Sie sind auf Seite 1von 2

Bayern vs. Österreich : Als Deutschland erstmals vor der Spaltung stan... http://www.welt.de/geschichte/article133388521/Als-Deutschland-erst...

von Bernd Limprecht


19. Okt. 2014, 7:58
Diesen Artikel finden Sie online unter
http://www.welt.de/133388521

18.10.14 Bayern vs. Österreich

Als Deutschland erstmals vor der Spaltung stand


Vor 700 Jahren kam es in Frankfurt zur doppelten Königswahl. Der
Wittelsbacher Ludwig kämpfte gegen den Habsburger Friedrich. Am
Ende verhinderte eine blutige Schlacht die Spaltung des Landes. Von Jan
von Flocken

Den Bewohnern von Frankfurt am Main bot sich am 18. Oktober 1314 ein selten gesehenes
Spektakel. Vor den verschlossenen Stadttoren stand am nördlichen Mainufer bei
Bockenheim eine bis an die Zähne bewaffnete Streitmacht unter dem Befehl des Herzogs
Ludwig von Bayern (Link: http://www.welt.de/129626607) . Am südlichen Ufer bei Sachsenhausen
hatte sich ein Heer unter dem Kommando des Herzogs Friedrich von Österreich
(Link: http://austria-forum.org/af/AEIOU/Friedrich_I._der_Sch%C3%B6ne,_geb._1289) , genannt "der Schöne",

versammelt. Die beiden Hochadeligen machten sich den deutschen Königsthron streitig und
waren kurz davor, übereinander herzufallen.

König Heinrich VII., aus der Luxemburger-Dynastie stammend, war bereits im August 1313
bei Siena auf einem der unseligen Italienzüge überraschend gestorben; viele munkelten von
Giftmord. Dynastisches Anrecht auf die vakante Krone besaßen aufgrund komplizierter
verwandtschaftlicher Beziehungen sowohl der Wittelsbacher Ludwig als auch der
Habsburger Friedrich.

Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte drohte eine reale Gefahr der Reichsspaltung.
Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die Tatsache, dass sich auch die Kurfürsten, allein
berechtigt zur Königswahl, nicht einigen konnten oder wollten.

Fünf von ihnen (Mainz, Trier, Brandenburg, Böhmen und Sachsen-Lauenburg; damals waren
nach dem Gewohnheitsrecht noch beide sächsischen Linien wahlberechtigt) votierten für
Ludwig, die anderen drei (Köln, Pfalz und Sachsen-Wittenberg) zogen Friedrich vor. Weil das
Mehrheitsprinzip damals noch nicht galt, hätte der Papst als letzte Instanz über die gültige
Wahl und Krönung im Deutschen Reich entscheiden müssen. Doch seit dem Tod von
Clemens V. im April 1314 war kein neuer Pontifex gewählt worden. Das Konklave zog sich
noch bis 1316 hin.

Da vor Frankfurts Toren eine militärische Patt-Situation entstand, beschlossen die


Kontrahenten, ihren Streit zunächst durch vollendete Tatsachen zu beenden. Am 20. Oktober
1314 wurde Ludwig von Bayern zum König ausgerufen. Ein zeitgenössischer Chronist
berichtet: "Als diese Wahl bekannt wurde, erhob sich in der Stadt, die ihm stets in treuer
Anhänglichkeit ergeben war, lautes Freudengeschrei, und alles lobte den Herrn. Als der
Herzog von Österreich erfuhr, dass er bei der Wahl überstimmt worden sei, rief er aus, die
Fürsten hätten ihn zum Gespött gehabt und ihm schweres Unrecht zugefügt, und zog im
Schweigen der Nacht mit den Seinen grollend von dannen."

Nun begann eine Art Wettlauf um die Krone. Am 25. November 1314 ließ sich Ludwig auf
dem Altar der Bartholomäuskirche zu Aachen krönen. Das war der dafür rechtmäßige und
traditionelle Ort. Allerdings hatte Friedrich sich zuvor im Handstreich die Reichskleinodien
(Krone, Königszepter, Reichsapfel, Zeremonienschwert und Krönungsmantel) aus der
Kyburg gesichert; Ludwig konnte daher nur Kopien nutzen.

Sein Habsburger Kontrahent wurde ebenfalls am 25. November gekrönt, mit den echten
Insignien versehen, aber am falschen Ort, in Bonn. Böse Zungen behaupteten, Friedrich sei
auf einem Fass zum König erhoben wurden und dabei heruntergefallen.

Die Angelegenheit war damit noch nicht bereinigt. Friedrich der Schöne bekämpfte seinen
Rivalen mit solcher Vehemenz, dass eine Spaltung des Deutschen Reiches drohte. "Er war
ein völlig unbegabter Politiker. Unsicher in seinen Handlungen, vertrat er kaum eine eigene

1 von 2 19.10.2014 07:58


Bayern vs. Österreich : Als Deutschland erstmals vor der Spaltung stan... http://www.welt.de/geschichte/article133388521/Als-Deutschland-erst...

Meinung und war von seiner Umwelt leicht zu beeinflussen", so Friedrichs Biograf Richard
Reifenscheid. Der Bayer, nunmehr König Ludwig IV., hingegen sei ein "tapferer und
geschickter Feldherr, planvoller Politiker" gewesen.

In der Schlacht bei Mühldorf


(Link: http://regesta-imperii.digitale-sammlungen.de/regest/ri07_ri_1322-09-28_000003_000001_007_003_001_001227_0000001223)

am Inn siegte Ludwig IV. am 22. September 1322 endgültig. Es war die letzte große
Ritterschlacht auf deutschem Boden, mehr als 1000 Kombattanten sollen gefallen sein. Den
Kampf entschied eine Reiterattacke unter Führung des Nürnberger Burggrafen Friedrich IV.
von Hohenzollern, einem Ahnherren der späteren Kurfürsten von Brandenburg, Könige von
Preußen und Deutschen Kaiser.

Friedrich der Schöne geriet in Gefangenschaft. "Vetter, es freut uns, Euch hier zu sehen" –
mit diesen ironischen Worten empfing Ludwig IV. seinen Gegner und ließ ihn danach drei
Jahre im Gefängnis auf der Burg Trausnitz bei Landshut schmachten, bis er 1325 gegen
Lösegeld freigelassen wurde.

Bis zu Friedrichs Tod 1330 herrschte Burgfriede; die Einheit des Deutschen Reiches war
aber durch den schwelenden Konflikt Bayern gegen Österreich weiter gefährdet.

© Axel Springer SE 2014. Alle Rechte vorbehalten

2 von 2 19.10.2014 07:58

Das könnte Ihnen auch gefallen