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© F. Enke Verlag Stuttgart Zeitschrift für Soziologie, Jg. 18, Heft 3, Juni 1989, S.

175-191

Was ist eine soziale Bewegung?


Zur Distinktion und Einheit eines sozialen Phänomens
Heinrich W. Ahlemeyer
Institut für Soziologie, Universität Münster, Scharnhorststr. 121, D-4400 Münster

Z u s a m m e n f a s s u n g : Trotz eines quantitativ beeindruckenden Umfangs der soziologischen Analyse sozialer


Bewegungen bleibt bislang die Frage offen, was eine soziale Bewegung eigentlich ist. In diesem Artikel werden
zunächst unterschiedliche Konzeptionsentwürfe sozialer Bewegungen daraufhin untersucht, wie sie die Vorstellung
von der Einheit sozialer Bewegungen gewinnen. Dabei erweist sich der Bezug auf Ziele und Organisationsformen als
nicht zureichend, um die Distinktivität des Phänomens zu erfassen. Auf diesem Hintergrund wird der Versuch
unternommen, an die Theorie autopoietischer sozialer Systeme anzuschließen und die Frage nach der Einheit und
Geschlossenheit sozialer Bewegungen in neuer Weise aufzunehmen. Dabei wird die Schließung des Sozialsystems
soziale Bewegung in selbstreferentiellen Mobilisierungsereignissen festgemacht, die als Elementaroperation sozialer
Bewegungen identifiziert werden.

Soziale Bewegungen gehören inzwischen in Lehre Worin findet sie ihre Einheit? Woraus besteht eine
und Forschung zum etablierten Themenkanon der soziale Bewegung? Was gehört dazu, was nicht?
Soziologie. In der Bundesrepublik nimmt die Zahl Trotz des beeindruckenden Umfangs des Nach­
umfassender Darstellungsversuche (Brand 1982; denkens über soziale Bewegungen sind es diese
Brand et al. 1983; Raschke 1985) wie die der grundständigen Fragen, auf die bislang noch keine
Fallstudien einzelner Bewegungen und spezifischer theoretisch befriedigenden Antworten haben ge­
Aspekte einzelner Bewegungen seit Ende der sieb­ funden werden können. Der FJinweis darauf, daß
ziger Jahre sprunghaft zu, ineins mit der verstärk­ jede Bewegung einzigartig sei (Heberle 1974), mag
ten Prominenz von Frauen-, Friedens- und Um­ für die Beschreibung zutreffen; er kann aber nicht
weltbewegung. 1 Mit zunehmender gesellschaftli­ die Reflektion auf Einheit des Phänomens jenseits
cher Differenzierung wird auch das Erscheinungs­ von empirischen Erscheinungsformen ersetzen.
bild sozialer Bewegungen heterogener, vielfältiger Cohen beschreibt die Forschungslage in dem Son­
und widersprüchlicher. Dabei steht einer Selbst­ derheft von Social Research zu sozialen Bewegun­
verständlichkeit des Begriffs der sozialen Bewe­ gen zutreffend: „Indeed, there is little agreement
gung im Alltag die Schwierigkeit des wissenschaft­ among theorists in the field as to just what a
lichen Begriffs gegenüber, der hinter den Differen­ movement is, what would qualify as a new type of
zen vielfältiger Erscheinungsformen unterschiedli­ movement, and what the meaning of a social
cher Bewegungen die Einheit des Phänomens be­ movement as distinct from a political party or
nennen will. Was ist eine soziale Bewegung?12. interest group might be.“ (1985: 663)3
Der Untersuchungsgegenstand soll in der Weise
1 Vgl. auch die Fachtagungen der Deutschen Gesell­ eingegrenzt werden, daß in der folgenden Analyse
schaft für Soziologie (Kern/Räder 1985; Rucht 1985; vor allem jene zeitgenössischen empirischen Phä­
Miller 1985) und der DVPW (Falter et al. 1984). nomene im Fokus stehen, die in Gesellschaften mit
2 Auch die Diskussion des Gegenstands soziale Bewe­ einer hoch entwickelten funktionalen Differenzie­
gungen in dieser Zeitschrift wirft diese grundständige rung beobachtet werden können und die sich selbst
Frage auf: Kann man, wie Allerbeck/Hoag, die Compu­ als soziale Bewegung beschreiben, wie etwa die
terdiffusion in den USA mit dem Hinweis auf gesamt­ Friedensbewegung, die Umweltbewegung, die An-
gesellschaftliche Zielvorstellungen und mehr oder min­
der losen Beziehungen der Mikrocomputer - Hobbyists
als soziale Bewegung beschreiben (1989: 36)? Ist es
zureichend, soziale Bewegungen als Entwicklungs- und 3 Die Unzufriedenheit über eine unzureichende theoreti­
Diffusionsprozesse von kulturellen Impulsen über welt­ sche Reflexion sozialer Bewegungen zieht sich, seit
anschauliche Orientierungen und ZielvorstellungeTn zu spätestens Ende des Zweiten Weltkriegs, wie ein roter
beschreiben, wie Huber es in seiner zyklischen Be­ Faden durch die einschlägige sozialwissenschaftliche
trachtung sozialer Bewegungen vorgeschlagen hat Literatur. Siehe Strauss 1947: 352; Couch 1968: 310;
(1988: 426)? Marx/Wood 1975: 415; etc.
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tikernkraftbewegung, Dritte-Welt-Bewegungen Das nach Parsons jeder Interaktion zugrunde lie­


etc. gende Problem doppelter Kontingenz - es kann
Zunächst sollen unterschiedliche Konzeptionsent­ kein Handeln zustande kommen, wenn Alter sein
würfe sozialer Bewegungen daraufhin untersucht Handeln von Egos Handeln abhängig macht und
werden, wie sie die Vorstellung von der Einheit Ego für sein Handeln das Alters abwartet (Parsons/
sozialer Bewegungen gewinnen. Dabei soll die Shils 1951: 16; Parsons 1968: 436) - und das damit
Leitdifferenz von Differenz und Identität den In- gegebene Problem unbestimmter, leerer Selbstre­
formationsgewinn orientieren. Auf diesem Hinter­ ferenz löst Parsons, indem er einen Wertekonsens
grund soll dann der Versuch unternommen wer­ in einer übereinstimmenden normativen Orientie­
den, die Frage nach der Einheit und Geschlossen­ rung unterstellt. Aus dieser Lösung des Problems
heit sozialer Bewegungen in einer neuen Weise doppelter Kontingenz in der Sozialdimension ge­
aufzunehmen. winnt Parsons Devianz als Differenzbegriff. Die
Konzeptualisierung von Gesellschaft und Handeln
I.
in den Begriffen von Wertekonsens, Gleichge­
wicht, struktureller Kompatibilität und Konformi­
Bei Max Weber und Emile Dürkheim finden sich tät mündet folgerichtig in einer Beschreibung so­
zwar nur indirekte Bezugnahmen auf soziale Be­ zialer Bewegungen als Devianzphänomen, das sich
wegungen. Dennoch haben ihre Konzeptionen ei­ Ambivalenzen der Werteordnung und unvollstän­
nen starken Einfluß auf Verständnis und Begriff dige Integrationen der Persönlichkeitsstrukturen
des Phänomens in der weiteren sozialwissenschaft­ zum Schaden der Gesellschaft zunutze mache (vgl.
lichen Forschung. Webers Unterscheidung von tra- dazu auch Wilson 1973: 57f.).
ditionaler und bürokratischer Herrschaft einerseits
und charismatischer Herrschaft andererseits (We­ Neil J. Smelser teilt mit Parsons zentrale Theorie­
ber 1972: 141) macht mit dem Hinweis auf Ratio- prämissen: insbesondere die Differenz von kon­
nalitäts- und Normativitätsdefizite Vorgaben, die ventionellem und kollektivem Verhalten sowie die
sich in den Beschreibungen sozialer Bewegungen Annahme einer normativen Defizienz kollektiven
in der collective behavior-Tradition durchgängig Verhaltens. Er thematisiert soziale Bewegungen
wiederfinden. unter dem Begriff kollektiven Verhaltens, den er
versteht als „Mobilisierung aufgrund einer Vorstel­
Im Kontext von Dürkheims Diskussion von sozio­ lung, die soziales Handeln neu definiert“. (Smelser
logischen Tatbeständen deutet sich eine Unter­ 1963: 31) Kollektives Verhalten entsteht als Reak­
scheidung an von Organisation und „anderen Er­ tion auf Störungen in einer der Komponenten des
scheinungen, die nicht in diesen kristallisierten Handlungssystems, die als Werte, Normen, Moti­
Formen auftreten, (jedoch) dieselbe Gegenständ­ vationen und Ressourcen beschrieben werden.
lichkeit und dieselbe Gewalt über das Individuum“
ausüben: „Es sind dies die sogenannten sozialen Kollektives Verhalten ist bei Smelser die Suche
Strömungen.“ (Dürkheim 1976: 107). Die Diffe­ nach der Lösung von Spannungsbedingungen, die
renz von Organisation und sozialen Bewegungen man durch Generalisierung auf einer allgemeine­
gründet Dürkheim auf unterschiedliche Verfesti­ ren Ebene zu finden hofft. Das entscheidende
gungsgrade dieser sozialen Formen, wobei ihm Kriterium kollektiven Verhaltens macht Smelser
dabei das Sonderbewußtsein des Einzelnen als Dif­ darin fest, daß die Beteiligten Vorstellungen ent­
ferenzbegriff dient. Bei Dürkheim steht die Mo­ wickeln, die von einer äußerst generalisierten
dernität einer nach wie vor aktuellen Differenz von Komponente direkt zum Brennpunkt der Span­
Organisation und sozialer Bewegung neben nur zu nung hin kurzschließen - in der Erwartung, die
deutlich ihrer Zeit verhafteten massentheoreti­ Spannung durch die direkte Anwendung der gene­
schen Überlegungen im Stile Le Bons (vgl. Dürk­ ralisierten Komponente zu beheben. Die kollekti­
ves Verhalten kennzeichnenden Vorstellungen
heim 1976: 108).
zeichnen sich also bei Smelser dadurch aus, daß sie
In Talcott Parsons theoretischem Werk werden generalisiert und kurzschlüssig sind.4
kollektives Handeln und soziale Bewegungen im
Social System unter der für Parsons Konzeption
von Handlung und sozialem System zentralen Dif­ 4 Das begründe, so Smelser in ungebrochener Kontinui­
ferenz von Konformität und Devianz thematisiert tät zu Le Bons perhorreszierter Massentheorie (Le Bon
(Parsons 1951, Chpts VII und VIII). Dabei setzt er 1895), „warum kollektives Verhalten oft so roh, über­
die Einheit dieser Differenz mit einem normativen trieben und exzentrisch“, ungeduldig, plump und pri­
Wertekonsens voraus. mitiv sei (1963: 87).
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Das klassische Paradigma kollektiven Verhaltens John Wilson (1973) rückt soziale Bewegungen nä­
ist also durch (1) die zentrale Differenz von institu­ her an institutionalisierte Handlungsformen, wie
tioneil - konventionellem und nichtinstitutionell - politische Parteien, um sie als Verbindung zwi­
kollektivem Verhalten gekennzeichnet. (2) Kol­ schen institutionalisierten und nichtinstitutionali-
lektives Verhalten wird nicht von bestehenden so­ sierten Aspekten zu lokalisieren. Die Einheit und
zialen Normen gelenkt, sondern formiert sich an­ Distinktivität des Phänomens soziale Bewegung
gesichts unstrukturierter sozialer Situationen, die will er mit einer auf Formen, Ziele und Mittel
(3) als unvollständige normative Integration und/ reflektierenden Definition erfassen.5*Damit gibt er
oder Versagen der Organe sozialer Kontrolle be­ einem Verständnis sozialer Bewegungen Aus­
schrieben werden. Diese Zentralannahmen wer­ druck, das an die Selbstbeschreibungen sozialer
den von der sozialpsychologisch akzentuierten Bewegungen anknüpft und sich mit dem massiven
Tradition der Chicago School (vgl. die Schriften Hervortreten von Studentenbewegung, Anti­
von Robert E. Park in: Turner 1967; Blumer 1951; kriegsbewegung und Frauenbewegung Ende der
Blumer 1957; Turner 1964; Turner/Killian 1972) sechziger, Anfang der siebziger Jahre in Differenz
sowie von Arbeiten zur Massengesellschaftstheorie zu den politischen Optionen des klassischen Ansat­
(Kornhauser 1959; Arendt 1951) geteilt und indivi­ zes herausbildet.
dualpsychologisch in der Weise variiert, daß dort
die Frage nach individueller Partizipation in sozia­ II.
len Bewegungen in den Brennpunkt des Interesses Die Bewegungen der 60er Jahre stellen die Annah­
rückt. Als Letztelement steht in der Anatomie men des traditionellen collective behavior-Ansat­
kollektiven Verhaltens die große Menschenmenge, zes grundlegend in Frage, und über zahlreiche
the crowd, die sich angesichts von Spannungen im Einzelstudien entwickelt sich eine neue Sichtweise
sozialen System konstituiert und sich, je nach sozialer Bewegungen, die mit dem Etikett des
strukturellen Voraussetzungen, in unterschiedli­ Ressourcenmobilisierungsansatzes beschrieben
chen Formen kollektiven Verhaltens manifestiert. werden kann. Diese Arbeiten betonen die Konti­
Kollektives Verhalten steht dabei durchgängig für nuität von sozialer Bewegung und institutionali­
eine nichtrationale, gar irrationale Reaktion auf sierten Handlungen und stellen die Rationalität
strukturelle Veränderungen. des Engagements heraus, (s. Jenkins 1983; Marx/
Eine Differenzierung von theoretischem Rahmen Wood 1975 sowie Cohen 1985: 674-690) Sie rük-
und politischer Option wird entscheidend durch ken strategische Probleme der Bewegungen in den
zwei Arbeiten vorangetrieben, die mit ihrer Unter­ Vordergrund und betonen deren Rolle als Agen­
suchung sozialer Bewegungen auf der Grundlage ten für sozialen Wandel. Die Vertreter dieser
der strukturfunktionalistischen Gesellschaftstheo­ Theorie sehen (a) die grundlegenden Ziele von
rie Perspektiven für grundlegende Neubewertun­ sozialen Bewegungen von Interessenskonflikten
gen des Phänomens eröffnen. definiert, die in den Machtbeziehungen institutio­
Robert K. Merton teilt zwar die normative Grund­ nalisiert seien, (b) Die von solchen Konflikten
lage des Parsonianischen Gesellschaftsbegriffs ausgehenden Beschwerden seien so ubiquitär, daß
(1968: 195), führt aber in Parsons Devianz-Kon­ die Formation von sozialen Bewegungen nur in
zept neue Differenzen ein, die eine grundständig Veränderungen der Ressourcenlage, der Organisa­
andere Sichtweise sozialer Bewegungen ermögli­ tion und der Opportunitätslage festgemacht wer­
chen. Durch die Differenzierung der Parsoniani­ den könne, (c) Sie betonen die Bedeutung von
schen Kategorie der Devianz in kriminelles Ver­ zentralen, formal strukturierten Bewegungsorgani­
halten und nonkonformes Verhalten gewinnt Mer­ sationen, die für soziale Bewegungen kennzeich­
ton theoretische Möglichkeiten der Neubewertung nend seien.
sozialer Bewegungen. (Merton 1968: 415ff.). Mit In einer ganzen Fülle von Studien erbringen die
dieser konzeptuellen Distinktion überwindet Mer­ Vertreter der Ressourcenmobilisierungstheorie
ton innerhalb der strukturfunktionalen Theorie die empirische Belege wider die These, daß atomisier-
engen Grenzen der politischen und ideologischen te Individuen, motiviert durch „strain“, die Haupt­
Optionen im Werke Parsons und Smelsers. Er
warnt die Soziologie vor einer Position, die Kon­
formität mit geltenden Standards prämiere und 5 “A social movement is a conscious, collective, organiz­
implizit davon ausgehe, daß Nonkonformität not­ ed attempt to bring about or resist social change in the
wendig dysfunktional sei, während doch häufig social order by noninstitutionalized means.” Wilson
genug das Gegenteil zutreffe. 1973: 8.
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akteure in sozialen Bewegungen seien, (s. z. B. erfaßt werden. Nicht über die Einheit, sondern nur
Aveni 1978; Freeman 1973; 1975; 1983; Gusfield mit Hilfe der Differenz von Organisation und Be­
1982; McCarthy/Zald 1977; Piven/Cloward 1979; wegung wird das Besondere sozialer Bewegungen
Walsh 1981) Stattdessen legen sie Wert auf Varia­ erkennbar.
blen wie Organisation, Interessen, Ressourcen, (2) Ebenso wenig überzeugend ist die zweite, als
Gelegenheiten und Strategien, um umfassende Kriterium für die Einheit sozialer Bewegungen
Mobilisierungsprozesse zu erklären. Der „rationa­ angeführte Differenz, die in der Zieldimension
le Akteur“ (Individuum oder Gruppe) ersetzt die festgemacht wird. Auch Gewerkschaften, Parteien
„Masse“ (crowd) als Zentraleinheit für die Analy­ und Interessengruppen suchen „sozialen Wandel“
se kollektiven Handelns. Das Spektrum reicht da­ zu erreichen. Weder die Teleologisierung selbst
bei von der individualistisch-utilitaristischen Logik noch ihre Inhalte beschreiben die Distinktivität
des Ansatzes vom strikt rationalen Akteur, wie bei sozialer Bewegungen. So bedeutsam und unver­
Olson (1965), über organisationssoziologische An­ zichtbar Zielstellungen für soziale Bewegungen
sätze (Zald/Ash 1966; Curtis/Zurcher 1974) bis hin und ihr strategisches Handeln sind, so wenig kön­
zu Konfliktmodellen (Oberschall 1973; Gamson nen sie in einen grundbegrifflichen Rang gesetzt
1975; Tilly 1978). werden, um Einheit und Spezifität des Kommuni­
In der Bundesrepublik nehmen Brand et al. (1983) kationsmodus sozialer Bewegungen zu begründen.
und Raschke6 den Ansatz der Ressourcenmobili­ Andere Kommunikationssysteme können gleiche
sierungstheorie auf und suchen Einheit und Di- Zielvorstellungen aufweisen, und eine soziale Be­
stinktivität sozialer Bewegungen mit Bezug auf wegung kann, ohne ihre Identität aufzugeben, ihre
Ziele und organisatorische Struktur zu beschrei­ Zielstellungen ändern. Zwecksetzungen sind Sy­
ben. Brand et al. unterscheiden soziale Bewegun­ stemstrategien der Unsicherheitsabsorption, die
gen von Unruhen und Revolten durch einen höhe­ als vorläufig akzeptierte Präferenzen im System
ren Organisationsgrad und von Interessengruppen selbst erst geschaffen werden. Sie können deshalb
durch „einen wesentlich höheren Stellenwert“ ge­ nicht als Kategorie zur Bestimmung der Einheit
meinschaftlichen Handelns. (1983: 36) eines Systems vorausgesetzt werden.7
Haben die Arbeiten des Ressourcenmobilisie­ (3) Trotz der krassen Unterschiede in den politi­
rungsansatzes entscheidend dazu beigetragen, den schen Optionen von klassischem collective behav­
Hiatus zwischen den politischen Optionen sozial­ ior-Ansatz und Ressourcenmobilisierungstheörie,
wissenschaftlicher Beschreibungen sozialer Bewe­ liegt eine Gemeinsamkeit von beiden Beschrei­
gungen und den Optionen der Bewegungen selbst bungsweisen darin, die Einheit sozialer Bewegun­
zu verringern, so bleiben, bei allen Unterschieden gen in Differenz zu anderen Sozialsystemen nicht
der Ausgangspunkte im Detail, grundlegende De­ trennscharf benennen zu können. Diese Schwierig­
fizite in der theoretischen Erfassung der Einheit keit führt sie dazu, daß sie, hilfsweise und als
und Distinktivität sozialer Bewegungen: Kompensativ für eine begrifflich distinkte Vorstel­
(1) Die Ineinssetzung von Bewegung und Organi­ lung, Zweitfassungen der Einheit des Gegenstands
sation, von institutionalisierten und nichtinstitutio- verfertigen, die durch die Unterscheidung unter­
nalisierten Formen kollektiven Handelns, verhin­ schiedlicher Formen von sozialen Bewegungen ge­
dert die Erfassung des Spezifikums sozialer Bewe­ wonnen werden. So zieht sich durch beide Ansätze
gungen, die sich gerade dadurch auszeichnen, daß eine taxonomische Tradition, deren Funktion über
sie keine Organisationen sind, auch wenn sie ein­ eine Differenzierung des Gegenstands hinaus darin
zelne ihrer Aufgaben und Funktionen qua Organi­ besteht, die begrifflich nicht trennscharf erfaßte
sation zu sichern suchen. Die Konstitutions- und Einheit sozialer Bewegungen in einer Zweitschrift
Selektionsprinzipien sozialer Bewegungen können herzustellen - als Einheit einer Differenz.
nur in Differenz zu denen von Organisationen Dabei sind die vorfindlichen Unterscheidungen
ebenso vielfältig wie überschneidend: Blumer
(1951; 1957) will zwischen allgemeinen und spezifi­
6 „Soziale Bewegung ist ein mobilisierender kollektiver schen sowie zwischen Reform-, Revolutions- und
Akteur, der mit einer gewissen Kontinuität auf der
Grundlage hoher symbolischer Integration und gerin­
ger Rollenspezifikation mittels variabler Organisations­ 7 Eine detaillierte Kritik des Zweckbegriffs und eine
und Aktionsformen das Ziel verfolgt, grundlegenderen Analyse seiner Funktion hat Luhmann (1968) vorge­
sozialen Wandel herbeizuführen, zu verhindern oder legt. Vgl. zu dem hier angesprochenen Problem insbe­
rückgängig zu machen.“ Raschke 1985: 77. sondere die Seiten 179-201.
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expressiven Bewegungen unterschieden wissen; Touraine geht in parsonianischer Manier von der
Gusfield (1968) trennt soziale Bewegungen nach Einheit gesellschaftlicher Selbstproduktion unter
directed/undirected (68); Heberle (1968) differen­ normativen Prämissen aus und asymmetrisiert sie
ziert wertrationale, emotional-affektuale und utili­ durch die Konstitution einer Differenz (von Herr­
taristische soziale Bewegungen; Turner (1969: 392) schaftsbeziehungen) - ohne freilich auf die dieser
will soziale Bewegungen in der liberal-humanitä­ Differenz zugrunde liegenden Einheit zu reflektie­
ren Tradition von solchen in der sozialistischen ren. Die Gegenüberstellung von sozialer Bewe­
Tradition abheben; Smelser (1963: 242-323) klassi­ gung und eines als zentralem Agenten beschriebe­
fiziert in norm- und wertorientierte Bewegungen; nen Staates verweist dabei auf die konventionelle
Turner/Killian (1972: 259) schematisieren soziale Beschreibung des politischen System als Zentrum,
Bewegungen nach ihrem Verhältnis zur Wertord­ als Hierarchiespitze des Gesellschaftssystems. Die­
nung der Gesellschaft und der Art ihrer Opposi­ se in systemtheoretischer Perspektive problemati­
tion in respektable - nicht-faktionale, respektable sche Vorstellung, die Touraine mit den Vertretern
- faktionale, pekuliare und revolutionäre Bewe­ der Ressourcenmobilisierungstheorie teilt, hat
gungen; Zald & Ash (1966: 329) unterscheiden Japp als eine der „konzeptionellen Sackgassen“
exklusive und inklusive Bewegungsorganisationen; der Bewegungsforschung charakterisiert. (1986:
Curtis/Zurcher (1974: 360) trennen kongruente 171ff.)
von nichtkongruenten Typen sozialer Bewegung Alberto Meluccis Ausgangspunkt ist hingegen
usw. Theorietechnisch liegt ein identischer Vor­ „una societä senza centro.“ (1982: 195-232) Dafür
gang zugrunde: da die Einheit des Phänomens werden mit Meluccis Versuch, die Distinktivität
soziale Bewegung - als Differenz zu anderem - sozialer Bewegungen in Differenz zu anderen Phä­
begrifflich nicht oder nur vage bezeichnet werden nomenen kollektiven Verhaltens zu beschreiben,
kann, wird mit Hilfe einer intern angesetzten Dif­ aber andere Schwierigkeiten deutlich.
ferenz eine Zweitfassung erstellt, die die Einheits­
beschreibung entlasten soll - was sie freilich nur In seinen Forschungen (1977; 1980; 1982; 1984;
sehr begrenzt zu leisten imstande ist.I. 1985) beschreibt Melucci soziale Bewegungen
nicht länger als Einheit, sondern als Differenz: er
betont den fragmentarischen und heterogenen
III. Charakter von empirisch gegebenen sozialen Be­
Auch die handlungstheoretischen Konzeptionen wegungen, die immer einen großen Teil ihrer Res­
sozialer Bewegungen verstehen sich in relativer sourcen aufbringen müßten, um Einheit zu errei­
Nähe zu den politischen Optionen der sozialen chen und zu erhalten. (1984: 821ff.) Einheit sei das
Bewegungen, setzen aber weniger utilitaristisch an Resultat, nicht der Ausgangspunkt kollektiver Ak­
als die Vertreter der Ressourcenmobilisierungs­ tion. So kann er die Einheit seines Gegenstandes
theorie und greifen auf eine von der Kapital-Ar­ nur noch auf einer analytischen Ebene festmachen,
beit-Differenz „bereinigte“ postmarxistische Be- die er in Differenz zur konkret-historischen Wirk­
grifflichkeit zurück. lichkeit setzt. (1982: 16ff.) Als ein solches analyti­
sches Konstrukt ist eine soziale Bewegung für ihn
Alain Touraine (1981; 1982; 1983; 1985) sieht im
eine Kategorie kollektiven Verhaltens, die Aus­
Übergang von der industriellen zur „programmier­
druck eines sozialen Konflikts ist und den Bruch
ten Gesellschaft“ in sozialen Bewegungen mehr
von Kompatibilitätsgrenzen des Systems, in dem
denn je den Hauptakteur von Gesellschaft und will
sie sich befindet, einschließt. (1982: 19)
die Analyse sozialer Bewegungen zum alleinigen
Zentrum der Soziologie machen (1981: 30). Er In seinem Versuch, Handlungstheorie und Res­
gewinnt seinen Begriff von sozialen Bewegungen sourcenmobilisierungstheorie zusammenzuschlie­
aus der Einheit seiner normativen Prämissen, die ßen, übernimmt Melucci die Einschränkungen und
er Historizität nennt, und einer Differenz, die er Probleme beider Ansätze. Ihm gelingt zwar die
als Klassenrelation von herrschender und be­ Unterscheidung sozialer Bewegungen von anderen
herrschter Klasse kennzeichnet. Soziale Bewegun­ Phänomenen kollektiven Verhaltens, wie Devianz
gen sieht Touraine als kollektive Handlungen von und organisiertem Konflikthandeln. Und mit dem
Klassenakteuren, die um die soziale Kontrolle von Hinweis auf Solidarität deutet er richtig die Di­
Historizität kämpfen, also um die Kontrolle der mension von Selbstreferenz an, in der allein die
kulturellen Orientierungen, mit denen eine Gesell­ Einheit sozialer Bewegungen konstituiert wird.
schaft ihre Umweltbeziehungen normativ organi­ Mit Hilfe der über den Konfliktbegriff eingeführ­
siere. (1982: 26;1983:96) ten Zweckkategorie aber kann, auch unter Zurhil-
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fenahme von normativen Prämissen, der Einheits- klar umreißt. Ob man den Terrorismus oder ein
aufweis nicht gelingen. Die Frage, ob es heute bestimmtes subkulturelles Milieu dem Phänomen
überhaupt noch möglich sei, in einem anderen als zurechnet oder nicht, wird die Antworten auf die
nur analytischen Sinne von sozialen Bewegungen einzelnen Forschungsfragen sehr verschieden aus-
zu sprechen, verneint Melucci, und er gibt Begrif­ fallen lassen.
fen wie „movement network“ und „area di movi- Auch der Versuch, angesichts der Ungewißheit in
mento“ (1984: 25) den Vorzug. Damit aber ver­ den theoretischen Grundlagen Halt in den schein­
wischt er die in der analytischen Definition ermög­ bar konkreten Konturen einzelner sozialer Bewe­
lichte Unterscheidung von sozialer Bewegung und gungen zu suchen, greift ins Leere. Schon Ramm-
Organisation nicht nur, sondern öffnet den Gegen­ stedt (1978: 30) hat auf den reaktiven Charakter
stand auch zur Seite informeller Gruppen und des Redens von sozialen Bewegungen in den So­
subkultureller Milieus hin. Die Vorstellung von zialwissenschaften hingewiesen. Angesichts des
sozialer Bewegung wird so weit aufgelöst, daß hohen Temporalisierungsgrades des Phänomens
schließlich das veränderte Körperverhalten von soziale Bewegung, ihres raschen Auftauchens und
Gruppen ebenso dazu gerechnet wird wie der Ter­ Verschwindens, ist dann die sozialwissenschaftli­
rorismus. (1982: 118ff.; 142ff.) che Forschung dazu verurteilt, ihrem Gegenstand
auf immer hinterherzuhinken. Die Resultate über
IV. die sozialen Bewegungen von gestern sind ange­
Der von der Differenz von Einheit und Differenz sichts der Bewegungen von heute von nur begrenz­
geleitete Streifzug durch das Feld soziologischer tem Wert, wenn nicht Zusatzvorkehrungen, die
Theorien über soziale Bewegungen bricht hier ab. nur durch begriffliche Abstraktion zu erbringen
Es ist deutlich geworden, daß es in den vorliegen­ sind, die Anschlußfähigkeit der Beobachtungen
den Konzeptionen nicht gelingt, die Einheit und sichern. Wenn Beobachtung Handhabung einer
Distinktivität sozialer Bewegungen theoretisch zu Differenz bedeutet (Luhmann 1985: 7), ist die
erfassen. Dazu sind weder die an normative Prä­ Frage, mit welcher Differenz eine hinreichende
missen gebundene Differenz von Konformität und und fruchtbare Beobachtung möglich ist. Geleitet
Devianz noch die auf Ziele und Organisation abhe­ von dem Problem der Einheit des Untersuchungs­
bende Beschreibungsweise der Ressourcenmobili­ gegenstand soll hier die Differenz von System und
sierungstheorie noch die handlungstheoretisch an­ Umwelt aufgegriffen und der Frage nachgegangen
geleitete Handhabung der Differenz von herr­ werden, ob soziale Bewegungen als soziales Sy­
schender und beherrschter Klasse oder von Analy­ stem beschrieben werden können.
se und Wirklichkeit in der Lage. John Wilson (1973) hat einen solchen Versuch
So wird in der Bewegungsforschung das Fehlen schon einmal auf der Grundlage des strukturfunk-
eines dem Gegenstand Einheit und Distinktivität tionalistischen Modells von Parsons unternom­
sichernden Begriffs der sozialen Bewegung perio­ men. Wilson legt einen Systembegriff zugrunde,
disch wiederkehrend als Defizit beklagt (s. Stöss der auf die interdependente Relation zwischen
1984: 548ff.). Gleichwohl haben diese offenen Elementen abstellt und die Umweltabhängigkeit
grundlagentheoretischen Probleme die Forschung des Systems betont. (1973: 161) Im Mittelpunkt
über sozialen Bewegungen offenbar nicht entmuti­ seiner Problemstellung steht die Frage nach
gen können. Dabei werden die Grundsatzfragen Systemerhaltung, die er als Frage der Erhaltung
nach Einheit und Komponenten ausgeklammert, von wesentlichen Strukturmerkmalen in Anpas­
um sich Einzelaspekten sozialer Bewegungen zu­ sung an eine Umwelt stellt.
zuwenden. Häufig wird dabei der fehlende Auf­ Konzentriert sich die dem zugrunde liegende
weis der Einheit sozialer Bewegungen dem Gegen­ Theorie offener Systeme noch stark auf System-
stand selbst angelastet: soziale Bewegungen seien Umwelt-Probleme, so findet mit einer sich ab­
gar kein durch Einheit zu charakterisierender Ge­ zeichnenden und mit dem Namen Luhmanns un­
genstand. (etwa Wilson 1973:157ff.). trennbar verbundenen Wende der soziologischen
Bedenken gegen eine Bewegungsforschung ohne Systemtheorie hin zu einer Theorie autopoieti-
theoretische Grundlage und ohne gesicherte Be- scher, selbstreferentiell geschlossener Systeme (Luh­
grifflichkeit stellen sich aber in verschiedenen Hin­ mann 1984) eine Verschiebung der Fragestellung
sichten dar. So wird bereits jede Einzelbeobach­ statt: es geht nicht mehr primär um Austauschbe­
tung über soziale Bewegungen in dem Maße frag­ ziehungen zwischen System und Umwelt, sondern
würdig, wie sie ihren Gegenstandsbereich nicht um die Analyse der Einheit und inneren Kohärenz
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sozialer Systeme, also um „closure type analyses“ Vorstellung, daß die Abkopplung von der Umwelt
(Berger 1987: 138). Bedingung der Möglichkeit ist, daß Systeme sich
Wenn der fachuniversale Geltungsanspruch der überhaupt konstituieren und innere Komplexität
Theorie autopoietischer sozialer Systeme nicht zu gewinnen können. Die These Luhmanns, daß alle
Unrecht erhoben wird, muß es möglich sein, auch sozialen Systeme autopoietische Systeme seien,
den Bereich der sozialen Wirklichkeit, der sich placiert das Problem des Nachweises der jeweils
selbst als soziale Bewegung beschreibt, als auto- gewählten Form selbstreferentieller Schließung an
poietisches soziales System zu beschreiben. Auch eine prominente Stelle.
andere Forscher haben in jüngster Zeit Vorarbei­ Um die Besonderheiten des Schließungsmodus
ten und Überlegungen zu einer solchen Beschrei­ von sozialen Bewegungen erfassen zu können, soll
bung sozialer Bewegungen vorgelegt. (Japp 1984, hier vorgeschlagen werden, ihre Geschlossenheit
1986a; 1986b; Bergmann 1987) in der Operationsweise von rekursiv erzeugten
Elementarereignissen festzumachen und die Ele­
mentarereignisse dieses Typs des sozialen Systems
als mobilisierungsorientierte Kommunikationen
V. oder kurz als Mobilisierung zu identifizieren. Die
Eine Analyse sozialer Bewegungen, die von der These ist also, daß soziale Bewegungen ihre Ein­
Theorie selbstreferentieller sozialer Systeme aus­ heit durch die Geschlossenheit ihrer Operations­
geht, kann sich nicht mehr auf die Suche nach weise konstituieren und daß das der anhaltenden
,Ursachen4*machen.8 Sie muß vielmehr zunächst Reproduktion zugrunde liegende Elementarereig­
fragen, ob ihr Gegenstand die erforderliche selbst­ nis als Mobilisierung beschrieben werden kann.
referentielle Geschlossenheit aufweist und wie die­ Der Begriff der Autopoiesis besagt in diesem Zu­
se Schließung operativ zustandekommt. Die Hypo­ sammenhang, daß das System - hier: die soziale
these, daß soziale Bewegungen als autopoietisches Bewegung - aus den Operationen besteht, die es
soziales System zu beschreiben möglich und frucht­ selbst produziert. Was aber ist Mobilisierung?
bar sei, läßt sich nur dann halten, wenn sich die mit Kann ein auf grenzenlose Anschlußfähigkeit hin
dem systemtheoretischen Pardigmenwechsel voll­ konzipierter Begriff wie Mobilisierung die mit der
zogene Wende zur „closure type analysis44 an dem Geschlossenheitsthese implizierte notwendige Ab­
Gegenstand bewähren läßt. Kann ein so „offenes44 kopplung von der Umwelt formulieren?
Phänomen, wie eine soziale Bewegung, mit „closu- Der Begriff der Mobilisierung weist keinen eindeu­
re44-Konzepten überhaupt beschrieben werden? tigen Sinn auf, weder umgangssprachlich noch als
Was macht die Geschlossenheit sozialer Bewegun­ soziologischer Fachterminus. In Referenzwerken
gen aus? Wodurch nimmt sich diese Form eines für die deutsche Sprache werden sechs verschiede­
Sozialsystems von ihrer Umwelt aus, was macht ne umgangssprachliche Bedeutungen aufgeführt
ihre Besonderheit aus? Um diese Fragen beant­ (Duden 1978, IV, 1804); in angesehenen sozialwis­
worten zu können, ist es notwendig, die Letztele­ senschaftlichen Nachschlagewerken wie der Ency­
mente sozialer Bewegungen zu identifizieren, also clopedia of the Social Sciences fehlt der Begriff
die Elementarereignisse zu beschreiben, über de­ noch ganz (Sills 1968); in anderen wiederum wird
ren Operation sich die soziale Bewegung selbst - er nicht zufällig mit Bewegungen4 in Verbindung
und nicht ihre Umwelt - reproduziert. gebracht. (Lexikon zur Soziologie 1973: 448).
Der Grundgedanke der Geschlossenheit impliziert
in der Theorie selbstreferentieller Systeme die Prüft man die vorliegenden Ansätze zur Ausarbei­
tung eines Konzepts von Mobilisierung (Deutsch
1961: 493-514; Smelser 1963: 38, 46; Nettl 1967:
Wegen der internen Komplexität von Sozialsystemen 32; Oberschall 1973: 28; Rudebeck 1974: 244;
ist jeder Versuch, bestimmte Ursachen mit bestimmten Gamson 1975; Melucci 1977: 102; Tilly 1978;
Wirkungen in einen kausalgesetzlichen Zusammen­ Raschke 1985: 187), so ist ihnen bei allen Unter­
hang zu bringen, von vornherein zum Scheitern verur­ schieden im Detail eines gemeinsam: sie basieren
teilt (s. Luhmann 1967: 29; 1986: 26). So kommt es zu auf Grundannahmen der Theorie offener Systeme.
einer Umdeutung der Kausalkategorie, die nun nicht
mehr in ontologischer Gewißheit als invariante Rela­ Das indiziert vor allem ein durchgängiger Bezug
tion zwischen einzelnen Ursachen und Wirkungen „,an auf einen Wechsel in der Kontroll- und Verwen­
sich4 wirkliche Umweltgegebenheiten“ bezeichnet dungsfähigkeit von Ressourcen, wofür Etzionis
(Luhmann 1968: 197), sondern eine Systemstrategie Mobilisierungskonzept exemplarisch stehen mag:
darstellt, deren Funktion zu untersuchen ist. (mobilization is) „a process in which a social unit
182 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 18, Heft 3, Juni 1989, S. 175-191

gains relatively rapidly in control of resources it führt, daß auch die Selektivität der Information
previously did not control.“ (1968a: 243) insgesamt gesteigert wird. Aus der Überfülle von
Wenn man Mobilisierung als Elementarereignis Wahrnehmungen und Ereignissen wird nicht nur
des Sozialsystems soziale Bewegung beschreibt, ein Sachverhalt ausgewählt, der selbst als Thema
das selbstreferentiell reproduziert wird, sind eine bereits Auswahl ist. Die Selektivität wird dadurch
Reihe von Umdispositionen notwendig. Dabei gleichsam potenziert, daß zugleich aus der Fülle
kann Mobilisierung, als Operations weise eines so­ möglicher Verhaltensweisen Egos zu diesem Sach­
zialen Systems, nichts anderes als Kommunikation verhalt eine ausgewählt und als Verhaltenszumu­
sein. Wenn Mobilisierung als kommunikatives Ge­ tung mitkommuniziert wird. Die Selektivitätsstei­
schehen verstanden wird, dann müssen drei Selek­ gerung liegt also darin, daß der Zumutungsgehalt
tionen - Information, Mitteilung, Verstehen - zur des mitlaufenden Handlungsvorschlags über den
Synthese gebracht werden, damit sie überhaupt Zumutungsgehalt des Sinnvorschlags selbst hinaus­
zustande kommen kann. geht.

Zugleich ist Mobilisierung aber eine ganz spezifi­ Durch den mitlaufenden Handlungsvorschlag wird
sche Kommunikation, die als solche ihre eigene aber auch die Selektivität des Sinnvor Schlags noch
Reproduktionsweise und ihre eigene Einheit hat. einmal erhöht: es kommen nur solche Sachverhalte
Die Theorie selbstreferentieller Systeme geht ja für Auswahl und Mitteilung in Betracht, die mit
davon aus, daß erst die Abkopplung von der Um­ der mitkommunizierten Handlungsanregung kor­
welt Bedingung der Möglichkeit der Konstitution respondieren. Die Selektivität der Information
des Systems ist. Wodurch unterscheidet sich nun darf dem Handlungsvorschlag keinesfalls entge­
Mobilisierung von anderen Kommunikationen? genlaufen („die Belastung der Umwelt ist unpro­
Wie findet die selbstreferentielle Schließung statt? blematisch“; „der Frieden ist gesichert“; „die voll­
ständige Gleichstellung der Frau ist erreicht“ etc.),
Ist Kommunikation ein Prozessieren von Selektio­ soll die Kommunikation nicht widersprüchlich und
nen, so kann Mobilisierung als in ihrer Selektivität sinnlos werden. Insoweit der Handlungsvorschlag
noch erheblich gesteigerte - und damit unwahr­ die Selektivität des Sinnvorschlags nicht nur stei­
scheinlichere - Kommunikation beschrieben wer­ gert, sondern auch führt, kann sogar von einer
den. Die Spezifik von Mobilisierungskommunika­ Dominanz des Handlungsvorschlags über den
tion liegt darin, daß der mitgeteilte Sinnvorschlag Sinnvorschlag gesprochen werden. In der Mobili­
an einen weiteren Selektionsvorschlag gebunden sierung werden nur die Informationen selegiert,
wird. Mit dem mitgeteilten Sinnvorschlag geht eine die die vorgeschlagene Handlungsselektivität be­
Erwartung Alters an Ego einher, daß dieser ob des gründen, plausibilisieren, dringlich machen, ihre
Sinnvorschlags in einer bestimmten Weise handeln Annahme nahelegen. Wenn sozialen Bewegungen
möge. Hier mag es zunächst hinreichen, den Sinn­ teilweise eine Inklination zum Katastrophalismus
vorschlag als Handlungsvorschlag zu charakterisie­ und zu apokalyptischem Denken vorgehalten wird,
ren und seinen Inhalt mit der Aufforderung „und dann kann das darauf verweisen, daß die Selektivi­
du muß mit uns, mit der sozialen Bewegung han­ tät der Information in der mobilisierungsorientier­
deln“ zu umschreiben. ten Kommunikation durch den selbstreferentiellen
Dieser mitlaufende Selektionsvorschlag drückt Handlungsvorschlag der sozialen Bewegung ge­
sich als gesteigerte Selektivität auf jeder der drei steuert wird.
zur Synthese zu bringenden Selektionsebenen der Die Führung der Selektivität durch den Hand­
mobilisierungsorientierten Kommunikation aus. lungsvorschlag drückt sich auch auf der durch die
Der mit dem Sinnvorschlag einhergehende Hand­ Differenz von Information und Mitteilung konsti­
lungsvorschlag ist für die Mobilisierungsoperation tuierten Selektionsebene aus. Nur das, was die
so zentral, daß er die kommunikativen Selektionen Selektionseinschränkung durch den Handlungs­
von Information, Mitteilung und Verstehen zu­ vorschlag passiert, wird als Information selegiert
gleich steigert und steuert. und als selektive Information mitgeteilt.
Die beiden Sinnvorschläge „die Umwelt wird im­ Die rekursive Absicherung der Kommunikation
mer stärker durch Schadstoffe belastet“ und „Die durch einen mitlaufenden Verstehenstest steigert
Umwelt wird immer stärker durch Schadstoffe be­ die Selektivität der mobilisierungsorientierten
lastet, und du mußt mit uns etwas dagegen tun“ Kommunikation ein weiteres Mal. Gerade wenn es
unterscheiden sich dadurch, daß die zweite Aussa­ diese Kommunikation darauf anlegt, daß nicht nur
ge einen Handlungsvorschlag enthält, der dazu die mitgeteilte Selektivität der Information ange­
Heinrich W. Ahlemeyer: Was ist eine soziale Bewegung? 183

nommen, sondern auch die mitlaufende Hand­ Mobilisierungsoperation schwieriger und unwahr­
lungsanregung aufgegriffen wird, muß es ihr in scheinlicher macht.
besonderem Maße darauf ankommen, daß Sinn-
und Handlungsvorschlag verstanden werden. Zu­ VI.
gleich hat die laufende Konfirmierung der Kom­ Schwierigkeit und Unwahrscheinlichkeit bezeich­
munikation Rückwirkungen auf der Ebene des nen hier zunächst lediglich die Emergenz der Ein­
Mitteilungsverhaltens: die Resultate des mitlau­ heit der Mobilisierung und nicht die vierte Selek­
fenden Verstehenstestes gehen mit in die Selektion tion, die Annahme oder Ablehnung der mitgeteil­
ein, ob die Kommunikation fortgesetzt wird oder ten Sinnreduktion und Handlungsanregung durch
nicht. Ego. Annehmen oder Ablehnen sind nicht Teil des
Sowohl die Entscheidung, ob weiterhin ein Verhal­ Mobilisierungsgeschehens, sondern Anschlußakte.
ten gewählt wird, das Informationen mitteilt, wie Ob der adressierte Ego den ihm gemachten Sinn-
auch die Entscheidung, wie diese Mitteilung ge­ und Handlungsvorschlag in der Wahl seines An­
schehen soll, werden von den Ergebnissen der schlußverhaltens übernimmt oder nicht, ist nicht
dritten Selektionsleistung berührt. Nimmt Alter in entscheidend dafür, ob eine Mobilisierungsopera­
der mitlaufenden Verstehensprüfung Verstehens­ tion vorliegt.
probleme auf seiten des rezipierenden Ego wahr, Wie jede andere Kommunikation schafft Mobili­
kann ihn das dazu führen, die operative Verein­ sierung unausweichlich eine soziale Situation, die
heitlichung von Information und Mitteilung in der eine Anschlußentscheidung erwarten läßt. Wie je­
Codierung umzustellen: sei es dadurch, daß mehr de andere Kommunikation auch reproduziert sie
Zeit in die Mitteilung eingebaut wird; sei es da­ dabei unausweichlich die Freiheit des Adressaten
durch, daß die Duplizierung der Information in der Ego, den mitgeteilten Sinn- und Handlungsvor­
Codierung so verändert wird, daß Alter eine schlag anzunehmen oder abzulehnen. Der An­
gleichsinnige Handhabung durch Ego erwarten schlußakt Egos braucht dabei nicht selbst Mobili­
kann; sei es dadurch, daß die Menge sinnhafter sierungsoperation zu sein, sondern kann „einfa­
Voraussetzungen der Kommunikation reduziert che“ Kommunikation bleiben.
wird und zum Beispiel implizite Sinn- und Hand­
lungsvorschläge explizit gemacht werden. Die zu erwartende Anschlußentscheidung hat frei­
lich für die Elementaroperation Mobilisierung Fol­
Entscheidend ist auf dieser Selektionsebene, daß gen. Durch die Mitkommunikation einer Hand­
der Verstehenstest über die Aufnahme der Selekti­ lungsaufforderung nimmt die Mobilisierung stär­
vität von Information und Mitteilung hinaus Auf­ ker als Kommunikation gemeinhin Pressionsmo­
merksamkeit darauf richtet, ob auch der Selek­ mente in sich auf, die den Adressaten stark in
tionssinn des mitkommunizierten Handlungsvor­ Richtung auf Annahme der vorgeschlagenen
schlags „angekommen“ ist. Wenn jede Kommuni­ Handlungsselektion drängen. Im Mitteilungsver­
kation eine Zustandsveränderung des Adressaten halten können sich diese Pressionsmomente als
bewirkt und bezweckt, dann geht die durch Mobili­ ausgefeilte Rhetorik oder als persuasive Techniken
sierung bezweckte Zustandsveränderung des niederschlagen. Wenn diese Pressionsmomente
Adressaten Ego besonders weit: mit dem Ver­ auch bezwecken, die Annahme der mitgeteilten
ständnis der mitkommunizierten Handlungsanre­ Selektionen nahezulegen, so können sie die An­
gung nimmt der adressierte Ego wahr, daß an sein nahme doch nicht erzwingen, sondern münden
künftiges Handeln eine Erwartung gerichtet ist, immer wieder in eine Situation, die für Annahme
deren Annahme oder Ablehnung ihn in der sozia­ und Ablehnung offen ist.
len Situation festlegt.
Wenn die mitgeteilte und verstandene Selektivität
Wie in jeder Kommunikation müssen also drei der Information angenommen, die mitlaufende
Selektionen zur Synthese gebracht werden, damit Handlungsanregung aber abgelehnt wird, liegt ei­
Mobilisierung als emergentes Geschehen zustande ne Ablehnung der Mobilisierung vor, der es ja vor
kommt und als Einheit beschrieben werden kann. allem darum geht, daß der Adressierte die Hand­
Was die Spezifität der mobilisierungsorientierten lungsselektion der Wahl seines Anschlußverhal­
Kommunikation ausmacht, ist zunächst die Einheit tens zugrunde legt. Freilich bietet die angenomme­
einer sehr viel höheren Selektivität, die sich durch ne Selektivität der Information gute Anschluß­
die Mitkommunikation der Handlungsanregung möglichkeiten, um die Mobilisierung fortzusetzen
auf jeder der drei Ebenen Information, Mitteilung und Alter letztlich doch noch zur Übernahme auch
und Verstehen einstellt und die die Einheit der des Handlungsvorschlags zu bewegen.
184 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 18, Heft 3, Juni 1989, S. 175-191

Stößt hingegen die mitgeteilte und verstandene Egos der Abbruch drohen, wenn es nicht eine der
Information auf Ablehnung, der Handlungsvor­ Mobilisierungsoperation eigene Vorkehr gäbe, die
schlag aber auf Zustimmung, liegt eine Annahme eine solche Beendigung verhinderte und sicher­
der Mobilisierung vor, die den Annehmenden in stellte, daß die Operation fortgesetzt wird.
der Wahl weiterer Handlungen einschränkt. Die Der die Mobilisierung einleitende Alter kann nur
Ablehnung der Selektivität der Information kann dann erwarten, daß der mitgeteilte Sinn- und
dann zeitlich, sachlich oder sozial „nachgearbeitet“ Handlungsvorschlag von Ego verstanden und vor
werden, etwa im Laufe einer sich entwickelnden allem angenommen werden, wenn auch er selber -
Interaktionsgeschichte zwischen Alter und Ego er­ Alter - sich den kommunizierten Handlungsvor­
neut thematisiert und geklärt oder auch einfach schlag „und du mußt mit uns handeln“ zu eigen
irrelevant werden. Sie kann dem mobilisierenden macht und sich daran gebunden zeigt. Mit dieser
Alter aber auch Indiz dafür sein, daß die Übernah­ Selbstbindung des Alter sichert die Mobilisierung
me des Handlungsvorschlags durch Ego instabil ist die „Produktion aus Produziertem“ (Luhmann
und möglicherweise rasch zurückgenommen wer­ 1984: 233), die Mobilisierung durch Mobilisierung
den kann. Auch hier muß also die mobilisierungs­ auch dann, wenn der adressierte Ego die Mobili­
orientierte Kommunikation fortgesetzt werden. sierung ablehnt und den Handlungsvorschlag zu­
Die kommunizierte Annahme der Selektivität von rückweist. Die anhaltende Reproduktion der Mo­
Sinn- und Handlungsvorschlag reduziert die Kon­ bilisierung bleibt dadurch gesichert, daß Alter sich
tingenz der Sinnselektionen, die Ego dann noch selbst durch Mobilisierung an die Mobilisierung
möglich sind und „bindet“ ihn an den angenomme­ gebunden hat.
nen Handlungsvorschlag. Selektion und Mitteilung von Sinn- und Hand­
Die Bindung kommt durch eine Selektion zwi­ lungsvorschlag unterblieben, wenn Alter nicht eine
schen Annehmen und Ablehnen zustande, die „an­ Annahme seiner mitgeteilten Selektionen be­
dere Möglichkeiten mehr oder weniger sicher aus­ zweckte, erwartete oder wenigstens für möglich
schaltet“ (Luhmann 1984: 302). Die Annahme der hielte. Er könnte aber diese Erwartung nicht ha­
Mobilisierung bedeutet vor allem, daß Ego die ben, wenn die vorgeschlagene Handlungsselektion
Selektionen als Prämisse weiteren Handelns und für ihn selbst keine Bindungswirkung hätte. Ego
Erlebens übernimmt und sich bindet, künftige würde sich fragen, warum er handeln solle, wenn
Kommunikationen auf Mobilisierung umzustellen. Alter dies nicht tue; warum er, Ego, die ihm
Diese Umstellung wird anfangs nur einen kleinen zugemutete Sinn- und Handlungsselektion anneh­
Teil, nur eine begrenzte Quantität der von Ego men solle, wenn Alter sie ablehne.
durch Mitteilungshandeln eingegangenen Kommu­ Eine Mitteilung von Sinn- und Handlungsvor­
nikationen betreffen; sie kann aber infolge ihrer schlag ohne Selbstbindung des Mitteilenden ist,
eingebauten Selbstreferenz eine sich selbst verstär­ auch wenn sie verstanden und angenommen wird,
kende Tendenz aufweisen. keine Mobilisierung. Sie gehört nicht zum System
soziale Bewegung, sondern findet in ihrer Umwelt
VII. statt. Dort freilich sind solche Handlungsvorschlä-
Diese sich selbst verstärkende Tendenz verweist ge gang und gäbe, und sie machen überall dort
auf eine Besonderheit der mobilisierungsorientier­ kommunikativen Sinn, wo sie auf eine Differenz
ten Kommunikation, die erst die autopoietische zwischen Ego und Alter abstellen. Ein Siebzigjäh­
Grundstruktur der Mobilisierung begründet. So­ riger informiert Jugendliche: „Ich habe den Krieg
weit die Operation bislang analysiert wurde, ist ja erlebt; ich weiß, wie er ist. Aber noch etwas gegen
lediglich die autopoietische Grundstruktur der die wachsende Kriegsgefahr tun: dazu bin ich zu
Kommunikation offenbar geworden: die von Alter alt. Das müßt ihr jüngeren Leute machen.“
mitgeteilte und von Ego verstandene selektive In­ Selbstverständlich handelt es sich hier um Kommu­
formation schafft eine soziale Situation, die zu nikationen, wenn diese Mitteilungen von ihren
wiederum kommunizierten Anschlußselektionen Adressaten verstanden werden und Information,
führt. Für die in der sozialen Bewegung reprodu­ Mitteilung und Verstehen zu einer Einheit synthe­
zierte Elementaroperation Mobilisierung dagegen, tisiert werden können. Auch sind diese Kommuni­
die ihre spezifische Selektivität durch ein mitlau­ kationen durch eine Handlungsaufforderung in ih­
fendes und selbstreferentiell auf die soziale Bewe­ rer Selektivität gesteigert; es sind aber keine Mobi­
gung verweisendes Handlungsansinnen gewinnt, lisierungen in dem hier verwendeten Begriffssinne,
würde mit jeder negativen Anschlußentscheidung selbst wenn sie dazu führen, daß der oder die
Heinrich W. Ahlemeyer: Was ist eine soziale Bewegung? 185

Adressierte die mitgeteilte Selektion als Prämisse im Kontext der sozialen Bewegung möglich, als
seines oder ihres weiteren Erlebens übernimmt Übernahme von durch die soziale Bewegung vor­
und sich etwa in der Frauen-, Antiatom- oder strukturierten Selektionen. So muß die soziale Be­
Friedensbewegung engagiert. Es fehlt ihnen die wegung in ihrer Elementaroperation Mobilisierung
autopoietische Grundstruktur, die Produktion aus auf sich selbst Bezug nehmen und sich selbst­
Produziertem, die nur dadurch Zustandekommen referentiell voraussetzen.
kann, daß Alter sich selbst an den Sinn- und Hand­ In der Mitteilung der an die Sinnselektion gebun­
lungsvorschlag bindet. Ohne eine Selbstbindung denen Handlungsselektion verweist die soziale Be­
Alters kann die autopoietische Grundstruktur wegung auf sich selbst. „Und du mußt handeln,
nicht Zustandekommen, die allein ein Kontinu- und zwar zusammen mit dieser Bewegung“ - das
ieren der Operationsweise sichert. Entscheidend ist der Kern des mitgeteilten Handlungsvorschlags.
ist für die Mobilisierung also, daß die Selektivität In dieser selbstreferentiellen Fassung bleibt der
von Sinn- und Handlungsvorschlag auf Einheit ab­ Mobilisierungsbegriff strikt Vorbehalten für die
stellt. Dadurch erst wird die Reproduktion der Bezeichnung der Operationsweise sozialer Bewe­
temporalisierten Elementaroperation Mobilisie­ gungen, und das heißt, daß es Mobilisierung im
rung auch dann gesichert, wenn Ego die hochse­ hier verwandten Begriffssinne nicht ohne oder au­
lektiven Sinn- und Handlungsvorschläge ablehnt. ßerhalb sozialer Bewegungen geben kann.
Die Elementaroperation der Mobilisierung umfaßt Die Geschlossenheit des Sozialsystems soziale Be­
mithin beides zugleich: den Versuch der Übertra­ wegung liegt darin, daß es mit der Mobilisierungs­
gung eines Sinn- und Handlungsvorschlags von operation auf sich selbst verweist und sich damit
Alter auf Ego und die Selbstbindung Alters. Aus von seiner Umwelt abkoppelt. Zum System gehö­
der Perspektive Alters fungiert sie damit sowohl ren nur die Mobilisierungsoperationen, die diesen
als selbstreferentieller Mechanismus der Sicherung rekursiven Verweis auf die soziale Bewegung in
der Elementaroperation als auch als fremdrefe­ Differenz zu ihrer Umwelt enthalten: kein Mittei­
rentieller Mechanismus der Ausweitung des Ele­ lungshandeln, das diesen selbstreferentiellen Be­
mentarvorgangs. Insofern prozessiert Mobilisie­ zug nicht aufweist, kann der sozialen Bewegung
rung Selbstreferenz und Fremdreferenz gleich­ zugehörig sein. So ist die soziale Bewegung nichts
zeitig. anderes als die Reproduktion und Verknüpfung
von Mobilisierungsereignissen, in denen sie sich
selbst voraussetzt und sich als Handlungsfeld vor­
VIII. schlägt. Mit diesem selbstreferentiellen Bezug auf
Kennzeichnend für die Mobilisierungsoperation ist ihre eigene Einheit zieht sie eine (Sinn-)Grenze
schließlich ein weiteres Charakteristikum: ihre re­ ihrer Umwelt gegenüber und gewinnt dadurch die
kursive Schließung durch Selbstreferenz. Möglichkeit, eigene Komplexität auszubilden.
Als Anfang der siebziger Jahre Demonstrationszü­ Der hier beschrittene Weg der Untersuchung so­
ge der Studentenbewegung ihre Parolen durch die zialer Bewegungen führt in der Beobachtung von
Straßen skandierten, wandten sich die Demon­ Selbstreferenz auf eine Tautologie: die Beschrei­
stranten nicht selten mit der Aufforderung: „Soli­ bung der sozialen Bewegung als geschlossen ope­
darisieren - Mitmarschieren!“ an die Passanten. rierendem Sozialsystem verweist auf Mobilisierung
Die Mitteilung dieses Handlungsansinnens kann, als dem zugrunde liegenden Elementarereignis,
so sie verstanden wird, als typisches Beispiel für das anhaltend reproduziert werden muß, um die
mobilisierungsorientierte Kommunikation stehen, Fortexistenz der sozialen Bewegung zu gewährlei­
da sie die Handlung, zu der sie auffordert, in sten.
kennzeichnender Weise qualifiziert. Den Adressa­ Um die Mobilisierungsoperation hinreichend di-
ten wird angesonnen, mitzuhandeln, etwas mitzu­ stinkt von anderen Kommunikationen unterschei­
machen, an etwas schon Bestehendes anzuschlie­ den zu können, stößt man nicht nur auf einen
ßen. Die Handlungsaufforderung bezieht sich also Handlungsvorschlag, der an den Sinnvorschlag ge­
auf etwas, das es bereits gibt, und dieses Vorhan­ bunden wird, sondern auch auf einen selbstrefe­
dene ist - die soziale Bewegung. Die Adressaten rentiellen Bezug der sozialen Bewegung auf sich
sollen eine Selektion übernehmen, die bereits vor­ selbst. Mit anderen Worten: soziale Bewegung
ausgewählt worden ist. Sie sollen handeln, wie die kann nicht ohne Mobilisierung und Mobilisierung
Mitteilenden bereits handeln: ihre Kommunika­ nicht ohne Bezug auf soziale Bewegung erklärt
tion auf Mobilisierung umstellen. Das aber ist nur werden.
186 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 18, Heft 3, Juni 1989, S. 175-191

Dabei stellen sich diese Tautologieprobleme nicht rung, teils in deutlicher Differenz zu bisher entwik-
nur in der Beobachtung eines Systems durch ein kelten Mobilisierungsbegriffen, im einzelnen fol­
anderes dar - hier etwa durch ein auf Beobachtung gende Konturen:
und Erkenntnisgewinn spezialisiertes Wissen­
schaftssystem sondern auch für das autopoie- (1) Mobilisierung bezeichnet den Elementarvor­
tisch prozessierende System selbst. Ohne Mobili­ gang von autopoietischen Sozialsystemen vom Typ
sierung gibt es keine soziale Bewegung; aber auch: sozialer Bewegung. Mobilisierung ist eine in ihrer
ohne soziale Bewegung gibt es keine Mobilisie­ Selektivität gesteigerte Kommunikation, die sich
rung. Das System soziale Bewegung, das aus nichts von nicht mobilisierungsorientierten Kommunika­
anderem besteht als aus der Prozessualität seiner tionen durch einen mitlaufenden Handlungsvor­
Elementaroperationen, muß sich in diesen selbst schlag unterscheidet.
voraussetzen, um diese Operationen überhaupt (2) Verweist der ,konventionelle4 Mobilisierungs­
vornehmen zu können. Eine soziale Bewegung begriff, der den Gewinn an Ressourcenkontrolle in
kann gar nicht anders, als sich selbst immer schon den Mittelpunkt stellt, auf Umweltoffenheit, so
für existent zu erklären, wenn sie ihre Elementar­ stellt unser Verständnis von Mobilisierung als au-
ereignisse konstituieren und anhaltend reproduzie­ topoietisch erzeugtes Elementarereignis sozialer
ren will. Das erklärt den inflationären Gebrauch Bewegungen die selbstreferentielle Geschlossen­
des Bewegungsbegriffes in jeder thematisch wie heit d ef Operation heraus, um auf dieser Grundla­
quantitativ noch so marginalen Assoziation von ge zu fragen, wie Geschlossenheit Offenheit erzeu­
Gleichgesinnten. gen kann.
Die tautologische Konstitution bedeutet für die (3) Die selbstreferentielle Schließung findet da­
soziale Bewegung, daß sie auf Enttautologisierun- durch statt, daß sich die soziale Bewegung als
gen und Asymmetrisierungen angewiesen ist. Nur Konstitutionssystem in den Mobilisierungsopera­
so kann sie erfassen, daß sie in ihrer Umwelt nur tionen selbstreferentiell voraussetzt und sich auf
auf eingeschränkte und nichtbeliebige Weise mög­ diese Weise von ihrer Umwelt abkoppelt. Nur
lich ist (s. Luhmann 1986: 269). Möglichkeiten der dadurch kann sie sich mit jeder Operation selbst in
Selbstreferenzunterbrechung bieten sich beispiels­ Differenz zu ihrer Umwelt reproduzieren. So fin­
weise in der Zeitdimension durch Historisierung det Mobilisierung ihre operative Geschlossenheit
und Teleologisierung an, in der Sozialdimension in dem Bezug auf soziale Bewegung; umgekehrt
durch Hierarchisierung im Innern und die Verwen­ besteht die soziale Bewegung aber aus nichts ande­
dung einer Freund/Feind - Differenz im Außenver­ rem als aus reproduzierten Mobilisierungsereignis­
hältnis und in der Sachdimension durch die Ver­ sen. Da Elemente Elemente nur im System sind
wendung von Differenzschemata für die Beobach­ (Luhmann 1984: 183), gibt es außerhalb von sozia­
tung, wie Krieg/Frieden, radioaktiv/nichtkontami- len Bewegungen keine Mobilisierung als geschlos­
niert, Mann/Frau etc. sene Elementaroperation.
(4) Erst durch die selbstreferentielle Geschlossen­
IX. heit wird Umweltoffenheit möglich. Die mit der
Mobilisierung gesuchte möglichst grenzenlose An­
Der bisherige Gang der Überlegungen sei noch schlußfähigkeit gegenüber der kommunikativen
einmal pointierend nachgezeichnet. Der Aus­ Umwelt setzt zunächst die Abkopplung von der
gangspunkt, soziale Bewegungen als selbstrefe­ Umwelt und die Ausbildung von Geschlossenheit
rentielle Sozialsysteme zu begreifen, gibt die Frage voraus. Ohne den mitlaufenden Bezug auf die
nach der operativen Geschlossenheit sozialer Be­ soziale Bewegung kann Mobilisierung nicht zu­
wegungen vor. Wenn diese Schließung generell in stande kommen.
der selbstreferentiellen Reproduktionsweise von
ereignishaften Systemelementen stattfindet, so gilt (5) Als Letztelement eines autopoietischen Sy­
es, speziell die sozialen Bewegungen zugrunde lie­ stems ist Mobilisierung ein temporalisiertes Ereig­
genden Letztelemente zu identifizieren und ihre nis, das mit seinem Auftauchen bereits wieder
Geschlossenheit zu zeigen. Der hier vorgelegte verschwindet. Es ist darauf angelegt, daß weitere
Vorschlag ist, mobilisierungsorientierte Kommuni­ Mobilisierungsereignisse anschließen.
kation, oder kurz: Mobilisierung, als ein solches (6) Die Reproduktion der immer wieder zerfallen­
rekursiv erzeugtes Letztelement sozialer Bewegun­ den Mobilisierungsereignisse ist das von sozialen
gen zu begreifen, das im System anhaltend erneu­ Bewegungen zu leistende Dauerproblem. Mit dem
ert werden muß. In diesem Sinne hat Mobilisie­ Begriff der Mobilisierungsoperation wird die lau­
Heinrich W. Ahlemeyer: Was ist eine soziale Bewegung? 187

fende Reproduktion der ereignishaften Elementar­ ze, die ihre Weisung von Außen oder Oben erhiel­
vorgänge bezeichnet. Mobilisierungsoperationen te, aber selbst nicht durch das System gebunden
können als Prozeß charakterisiert werden, wenn werden könnte. Im Unterschied zur Entwicklungs­
damit auf den zeitlichen Aufbau und Anschluß mobilisierung (Deutsch 1961) und dadurch beein­
selektiver Ereignisse abgestellt wird. flußte Vorstellungen eines ressourcentheoreti­
(7) Mobilisierung kann als durch Einzelhandeln schen Mobilisierungsbegriffs (Raschke 1985:
aggregativ zustande kommendes Kollektivhandeln 187-269) basiert Mobilisierung als Operationswei­
zugerechnet werden. Auch kollektives Handeln ist se sozialer Bewegungen gerade nicht auf Außenan­
nichts anderes als aggregiertes Einzelhandeln und stößen und Auslösern in der Umwelt, sondern auf
damit eines der Elementarereignisse im System. einer durch Rekursivität ermöglichten Vernetzung
Dieses Einzelhandeln zeichnet sich gegenüber von Systemoperationen, so daß in der sozialen
nicht kollektiv gebundenem durch eine höhere Se­ Bewegung kein isoliertes Ereignis möglich ist, aber
lektivität aus, die durch die operative Geschlossen­ auch keines, das nicht durch sie kontrolliert würde.
heit als interne Limitation der Möglichkeiten des (9) Unser vorgeschlagener Mobilisierungsbegriff
Systems zustande kommt. Mobilisierungshandeln ist explizit nicht-gradualistisch und strikt binär.
kann als kollektives Handeln symbolhaft ausge­ Eine Handlung ist nicht in unterschiedlich hohem
zeichnet werden. Maße Mobilisierungshandeln, sondern sie wird als
(8) Mobilisierungsoperationen sind weder „ab­ Mobilisierung konstituiert oder nicht. Eine dritte
wärts“ noch „aufwärts“ gerichtete (Etzioni: 1968a; Möglichkeit ist ebenso ausgeschlossen wie die Ne­
1968b), weder „stalagmitische“ noch „stalaktiti­ gativfassung als Demobilisierung.
sche“ Prozesse (Nettl 1968: 163; 285). Unabhängig (10) Mobilisierungsoperationen konstituieren ei­
vom Inhalt der Selektivität des Sinnvorschlages nen Prozeß, der seine eigene Autopoiesis konstant
steht hinter diesen auf Hierarchie bezogenen Dif­ zu halten sucht und solange existiert, wie er dies zu
ferenzen ein und dieselbe Operationsweise: die leisten vermag. Eine Aussage über die zeitliche
durch Selbstreferenz ermöglichte kontinuierliche Dauer dieses Prozesses ist vorab aber nicht mög­
Verknüpfung von vergänglichen Elementen. Ob lich. Für das autopoietische System stellt sich zwar
die Mitteilung einer mobilisierungsorientierten Se­ in jedem Moment das Problem der Reproduktion
lektion durch einen „Führer“ oder ein „Basismit­ neuer Elementarereignisse und der Sicherung von
glied“ erfolgt, ist dabei ebenso wenig von Interesse Anschlußoperationen. Insofern bleibt die Existenz
wie der Inhalt des Selektionsvorschlags im ein­ sozialer Bewegungen prekär. Damit ist eine tem­
zelnen. poräre Limitierung aber nicht von vornherein im­
Wenn autopoietische Mobilisierungsprozesse nicht pliziert: es gibt keine apriorischen Grenzen für die
durch die Differenz von Oben/Unten, also nicht Reproduktion von Mobilisierung, weder in zeitli­
durch Hierarchie gekennzeichnet sind, mit wel­ cher noch in sozialer oder sachlicher Dimension.
chem Gegenbegriff sind sie dann zu charakterisie­ Solange die Reproduktion der Elementarereignis­
ren? Genügt es da bereits, Nicht-Hierarchie zu se nicht abbricht, kann Mobilisierung ad infinitum
sagen und nur auf Gleichheit abzustellen? Den mit fortgesetzt gedacht werden.
Mobilisierung beschriebenen Sachverhalt könnte (11) Entscheidendes Charakteristikum von Mobili­
man in diesem Punkte mit dem Begriff Heterar- sierung als Elementarereignis sozialer Bewegun­
chie9 kennzeichnen. Heterarchie meint eine rekur­ gen bleibt die autopoietische Reproduktion. Das
sive Vernetzung von Operationen, wo jeweils das System soziale Bewegung beendet sich mit einer
Vorliegen der einen Bedingung dafür ist, daß die gerade aktuellen Mobilisierung nicht, sondern es
andere möglich wird, und vice versa. Heterarchie sucht durch Anschlußselektionen weitermachen zu
beschreibt den Umstand, daß es im System keine können (s. Luhmann 1984: 233). Die elementaren
unkonditionierte Konditionierung gibt, keine Spit-9 Einheiten Mobilisierung4 werden durch ein Netz­
werk von Mobilisierungen reproduziert, die nicht
nur dadurch möglich werden, daß der die Mobili­
9 Der Begriff der Heterarchie geht zurück auf Arbeiten
sierung einleitende Alter Ego einen Sinn- und
des Kybernetikers Warren McCulloch. Vgl. McCulloch
1965: insbes. 40-46. Zwischenzeitlich hat er längst in
Handlungsvorschlag unterbreitet, Ego solle mit
die Soziologie Eingang gefunden, etwa zur Beschrei­ Bezug auf die soziale Bewegung seine Kommuni­
bung' förderalistischer Demokratien oder familialer kation ebenfalls auf Mobilisierung umstellen. Die
Kommunikationsstrukturen. Vgl. zum Beispiel Swan­ anhaltende „Produktion aus Produziertem“ bleibt
son 1971:611/612. in der Mobilisierung auch dadurch gesichert, daß
188 Zeitschrift für Soziologie, Jg. 18, Heft 3, Juni 1989, S. 175-191

Alter sich selbst in der Mobilisierung an die Mobi­ Die von der Theorie selbstreferentieller sozialer
lisierung gebunden und auf Fortsetzung dieser Systeme aufgeworfene Frage nach der „closure“
Kommunikationsweise festgelegt hat. Zugespitzt: sozialer Bewegungen erweist sich also als produk­
Mobilisierung mobilisiert Mobilisierung. tiv. So ist es möglich, soziale Bewegungen in einer
(12) Die autopoietische Reproduktion von Mobili­ völlig neuen Weise zu konzipieren und dabei zu
sierung ist starr in dem Sinne, daß sie zerstört vermeiden, was in bisherigen Beschreibungsweisen
werden, abbrechen, mangels Anschlußoperatio­ sozialer Bewegungen unbefriedigend blieb: die
nen einfach aufhören, nicht aber modifiziert wer­ Einheit sozialer Bewegungen beispielsweise über
den kann. (s. Luhmann 1984: 358) Ziele und minimale organisatorische Strukturen zu
identifizieren, ohne freilich schlüssig nachweisen
Legt man diese Konturen des Mobilisierungsbe­ zu können, daß das Distinkte des Phänomens da­
griffes zugrunde, dann treten die durch die Theorie mit schon hinreichend erfaßt sei. (z. B. Brand et al.
autopoietischer Systeme ermöglichten Umstellun­ 1983: 36/37; Raschke 1985: 77)
gen deutlich hervor. In Differenz zu früheren Fas­
sungen des Begriffs, die noch auf dem Theorem
offener Systeme beruhten, wird Mobilisierung Der hier beschrittene und von der Theorie auto­
nicht mehr als Umweltverhältnis gekennzeichnet. poietischer sozialer Systeme vorgezeichnete Weg
Vielmehr wird mit der Operationsweise die selbst­ nimmt einen anderen Verlauf. Soziale Bewegun­
referentielle Geschlossenheit der sozialen Bewe­ gen werden als temporalisierte Systeme begriffen,
gung beschrieben. Durch einen in der Mobilisie­ die sich nur über die anhaltende Reproduktion von
rungsoperation mitlaufenden rekursiven Bezug Elemetarereignissen konstituieren und ihren Be­
koppelt sie sich von ihrer Umwelt ab und gewinnt stand sichern können. Daraus ergeben sich bemer­
damit die Möglichkeit der Ausbildung eigener kenswerte Umorientierungen für das Verständnis
Komplexität. Dabei wird die Einheit des Letztele­ sozialer Bewegungen. Soziale Bewegungen sind
ments Mobilisierung erst durch die Einheit des danach Kommunikationssysteme, die selbstrefe­
selbstreferentiellen Systems soziale Bewegung rentiell Mobilisierungsoperationen prozessieren.
konstituiert, (vgl. dazu Luhmann 1984: 240) Wann immer das der Fall ist, wann immer die
dafür notwendige Geschlossenheit und hohe Se­
lektivität zustande gebracht werden kann, kann
eine soziale Bewegung identifiziert werden. Das
X. erlaubt nicht nur eine konzisere Definition dessen,
Man stößt also auf einen überraschenden Befund: was eine soziale Bewegung ist, sondern auch ein
scheint Mobilisierung zunächst ausschließlich auf genaueres Verständnis der Spezifik dieser Kom­
kaskadenhafte Ausbreitung hin angelegt zu sein, munikationssysteme in Differenz zu anderen Sy­
so zeigt eine genauere Untersuchung dieser ele­ stemen, wie Parteien, Gewerkschaften, Bürgerini­
mentaren Kommunikationsweise sozialer Bewe­ tiativen, Vereinen, aber auch Spontanprotesten,
gungen, daß sie gerade Geschlossenheit voraus­ „riots“ etc. Diese Differenz wird durch die distink­
setzt. Um eine möglichst hohe Anschlußfähigkeit te rekursive Geschlossenheit markiert, die mit der
gegenüber der Umwelt erreichen zu können, muß Operation Mobilisierung beschreibbar ist.
sie zunächst eine Abkopplung von der Umwelt
vornehmen, um das sie konstituierende System in Zugleich erscheint soziale Bewegung damit aber
Differenz zu seiner Umwelt reproduzieren zu nicht mehr als ein zur Reifikation drängender
können. „Kompaktbegriff“, so als sei eine soziale Bewe­
Man kann diese Überlegungen auch methodisch gung etwas Festes, Gegenständliches, unauflösbar
akzentuieren: begreift man soziale Bewegungen Einheitliches, das man unmittelbar sehen und an­
als selbstreferentielle Sozialsysteme, kann ihre Un­ fassen könne. Vielmehr betont die vorgeschlagene
tersuchung nicht ohne Bezug auf die von ihnen Beschreibungsweise den hochkomplexen und
prozessierte Mobilisierung und die Untersuchung kompositen Charakter eines Kommunikationssy­
von Mobilisierungsoperationen nicht ohne Bezug stems, dessen Einheit immer schon Systemleistung
auf die sie konstituierenden sozialen Bewegungen ist: zeitlich, durch die selektive Verknüpfung von
vorgenommen werden. Das Konzept der Selbstre­ Mobilisierungsereignissen, sozial, durch die kol­
ferenz führt auf einen notwendigen Zusammen­ lektive Limitation von Einzelhandeln, und sach­
hang von sozialen Bewegungen und Mobilisierung lich, durch die Bindung der Kommunikation an ein
und geht damit über die dazu bisher vorliegenden durch das System begrenztes Repertoire von Ein­
Aussagen hinaus. zelthemen.
Heinrich W. Ahlemeyer: Was ist eine soziale Bewegung? 189

Der analytische Gewinn dieser Beschreibungswei­ auf unterschiedliche Arten und Weisen sicherzu­
se stellt sich auch dadurch ein, daß es mit der stellen gesucht werden, etwa über Hierarchie, Or­
Temporalisierung von sozialen Bewegungen mög­ ganisation, Konsens etc. Für die Herstellung einer
lich wird, die Verwendung der Zeitdimension zur notwendigen Einheit und Geschlossenheit kollek­
Lösung von Systemproblemen und zur Steigerung tiven Handelns sozialer Bewegungen hat vor allem
eigener Komplexität zu thematisieren. Indem so­ der konsensuelle Bezug auf Ziele und Mittel strate­
ziale Bewegungen ihre Elemente auf bestandslose gische Bedeutung; in Konfliktfällen, gleichsam als
(Mobilisierungs-) Ereignisse reduzieren, beachten Auffanglinie, auch der Bezug auf geteilte Werte.
sie nicht nur die Irreversibilität der Zeit, sondern Alle drei Ebenen der Selektionseinschränkung,
benutzen sie vor allem zeitliches Nacheinander als Werte, Ziele, und Mittel, können aber nicht als
Ordnungsmuster zur selektiven Verknüpfung der apriorische Fixpunkte vorausgesetzt werden, son­
Elemente und erweitern dadurch stark ihre Rela- dern müssen im System über die Grundoperatio­
tionierungskapazität. Die Mobilisierungsereignisse nen des Systems kommunikativ ausgehandelt und
als temporalisierte Letztelemente haben keine ei­ seligiert werden. Insofern ermöglicht die hier vor­
gene Dauer, sondern stehen für das Momenthafte, geschlagene Beschreibungsweise durchaus einen
Sofort-Vergängliche. (Luhmann 1984: 388) Soziale Bezug auf die praktische Herstellung von Einheit,
Bewegungen als Systeme mit temporalisierter der freilich Prozesse der Einheitsbildung selbst
Komplexität zu beschreiben heißt: hervorzuheben, noch einmal analytisch aufzulösen in der Lage ist.
wie sie ihre als Ereignisse konstituierten Mobilisie­ Daß damit die Bildung von Einheit und Geschlos­
rungselemente permanent auswechseln müssen, so senheit in praxi selbst noch nicht vollzogen ist, ist
von Moment zu Moment ihre eigenen Zustände ebenso evident wie erwartbar und der Differenz
selegieren und nur darin beeinflußt werden kön­ von Handlung und Beobachtung geschuldet.
nen. (s. Luhmann 1984: 294; 471) Ihre Stabilität
beruht in der Möglichkeit einer je augenblickli­ Literatur
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