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Beachte: Wer genug Geld hat, soll sich dieses Buch gefälligst kaufen!
Schließlich sollen die Autoren und Verlage für ihre Arbeit auch entlohnt
werden, genau wie wir es auch wollen! Ich werde es definitiv machen, sobald
ich vernünftig entlohnt werde.
Gruppentraining
sozialer Kompetenzen
GSK
BEL1ZPVU
Anschriften der Autoren:
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb
der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und straf
bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein
speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Vorwort
Erklärungsansätze 13
2.1 Prozessmodell des Verhaltens i n sozialen Situationen 13
2.2 Bedingungen sozial inkompetenten Verhaltens 17
2.2.l Situationale Überforderung 17
2.2.2 Ungünstige kognitive Verarbeitung 19
2.2.3 Ungünstige emotionale Verarbeitung 35
2.2.4 Ungünstiges motorisches Verhalten 38
2.2.5 Ungünstige Verhaltenskonsequenzen 44
2.3 Ätiologie sozialer Kompetenzprobleme 52
2.3.l Entstehung sozialer überforderung 53
2.3.2 Entstehung von Verhaltensdefiziten 55
2.3.3 Erwerb inkompetenter Verhaltensgewohnheiten 57
2.3.4 Erwerb sozialer Ängste 58
2.3.5 Entstehung kognitiver Dysfunktionen 61
2.3.6 Entstehung von Selbstbestrafungsgewohnheiten 63
Interventionen 65
3.1 Trainings sozialer Kompetenzen
- Konzepte und Anwendungsgebiete 65
3 . 1 . 1 Die Ansätze von Salter und Wolpe 65
3 .1.2 Der lerntheoretische Ansatz der Social-Skills-Trainings 67
3.1 .3 Kognitive Ansätze 69
Inhalt\ V
3.1.4 Prozessorientierte Ansätze 73
3 . 1 .5 Ansätze für verschiedene Klientengruppen 75
3.2 Konzeption des GSK 81
3 .2.1 Sozial kompetentes Verhalten und Ziele des GSK 82
3.2.2 Drei Typen sozialer Situationen 84
3.2.3 Struktur und Aufbau des GSK 87
3.3 Evaluation des GSK 92
3.3.l Empirische Befunde zu den Interventions-
techniken des GSK 92
3.3.2 Wirksamkeit des Gesamtprogramms 1 10
VI 1 Inhalt
Maßnahmen zur Erfolgskontrol le 205
6.1 Notwendigkeit von Erfolgskontrollen 205
6.2 Probleme 206
6.3 Messinstrumente 208
6.4 Auswertung 213
Anwendungsbeispiele 227
7.1 Anpassung des GSK an spezielle Klientengruppen
und Aufgabenstellungen 227
7.2 Klinische Anwendungen 231
7.2.l Grundlegende Informationen
zur klinischen Anwendung des GSK 232
7.2.2 Vorbemerkung zu den Erfahrungsberichten 237
7.2.3 Psychiatrische Psychotherapiestation 238
7.2.4 Allgemeinpsychiatrie 244
7.2.5 Suchtbereich einer psychiatrischen Klinik 256
7.3 Anwendungen im nichtklinischen Bereich 261
7.3 . 1 Veränderungen des GSKfür nichttherapeutische
Zielgruppen - prinzipielles Vorgehen 261
7.3.2 Zielgruppen in spezifischen Lebenssituationen 265
7.3.3 Abwandlungen des GSK
für den beruflichen Bereich 274
7.3.4 Das GSK in der beruflichen Weiterbildung 280
7.4 Abschließende Bemerkung 287
Inhalt 1 VII
AB 7 Arbeitspapier 7: Gefühle entdecken und benennen 1 68
AB 8 Arbeitspapier 8: Hausaufgaben - Gefühle benennen 1 69
AB 9 Arbeitspapier 9: Instruktion für selbstsicheres Verhalten
(B - Beziehungen) 1 70
AB 10 Arbeitspapier 10: Rollenspielsituationen Typ S
- um Sympathie werben 1 76
AB 11 Arbeitspapier 1 1 : Instruktion für selbstsicheres Verhalten
(S - um Sympathie werben) 179
AB 12 Arbeitspapier 12: Hausaufgaben - um Sympathie werben 180
AB 13 Anleitung zur Entspannung 1 :
Lange Version (ca. 35-40 Minuten) 194
AB 14 Anleitung zur Entspannung 2:
Verkürzte Fassung (ca. 18 Minuten) 198
AB 15 Anleitung zur Entspannung 3:
Verkürzte Fassung (ca. 9 Minuten) mit Ruhebild 201
AB 16 Anleitung zur Entspannung 4:
Verkürzte Fassung (ca. 7 Minuten) mit Ruhebild
und Entspannungswort 203
AB 17 Fragebogen 1 : IE-SV-F 216
AB 18 Fragebogen 2: Problemfragebogen 221
AB 19 Fragebogen 3: Stundenbogen 223
AB 20 Fragebogen 4: Feedbackbogen 224
AB 21 IE-SV-F Vergleichswerte für verschiedene Gruppen 225
J;J ---
Hinweis auf Arbeitsblätter jeweils am Kapitelende
VIII 1 Inhalt
Vorwort
In der Einzeltherapie und -beratung berichten Klientinnen und Klienten oft über
sehr ähnliche Probleme in ihrem sozialen Verhalten: Sie haben häufig Schwierig
keiten mit sozialen Beziehungen, vor allem damit, im ganz alltäglichen Kontakt
mit den Mitmenschen ihre eigenen Gefühle, Wünsche, Forderungen und Bedürf
nisse einzubringen und für sich selbst befriedigend zu verwirklichen. Eine Ver
besserung ihrer sozialen Kompetenzen erweist sich bei diesen Personen als zen
trale Aufgabe der Therapie. Sie ist in einer Einzeltherapie häufig aber nur unzu
reichend oder nur auf unökonomische Weise lösbar. Deshalb scheint es uns in
solchen Fällen sinnvoll zu sein, individuelle Interventionen durch ein geeignetes
gruppentherapeutisches Verfahren zu ersetzen oder doch zumindest zu ergänzen.
Auf der Suche nach einem derartigen Verfahren sichteten wir zu Beginn der
80er Jahre die einschlägigen Trainingsprogramme im deutschsprachigen
Raum. Dabei erhielten wir wichtige Anregungen für die eigene Arbeit, merkten
jedoch auch bald, dass keines dieser Programme voll unseren Vorstellungen
entsprach: Sie waren enu-veder sehr aufwendig, nicht als Gruppentraining kon
zipiert, oder es lagen keine empirischen Belege ihrer Wirksamkeit vor.
Wir entschlossen uns daher, ein neues Trainingsprogramm zu entwickeln,
das folgende Bedingungen erfüllen sollte:
Es sollte ein Gruppentraining sein, aus ökonomischen Gründen und um die
Gruppe selbst für verhaltenstherapeutische Expositionseffekte zu nutzen.
Es sollte weitgehend standardisiert sein und als intensives, aber zeitökono
misches Basisverfahren - flexible Komponenten beinhalten, die je nach Klien
tel ausgedehnt oder verändert werden können.
Es sollte auf verschiedenen Verhaltensebenen ansetzen und
Elemente zur Modifikation kognitiver Prozesse beinhalten, weil diese - zahl
reichen Forschungsergebnissen zufolge - besonders wichtige Determinanten
sozialer Kompetenzprobleme darstellen.
Das Training sollte nicht nur motorische Verhaltensfertigkeiten, sondern in
erster Linie Bewältigungstechniken vermitteln, um einen Transfer der Trai
ningseffekte zu erleichtern.
Eine Vermischung von selbstsicheren und aggressiven
. Verhaltensweisen sollte
vermieden werden.
Die Ablösung von einem reinen Durchsetzungstraining in Richtung eines Trai
nings allgemeinerer sozialer Kompetenzen sollte nicht nur vom Begriff her,
sondern auch auf der inhaltlichen und strukturellen Ebene vollzogen werden.
Die Trainingskonzeption sollte theoretische und empirische Erkenntnisse
aus der einschlägigen Forschung berücksichtigen.
Vorwort IX
Auf der Basis dieser Zielsetzungen entwickelten wir zunächst eine globale Trai
ningskonzeption. Nach Maßgabe dieser Ziele wurden dann aus zahlreichen
empirischen Untersuchungen und aus anderen Programmpaketen einzelne
Trainingskomponenten ausgewählt und für unsere Ziele aufbereitet. Die erste
Version des Programms wurde bei einigen Studentengruppen eingesetzt und
korrigiert. Als Resultat entstand das "Gruppentraining Sozialer Kompetenzen''
(GSK), das an weiteren (insbesondere auch nicht-studentischen) Gruppen er
probt wurde.
Unser Trainingskonzept stieß bei Kolleginnen und Kollegen aus verschiede
nen pädagogischen, medizinischen und psychologischen Tätigkeitsbereichen
von Anfang an auf ein erstaunlich reges Interesse, was uns schließlich dazu ver
anlasst hat, die Erfahrungen mit dem GSK zu Papier zu bringen. Dabei haben
wir Wert darauf gelegt, ein Buch zu verfassen, das die Anwender mit allen the
oretischen und praktischen Informationen versorgt, die für eine eigenständige
und hinreichend qualifizierte Durchführung des Trainings notwendig sind.
Hinweise zur Verwendung des GSK mit spezifischen Klientengruppen und da
zugehörige Arbeitspapiere finden sich im übrigen auch auf der Internet-Seite
Soziale Kompetenz, die zu einem Forum ausgestaltet werden soll, auf dem GSK
Trainerinnen und -trainer ihre Erfahrungen austauschen können. Wir möch-
X lvorwort
ten an dieser Stelle alle Interessierten auffordern, uns ihre Erfahrungen und
, modifizierten Arbeitspapiere zur Verfügung zu stellen, um sie dort publizieren
zu können:
http://www. gsk�training. de
Die bewährte allgemeine Konzeption des Buches, die schon den vorigen Aufla
gen zugrunde lag, wurde auch bei der vorliegenden vierten Auflage im Wesent
lichen beibehalten. Allerdings wurden zahlreiche formale Neuerungen sowie
einige inhaltliche Veränderungen und Aktualisierungen vorgenommen. Das
Kapitel 7 mit praktischen Anwendungsbeispielen wurde wesentlich umgestaltet
und erweitert.
Mittlerweile liegt auch ein spezielles Selbsthilfebuch auf der Grundlage des
GSK-Trainingskonzepts vor (Hinsch & Wittmann, 2003), das sich allerdings in
erster Linie nicht an Trainer sondern an Nicht-Fachleute wendet, die selbst ihre
soziale Kompetenz verbessern möchten. Hier \vurde versucht, das, was in einer
Trainingsgruppe im Dialog abläuft, in einen fortlaufenden Text mit Übungstei
len umsetzen, was sich nicht einfach gestaltete, da ein Buch zwangsläufig immer
eine Einwegkommunikation ist. Wir glauben aber, dass das Ergebnis recht gut
gelungen ist und insbesondere dann von Nutzen sein dürfte, wenn man Kliefi
ten/Trainingsteilnehmern etwas in die Hand geben möchte, mit dem sie allein
weiterarbeiten können. Dieses Buch ist zurzeit vergriffen, wird aber in Kürze
bei Beltz/PVU neu erscheinen.
Mindestens die H älfte der Personen, die mit Sozialen Kompetenztrainings
zu tun haben, sind Klientinnen, sind Therapeutinnen, Trainerinnen, Forsche
rinnen usw., also weiblichen Geschlechts. Diese Tatsache wird im vorliegenden
Text gelegentlich durch entsprechende Formulierungen in Erinnerung geru
fen. Für eine systematische "geschlechtsausgeglichene" Umformulierung des
gesamten Textes sahen wir allerdings bisher keine wirklich praktikablen und
leser(innen)freundlichen sprachlichen Möglichkeiten.
Das Gruppentraining Sozialer Kompetenzen \vurde in Zusammenarbeit mit
Dr. Mathilde Bauer und Manfred Weigelt entwickelt und erprobt. Dr. Sylvia
Martinsen und Hanns Steinhorst haben in der Anfangsphase des Projekts
wichtige Beiträge geleistet Die Neugestaltung des Buches geht auf die enga
gierte Initiative von Dr. Heike Berger von Beltz/PVU zurück, Dr. Michael
Basten hat viele wertvolle Anregungen gegeben, Maren Klingelhöfer hat den
mit viel Einfühlungsvermögen lektoriert.
Vorwort XI
Tei 1 1 Theoretischer Hintergrund
Soziale Kompetenzen
und Kompetenzprobleme
(Ulrich Pfingsten)
1 . 1 Soziale Kompetenzen 1 3
Präventions- und Gemeindepsychologie. In der Präventions- und Gemeinde
psychologie werden kompetenztheoretische überlegungen stark betont (vgl.
Gesten & Jason, 1987). Sommer ( 1 977) stellte die Vermittlung von Kompeten
zen als Ziel jeglicher primärer Prävention dar. Aus diesen Zusammenhängen
heraus ist verständlich, dass Kompetenzen auch in der Entwicklungspsycholo
gie ein wichtiges Konzept darstellen (z. B. Spence, 1988).
Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Es wird davon ausgegangen, dass der
Erhalt oder die Wiedererlangung psychischer und körperlicher Gesundheit an
das Vorhandensein bestimmter Ressourcen der betreffenden Person gebunden
ist. Soziale Beziehungen, und damit natürlich auch die persönlichen Fähigkei
ten, solche herzustellen und angemessen auszugestalten, könnten dabei eine
entscheidende Rolle spielen (vgl. Eisler, 1984) .
Diese Beispiele deuten darauf hin, dass mit Hilfe des Kompetenzkonzeptes
wichtige Erkenntnisse aus verschiedenen Bereichen der Psychologie in sinnvoller
Weise aufeinander bezogen werden können. Es ist deshalb nicht verwunderlich,
dass sich auf dieser Grundlage inzwischen auch ein eigener verhaltenstherapeu
tischer Interventionsansatz entwickelt hat, der Ansatz der psychologischen Kom
petenztrainings (Psychological skills training, vgl. O'Donohue & Krasner, 1995a) .
Diese Trainings beziehen sich auf ganz verschiedene psychologische Funktions
bereiche. Den Kompetenztrainings zur Förderung des sozialen Verhaltens
kommt allerdings von jeher eine besondere Bedeutung zu (Pfingsten, 2000a).
DEFINITIO N
Arbeitsdefinition „soziale Kompetenz"
Unter sozialer Kompetenz verstehen wir die Verfügbarkeit und Anwendung
von kognitiven, emotionalen und motorischen Verhaltensweisen, die in be
stimmten sozialen Situationen zu einem langfristig günstigen Verhältnis
von positiven und negativen Konsequenzen für den Handelnden führen.
Diese Beschreibung, die hier nur kurz genannt und auf S. 82ff näher erläutert
wird, ist als Arbeitsdefinition zu verstehen. Sie dient als Grundlage unserer the
oretischen Überlegungen und unseres Trainingskonzeptes. Eine Lösung der
theoretischen Streitigkeiten um den Kompetenzbegdff wird durch diesen Defi
nitionsversuch weder angestrebt noch geleistet.
Sozial inkompetentes Verhalten liegt vor, wenn jemand eine der auf S. 4f ge
nannten Verhaltensweisen in entsprechenden Situationen nicht oder nur unvoll
kommen verwirklichen kann. Manche Personen verhalten sich dabei vor allem
vermeidend-unsicher, andere eher zudringlich-aggressiv - beide Reaktionsmus
ter werden von uns im vorliegenden Buch als sozial inkompetent betrachtet.
Die Definition des Begriffs „soziale Kompetenzprobleme"
. ergibt sich aus der
.
Kompetenzdefinition.
DEFINITION
Arbeitsdefinition „soziale Kompetenzprobleme"
soziale Kompetenzprobleme sind alle Probleme bei der Verfügbarkeit oder
Anwendung von kognitiven, emotionalen und motorischen Verhaltenswei
sen, die es einer Person erschweren, in für sie relevanten sozialen Alltags
situationen ein langfristig günstiges Verhältnis von positiven und negativen
Konsequenzen zu erzielen.
1 Wenn trotzdem im Text der Einfachheit halber gelegentlich von kompetenten oder inkompe
tenten Personen die Rede ist, dann möge man sich diese Formulierung jeweils ohne eigen
schaftstheoretische Implikationen auf die Verhaltensbereiche bezogen denken, um die es in
dem betreffenden Zusammenhang geht.
Mit der Einführung des Kompetenzkonzepts verbindet sich zum Teil die Hoff
nung, den oft geforderten Paradigmenwechsel vom medizinischen zum sozial
wissenschaftlichen Krankheitsmodell in der klinischen Praxis voranzubringen
(vgl. Burow, 1 987) . Kompetenzen sind lern- und trainierbare Verhaltensfertig
keiten. Sie sind als Analyseeinheiten erheblich realitätsnäher als die Stimu
lus-Reaktions-Ketten der klassischen Verhaltenstherapie. Trotzdem wird deren
wichtige Grundidee beibehalten, psychische Störungen auf dem Kontinuum
mehr oder minder hinreichender Lernerfahrungen zu verstehen.
Während im medizinischen Modell Klienten eher von der Negativseite, von
der Aufzählung ihrer Defekte her beschrieben werden, fragt man im Kompe
tenzkonzept gerade auch nach positiven Ressourcen, nach konstruktiven Ver-
Welche äußeren und inneren Prozesse laufen bei einer Person während des Ver
haltens in sozialen Situationen ab? Worauf ist es zurückzuführen, dass solche
Prozesse bei manchen Menschen zu erfolgreichem Sozialverhalten führen und
bei anderen nicht? Welche Veränderungen sind nötig, damit Klientinnen und
Klienten mit sozialen Interaktionen besser fertig werden? Der Beantwortung
dieser Fragen dienen die folgenden Abschnitte dieses Kapitels.
Prozesse. Die Grundlage unserer Darstellung ist ein Prozessmodell. Es soll zu
nächst ganz allgemein die Vorgänge verständlich machen, die bei Menschen
normalerweise ablaufen, wenn sie mit einer sozialen Alltagssituation konfro,n
tiert werden. Das Modell erlaubt aber auch eine nähere Betrachtung der Pro
bleme, die dabei auftreten können. Zudem dient es in vereinfachter Form auch
als Grundlage unseres Trainings (siehe S. 138ff).
Vorläufer des Prozessmodells ist ein ähnliches Konzept von Argyle und Ken
don ( 1 967). Weitere Aspekte entstammen der Sozialen Lerntheorie von Albert
Bandura, dem Stresskonzept von Richard S. Lazarus und kognitiv-verhaltens
therapeutischen Ansätzen. Inzwischen wurden von anderen Autoren ähnliche
Modellvorstellungen entwickelt (z.B. Beck & Clark, 1997; Borgart, 1985; Corri
gan et al., 1992; Döpfner, 1 989; Franke, 1991; Mattick et al., 1 995). Einige For
scher arbeiteten dabei insbesondere diejenigen Teilprozesse heraus, die die
Schwierigkeiten sozialphobischer Klienten betreffen (Clark & Wells, 1 995; Ra
pee & Heimberg, 1 997; Stangier & Heidenreich, 1 997) .
Den Ausgangspunkt des Modells (Abb. 1 ) stellt eine konkrete Alltagssitua
tion dar, in der sich jemand befindet. Sie wird von der betreffenden Person in
bestimmter Weise wahrgenommen sowie kognitiv und emotional weiterverar
beitet. Die Verarbeitungsvorgänge führen zur Hervorbringung von beobacht
baren (so genannten „motorischen ") Verhaltensweisen, die oft in Form umfas
sender Verhaltensmuster organisiert sind. Das motorische Verhalten bewirkt
Veränderungen in der Umwelt und führt erneut eine soziale Situation herbei,
die objektiv beschreibbar ist, vor allem aber wieder durch Wahrnehmungspro
zesse beim Individuum wirksam wird. Diese neue soziale Situation wird dann
als Konsequenzerfahrung kognitiv und emotional weiterverarbeitet.
Der Prozessablauf soll nun zunächst etwas näher veranschaulicht werden.
Anschließend wird dann genauer erläutert, an welchen Stellen des Ablaufs
Schwierigkeiten auftreten können und in welcher Form.
Wahrnehmung Hinter
Rezeption grund
Antizipation +--+ faktoren
Kognitives V erhalten
Situation
Soziales Verhalten wird meist durch eine weitgehend objektiv bestimmbare Si
tuation in Gang gesetzt: In einem Restaurant liefert mir der Kellner eine Speise,
die ich nicht bestellt habe, und die ich zurückgehen lassen möchte. Eine solche
Situation ist charakterisiert durch:
soziale Aspekte (z.B. Anzahl, Alter, Geschlecht, Verhalten, Rollenverteilung
der beteiligten Personen, situationsspezifische Regeln und Konventionen,
kultureller und gesellschaftlicher Hintergrund),
raumzeitliche Gegebenheiten (z.B. Tageszeit, Größe und Ausstattung des
Raumes) und
persönl iche Bedingungen (z.B. eigene Ziele, Intentionen und Interessen,
aber auch Stimmungen und Bedürfnisse) .
14 J2 Erklärungsansätze
Auf das eingangs genannte Beispiel bezogen ergibt sich aus der Situation die
Aufgabe „Reklamation durchführen". Mit den sozialen und raumzeitlichen Be
dingungen variieren dann die Anforderungen, die an mich gestellt sind: Bei ei
nem alten, mürrischen Kellner in einer überfüllten Bierschwemme werden an
dere (und wahrscheinlich höhere) Anforderungen an mein Verhalten gestellt
als bei einer freundlichen, jungen Kellnerin in einem mäßig besetzten, gediege
nen Speiselokal. Ebenso unterscheiden sich die Anforderungen je nachdem, ob
ich das Lokal allein besuche, mit guten Freunden zusammen bin, oder ob ich
das erste Mal mit jemandem ausgehe, vor dem ich mich nicht blamieren will.
Kognitives Verhalten
Genauer besehen ergibt sich der Aufgabencharakter einer Situation erst aus der
Wahrnehmung und kognitiven Verarbeitung durch die handelnde Person.
Wenn ich z.B. sehr unaufmerksam bin und gar nicht bemerke, dass mir ein fal
sches Essen geliefert wurde, kristallisiert sich aus der Situation überhaupt keine
Aufgabe heraus. Auch das Anforderungsmerkmal „mürrischer" vs. „freund
licher" Kellner resultiert natürlich aus Prozessen der Aufmerksamkeitssteue
rung und der sozialen Wahrnehmung.
Die Situationswahrnehmung leitet meist eine weitergehende kognitive Ver
arbeitung und Analyse der sich stellenden Aufgabe ein. dieses Prozesses ist
es, die Bedingungen der Situation so weit zu erkennen, dass eine Entscheidung
über das zur Bewältigung notwendige Verhalten möglich wird. Die Aufgaben
analyse kann sich auf folgende Punkte beziehen: Wie ist es zu der betreffenden
Situation gekommen? Von wem hängt eine Lösung ab? Wie kann ich reagieren?
Mit welchen Konsequenzen ist zu rechnen?
Solche Situationsanalysen erfolgen in enger Verknüpfung mit früheren Erfah
rungen. Außerdem wird der Verarbeitungsprozess beim wiederholten Vorkom
men ähnlicher Aufgaben vereinfacht und automatisiert. So mag sich die Analyse
bestimmter Situationen als Resümee aus früheren Erfahrungen auf knappe Selbst
verbalisationen verkürzen. Der kurze innere Seufzer „Oje!" mag dann soviel be
deuten wie: „Das ist so eine Situation, mit der ich noch nie klargekommen bin!"
Emotionales Verhalten
Die kognitive Verarbeitung von Situationen bewirkt die Entstehung entsprechen
der Affekte und Emotionen. Der Gedanke „Mit diesem Kellner werde ich niemals
fertig!" lässt beispielsweise fust zwangsläufig ein Gefühl der Mutlosigkeit aufkom
men. Das kognitive Resümee „Das ist nur die Schuld des Kellners!" resultiert statt
dessen eher in einem wütenden Affekt, während die Feststellung „Ich habe ein
Recht auf das Essen, das ich bestellt habe!" zu Mut und Entschlossenheit führt
Motorisches Verhalten
Die kognitive und emotionale Verarbeitung von Situationen mündet in ein be
stimmtes beobachtbares Verhalten, das wir (in Ermangelung eines besseren
Skil ls. Als soziale Fertigkeit (Skill) wird eine Kombination von Verhaltenswei
sen bezeichnet, die zur Bewältigung bestimmter Aufgaben notwendig sind.
Wichtig ist, dass diese Reaktionen „geschickt" (skillful) organisiert und aufein
ander abgestimmt sind. So genügt es wahrscheinlich nicht, jenem Kellner die
lapidare Mitteilung zu machen: „Ich hatte eigentlich ein anderes Essen bestellt",
um sich durchzusetzen. Sowohl die Anrede des Kellners als auch die Formulie
rung der Reklamation müssen zusammen mit Lautstärke, Intonation, Körper
haltung usw. so organisiert sein, dass eine optimale Erfolgsaussicht entsteht.
Ski l l-Komponenten. Wie soeben erwähnt, lassen sich Skills als Organisation
einzelner Skill-Komponenten betrachten. Als nonverbale Verhaltensbestand
teile finden sich hier: Gesichtsausdruck, Gestik, Blickkontakt, Körperhaltung,
Distanzverwendung, Körperkontakt, Intonation, Kleidung usw. Verbale Be
standteile sind z.B.: Effektive Verwendung von Aufforderungen und Befehlen,
Vorschriften, Fragen, Kommentaren, faktischen Informationen, Redewendun
gen und Formeln, „Ich" /„Man'' -Verwendung sowie der Ausdruck eigener Ge
fühle, Einstellungen und Bedürfnisse.
Verhaltenskonsequenzen
Motorisches Verhalten löst in der Umwelt bestimmte Konsequenzen aus, die auf
das Individuum zurückwirken. Diese Rückkoppelung erfolgt in verschiedenen
Formen:
Kontinuierliche Steuerung während eines Verhaltens wird durch die Reak
tionen der sozialen Umwelt bedingt: Der Kellner scheint mich nicht zu ver
stehen, also spreche ich lauter.
Kurzfristige Konsequenzen hat ein vollendetes Verhalten: Der Kellner
nimmt das Essen zurück.
langfristige Konsequenzen hat diese Verhaltensweise auch: Der Kellner be
dient mich in Zukunft besonders aufmerksam (oder besonders unfreund
lich).
Allerdings sind hier nicht nur die objektiven Verhaltenskonsequenzen von Be
deutung, sondern auch die kognitive und emotionale Verarbeitung durch die be
treffende Person: Verhaltenskonsequenzen können als Erfolge oder Misserfolge
interpretiert werden und zmn Anlass für Selbstlob oder Selbsttadel werden.
Schließlich ist es für das zukünftige Verhalten in ähnlichen Situationen entschei
dend, wie der gesamte Ablauf als Erfahrung im Gedächtnis gespeichert wird.
1
16 2 Erklärungsansätze
I
2.2 Bedingungen sozial inkompetenten Verhaltens
Kompetenzen einer Person auf einem bestimmten Gebiet können als defizitär
betrachtet werden, wenn sie nicht ausreichen, um den sozialen Alltag zufrieden
stellend zu bewältigen. Es kann nun jedoch in manchen Fällen sinnvoll sein,
diesen Sachverhalt nicht als Kompetenzmangel, sondern als objektive Überfor
derung zu interpretieren. Diese beiden Sichtweisen desselben Sachverhalts las
sen sich an der so genannten Kamelmetapher verdeutlichen: Ein schwer bela
denes Kamel in einer Karawane bricht zusammen. Ist dieser Zusammenbruch
darauf zurückzuführen, dass das Kamel zu schwach ist oder darauf, dass die
Last zu schwer ist?
18 l 2 Erklärungsansätze
oder Klienten in der Überzeugung bestätigt werden, sie selbst seien durch ihre
. Unfähigkeit in einem Ausmaß für die eigene Situation oder die ihrer Mitmen
schen verantwortlich, das der Realität nicht entspricht.
Bei der Arbeit mit dem GSK haben wir solche destruktiven Effekte bisher
allerdings kaum festgestellt. Wahrscheinlich entwickeln Klientinnen und
Klienten durch ein solches Training oft überhaupt erst realistische Einschät
zungen ihres Situationsmenüs, was eine wichtige Voraussetzung für seine Än
derung darstellt. Tatsächlich wissen wir aus informellen Kontakten, dass man
che Teilnehmer nach Abschluss des Trainings von sich aus mehr oder minder
gravierende Schritte zum Abbau situationaler überforderungen unternom
men haben, z.B. den Rückzug aus besonders problematischen Beziehungen,
Umverteilung familiärer Aufgaben, konsequenteres Realisieren von Freizeitan -
teilen, Setzen von Prioritäten usw.
Eine spezielle, aber nicht seltene Art von situationaler Überforderung ent
steht, wenn Menschen ihren Mitmenschen gegenüber immer wieder versu
chen, einen bestimmten Eindruck von sich zu erwecken, der auf die Dauer
nicht aufrechterhalten werden kann (so genannte Selbstpräsentationsfalle, vgl.
s. 54f) .
Wahrnehmung
Ganz allgemein kann man annehmen, dass effektives Sozialverhalten eine rela
tiv genaue Wahrnehmung von Mitmenschen und sozialen Situationen voraus
setzt. Weisen Menschen mit sozialen Kompetenzproblemen allgemeine Defizite
bei der Personenwahrnehmung auf?
20 l 2 Erklärungsansätze
hinreiche11d präzise wahrgenommen werden, damit situationsadäquate Bewäl
. tigungsversuche möglich werden.
systematische Wahrnehmungsverzerrungen. Es gibt zahlreiche empirische
Untersuchungen zu der Frage, ob Menschen mit sozialen Kompetenzproble
men zu systematischen Wahrnehmungsverzerrungen neigen, die ihnen ein ef
fektives Verhalten erschweren. Auch hier sind die Befunde nicht immer ein
deutig.
Bei Eisler et al. ( 1978) wurde ein per Video dargebotener Interaktionspart
ner von sozial unsicheren Versuchspersonen nur in einer von neun Eigenschaf
ten als negativer eingeschätzt: Er wurde als weniger fair wahrgenommen. Hal
ford und Foddy ( 1 982) fanden bei sozial ängstlichen und nicht-ängstlichen
Versuchspersonen keinen Unterschied in der wahrgenommenen Freundlich
keit einer Rollenspielpartnerin (vgl. auch Lundh & Öst, 1 996).
Die Ergebnisse solcher Studien stehen im Widerspruch zu eigenen Beobach
tungen und zu anderen Befunden, z.B. von Röder und Margraf ( 1999), dass un
sichere Personen soziale Interaktionspartner verzerrt wahrnehmen, vor allem
als abweisend und bedrohlich.
Rezeption
Eine Sozialsituation bewirkt über die unmittelbare Wahrnehmung hinaus auch
Vermutungen darüber, wie es zu der betreffenden Situation gekommen ist. Sie
beziehen sich vor allem auch auf die Motive, Ziele und Interessen der beteilig
ten Personen. Bekanntes Beispiel: Wenn ein Redner feststellt, dass mehrere
Leute bei seinem Vortrag den Saal verlassen, kann er sich das mit der schiech-
22 2 Erklärungsansätze
Die Bedeutung der Rezeptionsphase für die Generierung sozial kom
petenten Verhaltens sollte von Therapeutinnen und Therapeuten nicht
übersehen werden. Das gilt vor allem, wenn Kompetenztrainings bei ag
gressiven oder delinquenten Klienten eingesetzt werden. Die Erfassung
und Modifikation von Absichts- und Schuldzuschreibungen stellen in
diesen Fällen wichtige therapeutische Maßnahmen dar. Sie sollten sich
allerdings auf eine möglichst frühe Phase der Situationsverarbeitung
beziehen, weil einmal erfolgte Zuschreibungen schädigender Absichten ge
gen nachträgliche Einflüsse bemerkenswert widerstandsfähig sind (Zum
kley, 1 9 8 1 ) .
Antizipation
Für die Steuerung des Sozialverhaltens sind vor allem zwei Arten von Antizipa
tionsprozessen wichtig:
( 1 ) Welche Konsequenzen Menschen für ein bestimmtes Verhalten erwarten
( Outcome-Erwartungen) und
(2) inwieweit sie erwarten, das gewünschte Verhalten auch tatsächlich realisie
ren zu können (Kompetenzerwartungen bzw. Kompetenzvertrauen; vgl.
Bandura, 1 986).
24 ! 2 Erklärungsansätze
Negative Konsequenzantizipationen sozial unsicherer Klienten
Ich werde etwas Falsches tun oder sagen.
Ich werde einen schlechten Eindruck machen.
Die anderen werden merken, wie unsicher und ängstlich ich bin.
Die anderen werden sich eine ungünstige Meinung über mich bilden.
Sie bekommen ein ganz falsches Bild von mir.
Sie werden mich unsympathisch oder unattraktiv finden.
Sie haben etwas an mir auszusetzen oder zu kritisieren.
Sie halten mich für albern oder lächerlich.
Sie halten mich für langweilig, unbedeutend oder wertlos.
Sie finden etwas Abstoßendes oder Unangenehmes an mir.
Sie denken etwas über mich, was ich nicht kontrollieren kann.
Sie bekommen einen Eindruck, den ich nie wieder rückgängig machen kann.
!
26 12 Erklärungsansätze
Bei weiteren, überwiegend an Studenten durchgeführten Untersuchungen
, ergaben sich Zusammenhänge zwischen sozialem Kompetenzvertrauen und
der Beliebtheit bei Studienkollegen, stärkerem Wohlgefühl in sozialen Situatio
nen, geringerer sozialer Angst, geringerer Beeinträchtigung durch negative
Selbstverbalisationen, günstigeren Konsequenzantizipationen und schließlich
einem geringeren Ausmaß an depressiver Stimmung.
Ausmaß des Kompetenzvertrauens. Wovon hängt das Ausmaß des Kompe
tenzvertrauens in bestimmten Situationen ab? Bandura nennt hier verschie
dene Informationsquellen:
( 1) Eigene Erfahrungen aus ähnlichen Situationen
(2) Entsprechende Beobachtungen von Mitmenschen
(3) Verbale Überzeugungsversuche anderer Personen (wie z.B. Therapeuten)
(4) Wahrnehmung der eigenen Aufregung in entsprechenden Situationen
Vor allem der erste und vierte Punkt dürften für das geringere Kompetenzver
trauen vieler sozial unsicherer Personen verantwortlich sein.
Hinsichtlich der eigenen Erfahrungen ist es denkbar, dass dieser Personen-
kreis objektiv vielleicht wirklich häufiger soziale Misserfolge erfährt als andere
Menschen. Viel wichtiger und empirisch eindeutiger nachgewiesen ist jedoch
der Sachverhalt, dass unsichere Klienten subjektiv immer wieder m einen, in
Interaktionen versagt zu haben, ohne dass außenstehende Beobachter das be
stätigen können (Rapee & Heimberg, 1997; vgl. auch S. 47ff).
Bezüglich der Aufregung tendieren sozial unsichere Personen zu starken Re
aktionen (siehe S. 35f), was nach Banduras Theorie das Kompetenzvertrauen
erheblich beeinträchtigt.
Viele Schwierigkeiten sozial unsicherer Personen lassen sich gut im Rahmen
des Selbstwirksamkeitskonzepts beschreiben und analysieren. Das bestätigt
eine Metaanalyse von Patterson und Ritts ( 1 997), in der mangelndes Kompe
tenzvertrauen von zahlreichen untersuchten Variablen den engsten Zusammen
hang mit sozialen Kompetenzproblemen aufwies. Dieser Theorieansatz könn
te zudem die Phänomene präziser greifbar machen, die in der Alltagssprache
mit Begriffen wie „Selbstbewusstsein" oder „Selbstvertrauen" umschrieben
werden.
Dauerhafte Therapieerfolge. Trainings wie das GSK setzen bei allen vier ge
nannten Informationsquellen an, um das Kompetenzvertrauen von Klienten zu
fördern. Dementsprechend ergab sich in Erfolgskontrollen, dass die Trainings
teilnahme eine bedeutsame Steigerung des Kompetenzvertrauens bewirkte. Es
ist möglich, dass die einzelnen Interventionsmaßnahmen über ihre spezifische
Wirkung hinaus zu einer allgemeinen Erhöhung des Kompetenzvertrauens
führen. Auf diese Weise könnte abgesehen vom Training konkreter Fertigkeiten
eine Generalisierung der Trainingserfolge auf andersartige Alltagssituationen
erreicht werden - eine Wirkung, die in reinen Skill-Trainings nur selten auftritt,
Kognitive Hintergrundfaktoren
Die bisher beschriebene kognitive Verarbeitung sozialer Alltagssituationen
vollzieht sich bei der handelnden Person vor dem Hintergrund übergreifender
kognitiver Prozesse und wird durch diese unter Umständen entscheidend be
einflusst. Besonders wichtig sind dabei fünf Aspekte:
( 1 ) ·Erhöhte Selbstaufmerksamkeit
(2) Irrationale Überzeugungen
( 3) Selbstzuschreibungen
(4) Kognitive Hilflosigkeit
( 5) Illusionsverlust
Dieser Vorgang hat eine Reihe von entscheidenden Folgen für die Steuerung des
sozialen Verhaltens.
28 2 Erklärungsansätze
Eingeschränkte Kognitionsinhalte. Die Kognitionsinhalte schränken sich auf
. ein Thema ein: Aufregung/Bedrohung/Besorgnis. Kompetente Personen achten
dagegen mindestens noch auf zwei weitere und motivierendere Aspekte: Inwie
weit die betreffenden Interaktionen interessant oder langweilig sind, und in
wieweit sie Lust oder Unlust auslösen (Forgas; 1983; Robins, 1 987) .
Dysfunktionale Schemata. Es werden weitere dysfunktionale Schemata akti
viert, die die kognitive Situationsverarbeitung „vereinfachen" und in deren ein
seitigem und negativem Licht das soziale Geschehen wahrgenommen und
interpretiert wird (Beck & Emery, 1 985; Carver & Seheier, 1 984; Clark & Wells,
1 995; Corrigan et al., 1 992 u.a.) .
Stereotype Vorstellungsbilder. E s werden Vorstellungsbilder über die Situation
ausgelöst. In ihnen meint sich die Person aus der Beobachterperspektive, also
von außen selbst zu sehen. Es handelt sich jedoch um stereotype Fantasien aus
der Vergangenheit, die mit der realen Situation wenig zu tun haben, von den Be
troffenen allerdings schnell damit verwechselt werden (Hackmann et al., 2000).
Fehlende Aufmerksamkeitsressourcen. Die ausreichende Erfassung der äußeren
Situationsaspekte ist notwendig, um die eigenen sozialen Fertigkeiten optimfil
einsetzen zu können. Fehlen die Ressourcen dazu, kann das bewirken, dass sich
Menschen dann auch tatsächlich ungeschickter und unangemessener verhalten.
So gibt es empirische Belege dafür, dass die einseitige Konzentration auf bedroh
liche Situationsmomente die Bewältigung der eigentlich anstehenden Aufgaben
erschwert (z.B. Asmundson & Stein, 1 994; vgl. auch Patterson & Ritts, 1 997) .
Rigide Verhaltensstrategien. Der Mangel an Aufmerksamkeitsressourcen führt
dazu, dass sich inkompetent-unsichere Personen oft auf ziemlich rigide Verhal
tensstrategien festlegen, die schnell gestört werden können. Sie entwickeln nur
wenig Fantasie, was mögliche Handlungsalternativen angeht. Auch dies gilt nur,
wenn sie sich in konkreten Situationen befinden, denn sonst weisen sie norma
lerweise auf diesem Gebiet keine Einschränkungen auf (z.B. Borgart 1 985).
Psychischer Energieaufwand. Wenn die Betroffenen zumindest einigermaßen
situationsangemessen reagieren wollen, ist für sie ein besonderer Aufwand an
psychischer Energie notwendig, damit sie die Gesamtheit der Situation ausrei
chend „im Blick haben". Dieser Vorgang dürfte der Grund dafür sein, wenn
Klienten immer wieder darüber klagen, dass auch die Teilnahme an vermeint
lich angenehmen sozialen Aktivitäten wie z.B. Partys von ihnen als Stress emp
funden wird. Im lerntheoretischen Sinne bekommen solche sozialen Ereignisse
·
Aufmerksamkeitsfokus
Innen/Selbst Außen
Werde ich versagen? Wie sieht die andere Person aus,
Was soll ich als nächstes sagen wie ist sie gekleidet?
oder tun? Wie ist die Umgebung (Raum,
Was für einen Eindruck mache Möbel, Blumen, Temperatur usw. ) ?
ich auf die andere Person? Was sagt oder tut die andere
Wie aufgeregt bin ich? Person?
Werde ich rot, zittere ich, Wie fühlt sich die andere Person?
schwitze ich? Was denke ich gerade über die
Was mache ich, wenn ich versage? andere Person?
30 2 Erklärungsansätze
Ich muss intelligent und geistreich wirken.
Wenn ich Fehler mache oder Gefühle zeige, werden mich andere ablehnen.
Ich muss von jedem gemocht und anerkannt werden.
Wenn andere mich wirklich durchschauen, werden sie mich nicht mehr
mögen.
Wenn ich anderen widerspreche, werden sie mich ablehnen oder denken,
ich sei dumm.
Wenn j emand mich nicht mag oder nicht respektiert, muss das an mir lie
gen (z.B. weil ich wertlos und dumm bin).
(nach Clark & Wells, 1 995, S. 75f)
mehr als ein Drittel ihrer Selbstverbalisationen besteht immerhin aus nega
tiven Gedanken. Diese haben jedoch durch das überwiegen positiver Kog
nitionen keine ungünstigen Auswirkungen auf eine effektive Verhaltens
steuerung.
32 l 2 Erklärungsansätze
(2) Möglicherweise besteht das Problem unsicherer Personen nicht so sehr in
der absoluten Häufigkeit negativer Kognitionen; sie unterscheidet sich ja
absolut gesehen gar nicht so fundamental von denjenigen kompetenter
Personen. Von größerer Bedeutung könnte die spezifische Gleichvertei
lung positiver und negativer Gedanken sein, die verständlicherweise für
ein effektives Handeln wenig hilfreich ist. Das schließt allerdings nicht aus,
dass oft auch das klare überwiegen negativer Kognitionen zu sozialen
Kompetenzproblemen führt (Bruch et al., 1 99 1 ; vgl. auch Merluzzi &
Glass, 2000).
Kompetenztrainer sollten bei ihren Klienten nicht nur auf verzerrte oder
ungünstige Inhalte von Selbstverbalisationen achten. Vielmehr sind auch
Tendenzen zu endlosen inneren Situationsanalysen zu bearbeiten, wenn sie
deutlich werden. Auf ihre Funktion als Vermeidungsverhalten kann auf
merksam gemacht, Alternativen können erarbeitet, und es können Anlei
tungen für metakommunikative Selbstverbalisationen gegeben werden (z.B.
„Das ist jetzt der Punkt, wo ich wieder anfange, endlos zu grübeln statt zu
handeln.").
34 l 2 Erklärungsansätze
2.2.3 Ungünstige emotionale Verarbeitung
36 12 Erldärungsansätze
Phobophobe Reaktionstendenzen verdienen in der Therapie besondere
Beachtung. So stellt die Angst zu erröten bei nicht wenigen Klientinnen
und Klienten ein zentrales Problem dar (Edelmann, 1990). In solchen Fällen
kommt den im GSK verwendeten, auf Video aufgezeichneten Rollenspielen
der Teilnehmer eine besondere Bedeutung zu (vgl. Trainingsmanual). Mit
ihrer Hilfe sind die betreffenden Klienten davon zu überzeugen, dass sie
nach außen keineswegs so unsicher wirken, wie sie vermuten. Oft ist dieses
Ziel durch einige Hinweise bei der Besprechung der Videos zu erreichen. In
anderen, „hartnäckigeren" Fällen ist es jedoch wichtig,
sich für diesen Nachweis mehr Zeit zu nehmen,
sich vor Betrachten des gefilmten Rollenspiels vom Klienten konkrete
Merkmale für das angeblich ängstliche Auftreten („nervöse" Gestik, Er
röten, Zittern usw.) beschreiben zu lassen und
ihn durch (notfalls mehrmaliges) Zeigen und Besprechen der Videoauf
nahme behutsam zu einem Vergleich der befürchteten und tatsächlichen
Außenwirkung zu veranlassen und damit zu einer objektiveren Selbst
sicht.
Harvey et al. (2000) schlagen ein ähnliches Vorgehen vor und belegen seine
Wirksamkeit. Natürlich sind solche Verfahren nur sinnvoll, wenn das Pro
blem von Klienten tatsächlich in einer deutlichen Verkennung der eigenen
Außenwirkung liegt.
Vermeidung
Primäre Vermeidung. Sozial kompetentes Verhalten setzt voraus, dass die be
treffende Situation überhaupt aufgesucht und die anstehende Interaktion in
Angriff genommen wird. Diese Tatsache wird leicht vergessen, obwohl entspre
chende primäre Vermeidungsversuche eine besonders gravierende Form von
sozialen Kompetenzproblemen darstellen und bei unsicher-ängstlichen Perso
nen weit verbreitet sind (Patterson & Ritts, 1 997) . Durch primäre Vermeidung
wird auf eine Verwirklichung eigener Rechte und Bedürfnisse in bestimmten
Lebensbereichen von vornherein verzichtet. So mag ein junger Mann über
Jahre alle intimeren Kontaktversuche zu Frauen vermeiden. Neben der fehlen
den Befriedigung seiner erotischen Bedürfnisse kann das langfristig zur tief
greifenden Unzufriedenheit mit sich und zu einer Beeinträchtigung des Selbst
wertgefühls führen. Darüber hinaus geht das Ausmaß an sozialen Fertigkeiten
durch fehlende Übung zurück, wodurch eine Problembewältigung weiter er
schwert wird.
38 l 2 Erklärungsansätze
Primäre Vermeidungstendenzen dürften ein wichtiger Grund dafür sein,
, dass sozial unsichere Personen über ein kleineres soziales Netzwerk verfügen
als andere Menschen (Patterson & Ritts, 1 997). Sie provozieren dabei auch da
durch soziale Ablehnung, dass Mitmenschen diese Art des Sozialverhaltens in
einem tragischen Paradox häufig nicht als Schüchternheit, sondern als Desinte
resse, Unhöflichkeit oder Arroganz interpretieren.
Es ist für Therapeuten wichtig zu wissen, dass auch Stim mungen Bestand
teil von primären Vermeidungsstrategien sein können. Emotionspsychologi
sche Untersuchungen zeigen, dass sie relativ einfach zu beeinflussen sind:
Wenn Versuchspersonen etwa mit entsprechenden Instruktionen eine Reihe
von deprimierenden Selbstaussagen lesen („Ich habe wirklich niemanden,
den ich m einen Freund nennen kann!" o.ä.), kom mt es häufig schon zu
deutlichen Stimmungsveränderungen (z.B. Williams, 1 980) . Solche Befunde
bedeuten, dass Menschen durch mehr o der weniger bewusste kognitive Ak
tivitäten vergleichsweise einfach Stimmungen erzeugen und verändern
können. Diese Tatsache wird erfahrungsgemäß von vielen Klienten dazu
benutzt, um sozialen Alltagsanforderungen aus dem Weg zu gehen, weil
man „heute eben nicht in Stim mung ist". Stimmungen gelten dabei vor sich
selbst und vor anderen als besonders wirksame Entschuldigung, wahr
scheinlich weil sie in der Alltagspsychologie eher als körperlich gesteuerte
Phänomene betrachtet werden, für deren Zustandekommen man nicht ver
antwortlich ist.
Leider ist bisher noch weitgehend unklar, warum und unter welchen Be
dingungen inkompetent-unsicheres Verhalten bei manchen Personen in eine
primäre Vermeidung von Situationen umschlägt. Tatsächliche m otorische
Verhaltensdefizite spielen dabei wahrscheinlich eine untergeordnete Rolle.
Entscheidender könnten sein:
starke konditionierte Angstreaktionen aufgrund früherer Erfahrungen,
missglückte oder schwierig aufrechtzuerhaltende Selbstpräsentationen aus
der Vergangenheit,
übertriebene Ansprüche an das eigene Verhalten oder
die besonderen Anstrengungen, m it denen die Bewältigung vieler sozialer
Interaktionen für unsichere Personen verbunden ist.
Skills
Eine effektive Bewältigung von Situationen setzt die Realisierung bestimmter
Verhaltensfertigkeiten (Skills) voraus. Wie weiter oben schon erwähnt, versteht
man darunter die aufeinander abgestimmte, gut organisierte und situationsge
rechte Kombination von einzelnen Verhaltensweisen.
Typisch am Skill-Begriff ist das mittlere Ausmaß an Situationsspezifität. Von
dem im GSK postulierten Skill ,,Kompetentes Verhalten vom Typ 'Recht durch
setzen'" (siehe S. 85) wird angenommen, dass dieser nicht nur für die Aufgabe
„Reklamation durchführen" effektiv ist, sondern auch für Aufgaben wie „Von
einem Beamten korrekte Behandlung verlangen", „Vom Nachbarn die Beendi
gung einer Ruhestörung verlangen" usw.
Andererseits ist ein solcher Skill in anderen Alltagssituationen nicht gefor
dert, oder er ist sogar ausgesprochen unpassend und ineffektiv. So wird es zu
eher ungünstigen Reaktionen führen, wenn man von seinem Ehepartner die
Mithilfe im Haushalt in derselben Art und Weise verlangt, wie man bei einer
Behörde sein Recht durchsetzt. In dieser Situation ist eine andere Kombination
von Verhaltensweisen erforderlich, ein anderer Skill, der wiederum nur in ei
nem bestimmten Anwendungsbereich effektiv ist.
Bei der Bestimmung der grundlegenden Fertigkeiten, die zur Bewältigung
des sozialen Alltags erforderlich sind, gibt es nicht immer ganz einheitliche Vor
stellungen. Großen Einfluss hatte ein Vorschlag von Lazarus ( 1 973 ), vier solcher
Fähigkeiten zu unterscheiden: Nein sagen können, Wünsche/Forderungen
stellen, Sozialkontakte beginnen und beenden, positive/negative Gefühle offen
ausdrücken.
Erst neuerdings bemüht man sich darum, eine empirisch gerechtfertigte
Klassifikation von sozialen Fertigkeiten zu erstellen. Eine gründliche übersieht
über derartige Versuche geben Spitzberg und Cupach ( 1 989) .
I m GSK-Konzept werden - anders als bei Lazarus - nur drei grundlegende
Skills unterschieden, die unseres Erachtens im sozialen Alltag von zentraler Be
deutung sind:
( 1 ) die Fertigkeit, ein (mehr oder minder formales) Recht durchzusetzen
(2) selbstsicheres Verhalten in Beziehungen
(3) die Fertigkeit, um Sympathie zu werben
40 l 2 Erklärungsansätze
Skill- Komponenten
Skills stellen eine situationsadäquate Kombination von einzelnen verbalen und
nichtverbalen Verhaltenskomponenten dar. Dabei ergibt sich natürlich die
Frage: In welcher Art von Situationen ist welche Kombination von einzelnen
Verhaltensweisen effektiv? Für eine solche Topographie sozial kompetenten
Verhaltens gibt es vor allem im Bereich „Recht durchsetzen" eine Reihe von em
pirischen Studien, deren bewährteste Annahmen bei der Konstruktion des
GSK berücksichtigt wurden.
Relevante Skill· Unterschiede. Eisler et aL ( 1 973) untersuchten sozial kompe
tente und inkompetente männliche Psychiatriepatienten; die Einschätzung er
folgte mit einem Unsicherheitsfragebogen. Dann wurden beide Gruppen einem
Rollenspiel-Test unterzogen, in dem 14 verschiedenartige Situationen vorgege
ben wurden. Die Beurteilung durch geschulte Beobachter ergab, dass sich die
sozial inkompetenten Personen in folgenden Verhaltensaspekten von den ande
ren unterschieden: Ihre Reaktionszeiten waren länger, sprachen leiser, weni
ger akzentuiert und gaben kürzere Antworten. Außerdem gaben sie schneller
nach und verzichteten darauf, vom Gesprächspartner die Aufgabe störender
Verhaltensweisen zu verlangen. In anderen Studien zeigten sich weitere Unt�r
schiede: weniger Gestikulieren, weniger Blickkontakt, größerer Abstand vom
anderen, mehr Sprachpausen, häufigeres Stottern und eine zitternde Stimme
(Patterson & Ritts, 1 997).
Die übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf deutsche Verhältnisse ergibt sich
aus ähnlichen Befunden z.B. von Ullrich de Muynck et al. ( 1978) oder Fydrich
et al. ( 1 996) . Rose und Tryon ( 1979) demonstrierten, dass inkompetent-ag
gressive Verhaltensweisen in vielen der beschriebenen Merkmale genau die
gegenteiligen Charakteristika aufweisen.
Bei kompetentem Verhalten in persönlichen Beziehungen bzw. in Situatio
nen, in denen man um Sympathie werben möchte, kommen zu einigen der
schon erwähnten u.a. noch folgende Skill-Komponenten hinzu: Lächeln (Pat
terson & Ritts, 1 997) , Verstärken des Interaktionspartners und Komplimente
machen (z.B. Aiden & Cappe, 1986), Ich-Mitteilungen, Äußern von Verständnis
und Empathie (Pfingsten, 1 9 84a) sowie Selbstöffnung (Holling, 1983 ) .
Bedeutung von Skill-Defiziten. Angesichts der komplizierten Organisation so
zialer Verhaltensweisen liegt die Annahme nahe, dass einige der erforderlichen
Reaktionselemente von inkompetenten Personen in der Vergangenheit unzu
reichend gelernt wurden und deshalb in einer gegebenen Situation nicht opti
mal realisiert werden können.
Inzwischen gibt es jedoch auch eine Reihe von Untersuchungsbefunden,
dass bei Personen mit sozialen Verhaltensschwierigkeiten nicht immer bemer
kenswerte Skill-Defizite bestehen (vgl. Rapee, 1995). In diesen Fällen könnten
vor allem die vorangehend besprochenen kognitiv-emotionalen Fehlsteue
rungen dafür verantwortlich sein, wenn Menschen soziale Situationen meiden
l
2.2 Bedingungen sozial inkompetenten Verhaltens ! 41
oder ihr an sich verfügbares - kompetentes Verhaltensrepertoire nicht ange
messen nutzen.
Alden und Cappe ( 1 9 8 1 ) z.B. forderten sozial unsichere und sichere Studen
ten auf, sich bei bestimmten Rollenspielen „so selbstsicher wie möglich" zu ver
halten. Dabei stellte sich heraus, dass bei einer solchen Instruktion keine be
deutsamen Unterschiede im Verhalten der beiden Gruppen festzustellen waren.
Differenzen gab es aber in der Selbsteinschätzung ihres Verhaltens, ihrem selbst
wahrgenommenen Angstniveau sowie ihrem Glauben an irrationale überzeu
gungen.
Diese und ähnliche Untersuchungen beziehen sich allerdings häufig auf sozial
unsichere Studenten oder andere weniger beeinträchtigte Personen. Deshalb ist
nicht auszuschließen, dass Skill-Defizite bei bestimmten Personengruppen wie
etwa Psychiatriepatienten doch eine wichtige Rolle spielen (vgl. Haley, 1 985).
Soziale Verhaltensregeln
Wesentlicher Bestandteil sozialer Situationen sind Regeln, wie man sich zu ver
halten hat und wie nicht (Wilson & Gallois, 1 993) . Beim ersten Rendezvous
sollte man das Gespräch nicht mit einem detaillierten Bericht über die eigenen
Verdauungsstörungen eröffnen - ein Verhalten, das bei einem Arztbesuch an
gezeigt sein mag.
Die Kenntnis von Regeln, die in einer Gesellschaft bestehen und das Wissen,
welche Regeln in welchen Situationen anzuwenden sind, sind eine sehr auf-wen
dige und komplizierte Leistung des Individuums. Grobe Kompetenzdefizite,
wie sie etwa im Rahmen von Psychosen feststellbar sind, beruhen oft auf der
Unkenntnis, Missachtung oder dem Vorliegen „falscher", d.h. dysfunktionaler
Regeln beim Handelnden (Fiedler, 1979).
Timing. Jemand kann über ein umfangreiches Verhaltensrepertoire verfügen
und sich doch darüber im unklaren sein, unter welchen Umständen welches
Verhalten einzusetzen ist. Beim Verhalten in Rendezvoussituationen z.B. zeig
ten Fischetti et al. ( 1977), dass sich sozial kompetente und inkompetente Stu
denten nicht in der Anzahl ihrer Äußerungen gegenüber einer Partnerin unter
schieden, sondern in deren Timing. Inkompetente Probanden reagierten eher
zufällig auf die Partnerin, während die kompetenten systematisch an bestimm
ten Punkten der Unterhaltung einhakten.
Viele Misserfolge in solchen Situationen werden sicherlich dadurch pro
grammiert, dass sozial ungeschickte Männer weniger deutlich unterscheiden
42 2 Erklärungsansätze
können, ob eine Partnerin überhaupt an einem Gespräch interessiert ist, ob sie
Spaß an der Unterhaltung hat und das Gespräch fortsetzen möchte (Twenty
man et al., 1 98 1 ) . Ähnliche Diskriminationsdefizite waren auch bei weiblichen
Akteuren mit Kontaktschwierigkeiten nachweisbar (Peterson et al., 1 98 1 ).
Diese Befunde stimmen mit Äußerungen von Klienten überein, sie wüssten
oft im Gespräch mit anderen nicht, wann sie etwas sagen sollten, oder zu wel
chem Zeitpunkt in einer Diskussion es günstig sei, die eigenen Argumente ein
zusetzen.
Probleme zu grüßen. Andere Klienten haben starke Ängste davor, auf der
Straße, beim Einkaufen oder bei Partys Bekannte zu treffen. In solchen Fällen
sollten Therapeuten damit rechnen, dass sie bei näherer Analyse oft statt auf
tiefschürfende Ursachen auf die simple Unkenntnis von Interaktionsregeln sto
ßen, etwa dass Unklarheit darüber besteht, welche Personen man in welcher
Form und in welcher Entfernung zu begrüßen pflegt.
Gesprächspausen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der Umgang mit
Gesprächspausen, der in Kompetenztrainings gezielt geübt werden kann. Viele
Klienten verstehen oft schon kurze Pausen als Aufforderung, eine Unterhaltung
um jeden Preis fortzusetzen. So entsteht eine übertriebene Suche nach Ge
sprächsstoff, die als unangenehm und als Überforderung der eigenen Möglich
keiten empfunden wird. Außerdem werden interessante Gesprächsthemen auf
diese Weise viel zu schnell ,,verpulvert", und es bleibt dann für die weitere Inter
aktion keine Substanz mehr übrig - bei der Gestaltung von Unterhaltungen
eine häufig anzutreffende Ungeschicklichkeit.
Situationsmanagement. Diskriminationsprobleme können nicht nur in der Si
tuation auftreten, sondern schon vorher. So beachten viele Klienten zu wenig
den Zeitpunkt und die gesamte Situation, in der sie ':'\'khtige Interaktionen be
ginnen. Beispielsweise beginnen sie „kritische" Gespräche mit engen Bezugs
personen gerade dann, wenn die gesamte Situation eher ungünstig dafür ist
(z.B. die Stimmungslage der Beteiligten) . Auf diese Weise kann berechtigte Kri
tik schnell zur Aggression werden, obwohl die Klienten bei einem günstigeren
Situationsmanagement durchaus zu einer kompetenteren Auseinandersetzung
imstande wären.
Aktives Explorationsverhalten. Zur Erklärung solcher Probleme kann zum ei
nen von einer unzureichenden Kenntnis sozialer Regeln ausgegangen werden.
In solchen Fällen sollte die Therapeutin oder der Therapeut im Gespräch mit
dem betreffenden Klienten und/oder der Gruppe entsprechende Informatio
nen erarbeiten. Zum anderen ist aber auch zu bedenken, dass entsprechende
Diskriminationsleistungen nicht nur auf einem passiven Registrieren sozialer
Informationen beruhen, sondern aktives Explorationsverhalten voraussetzen.
So sind Klienten im Training zu solchen Aktivitäten anzuleiten, z.B. wenn es
darum geht, die Gesprächsbereitschaft von Interaktionspartnern zu testen oder
Objektive Konsequenzen
Fortlaufendes Feedback. Soziales Verhalten in einer konkreten Situation be
wirkt beim Gesprächspartner ein fortlaufendes Feedback. Durch minimale Ges
ten, Blickzuwendung, „Mmh" s und „Aha''s, Kopfnicken usw. signalisiert dieser
Aufmerksamkeit, Zustimmung oder Ablehnung. Wie sich schon in Alltags
gesprächen leicht und eindrucksvoll demonstrieren lässt, führt ein Aussetzen
des fortlaufenden Feedbacks bei fast allen Menschen zu einem typischen in
kompetent-unsicheren Verhaltensmuster, nämlich zu einer Verlangsamung der
Sprechgeschwindigkeit, zur Abnahme der Sprechfrequenz, Zunahme von Pau
sen usw.
Nicht immer ist mit fortlaufenden Aufmerksamkeitssignalen von Mitmen
schen zu rechnen. So muss eine Person, zu der ich das erste Mal Kontakt auf
nehme, zunächst einmal ihre Reserve aufgeben, und sie mag dementsprechend
sparsam mit Gesten der Zustimmung umgehen. In solchen Situationen ist es
wichtig, nicht zu abhängig vom Feedb ack des Partners zu sein. Stattdessen
muss man entstehende „Durststrecken" mit geeigneten Selbstermutigungen
und anderen Selbstinstruktionen überwinden. Das fällt manchen Klienten
schwer, und sie ziehen sich beim Fehlen von Aufmerksamkeitssignalen anderer
zu schnell zurück, halten sich selbst für uninteressante Menschen und verzich
ten auf weitere Kontaktversuche.
Der Wegfall des kontinuierlichen Feedbacks ist für manche Situationen be
sonders typisch (z.B. Verhalten unter Fremden in der Öffentlichkeit, Rede vor
größerem Auditorium). Genau dieser Sachverhalt könnte für viele Klienten ihr
zentrales Problem darstellen. Es ist gut denkbar, dass sie den Wegfall des konti-
44 l 2 Erklärungsansätze
nuierlichen Feedbacks zu kompensieren versuchen, indem sie sich bei der Ein-
. schätzung der Situation an ihren eigenen Gefühle orientieren mit den Folgen,
die für eine solche erhöhte Selbstaufmerksamkeit weiter oben bereits diskutiert
wurden (vgl. auch Stangier & Heidenreich, 1 997) .
Kompetentes Durchsetzungsverhalten. Was ist über die objektiven Konse
quenzen kompetenten, unsicheren und aggressiven Verhaltens bekannt? Was
die kurz- und langfristigen Konsequenzen angeht, so gäbe es wahrscheinlich
kaum Menschen, die unter inkompetentem Verhalten leiden würden, wenn
kompetentes Durchsetzungsverhalten immer und in jeder Hinsicht erfolgreich
wäre. Genau genommen muss man es jedoch manchmal eher als eine Art Ide
ologie von Kompetenztrainern bezeichnen, dass selbstsichere Verhaltensweisen
immer positive Folgen nach sich ziehen.
Die Verstärkungsbedingungen für sozial kompetentes Durchsetzungsverhal
ten sind bei manchen Personenkreisen und gesellschaftlichen Gruppen sogar
besonders ungünstig.
Beispielsweise zeigt sich in einigen (nicht allen) Studien, dass kompetentes
Verhalten von weiblichen Personen häufig ungünstiger beurteilt wird, Frauen
unter Umständen also mit negativeren Konsequenzen rechnen müssen als
Männer (vgl. Pfingsten, 1 984a) . In einer Untersuchung wurde z.B. festgestellt,
dass sehr selbstsichere Frauen als weniger intelligent und liebenswert einge
schätzt wurden. Außerdem wird dasselbe kompetente Verhalten bei Frauen
häufig eher als aggressiv eingeschätzt als bei Männern. Dass es sich dabei nicht
um „chauvinistische" Beurteilungsfehler männlicher Beurteiler handelt, er
weist sich daran, dass diesen Tendenzen in den genannten Studien auch weibli
che Beurteiler folgten.
Inkompetent-aggressives Verhalten. Erstaunlich eindeutig sind die Ergeb
nisse über die Effekte von kompetentem im Vergleich zu inkompetent-aggres
sivem Verhalten. Bei Hull und Schroeder ( 1 979) z.B. führten Aggressionen zwar
im selben Ausmaß zum Einlenken der Interaktionspartner wie selbstsicheres
Verhalten, zugleich traten aber eine Reihe negativer Gefühle bei den aggressiv
bedrängten Personen auf, was bei kompetent geäußerten Forderungen weit we
niger der Fall war. Eine gewisse Durchsetzungswirkung aggressiver Äußerun
gen, dabei aber Sympathieverluste, Ärgergefühle und Gegenaggressionen bei
den Interaktionspartnern - dieser Befund ist charakteristisch für eine Reihe
von weiteren Studien (Pfingsten, 1984a).
46 ! 2 Erklärungsansätze
subjektive Verarbeitung von Konsequen:z:en
Die wichtigste Funktion von Verhaltenskonsequenzen besteht darin, dass sie
die Antizipationsprozesse beeinflussen, die auf S. 23ff schon besprochen wur
den. Diese sind es ja, die in einer Alltagssituation für die Wahl eines Verhaltens
von Bedeutung sind.
Allerdings gehen die objektiven Konsequenzen nicht unmittelbar in entspre
chende Antizipationen über, sondern erst nachdem sie von der handelnden
Person subjektiv verarbeitet wurden. Dabei ist zu bedenken, dass das Konse
quenzgeschehen in sozialen Situationen oft komplex und mehrdeutig ist, so
dass für subjektive Interpretationen ein breiter Spielraum gegeben ist. Hier
kommen, wie der Rückkoppelungspfeil im Prozessmodell (Abb. 1) andeutet,
viele der inneren Verarbeitungsprozesse wieder ins Spiel, die in allgemeinerem
Zusammenhang weiter oben schon erörtert ·wurden.
Die einschlägige Forschung zeigt inzwischen immer deutlicher, dass die Unter
scheidung zwischen objektiven Verhaltenskonsequenzen und ihrer subjektiven
Verarbeitung für das Verständnis und die Therapie sozialer Kompetenzpro
bleme besonders wichtig ist (z.B. Patterson & Ritts, 1 997; sowie die verdienst
vollen Studien von Lynn Alden) . Was macht die subjektive Konsequenzverar
'
beitung von sozial inkompetenten Klientinnen und Klienten problematisch?
Attribution von Erfolg und Misserfolg. Das Kompetenzvertrauen und die Be
reitschaft zu sozial kompetentem Verhalten werden durch positive Konsequen
zen nur gestärkt, wenn diese auch wirklich als Ergebnis des eigenen Verhaltens
oder der eigenen Fähigkeiten und nicht als Zufall oder Glück angesehen wer
den. Außerdem können Misserfolge „neutralisiert" werden, kann ein positives
Selbstkonzept aufrechterhalten werden, wenn solche negativen Verhaltenskon
sequenzen nicht mit der eigenen Unfähigkeit erklärt werden, sondern mit feh
lender Anstrengung oder mit der Schwierigkeit der betreffenden Situation.
Möglicherweise spielen sie auch eine wichtige Vermittlerrolle dabei, ob sich aus
sozialen Kompetenzproblemen eine tiefergreifende depressive Symptomatik
1
48 ! 2 Erklärungsansätze
Der amerikanische Psychologe Richard G. Heimberg berichtete über eine
. Klientin, die in einer Therapiesitzung im Rollenspiel eine Kellnerin auf einer
Cocktailparty spielte. Sie machte ihre Aufgabe gut, außer dass sie ein wenig von
einem servierten Getränk verschüttete. Bei der Nachbesprechung mit dem
Therapeuten schien sie mit ihrem Verhalten in der Situation ganz zufrieden zu
sein. Am Abend jedoch unternahm sie einen Selbstmordversuch, nachdem sie
alleine näher über ihr Rollenspielverhalten nachgedacht hatte ( Clark & Wells,
1 995, s. 75).
Ein überkritischer Umgang mit sich selbst wird auch durch viele empirische
Untersuchungen bestätigt. Sozial unsichere Personen können die Angemessen
heit des Verhaltens anderer zutreffend einschätzen, unterschätzen jedoch die
Qualität ihres eigenen Verhaltens (vgl. Rapee & Heimberg, 1997). Bei der weiter
oben schon erwähnten Studie von Alden und Cappe (1981) hielten unsichere
Probanden ihr eigenes Verhalten für unsicher und ineffektiv, obwohl neutrale
Beobachter keinen Unterschied zum Verhalten kompetenter Versuchspersonen
feststellen konnten.
Unsichere Klienten beurteilen auch ganz normales Sozialverhalten bei sich
selbst ungünstig und nehmen es zum Anlass für negative Bewertungen, die aus
lerntheoretischer Sicht als regelrechte Selbstbestrafungen wirken. entspie
chende Häufung von Selbstbestrafungen findet dabei nicht nur nach, sondern
auch schon während sozialer Interaktionen statt, wie Stopa und Clark ( 1993)
herausfanden. Sie belegten zudem, dass dieser fortlaufende Prozess der Selbst
entmutigung zumindest bei Sozialphobikern weniger durch tatsächliche Reak
tionen der Interaktionspartner gesteuert wird, sondern eher wie ein festes
internes Programm abläuft, das durch bestimmte soziale Situationen automa
tisch ausgelöst wird. Insgesamt ist es angesichts dieser nachgewiesenen häufi
gen Selbstbestrafungen wenig erstaunlich, dass den Betroffenen ein aktives und
konsequentes Durchsetzungsverhalten schwer fällt. ,
Einige Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die Bereitschaft selbst
unsicherer Personen zur Selbstkritik aus einem übertriebenen Anspruchsni
veau sich selbst gegenüber resultiert. Dabei machenAlden et aL ( 1994) deutlich,
dass sich ein entsprechender Perfektionismus vor allem auf die eben erwähnte
Häufung von entmutigenden Selbstbewertungen während der Interaktionen
auswirkt.
SO l 2 Erklärungsansätze
Kompetentes Verhalten setzt nicht voraus, dass jemand ausschließlich selbst
. verstärkende und keinerlei selbstkritische Gedanken produziert. Typischer ist,
dass beide Arten von Konsequenzen vorkommen, aber in einem Verhältnis ste
hen, in dem Selbstverstärkungen deutlich überwiegen.
Gedächtnisprozesse
Für die konkreten Erfolgs-/Misserfolgserwartungen in einer aktuellen sozia
len Situation ist letzten Endes entscheidend, wie frühere Konsequenzen im
Gedächtnis gespeichert wurden, und wie sie abgerufen werden. Die selektive
Wirkung dieser Prozesse ist bekannt, und auch hier sind Verzerrungen von
Konsequenzerfahrungen möglich. Außerdem ist anzunehmen, dass z.B. nega
tive Stimmungen und Gefühle die Erinnerung an korrespondierende Er
fahrungen aus der Vergangenheit fördern, so dass mit einer entsprechenden
Beeinflussung von Kompetenz- und Konsequenzerwartungen zu rechnen ist,
wenn sich Menschen unsicher, ängstlich, niedergeschlagen oder ärgerlich
fühlen.
Allerdings ist die empirische Forschung in diesen Punkten nicht sehr ein
deutig (vgl. auch Neidhardt & Florin, 1997) : Einige Studien belegen zwar,
dass sozial ängstliche Personen sich aufgrund hoher Selbstaufmerksamkeit
insgesamt an weniger objektive Details vorangehender Sozialsituationen erin
nern können und negative Konsequenzen ihres Verhaltens besser behalten als
nicht ängstliche Versuchspersonen. In anderen Untersuchungen konnten je
doch eindeutig keine selektiven Gedächtniseffekte nachgewiesen werden (z.B.
Cloitre et al., 1 992, 1 995; Rapee et al., 1 994). So wird in Zukunft näher zu klä
ren sein, wovon es abhängt, ob selektive Gedächtniseffekte auftreten oder
nicht.
Zirkuläre Wechselwirkungen. Am Anfang dieses Kapitels wurde schon darauf
hingewiesen, dass Therapeutinnen und Therapeuten es selten mit Klienten zu
tun haben werden, deren soziale Kompetenzprobleme sich nur mit einem der
hier besprochenen Bedingungsfaktoren erklären lassen. Selbst bei eng um
schriebenen Sozialphobien haben sich monokausale Modellvorstellungen bis
her kaum bewährt (vgl. Beidel & Turner, 1 998; Hofmann, 2001; Heimberg et al.,
1 995; Stein, 1 995) .
Stattdessen finden sich bei Klienten zirkuläre Wechselwirkungen, in denen
mehrere der besprochenen Teilprozesse zusammenwirken: Eine perfektionisti
sche Anspruchshaltung z.B. kann dazu führen, dass eine Klientin ihr Verhalten
immer wieder extrem negativ wahrnimmt und deshalb soziale Situationen ins
gesamt zu vermeiden beginnt. Bei anderen Personen führen ganz spezielle Si
tuationen zu panischen Ängsten, ohne dass ansonsten wesentliche Verhaltens
defizite nachweisbar wären. Durch die Ängste jedoch meinen diese Klienten,
dass sie solchen Situationen nicht gewachsen sind. Beide Beispiele deuten an,
wie unterschiedlich im Einzelfall die Zusammenhänge sein können.
1
2.2 Bedingungen sozial inkompetenten Verhaltens ! 51
2. 3 Ätiologie sozialer Kompetenzprob leme
Der erste Aspekt stand im Mittelpunkt des vorangehenden Kapitels. Nun geht
es dagegen um die Frage der Ätiologie: Welche Ursachen sind dafür verant
wortlich, dass bei manchen Menschen soziale Ängste, ungünstige kognitive
Verarbeitungsstile oder unzureichende motorische Skills entstehen?
Durch die Einführung der Diagnosen „soziale Phobie" bzw.„ängstliche (ver
meidende) Persönlichkeitsstörung" in die offiziellen Klassifikationssysteme hat
sich die Forschung in diesem Bereich in den letzten Jahren erheblich intensi
viert. Das ging allerdings mit einigen typischen Akzentverlagerungen einher,
nämlich mit einer Einschränkung auf die Erforschung dieser speziellen Formen
von sozialen Kompetenzproblemen, deren Verständnis als Störungen im Sinne
eines eher psychiatrischen Krankheitsmodells, und mit der Intensivierung bio
logischer Forschungs- und Behandlungsansätze (siehe die Sammelbände von
Beidel & Turner, 1 998; Heimberg et al„ 1 995; Hofmann, 200 1 ; Stein, 1 995) .
52 12 Erklärungsansätze
robiologische Erklärungsansätze zur Entstehung sozialer Phobien und Ängste
werden dagegen vernachlässigt. Auch auf psychodynamische, entwicklungs
oder persönlichkeitspsychologische Konzeptionen zu dieser Thematik gehen
wir nur am Rande ein. Interessierte finden dazu in den genannten Sammelbän
den sehr gute Zusammenfassungen.
54 l2 Erklärungsansätze
Gerade selbstunsichere Personen, die wenig strukturierte soziale Situationen
. besonders fürchten, können kurzfristig verständliche Gründe für eine be
stimmte Form der Selbstdarstellung haben. Leider verkennen sie dabei jedoch
deren langfristig bindenden Charakter.
Barrett et al. ( 1 996) fanden in einer empirischen Untersuchung heraus, dass die
ohnehin schon erhöhte Tendenz sozial unsicherer Kinder, sich in bestimmten
sozialen Problemsituationen vermeidend-unsicher zu verhalten, noch weiter
zunahm, wenn sie zwischenzeitlich ein Gespräch mit ihren Eltern über die Pro
bleme führten. Einer genaueren Analyse der Gespräche zufolge war dieser
fekt vor allem darauf zurückzuführen, dass die Eltern kompetente Lösungsan
sätze der Kinder eher ignorierten und unsichere Alternativen aufgriffen und
verstärkten (Dadds et al„ 1996). Analog dazu wurden auch aggressive oder
kompetente Kinder durch Interaktionen mit ihren Eltern jeweils in den für sie
charakteristischen Verhaltensmustern verstärkt.
Soziale Ängste sind vor allem dann unangemessen, wenn die betreffende Per
son an sich über ein ausreichendes Verhaltensrepertoire verfügt, um die ge
fürchteten Situationen erfolgreich zu bewältigen. Der Tanzschüler, der bei sei
nen ersten Aufforderungen einen Korb bekommt, mag sich zunächst schämen,
später jedoch allein auf die Vorstellung, wieder zum Tanzen auffordern zu müs
sen, mit panischer Angst reagieren. Das entstehende Vermeidungsverhalten
kann unter Umständen über Jahre anhalten, auch wenn der Betreffende inzwi
schen sozial so gewandt ist, dass er eine solche Situation hinreichend meistern
könnte.
Zur Entstehung von sozialen Ängsten werden neben genetischen Faktoren,
die wahrscheinlich eher als eine allgemeine Disposition zur Ausbildung von
Angststörungen anzusehen sind (Andrews, 1 996), zahlreiche weitere Ursa
chenfaktoren diskutiert (vgl. Beidel & Turner, 1 998; Heimberg et al„ 1995; Hof
mann, 200 1 ; Stein, 1995). In diesem Rahmen sollen drei Mechanismen etwas
genauer besprochen werden. Sie können alleine wirksam sein, aber durch das
Zusammentreffen mit einem allgemeinen Vulnerabilitätsfaktor eine besonders
nachhaltige Wirkung entfalten (vgl. Mineka & Zinbarg, 1995).
Traumatisierung. Bestimmte Sozialsituationen führten in der Vergangenheit
zu unangenehmen Erfahrungen, wobei Gefühle wie Scham, Schuld oder psy
chischer Schmerz ausgelöst wurden. Diese Gefühle wurden dann mit den be
treffenden Situationen verknüpft, was letztlich zurAngstvor diesen Situationen
führt. Solche klassischen Konditionierungsprozesse spielen bei der Entstehung
sozialer Ängste zweifellos oft eine wesentliche Rolle. Dabei ist zu beachten, dass
sich die Konditionierungstheorie wesentlich weiterentwickelt hat (vgl. Merckel
bach et al., 1 996; Mineka & Zinbarg, 1 995).
Ähnlich wie andere Autoren kommt Wolpe ( 198 1 ) bei einer retrospektiven
Untersuchung von 40 Patienten mit unangemessenen (häufig auch sozialen)
Ängsten zu dem Schluss, dass Konditionierungsprozesse bei etwa z1ivei Drittel
dieser Personen ätiologisch von ausschlaggebender Bedeutung waren. Bemer
kenswerterweise ging dabei die Konditionierung in 2 1 von 26 Fällen auf eine
einmalige traumatisierende Koppelung von Reizereignissen zurück.
Hackmann et al. (2000) zeigten, dass diese Traumatisierungserfahrungen
von sozial ängstlichen Personen oft in sehr konkreten und individuellen Vor-
58 [ 2 Erklärungsansätze
stellungsbildern gespeichert werden. Diese werden dann über viele Jahre in kri
tischen Situationen immer wieder in relativ stereotyper Form aktiviert und tra
gen zur Verstärkung der Angstgefühle bei, auch wenn längst nicht mehr an
gemessen sind (vgl. S. 36).
Soziale Ängste können auch durch Erziehungseinflüsse von Seiten der Eltern
bewirkt worden sein, z.B. indem bestimmte soziale Aktivitäten bestraft vvur
den. Ganz allgemei n kann davon ausgegangen werden, dass übermäßige elter
liche Verbote mit unsicher-vermeidendem Verhalten ihrer Kinder zusammen
hängen (vgl. Rapee, 1 997). Eltern sozial ängstlicher Personen scheinen dabei
häufiger als andere Beschämung als Erziehungsmittel einzusetzen (Bruch &
Heimberg, 1994).
Auch für die Entstehung ausgeprägter sozialer Ängste ist die frühe Adoles
zenz möglicherweise eine besonders wichtige Entwicklungsphase. In dieser
Phase setzen sich die Heranwachsenden einer Fülle von neuartigen Sozialsitu
ationen aus. Das ist mindestens in zweifacher Hinsicht von Bedeutung:
Aufgrund der Neuartigkeit von Situationen und mangelnder Erfahrung
kommt es fast zwangsläufig zu Ungeschicklichkeiten und dadurch auch zu ·
Der Wirkung des Körperäußeren und des Verhaltens auf Gleichaltrige kommt in
dieser Entwicklungsphase eine zentrale Bedeutung zu. So sind in dieser Alters
stufe oft auch die Ursachen die bereits erwähnten phobophoben Reaktionen
von Klienten zu suchen, bei denen körperliche Angstsymptome besonders ge
fürchtet werden, weil die Interaktionspartner dadurch ihre Angst bemerken
könnten (siehe S. 36f). Gerade bei Heranwachsenden i n diesem Alter ist es recht
wahrscheinlich, dass sie (a) angesichts der Neuartigkeit von Situationen körper
liche Anzeichen von Aufregung zeigen, und (b) von Gleichaltrigen deswegen
auch tatsächlich manchmal ausgelacht, bloßgestellt oder geärgert werden.
Die Angst vor bestimmten sozialen Situationen kann auch durch Konditio
nierungen höherer Ordnm1g verursacht werden. Als solche gelten z.B. angster
regende Erzählungen, in denen bestimmte Situationen oder Verhaltensweisen
durch Eltern, Gleichaltrige oder Massenmedien mit einer angsterregenden
emotionalen Bedeutung versehen vvurden.
Die Angst insbesondere vieler älterer Menschen vor Kontakten mit fremden
Personen scheint uns wenigstens zum Teil auf eine Überproportionale Präsenz
und verzerrte Darstellung von (Gewalt-) Verbrechen in den Massenmedien zu
rückzuführen sein. In den USA wurde festgestellt, daß Menschen, die viel fern
sehen, „weniger Vertrauen zu anderen haben. Sie schätzen die Möglichkeit, dass
sie betrogen werden, höher ein als Menschen, die wenig fernsehen". Außerdem
neigen sie dazu, „unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau, Geschlecht, Alter
60 l 2 Erklärungsansätze
Ein solcher Erklärungsansatz gilt auch für aggressive Reaktionen. Beispiels
weise hatte eine Klientin in ihrem Elternhaus erlebt, dass Anfragen von Behör
den oder auch nur die freundlich vorgetragene Beschwerde von Nachbarn bei
der Mutter regelmäßig heftige Wutanfälle auslösten. Dieses emotionale Verhal
tensmuster wurde von der Klientin unbemerkt übernommen. So hatte sie als
Erwachsene selbst große Schwierigkeiten mit einer vernünftigen und kompe
tenten Bewältigung derartiger Auseinandersetzungen, „weil man mit Behörden
und Nachbarn doch nur Ärger hat", und sie vor Wut gleich explodierte.
" • 1ogte
2.3 Atio · 1er Kompetenzprobleme 1!
· sozia 61
einmal übernommen haben. Sie werden wegen der Vieldeutigkeit sozialer Er
eignisabläufe kaum je widerlegt, andererseits aber lassen sich im Alltag immer
wieder Erfahrungen machen, die sie zu stützen scheinen.
Eine etwas andere Rolle spielt die Degeneration von Verhaltensvorsätzen. So
können im Grunde alle sinnvollen Vorsätze (z.B. „Ich werde mich bemühen, die
Situation X zu meistern.") dadurch dysfunktional werden, dass sie zu dogma
tischen Ansprüchen verabsolutiert werden („Ich muss mit der Situation um
den Preis fertig werden!"; Ellis, 1987; Wagner, 1987) . Ein solcher Vorgang ist bei
vielen Klientinnen und Klienten mit sozialen Kompetenzproblemen anzutref
fen. Er führt zu perfektionistischen Ansprüchen an das eigene Verhalten und
erschwert eine realistische Selbsteinschätzung.
Weitgehend unklar ist allerdings, warum Verhaltensvorsätze von manchen
Personen in dieser Weise verabsolutiert werden. Was die Erfahrung mit eigenen
Klientinnen und Klienten angeht, haben wir den Eindruck, dass hier oft eine
Art von Missverständnis vorliegt. Es scheint, als ob diese Personen bestimmte
„erzieherisch" gemeinte Äußerungen von Eltern, wichtigen Bezugspersonen
oder auch Massenmedien als Kinder oder Heranwachsende zu wörtlich
nommen haben, ohne deren pragmatischen Sinn richtig zu erkennen.
Weitere Annahmen über die Ätiologie dysfunktionaler Einstellungen und
Lebensphilosophien lassen sich z.B. aus den Ansätzen von Beck und Emery
( 1 985) oder Ellis ( 1 993) ableiten, worauf hier aber nicht näher eingegangen
werden kann.
Mangelndes Kompetenzvertrauen. Nach Petermann ( 1 989) müssten Hilflosig
keitserfahrungen und entsprechend niedriges soziales Kompetenzvertrauen
vor allem aus zwei Sozialisationsbedingungen resultieren:
( 1 ) aus sozioökonomischen und psychosozialen Bedingungen, in denen Kin
dern ohne eigene Anstrengung alles zufällt, oder
(2) aus extrem deprivierenden Bedingungen, bei denen ebenfalls keine
matischen Zusammenhänge zwischen eigenem Verhalten und dessen Kon
sequenzen gegeben sind.
62 l 2 Erklärungsansätze
men einer so genannte Self-handicapping-Strategie in mancher Hinsicht be
.schützende Reaktionen anderer auslösen und dadurch verstärkt werden (vgl.
Snyder & Smith, 1 986) .
Menschen, die stark von externen Verstärkungen abhängig sind und nicht ge
lernt haben, sich eigenen Ansprüchen gemäß selbst zu verstärken, dürften Pro
bleme damit haben, ihre eigenen Ziele, Bedürfnisse und Interessen im Alltag
konsequent zu verfolgen. Im Einklang damit geben sozial unsichere Klienten
an, ihre Eltern hätten besonders großen Wert auf die Meinung anderer gelegt,
z.B. von Verwandten oder Nachbarn (Bruch & Heimberg, 1 994). Ätiologisch
bedeutsam sind in diesem Zusammenhang mindestens zwei Prozesse.
Missachtung von Selbstlob. Viele Eltern sind ein schlechtes Vorbild für Selbst
verstärkungen. Sie loben sich selten für eine gelungene Leistung, sind ungedul
dig und übertrieben selbstkritisch sich selbst gegenüber. Insofern werden viele
Klientinnen und Klienten durch ihre Eltern kaum auf die Möglichkeit ange
messener Selbstverstärkung aufmerksam gemacht.
Zeigen Kinder von sich aus selbstlobendes Verhalten, halten viele Eltern sol
che Reaktionen für unbescheiden und lassen dies mehr oder minder deutlich
spüren. Das Ablösen des Verhaltens von äußeren Erfolgen und das Lernen ei
gengesteuerter Handlungen werden dem Kind auf diese Weise erschwert. Das
Sprichwort „Eigenlob stinkt!" zeigt die Missachtung selbstverstärkender Ver
haltensgewohnheiten in unserer Gesellschaft.
Förderung von Selbstbestrafung. Im Laufe der Sozialisation können selbstbe
strafende Verhaltensgewohnheiten herausgebildet werden, die mit herabsetzen
den, tadelnden und geringschätzigen Äußerungen wichtiger Bezugspersonen
wie Eltern oder Lehrern zusammenhängen. Ihr Einfluss ist wahrscheinlich be
sonders groß, wenn ständig und eventuell sogar von verschiedenen Personen,
gleichartige Zuschreibungen von Eigenschaften vorgenommen werden („Du
hast eben zuwenig Selbstbewusstsein."). Die Übernahme solcher Fremdbeur
teilungen durch die kritisierte Person liegt nahe (Bern, 1 972).
Zur Aufrechterhaltung selbstbestrafender Reaktionen kann aber auch die Er
fahrung beitragen, dass selbstkritische Äußerungen die Kritik anderer oft ver
hindern und bei den Mitmenschen statt dessen positive Reaktionen wie Trost
·
haltenstherapie.
Die folgenden Abschnitte befassen sich zunächst mit diesen vier Therapiekon
zepten, die für das Verständnis heutiger Kompetenztrainings von besonderer
Bedeutung sind. Anschließend folgt eine Übersicht über die wichtigsten klini
schen und psychosozialen Einsatzgebiete von Trainings sozialer Kompetenzen.
Wolpe. Joseph Wolpe ( 1958, 1973, 1995) verdankt die Verhaltenstherapie nicht
nur den Begriff „Selbstsicherheitstraining" bzw. „Selbstbehauptungstraining"
(assertive training), sondern auch wichtige Anregungen auf diesem Gebiet.
Nach Wolpes theoretischen Annahmen ist Angst bei psychischen Störungen
der entscheidende Faktor. In übereinstimmung mit der Theorie der klassi
schen Konditionierung nimmt er an, dass ursprünglich neutrale Reize durch
Konditionierung zu Angst auslösenden Reizen werden und zu Vermeidungs
verhalten führen. Es entsteht ein Teufelskreis: Die Angstreaktionen können
nicht durch das Ausbleiben des erwarteten, gefürchteten, unkonditionierten
Reizes gelöscht werden, weil alle Situationen vermieden werden, in denen die
ser Reiz auftreten könnte.
66 1 3 Interventionen
1
die einen einheitlichen und relativ situationsunabhängigen Aspekt der Persön
lichkeit implizieren - hatte weitreichende Folgen für die Operationalisierung
und Messung des Zielverhaltens und die Therapiemethoden. Wichtige
mente seiner Annahmen konnten jedoch nicht empirisch bestätigt werden. Die
Angstforschung zeigte, dass sein rein physiologischer Angstbegriff zu eng war.
Man fand weder überzeugende Nachweise dafür, dass Durchsetzungsreaktio
nen zu einer Reduktion physiologischer Angstreaktionen führen, noch Hin
weise darauf, dass Selbstsicherheit eine situationsübergreifende Eigenschaft
sein könnte.
Die unklare Abgrenzung zwischen selbstsicherem und aggressivem Verhal
ten im Assertiveness-Konzept, die u. a. in dem in den USA weit verbreiteten
Messinstrument „Rathus Assertiveness Scale" nachgewiesen wurde, rief zuneh
mend Kritik hervor. Auch Wolpe selbst hat später ( 1973) in einer neuen Defini
tion aggressives Verhalten aus dem Begriff assertiveness ausgeklammert. Sein
Grundkonzept aber, dass Angst mit selbstsicherem Verhalten unvereinbar sei,
hat er beibehalten. Arnold Lazarus (z.B. 1973) betrachtet dagegen aggressive
Durchsetzung der eigenen Interessen auf Kosten anderer sogar als inkomp eten
tes Verhalten mit negativen Konsequenzen. Er kann als der bekannteste Vertre
ter einer Gegenrichtung angesehen werden, die inkompetentes soziales Verhal
ten vor allem auf Lerndefizite zurückführt.
68 1 3 Interventionen
Strukturierte Lerntherapie. Goldsteins Strukturierte Lerntherapie ( 1 978), ein
Gruppentraining für psychiatrische Patienten und andere Zielgruppen, ist
nes der bekanntesten Beispiele für solche Programme. Die sozialen Fertigkei
ten, die das Training lehrt, sind in sechs Gruppen eingeteilt:
( 1 ) Basis-Fertigkeiten (z.B. eine Unterhaltung beginnen, Fragen stellen)
(2) Fortgeschrittene Fertigkeiten (andere überzeugen oder um Hilfe bitten,
sich in eine Unterhaltung einmischen usw.)
(3) Mit Gefühlen umgehen (z.B. Gefühle erkennen und äußern)
( 4) Alternativen zu Aggression (für seine Rechte eintreten, anderen helfen,
Selbstkontrollfertigkeiten usw. )
( 5 ) Umgehen mit Stress (mit Enttäuschungen umgehen, aufVersuchungen rea
gieren usw.)
(6) Planen (sich ein Ziel setzen, Informationen sammeln, seine Fähigkeiten
einschätzen usw. )
Auf der Grundlage der Annahme, dass psychosoziale Störungen oft weniger
durch Verhaltensdefizite als vielmehr durch dysfunktionale Prozesse der Infor
mationsverarbeitung (Meichenbaum, 1 986) verursacht werden, wurden seit
etwa drei Jahrzehnten kognitive Therapieansätze entvvickelt, die auch die Ge
staltung und Durchführung sozialer Kompetenztrainings nachhaltig beeinfluss
ten. Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Ansätze in dieser Richtung soll
dies verdeutlichen.
Ältere Therapiemodelle
Bedeutende Anregungen zu einer kognitiven Ausrichtung von Selbstsicher
heits-Trainings gingen auf der praktischen Ebene von Arnold Lazarus aus. Er
versteht unter Selbstsicherheit eine soziale Kompetenz, die Angst reduzierende
und positive interpersonale Auswirkungen hat ( 1 973, S. 697), und ordnete
dem Begriff auch kognitive Komponenten wie Haltungen, Einstellungen, Wer
tungen und Selbstbewertungen zu. Er wandte sich dagegen, aggressives Ver
halten als selbstsicher zu bezeichnen und hielt es für wichtig, auf die Rechte
anderer Rücksicht zu nehmen. Sein Therapiemodell beeinflusste ähnliche An
sätze (z.B. Alberti & Emmons, 1 974; Lange & Jakubowski, 1 976; Ullrich de
Muynck & Ullrich, 1 976).
Kognitive Therapie. Die kognitive Therapie von Beck betrachtet fehlerhafte In
formationsverarbeitung, z.B. Übergeneralisierung, selektive Abstraktion, nega
tive Interpretation von Erfahrungen und Misserfolgserwartungen als wichtigen
Grund für depressive Störungen. Klientinnen und Klienten sind demnach in
sozialen Situationen eher wegen ihrer selbstabwertenden Gedanken unsicher
als wegen eines Defizits an sozialen Fertigkeiten (Beck et al., 1 996) .
Ansatz von Ellis. Im Ansatz von Ellis ( 1993) führen irrationale, selbstabwer
tende Überzeugungen zu entsprechenden gedanklichen Selbstverbalisationen
und unangenehmen Gefühlszuständen und sind damit der entscheidende Fak
tor für psychische Störungen (siehe S. 30f). Seine wichtigste Behandlungsme
thode ist die kognitive Umstrukturierung dieser irrationalen in rationale, posi
tive Selbstverbalisationen. Dieser Ansatz ist besonders ausgeprägt in den
Selbstsicherheits-Modellen von Lange & Jakubowski (1976), Linehan et al.,
( 1979), Meichenbaum ( 1995) und Trower & Dryden (1991)
70 1 3 Interventionen
lems sehr wichtig ist, muss man alle relevanten Informationen in Begriffe
fassen. Man muss die problematischen Aspekte der Situation identifizieren
und sich realistische Ziele setzen.
(s) Schaffung von Alternativen: Das Ziel dieser Phase ist es, möglichst viele
denkbare Lösungen zu finden.
(4) Entscheidungsfindung: Die kurz- und langfristigen Folgen der verschiede
nen Verhaltensstrategien sind abzuschätzen und zur Basis einer Entschei
dung zu machen.
(5) Verwirklichung der Problemlösung: Die Klienten probieren ihre Lösungen
aus und vergleichen die Ergebnisse mit ihren Zielen. Sind sie nicht damit
zufrieden, versuchen sie mit Hilfe der Therapeuten herauszufinden, wo die
Schwierigkeiten liegen.
Manche Trainings schließen mit einer sechsten Stufe, der Bewertung der Er
gebnisse, ab.
Typisch an Problemlösemodellen ist, dass nicht einzelne Verhaltensweisen
gelehrt werden, sondern Strategien und Handlungsprinzipien.
Es ist bekannt, dass verhaltensgestörte und aggressive Klienten oft Defizite
an Problemlösefertigkeiten haben (Tisdelle & St. Lawrence, 1 988). Problemfo
sungsmodelle sind Hauptinhalt oder Bestandteil einer Reihe von Trainings mit
psychiatrischen Patienten (z.B. Dziewas & Grawe, 1 978), aggressiven Kindern
(z.B. Petermann & Petermann, 1 997) , und verhaltensgestörten Jugendlichen
( Tisdelle & St. Lawrence, 1988). Eine Metaanalyse von 49 Evaluationsstudien
bei Kindern mit verschiedenen Störungen ergab besonders gute Therapie
effekte bei sozialen Problemlösungstrainings. Hier waren auch die größten
Generalisierungswirkungen nachweisbar (Beelmann et al., 1 994) .
72 1 3 Interventionen
Folgerung. Es ist bemerkenswert, dass Meichenbaums Modell eine gewisse si
tuationsübergreifende Konsistenz von Verhaltensweisen annimmt: Das Verhal
ten einer Person müsste in verschiedenen Situationen dann konsistent sein,
wenn sie diese Situationen unter dem Einfluss ihrer kognitiven Strukturen als
gleichartig wahrnimmt. In dieser Hinsicht vertritt das GSK einen ähnlichen
Standpunkt. So wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es von der Wahr
nehmung des Einzelnen abhängt, ob eine Situation zur Kategorie „Recht durch
setzen", „Beziehungen" oder „Um Sympathie werben" gerechnet wird (siehe
S. 84ff) . Der kognitive Ansatz von Meichenbaum hat das GSK stark beeinflusst,
besonders das „Erklärungsmodell" für die Teilnehmer (siehe S. 138ff) und das
Training von Selbstinstruktionen und Bewältigungsfertigkeiten (siehe S. 1 0 8f).
Kognitive Bewältigungsstrategien. Die Symptome von Angst und Stress in so
zialen Situationen, die in den frühen Selbstbehauptungsmodellen zentral waren
und in den lerntheoretisch orientierten Trainings sozialer Fertigkeiten nur eine
untergeordnete Rolle spielten, sind in den kognitiven Trainings in neuen Kon
zeptualisierungen wieder in den Mittelpunkt gerückt. Damit gewinnen auch
Stress- und Bewältigungskonzepte für die Therapie sozialer Kompetenzpro
bleme an Relevanz.
Zum Beispiel können Bewältigungsprozesse im Ansatz von R. S. Lazarus &
Folkman ( 1 984) zwei Funktionen haben: Sie sollen die gestörte Beziehung zwi
schen der Person und ihrer Umwelt verbessern und/oder den Leidensdruck
vermindern. Kognitive Bewältigung kann durch eine veränderte Bewertung
zwar nicht die realen Verhältnisse direkt ändern, aber sie kann den Leidens
druck reduzieren. Ellis ( 1993) betrachtet irrationale Überzeugungen und ähn
liche Prozesse als pathologisch. Aber man kann sehr oft beobachten, dass „nor
male" Menschen diese Strategien im Umgang mit dem alltäglichen Stress
anwenden. Es kann z.B. sehr entlastend sein, wenn man einen Misserfolg nicht
dem eigenen Versagen zuschreibt (auch wenn es objektiv richtig wäre), sondern
äußeren Umständen. Die kognitiven Bewältigungsstrategien, die im GSK ange
wendet werden, haben vor allem die Funktion, selbstabwertende Beurteilungen
der eigenen Kompetenz zu verändern und mit den kognitiven und physiologi
schen Begleiterscheinungen der Angst umzugehen.
74 J 3 Interventionen
und wird auch im GSK trainiert. Die Klienten lernen und üben Selbstbeobach
tung, positive Selbstbewertung und Selbstverstärkung (siehe Trainingsmanual).
Prozessmodell sozialer Kompetenzen. Auch sozialpsychologische Denkmo
delle haben die Therapieansätze zur Behandlung sozialer Kompetenzprobleme
beeinflusst (vgl. Hollin & Trower, 1 986). Hier ist besonders das Prozessmodell
sozialer Kompetenzen zu nennen, das Argyle und Kendon ( 1 967) in Analogie
zu seinem Modell motorischer Fertigkeiten entwickelte und das sich ebenfalls
am Regelkreismodell orientiert. Es hatte auch auf das Therapiekonzept des
GSK und vieler anderer heutiger Trainingsprogramme großen Einfluss.
Neue Konzepte bei der Entwicklung sozialer Kompetenztrainings könnten
sich einerseits aus den interessanten und stark expandierenden Forschungsbe
mühungen im Bereich der Angststörungen ergeben (z.B. Clark & Wells, 1 995;
Rapee & Heimberg, 1 997; Stangier & Heidenreich, 1 997). Andererseits könnten
Innovationen auch durch die Erweiterung des Begriffs „soziale Kompetenz" auf
bestimmte gesellschaftlich besonders relevante Gebiete entstehen. Anzeichen
hierfür kann man in der Arbeit an Kompetenztrainings mit Kindern beobach
ten, in der zunehmend die Förderung von prosozialem und kooperativem Ver
halten ins Blickfeld kommt, und auch daran, dass man versucht, Aggressionen
durch die Förderung kognitiver und sozialer Kompetenzen entgegenzuwirken
(z.B. Petermann & Petermann, 1 996, 1 997) .
76 3 Interventionen
den Standardmethoden der Behandlung (Heimberg & Juster, 1 995; Taylor,
. 1996) . Bei diesem Störungsbild ist es allerdings wichtig, dass Verfahren der Reiz
konfrontation mit einbezogen werden, neben Rollenspielen vor allem übungen
in der Realität (vgl. Pfingsten, 2000b; Wlazlo et al., 1 992; Wlazlo, 1 995). Weil So
zialphobiker negative Bewertungen durch andere Menschen besonders fürch
ten, ist auch die Einbeziehung von Maßnahmen zur kognitiven Umstrukturie
rung sinnvoll. Viele der heute für diese Klienten entwickelten Therapieprogram
me sind dementsprechend multimodal angelegt und haben untereinander
(ebenso wie mit dem GSK) viele Gemeinsamkeiten (z.B. Juster et al., 2000; Scho
ling et aL, 1 996; Turner et al., 1 994) . Solche Programme führen zu gut belegten
und bemerkenswert dauerhaften Erfolgen (Heimberg & Juster, 1 995).
Psychosomatik-Patienten. Mangelnde Durchsetzungsfähigkeit und andere so
ziale Kompetenzprobleme können bei der Entstehung und Aufrechterhaltung
sehr verschiedenartiger somatischer Störungen eine wichtige Rolle spielen. Aus
dieser Erkenntnis von verhaltenstherapeutischen Experten, insbesondere in
einschlägigen Kliniken, sind Gruppentrainings zur Förderung sozialer Kompe
tenzen in diesem Bereich oft schon zu einem Standardangebot geworden.
Schneider ( 1 994) beschreibt ein halbstandardisiertes Programm für geschlos
sene Gruppen, und auch verschiedene Varianten des GSK sind in Gebrauch.
Einzelne Elemente aus sozialen Kompetenztrainings finden darüber hinaus in
vielen Therapieprogrammen für Psychosomatik-Patienten Verwendung (z.B.
Engel-Foudrakis, 1 992; Franke, 1991; Stangier et al., 1993; Zielke & Sturm,
1 994). Geissner et al., ( 1 999) berichten über die erfolgreiche Anwendung eines
in Anlehnung an Lange und Jakubowski ( 1 976) konzipierten Selbstsicherheits
trainings bei 88 stationären Patientinnen und Patienten mit Ess-Störungen und
allgemeinen psychosomatischen Störungen.
Suchtkranke. Die meisten Studien beziehen sich auf Alkoholismus, wenige auf
Drogenabhängigkeit, Rauchen und Ess-Störungen. Es wurden bestimmte Zu
sammenhänge zwischen Defiziten sozialer Kompetenz und Alkoholismus ge
funden. So kann Angst vor sozialen Situationen ein ständiger Stressor und da
mit ein Anlass zum Alkoholgebrauch sein.
Marlatt ( 1985) weist in seinem Modell der Rückfallprävention darauf hin,
dass Defizite sozialer Kompetenz besonders in riskanten Situationen zum
Rückfall beitragen können. 16 Prozent der Rückfälle werden durch zwischen
menschliche Konflikte verursacht und 20 Prozent durch Gruppendruck oder
überredung. Hat ein Alkoholiker gelernt, in solchen Risikosituationen selbstsi
cher zu reagieren, dann ist ein Rückfall wesentlich unwahrscheinlicher und das
Vertrauen in die eigene Kompetenz steigt. Trainings sozialer Kompetenzen sind
insofern ein wichtiger Teil der Suchtbehandlung und Rückfallprophylaxe (Platt
& Hermalin, 1989).
Monti et al. ( 1 986) geben einen Überblick über Trainingsprogramme für
Suchtkranke und über Evaluationsstudien. In den USA werden solche Pro-
Familien und Paare. Barclay und Houts ( 1 995) und Perrez ( 1 994) geben einen
Überblick über Trainings mit Eltern. Im Handbuch von Schaefer und Bries
meister ( 1989) geht es um Programme, in denen Eltern als Mediatoren Trai
nings mit ihren Kindern durchführen. Guerney und Guerney ( 1 985) berichten
über Programme zur Förderung von Beziehungen in Familien, Gottman und
Rushe ( 1 995) zur Kommunikation in gefährdeten Partnerschaften. Joanning
( 1 985) beschreibt Trainingsmethoden für geschiedene Personen. Ein Kommu
nikationstraining von Hahlweg et al. ( 1 983) für Ehepaare war als Einzelbe
handlung erfolgreicher als in der Gruppe (vgl. auch Kaiser & Hahlweg, 2000) .
Das überrascht nicht, da Paare sicher Schwierigkeiten haben, über Themen
oder Konflikte, die in die Intimsphäre reichen, vor anderen offen zu sprechen.
Reuben et al. (1981) entwickelten ein Kommunikationstraining zur Lösung von
Konflikten in Wohngemeinschaften.
J ugendliche. Soziale Kompetenz hat für Jugendliche, die sich bekanntlich in ei
ner schwierigen Altersstufe befinden (Eintritt in das Erwachsenenleben, Partner
suche, Loslösung vom Elternhaus) einen besonderen Stellenwert (siehe S. 53) .
Trainings für diese Zielgruppe wenden sich vorwiegend an spezielle Problem
gruppen wie straffällige (siehe unten), suchtkranke oder verhaltensgestörte Ju
gendliche. Ein besonders umfassendes Programm für Jugendliche allgemein
·wurde von der Forschergruppe um Arnold P. Goldstein entwickelt, die entspre
chende Materialien herausgibt (z.B. Goldstein, 1988; 1 995). Im deutschsprachi
gen Raum liegt neben entsprechenden GSK-Modifikationen (siehe S. 1 17ff) ein
sozial-kognitiv orientiertes Training zur Förderung von Arbeits- und Sozialver
halten bei 15-20-Jährigen von Petermann und Petermann (1 996) vor. Mesibov
( 1 984) entw"ickelte ein spezielles Training für autistische Jugendliebe. Einen
Überblick über das Forschungsgebiet geben die Handbücher von Fodor ( 1 992)
und Forman ( 1 993).
Tisdelle und St. Lawrence ( 1 988) entwickelten und evaluierten ein Training
zur Problemlösung in sozialen Situationen und evaluierten es in einer kontrol
lierten Fallstudie mit 8 verhaltensgestörten 13-1 9-jährigen Patienten einer psy
chiatrischen Klinik. Ihre Übungssituationen sammelten sie durch Gespräche
78 13 Interventionen
mit dem Pflegepersonal und Beobachtungen des Klinikalltags. Ein Beispiel:
· „Du liegst mit Kopfweh im Bett. Dein Zimmernachbar hört laute Radiomusik,
so dass deine Kopfächmerzen immer schlimmer werden. . . " (S. 1 73). Eine Situ
ation wurde verwendet, wenn mindestens die Hälfte der Jugendlichen sowie die
Pflegepersonen bestätigten, dass sie relevant und schwierig sei. Eine Vergleichs
gruppe von 20 Schülern wurde zur sozialen Validierung verwendet Die verba
len Problemlösefertigkeiten verbesserten sich bis zum Kriterium der Schüler
gruppe und generalisierten auch auf neue Problemsituationen. Ein Transfer auf
das Verhalten in realen Konfliktsituationen war jedoch nur schwach ausgeprägt.
Straffällige J ugendl iche. Kury ( 1 983) weist auf die Nützlichkeit von Trainings
für Straftäter hin, weil sie oft erhebliche Defizite an sozialer Kompetenz und
Problemlösungsfähigkeit haben. Viele können z.B. dem Gruppendruck von
kriminellen Gleichaltrigen nichts entgegensetzen, und viele reagieren in Kon
fliktsituationen spontan mit Aggression. Die meisten Autoren halten das Ler
nen durch Beobachtung und die Gruppenarbeit für besonders wichtig (vgl.
Henderson & Hollin, 1986). Besonders bei dieser Klientengruppe hängt viel
von einer guten therapeutischen Beziehung zwischen Trainern und Teilneh
mern ab. Einen Überblick gibt z.B. Cunliffe ( 1 992).
Kinder. Die Bedeutung sozialer Kompetenzen für eine günstige Entwicklung
von Kindern ist bekannt und belegt (Matson et al„ 1 995) . Die Trainings für
Kinder konzentrieren sich vor allem auf zwei Problemgruppen: sozial isolierte
Kinder (Döpfner, 1 987; Petermann, 1 989) und aggressive Kinder (Eisert, 1 984;
Petermann & Petermann, 1 997). Bei beiden Gruppen wird meist auf der
Grundlage der sozial-kognitiven Lerntheorie gearbeitet, d.h. mit Instruktio
nen, Modellierung, Verhaltensübung und kognitiven Techniken.
Neuere Ansätze auch in der Aggressionsforschung (Selg et al„ 1997) - be
tonen, dass Aggressivität zum Teil auf Defizite sozial-kognitiver Fertigkeiten
wie Kommunikations- und Problemlösefähigkeit zurückzuführen ist. Eines der
umfangreichsten Programme zur Verbesserung der sozialen Problemlösekom
petenz bei aggressiven Kindern stammt von Spivack und Shure ( 1982) . Die
Trainings von Pricke ( 1983) und Petermann und Petermann ( 1 997) arbeiten
mit Techniken, die u.a. Problemlösen, Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle
einüben. Interessant sind auch Versuche, Interventionen aus sozialen Kompe
tenztrainings bei hyperaktiven Kindern einzusetzen (z.B. Döpfner et al., 1997;
Hinshaw, 1 996).
Spezielle neue Ansätze zur Prävention von sexuellem Missbrauch legen gro
ßen Wert auf die Aufgabe, bei Kindern Selbstsicherheit und soziale Kompetenz
zu fördern (Knappe & Selg, 1 993; Eck & Lohaus, 1993). Trainings für geistig be
hinderte Kinder verwenden meistens Techniken der operanten Konditionie
rung und der sozial-kognitiven Lerntheorie (Matson & Ollendick, 1 988).
Bei sozialen Kompetenztrainings mit Kindern sind natürlich immer auch
entwicklungspsychologische Aspekte zu berücksichtigen. Die altersmäßige
Frauen. Eine Untersuchung von Hollandsworth und Wall ( 1 977) bestätigte die
landläufige Meinung, dass Frauen im Allgemeinen weniger selbstsicher als
Männer sind. Frauen sind durch ihre Sozialisation und Geschlechtsrollenstere
otype benachteiligt, wenn es darum geht, sich durchzusetzen. Die ersten Trai
ningsprogramme für Frauen konzentrierten sich auf das Problem der Selbstbe
hauptung (vgl. Wagner, 1 992). Solomon und Rothblum ( 1985) analysieren sehr
sorgfältig die speziellen Probleme von Frauen im Bereich sozialer Kompetenz
und ihre gesellschaftlichen Ursachen. Es gibt zu wenig systematische For
schungsarbeiten zum Thema Selbstsicherheitstraining speziell für Frauen. Die
meisten Frauen haben Schwierigkeiten, sich selbstsicher zu verhalten, weil das
als unweiblich gilt.
Fodor ( 1 985) gibt dazu einige Anhaltspunkte: Frauen geben oft an, dass es
ihnen schwer fällt, am Arbeitsplatz gegenüber Männern ihre Autorität geltend
zu machen, weil sie sich aggressiv vorkommen. Es fällt ihnen schwer, eine
gleichberechtigte Beziehung mit Männern zu haben oder sich gegen ihre Müt
ter und ihre Kinder durchzusetzen. Ein wichtiger Aspekt eines Trainings für
Frauen sollte sein, ihnen bewusst zu machen, dass viele ihrer Schwierigkeiten
auf die stereotypen Rollenerwartungen einer sexistischen Tradition zurückzu
führen sind. Es sollte auch betont werden, dass „typisch weibliche" Fähigkeiten
wie Einfühlungsvermögen, das Ausdrücken von Gefühlen oder Rollenüber
nahme wichtig sind und weiterentwickelt werden sollten.
Es ist problematisch, dass Kompetenztrainings für Frauen oft mit Studentin
nen oder psychiatrischen Patientinnen als Klientel entwickelt werden. Einzelne
Gruppen haben ganz spezielle Probleme, z.B. geschiedene, misshandelte, verge
waltigte Frauen, alleinerziehende Mütter usw. Positive Trainingserfahrungen
berichten Köllner et al. ( 1994) bei Klientinnen mit sexuellen Missbrauchser
fahrungen. Goodman und Fallon ( 1995) publizierten ein Programm für miss
brauchte Frauen. Resick et al. ( 1 988) fanden bei Gruppentrainings mit verge
waltigten Frauen Hinweise dafür, dass kognitive Umstrukturierungen durch
neue Informationen und die gegenseitige Unterstützung relevante Faktoren für
die überwindung der Angst sein können. Nähere Informationen zu diesen
80 1 3 Interventionen
Themen geben Solomon und Rothblum ( 1985). Wagner ( 1 992) beschreibt Ge-
. schichte und Konzeption eines in Deutschland besonders bekannt gewordenen
Selbstbehauptungstrainings für Frauen.
Männer mit heterosexuellen Kontaktschwierigkeiten. In den USA sind Pro
gramme (für Männer) speziell für heterosexuelle Kompetenzen entwickelt
worden. Man versteht darunter Fähigkeiten, die man braucht, um mit Angehö
rigen des anderen Geschlechts Beziehungen anzuknüpfen, zu unterhalten oder
zu beendigen. Curran et al. ( 1 985) geben einen überblick über Trainings, Kolko
und Milan ( 1 985) über theoretische und diagnostische Fragen.
Weitere Ansätze. Auch für alte Menschen (Gambrill, 1 986; Rupp, 1 984) und
verschiedene Berufsgruppen (Galvin, 1 985; Alban-Metcalfe & Wright, 1986)
hat man Trainings sozialer Kompetenz enhvickelt, ebenso für Menschen, die
einfach nur schüchtern oder einsam sind (Gambrill, 1 995b). Über Möglichkei
ten, das aggressive Verhalten Erwachsener durch Kompetenztrainings positiv
zu beeinflussen, berichten u. a. Tafrate ( 1 995) und Vogelsang et al. ( 1 995).
McGuire und Priestley ( 1 992) beziehen sich auf erwachsene Straftäter. Relativ
neu sind Ansätze, Interventionen zur Förderung sozialer Kompetenzen auch
auf Persönlichkeitsstörungen anzuwenden, z.B. auf die Borderlinestörung (Li
nehan, 1993). Im Bereich der Verhaltensmedizin und Gesundheitsförderung
gewinnen Trainingskonzepte, in denen wie im GSK auch der kompetente Aus
druck von Gefühlen zum Thema gemacht wird, an Bedeutung (vgl. Eisler,
1 984). Transsexuelle Menschen, blinde Kinder und Jugendliche, Diabetiker und
magersüchtige Mädchen oder Frauen versuchte man ebenfalls mit Selbstsicher
heitstrainings zu unterstützen (Hollin, 1 986).
Diese Aufstellung der Einsatzmöglichkeiten von sozialen Kompetenztrainings
ließe sich noch fortführen. Sie zeigt die vielfältige und erfolgreiche Entwicklung
dieses Interventionsansatzes in der klinischen Praxis seit den Anfängen von
Salter und Wolpe. Sie gibt aber auch einen Eindruck von den Schwierigkeiten,
die so genannte Randgruppen in unserer Gesellschaft haben.
Im Folgenden soll ein allgemeiner überblick über die Konzeption des Grup
pentrainings sozialer Kompetenzen ( GSK) vermittelt werden. Einzelheiten der
praktischen Durchführung werden in Teil II behandelt.
In einem ersten Abschnitt wird die Definition aus dem ersten Kapitel, S. 5
auf die Konzeption des GSK bezogen, und es wird dargestellt, welche Ziele das
GSK verfolgt. Dabei wird ausdrücklich die Verknüpfung der Trainingsziele mit
den persönlichen Zielen der Klienten zur Sprache kommen. Außerdem leiten
wir drei verschiedene Typen von sozialen Situationen ab, die für das Verständ
nis des Trainingsaufbaus wesentliche Bedeutung haben. Ein weiterer Abschnitt
Die Frage nach den Zielen des GSK ist verknüpft mit der Frage nach dem We
sen sozial kompetenten Verhaltens. Die auf S. 5 gegebene Definition soll daher
an den Anfang unserer Oberlegungen gestellt werden.
D E F I N IT I O N
Als soziale Kompetenz bezeichnen wir die Verfügbarkeit und Anwendung
von kognitiven, emotionalen und motorischen Verhaltensweisen, die in be
stimmten sozialen Situationen zu einem langfristig günstigen Verhältnis
von positiven und negativen Konsequenzen für den Handelnden führen.
Auch im letzten Punkt ist ein Unterschied zu Döpfner et aL zu sehen, die (wie
viele andere Autoren) ein Verhalten nur dann als sozial kompetent bezeichnen
82 1 3 Interventionen
wollen, wenn es „von der sozialen Umwelt als positiv, zumindest aber als ak
zeptabel bewertet wird" (S . 234) . Ähnlich argumentiert in neuerer Zeit Kastner
( 1 996), wenn er zwischen „sozialer Intelligenz" und „sozialer Verantwortlich
keit" unterscheidet (S. 7f) und diese beiden Merkmale als „Facetten der Sozial
kompetenz" betrachtet. Unsere Definition von sozialer Kompetenz entspräche
der der sozialen Intelligenz bei Kastner. Wir halten jedoch Versuche, den ethi
schen Aspekt sozialen Verhaltens in die Definition sozialer Kompetenz zu inte
grieren, für überflüssig, wenn nicht sogar für problematisch, weil dadurch z.B.
Verhaltensweisen, die man unter dem Begriff „Zivilcourage" fasst, eventuell
nicht als sozial kompetent definiert würden. Die Problematik liegt in der Fest
legung, was als sozial verantwortlich gelten kann. Wir halten gerade die relative
Unabhängigkeit von kurzfristigen Verstärkungen durch die soziale Umwelt für
ein wesentliches Charakteristikum sozialer Kompetenz.
84 1 3 Interventionen
kreten sozialen Situation Handelnde eine ganze Reihe von Zielen haben: „die
gene Forderung erfüllt bekommen", „den anderen verletzen", „dem anderen
nicht weh tun", „die eigene Überlegenheit beweisen", „nicht lange diskutieren"
etc. Solche Ziele werden nicht immer bewusst sein, dennoch können sie das
Handeln bestimmen. Es ist unmittelbar einleuchtend, dass diese Ziele nicht alle
zugleich erreicht werden können, z. T. schließen sie sich sogar gegenseitig aus.
Oder anders ausgedrückt: Zur Erreichung dieser Ziele sind jeweils andere Ver
haltensweisen erforderlich. In einer konkreten Situation ist man daher gezwun
gen, sich für die Priorität eines dieser Ziele zu entscheiden. Akzeptiert man die
Annahme, dass bestimmte Verhaltensweisen für die Erreichung eines bestimm
ten Zieles optimal sind, bietet sich eine Differenzierung nach der Priorität der
Ziele an. Wir gehen also davon aus, dass es Klassen von Situationen gibt, die
durch das Vorherrschen bestimmter Ziele charakterisiert werden können.
Recht durchsetzen (Typ R). Situationen können sich dadurch auszeichnen,
dass das Ziel des Verhaltens vorrangig in der Erfüllung eigener Forderungen
liegt, die zudem durch gesellschaftliche Normen oder Konventionen legitimiert
sind. Andere Ziele sind dagegen unbedeutend. Ein Beispiel wäre das Durchfüh
ren einer Reklamation nach dem Kauf einer fehlerhaften Ware. Hier ist schon
im juristischen Sinne die Rechtslage eindeutig: Ich habe ein Recht auf eine feh
lerfreie Ware. Soziale Kompetenz in diesen Situationen misst sich an der Effek
tivität des Verhaltens hinsichtlich der Durchsetzung dieses Rechts. In der Regel
spielt die Frage, ob der andere aufgrund meines Verhaltens in seinen Gefühlen
verletzt ist oder ob ich dem anderen mehr oder weniger sympathisch bin, keine
oder nur eine geringe Rolle. Traditionelle Selbstsicherheitstrainings befassen
sich vorwiegend oder ausschließlich mit dieser Art von Situationen. Insofern
entsprechen die Skills, welche in diesen Trainings für besonders wichtig gehal
ten werden (Blickkontakt, lautes deutliches Sprechen, keine Entschuldigungen
etc.) den Verhaltensweisen, die im GSK bei Situationen des Typs R (Recht
durchsetzen) geübt werden (siehe Instruktionen auf S. 1 56).
Beziehungen (Typ B). Andere Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass die
Rechtsfrage im obigen Sinne irrelevant ist. Die Beziehungen zum Lebenspart
ner und zu Freunden liefern Beispiele solcher Situationen. Gegenüber diesen
Personen habe ich zwar oft Forderungen, verfüge im Allgemeinen aber über
keine rechtliche Legitimation, mit deren Hilfe ich diese Forderungen durchset
zen könnte.
Außerdem haben Individuen in solchen Situationen in aller Regel das über
geordnete Ziel, die Beziehung aufrechtzuerhalten oder zu verbessern. Setzt man
dieses Ziel bei den Beteiligten einer Interaktion voraus, können Forderungen
nur dadurch ganz oder teilweise erfüllt werden, dass zwischen den Beteiligten
ein Konsens hergestellt wird. In diesen Situationen geht es also weniger um ein
Durchsetzen als um ein Einigen. Eine Einigung wird aber nur schwer durch das
Beharren auf einem vermeintlichen Recht erzielt werden können. Günstiger
Um Sympathi e werben (Typ S). Der dritte Typ von Situationen umfasst solche,
bei denen wie beim zweiten Typ - keine rechtliche Legitimation für die eige
nen Forderungen vorhanden ist, das Ziel aber dennoch vorrangig in der Erfül
lung dieser Forderungen besteht. Zu diesem Typ gehören genau betrachtet zwei
Arten von Situationen:
( 1 ) Es gibt Situationen, in denen eigene Forderungen nur dadurch erfüllt wer
den können, dass der andere auf sein Recht verzichtet. Ich agiere in diesen
Situationen also nicht nur ohne, sondern in gewisser Weise sogar gegen eine
rechtliche Legitimation. Ein typisches Beispiel wäre: Ich versuche, einen Be
amten zu einer bevorzugten Abfertigung zu bewegen.
(2) Bei der zweiten Art von Situationen besteht das Ziel darin, zu dem anderen
(kurzfristig) eine möglichst gute Beziehung herzustellen. Ein Beispiel wäre
die Kontaktaufnahme zu anderen Personen oder auch das Verhalten eines
erfolgreichen Verkäufers.
Beide Arten von Situationen haben gemeinsam, dass eine im Sinne des Ziels er
folgreiche B ewältigung dadurch erreicht wird, dass der Interaktionspartner
mich möglichst sympathisch findet Je mehr ich es in solchen Situationen
schaffe, bei dem anderen das Bild eines netten, sympathischen Menschen ent
stehen zu lassen, desto eher werde ich mit dem konkreten Anliegen zum Erfolg
kommen. In solchen Situationen ist es wichtig, dass man den anderen verstärkt,
sein Interesse bekundet, nachfragt, Komplimente macht usw. (siehe Instruktio
nen S. 179). Eine große Bedeutung hat auch die flexible Anpassung an die situ
ationalen Bedingungen. Während es in Situationen vom Typ R und B möglich
und sinnvoll ist, eine relativ fest umrissene durchgängige Strategie zu verfolgen,
steht hier das flexible Reagieren auf das Verhalten des anderen und auf die situ
ativen Bedingungen im Vordergrund.
Man kann j etzt die Frage diskutieren, ob die drei Situationstypen wirklich
Eigenschaften von Situationen widerspiegeln oder ob nicht vielmehr die
Priorität der Ziele das wesentliche Kriterium für eine Differenzierung dar-
86 3 Interventionen
stellt. Die Ausführungen werden gezeigt haben, dass wir zum letzteren ten-
. dieren. Dennoch würden wir es für falsch halten, die Frage der Differenzie
rung sozialer Kompetenz innerhalb des Trainings von Beginn an unter dem
Aspekt von Zielen zu diskutieren. Eine Thematisierung anhand der verschie
denen Typen . von Situationen ist für die Klienten nach unserer Erfahrung
besser nachvollziehbar und erweist sich auch im Hinblick auf die heuristische
Funktion, die derartige Konzepte innerhalb der Therapie haben, als völlig
ausreichend. Im GSK wird daher versucht, den Klienten folgendes Konzept zu
vermitteln:
Es gibt verschiedene, voneinander abgrenzbare Klassen von Situationen (Si
tuationstypen).
Je nach Situationstyp sind unterschiedliche Fertigkeiten (soziale Kompeten
zen) erforderlich, um das Ziel in optimaler Weise zu erreichen.
Die Frage, welchem Typ eine konkrete Situation zuzuordnen ist, muss der in
der Situation agierende aufgrund seiner persönlichen Zielvorstellungen ent
scheiden.
Die eingangs gestellte Frage nach den Zielen des GSK lässt sich also dahinge
hend beantworten, dass den Klienten soziale Kompetenzen vermittelt werden
sollen, mit deren Hilfe sie in verschiedenartigen Situationen ihre Ziele in opti
maler Weise verwirklichen können.
Es sei angemerkt, dass sich diese Zielbeschreibung weitgehend mit der von
Feldhege und Krauthan ( 1 979) bezüglich des Verhaltenstrainingsprogramms
zum Aufbau sozialer Kompetenzen (VTP) formulierten Definition deckt.
Auch finden sich in diesem Training ähnliche Situationstypen, die dort als
„Verhaltensbereiche" bezeichnet, allerdings nicht näher begründet werden.
Feldhege und Krauthan haben darüber hinaus - wohl im Hinblick auf die
spezifische Problematik ihrer Klientel (Drogenabhängige) - noch einen vier
ten Verhaltensbereich hinzugenommen: „Bewältigung von Belastungssitua
tionen".
Bei der Konzeption des GSK orientierten ·wir uns an dem unter 2 . 1 auf S . 1 4
dargestellten Prozessmodell sozial kompetenten Verhaltens. Das Modell be
schreibt das Zusammenwirken kognitiven, emotionalen und „offenen" Verhal
tens bei der Bewältigung sozialer Situationen. Entsprechend diesem Modell
werden im GSK auf allen drei Ebenen Bewältigungsfertigkeiten vermittelt. Der
folgende Abschnitt gibt eine Übersicht über die dazu dienenden Trainingsele
mente, wobei die Darstellung dem Modell insoweit folgt, als eine Unterteilung
nach der kognitiven, emotionalen und motorischen Ebene vorgenommen
wird. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass eine solche Zuord-
Erklärungsmodell
In vielen neueren Trainingskonzepten nehmen Erklärungsmodelle einen zen
tralen Platz ein. Mit Hilfe solcher Modelle wird versucht, den Klienten eine Ein
sicht in den Mechanismus ihres Problemverhaltens zu vermitteln. Untersu
chungen zeigen, dass solche Erklärungen für den Therapieerfolg wichtig sind
(Tunner, 1 976). Auch im GSK wird ein Erklärungsmodell an den Beginn des
Trainings gestellt (siehe Abb. 7, S. 1 4 1 ) . Bei der Konzeption dieses Modells lie
ßen wir uns von folgenden Überlegungen leiten:
Soweit wie möglich soll das Modell dem Stand klinisch-psychologischer Er
kenntnis entsprechen.
Das Modell muss so einfach formuliert sein, dass die Klienten es gut verste
hen und internalisieren können.
Anhand des Modells soll sozial kompetentes wie auch inkompetentes Ver
halten erklärt werden können.
Das Modell soll es auch ermöglichen, Ziele, Struktur und Inhalte des GSK zu
verdeutlichen.
88 13 Interventionen
Modell stellt den Wirkmechanismus der wichtigsten Determinanten sozial
kompetenten bzw. inkompetenten Verhaltens dar. Entscheidend für die Trai
ningsteilnehmer ist dabei nach unserer Erfahrung die dadurch geleistete Kon
zeptualisierung und - damit verbunden - die Schaffung eines für alle verbind
lichen Begriffsinstrumentariums. Eine solche ,;gemeinsame Sprache", die - zu
mindest im Vergleich zu naiven Verhaltenstheorien - eindeutige und präzise
Begriffe verwendet, bildet die Basis, auf der intra- und interindividuelle Pro
blemlösungsprozesse ablaufen können. Aufgrund dieser Überlegungen haben
wir z.B. bewusst den Begriff „Selbstverbalisation" statt möglicher Eindeutschun
gen (wie „inneres Gespräch") benutzt.
Strukturierung. Wenn das Erklärungsmodell in der ersten Sitzung eingeführt
wird, werden damit gleichzeitig Informationen über Ziele, Aufbau und Struk
tur des GSK vermittelt. Ausgebend von den drei Ebenen des Modells (kognitiv,
emotional, motorisch) werden die wichtigsten Elemente des Trainings darge
stellt und erläutert. Der rechte Zweig des Modells (siehe S. 141) symbolisiert das
Zielverhalten.
90 J 3 Interventionen
Trainingselemente auf der motorischen Ebene
. Verhaltensfertigkeiten werden in Rollenspielen mit Videofeedback geübt, die -
zeitlich betrachtet - den größten Teil des Trainings beanspruchen. Bei den Rol
lenspielen geht es weniger um das Erlernen eng umschriebener Skills für spezi
fische Situationen, sondern mehr um den Erwerb umfassender Bewältigungs
strategien. Aus diesem Grunde werden keine durch die Klienten erarbeiteten,
sondern von uns vorformulierte Situationen verwendet (siehe z.B. S. 145). Bei
Rollenspielsituationen, die durch die Klienten selbst eingebracht werden, be
steht nach unserer Erfahrung die Gefahr, dass sich die Aufmerksamkeit zu sehr
auf ganz konkrete Lösungsmöglichkeiten für die spezifische Situation richtet
und dadurch das Erlernen genereller Strategien eher behindert wird. Um den
Klienten dennoch eine gewisse Anpassung an individuelle Problemlagen zu er
möglichen, können die Teilnehmer eine Auswahl aus einer Vielzahl von Rollen
spielsituationen treffen. Zudem bilden eigene Situationen die Basis, auf der die
Diskrimination der Situationstypen in der oder den abschließenden Sitzung(en)
diskutiert wird.
Die Anregung, hier auf die von den Klienten eingebrachten Situationen zu
rückzugreifen, was in der ursprünglichen Version des GSK nicht enthalten war,
verdanken i·vir Herrn Dipl.-Psych. Jörg Pscherer (Bezirkskrankenhaus Erlan
gen), der uns von seinen guten Erfahrungen mit diesem Trainingselement be
richtete.
Dem Transfer in die Realität dienen In-Vivo-Übungen, als Hausaufga-
ben durchgeführt werden. In ähnlicher Weise wie bei den Rollenspielen kön
nen die Teilnehmer auch hier aus einer größeren Zahl von Situationen aus
wählen, müssen diese Entscheidung aber noch in der Sitzung treffen (siehe
z.B. AB 5, S. 1 57). Diese Selbstverpflichtung, die ursprünglich nicht im Kon
zept des G SK enthalten war, hat nach unserer Erfahrung viel dazu beigetragen,
dass die „Hausaufgaben" jetzt von einem hohen Prozentsatz der Teilnehmer
durchgeführt werden.
Zusammenfassung
Das vorliegende Kapitel lieferte in knapper Form einen Überblick über Ziele
und Konzept des GSK. Die Darstellung der wichtigsten Trainingselemente
folgte dabei der Systematik, die sich aus dem Konzept ableitet, nicht aber dem
chronologischen Ablauf.
Bei der Darstellung unserer konzeptuellen Grundannahmen könnte dem ei
nen oder anderen Leser aufgefallen sein, dass es hin und wieder Punkte gibt, bei
denen die Darstellung dieses Kapitels von der in den ersten Kapiteln etwas ab
weicht. Wir haben diese Differenzen bewusst stehen lassen, um dem Leser zu
zeigen, wo die Autoren trotz jahrelanger Zusammenarbeit und intensiver Dis
kussionen nicht zu einer in allen Details gemeinsamen theoretischen Position
gekommen sind. Man hätte - im Interesse einer noch einheitlicheren Darstel
lung versuchen können, jeweils einen Kompromiss zu finden. Wir haben aber
Bei der Entwicklung des GSK war es unser Ziel, ein intensives und ökonomi
sches Trainingsverfahren mit optimalem Wirkungsgrad zu schaffen. Schon in
der Konstruktionsphase sollten deshalb nicht nur theoretische Überzeugungen
und klinische Erfahrungen, sondern vor allem auch empirische Forschungser
gebnisse berücksichtigt werden. Wir versuchten also in unser Training solche
Interventionsmethoden zu integrieren, die sich in einschlägigen Untersuchun
gen als besonders effektiv erwiesen haben.
Im Folgenden soll die empirische Basis der im GSK verwendeten Interven
tionsmethoden dargestellt werden. Diese Ausführungen dienen nicht nur der
Rechtfertigung unseres Trainingsprogramms. Sie sollen dem Leser auch Hin
weise auf die Gründe für den im Trainingsmanual vorgeschlagenen Ablauf der
Sitzungen geben und ihm manche der dort ausgesprochenen Empfehlungen
und Ratschläge deutlicher machen. Außerdem soll eine solche Darstellung dem
GSK-Trainer ein tieferes Verständnis die besprochenen Interventionsme
thoden und eine größere Sicherheit bei ihrer Anwendung ermöglichen, als dies
durch das Trainingsmanual allein geleistet werden kann.
Bei der Auswertung entsprechender Untersuchungen ergibt sich allerdings
das Problem, dass sie manchmal zu unklaren oder sogar widersprüchlichen Er
gebnissen führen, die nicht unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden kön
nen. Das gilt z.B. für Studien zum Video-Feedback (siehe S. 104f). Hier kommt
man nur zu sinnvollen Schlussfolgerungen, wenn man die methodischen
Aspekte der jeweiligen Untersuchungen angemessen berücksichtigt. Aus die
sem Grunde erscheint es uns wichtig, zunächst auf methodische Probleme ein
zugehen, bevor die empirischen Ergebnisse zu den einzelnen Interventions
techniken des GSK dargestellt werden.
Methodische Probleme
Soziale Kompetenz ist Oberbegriff für eine Menge komplexer Verhaltenswei
sen, die man nur schwer eingrenzen kann. Die Problematik einer Definition,
auf die bereits hingewiesen wurde (siehe S. 4f), und die Komplexität des ange
strebten Verhaltens, führen zu beträchtlichen Schwierigkeiten, allein schon im
92 1 3 Interventionen
Hinblick auf die Konstruktvalidität. Insbesondere folgende Punkte führen da
. bei zu Komplikationen:
Die Studien betreffen oft nicht nur die Evaluierung, sondern auch die wis
senschaftliche Fundierung von Zielen und Inhalten der Trainingspro
gramme.
Die zu messenden Verhaltensänderungen beziehen sich aufmehrere Ebenen,
z.B. motorisches Verhalten, kognitive Prozesse, emotionale sowie affektive
Phänomene und erfordern verschiedenartige Messinstrumente.
Die Vielfalt der Klientengruppen mit ihrer jeweils speziellen Problematik
führt zu unterschiedlichen psychometrischen Methoden.
Die Trainings setzen sich aus mehreren integrierten Techniken zusammen,
deren spezifische Effekte man ebenfalls zu analysieren versuchte.
Diese Probleme werden auch hier anklingen, wenn wir kurz auf die Untersu
chungsansätze, die Messmethoden und die Ansätze zur Validierung des Ziel
verhaltens eingehen.
Untersuchungsansätze
In diesem Bereich dominieren drei Ansätze: Analogstudien, Effektivitätsstu
dien, kontrollierte Fallstudien.
Analogstudien. Diese Studien haben experimentellen Charakter, sind kurzzei
tig, werden in der Regel mit Studenten, manchmal mit psychiatrischen Patien
ten durchgeführt und sollen die therapeutische Situation nachbilden. Die Ver
suchspersonen werden in Experimental- und Kontrollgruppen eingeteilt und
erhalten ein Training mit verschiedenen Techniken, z.B. Verhaltensübung mit
oder ohne Modellierung. Die Leistungen der einzelnen Gruppen werden mit
einander verglichen, und daraus wird auf den Beitrag einzelnen Techniken
zum Erfolg geschlossen. Die interne Validität ist in Analogstudien gut kontrol
lierbar. Das Problem ist externe Validität, die Übertragbarkeit der Ergeb
nisse auf die klinische Praxis.
Effektivitätsstudien. Sie dienen dazu, die Wirksamkeit von umfassenden Trai
ningsprogrammen an „echten" Klientengruppen nachzuweisen. Im Allgemei
nen wird dabei ein Training sozialer Kompetenzen mit oder mehreren
Kontrollgruppen verglichen, die entweder gar keine, eine Placebo-Behandlung
oder eine andere Intervention erhalten.
Kontrollierte Fallstudien. Bei der überprüfung sozialer Kompetenztrainings
mit psychiatrischen Patienten übertrifft die Anzahl ·von Einzelfallanalysen die
von Effektivitätsstudien bei weitem. Sie stehen zu diesen nicht in Konkurrenz,
sondern haben andere Erkenntnisinteressen. Einzelfallanalysen werden heute
als Sonderform von Zeitreihenuntersuchungen angesehen. Ihre Ergebnisse
können zwar nicht ohne weiteres auf andere Fälle generalisiert werden und be
sitzen auch keinen B eweischarakter, aber sie können heuristischen Wert haben
Messmethoden
Bei den Messmethoden gilt: Je größer die Zuverlässigkeit und Validität der
Messinstrumente, die in einer Studie eingesetzt wurden, desto überzeugender
ist ein nachgewiesener Trainingseffekt.
Fragebögen. Subjektive Messmethoden wie Fragebögen, Persönlichkeitsinven
tare oder Selbstbeurteilungsbögen messen vor allem Veränderungen im kogni
tiven Bereich: Selbstbewertung, Attribuierungsgewohnheiten, Kompetenzver
trauen, aber auch emotionale Zustände wie Angst oder Depression.
Rollenspiele. „Objektive" Messungen werden oft in Form von Rollenspielen
vorgenommen. Sie werden vor und nach der Behandlung durchgeführt, auf
Tonband oder Videokassette aufgenommen und dann von unabhängigen Be
urteilern bewertet. Eine solche Messmethode setzt die Annahme voraus, dass
ein Rollenspiel das tatsächliche Verhalten der Versuchspersonen in ihrem sozi
alen Umfeld widerspiegelt. Diese äußere Validität ist u.a. schon von Beilack et al.
( 1978) in Frage gestellt worden. Allerdings versucht man, dieses Problem in
neueren Rollenspieltests empirisch unter Kontrolle zu bringen (vgl. Donohue et
al., 1994; Fydrich et al., 1 996) .
Transfer. Vorsichtig muss man auch die in vielen Studien geübte Praxis beur
teilen, den Transfer der erworbenen Fertigkeiten auf andere als die im Training
geübten Situationen durch Rollenspiele nachzuweisen. Transfer gehört zu den
wichtigsten Kriterien für die Beurteilung des Trainingserfolgs. Es gilt als über
zeugender, diesen Transfer in so genannten Echtsituationen zu überprüfen. Be
liebt sind z.B. fingierte Telefonanrufe, in deren Verlauf jemand versucht, der
Versuchsperson etwas zu verkaufen oder sie für die Mitarbeit bei einer Wohltä
tigkeitsveranstaltung zu gewinnen.
Die Zweifel an der externen Validität von Rollenspieltests sind besonders
groß, wenn es sich um Social-Skills-Trainings zur Vorbereitung von psychiatri
schen Patienten auf die Entlassung in das Privatleben handelt. Deshalb haben
King et al. ( 1 977) einen „Transfer-Test" zur Beobachtung von Patienten außer
halb der Klinik entwickelt. Die Probanden führen Aufgaben, die sie im Training
geübt haben, nach der Entlassung in ihrer normalen Umgebung aus und wer
den dabei von einem Beobachter beurteilt. Natürlich ist auch diese Methode
nicht ohne Probleme. Entweder muss man die Versuchspersonen täuschen,
oder man muss damit rechnen, dass sie sich nicht unbefangen verhalten, weil
sie wissen, dass sie beobachtet werden.
Nachuntersuchungen. Als besonders wichtiges Kriterium für die Güte einer
Effektivitätsstudie gelten Nachuntersuchungen, die die Stabilität der Behand
lungsergebnisse messen. Ein Nachtest nach drei, sechs, zwölf oder mehr Mo-
94 1 3 Interventionen
naten ist jedoch schwierig, weil man auf die Kooperation der Klienten ange
wiesen ist.
Insgesamt muss man bei Beurteilung von Untersuchungen besonders auf
folgende Faktoren achten: Selektion der Klienten (Art und Schwere der Pro
bleme und Defizite), Kompetenz der Trainer, Dauer der Behandlung, Genauig
keit, Objektivität und Validität der Messinstrumente, Generalisierungs- bzw.
Transfer-Tests und Nachkontrollen.
Behandlungsmethoden
Das GSK besteht im Wesentlichen aus der Kombination folgender Behand
lungsmethoden:
Instruktion und Modellierung zur Information über das Zielverhalten und
die Vorgehensweise
Rollenspiel als Verhaltensübung und Technik der Reizkonfrontation
Rückmeldung, Verstärkung und Video-Feedback zur Motivation und zur
Information über die Annäherung an das Zielverhalten
Transfertechniken und ln-Vivo- Konfrontation zur Übertragung der Thera
pieeffekte auf den Alltag der Klienten
Entspannungstechniken
Techniken der kognitiven Verhaltensmodifikation
96 1 3 Interventionen
Modellierung. Bei der Modellierung ist die Information im Allgemeinen an
Personen oder Personensurrogate gebunden, und es sind üblicherweise meh
rere Modalitäten der Informationsverarbeitung beteiligt, besonders die audi
tive und die visuelle. Ein Modell kann Bedeutungsträger und für den Beobach
ter mit bestimmten Assoziationen verbunden sein, die spezifische Gefühle
auslösen und seine Informationsverarbeitung beeinflussen.
Die Forschungsarbeiten zur Theorie der sozialen Vergleichsprozesse haben
bestätigt, dass es ein menschliches Grundbedürfnis ist, sich mit anderen zu ver
gleichen. Aus diesen Vergleichen gewinnt man Informationen über sich selbst,
z.B. über seine Leistungen, Einstellungen, Fähigkeiten und sein Anspruchsni
veau und bewertet sich aufgrund dieser Informationen. Bei Diskrepanzen zwi
schen Fähigkeiten und Meinungen der Vergleichspersonen und der eigenen
Person entscheiden bestimmte Randbedingungen darüber, welche der folgen
den Möglichkeiten eintritt: Es besteht entweder die Tendenz, (a) die eigene Po
sition näher an die der anderen zu bringen oder (b) die anderen näher an die
Position zu bringen oder ( c) den Vergleich aufzugeben und sich von der
Vergleichsperson zu distanzieren (Suls & Mullen, 1 982).
Soll eine Annäherung an ein kompetentes Verhalten durch ein Verhaltens
modell gefördert werden, dann müssen die Randbedingungen so gestaltet wer
den, dass beim Klienten die Motivation entsteht, sich dem Modell anzunähern.
Diese Motivation kann über das Modellverhalten und/oder die Modellperson
erreicht werden.
Modellverhalten. Ein gezeigtes Modellverhalten, das dem Beobachter erstre
benswert und nicht zu schwierig erscheint und das er mit seinen Normen und
Werten in Einklang bringen kann, motiviert einen solchen Lernprozess.
Modellperson. Eine zusätzliche Lernmotivation kann von der Persönlichkeit
des Modells ausgehen, wenn es glaubwürdig, dem Beobachter sympathisch und
ihm in manchen Aspekten ähnlich ist und wenn eine gemeinsame Gruppenzu
gehörigkeit oder eine emotionale Bindung besteht, z.B. eine gute therapeuti
sche Beziehung zwischen einem Trainer als Modell und dem Klienten. So er
wies sich die Beziehung zwischen Modell und Klient als besonders wichtig bei
sozial isolierten Kindern, die zu ängstlich waren, um an einem Gruppentrai
ning teilzunehmen und bei denen das Modell, das soziale Fertigkeiten
vermittelte, zugleich therapeutische Funktionen erfüllte (Knoblach, 1989). Zu
-
98 1 3 Interventionen
dann aber nach und nach und kompetenter werden und zeigen, wie
man seine Furcht überwinden kann. In einer Studie von Sarason ( 1975) pro
fitierten Hochängstliche am meisten von einem Bewältigungsmodell. Solche
Modelle scheinen also Angst reduzierende und motivierende Wirkungen zu
haben.
Auch die Trainer im GSK sollten sich nicht wie Koryphäen sozialer Kompe
tenz verhalten, die alle Schwierigkeiten mühelos meistern und perfekt im Um
gang mit Menschen sind, sondern wie Bewältigungsmodelle, die auch ab und
zu mal einen Fehler machen, Schwächen zugeben und vielleicht auf Schwierig
keiten hinweisen, die sie früher hatten und jetzt überwunden haben.
Kognitive Modellierung. Die positiven Wirkungen sind oft noch ausgepräg
ter, wenn das Bewältigungsmodell seine Gedanken ausspricht, d.h. wenn
durch seine Worte die kognitiven Prozesse deutlich gemacht werden, die an
seinen Fortschritten beteiligt sind: seine Attribuierungen, Interpretationen,
Selbstinstruktionen und Selbstverstärkungen. Bei der kognitiven Modellie
rung ist der wichtige Faktor der Verstärkung des Modells sozusagen einpro
grammiert, denn das Modell drückt aus, wie es durch die Überwindung sei
ner Ängste und das Hineingehen in die Problemsituation zur Zufriedenheit
mit sich selbst und zu größerem Selbstvertrauen kommt. Das sind Erfolge, die
von äußeren Konsequenzen des Verhaltens unabhängig sind. Trainer, die
diese Prinzipien kennen, können in einer Gruppe das Lernen an Bewälti
gungsmodellen und kognitiven Modelldarstellungen fördern. Sie können
ihre Klienten anregen, ihre für Problemsituationen typischen Selbstverbalisa
tionen zu beschreiben, Beispiele für veränderte Selbstinstruktionen geben
und später die Klienten fragen, welche Erfahrungen mit ihren neuen
Selbstinstruktionen gemacht haben. Die Gruppenmitglieder fungieren dabei
gegenseitig als Verhaltensmodelle.
Projektiver Modellfilm. Ähnliche Funktionen hat auch der im GSK verwendete
projektive Modellfilm. In diesem Film wird eine Person gezeigt, die sich auf
dem Weg zu einer schwierigen Situation befindet (in unserem Fall ein Student
auf dem Weg zu einer Besprechung mit einem Professor) . Sie bleibt plötzlich
stehen, denkt nach und kehrt um. Doch dann hält sie wieder an, macht ein
nachdenkliches Gesicht und geht auf ihrem ursprünglichen Weg weiter, bis sie
vor der Tür des Professors steht. Nun macht sie wieder Pause, klopft an
und tritt ein. Bei jedem dieser Wendepunkte und Pausen wird der Film ange
halten und die Klienten überlegen sich, welche Selbstverbalisationen sie oder
die Person in diesem Moment äußern würde(n) urid schreiben sie auf. Nach
Ablauf des ganzen Films werden die Selbstverbalisationen, Selbstinstruktionen,
Selbstbewertungen und Selbstverstärkungen der einzelnen Teilnehmer aus
führlich besprochen, und es besteht Gelegenheit zu gegenseitigen Vergleichen.
Hier gibt also das Modell den Anstoß zur Selbstbeobachtung. Interessant ist das
Beispiel einer Teilnehmerin (Hausfrau), der die gezeigte Situation des Studen-
1 00 1 3 Interventionen
Modelllernen im GSK
1
3.3 Evaluation des GSK ! 101
Rollenspiel
Verhaltensübung. Rollenspiele haben in sozialen Kompetenztrainings mindes
tens zwei Funktionen: Zum einen geht es um die Verhaltensübung (Lazarus,
1 966), d.h. um das Trainieren von Zielverhaltensweisen in der geschützten the
rapeutischen Umgebung. In spielerischer Form übt der Klient eine bestimmte
Rolle, um die psychologischen Voraussetzungen des Verhaltens in einer Situa
tion ohne reale Folgen so zu lernen, dass es in der Ernstsituation erfolgreich
eingesetzt werden kann.
Reizkonfrontation. Darüber hinaus sind Rollenspiele eine Reizkonfrontation
(Exposition) mit gefürchteten Situationen, die gerade für ängstliche Klienten
eine wichtige Voraussetzung für therapeutische Fortschritte bildet (V\!lazlo et
al., 1 992; Taylor, 1 996).
Variationen. Rollenspiele können mit Einzelpersonen oder mit Gruppen durch
geführt werden. Die Themen und Szenen können spontan vorgeschlagen wer
den oder vorgegeben und standardisiert sein. Die Arbeitsmittel können vom
einfachen Kassettenrecorder bis zur kompletten Videoanlage reichen. Bei einem
individuellen Training kann die Therapeutin bis ins Einzelne auf die speziellen
Probleme, Ängste und Defizite der Klientin eingehen.
Vorzüge von Gruppen. Das Training in Gruppen hat neben seiner größeren
Wirtschaftlichkeit eine Reihe von Vorteilen:
Die Teilnehmer erfahren, dass andere Leute ähnliche Probleme haben wie sie.
Situationen, die sich in einer Gruppe von selbst ergeben, bieten ein größeres
Spektrum von Lernmöglichkeiten. Den Teilnehmern stehen verschiedene
Verhaltensmodelle zur Verfügung, aus deren Erfolgen und Fehlern sie lernen
können.Aus Untersuchungen ist bekannt, dass verschiedene Modelle die Ge
neralisierung fördern. Außerdem ist die Gruppe selbst ein sozialer Reiz und
fördert dadurch die Realitätsnähe von Rollenspielen.
Die Teilnehmer erhalten Feedback und Verstärkung nicht nur von Trainern,
sondern auch von der Gruppe.
Aus einer Gruppe kommen oft kreative Vorschläge und Lösungsmöglichkeiten.
Unterstützung und Verstärkung durch die Gruppe motivieren dazu, sich an
neue Verhaltensweisen heranzuwagen.
Meistens variiert die Gruppengröße zwischen fünf und zehn Personen. Mit
zwei Trainern (vorzugsweise männlich und weiblich) hat ein Training zusätzli
che Rollenspielpartner und Modelle. In manchen Programmen sind nur die
Trainer Rollenspielpartner, in anderen auch die Teilnehmer. Trainer als Rollen
spielpartner können den Schwierigkeitsgrad des Spiels auf die Bedürfnisse der
Klienten abstimmen und Misserfolgserlebnisse weitgehend vermeiden. Außer
dem können sie in ihrer Partnerrolle gezielt Verstärkungen und Erfolgserleb
nisse vermitteln. Deshalb spricht einiges dafür, dass besonders am Anfang des
1
102 13 Interventionen
Trainings und bei sehr unsicheren und ängstlichen Klienten ein Trainer bzw.
eine Trainerin der Rollenspielpartner sein sollte.
Übungssituationen. Es gibt Trainings, it1 denen die Übungssituationen vorge
geben sind und andere, in denen die Situationen zusammen mit den Klienten
erarbeitet werden. Um Angst und Misserfolgserlebnisse zu vermeiden und Er
folgserlebnisse zu vermitteln, sollte man die Klienten die Problemsituationen in
eine hierarchische Ordnung bringen lassen und von den leichten zu den an
spruchsvolleren Übungen fortschreiten. Erst wenn das Verhalten so gut einge
übt ist, dass es keine Schwierigkeiten mehr macht, sollten es die Klienten in der
realen Umwelt ausführen. Die Effektivität von Rollenspielen ist gut belegt (vgl.
Bauer, 1979).
Rollenspiele im GSK
Die Rollenspiele werden in kleinen Gruppen mit vier bis fünf Teilneh
mern durchgeführt. So können die Trainer auf die individuellen Pro
bleme und Bedürfnisse der Klienten eingehen, ohne dass auf die Vorteile
der Gruppe verzichtet werden muss.
Als Rollenspielpartner fungieren - bis auf Ausnahmefälle immer die
Trainer/innen, um das Partnerverhalten so gut wie möglich auf die
speziellen Schwierigkeiten des betreffenden Klienten einstellen zu
können.
Die Übungssituationen sind zwar standardisiert, die Teilnehmer/innen
können jedoch aus einer Vielzahl von Möglichkeiten die Situationen aus
wählen, die ihren Fähigkeiten und Problemen am besten gerecht werden.
Die Aufgaben werden in einer hierarchischen Ordnung mit zunehmender
Schwierigkeit bearbeitet.
1
3.3 Evaluation des GSK i 103
Der planmäßige Einsatz operanter Verstärkung spielt z.B. in der Strukturier
ten Lerntherapie von Goldstein ( 1 978) eine wichtige Rolle; seine Wirkung wurde
von Gutride et al. ( 1974) nachgewiesen.
Systematische Rückmeldung geben in den meisten Studien nur die Trainer,
in einigen aber auch die Mitglieder der Gruppe. Eisler et al. ( 1 974) benutzten
eine drahtlose Übertragungsanlage mit Ohrhörern, um den Klienten während
des Rollenspiels bei jeder Annäherung an das Zielverhalten sofort Verstärkung
zu geben.
Video-Feedback. Von allen Arten der Rückmeldung gilt Video-Feedback als die
genaueste Information, die Klienten über ihre Leistung erhalten können. Das
bedeutet aber keineswegs, dass der Klient sich so objektiv sieht wie das Auge der
Kamera. Es ist bekannt, dass selbstunsichere und depressive Personen dazu nei
gen, sich selbst negativer zu bewerten als andere und dass sie extreme, oft un
menschlich strenge Maßstäbe an ihre eigenen Leistungen anlegen (siehe S. 48f) .
Es ist anzunehmen, dass solche Klienten Angst davor haben, sich auf dem Bild
schirm zu sehen (besonders wenn andere anwesend sind), dass sie eher die ne
gativen als die positiven Aspekte ihrer äußeren Erscheinung und ihres Verhal
tens wahrnehmen und dass ihr Urteil entsprechend schlecht ausfällt. Bei diesen
Klienten besteht die Gefahr, dass sie ihr negatives Selbstbild bestätigt sehen und
noch mehr entmutigt werden. Auch ist die Videoaufnahme selbst nicht objektiv,
sondern ist ein ausgewählter, konstruierter und interpretierter Ausschnitt der
Realität. Dieser kann z.B. je nach Standpunkt, Neigungswinkel und Brennweite
der Kamera verändert werden (vgl. Renner, 1 994; Dowrick, 199 1 )
Es kann deshalb kaum verwundern, dass die Forschungsergebnisse wider
sprüchlich sind, wenn man bedenkt, wie viele psychische Prozesse und Vari
ablen bei der Video-Rückmeldung eine Rolle spielen. Dazu gehören die Persön
lichkeit der Klienten, die Situation (Einzel- oder Gruppensitzung, Zusammen
setzung der Gruppe etc.) und die Art und Schwierigkeit der Aufgabe. Die
meisten einschlägigen Arbeiten können keine eindeutig positive Wirkung von
Video-Feedback belegen. Nach Sarason und Ganzers ( 1 973) Befunden scheint
sich ein negativer Effekt besonders bei Personen mit hoher Prüfungsangst zu
ergeben. Doch in einem Gruppentraining von Galassi et al. ( 1 974) fanden die
Teilnehmer Video-Feedback mit Trainerkommentaren viel hilfreicher als Feed
back von den Trainern oder Gruppenmitgliedern.
Selbstverstärkung. Eine Arbeit von Zimmer ( 1 976) ist in diesem Zusammen
hang aufschlussreich: In seinem Einzeltraining führte Video-Feedback bei ei
nem großen Teil der Versuchspersonen zu einer Erhöhung der Angstwerte und
selbstabwertenden Reaktionen. Wenn aber Video-Feedback mit einer Anlei
tung zur Selbstverstärkung verbunden wurde, wobei der Trainer Verstärkung
nicht für die Leistungen, sondern für angemessene Selbstverstärkung gab,
wurden bedeutende Verbesserungen im Vergleich zu den anderen Gruppen
festgestellt.
104 1 3 Interventionen
Das ist ein wichtiger Hinweis auf die Möglichkeit, Video-Feedback als Gele
genheit zur Selbstverstärkung einzusetzen. Selbstverstärkung ist die abschlie
ßende Phase des Selbstregulationsvorgangs nach Kanfer, dessen drei Phasen
Selbstbeobachtung, Selbstbewertung und Selbstverstärkung nach Art des Re
gelkreises in Beziehung zueinander und zur Endleistung stehen. Das Ergebnis
von Zimmer bestätigt die Annahme, dass eine Veränderung jeder dieser Kom
ponenten zu einer Veränderung der anderen Komponenten und des Verhaltens
führen kann (siehe S. 74f). Studien haben gezeigt, dass ein Behandlungserfolg
umso wahrscheinlicher ist, je früher Klienten beim Video-Feedback von der ty
pischen selbstkritischen Reaktion am Anfang zu einer sich selbst akzeptieren
den Haltung finden (vgl. Heilveil, 1 984).
Stoller ( 1978) hat außerdem darauf hingewiesen, dass .Klienten auf dem Bild
schirm nicht nur ihr eigenes Verhalten, sondern auch die Reaktionen ihrer Ge
sprächspartner beobachten sollten, um zu erkennen, wie ihr Verhalten das Ver
halten des Partners beeinflusst Sie sollen sich dabei auch bewusst machen, wel
che Rückwirkungen das Verhalten des Gesprächspartners auf sie selbst hat. Diese
Übungen fördern das Einfühlungsvermögen, die Fähigkeit zur Rollenübernah
me und eine sachgerechtere Aufmerksamkeitssteuerung (siehe auch S. 2Sff) .
Feedback im GSK
Der Trainer beachtet so weit wie möglich die bekannte Grundregel der
differentiellen Verstärkung: Er bekräftigt Selbstverstärkungen und sozial
kompetente Verhaltensweisen von Klienten, ignoriert dagegen inkompe
tentes Verhalten. Das gilt für die Besprechung der Rollenspiele ebenso wie
für Berichte über die „Hausaufgaben". Destruktive Selbstkritik wird ent
schärft: Sie wird in konstruktive Vorsätze umformuliert.
Video-Feedback wird in folgender Weise eingesetzt: Die Rollenspiele der
Klienten werden aufgezeichnet, von ihnen selbst in Gegenwart eines Trai
ners/einer Trainerin und der Gruppe beurteilt und dann wiederholt, auf
genommen und nochmals bewertet. Die Beurteilung besteht darin, dass
die Teilnehmer die Fernbedienung der Videoanlage in die Hand nehmen,
das Band immer dann stoppen, wenn sie etwas an ihrem Verhalten gut
oder sonst wie bemerkenswert finden und dies auch aussprechen und be
gründen.
106 1 3 Interventionen
rapeutischen Umgebung gelernt haben, in ihrem Alltag (mit dem Risiko des
Misserfolgs) anwenden. Zugleich macht man sich durch solche Aufgaben die
positiven Effekte zunutze, die für Reizkonfrontationsübungen in vivo empi
risch inzwischen eindrucksvoll nachgewiesen wurden. Dabei hat sich eine
Kombination zwischen Reizkonfrontation und kognitiver Verhaltenstherapie
in vielen Untersuchungen besonders bewährt (Taylor, 1 996).
Die Trainer haben zwei Möglichkeiten, Misserfolgen bei solchen Übungen
entgegenzuwirken: ( 1) Man kann mit sehr leichten Aufgaben beginnen und den
Schwierigkeitsgrad langsam nach den Bedürfnissen und Möglichkeiten der
Klienten steigern. (2) Man kann die Überzeugung vermitteln, dass die eigentli
che Leistung darin besteht, Angst und Hemmungen zu überwinden, in eine ge
fürchtete, unangenehme Situation hineinzugehen und in ihr zu bleiben. Nach
unserer Erfahrung berichten die Klienten meistens, dass sie erfolgreich waren
und dass sie es sich schwieriger vorgestellt hatten. Empfohlen werden Proto
kolle oder mündliche Berichte über die Hausaufgaben und anschließende Be
sprechung in der Gruppe.
Entspannungsmethoden
Immer wieder klingt in der Literatur die Frage an, ob Entspannungstechniken,
die ja immerhin als Bestandteil der Systematischen Desensibilisierung eine
lange Tradition haben, in Trainings sozialer Kompetenzen verwendet werden
sollten. In Verhaltenstrainings nach dem so genannten Defizitmodell werden
sie im Allgemeinen nicht angewandt, weil man das Problem primär als Mangel
an Kompetenz betrachtet. Einige Vertreter kognitiv orientierter Trainings, wie
Meichenbaum (1985) verwenden dagegen Entspannung in Verbindung mit
Selbstinstruktionen als Bewältigungstechnik zum Umgang mit Ängsten.
Die Wirkung von Entspannungstechniken ·wurde bisher meistens in Form
von Vergleichen zwischen Systematischer Desensibilisierung und Social-Skills
Training untersucht, aber diese Fragestellung ist so vereinfachend und die Er
gebnisse sind dementsprechend ambivalent, dass es sich nicht lohnt, näher dar
auf einzugehen. Differenzierter ist eine Studie von Trower et al. ( 1 978), die auf
die Frage der differentiellen Indikation einging: 20 psychiatrische Patienten mit
Defiziten sozialer Kompetenz und 20 mit sozialer Phobie wurden entweder mit
Desensibilisierung oder mit Social-Skills-Training (SST) behandelt. Die Hypo
these, dass erstere mehr vom SST profitieren würden, wurde bestätigt. Überra
schend war jedoch, dass bei den sozial ängstlichen Patienten beide Verfahren
gleich erfolgreich waren. Dieses Ergebnis deutet an, dass SST eine mehrfache
108 • 3 Interventionen
Transfer-1est bedeutsame Verbesserungen. Eine Kombination von Verhaltens
und kognitivem Training war in einer Untersuchung mit selbstunsicheren
Frauen am erfolgreichsten (Linehan et al., 1 979).
Zimmer (1976) entwickelte ein Selbstregulationstraining nach dem Modell
von Kanfer. In diesem Training mit Selbstinstruktionen, Rollenspiel und Vi
deo-Feedback achteten die Klienten in ihren Rollenspiel-Aufnahmen auf das,
was sie gut gemacht hatten, und teilten es dem Therapeuten mit, der sie dafür
verstärkte. Dieses Verfahren führte zu wesentlich besseren Ergebnissen als ein
reines Verhaltenstraining. Es hatte bessere Generalisierungswirkungen, führte
zu einer stärkeren Abnahme der Angst und Unsicherheit und zu einer zusätz
lichen Verbesserung der Selbsteinschätzungen nach drei und zwölf Monaten.
Schefft und Kanfer (1987) kombinierten das Selbstregulationsmodell mit dem
Selbstsicherheitstraining von Lange und Jakubowski ( 1 976). Die Kombination
war effektiver als das Selbstsicherheitstraining allein und als ein klientenzen
triertes Training nach Rogers.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann man sagen, dass die vVirksamkeit der im GSK ver
wendeten einzelnen Interventionstechniken in empirischen Untersuchungen
als gut belegt gelten kann.Allerdings ist das GSK nicht eine Sammlung von ein
zelnen Techniken, sondern ein theoretisch fundiertes Verfahren, in das diese
Techniken integriert wurden. Deshalb muss man sich fragen, ob die Integration
Wie erwähnt kann man nicht davon ausgehen, dass sich aus der Zusammen
stellung mehrerer effektiver Einzelkomponenten sozusagen „automatisch" ein
besonders effektives Gesamtprogramm ergibt. Deshalb ist im vorliegenden Ka
pitel zu klären,
inwieweit der Anwender des GSK von einer Wirksamkeit des Gesamtpro
gramms ausgehen kann,
welche Art von Veränderungen bei Klienten durch das GSK bewirkt werden,
und
inwieweit diese Effekte auch über einen längeren Zeitraum erhalten bleiben.
110 3 Interventionen
rücksichtigt, die nur unregelmäßig am Training teilgenommen hatten. Der
Verzicht auf diese Daten hätte zwar die Befunde etwas „verschönt", würde aber
zu unrealistisch überhöhten Erwartungen führen, da in der Praxis immer da
mit zu rechnen ist, dass einige Klienten nur unregelmäßig am Training teil
nehmen.
Messinstrumente. Die Erfolgskontrolle wurde jeweils mit Hilfe folgender Fra
gebögen durchgeführt (die verwendeten Messinstrumente werden hier nur
kurz vorgestellt. Nähere Informationen finden sich auf S. 208ff):
(1) U·Fragebogen von Ullrich de Muynck und Ullri ch ( 1977a), der auf sechs
Skalen folgende Merkmale erfasst:
Fehlschlag- und Kritikangst
Kontaktangst
Fordern können
Nicht Nein sagen können
Schuldgefühle bei assertivem Verhalten
übertriebene Anständigkeit
112 13 Interventionen
PRÄ P OST•)
Skala M M
(s) (s)
Tabelle 1. Mittelwerte (M) und Streuungen (s) vor (PRÄ) und nach (POST) Teilnahme am GSK
selbstunsichere Erwachsene)
Sie trauen sich eher zu, Forderungen zu stellen und (unberechtigte) Forde
rungen anderer zurückzuweisen.
Sie fühlen sich in ihrem sozialen Verhalten weniger durch Schuldgefühle und
übertriebene Skrupel eingeschränkt.
Erfolge begründen sie stärker mit ihrem eigenen Verhalten und mit ihren ei
genen Fähigkeiten statt mit
114 13 Interventionen
stellt. Hier sollen nur die wichtigsten Befunde noch einmal kurz zusammenge
fasst werden.
Tab. 2 macht deutlich, dass die teilnehmenden Studenten vor dem Training
in allen Skalen größere, nach dem Training aber fast durchgängig geringere Be
einträchtigungen als die Bezugspopulation aufweisen. Was die Art der Verände
rungen angeht, kann auf den vorangehenden Abschnitt verwiesen werden.
PRÄ Follow·up
Skala M M
(s) (s)
Tabelle 2 . Mittelwerte und Streuungen vor und nach Teilnahme am GSK ( 1 9 selbstunsichere
Studenten) -::;::>
1 16 13 Interventionen
Dies ist aber lediglich ein subjektiver Eindruck. Detailliertere Aussagen oder
gar harte empirische Fakten können wir dazu nicht vorlegen. Zumindest hat
uns die aus unseren Daten nicht ersichtliche Systematik gegenüber den in der
Literatur beliebten Untersuchungen misstrauisch gemacht, in denen aus dem
Vergleich von nur zwei Gruppen auf die überlegenheit dieser oder jener Be
handlung geschlossen wird.
Über all diesen Oberlegungen sollte jedoch nicht vergessen werden, dass sich
auch die Gruppen, bei denen der Erfolg geringer war, in Bezug auf wesentliche
Kriterien spürbar verbesserten. Es gab keine Gruppe, bei der überhaupt kein
Effekt oder gar eine Verschlechterung festgestellt werden konnte.
Als wesentliche, sich für Jugendliche des westlichen Kulturkreises stellende Ent
wicklungsaufgaben lassen sich die folgenden nennen:
( 1 ) Die Berufs- und Tätigkeitsfindung, um
(2) die finanzielle Unabhängigkeit vom Elternhaus durch den Aufbau einer ei
genen materiellen Lebensgrundlage zu erreichen.
(3) Die allmähliche Ablösung vom Elternhaus in sozialer Hinsicht durch den
Aufbau eigener sozialer Beziehungen.
(4) Die Bewältigung der mit der für das Jugendalter spezifischen körperlichen
Entwicklung (Längenwachstum, Erlangung der Geschlechtsreife) verbun
denen psychischen Probleme als Voraussetzung für
(5) die sexuelle Weiterentwicklung bis zur Aufnahme sexueller Beziehungen.
118 13 Interventionen
( 6) Der vorläufige Abschluss einer kontinuierlichen Entwicklung als Vorausset
zung für
(7) die allmähliche Ausbildung von Norm- und Wertbegriffen zur Entwicklung
eines eigenen Moral- und Wertsystems.
Geänderte Rollenspielsituation
Situation: Du kaufst eine Karte für das Theater. Als Du bezahlen willst, fällt
Dir ein, dass Du als Schüler sicher einen ermäßigten Preis bekommst. Du
verlangst eine verbilligte Karte.
Instruktion: Zeige Deinen Schülerausweis vor und beharre auf einer ermä
ßigten Karte, selbst wenn es der Verkäuferin zu viel Arbeit ist, die Karten
umzutauschen.
120 1 3 Interventionen
hängig voneinander entstanden sind, wird ihnen jeweils ein eigener Abschnitt
gewidmet.
Das Projekt von Affeldt. Affeldt führte das GSK im Rahmen seiner Tätigkeit als
Beratungslehrer an einer integrierten Ganztags-Gesamtschule in Hamburg
durch. Es nahmen 1 3 Schüler (sechs Mädchen, sieben Jungen) im Alter von
17-18 Jahren teil. Eine unbehandelte Kontrollgruppe bestand aus 1 9 gleichal
trigen Schülern (neun Mädchen, zehn Jungen) . Das Training wurde von Affeldt
selbst geleitet; bei den Rollenspiel-Sitzungen assistierte ihm eine Co-Trainerin.
Als Messinstrumente wurden in einer Prä-Post-Messung der U-Fragebogen,
der IE-SV-F, der Problemfragebogen und der Feedbackbogen (siehe S. 224)
eingesetzt Darüber hinaus fanden noch weitere Messinstrumente Verwendung,
die hier aber außer acht gelassen werden sollen. Die Ergebnisse der Prä-Post
Messungen sind in Tab. 3 aufgeführt.
Deutliche Veränderungen der Testwerte finden sich v. a. bei den Skalen des
U-Fragebogens mit einer - sehr bezeichnenden Ausnahme: die Verbesserung
in „Fordern können" ist relativ gering und lediglich auf dem Zehn-Prozent-Ni
veau signifikant, ein Ergebnis, welches sich auch bei Gagel findet und wohl mit
den gerade in dieser Skala auffallend hohen Eingangswerten dieser Gruppen
erklärt werden muss.
Davon abgesehen sind die übrigen Veränderungen im U-Fragebogen jedoch
sehr eindeutig. 0hne Ausnahme liegen die Post-Test-Werte der Teilnehmer
(z.T. um fast eine Standardabweichung) günstiger als das Niveau der B ezugs
population: Die Jugendlichen hatten nach dem Training ausgesprochen wenig
„Fehlschlag- und Kritikangst", wenig „Kontaktangst", konnten ihre Forderun
gen gut zum Ausdruck bringen, berichteten über geringe Schwierigkeiten be
züglich „Nicht-nein-sagen-können" und hatten sowohl in „Schuldgefühle" wie
auch in „ übertriebene Anständigkeit" auffallend niedrige Werte.
Während auch die Veränderung bezüglich des Problemfragebogens in etwa
das Ausmaß der Skalen des U-Fragebogens erreicht, wirken die Ergebnisse zum
IE-SV-F etwas enttäuschend. Die Veränderungen sind zwar durchgängig in der
erwarteten Richtung (Erfolge werden nach dem Training stärker internal und
weniger external, Misserfolge dagegen weniger auf Unfähigkeit als auf man
gelnde Anstrengung attribuiert), sind aber in ihrem Ausmaß doch relativ gering
und auch nur signifikant.
Dabei mag eine Rolle spielen, dass sich die in der Tabelle angegebenen Sig
nifikanzen auf die Rohwerte beziehen. Gerade bei den Daten Affeldts hätte eine
Signifikanzberechnung aufgrund der korrigierten Werte (vgl. S. 212) vielleicht
zu eindeutigeren Ergebnissen geführt, da die Jugendlichen im Nachtest sehr viel
stärker als im Vortest dazu tendierten, den Items zuzustimmen. Leider war uns
eine entsprechende Berechnung nicht möglich, da die Rohwerte der Teilnehmer
nicht zur Verfügung standen.
Das Projekt von Gage!. Gagel führte das GSK mit 2 1 Bamberger Schülern ( Gym
nasium bzw. Fachoberschule) im Alter von 16 bis 23 Jahren durch. Das Training
Tabelle 3. Mittelwerte und Streuungen vor und nach Teilnahme am GSK ( 1 3 selbstunsichere
Jugendliche aus Hamburg)
wurde von dem Autor selbst und einem Diplom-Pädagogen als Co-Trainer gelei
tet. In einem Wartekontrollgruppendesign wurden die gleichen Messinstrumen
te eingesetzt wie in den anderen hier angeführten Untersuchungen zum GSK. Die
Effekte vvurden nach Abschluss des Trainings und noch einmal nach acht Wo
chen überprüft (Follow-up) . Die Ergebnisse sind in Tab. 4 dargestellt.
Die Befunde im Post-Test entsprechen weitgehend den hier dargestellten des
Follow-up. Insgesamt ist eine Tendenz erkennbar, dass die Veränderungen im
Follow-up etwas deutlicher sind als direkt im Anschluss an das Training.
122 · 3 Interventionen
PRÄ Follow-up
Skala M M
(s) (s)
Tabelle 4. Mittelwerte und Streuungen vor und nach Teilnahme am GSK ( 1 9 selbstunsichere
Jugendliche aus Bamberg)
Im Vergleich zu Affeldt fällt auf, dass die Veränderungen in den Skalen des
U-Fragebogens durchweg geringer sind. Zwar haben die Jugendlichen im Ver
gleich zum Vortest im Follow-up bedeutsam weniger „Fehlschlag- und Kritik
angst", weniger „Kontaktangst", auch die Werte in „Nicht-nein-sagen-können"
sind kleiner als bei Affeldt. Das gleiche gilt für den Problemfragebogen, auch hier
sind die Veränderungen zwar signifikant, relativ betrachtet aber eher gering.
Beim IE-SV-F dagegen gleicht das Ausmaß der Veränderung in etwa dem bei
Affeldt bzw. ist sogar tendenziell größer. Auch hier entspricht die Richtung aller
� Fehlschlag-/Kritikangs�
Kontaktangst
Fordera kön!len
Nicht nein sagen können
�- Schuldgefühle
_.__.. übertriebene Anständigkeit
0,5
„
�
N
Abbildung 2. Skalen
werte (z-transformiert)
im U-Fragebogen vor -0,5
126 1 3 Interventionen
Tei I 1 1 Pra ktisches Vorgehen
Manual zum Gruppentra ining
. sozialer Kom petenzen ( G S K )
(Rüdiger Hinsch)
2 Bei den Rollenspielen sind gegenüber der dritten Auflage einige neue Typ B- und Typ S-Situa
tionen hinzugekommen. Sie entstammen vor allem der Dipomarbeit von Sabine McGregor
sowie von Dobrila Djuric-Weber und Ina Köhnemann. Zu den Instruktionen hat Christine
Rüffer wichtige Vorarbeit geleistet.
Einführungsveranstaltung S. 133)
(1) Bei welchen Problemen bietet das GSK eine Hilfe? („Situationstypen")
(2) Grundannahmen des GSK (Soziales Verhalten wird gelernt, „Selbstsicher
heitspyramide ")
(3) Inhalte des Trainings (Rollenspiele, Entspannungstraining, Unterscheidung
von selbstsicherem und aggressivem Verhalten etc.)
(4) Wirksamkeit des Trainings (Hinweis auf wissenschaftliche Erfolgskontrolle)
(5) Organisatorisches (Entscheidung für/gegen Teilnahme, Termine, Dauer der
Sitzungen etc.)
( 6) Durchführung der Vortests
4. 1 . 3 E i nführungsveranstaltung
ÜBERSICHT
folgende Punkte sollten in der Einführungsveranstaltung
zur Sprache kommen:
( 1 ) Bei welchen Problemen bietet das GSK eine Hilfe? („Situationstypen")
(2) Grundannahmen des GSK (Soziales Verhalten wird gelernt, „Selbstsi-
cherheitspyramide")
(3) Inhalte des Trainings (Rollenspiele, Entspannungstraining, Unterschei
dung von selbstsicherem und aggressivem Verhalten etc.)
(4) Wirksamkeit des Trainings (Hinweis auf wissenschaftliche Erfolgskon
trolle)
(5) Organisatorisches (Entscheidung für/gegen Teilnahme, Termine, Dauer
der Sitzungen etc.)
( 6) Durchführung der Vortests
1
4.1 Voraussetzungen 1 133
des Trainings verringern. Zudem legen Ergebnisse der sozialpsychologischen
Grundlagenforschung die Vermutung nahe, dass eine be·wusste und freiwillige
Entscheidung für eine Teilnahme den Trainingserfolg verbessert.
Dabei sollte deutlich gemacht werden, dass während des Trainings Bewälti
gungsstrategien zu allen drei Problembereichen erarbeitet und geübt werden.
(2) Grundannahmen. - Von welchen Grundannahmen geht das Training aus?
Es wird davon ausgegangen, dass selbstsicheres, sozial kompetentes Verhalten
genauso gelernt werden kann, wie anderes Verhalten auch (z.B. Radfahren, Ski
laufen etc.). Daher wird das Üben von selbstsicherem Verhalten im Mittelpunkt
des Trainings stehen. Geübt wird zunächst in Rollenspielen und dann in der
Realität (als „Hausaufgabe").
Zu beachten: Die Betonung des übenden Charakters des Trainings scheint uns
von ganz zentraler Bedeutung zu sein, um die vielfach vorhandenen Erwar
tungen der Teilnehmer in Richtung eines gruppendynamischen oder Sensiti
vity-Trainings bzw. einer Selbsterfahrungsgruppe abzubauen. Um dies noch
deutlicher zu unterstreichen, kann es sinnvoll sein, einen möglicherweise vor
handenen Videofilm über ein Rollenspiel vorzuführen. Günstig dürfte es dabei
sein, wenn das Modell nicht allzu selbstsicher auftritt.
Achtung: Bei der Vorführung eines solchen Rollenspiels muss auf jeden
Fall die Herkunft des Videofilms genau erläutert werden, um nicht den
Verdacht aufkommen zu lassen, dass die Rollenspiele der zukünftigen Teil
nehmer auch anderweitig vorgeführt werden könnten.
Selbstsichere
Persönlichkeit
Selbstsichere
Verhaltens
gewohnheiten
Selbstsicheres
Verhalten
Abbildung 3. Selbstsicherheitspyramide:
Wird selbstsicheres Verhalten über längere
Zeit gezeigt, etabliert es sich zur Gewohn
heit und bewirkt schließlich eine Umstruk
turierung der Gesamtpersönlichkeit.
4. 1 Voraussetzungen
i[ 135
Abbildung 4. Entwicklung von
Selbstsicherheit: Von der kleinen
Pflanze „Verhalten" zum reifen
Baum „Persönlichkeit" (Brattig,
Annastift Berufäbildungswerk) . Verhaltensweise Gewohnheit Persönlichkeit
den durchgeführt (Brattig, 1997) und dafür seiner Klientel angepasste Arbeits
papiere3 entwickelt hat (Abb. 4).
(3) Inhalte des Trainings. Da die Rollenspiele mit Videofeedback bereits unter
(2) erläutert wurden, sollten an dieser Stelle nur noch kurze Hinweise auf weitere
wichtige Elemente des Trainings gegeben werden: Das Erlernen von aktiver Ent
spannung als Bewältigungsstrategie auf der emotionalen Ebene, der Unterschied
zwischen aggressivem und selbstsicherem Verhalten, die Bedeutung von Selbst
verbalisationen für selbstsicheres bzw. unsicheres Verhalten etc. Für nähere Er
läuterungen kann man sich von den Interessen der Teilnehmer leiten lassen.
Bei der Darstellung des Trainingsablaufs sollte noch einmal deutlich gemacht
werden, dass die verschiedenen Elemente des Trainings aufeinander aufbauen,
und dass es daher unbedingt notwendig sei, bei jeder Sitzung anwesend zu sein.
(4) Wirksamkeit des Trainings. Hier können Hinweise auf die bisherige Be
währung des Trainings sowie die wissenschaftliche Erfolgskontrolle gegeben
werden. Wir haben an dieser Stelle eine Grafik (siehe Abb. 5) mit unseren
3 Die von Herrn Brattig verwendeten Abbildungen und Arbeitspapiere stehen auf unserer Home
page zum Download bereit
0,6
0,4
i::
Abbildung 5 .
III
0,2
i::
i:: - ---
- -
" - -
Wirksamkeit des 10
..>t
Normalwert
0
Trainings: Die
Trainingsteilneh-
ti
.,,
...
0
mer zeigen bezüg- .....
-0,2
lieh des Merkmals
„Fordern können"
deutlich anstei- -0,4
4.2 Durchführung
Ü B E R S ICHT
Trainingsschritte:
( 1) Tagesordnung
(2) Warming-up
(3) Einführung des Erklärungsmodells (Beispiel an der Tafel erläutern, Ar
beitspapier 1 : „Erklärungsmodell" in Kleingruppen bearbeiten)
(4) Entspannungstraining (40 Minuten, -7 S. 1 92ff)
(5) Hausaufgaben (Arbeitspapier 2: „Rollenspielsituation Typ R", Entspan
nung nach CD üben)
(6) Stundenbögen (-7 S. 223)
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell". Während jeder Sitzung wird von uns an der
Frontseite des Raumes eine selbstgefertigte, etwa 50 x 70 cm große
Papptafel mit der Darstellung des Erklärungsmodells aufgehängt, um
bei notwendig werdenden Erklärungen immer darauf zurückgreifen zu
können.
Arbeitspapier 1 : „Erklärungsmodell"
Arbeitspapier 2: „Rollenspielsituation Typ R - Recht durchsetzen"
CDs mit Entspannungstraining
Stundenbögen (siehe S. 223)
J I
Gefühl von Zuver-
Gefühl der
sieht, Entschlossen-
Resignation
heit
Abbildung 6. Beispiel
1 1
Ich gehe in den
für eine selbstunsi Ich bleibe zu Hause
Laden und tausche
chere bzw. sichere Ver und mache nichts
das Hemd
haltenssequenz.
Situation
Negative Positive
Selbstverbalisation Selbstverbalisation
Abbildung 7. Erklä
rungsmodell: Positive
bzw. negative Selbst
Gefühl:
verbalisation zieht Zuversicht
ein entsprechendes
Gefühl und Verhalten
nach sich. Jedes Ver Verhalten: Ver V erhalten: In die
halten führt wieder Situation gehen
meidung, Flucht
zu einer neuen
Selbstverbalisation.
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Schätzen Sie bitte mit diesem „Thermometer" für jede Situation ein, wie schwer Ihnen das be
schriebene Verhalten fallen würde. Tragen Sie für jede Situation eine Zahl zwischen 0 und 100 ein.
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
1. Für eine zehnstündige Zugfahrt haben Werden Sie nicht aggressiv, seien Sie höflich
Sie sich eine Platzkarte gekauft. Der
Zug ist sehr voll. Auch Ihr Abteil ist be
setzt und ein junger Mann sitzt auf Ih
aber bestimmt. Lassen Sie sich nicht auf
eine Diskussion ein, sondern wiederholen
Sie Ihre Bitte und bestehen Sie auf Ihrem
D
rem Platz. Sie fordern ihn auf, Ihnen Recht. Holen Sie notfalls den Schaffner.
den Platz zu überlassen. Er geht darauf
nicht ein. Sie drohen, den Schaffner zu
holen.
2. Sie rufen den Ober in einem Lokal und Zeigen Sie zunächst Interesse für das Ge
fragen ihn nach der Bedeutung, Ge
schmacksrichtung und Zusammenset-
zung einer ausländischen Spezialität.
richt und hören Sie interessiert zu. Sehen
Sie dem Ober ins Gesicht, wenn Sie ein an
deres Gericht bestellen.
D
Nachdem Sie die gewünschte Auskunft
bekommen haben, bedanken Sie sich
kurz und bestellen ein anderes Gericht.
3. Sie bringen eine Ware mit einem klei Entschuldigen Sie sich nicht, stellen Sie nur
nen Fabrikationsfehler, den Sie nicht
gleich entdeckt haben, am nächsten Tag
wieder zurück und verlangen, dass Sie
die Sachlage klar. Benutzen Sie das Wort
„ich" und drücken Sie auch ruhig Ihren Ar
ger aus. Verlangen Sie notfalls, den Ge
D
ein anderes Exemplar bekommen. Wäh schäftsführer zu sprechen.
len Sie sich für das Spiel irgendeine Ware
(Fotoapparat, CD-Player, Pullover o.ä.)
und denken Sie sich einen kleinen Feh
ler aus.
4. In einem Lokal ist Ihnen ein Essen lau Diskutieren Sie nicht, sondern wiederholen
warm geliefert worden, das Ihnen des
wegen überhaupt nicht schmeckt. Sie
rufen die Bedienung und verlangen ein
Sie, dass Ihnen das Essen zu kalt ist, was im
mer der Ober sagt. Sie können Ihren Ärger
zum Ausdruck bringen, ohne dabei laut zu
D
warmes Essen. werden. Wenn der Ober Ihrem Wunsch
entspricht, bedanken Sie sich. Sie können
auch Ihr Verständnis für die Situation des
Obers zum Ausdruck bringen.
5. Sie werden in eine verkehrte Lohnsteu Formulieren Sie Ihr Anliegen klar und prä
erklasse eingestuft, ein Antrag wurde aus
nichtigen Gründen abgelehnt oder ähn
liches. Sie wollen den Beamten überzeu
zise und wiederholen Sie Ihre Forderung,
wenn nötig. D
gen, dass Sie im Recht sind. Hinter Ihnen
bildet sich eine lange Schlange aus War
tenden, die langsam ungeduldig werden.
Der Beamte wird nervös und reagiert
barsch und will Sie auf einen anderen
Termin vertrösten.
große Schwierigkeit
1 1
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
6. Sie bitten in einem Selbstbedienungslo Seien Sie höflich, aber bestimmt. Rechtfer
kal jemanden vom Personal, Besteck zu
holen, da keine Messer und Servietten
mehr für die Selbstbedienung aufliegen.
tigen Sie Ihren Wunsch nicht mit dem Be
dürfnis der anderen Gäste, sondern mit Ih
rem eigenen.
D
7. Sie wollen sich einen neuen Personal Bringen Sie keine langen Entschuldigun
ausweis ausstellen lassen. Ein Beamter
hat Ihnen erklärt, was Sie alles tun müs
sen. Sie haben ihn aber nicht verstan
gen, bitten Sie um eine neue Erklärung auf
eine höfliche aber bestimmte Art und
wiederholen Sie seine Erklärung kurz, um
D
den. Sie bitten ihn um eine genaue und sicherzustellen, dass Sie es richtig verstan
langsame Erklärung. den haben.
Ein Vertreter klingelt an Ihrer Haustür - Seien Sie freundlich, aber bestimmt. Schau
D
8.
und bietet höflich seine Ware an. Sie en Sie den Vertreter direkt an.
antworten: „Ich habe dafür kein Inter
esse" und schließen die Tür.
9. Ein Vertreter klingelt an Ihrer Tür und Äußern Sie Ihren Ärger über das unver
bietet seine Waren an. Er lässt sich nicht
abwimmeln, versperrt die Tür und
kommt direkt in Ihre Wohnung. Er re
schämte Verhalten des Vertreters. Gehen Sie
auf keinen Fall auf dessen Fragen und Ar
gumente ein. Drohen Sie notfalls, die Poli
D
det auf Sie ein, stellt ständig Fragen und zei zu benachrichtigen.
will gleich anfangen, seine Waren aus
zupacken. Sie haben aber wirklich kein
Interesse und weisen ihn energisch aus
Ihrer Wohnung.
Sie halten in einer Gruppe einen Vor Sprechen Sie laut und deutlich. Machen Sie
D
10.
trag von drei Minuten Dauer über ein oft Pausen und schauen die einzelnen An
Ereignis der letzten Tage. Die Gruppe wesenden an.
hört Ihnen interessiert zu.
11. Sie sind in einem vollen Speiselokal und Seien Sie freundlich, entschuldigen Sie sich
wollen zahlen. Sie rufen laut: „Herr Ober,
die Rechnung bitte!". Der Ober kommt
an Ihren Tisch, notiert Ihren Verzehr
nicht. Es handelt sich hier um einen rein ge
schäftlichen Vorgang. Der Ober hat also
keinen Grund gekränkt zu sein. Es hat
D
und nennt Ihnen den zu zahlenden Be nichts mit Großzügigkeit zu tun, wenn Sie
trag. Sie bitten darum, die Rechnung se Ihr Recht auf Kontrolle nicht wahrnehmen.
hen zu dürfen und lassen sich die einzel
nen Posten aufschlüsseln und erklären.
12. Sie suchen ein „gutes" Schuhgeschäft Schauen Sie die Verkäuferin an, wenn Sie
auf. Sie haben noch keine feste Vorstel
lung und lassen sich beraten. Die Ver
käuferin führt Ihnen verschiedene Mo
mit ihr reden. Benutzen Sie das Wort „ich",
wenn Sie begründen, warum Ihnen dieser
oder jener Schuh nicht zusagt.
D
delle vor und versucht Sie zum Kauf zu
überreden. Sie lassen sich aber dadurch
nicht beeinflussen, sondern verlassen
nach einiger Zeit das Geschäft, weil Ih
nen die vorgeführten Modelle alle nicht
zugesagt haben.
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
13. Sie schauen sich in einem Buchladen Fragen Sie nicht um Erlaubnis, sondern tei
um und werden von einem Verkäufer
direkt nach Ihrem Wunsch gefragt. Sie
antworten, Sie möchten sich nur in
len Sie Ihren Wunsch mit. Seien Sie kurz
und bestimmt. D
Ruhe umsehen.
14. Es ist kurz vor Mitternacht. Sie wollen Sie müssen Ihr Recht durchsetzen. Bleiben
schlafen und benötigen den Schlaf
dringend, denn Sie haben am nächsten
Tag viel Arbeit vor sich, bei der Sie sich
Sie kühl aber bestimmt. Aggressionen hel
fen nicht weiter. Bringen Sie Ihre Argumen
te sachlich und knapp vor. Lassen Sie sich
D
stark konzentrieren müssen. Sie kön nicht in eine Diskussion verwickeln und
nen aber nicht schlafen, weil der Mieter schauen Sie den anderen an.
über Ihnen eine rauschende Party feiert
und die Musik sehr laut gestellt hat. Sie
klingeln bei ihm und bitten um Ruhe.
Er geht nicht darauf ein. Sie verweisen
dann auf die Möglichkeit, dass Sie auch
die Polizei verständigen können. Jetzt
gibt er nach.
15. Sie halten in einer Gruppe einen Vor Sprechen Sie laut und deutlich, auch wenn
trag von 3 Minuten Dauer über ein Er
eignis der letzten Tage. Die Gruppe re
det währenddessen durcheinander und
Sie pral<tisch allein sind. Machen Sie oft
Pausen und schauen die einzelnen Anwe
senden an.
D
nimmt keine Notiz von Ihnen.
16. Sie lassen in einem Geschäft abgepack Seien Sie freundlich und sachlich, auch
te Ware (z.B. Gemüse) noch einmal
nachwiegen und kontrollieren, ob der
Aufdruck mit dem tatsächlichen Ge
wenn der Verkäufer „sauer" reagiert. Sie
nehmen nur Ihr Recht als Verbraucher in
Anspruch.
D
wicht übereinstimmt.
ÜBERSICHT
Trainingsschritte:
(1) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Entspannung, Situationen)
(3) Arbeitspapier 3: „Diskriminationstraining", Kleingruppen
( 4) Modellrollenspiel (Arbeitspapier 4: „Instruktion für selbstsicheres Ver-
halten")
(5) Rollenspiele mit Videofeedback
(6) Entspannungstraining ( 1 8 Minuten)
(7) Hausaufgaben: Entspannung, In-Vivo-Training (Arbeitspapier 5: „Haus
aufgaben - Recht durchsetzen")
(8) Stundenbögen
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell" (vgl. Abb. 7, S. 141)
Arbeitspapier 3: „Diskriminationstraining"
Arbeitspapier 4: „Instruktion für selbstsicheres Verhalten R - Recht
durchsetzen"
Arbeitspapier 5: „Hausaufgaben - Recht durchsetzen"
2 Videoanlagen
4.2 Durchführung 1 1 49
(„ Was ist für Sie an diesem Verhalten aggressiv?", „·warum ist dieses Verhalten
unsicher?"). Als Hilfe für die Trainer kann Tabelle 5 dienen, welches einige
wichtige Kriterien zur Unterscheidung zwischen sicherem, unsicherem und ag
gressivem Verhalten enthält.
Während der Diskussion ergeben sich häufig Meinungsunterschiede, ob
diese oder jene Verhaltensweise nun aggressiv (bzw. sicher oder unsicher) sei
oder nicht. Der Trainer sollte dann versuchen, die Verhaltenskonsequenzen her
auszuarbeiten („Wie wird der andere sich jetzt fühlen?", „Wie wird er sich in
Zukunft wohl verhalten?") . Dies führt in aller Regel dazu, dass die Teilnehmer
ohne weitere Hilfe des Trainers in der Lage sind, zwischen selbstsicherem und
aggressivem Verhalten zu unterscheiden und die wesentlichen Kriterien zu er
kennen.
Anmerkung: Schwierigkeiten bei der Zuordnung der Verhaltensweisen erge
ben sich oft dadurch, dass die Teilnehmer nicht wie eigentlich erwünscht -
allein das Verhalten einschätzen, sondern von den situationalen Bedingungen
ausgehen. So werden z.B. oftmals aggressive Verhaltensweisen dann als selbst
sicher eingestuft, wenn das Verhalten des Interaktionspartners als aggressiv,
„unverschämt" oder auf andere Art negativ beurteilt wird. Oft wird in diesem
Zusammenhang auch argumentiert, dass ein Verhalten ganz ohne Aggressi
onen doch völlig undenkbar wäre. Der Trainer sollte dann darauf hinweisen,
dass dies auch nicht das Ziel des Trainings sei; es stehe jedem selbstverständ
lich frei, sich aggressiv zu verhalten, wann immer er es für richtig halte. Durch
das Training solle nur erreicht werden, dass die Teilnehmer - wenn sie sich ag
gressiv verhalten sich dieser Tatsache bewusst und auf die Konsequenzen
vorbereitet sind.
Hinweis: Auf beiliegender CD befindet sich auch eine auf 12 Situationen ge
kürzte Form des Diskriminationstrainings. Diese Version kann eingesetzt wer
den, wenn aus irgendwelchen Gründen die Zeit für die lange Version nicht aus
reicht oder auch bei Zielgruppen, bei denen dieser Tagesordnungspunkt eine
weniger zentrale Bedeutung hat als bei Selbstunsicheren. Im Lehrertraining
von Hinsch & Ueberschär ( 1 998) wurde z.B. vorzugsweise diese Kurzfassung
eingesetzt.
(4) Modellrollenspiel. Vor Beginn des Modellrollenspiels wird Arbeitspapier 4:
„Instruktion für selbstsicheres Verhalten" verteilt und kurz besprochen. Die
Teilnehmer werden darauf hingewiesen, dass das folgende Rollenspiel der Trai
ner anhand dieser Kriterien beurteilt werden soll. Danach demonstrieren die
beiden Trainer ein Rollenspiel und das anschließende Video-Feedback.
obachtung) .
Die bei manchen Teilnehmern vorhandene Angst vor den ersten Rollenspie
len wird reduziert.
Die Teilnehmer bekommen demonstriert, dass auch die Trainer nicht perfekt
sind, dass sich hier Sequenzen finden lassen, die verbesserungsfähig sind.
Ohnehin dürfte es wichtig sein, dass sich die Trainer nicht als durchgängig
perfekt agierende Experten sondern auch als Lernende darstellen.
Führt man das Training ohne Cotrainer durch, sollte man das Modellrollen
spiel mit einem Teilnehmer durchführen, wobei es wichtig ist, zu betonen, dass
es hierbei erst einmal nur um die Demonstration des Procedere geht.
(5) Rollenspiele mit Video-Feedback. Mit der Durchführung der Rollenspiele
beschäftigt sich ein eigener ausführlicher Abschnitt (siehe S. 185).
Da gerade das erste Rollenspiel für manche Teilnehmer angstbesetzt ist, kann
es hin und wieder vorkommen, dass der eine oder andere sich zu „drücken"
versucht. Der Trainer sollte solchen Vermeidungsstrategien auf keinen Fall
nachgeben sondern gleich von Beginn an daraufbestehen, dass die Rollenspiele
reihum durchgeführt werden. Allerdings dürfte es auch nicht empfehlenswert
sein, einen Teilnehmer gezielt aufzufordern, man sollte das lieber der Gruppe
überlassen.
Die Zahl der Rollenspiele, die durchgeführt werden, wird je nach Setting stark
variieren. Man sollte den Zeitrahmen auf jeden Fall so gestalten, dass jeder Teil
nehmer mindestens ein Rollenspiel mit Wiederholung durchgeführt hat.
1
152 i 4 Manual zum Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK)
1
lrj;li Diskriminationstraining (S. 1/3) 1
Training zur Unterscheidung von selbstsicherem und aggressivem Verhalten. Im Folgenden fin
den Sie 20 Situationsschilderungen. Die dazugehörigen Antworten auf der rechten Seite sind ent
weder selbstsicher, aggressiv oder unsicher.
Ihre Aufgabe ist es, beim Lesen zu unterscheiden, ob es sich um selbstsichere, aggressive oder unsi
chere Antworten handelt. Tragen Sie hinter jeder Antwort ein, um welche Art der Reaktion es sich
Ihrer Meinung nach handelt: Setzen Sie s für selbstsicher, u für unsicher, a für aggressiv.
1.
Situation
An der Tankstelle, an der Sie häufig tan
Reaktion
Einer von Euch Jungs hat doch glatt verges
l
ken, hat einer der Tankwarte vergessen, sen, die Verschlusskappe wieder auf meinen
die Verschlusskappe wieder auf Ihren Tank zu schrauben. Ich möchte das sofort
Tank zu schrauben. Sie bemerken das, geändert haben. Falls Sie sie nicht wieder
fahren zurück und forschen nach, in finden, hat einer von Ihnen sie mir zu erset
dem Sie sagen: zen.
2. Eine Ehefrau sagt zu Ihrem Mann, dass Warum willst Du denn das alles tun? Du
sie gerne ihre Berufsausbildung beenden weißt doch, dass Du gar nicht fähig bist,
möchte. Er ist aber gar nicht dafür, dass diese Extrabelastung noch zu verkraften.
sie weiterstudiert o.ä. lmd sagt:
3. Sie tun sich ziemlich schwer damit, einen Ich bin doch einfach blöd; ich weiß über
Bericht zu schreiben und ;.vissen nicht haupt nicht, wo ich anfangen soll, wie ich
genau, welche weiteren Informationen weitermachen soll mit diesem B ericht.
Sie dafür noch brauchen und wo Sie sie
einholen sollen. Sie sagen zu sich selbst:
D
Du hast vielleicht Nerven, mich einfach
zur Arbeit und sagt Ihnen im Wegge festzunageln, ohne mich vorher zu fragen.
hen, dass sie einem Freund versprochen Das gibt' s überhaupt nicht. Ich fahre heute
hat, dass Sie ihn heute Abend mit Ihrem nicht zum Flughafen. Lass ihn ein Taxi neh
Auto abholen werden. Darauf sagen Sie: men, wie jeder andere das auch macht.
5. Sie sind auf einer Ausschusssitzung mit Nein, also wissen Sie, das stinkt mir ein
sieben Männern und einer Frau. Zu Be fach, hier den einzigen Protokollanten zu
der Sitzung bittet Sie der Vorsit machen, nur weil ich die einzige Frau bin in
zende, heute das Protokoll zu führen. dieser Runde.
Sie antworten:
6. Ein Bekannter bittet Sie um eine Verab Oh, also diese Woche bin ich unheimlich
redung. Sie sind schon einmal mit ihm beschäftigt. Ich glaube wirklich, dass ich
aus gewesen und haben keinerlei Inter also Samstag keine Zeit habe, mich mit Ih
esse, sich wieder mit ihm zu verabre nen zu treffen.
den. Sie sagen:
7. Eltern rufen bei Ihrer verheirateten Du bist doch nie verfügbar, wenn man Dich
Tochter an und bitten sie um einen Be braucht. Alles dreht sich bei Dir nur um
such. Als die Tochter höflich ablehnt, Dein eigenes Interesse.
sagen die Eltern:
8. Ein Arbeitgeber schickt ein Rund Sie greifen damit in meine berufliche Ent
schreiben durch die Firma, dass für scheidungsfähigkeit und Entscheidungsfrei
dienstliche Ferngespräche ab jetzt eine heit ein; ich empfinde das als eine Beleidi
Erlaubnis einzuholen sei. Ein Angestell gung.
ter antwortet darauf:
4.2 Durchführung 1 1 53
IJ:d Diskriminationstraining (S. 2/3)
Situation Reaktion
9. Gemeinsame Ferienpläne werden ganz Hoppla, das ist wirklich eine Überraschung
abrupt von ihrem Freund geändert und für mich. Ich möchte Dich gern später wie
Ihnen am Telefon mitgeteilt. Sie ant der anrufen, nachdem ich mir das alles
worten: durch den Kopf habe gehen lassen.
10. Ihr Mann möchte im Fernsehen „Fuß Ja, hm, Schatz, dann schalt ruhig ein und
ball" sehen. Zur gleichen Zeit läuft ein schau Dir das Fußballspiel an. Vielleicht
Stück, das Sie gerne sehen möchten. Sie kann ich inzwischen ein bisschen bügeln.
sagen:
11. Ihr Zehnjähriger hat Sie dreimal mit ir Ich kann Dir jetzt nicht zuhören und
gend etwas Nebensächlichem unterbro gleichzeitig telefonieren. Ich habe noch ein
chen, während Sie telefonieren. Sie ha paar Minuten hier zu tun, dann können wir
ben jedes Mal freundlich gebeten, nicht uns unterhalten.
zu unterbrechen. Jetzt kommt er wieder
12. Sie sind die einzige Frau in einer Grup Ich bin damit einverstanden, anteilig das
pe von Männern und werden gebeten, Protokoll zu übernehmen und will es für
das Protokoll dieser Sitzung zu schrei heute tun. Bei den nächsten Sitzungen soll
ben. Sie antworten: ten wir diese Aufgabe umschichtig über
nehmen.
13. Sie unterrichten in einem Lehrerteam. Ja, na, hm, ich denke, ja, es geht in Ordnung,
Ein Kollege drückt sich ständig davor, obwohl ich fürchterliche Kopfschmerzen
seine Unterrichtsaufgabe zu überneh habe.
men und fragt Sie heute wieder, ob Sie
seinen Anteil nicht übernehmen könn
ten. Sie sagen:
11,. Sie haben sich vorgenommen, sich am Ah, hm, okay, Sie können dann, eh, kom
Nachmittag zwischen vier und fünf men. Um vier Uhr, ja? Sind Sie sicher, dass
eine Stunde für sich selbst zu nehmen der Zeitpunkt auch für Sie günstig ist?
und Dinge zu tun, die sie gerne möch
ten. Jemand ruft an und bittet Sie, Sie
um diese Zeit besuchen zu dürfen. Sie
sagen:
15. Ihr Partner hat Ihre äußere Erschei Es verletzt mich, wenn Du mein Äußeres in
nung in Gegenwart von Freunden hef Gegenwart anderer Leute kritisierst. Wenn
tig kritisiert. Sie sagen: Du mir in der Beziehung etvvas sagen
möchtest, dann tu das doch bitte, bevor wir
von zu Hause weggehen.
16. Eine Freundin leiht sich des Öfteren Ich habe heute nur soviel bei mir, dass ich
kleine Geldbeträge von Ihnen und gibt mein eigenes Mittagessen bezahlen kann.
sie nicht zurück, wenn man sie nicht
danach fragt. Heute bittet sie wieder
um einen kleinen Geldbetrag, den Sie
aber nicht gerne geben möchten. Sie
sagen:
Situation Reaktion
17. Eine Frau 'wird zu einem Vorstel Ich bin sicher, dass ich die beruflichen Fä r-:
lungsgespräch gebeten. Im Verlauf der higkeiten habe, die für diese Stelle er ! .
Unterhaltung schaut der Personalchef forderlich sind. ·�--
D
19. Jede Nacht knallt Ihre Zimmergenossin Bitte knall nicht so mit den Türen; es ist ja
des Öfteren mit der Badezimmer- und furchtbar störend so mitten in der Nacht.
der Schlafzimmertür und hält Sie damit Ich wach davon auf und kann nicht wieder
einschlafen.
dem Schlaf, was Sie urntuoLrnL,..,u
Sie sagen:
zo. Ihre Zimmernachbarin möchte spät
abends noch ausgehen um etwas zu es
sen. Sie sind zu müde zum nuo"'""u
Mir ist eigentlich gar nicht nach Ausgehen
zumute. Ich bin zu müde; aber ich gehe mit
und schau Dir beim Essen zu.
lD
,;'
und sagen:
Wenn Sie vor einer Situation stehen, in der Sie selbstsicheres Verhalten zeigen wollen, geben Sie
sich selber positive Instruktionen (z.B. „Ich werde es schaffen",,,das ist mein gutes Recht" )
„.
Ziel ist nicht, den anderen fertig zu machen, sondern nur Ihr Recht in Anspruch zu nehmen!
Deshalb:
7. Werden Sie nicht aggressiv; sondern bleiben Sie ruhig und bestimmt im Auftreten. Das bringt
Sie weiter.
8. Werten Sie Ihren Partner nicht durch polemische und globale Wertungen ab („Du bist immer „.'�
„Du hast mal wieder ... )
"
9. Äußern Sie ruhig auch einmal Verständnis für die Position des anderen.
Vergleichen Sie sich nicht mit dem Ideal, das Ihnen vielleicht
vor Augen steht, sondern beachten Sie den relativen Fortschritt!
Vermeiden Sie Selbstkritik, Selbsthass und Ungeduld mit sich selbst! Mit Schuldgefühlen und
Selbstbestrafung wurde noch nie viel erreicht, aber sehr oft mancher positive Ansatz zur Selbst
entfaltung unterdrückt, da er unmenschlichen Leistungsforderungen nicht genügte.
Vielen bereitet dieser Schritt zunächst Schwierigkeiten. Ihnen erscheint ein solches Vorgehen
„künstlich" oder „unnatürlich", weil sie es normalerweise vorziehen, Situationen eher auf sich zu
kommen zu lassen. Aber gerade das bewusste aktive Herangehen ist außerordentlich wichtig.
Situation Schwierigkeit
1. Suchen Sie ein Geschäft Ihrer Wahl auf (Radio-, Foto-, Möbelgeschäft oder
etwas ähnliches, lassen Sie sich eine oder mehrere \'Varen zeigen und erklä
ren, bedanken Sie sich und verlassen Sie dann das Geschäft ohne etwas zu
kaufen.
2. Gehen Sie in einen Supermarkt und schauen Sie sich die dort angebotenen
Waren an. Kaufen Sie nichts ein, sondern stellen Sie den Wagen wieder ab
und verlassen Sie den Supermarkt.
3. Suchen Sie ein Kaufhaus auf und schauen Sie interessiert die Waren irgend
eines Verkaufsstandes an. Nehmen Sie auch einige Gegenstände in die Hand.
Wenn Sie ein(e) Verkäufer(in) anspricht, sagen Sie: „Ich möchte mich nur D
einmal umsehen", betrachten weiter die Waren und kaufen nichts.
D
.
5. Sie gehen in ein gutes Schuhgeschäft, probieren mindestens drei Paar Schu
he an, können sich aber nicht entscheiden und verlassen das Geschäft ohne
etwas zu kaufen.
6. Sie laufen durch die Stadt und müssen dringend zur Toilette, sie da-
für in ein Cafe oder Restaurant, besuchen die Toilette und verlassen das Cafe
bzw. Restaurant ohne etwas zu verzehren. D
Ich werde in der kommenden Woche Situation „. durchführen
Wenn Sie die Situation durchgeführt haben, beantworten Sie bitte folgende Fragen:
Ü B E RS I C H T
Trainingsschritte:
( 1 ) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Entspannung, Arbeitspapier 5)
(3) Bewusstmachen von Selbstverbalisationen:
Projektiver Videofilm (-7 S. 190f)
„Selbstlobeübung"
( 4) Rollenspiele mit Videofeedback
(5) Entspannungstraining (9 Minuten mit Ruhebild)
( 6) Hausaufgaben (Entspannung üben nach Kassette, Arbeitspapier 5)
(7) Stundenbögen
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell"
Projektiver Videofilm
Arbeitspapier 5: „Hausaufgabe - Recht durchsetzen"
Zwei Videoanlagen
Stundenbögen
Das zentrale Thema der dritten Sitzung ist die Analyse von Selbstverbalisationen.
158 14
1
Manual zum Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK)
sozial unsicherer Klienten zu erliegen, positive Erfahrungen und eigene Leis
.tungen herabzuspielen.
Nach unserer Erfahrung wird diese Hausaufgabe, die einen sehr wichtigen
Bestandteil unseres Trainings ausmacht, von etwa 80 Prozent der Teilnehmer
durchgeführt. Dieser Prozentsatz wurde aber erst erreicht, nachdem wir
in jeder Sitzung die Hausaufgaben jedes Teilnehmers systematisch bespro
chen,
die vorherige Festlegung auf eine Situation verlangt und
den Teilnehmern ein Arbeitspapier mitgegeben haben, welches zu Hause
auszufüllen ist.
JJJ
Minuten) . Neu eingeführt wird jetzt das Ruhebild, welches sich die Teilnehmer 5
insgesamt zweimal in entspanntem Zustand vorstellen sollen. Es ist notwen =---
dig, dass die Funktion dieser Neuerung vor Beginn des Entspannungstrai
nings genau erklärt und den Teilnehmern Gelegenheit gegeben wird, sich ein
Ruhebild zu überlegen, welches sie mit Entspannung assoziieren (z.B.: An ei
nem warmen Sommertag auf einer Waldlichtung liegen. Die Sonne scheint.
Man hört das Zwitschern der Vögel. .. ) . Um den Teilnehmern die Entscheidung
zu erleichtern, kann man ein Beispiel geben, sollte sich aber davor hüten, ein
bestimmtes Ruhebild zu empfehlen, da es durchaus denkbar ist, dass ein und
dieselbe Vorstellung bei einem Menschen Entspannung, bei einem anderen
aber Angst auslöst.
Das Ziel dieser Neuerung besteht darin, dass die Teilnehmer lernen sollen,
die Entspannung mit einer bestimmten bildlichen Vorstellung zu assoziieren
um in der Realität auf diesem Wege schneller eine relative Entspannung errei
chen zu können.
(6) Hausaufgaben. Weiterhin sollen die Teilnehmer die Entspannung zu Hause
üben und weitere der im Arbeitspapier 5 enthaltenen Situationen durchführen
(In-Vivo-Training) .
JJJ
( 7) Stundenbögen. Die Stundenbögen werden am Ende der Sitzung verteilt. 9
=---
Ü B E RS I C HT
Trainingsschritte:
( 1 ) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Entspannung, Arbeitspapier 5)
(3) Einführung von Situationstyp B (Teil I)
Arbeitspapier 6: „Rollenspielsituationen Typ B - Beziehungen"
Arbeitspapier 7: „Gefühle entdecken und benennen"
( 4) Entspannungstraining (7 Minuten mit Ruhebild und Entspannungswort)
(5) Hausaufgaben (Entspannung, Arbeitspapier 8: „Hausaufgaben - Gefühle
benennen")
( 6) Stundenbögen
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell"
Arbeitspapier 4: „Instruktion für selbstsicheres Verhalten Recht durch
setzen"
Arbeitspapier 6: „Rollenspielsituationen Typ B B eziehungen"
Arbeitspapier 7: „Gefühle entdecken und benennen"
Arbeitspapier 8: „Hausaufgaben Gefühle entdecken und benennen"
Stundenbögen
Zwei Videoanlagen
Arbeitspapier 9:"Instruktion für selbstsicheres Verhalten B Beziehun
gen"
Im Mittelpunkt der vierten Sitzung steht die Einführung eines neuen Situa
tionstyps (Typ B: „Selbstsicheres Verhalten in Beziehungen").
Sozial inkompetentes Verhalten in Beziehungen b esteht in der Regel nicht
darin, dass einer der Partner nicht in der Lage ist, sein Recht durchzusetzen
(wie dies bei Situationen vom Typ R der Fall ist). Im Gegenteil entstehen wahr
scheinlich viele Konflikte gerade dadurch, dass bestimmte Situationen in Be
ziehungen so betrachtet werden, als ob es darum ginge, sein Recht durchzuset
zen. Für Beziehungen gilt aber:
Ich habe kein Recht auf die Erfüllung meiner Wünsche und Forderungen.
Ich habe aber ein Recht auf die Äußerung meiner Gefühle: Meine Gefühle
gehören mir und können von niemandem bestritten werden. Konflikte
in Beziehungen können daher nur dadurch gelöst werden, dass beide Partner
ihre Gefühle äußern und anschließend versuchen, einen Kompromiss zu
finden.
Manchem Leser wird hier die Verwandtschaft zu Gordon ( 1 980) bzw. der
deutschen Adaptation dieses Konzepts von Wagner ( 1976) ins Auge fallen.
Wir haben in der Tat auch zunächst mit dem Wagner'schen Konzept der Ich
Mitteilungen experimentiert, hatten damit aber nur wenig Erfolg. Schon der
Begriff „Ich-Mitteilung" führte zu erheblichen Missinterpretationen („Ich
habe das Gefühl, Du bist eine alte Schlampe"). Wir hatten insgesamt den Ein
druck, dass dieses Konzept nicht in der Lage ist, den Teilnehmern als ein
neues und handlungsleitendes Bezugssystem zu dienen. Wir verzichten des
halb jetzt ganz auf den Begriff „Ich-Mitteilung" und stellen stattdessen die
Äußerung von Gefühlen in den Mittelpunkt. Ähnlich schlechte Erfahrungen
haben wir im Übrigen auch mit der zweiten bei Wagner angeführten Technik
gemacht (dem reflektierenden Zuhören) . Unsere dazu durchgeführten Übun
gen bewirkten keinen sichtbaren Erfolg, was wahrscheinlich auch nicht an
ders zu erwarten ist, wenn man bedenkt, wie intensiv Gesprächspsychothera-
peuten üben müssen, bis sie diese „ Technik" wirklich beherrschen. Unser
Training enthält daher keine Übungselemente zum reflektierenden Zuhören.
Wir haben aber den Eindruck, dass die Fähigkeit, dem anderen zuzuhören
sich mit der Fähigkeit, die eigenen Gefühle ausdrücken zu können, quasi
automatisch verbessert. Explizite Zuhörübungen scheinen diesen Prozess
eher zu behindern als zu fördern.
Nach unseren Erfahrungen ist es für den Erfolg des Trainings wichtig, die
Äußerung von Gefühlen sehr intensiv zu üben.
Schätzen Sie bitte mit diesem „Thermometer" für jede Situation ein, wie schwer Ihnen das be
schriebene Verhalten fallen würde. Tragen Sie für jede Situation eine Zahl zwischen O und 100 ein.
Schwie·
Situation Instruktion rigkeit
1. Sie und Ihr(e) Partner(in) wollen zu Versuchen Sie vor allem, Ihre eigenen Ge
sammen ins Kino gehen. Ihr Partner fühle auszudrücken. Benutzen Sie dabei das
wird und wird nicht fertig. Sie haben Wor t „ich". Vermeiden Sie globale Beschul
diese Situation schon häufig erlebt und digungen („Du bist immer „Du hast
„ . ",
2. Sie haben mit Ihrem Partner(in) einen Teilen Sie Ihrem Partner Ihre eigenen Ge
ziemlichen Streit gehabt. Hinterher se fühle mit. Versuchen Sie die Äußerungen
hen Sie ein, dass Sie selbst doch die Ihres Partners wirklich zu verstehen. Kla
meiste Schuld hatten und möchten gen Sie sich nicht an, sondern versuchen Sie
gerne einlenken. sich so darzustellen, dass Ihr Partner Ihr
Verhalten verstehen kann.
3. Si e bitten einen guten Bekannten, Ih Äußern Sie Ihre Bitte ohne Entschuldigung
nen beim Umzug oder bei der Woh und halten Sie dabei Blickkontakt. Erklären
nungseinrichtung zu helfen. Das wird Sie, wie viel Zeit die Arbeit in Anspruch
einen ganzen Samstagnachmittag in nehmen wird, und machen Sie deutlich,
Anspruch nehmen. Sie hatten ilnn frü dass Sie wirklich auf seine Hilfe angewiesen
her auch bereits einmal geholfen. sind.
4. Ein naher Freund hat seit längerer Zeit Sie betonen, dass Sie erstens Ihr Geld zu
Geld von Ihnen geliehen und Ihnen rück haben wollen und zweitens, dass die
dieses aus Gleichgültigkeit noch nicht Gleichgültigkeit Ihres Freundes die Freund
zurückgegeben, obwohl Sie ihn schon schaft belaste. Beschreiben Sie Ihr Gefühl
einmal darauf angesprochen haben. Sie des Ausgebeutetseins. Machen Sie deutlich,
benötigen das Geld und verlangen es dass Ihnen viel an der Freundschaft liegt,
zurück, obwohl Ihr Freund sich heraus Ihr Freund aber auch etwas dafür tun
zuwinden versucht. müsse. Beschreiben Sie Ihre Gefühle statt
5. Sie bitten Ihren Partner um Verständ Beschreiben und erklären Sie Ihren Ge
nis, dass Sie an diesem Abend schlechte fühlszustand mit der Bitte um Verständnis.
Laune haben und abgespannt sind
und deshalb am liebsten nichts reden
möchten.
6. Sie bitten lhren Partner, seine Sachen Statt anzuklagen, machen Sie den Unter
immer gleich aufruräumen, statt sie un
aufgeräumt in der Wohnung herumflie
gen zu lassen.
schied in Ihren Gefühlen deutlich, der
durch Aufräumen _bzw. Nichtaufräumen
ausgelöst wird.
D
7. Bei einem gemeinsamen Essen mit Be- Bleiben Sie nur bei Ihren Gefühlen und ver-
kannten hat Ihr(e) Partner(in) einige meiden Sie globale Beschuldigungen
für Sie sehr verletzende Äußerungen
gemacht. Nachdem die Bekannten ge-
gangen sind, sprechen Sie dies an.
Schwie·
Situation Instruktion rigkeit
8. Sie erklären Ihrem Partner (oder Eltern, Versuchen Sie, nur Ihre Situation und Ihre
Wohngemeinschaft), dass Sie ausziehen Gefühle als Begründung heranzuziehen
und mm allein leben möchten. und versuchen Sie, ohne Beschuldigungen
auszukommen.
9. Auf einer Feier macht Ihnen ein guter Drücken Sie Ihre positiven Gefühle (z.B.
Bekannter ein Kompliment zu Ihrem Ihre Freude) klar und deutlich aus. Halten
Aussehen, über das Sie sich sehr freuen. Sie dabei Blickkontakt.
10. Sie haben mit Ihrer Partnerinf!hrem Äußern Sie zunächst die Gefühle, die die
Partner eine Urlaubsreise geplant. Eines
Abends teilt sie/er Ihnen mit, dass ein be
freundetes Paar gerne mitfahren möchte
Mitteilung bei Ihnen auslöst. - Beschreiben
Sie dann Ihre Gefühle bezüglich eines Ur
laubs zu zweit. Versuchen Sie auch, die Ge
D
und sie/er sich darüber freut. Sie selbst fühle des anderen zu verstehen. Äußern Sie
möchten aber gerne zu zweit fahren, weil direkt, was Sie möchten. Vermeiden Sie eine
Sie sich auf die Zweisamkeit sehr freuen. vorvmrfävolle Haltung.
11. Ein Verwandter (Tante, Bruder, Schwie Beschreiben Sie Ihr Problem. Äußern Sie
gereltern) schenkt Ihnen zum Geburts
tag usw. immer wieder Sachen, die un
benutzt im Schrank landen, weil sie
rnhig auch, wenn Ihnen das unangenehm
ist oder schwer fällt. Schlagen Sie vor, Ihnen
das nächste Mal wieder Geld zu schenken.
D
Ihnen nicht gefallen. Sie wollten die Benutzen Sie keine Ausreden. Achten Sie
Person schon lange darum bitten, Ih auf die Reaktionen der anderen Person und
nen doch lieber wieder Geld zu schen zeigen Sie Ihr Verständnis dafür.
ken. Jetzt kommt sie zu Besuch und ver
misst die Vase, die sie Ihnen neulich
geschenkt hat.
12. Eine Person aus Ihrem Bekanntenkreis Lehnen Sie die Verabredung ab. Sprechen
möchte sich mit Ihnen verabreden. Sie Sie als Begründung Ihre Sicht der Situation
haben schon seit einiger Zeit gemerkt, klar an. Äußern Sie ruhig auch, wenn Ihnen
dass sie versucht, sich Ihnen zu nähern. das unangenehm ist oder schwer fällt. Be
Sie haben jedoch kein Interesse an einer nutzen Sie keine Ausreden.
näheren Beziehung.
13. Sie fühlen sich von einer Arbeitskolle Bitten Sie die Kollegin um ein Gespräch.
gin belästigt, die immer wieder ironi Beschreiben Sie ihr genau, welche Verhal
sche Anspielungen auf Ihren Arbeitsstil tensweisen Sie stören und welche Gefühle
macht. Obwohl Sie ihr dies schon ein bei Ihnen dadurch ausgelöst werden. Äu
mal gesagt haben, stellt sie Ihr Verhalten ßern Sie, was genau Sie sich von ihr in Zu
nicht ein. Erneut macht sie eine anzüg kunft wünschen.
liche Bemerkung.
14. Bei einer sehr gut bekannten Person ist Nehmen Sie die Person für ein Gespräch
Ihnen schon öfter deren störender beiseite und sagen Sie ihr, was Ihnen aufge
Mund- (oder Schweiß-) Geruch aufge fallen ist Außern Sie ruhig auch, wenn Ih
fallen. Sie haben den Eindrucl<, dass die nen das unangenehm ist oder schwer fällt.
Person selbst das nicht bemerkt und Suchen Sie bei Bedarf gemeinsam nach Lö
möchten sie im eigenen Interesse dar sungsmöglichlceiten.
auf aufmerksam machen.
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
15. Sie fühlen sich von einem guten Freund Bringen Sie Ihre Gefühle klar zum Aus
ausgenutzt, der sich immer wieder selbst druck und beschreiben Sie, durch welche
bei Ihnen zum Essen einlädt. Außerdem Verhaltensweisen des Freundes sie ausge
bringt er fast nie etwas mit, wenn er zu löst werden. Vermeiden Sie übertriebene
Besuch kommt (z.B. Knabbereien oder Verallgemeinerungen. Sprechen Sie über
etwas zu trinken). Als er wieder einmal Ihre Vorstellungen, wie er die Situation in
unerwartet zum Essen bleiben will, spre- Zukunft ändern könnte.
chen Sie das Problem an.
16. Sie haben in Ihrer Freizeit etwas gelei Drücken Sie Ihre positiven Gefühle (z.B.
stet, auf das Sie stolz sind (z.B. Ihre Freude) über das Lob aus. Schwächen Sie
Wohnung tapeziert, etwas repariert Ihre Leistung nicht ab (,,Ach, das war ja
oder gebastelt, für andere etvvas getan). auch leicht!") . Stehen Sie zu Ihrer Leistung.
Ein guter Bekannter lobt Sie dafür. Sie
reagieren auf sein Lob.
17. Sie haben ein schönes Wochenende mit Bringen Sie Ihre positiven Gefühle klar
einer guten Freundin/Freund verlebt zum Ausdruck. Sprechen Sie von sich und
und möchten Ihre Gefühle über die ge machen Sie deutlich, was an diesem Wo
meinsam verlebte Zeit beim Abschied chenende für Sie wichtig war.
ihr/ihm gegenüber mitteilen.
Nachstehend finden Sie einige Äußerungen, hinter denen sich ein Gefühl versteckt Schreiben Sie
zunächst nur dieses Gefühl in die dafür vorgesehene Spalte. Anschließend versuchen Sie, die Äu
ßerung neu zu formulieren, indem Sie dieses Gefühl direkt ansprechen.
Mann zuArbeitskollegen:
„Bei soviel Schwierigkeiten
könnte man wirldich resig-
nieren und alles hinschmeißen!"
Voraussetzung für selbstsicheres Verhalten in Beziehungen ist es, sich in entsprechenden Alltags
situationen ausreichend Klarheit zu verschaffen und dieses Gefühl deutlich zu äußern. Als Vorü
bung dient die folgende Aufgabe:
Schreiben Sie bitte mit Hilfe dieses Arbeitspapiers an jedem Abend der folgenden Woche ein Ge
fühl auf, das Sie an dem betreffenden Tag gehabt haben. Notieren Sie zusätzlich das konkrete Er
eignis und Ihre Selbstverbalisationen, durch die Ihr Gefühl ausgelöst wurde.
Beachten Sie, dass angenehme oder unangenehme Gefühle genannt werden können. Berücksich
Sie gerade auch „kleine" Gefühle, wie sie jeden Tag vorkommen.
In der Situation:
Bleiben Sie ganz bei Ihren Gefühlen und kommen Sie gegebenenfalls immer wieder auf Ihre
Gefühle zurück. Ihre Gefühle gehören Ihnen und können von niemandem bestritten werden.
Sprechen Sie Ihre Gefühle direkt an. Sagen Sie: „Ich bin jetzt.„" oder „ich mich jetzt"
„.
Haben Sie Ihr Gefühl zum Ausdruck gebracht, erläutern Sie den Anlass. Vermeiden Sie dabei
alle Verallgemeinerungen (Sagen Sie statt„Du hast schon wieder .„"oder „Du bist immer „ . " :
„Du hast heute ... "), beschreiben Sie also nur das konkrete Ereignis und bedenken Sie, dass Sie
nur Ihre eigene Sichtweise beschreiben können.
Versuchen Sie, die Gefühle des anderen zu verstehen. Hören Sie ihm wirklich zu. Fragen Sie
nach,wenn Sie etwas nicht verstehen. Sie geben sich keine Blöße, wenn Sie Verständnis für den
anderen aufbringen (Sie haben ein Recht aufIhre Gefühle, der andere hat aber auch ein Recht
auf seine Gefühle).
Wenn Ihr Partner einlenkt, bringen Sie Ihre Freude darüber zum Ausdruck. Es ist kein Zeichen
von Selbstsicherheit, ein Einlenken des anderen als Schwäche zu deuten und für einen Angriff
zu nutzen.
Äußern Sie ruhig auch Ihre Wünsche und Bedürfnisse, wie Ihr Partner sich in Zukunft in einer
bestimmten Situation verhalten soll. Teilen Sie mit: „Ich würde mir wünschen (mich freuen),
dass (wenn) .„".(Achtung: Sie haben ein Recht, Ihre Wünsche zu äußern, aber kein Recht auf
die Erfüllung dieser Wünsche).
Zeigen Sie auch positive Gefühle wie Freude, Zufriedenheit usw„ wenn Sie sie empfinden.
Trainingsschritte:
( 1 ) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Entspannung, Arbeitspapier 8 )
( 3 ) Einführung von Situationstyp B (Teil II)
Arbeitspapier 9: „Instruktion für selbstsicheres Verhalten B - Bezie
hungen"
Modellrollenspiel
( 4) Rollenspiele mit Videofeedback
(5) Hausaufgaben (keine, eventuell nachholen bisher unerledigter Hausauf
gaben)
( 6) Stundenbögen
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell"
Zwei Videoanlagen
Arbeitspapier 9: „Instruktion für selbstsicheresVerhalten B - Beziehungen"
Stundenbögen
In der fünften Sitzung wird die bereits begonnene Einführung des Situations
typs B fortgesetzt und beendet.
fgl pier 7 und/oder Arbeitspapier 8 bisher noch nicht bearbeitet haben, dies bis zur
nächsten Sitzung nachholen.
(6) Stundenbögen. Die Stundenbögen werden verteilt.
!:!:d
4. 2 . 6 sechste S i tzung: „ Sympat h i e gew i n n e n "
Ü B E RS I C HT
Trainingsschritte:
( 1 ) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Erfahrungen der vorangegangenen Woche)
( 3) Einführung von Situationstyp S
Arbeitspapier 1 0: „Rollenspielsituationen Typ S um Sympathie
werben"
Verstärkungsmöglichkeiten sammeln
Arbeitspapier 1 1 : „Instruktion für selbstsicheres Verhalten S - um
Sympathie werben"
Modellrollenspiel
( 4) Rollenspiele mit Videofeedback
(5) Arbeitspapier 12: „Hausaufgaben - um Sympathie werben"
(6) Stundenbögen
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell"
Zwei Videoanlagen
Arbeitspapier 10: „Rollenspielsituationen Typ S - um Sympathie werben"
Arbeitspapier 1 1: „Instruktion für selbstsicheres Verhalten"
Arbeitspapier 12: „Hausaufgaben um Sympathie werben"
Stundenbögen
S-Situationen sind in gewisser llinsicht schwieriger als solche vom Typ R bzw.
B. Bei R-Situationen besteht die erfolgreiche Minimalstrategie darin, sich die ei
gene Forderung zu vergegenwärtigen und diese dann in der Situation laut und
deutlich zu äußern und das dann solange zu wiederholen, bis man sich durch
gesetzt hat (tibetanische Gebetsmühle). Es ist nicht notwendig, das aufzuneh
men, was der Interaktionspartner sagt, es ist auch nicht erforderlich, in beson
derer Weise auf die Situation einzugehen.
B-Situationen sind schon etwas komplexer hier ist das Zuhören zusätzlich
wichtig - und bei S-Situationen ist die Komplexität noch um einiges höher:
Man muss das Verhalten des Interaktionspartners aufnehmen und (richtig)
interpretieren und man muss die situationalen Bedingungen sinnvoll in das ei
gene Verhalten miteinbeziehen. Hier ist kaum möglich, Situationen mit einer
vorher festgelegten Strategie zu bewältigen, man muss sehr viel mehr als bei R
und B-Situationen in und auf die Situation reagieren.
m.a.:1a.1:ll:1 •
)J)
1 Instruktionen besprechen. Arbeitspapier 1 1 : „Instruktionen für selbstsicheres
=--
Verhalten S - um Sympathie werben" wird verteilt und durchgesprochen.
Modellrollenspiel der Trainer. Die Teilnehmer beobachten und beurteilen die
ses Rollenspiel anhand von Arbeitspapier 1 1 .
Einige Teilnehmer haben mit dem bewussten Einsetzen der hier verlangten
Verhaltensweisen Schwierigkeiten:
Manche assoziieren eine solches Verhalten mit „Einsehleimen". Am augen
fälligsten ist das bei Situation 1. Wichtig ist hier der Hinweis, dass ein Ver
halten, welches vom Gegenüber als „einschleimen" wahrgenommen wird,
offenbar wenig erfolgreich war. Auch hier gilt, ein Verhalten ist umso Erfolg
versprechender, je authentischer es wahrgenommen wird.
Andere haben ethisch-moralische Bedenken. Sie wollen andere Personen
nicht manipulieren. Hier sollte man darauf verweisen, dass es im Training
nur darum geht, Verhaltensweisen zu üben. Inwieweit der Einzelne diese
Verhaltensweisen dann tatsächlich in der Realität einsetzt, bleibt der Ent-
Schätzen Sie bitte mit diesem „Thermometer" für jede Situation ein, wie schwer Ihnen das be
schriebene Verhalten fallen würde. Tragen Sie für jede Situation eine Zahl zwischen 0 und 100 ein.
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
1. Sie sind in der Stadt einkaufen. Als Sie Bleiben Sie auf jeden Fall freundlich. Geben
zu Ihrem im Parkverbot geparkten Sie Ihre Schuld offen zu. Sie haben das
Auto zurückkehren, sehen Sie, dass eine Recht nicht auf Ihrer Seite. Sie haben ledig
Politesse gerade dabei ist, eine Verwar lich das Recht, einen Versuch in Richtung
nung zu schreiben. Versuchen Sie, die Strafminderung zu unternehmen.
Politesse zu einer Rücknahme oder we
nigstens zu einer Strafminderung zu
bewegen.
2. Aufgrund einer persönlichen Notlage Seien Sie freundlich und appellieren Sie an
benötigen Sie die Bearbeitung Ihres die Sachkenntnis und Befugnis des ande
Antrags auf Steuerrückerstattung (oder ren. Versuchen Sie, alle entgegenlcommen
Rente, Kredit .„) bis zu einem bestimm den Äußerungen zu verstärken („Mm",
ten Termin. Der Beamte teilt Ihnen je „Richtig", Kopfnicken .„ ) und alle Einwände
doch mit, dass die Bearbeitungszeiten zu ignorieren. Heben Sie Äußerungen, die
weit länger sind. Versuchen Sie, den Be besonders weiterführend sind, auch da
amten zu einer bevorzugten Behand durch hervor, dass Sie etwa sagen: „Sie sag
lung Ihres Anliegens zu bewegen. ten vorhin, dass , „Sie meinen also
.„" „."
3. Ihr Sohn bekommt eine neue Lehrerin. Versuchen Sie, die Lehrerin zum Sprechen
Sie vereinbaren mit ihr einen Termin, zu bringen. Wenn sich das Gespräch über
um sie kennen zu lernen. Sie haben kein haupt nicht entwickeln sollte, können Sie
konkretes Anliegen, sondern wollen sich immer noch nach Ihrem Sohn erkun
sich nur mit ihr unterhalten, um einen digen bzw. Ihre eigenen Eindrücke wieder
Eindruck zu bekommen. geben.
4. Sie befinden sich in einer fremden Stadt Testen Sie zunächst durch einige Fragen
und möchten gern jemanden kennen oder B emerkungen die Gesprächsbereit
lernen, mit dem Sie den Nachmittag schaft des anderen; falls sich die Gelegen
verbringen können. Sie gehen in ein heit ergibt, ziehen Sie mit Fragen nach. Stel
Cafe, schauen sich am Eingang um und len Sie möglichst offene Fragen. Verstärken
entdecken eine Person, die Ihnen sym Sie die Äußerungen des anderen (vor allem
pathisch erscheint und die zudem allein die persönlichen) und fragen Sie nach.
(Zeitung lesend) an einem 11sch sitzt.
Sie fragen, ob Sie sich dazu setzen kön
nen und beginnen ein Gespräch.
5. Sie gehen einkaufen und sehen im Ge Sprechen Sie den Nachbarn auf seinen
schäft einen Nachbarn, der erst kürz kürzlichen Einzug an, fragen Sie, wie es ihm
lich eingezogen ist und auf Sie einen hier gefällt und woher er kommt. Erzählen
sehr sympathischen Eindruck macht. Sie auch etwas von sich und gehen Sie auf
Als Sie zusammen an der Kasse stehen, das ein, was Ihr Nachbar erzählt.
beginnen Sie ein Gespräch.
Schwie-
Situation lnstruktion rigkeit
6. Sie treffen eine telefonische Verabre Eröffnen Sie das Gespräch mit allgemeine-
dung mit einem Bekannten, den Sie
längere Zeit nicht gesehen haben und
überreden ihn zu einem Treffen in ei
ren Fragen über das Befinden und Tun des
anderen. Äußern Sie dann den Wunsch, ihn
gern einmal wieder zu sehen. Schlagen Sie
D
nem Lokal (oder Cafe). Ort und Zeit vor und lassen Sie sich nicht
vertrösten.
7. Sie wollen über eine bestimmte Gegend Bauen Sie erst den Kontakt auf, ehe Sie mit
Informationen bekommen (z.B. über
evtl. leer stehende Wohnungen, über
Kneipen o.ä.). Sie gehen in einen La
Ihrem Anliegen kommen. Versuchen Sie,
den anderen durch fördernde Bemerkun
gen wie „Mm", „tatsächlich", „das ist ja
D
den, kaufen sich eine Zeitung und ver interessant" etc. zu verstärken und stellen
suchen, den Verkäufer in ein Gespräch Sie weiterführende Rückfragen.
zu verwickeln.
8. Sie sitzen in einem Zug (Bus) und ver Versuchen Sie, Ihre Fragen möglichst offen
D
suchen, mit ihrem Nachbarn ein Ge zu halten und verstärken Sie die Äußerun
spräch zu beginnen. gen des anderen.
9. Sie wollen eine Woche in Urlaub fahren. Sprechen Sie Ihre Bitte direkt und freund
Sie brauchen jemanden, der in dieser
Zeit Ihre Blumen gießt. Es findet sich
aber niemand und daher wollen Sie
lich aus und verwenden Sie die „Ichform",
halten Sie dabei Blickkontakt. Betonen Sie
die große Hilfe, die Ihre Nachbarin damit
D
Ihre Nachbarin, zu der Sie sonst keinen für Sie sei.
Kontakt haben, darum bitten. Sie gehen
zu ihr hin.
Sie wollen am Samstagabend einen ganz Versuchen Sie, Ihre Partnerin/Partner mit
D
10.
bestimmten Film im Kino ansehen und verschiedenen Argumenten zum Kinobe
möchten gerne, dass Ihre Partnerin/Part such zu überreden. Geben Sie nicht so
ner mitkommt. Sie/er möchte aber lieber schnell auf. Zeigen Sie Ihre Vorfreude über
Essen gehen. Sie wollen versuchen, sie/ einen gemeinsamen Kinobesuch. Locken
ihn zum Kino zu überreden. Sie sie/ihn mit einer Einladung.
Sie sind auf einer Feier. Dort begegnen Konzentrieren Sie sich ganz auf die Situa
D
11.
Sie einem Mann/Frau aus Ihrem Be tion. Machen Sie verschiedene Versuche,
trieb, den/die Sie schon seit geraumer Ihr Gegenüber „aus der Reserve zu locken".
Zeit interessant finden. Sie möchten Versuchen Sie, ihn/sie dazu zu bewegen,
sich sehr gerne mit ihm/ihr unterhal mit Ihnen etwas trinken oder Essen zu ge
ten. Ihr Gegenüber ist jedoch zunächst hen.
ziemlich wortkarg.
Bei einem Museumsbesuch fällt Ihnen Beginnen Sie ein Gespräch. Gehen Sie z.B.
D
12.
eine Person auf, die Sie auf Anhieb aufdas Interesse der Person an dem betref
sympathisch finden. Sie betrachtet ge fenden Bild ein. Verstärken Sie sie für Ihre
rade interessiert ein Gemälde. Sie Äußerungen und bemühen Sie sich alctiv
möchten die Person gerne ansprechen. um Verständnis. Sprechen Sie auch eigene
(Andere Situationen: z.B. Zoo-, Messe Empfindungen zu diesem und anderen Bil
ader Ausstellungsbesuch) dern an.
Schwie
Situation Instruktion rigkeit
13. Sie kommen auf einer längeren Zug Äußern Sie Ihren Wunsch, die Person noch
fahrt mit einer Person ins Gespräch, die einmal wieder zu sehen. Schlagen Sie z.B.
Sie sehr nett finden. Sie wohnt an dem vor, dass sie Ihnen den Ort zeigen könne,
Ort, an dem Sie für ein paar Tage beruf. wenn sie Lust dazu habe. Versuchen Sie eine
lieh zu tun haben. Als Sie am Zielbahn klare Vereinbarung zu treffen.
hof ausgestiegen sind und sich verab
schieden, möchten Sie sich mit ihr
verabreden.
u„ Sie haben lhr Auto in die Werkstatt ge Bitten Sie ihn, Sie mitzunehmen. Gewinnen
bracht und sind mit dem 1axi zur Arbeit Sie ihn für sich, obwohl er warten muss.
gefahren. Sie erfahren, dass ein Kollege Zeigen Sie deutlich, welche Erleichterung es
in der Nähe der Werkstatt wohnt, wo Sie für Sie wäre, mitfahren zu können.
am Abend Ihr Auto abholen wollen. Da
her bitten Sie ihn, Sie mitzunehmen. Sie
müssen heute aber eine Viertelstunde
länger bleiben.
In vielen sehr unterschiedlich erscheinenden Situationen können eigen Ziele nur dadurch er
reicht werden, dass man dem anderen sympathisch erscheint. In solchen Situationen hat der an
dere das Recht, sich nicht entsprechend meinen Bedürfnissen zu verhalten. Ich kann also mein
Ziel nur erreichen, wenn der andere freiwillig auf dieses Recht verzichtet, was er aber nur dann
tun wird, wenn er mir ein hinreichendes Maß an Sympathie entgegenbringt.
Zu diesen Situationen gehören vor allem Kontaktaufnahme sowie alle Situationen, in denen
ich den anderen zu etwas bewegen möchte, auf das ich eigentlich kein Anrecht habe. Ich habe hier
lediglich das Recht, einen Versuch zu unternehmen!
In der Situation:
Die wichtigste Technik, um einen Sympathiegewinn zu erzielen, ist die allgemeine Verstärkung
des anderen (interessiert zuhören, nachfragen, „Komplimente" machen, freundlich anlächeln,
eventuell auch: eigene Fehler und Schwächen zugeben).
Hat man ein spezielles Ziel, kann man dann zur gezielten Verstärkung übergehen, d.h.jede Äu
ßerung des anderen verstärken, die einen Schritt in Richtung der eigenen Position bedeutet.
Darüber hinaus gibt es für Kontaktaufnahmesituationen noch einige Taktiken, die sich als hilf-
reich erweisen:
Nehmen Sie Blickkontakt auf. Lächeln Sie!
Konzentrieren Sie sich ganz auf die konkrete Situation. Achten Sie auf die Dinge und Personen,
die Sie hören und sehen. Die konkrete Situation liefert oft Themen für einen Gesprächsbe
ginn.
Suchen Sie gezielt nach persönlichen Äußerungen Ihres Partners. Verstärken Sie diese Äuße
rungen und fragen Sie nach! Auf diese Weise können Sie den Kontakt zunehmend persön
licher gestalten. Der Anfang wird fast immer eher oberflächlich sein.
Erzählen Sie auch etwas von sich. Nur wenn Sie dem anderen Informationen über sich selbst
liefern, geben Sie ihm auch Gelegenheit, Sie selbst und die Situation angemessen einschätzen
zu können.
Sollte der andere keinerlei Interesse an einem Gespräch zeigen, dann denken Sie daran, dass
das sein gutes Recht ist und absolut nichts mit dem Wert oder der Attraktivität Ihrer Person
zu tun haben muss!
Vielen bereitet dieser Schritt zunächst Schwierigkeiten. Ihnen erscheint ein solches Vorgehen
„künstlich" oder „unnatürlich", weil sie es normalerweise vorziehen, Situationen eher auf sich zu
kommen zu lassen. Aber gerade das bewusste aktive Herangehen ist außerordentlich wichtig.
Situation Schwierigkeit
1 . Ruten Sie bei einem Geschäft Ihrer Wahl (oder einem Kino) an und erkundi
gen Sie sich nach dem Preis oder den besonderen Eigenschaften eines be
stimmten Produkts (oder nach Filmen und Anfangszeiten)
2. Rufen Sie jemanden an, den Sie lange nicht mehr gesehen haben und spre
chen Sie mit ihm mindestens 10 Minuten darüber, wie es ihm und Ihnen i n
der letzten Zeit ergangen ist.
3. Stellen Sie sich in die Schlange in einem Supermarkt, an der Bushaltestelle o.ä.
Machen Sie zu dem Nächstbesten eine Bemerkung, das ein Gespräch einlei
ten könnte.
4. Gehen Sie in ein Geschäft und lassen Sie sich Geld wechseln (zum Telefonie
ren oder für Zigaretten).
5. Sprechen Sie auf der Straße einen der vorübergehenden Passanten an und las
sen Sie sich fürs Telefonieren (oder für Zigaretten) Geld wechseln.
6. Sprechen Sie auf der Straße einen der Vorübergehenden an und lassen Sie sich
drei Groschen (zum Telefonieren) schenken. Bringen Sie zunächst nur Ihr Anlie
gen vor und benutzen Sie das Wort „schenken". Sollte der andere nachfragen,
begründen Sie Ihr Anliegen damit, dass Sie Ihre Geldbörse vergessen hätten.
7. Gehen Sie in ein Lokal (Cafe) und fragen Sie, ob Sie dort telefonieren könn
ten. Verzehren Sie nichts, sondern führen Sie nur das 1elefongespräch (Über
legen Sie sich vorher, wen Sie anrufen könnten).
8. Machen Sie beim Bezahlen in einem Geschäft, auf dem Markt, in einem Restau
rant o.ä. eine Bemerkung, aus der sich ein kürzeres Gespräch ergeben könnte.
Erkundigen Sie sich etwa nach einem Rezept für eine bestimmte Speise o.ä.
Wenn Sie die Situation durchgeführt haben, beantworten Sie bitte folgende Fragen:
180 14
1
Manual zum Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK)
4.2. 7 Si ebte S i tzung:
Diskri m i n at i on der S ituati onstypen
' '
Ü B E R S I CHT
Trainingsschritte:
( 1 ) Tagesordnung
(2) Hausaufgaben besprechen (Arbeitspapier 1 2)
(3) Diskrimination der Situationstypen
(4) Rollenspiele mit Videofeedback (Situationen der Teilnehmer)
(5) Stundenbögen
( 6) Durchführung der Posttests (eventuell)
Benötigte Materialien:
Tafel „Erklärungsmodell"
Arbeitspapier 1 2
Zwei Videoanlagen
Leere Karteikarten
Stundenbögen
Fragebögen (Posttest) mit frankierten Rückumschlägen
In der abschließenden siebten Sitzung soll versucht werden, das Gelernte noch
einmal zusammenzufassen. Für den Erfolg des Trainings dürfte es wichtig
sein, dass die Teilnehmer j etzt den Eindruck haben, das Training sei abge
schlossen. Das bedeutet auf keinen Fall, dass nicht der Wunsch nach einer
Fortsetzung bestehen darf (nach unserer Erfahrung wird dieses Bedürfnis fast
immer geäußert) . „Abgeschlossen" bedeutet lediglich, dass das Konzept jetzt
für die Teilnehmer so deutlich und in sich schlüssig ist, dass es an die Stelle der
ursprünglichen „naiven Verhaltenstheorie" treten kann. Im optimalen Fall
sollten die Teilnehmer j etzt die notwendigen Strategien zur selbständigen Lö
sung ihrer Probleme so weit internalisiert haben, dass sie keiner anderen Hilfe
mehr bedürfen.
Im Sinne dieser Zielsetzung sollte in der letzten Sitzung noch einmal die
Frage der verschiedenen Situationstypen (Recht durchsetzen, Beziehungen, um
Sympathie werben) aufgegriffen werden. Für die Teilnehmer sollte jetzt deut
lich werden, dass die Zuordnung einer konkreten Situation zu einem bestimm
ten Situationstyp nicht festgelegt sondern das Resultat einer Willensentschei
dung ist. Es ist bei jeder Situation prinzipiell möglich, sie als eine vom Typ R, B
oder auch S zu betrachten. Der Unterschied liegt allein in den jeweils unter
schiedlichen Konsequenzen.
Recht durchsetzen
Ich Du
Beziehungen
Du
Abbildung 8. Das Machtverhältnis Sympathie
bei verschiedenen Situationstypen
JJD
Nach unserer Erfahrung werden die Ergebnisse sonst sehr stark durch die kon
0 kreten Erfahrungen der letzten Sitzung beeinflusst (Hello-goodbye-Effekt).
::---
Gute Erfahrungen haben wir damit gemacht, dass die Teilnehmer einen Frage
bogen und einen frankierten Rückumschlag mit nach Hause nehmen, dort aus
füllen und uns zuschicken. Bei diesem Verfahren waren die Rücklaufquoten
durchweg zufriedenstellend (größer als 80 Prozent). Darüber hinaus ist es da
durch möglich, auch solche Teilnehmer zu erfassen, die in der letzten Sitzung
nicht anwesend sind (indem man ihnen den Fragebogen samt Rückumschlag
nach Hause schickt).
In unseren ersten Trainings haben grundsätzlich immer die Trainer die Rolle des
Spielpartners übernommen. Mittlerweile liegen auch Erfahrungen mit Gruppen
vor, in denen die Teilnehmer auch unter sich gespielt haben. Nach unserem Ein
druck ist das Training effektiver, wenn der Trainer immer als Partner fungiert:
Der Trainer kann den Schwierigkeitsgrad des Rollenspieles besser kontrol
lieren.
Die Gefahr, dass der Partner die Schwierigkeit so weit überzieht, dass der
Teilnehmer das Spiel abbricht ist sehr groß, wenn die Teilnehmer unterein
ander spielen.
Der Übungscharakter der Rollenspiele (das Üben konkreter Verhaltensfer
tigkeiten) wird sehr viel deutlicher, wenn der Trainer den Partner spielt. Spie
len die Teilnehmer untereinander, steht mehr das Spiel an sich (im Sinne ei
nes Schauspiels) im Vordergrund.
Der Trainer als Spielpartner kann besser Feedback geben, indem er über
seine Empfindungen während des Spiels berichtet („An dem Punkt hatten
Sie mich so in die Enge getrieben, dass ich nicht mehr weiter wusste."). Ein
solches Feedback wird von den Teilnehmern viel eher angenommen, als die
Rückmeldung eines Beobachters.
Der Trainer kann dieses Gespräch auch dazu nutzen, sich einen ersten Ein
druck vom Schwierigkeitsgrad zu bilden, der dem Teilnehmer zugemutet wer
den kann. Ohnehin sollte damit gerechnet werden, dass manche ihre Fähig
keiten überschätzen. Deshalb ist es vor allem vor dem ersten Rollenspiel -
sehr wichtig, darauf hinzuweisen dass mit einer leichten Situation begonnen
werden soll.
Sind alle für die Durchführung wichtigen Punkte geklärt, beginnt das ei
gentliche Rollenspiel.
Erstes Rollenspiel. Der Trainer sollte darauf achten, dass die Schwierigkeit für
den Teilnehmer so hoch sein soll, dass dieser sich wirklich einsetzen muss, um
zum Erfolg zu kommen. Das Rollenspiel darf aber nie mit einem Misserfolg en
den. Ein Misserfolg beim ersten Rollenspiel kann für den Teilnehmer so belas
tend sein, dass der Erfolg des ganzen Trainings in Frage gestellt wird, zumindest
wird die Angst vor den anschließenden Rollenspielen dadurch stark erhöht
werden. Hat man während des Spiels den Eindruck, dass sich der Teilnehmer in
Schwierigkeiten befindet, muss daher versucht werden, ihm weiterzuhelfen.
Hierfür bieten sich folgende Möglichkeiten an:
Man kann versuchen, durch sein eigenes Spielverhalten dem anderen „eine
Brücke zu bauen", z.B. indem man in seine eigenen Äußerungen Hinweise auf
eine erfolgreiche Situationsbewältigung einfließen lässt.
Eine andere Möglichkeit sind „Prompts", die während des Spiels gegeben
werden können, z.B. „Denken Sie doch an die Instruktion, Sie sollten mit der
Polizei drohen!" oder „Haben Sie keine Scheu, Ihr Argument einfach noch ein
mal zu wiederholen!". Werden Hinweise dieser Art gegeben, sollte durch
Stimmlage und Gestik deutlich werden, dass diese Äußerungen nicht zur Spiel
handlung gehören. Im übrigen sind solche Prompts - sparsam eingesetzt -
auch ganz allgemein vorzüglich dazu geeignet, die Teilnehmer während des
Rollenspiels auf wichtige Aspekte ihres Verhaltens hinzuweisen.
Erste Feedbackphase. Ist das Rollenspiel beendet, folgt die Feedbackphase.
Der Trainer spult das Band zurück (es empfiehlt sich, immer zum Bandan
fang zurückzuspulen, um lästiges Suchen zu vermeiden, was auch noch den
Vorteil hat, dass die bei manchen vorhandene Angst vor einer Weiterverwen
dung der Videoaufnahmen reduziert wird) und bittet die Teilnehmer, sich in
einen Kreis um den Fernseher zu setzen. Vor dem Anschauen der Spielszene
Kritik in Form einer „Du-Äußerung" zu formulieren. Auf die gleiche Weise kann
man auch versuchen, dem Teilnehmer ein angemesseneres Verhalten nahe zu
bringen (z.B. „Ich könnte mir vorstellen, dass ich mich weniger verletzt gefühlt
hätte, wenn Sie hier gesagt hätten").
.„
Die Wahl der Räumlichkeiten und der Darsteller wird in der Praxis davon be
stimmt werden, mit welchen Teilnehmern das Training durchgeführt werden
soll. Der Film sollte so gestaltet sein, dass die Teilnehmer sich gut in die darge
stellte Handlung hineinversetzen können. Für unseren ersten Videofilm wurde
die Aufnahme in der Universität durchgeführt. Mitwirkende waren eine Stu
dentin (M Modellperson) und ein Professor der Psychologie (A = Autoritäts
person).
Ablauf. Der Ablauf gestaltete sich wie folgt:
( 1 ) Die Kamera ist vor dem Büro von A postiert und auf den Gang vor dem
Büro gerichtet, an dessen Ende M zu sehen ist, die langsam und zögernd
näher kommt. Dicht vor dem Büro bleibt M an einem Fenster stehen
(Großaufnahme) und blickt nachdenklich und offenbar ängstlich erregt
hinaus *STOPP*. Schließlich geht sie weiter in Richtung Büro, bleibt vor der
Tür stehen und schaut auf das neben der Tür angebrachte Schild.
(2) Bildfüllend wird jetzt das Schild dargestellt.
( 3) Die Kamera ist jetzt wieder auf M gerichtet, die immer noch auf das Schild
blickt, schließlich wendet sie sich ab *STOPP* und geht zurück in Richtung
Fenster *STOPP*. Sie erreicht das Fenster und blickt wieder hinaus. Sie er
weckt den Eindruck intensiven Nachdenkens *STOPP*. Schließlich wendet
sie sich vom Fenster ab und geht mit entschlossenen Schritten auf die Tür
zu *STOPP*, klopft und tritt ein. Die Kamera folgt ihr und zeigt jetzt das
Innere des Büros, in dem A mit freundlicher Geste auf M zugeht, sie be
grüßt und ihr einen Platz anbietet *STOPP*.
5. 3 Entspannungstrain ing
Im Folgenden sind die Mitschriften der vier von uns im GSK eingesetzten Ver
sionen des Entspannungstrainings aufgeführt. Die lange Version orientiert sich
an Florin und Tunner (1 975, S. 241ff), ist aber bereits erheblich verkürzt. Wie
bei Florin und Tunner ist auch in den folgenden Mitschriften die Länge der
Pausen vermerkt.
Anmerkung: Der folgende Text ist nur als Anregung zu verstehen. Jeder,
der das Training anwendet, sollte sich bemühen, seinen eigenen Stil zu
finden; wobei im übrigen beachtet werden sollte, dass es dabei nicht um
möglichst „schöne" Formulierungen gehen kann. So ist es z.B. durchaus
sinnvoll, immer wieder die gleichen Formulierungen zu verwenden, auch
wenn es beim Lesen dadurch etwas monoton klingt.
Auch die angegebenen Pausen sind nur als Richtwerte zu betrachten. In der
Praxis wird man sich eher darum bemühen, das Tempo auf die Teilnehmer ab
zustimmen.
Der Co-Trainer sollte am Training teilnehmen. Erstens wird dadurch den
Teilnehmern die Beteiligung erleichtert und zweitens hat der Trainer, der das
Entspannungstraining durchführt, auf diese Weise die Möglichkeit, ein Feed
back einzuholen.
5 Als Modellpersonen wirkten Frau Maja Wiens und Frau Merle Knauer mit, denen wir an die
ser Stelle noch einmal herzlich danken möchten. Eine weitere Danksagung gilt Herrn Klaus
Müller, Düsseldorf, der für den Schnitt verantwortlich ist.
Setzen Sie sich nun möglichst bequem zurecht (2) und versuchen Sie, Ihre Muskeln so locker wie
möglich zu lassen (5).
Nun schließen Sie Ihre rechte Hand zur Faust (2) und achten Sie auf die Spannung in Ihrem
Unterarm und in der Hand ( 1 ).
Nun lassen Sie Hand und Unterarm wieder locker, ganz locker (3). Achten Sie darauf, dass sich
die Muskeln Ihrer Hand und Ihres Unterarms immer mehr entspannen (8).
Versuchen Sie auch, die Finger ganz locker werden zu lassen (3),
achten Sie darauf, dass der Daumen entspannt wird ( 1), der Zeigefinger ( 1), der Mittelfinger ( 1),
der Ringfinger (1) und der kleine Finger (8).
Jetzt wiederholen Sie diese Übung mit der linken Hand ( 1 ) schließen Sie die linke Hand fest zur
,
Faust ( 1 ),
achten Sie genau auf die Spannung, die dabei entsteht ( 1 ), und wieder locker lassen (3).
Achten Sie darauf, wie angenehm es ist, wenn die Muskeln vom verkrampften in den entspann
ten Zustand übergehen (4).
Achten Sie wieder auf die Entspannung in jedem einzelnen Finger (2), dem Daumen ( 1 ), dem
Zeigefinger (1), dem Mittelfinger (1), dem Ringfinger (1) und dem kleinen Finger (8).
Jetzt spannen Sie beide Hände und Unterarme fest an (1 ), achten Sie wieder aufdie Anspannung (1 ) ,
und wieder locker lassen (2). Achten Sie wieder auf den Übergang von der Anspannung zur an
genehmen Entspannung (5).
Lassen Sie die Unterarme schwer aufruhen ( 1 ) und konzentrieren Sie sich wieder auf jeden ein
zelnen Finger ( 2) die Daumen { 1 ), die Zeigefinger ( 1 ) die Mittelfinger ( 1 ), die Ringfinger ( 1 ) und
, ,
Jetzt kommen wir zum linken Oberarm (1), winkeln Sie den Ellenbogen und spannen Sie die
Oberarmmuskeln fest an ( 1), achten Sie wieder auf die Spannung ( 1).
Und wieder locker lassen (3), lassen Sie den linken Oberarm ganz locker und entspannt werden
(3), achten Sie nur auf das angenehme Gefühl der Entspannung (5).
Versuchen Sie, sich immer weiter zu entspannen (5) .
Jetzt strecken Sie den rechten Arm so weit, dass Sie die Anspannung intensiv an der Rückseite des
Armes spüren ( 1 ) und achten Sie auf die Spannung ( 1 ) .
Und wieder locker lassen (2), legen Sie den Arm jetzt ganz bequem zurecht (3).
Versuchen Sie, ihn noch weiter zu entspannen (4).
Jetzt wiederholen Sie diese Übung mit dem linken Arm ( 1 ), strecken Sie den linken Arm ( 1 ) und
achten Sie wieder auf die Spannung (1),
und wieder locker lassen (3).
Lassen Sie jetzt beide Arme ganz l ocker und entspannt werden ( 6).
Jetzt spannen Sie in beiden Armen Oberarme ( 1 ) , Unterarme (1) und Hände fest an und achten
Sie auf die Spannung ( 1 ) .
Und wieder locker lassen (4).
Versuchen Sie, die Muskeln in den Armen ganz locker werden zu lassen (4).
Lassen Sie die Unterarme immer schwerer werden ( 4).
Konzentrieren Sie sich wieder auf jeden einzelnen Finger (3), die Daumen ( 1 ), die Zeigefinger
( 1 ), die Mittelfinger ( 1 ) , die Ringfinger ( 1 ) und die kleinen Finger (6).
Konzentrieren Sie sich jetzt auf ihre Stirn ( 1). Ziehen Sie die Augenbrauen fest nach oben, so dass
horizontal auf der Stirn Querfalten entstehen (2)
und wieder locker lassen (3).
Lassen Sie die Stirn nun glatt werden und gelöst wie eine glatte leere Fläche (4) .
Versuchen Sie, mit der Entspannung der Stirn die ganze Kopfdecke locker werden zu lassen (7).
Jetzt ziehen Sie Ihre Augenbrauen zusammen, so dass auf der Stirn senkrechte Falten entstehen
( 1 ) und achten Sie wieder auf die Anspannung (2),
und wieder locker lassen ( 3), achten Sie auf den Übergang von der Anspannung zur angenehmen
Entspannung
Lassen Sie Ihre Stirn immer gelöster und entspannter werden (7).
Und jetzt versuchen Sie, auf der Stirn gleichzeitig Quer- und Längsfalten zu bilden (2), die Stirn
ist jetzt ganz verspannt (2),
und wieder locker lassen (2), lassen Sie die Stirnmuskeln ganz locker werden (2), immer lockerer
(3), bis die Stirn sich anfühlt wie eine glatte, leere Fläche (8).
Jetzt kommen wir zu den Augen. Machen Sie Ihre Augen fest zu und achten Sie auf die Spannung
in der Augenpartie ( 1),
und wieder entspannen (3).
Halten Sie Ihre Augen ganz leicht geschlossen (3),
achten Sie nur auf das angenehme Gefühl der Entspannung (2).
Lassen Sie die Augenlider schwer werden (3) und achten Sie darauf, dass die Stirnmuskeln ganz
gelöst sind und entspannt ( 6).
Jetzt kommen wir zur Nase. Ziehen Sie Ihre Nase kraus, so dass Sie die Spannung an der Nase
deutlich spüren ( 1 ) ,
und wieder locker lassen (3), lassen Sie die Nasenflügel ganz entspannt werden (3), lassen Sie
auch die Augenlider immer schwerer werden (2).
Achten Sie auf die Stirn, die jetzt ganz glatt ist und gelöst (5).
Nun beißen Sie Ihre Backenzähne fest aufeinander und achten Sie auf die Spannung in der gan-
·
Jetzt spannen Sie bitte Ihr ganzes Gesicht an die Stirn (1), die Kopfdecke ( 1 ) , die Augenpar-
tie ( 1 ), die Nase ( 1 ) , die Lippen ( 1 ), Wangen ( 1 ), den Unterkiefer ( 1 ) und das Kinn (2),
und jetzt wieder entspannen (4).
Achten Sie darauf, dass der Unterkiefer ganz locker wird ( 2), dass die Wangen entspannt sind ( 3),
dass die Stirn glatt wird und gelöst (3), dass die Augenlider schwer werden (2) und achten Sie
auf das Gefühl der Ruhe, das sich ausbreitet, wenn Sie Ihre Gesichtsmuskeln immer weiter ent
spannen (8).
Und nun kommen wir zu den Nackenmuskeln. Drücken Sie jetzt Ihren Kopf nach vorn, so als
wollten Sie mit dem Kinn Ihre Brust berühren und versuchen Sie gleichzeitig, das zu verhindern
( 1), halten Sie diese Spannung ( 1 ),
und wieder locker lassen (3).
Achten Sie wieder auf den Übergang von der Anspannung zur angenehmen Entspannung ( 4).
Balancieren Sie Ihren Kopf jetzt so aus, dass Ihre Nackenmuskeln ganz locker und gelöst wer
den (3).
Versuchen Sie, sich immer weiter zu entspannen (6)
Jetzt kommen wir zu den Schultern. Ziehen Sie Ihre Schultern in die Höhe (2), achten Sie auf die
Spannung, die dabei entsteht (1 ) ,
Entspannen Sie jetzt füren ganzen Rücken und lassen Sie die Entspannung der Rückenmu
skeln nach vorne ausstrahlen ( 1 ) , zur Brust- und Bauchmuskulatur (2), in die Schultern ( 1), in
die Arme und Hände (2) und das Gesicht (7).
Achten Sie jetzt wieder nur auf das Ein- und Ausströmen Ihres Atems (4), sprechen Sie innerlich
mit, wie Sie ein- und ausatmen (5),
lassen Sie sich dabei immer tiefer in die Entspannung fallen (8).
Und nun spannen Sie Ihren ganzen Körper an (2) , die Arme (2), die Schultern (2), das Gesicht
(3), die Brust und den Bauch (3) und wieder locker lassen (4).
Versuchen Sie, sich immer noch weiter zu entspannen ( 6).
Achten Sie nur auf das Ein und Aus des Atems ( 12).
Jetzt kommen wir zu den Beinen. Pressen Sie Ihre Fersen fest gegen den Boden, die Zehenspitzen
gegen das Gesicht gerichtet ( 1 ) , spannen Sie Ihre Unterschenkel, Oberschenkel und die Gesäß
muskeln fest an ( 1 ),
und wieder locker lassen (3).
Achten Sie wieder auf den Unterschied zwischen der Anspannung und der angenehmen Ent
spannung, die sich allmählich ausbreitet (7).
Lassen Sie Ihre Muskeln immer noch lockerer werden (2) und versuchen Sie, sich dabei immer
weiter zu entspannen (8)
Jetzt pressen Sie Ihre Fersen wieder fest gegen den Boden, richten diesmal die Zehenspitzen aber
auch nach unten (1), achten Sie auf die Spannung in den Unterschenkeln, den Oberschenkeln
und in den Sitzmuskeln ( 1 ) ,
und wieder locker lassen (2).
Lassen Sie die Muskeln in den Beinen ganz locker werden (3).
Achten Sie darauf, dass die Entspannung bis in die Füße hineinreicht (2) bis in die Zehenspitzen (2).
Lassen Sie die Beine immer entspannter und schwerer werden (10).
Lassen Sie nun die Entspannung von den Füssen hinaufströmen ( 1 ) , durch die Beine zum Rü
cken (2), in die Brust (1), die Bauchgegend ( 1 ), die Schultern ( 1 ), die Arme und Hände (2) bis in
die Fingerspitzen (2), in den Nacken ( 1 ) und in das Gesicht (3).
Lassen Sie Ihren ganzen Körper locker und entspannt werden (3), die Stirn eine glatte leere Flä
che (2), die Augenlider sind schwer (2) und der Unterkiefer ist ganz locker (3).
Lassen Sie Ihren Körper mit dem ganzen Gewicht auf dem Stuhl aufruhen (5).
Achten Sie jetzt noch einmal aufihre Atmung (3), versuchen Sie, sie gar nicht zu beeinflussen
sondern nur innerlich mitzusprechen, wie sie ein- (2) und ausatmen (3).
Registrieren Sie jetzt nur dieses Ein- (3) und Ausströmen Ihres Atems (9)
und entspannen Sie sich dabei immer noch weiter (5).
Denken Sie an nichts anderes, als nur an das angenehme Gefühl der Entspannung ( 1 6).
Und jetzt spannen Sie Ihren Körper langsam wieder an (2), beginnen Sie bei den Händen (2),
winkeln die Arme an (2), räkeln sich und strecken sich (2) und öffnen die Augen.
Setzen Sie sich nun möglichst bequem zurecht (2) und versuchen Sie, Ihre Muskeln so locker wie
möglich zu lassen (5).
Wir beginnen wieder bei den Händen.
Spannen Sie jetzt beide Hände und Unterarme fest an (1), achten Sie auf die Anspannung, die da
bei entsteht ( 1 ),
und wieder locker lassen (2). Achten Sie auf den Übergang von der Anspannung zur angenehmen
Entspannung (5).
Lassen Sie die Unterarme schwer aufruhen (1) und konzentrieren Sie sich auf jeden einzelnen
Finger (2), die Daumen ( 1 ), die Zeigefinger (1), die Mittelfinger ( 1 ), die Ringfinger (1) und die
kleinen Finger (7).
Nun kommen wir zu den Oberarmmuskeln.
Winkeln Sie beide Ellenbogen und spannen Sie die Oberarmmuskeln fest an (1), achten Sie wie
der auf die Anspannung.
Und wieder locker lassen (3), lassen Sie beide Oberarme ganz locker und entspannt werden (3),
achten Sie nur aufdas angenehme Gefühl der Entspannung (5) .
Jetzt strecken Sie beide Arme so weit, dass Sie die Anspannung intensiv an der Rückseite der
Arme spüren ( 1) und achten Sie auf die Spannung ( 1 ) .
Und wieder locker lassen (2), legen Sie die Arme jetzt ganz bequem zurecht (3).
Versuchen Sie, sich noch weiter zu entspannen (4).
Und nun spannen Sie in beiden Armen Oberarme ( 1 ), Unterarme (1) und Hände fest an und
achten Sie auf die Spannung (1),
und wieder locker lassen ( 4).
Versuchen Sie, die Muskeln in den Armen ganz locker werden zu lassen ( 4) .
Lassen Sie die Dnterarme immer schwerer werden (4).
Konzentrieren Sie sich wieder auf jeden einzelnen Finger (3), die Daumen (1), die Zeigefinger
( 1 ), die Mittelfinger (1), die Ringfinger ( 1 ) und die kleinen Finger (6).
Und jetzt kommen wir zur Stirn.
Versuchen Sie, auf der Stirn gleichzeitig Quer- und Längsfalten zu bilden (2), die Stirn ist jetzt
ganz verspannt (2),
und wieder locker lassen (2), lassen Sie die Stirnmuskeln ganz locker werden (2), immer lockerer
( 3), bis die Stirn sich anfühlt wie eine glatte, leere Fläche ( 8).
Jetzt kommen wir zu den Augen.
Machen Sie Ihre Augen fest zu und achten Sie auf die Spannung in
der Augenpartie ( 1 ),
und wieder entspannen (3).
Halten Sie Ihre Augen jetzt ganz leicht geschlossen (3),
achten Sie nur auf das angenehme Gefühl der Entspannung (2).
Lassen Sie die Augenlider schwer werden (3) und achten Sie darauf, dass die Stirnmuskeln ganz
gelöst sind und entspannt ( 6).
Nun beißen Sie Ihre Backenzähne fest aufeinander und achten Sie auf die Spannung in der gan
zen Kieferpartie (2),
und wieder locker lassen (3).
Lassen Sie Ihre Lippen und alle Gesichtsmuskeln ganz locker werden (3).
Versuchen Sie, Ihre Gesichtsmuskeln immer noch weiter zu entspannen ( 6).
Achten Sie auf die Stirn (2), die Augenlider (2) und die Nasenflügel (4),
achten Sie auf das Gefühl der Ruhe, das sich ausbreitet, wenn Sie Ihr Gesicht immer mehr ent
spannen (9).
Jetzt spannen Sie bitte Ihr ganzes Gesicht an (2), die Stirn ( 1 ), die Kopfdecke ( 1 ), die Augenpar
tie (1 ), die Nase ( 1 ), die Lippen ( 1 ), Wangen ( 1 ), den Unterkiefer ( 1 ) und das Kinn (2),
und jetzt wieder entspannen (4).
Achten Sie darauf, dass der Unterkiefer ganz locker wird (2) , dass die Wangen entspannt sind (3 ) ,
dass die Stirn glatt wird und gelöst (3), dass die Augenlider schwer werden (2) und achten Sie auf
das Gefühl der Ruhe, das sich ausbreitet, wenn Sie Ihre Gesichtsmuskeln immer weiter entspan
nen (8).
Und nun kommen wir zu den Nackenmuskeln.
Drücken Sie jetzt Ihren Kopf nach vorn, so als wollten Sie mit dem Kinn Ihre Brust berühren und
versuchen Sie gleichzeitig, das zu verhindern ( 1),
halten Sie diese Spannung (1),
und wieder locker lassen (3).
Achten Sie wieder auf den 'Obergang von der Anspannung zur angenehmen Entspannung (4).
B alancieren Sie Ihren Kopfjetzt so aus, dass Ihre Nackenmuskeln ganz locker und gelöst wer
den (3).
Versuchen Sie, sich immer weiter zu entspannen ( 6)
Jetzt kommen wir zu den Schultern. Ziehen Sie Ihre Schultern in die Höhe (2), achten Sie auf die
Spannung, die dabei entsteht ( 1),
und wieder locker lassen (3),
Achten Sie jetzt nur auf das angenehme Gefühl der Entspannung (5).
Lassen Sie die Muskeln immer gelöster werden ( 6).
Lassen Sie die Entspannung jetzt bis in die Rückenmuskeln hineinstrahlen (5).
Lassen Sie auch den Nacken, den Hals, den Unterldefer und das Gesicht ganz locker werden (5).
Lassen Sie die Entspannung weiter ausstrahlen ( 1 ) , in die Arme und Hände (2) bis in die
spitzen (3),
achten Sie dabei auf jeden einzelnen Finger (2), die Daumen ( 1), die Zeigefinger ( 1 ) , die Mittel
finger ( 1), die Ringfinger ( 1) und die kleinen Finger ( 2).
Versuchen Sie, sich dabei immer noch weiter zu entspannen (8).
Konzentrieren Sie sich jetzt aufihren Atem (2),
achten Sie darauf, wie die Luft ein- und ausströmt ( 1 1 ) .
Halten Sie jetzt nach dem Einatmen die Luft fü r kurze Zeit a n (3),
achten Sie auf die Spannung in Ihrer Brust (2).
Und die Luft wieder ausströmen lassen ( 3), achten Sie darauf, wie sich die Brust beim Ausatmen
angenehm entspannt ( 6).
Wiederholen Sie das Einatmen (2) und achten Sie wieder auf die Spannung (2),
und genießen Sie die Entspannung beim langsamen Ausatmen ( 8).
Verfolgen Sie jetzt nur das Ein- und Ausströmen Ihres Atems (4).
Sprechen Sie innerlich mit, wie Sie ein- und ausatmen (3),
und achten Sie auf das Gefühl der Ruhe, das sich dabei im ganzen Körper ausbreitet (13).
Nun kommen wir zur Bauchpartie ( 1 ) .
Spannen Sie Ihre Bauchmuskeln an und beobachten Sie die Anspannung (2),
und wieder locker lassen (3).
Lassen Sie Ihre Bauchmuskeln ganz locker werden (7).
Setzen Sie sich nun möglichst bequem zurecht (2) und versuchen Sie, Ihre Muskeln so locker wie
möglich zu lassen. (5).
Wir beginnen wieder bei den Händen. Spannen Sie jetzt beide Hände und Unterarme fest an ( 1 ) ,
achten Sie auf die Anspannung, die dabei entsteht (1),
und wieder locker lassen (2).
Achten Sie auf den L'bergang von der Anspannung zur angenehmen Entspannung (5).
Lassen Sie die Unterarme schwer aufruhen ( 1) und konzentrieren Sie sich aufjeden einzelnen Fin
ger (2), die Daumen ( 1 ) , die Zeigefinger (1), die Mittelfinger ( 1 ), die Ringfinger ( 1 ) und die klei
nen Finger (7).
Und nun spannen Sie in beiden Armen Oberarme ( 1), Unterarme (1) und Hände fest an und ach
ten Sie auf die Spannung ( 1),
und wieder locker lassen (4).
Versuchen Sie, die Muskeln in den Armen ganz locker werden zu lassen (4).
Lassen Sie die Unterarme immer schwerer werden (4).
Konzentrieren Sie sich wieder aufjeden einzelnen Finger (3), die Daumen (1), die Zeigefinger ( 1 ),
die Mittelfinger (1), die Ringfinger ( 1 ) und die kleinen Finger (6) .
Jetzt kommen wir zum Gesicht. Spannen Sie bitte Ihr ganzes Gesicht an (2), die Stirn ( 1 ) , die Kopf
decke (1), die Augenpartie ( 1 ), die Nase ( 1 ), die Lippen (1), Wangen (1), den Unterkiefer (1) und
das Kinn (2),
und jetzt wieder entspannen (4).
Achten Sie darauf, dass der Unterkiefer ganz locker wird (2), dass die Wangen entspannt sind (3),
dass die Stirn glatt wird und gelöst ( 3), dass die Augenlider schwer werden (2) und achten Sie auf das
Gefühl der Ruhe, das sich ausbreitet, wenn Sie Ihre Gesichtsmuskeln immer weiter entspannen ( 8) .
Und nun kommen wir zu den Nackenmuskeln. Drücken Sie jetzt Ihren Kopf nach vorn, so als
wollten Sie mit dem Kinn Ihre Brust berühren und versuchen Sie gleichzeitig, das zu verhindern
(l), halten Sie diese Spannung ( 1 ) ,
und wieder locker lassen (3).
Achten Sie wieder auf den übergang von der Anspannung zur angenehmen Entspannung ( 4).
Balancieren Sie Ihren Kopfjetzt so aus, dass Ihre Nackenmuskeln ganz locker und gelöst werden (3).
Versuchen Sie, sich immer weiter zu entspannen ( 6)
Jetzt kommen wir zu den Schultern. Ziehen Sie Ihre Schultern in die Höhe (2), achten Sie auf die
Spannung, die dabei entsteht ( 1 ),
und wieder locker lassen (3).
Achten Sie jetzt nur auf das angenehme Gefühl der Entspannung
Lassen Sie die Muskeln immer gelöster werden ( 6).
Konzentrieren Sie sich jetzt auf Ihren Atem (2), achten Sie darauf, wie die Luft ein- und ausströmt ( 1 1) .
Halten Sie jetzt nach dem Einatmen die Luft für kurze Zeit a n (3),
achten Sie auf die Spannung in Ihrer Brust (2).
Und die Luft wieder ausströmen lassen (3), achten Sie darauf, wie sich die Brust beim Ausatmen
angenehm entspannt (6).
Wiederholen Sie das Einatmen (2) und achten Sie wieder auf die Spannung (2),
und genießen Sie die Entspannung beim langsamen Ausatmen (8).
Verfolgen Sie nur das Ein- und Ausströmen Ihres Atems
Sprechen Sie innerlich mit, wie Sie ein- und ausatmen (3),
und achten Sie auf das Gefühl der Ruhe, das sich dabei im ganzen Körper ausbreitet ( 6).
Bei der nun folgenden Kurzentspannung werde ich nur noch die Instruktion zum Anspannen
vorgeben, die Entspannung übernehmen Sie bitte selbst, indem Sie Ihr eigenes, ganz persönliches
Entspannungswort benutzen
Setzen Sie sich nun möglichst bequem zurecht und lassen Sie Ihre Muskeln so locker wie mög
lich (5).
Jetzt spannen Sie in beiden Armen Oberarme, Unterarme und Hände fest an und achten Sie auf
die Spannung ( 14).
Versuchen Sie jetzt, die Muskeln in den Armen und Händen ganz locker werden zu lassen (4).
Lassen Sie die Unterarme immer schwerer werden (4),
und konzentrieren Sie sich aufdie Entspannung jedes einzelnen Fingers (3) angefangen bei den
Daumen ( 1 ) über die Zeigefinger ( 1 ) , die Mittelfinger ( 1 ), Ringfinger ( 1 ) bis zu den kleinen Fin
gern (8).
Jetzt kommen wir zum Gesicht. Spannen Sie Ihr ganzes Gesicht an ( 1 ), die Stirn (2), die Kopf
decke (2), die Augenpartie (2), die Nase (2), die Lippen ( 1 ) , Wangen ( 1 ), den Unterkiefer ( 1 ) und
das Kinn (14).
Lassen Sie den Unterkiefer ganz locker werden ( 3),
achten Sie darauf, dass die Backen entspannt werden ( 3),
dass die Stirn glatt wird und gelöst (3), dass die Augenlider schwer werden (3).
Achten Sie auf das Gefühl der Ruhe, das sich ausbreitet, wenn Sie Ihre Gesichtsmuskeln immer
weiter entspannen (10).
Und nun spannen Sie Ihren ganzen Körper an, die Arme (2), den Nacken (2), die Schultern (2),
das Gesicht (2) und den Bauch ( 14).
Versuchen Sie sich jetzt immer weiter zu entspannen (7) .
Jetzt kommen wir zu den Beinen. Pressen Sie Ihre Fersen fest gegen den Boden, die Zehenspitzen
sind nach oben gerichtet.
Spannen Sie Oberschenkel, Unterschenkel und die Sitzmuskeln fest an ( 14).
Lassen Sie jetzt die Muskeln in den Beinen immer lockerer werden (3).
Lassen Sie die Entspannung bis in die Füße hineinreichen (2) bis in die Zehenspitzen (2).
Die Beine werden immer entspannter und schwerer (8)
Und nun lassen Sie die Entspannung hinaufströmen ( 1 ) durch die Beine ( 1 ) , den Rücken (2), die
Brust (2) in die Bauchgegend ( 1 ) und die Schultern (2),
in Arme und Hände bis in die Fingerspitzen (2), in den Nacken und in das Gesicht (3).
Lassen Sie Ihren ganzen Körper locker und entspannt werden (3), die Stirn eine glatte, leere
Fläche (2),
die Augenlider sind schwer ( 1 ) und der Unterkiefer ist ganz locker ( 3).
Achten Sie jetzt auf lhre Atmung ( 3). Versuchen Sie, sie gar nicht zu beeinflussen (2), sondern nur
innerlich mitzusprechen wie Sie ein- und ausatmen (6).
Registrieren Sie nur dieses Ein und Aus des Atems (7).
Jetzt denken Sie bitte ganz intensiv an Ihr Ruhebild (2).
Versuchen Sie, diese Situation zu sehen (2), zu spüren (2), zu hören (2), zu riechen (2) und zu be
rühren (4) .
Denken Sie an nichts anderes als nur an Ihr Ruhebild ( 10 ).
Und nun langsam wieder anspannen ( 2), die Arme winkeln und strecken ( 3).
Räkeln Sie sich (2) und öffnen Sie Ihre Augen.
Jedem, der das GSK einsetzt, empfehlen wir die Durchführung einer Erfolgs
kontrolle. Im vorliegenden Kapitel werden Wege aufgezeigt, die auch dem Prak
tiker - der ja im Allgemeinen über kein größeres Forschungsinstrumentarium
verfügt - die Durchführung einer Erfolgskontrolle ermöglichen sollen. Zu
nächst werden aber in zwei kurzen Abschnitten einige ·oberlegungen hinsicht
lich der Notwendigkeit und der Probleme solcher Untersuchungen diskutiert.
6. 2 Probleme
„Zweifellos ist Psychotherapieforschung eines der schwierigsten Forschungsge
biete in der empirischen Sozialforschung" (Kury 1981 , S. 235). Wahrscheinlich
ist es vor allem diese Meinung, die dazu führt, dass bei uns so wenige Studien
zur Erfolgskontrolle durchgeführt werden. Wenn schon methodisch versierte
Wissenschaftler dieses Gebiet als kompliziert betrachten, wie kann dann von
einem Praktiker erwartet werden, dass er sich die D urchführung einer Evalua
tionsstudie zutraut?
Etwas vereinfachend können die mit der Durchführung einer Evaluations
studie verbundenen Probleme in methodische, inhaltliche und praktische
unterteilt werden:
Methodische Probleme. Im Vordergrund stehen hier Fragen des Untersuchungs
designs (überblick z.B. bei Kury, 1981), wobei wir allerdings den Eindruck ha
ben, dass in der Forschung gerade die methodischen Probleme der Psychothera
pieforschung übermäßig problematisiert, Probleme inhaltlicher Art - wie z.B. die
Frage des Erfolgskriteriums - dagegen eher simplifiziert werden.
Gerade diese starke Betonung der methodischen Probleme, die manchmal
sogar dazu führt, dass mehr Probleme gesehen werden, als in Wahrheit vorhan
den sind (z.B. bei der Frage des Regressionseffekts, der bei einem einfachen
Prä-Post-Design an einer unausgelesenen Stichprobe entgegen oft verbreiteter
Meinung keinen Einfluss hat), führt dazu, dass Evaluationen vom Praktiker aus
Resignation oder aus Angst vor Kollegenschelte gar nicht erst in Angriff ge
nommen werden. Es gibt inzwischen eine ziemliche Fülle von Literatur über
hochkomplizierte Designs mit den entsprechenden Auswertungsmethoden,
aber kaum Literatur, in der auch für den Praktiker gangbare Wege aufgezeigt
werden. Der (Irr-) Glaube, dass eine Untersuchung umso aussagekräftiger wird,
je komplizierter das Design und je unverständlicher die verwendeten Statisti
ken sind, ist offenbar weit verbreitet.
Wir gehen demgegenüber von folgenden Grundsätzen aus:
Es gibt - nicht nur im Gebiet der Psychotherapieforschung - keine Untersu
chung, die nicht in irgendeiner Hinsicht anfechtbar wäre.
1
6.3 Messinstrumente
2 5 3 8 9 7 27
4 19 6 14 25 35 26 42
10 24 11 18 34 43 33 45
15 28 12 22 46 44 41 47
16 31 13 30 50 48 49 56
21 60 17 32 51 52 53 68
23 81 20 36 59 58 57 72
29 39 40 67 66 71 74
37 61 54 73 75 76 82
38 64 63 77 78 83
55 69 80 84
62
65
70
79
Tabelle 7. Zuordnung 15 7 11 11 10 11 10 9
der Items zu den Skalen Anzahl der Items
des IE-SV-F
Diese Transformation bewirkt, dass die neu gebildeten Skalenwerte nur die re
lative Ausprägung einer Attribuierungsgewohnheit ausdrücken. Für jedes Indi
viduum ergibt die Summe dieser Skalenwerte immer 80. Hätte jemand alle At
tribuierungsgewohnheiten mit gleicher Häufigkeit angekreuzt, hätte er in jeder
Skala einen Wert von 10.
Es sei betont, dass diese Transformation nur von denen vorgenommen wer
den sollte, die die Auswertung am PC vornehmen, da sonst der rechnerische
Aufwand wohl zu groß wird. Für diejenigen, die diese Transformation nicht
vornehmen, sind auf S. 225 die uns vorliegenden Ergebnisse zum IE-SV-F noch
einmal in nichttransformierter Form aufgeführt.
Problemfragebogen. Der Problemfragebogen besteht in der von uns leicht ge
kürzten und modifizierten Fassung des SSP (Skala zur Messung von Studenti
schen Problemen, Sander & Lück, 1974).
In der jetzigen Form werden durch den Problemfragebogen nicht mehr spe
zifisch studentische, sondern allgemeine psychische und somatische Beschwer
den erfasst (siehe Fragebogen auf S. 221 ) . Geändert gegenüber dem SSP wurde
auch die Itembeantwortung. Die Skalenwerte sind also mit denen von Sander
und Lück nicht vergleichbar.
Die Auswertung dürfte auf keinerlei Schwierigkeiten stoßen, da die Items le
diglich aufsummiert werden (Allgemeine Problembelastung). Es werden keine
Items umgepolt.
In Analogie zum SSP und aufgrund eigener Faktorenanalysen ist auch die
Bildung von drei Subskalen möglich (siehe Tab. 8) .
Darüber hinaus haben wir in einigen Gruppen z.B. noch mit dem EMI-B (Ull
rich de Muynck & Ullrich, 1 98 1 ) experimentiert, sind aber aus folgenden Grün
den wieder davon abgekommen:
Viele Klienten taten sich mit dem Ausfüllen sehr schwer. An keinem anderen
Fragebogen gab es so viel Kritik.
Gerade der EMI scheint auf momentane Stimmungsschwankungen sehr
empfindlich zu reagieren (was letzten Endes nicht verwundern kann, denn
dafür wurde er konstruiert). Die mit dem EMI gewonnenen Ergebnisse sind
daher für eine allgemeine Evaluation nur wenig aussagekräftig.
Der von uns verwendete Stundenbogen (S. 223) wurde von uns bisher nicht
systematisch ausgewertet, sondern lediglich als (sehr hilfreiches) Feedback für
die Trainer benutzt.
Es gibt noch weitere Messinstrumente, die für eine Evaluation des GSK An
wendung finden könnten (siehe Pfingsten, 2000c, S. 1 24ff; vgl. auch Westhoff,
1 993),
6.4 Auswertung
l
214 1 6 Maßnahmen zur Erfolgskontrolle
man fest, dass in der Trainingsgruppe tatsächlich nur Veränderungswerte zu
verzeichnen sind, die sich nicht oder nur unwesentlich von denen der Kon
trollgruppe unterscheiden, muss man sich fragen, was für den Misserfolg ver
antwortlich ist. Ehe man aber an sich oder dem Wert des GSK zweifelt, sollte
man noch einen weiteren Versuch mit einer anderen Gruppe machen. Führt
dieser zum gleichen Misserfolg, sollte man sich fragen, ob man wirklich die für
die Durchführung des GSK notwendige Kompetenz besitzt und versuchen,
diese - z.B. durch Hinzuziehung eines erfahrenen Kollegen zu verbessern. Es
ist natürlich auch denkbar, dass das GSK für eine bestimmte Klientengruppe
nicht geeignet ist. Allerdings sollte diese Erklärung nicht vorschnell in Be
tracht gezogen werden.
Bewertung der Ergebnisse. Nach unseren Erfahrungen können die Ergebnisse
von Gruppe zu Gruppe sehr stark schwanken, ohne dass dafür bisher plausible
Gründe gefunden werden konnten. Wir hatten zwar häufig den Eindruck, dass
die Erklärung dieses oder jenes Einzelergebnisses doch auf der Hand liege.
Keine dieser Erklärungen (Trainereinfluss, Gruppenstruktur etc.) konnte je
doch durch nachfolgende Ergebnisse bestätigt werden. Man sollte sich daher
vor Überinterpretationen hüten.
Ganz grundsätzlich sollte im Übrigen in Rechnung gestellt werden, dass ein
Effektivitätsnachweis über Fragebögen wahrscheinlich dadurch erschwert
wird, dass durch ein psychologisches Training bei vielen auch eine Sensibilisie
rung bewirkt wird. Das kann dazu führen, dass Fragen nach psychischen Prob
lemen (z.B. im Problemfragebogen) nach dem Training eher mit „Ja" beant
wortet werden. Durch diesen „Sensibilisierungseffekt" kann im Extremfall die
tatsächlich erzielte Veränderung vollkommen kompensiert werden, wodurch
man den (falschen) Eindruck erhält, nichts hätte sich verändert.
Auf den folgenden Seiten finden Sie kurze Beschreibungen von Situationen, wie sie jedem von uns im
Laufe seines Lebens begegnen können. Zu jeder Situation ist eine kleine Auswahl von Gedanken und
Gefühlen angeführt, die man damit verbinden könnte.
Sie sollen sich nun in diese Situationen möglichst gut hineindenken, auch wenn diese in ihrem per
sönlichen Leben gar nicht auftreten. Anschließend sollen Sie ganz gefühlsmäßig entscheiden, inwieweit
die angeführten Gedanken sinngemäß auch für Sie persönlich zutreffen könnten.
Es werden also zu jeder Situation verschiedene Gedankengänge angeführt. Kreuzen Sie bitte für jeden
dieser Gedanken an, inwieweit er für Sie zutrifft. Dabei stehen Ihnen fünf Möglichkeiten zur Auswahl,
die gleiche Abstufungen von „trifft auf keinen Fall zu" bis „trifft vollkommen zu" bedeuten:
2 3 4 )(
2 )l( 4 5
)'. 2 3 4 5
diese Zeit ist es wahrscheinlich schwer, einen Platz zu bekommen" 2 3 )( 5
Beachten Sie, dass es dabei keine „richtigen" oder „falschen" Antworten gibt! Diese Gedanken be
schreiben nur ganz persönliche Meinungen und sind keine Tatsachen!
Bearbeiten Sie die Fragen zügig und spontan!
1. Stellen Sie sich vor, Sie wären Raucher und hätten es "'""'""""'
(1) andere hätte das auch ffp"·rmnt" 2 3 4 5
(2) 2 3 4 5
�������
2. Sie haben sich um eine neue Arbeitsstelle beworben und erhalten die Mitteilung, dass Sie eingestellt
·
werden.
(3) „Da hat das Glück wahrscheinlich eine 2 3 4 5
(4) „Ich bin für diese Arbeit sicher besonders 2 3 4 5
(5) c) „Ich habe mich bei der Vorstellung auch von meiner besten 2 3 4 5
Seite
(6) ist" 2 3 4 5
2 3 4 5
(12) c) ,;Wahrscheinlich sind heute besonders nette Kinder da" 2 3 4 5
5. Sie haben ein Problem und unterhalten sich darüber mit einem Freund. Er versucht auch, auf Sie
(13) 1 2 3 4 5
2 3 4 5
(15) c) „Ich kann mich eben doch 2 3 4 5
6. Sie haben Ihre Wohnung renoviert. Nachdem Sie wieder alles eingerichtet haben, sind Sie mit Ih
rer Arbeit sehr zufrieden.
(16) „Ich habe eben Geschmack" 1 2 3 4 5
������-:::�����=-��-
( 17) b) „Wenn man das richtige Werkzeug hat und die Wohnung nicht 2 3 4 5
hässlich ist, ist das auch einfach"
( 1 8) c) 2 3 4 5
7. Sie bekommen eine Sonderprämie von Ihrer Kraftfahrzeugversicherung, weil Sie über 20 Jahre
unfallfrei sind.
( 19) a) „Ich habe mich bestimmt selten vom Verkehr ablenken lassen" 2 3 4 5
(20) b) „Sicher bekommen die Prämien auch viele andere, 2 3 4 5
das ist nichts besonderes"
(21 ) „Autofahren ist eine für sich" 2 3 4 5
9. Sie stellen fest, dass die Ziele, die Sie sich für Ihr eigenes Leben gesetzt haben, kaum zu verwirk
lichen sind.
(25) a) „Vielleicht bin ich doch nicht so 2 3 4 5
(26) „Die äußeren Umstände machen das sehr schwer" 2 3 4 5
(27) c) „Ich habe eben nur noch nicht 2 3 4 5
10. Sie haben ehrenamtlich in einem Verein gearbeitet. Bei einer offiziellen Feier wird Ihre Tätigkeit
besonders he1:vorg<�l1obe1:i..
(28) 2 3 4 5
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( 29) 2 3 4 5
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4 5
12. Stellen Sie sich vor, Sie wären mit sich selbst sehr unzufrieden und möchten in vielen Punkten
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
13. Sie hatten ein Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten, und es ist Ihnen gelungen, ihn von Ihren Ideen
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(3 8) 2 3 4 5
(3 9) 2 3 4 5
(40) 2 3 4 5
15. Ihnen fällt i n letzter Zeit auf, dass Sie bei Ihren beruflichen öfters kritisiert werden.
(42) b) „Sicher ist das nur Zufall und hat mit meinen Leistungen 2 3 4 5
nichts zu tun"
(43) „Ich war vielleicht auch ein bisschen faul in letzter Zeit" 2 3 4 5
1 6. Sie haben das Gefühl, das Leben, das Sie zur Zeit führen, ist total sinnlos.
(45) b) „Solche Phasen sind normal, die vergehen wieder, wie sie 2 3 4 5
sind"
17.
2 3 4 5
2 3 4 5
machen den Menschen einfach 2 3 4 5
2 3 4 5
( 53) c) „Bei dem heutigen Wohlstand ist es schwer, sein Gewicht unter 2 3 4 5
Kontrolle zu halten"
19. Sie waren auf einer Feier und sind von einem(r) Mann (Frau) angesprochen worden, der (die) Sie
schon interessiert hat.
Rolle im Leben" 2 3 4 5
2 3 4 5
23. den Sie eigentlich schon lange kennen lernen wollten. Sie spre-
24. Stellen Sie sich vor, Sie hätten im Leben alles erreicht, was Sie sich <>evl'iir1scl1t
( 69) a) „Das war sicher gar nicht so schwer, eigentlich hat heute jeder 2 3 4 5
die dazu"
(70) b) „Ich glaube, ich bin ein Mensch, dem es sehr leicht fällt, das zu 2 3 4 5
erreichen, was er will"
25. Sie merken, dass Sie den wachsenden Anforderungen Ihrer Arbeit nicht mehr gerecht werden
können.
26. In der Nähe Ihres Wohnorts wird ein Atomkraftwerk gebaut. Stellen Sie sich vor, Sie seien dage-
(74) a) „Es ist wirklich ein Pech, dass man gerade unsere Gegend 1 2 3 4 5
hat"
27. Sie sind mit Bekannten abends ausgegangen und haben einen besonders langweiligen Abend ver
bracht.
(78) c) „Wenn ich nicht so bequem gewesen wäre und auch etwas
erzählt hätte, wäre der Abend bestimmt interessanter 2 3 4 5
28. Stellen Sie sich vor, Sie haben in letzter Zeit das Gefühl, alles, was Sie in Angriff nehmen, gelingt
Ihnen.
(79) 2 3 4 5
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( 80) sein" 2 3 4 5
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( 8 l) 2 3 4 5
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( 84) 2 3 4 5
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2 3 4 5
überhaupt nicht kaum etwas eher stark sehr stark
2 3 4 s
2 3 4 s
1 2 3 4 s
und Schwäche 1 2 3 4 s
5. Verlust sexuellen Interesses und 2 3 4 5
1 2 3 4 5
2 3 4 s
2 3 4 5
erinnern zu können 2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
12. Gedanken an Selbstmord 2 3 4 5
seine Gedanken und sein Wissen vor anderen zu 2 3 4 5
und weltanschauliche Konflikte 2 3 4 5
Gefühle der Verwirrtheit 2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
dem anderen Geschlecht 2 3 4 5
2 3 4 5
Grund 2 3 4 5
21. Probleme in der Familie 2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
28. In den Gefühlen leicht verletzt sein 2 3 4 5
29. Hilflos und sein 2 3 4 5
30. Das Gefühl haben, dass andere einen nicht verstehen und
finden 2 3 4 5
31. Das Gefühl haben, Dinge sehr langsam verrichten z u müssen, u m wirklich 2 3 4 5
sicher zu sein
2 3 4 5
überhaupt nicht kaum etwas eher stark sehr stark
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
35. Wunsch, allein zu sein 2 3 4 5
36. Vermeidung bestimmter Dinge, Plätze oder Tätigkeiten, weil diese einen 2 3 4 5
l 2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
2 3 4 5
1. Ich war heute mit dem Verhalten sehr zu- 2 3 4 5 sehr unzu-
der Trainer insgesamt „. frieden frieden
2. Ich fand die Erklärungen der gut ver- 2 3 4 5 schwer ver-
Trainer heute „. ständlich ständlich
3. Nach der heutigen Sitzung habe ich stimmt 2 3 4 5 stimmt
den Eindruck, dass mir das Training genau gar nicht
weiterhilft.
4. Ich hatte heute Schwierigkeiten, keine 2 3 4 5 große
richtig mitzumachen. Schwierig- Schwierig-
keiten keiten
5. Ich habe mich heute i n der Sitzung stimmt 2 3 4 5 stimmt
wohl gefühlt. genau gar nicht
6. Negativ fand ich an der heutigen Sitzung (Stichpunkte):
2. Hat sich Ihr Verhalten und Ihre Ein- sehr 2 3 4 5 gar nicht
stellung durch das Training verändert? stark
IS+ 50,4 8,1 11,3 2,7 IS+ 47,1 8,2 52,7 10,4
IV+ 25,5 4,4 12,6 2,6 IV+ 25,6 4,1 27,5 4,4
ES+ 30,4 5,5 8,4 2,2 ES+ 31,1 6,7 28,1 6,0
EV+ 33,0 6,1 9,4 2,1 EV+ 34,7 7,4 33,4 7,6
IS- 22,3 6,4 7,0 3,3 IS- 30,l 7,5 26,6 8,3
IV- 40,1 5,6 12,6 2,4 IV- 41,9 5,7 43,6 6,5
ES- 31,4 5,6 10,1 2,1 ES- 31,l 5,7 30,3 6,0
EV- 24,8 5,1 8,3 2,1 EV- 26,3 4,6 27,1 5,5
Tabelle 9. Mittelwerte und Streuungen im IE Tabelle 10. Mittelwerte und Streuungen im IE
SV-F einer „Normalpopulation" von 1 78 Per SV-F (52 selbstunsichere Erwachsenen vor
sonen aus Bamberg und Umgebung. und nach Teilnahme am GSK) ,
IS+ 46,4 10,5 56,6 9,6 IS+ 52,0 7,3 54,7 9,4
IV+ 23,3 5,1 27,7 4,2 IV+ 22,4 5,2 23,9 5,7
ES+ 31 ,3 6,5 25,5 9,3 ES+ 32,5 3,1 30,3 5, l
EV+ 34,1 7,3 30,9 9,1 EV+ 33,1 5,6 29,3 6,0
IS- 29,6 6,5 25,5 9,4 IS- 24,4 6,5 19,8 6,5
IV- 40,3 5,7 46,9 5,5 IV- 36,l 8,9 34,8 10,4
ES- 28,9 6,8 29,5 9,1 ES- 30,8 6,0 25,8 5,4
EV- 24,6 4,5 23,7 7,7 EV- 29,5 6,0 27,1 4,6
Tabelle 11. Mittelwerte und Streuungen im IE Tabelle 12. Mittelwerte und Streuungen im IE
SV-F (19 selbstunsichere Studenten vor und SV-F von 13 Jugendlichen aus Hamburg vor
nach Teilnahme am GSK). und nach Teilnahme am GSK (Affeldt, 1981).
PRÄ POST
Skala M s M s
Das GSK kann nicht nur als Standardverfahren, dessen Durchführung im vor
angehenden Teil beschrieben wurde, bei verschiedenen Klientengruppen ein
gesetzt werden. Durch die Verwendung flexibler Einzelkomponenten bietet es
darüber hinaus zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten an verschiedene Klien
tengruppen, Aufgabenstellungen und Settings. Anregungen zu solchen Modifi
kationen enthalten die folgenden Kapitel:
Das Kapitel 7.1 enthält Hinweise, wie Trainerinnen und Trainer eigene Vari
anten des GSK für spezielle Settings und Klientengruppen „maßschneidern"
und planen können.
Anschließend sollen anhand konkreter Überlegungen und Beispiele aus der
Praxis Anregungen für solche eigenen Anwendungen gegeben werden:
Im Kapitel 7 .2 werden Anwendungen aus klinischen Settings beschrieben,
im Kapitel 7.3 Anwendungen im nicht-klinischen Bereich.
Einer der großen Vorzüge des GSK besteht darin, dass es durch sein
halbstandardisiertes Format eine klare, von Anfängern gut lernbare
Grundstruktur zur Verfügung stellt, andererseits aber in den Inhalten sehr
flexibel ist. Dadurch lässt es für den Trainer oder die Trainerin genügend
Spielraum für Anpassungen an die Bedürfnisse spezieller Klientengruppen.
228 1 7 Anwendungsbeispiele
1 (1) Problemrelevante Situationsanforderungen
R B S ? ?
Recht Bezie- Sym- „.„ .....
hung pathie
a) Situations-
management
(2) (typische)
Probleme im b) kognitive
Prozessablauf? Verarbeitung
c) emotionale
Verarbeitung
d) motorisches
Verhalten
e) Konsequenzen-
verarbeitung
Diese Analyse kann sich für den Trainer unterschiedlich schwierig gestalten, je
nachdem um welche Klientengruppen es sich handelt. In manchen Fällen liegt
die Typologie der Situationsanforderungen gleichsam „auf der Hand". In ande
ren fällt es schwer, aus einer Fülle konkreter Alltagssituationen die besonders
typischen gemeinsamen Anforderungsmerkmale herauszuarbeiten. Eine Re
duktion der Situationstypen ist für die Planung eines überschaubaren Trai
ningsprogramms jedoch unabdingbare Voraussetzung (maximal drei bis fünf).
Sofern im Training dann ein neuer Situationstyp bearbeitet werden soll, zeigen
die Ausführungen auf S. 84ff und die Arbeitspapiere auf den Seiten 1 56, 1 70
und 1 79, worauf es bei der Formulierung von Instruktionen ankommt. Außer
dem sind natürlich entsprechende Rollenspielsituationen zu sammeln.
Analyse der problematischen Prozessabläufe. Soll. sich ein soziales Kompe
tenztraining nicht auf eine konzeptionslose Aneinanderreihung von Rollen
spielen beschränken, dann sollten auch die Prozessabläufe bei der betreffenden
Klientel einer näheren Betrachtung unterzogen werden (vertikale Ebene) . So ist
zu überlegen, ob es bei der Verhaltenssteuerung Schwierigkeiten gibt, die für die
Klientengruppe besonders typisch sind. Es ist empfehlenswert, diese Analyse
getrennt für die betreffenden Typen von Situationen durchzuführen (Spalten
Ü B ERSICH17
Zusammenfassend ergibt sich aus diesen Vorschlägen zur Anpassung des
GSK an spezielle Klientengruppen folgendes Vorgehen:
Zum einen sind die spezifischen Situationstypen zu identifizieren, die für
die betreffende Personengruppe alltagsrelevant (und problematisch)
sind, und die deshalb mit dem geplanten Trainingsprogramm bearbeitet
werden sollen. Es kann sich dabei handeln:
um einen oder mehrere der drei Situationstypen des GSK,
- um völlig neue Situationstypen oder
- um eine Mischung von beidem.
Zum anderen ist bei den einzelnen Situationstypen zu überlegen, welche
typischen Probleme im Prozessablaufbei der betreffenden Klientengruppe
bestehen. In Frage kommen dabei:
Probleme im Situationsmanagement,
- bei der kognitiven Verarbeitung von Situationen,
- bei der emotionalen Verarbeitung,
- bei der Realisierung motorischer Verhaltensweisen oder
- bei den Konsequenzen bzw. der Konsequenzverarbeitung.
230 / 7 Anwendungsbeispiele
Diese Vorschläge sollten nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass eine
Modifikation des GSK nur nach aufwendigen Voranalysen möglich ist. Meistens
ist der Praktiker ja mit den Problemen .der betreffenden Klientel gut vertraut.
Dadurch kann er viele der oben aufgeworfenen Fragen durch einige eigene
Überlegungen hinreichend beantworten. Wichtig ist bei dem vorgeschlagenen
Vorgehen eigentlich nur, die eigenen klinischen Erfahrungen auf das GSK-Kon
zept zu beziehen, und der Trainingsplanung möglichst klare und begründbare
Annahmen zugrunde zu legen.
Nach den Pionierarbeiten von Andrew Salter und Josef Wolpe Mitte des ver
gangenen Jahrhunderts sind Klinische Psychologie und Psychotherapie ein be
sonders wichtiger Anwendungsbereich von sozialen Kompetenztrainings. Auch
das GSK wurde vor allem aus klinischen Interessen heraus entwickelt, wenn
gleich es wie die später folgenden ausgewählten Beispiele zeigen werden - in
zwischen auch in anderen Bereichen verwendet wird ( siehe 7.3).
Aus dem Erfahrungsaustausch mit klinisch tätigen Kolleginnen und Kolle
gen wissen wir, dass sich ein Einsatz des GSK bei Patientinnen und Patienten
mit sehr unterschiedlichen Störungen bewährt hat. Das gilt für ambulante An
wendungen, aber auch für den stationären Bereich, wo das Training - oder dar
aus abgeleitete bzw. sehr ähnliche Verfahren - oft schon zum turnusmäßigen
Gruppentherapieangebot gehören (etwa in Psychosomatik- oder Kurkliniken,
psychiatrischen Kliniken, Suchtkliniken) . Der breite Einsatzbereich steht im
Einklang mit der auf S. 75ff beschriebenen Forschungsliteratur, die die Wirk
samkeit derartiger Trainings bei vielen Störungsbildern und verschiedenen
Patientengruppen belegt.
Das vorliegende Kapitel soll der zunehmenden Tendenz zur Verwendung des
GSK in der klinischen Paxis Rechnung tragen. Es soll bei klinisch interessierten
Leserinnen und Lesern das Interesse an den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
wecken. Außerdem soll es Anregungen für die Implementierung in verschiede
nen Settings und für verschiedene Patientengruppen geben. Zu beachten ist da
bei, dass es für psychotherapeutische Zwecke ebenso geeignet ist wie für Aufga
benstellungen in Prävention und Rehabilitation.
Daran anschließend soll kurz auf die in den nächsten Unterkapiteln folgenden
Erfahrungsberichte eingegangen werden.
Einer großen US-Studie zufolge ist davon auszugehen, dass die soziale
Angststörung (soziale Phobie) mit einer Lebenszeitprävalenzrate von
etwa 1 3 Prozent nach Depression und Alkoholabhängigkeit als dritthäufigs
te psychische Störung anzusehen ist (Magee et al„ 1 996; Wittchen, 1 996).
Frauen sind nach diesen neueren Befunden häufiger betroffen als Männer,
etwa 1,4 mal so häufig.
1
232 17 Anwendungsbeispiele
eine substanzbezogene Störung (40 Prozent), vor allem Alkoholabhängig
keit (24 Prozent) bzw. Drogenabhängigkeit ( 1 5 Prozent).
Es spricht dabei einiges dafür, dass die sozialen Ängste meistens die primäre
Störung darstellen, weil sie den anderen Störungen zeitlich vorausgehen (Ma
gee et al., 1 996; Wittchen, 1 996) . Wittchen und Vossen ( 1 995) berichten ähn
liche Ergebnisse für eine größere deutsche Stichprobe.
Folgerung. Solche Befunde sind umso bemerkenswerter, weil soziale Angststö
rungen eine zwar sehr wichtige, aber nicht die einzige Form sozialer Kompetenz
probleme darstellen. Deshalb ist letztlich sogar noch von einer größeren Verbrei
tung solcher Probleme auszugehen. Außerdem dürften sie nicht nur für die eben
genannten komorbiden Störungen von Bedeutung sein, sondern im Grunde bei
der Entstehung oder Aufrechterhaltung aller psychischen Störungen eine mehr
oder minder wichtige Rolle spielen können: Eine Durchsicht der Literatur, spe
ziell auch der Evaluationsstudien, zeigt ja, dass soziale Kompetenztrainings ei
gentlich fast bei allen psychischen Störungen mit einigem Erfolg eingesetzt wer
den können (vgl. S. 75ff; sowie Hollin & Trower, 1 986; Grawe et al., 1994) .
Indikationshinweise
Die Tatsache, dass soziale Kompetenzprobleme bei der Entstehung und/oder
Therapie fast aller psychischen Störungen eine klinisch relevante Rolle spielen
können, darf nicht zu falschen Schlussfolgerungen verleiten. Insbesondere be
sagt sie nicht, dass
bei allen Patienten behandlungsbedürftige Kompetenzprobleme anzuneh
men sind, und dass
soziale Kompetenztrainings ein Allheilmittel darstellen, dessen routinemä
ßige Anwendung bei allen Patienten sinnvoll ist.
ÜBERS I C HT
Allgemeine Indikationskriterien zur klinischen Anwendung des GSK
Der Klient (die Klientin) erfüllt mindestens eins der folgenden Kriterien:
Es liegen überdauernde Schwierigkeiten beim Bewältigen sozialer Alltags
situationen vor, die das Berufs- und/oder Privatleben des Klienten gravie
rend beeinträchtigen.
234 7 Anwendungsbeispiele
Soziale Kompetenzprobleme erweisen sich als zentrale (Mit-) Ursache für
andere ernsthafte psychische Beeinträchtigungen oder Störungen (De
pression, Substanzmissbrauch, sexuelle Probleme, psychosomatische Stö
rungen u.a.).
Eine Förderung der im GSK behandelten sozialen Kompetenzen ist für
die soziale Wiedereingliederung oder die Bewältigung bestehender psy
chischer Störungen oder somatischer Krankheiten förderlich oder uner
lässlich.
Eine Förderung der im GSK behandelten sozialen Kompetenzen hilft die
Entstehung psychischer Störungen oder somatischer Krankheiten zu ver
hindern oder erweitert die Bewältigungsressourcen des Klienten im Falle
eines Auftretens.
Ü B E RS I OH'F
Spezielle Indikationskriterien zur klinischen Anwendung des GSK
Alle folgenden Bedingungen treffen zu:
Die Schwierigkeiten des Patienten beziehen sich mindestens auf einen der
Situationsbereiche, die im Training bearbeitet werden.
Im Falle des GSK-Standardverfahrens bestehen Schwierigkeiten in min
destens einem der folgenden Bereiche:
formale Rechte und Interessen durchzusetzen,
eigene Bedürfnisse, Gefühle und Interessen in enge persönliche Bezie
hungen einzubringen (v. a. Lebenspartner, Freunde, Familie) und/oder
Kontakte zu unbekannten Personen aufzunehmen („Schüchternheit",
Kontaktprobleme) .
Die sozialen Kompetenzprobleme sind nicht primär auf objektive Le
bensbedingungen zurückzuführen (keine situationale Überforderung,
vgl. S. 1 7ff). Ist dies doch der Fall, sollte das GSK durch anderen thera
peutischen Maßnahmen ergänzt werden.
Der Patient ist in der Lage, die spezifische Arbeitsbeziehung des GSK zu ak
zeptieren (z.B. Gruppenarbeit, Verteilung des Trainerinteresses auf mehrere
Teilnehmer).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Von einer Behandlung mit dem GSK sind
besonders konstruktive Veränderungen zu erwarten, wenn der Patient sowohl
die allgemeinen als auch die speziellen Indikationskriterien erfüllt. Außerdem
ist es förderlich, wenn auch eine Selbstindikation erfolgt ist.
Beziehungsgestaltung
Im Verlauf des Trainings sollten Therapeutinnen und Therapeuten bei Pa
tienten mit sozialen Kompetenzproblemen mit einigen Besonderheiten rech
nen. Diese sind bei der Gestaltung der therapeutischen Beziehung zu berück
sichtigen:
Hohe Empfindlichkeit gegenüber (oft auch minimalen) sozialen Misserfol
gen, also zum Beispiel im Rollenspiel, bei Gruppendiskussionen, aber auch
im persönlichen Kontakt mit dem Therapeuten.
236 1 7 Anwendungsbeispiele
Starke Tendenz zur Konformität, auch wenn Therapeutenvorschläge, Haus
aufgaben usw. nicht richtig verstanden wurden oder nicht wirklich akzep
tiert werden.
Bedürfnis nach klar strukturierten Anweisungen und Aufgabenstellungen,
während unklare Formulierungen vorhandene Ängste und Unsicherheiten
verstärken.
Hohe Selbstaufmerksamkeit und dementsprechend ernst zu nehmende Ein
schränkung beim Wahrnehmen und Erinnern äußerer sozialer Geschehnisse.
Starke Beschäftigung mit Aspekten der Selbstpräsentation.
übersteigerte Ansprüche an das eigene Verhalten (von denen sich der The
rapeut nicht anstecken lassen sollte).
Ansonsten sollten natürlich die Regeln beachtet werden, die für die Beziehungs
gestaltung in der Verhaltenstherapie allgemein gelten (Margraf & Brengelmann,
1992; Kanfer et al., 1996). Was die Person des Therapeuten angeht, bereitet die
Durchführung des GSK oft viel Spaß, erfordert zugleich aber auch eine gleich
bleibend hohe Konzentration und wird oft als sehr anstrengend erlebt.
Grundlagen
Auf unserer psychiatrischen Psychotherapiestation mit den Schwerpunkten
Angst und Psychosomatik haben wir uns für die Implementierung eines sozi
alen Kompetenztrainings entschieden, weil die Rolle zwischenmenschlichen
Beziehungsverhaltens bei der Genese und Aufrechterhaltung von psychischen
Störungen in der Literatur gut belegt ist Dementsprechend berichten z.B.
Grawe et al. ( 1994) , dass sich soziale Kompetenztrainings nicht nur bei sozialen
Ängsten sondern auch bei vielen anderen psychischen Störungen als wirksame
therapeutische Maßnahme erwiesen haben. Das GSK bot sich besonders an,
weil es sich aufgrund theoretischer Gemeinsamkeiten gut mit der kognitiv-ver
haltenstherapeutisch orientierten Gruppenarbeit auf unserer Station verknüp
fen lässt, in der es um die Erarbeitung störungsspezifischer Erklärungsmodelle
und um die Planung und Durchführung von Expositions- und anderen verhal
tenstherapeutischen Übungen geht.
Setting
Die Psychotherapiestation umfasst 16 Plätze. Die durchschnittliche Aufent
haltsdauer beträgt etwa sechs bis acht Wochen. Die Patienten werden vor der
Aufnahme über das Konzept und die Methoden der Behandlung auf der Sta
tion aufgeklärt. Hinsichtlich der Diagnosen sind neurotische, Belastungs- und
somatoforme Störungen vorherrschend (F4 nach ICD 10), gefolgt von affekti
ven Störungen (F3). Als stationsübergreifendes Angebot ist das GSK auch für
eine Nachbarstation gedacht, auf der schwerpunktmäßig Patienten mit affekti
ven Störungen behandelt werden. Eine bedeutsame Rolle spielt im klinisch
psychiatrischen Setting die höhere Komorbidität der genannten Diagnosen mit
Persönlichkeitsstörungen. Nicht aufgenommen werden Patienten bei akuter
Selbst- und Fremdgefährdung sowie bei Schizophrenie, schizotypen und
wahnhaften Störungen. Insofern handelt es sich auf unserer Station um keine
„klassische" psychiatrische Klientel.
Indikation
Nachdem mit dem Patienten in der ersten Behandlungswoche auf der Station
eine Problemanalyse erarbeitet wurde, kristallisiert sich relativ schnell heraus,
ob eine Teilnahme am GSK indiziert ist, z.B. wenn Probleme des Sozialverhal-
238 7 Anwendungsbeispiele
tens einen entscheidenden Einfluss auf die Störungsentwicklung haben (z.B.
Abgrenzungsproblematik, Partnerschaftskonflikte, Schüchternheit) oder wenn
es Hinweise auf Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Alltagssituationen
gibt, die mit sozialer Kompetenz im Zusammenhang stehen. Ausschlusskrite
rien für die Teilnahme am GSK sind schwere depressive, manische, wahnhafte
und psychotische Episoden.
Durchführung
Rahmenbedingungen. Das GSK wird zweimal wöchentlich auf der Station
durchgeführt. Der zeitliche Rahmen ist auf eine Stunde begrenzt, weil eine län
gere Dauer die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspanne vieler unserer
Patienten übersteigt und zu vermehrter Unruhe führt. Das trifft insbesondere
für Patienten mit depressiver Symptomatik zu. Wegen der kürzeren Sitzungen
planen wir zur Durchführung des gesamten Trainings circa zehn bis zwölf Sit
zungen ein.
Ein schwieriges Problem ergibt sich aus der Tatsache, dass wir das Training
aus organisatorischen Gründen nicht als festes Programm in einer geschlosse
nen Gruppe durchführen können. Eine Öffnung ist notwendig, um neuen Pa
tienten innerhalb von ein bis zwei Wochen nach der Problemanalyse und dem
Beginn der Einzeltherapie eine Teilnahme am GSK zu ermöglichen. Dadurch
kommt es j edoch zu erheblichen Teilnehmerfluktuationen und zu starken
Schwankungen der Gruppengröße. Es kann sogar sein, dass sich die Gruppen
zusammensetzung aufgrund von Entlassungen und Neuaufnahmen innerhalb
einer Woche völlig verändert. Außerdem kann es sein, dass Patienten aus der
Gruppe ausfallen, weil sie Praktika oder medizinische Belastungserprobungen
am Arbeitsplatz beginnen.
In diesem Zusammenhang haben wir inzwischen gute Erfahrungen mit
nem halboffenen Gruppenkonzept gemacht. Es besteht darin, Trainingsblöcke
zu bilden und jeweils nach der Erarbeitung eines Situationstyps und der
Durchführung der dazugehörigen Rollenspiele wieder neue Patienten in die
Gruppe aufzunehmen. So können Teilnehmer nach jeweils etwa drei bis vier
Sitzungen (ein bis zwei Wochen) neu in das GSK einsteigen, und zwar mit dem
Beginn eines neuen Situationstyps.
Der Einstieg zum Typ S (Um Sympathie werben) ist allerdings eher ungüns
tig, weil dieser von unseren Patienten oft als besonders schwierig empfunden
wird und sich Neueinsteiger hier schnell überfordert fühlen.
.
Vorgespräch. Abbrecherquoten und Therapieeffekte werden günstig beein
flusst, wenn für Patienten bereits im Vorfeld Transparenz bezüglich der Inhalte
und des Vorgehens in der Gruppe besteht (Fiedler, 1 996; Fischer-Klepsch et al.,
2000). Gerade psychiatrische Patienten haben oft eine Odyssee von Arztkon
sultationen und Klinikaufenthalten hinter sich und stehen psychotherapeuti
schen Angeboten häufig ambivalent gegenüber. Um dennoch mit einer Moti-
Gruppenregeln. Eine gewisse Rolle spielt dabei eine Gruppenregel, die für die
gesamte Psychotherapiestation gilt: Angelegenheiten, die einzelne Patienten in
der Gruppe bearbeitet haben, bleiben in der Gruppe oder werden mit dem The
rapeuten besprochen. Diese Regel wird auch von GSK-Teilnehmern immer
wieder angesprochen, insbesondere dann, wenn ein Wechsel in der Gruppe
stattgefunden hat. Ansonsten formulieren wir für die GSK-Gruppe keine be
sonderen Gruppenregeln.
1
240 17 Anwendungsbeispiele
Feedbacktechniken. Bisher standen für die Durchführung des GSK leider keine
Videoanlagen zur Verfügung, die Anschaffung ist geplant. Um bei der Bearbei
tung der Rollenspiele wenigstens einen gewissen Ersatz zu schaffen, verwenden
wir sowohl Selbst-, als auch Beobachter- und Rollenfeedback. Außerordentlich
wichtig ist dabei, die Teilnehmer zu konkreten und verhaltensnahen Beurtei
lungen anzuhalten und klare Regeln für das Feedback aufzustellen. So ist da
rauf zu achten, dass Teilnehmer ihre Äußerungen konstruktiv formulieren und
bei Kritik möglichst konkrete Anregungen dafür geben, wie das kritisierte Ver
halten verändert werden kann.
Entspannungstraining. Auf der Psychotherapiestation wird unabhängig vom
GSK ein Entspannungstraining durchgeführt, an dem die Patienten täglich in
einer 30-minütigen Sitzung teilnehmen können. Deshalb erübrigt sich eine zu
sätzliche Durchführung in der Gruppe. Allerdings weisen wir an geeigneter
Stelle immer wieder auf konkrete Möglichkeiten hin, Entspannung vor oder in
sozialen Interaktionssituationen als Bewältigungsstrategie einzusetzen.
Spezielle Schwierigkeiten
Umgang mit Konflikten in der Gruppe. Wir haben die Erfahrung gemacht,
dass durch die vorgegebene Ziel- und Methodentransparenz des GSK die
Grundlage für einen offenen, transparenten und lösungsorientierten Behand
lungsansatz gelegt ist, was sich im Gruppenklima deutlich bemerkbar macht.
Die häufigsten Gruppenkonflikte bestehen darin, dass einzelne Patienten mehr
Raum im Training einnehmen als andere oder dass Teilnehmer im besonderen
Maße zu negativer Kritik anderen gegenüber neigen. Es ist sicherlich nicht
sinnvoll, damit verbundene tiefer liegende Konflikte in der Gruppe völlig zu ig
norieren. Andererseits sollte aber auch eine Verlagerung der Gruppenarbeit auf
solche Probleme vermieden werden, weil sich dies dann schnell über mehrere
Sitzungen erstrecken kann.
Sofern einzelne Patienten in eine Außenseiterposition geraten, ist es wichtig,
sie in der Gruppe zu unterstützen und Solidarität von Seiten des Therapeuten
zu signalisieren. Oft ist es sinnvoll, die Probleme einzelner Patienten mit der
Gruppensituation im therapeutischen Einzelkontakt zu besprechen und im
Sinne eines Problemlösetrainings nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.
Rollenspiel. Je vertrauter die Gruppenmitglieder miteinander sind, umso eher
lassen sich auch Rollenspiele durchführen. Manchmal haben Patienten Modell
funktion, die schon länger in der Gruppe und damit ;,routinierte" Rollenspieler
sind. Andererseits kann es aber auch passieren, dass eine Person die Rollen
spiele boykottiert und damit die Verweigerung der gesamten Gruppe nach sich
zieht. Trotzdem halten wir es für wichtig, keine Person zum Rollenspiel zu
zwingen. Jeder Teilnehmer sollte sich selbst entscheiden. Sehr unsicheren Per
sonen kann vom Therapeuten besondere Unterstützung angeboten werden. So
Auswirkungen
Zur Akzeptanz des Trainings und zu den Auswirkungen stehen uns bisher vor
allem Beobachtungen aus dem klinischen Alltag zur Verfügung: Die Arbeit in
242 1 7 Anwendungsbeispiele
der GSK-Gruppe macht den Patienten viel Spaß, was für einen experimentellen
und spielerischen Umgang mit dem eigenen Sozialverhalten zweifellos förder
lich ist.
Die Teilnehmer übertragen viele Ideen und Erkenntnisse aus der GSK
Gruppe auf ihr Leben und Verhalten auf der Station. Manche Patienten berich
ten z.B., dass es ihnen durch die GSK-Teilnahme leichter falle, sich an der Ge
samtgruppe auf der Station zu beteiligen.
Bei den Teilnehmern scheint die Handlungsorientierung zuzunehmen: Sie
planen konkreter, in welcher Form sie gewünschte soziale Interaktionen in An
griff nehmen können und sie holen sich bei Schwierigkeiten eher Unterstüt
zung. Aus den Einzelgesprächen haben wir den Eindruck gewonnen, dass eige
nes Vermeidungsverhalten und dysfunktionale Selbstverbalisierungen besser
erkannt werden und dass die Einschätzung sozialer Situationen insgesamt an
gemessener und realitätsnäher wird.
Wir führen das GSK mit Patientinnen und Patienten durch, die an schizophre
nen und affektiven Störungen sowie schweren Persönlichkeitsstörungen leiden.
Die Behandlung findet im vollstationären Bereich eines psychiatrischen Akut
krankenhauses mit Versorgungsauftrag für eine Stadt mittlerer Größe statt. Das
GSK vllird dabei stationsübergreifend angeboten.
Grundlagen
Viele Menschen mit schweren psychischen Störungen weisen gravierende sozi
ale Kompetenzdefizite auf.
Schizophrene Psychosen. Menschen mit schizophrenen Psychosen erfahren Ein
schränkungen ihrer sozialen Funktionsfähigkeit auf verschiedene Weise:
Häufig sind bereits vor dem Auftreten akuter Krankheitssymptome soziale
Kompetenzprobleme zu beobachten, die bis in die frühe Kindheit zurückrei
chen können (Bellack, 1 986).
In akuten Krisen werden bestehende Kompetenzen grundlegend beeinträch
tigt. Sie können nach Abklingen der positiven Symptome wieder auf das prä
psychotische Niveau ansteigen. Bei ungünstigen Verläufen bleiben jedoch in
nicht akuten Zeiten soziale Kompetenzdefizite bestehen und zwar auch bei
Patienten ohne ausgeprägte Negativsymptomatik (Pfammatter et al., 200 1 ) .
Die Erfahrung innerer Unsicherheit und Desorientierung, ausgelöst durch Ba
sisstörungen, welche den akuten Phasen oft schon lange vorausgehen oder
nachfolgen, führt ebenso zu verunsichertem Sozialverhalten (Wienberg, 1997).
Vulnerabilitätsmodelle der Schizophrenie (z.B. Liberman, 1989) weisen da
rauf hin, dass soziale Kompentenzen ein wichtiges Gegengewicht zu Stress
und Vulnerabilität darstellen und als Schutzfaktoren in Bezug auf das Rück
fallrisiko wirken können. Ein Mangel an sozialen Kompetenzen hingegen
hört zu den wichtigsten Ursachen von interpersonellem Stress und behin
dert den Aufbau befriedigender sozialer Beziehungen, die ihrerseits einen
eigenen protektiven Faktor darstellen.
244 1 7 Anwendungsbeispiele
Menschen in manischen Phasen wiederum grenzüberschreitend und damit im
entgegengesetzten Extrem sozial inkompetent.
Persönlichkeitsstörungen. Bei Patientinnen und Patienten mit schweren Per
sönlichkeitsstörungen gehören unzureichende soziale Kompetenzen und die
damit verbundenen Schwierigkeiten der zwischenmenschlichen Beziehungsge
staltung zu den zentralen diagnostischen Kriterien. Sie betreffen unterschiedli
che Bereiche, je nach Art der Persönlichkeitsstörung und der individuellen Ent
wicklung. Die Selbst- und Fremdwahrnehmung der zwischenmenschlichen
Beziehungsschwierigkeiten unterscheiden sich bei diesen Patienten typischer
weise. In unserem Setting begegnen wir zum großen Teil Patientinnen und Pa
tienten mit emotional instabiler Persönlichkeitsstörung vom Borderline Typus.
Belastl.lng durch psychische Störungen. Diagnoseübergreifend ist festzustellen,
daß die sozialen Kompetenzen unserer Patientinnen und Patienten zusätzlich auf
mindestens dreierlei Weise auf eine besondere Belastungsprobe gestellt werden:
Eine schwere psychische Erkrankung stellt einen Menschen vor die Aufgabe,
das Erlebte zu verarbeiten und mit dieser Erfahrung in seinem sozialen Um
feld zu leben. Durch Rezidive wiederholt sich diese Problematik.
Viele Patienten fühlen sich durch ihre Diagnose stigmatisiert und wissen
nicht, wie sie sich ihren Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen gegenüber
verhalten sollen, wenn sie wieder zu Hause sind.
Patienten erleben den Verlust früher vorhandener Kompetenzen als beängsti
gend, scheuen soziale Kontakte und vermeiden aus Angst vor Misserfolg Si
tuationen, in denen sie ihr Sozialverhalten üben könnten. Zusätzlich zum Ver
lust von innerer Ordnung kommt es zum Verlust subjektiv erlebter Sicherheit
in sozialen Situationen, die vor der Krankheit nicht als schwierig empfunden
wurden.
Das GSK bietet sich für Patienten mit schizophrenen und affektiven Stö
rungen sowie schweren Persönlichkeitsstörungen besonders an, weil es
einen unmittelbar einsichtigen Bezug zu den sozialen Alltagsproblemen
der Patientinnen und Patienten aufweist,
als hochstrukturierter Interventionsansatz mit einem verständlichen Er
klärungsmodell gerade in Zeiten der tiefgreifenden Verunsicherung von
Patientinnen und Patienten eine klare Orientierung bieten kann,
wichtige hoffnungsvermittelnde Signale geben kann, dass Kompetenzen
(wieder-) erlernbar sind und persönliche Probleme dadurch lösbar wer
den (Ressourcenorientierung) .
Indikation
Wir halten die Teilnahme von Patientinnen und Patienten aller genannten Diag
nosegruppen am GSK für möglich und sinnvoll, wenn die im Folgenden erläu
terten Voraussetzungen erfüllt sind.
Abstimmung auf den Störungs- und Behandlungsverlauf. Zunächst ist es sehr
wichtig, für den Trainingsbeginn den richtigen Zeitpunkt abzupassen.
Bei schizophrenen Psychosen sollte eine Teilnahme erst geplant werden,
wenn die akute psychotische Symptomatik abgeklungen ist. Dann aber kann
der Ausbau sozialer Kompetenzen gerade beim Fußfassen in der Alltagsrealität
unterstützend wirken und eine wichtige Ressource für die Auseinandersetzung
mit anstehenden Problemen, z.B. familiärer oder beruflicher Art, darstellen. Die
Kompetenzorientierung des Trainings kam1 ein positives Selbstbild (Wienberg,
1997) fördern und dazu beitragen, subjektive Empfindungen von Verzweiflung
und Ausweglosigkeit aufzufangen, die häufig im Anschluss an eine akute
Psychose auftreten. Auch als Gegengewicht zu suizidalen Tendenzen spielen
Ressourcenorientierung und Hoffnungsvermittlung wichtige Rolle.
Die Teilnahme am Training ist auch für Patienten mit affektiven Psychosen
erst nach dem Abklingen der akuten psychotischen Symptomatik sinnvoll. De
pressive Patienten müssen über ausreichend Antrieb verfügen und offen für die
Integration neuer Erfahrungen sein. Bei manischen Störungen ist eine Teil
nahme erst sinnvoll, wenn akute manische Symptome in den Hintergrund ge
treten sind.
Die manchmal fehlende Behandlungseinsicht und der eher bei anderen auf
tretende Leidensdruck führen dazu, dass Patienten mit Persönlichkeitsstörungen
häufig zunächst fremdmotiviert zum Training kommen. Optimal profitieren
diese Patienten, wenn sie trotz Fremdmotivation und trotz aller Ambivalenzen
und Ängste in ihrem therapeutischen Gesamtprozess so weit fortgeschritten
sind, dass sie sich auf die spezifischen Arbeitsweisen des GSK einlassen können.
Gruppenfähigkeit. Patientinnen und Patienten sollten vor Trainingsbeginn so
weit stabilisiert sein, dass es ihnen möglich ist, in einer Gruppe eine Stunde lang
intensiv psychotherapeutisch zu arbeiten. Erforderlich sind eine entsprechende
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit, ausreichende Verhaltenssteu
erung, psychomotorische Ruhe und ein angemessener Realitätsbezug.
246 1 7 Anwendungsbeispiele
Motivation und Bereitschaft :zur Mitarbeit. Aufgenommen werden alle Patien
tinnen und Patienten, die ihre sozialen Kompetenzen erweitern möchten und
bereit sind, aktiv und regelmäßig an den Gruppensitzungen mit Diskussionen
und Übungen teilzunehmen. In einer Einführungsveranstaltung analog zum
GSK-Standardverfahren werden Konzept und Aufbau des Trainings mit dem
Ziel erklärt, einen therapeutischen Vertrag zu schließen.
Zusammensetzung der Gruppe. In unseren Gruppen werden Patientinnen und
Patienten mit verschiedenen Diagnosen gemeinsam behandelt. Für das Grup
penklima ist es allerdings hilfreich, auf eine gewisse Ausgewogenheit der Diag
nosegruppen zu achten. Patienten mit Persönlichkeitsstörungen können gegen
über den kognitiv oft instabileren schizophrenen Patienten in Diskussionen
und Übungen schnell dominieren. Die Teilnahme am Training ist auch für
Patienten mit eher aggressiven Verhaltenstendenzen möglich. Wir halten den
Anteil dieser Patienten an der Gesamtgruppe jedoch sehr klein, weil die Gefahr
besteht, dass sie einschüchternd auf eher selbstunsichere Teilnehmer wirken
und im Gruppenprozess viel Raum einnehmen.
Timing. Der Beginn der Teilnahme am GSK sollte nicht gleichzeitig mit ande
ren wichtigen und kraftfordernden Veränderungen stattfinden, z.B. der Verle
gung in eine Tagesklinik oder dem Beginn einer medizinischen Belastungser
probung nach längerer Krankheit.
Durchführung
248 17 Anwendungsbeispiele
i
nicht teilnehmen v.iirden. Hinzu kommt, dass manche Patienten durch ihre
Erkrankung und die Medikation äußerlich stark verändert sind und darunter
leiden. Es ist anzunehmen, dass die Beschäftigung mit diesen äußeren Verän -
derungen beim Betrachten der Videos die Arbeit am Rollenspielverhalten
überlagern und bestehende Tendenzen zur Selbstabwertung noch fördern
würde.
Die Auswahl an Rollenspielsituationen v.rurde auf fünf bis sieben Situationen
verkleinert. Um genügend Zeit für die Feedbackarbeit zu haben, teilen auch wir
die Gruppe bei Rollenspielen in zwei Kleingruppen. Das hat den zusätzlichen
Effekt, dass es den Patienten leichter fällt, vor fünf als vor zehn Personen zu
spielen. Bei den anderen Trainingselementen bleibt die Gesamtgruppe jedoch
zusammen und wird von beiden Therapeutinnen gemeinsam geleitet.
Die In-Vivo-Übungen wurden so verändert, dass sie in der Klinik oder im
näheren Umfeld durchzuführen sind. Zusätzlich haben wir einige Hausaufga
ben hinzugefügt, zum Beispiel die Aufgabe, sich bis zum nächsten Mal drei
weitere persönliche Stärken zu überlegen (im Anschluss an die Selbstlobe
übung) oder die Aufgabe, in der nächsten Sitzung über eine Situation zu be
richten, in der eine positive Selbstverbalisation gelungen ist Die Hausaufgabe
„Gefühle benennen" geben wir zweimal auf, weil sie den Patienten recht
schwer fällt.
Begriffe wie „positive Selbstverbalisation" und „Verstärkung" blieben den
Teilnehmern oft auch nach mehrmaligem Hören fremd. Deshalb haben sich
aus der Gruppenarbeit teilweise andere Bezeichnungen entwickelt, die von Pa
tientinnen und Patienten selbstverständlicher in ihren Sprachgebrauch über
nommen werden. So sprechen wir zum Beispiel von „Mutmachsätzen" statt
von positiven Selbstverbalisationen.
Um S elbstverbalisationen bewusst zu machen, spielen die Therapeutinnen
statt eines projektiven Videofilmes ein kleines, für Patienten alltagsnahes, Rol
lenspiel vor. Es wird an verschiedenen Stellen unterbrochen, und die Vermu
tungen der Patienten über die j eweiligen Gedanken der dargestellten Person
werden gesammelt und auf das Flipchart geschrieben. Danach und im An
schluss an die Diskussion haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht, das
Spiel zu wiederholen Aufgabe der Patienten ist es nun, der dargestellten Per
son mögliche „Mutmachsätze" zuzurufen, damit diese die Situation selbstsi
cher und zufrieden stellend meistert. Der Eifer, mit dem die Patientinnen und
Patienten nach positiven Selbstverbalisationen suchen, und die Freude über
den positiven Ausgang (zu dem jeder durch das Zurufon eigener Ideen beige
tragen hat) beleben die Gruppe und motivieren dazu, auch für sich selbst nach
positiven Selbstverbalisationen zu suchen.
Spezielle Schwierigkeiten
Um Menschen mit schweren psychischen Störungen gruppentherapeutisch
wirksam behandeln zu können, muss besonderes Augenmerk auf die Gestal-
!
7.2 Klinische Anwendungen 1 249
tung der therapeutischen Beziehung gelegt werden. In unserer therapeutischen
Rolle sind wir sehr aktiv, hoch strukturierend und orientierend, gleichzeitig ge
hen wir flexibel auf die individuellen und störungsspezifischen Bedürfnisse der
Patientinnen und Patienten ein. Unsere Gruppenteilnehmer benötigen viel Er
munterung und persönliche Anerkennung auch für kleinste Erfolgsschritte. Die
Verantwortung für Veränderungen kann ihnen im therapeutischen Prozess erst
allmählich übergeben werden. Wir bemühen uns um eine therapeutische Be
ziehung, die zwar distanziert, aber durchgängig wohlwollend und von einem
hohen Maß an persönlicher Authentizität und direkter Kommunikation ge
kennzeichnet ist.
Aufgrund der massiven Rückzugstendenzen, dem hohen Grad an subjekti
ver Verunsicherung und zum Teil ausgeprägter Antriebsschwäche von Patien
tinnen und Patienten legen wir mehr Wert auf die Beteiligung und Aktivierung
der Gruppe als es im GSK-Standardverfahren vorgesehen ist. So kann es bei
spielsweise sinnvoll sein, die Eigenwahrnehmung von Teilnehmern in den Rol
lenspielen der Fremdwahrnehmung der Gruppe gegenüber zu stellen und sie
dadurch zu relativieren oder nach dem Rollenspiel Beifall zu klatschen. Einge
schobene kurze Gruppendiskussionen, zum Beispiel um destruktive Kognitio
nen einzelner Patienten zu relativieren, sind hilfreich, um das Aktivitätsniveau
der Gruppe zu erhalten.
Menschen in psychiatrischen Kliniken haben typischerweise ein hohes Maß
an persönlichem Leid erlebt, ein großer Teil hat traumatisierende Erfahrungen
gemacht Um auch atmosphärische Gegengewichte zu schaffen, sorgen wir
durch den Einsatz spielerischer Elemente immer wieder für Humor. Gemein
sam lachen zu können, halten wir für ein wichtiges Element der Hoffnungsver
mittlung.
Probleme beim Rollenspiel. Wie erwähnt, ist die Hürde zur aktiven Beteiligung
an den Rollenspielen bei vielen unserer Patientinnen und Patienten hoch. Wir
legen Wert darauf, diese Ängste in der Gruppe zu thematisieren. Es wird aus
drücklich betont, dass es akzeptabel ist, zunächst auch mit Angst und ihren
körperlichen Begleiterscheinungen, wie Zittern oder Stottern, in die Rollen
spiele zu gehen. Gleichzeitig wird nach Möglichkeiten gesucht, mit der Angst
umzugehen und sie zu verringern. Meist verschwinden die größten Hemmun
gen nach der ersten Rollenspielphase. Bei extremen Ängsten machen wir be
sondere, auf den Einzelnen zugeschnittene Angebote, zum Beispiel beim ersten
Rollenspiel zunächst nur einmal zu spielen.
Störungsspezifische Schwierigkeiten. Bei den verschiedenen Diagnosegrup
pen sind in den Rollenspielen und im Training insgesamt einige Besonderhei
ten zu beachten:
Eine zentrale Schwierigkeit bei Patientinnen und Patienten mit psychoti
schen Erkrankungen liegt in der Gefahr der Überforderung. Leistungsan
sprüche an die eigene Person sind mit dem prämorbiden Niveau vor der
250 1 7 Anwendungsbeispiele
psychotischen Episode oder mit unter Umständen lange zurückliegender Leis
.tungsfähigkeit vor der Erkrankung verbunden. Hier wirken wir korrigierend,
indem wir zum Beispiel:
Aufmerksamkeitsschwierigkeiten offen ansprechen,
die Länge der Rollenspiele und die Differen:ziertheit der Feedbackphase der
geringeren Belastbarkeit entsprechend steuern,
während des zweiten Rollenspiels mit Prompts häufiger aktive Hilfestellung
geben.
252 !7
1
Anwendungsbeispiele
Laufe des Trainings zunehmend an schwieriger eingeschätzte Rollenspielsitu
ationen heran oder bringen eigene Situationen ein, die sie gerne im Rollenspiel
spielen möchten.
Bei den meisten Patientinnen und Patienten, die am Training teilnehmen,
beobachten wir im Sozialverhalten in den Rollenspielen ganz konkrete Fort
schritte.
�-
254 1 7 Anwendungsbeispiele
nannten Voraussetzungen ausreichender Konzentrations-, Steuerungs- und
Gruppenfähigkeit zu trainieren. Außerordentlich wichtig ist die enge Zu
sammenarbeit mit den Stationsteams, um Ziele und Schwerpunkte des Trai
nings in das gesamte Behandlungskonzept zu integrieren und die einzelnen
therapeutischen Maßnahmen aufeinander abzustimmen.
In therapeutischen Einzelkontakten auf den Stationen werden individuell
besonders zentrale Punkte des Trainings weiter vertieft, besondere Schwierig
keiten vorbesprochen oder Lösungsansätze ausgebaut. In kreativen und erfah
rungsorientierten Therapieangeboten wie Musik- oder Bewegungstherapie
können Themen der Selbstsicherheit und des Selbstvertrauens in eigene Fähig
keiten weiter vertieft werden. Die meisten Patientinnen und Patienten mit Per
sönlichkeitsstörungen nehmen parallel zum GSK an Dialektisch-Behavioralen
Therapieeinheiten nach Marsha Linehan teil. B eide Ansätze sind unserer Er
fahrung nach gut kompatibel, denn beide folgen einer verhaltenstherapeutisch
übenden und ressourcenstärkenden Interventionsstrategie. Patientinnen und
Patienten mit psychotischen Erkrankungen erfahren Unterstützung im Um
gang mit ihrer Erkrankung durch psychoedukative Rückfallprophylaxegrup
pen - das vertiefte Verständnis und das Akzeptieren der eigenen Erkrankung
kann die Ausbildung und Erweiterung sozialer Kompetenzen fördern.
Eine wesentliche Komponente psychiatrischen Arbeitens ist die Einbezie
hung von Angehörigen. Im Rahmen von Visiten können konkrete konflikthafte
Situationen und deren Veränderung aus dem Themenblock„Beziehungen" un
ter Einbeziehung des familiären Umfeldes weiter bearbeitet werden. Durch die
Teilnahme an Fahrten zu gemeindepsychiatrischen Kontaktstellen und Tages
zentren können Patienten ihre Fähigkeiten aus dem Themenblock „Um Sym
pathie werben/Kontakt aufnehmen" anwenden und vertiefen.
Zusammenfassung. Wir haben das GSK in einer psychiatrischen Klinik zur Be
handlung von Menschen mit schizophrenen und affektiven Psychosen sowie
schweren Persönlichkeitsstörungen implementiert. Aufgrund seiner Alltags
nähe, der hohen Strukturiertheit, Transparenz und Ressourcenorientierung eig
net sich das GSK auch zur Arbeit mit psychisch schwer erkrankten Menschen.
Um den spezifischen Settingbedingungen und Bedürfnissen dieser Klientel ge
recht werden zu können, haben wir einige strukturelle und inhaltliche Verände
rungen des GSK-Standardverfahrens vorgenommen, wie zum Beispiel Durch
führung in halboffenen Gruppen, zeitliche Verkürzung und Veränderung der
Rollenspielsituationen, abgestimmt auf den Alltag dieser Patientengruppe. Un
serer Erfahrung nach ist das GSK ein geeigneter Therapiebaustein einer psychi
atrischen Behandlung und vermag Patientinnen und Patienten im (Wieder-)
Aufbau sozialer Fähigkeiten zu unterstützen, welche durch die Symptomatik
und subjektive Erfahrung einer schweren psychischen Erkrankung grundlegend
erschüttert wurden.
Grundlagen
Bandura (1969) hat die These aufgestellt, dass Defizite im Sozialverhalten die
Handlungsalternativen einer Person in sozialen Alltagssituationen einschrän
ken und ihre Kontrolle über solche Situationen sowie den Zugang zu Verstär
kerquellen reduzieren. Diese These ist für die Entwicklung von Abhängigkeits
erkrankungen und Rückfallrisiken in empirischen Untersuchungen bestätigt
worden (vgl. Bellack & Hersen, 1979; Monti et al., 1986) . Andere Studien, spe
ziell zum Alkoholismus, haben einen direkten Zusammenhang zwischen
Selbstunsicherheit und exzessivem Alkoholkonsum aufgezeigt (Miller et al.,
1974; Higgins & Marlatt, 1975; Miller & Eisler, 1977; Sturgis et al., 1979; Janker
& Merklinger, 1988) .
Bei Alkoholabhängigen zeigten sich darüber hinaus: (a) starkes Unbehagen
und hohe Anspannung in Situationen, die negative Selbstbehauptung erfor
dern, z.B. eine Bitte abzuschlagen (Hamilton & Maisto, 1979), (b) erhebliche
Verhaltensdefizite in alkoholbezogenen Situationen, z.B. wenn es um das Ab
lehnen eines alkoholischen Getränks geht (u.a. Greenwald et al., 1980), sowie
( c) Zusammenhänge zwischen geringerem Kompetenzvertrauen in alkoholbe
zogenen Situationen und Rückfallwahrscheinlichkeit (Rist & Watzl, 1 983).
Soziale Kompetenztrainings in der Behandlung und Rehabilitation von Ab-
hängigen haben dementsprechend vor allem folgende Ziele:
Erhöhung der Bewältigungskompetenz für hochriskante Situationen mit
interpersonellen Problemen und intrapersonellen Spannungszuständen, die
meist dem Rückfall vorausgehen,
Aufbau sozialer Unterstützung, der ein wichtige Rolle bei der Aufrechterhal
tung der Abstinenz zukommt, und
Förderung der Fähigkeit, in substanzbezogenen Situationen Nein zu sagen.
Setting
Die von uns entwickelte GSK-Variante wird mit substanzabhängigen Patienten
durchgeführt, die an einem stationären suchtspezifischen verhaltenstherapeu
tisch orientierten Motivationsbehandlungsprogramm teilnehmen. Es handelt
sich vor allem um alkoholabhängige Patienten, aber auch um Personen, die me
dikamentenabhängig sind, illegale Suchtmittel konsumieren oder mehrfachab
hängig sind. Oft liegt Komorbidität vor, insbesondere mit affektiven Störungen,
Angst- und Persönlichkeitsstörungen.
Insgesamt werden im Motivationsbereich der Station etwa zwölf Patientin
nen und Patienten behandelt. Die Aufenthaltsdauer beträgt im Regelfall drei
256 1 7 Anwendungsbeispiele
Wochen. Für neue Patienten ist jederzeit ein Einstieg in das Behandlungspro
gramm möglich, so dass es auf der Station zu einer entsprechenden Patienten
fluktuation kommt. Der Behandlungsschwerpunkt liegt auf themenzentrierter
Gruppenarbeit.
Die Patienten nehmen freiwillig am Motivationsbehandlungsprogramm teil
und müssen bereit sein, sich mit ihrem Suchtverhalten auseinander zu setzen.
Die Therapie geht über die körperliche Entgiftungsbehandlung hinaus und
wird erst eingeleitet, wenn die Patienten durch den körperlichen Entzug nicht
mehr beeinträchtigt sind.
Die Klientel ist in vieler Hinsicht recht heterogen: Das betrifft z.B. die Be
handlungsziele: Einige Patienten verfolgen das Ziel, abstinent zu leben, andere
wollen sich erstmals mit ihrer Suchtproblematik auseinander setzen und klä
ren, ob sie ihren Suchtmittelkonsum verändern möchten. Die Krankheitsdauer
ist sehr unterschiedlich. Es gibt sowohl Patienten, die zum ersten Mal eine
suchtspezifische Behandlung in Anspruch nehmen, als auch solche, die eine Viel
zahl von Vorbehandlungen hinter sich haben. Dementsprechend kommt es auch
zu Unterschieden, was den Grad der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen
angeht: Bei manchen Patienten sind durch den langjährigen Substanzgebrauch
kognitive Defizite entstanden, die sich in verminderter Konzentrationsfähigkeit,
verminderten Gedächtnisleistungen und beeinträchtigten intellektuellen Fähig
keiten bemerkbar machen.
Indikation
Das GSK ist auf unserer Station ein fester Therapiebestandteil, an dem normaler
weise alle Patientinnen und Patienten teilnehmen, weil sie mindestens ein, meis
tens jedoch mehrere der auf S. 234ff genannten Indikationskriterien erfüllen.
Durchführung
Die Beschreibung von Setting und Klientel macht deutlich, dass die Zu
sammensetzung unserer GSK-Gruppen sehr stark variieren kann. Deshalb
müssen die Therapeuten sehr flexibel sein, um den Bedürfnissen und Kapa
zitäten der Patienten gerecht zu werden. Die Kunst der Behandlung liegt also
darin, durch unterschiedliche Vorgehensweisen Gleiches zu vermitteln. Hier
besteht ein großer Vorteil das GSK darin, dass es auf der Grundlage seiner kla
ren Strukturierung genügend Freiraum für Anpasstmgen und kreative Weiter
entwicklungen lässt.
6 Die übung wird manchmal auch in einer Gruppe zur Rückfallprophylaxe durchgeführt
258 1 7 Anwendungsbeispiele
lisationen zu zeigen und sie auf einen effektiven Umgang mit sozialen Verfüh
rungssituationen vorzubereiten.
Jeweils zwei Teilnehmer bekommen vom Trainer eine Karte überreicht, auf
der der Name eines alkoholischen Getränkes wie z.B. „Sekt" steht. Ein Teil
nehmer hat die Aufgabe, so zu tun, als wenn er das Getränk sei. Er soll ver
suchen, den anderen Teilnehmer zum Konsum zu überreden (z.B. „Trink
mich doch einmal ist keinmal ein herrliches Gläschen Sekt das perlt
„. „. „.
so schön auf der Zunge und Du kommst gut in Stimmung ") . Die Aufgabe
. „
Die Übung löst bei vielen Teilnehmern Suchtdruck aus, und es fällt ihnen in
diesem Zustand zum Teil auch wirklich sehr schwer, gute Gegenargumente zu
finden. Die Patienten können dabei erleben, welches „Argument" des Getränks
den Suchtdruck besonders verstärkt, aber auch welche Selbstverbalisationen
besonders hilfreich sind.
Rollenspiele und Feedback. Die Rollenspiele werden nicht mit Videofeedback
begleitet, weil wir zurzeit keine Videoanlagen zur Verfügung haben. Deshalb
beschränken wir uns auf Rückmeldungen von Akteuren, Gruppenteilnehmern
und Therapeuten. Ansonsten entspricht das Vorgehen der im Manual beschrie
benen Form.
Warming-up-Übungen sind in unseren Gruppen nicht notwendig, weil sich
die Patienten bereits kennen. Auch das Entspannungstraining kann entfallen,
weil es fester Bestandteil unserer sonstigen stationären Behandlung ist.
Auswirkungen
Unserem Eindruck nach profitieren die Patienten vom Training in unterschied
lichem Ausmaß, wobei der Lernzuwachs bei stark beeinträchtigten Personen
geringer zu sein scheint als bei den weniger beeinträchtigten. Quantitative Da
ten liegen uns dazu bisher aber noch nicht vor.
Positive Auswirkungen des Trainings werden oft außerhalb des GSK in den
anderen Behandlungsangeboten der Station deutlich. Dabei versuchen wir, den
Transfer des gelernten Verhaltens auf unser gesamtes Gruppenangebot gezielt
zu fördern. So achten wir auch in den Gruppen mit anderem Themenschwer
punkt darauf, bei Gruppendiskussionen, Rückmeldungen an andere Personen
und bei Konflikten immer wieder Bezug auf das GSK und die entsprechenden
Verhaltensweisen zu nehmen. Beispielsweise machen wir dann in den Gruppen
oft einen „Schnitt", der auch so benannt wird, und fordern die Beteiligten auf,
sich auf eine Meta-Ebene zu begeben und Revue passieren zu lassen, inwieweit
sie z.B. „Ich-bezogene Botschaften" gesendet haben. Dieses Vorgehen zeigt den
Beteiligten, wie relevant die im GSK erlernten Inhalte sind. Außerdem sollen
die Patienten dadurch lernen, innerlich einen „Schritt zurückzutreten", weniger
emotional beteiligt zu sein und besser die Perspektive ihres Gegenübers über
nehmen zu können.
260 1 7 Anwendungsbeispiele
nige zusätzlich an einer DBT-Gruppe teil, in der u.a. die Thematik der interper
sonellen Wirksamkeit und der zwischenmenschlichen Fähigkeiten weiter ver
tieft wird.
Zusammenfassung. Bei nahezu allen Patientinnen und Patienten mit substanz
bezogenen Störungen ist eine therapeutische Förderung ihrer sozialen Kompe
tenzen indiziert. Das GSK hat sich dabei im Rahmen unseres stationären Moti
vationsbehandlungsprogramms bisher gut bewährt. Das Standardverfahren
bietet eine gute und klare Grundstruktur, in deren Rahmen flexible und krea
tive Anpassungen an die sehr unterschiedlichen Merkmale der von uns behan
delten, insbesondere alkoholabhängigen Klientel möglich sind.
Von der Vermittlung sozialer Kompetenzen können nicht nur Personen mit
schwerwiegenden psychischen Problemen profitieren. Viele Menschen befin
den sich heute in Lebenssituationen, in denen sie ein überdurchschnittlich ho
hes Ausmaß an sozialer Kompetenz b enötigen. Im privaten Bereich ist dies der
Fall, wenn die Unterstützung durch das umgebende soziale Netzwerk unzurei
chend ist oder die Betroffenen sich in Lebenslagen befinden, die besonders aus
geprägte Fähigkeiten im sozialen Bereich erfordern (z. B. Arbeitslosigkeit, chro
nische Krankheiten, Situation von Frauen/Mädchen usw:; vgl. Keupp & Röhrle,
1 987; Wenzel, 1 988; Röhrle, 1 994). Im beruflichen Bereich geht es vor allem um
die Erweiterung von überfachlichen Qualifikationen, bei denen soziale Kom
petenzen eine wesentliche Rolle spielen.
Weil es sich hier um Zielgruppen handelt, die sich nicht im herkömmlichen
Sinne als therapiebedürftig ansehen, sind Veränderungen des GSK erforderlich,
die sowohl dessen Inhalte als auch seine Zielsetzung betreffen. Der folgende
überblick macht deutlich, welche Prinzipien bei Abwandlungen des GSK für
nichttherapeutische Zielgruppen beachtet werden sollten. Daran schließen sich
Beispiele für die Arbeit mit spezifischen Zielgruppen an.
Kognitive Ebene. Die Trainingselemente, die im GSK zur Analyse und Verän
derung kognitiver Prozesse eingesetzt werden (Erklärungsmodell, Diskrimina-
262 1 7 Anwendungsbeispiele
tionsübung, Unterscheidung von Situationstypen, Veränderung von Selbstver
balisationen durch „Selbstlohen" und Videofeedback), sollten im Prinzip erhal
ten bleiben, können aber angepasst und ergänzt werden (vgl. Kapitel 7 . 1 ) .
Inhaltliche Anpassung. Da i n Trainings fü r nichttherapeutische Zielgruppen
oft nicht der private Alltag, sondern eng umschriebene Lebensbereiche bear
beitet werden, ist es sinnvoll, die Inhalte der Übungen diesen Lebensbereichen
anzupassen.
Die Situationen in Erklärungsmodell, Diskriminationsübung und in den Situ
ationstypen können durch neue Situationen ersetzt werden, die dem für das Trai
ning relevanten Lebensbereich der Zielgruppe entnommen sind (z. B. Umgang
mit Schülern, Kollegen und Vorgesetzten bei Lehrern; Verhalten in Sitzungen, in
Diskussionen und gegenüber Vorgesetzten bei Gewerkschaftsmitgliedern) .
Konzeptionelle Veränderungen. Spezifische Lebensbereiche bringen häufig
auch Modifikationen in den durch sozial kompetentes Verhalten zu erreichen
den Zielen mit sich. Neben rein inhaltlichen Anpassungen kann es notwendig
werden, auch die Struktur der Situationstypen zu verändern.
Die neuen Situationstypen sollten auf jeden Fall so angeordnet werden, dass die
zum Erreichen der Ziele notwendigen Verhaltensstrategien, wie auch im GSK,
zu Beginn des Trainings relativ einfach strukturiert sind und zunehmend kom
plexer werden.
Darüber hinaus kann mit selbst erlebten Situationen von Teilnehmerinnen
und Teilnehmern gearbeitet werden. Sie werden in vorgegebene Situationsty
pen eingeordnet, womit eine Klärung eigener Ziele verbunden ist. So muss z. B.
Lehrer Z entscheiden, ob er den Konflikt mit Schüler X dem Situationstyp B
zuordnen und daher seine Gefühle, Wünsche usw. äußern will, oder ob er ihn
als Dauerkonflikt betrachtet und daher eine Vereinbarung mit Schüler X aus
handeln will.
Neue Übungen. In Trainingsgruppen beliebte Übungen zur Auflockerung, zum
Feedback, zur Veranschaulichung von Gruppenprozessen usw. sind im Ablauf
des GSK wenig sinnvoll und können seine Wirkung eher vermindern. Ausge
nommen davon ist eine Übung, welche die Wirkung von Selbstverbalisationen
sehr gut erfahrbar macht und in den letzten beiden Dritteln des Trainings ein -
gesetzt werden kann.
l
Engelchen-Teufelchen-Übung
Der übende Teilnehmer A schildert kurz eine Situation, in der er negative
Selbstverbalisationen hat und berichtet in wörtlicher Rede, wie diese Selbst
verbalisationen lauten. Mitspieler B hat in der nun folgenden Übung die
Aufgabe des „Teufelchens", d.h. er äußert laut die negativen Selbstverbalisa
tionen von A. A selbst muss (als „Engelchen ") gegen seine eigenen, von B ge
äußerten, negativen Selbstverbalisationen „anreden", B gibt nach einiger
Zeit nach.
Motorische Ebene. Das prinzipielle Vorgehen des GSK beim Rollenspiel mit Vi
deofeedback sollte auf jeden Fall beibehalten werden, insbesondere die Regeln
bei Durchführung (positiver Ausgang) und Auswertung (Rückmeldung zu
nächst durch die übende Person selbst, Beginn mit gelungenen Verhaltenswei
sen, dann Außern von Veränderungswünschen, zweiter, eventuell dritter
Durchgang). Die Situationstypen sollten wie im GSK in aufsteigender Komple
xität der zu übenden Verhaltensstrategien angeordnet werden.
Veränderungen. Mögliche Veränderungen betreffen neben der Art der zu
übenden Verhaltensstrategien (veränderte Situationstypen erfordern teilweise
veränderte Strategien) das Arrangement im Rollenspiel.
264 7 Anwendungsbeispiele
Abwandlungen des GSK im nicht-therapeutischen Bereich stellen ein
angemessenes Angebot für alle Zielgruppen dar, die bei grundsätzlich
kompetenter Lebensbewältigung Verbesserungen ihrer Fähigkeiten in Be
reichen sozialer Interaktion wünschen.
Kinder
Das Gruppentraining zur Verbesserung der sozialen Kompetenzen für Kinder
im Alter von 9 - 14 Jahren zielt weniger darauf ab, manifeste psychische Stö
rungen zu beheben (zu Aufbau, Vorgehensweise und Überprüfung des Trai
nings vgl. Herlitz & Merz, 1 986), es soll vielmehr durch die Vermittlung sozia
ler Kompetenzen präventiv wirksam werden. Einiges weist darauf hin, dass ein
hinreichendes Ausmaß an Selbstsicherheit „Puffer" -Funktion in schwierigen
Lebenssituationen haben kann:
Selbstsichere Personen lösen komplexe Probleme besser (Dörner et al„ 1983);
Kinder, die extreme Lebensbedingungen relativ gut überstanden, wurden als
kontaktfreudiger,,,sozialer" usw. eingeschätzt (lJlich, 1 988; Petzold et al„ 1993 );
schulische Leistungen und allgemeines Selbstwertgefühl von Kindern weisen
deutliche Zusammenhänge auf (Hofer et al„ 1 986).
Entsprechend dem Grundsatz, dass die Intervention weniger auf die Beseitigung
schwerwiegender Defizite als vielmehr auf die Erweiterung bestehender Mög
lichkeiten gerichtet sein sollte (siehe auch Elliott & Gresham, 1 993; Fox & McE
voy, 1 993; Smith et al., 1 993), wurde das Konzept eine� alltagsnahen Kindertrai
nings entwickelt. Das Training wendet sich an Kinder, die eine entsprechende
Bereitschaft zeigen bzw. an deren Eltern oder an Erzieher, die eine Teilnahme
empfehlen. In einem möglichst vertrauten Arrangement (z. B. in der Schule, Kin
dertagesstätte, Hausaufgabenhilfe) sollten anhand bekannter Situationen die Fä
higkeiten zum Umgang mit Gleichaltrigen und Erwachsenen verbessert werden.
Der zeitliche und personelle Aufwand sollte sich in einem vertretbaren Rahmen
266 1 7 Anwendungsbeispiele
Kritik äußern ohne zu beschimpfen
Obwohl Du Dich im Unterricht häufig gemeldet hast, bist Du nur einmal
drangekommen.
Geh nach der Stunde zum Lehrer und erkläre es ihm. Bleibe höflich, sprich
über Dein Gefühl.
Mögliche Wirkungen des Trainings vvurden an zwei Gruppen (sechs bzw. neun
Kinder) überprüft. Gruppe 1 erhielt den Attribuierungsfragebogen für Erfolg
und Misserfolg in der Schule (ABM von Ingenkamp) und den Angstfragebogen
für Schüler (AFS von Wieczerkowski et al.) zwei Wochen vor, drei Wochen nach
und fünf Monate nach dem Training und vmrde mit einer Kontrollgruppe ver
glichen. Gruppe 2 erhielt aus organisatorischen Gründen nur den AFS im Ei
genkontrollgruppendesign (drei Wochen vor, am Anfang der ersten Trainings
stunde, eine Woche nach Abschluss und zwei Monate nach Trainingsende).
Beide Gruppen weisen im AFS ( die Werte im ABM änderten sich nicht) gleich
gerichtete tendenziell positive, allerdings nichtsignifikante Veränderungen auf.
Das Kindertraining von Lübben und Pfingsten ( 1 999) vvurde ebenfalls in enger
Anlehnung an das GSK entwickelt, wobei als Zielgruppe im Unterschied zu
Herlitz und Merz ausdrücklich sozial unsichere Kinder gewählt vvurden. Dabei
werden alle drei Situationstypen (mit kindgerechten Inhalten) übernommen.
Ebenso wie im Training von Herlitz und Merz wird auf Tokenprogramme ver
zichtet. Zusätzliche Elemente sind eine Einheit zum Umgang mit Ablehnung
und Hindernissen, Übungen zum verbalen und nonverbalen Gesichtsausdruck
und Einheiten, die für freies Erzählen reserviert sind.
7 An der Entwicklung des nachfolgend dargestellten Trainings waren beteiligt: Regina Hahner, Ka
rin Källmann, Brigitte Merz, Werner Olschewski, Gisela Ruschig und Sabine Wurzbacher. Eine
genauere Begründung und Dokumentation des Trainingsverlaufes findet sich bei Hahner ( 1982).
268 1 7 Anwendungsbeispiele
Kognitive Ebene. Die besondere Situation der Zielgruppe erforderte es, deut
lich zwischen den Ereignissen in der Umwelt und den in der Person ablaufen
den Prozessen zu unterscheiden. Damit ·wurde der Einfluss innerer Verarbei
tungsprozesse auf das Verhalten von Personen betont und der Anteil der
eigenen Handlungsmöglichkeiten besonders hervorgehoben (siehe Ablauf) .
Die Inhalte der Situationen für das Rollenspiel und für das Diskriminations
training wurden an die Lebenssituation der Zielgruppe und den Problembe
reich des Trainings angepasst.
Das Entspannungstraining und eine Aufteilung in die drei Situationstypen
des GSK (R, B, S) fielen weg. Stattdessen wurde ein neuer Situationstyp ein
geführt, dessen spezielles Ziel es war, den freiwilligen Verzicht der Eltern be
hinderter Kinder auf Aktivitäten abzubauen, die „normalen" Eltern ohne
weiteres zugestanden werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen
lernen,
die in ihren Befürchtungen enthaltenen negativen Selbstverbalisationen zu
entlaäften,
in der Folge mehr Situationen aufzusuchen und von daher
ihren Handlungsspielraum zu erweitern.
zweite Sitzung
( 1 ) Besprechung der Hausaufgabe - Rückblick auf die vergangene Woche,
(2) Wahrnehmungsdifferenzierung (Arbeitsblatt analog zum Jakubowski-
Test - bezogen auf Situationen mit behindertem Kind in der Öffentlich
keit),
(3) Modellrollenspiel, anschließend Rollenspiel der Teilnehmer,
(4) Feedback-Runde,
(5) Hausaufgabe: Eine Situation für Rollenspiel überlegen bzw. aus den vor
gegebenen Situationen auswählen.
Dritte Sitzung
( 1) Hausaufgabe - Rückblick,
(2) Rollenspiel,
( 3) Feedback-Runde,
(4) Hausaufgabe: Gedanken und Gefühle in schwieriger Situation auf
schreiben.
Vierte Sitzung
( 1 ) Hausaufgabe Rückblick,
(2) Rollenspiel,
(3) Feedback-Runde,
(4) Hausaufgabe: Auswirkungen von Gedanken aufVerhalten aufschreiben.
Fünfte Sitzung
( 1 ) Hausaufgabe - Rückblick,
(2) Modifikation des Modells: „Wir machen uns schwierige Situationen
selbst": Besprechen des Modells, Sammeln entmutigender Gedanken,
Sammeln ermutigender Gedanken, Modellrollenspiel, anschließend
Rollenspiel der Teilnehmer: „Sich selbst überzeugen",
(3) Feedback-Runde,
i
270 i 7 Anwendungsbeispiele
(4) Hausaufgabe: Eine dem veränderten Modell entsprechende eigene Situ
ation aufschreiben.
Sechste Sitzung
( l) Hausaufgabe Rückblick,
(2) Rollenspiel „Sich selbst überzeugen",
(3) Fragebögen ausfüllen,
(4) Feedback-Runde Abschluss.
Frauen
Dass Frauen sich in ihrem Interaktions- und Kommunikationsverhalten von
Männern unterscheiden, wurde hinlänglich diskutiert (vgl. z. B. Trömel-Plötz,
1 982; Hall, 1984) . Es hat den Anschein, als zögen Frauen in gemischtge
schlechtlichen Gruppen häufig „den Kürzeren": Sie reden weniger, überneh
men seltener die Leitung, bestimmen seltener das Thema usw, (vgl. z. B. Buss,
1986). Auf der subjektiven Seite äußert sich dies in dem Eindruck nicht zu
Worte kommen, übergangen oder unterbrochen zu werden. Sog. „Selbstsicher
heitstrainings" bzw. „Rhetorikseminare" für Frauen gehören inzwischen zum
Angebot vieler Institutionen der Erwachsenenbildung (z.B. Rupp, 1 984; Diehl
Becker, 1 990).
Ein„Redeseminar" für Frauen im Rahmen der gewerkschaftlichen Bildungs
arbeit soll die Möglichkeiten illustrieren, a) angepasst an veränderte Zielset
zungen mit neuen Situationstypen zu arbeiten und b) das GSK als Blockveran
staltung durchzuführen.
Veränderungen im Trainingsaufbau. Der organisatorische Rahmen gewerk
schaftlicher Bildungsarbeit beeinflusste das zeitliche Arrangement des Trai
nings. Es musste an einem Wochenende (verfügbare Zeit: ca. 14 Zeitstunden)
stattfinden. Die Möglichkeiten zum Durchführen von „Hausaufgaben" waren
damit stark eingeschränkt. Davon abgesehen V\rurde die Struktur des GSK
Standardverfahrens beibehalten insbesondere das Erklärungsmodell, die Dis
kriminierungsübung und die Aufteilung in Situationstypen.
1
ll!Mß1 :n::11111
Situation:
Ihr habt Personalrats(PR)-Sitzung. Du hast an einem Seminar zur Vorberei
tung der PR-Wahlen teilgenommen und sollst berichten. Kollege X fällt Dir
ins Wort: „Das kennen wir doch schon alles von der letzten Wahl! "
lnstrukti on:
übergehe zunächst den Einwand und rede einfach weiter (X nicht ausreden
lassen!). Wenn X hartnäckig ist, bestehe freundlich aber entschieden darauf,
dass Du um den Bericht gebeten worden seist und ihn nun auch halten
möchtest. Weise X darauf hin, dass er ja hätte beantragen können, dass der
Punkt von der Tagesordnung genommen wird. Wenn Du Dich über die
Unterbrechung ärgerst, sage auch dies. In der Situation: ( 1 ) Sage laut und
deutlich, was Du willst. (2) Probier es mehrmals, wenn es beim ersten An
lauf nicht klappt. (3) Rede kurz. (4) Schau Dein Gegenüber an. (5) Bleibe
freundlich. ( 6) Vermeide Diskussionen über den Inhalt dessen, was Du
sagst. (7) Keine Vorwürfe. (8) Sage auch, wie Du die Situation empfindest.
In Situationen vom Typ 2 („Diskussion ") ist es das Ziel, bei Meinungsverschie
denheiten den eigenen Standpunkt vertreten und durchhalten zu können, ohne
aggressiv zu werden oder die anderen zu missionieren.
272 1 7 Anwendungsbeispiele
Instruktion:
Bemühe Dich, in aller Ruhe mit dem Kollegen über das Thema zu sprechen.
Sage, welches Deine Argumente sind, und begründe sie. Höre dem Kollegen
zu und frage nach, wenn Dir etwas unklar ist. Lass Dich nicht „überfahren",
bremse den Kollegen zur Not mit Worten wi� : „Hör' noch einen Moment zu,
ich bin noch nicht ganz fertig . . . " In der Situation: ( 1) Sage klar und deut
lich, worum es Dir geht. (2) Sage Deine Argumente und begründe sie kurz.
(3) Hör dem anderen zu und frag nach, wenn Dir etwas unklar ist. (4) Ver
meide Äußerungen wie: „Meinst Du nicht, dass . . . , Man muss aber doch . . „
Das ist doch einfach so, dass . . Wenn Du das nicht siehst..". (5) Sage auch,
„
wie Du Dich fühlst. ( 6) Bremse den anderen, wenn er im Begriff ist, Dich zu
überfahren. (7) Sprich laut und schau den anderen an. Denk daran: Du
kannst niemand überzeugen, wenn er nicht will, aber Du kannst in aller Ruhe
Deine Gründe für Deine Ansichten darlegen!
Situationen vom Typ 3 („Konflikte") beziehen die politische Ebene der Ausein
andersetzung bei Interessengegensätzen am Arbeitsplatz mit ein. Ziel ist es in sol
chen Situationen, eine be\'\7Usste Abgrenzung zwischen den eigenen Interessen als
Arbeitnehmerinnen und denen des Arbeitgebers vorzunehmen, sich beim Ver
handeln bewusst auf die eigenen Interessen zu konzentrieren und den Versuch zu
machen, den eigenen Handlungsspielraum so weit wie möglich zu halten. Hier
müssen die Teilnehmerinnen in der Lage sein, zusammen mit anderen Probleme
systematisch zu analysieren, langfristig zu planen und koordiniert zu handeln.
�-
Beispielsituation und erforderliche Verhaltensstrategien für Typ 3
(„Konflikte") im Redetraining für Frauen
Situation:
Die Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr sollen (einmal wöchentlich
in den Abend hinein) verlängert werden. Der Vorgesetzte sagt, damit es kei
nen Ärger gibt, überlässt er die Regelung, wer wann länger arbeitet, den Mit
arbeitern. Er könne sich aber vorstellen, dass es eine gute Lösung wäre, vor
allem „die ohne Familie" zu bitten.
Instruktion:
Klärt zunächst (ohne Chef) welche gemeinsamen �nteressen Ihr als Arbeit
nehmerinnen habt. überlegt, was Ihr konkret wollt. Macht dann ein Ge
spräch mit dem Vorgesetzten aus und verhandelt! In der Situation: ( 1 )
Nimm Dir auf jeden Fall genügend Zeit. (2) Lass Dich auf keine Spontan
entscheidungen ein. (3) Klärt zunächst Eure Interessen untereinander. (4)
Kein „vorbeugender Gehorsam"! (5) Äußere Verständnis für die Gegenseite,
�
i
7.3 Anwendungen im nichtklinischen Bereich J 273
ohne einzuschwenken! Interessengegensätze lassen sich nicht beseitigen.
Man kann nur versuchen, den eigenen Handlungsspielraum so weit wie
möglich auszudehnen und im übrigen damit zu leben!
Ü BE R S I CHT
Ablauf des Redetrainings für Frauen
( 1 ) Kennenlernen
(2) Erklärungsmodell: Was tun Menschen, wenn sie ehvas tun?
(3) Unterscheidungsübung: Selbstbewusst reden
( 4) Rollenspiel: Situationen 1 „Sich Gehör verschaffen"
(5) Rollenspiel: Situationen 2 „Diskussion"
-
27 4 1 7 Anwendungsbeispiele
Der Anteil sozialer, d.h. auf andere Personen bezogener Verhaltensstrategien
ist hoch.
Es geht oft um Hilfe bei der Bewältigung alltäglicher Probleme bzw. Unter
stützung bei der alltäglichen Lebensgestaltung.
Pädagogische Intervention soll an die spezifische Situation der Klientel an
knüpfen und Hilfe zur Selbsthilfe sein, gleichzeitig aber auch wünschens
werte Fähigkeiten, Denkprozesse, Verhaltensweisen hervorrufen und för
dern. (Meinhold, 1 988 a, b; Hurrelmann & Holler, 1988; Hörmann, 1988; vgl.
auch Jürgens, l996a).
Tabelle 15. Abwandlungen im Training für Pädagogen: Das GSK wurde auf kognitiver, emotiona
ler und motorischer Ebene modifiziert, um den speziellen sozialen und beruflichen Anforderungen
gerecht zu werden.
•:Jil'l:.11:t„
276 17 Anwendungsbeispiele
Situation:
Es ist verboten, den Pausenhof während der Schulzeit zu verlassen, Sie
kommen gerade dazu, wie Peter sich aus dem Schultor 'raus zum gegen
überliegenden B äcker schleichen will.
Instruktion:
Sagen Sie Peter deutlich und bestimmt, dass er im Schulhof bleiben muss.
Lassen Sie sich auf keine Diskussionen ein. Appellieren Sie nicht an seine
Einsicht. Bleiben Sie freundlich und höflich.
Situation:
Sie haben mit einem Kollegen fest ausgemacht, dass Sie gemeinsam ein
Arbeitspapier für die Teamsitzung erstellen wollen. Der Kollege vertröstet
Sie jeden Tag aufs Neue, wenn Sie fragen, ob er seinen Teil schon fertig hat
(Ihrer ist schon seit einer Woche fertig, und die Sitzung findet in zwei Ta
gen statt).
Instruktion:
Bestehen Sie darauf, dass der Kollege bis zu einem bestimmten Termin am
heutigen Tag (Uhrzeit!) mit seinem Papier zu Ihnen kommt. Bleiben Sie
höflich und freundlich, lassen Sie sich aber auf keine Kompromisse ein.
Versucht der Kollege auszuweichen, so kündigen Sie ihm die Zusammenar
beit und unterrichten Sie ihn davon, dass Sie auch auf der Teamsitzung
deutlich machen werden, dass es sich nicht mehr um ein gemeinsames Pa
pier handelt.
Situation:
Sie erfahren „um drei Ecken", dass ein Kollege sich angeblich über Ihre Ar
beitsmoral und Ihre Fähigkeiten negativ geäußert hat
Instruktion:
Bitten Sie um ein Gespräch. Schildern Sie kurz den Anlass. Fragen Sie ihn
nach seiner Sicht der Situation und hören Sie ihm zu. Falls das Gerücht zu
trifft, sagen Sie ihm deutlich, dass Sie sein Verhalten ärgert (o. ä.) . Bitten Sie
ihn, in Zukunft Kritik Ihnen selbst mitzuteilen.
278 i 7 Anwendungsbeispiele
men - verglichen mit denen in Situationstyp B - an Komplexität noch weiter
zu (siehe Beispiele).
Eine ausführliche Darstellung dieses Konzepts und eine Anleitung für Trainer
findet sich bei Hinsch & Ueberschär, 1 998.
!
7.3 Anwendungen im nichtl<linischen Bereich · 279
7.3.4 Das G S K i n der berufl ichen Weiterbi ldung
280 7 Anwendungsbeispiele
lingt, die Sympathie des anderen zu gewinnen. B eispiel: Man möchte einen
Kollegen gewinnen, Zuarbeiten zu einem Projekt zu leisten, zu denen er nicht
verpflichtet ist.
Der Ablauf des Trainings (siehe Kasten) zeigt noch einmal die enge Anlehnung
an das GSK
ÜBERSl€HT
Ablauf des Trainings für Ingenieure ( Blockveranstaltung)
1. Tag
( 1 ) Einführung, Zielsetzung, Verlauf
(2) Warming up und Vorstellungsrunde
(3) Erklärungsmodell („Wichtige Einflussfaktoren bei sozialen Interakti
onen") Vorstellung und Anwendung auf eigene Situationen
( 4) Differenzierungsübung: angemessene Handlungsstrategien in Füh
rungssituationen und sozialen Interaktionen
(5) Situationstyp I (Durchsetzen von Entscheidungen und Arbeitsanwei-
sungen) : Einführung und Modellrollenspiel
( 6) Situationstyp I : Rollenspiel mit Videofeedback in Kleingruppen
(7) Kurzübung Gesprächsführung
(8) Situationstyp II („Verhandlungsführung, Konfliktlösung"): Einfüh
rung, Modellrollenspiel
(9) Kurzübung Meinungsäußerung
( 10) Abschluss, Back-Home-übungen
2. Tag
( 1 ) Warming up, Back-Horne-Übungen
(2) Situationstyp II: Rollenspiel mit Videofeedback in Kleingruppen
(3) Kurzübung: Innere Kontrolle komplexer Situationen
(4) Situationstyp III (Bündnispartner finden, moderieren, bewerben) :
Einführung und Modellrollenspiel
(5) Situationstyp III: Rollenspiel mit Videofeedback in Kleingruppen
(6) Abschlussrunde
Leitungskräfte im Pflegedienst
Pflegedienstleitungen stellen die obere Führungsebene im Pflegebereich von
Krankenhäusern dar. Neben anderen Tätigkeiten sind sie für die Personalent
wicklung und -beurteilung des Pflegepersonals auf den Stationen sowie der
Stationsleitungen verantwortlich. Die zu diesem Zweck stattfindenden Gesprä
che werden als besonders schwierig empfunden und sollten daher in einem
Training gezielt geübt werden. Eine Orientierung an Methoden der nondirekti
ven Gesprächsführung erschien als nicht hinreichend, weil Gespräche im Rah-
Auch in diesem Training folgte der äußere Ablauf dem Grundmodell des GSK
(siehe Kasten) .
Ü B E RS I CHT
Gespräche zur Personalentwicklung und -beurteilung:
Ablauf des Trainings
( 1 ) Einleitung, Überblick
(2) Einstieg in die Thematik
(3) Grundlagen: Erklärungsmodell
(4) Diskrimination: Was ist angemessenes Gesprächsverhalten?
(5) Situationen 1 („Zuhören"): Einführung und Modellrollenspiel
282 1 7 Anwendungsbeispiele
( 6) Situationen I: Übung
(7) Situationen I I („Meinungen austauschen, Stellung beziehen") : Einfüh
rung und Modellrollenspiel
(8) Situationen II: Übung
(9) Situationen III („Entscheiden"): Einführung und Modellrollenspiel
(10) Situationen III: übung
( 1 1) Abschluss
Trotz intensiver Diskussionen mit den Auftraggebern konnte..an diesen eher als
ungünstig zu betrachtenden Rahmenbedingungen nichts verändert werden.
Veränderungen. Zur Anpassung an die Zielgruppe und vorgegebenen Rah
menbedingungen wurden folgende Veränderungen des GSK-Standardverfah
rens vorgenommen:
Wie beim Lehrertraining von Hinsch & Ueberschär (1998) wurde auch hier
nicht von drei Situationstypen sondern von vier Verhaltensklassen ausge
gangen (Recht durchsetzen, Beziehungsverhalten, Regeln aushandeln und
um Sympathie werben).
Das Entspannungstraining wurde nicht durchgeführt. Zum einen war der
zeitliche Rahmen sehr eng, zum anderen wurde davon ausgegangen, dass bei
dieser Klientel die Angstsymptomatik nur schwach ausgeprägt ist.
Entsprechend der konkreten Arbeitsbedingungen wurden Rollenspielsitua
tionen und das Arbeitsblatt Gefühle benennen" neu formuliert.
„
1111.::t:U.Ultililll
„Recht durchsetzen"
Situation:
Sie kommen zum Spätdienst. Sie bemerken sofort, dass wie am Vortag das
Material (Spritzen, Kanülen etc.) nicht aufgefüllt wurde. Die Mannschaft
vom Vortag sitzt munter zusammen, und bis zum Feierabend sind noch ei
nige Minuten Zeit. Sie fordern Ihre Kolleginnen auf, diese Frühdienstauf
gabe noch zu erledigen.
1
284 17 Anwendungsbeispiele
Instruktion:
Äußern Sie sofort Ihre Beobachtung und machen Sie klar, dass Sie heute
nicht noch einmal bereit sind, die Aufgabe der Frühschicht zu übernehmen.
Bleiben Sie dabei ruhig und rechtfertigen Sie Ihre Forderung nicht. Bestehen
Sie bestimmt auf der ordnungsgemäßen Obergabe und nehmen Sie den
Kolleginnen nicht Ihre Aufgaben aus der Hand.
„Beziehungsverhalten"
Situation:
Sie bitten eine Kollegin, mit Ihnen den Dienst zu tauschen, weil Sie einen
wichtigen Termin haben. Sie haben bereits früher mit Ihr den Dienst ge
tauscht, als sie Sie darum bat.
Instruktion:
Äußern Sie Ihre Bitte ohne Entschuldigung und halten Sie dabei Blickkon
takt. Erklären Sie, um welchen Dienst es sich handelt und machen Sie deut
lich, dass Sie zu diesem Termin wirklich auf ihre Kooperation angewiesen
sind. Achtung: Sie haben hier kein Recht, Sie können nur versuchen, zu
überzeugen, indem Sie Ihre Situation und Ihre Gefühle darstellen.
„Regeln aushandeln"
Situation:
Einige Kolleginnen sitzen zusammen und reden über eine Kollegin, die nicht
anwesend ist: „Die schafft doch mit Ihren Nerven den Dienst hier gar nicht
mehr und zur Fortbildung geht die auch nicht. Die sollte doch mal selbst auf
die Idee kommen, die Station zu wechseln". Sie finden es sehr unangenehm,
dass hinter dem Rücken der Kollegin so gesprochen wird. Sie weisen darauf
hin, wie sehr solche Umgangsformen das Betriebsklima belasten.
Instruktion:
Greifen Sie frühzeitig in das Gespräch ein, wenn über nicht anwesende Per
sonen gesprochen wird. Machen Sie deutlich, wie sehr solche Angewohn
heiten dazu beitragen, dass nicht direkt und offen miteinander kommuni
ziert wird. Fragen Sie in die Gruppe nach einer konstruktiven Lösung, falls
es Unzufriedenheit mit der Qualität der Arbeit und dem Engagement gibt.
286 17 Anwendungsbeispiele
die Moderations- und Strukturierungsfertigkeiten der Trainer stellte. Viele Teil
nehmer äußerten, dass durch das Training ihr Verständnis für ihre Kollegen und
speziell auch für Kollegen anderer Abteilungen zugenommen habe.
Wir hoffen, dass wir mit den zahlreichen Anwendungsbeispielen in diesem Kapi
tel zeigen konnten: Das Interventionskonzept des GSK erlaubt sowohl in klini
schen als auch in nicht-klinischen Praxisbereichen vielfältige Abwandlungen für
ganz unterschiedliche Zielgruppen. Wir empfehlen allerdings, bei solchen Ab
wandlungen an bestimmten Grundstrukturen festzuhalten. Dies sind vor allem:
das Erklärungsmodell und ein daran orientierter Trainingsaufbau,
Diskriminationsübungen für unterschiedliche Verhaltensstrategien,
Videorollenspiel in Kleingruppen strikt in der im Trainingsmanual be
schriebenen Form (im anschließenden Videofeedback besonders wichtig:
Bei Berücksichtigung dieser Empfehlungen ergibt sich ein fester Rahmen für
die Intervention, der zugleich aber auch viel Spielraum dafür lässt, dass Traine
rinnen und Trainer ihre eigenen professionellen Erfahrungen mit den b etref
fenden Zielgruppen, ihr Einfühlungsvermögen und ihre Kreativität einbringen
können.
288 1 7 Anwendungsbeispiele
Inhalt der bei l i egenden CD- ROM
Die CD sollte auf einem Windows PC automatisch starten. Wenn nicht, klicken
Sie bitte auf index.html. Eine Übersichtsseite wird sich im Browserfenster öffnen.
Auf der CD befinden sich
Alle Arbeitspapiere und Fragebogen als PDF-Dateien. Sie benötigen dafür
den Acrobat Reader (Sie können ihn gegebenenfalls direkt von der CD instal
lieren) .
Um die Arbeitspapiere an eigene Bedürfnisse anpassen zu können, stehen sie
auch als WinWord-Dateien zur Verfügung.
Drei Beispiele des projektiven Videofilms als AVI-Files in hoher Qualität, so
dass eigene Videobänder davon erstellt werden können.
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Literatur 1 291
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