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Studiengang BWI-B & BWIB-B

Angewandtes Human Resource Management

Personalcontrolling

Claßen, M., Ahrens, S. 2000. Die Einführung intelligenter Personalcontrol-


lingsysteme. In: Personalführung, 33(11), 32-36.
Die Einführung intelligenter
Personalcontrollingsysteme
Erfahrungen zum State of the Art und zu den Tendenzen
des Personalcontrollings aus der Beratungsperspektive

Martin Claßen ist ver- Beim Personalcontrollingwird heute nicht Unternehmens. Das Ziel ist hierbei die
antwortlicher Leiter des mehr ausschließlich die operative Per- Optimierung der Personalprozesse, so-
Bereiches "Capability spektive gesehen, sondern es werden mit ist dies eine Perspektive und Aufga-
Oevelopment" bei
Gem1ni Consulting in verstärkt Aspekte des qualitätsorientier- be des Personalbereiches.
Bad Hornburg ten Personalmanagements aufgegriffen. Strategisches Personalcontrolling zielt
Die Autoren reflektieren ihre Erfahrun- auf die Steuerung der Humanressourcen
gen aus der Konzeption und Implemen- aus einer Stakeholder-Perspektive. Das
tierung von intelligenten Personalcon- Ziel ist die Verdeutlichung des Wertschöp-
trollingsystemen. Dabei kennzeichnen fungsbeitrages der Humanressourcen.
sie zunächst den derzeitigen Status und Hierbei handelt es sich um eine Perspek-
Stefanie Ahrens ist Pro- die Tendenzen des Personalcontrollings, tive und Aufgabe der Unternehmens-
iektleJtenn für Perso- konkretisieren anschließend einen prag- führung.
nal- und Organisations- matischen Ansatz zur Einführung eines Dabei gilt heute mehr denn je der
themen bei Gemini
Consulting in Berlin. unternehmensweiten Personalcontrol- Grundsatz: Wer nicht selbst steuert, wird
lingsystems und gehen näher auf die von Dritten gesteuert! Wenn der Linien-
unterschiedlichen Stakeholder und de- manager seine Personalressource nicht
ren Bedeutung ein. selbst optimiert, wird er mit Kostenpro-
blemen konfrontiert. Wenn im Personal-
Die außerordentliche Bedeutung, die bereich die Personalprozesse nicht effi-
aussagekräftige und aktuelle Daten in der zient und effektiv gestaltet sind, wird
Unternehmensführung und damit auch dessen Akzeptanz im Unternehmen und
im Personalmanagement haben, wird heu- damit dessen Gestaltungskraft in Mit-
te kaum mehr angezweifelt.' Selbst charis- leidenschaft gezogen. Wenn die Unter-
matische Manager können es sich nicht nehmensführungdie Humanressourcen
mehr leisten, Daten in ihrer Argumenta- eindimensional als Kostenfaktor betrach-
tion und ihrem Entscheidungsverhalten tet, wird sie zunehmend mit Reaktionen
zu vernachlässigen. Die möglichst exak- der Kapital- und Arbeitsmärkte konfron-
te Steuerung der Humanressourcen ist tiert.
in Zeiten verstärkten Wettbewerbs auf Bislang haben noch nicht alle Unter-
den Produkt-, Kapital- und Arbeitsmärkten nehmen die für sie optimale Form des
unveJZichtbar.' Dabei muss Personalcon- Personalcontrollings gefunden. Es gibt
trolling als ein ganzheitlicher Ansatz ver- verschiedene Unternehmenstypen, die von
standen werden, der folgende drei Di- der ,Best Practice' des Personalcontrollings
mensionen umfasst: unterschiedlich weit entfernt sind. Eine
Operatives Personalcontrolling Dabei entscheidende Variable ist dabei die Fle-
geht es um die Steuerung der Ressource xibilität interner Strukturen und Prozes-
Personal in den wertschöpfenden Unter- se (nicht nur im Personalbereich), die
nehmensbereichen. Das Ziel dabei ist die weder zu statisch noch zu dynamisch sein
Optimierung des Ressourceneinsatzes; es sollte. Traditionelle netzgebundene Dienst-
handelt sich hierbei um eine Perspektive leistungen mit ihrer monopolistischen und
und Aufgabe der Linienmanager. staatlichen Vergangenheit und ihren gro-
Prozessuales Personalcontrolling be- ßen Belegschaften besitzen noch eher ein
handelt die Steuerung der wertschöp- statisches Personalcontrolling. Diese Un-
fenden Prozesse im Personalbereich des ternehmen beginnen allerdings, mit gro-

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ßen Schritten aufzuholen. Klassische Pro- bewältigung zu verkürzen). Als Beispie- Mitarbeiter als wachstumsbeschränkender
duktionsunternehmen in wettbewerbs- le seien hier nur die Auflösung von Zahlen- Faktor von Unternehmensergebnissen iden-
intensiven Branchen (z. B. in der Auto- friedhöfen zu Gunsten weniger, dafür aber tifiziert werden, umso mehr erwarten In-
mobil- und zunehmend in der Chemie- aussagekräftiger Erfolgsindikatoren, die vestoren auch überzeugende Argumen-
industrie) haben nicht nur bereits ihre Vermeidungisolierter Kennzahlen zu Guns- te zur Qual'1tät der Humanressourcen.'
Strukturen und Prozesse flexibilisiert, son- ten deren Ableitung aus der Personal- Die theoretische und praktische Dis-
dern können auch erhebliche Fortschrit- strategie, die Verhinderung tradierter Kon- kussion rund um das Human Assel Ma-
te im Personalcontrolling verzeichnen. trolle zu Gunsten einer gelebten Manage- nagement steckt zwar noch in den Kin-
Modernisierte Dienstleistungsunterneh- ment-by-Objectives-Philosophie genannt. derschuhen, wird aber sicherlich die kom-
men (z. B. Banken und Versicherungen) Zudem beginnt das Personalcontrolling mende Dekade entscheidend mitprägen.
besitzen heute sicherlich einen Vorbild- zunehmend von den modernen Metho- Nicht zu unterschätzen ist auch der ver-
charakter, ebenso Unternehmen mit ameri- den des Projektmanagements zu lernen. stärkte Wettbewerb um qualifizierte Mit-
kanisther Muttergesellschaft, in denen eine Ein Beispiel hierfür ist die entscheidungs- arbeiter im Managementbereich oder zum
Controllingphilosophie bereits seit länge- orientierte Eskalation mittels Ampelsteue- Beispiel in der lnformationstechnologie,
rem zum etablierten Managementreper- rung auf der Basis definierter kritischer wo Personalengpässe zur Green Card ge-
toire gehört. Unternehmen der New Eco- Schwellen. Ein aktuelles Indiz für die Pro- führt haben. Auch in anderen funktionalen
nomy haben das Erfordernis zur graduellen fessionalisierung der Personalsteuerung Bereichen, zum Beispiel an der (oft schlecht
Deflexibilisierung ihrer Strukturen und Pro- ist die erfreulich positive Reaktion in Theo- honorierten) Schnittstelle zum Kunden,
zesse erkannt und lernen- insbesondere rie und Praxis auf die Balanced Scorecard. zeigen sich zunehmend kritische Defizi-
unter. dem Druck der Kapital- und Arbeits- te bei der Kompetenz und Motivation der
märkte- rasch. Am weitesten sind wahr- 3. Web-Transfer der Personalsteuerung Mitarbeiter. Kompetenzprofile, Kündigungs-
scheinlich noch kleine und mittelständi- Mit derzunehmenden informationstech- quoten, Bewerbernoten, Mitarbeiterbefra-
sche Unternehmen von einem Personal- nischen Vernetzung innerhalb der Un- gungen und andere weiche (Früh-)Indika-
controlling moderner Prägung entfernt. ternehmen geht auch das Personalcon- toren werden auf breiter Basis Aufnah-
Mit Blick auf die vergangene und künf- trolling von Client-Server-Applikationen me in das Personalcontrolling finden.
tige Dekade lassen sich vier Tendenzen zu Web-basierten Lösungen über. Meist
des Personalcontrollings ausmachen, die hinkt allerdings noch die Leitungskapazität,
Vorgehen bei der Einführung
im Folgenden dargestellt werden. Da diese die auch von weiteren unternehmens-
Tendenzen jeweils von unterschiedlichen internen Anwendungen beansprucht wird, Diese folgenden Überlegungen stellen ei-
Defiziten initiiert wurden (und werden), den Anforderungen hinterher und muss nen Ansatz zur Einführung eines intelli-
finden diese Entwicklungen teilweise pa- gegenwärtig als Engpassfaktor bezeich- genten Personalcontrollingsystems dar. Zu
rallel statt. net werden. Der Online-Zugriff auf zen- Gunsten einer pragmatischen Darstellung
trale Datenbestände ermöglicht aber prin- konzentriert sich diese Darstellung auf
1. lnstitutionalisierung der zipiell die partielle Verlagerung des Perso- einige wenige Key Performance lndicators
Personalsteuerung nalcontrollings auf den Anwend er(" Puii- (KPI) für das Personalmanagement
Entsprechend der Bedeutung, die dem Strategie"). Fokussierung auf die KPI Von großer
Personalcontrolling zukommt, ist dieses Das zentrale Personalcontrolling kann Bedeutung ist zunächst, die Funktionen
in vielen Unternehmen inzwischen als sich dann auf Schlüsselkennzahlen kon- beziehungsweise Aufgaben des Perso-
Stabsabteilung beim Vorstand beziehungs- zentrieren, die in abgestimmter Weise nalcontrollings eindeutig festzulegen und
weise bei der Geschäftsführung angesie- proaktiv bereitgestellt werden ("Push- dessen Bedeutung für den Personalbe-
delt. Die Zuordnung zum Personal- oder Strategie"). Weitere innovative Beispie- reich herauszustellen. Ein Personalcon-
einem anderen (meist Finanz-)Ressort le sind die lnitiierung von E-Mails im Falle trolling, das das gesamte Personalmanage-
spiegelt jeweils die unternehmenspoliti- des Überschreitens kritischer Werte, der ment unterstützen und damit weit mehr
schen Konstellationen wider. Die Bedeu- Zugriff auf qualitative Steuerungshilfen leisten soll als ein Personalinformations-
tung des Stelleninhabers selbst ist in ent- (Managementhinweise zur Best-Practice- system, besitzt vielfältige Aufgaben.
scheidender Weise von seinen Mode- Problemlösung) sowie die intelligente Ver- Neben der reinen Information und
rationsfähigkeiten sowie von der Validi- knüpfung mit anderen Datenbanken (Da- Bewertung muss es Instrumente zur Ver-
tät und Qualität seiner Daten abhängig. tamining). fügung stellen, die Personalleitung, -pla-
nung, -führung und sogar Unternehmens-
2. Professionalisierung der 4. Qualitätsfokussierung der führung unterstützen. Daraus ergibt sich
Personalsteuerung Personalsteuerung eine heterogene Zielgruppe mit sehr un-
Das Personalcontrolling ist einer der letzten Es ist absehbar, dass die Qualitätsdimen- terschiedlichen Perspektiven. Ein breites
funktionalen Bereiche im Unternehmen, sion - nicht als Ablösung, sondern als Aufgabenspektrum mit vielfältigen An-
der von den Controllern selbst entdeckt Ergänzung der Kostendimension -in das forderungen birgt die Gefahr, das Per-
wurde. Daraus ergab sich die Chance, Personalcontrolling integriert werden wird. sonalcontrollingsystem unübersichtlich
klassische Probleme des Controllings zu Der Wettbewerb auf den Kapital- und Ar- und allzu komplex zu gestalten. Weni-
vermeiden (oder zumindest die Problem- beitsmärkten zwingt dazu. Je stärker die ger ist mehr! Zur Bewältigung der Kom-

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plexität haben sich zunehmend die KPI • kontinuierlich den Dialog mit Geschäfts- Funktionalitäten eines intelligenten
des Personalmanagements bewährt. Sie führung I Vorstand zur Abstimmung Personalcontrollingsystems Intelligente
sind die Erfolgsindikatoren, welche die pflegen, Personalcontrollingsysteme sind heute IT-
zentralen Stellschrauben für ein operati- • Voraussetzungen für das Benchmar- unterstützt und oft Web-basiert. Das KPI-
ves, strategisches und prozessorientiertes king sicherstellen. System avanciert erst dann zu einem intel-
Personalmanagement sind. ligenten Controllingsystem, wenn Steue-
Identifikation der KPI Welches sind Unternehmensweites KPI-System für rung und Abweichungsanalysen sowohl
die zentralen Stellschrauben eines ope- das Personalmanagement in einem un- im strategischen als auch irn operativen
rativen, strategischen und prozessorien- ternehmensweiten KPI-System werden Sinne möglich sind. Eine Möglichkeit zur
tierten Personalmanagements? Umfas- die KPI als individuelle Kennzahlen der praktischen Umsetzung bietet eine Me-
sende Antworten auf diese Fragen kön- unterschiedlichen Organisationseinheiten thode des Projektmanagements: die ent-
nen Personalmanager, Geschäftsführer den verantwortlichen Personalmanagern scheidungsorientierte Eskalation mittels
und Prozessverantwortliche, also die An- zur Verfügung gestellt. So erhalten die Ampelsteuerung auf der Basis kritischer
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Schwellen. Das kann konkret bedeuten:
!•;.'. .''t(" Orientierung an zentralen Erfolgsindikatoren Die Geschäftsführung beziehungsweise
<>. '.· ".''_,_~':·--:~ ?ß--/t'· der Vorstand geben die kritischen Schwel-
lenwerte gemäß ihrer personalstrategi-
Personaldisposition : Prforfsierte Person'afprozesse : Personalstrategie ' schen Ausrichtung vor, nachfolgende Per-
PersonaJ Prozess Personal sonalmanager definieren in Anlehnung
-führung ._ . -kontext -faktorkosten daran ihrerseits die kritischen Werte für
-kostenmanagement -input -wesenkosten die unteren Organisabonseinheiten, so dass
-planung · - -dauer Bereitstellung qualifizierten
-beschaffung ·-output Personals (z. 8.: Attraction, jeder Personalmanager automatisch sei-
Retention, Aus- und
~elnsatz
Weiterbildung, Kompetenz- ne gelben und roten Ampeln gezeigt be-
-entwiddung management) kommt.
-dispensation
-bedingungen Ferner kann im System ein innerbe-
trieblicher Kennzahlenvergleich installiert
.-.v.e setzen wir die Ressource
#ersonal effizient in den
. .e gestalten wir unsere
ltemen Personalprozesse
~e optimieren wir die
werden. in diesem Zusammenhang ist
lrfolgskritische Ressource
ll>perativen Einheiten ein? •ffizient? Jfersonal für den strategischen
Unternehmenserfolg?
es sinnvoll, nicht alle erdenklichen Ver-
gleichsdaten zur Verfügung zu stellen,
Abb. 1 sondern nur bedeutsame Vergleiche he-
rauszustellen. So ist es oft vollkommen
wender des künftigen Personalcontrol- Abteilungsleiter ihre Abteilungskennzahlen ausreichend, in einem internen Bench-
lingsystems, geben. Die Erfahrung zeigt und die Mitglieder der Geschäftsführung marking einen Durchschnittswert aller
aber, dass eine frühzeitige Orientierung die unternehmensweiten Kennzahlen. Die Vergleichseinheiten und den .. Best-in-
an den anwenderspezifischen Bedürfnis- konkreten Ausprägungen der jeweiligen dass" -Wert darzustellen. Damit wird ge-
sen zu unüberschaubaren Anforderun- Kennzahlen ist von der primären Analyse- währleistet. dass die einzelne Führungs-
gen an das Personalcontrollingsystem dimension abhängig. kraft mit einem schnellen Blick Verglei-
führt und womöglich eine überzogene Beim ersten Blick auf den Bildschirm che zur eigenen Situation herstellen kann,
Erwartungshaltung erzeugt. Daher soll- wird zum Beispiel der Krankenstand ei- ohne aufwendige Recherchen oder Ana-
te immer ein konkreter Konzeptvorschlag ner Organisationseinheit als Anteil der lysen durchführen zu müssen.
mit ersten Anhaltspunkten zu den ab- Ausfalltage wegen Krankheit an durch- Die Aufnahme von externen Bench-
zubildenden Themenbereichen und acht schnittlichen Sollarbeitstagen innerhalb markdaten ist meist mit Schwierigkeiten
bis 16 KPI zur gemeinsamen Verifizierung einer Zeitperiode (Tag, Woche, Monat, verbunden, wenn zum Beispiel die Be-
vorgelegt werden. Dieser Vorschlag kann Jahr) dargestellt. Diese primäre Analyse- rechnungsgrundlagen oder Einflüsse aus
dann in einer gezielten Diskussion wei- dimension allein bietet jedoch keine hin- dem Umfeld der unterschiedlichen Un-
ter optimiert werden (vgl. Abb. 1). reichenden Informationen für das Perso- ternehmen große Divergenzen aufwei-
Um das Prozedere der Verifizierung nalmanagement Vielmehr sind weitere sen. Häufig ist zu beobachten, dass sich
zu vereinfachen, empfiehlt es sich, die- Analysedimensionen gefordert, die beim Unternehmen für ein externes Bench-
jenigen Personen einzubinden, die für die Blick auf weitere Bildschirmseiten zu er- marking entscheiden, später jedoch rea-
einzelnen KPI die fachliche und daten- kennen geben, welche Berufs- oder wel- lisieren müssen, dass sie eigentlich ,Äp-
technische Verantwortung übernehmen che Altersgruppen besonders von einem fel mit Birnen' vergleichen. Dennoch kön-
werden. Diese Verantwortlichen sollten hohen Krankenstand betroffen sind. Dabei nen solche Vergleiche Impulse zur Ver-
federführend sollten keinesfalls alle theoretischen Analy- besserung liefern.
• den jeweiligen KPI verifizieren, seaspekte zum Einsatz kommen. Vielmehr Als direkte inhaltliche Hilfstunktion
• die wichtigsten Stakeholder einbinden, müssen auch hier eindeutige Schwer- können über die reine analytische Dar-
• die Datenlage prüfen und gegebenen- punkte zu Gunstender Übersichtlichkeit stellung hinaus inhaltliche Personalma-
falls Datenerhebungen veranlassen, gesetzt werden. nagementhinweise angeboten werden
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(z. B. zu der Frage: "Was kann ich tun. Personalverantwortlicher I Personal- sonalcontrolling erhebliche Spielräume für
wenn meine Ampel zum Krankenstand vorstand Mit einem intelligenten Personal- die Eigensteuerung der personalwirtschaft-
auf rot stehl7"). Basierend auf Ansätzen controllingsystembietet sich dem Haupt- lichen Aktivitäten.
des Wissensmanagements bieten moder- verantwortlichen des Personalbereiches Personalvertretung Den Betriebs- und
ne IT-Systeme heute die Möglichkeit, die einmalige - leider oft ungenutzte - Personalräten ist vom Gesetzgeber ein
automatisch bei roten und gelben Am- Chance, den eigenen Handlungs- und eindeutiges Mitbestimmungsrecht einge-
peln Textfenster zu zeigen, die über un- Verantwortungsbereich zu strukturieren, räumt worden, das unter anderem die
terschiedliche Handlungsoptionen infor- zu analysieren und tatsächlich zu steu- Detailliertheil der Daten (z. B. Personen-
mieren. Bei einem erhöhten Krankenstand ern. Dabei konzentriert er sich auf die ebene) und die Dimensionierung der Da-
wird dem Führungsverantwortlichen zum prozessuale und die strategische Dimen- ten (z. B. Effizienzmessung) limitiert. Per-
Beispiel ein Fenster mit dem Hinweis auf sion des Personalcontrollings. sonalcontrolling wird von der Personal-
eine hohe Anzahl Langzeiterkrankter und Die erste Dimension verlangt eine ten- vertretung immer noch stark aus der ope-
dem Vorschlag, so genannte ,.Rückkeh- denziell reaktive Argumentation (z. B.: .. Un- rativen Dimension (z. B. Leistungserhö-
rergespräche" zu führen, angezeigt.
Für diese inhaltlichen Funktionen müs-
sen Personalmanager aller Ebenen mo-
bilisiert werden, aktiv die Gestaltung des
Ampelsystems und die Pllege des Wissens-
managementsystems voranzutreiben. Zur
praktischen Umsetzung eignet sich der
konsequente Aufbau eines Kompetenz-
netzwerks, wie es North (1999) vorschlägt.

Stakeholder im Personalcontrolling
Mitarbeiter
Als Stakeholder werden - vereinfacht
Externe ',"~
gesprochen - all jene Personen bezie- Unterstützung i Gesetzgeber
hungsweise Gruppen bezeichnet, die eine
spezifische Interessenlage aufweisen und Abb. 2
direkt oder indirekt Einfluss auf ein Un-
ternehmen ausüben können. Bekanntester ser Personalmarketing ist im Branchen- hung und -verdichtung) heraus beurteilt.
Stakeholder ist gegenwärtig der Share- vergleich effizient. denn ... "): die zweite Diesen Zielkonflikt muss das Personal-
holder, der seinen Ertrag aus der Kapi- Dimension erfordert eine proaktive Argu- controlling aushalten und in sozialver-
talanlage in Unternehmen optimieren mentation (z. B.: .. Unser Personalmarketing träglicher Weise lösen.
möchte. Mit seinem Interesse ist er mitt- muss verstärkt werden, weil ... "). Wich- Mitarbeiter Den Arbeitnehmern bis
lerweile indirekt zu einem entscheiden- tig ist, dass der Hauptverantwortliche des ,hinauf' zu den leitenden Angestellten ist
den Treiber intelligenter Personalcontrol- Personalbereiches der alleinige ,Datenherr' das Personalcontrolling ein unangeneh-
lingsysteme geworden. Nicht nur der Share- über die Personaldaten bleibt, um eine mes Thema, das mehr oder weniger mit
holder, sondern auch weitere Stakeholder inhaltliche Konsistenz sowie eine abge- Formen der Überwachung gleichgesetzt
betrachten die Personalsteuerung jeweils stimmte Kommunikation zu gewährleisten. wird. Demgegenüber sehen viele Mitar-
aus ihrer spezifischen Perspektive und Es kann brisant werden, wenn ein Vertre- beiter durchaus die positiven Lenkungs-
nehmen dementsprechend unterschiedlich ter aus einem anderen Ressort (z. B. Finanz- kräfte von intelligenten Personalcontrol-
Einfluss auf die Einführung (vgl. Abb. 2). verantwortlicher) mit inkonsistenten Da- lingsystemen. Erfahrungsgemäß erwar-
Geschäftsführung I Gesamtvorstand ten abweichende Argumentationen führt. tet etwa ein Drittel der Mitarbeiter schon
Die Unternehmensleitung ist im Regel- Personalbereich Die Verantwortlichen seit längerem eine moderne Personal-
fall zentraler interner Kunde des Gesamt- und Mitarbeiter des Personalbereiches steuerung. Ein weiteres Drittel ist ambi-
und damit auch des Personalcontrollings. haben einerseits einen skeptischen Blick valent, und das letzte Drittel ist ableh-
Wesentliche Analysen werden von ihr auf das Personalcontrolling entwickelt, nend. Jede dieser Sichtweisen ist im Ein-
angestoßen und abgenommen. Haupt- da es bisher meist unter einer singulären führungsprozessentsprechend zu berück-
fokus der Unternehmensleitung ist das Kostensenkungsprämisse erlebt wurde. sichtigen, wobei häufig die ambivalente
strategische Personalcontrolling. Dabei Zudem wurde Controlling häufig mit Kon- Mitte für den Implementierungserfolg
erweitert sich das Interesse von der Kos- trolle gleichgesetzt. eine Perspektive, der entscheidend ist.
tenkomponente (Personalfaktor und Per- mit grundsätzlicher Skepsis begegnet wird. Führungskräfte in ihrer Führungsfunk-
sonalprozesse) zunehmend auf die Qua- Bei der Einführung intelligenter Personal- tion verlangen außertarifliche und leitende
litätskomponente, die für die externe Kom- controllingsysteme gilt es primär, an die- Angestellte oft nach einem ausgefeilten
munikation des Unternehmens eine im- sem Blick und dieser Perspektive konstruk- Personalcontrolling, um ihre jeweiligen
mer größere Rolle spielt. tiv zu arbeiten. Andererseits bietet Per- Ziele, die meist auch mit dem effizien-

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ten Einsatz der Humanressourcen verbun- des Personalcontrollings ist dabei von der einen an messbare Ziele geknüpft. Mess-
den sind, besser erreichen zu können. grundsätzlichen Steuerungsphilosophie der bare Ziele werden zum anderen - über
Daher sind sie der Hauptadressat des Konzernleitung abhängig. Je kürzer die das Management by Objectives - zum
operativen Personalcontrollings. ln divi- ,Zügel' sind, desto homogener ist das Einflussfaktor im Personalmanagement
sionalisierten Unternehmen wird diese Personalcontrolling im Konzern. Die Inte- Das Personalcontrolling muss sich in
Dimension oftvon der Division und nicht gration von Beteiligungs- und Tochterun- seiner unternehmensweiten Anwendung
von der Zentrale vorangetrieben. Die ope- ternehmen ist in jedem Fall ein Kraftakt. auf das Wesentliche beschränken. Der KPI-
rativen Einheiten sind eher in der Lage, Externe Unterstützung Die Entwick- Ansatz sowie eine Orientierung mittels
eine maßgeschneiderte operative Per- lung intelligenter Personalcontrolling- Balanced Scorecard sind hierzu geeigne-
sonalsteuerung in eigener Verantwortung systeme hat im Regelfall Projektcharakter, te Instrumente. Für das Personalcontrolling
zu realisieren. Zentrale Einheiten müssen für den spezialisierte inhaltliche und me- gibt es noch keine Standardsoftware. In-
hingegen über fundierte praktische Er- thodische Kompetenzen sowohl im Stra- dividuelle Lösungen können zwar an En-
fahrung verfügen, wenn sie Steuerungs- tegie- als auch im Technologiebereich er- terprise-Resource-Pianning-Systeme (ERP-
themen wie Personaleinsatzplanung be- forderlich sind. Diese sind in vielen Or- Systeme) angelehnt werden. Intelligente
setzen möchten. ganisationen nicht ausreichend vorhan- Personalcontrollingsysteme sind heute al-
IT-Bereich Insbesondere in großen Un- den, weshalb sie auf externe Unterstüt- lerdings immer noch maßgeschneidert.
ternehmen mit vielen Mitarbeitern be- zung zurückgreifen. Beratungsunterneh- Personalcontrolling wird von Menschen
deutet intelligentes Personalcontrolling men haben die Bedeutung des Themas konzipiert, implementiert und realisiert. Dies
gleichzeitig auch modernes Datenmanage- seit langem erkannt, zumalesals Nukle- stelltzunächst eine Investition in Ressourcen
ment Die informationstechnische Auf- us einer langfristig erfolgreichen Zusam- (z. B. eine eigene Abteilung) dar. Als Auf-
bereitung des Personalcontrollingsystems menarbeit anzusehen ist. Komplettanbieter, gabe, die halbherzig nebenbei miterledigt
ist eine anspruchsvolle Aufgabe, zu der wie sie gegenwärtig im Beratungsmarkt werden soll, kann Personalcontrolling al-
die zuständigen Experten nicht früh ge- entstehen, bieten Problemlösungen, die lerdings nicht gelingen.
nug hinzugezogen werden können. Da sowohl den Konzeptionsprozess (Strate-
sich die Systeme meist nicht im luftlee- gie) als auch den Implementierungsprozess
ren Raum entwickeln, sondern auf Alt- (Technologie) umfassen. Summary
systemen aufsetzen, Parallelsysteme ein- Gesetzgeber ln bestimmten personal-
Personnel controlling has advanced into
binden oder Tochterunternehmen inte- wirtschaftlichen Bereichen werden von
a key subject of HR management and
grieren, gibt die Informationstechnologie staatlicher Seite Informationen verlangt
in the process, not only the operational
bei der Implementierung den zeitlichen (dies gilt auch bei Mitgliedschaft in Ver-
aspects are being taken into account but
Takt an. Der Zeitfaktor wird durch den bänden etc.). Meist beziehen sich diese
also those related to quality. Additionally,
Web-Transfer in der Personalsteuerung Daten auf Niveau und Struktur der Be-
intranets areaffering many companies
noch wichtiger werden. legschaft und besitzen kaum eine Steue-
innovative apportunilies for networked
Shareholder Die Anteilseigner ein- rungsfunktion. Bei der Konzeption des
control. The authors describe their ex-
schließlich des Aufsichtsrates haben ein Personalcontrollingsystems sind sie zur
perience in conceptualizing and imple-
der Unternehmensleitung vergleichbares Vermeidung von Doppelarbeiten dennoch
menting intelligent personnel controlling
duales Interesse: Aus einer Ergebnisper- zu berücksichtigen.
systems. They begin by indicating the
spektive sind Humanressourcen ein Kos-
present status and how to generate per-
tenfaktor- aus einer Zukunftsperspek-
Zusammenfassende Überlegungen sonne! controlling systems; this is fol-
tive sind sie ein Wachstumsfaktor. Ob-
lowed by detailing specific steps prior
wohl heute noch die erste Perspektive Das Personalcontrolling ,lebt' von der Un-
to launehing a company-wide personnel
bei weitem überwiegt und unter dem ternehmens- und Personalstrategie. Je
controlling system and an analysis of
Stichwort Globalisierung gerade revita- klarer deren Ziele formuliert sind, umso
the various stakeholders and their sig-
lisiert wird, sind bei Investoren- mit Blick fundierter ist die Steuerung. Anders for-
nificance for the company. The article
auf den zunehmend engen Arbeitsmarkt muliert: Wenn das Ziel fehlt, ist der Kom-
closes with a focus on the key success
in bestimmten Segmenten - verstärkt pass überflüssig. Personalcontrolling muss
factors.
Nachfragen zum Human Assel Manage- die eigene Rolle im Unternehmen früh-
ment festzustellen. zeitig reflektieren und aktiv gestalten.
Konzerngesellschaften und Sparten Dabei werden Grundfragen des Personal-
Durch die zahlreichen Firmenfusionen so- managements tangiert: Wer sind unse- • Anmerkungen
wie die verstärkte Divisionalisierung von re Kunden7 Wieviel Zentralität wollen und •• 1 Vgl. North, K.: Wissensorientierte Unter-
Unternehmen in weitgehend autonome brauchen wir? • nehmensführung- Wertschöpfung durch
Business Units ist das Erfordernis verstärkt Personalcontrolling bedeutet auch eine • Wissen. Wiesbaden, 1999
• 2 Vgl. Wunderer, R. I Jaritz A.: Unterneh-
worden, die Personalsteuerung der ein- Legitimationsfunktion des Personalberei- • merisches PersonaJcontrolling. Neuwied,
zelnen Einheiten in ein aggregiertes Per- ches gegenüber den anderen Einheiten • 1999
• 3 Vgl. Edvinsson, L. I Brüning, G.: Aktivpos-
sonalcontrolling der Konzernzentrale zu im Unternehmen, und dies in doppelter ten Wissenskapital -Unsichtbare Werte
überführen. Der Grad an ,Harmonisierung' Weise. Das Personalmanagement ist zum • bilanzierbar machen. Wiesbaden, 2000

36 •
• PERSONALFÜHRUNG 11/2000

••

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