30-33. 23
= EG B (I, 15), also auch EG B = GH D. Man füge Also hat man durch den gegebenen Punkt A zur gegebenen
B G H beiderseits hinzu; dann sind E G B +
B GH = B GH geraden Linie B C parallel die gerade Linie E A F gezogen
+GH D; aber EGB +BGH= 2 R. (1,13); also sind - dies hatte man ausführen sollen.
auch B G H + G H D = 2 R. - S.
§ 32 (L. 22).
§ 30 (L. 21) An jedem Dreieck ist der bei Verlängerung einer Seite
Derselben geraden Linie parallele s'ind auch einander entstehende Außenwinkel den beiden gegenüberliegenden Innen-
parallel. winkeln zusammen gleich, und die drei Winkel innerhalb
AB, CD seien beide 11 E F. Ich behaupte, daß auch des Dreiecks sind zusammen zwei Rechten gleich.
ABIICD. Das Dreieck sei ABC. Man verlängere seine eine Seite
Man bringe die gerade Linie G K mit ihnen zum Schnitt. B C nach D; ich behaupte, daß der Außenwinkel A CD
Da die parallelen geraden Linien den beiden gegenüberliegenden Innen-
+

N
AB, E F von der geraden Linie winkeln C A B ABC gleich ist und
A B G K geschnitten werden, ist A G K die drei Winkel innerhalb des Dreiecks
= G HF (I, 29). Ebenso ist, da die ABC+BCA+CAB=2R.
E F parallelen geraden Linien E F, C D Durch Punkt C ziehe man C Eil zur
von der geraden Linie G K ge- geraden Linie A B (I, 31). B C D
C D schnitten werden, G H F = G K D Da A B 11 C E und sie von A C ge-
(I, 29). Wie oben bewiesen, ist AG K Fig. 32.
schnitten werden, sind die Wechsel-
= G HF; also ist auch A G K winkel BA C = ACE (I, 29). Ebenso ist, da AB 11 CE
Fig. 30. = G K D; sie sind dabei Wechsel- und sie von der geraden Linie B D geschnitten werden,
winkel. Also ist AB 11 CD (I, 27) der äußere Winkel E CD dem innen gegenüberliegenden
[S.] dies hatte man beweisen sollen. ABC gleich (I, 29). Wie oben bewiesen, ist auch ACE
= B AC; also ist der ganze Winkel A CD den beiden gegen-
§ 31 (A. 10). überliegenden Innenwinkeln BA C +
ABC gleich (Ax. 2).
Durch einen gegebenen Punkt eine einer gegebenen geraden Man füge A C B beiderseits hinzu; dann sind A C D
Linie parallele gerade Linie zu ziehen. + A C B = ABC +B CA +CA B. Aber A CD
Der gegebene Punkt sei A, die gegebene gerade Linie B C. + A C B = 2 R. (I, 13); also sind auch A C B +
CB A
Man soll durch den Punkt A eine der geraden Linie B C + CA B = 2 R. - S.
parallele gerade Linie ziehen.
Auf B C wähle man Punkt D beliebig, ziehe A D, trage § 33 (L. 23).
an die gerade Linie D A im Punkte Strecken, welche gleiche und parallele Strecken auf denselbet!
A auf ihr L DA E = A D C an E'=--_ _.......:Ar-_....:..F Seiten verbinden, sind auch selbst gleich und parallel.
(I, 23) und verlängere E A gerade / A B, CD seien gleich und parallel, und die Strecken
um die gerade Linie A F. _ AC, B D mögen sie auf dencelben Seiten verbinden. Ich
Da die gerade Linie A D beim B D c behaupte, daß auch AC, B D gleich und parallel sind.
Schnitt mit den zwei geraden Linien Man ziehe B C.
Fig.31.
B C, E F einander gleiche Wechsel- Da A B 11 C D und sie von B C geschnitten werden,
winkel bildet, nämlich E A D, A D C, so ist EAF 11 BC sind die Wechselwinkel ABC = B CD (I, 29). Da AB
I (I, 27). = CD ist und B C gemeinsam, so sind zwei Seiten AB, B C
24 Erstes Buch. § 34-36. 25

zwei Seiten B 0, 0 D gleich; a.uch LAB 0 = L B 0 D; Weiter behaupte ich, daß die Diagonale es halbiert.
also ist Grdl. AO = Grdl. BD, 6. ABO = 6. BOD, und Da nämlich A B = 0 D ist und B 0 gemeinsam, so
die übrigen Winkel müssen den sind zwei Seiten AB, B 0 zwei Seiten 0 D, B 0 entsprechend
B A übrigen Winkeln entsprechend gleich gleich; ferner L A. B 0 = L B 0 D; also ist auch [Grdl.

S sein, immer die, denen gleiche Sei- A 0 = B D und] 6. ABO = 6. B 0 D (I, 4).
ten gegenüberliegen (I, 4); also ist Also halbiert die Diagonale B 0 das Parallelogramm
L A 0 B = 0 B D. Da hier die ABO D - dies hatte man beweisen sollen.
D C gerade Linie B 0 beim Schnitt mit
F' 33 den zwei geraden Linien A 0, B D § 35 (L. 25).
19.. einander gleiche Wechselwinkel bil- Auf derselben Grundlinie zwischen denselben Parallelen
det, so ist A 0 11 B D (I, 27). Die Gleichheit ist oben be- gelegene Parallelogramme sind einander gleich.
wiesen - S. Die Parallelogramme ABO D, E B 0 F mögen auf der-
selben Grundlinie B 0 und zwischen denselben Parallelen
§ 34 (L. 24). A F, B 0 liegen. Ich behaupte, daß Pgm. ABO D

w
Im Parallelogramm sind die gegenüberliegenden Seiten =EBOF.
sowohl als Winkel einander gleich, und die Diagonale hal- Da ABO D ein Parallelogramm ist, ist A D = B 0
biert es. (I, 34). Aus demselben Grunde ist E F = B 0, so daß
A 0 D B sei ein Parallelogramm, B 0 Diagonale in ihm. auch A D = E F; DEist gemeinsam; A D E
Ich behaupte, daß im Parallelogramm A 0 D B die gegen- also sind die ganzen Strecken A E F
überliegenden Seiten sowohl als Winkel einander gleich = D F (Ax. 2). Aber auch A B G
sind und daß die Diagonale B 0 es halbiert. = D 0; mithin sind zwei Seiten E A,
Da A B 11 0 D und sie von der geraden Linie B 0 ge- AB zwei Seiten F D, D 0 ent-
schnitten werden, sind die Wechselwinkel ABO = B 0 D sprechend gleich; ferner ist L F D 0 B c
(I, 29). Ebenso sind, da A 0 11 B D und sie von B 0 ge- = L E AB, der äußere dem inneren
Fig.35.
schnitten werden, die Wechselwinkel A 0 B = 0 B D. (I, 29); also ist Grdl. E B = Grdl. F 0,
Mithin sind ABO, B 0 D zwei Dreiecke, in denen zwei und 6. E A B muß = 6. D F 0 sein (I, 4). Man nehme
Winkel ABO, BOA zwei Winkeln B 0 D, 0 B D ent- das gemeinsame 6. D G E weg; dann ist das Resttrapez
sprechend gleich sind und eine Seite einer Seite gleich, AB G D = dem Resttrapez EGO F (Ax. 3). Man füge
nämlich die den gleichen Winkeln anliegende B 0, die ihnen 6. G BObeidersei ts hinzu; dann ist das ganze Pgm. ABO D
gemeinsam ist; also müssen in
ihnen auch die übrigen Seiten den
übrigen Seiten entsprechend gleich-
sein und der letzte Winkel dem
letzten Winkel (I, 26); also ist die
k21
A 8
= dem ganzen Pgm. E B 0 F (Ax. 2) - S.

§ 36 (L. 26).
Auf gleichen Grundlinien zwischen denselben Parallelen
gelegene Parallelogramme sind einander gleich.
Seite A B = 0 D, A 0 = B D so- C 0 ABO D, E F G H seien auf gleichen Grundlinien B 0,
wie L B A 0 = 0 D B. Und da F G zwischen denselben Parallelen A H, B G gelegene
Fig. 34.
LA BO= BOD, OBD=A OB, Parallelogramme. Ich behaupte, daß Pgm. ABO D
so sind die ganzen Winkel A B D = A 0 D (Ax. 2). Daß =EFGH.
auch B A 0 = 0 D B, ist oben bewiesen. Man ziehe BE, 0 H.
Im Parallelogramm sind also die gegenüberliegenden Da B 0 = F G, andererseits F G = EH (I, 34), so ist
Seiten sowohl als Winkel einander gleich. auch B 0 = EH; dabei sind sie parallel; und E B, HO
26 Erstes Buch. § 37-41. 27

verbinden sie. Strecken, die gleiche und parallele Strecken Man verlängere A D nach beiden Seiten nach G, H,
auf denselben Seiten verbinden, sind aber gleich und ziehe durch B B G 11 CA und durch F F H 11 D E.
parallel (I, 33) [auch E B, H C sind also gleich und parallel]; Dann sind G B C A und D E F H beide Parallelogramme;
also ist E B C H ein Parallelo- und G B CA = D E F H; denn sie liegen auf gleichen
A DE fI gramm. Und es ist = ABCD; Grundlinien B C, E F und zwischen

VfX\
denn es hat mit ihm dieselbe denselben Parallelen B F, G H
Grundlinie B C und liegt mit (I, 36). Ferner ist b. ABC vom
ihm zwischen denselben Paral- Pgm. G B CA die Hälfte; denn
8 C F G leIen B C, A H (I, 35). Aus dieses wird von der Diagonale A B
· 36
F19. . demselben Grunde ist auch halbiert (I, 34). Und b. F E D
E F GH demselben E B CH ist vom Pgm. D E F H die Hälfte; Fig.38.
gleich, so daß auch Pgm. ABC D = E F GH - S. denn dieses wird von der Dia-
gonale D F halbiert. [Die Hälften gleicher Ganzen sind
§ 37 (L. 27). aber gleich (Ax. 6).] Also ist b. ABC = b. D E F - S.
Auf derselben Grundlinie zwischen denselben Parallelen § 39 (L. 29).
gelegene Dreiecke sind einander gleich. Auf derselben Grundlinie nach derselben Seite gelegene
Die Dreiecke ABC, D B C mögen auf derselben Grund- gleiche Dreiecke liegen auch zwischen denselben Parallelen.
linie B C zwischen denselben Parallelen A D, B C liegen. ABC, D B C seien gleiche auf derselben Grundlinie B C
Ich behaupte, daß b. ABC = b. D B C. nach derselben Seite gelegene Dreiecke. [Ich behaupte,
Man verlängere A D nach beiden Seiten nach E, F, daß sie zwischen denselben Parallelen liegen.] Man ziehe
ziehe durch B BEil CA und durch C CF 11 B D (1,31).

EwA
DF
A D. Ich behaupte, daß A D 11 B C.
Dann sind E B CA und D B CF Anderenfalls ziehe man durch Punkt A A Ellzur geraden
beide Parallelogramme; und sie sind Linie B C und verbinde E C. Dann
gleich; denn sie liegen auf derselben /J D wäre b. ABC = b. E B C; denn es läge

~
Grundlinie B C und zwischen den- mit ihm auf derselben Grundlinie B C
selben Parallelen B C, E F (1,35). und zwischen denselben Parallelen (1,37).
Ferner ist b. ABC vom Pgm. B C Aber ABC = D B C; also wäre auch
E B C A die Hälfte; denn dieses wird Fig. 37. B C D B C = E B C, das größere dem kleine-
von der Diagonale A B halbiert Fig. 39. ren (Ax. 8); dies ist aber unmöglich;
(I, 34). Und b. D B C ist vom Pgm. D B C F ~ie Hälft~; also ist A E nicht 11 B C. Ähnlich läßt
denn dieses wird von der Diagonale D C halbIert. [DIe sich zeigen, daß auch keine andere von A D verschiedene
Hälften gleicher Ganzen sind aber gleich (Ax. 6).] Also ist Linie es ist; also ist A D 11 B C (I, 31) - S.
b. ABC = b. D B C - S.
§ 40 (L. 30).
§ 38 (L. 28). [Auf gleichen Grundlinien nach derselben Seite gelegene
gleiche Dreiecke liegen auch zwischen denselben Parallelen.]
Auf gleichen Grundlinien zwischen denselben Parallelen
gelegene Dreiecke 8ind einander gleich. . § 41 (L. 31).
Die Dreiecke ABC, D E F mögen auf gleIchen Grund- Wenn ein Parallelogramm mit einem Dreieck dieselbe
linien B C, E F zwischen denselben Parallelen B F, A D Grundlinie hat und zwischen den8elben Parallelen liegt, ist
liegen. Ich behaupte, daß b. ABC = b. D E F. da8 Parallelogramm doppelt 80 groß wie das Dreieck.
28 Erstes Buch. § 42-44. 29

Das Parallelogramm ABO D habe nämlich mit dem ABO D sei ein Parallelogramm, A 0 Diagonale in ihm;
Dreieck E B 0 dieselbe Grundlinie B 0 und liege zwischen EH, F G seien die Parallelogramme um A 0, und BK,
denselben Parallelen B 0, A E. Ich K D die sogenannten Ergänzungen. Ich behaupte, daß
A D E behaupte, daß Pgm. ABO D = 2 die Ergänzung B K der Ergänzung K D gleich ist.

~
6.BEO. Da nämlich ABO D ein Parallelogramm ist, A 0 Diago-
Man ziehe A O. nale in ihm, ist 6. ABO = 6. A 0 D

tEJ
Dann ist 6. ABO =6. E B 0; denn (I, 34). Ebenso ist, da EH ein
8 C es liegt mit ihm auf derselben Grund- Parallelogramm ist, A K Diagonale
Fig. 40. linie B 0 und zwischen denselben Pa- in ihm, 6. A E K = 6. A H K. Aus
rallelen B 0, A E (I, 37). Aber Pgm. demselben Grunde ist auch 6. K F 0
ABO D = 2 6. ABO; denn es wird von der Diagonale = K GO. Da hier sowohl 6. A E K 8 G C
A 0 halbiert (I, 34); folglich ist auch Pgm. ABO D = 2 = 6. A HK als auch KFO= KGO,
6. E BO - S. Fig.42.
so ist 6. A E K mit K G 0 zusam-
§ 42 (A. 11). men = 6. A H K mit K F 0 zusammen (Ax. 2). Aber
auch das ganze 6. ABO ist dem ganzen A D 0 gleich;
Ein einem gegebenen Dreieck gleiches Parallelogramm in
also ist der Rest, die Ergänzung BK, dem Rest, der Er-
einem gegebenen geradlinigen Winkel zu errichten. gänzung K D,gleich (Ax. 3) - S.
Das gegebene Dreieck sei ABO, der gegebene gerad-
linige Winkel D. Man soll ein dem Dreieck ABO gleiches § 44 (A. 12).
Parallelogramm in dem geradlinigen Winkel D errichteJ;l.
An eine gegebene Strecke ein einem gegebenen D'reieck
Man halbiere B 0 in E (I, 10), ziehe A E und trage an
gleiches Parallelogramm in einem gegebenen geradlinigen
die gerade Linie E 0 im Punkte E auf ihr 0 E F = L D Winkel anzulegen.
an (I, 23), ziehe ferner durch A AGil E 0 und durch
Die gegebene Strecke sei AB, das gegebene Dreieck 0
o 0 G 11 E F (I, 31). und der gegebene geradlinige Winkel D. Man soll an die
Dann ist FE 0 G ein Parallelogramm. Da BE = E 0,
gegebene Strecke A B ein dem gegebenen 6. 0 gleiches
ist ferner 6. A B E = 6. A E 0; denn sie liegen auf gleichen
Parallelogramm in einem Winkel = Danlegen,
Grundlinien BE, E 0 und zwischen

\f/lsiJ
Man errichte im Winkel E B G = D das Parallelogramm
denselben Parallelen B 0, A G (I, 38);
BE F G = 6. 0 (I, 42) und lege es so, daß BE A B ge-
also ist 6. AB 0 = 26. A E O. Aber
rade fortsetzt, ziehe F G nach H durch,
auch Pgm. F E 0 G = 2 6. A E 0;
ziehe ferner durch A A H 11 B G oder
denn es hat mit ihm dieselbe Grund-
E F und verbinde }[ B. Da hier die
linie und liegt mit ihm zwischen ß E C
Parallelen A H, E F von der geraden
denselben Parallelen (I, 41). Also
ist Pgm. FEOG=6.ABO; und
E' 41

sein Winkel 0 E F ist dem gegebenen L D gleich.


Ig . . J7;;;jK Linie HF geschnitten werden, so sind
+
L A H F H F E = 2 R. (I, 29).
+
Also hat man ein dem Dreieck ABO gleiches Parallelo-
gramm, nämlich FE 0 G, im Winkel 0 E F = D er-
fz/fJM Dann sind B H G G FE< 2 R.
(Ax, 8). Von Winkeln aus, die zu-
sammen < 2 R, sind, ins unend-
richtet - dies hatte man ausführen sollen. H A L
Fig. 43. liche verlängerte treffen sirhaber
§ 43 (L. 32). (Post. 5); also müssen sich H B, FE
In jedem Parallelogramm sind die Ergänzungen der um bei Verlängerung treffen. Man verlängere sie, sie mögen
die Diagonale liegenden Parallelogramme einander gleich. sich in K treffen. Ferner ziehe man durch Punkt K K L
Erstes Buch. § 45-46. 31
30

11 E A oder F H und verlängere HA, G B nach den Punk- Aber M H G + H G L = 2 R. (I, 29); also sind auch HG F
tenL, M. 4- H G L = 2 R.; also setzt F G G L gerade fort (I, 14).
Dann ist H L K F ein Parallelogramm, H K Diagonale Und da F K = und 11 HG (I, 34), ebenso HG mit M L,
in ihm, und um HK liegen die Parallelogramme A G, ME; so ist auch K F = und 11 M L (I, 30); und die Strecken
die sogenannten Ergänzungen sind L B, B F; also ist KM, F L verbinden sie; also sind auch KM, F L gleich
L B = B F (I, 43). Aber Pgm. B F = 6. C; also ist auch und parallel (I, 33); also ist K F L M ein Parallelogramm.
Pgm. L B = 6. C. Und da L G B E = A B M (I, 15), Da 6. A B D = Pgm. F Hund D B C = GM, so ist die
andererseits G B E = L D, so ist auch AB M = L D. ganze geradlinige Figur ABC D dem ganzen Parallelo-
Man hat also an die gegebene Strecke AB ein dem ge- gramm K F L M gleich (Ax. 2).
gebenen 6. C gleiches Parallelogramm, nämlich L B, in Man hat also ein der gegebenen geradlinigen Figur
dem Winkel A B M = Dangelegt - dies hatte man aus- ABC D gleiches Parallelogramm, nämlich K F L M, im
führen sollen. Winkel F K M, der dem gegebenen LEgleich ist, errichtet
- dies hatte man ausführen sollen]
§ 45 (A. 13).
[Ein einer gegebenen geradlinigen Figur gleiches Parallelo-
gramm in einem gegebenen geradlinigen Winkel zu errichten. § 46 (A. 14).
Die gegebene geradlinige Figur sei ABC D, der ge- Über einer gegebenen St·recke das Quadrat zu zeichnen.
gebene geradlinige Winkel E. Man soll ein der geradlinigen Die gegebene Strecke sei AB. Man soll über der Strecke
Figur ABC D gleiches Parallelogramm in dem gegebenen AB das Quadrat zeichnen.
Winkel E errichten. Man ziehe AC rechtwinklig zur geraden Linie AB
Man ziehe D B, errichte im Winkel HK F = E das vom Punkte A auf ihr aus (I, 11) und trage A D = AB
Parallelogramm F H = 6. A B D (I, 42) und lege an die ab; ferner ziehe man durch Punkt D DEli A B (I, 31)
Strecke G H im Winkel G H M = E und durch Punkt B BEil A D.

b
A das Parallelogramm G M = 6. D B C Dann ist ADE B ein Parallelogramm; also A B = D E

\;6c~
an (I, 44). und A D = BE (I, 34). Aber A B = A D; also sind BA,
Da L E sowohl = H K F als auch A D, D E, E B alle vier einander gleich (Ax. 1);
=GH M,istauchH KF=GH M.
das Parallelogramm ADE B ist also gleich-
Man füge K HG beiderseits hinzu; seitig. Ich behaupte, daß es auch rechtwink- 0 E
dann sind F K H + K H G= K H G

K
ti/ H M
Flg .. 44.
+GHM. Aber FKH+KHG
= 2 R. (I, 29); also sind auch
K HG +GH M = 2 R. Hier bil-
den an einer geraden Linie G H im
Punkte H auf ihr die zwei nicht
lig ist. Da nämlich die Parallelen AB, D E
von der geraden Linie A D geschnitten werden,
so sind L BAD + ADE = 2 R. (I, 29). A
BAD ist aber ein Rechter; also ist auch ADE
ein Rechter (Ax. 3). Im Parallelogramm sind Fig. 45.
B

aber die gegenüberliegenden Seiten sowohl als Winkel ein-


auf derselben Seite liegenden ge- ander gleich (I, 34); auch die gegenüberliegenden Winkel
raden Linien K H, H M Nebenwinkel, die zusammen A BE, B E D sind also beide Rechte; also ist ADE B
= 2 R. sind; also setzt K H H M gerade fort (I, 14).
rechtwinklig. Die Gleichseitigkeit ist oben bewiesen.
Da ferner die Parallelen KM, F G von der geraden
Linie H G geschnitten werden, sind die Wechselwinkel Also ist es ein Quadrat (I, Def. 22), und man hat es über
M H G = HG F (I, 29). Man füge HG L beiderseits der Strecke ABgezeichnet - dies hatte man ausführen
hinzu; dann sind M H G + H G L = HG}' + HG L. sollen.
32 Erstes Buch. § 47-48. 33
§ 47 (L. 33). § 48 (L. 34).
Am rechtwinkligen Dreieck ist das Quadrat über der dem Wenn an einem Dreieck das Quadrat über einer Seite den
rechten Winkel gegenüberliegenden Seite den Quadraten über Quadraten über den beiden übrigen Seiten zusammen gleich
den den rechten Winkel umfassenden Seiten zusammen gleich. ist, dann ist der von diesen beiden übr'igen Seiten des
ABC sei ein rech~winkliges Dreieck mit dem rechten Dreiecks umfaßte Winkel ein Rechter.
Winkel BA C. Ich behaupte, daß B Ci = BA' + A C2. Am Dreieck ABC sei nämlich das Quadrat über der
Man zeichne nämlich über B C das Quadrat B D E C einen Seite B C den Quadraten über den Seiten BA,
(I, 46) und über BA, AC die Quadrate GB, HC; ferner A C zusammen gleich, Ich behaupte, daß L B A C ein
ziehe man durch AAL 1I B D oder CE und ziehe A D, Rechter ist.

Lt
FC. Man ziehe A D vom Punkte A aus --L zur geraden Linie
Da hier die Winkel BA C, BA G beide Rechte sind, AC (I, 11), mache A D = BA und ziehe

D~~
so bilden an der geraden Linie B A im Punkte A auf ihr C
die zwei nicht auf derselben Seite liegenden geraden Linien DA=AB, ist auch DA2=AB2.
AC, AG Nebenwinkel, die zusammen = 2 R. sind; also Man füge A C2 beiderseits hinzu; dann sind
setzt CA A G gerade fort (I, 14). Aus demselben Grunde D A2 + A C2 = B A 2+ A C2, Aber DA 2
setzt aueh B A A H gerade fort. Ferner ist L D B C + A C2 = DC2; denn L D A C ist ein
= F BA; denn beide sind Rechte (Post. 4); daher füge Rechter (I, 47). Andererseits ist B A 2 + D A B
man ABC beiderseits hinzu; dann ist der ganze Winkel A C2 = B C2; dies hatten wir nämlich vor- F' 47
D BAdern ganzen F B C gleich (Ax. 2). Da ferner D B ausgesetzt. Also ist D C2 = B C2, so daß 19. .
= B C und F B = BA (I, DeI. 22), auch die Seite D C = B C. Da ferner D A = A Bist
H so sind zwei Seiten D B, BA zwei und AC gemeinsam, so sind zwei Seiten DA, AC zwei
Seiten F B, B C (überkreuz) ent- Seiten BA, AC gleich; auch ist Grdl. D C = Grdl. B C;
K sprechend gleich; und L D B A also ist L DA C = L BA C (I, 8). DA C ist aber ein
= L F B C; also ist Grdl. A D Rechter; also ist auch BA C ein Rechter - S.
Grdl. F C und t::, A B D =
t::, F B C (I, 4). Ferner ist Pgm.
B L = 2 t::, A B D; denn sie haben
dieselbe Grundlinie B D und liegen
DL.. E zwischen denselben Parallelen B D,
Fig. 46.
A L (I, 41); auch ist das Quadrat
G B = 2 t::, F B C; denn sie haben
wieder dieselbe Grundlinie, nämlich F B, und liegen zwischen
denselben Parallelen F B, G C. [Von Gleichem die Dop-
pelten sind aber einander gleich (Ax. 5).] Also ist Pgm.
B L = Quadrat G B. Ähnlich läßt sich, wenn man A E,
B K zieht, zeigen, daß auch Pgm. CL = Quadrat H C;
also ist das ganze Quadrat B D E C den zwei Quadraten
GB + H C gleieh (Ax. 2). Dabei ist das Quadrat B D E C
über B C gezeichnet und G B, H C über BA, AC. Also
ist das Quadrat über der Seite B C den Quadraten über
den Seiten BA, A C zusamme -ll'lich - S.
140 Sechstes Buch.

§ 33 (L. 23).
In gleichen Kreisen haben Winkel dasselbe Verhältnis wie die
Bogen, wer denen sie stehen, einerlei ob sie an den Mittelpunk-
ten oder an den Umfängen stehen. [Dasselbe haben au,ch die
Ausschnitte, deren Scheitel in den Mittelpunkten liegen.]
ABC, D E F seien gleiche Kreise, B G C, EH F Winkel
an deren Mittelpunkten G, H, und BA C, E D F Umfangs- VII. Buch.
winkel. Ich behaupte, daß Bogen B C : Bogen E F = L Definitionen.
BGC:EHF und = L BA C:E DF.
Man trage beliebigviele dem Bogen B C gleiche Bogen 1. Einheit ist das, wonach jedes Ding eines genannt wird.
C K, K L zusammenhängend ab (vgl. IH, 28), sowie be- 2. Zahl ist die aus Einheiten zusammengesetzte Menge.
liebigviele dem Bogen E F gleiche FM, M N; ferner ziehe 3. Teil einer Zahl ist eine Zahl, die kleinere von der größeren,
man GK, GL, H M, H N. wenn sie die größere genau mißt;
Da die Bogen B C, C K, KLeinander gleich sind, sind 4. Und Menge von Teilen, wenn sie sie nicht genau mißt;
auch die Winkel B G C, C G K, K G L einander gleich 5. Und Vielfaches die größere von der kleineren, wenn
sie von der kleineren genau gemessen wird.
6. Gerade ist die Zahl, die sich halbieren läßt;
7. Und ungerade die, die sich nicht halbieren läßt, oder
die sich um die Einheit von einer geraden Zahl unter-
scheidet.
8. Gerademal gerade ist die Zahl, die sich v0'11- einer
geraden Zahl nach einer geraden Zahl messen läßt;
9. Gerademal ungerade ist die, die sich von, einer ge-
raden Zahl nach einer ungeraden Zahl messen läßt;
(IH, 27). L B G L ist also von B G C Ebensovielfaches 10. Ungerademal ungerade ist die Zahl, die sich von
wie Bogen B L von B C. Aus demselben Grunde ist auch einer ungeraden Zahl nach einer ungeraden Zahl messen läßt.
L N H E von E HF Ebensovielfaches wie Bogen N E 11. Primzahl ist eine Zahl, die sich nur durch die Ein-
von E F. Wenn [also] Bogen B L = Bogen E N, dann heit messen läßt;
ist auch L B G L = L EH N (IH, 27), und wenn Bogen 12. Gegeneinander prim sind Zahlen, die sich nur durch
B L > Bogen E N, ist auch L B G L > EH N, und die Einheit als gemeinsames Maß messen lassen;
kleiner, wenn kleiner. Hier hat man bei vier Größen, 13. Zusammengesetzt ist eine Zahl, die sich durch irgend-
nämlich zwei Bogen B C, E F und zwei Winkeln B G C, eine (andere) Zahl messen läßt;
E H F sowohl von Bogen B C und L B G C Gleichviel- 14. Gegeneinander zusammengesetzt sind Zahlen, die
fache gebildet, nämlich Bogen B L und L B G L, als auch sich d~trch irgendeine Zahl als gemeinsames Maß. messen
von Bogen E Fund L E H F, nämlich Bogen E N und lassen.
L EH N. Und man hat bewiesen, daß, wenn Bogen 15. Man sagt, daß eine Zahl eine Zahl vervielfältige, wenn
B L > BogenE N, auch L BGL > L EH N ist, gleich, die zu vervielfältigende so oft zusammengesetzt wird, wieviel
wenn gleich, und kleiner, wenn kleiner. Also ist Bogen Einheiten jene enthält, und so eine Zahl entsteht.
B C: E F = L B G C: EH F (V, Dei. 5). Andererseits ist 16. Wenn zwei Zahlen bei gegenseitiger Vervielfältigung
L B G C : EH F = L B AC: E D F; denn jene beiden sind von eine Zahl bilden, wird die entstehende eine ebene Zahl ge-
diesen beiden die Doppelten (IH, 20; V, 15). Also ist Bogen nannt, und die einander vervielfältigenden Zahlen ihre Seiten;
B C : Bogen E F=L BG C: EH Fund = LB AC: E D F- S.
142 Siebentes Buch. § 1-2. 143

17 . Wenn drei Zahlen bei gegeruJeitiger Vervielfältigung müßte also auch A H, die übrigbleibende Einheit messen,
eine Zahl Qilden, ist die entstehende eine körperliche Zahl, während es eine Zahl ist; dies ist unmöglich (VII, Def. 2).
und die einander vervielfältigenden Zahlen sind ihre Seiten. Also kann keine Zahl die Zahlen AB, C D zugleich messen;
18. Quadratzahl ist eine Zahl gleichmal gleich, oder die AB, CD sind also gegeneinander prim (VII, .Def. 12)
von zwei gleichen Zahlen umfaßt wird; q. e. d.
19. Kubikzahl ist eine Zahl gleichmal gleichmal gleich,
oder die von drei gleichen Zahlen umfaßt wird. § 2 (A. 1).
20. Zahlen stehen in Proportion, wenn die erste von der Zu zwei gegebenen bühlen, die nicht prim gegeneinander
zweiten Gleichvielfaches oder derselbe Teil oder dieselbe Menge sind, ihr größtes gemeinsames Maß zu finden.
von Teilen ist wie die dritte von der vierten. Die zwei gegebenen Zahlen, die nicht prim gegeneinander
21. Ähnliche ebene und körperliche Zahlen sind solche, sind, seien AB, CD. Man soll das
deren Seiten in Proportion stehen. größte gemeinsame Maß von A B, A ___ ß__________B
22. Eine voUkommene Zahl ist eine solche, die ihren C D finden.. . . 0 F D
Teilen zusammen gleich ist. Wenn CD hier A B mIßt - SICh _________ _
selbst mißt es auch - dann ist g __ ? __
§ 1 (L. 1). CD gemeinsames Maß von CD,
Nimmt man bei Vorliegen zweier ungleicher Zahlen ab- AB. Und es ist klar, daß es auch das größte ist; denn
wechselnd immer die kleinere von der größeren weg, so müssen, keine Zahl > C D kann C D messen.
wenn niemals ein Rest die vorangehende Zahl genau mißt, Wenn CD aber AB nicht mißt, und man nimmt bei
bis die Einheit iihrig bleibt, die ursprünglichen Zahlen gegen- AB, CD abwechselnd immer das kleinere vom größeren
einander prim sein. weg, dann muß (schließlich) eine Zahl übrig bleiben, die
Bei zwei [ungleichen] Zahlen AB, C D möge, wenn man die vorangehende mißt. Die Einheit kann nämlich nicht
abwechselnd immer die kleinere von der größeren weg. übrig bleiben; sonst müßten AB, CD gegeneinander
nimmt, niemals ein Rest die voran· prim sein (VII, 1), gegen die Voraussetzung. Also muß
A~ ~ ______ ß gehende Zahl genau messen, bis die eine Zahl übrig bleiben, die die vorangehende mißt. CD
Einheit übrig bleigt. Ich behaupte, lasse, indem es BE mißt, E A, kleiner als es selbst, übrig;
o G D daß AB, C D g~geneinander prim und E A lasse, indem es D F mißt, F C, kleiner als es selbst,
sind, d. h. daß nilr die Einheit A B, übrig; und CF messe A E.
C D zugleich mißt. Da CF A E mißt und A E D F, muß CF auch D F
Wären nämlich AB, CD nicht gegeneinander prim, so messen; es mißt aber auch sich selbst, muß also auch das
müßte eine Zahl sie messen. Dies geschehe, die Zahl sei e. Ganze C D messen. C D mißt aber BE; also mißt CF
Dann lasse C D, indem es B Fmißt,F A, kleiner als es selbst, auch BE; es mißt aber auch E A, muß also auch das
übrig; und A F lasse, indem es D G mißt, G C, kleiner als Ganze BA messen. Und es mißt auch CD; CF mißt
es selbst, übrig; und G C lasse, indem es F H mißt, die also A Bund CD; also ist CF gemeinsames Maß von
Einheit H A übrig. AB, CD. Ich behaupte, daß es auch das größte ist. Wäre
Da e CD messen soll und CD B F mißt, mäße e auch nämlich CF nicht das größte gemeinsame Maß von AB,
B F; es soll aber auch das Ganze BA messen, müßte also CD, so müßte irgendeine Zahl> CF die Zahlen A Bund
auch den Rest A F messen. A F mißt aber D G; also mäße CD messen. Dies geschehe, die Zahl sei g. Da g dann
e auch D G; es soll aber auch das Ganze D C messen, müßte C D mäße und C D BE mißt, mäße gauch BE; es soll
also auch den Rest C G messen. C G mißt aber F H; also aber auch das Ganze BA messen, müßte also auch den
mäße e auch F H; es soll aber auch das Ganze F A messen, Rest A E messen. A E mißt aber D F; also müßte gauch
144 Siebentes Buch. § 3·-4. 145

D F messen; es soll aber auch das Ganze D C messen, meinsame Maß von a, b, nämlich d messen (VII, 2 Zus.).
müßte also auch den Rest CF messen, als größere Zahl die Nun mißt sie auch c; also muß irgendeine Z'1hl die
kleinere; dies ist unmöglich. Also kann keine Zahl > C F Zahlen d, c messen; d, c sind also nicht prim gegen-
die Zahlen A B und CD messen; CF ist also das größte einander. Man verschaffe sich nun ihr größtes gemein-
gemeinsame Maß von AB, CD [q. e. d.]. sames Maß (VII, 2) e. Da e d mißt und d seinerseits a
Zusatz: Hiernach ist klar, daß eine Zahl, die zwei Zahlen und b mißt, so mißt e auch a und b. Es mißt nun auch c;
mißt, auch ihr größtes gemeinsames Maß messen muß - e mißt also a, b, c;also ist e gemeinsames Maß von a, b, c.
q.e. d. Ich behaupte, daß es auch das größte ist. Wäre nämlich
e nicht das größte gemeinsame Maß von a, b, c, so müßte
§ 3 (A. 2). irgendeine Zahl> e die Zahlen a, b, c messen. Dies geschehe,
Zu drei gegebenen Zahlen, die nicht prim gegeneinander sie sei I. Da I hier a, b, c messen soll, mäße es auch a, b,
sind, ihr größtes gemeinsames Maß zu linden. müßte also auch das größte gemeinsame Maß von a, b
Die drei gegebenen Zahlen, die messen (VII,2 Zus.). Das größte gemeinsame Maß von
a _______ _
nicht prim gegeneinander sind, a, b ist aber d; I mäße also d. Es soll aber auch c messen;
seien a, b, c. Man soll zu a, b, c I mäße also d und c, müßte also auch das größte gemein-
L ____ _ das größte gemeinsame Maß same Maß von d, c messen (VII, 2 Zus.). Das größte ge-
e __ 1 _ _ finden. meinsame Maß von d, c ist aber e; I mäße also e, als
c ___ _ Man verschaffe sich zu den größere Zahl die kleinere; dies ist unmöglich. Also kann
zwei Zahlen a, b das größte ge- keine Zahl> e die Zahlen a, b, c messen; e ist also das
meinsame Maß (VII, 2) d; d mißt dann centweder, oder größte gemeinsame Maß von a, b, c - q. e. d.
es mißt es nicht.
Zunächst messe es. Nun mißt es auch a und b; d mißt
§ 4 (L. 2).
also a, b, c; also ist d gemeinsames Maß von a, b, c. Ich
behaupte, daß es auch das größte ist. Wäre nämlich d Jede kleinere Zahl ist von jeder größeren Zahl entweder
nicht da, größte gemeinsame Maß von a, b, c, so müßte ein Teil oder eine Menge von Teilen.
irgend eine Zahl> d die Zahlen a, b, c messen. Dies ge- Man habe zwei Zahlen a, B C, und B C sei die kleinere.
schehe, die Zahl sei e. Da e hier a, b, c messen soll, müßte Ich behaupte, daß B C von a entweder
es auch a, b messen, müßte also das größte gemeinsame ein Teil ist, oder eine Menge von Teilen. a - - - - - - - -
Maß von a, b messen (VII, 2 Zus.). Das größte gemeinsame a, B C sind nämlich entweder prim
Maß von a, b ist aber d; e mäße also d, als größere Zahl gegeneinander, oder sind es nicht. Zu- B_!_!_!?
die kleinere; dies ist unmöglich. Also kann keine Zahl nächst seien a, B C prim gegeneinander. d __
> d die Zahlen a, b, c Zerlegt man dann B C in seine Einheiten,
messen. d ist also das a - - - - - - - - - - - - - - - - d - - - - dann muß jede der Einheiten in B C ein Teil von asein;
größte gemeinsame folglich ist B C von a eine Menge von Teilen.
€_-
Maß von a, b, c. b - - - - - - - -- - - - - Jetzt seien a, B C nicht prim gegeneinander; B C mißt
Jetzt messe d c c _________ _ /--1-- dann a entweder, oder mißt es nicht. Wenn BC a mißt,
nicht. Vorweg be- ist B C Teil von a (VII, Def. 3). Wenn nicht, dann ver-
haupte ich, daß c, d nicht prim gegeneinander sind. Da schaffe man sich von a, B C das größte gemeinsame Maß
nämlich a, b, c nicht prim gegeneinander sind, muß (VII, 2) d und zerlege B C in die Zahlen = d, nämlich
irgendeine Zahl sie messen. Die a, b, c messende Zahl BE, E F, F C. d ist, da es a mißt, Teil von a. d ist aber
muß auch a, b messen und muß auch das größte ge- jeder der Zahlen BE, E F, F C gleich. Also ist jede der
146 Siebentes Buch. § 5-8. 147

Zahlen BE, E F, FOTeil von a; folglich ist B 0 von a Teile von c. Man zerlege A B in die Teile von c, nämlich
eine Menge von Teilen - S. A G, G B, und DEin die Teile von J, nämlich D H, H E.
Dann muß die Anzahl der Teile AG, G B der Anzahl der
§ 5 (L. 3). Teile D H, HE gleich sein. Da D H von J derselbe Teil
Wenn eine Zahl von einer Zahl ein Teil ist und eine weitere +
ist wie A G von c, so ist auch A G D H von c J der. +
Zahl von einer weiteren derselbe Teil, dann muß auch die selbe Teil, wie A G von c (VII, 5). Aus demselben Grunde
Summe von der Summe derselbe Teil sein, wie die eine Zahl ist auch G B + +
H E von c J derselbe Teil, wie G B von
von der entsprechenden. c. Also ist A B + +
DEvon c J dieselbe Menge von
Die Zahl a sei ein Teil von B 0, und eine weitere d von Teilen, wie A B von c - q. e. d.
einer weiteren E F derselbe Teil, wie a von B O. Ich be·
haupte, daß auch a + d von § 7 (L.5).
a ____ d ___ B0 + E F derselbe Teil ist, wie Wenn eine Zahl von einer Zahl der Teil ist, welcher ein
a von B O. Stück von einem Stück ist, dann muß auch der Rest vom Rest
B G C E H F Da nämlich d von E F der. derselbe Teil sein, wie das Ganze vom Ganzen.
-------- - - - - - - selbe Teil ist wie a von B 0, Die Zahl A B sei von der Zahl 0 D der Teil, welcher das
so enthält E F ebensoviele Zahlen = d, wie B 0 Zahlen Stück A E vom Stück 0 F ist. Ich behaupte, daß auch der
= a. Man zerlege B 0 in die Zahlen = a, nämlich B G, Rest E B vom Rest F D der.
GO, und E F in die Zahlen = d, nämlich EH, HF. Dann selbe Teil ist, wie das Ganze A E B
muß die Anzahl der Zahlen BG, GO der Anzahl der Zahlen AB vom Ganzen 0 D.
EH, HF gleich sein. Da BG = a und EH = d, sind Derselbe Teil, wie A E von G C F D
BG + E H = a + d. Aus demselben Grunde sind auch o F ist, sei nämlich auch E B - - - - - - - - - - - - - - --
G0 + HF = a + d. Also enthalten B 0 + E F ebenso· von 0 G. Da E B von 0 G derselbe Teil ist wie A E von
viel Zahlen = a + d, wie B 0 solche = a. B 0 + E Fist o F, so ist auch A B von G F derselbe Teil wie A E
also von a + d Ebensovielfaches, wie B 0 von a. Also ist von 0 F (VII, 5). Nach Voraussetzung ist aber A Bauch
a + d von B 0 + E F derselbe Teil, wie a von B 0 - von 0 D derselbe Teil, wie A E von 0 F. Also ist AB
q. e.d. von 0 D derselbe Teil wie von G F, also G F = 0 D (Ax. 5
verallg.). Man nehme 0 F beiderseits weg. Dann ist Rest
§ 6 (L. 4). GO = Rest F D (Ax. 3). Und da E B von GO derselbe
Wenn eine Zahl von einer Zahl eine Menge von Teilen ist Teil ist wie A E von 0 F, GO aber = F D, so ist E B
und eine weitere Zahl von einer weiteren dieselbe Menge von auch von F D derselbe Teil, wie A E von 0 F. Derselbe
Teilen, dann muß auch die Summe von der Summe dieselbe Teil, wie A E von 0 F, ist aber auch A B von CD. Also
Menge von Teilen sein, wie die eine Zahl von der ent· ist der Rest E B vom Rest F D derselbe Teil, wie das Ganze
8prechenden. AB vom Ganzen 0 D - q. e. d.
Die Zahl A B sei von der A G B D H E
Zahl c eine Menge von Teilen, - - - - - - § 8 (L. 6).
und eine weitere DEvon einer c - - - - - - - - - f - - - - - - Wenn eine Zahl von einer Zahl die Menge von Teilen ist,
weiterenf dieselbe Menge von welche ein Stück von einem Stück ist, dann muß auch der
Teilen, wie A B von c. Ich behaupte, daß auch A B D E + Rest vom Rest dieselbe Menge von Teilen sein, wie das Ganze
+
von c J dieselbe Menge von Teilen ist, wie AB von c. vom Ganzen.
Da nämlich DEvon J dieselbe Menge von Teilen ist wie Die Zahl A B sei von der Zahl 0 D die Menge von Teilen,
A. B von c, so enthält D E ebensoviel Teile von J, wie A B welche das Stück A E vom Stück 0 F ist. Ich behaupte.
Siebentes Buch. § 9-10. 149

F D daß auch der Rest E B vom solche = a enthält. Man zerlege Bein die Zahlen = a,
- - - - - - - - - - - - - - - - - Rest F D dieselbe Menge von nämlich B G, Ge, und E F in die Zahlen = d, nämlich
fI M K N H Teilen ist, wie das Ganze A B EH, HF; die Anzahl der Teile BG, Ge muß dabei der
------------ vom Ganzen CD. Anzahl der Teile EH, H F gleich sein.
Ä LEB Man mache G H = A B. Da die Zahlen B G = Ge, ebenso die Zahlen E H = HF,
------------ Dann ist A E von CF dieselbe und die Anzahl der Teile B G, Ge der Anzahl der Teile
Menge von Teilen, wie G H von CD. Man zerlege G H EH, HF gleich ist, so ist Ge von HF derselbe Teil oder
in die Teile von CD, nämlich G K, K H, und A E in die dieselbe Menge von Teilen, wie B a
von EH, folglich auch
Teile von CF, nämlich AL, L E. Dabei muß die Anzahl die Summe B C von der Summe E F derselbe Teil oder
der Teile G K, K H der Anzahl der Teile A L, LEgleich dieselbe Menge von Teilen, wie B G von EH (VII, 5, 6).
sein. Und da A L von CF derselbe Teil ist wie G K von Aber B G = a, EH = d; also ist derselbe Teil oder dieselbe
CD, CD aber> CF, so ist auch GK > AL. Man mache Menge von Teilen, wie a von d, auch B C von E F - q. e. d.
GM = A L. Dann ist GM von CF derselbe Teil, wie
G K von CD; also ist auch der Rest M K vom Rest F D § 10 (L.8).
derselbe Teil, wie das Ganze G K vom Ganzen CD (VII, 7). Wenn eine Zahl von einer Zahl eine Menge von Teilen ist
Ebenso ist, da E L von CF derselbe Teil ist wie K H von und eine weitere Zahl von einer weiteren dieselbe Menge von
CD, CD aber> CF, auch HK> E L. Man mache Teilen, dann muß, vertauscht, dieselbe Menge von Teilen oder
K N = E L. Dann ist K N von CF derselbe Teil, wie derselbe Teil, wie die erste Zahl von der dritten, auch die zweite
K H von CD; also ist auch der Rest N H vom Rest F D von der vierten sein.
derselbe Teil, wie das Ganze K H vom Ganzen CD. Wie Es sei die Zahl A B von der Zahl c eine Menge von
oben bewiesen, ist aber auch der Rest M K vom Rest Teilen, und eine weitere Zahl D E sei von einer weiteren
F D derselbe Teil, wie das Ganze G K vom Ganzen CD. J dieselbe Menge von
Also ist M K + N H von D F dieselbe Menge von Teilen, Teilen. Ich behaupte, ..4__ _G___B D H E
wie das Ganze G H vom Ganzen CD. Es ist aber M K daß vertauscht (V,
+ N H = E B (Ax. 3) und HG = BA. Also ist der Rest Def. 12) dieselbe Menge C - - - - - - - - - f - - - - - - - - - - - -
E B vom Rest F D dieselbe Menge von Teilen, wie das von Teilen oder derselbe Teil, wie A B von D E, auch
Ganze AB vom Ganzen CD - q. e. d. c von J ist.
Da nämlich dieselbe Menge von Teilen, wie A B von c,
§ 9 (L. 7). auch DEvon J ist, so enthält D E ebensoviel Teile von J,
Wenn eine Zahl von einer Zahl ein Teil ist und eine weitere wie ABTeile von c. Man zerlege A B in die Teile von c, näm-
Zahl von einer weiteren derselbe Teil, dann muß, vertauscht, lich AG, G B, und DEin die Teile von J, nämlich D H,
derselbe Teil oder dieselbe Menge von Teilen, wie die erste HE; die Anzahl der Teile A G, G B muß dabei der An-
Zahl von der dritten, auch die zweite von der vierten sein. zahl der Teile D H, H E gleich sein.
Es sei die Zahl a von der Zahl B C ein Teil, und eine Da derselbe Teil, wie A G von c, auch D H von Jist,
weitere Zahl d sei von einer weiteren E F derselbe Teil, wie muß auch vertauscht derselbe Teil oder dieselbe Menge von
a von Be. Ich behaupte, daß Teilen, wie AG von D H, auch c von J sein (VII, 9). Aus
vertauscht (V, Def. 12) derselbe a - - - d - - -- demselben Grunde ist c vonJ auch derselbe Teil oder dieselbe
Teil oder Menge von Teilen, wie B G C E H F Menge von Teilen, wie G B von HE; folglich ist [G B von
a von d, auch B C von E Fist. - - - - - - -------- H E derselbe Teil oder dieselbe Menge von Teilen, wie A G
Da nämlich derselbe Teil, wie a von Be, auch d von von D H; also ist auch A B von D E derselbe Teil oder
E F ist, so enthält E F ebenso viel Zahlen = d, wie Be dieselbe Menge von Teilen, wie AG von D H. Wie oben
150 Siebentes Buch. § 11-15. 151

bewiesen, ist aber auch c von J derselbe Teil oder dieselbe Vier Zahlen a, b, c, d mägen in Pro. a - - - - - - - - - - --
Menge von Teilen, wie A G von D H; also ist] dieselbe Menge portion stehen, a : b = c : d. Ich be.
von Teilen oder derselbe Teil, wie AB von D E, auch c haupte, daß sie auch bei Vertauschung b - - - - - - --
von J (VII, 5, 6) - q. e. d. (V, Def. 12) in Proportion stehen c ________ _
müssen, a: c = b : d.
§ 11 (L. 9). Da nämlich a: b = c : d, so ist der. d - - - - - -
selbe Teil oder dieselbe Menge von
Verhält sich ein Stück zum Stück wie das Ganze zum Ganzen, Teilen, wie a von b, auch c von d (VII, Def. 20). Dann ist,
dann muß sich auch der Rest zum Rest verhalten wie das vertauscht, derselbe Teil oder dieselbe Menge von Teilen,
Ganze zum Ganzen. wie a von c, auch b von d (VII, 9, 10). Also ist a: c =
Wie das Ganze A B zum Ganzen e D, so verhalte sich das
b: d (VII, Def. 20) - q. e. d.
Stück A E zum Stück e F. Ich behaupte, daß sich auch
der Rest E B zum Rest F D ver·
A ______F!.. ________B hält, wie das Ganze AB zum § 14 (L. 12).
Ganzen e D. Hat man beliebigviele Zahlen und gleichviel weitere, so daß
c F D Da AB: e D = A E: e F, ist sie paarweise genommen in demselben Verhältnis stehen, so
A E von e F derselbe Teil oder müssen sie auch über gleiches weg in demselben Verhältnis
dieselbe Menge von Teilen, wie AB von e D (VII, Def. 20). stehen.
Also ist auch der Rest E B vom Rest F D derselbe Teil a, b, c seien beliebigviele Zahlen und d, e, J gleichviel
oder Menge von Teilen, wie A B von e D (VII, 7, 8). weitere, paarweise genommen in demselben Verhältnis
Also ist E B : F D = AB: e D (VII, Def. 20) - q. e. d. stehend, a : b = d: e,
a - - - - - - - - d - - - - - - - - - - - - b: c = e : J. Ich be.
b _____ _ e ________ _
haupte, daß auch über
§ 12 (L. 10). c ___ _ gleiches weg (V, Def.
Stehen beliebigviele Zahlen in Proportion, dann müssen f------ 17) a: c = d : f.
sich alle Vorderglieder zusammen zu allen Hintergliedern zu· Da nämlich a: b = d : e, so ist, vertauscht, a: d = b : e
sammen verhalten wie das einzelne Vorderglied zum (zu. (VII, 13). Ebenso ist, da b: c = e :J, vertauscht b: e = c :J.
gehörigen) einzelnen Hinterglied. Aber b: e = a: d; also ist auch a: d = c :J, also, vertauscht,
Beliebigviele Zahlen a, b, c, d mägen a - - - - - - a: c = d:J (VII, 13) - q. e. d.
in Proportion stehen, a : b = c : d. Ich b _______ _
behaupte, daß a: b = (a + +
c) : (b d).
§ 15 (L. 13).
Da nämlich a : b = c : d, so ist c von c - - - - - - - - -
d derselbe Teil oder Menge von TeilenJ d ___________ _ Wenn eine Einheit irgendeine Zahl mißt und eine weitere
wie a von b (VII, Def. 20). Also ist Zahl irgendeine andere Zahl gleichoJt mißt, dann muß auch
auch a + +
c von b d derselbe Teil oder dieselbe Menge vertauscht die Einheit die dritte Zahl gleichoJt messen, wie die
zweite die merte.
von Teilen, wie a von b (VII, 5, 6). Also ist a: b =
(a+ +
c) : (b d) (VII, Def. 20) - q. e. d. Die Einheit a messe irgend. a -
eine Zahl Be, und eine BGRG E K L F
weitere Zahl d messe irgend. ------------
§ 13 (L. 11). eine andere Zahl E F gleichoft. Ich behaupte, daß auch
Stehen vier Zahlen in Proportion, so müssen s'ie auch ver· vertauscht die Einheit a die Zahl d gleichoft mißt, wie
tauscht in Proportion stehen. Be EF.
152 Siebentes Buch. § 16-19. 153

Da nämlich die Einheit a die Zahl B C gleichoft mißt § 17 (L.15).


wie d EF, so enthält E F ebensoviel Zahlen = d, wie B C Wenn irgendwelche Zahlen entstehen, indem eine Zahl zwei
. Einheiten. Man zerlege B C in seine Einheiten B G, G H, Zahlen vervielfältigt, dann müssen die Ergebnisse dasselbe
H C, und E F in die Zahlen = d, nämlich E X, XL, L F. Verhältnis haben, wie die Zahlen, die vervielfältigt werden.
Die Anzahl der Teile B G, G H, H C muß dabei der Anzahl Indem eine Zahl a die bei den
der Teile E X, XL, L F gleich sein. Da nun die Einheiten Zahlen b, c vervielfältigt, mägen a - - f -
BG=GH=HC und die Zahlen EX=XL=LF, d, e entstehen. Ich behaupte, daß b ___ d _____ _
während die Anzahl der Einheiten B G, G H, H C der Anzahl b : c = d : e.
der Zahlen EX, XL, LF gleich ist', so muß sein Einheit Da d entsteht, indem a b verviel- c _ _ _ _ e ________ _
BG: Zahl EX = Einheit GH: Zahl XL = Einheit H C: fältigt, mißt b d nach den Einheiten
Zahl L F (VII, Def. 20). Also müssen sich alle Vorderglieder in a (VII, Def. 15). Nun mißt die Einheit f die Zahl
zusammen zu allen Hintergliedern zusammen verhalten, a nach den Einheiten in dieser; also mißt die Einheit
wie das einzelne Vorderglied zum einzelnen Hinterglied f die Zahl a gleichoft, wie b d. Also ist Einheit f: Zahl
(VII, 12); also ist Einheit B G : Zahl E X = B C: E F. Die a = b: d (VII, Def. 20). Aus demselben Grunde ist auch
Einheit B G ist aber der Einheit a gleich und die Zahl EX Einheit f: Zahl a = c : e, also b: d = c : e. Also ist, ver-
der Zahl d. Also ist Einheit a: Zahl d = B C: E F. Also tauscht, b: c = d: e (VII, 13) - q. e. d.
mißt die Einheit a die Zahl d gleichoft, wie B C E F
(VII, Def. 20) - q. e. d. § 18 (L. 16).
Wenn irgendwelche Zahlen entstehen, indem zwei Zahlen
eine Zahl vervielfältigen, dann müssen die Ergebnisse dasselbe
§ 16 (L. 14). Verhältnis haben, wie die vervielfältigenden Zahlen.
Wenn irgendwelche Zahlen entstehen, indem zwei Zahlen Indem zwei Zahlen a, beine
einander vervielfältigen, dann müssen die Ergebnisse einander a - _- Zahl c vervielfältigen, mägen d, e
gleich sein. d ______ entstehen. Ich behaupte, daß a : b
Die zwei Zahlen seien a, b; a bilde, indem es b verviel- b ___ _ = d: e.
fältigt, c, und b bilde, indem es a ver- e _______ _ Da d entsteht, indem ac verviel-
vielfältigt, d. Ich behaupte, daß c = d. fältigt, entsteht d auch, wenn c a
c _____ _ Da c entsteht, indem a b verviel- vervielfältigt (VII, 16). Aus dem-
fältigt, mißt b c nach den Einheiten selben Grunde entsteht e auch, wenn c b vervielfältigt.
d _ _ _ _ _ _ in a (VII, Def. 15). Nun mißt die Ein- Also entstehen, wenn die Zahl c die zwei Zahlen a, b ver-
heit e die Zahl a nach den Einheiten vielfältigt, d, e; also ist a: b = d : e (VII, 17) - q. e. d.
in dieser; also mißt die Einheit e die
Zahl a gleichoft, wie b c. Bei Vertauschung mißt also die § 19 (L.17).
Einheit e die Zahl b gleichoft, wie a c (VII, 15). Ebenso Stehen vier Zahlen in Proportion, dann muß das Produkt
mißt a, da d entsteht, indem b a vervielfältigt, d nach aus der ersten und vierten dem Produkt aus der zweiten und
den Einheiten in b. Nun mißt die Einheit e b nach den dritten gleich sein; und wenn das Produkt aus der ersten und
Einheiten in diesem; also mißt die Einheit e die Zahl b vierten Zahl dem aus der zweiten und dritten gleich ist, dann
gleichoft, wie a d. Die Einheit e mißt die Zahl b aber schon müssen die vier Zahlen in Proportion stehen.
gleichoft, wie a c. Also mißt a die beiden Zahlen c, d gleich- a, b, c, d seien vier in Proportion stehende Zahlen, a: b
oft. Also ist c = d - q. e. d. = c : d; a bilde, indem es d vervielfältigt, e; und b bilde,
indem es c vervielfältigt, f. Ich behaupte, daß e = f.
154 Siebentes Buch. § 20-22. 155
a bilde nämlich, indem es c vervielfältigt, g. Da a, indem Also müßten sich alle Vorderglieder zusammen zu allen
es c vervielfältigt, g und, indem es d vervielfältigt, e bildet, Hintergliedern zusammen verhalten, wie das einzelne Vorder-
entstehen, indem glied zum einzelnen Hinterglied (VII, 12); also wäre
e ____________ . die Zahl a die zwei CG:EH=CD:EF. CG, EH stünden also in dem-
Zahlen c, d verviel- selben Verhältnis wie CD, E F und wären dabei kleiner
fältigt, g, e; also ist als diese. Dies ist unmöglich; denn CD, E F sind nach
f------------ c : d = g: e (VII, Voraussetzung unter den dasselbe Verhältnis wie sie haben-
c __ _ 17). Nun ist c:d den Zahlen die kleinsten. C D ist also von a keine Menge
g _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ = a : b, also a: b von Teilen, also ein Teil (VII, 4). Und E F ist von b der-
= g : e. Ebenso ent- selbe Teil, wie CD von a (VII, 13, Def. 20). CD mißt also
stehen, da a, indem a gleichoft, wie E F b - q. e. d.
es c vervielfältigt, g bildet und b, indem es c vervielfältigt,
1 bildet, indem die zwei Zahlen a, b eine Zahl c verviel- § 21 (23; L. 19).
fältigen, g, I; also ist a: b = g:1 (VII, 18). Nun ist auch Zahlen, die gegeneinander prim sind, sind unter denen, die
a: b = g: e, also g : e = g : I. Also hat g zu beiden Zahlen e,1 dasselbe Verhältnis haben wie sie, die kleinsten.
dasselbe Verhältnis; also ist e = f. a, b seien Zahlen, die gegeneinander prim sind. Ich be-
Zweitens sei e = f. Ich behaupte, daß a : b = c : d. haupte, daß a, b unter denen, die
Man konstruiere ebenso. Da e = I, ist dann g : e = g : f. dasselbe Verhältnis haben wie sie, a --------
Aber g: e = c: d (VII, 17) und g:1 = a: b (VII, 18). Also die kleinsten sind. C - - --
ist auch a: b = c : d - q. e. d. Anderenfalls müßte es Zahlen b - - - - -
< a, b geben, die in demselben d __ _
§ 20 (21; L. 18). Verhältnis stünden wie a, b. Diese e __
Die kleinsten unter den Zahlen, die dasselbe Verhältnis seien c, d.·
haben wie sie, messen Zahlen, die dasselbe Verhältnis haben, Da die kleinsten unter den Zahlen, die ein festes Verhält-
gleicholt, die größere die größere und die kleinere die kleinere. nis haben, Zahlen, die dasselbe Verhältnis haben, gleichoft
Unter den Zahlen, die dasselbe Verhältnis haben wie a, b, messen, die größere die größere und die kleinere die kleinere
seien die kleinsten CD, EF. (VII, 20), d. h. das Vorderglied das Vorderglied und das
Ich behaupte, daß CD a a _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ c___~ _.P Hinterglied das Hinterglied, so mäße c a gleichoft, wie d b.
gleichoft mißt, wie E F b. Nun enthalte e soviel Einheiten, wieoft c a mißt. Dann
C D ist von a keine b _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ E H F mäße auch d b nach den Einheiten in e. Da c a nach den
Menge von Teilen. Dies sei Einheiten in e mißt, mißt auch e a nach den Einheiten in c
nämlich der Fall, wenn es möglich wäre. Dann wäre E F (VII, 15). Aus demselben Grunde mäße e auch b nach den
von b dieselbe Menge von Teilen, wie CD von a (VII, 13, Einheiten in d. e mäße also a und b, während sie gegen-
Def. 20). Also enthielte E F ebensoviel Teile von b, wie einander prim sind; dies ist unmöglich (VII, Def. 12). Also
C D Teile von a. Man zerlege C D in die Teile von a, kann es keine Zahlen< a, b geben, die in demselben Ver-
nämlich C G, GD und E F in die Teile von b, nämlich hältnis stünden wie a, b. Also sind a, b unter den Zahlen, die
EH, HF; dabei müßte die Anzahl der Teile C G, GD der dasselbe Verhältnis haben wie sie, die kleinsten - q. e. d.
Anzahl der Teile EH, H F gleich sein. Und da die
Zahlen C G = GD sowie die Zahlen EH = HF, ferner § 22 (24; L. 20).
die Anzahl der Teile C G, GD der Anzahl der Teile Die kleinsten unter den Zahlen, die dasselbe Verhältnis
EH, HF gleich wäre, so wäre CG:EH=GD:HF. haben wie sie, sind gegeneinander prim.
156 Siebentes Buch. § 23-26. 157
u _______ _
a, b seien die kleinsten unter den Wären nämlich c, d nicht prim gegeneinander, so müßte
d ____ Zahlen, die dasselbe Verhältnis eine Zahl c und d messen. Dies geschehe, die Zahl sei e.
haben wie sie. Ich behaupte, daß Da c, a gegeneinander prim sind, eine Zahl e aber c
e __ _ a, b gegeneinander prim sind. messen soll,' so wären a, e gegeneinander prim (VII, 23).
c __ Wären sie nämlich nicht gegen- Nun enthalte f soviel Einheiten, wie oft e d mäße. Auch f
einander prim, so müßte irgendeine mäße dann d nach den Einheiten in e (VII, 15). d entstünde
Zahl sie messen. Dies geschehe, die Zahl sei c. Weiter also, indem e f vervielfältigt (VII, Def. 15). Aber auch
enthalte d soviel Einheiten, wieoft c a mißt, und e ent- indem a b vervielfältigt, entsteht d. Also wäre e . f = a . b.
halte soviel Einheiten, wieoft c b mäße. Wenn aber das Produkt aus den äußeren Zahlen dem aus
Da c a nach den Einheiten in d mißt, entsteht a, indem c d den mittleren gleich ist, stehen die vier Zahlen in Proportion
vervielfältigt (VII, Dei. 15). Aus demselben Grunde ent-
(VII, 19); also wäre e: a = b:f. Nun sollen a, e prim sein,
stünde b, indem c e vervielfältigt. Mithin entstünden a, b,
wären, weil prim, auch die kleinsten (VII, 21); die kleinsten
indem c zwei Zahlen, nämlich d, e vervielfältigt; also wäre
von den Zahlen, die ein festes Verhältnis haben, messen
d: e = a: b (VII, 17). Also stünden d, e in demselben Ver-
aber Zahlen, die dasselbe Verhältnis haben, gleichoft, die
hältnis wie a, b, während sie kleiner sind als diese; dies ist
größere die größere und die kleinere die kleinere (VII, 20),
unmöglich. Also kann keine Zahl die Zahlen a, b messen;
d.· h. das Vorderglied das Vorderglied und das Hinterglied
also sind a, b gegeneinander prim (VII, Dei. 12) - q. e. d.
das Hinterglied ; e mäße also b. Nun soll es aber auch c
§ 23 (25; L. 21). messen. e mäße also bund c, während sie gegeneinander
prim sind; dies ist unmöglich (VII, Def: 12). Also ka~
Sind zwei Zahlen gegeneinander prim, so muß jede die
keine Zahl die Zahlen c, d messen; c, d smd also gegenem-
eine von ihnen messende Zahl gegen die andere prim sein.
ander prim - q. e. d.
Zwei Zahlen a, b seien gegenein-
ander prim, und irgendeine Zahl c U - - - - - - - - c - - - -
messe a. Ich behaupte, daß auch c, b _ _ _ _ _ d __ § 25 (27; L. 23).
b gegeneinander prim sind. Sind zwei Zahlen gegeneinander prim, so muß das Pro-
Wären nämlich c, b nicht gegeneinand~r prim, so m~ßte dukt der einen (mit sich selbst) gegen die andere prim sein.
eine Zahl c und b messen. Dies geschehe, die Zahl seI d.
Zwei Zahlen a, b seien gegen-
Da d c mißt, c aber a mißt, mißt d auch a. Es soll aber einander prim, ferner bilde a, a _ _ _ c ________ _
auch b messen. d mäße also a und b, während sie gegen-
einander prim sind; dies ist unmöglich (VII, D.ef. 12). indem es sich selbst vervielfäl-
tigt, c. Ich behaupte, daß b, c b - _ _ _ d - - -
Also kann keine Zahl die Zahlen c, b messen; c, b smd also
gegeneinander prim sind.
gegeneinander prim - q. e. d.
Man mache d = a. Da a, b gegeneinander prim sind und
§ 24 (26; L. 22). a = d, so sind auch d, b gegeneinander prim. d und a sind
Sind zwei Zahlen gegen irgendeine Zahl prim, so muß auch also beide prim gegen b; also muß auch d· a prim gegen
ihr Produkt gegen dieselbe prim sein. b sein (VII, 24). d· a ist aber c; also sind c, b gegeneinander
Zwei Zahlen a, b seien gegen prim - q. e. d.
U _ _ _ _ d - __ - _ _ _ _ _ _ _ _ irgendeine Zahl c prim, ferner
bilde a, indem es b vervielfäl- § 26 (28; L. 24).
e - - - - - tigt, d. Ich behaupte, daß c,
c __________ _ d gegeneinander prim sind. Sind zwei Zahlen gegen zwei Zahlen, beide gegen jede; prim,
f-- dann müssen auch ihre Produkte gegeneinander prim sein.
158 Siebentes Buch. § 27-29. 159
e _____________ _
Es seien zwei Zahlen § 28 (30; L. 26).
b ______ _ a, b gegen zwei Zahlen Sind zwei Zahlen gegeneinander prim, so muß auch ihre
c - - - c, d prim, beide gegen Summe gegen jede von ihnen prim sein; und wenn die Summe
f - - - - - - - - - - - - - - - d _ _ _ _ _ jede; ferner bilde a, in- zweier Zahlen gegen irgendeine einzelne von ihnen prim ist,
dem es b vervielfältigt, dann müssen auch die ursprünglichen Zahlen gegeneinander
e, und c· bilde, indem es d vervielfältigt, f. Ich behaupte, prim sein.
daß e, f gegeneinander prim sind. Zwei Zahlen AB, B C, die gegeneinander A BG
Da nämlich a, b heide gegen c prim sind, muß auch a . b prim sind, seien zusammengefügt. Ich be- -------
gegen c prim sein (VII, 24). a· b ist aber e; also sind e, c haupte, daß auch die Summe A C gegen d- -
gegeneinander prim. Aus demselben Grunde sind auch beide Zahlen AB, B Cprim ist.
d, e gegeneinander prim. c, d sind also heide gegen e prim; Wären nämlich CA, AB nicht prim gegeneinander, so
also muß auch C· d gegen e prim sein (VII, 24). C· d ist müßte irgendeine Zahl CA und ABmessen. Dies geschehe,
aber f; also sind e, f gegeneinander prim - q. e. d. die Zahl sei d. Da d hier CA und ABmäße, müßte es
auch den Rest B C messen. Nun soll es BA messen; d
§ 27 (29; L. 25). mäße also A Bund B C, während sie gegeneinander prim
Sind zwei Zahlen gegeneinander prim und bildet jede der sind; dies ist unmöglich (VII, Def. 12). Also kann keine
beiden, indem sie sich selbst vervielfältigt, eine weitere, so Zahl die Zahlen CA, ABmessen; CA, AB sind also
müssen die Ergebnisse gegeneinander prim sein; und wenn prim gegeneinander. Aus demselben Grunde sind auch A C
die ursprünglichen Zahlen, indem sie die Ergebnisse verviel- C B gegeneinander prim. CA ist also gegen beide Zahlen
fältigen, weitere bilden, so müssen auch diese gegeneinander AB, BC prim.
prim sein [-und dies gilt stets von den letzten]. Zweitens seien CA, AB gegeneinander prim. Ich be-
a _ _ _ c _______ . _ _ d __ 27 __ haupte, daß auch A B, B C gegeneinander prim sind.
Wären nämlich AB, B C nicht prim gegeneinander, so
b__ e____ f-------- müßte irgendeine Zahl A Bund B C messen. Dies geschehe,
die Zahl sei d. Da d beide Zahlen A B, B C mäße, müßte
Es seien zwei Zahlen a, b gegeneinander prim; ferner es auch die Summe CA messen. Nun soll es ABmessen;
bilde a, indem es sich selbst vervielfältigt, c, und indem d mäße also CA und AB, während sie gegeneinander
es c vervielfältigt, d; und b bilde, indem es sich selbst ver- prim sind; dies ist unmöglich (VII, Def. 12). Also kann
vielfältigt, e, und indem es e vervielfältigt, f. Ich behaupte, keine Zahl die Zahlen AB, B C messen; AB, B C sind
daß sowohl c, e als auch d; f gegeneinander prim sind. also gegeneinander prim - q. e. d.
Da a, b gegeneinander prim sind und c entsteht, indem
a sich selbst vervielfältigt, sind c, b gegeneinander prim § 29 (31; L. 27).
(VII, 25). Da hier c, b gegeneinander prim sind und e ent- Jede Primzahl ist gegen jede Zahl, die von ihr nicht ge-
steht, indem b sich selbst vervielfältigt, so sind c, e gegen- messen wird, prim.
einander prim (VII, 25). a sei eine Primzahl und messe b nicht. Ich
Zweitens sind, da a, b gegeneinander prim sind und e a- -- c - - behaupte, daß b, a gegeneinander prim sind.
entsteht, indem b sich selbst vervielfältigt, a, e gegenein- b____ Wären nämlich b, a nicht prim gegenein-
ander prim (VII, 25). Da hier zwei Zahlen a, c gegen zwei ander, so müßte irgend eine Zahl sie messen.
Zahlen b, e, beide gegen jede, prim sind, so ist auch a· c c messe sie. Da c b messen soll, a aber b nicht mißt,
gegen b . e prim (VII, 26). a· c ist dabei d, und b . eist f; fällt c mit a nicht zusammen. Da c hier bund a messen
also sind d, f gegeneinander prim - q. e. d. soll, mäße es a, eine Primzahl, ohne mit ihr zusammen-
160 Siebentes Buch. § 30-33. 161

zufallen; dies ist unmöglich (VII, Def. 11). Also kann hätte man das Verlangte ausgeführt; wenn aber zusammen-
keine Zahl bund a messen; also sind a, b gegeneinander gesetzt, dann muß irgendeine Zahl es messen. FüLrt man
prim - q. e. d. die Betrachtung so durch, dann muß man schließlich eine
[die vorhergehende Zahl] messende Primzahl erhaltene, die
§ 30 (32; L. 28). dann auch a messen muß]. Erhielte man nämlich keine
Wenn zwei Zahlen, indem sie einander vervielfältigen, solche, so müßten unendlich viele Zahlen, von denen immer
irgendeine Zahl bilden und irgendeine Primzahl dabei das eine kleiner wäre als die andere, die Zahl a messen; dies
Produkt mißt, dann muß diese aucJi, eine der ursprünglichen ist bei Zahlen unmöglich. Also muß man schließlich eine
Zahlen messen. die vorhergehende Zahl messende Primzahl erhalt.en, die
Zwei Zahlen a, b mögen, indem sie einander verviel- dann auch a messen muß - S.
fält.igen, c bilden; und irgendeine Primzahl d messe c. Ich
behaupte, daß d eine der Zahlen a, § 32 (34; L. 30).
a ___ L - - - b mißt. Jede Zahl ist entweder Primzahl oder wird von irgendeiner
Es messe nämlich a nicht. Nun ist Primzahl gemessen.
c - - - - - - - - - - - - d Primzahl; also sind a, d gegenein-
Die Zahl sei a. Ich behaupte, daß a entweder Prim-
d __ e _ _ _ _ _ _ ander prim (VII, 29). Weiter enthalte
zahl ist oder von irgendeiner Primzahl ge-
e soviel Einheiten, wie oft d c mißt. messen wird. a-- - - - -
Da d hier c nach den Einheiten in e mißt, entsteht c,
indem d e vervielfält.igt (VII, Def. 15). c entsteht aber Wenn a Primzahl ist, wäre das Verlangte geschehen;
auch, indem a b vervielfältigt; also ist d· e = a . b, also wenn aber zusammengesetzt, dann muß irgendeine Prim-
d: a = b : e (VII, 19). Nun sind d, a prim und, weil prim,
zahl es messen (VII, 31) - S.
auch die kleinsten (VII, 21); die kleinsten Zahlen messen
aber solche, die dasselbe Verhält.nis haben, gleichoft, die § 33 (35; A. 3).
größere die größere und die kleinere die kleinere (VII, 20), Zu beliebigvielen gegebenen Zahlen die kleinsten von denen
d. h. das Vorderglied das Vorderglied und das Hinterglied zu Jinden, die dasselbe Verhältnis haben wie sie.
das Hinterglied ; d mißt also b. Ähnlich läßt sich zeigen, Die beliebigvielen gegebenen Zahlen seien a, b, c. Man
daß es, wenn es b nicht mißt, a messen muß. d mißt a _____ _ soll die kleinsten von
also eine der Zahlen a, b - q. e. d. den Zahlen finden,
b ________ _ die dasselbe Verhält-
f - -"-
§ 31 (33; L. 29). nis haben wie a, b, c.
c ___________ _ f/---- 1 ___ _
Jede zusammengesetzte Zahl wird von irgendeiner Prim- a, b, c sind ent-
zahl gemessen. d___ m __ _ weder prim gegen-
a sei eine zusammengesetzte Zahl. Ich behaupte, daß a einander, oder nicht.
von irgendeiner Primzahl gemessen wird. Sind a, b, c gegeneinander prim, dann sind sie die kleinsten
Da a zusammengesetzt ist, muß irgend- a - - - - - - - - von den Zahlen, die dasselbe Verhältnis haben wie sie
eine Zahl es messen (VII, Def. 13). Dies b ___ _ c __ (VII, 21).
geschehe, die Zahl sei b. Wenn hier b Anderenfalls verschaffe man sich zu a, b, c das größte
Primzahl ist, dann hätte man das Verlangte schon aus- gemeinsame Maß (VII, 3) d. Weiter möge jede der Zahlen
geführt; wenn aber zusammengesetzt, dann muß irgendeine e, J, 9 soviel Einheiten enthalt.en, wie oft d die entsprechende
Zahl es messen. Dies geschehe, die Zahl sei E;. Da c b von a, b, c mißt. Jede der Zahlen e, J, 9 mißt dann die ent-
und b a mißt, mißt c a. Wenn hier c Primzahl ist, dann sprechende von a, b, c nach den Einheiten ind (VII, 15).
162 Sie bentes Buch. § 34. 163

e, J, g messen also a, b, c gleichoft ; also stehen e, J, g in dem. e soviel Einheiten, wie oft a d mißt, und J enthalte so·
selben Verhältnis wie a, b, c (VII, 9, Def. 20). viel Einheiten, wieoft b d mißt. Dann entstünde d, in·
Ich behaupte, daß sie auch die kleinsten sind. Wären dem a e vervielfältigt (VII, Def. 15). d entstünde aber
nämlich e, J, g unter den Zahlen, die dasselbe Verhältnis auch, indem b J vervielfältigt. Also wäre a . e = b . J, also
haben wie a, b, c, nicht die kleinsten, so müßte es Zahlen a: b =J: e (VII, 19). Nun sind a, b prim und, weil prim,
< e, J, g geben, die in demselben Verhältnis stünden wie auch die kleinsten (VII, 21); die kleinsten Zahlen messen
a, b, c. Solche seien h, k, l. h mäße dann a gleichoft, wie aber solche, die dasselbe Verhältnis haben, gleichoft, die
jede der Zahlen k, l die entsprechende von b, C (VII, 20). größere die größere und die kleinere die kleinere (VII, 20);
Weiter enthalte m soviel Einheiten, wieoft h a mißt; dann b mäße also e, als Hinterglied das Hinterglied. Da nun a,
mäße auch jede der Zahlen k, l die entsprechende von b, C indem es b, e vervielfältigt, c, d bildete, wäre b: e = c : d
nach den Einheiten in m. Da h hier a nach den Einheiten (VII, 17). b mäße aber e; auch c mäße also d (VII, Def. 20),
in m messen soll, mäße m auch a nach den Einheiten in h als größere Zahl die kleinere; dies ist unmöglich. Also
(VII, 15). Aus demselben Grunde mäße m auch jede der können a, b keine Zahl messen, die < c wäre; also ist c
Zahlen b, C nach den Einheiten in der entsprechenden die kleinste Zahl·, die von a und b gemessen wird.
von k, l. m mäße also a, b, c. Da h hier a nach den Ein· a, b seien nunmehr nicht prim gegeneinander. Dann ver·
heiten in m messen soll, entstünde a, indem h m verviel· schaffe man sich die kleinsten Zahlen, die dasselbe Verhält·
fältigt (VII, Def. 15). Aus demselben Grunde entsteht a nis wie a, b haben, nämlichJ, e (VII, 33). Dann ist a . e = b· J
aber auch, indem e d vervielfältigt. Also wäre e . d = h . m, (VII, 19). a bilde, in.
also e : h = m : d (VII, 19). Nun soll e > h sein; also wäre dem es e vervielfäl. a - - - -. - - f -- ..
auch m > d (VII, Def. 20); dabei mäße es a, b, c. Dies ist tigt, c; dann entsteht b _______ _
unmöglich; denn nach Voraussetzung ist d das größte ge· c auch, indem b Jver-
meinsame Maß von a, b, c. Also kann es keine Zahlen vielfältigt. c wird also c - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
< e, J, g geben, die in demselben Verhältnis stünden wie von a und b gemessen
a, b, c. e, J, g sind also unter den Zahlen, die dasselbe Ver· (VII, Def. 15). Ich d - - - - - - - - - - - - - - - - - -
hältnis wie a, b. C haben, die kleinsten - q. e. d. behaupte, daß es auch die kleinste solche Zahl ist.
Anderenfalls müßten a und birgendeine Zahl< c messen;
§ 34 (36; A. 4). I die gemessene Zahl sei d. Weiter enthalte g soviel Ein-
Zu zwei gegebenen Zahlen die kleinste Zahl zu Jinden, die heiten, wieoft a d mißt, und h enthalte soviel Einheiten,
von ihnen gemessen w{rd. wieoft b d mißt. Dann entstünde d, indem a g vervielfältigt
Die zwei gegebenen Zahlen seien a, b. Man soll die kleinste (VII, Def. 15). d entstünde aber auch, indem b h verviel-
Zahl finden, die von ihnen ge· fältigt. Also wäre a' g = b· h, also a: b = h: g (VII,
d - - - - - - - - - messen wird. 19). Nun ist aber a: b =J: e; also wäre auch J: e = h: g.
a, b sind entweder prim gegen- J, e sind aber die kleinsten ihrer Art; und die kleinsten
e - - - einander, oder nicht. Zunächst Zahlen messen solche, die dasselbe Verhältnis haben, gleich-
c _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ f _ _ seien a, b gegeneinander prim; oft, die größere die größere und die kleinere die kleinere
und a bilde, indem es b verviel- (VII, 20); e mäße also g. Da nun a, indem es e, g ver-
fältigt, c. Dann entsteht c auch, indem b a vervielfältigt vielfältigt, c, d bildete, wäre e: g = c: d (VII, 17). e mäße
(VII, 16). c wird also von a und b gemessen (VII, aber g; auch c mäße also d (VII, Def. 20), als größere Zahl
Def. 15). Ich behaupte, daß es auch die kleinste solche die kleinere; dies ist unmöglich. Also können a, b keine
Zahl ist. Anderenfalls müßten a und birgendeine Zahl Zahl messen, die < c wäre; also ist c die kleinste Zahl,
< c messen; die gemessene Zahl sei d. Weiter enthalte die von a und b gemessen wird - q. e. d.
164 Siebentes Buch. § 35-38. 165

§ 35 (37; L. 31). und b hier d messen, d aber e mißt, so messen a und bauch e.
Wenn zwei Zahlen irgendeine Zahl messen, muß auch die Nun mißt auch ce; also wird e von a, b, c gemessen. Ich
behaupte, daß es auch die
kleinste von ihnen gemessene Zahl dieselbe messen.
kleinste solche Zahl ist. I'\.lJ- a - - d _____ _
Zwei Zahlen a, b mögen
a __ b _ _ _ e _ _ _ _ _ _ irgendeine Zahl CD messen, derenfalls müßten a, b, c
irgendeine Zahl < e messen; b - - - e- - - - - - - - - - - -
ferner, als kleinste, e. Ich
O_____ !'___________ p behaupte, daß auch e CD
die gemessene Zahl seif. Da c - - - - f __ ? __
mißt. a, b, c hier J mäßen, mäßen
Mäße e nämlich CD nicht, so lasse e, indem es D F mißt, auch a, b f. Auch die kleinste von a, b gemessene Zahl
CF, kleiner als es selbst, übrig. Da a und b hier e messen, müßte also J messen (VII, 35). Nun ist d die kleinste von
e aber D F mißt, so müssen auch a und b D F messen. a und b gemessene Zahl; d mäße also J. Auch c soll aber
Sie messen aber auch das Ganze CD, müssen also auch J messen; d und c mäßen also J, so daß auch die kleinste
den Rest CF messen, der dabei< e sein soll; dies ist un- von d und c gemessene Zahl J messen müßte (VII, 35).
möglich. Daß e CD nicht mäße, trifft also nicht zu; also Nun ist e die kleinste von c und d gemessene Zahl; e mäße
mißt es - q. e. d. also J, als größere Zahl die kleinere; dies ist unmöglich.
Also köIll1en a, b, c keine Zahl messen, die < e wäre.
e ist also die kleinste Zahl, die von a, b, c gemessen
§ 36 (38; A. 5). wird - q. e. d.
Zu drei gegebenen Zahlen die kleinste Zahl zu Jinden, die
von ihnen gemessen wird. § 37 (39; L. 32).
Die drei gegebenen Zahlen seien a, b, c. Man soll die Wird eine Zahl von irgendeiner Zahl gemessen, so muß
kleinste Zahl finden, die die gemessene Zahl einen Teil besitzen, dessen Nenner der
von ihnen gemessen wird. a - - - messenden Zahl gleich ist.
Man ve~tlhaffe sich die d ____ - - - - - - - _ Die Zahl a werde von irgendeiner Zahl b gemessen. Ich
kleinste "von den zwei b ___ _ behaupte, daß a einen Teil vom NeIll1er = b besitzt.
Zahlen a, b gemessene Zahl e __ ? __ c enthalte soviel Einheiten, wie oft
d (VII, 34). Entweder mißt c _____ _ a - - - - - - .; - - - b a mißt. Da banach den Einheiten
c daIll1 d, oder es mißt b__ d_ in c mißt, die Einheit d die Zahl c
nicht. Zunächst messe es. Auch a und b messen d; aber auch nach den Einheiten in dieser
d wird also von a, b, c gemessen. Ich behaupte, daß es mißt, so mißt die Einheit d die Zahl c gleichoft, wie b a.
auch die kleinste solche Zahl ist. Anderenfalls müßten Also mißt, vertauscht, die Einheit d die Zahl b gleichoft,
a, b, c eine Zahl < d messen; die gemessene Zahl sei e. wie c a (VII, 15). c ist also von a derselbe Teil, wie die
Da a, b, c hier e mäßen, mäßen auch a, b e. Auch die Einheit d von der Zahl b. Die Einheit d ist aber von der
kleinste von a, b gemessene Zahl müßte- daIll1 e messen Zahl b ein Teil, dessen NeIll1er dieser gleich ist. Also ist
(VII, 35). Die kleinste von a und b gemessene Zahl ist nun auch c von a ein Teil vom NeIll1er = b. Folglich besitzt a
d; d müßte also e messen, als größere Zahl die kleinere; einen Teil vom Nenner = b, nämlich c - q. e. d.
dies ist unmöglich. Also köIll1en a, b, c keine Zahl messen,
die< d wäre. d ist also die kleinste Zahl, die von a, b, c § 38 (40; L. 33).
gemessen wird. Wenn eine Zahl einen Teil besitzt, einerlei welchen, so
Zweitens messe c d nicht. Dann verschaffe man sich läßt sie sich durch eine Zahl messen, die dem Nenner des Teils
die kleinste von c und d gemessene Zahl e (VII, 34). Da a gleich ist.
166 Siebentes Buch. 167
Die Zahl a besitze einen beliebigen Teil b, und dem Nenner
des Teils b sei die Zahl c gleich. Ich behaupte, daß c a mißt.
Da b von a ein Teil ist vom Nenner
a - - - - - - c - - = c, auch die Einheit d aber von c ein
Teil, dessen Nenner diesem gleich ist, so
ist b von a derselbe Teil, wie die Ein-
heit d von der Zahl c. Die Einheit d mißt also die Zahl c
gleichoft, wie b a. Also mißt, vertauscht, die Einheit d die
Zahl b gleichoft, wie ca (VII, 15). c mißt also a - q. e. d. VIII. Buch.
§ 1 (L.1).
§ 39 (41; A. 6). Hat man beliebigviele Zahlen in Gemnetrischer Reihe und
Die kleinste Zahl zu Jinden, die vorgeschriebene Teile 8ind dabei die äußeren Glieder gegeneinander prim, 80 8ind
be8itzt. 8ie unter denen, die da88elbe Verhältni8 haben wie 8ie, die
Die vorgeschriebenen Teile seien a, b, c. Man soll die kleinsten.
kleinste Zahl finden, die die Teile a, b, c besitzt. a, b, c, d seien beliebigviele Zahlen in Geometrischer
d, e, J seien die Nenner Reihe; und die äußeren Glieder a, d seien gegeneinander
c ___ _
zu den Teilen a, b, c; man a - -
verschaffe sich dann die d ______ e ___ _
kleinste von d, e, J gemes- f---
b____________ f------
sene Zahl g (VII, 36). g------------
g besitzt dann Teile, c__________________ g ________ _
deren Nenner = d, e, J sind (VII, 37). Die Teile von den d _ _ 27 _ _ h ____________ _
Nennern d, e, J sind aber a, b, c. g besitzt also die
Teile a, b, c. Ich behaupte, daß es auch die kleinste prim. Ich behaupte, daß a, b, c, d unter denen, die das-
solche Zahl ist. Anderenfalls müßte es nämlich irgendeine selbe Verhältnis haben wie sie, die kleinsten sind.
Zahl < g geben, die die Teile a, b, c besäße; diese sei h. Anderenfalls seien e, J, g, h Zahlen< a, b, c, d, die in
Da h die Teile a, b, c besitzen soll, ließe h sich durch Zahlen, demselben Verhältnis stehen wie sie. Da hier a, b, c, d in
die den Nennern der Teile a, b, c gleich sind, messen (VII, 38). demselben Verhältnis stünden wie e, J, g, h und die An-
Die Nenner zu den Teilen a, b, c sind aber d, e, J; h würde zahl [der Zahlen a, b, c, d] der Anzahl [der Zahlen e, J, g, h]
also von d, e, J gemessen und wäre dabei< g; dies ist un- gleich ist, wäre über gleiches weg a: d = e : h (VII, 14).
möglich. Also gibt es keine Zahl< g, die die Teile a, b, c Nun sind a, d prim und, weil prim, auch die kleinsten
besäße - q. e. d. (VII, 21); die kleinsten Zahlen messen aber solche, die das-
selbe Verhältnis haben, gleichoft, die größere die größere
und die kleinere die kleinere (VII, 20), d. h. das Vorder-
glied das Vorderglied und das Hinterglied das Hinterglied.
a mäße also e, als größere Zahl die kleinere; dies ist
unmöglich. Also können e, f, g, h, die < a, b, c, d sein
sollen, nicht in demselben Verhältnis stehen wie sie. a, b,
c, d sind also unter den Zahlen, die dasselbe Verhältnis
haben wie sie, die kleinsten - q. e. d.

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