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Soziologische Jurisprudenz

Festschrift für Gunther Teubner


zum 65. Geburtstag
III

Soziologische Jurisprudenz

Festschrift für
GUNTHER TEUBNER
zum 65. Geburtstag

herausgegeben von

Gralf-Peter Calliess · Andreas Fischer-Lescano ·


Dan Wielsch · Peer Zumbansen

De Gruyter Recht · Berlin


IV

Ü Gedruckt auf säurefreiem Papier,


das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-89949-501-0

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der


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Printed in Germany
Datenkonvertierung/Satz: Dörlemann Satz, Lemförde
Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Gunther Teubner
zum 30. April 2009

Andreas Abegg Fatima Kastner


Christa Allert Rainer Maria Kiesow
Tilman Allert Poul F. Kjaer
Marc Amstutz Peter Korth
Dirk Baecker Martti Koskenniemi
Mario Barcellona Karl-Heinz Ladeur
Dietrich Claus Becker Benjamin Lahusen
Anna Beckers Andreas Maurer
Paul Schiff Berman Rodrigo O. B. Mendes
Michael Blecher Christoph Menke
Armin von Bogdandy Antonio Negri
Lasha Bregvadze Marcelo Neves
Gert Brüggemeier Richard Nobles
Hauke Brunkhorst John Paterson
Sonja Buckel Oren Perez
Gralf-Peter Calliess Riccardo Prandini
Jean Clam Moritz Renner
Hugh Collins Jean-Philippe Robé
Sergio Dellavalle Ralf Rogowski
Alberto Febbrajo Florian Rödl
Andreas Fischer-Lescano Annamaria Rufino
Oliver Gerstenberg Inger-Johanne Sand
Carlos Gómez-Jara Díez David Schiff
Christoph Beat Graber Anton Schütz
Malte-Christian Gruber Achilles Skordas
Cordula Heldt Fabian Steinhauer
Isabell Hensel Alain Supiot
Martin Herberg Thomas Vesting
Christine Hohmann-Dennhardt Dan Wielsch
Christian Joerges Helmut Willke
Vaios Karavas Peer Zumbansen
I
Inhalt

Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII


Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV

I. Paradoxien der Gerechtigkeit

Michael Blecher
Reclaiming the Common or On Beginning and End of the (Legal)
System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Sonja Buckel
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts . . . . . . . . . . . 19

Jean Clam
Emergenz und Emergenzsinn – Ein Denkgang in die Knotung von
Kontingenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Andreas Fischer-Lescano
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule . . . . . . . . . . . . 49

Benjamin Lahusen und Moritz Renner


Gespenster zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

Christoph Menke
Recht und Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Antonio Negri
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze . . . . 97

Oren Perez
Law as a Strange Loop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

Riccardo Prandini
P  « … Re-vealing (vs Un-veiling) Justice.
Riflessioni sull’enigma della giustizia trans-immanente . . . . . . 131

Annamaria Rufino
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age . . . . . 149
VIII Inhalt

Anton Schütz
Sisyphos und das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

Achilles Skordas
Is there Justice in International Law? . . . . . . . . . . . . . . . 179

II. Jurisprudenz und Gesellschaft

Andreas Abegg
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights –
The Contracting State as a Challenge for Private Law . . . . . . . 201

Dietrich Claus Becker


Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk –
Neues zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen . . . . . 215

Gert Brüggemeier
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ – Der I . Zivilsenat des BGH
und die Paradoxien des Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . 231

Hugh Collins
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence . . . . . . 249

Carlos Gómez-Jara Díez


The Emergence of the Corporate Actor as a Requirement for
Corporate Criminal Liability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

Christoph Beat Graber


Wanjina and Wunggurr: The Propertisation of Aboriginal Rock
Art under Australian Law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

Malte-Christian Gruber
Lebenswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299

Cordula Heldt
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungs-
gesetzes – Willensbildung und AGB -Kontrolle in
Vertragsnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Rainer Maria Kiesow


Wo kein Wille, da kein Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
Inhalt IX

Peter Korth
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung und „soziologische
Jurisprudenz“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343

Richard Nobles and David Schiff


Jurisprudence as Self-Description: Natural law and Positivism
within the English Legal System . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359

Alain Supiot
The Territorial Inscription of Laws . . . . . . . . . . . . . . . . 375

Dan Wielsch
Iustitia mediatrix: Zur Methode einer soziologischen Jurisprudenz 395

III. Konstitutionalisierung und Steuerung

Christa Allert und Tilman Allert


Das Arkanum der Institution. Die Musikhochschule als Ort
der Professionalitätsschulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

Mario Barcellona
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato . . . . . . . . 435

Hauke Brunkhorst
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge –
Zum Verhältnis von Evolution und Revolution im Recht . . . . . 447

Gralf-Peter Calliess
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? . . . . . . . . . 465

Alberto Febbrajo
The University Institution as an Autopoietic System . . . . . . . 481

Oliver Gerstenberg
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and
Social Rights: Economic Constitutionalism or Deliberative
Constitutionalism? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493

Isabell Hensel
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität:
Überwältigte Einheit oder organisierte Vielfalt? . . . . . . . . . . 509

Poul F. Kjaer
The Under-Complexity of Democracy . . . . . . . . . . . . . . 531
X Inhalt

Karl-Heinz Ladeur
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht –
„Verfassungsprivatrecht“ als Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . 543

John Paterson
Reflexive Law: Challenges and Choices . . . . . . . . . . . . . . 559

Ralf Rogowski
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict
Resolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573

Fabian Steinhauer
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht . . . . . . . . . . . . . 587

Thomas Vesting
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff
und seine systemtheoretische Rekonstruktion . . . . . . . . . . . 609

Peer Zumbansen
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 627

IV. Transnationalisierung des Rechts

Marc Amstutz und Vaios Karavas


Weltrecht: Ein Derridasches Monster . . . . . . . . . . . . . . . 645

Dirk Baecker
The Power to Rule the World . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673

Paul Schiff Berman


Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World . . . 687

Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle


Die Lex mercatoria der Systemtheorie. Verortung, Rekonstruktion
und Kritik aus öffentlichrechtlicher Perspektive . . . . . . . . . . 695

Lasha Bregvadze
Legal Transfers in the World Society: Local Law and Social Change
from the Autopoietic Perspective . . . . . . . . . . . . . . . . . 717

Martin Herberg
Innenansichten des Weltrechts. Methodologische Überlegungen
zur aktuellen Rechtspluralismusdebatte . . . . . . . . . . . . . . 739
Inhalt XI

Christine Hohmann-Dennhardt
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? Globale Rechtswelten
und der demokratische Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 753

Christian Joerges und Florian Rödl


Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II –
Die kollisionsrechtliche Form einer legitimen Verfassung
der post-nationalen Konstellation . . . . . . . . . . . . . . . . . 765

Fatima Kastner
Versöhnung im Atlas? Globale Normen und Vergangenheits-
bewältigung im Königreich Marokko . . . . . . . . . . . . . . . 779

Martti Koskenniemi
Legal Fragmentation (s) – An Essay on Fluidity and Form . . . . . 795

Andreas Maurer und Anna Beckers


Lex Maritima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 811

Rodrigo Octávio Broglia Mendes


A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? . . 827

Marcelo Neves
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien
der Rechtsformen in der Weltgesellschaft . . . . . . . . . . . . . 841

Jean-Philippe Robé
Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts –
Property Rights and the Globalization of the Power System . . . 857

Inger-Johanne Sand
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and
Change . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 871

Helmut Willke
Das Recht der Weltgesellschaft – Schwarze Ritter, weiße Elefanten
und Gunther Teubner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 887

Autorinnen- und Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . 901


Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner . . . . . . 905
XII Inhalt
Vorwort der Herausgeber

Gunther Teubner ist ein gestandener Festschriftenautor. Seit 1987 hat er


sich an einem guten Dutzend Festschriften beteiligt. Seine Premiere in die-
sem Genre hatte er in „Theorie als Passion“, der Festschrift für Niklas Luh-
mann, mit einem Stück zur „Episodenverknüpfung“. Schon hier bringt er die
Leitperspektive seiner Arbeiten zum Ausdruck: Seine soziologische Juris-
prudenz zielt auf die Frage, ob das Recht die gesellschaftlichen Anforderun-
gen nur ad hoc, von Fall zu Fall berücksichtigt oder ob es in der Lage ist, für
die Funktionsanforderungen der Weltgesellschaft systematisch rechtseigene
Kriterien zu entwickeln.1 Anders als Luhmann zielt Teubner nicht auf eine
soziologische Fremdbeschreibung des Rechts, sondern auf eine soziologisch
informierte Jurisprudenz, auf Recht als Gesellschaftstheoriedesign, wie er in
der Festschrift für Rudolf Wiethölter, die er gemeinsam mit Christian Joerges
herausgegeben hat, formuliert.2 Mit zielsicherem Gespür vermag Teubner
Denkbewegungen im Recht und seinen Nachbarwissenschaften wie etwa der
Soziologie, Anthropologie, Ökonomie und Philosophie zu erkennen und
den Rechtsdiskurs mit seiner gesellschaftlichen Alterität zu konfrontieren.
Nun gibt Gunther Teubner selbst Anlass zur wissenschaftlichen Episo-
denverknüpfung. Die Festschrift „Soziologische Jurisprudenz“ stellt sich
sowohl im Inhalt als auch in der Form in die Tradition seiner Arbeiten. Die
vorliegenden Beiträge lassen sich auf seine Leitperspektive ein, indem sie die
Grenzbeziehungen von Recht und Gesellschaft mit je eigenständigen Ak-
zentuierungen reflektieren. Die Wahl des Formats Festschrift erfolgt in ge-
wissem Maße antizyklisch. Die Festschriftenkritik grassiert so inflationär
wie die Festschriftenproduktion. Dabei fällt auf, dass die Anti-Festschriften-
Liga längst zum Re-entry in die Festschriften-Liga angesetzt und sich als
eingeschlossenes Ausgeschlossenes innerhalb der Welt der Festschriften
etabliert hat. 3 Festschriftenproduktion ist unter Rechtfertigungsdruck gera-
ten. Im Wissenschaftszusammenhang, so meint die Kritik, sei die Fest-
schrift Ausdruck der Ordinarienuniversität, Abladehalde für Texte, die
sonst unvermittelbar sind, ein letzter Abzweig vor dem elektronischen Pa-
pierkorb. Post-68 müsse eine neue Form der „Ehrung“, der bescheidenen

1 Teubner Episodenverknüpfung. Zur Steigerung von Selbstreferenz im Recht, in: Baecker u.a.

(Hrg.), Theorie als Passion. Niklas Luhmann zum 60. Geburtstag, Frankfurt 1987, 423ff. (443).
2 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joer-

ges/Teubner (Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, Baden-Baden 2003, 25 ff. (45).


3 Lepenies Der Killervirus oder Ein Mittel gegen Festschriften, in: Kiesow u. a. (Hrg.),

Summa. Dieter Simon zum 70. Geburtstag, Frankfurt 2005, 361 ff.
XIV Vorwort der Herausgeber

Unbescheidenheit gefunden werden. Auch im Wirtschaftssystem gibt es sel-


ten Euphorie: Es stellt eher die Ausnahme dar, dass die Verlage von einer
Festschriftenidee so begeistert sind wie Herausgeber im Werden.
Doch auch wenn es prohibitive Verkaufs- und Druckkosten für Kosten/
Nutzen-Kalkulierer so unattraktiv wie möglich machen, Festschriften herzu-
stellen, mit ihnen Handel zu treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben,
einzuführen, auszuführen, abzugeben, zu veräußern, sonst in den Verkehr zu
bringen, zu erwerben (vgl. § 3 I BtMG), haben diese Interventionen bislang
jede Steuerungswirkung verfehlt. Die Institution Festschrift wankt nicht und
verbreitet ihre betörende Wirkung bis heute. Warum? Wozu unterbrechen
allein im vorgelegten Band mehr als 60 Autorinnen und Autoren ihr Lebens-
werk, um dem Lebenswerk Gunther Teubners Referenz zu erweisen? Warum
verzocken Jungakademiker mehrfache Monatsgehälter für Druckkostenzu-
schüsse? Im Rahmen einer äquivalenzfunktionalistischen Analyse müsste man
wohl fragen: Welche Probleme der Weltgesellschaft lösen eigentlich Festschrif-
ten? Warum kann sich dieses unwahrscheinliche Publikationsgenre bis heute
so großer Beliebtheit, so vieler Schreiberinnen und Herausgeber erfreuen?
Uns scheint: Der Teufel des Festschriftenwesens der Ordinarienuniversität
muss mit dem Beelzebub der Festschrift postmoderner Wissenschaft ausge-
trieben werden. Dann kann es nicht darum gehen, den Ordinarius als Mag-
nifizenzexzellenzspektabilität zu ehren, sondern nur um die bescheidene
Geste, mit der lose Netzwerke der Wissenschaft Zeugnis ihrer epistemischen
Wahlverwandtschaft ablegen, in einen interdependenten Denkprozess ein-
treten und einen Hypertext der Wissenschaftsfreundschaft generieren. Die
postmoderne Festschrift verabschiedet den Ordinarius. Sie dechiffriert ihn
gerade als große Illusion, Konstruktion, als durch Lichtbild und Signatur
aufgestellten Pappkameraden. Die polykontexturale Gesellschaft, so kann
man in Anspielung an eine Formulierung Gunther Teubners sagen, erlaubt es
nicht, eine Festschrift vom Menschen her zu denken. Gunther Teubner ist
ein Personenkonstrukt, eine Collage von Diskursen. Er ist homo iuridicus,
homo oeconomicus, homo politicus, homo oecologicus, homo sociologi-
cus, homo religosus, homo psychologicus etc. Die Autorinnen und Autoren
des vorliegenden Bandes konstruieren und ehren alle ihren eigenen Gunther
Teubner. Aber wer kennt schon Gunther Teubner?4

Bremen, Köln & Toronto zum 30. April 2009

Gralf-Peter Calliess, Andreas Fischer-Lescano,


Dan Wielsch & Peer Zumbansen

4 Vgl. Luhmann, Wer kennt Wil Martens? Eine Anmerkung zum Problem der Emer-

genz sozialer Systeme, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 44
(1992), 139 ff.
Danksagung

Wir danken allen Beteiligten für Ihre Mitarbeit an diesem Festschriften-


projekt: den Autorinnen und Autoren, unseren Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeitern und dem Verlag, hier insbesondere Frau Christina Brückner und
Herrn Michael Schremmer. Besonderen Dank verdienen Clarissa Weilbä-
cher für ihre Unterstützung in der Startphase des Projekts und Petra Schrei-
ber, die die Koordination des Festschriftennetzwerkes übernommen und in
allen Fragen stets souverän den Überblick behalten hat.
XVI Vorwort der Herausgeber
I. Paradoxien der Gerechtigkeit
2
Reclaiming the Common
or
On Beginning and End of the (Legal) System

Michael Blecher

The value of a thought is measured by its distance


from the continuity of the known.

Theodor W. Adorno Minima Moralia

To start with, I share Rudolf Wiethölter’s remarks regarding the ‘Fest-


schrift’ tradition 1: ‘Mission (im)possible’, or ‘you cannot but do it’: ‘you
cannot’, if you wish to save the celebrated person and yourself from ‘history
and system’ of the tumbling “pillars of wisdom” 2 ; ‘but do it!’, if you wish to
express the difference the person in question has made (to you).
I also share the insight, from Niccolò Machiavelli to Rudolf Wiethölter and
others, that theories possess a performative capacity: 3 struggling for the
construction of appropriate social theories means struggling for an appro-
priate social practise; building appropriate political, economic or legal the-
ories means struggling for an appropriate political, economic or legal prac-
tise. This struggle is “poietic non-systemic” 4, means it does not respond to
functional differentiation albeit its results ‘must contingently fit’: the struc-
tures put in place must be expected to cope with the problem in question
during their projected life-cycle.
Last not least, I share Antonio Negri’s view 5 that it is quite likely that the
transition to a world beyond or after modernity has come to an end. Neither

1 As expressed by R. Wiethölter Utinam, in: R. Kiesow, R. Ogorek, S. Simitis, Festschrift

für Dieter Simon (Frankfurt, Klostermann, 2005), p. 641 et seq.


2 See the amusing and frightening description of the (German) academic system and its

traditions in Alexander McCall Smith The 2 1/2 Pillars of Wisdom – The Von Igelfeld Trilogy
(London, Abacus, 2004).
3 See on Macchiavelli’s importance for this ‘New Age’ beyond modernity, F.d. Lucchese

Tumulti e Indignatio, Conflitto, Diritto e Moltitudine in Macchiavelli e Spinoza (Milan,


Edizioni Ghibli, 2004), p. 141.
4 See R. Wiethölter Justifications of a Law of Society, in: O. Perez/G. Teubner (eds.) On

Paradoxes and Inconsistencies in Law (Oxford, Hart, 2006), p. 65 et seq.


5 See A. Negri Philosophy of Law against Sovereignty: New Excesses, Old Fragmen-

tations, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (ed.), Governance,
4 Michael Blecher

post-modernism or hyper-modernism nor (inter-subjective) neo-Kantian


concepts are able to grasp the contemporary which is: a radically fragmented
societal order in continuous search of its new ‘common’ beyond the clas-
sical distinctions of private and public spheres; governmentality as its psy-
cho-social management form; and the (new) forms of excess/ resistance
against it.
Gunther Teubner basically shares these views, too. In fact, the most pro-
ductive challenge to classical emancipatory concepts of law and social justice
today comes from advanced systems theory which he represents. In this re-
spect I would like to refer to three of G. Teubner’s recent articles which, in
my view, express the core of his theoretical and practical approach. This
‘trinity’ confronts the perverse social and individual effects of what he calls
“the anonymous communicative matrix” created by functional social sys-
tems and their combination in autonomous (‘private’) regulatory regimes; 6
he suggests that these effects can be coped with by “societal constitutional-
ism”; 7 and he eventually discovers the ‘access to change’ in (functionally dif-
ferentiated) systems’ inherent (self-)subversive trend to challenge their own
limited constructions and procedures in order to better adapt to the require-
ments of other social and individual autonomies and gain positive reper-
cussions for their own self-reproduction. 8
G. Teubner re-formulates Niklas Luhmann’s theory of functionally differ-
entiated systems as a concept of network constellations among autonomous
global economic, political, legal, scientific, religious, etc. regimes the con-
flicting rationalities of which cannot be regulated neither by politics nor by
law under aspects of an integrative ‘unity’. Law appears to be just one de-
vice for collision management among others, i.e. besides collision mechan-
isms provided by economy, politics, science, religion, etc. themselves. Law
is at best seen as “gentle civilizer of social systems” in charge of limiting
as much as possible the self-destructive tendencies of the various social
rationalities through legal formalizations. “In particular, fundamental rights
are not just judicially protected rights of individuals against state power as

Civil Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue,
Volume 1, Number 3, 2008, p. 8 et seq.; to be visited online under <www.ejls.eu>.
6 See The Anonymous Matrix. Human Rights Violations by ‘Private’ Trans-national

Actors, in: Modern Law Review 69 (2006), p. 327 et seq.


7 Cf. Societal Constitutionalism: Alternatives to State-centred Constitutional Theory?

(Storrs Lectures 2003/04, Yale Law School), in: C. Joerges, I.-J. Sand and G. Teubner
(eds.), Constitutionalism and Transnational Governance (London, Hart, 2004), pp. 3 to
28. Also see A. Fischer-Lescano, G. Teubner Regime Collisions: The Vain Search for Legal
Unity in the Fragmentation of Global Law, Michigan Journal of International Law 25, 2004,
p. 999 et seq.
8 See G. Teubner Self-subversive Justice: Contingency or Transcendence Formula of

Law?, forthcoming in: Modern Law Review 2008. The text refers to the German version
published in Zeitschrift für Rechtssoziologie, Volume 29–1 (2008), p. 9 et seq.
Reclaiming the Common 5

lawyers usually see them, but are much broader social counter-institutions
that, after long-term conflicts, emerge inside expansive social sub-systems
and serve to restrict this expansion from within.” 9 As regards safeguarding
individuals, “the justice of human rights can (…) at best be formulated
negatively. It is aimed at removing unjust situations, not creating just ones.
It is only the counter-principle to communicative violations of body and
soul, a protest against inhumanities of communication, without it ever
being possible to say positively what the conditions of “humanly just” com-
munication might be.” 10
So, on the one hand, humans and their social movements, which try to
‘canalize’ suffering and pain into the systems of communication through the
expression of indignation, unrest and protest, are recognized here as inde-
pendent social key communicators/ actors as against the destructive exter-
nalizations of the “anonymous communicative matrix.” On the other hand,
however, this recognition of a basic ‘freedom’ recalls the Marxian concept of
“original appropriation”: While on the one hand workers had lost their feu-
dal bounds, they also had lost their ‘means of production’ on the other.
Likewise, today’s systems theory attributes to humans (or ‘incorporated
minds’) ‘as such’ an existence beyond social constraints. However, those
humans also seem to be basically ‘freed’ from the bourgeois subjects’ claim
and promise to create and constantly improve their own social becoming.
Anonymous institutions have developed their own communicative dy-
namics and reproductive life cycles and include humans as ‘persons’ or
‘semantic artefacts’ “sucking mental and physical energies from them for
their own self-preservation.” 11 So, obviously, these regimes or institutions
are conditioned by human capacities but they are also able to (trans-)form
them to their needs and do this to the glory or detriment of the humans in-
volved.
For the time being, I set aside if it is acceptable or not to conceive humans
as being ‘outside society’. I will return to this point below. G. Teubner is in
any case right when he detects “secret contacts between officially hostile
theories” 12 that regard the asymmetric alienating matrix relation, i.e. con-
tacts between systems theory and Michel Foucault’s analyses of disciplinary
bio-power and the new forms of ‘governmentality’, Judith Butler’s research
in the social conditioning of the subject including gender differences, Gior-
gio Agamben’s critique of social exclusion, Michael Hardt’s and Antonio

9 G. Teubner Justice under Global Capitalism?, in: M. Blecher, G. Bronzini, J. Hendry,

C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements, European
Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008, p. 4; to be visited online
under <www.ejls.eu>.
10 G. Teubner op. cit. in footnote 6, p. 346.
11 Ibid. p. 339.
12 Ibid. p. 333.
6 Michael Blecher

Negri’s conditioning of the ‘Multitude’ through the ‘Empire’, Jean-Francois


Lyotard’s theory of closed discourses, Gilles Deleuze’s and Felix Guattari’s
description of ‘molar’ machine-like structures, Jacques Derrida’s decon-
struction of social justice and Jürgen Habermas’ concept of systems threaten-
ing communicative life-worlds.13 These descriptions can be understood as
advanced research into a psycho-social phenomenon which, in the tradition
of Karl Marx and the Frankfurt School 14, has been called ‘real subjugation’ of
humans to anonymous capitalist structures, with the particular traits of
‘alienation’ (‘Entfremdung’) and ‘objectivation’ (‘Verdinglichung’) 15. But
while this tradition had huge problems to define an ‘authentic’ individual
and social practise beyond its ‘negative dialectics’ 16, those more recent the-
ories basically recognize the possibility for the bios or the potentia/ the po-
tential of human beings to provoke institutional change. There are certainly
great differences among these theories with respect to the realizable dimen-
sion of that potential and the role which law is supposed to play in this pro-
cess. However, we may also find that, by becoming ‘social movements’, in-
teractions among singular human beings (‘multitudes’) can re-establish
themselves as constituting force of social history, against all odds.
The question is, then, if it is still possible today to develop a positive con-
cept of justice and law which is able to provoke also radical institutional
changes beyond the merely reactive aspects of ‘mediation’ between incom-
patible rationalities or the ‘limitation of damage’. I have tried to show that
the realization of such a positive concept of justice is not only possible
but continuously enacted.17 If we take systems theory’s valuable insights

13 See M. Foucault Discipline & Punish: The Birth of the Prison (London, Penguin

Books, 1991); Security, Territory and Population, Lectures at the College de France
1977–78 (New York, Picador, 2007), The Birth of Biopolitics, Lectures at the College de
France 1978–79 (New York, Picador, 2008); J. Butler Giving an Account of Oneself (New
York, Fordham University Press, 2005); G. Agamben Homo Sacer: Sovereign Power and
Bare Life (Stanford University Press, 1998); M. Hardt, A. Negri Multitude (New York, Pen-
guin Press, 2004); J-F. Lyotard The Differend: Phrases in Dispute (Manchester University
Press, 1988); G. Deleuze, F. Guattari Anti-Oedipus, Capitalism and Schizophrenia (Lon-
don 1983); J. Derrida Force of Law: The Mystical Foundation of Authority, Cardozo Law
Review 11 (1990) 919 et seq.; J. Habermas Theory of Communicative Action, 2 volumes
(Boston, Beacon Press, 1985).
14 See M. Horkheimer, T. Adorno Dialectic of Enlightenment (Stanford University Press,

2007).
15 See A. Honneth Verdinglichung (Frankfurt, Suhrkamp, 2005).
16 Albeit the possibility of ‘making a difference’ has always been part of the negation of

existing structures; see D. Innerarity La Società Invisible (Roma, Meltemi Editore, 2007),
p. 194 et seq., and J. Holloway Che fine a fatto la lotta di classe (Roma, Manifestolibri,
2007), p. 11 et seq., both with reference to the ‘against and beyond’ embodied in Adorno’s
‘negative dialectics’.
17 M. Blecher Law in Movement, in: J. Dine, A. Fagan (eds.), Human Rights and Capital-

ism (Cheltenham, Edward Elgar Publishing, 2006); Advanced German version: ‘Recht in
Bewegung’ in ARSP Vol. 92, 2006, p. 449 et seq.
Reclaiming the Common 7

into the ‘logic of three or more values’ (linked to the research of Gotthard
Günther) and into the paradox-driven construction of distinctions or differ-
ences (linked to the research of George Spencer Brown, Paul Watzlawick,
Heinz von Förster, and others) 18 seriously, we come to the recognition of
(paradoxical) ‘symmetry conditions’ for any individual and social construc-
tion which bear, both, logical and normative effects for these constructions.
Consequently, we may find ourselves catapulted into a strange epistemologi-
cal loop from systems theory to the realm of a social (action) theory which
recognizes systemic functional differentiation as one contingent form to
realize ‘the common’ and scrutinizes the different social theories with re-
spect to the role they can play for confined temporary standard setting pro-
cedures and a new form of governmentality or governance.
For a long time, it has been risky to talk or write about the ‘paradox foun-
dation’ of individuals and social spheres. Usually, paradoxes, which are an
intrinsic phenomenon wherever distinctions are made, were kept invisible
and the classical attitude towards them was traditionally: rejection! They
were covered by Wittgenstein’s warning that we should only talk about
things we can talk about. However, in the meantime, the sphere of what is
communicable has continuously expanded, borders have continuously been
redefined: We have recently decided(!) that our solar system has 12 planets
instead of 9 and discuss the productive or destructive forces of black holes …
It is last not least due to G. Teubner’s interpretation of Luhmann’s system
theory that the tabu which surrounded paradoxes has been notably dissi-
pated.19 The insights paradoxes permit make research into them worth try-
ing.
I cannot go into the details of a research here which I started many years
ago 20 and which has been stimulated from the beginning by debating with
G. Teubner on the profound paradoxes of systems theory. However, to
reach the intellectual vibration necessary to consider and comment on the
concept of ‘subversive justice’ which G. Teubner now proposes to be the de-

18 G. Günther Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations, in: G. Günther

(ed.), Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik I (Hamburg, Meiner,


1976), p. 249–283; idem Life as Poly-Contexturality, p. 283–306; G. S. Brown The Laws of
Form (Lübeck, Bohmeier, 1997); P. Watzlawick et al Pragmatics of Human Communi-
cation: A Study of Interactional Patterns, Pathologies, and Paradoxes (New York, Norton
Books, 1967); H. v. Förster Understanding Systems, Conversations on Epistemology and
Ethics (New York, Springer, 2007).
19 See, among other publications, G. Teubner Dealing with Paradoxes of Law: Luhmann,

Derrida, Wiethölter, in: O. Perez, G. Teubner (eds.), On Paradoxes and Inconsistencies in


Law (Oxford, Hart, 2006), p. 49 et seq.
20 See Michael Blecher Zu einer Ethik der Selbstreferenz oder Theorie als Compassion.

Möglichkeiten einer Kritischen Theorie der Selbstreferenz von Gesellschaft und Recht
(Berlin, Duncker & Humblot, 1991).
8 Michael Blecher

veloped law’s transforming force, 21 I will briefly use one of the numerous
pictures which are useful (and treacherous 22) to detect the de-constructing,
plus-value creating and reconstructing effect of paradoxes.
Imagine the paradox function of borderlines: They include what they ex-
clude, because they force the included and the excluded to be connected or,
as systems theorists say, ‘coupled’; hence ‘structural coupling’ programmes,
which establish under which aspect the ‘relation’ between systems and their
environments is to be treated. Just think about the treatment of illegal im-
migrants: Our system ‘abandons’ and ‘marginalizes’ them legally and politi-
cally in order to capture their vital capacities economically as cheap illegal
labour. But the logic of borderlines means much more: Right on the border-
line, both sides of the division also disappear and create a kind of ‘no-man’s
land’ which reserves the possibility of other values to guide the separation
or can lead to a new distinction and even the dissolution of the old border-
line. That is precisely what ‘falling in love’ means, when two or more indi-
viduals ‘forget’ about their divisions and mutually open to the other’s world
before starting a structured ‘relation’ which, in the best case, is always able
to re-construct that original driving energy. Here could also be the access to
the divine before being administered by religious distinctions of immanence
and transcendence – and I will return to this aspect below; or maybe an ac-
cess to fourth, fifth or even more dimensions that science will sooner or
later discover.
Here we are also when, all of a sudden, we get a surprising insight into
distinctions we have not understood for long – those blissful moments
where the subjects of our thoughts receive a crystal-clear re-adjustment –
and we know the difficulty to re-construct such ‘events’ in the form of new
distinctions and structures. This shows that observation alongside distinc-
tions is not the only form of access to world and meaning. The hiatus, gap,
or paradox unity of observing distinctions opens thoughts and communi-
cation towards ‘understanding’ (Begreifen) – the reflected subjects and ‘each
other’ – as part of their operations. The hiatus is not only an inherent part of
juridical observations, descriptions and decisions which are always insuffi-
ciently backed by argumentation 23, but inherent to any operation/ observa-
tion which moves alongside (binary) distinctions. All the distinctions intro-
duced by systems theory to describe systems’ operational closure are
themselves subjected to the hiatus. There is always ‘an area in between’ in-
volved which the system cannot grasp by (binary) (self-)observations. In
other words, the common hiatus provides a paradox coupling or an unde-
21Op. cit. in footnote 8.
22Verba docent, exempla trahunt: that’s old practical wisdom. However, as regards para-
doxes and their effects, there is hardly any other subject as capable of sharply misleading
authors/ readers through seemingly helpful metaphors.
23 G. Teubner op. cit. in footnote 8, p. 24.
Reclaiming the Common 9

termined linkage or synchronization with other autonomous spheres and


the (human) beings ‘surrounding’ them. In this sense, there is not just the
interplay between systemic openness and closure, even if the simultaneous
‘in and out’ of systems and their environments gives way to reconstructions
of this relation inside the systems. The evolution of a set of distinctions pro-
duced by (functional) discourses, institutions or systems may certainly gain
an almost natural DNA -like autonomy and respective complexity through-
out decades and centuries; and, in fact, in spite of its criticism of classical
ontology 24, systems theory has often treated these evolutionary states, in-
cluding its own categories, as if they had an ontological status. Then,
two questions remain: How can the paradox shortcut to an undetermined
‘unity’, which remains the system’s blind spot, be reconstructed without
losing minds and words to a new type of metaphysics, and why should we
subject ourselves to this exercise?
A first hint may come from the fact that we are also ‘negatively’ sitting in
that no-man’s land between borders or on the borderline because distinc-
tions may violently collapse if the invisibilitization of our paradox ‘origins’
leads to disregard of the common interconnectedness between all those sys-
tems and their ‘environments’. The classical example here is the destruction
of natural environment which has repercussions on the individual and social
world we have created. So the understanding of the borderline does not
only lead to an understanding of the ‘logical’ mechanisms of interdependent
distinctions and the chances and threats related to their dissipation, but also
to the ethical-normative understanding that all the development require-
ments for organic, mental and social spheres ‘should’ continuously be pro-
vided in order to prevent those negative effects.
Here is the link to the ‘origin’ of law in its meaning of ‘justice’. If we take
this ‘origin’ seriously, collective organization can only be ‘just’ as far as it
provides the realization of the entire construction potential for all partici-
pants of the social sphere. It is the law’s particular task to allow this uncon-
ditioned justice to emerge as much as possible in the concrete distinctions
and constructions which define the parameters of social order. However, the
complete emergence of this ‘justice’ (all possibilities for all participants) is
out of reach because any concrete social entity can only be realized through
‘asymmetric’ selective creations from that space of unlimited possibilities.
On the other hand, any restriction or exclusion produced by a social entity
can only be ‘just’ as far as it tries to realize the maximum of possibilities avail-
able in this very moment for the maximum of single and collective entities in-
volved. This positive(!) ethical claim of law to realize itself in relation to the
potentia (Spinoza) of ever exceeding possibilities and therefore to provide

24 See N. Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Volume 2 (Frankfurt, Suhrkamp,

1997), p. 895 et seq.


10 Michael Blecher

for ‘world justice’ stands (and continues to stand) at its very ‘origin’: ius sive
potentia. 25
The logical and normative effects of what I call ‘paradox ontology’ are not
confined to the law but extend their validity to all specialized and non-
specialized social spheres and to individuals. As regards the logical side, the
basically unlimited possibilities and the need for selection are translated into
terms of ‘uncertainty’ and ‘contingency’ meaning that structuring and deci-
sion-making can take a different direction while pure path-dependency can
bear unexpected consequences. Uncertainty is therefore being coped with
by risk management. With respect to their specific rationality, economic,
political, scientific, legal, etc. immunizing risk management criteria are de-
veloped creating themselves new problems of compatibilization. This is
what N. Luhmann would call justice in the form of “socially adequate com-
plexity.” 26
However, there is more. Recognition of the transversal normative
requirement to realize the maximum of and potentially all possibilities ex-
pects social and individual spheres to be continuously critical towards their
own distinctions and definitions and to allow for self-transformation and
self-improvement: No concrete decision can ever lose its inadequacy and
injustice with respect to the ever exceeding possibilities. Immunization
through risk management may become ‘the highest risk of all’. It therefore
needs to be accompanied by ‘immunization against immunization’. This
means that all kinds of ‘matrix administration’ of social (legal, economic,
political, scientific, etc.) functions are confronted with the transversal
requirement and responsibility to enlarge and replace them by (legal, econ-
omic, political, scientific, etc.) alternatives. On the one hand, those core
functions produce social (matrix) structures while, on the other hand, their
distinctions are continuously liquefied and treated differently in order to
come to terms with their potentia which, in terms of general societal organ-
ization, takes the form of the undetermined common.
The common marks, then, logically speaking, the transformative hiatus or
transformative event of any existing societal organization. Normatively
speaking, it is the critical and productive plus-value with respect to all the
distinctions deployed for societal organization. It represents the ‘general-
ized other’ to any existing social order and stands for the very requirement
to realize all or at least the maximum of possibilities available in this very his-
torical moment for all or at least the maximum of single and collective entities
involved. The visions, hopes and promises connected to the emancipatory

25 See R. Ciccarelli Potenza e beatitudine – il diritto nel pensiero di Baruch Spinoza

(Roma, Carocci, 2003), p. 19 et seq.


26 N. Luhmann Law as a Social System (Oxford Socio-Legal Studies, 2004); p. 225 of the

German version: Das Recht der Gesellschaft (Frankfurt, Suhrkamp, 1993).


Reclaiming the Common 11

potential of politics, economy, law, science, and their post-modern network


combinations can now be reconstructed as specific realizations of this com-
mon sense or the transversal logical and normative aspect of the common,
that is:
x The political realization of the democratic life in common, or the common
good, which requires the permanent transformation of existing forms of
(‘unequal’) political membership, participation, representation and self-
organization;
x The economic realization of material common wealth, which requires the
permanent correction of the access to ‘scarce’ goods and the re-definition
of accumulation/ appropriation/ property in reference to existing produc-
tive relations;
x The legal realization of justice, which requires the permanent adaptation
of standards, decision-making bodies and procedures to guarantee the de-
velopment of autonomous social and individual spheres and their reci-
procity;
x The scientific realization of truth, which requires the permanent (re-)con-
struction of (applicable) knowledge;
x The realization of human liberty, which requires the permanent self-de-
velopment and -transformation of individual distinctions/ differences in
relation to the ‘common’ and against social alignment.
The continuous pressure for better distinctions and parameters which aim
at the transversal realization and coordination of social development possi-
bilities or the common does not simply derive from the rationality of social
subsystems. From their point of view, the undetermined mass of virtual de-
velopment potentials which have evolved in relation to the actual social dif-
ferentiation rather appear as ‘the irrational’. It is hard to accept that the un-
determined space, the no-man’s land (or also the ‘non-place’, the ‘u-topia’)
should be part of structures, functions and performances and even play a
positive role for their development dynamics. Here we find a decisive dif-
ference to the ‘classical’ systemic approaches, and this is where we meet
G. Teubner’s recent “sociological” interpretation of justice 27. G. Teubner en-
larges Luhmann’s understanding of the (legal) paradox 28 and develops a con-
cept of “ecological justice” which is based on J. Derrida’s deconstruction
philosophy and E. Levinas’ philosophy of Alterity. Justice stands for the
legal system’s specific internal reconstruction of external requirements for
legal norm-setting and decision making in order to gain ever increasing eco-
logical appropriateness for both. However, as justice can neither come from
any outside authority nor from the positivist recursivity of legal operations,

27 Op. cit. in footnote 8.


28 Ibid. p. 25.
12 Michael Blecher

the legal system subverts or transcends its own structures; it opens to the
undetermined space ‘between’ the systems in order to gain alternative crite-
ria the selection of which is, however, again subjected to the constraints of
the legal system: the constraints of producing the norm, making a decision
and of backing the decision by argumentation (justification). In other
words, also those newly selected and, therefore, limited criteria bear the
stain of injustice and are the cause for the same process to be re-launched: in
a continuous oscillation between positive legal decisions and their subver-
sion through ever exceeding justice requirements. 29
The hiatus between norm and decision reveals the access to that undeter-
mined, unlimited space between the (legal) system and its environment.
G. Teubner applies, with Derrida/ Levinas, a non-religious distinction be-
tween immanence and transcendence and interprets the mentioned access as
law’s self-transcending process, a necessary challenge to law’s rationality;
likewise, all functional systems or institutions are supposed to be subjected
to the same challenge, an ‘experience’ which is supposed to allow law and
the other systems to open to the other, to each other, to other parameters
which increase the justice of legal, political, economic, etc operations. The
‘philosophical transcendence’ is considered necessary to come to terms
with the unlimited claims for justice raised by ‘the other(s)’ and to transform
injustice into justice. G. Teubner quotes St. John in this respect: “For jus-
tice’s sake I shall go to the Father and thou shall not see me further on.” For
G. Teubner that means that access to transcendence and the overcoming of
injustice is in the first place provoked by the incarnated suffering from
injustice; justice therefore becomes law’s own permanent transformation
process. Self-transcendence of law and legal reframing, these are the two
‘logics’ of justice in G. Teubner’s view. 30
I would like to discuss two aspects of G. Teubner’s unique elaboration of
the justice phenomenon:

1. The distinction between immanence and transcendence: I think


the introduction of this distinction is not necessary and may even be mis-
leading if we wish to come to a concept of self-transforming law with-
out new ‘mystical’ or ‘spiritual’ ‘civil-religious’ invisibilities. I prefer to con-
sider the justice process described by G. Teubner as a purely immanent phe-
nomenon. The access to the paradox ‘unity’ or to the paradox coupling of
contingent distinctions and, therefore, the access to ‘other worlds’ or to the
world of the other(s), the presence of third (etc.) values, unfolds as relation
between virtual and actualized possibilities of construction and is part of the
world of ‘meaning’ (‘Sinn’). There is no closure of the world and of mean-

29 Ibid. p. 22.
30 Ibid. p. 23 et seq.
Reclaiming the Common 13

ing – in spite of Luhmann’s doctrine. 31 We can dare to position ourselves in


the u-topia of the above-mentioned individual and social development po-
tentials and their positive normative plus-value (the maximum of develop-
ment for the maximum of beings). By doing so, we can come to the necess-
ity of transformation for the distinct worlds without applying the negative
Christian requirement of sacrifice which is included in G. Teubner’s view. 32
In this respect, I would like to recur to an alternative ‘lay’ concept which
tried to overcome the negative connotations linked to the transformation
process of existing structures and made its author one of the true heretics of
religious and political philosophy. I refer to Baruch Spinoza’s concept of
‘god’ (or ‘divine substance’) which refers to the potentia as – for observers:
paradox – ‘unity’ of development possibilities and concrete realizations.
This god and its potentials are purely immanent and active throughout
every form of existence, there is no transcendence involved, there is only its
eternal ‘here and now’ or the simultaneous presence of evolving individual
and social constructions. Spinoza refuses any trinity-myth including any
‘return to the father’ which appears to be the invention of a (corruptly)
structured world bound to save itself (its institutions) through a kind of
exorcism against too radical change; because the via crucis symbolizes that
autonomously thriving on change by realizing Christ’s ethical and juridical
perfection is only possible through ‘sacrifice’. This view rather creates a de-
terrent against the (invisible!) total justice, which potentially means total
change, and constitutes a (religious) system and its (clerical) organization in
order to channel those ‘revolutionary’, ‘chaotic’, ‘terroristic’, etc. forces by
symbolizing and replacing the sacrifice through continuously self-renewing
and reframing (systemic) rites and rituals. 33
Such sad passions and such paternalism were unbearable for Spinoza: 34 For
him, Jesus’ exceptionality was not determined by a presumed incarnation of
the transcendent divine into mortal human form. Jesus “is effectively god’s
son because he succeeds in understanding intellectually, from mind to

31 See N. Luhmann Social Systems (Stanford University Press), p. 106 of the German

version: Soziale Systeme (Frankfurt, Suhrkamp, 1984).


32 His view recalls E. Levinas’ concept of pre-ontological persecution as the origin of

freedom and responsibility; cf. on this J. Butler op. cit. in footnote 13; p. 115 et seq. of the
German version: Kritik der Ethischen Gewalt (Frankfurt, Suhrkamp, 2007).
33 Which may well include the subjection of selected persons or social groups to sacri-

ficial mechanisms. See the ‘classical’ research of R. Girard on Violence and the Sacred
(Baltimore, John Hopkins University Press, 1977) and A. Brighenti Dogville or the Dirty
Birth of Law, in: Thesis Eleven, Number 87, November 2006, p. 96 et seq. (p. 107 et seq.).
Also see J. Butler op. cit. in footnote 13, p. 149 et seq. of the German version, on Foucault’s
view of the ambiguity of ‘confession’ as confirmation of conventions and simultaneous
constitution of the self.
34 Cf. for the following, R. Ciccarelli op. cit. in footnote 25, p. 207 et seq. Translations

were produced by myself, M.B.


14 Michael Blecher

mind, the true nature of the divine substance which means to be able
to count on the same essence. (…) After doing away with the trinity dogma,
Spinoza succeeds in effectively interpreting Christ’s message: all human
beings, like himself, can count on the essence owned by god because every-
thing is in god and god is in everything. This immanence excludes that the
Son is subordinated to the auctoritas of the Father, but also that Jesus would
be composed by human and divine nature. The three persons contained by
the trinity are reduced to one only, Jesus is the only person of flesh and
blood to know god and to behave perfectly in ethical and juridical terms.
(…) He owns an infinite series of appropriate ideas which allow him steadily
to determine his entire conduct in accordance with his law/ right and his po-
tential to exist. Having perfectly understood his existence, managing, due
to his mature knowledge, to transform his passions into active sentiments,
he reaches a state in which everything he recognizes is eternity itself.” In
other words, Jesus is the human being who symbolizes the maximum poss-
ible subjective potentia and corresponding right(!). The path he was leading
“can be entered by all free human beings who can free themselves from the
determination of external causes, and conquer an autonomy of action and
thought and clear and distinct ideas to achieve appropriate action. (…) The
person who Jesus succeeded to be in lifetime was an irreducible individual,
unique, free and potent. His message does not promise eternal life after
death, but guarantees eternity of individuality during lifetime. Eternity is
the very action by which the individual obtains the highest understanding of
himself.” Here we could pass on to F. Nietzsche, take away the divine, de-
clare that ‘god is dead’ and recur exclusively to the immanent human poten-
tia to establish oneself as an ethically and juridically perfect super-wo/
man …
Basically, two concepts for individual and social construction come to the
fore here and enter into a kind of productive friction: The potentials (excess)
of the multitude of singular beings and their normative claim to create an ap-
propriate, radically democratic and ‘just’ common encounter the require-
ments of (networks of) social systems and institutions to renew themselves
ecologically albeit in their own light and limited by their own constraints
(fragmentation). The first concept is linked to the works of Michael Hardt
and Antonio Negri 35, while the second position is linked to the works of
G. Teubner. 36 The latter does not deduce any positive criteria from that tran-
scendental experience which remains exterior, beyond meaning. 37 What is
gained though is the recognition of a transcendent procedural ‘corrective

See op. cit. in footnote 13.


35

See op.cit. in footnote 8, p. 29: “Law’s quest for justice becomes law’s pure addiction,
36

simultaneously destructive and inventive.” The translation is mine, M.B.


37 Ibid. p. 28.
Reclaiming the Common 15

modus’ bound to enhance ‘the alterity’ of societal constitutions. Hardt-


Negri instead believe in the potentia (and the right!) to transform and re-
create the common as a constant constitutive act beyond any transformation
conceded by discourses, institutions or systems. They carry the burden of
proof for their continuous constitutive acts to create a (better) social prac-
tice “beyond fragmentary margines” 38 and to cope with the paradoxes of the
“ontology of the present” 39 the distinctions of which will inevitably repro-
duce contingency or built-in obsolescence. G. Teubner carries the burden of
proof for existing differentiations to be sufficiently capable of subverting
themselves in spite of their constraints in order to create and adapt societal
constitutions and not just end up with new fragmentation – or with the an-
archy of power expressed by N. Luhmann’s cynical remark that self-destruc-
tion of mankind may well be evolution’s final outcome. 40
The friction which arises between the two positions is in the end: politi-
cal; certainly not political in the sense of the organized political system, but
political in the sense of the challenge to constitute new or different par-
ameters for a life in common which re-define the role of special (frag-
mented) discourses and do not stop at systemic constraints of any kind. The
evaluation of such constraints is part of the struggle, nothing can be taken
for granted, also the impossibilities are limited (R. Wiethölter), and here we
encounter the second aspect which G. Teubner’s adoption of Derrida’s con-
cept reveals for his own concept of self-subversive justice:

2. The return of (human) interaction, minds and bodies: It is inter-


esting to note that Derrida’s examples of the ‘forces’ which exceed institu-
tional coverage, i.e. ‘the gift’ for institutional economy, ‘friendship’ for
institutional politics, ‘justice’ for institutional law; ‘forgiveness’ for institu-
tional religion, etc., seem to recur to interactive or relational capacities of
the multitude, and, horribile dictu, even more: The ‘forces’ in question also
seem perfect examples of social reciprocity – back on stage as the big correc-
tion and transformation mechanism for systemic failures! Interactions be-
tween individuals ‘giving account of oneself’ 41 as the system’s Other! 42 Ha-
bermas’ description of life-world as opposed to systems seems to come to

38 A. Negri op. cit. in footnote 5, p. 11.


39 Ibid. p. 5.
40 Cf. now on such evolutionary trends A. Weismann The World without us (London,

Virgin Books, 2008).


41 See J. Butler op. cit. in footnote 13.
42 That these actors also include non-humans or post-humans is strongly sustained by

the research of R. Braidotti Metamorphoses, Towards a Material Theory of Becoming


(Cambridge, Polity Press, 2002). See, on the rights of such non-humans as a matter of legal
personification, G. Teubner Rights of Non-Humans? Electronic Agents and Animals as
New Actors in Politics and Law, in: Journal of Law & Society 33, 2006, p. 497–521.
16 Michael Blecher

the fore. And indeed back on stage together with interactions are all those
theories which refer to interaction of minds and bodies as the decisive realm
of social and institutional change or a more appropriate development of
reciprocity or the common; because the same common is that missing value
not considered by Derrida which exceeds the existing functionally dif-
ferentiated societal organization as a whole or, with G. Teubner’s words,
provides self-subversion of the entire societal organization: the maximum
possible reciprocal development which embraces all the sectoral subversive
specialties. That means that ‘self-transcendence’ of functional systems goes
well beyond what their internal steering-mechanisms would like to con-
cede. When running into their own paradoxes, law, politics, economy, etc.,
are confronted with the general constitutional and corrective requirement of
the common in the first place: Do their constructions provide the maximum
reciprocal development for the maximum of singularities in this very mo-
ment? The general constituent requirement of the common may well take
the form of specific requirements – justice, etc. – with respect to specific so-
cial functions and performances. However, the rejection of the existing func-
tional differentiation as such and the constituent task for justice and the
other specific expressions of the common to consider the deployment of
other standards, procedures and decision-making bodies and to abandon
the old ones is always part of the quest for the common.
There has been a strange underestimation indeed on the behalf of sys-
tem’s theory of the affirmative and relational character of life and interaction
similar to the negative and destructive characterization of life by the liberal-
ist episteme. 43 This may be due to the fact that life as such remains the prin-
cipal source of risk for functional development, above all the risk of not-
wanting-to-be-governed which cannot be governed by a science of govern-
ing. 44 Likewise, self-subversion of the socially constructed ‘person’ does not
just lead to transcendental ‘spiritual salvation’ 45; it opens to the potential of
mind and body for constitutive self-construction that the established struc-
tures must risk to count on. The bleak picture of humans crying in pain and
of their often unlikely access to communication reveals itself as unsustain-
able – and eventually supports the wrong development (and ‘human rights’)
programs built on the moral deflection of ‘our own’ (North-Western) in-
volvement in the same human misery and the detriment of obsolescent
institutions the installation of which we largely support because our in-

43 See on this R. Ciccarelli Reframing Political Freedom – an Analysis of Governmental-

ity, in: M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil
Society and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1,
Number 3, 2008, p. 17 et seq.; to be visited online under <www.ejls.eu>.
44 See U. Bröckling Das unternehmerische Selbst, Soziologie einer Subjektivierungsform

(Frankfurt, Suhrkamp, 2007), p. 287.


45 See G. Teubner op. cit. in footnote 8, p. 27.
Reclaiming the Common 17

stitutions can better bend them to our own needs. 46 However, the ‘connect-
ing moment’ of contemporary consciousness and communication that
G. Teubner describes 47 is always there. The matrix’ veil is always pierced,
everywhere, as a rule and not an exception.
Therefore, all theories which go for poietic-non-systemic reciprocal social
(re-)construction reappear as valid candidates to challenge the systems’
citadel and hack into its access codes. To be true, no transcendental (inter-
subjective) a priori would be accepted here. There is nothing which could
be excluded from conflict and cooperation with respect to the definition of
different common contextual standards, procedures and decision-making
bodies. What ‘requires recognition’ is negotiated, accepted and subjected
to change. No fiction of social contract could deprive the singularities of
their ‘natural right’ to apply and develop their own potential in a continuous
constituent act. There is certainly a comprehension of interdependence
which makes cooperation and mutual recognition look more reasonable.
However, obedience towards the civil rules of the multitude and the forms
of statehood it might develop is only acceptable if it is “the fruit of a per-
sonal decision, taken in full autonomy (…) towards a command of power
the very purpose of which is the promotion of that same autonomy.” 48 As
there is obviously a whole lot of hiatuses and paradoxes involved here, we
can take for granted that conflict, resistance and system changes shall be
part of the picture; but certainly no more Hobbesian transfer of rights: “the
multitude is, both, civil society and political state, its existence marks the
convergence of the directed and the directing, of government and the gov-
erned.” 49 The substantial acceptance of any governmental power can only
derive from the conviction that it guarantees the maximum possible free-
dom of development, not from any formal pactum unionis.
The internalization/ privatization of the subject and the (welfare) state by
civil society has therefore inevitably been accompanied by a transversal re-
politicisation. 50 This transversal political conflict erupts in the autonomous
realms of self-constituted governmentality/ governance in spite of but also
thanks to their attempts to introduce new forms of social exclusion which

46 See J. Dine The Capture of Corruption, Complexity and Corporate Culture, in:

M. Blecher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society
and Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1,
Number 3, 2008; to be visited online under <www.ejls.eu>; N. Karagiannis Avoiding Re-
sponsibility. The Politics and Discourse of European Development Policy (London and
Ann Arbor, Pluto Press, 2004); M. Blecher Probleme der Entwicklungs-Zusammenarbeit
(im Recht) und ihre Reform, in: Kritische Justiz 2007, p. 166 et seq.
47 G. Teubner op. cit. in footnote 6.
48 See R. Ciccarelli op. cit. in footnote 25, p. 215.
49 Ibid. p. 221, footnote 69, quoting A. Negri’s interpretation of Spinoza’s abandonment

of the social contract idea.


50 See G. Teubner op. cit. in footnote 9, p. 3.
18 Michael Blecher

bring about “a kind of pluralist fascism produced by society and not by the
state which, compared to its historical form, is not a political regime but a
social and civil system”. 51 The creative paradox of our contemporary consti-
tutio libertatis to be “populated with actors who have an absolute need to
calculate the future for the very reason that they are not able to do it” 52 can-
not be stopped for long by any artificial standstill. And this is where con-
temporary law comes back in: It must guarantee a conflict or collision ‘cul-
ture’ which allows the creative political conflict to take place and preserve
the openness of this process; ius sive seditio against any uni- or multilateral
‘pacifications’ or ‘synthesis’. This is justice in continuous realization or ‘be-
coming’, justice which is permanently subverting any organized (self-)sub-
versive justice.

51 B. De Sousa Santos Diritto ed Emancipazione Sociale, (Roma, Città Aperta, 2008).


52 R. Ciccarelli op. cit. in footnote 43, p. 23.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts

Sonja Buckel

„Die Platzierung der Menschen in der Umwelt hat nicht das […]
abwertende Moment, das oft unterstellt wird, sondern die Umweltposition
ist vielleicht sogar die angenehmere, wenn man sich unsere normale
kritische Einstellung gegenüber der Gesellschaft vor Augen hält.“ 1

Parallelen, Überlappungen, „heimliche Kontakte“ 2 – die kritische Sys-


temtheorie des Rechts 3 und die neomaterialistische Rechtstheorie verbindet
mehr, als dies üblicherweise vermutet wird. Das ist aufgrund ihrer jeweili-
gen Basis-Theorien wiederum wenig verwunderlich. Nicht nur gerierte sich
Luhmann gerne ironisch als der „eigentliche“ Nachfolger von Marx, sondern
vor allem teilen beide Ansätze den Fokus auf den systemischen Charakter
kapitalistischer Gesellschaften.
Nicht selten werden sie dafür in einem Atemzug kritisiert. So entwickelt
etwa Habermas folgende Genealogie: Marx habe in der Anatomie der bür-
gerlichen Gesellschaft nur noch Strukturen erkannt, „in denen sich der
Prozess der Selbstverwertung des Kapitals über die Köpfe der sich selbst
entfremdeten Individuen hinwegsetzt“, so dass die bürgerliche Gesellschaft
sich in ein anonym herrschendes System verwandle, „das sich gegenüber
den Intentionen der bewusstlos vergesellschafteten Individuen verselbstän-
digt, nur noch seiner eigenen Logik gehorcht und die Gesellschaft im gan-
zen den ökonomisch entschlüsselten Imperativen seiner Selbststabilisierung
unterwirft.“ 4 Die für Habermas maßgebliche Sozialintegration über Werte,
Normen und Verständigungsprozesse, etwa auch über das Recht, werde
durch diese Analyse diskreditiert. 5 Die ins „Affirmative gewendete System-

1 Luhmann Einführung in die Systemtheorie (hg. v. Dirk Baecker). Heidelberg 2002,

256 f.
2 Teubner spricht von den „heimlichen Kontakten zu offiziellen Feindtheorien“, The

Anonymous Matrix: Human Rights Violations by ‘Private’ Transnational Actors, in: The
Modern Law Review, 69 (2006), 3, 327–346 (333), die Übersetzung folgt dem deutschen
Manuskript.
3 So die Kennzeichnung des Werks von Teubner in dem Beitrag von Fischer-Lescano, in

diesem Band.
4 Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des

demokratischen Rechtsstaats. 4. Aufl., Frankfurt am Main 1994, 64.


5 Ebd., 66.
20 Sonja Buckel

theorie“ Luhmanns überbiete schlicht noch den „Realismus des Marxschen


Modells“ durch die Dezentrierung der Gesellschaft in viele auseinander-
strebende Systeme der funktional ausdifferenzierten Gesellschaft, sodass
endgültig alle Spuren des normativen Selbstverständnisses des Rechtssys-
tems ausgelöscht würden. Das Modell einer nichtintentionalen Vergesell-
schaftung, wie es in beiden Ansätzen vorzuherrschen scheint, beraube auch
die Kommunikation des Rechtssystems ihres Sinnes, da die juristische Ar-
gumentation einzig instrumentelles Mittel zu seiner eigenen Schließung sei. 6
Die sich hinter dem Rücken herstellende Vergesellschaftung, das Überge-
wicht der Verhältnisse über die Menschen, wird tatsächlich in beiden Theo-
rien als das spezifisch Gesellschaftliche ausgewiesen. Dass die Gesellschaft
eine von Menschen gemachte sei, dass sie menschlich sei, verfehle den Be-
griff gerade, hatte schon Adorno festgehalten. 7 Und auch Habermas selbst
geht diesen Schritt, indem er zwei Systemen einen großen Stellenwert in sei-
nem Ansatz einräumt: dem ökonomischen und dem politischen. In ihnen
wird kommunikatives Handeln stillgestellt und systemisch integriert. 8 Doch
der totalen Verdinglichungsperspektive entkommt er dadurch, dass er das
kommunikative Handeln in die „Lebenswelt“ hinüberrettet. Anstatt wie
Luhmann das Recht ständig und kaum beirrbar auf seinen eigenen Para-
doxien aufsitzen zu lassen, konzipiert er es als Vermittlungsmechanismus
zwischen Systemen und Lebenswelt: Es bringe die Botschaften aus der All-
tagssprache in eine Form, die für die Spezialcodes der Systeme verständlich
bleibe. 9
Teubner, der frühzeitig auf den Kampf der Giganten („Theorie der Gesell-
schaft oder Sozialtechnologie?“ 10) mit einem Vermittlungsangebot zwischen
Diskurs- und Systemtheorie reagiert hatte,11 zeigt sich darin als Grenzgän-
ger, der er bis heute ist. Das normative Ungleichgewicht der Systemtheorie
versucht er stets erneut durch den re-entry anderer Sozialtheorien, etwa von
Habermas, Derrida, Agamben oder Wiethölter auszuwuchten, um derart die
Bielefelder reine Lehre subtil zu dekonstruieren und die Paradoxien aus ih-
rer Invisibilisierung herauszuholen.
Gemeinsamkeiten zwischen kritischer Systemtheorie und neomaterialis-
tischer Rechtstheorie bestehen also in dem gemeinsamen Erbe der Prämisse

Ebd., 66 ff., Herv. i.O.


6

Adorno Gesellschaft, in: Soziologische Schriften I , GS , Bd. 8, 1.–2. Aufl. Frankfurt am


7

Main 1995/1965, 9–19, 9. Vgl. zu den Parallelen auch Fischer-Lescano in diesem Band.
8 Habermas Theorie des kommunikativen Handelns. Bd. II . Zur Kritik der funktionalis-

tischen Vernunft. Frankfurt am Main 1995/1981, 179.


9 Habermas Fn. (4), 108.
10 Habermas/Luhmann Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie. Frankfurt am

Main 1971.
11 Teubner Reflexives Recht. Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspek-

tive. 1982, in: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 68, 13–59.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 21

einer nichtintentionalen Vergesellschaftung. Dies zeigt sich rechtstheore-


tisch in der Analyse des modernen Rechts als „System“ bzw. als „soziale
Form“ 12. Das selbstreferentielle Netzwerk der Rechtsoperationen wird je-
weils als verselbständigtes, relational autonomes und verdinglichtes gesell-
schaftliches Verhältnis gefasst, welches seiner eigenen Logik folgt, seine
eigene hyperzyklische Kommunikation produziert 13 und sich von Attrap-
pen der Rechtlichkeit durch genau diese eigene Materialität unterscheidet.
Nicht nur die Form des Rechts wird in beiden Ansätzen ähnlich konzi-
piert, sondern auch die diskursive Dynamik seines Inhalts. Die stabile Re-
produktion des Rechtssystems ist darauf angewiesen, dass die Rechtsopera-
tionen ad infinitum aneinander anschließen. Doch, Teubner zufolge, gibt es
etwas im Rechtssystem, das „die ungestörte Selbstreproduktion […], die
routinisierte Rekursivität der Rechtsoperationen, unterbricht, blockiert, sabo-
tiert, unterminiert“ 14: nämlich der Gerechtigkeitsdiskurs als Teil juristischer
Selbstbeobachtung. Gerechtigkeit setze „überall im Rechtssystem eine irri-
tierende soziale Dynamik in Gang, die die Kontingenz des Rechts allen
drastisch vor Augen führt: Gerechtes Recht könnte/müsste anders sein!“ 15
Die Kette der Selbstreproduktion der rechtlichen Operationen (etwa des
Urteils, welches auf den Kommentar verweist, der sich auf das Gesetz be-
zieht) weist grundlegend in jedem einzelnen Übergang einen Bruch auf,
denn „Strukturen können […] nicht die darauffolgenden Operationen er-
zeugen, sondern können nur einen verdichteten Möglichkeitsraum schaf-
fen, in dem dann eine neue Operation ‚geschieht‘.“ 16 Dies ist ein Moment
fundamentaler Ungewissheit und genau hier, um den Hiatus zu übersprin-
gen, beginnt „die juristische Argumentation ihr rastloses Werk.“ 17
Das, was Teubner in systemtheoretische Kategorien fasst und was zu-
gleich „den begrifflichen Rahmen der Systemtheorie sprengt“ 18, lässt sich
hegemonietheoretisch reformulieren: 19 „Gerechtigkeit“ meint die jeweils
hegemoniale Vorstellung dessen, was rechtens ist: die geteilte Vorstellung
von der richtig eingerichteten Welt, die im Rechtssystem als seine es stets
begleitende Selbstbeobachtung von den juridischen Intellektuellen in ihren

12 Vgl. dazu ausführlich Buckel Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion

einer materialistischen Theorie des Rechts. Weilerswist 2007, 226 ff.


13 Teubner Recht als autopoietisches System. Frankfurt am Main 1989, 49.
14 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des

Rechts, 2008, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 29, Nr. 1, 9–36, 22. Herv. i.O.
15 Ebd., 16.
16 Ebd., 24.
17 Ebd.
18 So treffend Brunkhorst, in diesem Band.
19 Vgl. zur Verschränkung der Hegemonietheorie mit der Systemtheorie Buckel/Fischer-

Lescano Hegemonie im globalen Recht – Zur Aktualität der Gramscianischen Rechtstheo-


rie, in: Dies. (Hg.). Hegemonie gepanzert mit Zwang. Zivilgesellschaft und Politik im
Staatsverständnis Antonio Gramscis, Baden-Baden 2007, 85–104.
22 Sonja Buckel

routinierten Praxen auf das Klein-Klein der Alltagsjurisprudenz herunterge-


brochen wird. Teubner betont weit mehr als Luhmann, dass das Aneinander-
anknüpfen der Rechtsoperationen in jedem Moment prekär ist, dass die
Paradoxie des Rechtssystems stets virulent ist. Das bedeutet nichts anderes,
als dass es einer hegemonialen Argumentation gelingen muss, den An-
schluss herzustellen und die Paradoxie dadurch unsichtbar zu machen. 20
Das Rechtssystem/die Rechtsform kann nur hegemonial geschlossen wer-
den oder im Sinne Habermas’: nur durch eine ganz spezifische Form der
verständigungsorientierten „diskursiven Praxis“. 21
Das moderne Recht ist zusammengefasst ein selbstbezügliches Verfahrens-
arrangement, welches eine hegemoniale Ordnung des normativen Er-
wartens hervorbringt – eine hegemoniale Maschine. Doch was geschieht mit
diesen Normen in dem Außen des Rechts? Wie stehen die Effekte des
Rechtssystems in Verbindung mit denjenigen, die vom Rechtssystem nicht
beobachtet werden? Wie werden Körper und Bewusstseine betroffen von
diesen Normen? Das soll im Folgenden das Thema dieses Beitrages sein. Er
fokussiert eine Fragestellung, die zumeist im Schatten beider Ansätze ver-
bleibt, weil sie, die aus dem Inneren der Rechtsform als deren Selbstrefle-
xion sprechen, ihr Nichtidentisches nicht unvermittelt fokussieren. Es ist
gerade Teubner, der in jüngster Zeit dafür eine Aufmerksamkeit unter der
Thematik der „Menschenrechte“ entwickelt hat. Ich werde daher mit seinen
Überlegungen beginnen, indem ich nachzeichne, wie er das Verhältnis von
psychischem und physischem System in ihrem Wechselverhältnis zu den so-
zialen Systemen konzipiert. Dabei werden wir auf ein spezifisches Problem
stoßen, nämlich auf die unüberbrückbare Kluft zwischen den Subjekten und
der Gesellschaft, die bestenfalls eine „Irritation“ zulässt. Diese Vorstellung
ist mit einer materialistischen Perspektive, wonach die „Menschen ihre Ge-
schichte selbst machen“ – wenn auch nicht „aus freien Stücken unter selbst-
gewählten, sondern unter unmittelbar vorhandenen, gegebenen und über-
lieferten Umständen“ 22, nicht zu vereinbaren. (1.) Um eine Verschiebung
dieser Konzeption zu ermöglichen, werde ich zwei sehr unterschiedliche
Theorien um Rat befragen, die jedoch beide von der Zentralität gesellschaft-
licher Praxis ausgehen: Zunächst die Konzeption der an Foucault anschlie-
ßenden queer-feministischen Theoretikerin Judith Butler und ihre Überlegun-
gen zur Materialität der Körper, die in ihrem dekonstruktiven Zugang einige

20 Ebd. mit einer ausführlichen theoretischen Herleitung. Vgl. auch zur historischen Re-

konstruktion: Buckel Von der Selbstorganisation zur Gerechtigkeitsexpertokratie. Zum


Wandel der Prozeduralisierung des Allgemeinen, in: Eberl (Hg.). Demokratischer Geset-
zespositivismus. Zur Rechtsstaats- und Demokratietheorie von Ingeborg Maus, Stuttgart
2009, i.E.
21 Teubner Fn. (14), 19.
22 Marx 1852/2007: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Mit einem Kommen-

tar von Hauke Brunkhorst, Frankfurt am Main 1852/2007, 9.


Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 23

Parallelen zur Systemtheorie aufweisen. (2.) Zum anderen werde ich die
materialistische Psychoanalyse Alfred Lorenzers in den Blick nehmen, die
ein ausgefeiltes Modell des Wechselverhältnisses anzubieten hat, welches so-
wohl der „inneren Natur“ des Subjekts als auch deren Vermitteltheit mit
Gesellschaft gerecht zu werden sucht. (3.) Abschließend sollen die so ge-
wonnenen Ergebnisse zusammengetragen und die Frage der Verdinglichung
gesellschaftlicher Praxis erneut gestellt werden.(4.)

I. Gunther Teubner: verbannte Körper und Seelen


Die Grundannahme, von der ausgehend Teubner das Verhältnis von Sub-
jekt und Gesellschaft konzipiert, ist die skizzierte „Verselbständigung von
Kommunikationsnetzwerken“, denn diese bedeute die „radikale Exklusion
der Menschen aus der Gesellschaft.“ 23 Gesellschaft gerinnt zur „anonymen
Matrix“, die aus vielfältigen fragmentierten, hochspezialisierten Teilsyste-
men besteht, aus multiplen „Grenzzonen der verselbständigten Kommuni-
kationsmatrices zu den Menschen“. 24 Zwischen dem Gesellschaftssystem
und seiner natürlichen und humanen Umwelt klaffe ein unüberwindbarer
Abgrund, weswegen Menschen für immer aus der Gesellschaft verbannt
seien. Bewusstseine und Körper, psychische und biologische Systeme, sind
demnach „pulsierende Einheiten in der Umwelt der Kommunikation“, die
als bloß interne Konstruktionen in den Systemen, als „Personen“, model-
liert werden. Diesen Artefakten der Kommunikation werden im Rechts-
system Handlungen zugerechnet. 25 Weil Menschen der Gesellschaft in un-
überwindbarer Trennung gegenüberstehen, seien beide füreinander nicht
kommunikativ erreichbar. Bewusstsein und Körper seien jeweils eigen-
ständige, sich selbst erhaltende (psychische oder organische) Prozesse, die
Kommunikation zwar hervorgebracht haben, sie aber nicht beherrschen
können. „Kommunikation verselbständigt sich gegenüber den Menschen,
schafft gegenüber dem individuellen Bewusstsein ihre eigene Sinnwelt.“ 26
Die dunkle Kehrseite dieser Un-Menschlichkeit ist existenzbedrohend;
extreme Beispiele seien etwa Sweatshops als Konsequenz anonymer Markt-
kräfte. 27 Dieses „umweltbedrohende Potential“ entstehe, weil Gesellschaft
und Menschen durch ihre wechselseitige Schließung einander unzugänglich
seien. Kommunikative Prozesse könnten zwar nicht in Seele und Leib ein-
dringen, aber sie derart irritieren, dass ihre Selbsterhaltung bedroht ist. 28 Sie

23 Teubner Fn. (2), 333.


24 Ebd., 339.
25 Ebd., 337.
26 Ebd., 334 f.
27 Ebd., 335.
28 Ebd., 336.
24 Sonja Buckel

kontaktierten die psycho-physischen Einheiten über die Maske der „Per-


son“, die den „Grenzposten“ darstelle, über den eine Zurechnung möglich
wird (etwa als Rechtssubjekt).
„In enggeführten Perturbationszyklen irritiert Kommunikation das Be-
wusstein mit seinen selektiven ‚Anfragen‘ […]. In dieser Rekursivität fin-
det die ‚Ausbeutung‘ der Menschen durch die Sozialsysteme (nicht durch
die Menschen!) statt. Das Sozialsystem […] ‚saugt‘ ihnen für die Selbst-
erhaltung seiner Umweltdifferenz psychische und körperliche Energien
ab.“ 29
Vor diesem Hintergrund schlägt Teubner ein Konzept ökologischer Gerech-
tigkeit vor, welches Responsivität der Matrices, das heißt gerechte Grenz-
verhältnisse zwischen Sozialsystemen und ihren Umwelten, institutiona-
lisieren soll. 30 Dabei würden die expansiven Tendenzen so eingeschränkt,
dass die Systeme die „Eigenrechte“ ihrer sozialen und humanen Umwelten
ausreichend respektierten. Dies sei die eigentliche Aufgabe der Menschen-
rechte, die danach nicht länger Abwehrrechte gegen den Staat, sondern ge-
gen die sozialen Systeme sind. Die „latenten Rechte“ würden geltend ge-
macht, wenn „körperliche Schmerzen und psychisches Leiden nicht in ihrer
Sprachlosigkeit ungehört bleiben“, sondern wenn sie die Kommunikatio-
nen, als „Schrei“, irritierten: „Die Gegenwehr der geschundenen Körper
und Seelen kann erst wirksam werden, wenn sie sich in der Kommunikation
selbst äußert.“ Die Umweltproteste transformierten sich systemintern in
kommunikative Konflikte, die wiederum soziale Normen herausbildeten,
die letztlich der Kommunikation gegenüber der Umwelt, etwa als Verbot,
Grenzen setzten. 31 Hierin sieht Teubner die einzige, wenn auch nur „zweit-
beste“ Lösung dieser Grundkonstellation. Denn, wenn die Menschen nicht
Teil der Gesellschaft sind, diese bestenfalls über unzulängliche Sensoren
verfügt, kann sie ihnen auch nicht gerecht werden: „Angesichts unmensch-
licher gesellschaftlicher Praktiken ist die Gerechtigkeit der Menschenrechte
ein brennendes Problem – aber ein Problem ohne jede Aussicht auf Lösung.
Das sollte in aller Härte ausgesprochen werden.“ 32
Teubners Argumentationsstrategie übernimmt Luhmanns radikale Ab-
schottung der Systeme und sucht zugleich in deren Innerem nach einem Ge-
heimgang, der sie doch verbinden könnte. Die „Grenzposten“ der system-
internen Konstrukte sind nicht das Gleiche wie ihr außersystemisches
Anderes, aber in ihrer Spiegelung doch nicht ganz von diesem abgetrennt.
Körper und Psyche sind nicht Teil der Gesellschaft, können von dieser je-

29 Ebd., 339.
30 Ebd., 334.
31 Ebd., 335 f.
32 Ebd., 345.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 25

doch in ihrer Kommunikation simuliert und – darüber, und das ist ein heik-
ler Punkt – kontaktiert, irritiert und verletzt werden.
Metaphorische Begrifflichkeiten wie das „Absaugen der Energie“ oder
der „Grenzposten“ (deren Funktion ja eigentlich in der Sicherung der Gren-
zen besteht) verweisen darauf, dass das schwierige Wechselverhältnis letzt-
lich dunkel bleibt. Es ist zu vermuten, dass dies einer Ontologisierung der
Grenze geschuldet ist, die zwei starre Entitäten produziert, die nur sehr auf-
wändig noch als miteinander vermittelt gedacht werden können: Sozialsys-
teme, die einen subjektähnlichen Status 33 erhalten („aussaugen“) einerseits
und außergesellschaftliche Körper und Psychen andererseits. Die Matrices
funktionieren selbsttätig, die Kapitalverwertungslogik des „ökonomischen
Systems“ etwa scheint sich im Beispiel der Sweatshops von ganz alleine
durchzusetzen, ohne Interessen, ohne Kämpfe, ohne historisch und räum-
lich divergente Strategien. 34 Auf der anderen Seite finden wir die „Men-
schen“, verstanden als organische Leib-Seele-Ensembles. Die immanente
Emanzipationsstrategie ist überzeugend, die Suche nach dem Geheimgang
verheißungsvoll, doch wird er durch die herabfallenden Gesteinsbrocken
der starren Abschottung zugeschüttet, sodass letztlich sich doch wieder die
systemtheoretische Entmutigungsstrategie hinterrücks durchsetzt: Wir hät-
ten uns in dieser Gesellschaft mit „zweitbesten Lösungen“ einzurichten, da
es nach dem Sündenfall der Systememergenz keine bessere geben könne.

II. Judith Butler: „bodies that matter“


Die US -amerikanische Sprachwissenschaftlerin und Philosophin Judith
Butler beschäftigt sich nicht mit dem Körper als solchem, sondern mit dem
vergeschlechtlichten Körper. Ihre Beiträge sind Teil eines feministischen
Diskurses, der von Simone de Beauvoir bis zu Luce Irigaray reicht und die
Frage fokussiert, wie Menschen zu Männern und Frauen gemacht werden. 35
Gegen den malestream hatten die feministischen Autorinnen festgehalten,
dass die Geschlechter mit ihren scheinbar „angeborenen“ Eigenschaften
keine natürlichen Entitäten sind, sondern sozial erworbene. Interessant für
die vorliegende Fragestellung macht Butlers Einsatz ihre These, dass die Un-
terscheidung zwischen einem „natürlichen“, anatomischen Geschlecht (sex)
und einem sozialen Geschlecht (gender), das Ersterem quasi anhängt, selbst
noch einer essentialistischen Vorstellung des Geschlechts aufsitzt. Auch das

33 Ausführlich: Buckel Fn.(12), 39 f.


34 Vgl. dazu Wick/Wötzel Unrechtssystem Sweatshop, in: Kritische Justiz, Sonderband
hg. v. Buckel/Fischer-Lescano/Hanschmann, 3/2008, 338–344.
35 Nebenbei bemerkt ist dies eine frappierende Leerstelle der Systemtheorie, die sich

erst in jüngster Zeit dieser Thematik angenommen hat, allerdings unter der Prämisse eines
Nebenwiderspruchs. Vgl. dazu Buckel Fn. (12), 40–44.
26 Sonja Buckel

„biologische“ Geschlecht sei eine kulturell generierte Geschlechterkate-


gorie, die durch verschiedene wissenschaftliche Diskurse im Dienste gesell-
schaftlicher Interessen produziert werde. Es sei insofern sinnlos, gender als
kulturelle Interpretation von sex zu bestimmen. „Die Geschlechtsidentität
umfasst auch jene diskursiven/kulturellen Mittel, durch die eine ‚geschlecht-
liche Natur‘ oder ein ‚natürliches Geschlecht‘ als ‚vordiskursiv‘, d. h. als der
Kultur vorgelagert oder als politisch neutrale Oberfläche, auf der sich die
Kultur einschreibt, hergestellt und etabliert wird.“ 36 Diese These steht ganz
offensichtlich in der Tradition Foucaults, der darauf insistierte, dass die ge-
sellschaftlichen Institutionen die Subjekte, die sie nur zu regulieren vorge-
ben, erst hervorbringen – Macht ist „produktiv“.
Für diese Position wurde Butler vor allem innerhalb der deutschen
Frauen- und Geschlechterforschung vehement kritisiert. So warf ihr etwa
die Körperhistorikerin Barbara Duden vor, die „Dame ohne Unterleib“ zu
produzieren. 37 Als Antwort darauf hat Butler ihre These näher spezifiziert,
was im Folgenden dargestellt werden soll. Zunächst wendet sie sich gegen
das Missverständnis, ihre antiessentialistische Intervention geschähe von ei-
nem „diskursiven Monismus“ aus, der behauptete, dass alles diskursiv kon-
struiert, alles Sprache sei. 38 Es gehe vielmehr darum, zu zeigen, dass Natur
eine Geschichte hat und das Konzept des „biologischen Geschlechts“ selbst
ein bewegtes Terrain ist, auf dem Auseinandersetzungen darüber stattfin-
den, was in biologischer Hinsicht das entscheidende Kriterium für die Un-
terscheidung zwischen beiden Geschlechtern sein soll. Wenn auf das „bio-
logische Geschlecht“ Bezug genommen wird als etwas, was dem sozialen
Geschlecht vorgängig ist, wird es selbst zu einer Konstruktion, „die in der
Sprache als das offeriert wird, was der Sprache und der Konstruktion vor-
hergeht.“ Dieses Vorgängige wird damit zur Wirkung des Postulats. 39 Es
komme also darauf an, das „biologische Geschlecht“ nicht mehr länger als
ein körperlich Gegebenes auszulegen, sondern „als eine kulturelle Norm,
die die Materialisierung von Körpern regiert.“ 40 Die Fixiertheit des Körpers,
was seine Konturen und Bewegungen ausmacht, sei etwas ganz und gar Ma-

Butler Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1991, 24.


36

Vgl. dazu Hark Dissidente Partizipation. Eine Diskursgeschichte des Feminismus.


37

Frankfurt am Main 2005, 304 ff. (insbes. 310). Interessanterweise wurde der Systemtheorie
von Renate Mayntz exakt der gleiche Vorwurf gemacht, obwohl sich doch die beiden Kon-
zeptionen an zentralen Punkten gerade unterscheiden. Dies zeigt sich in Luhmanns Ant-
wort auf Mayntz: „In Wirklichkeit ist es noch schlimmer, denn die Dame hat auch keinen
Oberleib. […] und der ganze Leib ist überhaupt nicht Teil des sozialen Systems,“ Luhmann
Fn. (1), 255.
38 Butler Körper von Gewicht. Frankfurt am Main 1997, 31. (treffender: „bodies that

matter“ in der Originalausgabe)


39 Ebd., 26.
40 Ebd., 22 f.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 27

terielles, aber diese Materialität wird als die produktivste Wirkung von
Macht überhaupt neu gedacht. 41
„Was ich […] vorschlagen möchte, ist eine Rückkehr zum Begriff der Ma-
terie, jedoch nicht als Ort oder Oberfläche vorgestellt, sondern als ein
Prozeß der Materialisierung, der im Laufe der Zeit stabil wird, so dass sich
die Wirkung von Begrenzung, Festigkeit und Oberfläche herstellt, den wir
Materie nennen.“ 42
Das Materielle ist also immer etwas zu Materie Gewordenes. Im Verlauf
einer unentwegten wiederholenden Praxis wird das biologische Geschlecht
hervorgebracht: „Als die sedimentierte Wirkung einer andauernd wieder-
holenden oder rituellen Praxis erlangt das biologische Geschlecht seinen Ef-
fekt des Naturalisierten;“ 43 Die Wiederholungen sind demnach performativ,
und als solche verschleiern sie durch die Logik der Inszenierung einer an-
geblich vorgängigen Substanz ihre produktive Wirkung. 44
Der Wiederholungsprozess wird reguliert durch die Normen der „hete-
rosexuellen Matrix“. Butler bezieht sich auf Derrida, indem sie davon aus-
geht, dass jede performative Wiederholung eine Norm zitiert, die niemals
in der genau gleichen Weise wiederholt werden kann, sondern nur als Itera-
tion. 45 Jede Wiederholung sei immer schon eine Variation, ohne dass es
je ein „Original“ gegeben hätte. Normen operierten innerhalb von sozialen
Praxen als deren impliziter Standard der Normalisierung. Sie regulierten
demnach die soziale Intelligibilität einer Handlung, das heißt, deren Ver-
stehbarkeit und Kohärenz innerhalb eines hegemonialen Diskurses: „The
norm governs intelligibility, allows for certain kinds of practices and action
to become recognizable as such, imposing a grid of legibility on the social
and defining the parameters of what will and will not appear within the do-
main of the social.“ 46 Sie umfassen sowohl rechtliche Normen, also Norma-
tivität, als auch die disziplinäre Ausrichtung an der Norm, Normalisierung.
Dabei inszeniert die heterosexuelle Matrix eine kohärente Binarität der Ge-
schlechter, auf Kosten derjenigen Geschlechter, die nicht in diese Binarität
passen. Normen sind gesellschaftlich hergestellte und variable Bezugssys-
teme, die in ihrer notwendigen Zeitlichkeit offen sind für Ersetzungen und
Subversion von innen. 47 Sie bilden nicht den Hintergrund sozialer Praxis,
sondern existieren nur, solange sie in sozialen Praktiken ausgeübt werden. 48

41 Ebd., 22.
42 Ebd., 32.
43 Ebd.
44 Butler Fn. (36), 60.
45 Butler Fn. (38), 36.
46 Butler Undoing Gender. New York u. a. 2004, 42.
47 Ebd., 46 f.
48 Ebd., 48.
28 Sonja Buckel

Und gerade weil dieses Ausüben immer eine zitierende Wiederholung ist,
eröffnet sich ein Korridor möglicher Verschiebungen.
Luhmann erhoffte sich durch die Platzierung der Menschen in der Um-
welt der Systeme die Möglichkeit eines radikalen Individualismus, der Kör-
per und Psychen nicht der Gesellschaft aussetzte; 49 denn andernfalls käme
es zu einer „Vermischung völlig heterogener Autopoiesen.“ 50 Teubner hin-
gegen konzentriert sich auf die Risiken dieses Vorganges. Butler wiederum
im Unterschied kennt kein Außerhalb der Normen: Sie qualifizieren, was
im Bereich kultureller Intelligibilität als überhaupt lebensfähig gilt. Die Ma-
trix der Normen produziert zwar zugleich einen Bereich „verworfener We-
sen“, einer „nicht lebbaren“ und „unbewohnbaren Zone des sozialen Le-
bens“. Aber diese Zonen sind nicht das ganz Andere des Sozialen, sondern
sein konstitutives Außen, welches den Bereich des Lebbaren eingrenzt. 51 Sie
platziert die Körper und Psychen daher im Inneren des Sozialen. Durch ihre
Körper seien die Einzelnen einander ausgesetzt: „The very bodies for which
we struggle are not quite ever only our own.“ 52 Unsere physische und psy-
chische Verletzbarkeit bedeute, dass wir als Körper außerhalb unserer selbst
seien. Gewalt ist immer eine Ausbeutung dieser primären Verwiesenheit.
Das Leben werde so grundlegend prekär, denn unser Überleben könne von
denjenigen bestimmt werden, die wir nicht kennen und über die wir keine
endgültige Kontrolle haben. 53
Gibt es nach Butler kein Außerhalb der Machtbeziehungen, so verfolgt
auch sie eine immanente Strategie des Widerständigen. Denn für eine ein-
deutige Geschlechtsidentität sind permanente performative Wiederholun-
gen ebenso notwendig wie die immer wiederkehrende Abwehr dessen, was
nicht sein darf. Die ständigen Wiederholungen gelingen nie vollständig: sie
lassen etwas weg oder fügen etwas Überschüssiges hinzu. Dabei tun sich
feine Risse auf als konstitutive Instabilitäten in den Konstruktionen – das-
jenige, was der Norm entgeht oder über sie hinausschießt. „Diese Insta-
bilität ist die dekonstituierende Möglichkeit des Wiederholungsprozesses
selbst […].“ 54 Normen gelingt es nie, die Subjekte vollständig zu determi-

Luhmann Fn. (1), 257.


49

Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft 1998, Frankfurt am Main, 620, Fn. 42.
50
51 Butler Fn. (38), 23. Luhmann fasst dies unter die Kategorien Inklusion/Exklusion. In-

klusion könne es nur geben, wenn es auch die „Ausgeschlossenen“ gibt. Allerdings folgt
diese Unterscheidung konsequent der System-/Umweltunterscheidung und schlägt damit
einen anderen Weg ein als Butler. Denn die systemtheoretische These lautet, dass im Inklu-
sionsbereich Menschen als Personen zählen, im Exklusionsbereich nur als Körper. Exklu-
sion heißt demnach, dass bestimmte Subjekte keine Simulationen, keine Grenzposten im
System mehr haben und so auf ihre Körperlichkeit reduziert werden. (Luhmann Fn. (50),
621, 632).
52 Butler Fn. (46), 21.
53 Ebd., 22.
54 Ebd., 32 f.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 29

nieren, vielmehr sind ihre Effekte: Körper, Psyche, Sexualität höchst insta-
bile Angelegenheiten, Prozesse des Sich-Annäherns an eine Norm, die je-
derzeit scheitern können. 55 Subjekte bleiben nur durch Wiederholungen
Subjekte, und diese Abhängigkeit ihrer Kohärenz von der Wiederholung
macht präzise auch ihre Inkohärenz aus: „Diese […] Iterabilität wird so
zum Nicht-Ort der Subversion, zur Möglichkeit einer Neuverkörperung
der Subjektivationsnorm […].“ 56
Rekapitulieren wir an dieser Stelle: (Sexuierte) Körper und Psychen als
außergesellschaftliche Entitäten (Umwelten) kann es mit Butler nicht geben.
In den Systemen (Matricen, Diskursen) selbst wird diese Differenz erst her-
gestellt. Systeme existieren nur im Vollzug: Operationen schließen durch
eine regulierte Wiederholung aneinander an und verfestigen sich durch rou-
tiniertes Wiederholen. Praxis nimmt einen anderen Aggregatszustand an.
Systeme und ihr Anderes in deren Umwelt sind Effekte einer performativen
Praxis, die dasjenige erst hervorbringt, was sie lediglich zu bezeichnen vor-
gibt: Verdinglichungen einerseits und Naturalisierungen andererseits. Beide
sind Effekte einer Myriade von Operationen.
Das Problem der starren Kluft, des verschütteten Geheimgangs, zeigt sich
somit als produziert durch die Ausblendung der Genealogie der Systeme:
Sich permanent wiederholende Operationen, reguliert durch Programme,
entlastet durch Medien, verselbständigen sich zu Systemen, die sich in Form
von sozialen und biologisch-psychischen Systemen dualistisch gegenüber-
stehen. Und genau als solche Effekte mit scheinbarem Subjektcharakter ver-
dunkeln sie performativ ihr Gewordensein. Die Frage, wie sich die Systeme
gegenseitig „irritieren“, setzt also bereits zu spät an, obwohl Teubner wie
dargestellt durchaus die Instabilität der Wiederholungspraxis thematisiert.
In einer Adornoschen Paraphrase könnte man sagen, die Systeme und ihre
Umwelten sind wahr und bloßer Schein zugleich: wahr, weil sich gesell-
schaftliche Praxis tatsächlich derart verselbständigt hat, Schein jedoch, weil
sie ihr Gewordensein aus eben jener Praxis sowie ihre konstitutive Abhän-
gigkeit von ihr invisibilisieren.

III. Alfred Lorenzer: Körperwünsche


Sowohl bei Teubner als auch bei Butler werden die subjektiven Prozesse
von den gesellschaftlichen Institutionen aus betrachtet. Es bietet sich also
an, diese Perspektive um eine solche zu ergänzen, die umgekehrt vom Sub-
jekt ausgeht. Wenn zudem die Subjekte zu naturalisierten Entitäten geron-
nen sind, bietet sich ein psychoanalytischer Ansatz an, weil die Erkenntnis

55 Villa Judith Butler. Frankfurt/Main u. a. 2003, 69 f.


56 Butler Psyche der Macht. Frankfurt am Main 2001, 95.
30 Sonja Buckel

der Psychoanalyse gerade auf dem Umstand aufruht, dass die Subjekte
sich selbst unmittelbar intransparent sind. Ein solcher Ansatz muss schließ-
lich ein kritischer sein, der das Wechselverhältnis mit gesellschaftlichen Zu-
sammenhängen maßgeblich in die Theorie einstellt, Psychoanalyse gleicher-
maßen als Sozialwissenschaft begreift. 57 Die materialistische Sozialisations-
theorie des Frankfurter Psychoanalytikers Alfred Lorenzer 58 bietet sich da-
für idealtypisch an. Der in der Tradition der Kritischen Theorie argumen-
tierende Lorenzer war der Auffassung, dass es nicht genüge, eine Analyse le-
diglich der objektiven gesellschaftlichen Strukturen vorzunehmen. Auch die
Struktur der Subjektivität sei aufzuklären, 59 eine „kritische Theorie des Sub-
jekts“ 60 zu entwickeln: „Der sich in Arbeit sozialisierende Mensch fällt nicht
als Fertigprodukt ‚Arbeitskraft‘ vom Himmel auf den Arbeitsplatz, sondern
kommt dorthin aus einer Lebensgeschichte […].“ 61
In Abgrenzung zu seinen freudo-marxistischen Vorgängern gleicherma-
ßen wie zu einem naiven (Selbst-)Verständnis von Psychoanalyse, die glaubt,
individuelle wie kollektive (gesellschaftliche) Prozesse mittels desselben
Instrumentariums deuten zu können, betont Lorenzer die notwendige me-
thodische Beschränktheit der psychoanalytischen Analyse. Diese müsse
sich Rechenschaft darüber ablegen, dass sie „ganz und gar innerhalb des
Individuums“ verbleibt. Die Ebene gesellschaftlicher Objektivität müsse
durch andere Untersuchungsperspektiven aufgenommen werden. 62 Inso-
fern ermöglichen uns Lorenzers Analysen die Vervollständigung der bishe-
rigen Ergebnisse. Hinzu kommt, dass „Materialität“ bei Butler eher abstrakt
bleibt. Die Erklärung, wie genau Körper sich als wiederholende Praxis her-
stellen, insbesondere mit Blick auf das Nicht-Identische gesellschaftlicher
Verhältnisse, steht noch aus.
Bevor sich das Verhältnis von Körper/Psyche und Gesellschaft in Loren-
zers Theorie darstellen lässt, bedarf zunächst eine seiner Grundannahmen –
die Triebbestimmtheit menschlichen Handelns – der Erläuterung. Denn er

57 Lorenzer Zur Begründung einer materialistischen Sozialisationstheorie. Frankfurt am

Main 1972, 13.


58 Lorenzer war der erste und lange Zeit einzige Psychoanalytiker in Deutschland, der

eine Soziologieprofessur innehatte, Belgrad/Görlich/König/Schmid Noer Alfred Lorenzer


und die Idee einer psychoanalytischen Sozialforschung. Eine Einleitung, in: Dies. (Hg.).
Zur Idee einer psychoanalytischen Sozialforschung. Dimensionen szenischen Verstehens.
Alfred Lorenzer zum 65. Geburtstag, Frankfurt am Main 1987, 9–24, 12.
59 Lorenzer Das Konzil der Buchhalter. Die Zerstörung der Sinnlichkeit. Eine Religions-

kritik. Frankfurt am Main 1992/1981, 289.


60 Belgrad et al. Fn. (58), 19.
61 Lorenzer/Görlich Die Sozialität der Natur und die Natürlichkeit des Sozialen. Zur

Interpretation der psychoanalytischen Erfahrung jenseits von Biologismus und Soziologis-


mus, in: Dies./Schmidt (Hg.). Der Stachel Freud. Beiträge und Dokumente zur Kulturis-
mus-Kritik, Frankfurt am Main 1980, 297–349, 347.
62 Ebd., 300 f.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 31

ging maßgeblich davon aus, dass menschliches Verhalten „in der psycho-
physischen Tiefe der Persönlichkeit“ verankert sei. 63 Er bestand also auf
dem „so leicht biologistisch missverständlichen psychoanalytischen Trieb-
konzept“ 64 Freuds, das er vehement gegen jeden Kulturalismus verteidigte.
So sei Freud zwar mit dem Trieb-Begriff dem „bürgerlichen Schein“ verfal-
len, indem er ihn als vorgegebene Natur und nicht als Resultat gesellschaft-
licher Auseinandersetzungen begriffen habe. 65 Zugleich jedoch sei seine
konsequente Abwehr jeden Kompromisses bewundernswert: „Der Kern
unseres Wesens bildet das Es.“ Die organischen Triebe werden als „formge-
bende Matrix [sic!] des Verhaltens unterstrichen“. Aus dem Freudschen
Biologismus sei das Insistieren auf Naturabhängigkeit zu retten, die Einsicht
in das Nicht-Geistige, Nicht-Bewusste, Nicht-Sprachliche des Triebes. 66
„Zu kritisieren allerdings ist, dass diese Natur unabhängig von aktueller ge-
sellschaftlicher Praxis gedacht wird.“ 67
Wie wird nun nach Lorenzer „die ‚innere Natur‘ so in menschliche Praxis
eingefädelt, dass die kindliche Entwicklung in vollem Umfang zugleich als
Naturgeschichte wie auch als soziale Bildungsgeschichte“ 68 gelesen werden
kann? Die „innere Natur“ ist das Nichtidentische gegenüber gesellschaft-
licher Praxis, das jedoch genau wie bei Butler, niemals außerhalb dieser exis-
tiert. In diesem Sinne ist sie „nichts Greifbares“. Sie stehe nicht jenseits von
Geschichte oder außerhalb von Praxis: „Trieb stellt vor, was schon realisierte

63 Lorenzer Die Sprache, der Sinn, das Unbewußte: psychoanalytisches Grundverständ-

nis und Neurowissenschaften. Stuttgart 2002, 132.


64 Ebd.
65 Lorenzer Fn. (61), 330.
66 Ebd., 333; Peter Fuchs weist darauf hin, dass die „Bielefelder Schule“ der Systemtheo-

rie sich nicht einig darüber sei, worauf sie eigentlich referiere, wenn sie die relevante Um-
welt sozialer Systeme in den Blick nimmt. Sie habe sich nicht endgültig entschieden, ob sie
diese Umwelt mit dem Terminus des psychischen Systems belegen soll oder mit dem des
Bewusstseins. Luhmann habe im Laufe seiner Arbeit mehr und mehr das Bewusstein als
genuines Pendant sozialer Systeme aufgefasst,„ein Umstand, der auch mit seiner tiefen Ver-
ankerung in der klassischen Bewusstseinsphilosophie zu tun hat.“ (Fuchs Der Eigen-Sinn
des Bewußtseins: die Person, die Psyche, die Signatur. Bielefeld 2003, 48). Der Ausdruck
„psychisches System“ sei eher rhetorisch als systematisch verwendet. Sobald es um mehr
als um eine Beschreibung dieser Umwelt geht, werde „die Terminologie umgelagert auf
Bewusststein […]. Und da das Bewusstsein bewusst ist, kann man alles was nicht bewußt
beobachtet wird […], erst einmal dahingestellt sein lassen.“ (ebd., 331.) Dies ist nicht ver-
wunderlich, da vor allem gefragt wird, wie sich Bewusstsein kommunikativ geltend
macht,(ebd., 10.) statt auf die zentrale Freudsche Erkenntnis der unbewussten Triebstruk-
tur abzustellen, die in der Kommunikation nicht manifest sondern nur latent präsent ist.
Denn die „grundlegende Theorienscheidung“ besteht darin, die Begriffe Sinn und Kommu-
nikation ins Zentrum der Theorie zu rücken. (Demirovic´ Komplexität und Emanzipation,
in: Ders. (Hg.). Komplexität und Emanzipation. Kritische Gesellschaftstheorie und die
Herausforderung der Systemtheorie Niklas Luhmanns, Münster 2001, 13–52 (33)).
67 Ebd., 331.
68 Lorenzer Fn. (59), 11.
32 Sonja Buckel

innere Natur ist.“ 69 „Wir müssen uns endlich trennen von der Vorstel-
lung, es gebe im Entwicklungsprozess des Menschen eine rein biologische
Stufe […]. Der menschliche Fötus ist immer schon sozial exponiert. […]
Das Kind wird nicht im Zustand gesellschaftlicher Unschuld geboren.“ 70
Der Körper sei kein inhaltsneutraler Apparat, in den man beliebige so-
ziale Inhalte einfüllen könnte. Vielmehr stünden der Aufbau der Verhaltens-
struktur und der Aufbau der Körperstruktur in einem Wechselverhältnis. So
wie man am Muskelsystem sehen könne, wie das, was abgelaufen ist, sich
profilierend als Körperbild niedergeschlagen hat, habe die Neurophysiolo-
gie gezeigt, dass auch das Nervensystem von dem Funktionsspiel der Wahr-
nehmung bis in die Details hinein aufgebaut werde. Die Gestalt der unter-
schiedlichen szenischen Eindrücke werde aufgezeichnet, die durchlaufenden
Empfindungen auf ihre Qualität hin abgetastet, so dass sich die Erlebnis-
szene körperlich niederschlage. Die Körperform gehe aus dem Spiel der
Körperfunktion hervor, dadurch dass Spuren des Abgelaufenen im Körper
zurückbleiben. An multiplen Relaisstationen werde „die Erlebnisszene in
den Körper – und ich wiederhole nochmals: als Körper – eingezeichnet“. 71
Daran änderten auch die genetischen Erkenntnisse nichts, im Gegenteil: Der
Körper sei das Resultat einer Auseinandersetzung zwischen erbgenetischen
Anlagen und sozialen Prozessen. „Das Erbgut ist nur ein Set von gattungs-
geschichtlich gewordenen Natur-Möglichkeiten, die durch die menschliche
Praxis der Mutter-Kind-Einheit in einer sozial bestimmten Form verwirklicht
werden.“ 72 Insgesamt müsse daher die Vorstellung von der körperlichen
Dinghaftigkeit aufgelöst werden. Wie bei Butler, lediglich unter expliziter
Einblendung der biologischen Prozesse, wird auch bei Lorenzer der Körper
zu Materie Gewordenem:
„Die Morphologie, das, was an dinghaft-körperlicher Gestalt entsteht,
fällt nicht vom Himmel, sondern ist das Resultat des in Funktionsformeln
geronnenen Zusammenspiels auf physiologischer Ebene, in das die so-
ziale Sinnstruktur immer schon eingegangen ist. So wird der Körper
dinghaft gebildet. […] Im Menschen schlägt sich das Soziale körperlich
nieder.“ 73
Blickt man vor diesem Hintergrund noch einmal auf den „Trieb“, so zeigt er
sich nun als Gefüge von „Interaktionsformen“: Bereits in der intrauterinen
Phase komme es zu einem Wechselspiel zwischen zwei Organismen, zu vie-
len feinen, unmerklichen und unablässigen Interaktionen. Jede einzelne Be-
wegung des Wechselspiels hinterlasse dabei ihre Spuren, indem sie jeweils
69 Lorenzer Fn. (61), 332.
70 Ebd., 344.
71 Lorenzer Fn. (63), 123 f.
72 Ebd., 131, Herv. i.O.
73 Lorenzer Fn. (61), 341.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 33

die Ausgangslage für die nächste Situation festlege. Dieses Zusammenspiel


schlägt sich in sensomotorischen, organismischen Formeln nieder. „Die In-
teraktion schlägt sich nieder in einer Interaktionsform.“ 74 Hinzu treten
zentralnervöse Formationen, in denen die situationsbestimmten Abläufe
registriert werden, sortiert nach ihrer Lust- oder Unlust-Qualität, was die
Grundlage der Affekte bilde. Nach der Geburt werde das sinnliche, physio-
logische Zusammenspiel durch das gestische noch weiter aufgefächert. Die
Mutter 75 existiert nicht außerhalb gesellschaftlicher Zusammenhänge und
vermittelt so dem Kind gesellschaftstypische Verhaltensmodelle.
Interaktionsformen sind Niederschläge real erlebter Szenen und Erwar-
tensformeln des zukünftigen Interagierens: Die Wiederholung einer Szene
festigt die Interaktionsform. Der Ausfall der Wiederholung erzeuge Unlust,
Angst, Aggression usw. „Der Bedarf, der in einer realen Situation seine Stil-
lung gefunden hat, wird in der Interaktionsform zum Anspruch, die Befrie-
digung in einer spezifisch einsozialisierten Weise zu erhalten.“ 76 Auch hier
spielen also die Wiederholungen eine entscheidende Rolle: Der Organismus
folgt den eingeübten Spuren einer Erfahrung, die jede gleichartige Wieder-
holung verfestigt. 77 Die Interaktionsformen seien auf dieser Ebene noch
vorsprachlich, rein sinnlich-organismisch und unbewusst. 78 Bewusstsein im
Sinne reflektierten Handelns wird erst möglich durch die Einführung des
Kindes in die Sprache. Zu der Interaktionsform tritt dann die Sprachfigur
hinzu, die sich mit der Situation verbindet („symbolische Interaktions-
form“). 79 Die Bindung an die Sprache bedeute zugleich die Nötigung, die
eigenen sensomotorischen Reaktionen einem kollektiv vereinbarten Nor-
mensystem zu unterwerfen. 80 Schließlich treten weitere Personen sowie
auch die gegenständliche Welt und schließlich in der sekundären Sozialisa-
tion gesellschaftliche Institutionen in das Wechselspiel ein.
„Triebe“ sind also verwurzelt in bewusstlosen Körperbedürfnissen. 81 Die
Tätigkeit auch noch der höchstentwickelten Seelenapparate unterliegt nach
der Erkenntnis Freuds dem Lustprinzip. Lust ziele auf die Erfüllung von
Wünschen. Sie ist mehr als die Beseitigung von Unlust: „Es ist nicht nur der
Mangel aufzuheben, sondern es sind Wünsche zu befriedigen.“ 82 Das Un-

74 Lorenzer Fn. (59), 85.


75 Das scheinbare Geschlechterstereotyp ist zeitbedingt, aber theorieimmanent gesehen
kontingent. „Mutter“ steht schlicht für die erste(n) nahe(n) erwachsene(n) Bezugsper-
son(en).
76 Ebd., 88.
77 Lorenzer Fn. (57), 89.
78 Lorenzer Fn.(59), 89.
79 Ebd., 90.
80 Ebd., 92.
81 Lorenzer Fn. (57), 41.
82 Lorenzer Fn. (63), 143.
34 Sonja Buckel

bewusste bestehe deswegen nicht aus wirkungslosen Erinnerungsspuren,


sondern der Triebwunsch verweise auf seine Herkunft aus sozialen Lern-
prozessen und verlange kategorisch die Erfüllung der Lebensbedürfnisse
„in derjenigen Form, die wunschgerecht ist. […] Die Erinnerungsspur soll
immer wieder realisiert werden.“ 83 Die Wiederholungen werden von den
Körperwünschen angeleitet, welche die psychophysischen Grundmuster als
Resultate gesellschaftlicher Formbildung des Körpers sind.
Den roten Faden der Lebensgeschichte bilden nach psychoanalytischer
Auffassung die Triebkonflikte. 84 Die gesellschaftlichen Normen, die subjek-
tiv angeeignet wurden, bilden hier den Widerpart zum Reich der körper-
lichen Wünsche und unbewussten Sinnstrukturen. 85 Durch diesen Wi-
derspruch kann Widerstand entstehen. Während die Sprache die Bastion
herrschaftskonformer sozialer Normen sei (auch wenn sie Verwerfungen
und Widersprüche enthalte), liege die „feste Basis des Widerstandes“ im
Unbewussten, „in den Interaktionsformen, die sich gegen den sozialen
Konsens vom Unbewussten her regen“. 86 Aufgrund der „Matrix sinnlicher
Praxis unterhalb der Sprache“, die eine Fülle von Wünschen, Phantasien,
Unformuliertem enthalte, welche sich gegen gesellschaftliche Zumutung
zur Wehr setzen könnten, 87 gebe es einen „geschichtlichen Vorsprung der
Lebensentwürfe“ 88. Die sinnlich unmittelbaren Interaktionsformen vermö-
gen dem normierenden Einfluss des Bewusstseins zu entgehen und Wider-
stand zu leisten. Soll dieser Widerstand nicht stumm bleiben 89, müsse es zu
einer Organisierung von denjenigen ‚Praxisfiguren‘ kommen, „die einige,
viele – kaum aber alle – miteinander teilen in der Konstitution einer Praxis-
gemeinschaft.“ 90
Obwohl Lorenzer die eigene Logik psychischer und körperlicher Pro-
zesse im Unterschied zu gesellschaftlicher Sinnproduktion eindrücklich
hervorhebt, so ist doch mit seinem Ansatz eine kategorische Trennung die-
ser „Systeme“ nicht denkbar. Sie sind vielmehr ineinander „eingefädelt“.
Wie Butler konzipiert er die Verdinglichung sozialer Verhältnisse als routi-
nierten Wiederholungsprozess, erweitert aber die Perspektive um die Er-
kenntnis der Wirkmächtigkeit körperlich gespeicherter Lebenserfahrungen,
die das Begehren der Wiederholung anleiten. Die Herausbildung von Wie-

Ebd., 144.
83

Ebd., 133.
84
85 Lorenzer Intimität und soziales Leid. Archäologie der Psychoanalyse. Frankfurt am

Main 1984, 196. Die Parallele zur zentralen Bedeutung der „Norm“ bei Butler stammt na-
türlich aus deren Bezug auf die Psychoanalyse Lacans.
86 Lorenzer Fn. (63), 157.
87 Lorenzer Fn. (61), 333.
88 Lorenzer Fn. (63), 155.
89 Lorenzer Fn. (85), 198.
90 Lorenzer Fn. (63), 160.
Körper und Psyche in der Matrix des Rechts 35

derholbarkeitsstrukturen durch die Reproduktion sozialer Normen in Pra-


xis kann dadurch um die Dimension unbewusster, auf Körperwünschen
aufruhender Praxis erweitert werden. Die Prämisse einer nicht-inten-
tionalen Vergesellschaftung kann so bis in die Kapillaren der Subjektivität
durchkonzipiert werden. Mit der Kategorie der „Interaktionsform“ bietet
Lorenzer eine überzeugende Vermittlungskategorie zwischen Subjekt und
Gesellschaft an. 91

IV. Praxis
Butler und Lorenzer ermöglichen es, in der Theorie die fixen Entitäten in
soziale Praxen aufzulösen, so wie schon Marx’ Analyse das Geld aus seiner
Dinghaftigkeit „befreite“, indem er es als ein spezifisches soziales Verhältnis
auswies. Als „Fetischisierung“ bezeichnete er den Umstand, dass in der ka-
pitalistischen Produktionsweise den Produzent_innen die gesellschaftlichen
Charaktere ihrer eigenen Arbeit als gegenständliche Charaktere der Arbeits-
produkte, „als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurück-
gespiegelt“ werden. 92 Die Arbeitenden werden zu Agent_innen ihrer eige-
nen Produkte, die sie tagtäglich herstellen. Butler und Lorenzer weiten diese
Analyse auf die „Naturalisierung“ der Subjekte aus. Kritische Rechtstheorie
muss also nicht nur von der Materialität gesellschaftlicher Verhältnisse aus-
gehen, sondern zuallererst von Praxis, die sich als Materialität niederschlägt.
Rekapitulieren wir noch einmal die konkreten Schritte, die sich in folgender
Skizze darstellen lassen:

91 Vgl. dazu auch: J. König Beziehungsweisen jenseits der Zweisamkeits(ver)ordnung

oder: Zur Produktion der Grenze: Wer mehr liebt, hat UnRecht, in: Kritische Justiz, Fn.
(34), 271–78 (273).
92 Marx MEW 23, 86 f.
36 Sonja Buckel

In routinierter Wiederholung, die durch hegemoniale Normen reguliert


wird, welche nur in Praxis existieren, schlägt sich Praxis als Materialisierung
nieder. Die hegemoniale Maschine des Rechts ist darin Teil des normprodu-
zierenden Netzwerkes. Die Wiederholungen können nicht in identischer
Weise wiederholt werden, sondern sind immer Imitationen und damit zu-
gleich Verschiebungen, in denen sich die Möglichkeit der Subversion auftut.
Verdinglichung und Naturalisierung sind Effekte der Materialisierung, die
ihr Gewordensein verdunkeln. Konflikte zwischen den gesellschaftlichen
Normierungen und den verkörperten Wünschen sind der Motor möglicher
Veränderung und möglichen Widerstands, denn sogar noch die verselbstän-
digte, fetischisierte Praxis ruht auf einer prekären, verletzbaren, verkör-
perten Lebenserfahrung auf. Dies sagt noch nichts aus über emanzipative
„Gegenwehr der geschundenen Körper“, denn diese Möglichkeit ist nicht
beschränkt auf emanzipative Praxis. Dazu ist ein gegenhegemoniales Pro-
jekt notwendig, welches diese in ein emanzipatorisches, demokratisches
Vergesellschaftungskonzept einbindet, es diskursiv in die hegemoniale nor-
mative Ordnung einspeist und so wiederum in Praxis Eingang finden lässt.
Hier beginnt der Geheimgang, den zu beschreiten es sich lohnt, und der den
Weg zu neuen Körpern, Geschlechtern und Rechten freigibt. 93

93 Für wertvolle Kritiken danke ich Andreas Fischer-Lescano, Julia König, Thore Prien,

Margit Rodrian-Pfennig; Gunther Teubner für viele spannende Diskussionen und Einsichten
in den letzten Jahren.
Emergenz und Emergenzsinn
Ein Denkgang in die Knotung von Kontingenz

Jean Clam

Einführung
Wir wollen im Folgenden, ausgehend von Evolutionstheorien, den Sinn
von Emergenz und die Bedingungen des Gebrauchs der Begriffe Evolu-
tion und Emergenz in der heutigen Wissenschaft erkunden. Wir fangen da-
mit an, Evolutionstheorien in einen Bezug zu Emergenz, d. h. zu einem
Grundbegriff dieser Theorien selbst zu setzen und fragen nach der Emer-
genz von Evolutionstheorien selbst. Wir wählen damit einen nicht geläu-
figen Winkel der Thematisierung von Evolutionstheorien als solchen aus.
Was motiviert die Wahl einer solchen Thematisierungsweise? Geht es um
das re-entry eines Grundbegriffs der Theorie in diese selbst? Um die An-
wendung der Theorie auf sich selbst im Rahmen eines reflexiven, parado-
xierenden Manövers?
Natürlich ahnt man die Reflexivitätsspiele, die sich aus einem solchen
Experiment mit der Applizierbarkeit der Theorie auf sich selbst ergeben
würden. Solche Spiele sind immer irgendwie stimulierend, weil sie den ge-
raden Denkstrahl auf sich selbst zurück biegen und eine Perplexität hervor-
bringen, der man in der Anwendung der Begriffe und Schematismen in ers-
ter, gerader Intention nicht begegnet. Erst auf höherer, reflexiver Stufe der
Intellektion stellt sich eine solche Perplexität ein und nötigt zu den Frage-
stellungen, die zu einer Beobachtung und Theoretisierung des Vollzugs von
Theorie zwingen.
Paradoxerweise haben Reflexivitätsproblematiken an sich letztlich eine
überraschende Fähigkeit, Fragestellungen zu vereinfachen und Komplexi-
tätsreduktionen geschehen zu lassen, die man gerade nicht als Ergebnis
einer beachtlichen Erschwerung der Beobachtung durch ihre Rekursion in
sich selbst erwarten würde. Solche Vereinfachungen sind jedoch faktisch sehr
gängig und hängen damit zusammen, dass Reflexivität letztlich keineswegs
eine unmittelbare Erschwerung des Denkens darstellt. Es gibt elementare
Formen der Reflexivität, die sie zu einer schlichten Reiteration des Selben,
zu einer syntaktischen, nicht instruktiven Redundanz machen, die von Stufe
zu Stufe der Iteration nichts Neues hinzufügt, kein Supplement sich ein-
stellen lässt, außer dem Schein der Meisterung eines nicht ausdenkbaren
38 Jean Clam

Kreisens einer intellektiven Intention in sich selbst. Das Denken wähnt sich
in der Spannung eines undenkbaren Gedankens, während es nichts anderes
tut, als sich von der leeren Mechanik der Iteration beeindrucken zu lassen,
die es in Griffen der Kontraktion ihrer immer weiter regredierenden provi-
sorischen Resultate virtuos zu meistern meint. Um solche Kreishaftigkeiten
geht es bei unserem Ansatz nicht. Es geht um eine andere Form der Refle-
xivität und der Knotung. Wir wollen nämlich nach dem Sinn von Emergenz
fragen, der sich auf einem Weg der Forschung ergibt, der die Funktionsmodi
von Heuresis (d.i. von aufgehender Intellektion) selbst thematisiert.
Hier gilt es die Kontingenz der heuretisch-intellektiven Prozesse selbst
einzusehen. Es gilt auch die Denkspiele, welche die Heraufkunft der Kon-
tingenz ins Zentrum der Genesis von Wissen und Sinn allgemein hervor-
bringt, zu erkennen und ihr Wirken in der Weltselbstbeschreibung, die die
unsere ist, skizzenhaft nachzubilden. Die Skizze belehrt uns dann über den
einfangenden Effekt solcher Denkbahnungen. Die fundamentale Kontin-
genz des Zustandekommens von Wissen und Sinn bringt das Denken, dies
ist die These, auf Bahnen, die es auf absolut-relative Weisen seines Vollzugs
festlegen und ihm in der Durchschauung dieser seiner absoluten Relativität
eine gebrochene Struktur verleihen, die zwischen diesen ihren beiden ent-
gegengesetzten Polen von Relativität und Absolutheit endlos in sich oszil-
liert.

Evolution als Denkschematismus


Evolutionstheorie ist ein Denkschematismus, der eine klare Tendenz zu
definitiver Durchsetzung hat. Dies heißt: geht man daran, eine Phänomen-
reihe mit evolutionistischen Schemata zu erschließen, dann scheint es un-
möglich, hinter die Explikationspotenz dieser Schemata zurückzufallen. Sie
haben eine Art intrinsische Unwiderstehlichkeit. Ihre Explikationsweise
scheint nicht überboten werden zu können, während alle anderen eine grö-
ßere Eingängigkeit gewinnen, wenn sie Elemente von jener in sich auf-
nehmen. Umgekehrt führen alle Versuche, der evolutionistischen Explika-
tionsweise alternative Gattungen von Hypothesen an die Seite zu stellen, zu
verworrenen, komplizierten, immer minder erhellenden Rekonstruktionen
der Tatsachen.
Der Schematismus der Evolution scheint somit die Tatsachen selbst für
sich zu haben. Diese verhalten sich in der Tat so, als ob sie sich vollkommen
spontan und alternativlos so ordnen, wie dieser Schematismus es suggeriert.
Keine Anstrengung des Denkens scheint ihn auflösen zu können. Evolution
als Ordnungs- und Erklärungsstil von Tatsachenreihen kann folgerichtig
den Status eines psychologischen Denkzwangs beanspruchen. Sie ist eine
denkökonomisch zwingende Tendenz des Verstehens.
Emergenz und Emergenzsinn 39

Der zwingende Charakter des Evolutionsschematismus offenbart sich


mit seiner Emergenz selbst. Diese geschieht ausbruchartig und kennt kaum
Verzögerungen in der Verbreitung und der Assimilation des Bestehenden
an sich. Der emergente Schematismus brachte mit sich die Crux und die
Herausforderung, anders zu denken, als er es möglich machte. Es lag so ge-
sehen eine Gewalt in ihm. Sobald er gefunden, sobald die Potenz seiner
Heuresis ermessen wurde, hat er sich auf alle Gebiete der Wissenschaft un-
mittelbar durchgesetzt. Man konnte sich ihm sowohl in den Natur- als auch
den Geschichtswissenschaften nicht mehr versperren. Er nötigte schlicht
zur Einwilligung.
Dabei darf man ihn nicht mit den bekannten und weit verbreiteten vor-
modernen, quasi-evolutionistischen Schemata verwechseln. Jene des My-
thos sowie der antiken Wissenschaft z. B. geben den Phasen und Perioden
des allgemeinen Ablaufs der Dinge meistens eine deklinistische Richtung.
Sie sehen in ihren Abstufungen einen Niedergang vom ersteren-höheren
zum letzteren-niederen. Die Entwicklung führt zu einem immer größeren
Verderbnis der ursprünglichen, wahren und richtigen Ordnung. Das Ende
des Evolutionszyklus findet in einer Implosion oder Explosion des Gesamt-
zusammenhangs der Dinge statt, die sich oft als Heilung und Neugebärung
dieses darstellt. In der einen Fassung beendet eine ekpurôsis (Endbrand)
das die Reihenfolge seiner Weltalter durchgelaufene Weltjahr. Das groß-
zyklische Geschehen kennt dann eine Neuerstehung der Welt und ihre
Rückkehr zur ursprünglichen Fülle ihres goldenen Zeitalters. Von diesem
aus geht die Entwicklung wieder zum Niedergang fort, um immer wieder
kreishaft an ihren Anfang zurückzukehren.
Die modernen evolutionistischen Schemata verkehren diese zyklisch de-
klinistische Vorstellungsweise. Sie konstruieren lineare, einbahnige, aufstei-
gende Entwicklungen, mit entscheidenden Bifurkationen, welche die Ge-
samtentwicklung um Stadien artikulieren. Die Heuresis von Evolution am
Ende des 18. Jh. und im Laufe des 19. Jh. lässt sich als die Emergenz eines Ras-
ters denken, das die ungeheueren Erkenntnismassen, die während der großen
wissenschaftlichen Jahrhunderte der Moderne akkumuliert werden, ordnen
lehrt. Ein solcher Raster (grid, grille) nimmt die Form einer Großhypothese,
die alles Einzelwissen lesbar macht. Die Häufung erkenntnisermittelter Tat-
sachen läßt Züge hervorkommen, die sich dem Beobachter als sinnhaft ge-
ordnete Merkmale eines erkennbaren Gesamtobjekts aufdrängen. Aus der
Häufung von Spuren und Indizien emergiert eine Gestalt von Natur- und
Kosmosgeschichte, die sie als Ablauf verständlich macht. Wenn sich einmal
ein solches Gesicht gebildet hat, wird es äußerst schwer es nicht mehr zu se-
hen – zumal alle hinzukommenden Einzelerkenntnisse die „Zügung“ sozu-
sagen dieses Gesichts bestärken und nur noch einprägsamer werden lassen.
In der Wissenschaft, welche die Evolution erfunden und der Heuresis
von Evolution zur allgemeinen Etablierung und Verbreitung verholfen hat,
40 Jean Clam

scheint eine solche „Zügung“ schlichtweg aus dem Material und der allmäh-
lichen, graduellen Selbstordnung der Funde (Fossilien, geologische Strata,
geographische Verteilungen) zu entstehen. Sie bildet sich, wie ein verwehtes
Gesicht oder eine verwehte Inschrift an den Tag kommt, wenn man die um
die Züge angesammelten Allotria wegputzt.
Ein Bewusstsein der Überlegenheit erwuchs der modernen Wissenschaft
gegenüber ihrer Vorgängerin aus der Explikationspotenz einer solchen Heu-
resis. Sie konnte sich auf eine Ordnung des Sinnes und der Weltauslegung
berufen, die von allem Vorgängertum weitestgehend unabhängig war. Die
Moderne war somit selbständig und ihrer Modernität gänzlich sicher als
wissenschafttreibende Moderne. Deswegen hat sich die Übertragung des
Evolutionsschematismus auf die Geschichte am Fortschrittsgedanken kris-
tallisiert. Weltbeobachtung und Weltauslegung richteten sich nach dem Ge-
danken einer nicht-zyklischen, wahrhaft Neues hervorbringenkönnenden
Entwicklung. Die Zeitalter der Geschichte waren Zeitalter des Geistes, der
ideellen Bereitung der Welt in jeglicher Beobachtung ihrer – der materialis-
tische Evolutionismus ist eine spätere Abwandlung des idealistischen. Man
erhält dann Stadien-Theorien der menschlichen Evolution, wie sie in der
positivistischen Schule der entstehenden Wissenschaft des Sozialen als Wis-
senschaft sozialer positiver Tatsachen aufkommen. Analog zu dem, was wir
oben gesehen haben, scheinen es auch hier die baren Tatsachen zu sein, die
den Schematismus aufdrängen und ihn unwiderstehlich machen.
Moderne Wissenschaft kann strukturell der Mannigfaltigkeit historischer
und naturwissenschaftlicher Tatsachen keine andere Fassung geben als die
einer fortschreitenden Entwicklung, bei der die Letztphase, der ultime, neu-
este, jüngste Beobachtungsstandpunkt als der überschauend alles Vorherge-
hende von sich aus organisierende Standpunkt erscheint. Die Wissenschaft
behält in der Moderne die ausdifferenzierte Kompetenz der Entscheidung
über das Weltwahre. Dafür muss sie die Kompetenz der Entscheidung über
das Wahre in Bezug auf das Wahre haben. Nichts kann sie in dieser ihrer Zu-
ständigkeit überbieten oder diese ihre Zuständigkeit teilen oder relativieren.
Wissenschaft stellt damit den Ort dar, aus dem alle Beobachtungen auf ihre
Wahrheit hin geprüft werden, auch Beobachtungen anderer, in sich ge-
schlossener, strikt autonomer Systeme.

Ordnung der Gründe und Ordnung der Dinge


Das Grundschema evolutionistischer Theorien unterstellt die Existenz
einer Spannung zwischen einem Selbst und einem Nicht-Selbst (System-
Umwelt), die das Selbst zu adäquaten Antworten auf die Herausforderun-
gen des Nicht-Selbsts nötigt. Es geht bei dieser Spannung um den Bestand
des Selbsts / Systems, um sein Bestehen vor den Ansprüchen seiner Umwelt.
Emergenz und Emergenzsinn 41

Evolutionstheorien neigen dazu, einen Parallelismus zwischen der Ord-


nung der Gründe und der der Dinge anzusetzen. Dies heißt, dass der Sys-
tembestand durch Steigerung der Systemkomplexität gewährleistet wird;
eine solche Steigerung läuft aber parallel zu einer Erhöhung der intellektiven
Intensität des theoretischen Einsatzes zum Verständnis des Systems. Man
muss, um die Komplexitätssteigerung des Systems zu verstehen, auf der
Seite der Beobachtung und der Theoretisierung immer komplexere Kon-
zepte entwickeln. Die Komplexität des intellektiven Entwurfs wird parallel
zur Komplexität des Objekts gesteigert.1
Das Interesse des Schemas der parallelen Komplexitätssteigerung inner-
halb der Evolutionstheorie liegt darin, dass die Theorie als Ordnung der
Gründe sich selbst eine hohe Komplexität zuschreibt, eben jene, die zur Be-
schreibung der hoch komplexen Formen der Wahrung des Systembestands
in wechselhaften, selegierenden, gegen alle Wahrscheinlichkeit stabilisieren-
den und Neues zu Emergenz bringenden Umwelten nötig sind. Die Theorie
indiziert hohe Komplexität bei hoch entwickelten Systembestandsmodi und
schreibt sich eine entsprechende Auflösungskapazität ihrer Beobachtung zu.
Um diesen Anspruch der Evolutionstheorie prüfen zu können, müssen
wir auf Erfahrungen der Philosophiegeschichte zurückgreifen. Die Philoso-
phie kennt nämlich eine Vielfalt möglicher Gründeordnungen, die in ihrer
Unterscheidung von den Dingeordnungen ihren Sinn konstituieren. Es gibt
selbstverständlich z. B. induktive und deduktive Ordnungen der Gründe,
die den Weg zur Erschließung der Ordnung der Dinge ausmachen. Man
muss über den Umweg von mehr oder minder komplexen – an einem über-
lieferten autoritativen Wissenskorpus geübten – Urteils- und Schlussverfah-
ren den Zusammenhang der Gründe und Dinge rekonstruieren – wie in der
hellenistischen und scholastischen Philosophie. Es gibt meditativ-destruk-
tive und rekonstruktive Wege (Descartes), die über methodische oder hy-
perbolische Ablehnung jeglicher Setzung alle möglichen Denkstrecken zu-
nichte machen und erst im Vorstoß auf einen unerschütterlichen Grund ein
nicht phantomalisiertes Denken wieder möglich machen. Es gibt Darstel-
lungswege des Gedankens, die ihn more geometrico entfalten (Spinoza) und
die Weltwahrheit in ihm entstehen lassen als das, was sich aus wenigen
Axiomen und Prinzipien theorematisch ableiten lässt. Es gibt Wege der Ent-
faltung des Gedankens und der in ihm angezeigten Welt, die so etwas wie
die Gebärung des Begriffs und der Wirklichkeit aus diesem selbst darstellen:

1 In der klassischen Metaphysik treibt die Steigerung der „Komplexität“ hingegen in die

Richtung der Einfachheit und Attributlosigkeit, der „Erstheit“ des Verstehensentwurfs und
seiner Gegenstände. Die protê philosophia bezieht sich auf die allerersten Objekte, d. h. die
allereinfachsten, welche auch die würdigsten Gegenstände des Denkens sind. Das „erste“
Denken ist das des schlichtesten und allem zugrunde liegenden Objekts, nämlich des Sei-
enden (to on) als ens commune, das in jeglicher Anzeige von Seiendem immer schon mit an-
gezeigt wird und in jedem Sinnentwurf von Sein vorverstanden und mit entworfen wird.
42 Jean Clam

Die Arbeit des Begriffs (Hegel) ist die des noein an sich selbst, die mit der
Bewegung der Entfaltung des Seins zusammenfällt.
All dies gründet in der aristotelischen Unterscheidung zweier Ordnun-
gen, einer Ordnung des Verstehens (pros êmin) und einer Ordnung der Sa-
chen (physei). Die pros êmin Ordnung ist die der Aneignung der eidê durch
den Intellekt und bezeichnet den Gang der Noesis schlechthin. Ihr proteron
(erster Terminus) und hysteron (letzter Terminus) mögen sich nicht mit der
Anordnung der Sachen selbst decken, d. h. das Einfachere mag an sich nicht
immer dem Komplexeren vorangehen, doch muss das Intellegieren einen
Weg der Durchdringung der Sachen wählen, die ihre Ordnung verkehrt.
In diesem Rahmen erscheint das Evolutionsschema als ein vergeschichtli-
chendes Schema, das einen Parallelismus der Ordnung der Gründe mit der
der Dinge postuliert. Es eröffnet in der Dimension der Zeit Tiefendimensio-
nen, die unbeschränkt verfügbar sind und über die es beide Ordnungen zu
Kongruenz bringt. Zeit kann in unbeschränkten Maßen geschöpft werden
und man braucht oft nur Zeit (und ihren Wechsel) zwischen zwei Formen
zu setzen, um ihre Abkunft voneinander suggerieren oder plausibiliseren zu
können. Die Ressource, welche das evolutionistische Arrangement und Re-
arrangment der Dinge nicht entbehren kann, ist Zeit und Zeitfülle.
Wenn man über unendlich viel Zeit verfügt und man mit Werdenssche-
mata der Dinge arbeitet, wird eine Unzahl von Ordnungen der Dinge und
der Gründe möglich. In der Welt wird eine unendliche Anzahl von Welten
rein nach Gründen (möglichen Werdens) möglich. Die Welt wird zur Matrix
möglicher, nach reinen Werdensgründen ablaufender Sachzusammenhänge.
Sie gleicht dem Leibnizschen Buch der Bücher, einer Gebärmutter aller
möglichen Welterzählungen. Sie stellt die Sinnhaftigkeit einer Welterzäh-
lung überhaupt dar.
Was die Fülle des Möglichen in die Engen der Verwirklichung und der
Faktizität treibt, sind nach dem Schematismus der Evolution Umweltauf-
lagen und -zwänge, welche im Grunde nicht anderes als eine Verknappung
der postulierten Zeitbrunnen darstellen. Umweltauflagen vernichten Mög-
liches verschwenderisch und schließen ganze Weltenbifurkationen aus. Die
Wahlmöglichkeiten der Bewegung der Evolution werden dadurch einge-
engt. Nun, je enger der Pass zum Sein wird, umso größer wird die Komple-
xität des Seienden. Evolution wird als Differenzierung gedacht und geht mit
der Schaffung entwickelterer Organisationsformen einher.
Gleicht man dieses Konzept der Evolutionstheorie an die neuere System-
theorie an, so scheint jene mit einem antiquierten Systembegriff zu arbeiten.
Das System unterliegt nämlich nicht den Zwängen der Umwelt noch wird
es in seinen Entfaltungsmöglichkeiten von dieser beschränkt. Das System
ist nichts von der Umwelt Abhängiges noch Unabhängiges. Es ist die Ope-
ration der Systemunterscheidung am Zusammenhang System-Umwelt in
einem Akt, der beide in Differenz zueinander entstehen lässt. Damit re-
Emergenz und Emergenzsinn 43

flektiert der Zustand eines Systems immer das äußerste an der System-Um-
welt Spannung. Es gibt somit keine objektive Stufe von Umweltdruck auf
das System, die unabhängig von diesem noch fluktuieren würde und es ent-
weder entlasten oder unter besonderen Stress setzen würde. Es gibt immer
nur die innere Komplexität des Systems, welche mit der Komplexität der
Umwelt eins ist. Und eine solche Komplexität ist immer Reflex eines intrin-
sischen Drucks und einer Knappheit, sie ist immer gespannte Komplexität,
weil um sie keine Operationsressource von sich aus verfügbar noch von sich
aus vermehrbar ist.
Dies heißt für die Emergenz von Evolutionstheorie, dass diese Theorie
von einem Modell der Extensivität der Umwelt und des objektivistischen
Inseins des Systems in ihr ausgeht. Ein solches Modell hat keinen Platz in
der späteren Theorie, welche das Systems von all dem entleert, was nicht (es
selbst in) Operation ist. Das System ist nichts mehr als das Operieren oder
der Vollzug der stiftenden, konservierenden und fortschreibenden Unter-
scheidung von System und Umwelt. Evolutionstheorie figuriert eine Ord-
nung der Dinge, welche eine Steigerung der Komplexität durchmacht, die
zu einer Steigerung der Ordnung der Intelligibilität parallel läuft. Sie kann
sich selbst in ihrer eigenen Emergenz nicht verorten. Von einem Parallelis-
mus der Ordnungen führt kein Weg zu einer Selbstkonstitution von Welt in
einer Beobachtung von Welt, die nicht idealistisch als deren Konstitution in
einem konstituierenden Subjekt gedacht ist, sondern emergentistisch als
Zusammenfall von emergierender Beobachtungsweise und sich ereignender
Struktur von Welterscheinung.

Evolutionstheorien als Sage von Welt und Sinn


Was ist einsichtiger, erhellender, gelassener dann als Evolutionstheorien?
Was gibt eine angenehmere Erfahrung des Verstehens als jene Theorien,
welche die Welt an einem narrativen Werdensleitfaden ausfalten, entlang
dem alles Begegnende in der Welt sich sinnvoll einreiht und ein intensives
Gefühl des Verstehens nährt?
Intellektion mittels evolutionistischer Schemata ist anschauungsgesät-
tigte, unwiderstehliche Intellektion. Evolutionstheorien sind strukturell
erzählende Theorien, weil sie Explikationstheorien von heterogenen Ob-
jektformen aus ihrer Genese aus einander sind. Eine solche Genese wird
vorgestellt als vermittelt durch Zeit und Transformationsgesetze, welche die
Einfachheit und Robustheit von Universalgesetzen haben. Evolutionstheo-
rien sind genetische Abkunftstheorien. Sie können sich letztlich nur auf den
Weltlauf als solchen beziehen und stellen insofern allgemeine Sagen von
Welt oder Weltbereichen dar. Der Weltlauf wird entrollt von einer immer in
den nötigen Maßen verfügbaren Zeitressource her als Weltzeit. Die Weltzeit
44 Jean Clam

dehnt sich an allen Stellen, wo dies zur Aufnahme von Werdenssequenzen


benötigt ist. Sie wird als Strecke und Ressource gebraucht, ohne je ver-
braucht zu werden.
Selbstverständlich muss hier zwischen generalisierenden, dogmatischen
Evolutionstheorien, die den Anspruch einer Erklärung des Weltgeschehens
im Ganzen führen, und limitierten, undogmatischen, teilweise systemisch
orientierten Theorien der Evolution unterschieden werden. Letztere sind
von jeglichem Anspruch auf Welterklärung weit entfernt. Sie versuchen Be-
reiche des (selbst-)organisierten Seienden mit Konzepten der Bestandserhal-
tung von selbstinteressierten Objekten (Systemen) über Selektion und Va-
riation zu verstehen. Meine These ist, dass selbst solche Theorien wegen
ihrer evolutionistischen Anlage einen ontizistischen Grundzug behalten. Sie
zeigen Welt als Weltgeschehen an und ordnen dieses nach einem Schema der
Sukzessivität, das die intellektive Begründung und die ontologische Bestim-
mung von proteron zu hysteron ablaufen lässt. Damit „sagen“ sie Welt als
Werden, als sich entrollenden Prozess. Wir verstehen Sage als Struktur der
Anzeige von Welt: Sagend sind solche Anzeigen, die sich primär dieser Mo-
mente der Sukzessivität und der Gesamtheit sowie einer Gesetzmäßigkeit
des Auseinanderhervorgehens als Verstehensmomente bedienen.
Erst stringente post-ontologische Theorien bringen nicht-sagende An-
zeigen hervor: Sie lassen keinen Anblick einer Sukzession der Entrollung
von Welt entstehen, der alle ihre Zustände erklärlich macht aus einem
Prozess der Abkunft des einen (späteren) vom anderen (früheren). Ge-
rade dies entbehrt die nicht-sagende Anzeige. Sie kennt keinen Strang des
Nacheinanders und keine Richtung der Entfaltung von Weltzuständen. Die
Welt wird hier in einem ganz anderen Stil der Intellektion verständlich ge-
macht. Dieser lässt aus Brüchen, Diskontinuitäten, Inkongruenzen verste-
hen und nicht aus Entfaltungen, Kontinuitäten, Kongruenzen. Post-ontolo-
gische Theorien und ihre nicht-sagende Anzeigeweise werden selbst erst
möglich durch die Hineinnahme ihrer Emergenz in sie selbst. Der sagende
Typus der Anzeige hört da auf, wo die Anzeige ihre eigene Emergenz in sich
selbst wieder einführt.
Eine Theorie wie die Luhmann’sche ist somit, von ihrer Anlage her, jeg-
lichem Evolutionismus – im von uns skizzierten Sinne – abgewandt. Die
evolutionstheoretischen Stücke, die sie entleiht und in sich integriert, müss-
ten auf eine bessere „Reintegration der Emergenz“ hin abgebaut werden.
Man könnte dann, bei einer Revision dieser Stücke und einem Willen, sie
nicht gänzlich zu verwerfen, sich evolutionistische Konzepte denken, die
nichts Evolutionistisches mehr an sich haben.
Dies will bedeuten: In erster und letzter Intention sind solche Theorien –
aber insbesondere die alten, vor der modernen Synthesis entworfenen
Theorien – der Evolution Narrationen, die zu verstehen geben, wie alles in
der Welt Begegnende aus dem Zusammenspiel von Milieudruck und Chal-
Emergenz und Emergenzsinn 45

lenge-Responsivität zustande gekommen ist. Sie bietet einen Standpunkt


der Beobachtung, aus dem die Welt sich entrollt und erzählt, wie sie gewor-
den ist. Evolution ist an sich in erster und letzter Intention ein ontischer
Prozess. Sie ist etwas, was draußen in der Welt und mit der Welt geschieht.
Die Beschreibung eines solchen Prozesses in den Theorien der Evolution
setzt diesen als ontischen an, und muss ihn als solchen setzen. Nähme man
der Evolution diese ihre Ontizität weg, bliebe von ihr nicht viel übrig.
In unserer Diskussion des Evolutionsbegriffs als eines emergenten, selbst
in die Verwandlung von Beobachtungsweisen hineinzunehmenden Begriffs
geht es gerade um den Abbau einer jeglichen Ontizität, die ihm noch an-
haften könnte. Die Entwerfung auf die Welt, durch die Theorie, von ontisch
aufgefassten Sachverhalten muss zurückgenommen werden. Wenn die Theo-
rie ihre eigene Emergenz reflektiert, kommt sie zu sich als Konstruktions-
weise von Gegenständen und verunmöglicht die Erzeugung von narrativen
Verständlichkeiten.
Dies heißt nicht, dass jede und alle Evolutionstheorien objektivistisch
oder realistisch wären. Der Scheid zwischen Theorietypen läuft nicht ent-
lang einer Differenzierung von idealistischen und realistischen Ansätzen.
Ontizistisch bleibt eine Evolutionstheorie weiterhin, selbst wenn sie alle ob-
jektivistische Setzung von Gegenständlichkeit in der Welt zurücknimmt;
selbst wenn sie die von ihr erfassten Weltsachverhalte im Modus des als-ob
wahrnimmt und theoretisch entwirft; selbst wenn sie konsequent ihre
eigene Anlage daraufhin revidiert, dass ihre Entwürfe nichts als Erscheinun-
gen draußen antreffen, die vom wahrnehmenden, mit gewissen Kategorien
und Denkschemata operierenden Subjekt konstituiert sind; selbst wenn die
Wirklichkeit der Welt in ihr nur als Leerintention eines unmöglichen Vor-
griffs auf Ontisches begegnet.
Die Ontizität von Evolution als Sage von Welt hat also mit dem Hang
nach einer natürlichen „Thetik“ der Welt durch ein naives, keine Zurück-
nahme dieser leistendes Bewusstsein wenig zu tun. Hingegen liegt sie in der
Strukturierung der Beobachtung nach einem proteron-hysteron-Schema be-
gründet. Evolution kann erst ihren strukturellen ontizistischen Zug ab-
legen, sie kann erst ontizistische Verständnisse regelrecht abwehren und
ihr Aufkommen von vornherein verhindern, wenn sie sich an Kontingenz
so sehr bereichert, dass ihr jede lineare Entfaltung von Erklärungszusam-
menhängen unmöglich wird. Es muss ihr jedes Erzählen einer Sage von Welt
impraktikabel werden, weil sie nicht mehr in der Lage ist, Werdens- und
Abkunftsstränge zu isolieren und als solche zu potenter Explikation zu be-
rufen.
Das kann erst erfolgen, wenn in den Abkunftszusammenhängen das pro-
teron mit gar keiner Priorität mehr ausgezeichnet wird. Die Linearität der
Verursachung oder der Motivierung von Selektionen muss so stark verviel-
fältigt werden, dass es unmöglich wird, sie noch als irgendwie gerichtete,
46 Jean Clam

ja als Linearität überhaupt zu konstruieren. Sie muss in Äquifunktionalitä-


ten, Feedback-Kreisläufen, katastrophalen, stochastischen und dissipativen
Strukturierungen-gleich-Entstrukturierungen ertränkt werden. Nur unter
dieser Bedingung kann der ontizistisch-narrative Zug von Evolutionstheo-
rie abgebaut werden. Erst wenn Evolutionstheorien nichts mehr erzählen,
keine Sage von Welt mehr liefern können, erst dann können sie als de-onti-
zisiert gelten.

Die Beschreibung der Welt als Weltselbstbeschreibung und


die Wiedereinführung des Emergenzsinnes in die Emergenz
Die Wiedereinführung der Emergenz in das Emergente ist der Weg der
De-Ontizisierung schlechthin. Sie eröffnet die Problematik einer Beschrei-
bung der Welt als Weltselbstbeschreibung, als Weltselbstkonstitution, die
zum Zeitpunkt ihrer Emergenz alternativlos ist. Weltselbstbeschreibungen
haben an sich, dass sie letzterfolgende, aktuelle, gegenwärtige sind. Sie ge-
schehen immer a recentiori, aus dem jeweils ultimen Beobachtungspunkt.
Sie werden als alternativlos erfahren in dem Sinne, dass sie einen sich selbst
notwendigerweise totalisierenden Beobachtungspunkt darstellen, der sich
nicht zu einem anderen Raum der Entfaltung anderer Beobachtungsweisen
überschreiten lässt.
Eine Weise der Beobachtung von Welt damit ist immer eine emergente.
Sie ist nie vorgegeben noch irgendwo vorhanden vor ihrer Kristallisation in
einem Weltverhältnis der Affektion und Kognition. Sie ist nicht einmal
denkbar vor ihrer Emergenz, weil sie, auch wenn als Möglichkeit ausge-
dacht, nicht denselben Sinn haben kann vor ihrer Ausflockung zur kontin-
gent-absoluten, blinden-Fleck-besiegelten, in ihrer Faktizität nicht vermin-
derbaren Weltgegebenheit wie danach. Eine potenzielle Beobachtungsweise
ist nie dieselbe wie diese selbe Beobachtungsweise in aktualisierter Form.
Die Aktualisierung einer Beobachtungsweise, das heißt: ihre Emergenz, hat
gerade ihren Sinn im Ausschluss des Möglichseins aus ihr und in ihrer Ver-
wandlung zu einer absoluten Faktizität des alternativlosen Letztzustandes
der Welt. Die nachträgliche Figurierung ihrer als einer noch vor ihrer Emer-
genz möglichen kann sie nicht erfassen in ihrem Emergenzsinne, der gerade
die totale Verwandlung ihres Möglichkeitssinnes durch die Aktualisierungs-
strukturen ihres Welteintritts als Vereinnahmung in das Gehäuse eines aus-
geflockten Sinnerzeugungsparadigmas darstellt.
Eine ereignete Beobachtungsweise hat somit keinen Inhalt, der ihre Idee
oder Struktur wäre vor ihrer Aktualisierung. Ihre absolut faktische Emer-
genz lässt alle anderen Beobachtungsweisen undenkbar werden und zerstört
damit den Potenzialitätsgrund, aus dem ihre Emergenz ontizistisch figuriert
wird. Sie lässt sich nur unter Behaltung einer gänzlich ungeeigneten, ihren
Emergenz und Emergenzsinn 47

Emergenzsinn verdrängenden Vorstellung in eine Reihe mit anderen mög-


lichen, alternativen Beobachtungsweisen stellen. Dies heißt letztlich, dass er-
eignete, emergente Beobachtungsweisen keine Selbstdistanzierung leisten
können. Sie können keine Distanz zu sich gewinnen. Sie können ihre eigene
Kontingenz nur in Leerheit denken: Alle anderen möglichen Beobachtungs-
weisen sind zwar als solche prinzipiell denkbar, werden aber nur aus der
Verankertheit in der faktisch-kontingenten, absolut emergenten figuriert.
Eine Figuration des irrelativ Anderen zur blinden-Fleck-geblendeten, einzig
operierenden Unterscheidung kann nur aus dem absolut-relativen Ort, der
absolut relativen Verortetheit dieser erahnt werden.
Evolutionstheorie verbleibt in sagender Anzeige und ontizistischer Set-
zung jedes Mal, wo sie dies vergisst, d. h. jedes Mal, wo sie ihren angebore-
nen Tendenzen folgt. Vergessen wird, dass es verkehrt ist, eine Abfolge von
Emergenzen anzusetzen, als ob diese nebeneinander in einem Raum der
Möglichkeit stehen könnten und im Nacheinander sich jeweils ablösen wür-
den. Damit würde Evolution zu einer Beobachtungsschematik verkommen,
welche die Emergenz ihrer eigenen Heuresis in sich nicht wieder einführen
kann. Sobald Evolution ohne Emergenz gedacht wird, verfallen wir den
Schematismen einer Stadienpluralität, die keine absolute Kontingenz des
Emergenten kennt, sondern nur eine relative, über die Pluralisierung der
Stadien und die Ursächlichkeiten ihrer Entstehung sich erzählende.
Ernstmachen mit der absoluten Kontingenz ereigneter Beobachtungswei-
sen heißt: Ernstmachen mit dem Gedanken, dass es nie eine Mehrheit von
Beobachtungsweisen geben kann, sondern immer nur eine absolut veran-
kernde und vereinnahmende, die alle anderen nur aus sich selbst heraussetzt
und figuriert.
Die Auflösungskapazität heutiger Wissenschaft, d. h. die Bedingungen
der Möglichkeit der Intellektion als Rahmen der Konstruktion, Rekon-
struktion und Konstruktion der Konstruktion und Rekonstruktion von
Wirklichkeit fordert die Wiedereinführung des Aktualitätssinnes einer Be-
obachtungsweise in diese selbst. Diesen Aktualitätssinn haben wir Emer-
genz genannt und haben ihm dadurch einen ausgesprochenen Gegenwarts-
bezug verliehen. Dabei geht es bei Emergenz um den Präsenzsinn einer
Beobachtungsweise überhaupt. Dieser kann von Frische, Neuheit, Innova-
tionspotenz, Breite und Vielfalt der möglichen, zu brechenden Bahnen
oder aber von einem Unbehagen am Mangel von all dem geprägt werden,
wobei dann, im letzteren Fall, die Lebendigkeit beim Unbehagen selbst
liegt. Vom Emergenzmoment her wird die Beobachtungsweise in ihrem
Sinn und ihrem Impetus spezifisch belebt. Der Emergenzsinn ist immer der
eines Erstvollzugs in seiner Neuheit und Erschließungskraft. Selbst da, wo
der Emergenzsinn so etwas wie eine Vergilbung am Emergenten aufkom-
men lässt und sie apperzeptiv mit dem Emergenten zu gewahren gibt, ist
diese Apperzeption selbst das Lebendige am Emergenzsinn entsprechend
48 Jean Clam

seinem Erstvollzugscharakter. Bei gehöriger Wiedereinführung der Emer-


genz wird dieser (Vergilbungs-)Sinn in das Denkschema eingeführt. Sein
Gebrauch patiniert sich sozusagen und offenbart die Ermüdung seiner
Bewegung durch schlichte Wiederholung seines Aktes am Medium seiner
Sinnhaftigkeit. Wenn die Wiedereinführung gelingt, dann offenbart sich an
der Operation der betreffenden Beobachtung nicht eine bloße Vergilbung
ihrer Züge, sondern unmittelbar eine Vergilbung der Vergilbung.
Der Gedanke einer Wiedereinführung der Emergenz lässt sich an diesem
(kontraintuitiven) Beispiel der Vergilbung recht gut explizieren. Die Emer-
genz ist, wie wir gesehen haben, der Sinn, mit dem eine Beobachtungsweise
als alternativlose, absolut-relative, unaufhebbar kontingente operiert. Um
sie beschnitten, würde diese geradewegs funktionieren und eine wesentliche
Dimension ihrer Bedeutung verlieren. Die These ist hier, dass die Immanen-
tisierung der Emergenz ein neues, höheres Sinnereignis hervorbringt, in
dem sich die absolute Relativität des Sich-Ereignens von Sinn offenbart.
Die Betrachtung von Evolutionstheorie und die Frage nach der Wieder-
einführung des Sinnes ihrer Emergenz in sie unterscheiden sich kaum von
der Betrachtung eines vergilbten Fotos und der Wiedereinführung seines
Emergenzsinnes in es. Es gilt nämlich zu sehen, dass die Patina der Vergil-
bung nichts zum Abbild des Abgebildeten Hinzukommendes ist, genauso
wenig wie das Abbild zum Abgebildeten hinzukommt. Abbildung und Ver-
gilbung sind genau von derselben Art Unterscheidung wie das volle Sein
und Nicht-Sein des Abgebildeten selbst. Dennoch bringt die Vergilbung
eine besondere Problematik zu Werk: Die Vergilbung in ihrer Emergenz ist
Vergilbung der Vergilbung und nicht Vergilbung des Bildes. Sie ist kontin-
gent absolute Beobachtungsweise insofern, als sie die Vergangenheit dieser
absoluten Gegenwart ist, von der man sich nicht entankern kann. Sie ist die
Figuration dieser Vergangenheit als Vergangenheit einer Gegenwart, die an
der Vergilbung lebt und zu ihrer absoluten Kontingenz über die Wahrneh-
mung der Vergilbung der Vergilbung kommt.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule

Andreas Fischer- Lescano

„Systemkritik im Sinne Adornos ist aber nur möglich,


wenn man einen Begriff von sozialen Systemen hat.“ 1

Es gehört zu den gängigen Annahmen, dass es so etwas wie eine „Kritische


Systemtheorie“ nicht gibt. Systemtheorie sei nicht kritisch-emanzipativ, son-
dern als rein deskriptive Beobachtungsform die „Hochform eines technokra-
tischen Bewusstseins“, eine „Apologie des Bestehenden um seiner Bestander-
haltung willen“. So hat Jürgen Habermas in der Debatte2 mit Niklas Luhmann
formuliert3 und diese Charakterisierung hat die kritische Theorie in norma-
tiver Hinsicht lange Zeit gegenüber der Systemtheorie hermetisch-autopoie-
tisch verschlossen. Sie kann aber, das ist die These, die ich im Folgenden ver-
treten möchte, keinen universellen Wahrheitsanspruch geltend machen. Es
gibt im Gegenteil eine „Kritische Systemtheorie“ 4, die anschließt an die Ar-
beiten der Erstgeneration Kritischer Theorie und die den Zusammenhang von
Systemzwang und Subjektivität offen legt, den Adorno als transsubjektive
Verdinglichung und damit korrespondierende Entmündigung beschrieb.5
Die Systemtheorie der Weltgesellschaft, wie sie insbesondere Gunther
Teubner in unmittelbarer Nachbarschaft zum Institut für Sozialforschung im
3. Stock des Juridicums in der Senckenberganlage 31 in Frankfurt am Main

1 Hauke Brunkhorst, von dem dieses Zitat stammt (ders. Ästhetik als Gesellschaftskri-

tik. Vier Fragen zu Adorno, in: Widerspruch 41 (2003), 12 ff. (17)), hat präzise die Paralle-
len der Gesellschaftskonzeptionen von Systemtheorie und Adorno benannt; er verkörpert
die Möglichkeit eines Re-entry Kritischer Systemtheorie in die Kritische Theorie.
2 Anlass des Aufeinandertreffens war, dass Luhmann 1968/1969 die Vertretung des Lehr-

stuhls von Adorno in Frankfurt übernommen hatte.


3 Habermas Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie?, in: ders./Luhmann, Theo-

rie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie, 2. Aufl, 1974, 142 ff.; zu den Konvergenzen und
mit einem Plädoyer für eine weitere Zusammenführung Kjaer Systems in Context. On the
Outcome of the Habermas/Luhmann Debate, ancilla iuris 2006, 66 ff.
4 Die Kreationsrechte für „Kritische Systemtheorie“ als Begriff liegen bei Rudolf Wiethöl-

ter, der Kritische Theorie „unter Systembedingungen“ verficht und den Begriff in einem
Seminar, das er mit Gunther Teubner und mir im Sommersemester 2007 zum „konstitu-
tionellen Pluralismus in der Weltgesellschaft“ veranstaltet hat, einführte.
5 Siehe die Rekonstruktion bei Honneth Pathologien der Vernunft. Geschichte und Ge-

genwart der Kritischen Theorie, 2008, 44 ff.; siehe auch Zuidervaart Social Philosophy after
Adorno, 2007, 8 ff.
50 Andreas Fischer-Lescano

geprägt hat, ist eine kritische Theorie sozialer Systeme. Sie geht über eine
bloß deskriptive Beschreibung der Strukturprobleme hinaus und unterzieht
die Gesellschaftsstrukturen einer Kritik, die für postmaterialistische Theo-
rien aktuellen Zuschnitts in vielfältiger Form produktiv anschlussfähig ist. 6
Kritische Systemtheorie widmet sich den gesellschaftlichen Strukturantino-
mien. Sie übt sich als immanente Kritik in jener nonkonformistischen Hal-
tung, in jenem „bösen Blick“, der Kritische Theorie auszeichnet 7 und mit
dem gesellschaftliche Prozesse identifiziert und gestärkt werden sollen, die
das Potential haben, die verdinglichten Ordnungen zu überwinden.
Ich will im Folgenden die Verbindungen zwischen der Kritischen System-
theorie und der Kritischen Theorie skizzieren. Neben der Skepsis gegenüber
Universalvernunft und Universalmoral teilen die beiden Ansätze vor allem:
1. Das Denken in gesellschaftssystemischen, institutionellen Zusammenhän-
gen, die in ihrer Komplexität über einfache Reziprozitätsverhältnisse
hinausgehen.
2. Die Annahme, dass Gesellschaft auf fundamentalen Paradoxien, Antago-
nismen, Antinomien aufgebaut ist.
3. Die Strategie, Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel zu
verstehen.
4. Die Form immanenter (und nicht moralbasierter externer) Kritik als
einer Haltung der Transzendierung.
5. Das Ziel der gesellschaftlichen (und nicht nur politischen) Emanzipation
in einem „Verein freier Menschen“ (Marx).
Diese Gemeinsamkeiten, die ich jeweils ausführen möchte, sind insbesondere
Ergebnis einer Weiterentwicklung der Systemtheorie mit spiritus loci franco-
furtensis. Während Niklas Luhmann es sich in der klimatisierten VIP-Lounge
der 27. Beobachterebene im „Grand Hotel Abgrund“ mit einem Glas Cham-
pagner bequem machte und die emanzipatorischen Kämpfe geschundener In-
dividuen vernachlässigte, stellt kritische Systemtheorie dies vom Kopf auf die
Füße. Während Luhmann den Anschluss von Kommunikation an Kommuni-

6 Siehe nur Jessop Zur Relevanz von Luhmanns Systemtheorie und von Laclau und

Mouffes Diskursanalyse für die Weiterentwicklung der materialistischen Staatstheorie, in:


Hirsch u. a. (Hrg.), Der Staat der Bürgerlichen Gesellschaft. Zum Staatsverständnis von
Karl Marx, 2008, 157 ff.; Buckel Subjektivierung und Kohäsion, 2007, 230 ff.; Negri Philo-
sophy of Law against Sovereignty, European Journal of Legal Studies 2008; Möller Global
Assemblages im neuen Konstitutionalismus, ancilla iuris 2008, 44 ff., www.anci.ch; Brunk-
horst Die Legitimationskrise der Weltgesellschaft, in: Albert/Stichweh (Hrg.), Weltstaat
und Weltstaatlichkeit, 2008, 63 ff.; siehe schon Blecher Zu einer Ethik der Selbstreferenz
oder: Theorie als Compassion, 1991 und Willke Stand und Kritik der neueren Grund-
rechtstheorie. Schritte zu einer normativen Systemtheorie, 1975.
7 Zum „bösen Blick“ und dem Kritikverständnis der Tradition Demirovic´ Der nonkon-

formistische Intellektuelle. Die Entwicklung der kritischen Theorie zur Frankfurter Schule,
1999, 430; ferner Honneth Fn. 5, 57 ff.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 51

kation voraussetzte, legt Kritische Systemtheorie die Kontingenzen und die


poltische Umstrittenheit der Anschlusszusammenhänge offen, indem sie die
Theorie dekonstruktiv gegen den Strich liest. Während Luhmann die System-
theorie abschottete gegen normative Forderungen einer Umweltadäquanz, ist
Kritische Systemtheorie sensibel für gesellschaftliche Auseinandersetzungen
um gerechte Ordnungsmuster. Das erlaubt eine normative Wendung der Sys-
temtheorie, deren theoretische Komplexität Luhmann zwar goutierte, deren
normativer Überschuss aber nur den kalten Bielefelder Beobachterblick zu
spüren bekam: Luhmann sah das Konzept Kritischer Systemtheorie „belastet
durch die Absicht, damit eine Synthese von Theorien der ‚kritisch-emanzipa-
tiven‘ Richtung mit Vorstellungen über ‚responsive Dogmatik‘ und mit sozio-
logischen Analysen des ‚Rechtssystems‘ herbeizuführen.“8
Dieser anti-normativen Kritik zum Trotz führt die kritische Systemtheo-
rie das unbemenschte Flugobjekt Niklas Luhmanns nach seinem Blindflug
über die Wolken und die Vulkane des Marxismus 9 wieder zurück zur Erde.
Wie in Hegels Dialektik begreift sie Widersprüche als das Movens der gesell-
schaftlichen Entwicklung und analogisiert dieses Denken in linkshegeliani-
scher Absicht
„mit Realwidersprüchen in der Marxschen Theorietradition. Die Parallele
ist das Auf-die-Füße-Stellen: Paradoxien leben nicht in der idealen Welt
des Geistes, sondern es existieren Realparadoxien in der Gesellschaft, die
die Entwicklung vorantreiben.“ 10
Und genau hier zeigt sich das Potential einer Theorie, die die Funktions-
bedingungen der ausdifferenzierten Weltgesellschaft zu beschreiben und Pa-
radoxien offenzulegen vermag und somit Werkzeug systemtranszendieren-
der Kritik darstellen kann. Darum insistiert Kritische Systemtheorie wie
schon Marx,11 dass
„Realparadoxien in der Gesellschaft die Verhältnisse zum Tanzen bringen.“12

8 Luhmann Einige Probleme mit ‚reflexivem Recht‘, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 6

(1985), 1 ff. (2).


9 Luhmann Soziale Systeme, 1984, 13: „Der Flug muss über den Wolken stattfinden,

und es ist mit einer ziemlich geschlossenen Wolkendecke zu rechnen. Gelegentlich sind
Durchblicke nach unten möglich – […] ein Blick auf ein größeres Stück Landschaft mit den
erloschenen Vulkanen des Marxismus.“
10 Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.), Integratives Verstehen: Zur Rechtsphilo-

sophie Ralf Dreiers, 2005, 199 ff. (210); siehe auch Blecher Recht in Bewegung: Paradoxon-
tologie, Recht und Soziale Bewegungen, ARSP 2006, 449 ff.
11 „[…] man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß

man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“ (Marx Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphiloso-
phie: Einleitung, MEW 1, 381).
12 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joer-

ges/Teubner (Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 25 ff. (31); siehe zeitlos Wiethölter Be-
52 Andreas Fischer-Lescano

1. Transsubjektivität
„Die höchst formal klingende Definition präjudizierte, daß die Gesellschaft
eine von Menschen, daß sie menschlich sei, unmittelbar eins mit ihren
Subjekten; als bestünde nicht das spezifisch Gesellschaftliche im
Übergewicht von Verhältnissen über die Menschen, deren entmächtigte
Produkte diese nachgerade sind.“ 13

Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule teilt insbesondere mit der


Gründergeneration der Kritischen Theorie die Grundannahme der Nicht-
identität von Menschen und Gesellschaft. Gesellschaftliche Verhältnisse
werden weder monologisch subjektiv (wie in Kants Imperativ) noch inter-
subjektiv, sondern transsubjektiv begründet.
Kant und ihm nachfolgend die zweite Generation der Kritischen Theorie
suchten noch, den administrativen Institutionenkomplex durch demokra-
tisch legitimierbares Recht gesellschaftlich rückzubinden.14 Das kommt
Adornos Idee des Entronnenseins aus der „verwalteten Welt“ entgegen und
hierin begegnen sich radikaldemokratischer Kantianismus in der Form von
Ingeborg Maus und Gesellschaftstheorie in der Tradition Adornos. Aus
Adornos Perspektive bleibt dies aber reformistisch. Denn Bemühungen der
Humanisierung von Institutionen, „wie wohlgemeint sie auch sein mögen,
vermöchten die gegenwärtige Gestalt des gesellschaftlichen Widerspruchs
zu mildern und zuzuschmücken, aber nicht aufzuheben.“ 15 Die Konzentra-
tion auf einen politischen Institutionenbegriff, so wäre der Vorwurf, insinu-
iert, dass Entfremdung ein Problem des Politiksystems wäre und dass es
möglich sei, das Irrationale zu rationalisieren. Diese Strategie ist damit aber
gerade der Ausdruck der Fetischisierung von Kollektivität und Organisa-
tion, die es zu durchbrechen gilt.16
Gegen diese Fetischisierung setzt Kritische (System-)Theorie Frankfur-
ter Schule eine akribische Analyse der Gesellschaft als System und sucht
nach Strategien der Entdinglichung. Gemeinsamer Ausgangspunkt sind
Prozesse gesellschaftlicher Ausdifferenzierung. Unter den Autoren der so-
ziologischen Klassikertexte sind hier Emile Durkheim und Talcott Parsons
zu nennen. Ersterer – so goutiert Adorno bei aller Kritik – war dem
Hauptstrom des Positivismus dadurch überlegen, dass er die Phänomene
gesellschaftlicher Institutionalisierung und Verdinglichung nachhaltig her-

griffs- oder Interessenjurisprudenz, in: Lüderitz/Schröder (Hrg.), Internationales Privat-


recht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Gerhard
Kegel, 1977, 213 ff.
13 Adorno Gesellschaft, AGS 8, 9 ff. (9).
14 Prägnant Maus Zur Theorie der Institutionalisierung bei Kant, in: Göhler u. a. (Hrg.),

Politische Institutionen im gesellschaftlichen Umbruch, 1990, 358 ff.


15 Adorno Individuum und Organisation, AGS 8, 440 ff. (453).
16 Adorno ebd., 455.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 53

vorhob.17 Dass ihm Psychologie und Soziologie als eines geraten, kritisert
Adorno dann an dem systemtheoretischen Versuch von Talcott Parsons,
eine Einheitswissenschaft vom Menschen zu stiften. Denn das gesellschaft-
lich gesetzte Moment der Divergenz von Individuum und Gesellschaft,
und der den beiden gewidmeten Disziplinen, entgleite ihr. Das pedantisch
organisierte Totalschema verkenne, dass Individuum und Gesellschaft,
obwohl kein radikal Verschiedenes, geschichtlich auseinander getreten
seien.18 Dies ist nun auch genau die Stelle, an der sich die moderne System-
theorie im Sinne Luhmanns von Parsons Systemtheorie unterscheidet und
wo die Systemtheorie, wie bereits Adorno, eine radikale Differenz von Be-
wusstseinssystemen und autopoietischen sozialen Systemen einzieht. Wie
schon Adorno beschreibt Luhmann Gesellschaft als sich selbst reproduzie-
rendes System, als soziale Realität, die den praktischen Intentionen der
Akteure zunächst einmal unverfügbar ist. Kritische Systemtheorie, die
die Verselbständigung von Kommunikationsnetzwerken als radikale Ex-
klusion der Menschen aus der Gesellschaft analysiert, verweist auf diese
Parallele:
„Die Systemtheorie nimmt hier aus der sozialtheoretischen Tradition
Theoreme gesellschaftlicher Entfremdung in zeitgemäßer Fassung wieder
auf. An diesem Ort bestehen heimliche Kontakte zu offiziellen Feind-
theorien, zu Foucaults Analysen der Disziplinarmacht, Agambens Kritik
der gesellschaftlichen Exklusion, Lyotards Theorie der geschlossenen
Diskurse und Derridas Denken über Gerechtigkeit“.19
Ein solches Theoriedesign evoziert humanistische Kritik. Wer Gesellschaft
anders denn als Zusammenschluss von Individualmenschen konzipiere,
denke das A-Humane, agiere kontraintuitiv und interessiere sich nicht für
menschliche Schicksale. Adorno und Luhmann haben auf diese Kritik im
Grunde in gleicher Form geantwortet. Während sich Luhmann irritiert
zeigt, dass Humanisten in der Regel das Wort Mensch im Singular führen
und damit schon andeuten, dass sie es mit den Einzelexemplaren nicht so
genau nehmen, 20 begründet Adorno die Nichtidentität unter Berufung auf
den Marx’schen Materialismus, nach dem eine Analyse „des“ Menschen un-

17 Adorno Einleitung zu Emile Durkheim, „Soziologie und Philosophie“, AGS 8, 245 ff.

(250).
18 Adorno Einleitung zum Positivismusstreit in der deutschen Soziologie, AGS 8, 280 ff.

(297); zu Adornos Kritik an Parsons ferner Adorno Zum Verhältnis von Soziologie und
Psychologie, AGS 8, 42 ff. und ders. Einleitung in die Soziologie (1968), 2003, 18.
19 Teubner Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“ trans-

nationale Akteure, Der Staat 2006, 161 ff. (168) unter Verweis auf Menke Spiegelungen der
Gleichheit: Politische Philosophie nach Adorno und Derrida, 2004.
20 Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 35 ff.
54 Andreas Fischer-Lescano

möglich sei, „das wäre eine Oberflächlichkeit gegenüber dem geschicht-


lichen Wesen.“ 21
Es ist konsequent, dass sich Luhmann bei der Einführung der Selbst-
referenz dazu bekennt, die Marx’sche Auffassung der Gesellschaft als eines
„sich abstrahierenden, kategorisierenden, thematisierenden Sozialsystems“
bewahren zu wollen. 22 Wie Marx, der im Kapital den wirtschaftlichen Wert
als „eine prozessierende, sich selbst bewegende Substanz, für welche Ware
und Geld bloße Formen“ darstellen, 23 begreift, setzt Systemtheorie den Be-
griff der Selbstreferenz sozialer Systeme zentral. 24 Anders aber als Marx
und die Kritische Theorie geht die Kritische Systemtheorie von einer Viel-
zahl selbstreferentieller sozialer Prozesse aus. Während also Adorno im An-
schluss an Marx den Systembegriff monistisch versteht und innerhalb des
einen einzigen Gesellschaftssystems untersucht, wie Individuen bis in die
intimsten Regelungen hinein genötigt werden, „dem Gesellschaftsmechanis-
mus als Rollenträger sich einzuordnen und ohne Reservat nach ihm sich zu
modeln“, 25 stellen systemtheoretische Analysen auf eine Vielzahl syste-
mischer Binnendifferenzierungen des Weltgesellschaftssystems ab. Nicht
nur ist der Mensch Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse, 26 auch ist
die Gesellschaft Ensemble gesellschaftlicher Teilsysteme. Das macht es dann
letztlich unmöglich, Gesellschaft vom Menschen her zu denken:
„Angesichts von Polykontexturalität, also angesichts der Emergenz von
hochfragmentierten, intermediären Sozialstrukturen und des Auseinan-
derdriftens von Interaktionssystemen, formalen Organisationen und Ge-
sellschaftssystem kann man die Gesellschaft nicht mehr von der Interak-
tion her begreifen.“ 27
In der Beobachtung weltgesellschaftlicher Ausdifferenzierung, globaler
Funktionssysteme, Organisationen und Regimes trifft sich die Kritische
Systemtheorie mit neoinstitutionalistischen Theorien der „global culture“
der Stanford School, postmodernen Konzepten des globalen Rechtspluralis-
mus, polit-regulatorischer Assemblages, der internationalen politischen

21 Adorno Über Marx und die Grundbegriffe der soziologischen Theorie. Seminarmit-

schriften, in: Backhaus (Hrg.), Dialektik der Wertform: Untersuchungen zur Marxschen
Ökonomiekritik, 1997, 501 ff. (504).
22 Luhmann Selbst-Thematisierungen des Gesellschaftssystems, in: ders., Soziologische

Aufklärung 2, 5. Aufl., 2005, 89 ff. (101)


23 Marx Das Kapital, MEW 23, 169.
24 Instruktiv zu diesen Parallelen Breuer Adorno/Luhmann. Konvergenzen und Diver-

genzen von Kritischer Theorie und Systemtheorie, Leviathan 1987, 91 ff. (103).
25 Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (361).
26 Marx Thesen über Feuerbach, 6. These, MEW 3, 5.
27 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des

Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 9 ff. (11)


Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 55

Ökonomie und Theorien der globalen Zivilgesellschaft. 28 Die Gefährdun-


gen für individuelle und gesellschaftliche Autonomieräume resultieren da-
nach aus dem Totalisierungsdrang weltgesellschaftlicher Organisationen und
Institutionen, aus „transnationalen Matrices“, aus globalem Wirtschaftssy-
stem, Politiksystem, Religionssystem, Wissenschaftssystem, Gesundheits-
system etc. Alle diese gesellschaftlichen Götzen kennen keine Götter neben
sich, 29 alle verfolgen ein rücksichtsloses Programm der Eigenrationalitäts-
maximierung. Die polykontexturale Gesellschaft gestattet es dann nicht,
den Menschen (im Singular) zu identifizieren, sondern die Vielzahl von Ho-
mo-Formeln indiziert die vielfältigen Grenzbeziehungen zwischen Syste-
men und Individualmenschen: homo sapiens, homo faber, homo oecologicus,
homo militans, homo oeconomicus, homo politicus, homo sociologicus, homo
religosus, homo psychologicus etc. 30
Ausbeutungs- und Subalternitätszusammenhänge in den Grenzbeziehun-
gen der Menschen zur Gesellschaft emergieren im Kontext spezifischer
Funktionssysteme. Die Individuen, so formuliert Nancy Fraser, sind „so
etwas wie Schnittpunkte, an denen sich die mannigfaltigen und zueinan-
der quer liegenden Achsen der Benachteiligung kreuzen.“ 31 Das kann im
schlimmsten Fall zu Situationen führen, in denen nicht einmal das eigene
Leben etwas ist, was man verlieren könnte. 32 Dass solche Prekarisierungen,
sofern sie aus den Strukturen des Wirtschaftssystems resultieren, besonders
existentielle Folgelagen evozieren, ist evident. Analysen marxistischer Pro-
venienz setzen hier an. Unter Akzentuierung der zentralen Funktion des
Wirtschaftssystems für die gesellschaftlichen Reproduktionsbedingungen
konzipiert „materialistische Systemtheorie“ 33 eine Primatstellung des Wirt-
schaftssystems. „Kapitalismus“ charakterisiert dann nicht nur die Funk-
tionsweise des Wirtschaftssystems, sondern eine (historische) System-
formation, eine ganz bestimmte Interdependenzlage der Systeme Politik,

28 “Global culture”: Meyer u.a. World Society and the Nation-State, American Journal

of Sociology 103 (1997), 144 ff.; globaler Rechtspluralismus: Boaventura de Sousa Santos
Toward a New Legal Common Sense: Law, Globalization and Emancipation, 2. Aufl.,
2002, 163 ff.; Hanschmann Theorie transnationaler Rechtsprozesse, Buckel u. a. (Hrg.),
Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, 375 ff.; zu den Assemblages: Sassen Territory,
Authority, Rights, 2006, 224; zur IPÖ : Möller Fn. 6, 44 ff.; zur globalen Zivilgesellschaft:
Brunkhorst Solidarität, 2000, 274 ff.
29 Siehe Max Webers Konzept des Polytheismus: ders. Gesammelte Aufsätze zur Wis-

senschaftslehre, 3. Aufl., 1968, 605; hierzu Teubner Altera Pars Audiatur: Das Recht in der
Kollision anderer Universalitätsansprüche, ARSP Beiheft 65 (1996), 199 ff.
30 Fuchs Der Eigen-Sinn des Bewußtseins, 2003, 16, 47.
31 Fraser Soziale Gerechtigkeit im Zeitalter der Identitätspolitik, in: Fraser/Honneth,

Umverteilung oder Anerkennung? 2003, 13 ff. (80).


32 Luhmann Inklusion und Exklusion, in: ders., Die Soziologie und der Mensch. Sozio-

logische Aufklärung 6, 1995, 237 ff.


33 So der Begriff bei Brunkhorst Kommentar zu Karl Marx. Der achtzehnte Brumaire des

Louis Bonaparte, 2007, 228.


56 Andreas Fischer-Lescano

Wirtschaft und Recht im weltgesellschaftlichen Institutionenensemble. Der


privatautonomen (Recht), gewaltmonopolistisch durchgesetzten (Politik)
Eigentumsordnung (Wirtschaft) der kapitalistischen Gesellschaftsformation
ist inhärent, dass das Wirtschaftssystem ein „ökologisches“ Primat über
seine gesellschaftliche Umwelt innehat. 34 „Kapitalismus“ meint dann nicht
ein Determinationsschema im Basis/Überbau-Verhältnis, sondern ein ganz
bestimmtes Systemarrangement in der ausdifferenzierten Weltgesellschaft.
Kritische Systemtheorie beschreibt diese weltgesellschaftlichen Formatio-
nen nicht nur, sondern setzt mittels einer gesellschaftlichen Mäeutik auf die
„Entbindung gesellschaftlicher Normativitätspotentiale“ 35 zur Sozialisie-
rung der Institutionen und bezieht sich auf eine ganze Reihe von Vertretern
normativer Soziologie, die die Möglichkeitsbedingungen der Gesellschafts-
gerechtigkeit gesellschaftlicher Organisationen, Institutionen und Netz-
werke ausgelotet haben. 36 Kritischer Systemtheorie Frankfurter Schule geht
es dabei um die Sicherung gesellschaftlicher Freiheitsräume
„als wechselseitige Abhängigkeit von Teilautonomien, die nicht etwa nur
die Autonomie von funktionalen Systemen, sondern auch die von Indivi-
duen, Kollektiven, Institutionen, Organisationen betrifft. Sie ist ein durch
und durch normatives Konzept“. 37

2. Umgang mit Paradoxien


„Wer die Erfahrung des Vorrangs der Strukturen über die Sachverhalte sich
nicht verbauen läßt, wird nicht, wie meist seine Kontrahenten, Widersprüche
vorweg als solche der Methode, als Denkfehler abwerten und sie durch die
Einstimmigkeit der wissenschaftlichen Systematik zu beseitigen trachten.
Statt dessen wird er sie in die Struktur zurückverfolgen, die antagonistisch war,
seit es Gesellschaft im nachdrücklichen Sinn gibt, und die es blieb“. 38

Wie die Kritische Theorie erster Generation sieht die Kritische System-
theorie Frankfurter Schule das gesellschaftliche Movens in Realwidersprü-

34 Jessop Fn. 6, 157 ff.; siehe auch Schimank Funktionale Differenzierung und gesell-

schaftsweiter Primat von Teilsystemen – offene Fragen bei Parsons und Luhmann, Soziale
Systeme 11 (2005), 395 ff.; Ansätze bei Luhmann Identitätsgebrauch in selbstsubstitutiven
Ordnungen, besonders Gesellschaften, in: ders., Soziologische Aufklärung 3, 1981, 198 ff.
(217).
35 Teubner Fn. 12, 44.
36 Fuller The Morality of Law, 1969; Selznick, Law, Society and Industrial Justice, 1969;

Ewald L’État providence, 1986; Friedland/Alford Bringing Society Back in: Symbols,
Practices, and Institutional Contradictions, in: Powell u. a. (Hrg.), The New Institutional-
ism in Organizational Analysis, 1991, 232 ff.
37 Teubner Fn. 12, 43.
38 Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (357).
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 57

chen. Paradoxien sind nicht hintergehbar, sie können von hegemonialen


Diskursen nur invisibilisiert werden. 39 Dazu muss man aber
„ihre Latenzen latent halten, ihre Aporien verdrängen, auf ihre Dekon-
struktion verzichten, dem Scharfsinn Grenzen setzen, Kritik unterlassen,
Verblendungszusammenhänge einrichten, die Student_innen belügen.“ 40
Statt unkritischer Reproduktion gesellschaftlicher Widersprüche durch de-
ren Invisibilisierung und Leugnung zielt die Offenlegung von Paradoxien
auf Demystifizierung und immanente Kritik. In der Hegelschen Tradition
bedeutet Dialektik qua Verfahren, um des einmal an der Sache erfahrenen
Widerspruchs willen und gegen ihn in Widersprüchen zu denken. Als „Wi-
derspruch in der Realität“, so formuliert Adorno, „ist sie Widerspruch ge-
gen diese.“ 41 Exakt diesen Widerspruch, der auch für Adorno nicht in der
Synthese aufgehoben werden kann, 42 hat Kritische Systemtheorie Frankfur-
ter Schule im Auge, wenn sie den Umgang mit Paradoxien in allen Sozial-
systemen (nicht nur der institutionalisierten Politik) als genuin „politisch“
begreift: 43
„Das „Politische“ erscheint dann auch außerhalb des politischen Systems
als Entscheidung im Kontext von Unentscheidbarkeit: als Auflösung von
Sinnbrüchen in antagonistischen Arrangements“. 44
Das öffnet insbesondere den Blick dafür,
„dass Machtprozesse trotz des staatlichen Gewaltmonopols auch außer-
halb der Politik stattfinden“. 45
Gerade das systemtheoretische Insistieren auf der Paradoxie als der großen
Leerstelle der Begründung gesellschaftlicher Institutionen, auf dem mysti-
schen Fundament, provoziert Kritik. 46 Diese Angriffe sind die Wiederkehr
eines Vorwurfs, den Jürgen Habermas formuliert hat: „Wer an einem Ort,
den die Philosophie einst mit ihren Letztbegründungen besetzt hielt, in

39 „Alle Verdinglichung ist ein Vergessen“, schreiben Horkheimer/Adorno Dialektik der

Aufklärung, AGS 3, 263; zur Invisibilisierung Luhmann Fn. 20, 221.


40 Teubner Fn. 12, 42.
41 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 148.
42 Adorno Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/66, Nach-

gelassene Schriften, Bd. 16, 2003, 16.


43 Pointiert zur Kombination von Dekonstruktion und Systemtheorie Menke, Subjektive

Rechte. Zur Paradoxie der Form, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 81 ff. (86).
44 Teubner Fn. 12, 36.
45 Teubner Fn. 27, 26.
46 So bei Günther Kopf oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine vermeint-

lichen Paradoxien, in: Kiesow u. a. (Hrg.), Summa – Festschrift für Dieter Simon zum
70. Geb., 2005, 255 ff.; siehe ferner Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Pa-
radoxologie, in: Brugger u. a. (Hrg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 2008, 72 ff.
58 Andreas Fischer-Lescano

einer Paradoxie verharrt, nimmt nicht nur eine unbequeme Stellung; er


kann die Stellung nur halten, wenn mindestens plausibel erscheint, daß es
keinen Ausweg gibt.“ 47 Diese Formulierung, die heute in identischer Form
gegen die Systemtheorie vorgebracht wird, richtete Habermas 1985 in „Der
philosophische Diskurs der Moderne“ gegen Adorno und Horkheimer. An
eben dieser Stelle zieht Habermas statt der Paradoxie eine diskurstheoreti-
sche Intersubjektivität ein, während Horkheimer und Adorno sich keinen
intellektuellen Ausweg aus der unbequemen Stellung der Paradoxie er-
lauben. 48
Die Kritische Systemtheorie geht in dieser Frage zurück zu den Wurzeln
Kritischer Theorie. Hier gibt es Berührungspunkte mit paradoxologischen
Ansätzen einer reformierten Kritischen Theorie, die einmal am Institut für
Sozialforschung reüssieren 49 und die zum anderen in der Schule Albrecht
Wellmers Unversöhnlichkeiten, Paradoxien und gesellschaftlichen Wider-
streit thematisieren. 50 So hat, ähnlich wie Urs Staehelis Projekt des „Upda-
ting Luhmann mit Foucault“, Christoph Menke eine französische Lesart
systemischer Selbstreproduktionsverhältnisse unternommen. Beiden ist ge-
meinsam, dass sie an Sinnzusammenbrüchen ansetzen und die Selbstre-
flexionsprozesse des Rechts als politische Prozesse, als Kampf um die
Rechtsform selbst, deuten.51 Und auch Antonio Negri hat gerade dieses Inte-
resse an Antagonismen, Paradoxien und Inkommensurabilitäten in Bemer-
kungen zu Teubners Rechtssystemtheorie euphorisch aufgenommen: „Es ist
großartig, dass es die Rechtswissenschaftler sind, die den Geist der neuen
Epoche aufnehmen und sperrige Philosophietraditionen hinter sich lassen.”52
Die Paradoxienbegründung bleibt auch für das von kritischer System-
theorie maßgeblich hinterfragte Recht nicht ohne Auswirkungen. Während
man für die Erstgeneration Kritischer Theorie noch sagen muss, dass sie
sich dem juridischen Diskurs kaum zuwandte, dass die Juristen Kirchhei-
mer, Neumann und Abendroth an den inneren Zirkel um Marcuse, Hork-

Habermas Der philosophische Diskurs der Moderne, 1985, 155.


47

Demirovic´ Fn. 7, 523.


48
49 Siehe Honneth Organisierte Selbstverwirklichung. Paradoxien der Individualisierung,

in: ders. (Hrg.), Befreiung aus der Mündigkeit. Paradoxien des gegenwärtigen Kapitalis-
mus, 2002, 141 ff. und Hartmann Widersprüche, Ambivalenzen, Paradoxien – Begriffliche
Wandlungen in der neueren Gesellschaftstheorie, ebd., 221 ff.
50 Wellmer Endspiele: Die unversöhnliche Moderne, 1993; Seel Paradoxien der Erfül-

lung, 2006; Menke Fn. 43, 81 ff.


51 Menke Fn. 43, 86: Daran dass die Paradoxie des Rechts die Form „subjektiver Rechte“

sowohl hervorbringt, als auch in Frage stellt, zeige sich „der wesentlich politische Charak-
ter des selbstreflexiven Rechts“. Siehe ferner Staeheli Updating Luhmann mit Foucault?, in:
kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie 47 (2004), 14 ff.; Fischer-Les-
cano/Christensen Auctoritatis interpositio. Die Dekonstruktion des Dezisionismus durch
die Systemtheorie, in: Der Staat 2005, 213 ff.
52 Negri Fn. 6, 11 (Übersetzung aus dem Italienischen).
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 59

heimer und Adorno nicht heranreichten, bezieht die aktuelle Kritische


Theorie den nationalen und internationalen Rechtsdiskurs nachdrücklich
ein. 53 Anders aber als die kritische Systemtheorie, die das politische Mo-
ment des Rechts unter Verweis auf seine paradoxe Grundlage dechiffriert,
wählen die Zweit- und die Drittgeneration der kritischen Theorie einen
Kantischen Zugang, indem sie Politik als „ausübende Rechtslehre“ rahmen
und fragen, wie die demokratische Idee unter Globalisierungsbedingungen
aktualisiert werden kann. So hat Jürgen Habermas in „Faktizität und Gel-
tung“ seine Rechtsphilosophie ausgearbeitet und sich in jüngeren Arbeiten
intensiv mit dem Weltrecht befasst. 54 Das Rousseau’sche Erbe betonend be-
steht auch Ingeborg Maus nachhaltig auf der zusammenschauenden Be-
trachtung von Rechts- und Politikprozessen im globalen Rahmen. 55 Und
Hauke Brunkhorst schließlich widmet sich zentral den Interdependenzlagen
von Politik und Rechtsprozessen in der Weltgesellschaft. 56 Kritische Theorie
im Recht wird insbesondere in den Arbeiten von Klaus Günther 57 und Gün-
ter Frankenberg 58 sichtbar; letzterer verbindet zugleich die kritische Rechts-
theorie Frankfurter Schule mit den Arbeiten der critical legal studies (crits)
um Duncan Kennedy, David Kennedy, Martti Koskenniemi und Anthony
Anghie. 59
All diese Ansätze situieren Recht im gesellschaftlichen Kontext, gehen
also über rein dogmatisches „Vergessen“ (Horkheimer/Adorno) 60 hinaus.
Stärker als der Frankfurter Strang kritischer Rechtstheorie betonen die crits
die Unbestimmtheit des Rechts, indem sie in dieser Frage an den legal real-
ism anknüpfen und ihre Kritiken unter Bezug auf Derridas Aporienlehre

53 Zur zweiten Generation Kritischer Theorie und dem Recht: Niesen/Eberl Demokrati-

scher Positivismus: Habermas/Maus, in: Buckel u. a. (Hrg.), Neue Theorien des Rechts,
2. Aufl., 2009, 93 ff.
54 Habermas Faktizität und Geltung, 1992; ders. Eine politische Verfassung für die plu-

ralistische Weltgesellschaft?, KJ 2005, 222 ff.; siehe die fruchtbaren Weiterführungen für
globale Politikprozesse bei Deitelhoff Überzeugung in der Politik, 2006.
55 Maus Zur Aufklärung der Demokratietheorie. Rechts- und demokratietheoretische

Überlegungen im Anschluß an Kant, 1992; dies. Das Verhältnis der Politikwissenschaft zur
Rechtswissenschaft. Bemerkungen zu den Folgen politologischer Autarkie, in: Becker/
Zimmerling (Hrg.), Politik und Recht, 2006, 76 ff.; siehe in dieser Tradition instruktiv Eberl
Demokratie und Frieden. Kants Friedensschrift in den Kontroversen der Gegenwart, 2008.
56 Jüngst Brunkhorst Die Legitimationskrise der Weltgesellschaft. Global Rule of Law,

Global Constitutionalism und Weltstaatlichkeit, in: Albert/Stichweh, Weltstaat und Welt-


staatlichkeit, 2007, 63 ff.
57 Günther Der Sinn für Angemessenheit, 1988; ders./Randeria Recht, Kultur und Ge-

sellschaft im Prozeß der Globalisierung, 2001.


58 Frankenberg Autorität und Integration: Zur Grammatik von Recht und Verfassung,

2003; ders. Zivilgesellschaft im transnationalen Kontext, in: Maecenata, Jahrbuch für Phi-
lanthropie und Zivilgesellschaft, 2003, 13 ff.
59 Instruktiver Überblick mwN. bei Frankenberg Partisanen der Rechtskritik: Critical

Legal Studies, in: Buckel u. a. (Hrg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, 93 ff.
60 Horkheimer/Adorno Fn. 39, 263.
60 Andreas Fischer-Lescano

schärfen. 61 Gemeinsam ist den Arbeiten bei allen Unterschieden, dass sie
Politik und Recht in enger Verbindung sehen. 62 Kritischer Rechtssystem-
theorie ist es hierbei insbesondere darum zu tun, das Politische im Recht als
das Widerstreitsmoment des Rechts offenzulegen. 63 Gerade dieses hatte
schon Marx im Blick, als er formulierte: „Es findet hier also eine Antinomie
statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaus-
tausches besiegelt.“ 64

3. Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel


„Recht ist das Urphänomen irrationaler Rationalität.“ 65

Adorno hat Stringenz und Totalität beharrlich als die bürgerlichen Denk-
ideale von Notwendigkeit und Allgemeinheit in die Kritik genommen. 66
Systemische Geschlossenheit hat er als Hermetisierung durch Verfahren
und als systemische Selbstbehauptung gegen die „Ubiquität des Betriebs“
charakterisiert. Das trifft sich mit systemtheoretischen Beschreibungen
einer order from noise in der Koevolution von System und Umwelt. 67 So-
wohl Adorno als auch Kritische Systemtheorie verstehen hierbei unter
„System“ nicht eine statische Strukturhierarchie. Diese Denkform, die
Friedrich Nietzsche wirkmächtig denunzierte, 68 ist beiden Systemansätzen
fremd. Beide beschreiben vielmehr die höchst dynamischen, evolutiven,
eruptiven Autonomisierungen von Rationalität(en) als dialektischen Prozess
der Emergenz selbstrefentieller Systeme. Adorno bringt diese Verselbstän-
digungsproblematik in seiner Musikphilosophie auf den Punkt, wenn er so-
lipsistischer Musik vorwirft, dass die Strenge des Gefüges, durch welches
Musik gegen die Ubiquität des Betriebs sich behauptet, sie derart in sich ver-
härtet habe, dass jenes ihr Auswendige, Wirkliche sie nicht mehr erreiche,

61Derrida Gesetzeskraft. Der „mystische Grund der Autorität“, 1996.


62Generell zu den juristischen Denkern Kritischer Theorie siehe den Überblick bei
Perels Kritische Justiz und Frankfurter Schule, in: Claussen u. a. (Hrg.), Philosophie und
Empirie, 2001, 146 ff.; ferner die Rekonstruktion bei Buckel Fn. 6, 80 ff.
63 Siehe hierzu auch Buckel/Fischer-Lescano Hegemonie im globalen Recht – Zur Aktua-

lität der Gramscianischen Rechtstheorie, in: dies. (Hrg.), „Hegemonie gepanzert mit
Zwang“. Zivilgesellschaft und Politik im Staatsverständnis von Antonio Gramsci, 2007,
85 ff.
64 Marx Das Kapital I , MEW 23, 249.
65 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 303 f.; ders., Individuum und Organisation,

AGS 8, 440 ff. (445).


66 Adorno Minima Moralia, AGS 4, 172.
67 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1998, 789 ff.
68 „Der Wille zum System ist ein Mangel an Rechtschaffenheit“ (Nietzsche Götzendäm-

merung (1888), in: ders., Das Hauptwerk. Werke Bd. 4, 1990, 253 ff. (260), Ziff. 26).
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 61

welches ihr einmal den Gehalt zugebracht habe, aus dem absolute Musik
wahrhaft zur absoluten wurde. 69 Die Crux sei, so führt Adorno in der Äs-
thetischen Theorie aus, dass die gesellschaftliche Institution zwar nur im
Verhältnis zu dem, was sie nicht ist, zu ihrem Anderen, ist, 70 dass sie aber
andererseits für gesellschaftliche Einflüsse offen gehalten werden muss. Ge-
schlossenheit und Offenheit zugleich: Wer für alles offen ist, ist nicht mehr
ganz dicht; zugleich muss systemischer Autismus vermieden werden. Was
Adorno für die Kunst zeigt, buchstabiert die Systemtheorie für eine ganze
Reihe von autopoietischen Rationalitätsbereichen aus, die alle nur in ihrem
Verhältnis zur gesellschaftlichen Umwelt bestehen. Drawing distinctions. 71
Die verdinglichten Rationalitätsbereiche Kunst, Wirtschaft, Politik, Recht
etc. sind als gesellschaftliche Realitäten keine ontologischen Größen, son-
dern Konstrukt eben dieser Gesellschaft, ideologiekritisch gesprochen: Sie
sind Fiktion, Schein, gesellschaftliche Götter. Aber nur Schein, so insistiert
Adorno, seien die fetischisierten Vorstellungen auch nicht, denn insofern
die Menschen tatsächlich abhängig würden von diesen ihnen undurchsichti-
gen Objektivitäten, sei die Verdinglichung nicht nur ein falsches Bewusst-
sein, sondern zugleich auch Realität. Dass die Kategorien des Scheins in
Wirklichkeit auch Kategorien der Realität sind, darin manifestiere sich die
Dialektik. 72
Der Kritischen Systemtheorie Frankfurter Schule geht es dann darum,
in die Geschlossenheit gesellschaftlicher Ordnung eine praktische Pflicht
zur Entwicklung einer Mehrwerttheorie einzubauen, 73 um die hochgezüch-
teten Rationalitätsbereiche wieder an jenes „Auswendige, Wirkliche“ rück-
zubeziehen, dem sie ihre Existenz verdanken. Die Testfrage für Anschluss-
kämpfe lautet:
„An welchen gesellschaftlichen Orten werden gesellschaftliche Utopien
entworfen?“ 74
Die Frage zielt auf den Stachel der Gerechtigkeit. In ihrer Beantwortung
fordert kritische Systemtheorie die „selbstsubversive Gerechtigkeit als Kon-
tingenz- und Transzendenzformel“ zugleich. Das führt zu einem doppelten
Konzept der Gerechtigkeit, die zunächst als innersystemische Kontingenz-
formel die interne Konsistenz plus Responsivität gegenüber den Anforde-

69 Adorno Philosophie der neuen Musik, AGS 12, 27.


70 Adorno Ästhetische Theorie, AGS 7, 12.
71 „Draw a distinction: Die entscheidende theoretische Ressource systemtheoretischer

Beobachtung ist die Unterscheidung System/Umwelt“ (Luhmann Fn. 67, 60).


72 Adorno Fn. 21, 508.
73 Siehe Teubner/Zumbansen Rechtsentfremdungen: Zum gesellschaftlichen Mehrwert

des zwölften Kamels, Zeitschrift für Rechtssoziologie 21 (2000), 189 ff.


74 Teubner Fn. 12, 37.
62 Andreas Fischer-Lescano

rungen der Gesellschaft wahren muss. 75 Bereits diese aus der rechtlichen
Selbstbeschreibung entwickelte Formel sollte in ihren normativen Implika-
tionen nicht unterschätzt werden. Denn sie verpflichtet das Recht als Such-
formel, gesellschaftliche Strukturkonflikte in die quaestio iuris zu überset-
zen, Autonomieräume füreinander kompatibel zu halten, Bedingungen für
die Selbstkonstituierung der Individuen zu garantieren. Das normative Mo-
dell der Gerechtigkeit als Kontingenz- und Transzendenzformel geht aber da-
rüber hinaus. Eine Sicht, die bei der Kontingenzformel stehen bliebe und
diese zu universalisieren suchte, würde nur neue Ungerechtigkeiten provo-
zieren. Kritische Systemtheorie wirft den universalistischen Gerechtigkeits-
theorien gerade einen solchen Imperialismus rechtlicher Rationalität vor, ge-
gen den politische Wachsamkeit geboten ist und der deshalb so gefährlich
sei, weil summum ius summa iniuria implizieren kann. 76 Dieser Kohl-
haas’schen Konsequenz verdinglichter Immanenz des Rechts setzt Kritische
Systemtheorie ein Transzendenzmoment entgegen und fordert (normativ)
die Eröffnung eines Verweisungsüberschusses, die Aktivierung utopischer
Energien unter den Voraussetzungen konkret erfahrener Ungerechtigkeit.
Das bedeutet
„die Aufforderung der Transzendenz, die Immanenz in deren für diese
jedoch nicht verstehbaren Sinn zu transformieren […] Gerechtigkeit ver-
wirklicht sich erst im realen Durchgang durch Ungerechtigkeit.“ 77
Prozesse gesellschaftlicher colère publique sind eine Artikulationsform sol-
cher Ungerechtigkeitserfahrung, 78 die auch Adorno benennt, wenn er
Phänomene gesellschaftlicher Unmittelbarkeit adressiert und den Impuls,
die nackte physische Angst und das Gefühl der Solidarität mit den, nach
Brechts Wort, quälbaren Körpern dafür anführt, dass das Ungetrennte ein-
zig in den Extremen lebe, in der spontanen Regung, die, ungeduldig mit dem
Argument, nicht dulden will, dass das Grauen weitergehe. 79 Adorno und
Kritischer Systemtheorie ist damit das Plädoyer gegen die Verwaltungs-
wissenschaft der Gerechtigkeit gemeinsam. Gesellschaftliche Unmittelbar-
keit gibt es nur in Konfigurationen, die Gerechtigkeit nicht in Gerechtig-
keitsorganisation verwandeln. Zugleich aber, das ist das Dialektische daran,
ist Möglichkeitsbedingung für das Wirken der Transzendenzformel, dass es

Fögen Das Lied vom Gesetz, 2006, 95 ff.


75

Teubner Fn. 27, 33.


76
77 Teubner Fn. 27, 28; ferner ders. Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit:

Gegenseitige Heimsuchungen von System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hrg.),


Widerstände der Systemtheorie, 1999, 199 ff.
78 Zur colère publique Fischer-Lescano Global Constitutional Struggles: Human Rights

between colère publique and colère politique, in: Kaleck u. a. (Hrg.), International Prose-
cution of Human Rights Crimes, 2006, 13 ff.
79 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 281.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 63

einen eingerichteten und ausgeübten Betrieb des Rechts in der verwalteten


Welt gibt, der dann erst die Notwendigkeit der Suchformel evoziert. 80 Es ist
genau diese gegenseitige Bedingtheit von Schutz und Maskerade, 81 von Im-
manenz und Transzendenz, 82 die Adorno in der Negativen Dialektik mit
Blick auf den Warentausch formuliert: 83 „Annullierte man simpel die Maß-
kategorie der Vergleichbarkeit, so träten anstelle der Rationalität, die ideo-
logisch zwar, doch auch als Versprechen dem Tauschprinzip innewohnt,
unmittelbare Aneignung, Gewalt, heutzutage: nacktes Privileg von Mono-
polen und Cliquen. Kritik am Tauschprinzip […] will, daß das Ideal freien
und gerechten Tauschs, bis heute bloß Vorwand, verwirklicht werde. Das
allein transzendierte den Tausch.“ 84

4. Immanente Kritik als Haltung der Transzendierung


„[…]eine bestimmte Art zu denken, zu sagen, zu handeln auch, ein bestimmtes
Verhältnis zu dem, was existiert, zu dem, was man weiß, zu dem, was man macht,
ein Verhältnis zur Gesellschaft, zur Kultur, ein Verhältnis zu den anderen auch –
etwas, was man die Haltung der Kritik nennen könnte.“ 85

Für Horkheimer besteht die wahre gesellschaftliche Funktion der Philo-


sophie in der Kritik des Bestehenden. 86 Nimmt man das beim Wort, ist die
Systemtheorie kritischer Prägung nicht bloße Sozialtechnologie, nicht so-
ziologische Fremdbeschreibung, nicht rechtstheoretische Selbstbeschrei-
bung, sondern ein zutiefst philosophisches Unternehmen der Gesellschafts-
kritik. Für dieses Kritikprojekt gibt es keinen Standpunkt außerhalb der
Gesellschaft, Kritik muss mit transzendentem Verweisungsüberschuss in
der Immanenz ansetzen. Sie ist im Arkanum der Gesellschaft Haltung, Ein-

80 Siehe auch Bonacker Die normative Kraft der Kontingenz. Nichtessentialistische Ge-

sellschaftskritik nach Weber und Adorno, 2000, 273 ff.


81 So die Formulierung von Buckel Zwischen Schutz und Maskerade – Kritik(en) des

Rechts, in: Demirović (Hrg.), Kritik und Materialität, 2009, i.E.


82 Christoph Menke (ders. Fn. 43, 107) entwickelt aus dieser Differenz den „politischen“

Begriff subjektiver Rechte, der auf die Idee eines Rechts auf Rechte und damit auf die Idee
der Menschenrechte verweist. I.d.S. auch Steinhauer, der „Schmugglerpfade“ und „illegale
Grenztransfers“ zwischen Systemen aufdeckt und ein Kombinat der „Politik der Wissen-
schaft der Religion der Kunst des Rechts der Gesellschaft“ für denkbar hält (ders. Derrida,
Luhmann, Steinhauer. Über eine aktuelle Rhetorik, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29
(2008), 167 ff. (181)).
83 Zur Negativen Dialektik als „restituierende Gerechtigkeit“ Honneth Gerechtigkeit im

Vollzug, in: ders., Fn. 5, 93 ff.


84 Adorno Negative Dialektik, AGS 6, 150.
85 Foucault Was ist Kritik?, 1992, 8.
86 Horkheimer Kritische Theorie der Gesellschaft, Bd. 2, 1968, 304; siehe auch ders. Tra-

ditionelle und Kritische Theorie, in: Zeitschrift für Sozialforschung 6 (1937), 245 ff.
64 Andreas Fischer-Lescano

stellung und Widerstand, der „als Vermögen der Unterscheidung des Er-
kannten und des bloß konventionell oder unter Autoritätszwang Hinge-
nommenen, […] eins [ist] mit Kritik, deren Begriff ja vom griechischen
krino, Entscheiden, herrührt.“ 87 Da kein gesellschaftliches Gesamtsubjekt
existiert, kein Standort außerhalb des Getriebes sich mehr beziehen lässt,
von dem aus der Spuk mit Namen zu nennen wäre, ist der kritische Hebel
an der eigenen Unstimmigkeit anzusetzen. 88
Der Hebel Kritischer Systemtheorie setzt insbesondere im Recht der Ge-
sellschaft an. Anders als die hierarchisierende Totalitaritätsperspektive des
neuzeitlichen Vernunftrechts (Kant), anders auch als die Immanenzkri-
tik des Totalitaritätsdenkens (Kierkegaard) geht es Kritischer Systemtheorie
Frankfurter Schule nicht darum, das „Recht im Unterschied“ (zu Vernunft)
oder den „Unterschied in Rechtsentscheidungen“ zu denken, sondern radi-
kalisierend die Formproduktion als politisch zu dechiffrieren und hier ge-
sellschaftliche Grundwidersprüche neu zu thematisieren. Das gelingt, – und
hier treffen sich die systemtheoretischen Analysen mit denen Christoph
Menkes – wenn man den Streit um die Rechtsform selbst dekonstruktiv be-
trachtet; Normativität ist nicht nur eine Folie für enttäuschte Erwartungen,
sondern die Recht-Fertigung selbst ist im Widerstreit. Die Differenz von
Form und Herstellung der Form, von Form und Kraft ist Aspekt der Nor-
mativität: „Die Kraft, aus deren Entfaltung die Form hervorgeht, ist zu-
gleich eine Forderung, die sich gegen die hervorgegangene Form richtet.
Diese Forderung verlangt, dass die Form ihrem Anderen entspricht, dass sie
ihm gerecht wird.“ 89
Rechtssystemkritik Frankfurter Schule nimmt diese normative Forde-
rung, die sich im Recht in paradoxer Form gegen das Recht wendet und je-
nes über sich hinaus ins ständige Kommen der Alteritätsgerechtigkeit treibt,
auf. Sie argumentiert mit Recht gerechtigkeitssuchend durch Recht hin-
durch und unterwirft sich den systemischen Anschlusszwängen, um sich ih-
rer zu befreien und dazu beizutragen, „daß der Bann sich löse.“ 90 In diesem
Sinne lotet kritische Systemtheorie in einer ganzen Reihe von Arbeiten die
Chancen einer sozialadäquaten, soziologisch informierten Rechtswissen-
schaft aus. Sie hat den Rechtsblick auf Netzwerke, 91 auf Regime-Kolli-

87Adorno Kritik, AGS 10/2, 785 ff. (785).


88Adorno Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft, AGS 8, 354 ff. (369); zu den hier
bestehenden Gemeinsamkeit von Luhmann und Adorno: Breuer Fn. 24, 91 ff.; ders. Die
Gesellschaft des Verschwindens, 1995, 65 ff.; Brunkhorst Die ästhetische Konstruktion der
Moderne. Adorno, Gadamer, Luhmann, Leviathan, 1988, 77 ff.; Wagner Gesellschaftskritik
und soziologische Aufklärung. Konvergenzen und Divergenzen zwischen Adorno und
Luhmann, Berliner Journal für Soziologie, 2005, 37 ff.
89 Menke Fn. 43, 105.
90 Adorno Fn. 88, 369.
91 Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004; siehe auch Vesting Rechtstheorie, 2007,

67 ff.
Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 65

sionen, 92 auf kollidierende Organisationsprinzipien von Gesellschaft 93 und


auf transnationale Matrices 94 gelenkt. Zwei Kritikmomente scheinen mir für
das Recht besonders wichtig: (1) Wertkritik: Die rechtliche Reformulierung
gesellschaftlicher Struktur- und Verteilungskonflikte in Werte- und Prinzi-
pienkathedralen, die miteinander in praktische Konkordanz gebracht wer-
den könnten, ist der inadäquate und juro-autoritäre Versuch, mit Gracians
Formel des 12. Jahrhunderts die Gesellschaftskonflikte des 21. Jahrhunderts
zu lösen. Diese Methode verfremdet die gesellschaftlichen Kämpfe im Recht
zur Unkenntlichkeit. Sie ist zu ersetzen; insbesondere dadurch, dass man
die Voraussetzungen dafür schafft, dass gesellschaftliche Autonomieräume
gegeneinander abgesichert und im Wege einer experimentellen „Freiheit un-
ter Auflagen“ gesellschaftliche Selbstregulierungen – wie bspw. bei der Ta-
riffreiheit realisiert – ermöglicht werden. 95 (2) Etatismuskritik: Es ist nicht
mehr nur die Politik, die gesellschaftliche Autonomieräume usurpiert. Von
den großen Sozialsystemen – und darin begegnen sich Habermas These von
der Kolonialisierung der Lebenswelt und Kritische Systemtheorie – gehen
jeweils spezifische Gefahren aus, denen insbesondere durch die Einzie-
hung von Responsivitätspflichten gegenüber der gesellschaftlichen Umwelt
(Menschen, Systeme, natürliches Ökosystem) zu begegnen ist. 96
Wertkritik und Etatismuskritik überführt kritische Systemtheorie in
konkrete Gegenmodelle, mit denen sie sich in den Kampf um (die) Sozial-
adäquanz des Rechts einmischt. Weil das Ganze das Unwahre ist, 97 muss,
wer – so Teubner unter Bezug auf Adorno – „Chaos in die Ordnung“ brin-
gen will, 98 das System von Innen aushebeln – um „endlich einmal in diesen
Muff einen Funken zu bringen, der ihn möglicherweise doch explodieren
lässt.“ 99

92 Fischer-Lescano/Teubner Regime-Kollisionen, 2006.


93 Teubner/Fischer-Lescano Cannibalizing Epistemes: Will Modern Law Protect Traditio-
nal Cultural Expressions?, in: Graber (Hrg.), Traditional Cultural Expressions in a Digital
Environment, 2009, i.E.
94 Teubner Fn. 19.
95 Fischer-Lescano Kritik der praktischen Konkordanz, KJ 2008, 166 ff.; siehe auch Ladeur

Kritik der Abwägung, 2004, 9 ff.


96 Teubner/Korth Zwei Arten des Rechtspluralismus: Normkollisionen in der doppelten

Fragmentierung der Weltgesellschaft, in: Kötter/Schuppert (Hrg.), Normative Pluralität


ordnen, 2008, i.E.
97 Adorno Minima Moralia, AGS 4, 55.
98 Adorno ebd., 143: „In nuce. – Aufgabe von Kunst heute ist es, Chaos in die Ordnung

zu bringen.“ Hierzu: Teubner Fn. 27, 23 und 31 und Wiethölter Zur Argumentation im
Recht: Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe?,“ in: Teubner (Hrg.), Entscheidungsfolgen
als Rechtsgründe, 1994, 89 ff. (107).
99 Adorno Erziehung zur Mündigkeit, 1971, 133 ff., 137.
66 Andreas Fischer-Lescano

5. Emanzipatorisches Ideal im „Verein freier Menschen“


„Stellen wir uns endlich, zur Abwechslung, einen Verein freier
Menschen vor […]“ 100

Kritische Systemtheorie dekonstruktiver Art eruiert die Möglichkeitsbe-


dingungen für die Realisierung des klassischen emanzipatorischen Ideals 101
und geht der Frage nach, wie Mündigkeit als Ausgang aus verdinglichten
Verhältnissen, die für Adorno keineswegs naturwüchsig sind, sondern bloß
noch Rückstand überholter historischer Entwicklung,102 möglich ist. Aus-
gangspunkt dieser Bemühung ist, dass die gesellschaftliche Einrichtung, un-
ter der wir leben, nach wie vor heteronom ist, dass also „kein Mensch in der
heutigen Gesellschaft wirklich nach seiner eigenen Bestimmung existieren
kann.“ 103
In keinem Fall, so kann man die Arbeiten Kritischer Systemtheorie auf
den Punkt bringen, sollte man die „Kühe aufblasen, um mehr Milch zu
bekommen“ 104 und die weltgesellschaftlichen Fragen dem weltpolitischen
System überantworten, das es dann nur noch zu weltrepublikisieren gälte.
Politik als System, dieser Fetisch der Kollektivierung, ist Opium des Vol-
kes, Institutionalisierung phantasmagorischer und uneingelöster Selbstzu-
ständigkeitserklärungen. Stattdessen heißt die Utopie: Weltzivil(rechts)ge-
sellschaft ohne Staat. Pax bukowina statt pax americana.105 Verein(e) freier
Menschen.
Daraus ergibt sich eine ganze Reihe konkreter Forderungen, deren
Ziel es ist, in kritisch-emanzipatorischer Perspektive in den Institutionen
und Praktiken der Wirklichkeit je den normativen Nucleus freizulegen, sich
in den Kampf um die magnae chartae gegenüber transnationalen Matrices
einzumischen und jeweils spezifische Organisations- und Menschenrechte
zu entwickeln. Anders aber als im Modell der Gleichursprünglichkeit von
politischen Partizipations- und Menschenrechten, geht es Kritischer Sys-
temtheorie nicht um ein prozedurales Rechtfertigungsmodell, das in ab-
strakter Form die Bedingungen der universellen Zustimmungsfähigkeit von
Normen untersucht, auch nicht um die Implementierung substanzieller und
mit Hilfe von Ausgangsfiktionen in elitär-dezisionistischer Form gewonne-

100Marx Das Kapital I , MEW 23, 92.


Derrida Gesetzeskraft – Der ‚mystische Grund der Autorität‘, 1996, 60: „Nichts
101

scheint mir weniger veraltet zu sein als das klassische emanzipatorische Ideal.“
102 Adorno Philosophie und Lehrer (1962), in: ders., Erziehung zur Mündigkeit, 1971,

29 ff. (43).
103 Adorno Fn. 99, 144.
104 Luhmann Politik der Gesellschaft, 1999, 215.
105 Teubner Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus,

in: Rechtshistorisches Journal 15 (1996), 255 ff.


Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule 67

ner Vorstellungen vom Gerechten,106 sondern um die Stabilisierung norma-


tiver Widerständigkeit in praxi.107 Mittels der Generalisierung und Respezi-
fizierung der Funktion von Verfassung als evolutorische Errungenschaft
sollen gesellschaftliche Konstitutionalisierungsprozesse unterstützt, stabi-
lisiert und auf Dauer gestellt werden, deren Kernanliegen es ist, die ge-
sellschaftlichen Institutionen sozial responsiv zu halten; 108 sei es durch un-
mittelbare Verpflichtung von Privaten auf Menschen- und Grundrechte,109
durch die Verpflichtung auf Umweltrechte,110 auf Tierrechte 111 und auf In-
stitutionenrechte im Ridder’schen Sinn des Schutzes transpersonaler Frei-
heitsräume.112
Neben diesen polydirektionalen Abwehr-, Leistungs- und Zugangs-
rechten zur Solidaritätsverpflichtung 113 öffentlicher und privater Gewalten
ist der Prozess der Rechtsgenerierung selbst zu vergesellschaften; nicht le-
diglich über eine paternalistische Humanisierung politischer Institutionen,
die nicht judizierbare Akklamationsrechte an NGOs verteilen und deren
Funktion in den Call-Centern und Focus-Points von Global Governance auf
Widerstandseindämmung durch Einwicklung und Zermürbung zurecht-
stutzen, sondern in erster Linie durch originäre Zuweisung von Recht-Fer-
tigungs- und Klage-Rechten: 114 zivilgesellschaftliche Rechtssetzung durch
Skandalisierung; strukturelle Kopplung von Diskussion und Dezision in
Entscheidungssituationen durch die zwingende und rechtlich zu strukturie-
rende Etablierung von Kopplungen der heterarchischen und polyzentri-
schen, privaten und öffentlichen Organisations- und Spontanbereiche; die
Rückgabe von Entscheidungen in gesellschaftliche Selbstregulierungspro-
zesse. Kurzum: Es geht um die Öffnung gesellschaftlicher Strukturentschei-
dungen für den demokratischen Prozess durch die Entwicklung weltgesell-
schaftlicher Verfassungsrechte, die die autonomiesichernden Potentiale in
der globalen Zivilgesellschaft freilegen.115

106 Siehe jeweils die Kritik von Ingeborg Maus an Rawls und Habermas: dies. Der Ur-

zustand, in: Höffe (Hrg.), John Rawls. Eine Theorie der Gerechtigkeit, 1999, 71 ff. und dies.
Freiheitsrechte und Volkssouveränität, in: Rechtstheorie 26 (1995), 507 ff.
107 Teubner Die Erblast, Zeitschrift für Rechtssoziologie 2008, 3 ff. (3).
108 Zur Bedeutung der Subjektivierungsformel des Rechts in diesem Zusammenhang

Menke Fn. 43, 81 ff.


109 Teubner Fn. 19, 161 ff.
110 Teubner/Fischer-Lescano Fn. 93.
111 Teubner Elektronische Agenten und große Menschenaffen: Zur Ausweitung des Ak-

teursstatus in Recht und Politik, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 27 (2006), 5 ff.
112 Hierzu Fischer-Lescano/Christensen Das Ganze des Rechts, 2007, 287 ff.
113 Zur solidarischen Ökonomie siehe Demirovic´ Demokratie in der Wirtschaft, 2007,

273 ff.
114 Hierzu Wiethölter Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: Joerges/Teubner

(Hrg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 ff.


115 Teubner Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der

Weltgesellschaft, in: Simon/Weiss (Hrg.), Zur Autonomie des Individuums, 2000, 437 ff.;
68 Andreas Fischer-Lescano

Das Kernanliegen Kritischer Systemtheorie ist die Instaurierung welt-


gesellschaftlicher Selbstbestimmungsverhältnisse und besteht im Aufbre-
chen von Stratifikationsmustern der gesellschaftlichen Institutionen. Der
systemtheoretische Gedanke der Verpflichtung sozialer Systeme auf soziale
Responsivität ist hier durchaus parallel zu dem Konzept der Mimesis in der
Kritischen Theorie, radikalisiert dies aber durch die Forderung, dass die
Möglichkeitsbedingungen dafür zu schaffen sind, dass nicht nur das Kunst-
system als „Organ der Mimesis“ 116 fungiert. Vielmehr müssen die Welt-
ordnungen der sozialen Systeme ein mimetisches Verhältnis zur außersys-
temischen Realität einnehmen. „Transzendenz in der Wirklichkeit erschei-
nen zu lassen, d. h. die Negation des Bestehenden in der Mimesis des Beste-
henden“,117 ist dann nicht nur Aufgabe der Kunst, sondern aller sozialen
Systeme, die so eingerichtet sein müssen, dass „das Subjekt, auf wechseln-
den Stufen seiner Autonomie, sich zu seinem Anderen, davon getrennt und
doch durchaus nicht getrennt“, stellen kann.118
Die Kultivierung der Ästhetik des Widerstands 119 ist, so kann man kriti-
sche Systemtheorie zusammenfassen, kein Spezifikum des Kunstsystems,
sondern es ist darum zu tun, die widerständigen Praxen in Normierungen
abzusichern, Spontaneitätsbereiche freizuhalten und der Idee der demo-
kratischen Organisation gesellschaftlicher Institutionen, Organisationen,
Netzwerke zur Durchsetzung zu verhelfen.120 Demokratisierung und Ge-
währleistung der sozialen Responsivität gesellschaftlicher Institutionen von
Wirtschaft, Recht, Religion etc. ist das Programm,121 das keiner der einge-
richteten und ausgeübten Institutionen Bestandsschutz gewähren kann. Ge-
gen Tendenzen wohlgeordneter Selbstkontinuierung der postmodernen Ge-
sellschaft spielt die Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule wie auch die
Kritische Theorie vielmehr
„ihre Präferenz für Unordnung, Revolte, Abweichung, Variabilität und
Veränderung aus. Sie protestiert im Namen der Gesellschaft, der Men-
schen und der Natur – doch sie tut dies aus dem inneren Arkanum […]
heraus. Subversive Gerechtigkeit ist [ihr] der Stachel im Fleisch. Meuterei
auf der Bounty – dies ist die Botschaft“.122

ders. Fragmented Foundations: Societal Constitutionalism Beyond the Nation State, in:
Dobner/Loughlin (Hrg.), The Twilight of Constitutional Law, 2009, i.E.
116 Adorno Fn. 70, 169; ferner: Horkheimer/Adorno Fn. 39, 205; hierzu Gebauer/Wulf

Mimesis, 1992, 389 ff. und Metscher Mimesis, 2. Aufl., 2004, 17 ff.
117 Marcuse Kunst und Befreiung, Nachgelassene Schriften 2, 2000, 138.
118 Adorno Fn. 70, 86.
119 Weiss Die Ästhetik des Widerstands, Bd. 1–3, 1978–1981.
120 Teubner Was kommt nach dem Staat?, in: Wissenschaftskolleg, Köpfe und Ideen, 2008,

36 ff. (40), abrufbar (14. 09. 2008) über www.wissenschaftskolleg.de; siehe schon Teubner
Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978.
121 Fischer-Lescano/Teubner Fn. 92, 53 ff.
122 Teubner Fn. 27, 21.
Gespenster zweiter Ordnung

Benjamin Lahusen und Moritz Renner

„Eine Entscheidung zu fällen ist entgegen der landläufigen Meinung eine der
einfachsten Entscheidungen der Welt, wie die Tatsache, dass wir den lieben langen
Tag nichts anderes tun, als Entscheidungen anzuhäufen, eindeutig belegt, doch
danach, und das ist der springende Punkt, ziehen sie all diese typischen Problemchen
nach sich, oder, damit wir uns richtig verstehen, diese Rattenschwänze, wobei
mit dem ersten Schwanz unsere Fähigkeit gemeint ist, zu den Entscheidungen
zu stehen, und mit dem zweiten unser Wille, sie umzusetzen.“

José Saramago, Der Doppelgänger (2002).

I. Das Gespenst der Unentscheidbarkeit


Seit Jacques Derridas Dekonstruktionen der mystischen Kraft von Geset-
zen kennt jeder Entscheidungsarbeiter das Gespenst der Unentscheidbar-
keit, das jeder Entscheidung wesentlich innewohne.1 In der Jurisprudenz, in
der laufend alles entschieden werden muss, gehören derlei Geisterbeschwö-
rungen mittlerweile zum guten Ton. Den rechtsmethodologischen Aufklä-
rungsleistungen der Gegenwart bescheren sie eine neue Bestätigung für
einen alten Befund: richterliche Gesetzesbindung ist nicht mehr als politi-
sche Fiktion und juristisches Gespinst. 2 Das Feld der Aufklärer, lange Zeit
von der stilistischen Dürre sprachwissenschaftlicher und erkenntnistheo-
retischer Forschungen geplagt, erfreut sich am lebendigen Treiben der Ge-
spenster, am Drama 3, der Tragödie 4, dem Wahnsinn 5, der Gewalt 6, der Pa-
radoxie 7 des richterlichen Entscheidens. Übertriebene Forderungen an
Voraussehbarkeit und Rationalität juristischer Urteilskraft lassen sich mit-
hilfe des paradoxen Entscheidungsspuks elegant zurückweisen: sein theore-

1 Vgl. Jacques Derrida Gesetzeskraft: der „mystische Grund der Autorität“ (1996), S. 50 f.
2 Siehe statt aller Dieter Simon Die Unabhängigkeit des Richters (1975), S. 68 ff.
3 Vgl. Cornelia Vismann Das Drama des Entscheidens, in: dies./Weitin (Hg.), Urteilen/

Entscheiden (2006), S. 91 ff.


4 Vgl. Marie Theres Fögen Die Tragödie des Entscheidens, in: Ancilla Iuris 2007, 42 ff.
5 Vgl. Rainer Maria Kiesow Das Alphabet des Rechts (2004), S. 271 ff.
6 Vgl. Jacques Derrida Gesetzeskraft: der „mystische Grund der Autorität“ (1996), S. 10 f.
7 Vgl. Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 228 ff.
70 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

tisches Potential reicht spielend aus, um allerletzte Restbestände blinden


Subsumtionsdenkens in den eigenen Reihen zu beseitigen; seine philosophi-
sche Autorität wiederum garantiert, dass von außen an das Recht herange-
tragene Rationalitätsanmaßungen politisch unverdächtig abgewehrt werden
können. Die Beschwörung der Paradoxie als der „Orthodoxie unserer Zeit“ 8
erlebt in der juristischen Grundlagendiskussion daher eine neue Blüte. 9 Zu-
gleich aber ruft das Geraune von Unentscheidbarkeit, Unbegründbarkeit
und Unbestimmbarkeit auch Wiedergänger ans Licht, die man im Dunkel
der Geschichte verschwunden gehofft hatte. Im unübersichtlichen Treiben
von Gespenstern und Paradoxien erhebt wieder einmal der alte Kronjurist
sein Haupt; und so sieht sich mancher Geisterbeschwörer unversehens zur
wortreichen Distanzierung vom Gespenst des Dezisionismus genötigt.10
Gunther Teubner hat sich durch dieses spukhafte Geschehen nie von der
Auseinandersetzung mit den Paradoxien des Rechts abschrecken lassen.
Anschließend an Luhmann, Derrida, Wiethölter nimmt er entschieden für
den Paradigmenwechsel hin zu einer paradox-zirkulären Beschreibung von
Recht und Gesellschaft Stellung, ohne dabei aber im „resignativen Pathos
der Dekonstruktion“ zu versinken; das „eigentliche Faszinosum“ der Para-
doxien liegt für ihn „in den produktiven Möglichkeiten des Umgangs mit ih-
nen“ 11. Zu dezisionistischen Ansätzen wahrt er dabei Distanz, denn für
Teubner ist klar, dass im produktiven Umgang mit Rechtsparadoxien „juris-
tische Argumentation den Konflikt zwar nicht entscheidet, aber dennoch
Entscheidendes bewirkt“ 12.
Seinen Kritikern, welche angesichts der Beschäftigung mit der Paradoxie
des Entscheidens die Verantwortungsübernahme für die Entscheidung und
ihre Begründung gefährdet sehen,13 ist Teubner damit den entscheidenden
Schritt voraus. Dennoch wird gerade der systemtheoretisch inspirierten

Niklas Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft (1990), S. 30.


8

Vgl. etwa Jean Clam Die Grundparadoxie des Rechts und ihre Ausfaltung, in: Zeit-
9

schrift für Rechtssoziologie 21 (2000), 109. Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Me-
takritik der Paradoxologie, in: Brugger/Neumann/Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im
21. Jahrhundert (2008), S. 72, 80, spricht von einer „beispiellosen Paradoxieneuphorie“.
Schon deutlich früher zeichnen sich ähnliche Entwicklungen in den USA ab, siehe etwa
George P. Fletcher Paradoxes in Legal Thought, in: Columbia Law Review 85 (1985), 1263;
resümierend Jack M. Balkin Deconstructive Practice and Legal Theory, in: Yale Law Jour-
nal 96 (1987), 743.
10 Siehe etwa Ralph Christensen/Hans Kudlich Theorie richterlichen Begründens (2001),

S. 124; ähnlich Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 227.


11 Gunther Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter,

in: Joerges/Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht (2003), S. 25, 29.


12 Gunther Teubner/Peer Zumbansen Rechtsentfremdungen: Zum gesellschaftlichen

Mehrwert des zwölften Kamels, in: ZfRSoz 21 (2000), 189, 196.


13 So deutlich Klaus Günther Kopf oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine

vermeintlichen Paradoxien, in: Kiesow/Ogorek/Simitis (Hg.), Festschrift für Dieter Simon


(2005), S. 255, 271 f.
Gespenster zweiter Ordnung 71

„Paradoxologie“ vorgeworfen, ihr gehe es darum, „die in der lebenswelt-


lichen Praxis aufgehobenen normativen Potentiale zu neutralisieren“ 14. Die
„kognitive Tristesse der Paradoxologie“ 15 sei damit im Grunde kulturpessi-
mistisch geprägt und laufe Gefahr, anti-emanzipatorischen Strömungen das
Wort zu reden – die Paradoxie als „die Giftblüte des Quietismus, das Schil-
lern des faulig gewordenen Geistes, die größte Liederlichkeit von allen“,
wie schon der Aufklärer Settembrini im Zauberberg empört feststellt. Dies
trifft sich mit einem allgemeinen Vorbehalt gegen die Luhmannsche System-
theorie, die ja vielfach als gleichsam rechtshegelianische Rechtfertigung ge-
sellschaftlicher Wirklichkeiten gelesen wird.16
Jedenfalls im Hinblick auf die vermeintliche Paradoxiefixiertheit der Sys-
temtheorie scheint diese Kritik jedoch in weiten Teilen auf einem Missver-
ständnis zu beruhen. Zwar wird Niklas Luhmanns Rede von der „Paradoxie
des Entscheidens“ 17 für dekonstruktivistische Séancen ebenso in Anspruch
genommen wie für deren dezisionistische Entzauberung. Luhmanns Posi-
tion, die zur Charakterisierung der Entscheidungsparadoxie an Heinz von
Foerster anschließt („only those questions that are in principle undecidable,
we can decide“ 18), entzieht sich aber beiden Lesarten. Die Paradoxie des
Entscheidens bezeichnet in der Systemtheorie Luhmannscher Prägung
nämlich nicht den End- sondern nur den Ausgangspunkt einer Entschei-
dungstheorie, die in Luhmanns Werk allerdings ausdrücklich fragmenta-
risch bleibt.19 Luhmann ist dabei weniger daran gelegen, Kritik am Regel-
begriff im Allgemeinen oder der juristischen Methodenlehre im Besonderen
zu üben, als vielmehr daran, der praktischen Bewältigung von Paradoxien
nachzuspüren. Denn in der sozialen Praxis führen Paradoxien niemals in die
Aporie, sondern werden im Gegenteil gerade durch die Versuche, sie zu
verdecken, zum „kreativen Prinzip“ 20. Einige Facetten dieses kreativen Prin-
zips möchten wir im Folgenden aufzeigen.

14 Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxologie, in: Brugger/

Neumann/Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008), S. 72, 85.


15 Ebd., S. 84.
16 Dieser Vorwurf grundlegend bei Jürgen Habermas Theorie der Gesellschaft oder So-

zialtechnologie? Eine Auseinandersetzung mit Niklas Luhmann, in: ders./Luhmann


(Hg.), Theorie der Gesellschaft (1972), S. 142, wo es heißt, Luhmanns Theorie verpflichte
sich uneingestanden „auf herrschaftskonforme Fragestellungen, auf die Apologie des Be-
stehenden um seiner Bestandserhaltung willen“; siehe dazu Luhmanns Replik, ebd., S. 291,
insb. 398 ff.
17 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993),

287.
18 Heinz von Foerster Ethics and Second-Order Cybernetics, in: Stanford Humanities

Review 4 (1995), 308, 313.


19 Vgl. Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 307: „Es würde den Rah-

men einer Untersuchung des Rechtssystems sprengen, wollte man hier eine ausgearbeitete
Entscheidungstheorie einfügen“.
20 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 170.
72 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

II. Buridans Esel und die zwei Heuballen


Ein etwas laxer Umgang mit dem Begriff der Paradoxie ist Luhmann oft
zum Vorwurf gemacht worden21 – nicht ganz unberechtigt. Die „Paradoxie des
Entscheidens“ beschreibt bei Luhmann eigentlich zwei unterschiedliche Sach-
verhalte, deren paradoxe Struktur nicht gleichermaßen leicht erkennbar ist.
Verhältnismäßig einfach ist der zweite Teil des Problems: jede Entschei-
dung zwischen gleichwertigen Alternativen droht in die Paradoxie zu füh-
ren. Denn wer wählen muss, steht da wie Buridans Esel: in der exakten
Mitte zwischen zwei identischen Heuballen droht dem Tier der Hungertod,
weil eine rationale Entscheidung zugunsten einer Alternative unmöglich ist.
Und eben deshalb ist eine Entscheidung überhaupt erst möglich: wo eine
Alternative schon aus sich heraus näherliegend, höherwertig, überlegen ist,
bedarf es keiner Entscheidung sondern allenfalls einer – mehr oder weniger
langwierigen – Errechnung. 22 Die Bedingungen der Unmöglichkeit sind zu-
gleich die Bedingungen der Möglichkeit – ein klassisches Paradox.
Allerdings stellt dieses Paradox nur eine Seite des Problems dar; in seinem
Schatten liegen die beiden Heuballen. Die Entscheidung für oder gegen eine
Alternative setzt schließlich voraus, dass es überhaupt Alternativen gibt. Al-
ternativen sind jedoch selbst bereits Produkt von (Vor)Entscheidungen, die
sich dem Bereich des aktuell Entscheidbaren aber gerade entziehen. „Man
kann sich nicht für das ‚oder‘ entscheiden“, 23 formuliert Luhmann in der
ihm eigenen Aphoristik. Bereits die Herstellung von Entscheidungsalterna-
tiven ist also eine Entscheidung, liegt aber im blinden Fleck jeder weiteren
Entscheidung und bleibt daher unsichtbar. Die Vorentscheidung ist „das
durch die Alternativität der Alternative ausgeschlossene Dritte“ und para-
dox insofern, als in ihr die Einheit derjenigen Differenz liegt, welche die
zugrunde liegende Alternativität überhaupt erst konstituiert. 24 Auf dieser
Ebene erscheint das Problem zugleich als eines der zeitlichen Struktur des
Entscheidens. Die Konstitution der Entscheidungsalternativen verwirklicht
sich nämlich erst auf der für sich selbst unsichtbaren Grenze zwischen Ver-
gangenheit und Zukunft: Sie wird genau in dem Moment aktuell, in dem sie
durch die Entscheidung bereits wieder aufgelöst wird.
Sofern die juristische Grundlagendiskussion das Gespenst der paradoxen
Entscheidung in Dienst nimmt, ist aber meist nicht von den Heuballen, son-
dern nur von Buridans Esel die Rede. Die Konstitution der Alternativen da-

21 Zweifelnd in Bezug auf die Paradoxie des Entscheidens Günther Ortmann Organisa-

tion und Welterschließung. Dekonstruktionen (2008), S. 145 ff. Generelle Kritik an Luh-
manns Paradoxiebegriff bei Klaus F. Röhl Allgemeine Rechtslehre (2001), S. 85 f.
22 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993),

287, 289.
23 Ebd.
24 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 308.
Gespenster zweiter Ordnung 73

gegen – der blinde Fleck des Entscheidens – liegt im toten Winkel des Inte-
resses. Damit allerdings wird die Paradoxie des Entscheidens erheblich
marginalisiert: Sie erscheint in dieser Fassung lediglich als weitere Variation
der endlosen Versuche, einen naiven Regeldeterminismus zu widerlegen.
Dass damit freilich nur noch offene Türen eingerannt werden können, be-
legt bereits die höchstrichterliche Anerkennung „willenhafter Elemente“ 25
in der richterlichen Entscheidungstätigkeit. 26 Als Problem der Regelbindung
taucht die Paradoxie des Entscheidens bei Luhmann daher auch nur am
Rande auf: Das Wesen der Entscheidung liegt für ihn darin begründet, dass
diese sich „durch die Vergangenheit nicht determinieren“ lässt. 27 In der
rechtlichen Praxis sorgt hingegen schon das Verbot der Justizverweigerung
dafür, dass das Paradox von Buridans Esel nicht zum Problem wird. Alle
Rechtsfragen müssen beantwortet werden, ganz gleich wie gut begründet
eine andere Antwort wäre, die sich ja nie auf „Ungründe“, sondern immer
auf (womöglich gleichwertige) „Gegengründe“ stützt. 28 Genau wie Buri-
dans Esel tatsächlich keineswegs verhungert, 29 entscheidet sich so auch der
Richter für die eine oder die andere Alternative, selbst wenn sie in jeder re-
levanten Hinsicht gleichwertig sind.

III. Alternativität durch Verfahren


Wie aber kommen diese Alternativen überhaupt erst zustande? Anders
als für Buridans Esel präsentiert sich die Welt für den Richter ja nicht
von selbst in Alternativen. Vielmehr wird jene Alternativität von Entschei-
dungsmöglichkeiten, welche die Entscheidung erst ermöglicht, im Ge-
richtsverfahren durch die Interaktion aller Beteiligten hergestellt. Dem Ein-
satz der Parteien kommt dabei erhebliche Bedeutung zu. Zwar bleibt es
letztendlich dem Richter überlassen, aus dem vorgetragenen Material einen

25 BVerfGE 34, 269, 293.


26 Dass diese Türen eigentlich noch nie verschlossen waren, hat grundlegend Regina
Ogorek Richterkönig oder Subsumtionsautomat? Zur Justiztheorie im 19. Jahrhundert
(1986), gezeigt.
27 Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993),

287, 291. Siehe dazu auch Michael Pawlik Die Lehre von der Grundnorm als eine Theorie
der Beobachtung zweiter Ordnung, in: Rechtstheorie 25 (1994), 451, 458.
28 Marie-Theres Fögen Schrittmacher des Rechts, in: FS Kramer (2004), S. 3, 4; zum Jus-

tizverweigerungsverbot siehe außerdem Niklas Luhmann Gerechtigkeit in den Rechtssyste-


men der modernen Gesellschaft (1973), in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts (1999),
S. 374 insb. 410–416; Ekkehard Schumann Das Rechtsverweigerungsverbot. Historische
und methodologische Bemerkungen zur richterlichen Pflicht, das Recht auszulegen, zu er-
gänzen und fortzubilden, in: ZZP 81 (1968), 79.
29 Vgl. Günther Ortmann Organisation und Welterschließung. Dekonstruktionen (2008),

S. 145 ff.
74 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

subsumtionsfähigen Sachverhalt zu konstruieren. Aber die Reduktion und


Konstruktion dessen, was der Entscheidung zugrundeliegen soll, 30 enthält
bereits wichtige Weichenstellungen im Hinblick auf die später zu treffende
Entscheidung. 31 Diese Weichenstellungen sind wiederum von Grundsatz-
entscheidungen abhängig, welche dem Entscheider selbst entzogen sind.
Rechtliche Entscheidungen ergehen nur auf Anfrage: Ohne Kläger wird
kein Gericht tätig, ohne Antrag gibt es kein Urteil (§§ 253, 308 ZPO ). 32 Die
Konstruktion von Entscheidungsalternativen ist damit innerhalb der juris-
tischen Auseinandersetzung weitgehend Sache der Parteien. Das Prozess-
recht überlässt es ihnen, im verfahrensmäßigen Für und Wider den Innen-
raum des Entscheidens zu schaffen, in dem der Richter überhaupt erst tätig
werden kann.
Die Paradoxie, dass jede Entscheidung eine andere Entscheidung voraus-
setzt – nämlich die Entscheidung, sich zwischen bestimmten Alternativen
zu entscheiden – wird also im institutionellen Rahmen des Gerichtsverfah-
rens durch den Verfahrensablauf und die Rollenverteilung der Verfahrensbe-
teiligten zeitlich wie personell entfaltet. 33 Wie wesentlich die Unentscheid-
barkeit der richterlichen Letztentscheidung auch anhaften mag: Das „Oder“
verschwindet im Verfahren und verhindert dadurch, dass über das Gespenst
der Unentscheidbarkeit das Schreckgespenst des Dezisionismus Einzug in
die Gerichtssäle halten kann. Für Willkür lässt die Abhängigkeit von vor-
gängig erarbeiteten Alternativen keinen Raum.
Insofern ist nicht verwunderlich, dass die Geburt des Rechtsstaats von
der flächendeckenden Verbreitung der Maxime iura novit curia begleitet
wurde: 34 Die Parteien durften sich auf die Herbeischaffung von Fakten kon-

30 Siehe dazu die Beiträge in Nikolaus Forgó/Birgit Felder (Hg.), Norm und Entschei-

dung. Prolegomena zu einer Theorie des Falls (2000).


31 Dieses dialektische Verhältnis von Sachverhalt und Norm gehört spätestens seit En-

gischs Hin- und Herwandern des Blickes zum Gemeingut der juridischen Methodenlehre –
allerdings mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Larenz etwa differenziert zwischen
dem Sachverhalt als Geschehnis und dem Sachverhalt als Aussage (Methodenlehre, 1991,
S. 278 ff.) und hält an einem Kern von rohen Fakten fest. Heftige Kritik daran übt etwa
Grasnick, der zu einer konstruktivistischen Sachverhaltslehre gelangen möchte; siehe Wal-
ter Grasnick Das Recht der Zeichen – im Zeichen des Rechts, in: Simon/Stegmaier (Hg.),
Fremde Vernunft. Zeichen und Interpretation IV (1998), S. 194 ff.
32 Dazu Baumbach/Hartmann ZPO (66. Auflage 2008), Grundz § 128 Rn. 18 ff.
33 Zur Paradoxieauflösung durch Kontextualisierung siehe auch Klaus Günther Kopf

oder Füße? Das Rechtsprojekt der Moderne und seine vermeintlichen Paradoxien, in:
Kiesow/Ogorek/ Simitis (Hg.), Festschrift für Dieter Simon (2005), S. 255, 273 und da-
ran anschließend Jochen Bung Das Bett des Karneades. Zur Metakritik der Paradoxo-
logie, in: Brugger/ Neumann/ Kirste (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert (2008),
S. 72, 87 f.
34 Siehe zur Ausbreitung des Grundsatzes iura novit curia Oestmann Die Grenzen rich-

terlicher Rechtskenntnis, in: Colloquia Academica (1999), 37, sowie ders. Rechtsvielfalt vor
Gericht. Rechtsanwendung und Partikularrecht im Alten Reich (2002).
Gespenster zweiter Ordnung 75

zentrieren, ihre Anträge stellen und im Übrigen darauf vertrauen, dass die
zugehörige Rechtslage amtsseitig ermittelt werde. Umgekehrt erklärt sich
daraus auch, dass die hoheitliche Mitwirkung an der Herstellung von Ent-
scheidungsalternativen immer den Versuch bedeutet, das Recht zugunsten
der Politik zurückzudrängen – welche Motive auch immer sich dahinter ver-
bergen mögen. 35
Um im Verfahren ihre je eigene Alternative maßgeblich werden zu lassen,
tauschen die Parteien Argumente und Gegenargumente, Anträge, Repliken,
Dupliken. Dieser Austausch ist potentiell unabschließbar: ein „massenhaf-
tes und gleichzeitiges Geschehen in einem komplexen System – ohne klare
Linienführung, mit Clusterbildungen anhand bestimmter Texte, aber ohne
Hierarchiebildung und ohne Teleologie, bezogen auf das Gesamtsystem“ 36.
Das Verfahren soll die Entscheidung beeinflussbar machen und sie zugleich
offen halten. Denn entscheiden kann trotz allem nur der Richter. Mit Joseph
Vogl ließe sich das Gerichtsverfahren daher als eine institutionalisierte Form
des Zauderns kennzeichnen. 37 Ein Ende findet dieses Zaudern erst in der
richterlichen Entscheidung. Sie überführt die vorläufige Mehrdeutigkeit des
Verfahrens in die Eindeutigkeit des Urteils.

IV. Im Hinterzimmer der Entscheidung


Diese Transformation ist von einer deutlichen Zäsur gekennzeichnet.
Räumlich wie zeitlich wird sie dadurch sichtbar, dass die Richter sich vor
ihrer Entscheidung zur Beratung aus der Öffentlichkeit des Verfahrens
zurückziehen. Das Beratungszimmer als einen „grundsätzlich … nicht öf-
fentlich zugänglichen Raum“ 38 dürfen außer den Richtern selbst nur de-
ren Referendare und wissenschaftliche Hilfskräfte betreten (§ 193 GVG ),
Beratung und Abstimmung unterliegen der Geheimhaltungspflicht (§§ 43,
45 Abs 1. S. 2 DRiG ), jede Meinungsverschiedenheit verschwindet im
Gesamtbeschluss. 39 Der Akt des Entscheidens wird bewusst zum Arka-

35 Vermutlich liegt darin auch einer der Gründe, warum Luhmanns Rechtssystem ohne

das Stichwort „Strafrecht“ auskommt. Siehe zur Entstehung der Staatsanwaltschaft


in Preußen Peter Collin Die Geburt der Staatsanwaltschaft in Preußen (2001), bei
http://www.forhistiur.de und ausführlicher ders. ‚Wächter der Gesetze‘ oder ‚Organ der
Staatsregierung‘? (2000).
36 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 376.
37 Vgl. Joseph Vogl Über das Zaudern (2007), S. 57 ff.
38 Zöller/Gummer ZPO (26. Aufl. 2007), § 193 GVG Rn. 1.
39 Siehe dazu etwa Günther Schmidt-Räntsch Gegenstand, Sinn und Grenzen des Bera-

tungsgeheimnisses, in: JZ 1958, 329, 331: „Das Urteil des Kollegiums – obwohl eine Mehr-
heitsentscheidung – tritt als einheitliche Entscheidung in die Außenwelt. Das Kollegium
wird nicht als die Zusammenfassung mehrerer Einzelrichter, sondern gleichsam als eine
von den einzelnen Richtern losgelöste eigene Rechtspersönlichkeit begriffen“.
76 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

num gemacht, er bleibt für die Verfahrensbeteiligten gänzlich unsicht-


bar. 40
Die Dogmatik des Gerichtsverfassungsrechts sucht die Gründe für diese
Invisibilisierung in der Würde des Richteramtes und der Unabhängigkeit
des Richterspruchs. Für Erstere werden ernste Einbußen befürchtet, sollte
die Außenwelt das jedem Urteil zugrunde liegende Einerseits und Ande-
rerseits zu Gesicht bekommen; 41 Letztere soll durch die Unbefangenheit des
Richters gewährleistet werden, die bereits durch „das Bewusstsein der blo-
ßen Möglichkeit, … über Beratung und Abstimmung dritten Personen Rede
und Antwort stehen zu müssen“, gefährdet erscheint. 42 Im entscheidenden
Moment genießt der Richter daher den bestmöglichen Schutz vor Einwir-
kungen durch Parteien und Öffentlichkeit.
Dass diese Gründe mit der Ausbreitung des demokratischen Rechtsstaats
nicht Schritt halten konnten, hat sie seit längerem zum Gegenstand liberaler
Justizkritik gemacht 43. Inwieweit diese Kritik gerechtfertigt ist, kann hier of-
fen bleiben. Das Privatissimum des Beratungszimmers ist nämlich nicht
darauf angewiesen, sich hinter nebulösen Großwörtern wie „Würde des
Richteramtes“ zu verstecken. Vielmehr entspringt die scheinbar irrationale
Choreographie der richterlichen Entscheidung durchaus rationalem Kalkül:
Nur die Offenheit der konkreten Entscheidung motiviert die Parteien dazu,
ihre Streitigkeiten gerichtlich beizulegen. Ihre Beteiligung am Gerichtsver-
fahren erklärt sich daraus, dass ihnen die Konstitution der Entscheidungs-
alternativen zwar weitgehend überlassen bleibt, nicht aber die Entscheidung
selbst. Diese bleibt bis zuletzt im Ungewissen und garantiert dadurch bei-
den Seiten die „Gleichheit der Chance, befriedigende Entscheidungen zu er-
halten“. 44 Der Eigenwert der Entscheidungsparadoxie liegt im Schutz dieses
mit funktionalisierter Unsichtbarkeit arbeitenden Settings.
Das wird deutlich, wenn man sich von der alteuropäischen Annahme ab-
wendet, „dass Verfahren der Entdeckung von Wahrheit dienen“ 45. Verfahren
erarbeiten den Ausschluss von Möglichkeiten und integrieren diese Selek-
tionsleistungen so weit in die Verfahrens-Geschichte der einzelnen Teilneh-
mer, dass diese gezwungen sind, den Ausgang des Prozesses auch dann als

40 Er muss sogar unsichtbar sein; eine unterbliebene Beratung kann in der Revision ge-

rügt werden ( RGSt 42, 85, 86 f.).


41 Dazu Manfred Wolf Gerichtsverfassungsrecht aller Verfahrenszweige (1987), S. 169 f.
42 RGSt 26, 202, 204 (1894). Zu den Folgen für die Zurechnung einer Rechtsbeugung

vgl. jüngst C. Strecker, Das Rechtsbeugungsprivileg, in: Betrifft Justiz 2008, 377.
43 Siehe bereits P.J.A. von Feuerbach Betrachtungen über die Öffentlichkeit und Münd-

lichkeit der Gerechtigkeitspflege I (1821), S. 130–146; C.J.A. Mittermaier Der gemeine deut-
sche bürgerliche Prozeß I (1838), 126 f.; außerdem Rudolf Wassermann Der politische Rich-
ter (1972), S. 93; Marie Theres Fögen Der Kampf um Gerichtsöffentlichkeit (1974), S. 120 f.
44 Niklas Luhmann Legitimation durch Verfahren (4. Aufl. 1997), S. 30.
45 Ebd., S. 23.
Gespenster zweiter Ordnung 77

maßgeblich zu akzeptieren, wenn er für sie ungünstig ist. 46 Dabei wird die
Paradoxie des Entscheidens bewusst instrumentalisiert. Die Entscheidung
wird im Verfahren als „Mysterium“ 47 inszeniert, weil anders der Legitima-
tionsanspruch des Gerichtsprozesses nicht eingelöst werden könnte. Selbst
das bereits beschlossene Urteil ist bis zur Verkündung „nur eine innere An-
gelegenheit des Gerichts“. 48 Für die Dauer des Verfahrens müssen alle Be-
teiligten die Ungewissheit des Ausgangs voraussetzen – „neben Anfang und
Ende und Aktenzeichen die einzige Invariante“ innerhalb des Prozesses. 49
Nur aufgrund dieser Ungewissheit unterwerfen sich die Parteien den Code-
werten Recht/Unrecht. Voraussehbarkeit des Urteils hieße ja, dass eine Par-
tei von vornherein im Unrecht wäre, für sie gäbe es keine Rechts- sondern
bloß Unrechtssicherheit. Anders gesagt: Der Rechtsweg verspricht zwar
Rechtssicherheit, aber nur um den Preis der Rechtsunsicherheit. 50

V. Beobachtung
Das Gerichtsverfahren eröffnet dem Gespenst der Unentscheidbarkeit
damit bewusst Raum zur Entfaltung. Mit dem Beratungszimmer steht ihm
ein umgrenzter Ort zur Verfügung, an dem es sein Unwesen treiben kann –
und sogar muss, um die Verfahrensbeteiligten dazu zu bewegen, „das wilde
Denken außerhalb des Rechts“ 51 überhaupt erst in die wohlgeordnete Form
des „Entweder-Oder“ zu bringen. Die Konstitution von Entscheidungs-
alternativen und die Entscheidung selbst stehen demnach zueinander in
einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit: Erst die Aussicht auf Ent-
scheidung ermöglicht die Alternativität der Alternativen, und erst ihre Al-
ternativität ermöglicht eine Entscheidung.
Dieser Zusammenhang wird unterbrochen, sobald die Entscheidung er-
geht. Innerhalb des gerichtlichen Verfahrens stellt die Entscheidung damit ei-
nen Fremdkörper dar. Während der gesamte Verfahrensablauf darauf abzielt,
kommunikative Anschlussfähigkeit zu garantieren, dient die Entscheidung
ganz im Gegenteil dem bewussten Abbruch rechtlicher Kommunikation.52

46 Dazu ebd., inbes. S. 23 ff., 32 ff.


47 Thomas Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 229; genauso schon Niklas Luhmann Die
Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungsarchiv 84 (1993), 287, 288.
48 Kurt Schellhammer Zivilprozess (12. Aufl. 2007), Rn. 729.
49 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 209.
50 Siehe zu Rechtssicherheit, Unrechtssicherheit und Rechtsunsicherheit die Überlegun-

gen bei Niklas Luhmann Gerechtigkeit in den Rechtssystemen der modernen Gesellschaft
(1973), in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts (2. Auflage 1999), S. 374, 413.
51 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 368.
52 „Die Daseinslage zwingt zu Verkürzungen. Die an sich endlose Interpretation der

Welt oder der Texte muß abgebrochen werden“, meint Niklas Luhmann Das Recht der Ge-
sellschaft (1993), S. 312, dazu.
78 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

Sie versetzt sich radikal in die Gegenwart, ver-gegenwärtigt sich gewisserma-


ßen selbst. Dadurch erst kann sie „das Nicht-mehr-Änderbare zur Vergan-
genheit und das Noch-Änderbare zur Zukunft gerinnen lassen und die
gleichzeitige Welt in die Form einer gegebenen Alternative bringen“53.
In den Begriffen der Systemtheorie lässt sich dieser Vorgang als Wechsel
von Beobachtungsebenen kennzeichnen. Das gerichtliche Verfahren ope-
riert grundsätzlich im Modus der Beobachtung zweiter Ordnung: Im Wi-
derstreit der Argumente wird beobachtet, wie andere Beobachter das Recht
beobachten, d. h. Präjudizien werden herangezogen, Autoritäten zitiert,
Kommentierungen kommentiert. Dieses Spiel ist jedoch dann zu Ende,
wenn das Richterkollegium den Sitzungssaal verlässt und sich zur Beratung
zurückzieht. Die Entscheidung verlässt damit zugleich das argumentative
Kontinuum des Verfahrens. 54 Sie stützt sich bewusst nur auf eine Beobach-
tung erster Ordnung, auf die Re-Konstruktion der Entscheidungsalternati-
ven, die vom Entscheider bereits als gegeben vorausgesetzt werden, denn:
„Man muss sich in der Welt orientieren, wenn man die Blicke irgendwohin
richten will; und dafür genügt eine Beobachtung erster Ordnung.“ 55
Vor allem aber handelt es sich bei der Entscheidungsfindung um eine
Beobachtung, die ihrerseits unbeobachtet bleibt – und bleiben muss. Denn
würde der Akt des Entscheidens im Verfahren thematisiert, wären damit
auch alle Alternativen wieder offen. Der Entscheidungsprozess der Richter
im Hinterzimmer stellt deshalb auch selbst keine anschlussfähige Kom-
munikation dar. Zum Ausgangspunkt für weitere Kommunikation wird die
Entscheidung vielmehr erst dadurch, dass anschließend „das Gericht“ in
den Sitzungssaal zurückkehrt und verkündet, wie das im Namen des Volkes
erkannte Urteil lautet. Augenscheinlich ist dies der Zeitpunkt, an dem die
Entscheidung durch eine Beobachtung zweiter Ordnung wieder Teil des
kommunikativen Miteinanders wird: Das Gericht beobachtet, wie die Rich-
ter (zuvor!) den Fall entschieden haben.

VI. Begründung
Dieses kommunikative Miteinander ist allerdings nicht länger das des
Verfahrens. Die Entscheidung hat den Kommunikationsfluss des Prozess-
geschehens ja abgebrochen, im Verfahren ist das letzte Wort gesprochen.
Dafür sucht die Entscheidung nun unmittelbar Anschluss an die Kommuni-
kationen des Gesamtsystems Recht. Dies geschieht über die Urteilsbegrün-

Ebd., S. 309.
53

Thomas Wirtz Entscheidung. Niklas Luhmann und Carl Schmitt, in: Koschorke/Vis-
54

mann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), S. 175, 184, spricht von interruptiver
Fortsetzung und anschlussloser Aktion.
55 Niklas Luhmann Soziologie des Risikos (1991), S. 242.
Gespenster zweiter Ordnung 79

dung (§ 313 ZPO ). Die Begründung ist das darstellerische Zugeständnis an


die Paradoxie des Entscheidens: Da sich weder aus den durch die Partei-
anträge dargebrachten Alternativen noch aus den gesetzgeberischen Vor-
gaben ein eindeutiges Resultat gewinnen lässt, muss das gefundene Ergeb-
nis wenigstens begründet werden. Gründe sind notwendig, weil es die
Entscheidung nicht ist.
Entscheidungsgründe sind deshalb immer Zweifelsgründe.56 Sie signalisie-
ren, dass die Entscheidung auch eine andere sein könnte. Denn vollständig
gelingen kann eine Begründung nie: Sie müsste die getroffene Entscheidung
als alternativlos und damit genaugenommen als unmöglich darstellen. Um
Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Entscheidung gar nicht erst auf-
kommen zu lassen, behalf man sich deshalb lange Zeit damit, außer dem Te-
nor keine weiteren Bestandteile des Urteils zu veröffentlichen. Erst um die
Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde es allgemein üblich, richterliche
Erkenntnisse mit den sie tragenden Gründen auszustatten57 – womit aber
zugleich die Kontingenz der Entscheidung coram publico dokumentiert war.
Notwendig kann die Entscheidung jetzt nur erscheinen, wenn sie ihre
Notwendigkeit aus dem argumentativen Zusammenhang des gesamten
Rechtsdiskurses ableitet. 58 Was bisher Teil der Verfahrens-Geschichte war,
wird in den Urteilsgründen in Rechts-Geschichte verwandelt. Nur dadurch
kann dem Gebot formaler Gerechtigkeit entsprochen werden, gleiche Fälle
gleich und ungleiche Fälle ungleich zu behandeln. „Redundanzerzeugung“
heißt das bei Luhmann lakonisch. 59 Redundanz lässt sich nicht nur durch
Präjudizienargumentation, sondern auch – was für die kontinentaleuropäi-
sche Auslegungstradition bedeutsamer ist – durch die Kanonisierung be-
stimmter argumentativer Topoi, durch das „Bewahren und Wiederverwen-
den von Unterscheidungen“ 60 erreichen. Gerade die Formelhaftigkeit und
Wiederholbarkeit der juristischen Sprache sind dabei notwendige „Bedin-

56 Diese Gleichsetzung schon bei Friedrich Carl von Savigny System des heutigen römi-

schen Rechts VI (1847), S. 353.


57 Siehe dazu Stephan Hocks Gerichtsgeheimnis und Begründungszwang. Zur Publizität

der Entscheidungsgründe im Ancien Régime und im frühen 19. Jahrhundert (2002); Rainer
Sprung Die Entwicklung der zivilgerichtlichen Begründungspflicht, in: ders. (Hg.), Die
Entscheidungsbegründung (1974), S. 43; Heinz Mohnhaupt Sammlung und Veröffent-
lichung von Rechtsprechung im späten 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland, in: FS
Diestelkamp (1994), S. 403; Barbara Dölemeyer Entstehung und Funktion von juristischen
Zeitschriften und Entscheidungssammlungen (Deutschland und Österreich), in: ZNR 28
(2006), 195.
58 Dies ist – meist unter dem Stichwort „Einheit der Rechtsordnung“ – ein beliebter Ar-

gumentationstopos; siehe etwa BVerfGE 8, 210, 221. Aus der Literatur klassisch Philipp
Heck Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz (1932), S. 107; Karl Engisch Die Einheit
der Rechtsordnung (1935), S. 70.
59 Vgl. Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 353 ff.
60 Ebd., S. 385.
80 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

gung für die konsistente Koordination von Entscheidungen und in diesem


Sinne Bedingung für Gerechtigkeit“. 61 Die „Kontingenzformel Gerechtig-
keit“ 62 ist somit im Sinne eines genitivus obiectivus zu verstehen: Sie ist eine
Formel, die Kontingenz verarbeitbar macht. Dies geschieht dadurch, dass
die Rechtsanwendung „sich selbst im Kontext anderer Entscheidungen ver-
ortet“ 63. Die Entscheidungsbegründung muss also auf der Ebene einer Be-
obachtung zweiter Ordnung „beobachten, wie das Recht durch andere Be-
obachter beobachtet wird“ 64.
Ähnliches hatte wohl Geisterseher Carl Schmitt im Sinn, der formuliert,
eine Entscheidung könne sich dann als richtig ausweisen, wenn sie überzeu-
gend darlege, dass ein anderer Richter „ebenso entschieden hätte, die Ent-
scheidung also voraussehbar und berechenbar und eine in der Praxis gleich-
mäßige ist“ 65. In die gleiche Richtung weist auch Oliver Wendell Holmes’
Definition des Rechts als „the prophecies of what the courts will do in fact“66.
Für die Entscheidungsbegründung heißt das jedenfalls, wie Schmitt zutref-
fend feststellt: „Die Praxis rechtfertigt sich also durch sich selber“. 67
Als Beobachtung zweiter Ordnung beschreibt die Entscheidungsbegrün-
dung die Entscheidung dazu als Teil eines Kontinuums von Präjudizien, in
dem jede Entscheidung Prämisse ist für andere Entscheidungen. 68 In der
Entscheidungsbegründung liegt damit auch der Auslöser für die operative
Geschlossenheit der Urteilspraxis im Zentrum des Rechtssystems. Gründe
führen niemals zurück zu den Anträgen der Parteien oder den Vorgaben der
Gesetzgebung, im Gegenteil. Die Paradoxie des Entscheidens bewirkt, dass
die Leerstelle zwischen Legislative und Lebenswelt nur noch von vorgängi-
gen Operationen des Rechtssystems selbst eingenommen werden kann. Als
die Rechtsprechung begann, die tragenden Gründe ihrer Urteile zu doku-
mentieren, wurde Gesetzes-Recht zu Richter-Recht. Dieses war in seinen
Referenzen nicht länger „auf seine eignen Urteilssprüche, und auf die ihm
bekannt werdenden Entscheidungen des höheren Gerichts in den Fällen,
welche in früherer Instanz zu seiner Cognition gehört haben, beschränkt“. 69
Vielmehr konnte die Vielzahl der Entscheidungsmöglichkeiten von nun an

Thomas Osterkamp Juristische Gerechtigkeit (2004), S. 130.


61

Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (1993), S. 218.


62
63 Ebd., S. 236.
64 Ebd.
65 Carl Schmitt Gesetz und Urteil (1912), S. 86.
66 Oliver W. Holmes The Path of the Law, in: Harvard Law Review 10 (1897), 460, 461.
67 Carl Schmitt Gesetz und Urteil (1912), S. 86.
68 Vgl. Niklas Luhmann Die Paradoxie des Entscheidens, in: Verwaltungs-Archiv 84

(1993), 287, 289.


69 August Heinrich Simon/Heinrich Leopold von Strampff (Hg.), Rechtssprüche der preu-

ßischen Gerichtshöfe I (1828), Vorwort, S. IX f. Siehe dazu auch die Hinweise bei Thomas
Vesting Rechtstheorie (2007), Rn. 278.
Gespenster zweiter Ordnung 81

mit Hilfe aller anderen Richter eingeschränkt werden 70 – um den Preis frei-
lich, dass die richterlichen „Sprüche durchaus von dem Willen des Regenten
unabhängig“ wurden. 71 Mit der Angabe von Urteilsgründen wird das Ge-
spenst der Unentscheidbarkeit demnach nicht verjagt, es wird aber – gewis-
sermaßen mit vereinten Kräften – gebändigt; Rechtsprechung wird dabei
zum Selbst-Gespräch.

VII. Gespenst und Erkenntnis


In diesem Gespräch der Rechtsprechung mit sich selbst wird das Anders-
sein-Können der Entscheidung immer latent gehalten, es wird verdrängt.
Diese Verdrängungsprozesse sind es, die Gunther Teubner mit dem analy-
tischen Instrumentarium der Dekonstruktion offenzulegen sucht. Der la-
tent gehaltene Verweisungs- und Bedeutungsüberschuss der Entscheidung
wird so bei Teubner innerhalb des rechtlichen Diskurses zum selbstsubver-
siven Element, die Kontingenzformel Gerechtigkeit verweist damit zugleich
auf eine Transzendenzformel. 72 Aufgelöst wird der Verdrängungszusam-
menhang durch diese Transzendenzformel freilich nicht. Teubner erkennt
wohl, dass im Rechtssystem „ein historischer Rhythmus von sich ständig
wiederholender Destruktion und Rekonstruktion“ pocht, 73 in den recht-
liche Argumentation sich unentrinnbar verstrickt. Die Transzendenzformel
verspricht nicht Heilung, sondern „‚Rechts-Pflege‘ als Pflege der Rechtspa-
radoxie selbst, ihre Erhaltung und Behandlung zugleich“ 74.
Das Gespenst der Unentscheidbarkeit ist also nicht nur bloßer Spuk, son-
dern verweist als Metapher zugleich schon auf die diskursive Form, in der
dieser Spuk gebannt wird:

70 Eine einheitliche Urteilspraxis ist auch das am häufigsten anzutreffende Publikations-

ziel der vielen Rechtsprechungssammlungen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert
den Markt erreichen; siehe Heinz Mohnhaupt Sammlung und Veröffentlichung von Recht-
sprechung im späten 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland in: FS Diestelkamp (1994),
S. 403, sowie ders. Deutschland, in: Ranieri (Hg.), Gedruckte Rechtsquellen der Rechtspre-
chung in Europa (1800–1945) (1992), S. 95, 101.
71 So von Hohnhorst Einleitung, in: ders. (Hg.), Jahrbücher des Ober-Hofgerichts zu

Mannheim I (1824), S. 3, 8.
72 Vgl. Gunther Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzen-

denzformel des Rechts?, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 2008, S. 9 ff.; siehe auch ders.
Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige Heimsuchungen von
System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie
(1999), S. 199 ff.
73 Gunther Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.), Integratives Verstehen: Zur

Rechtsphilosophie Ralph Dreiers (2005), S. 199, 211.


74 Rudolf Wiethölter Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: Joerges/Teubner

(Hg.), Rechtsverfassungsrecht (2003), S. 13, 19.


82 Benjamin Lahusen und Moritz Renner

„Als diskursives Phänomen fällt das Gespenst in den Bereich von Beob-
achtungen zweiter Ordnung: Wenn wir von Geistererscheinungen be-
richten hören, bleibt uns nur, den ‚Beobachter zu beobachten‘, da sich der
Gegenstand seines Berichts uns entzieht.“ 75
Um diese Beobachtungsbeziehungen geht es Niklas Luhmann wie Gunther
Teubner. Während die Anti-Paradoxologen beim Anblick des Gespenstes
der Unentscheidbarkeit gleich Irrationalismus und Gegenaufklärung fürch-
ten, begegnet uns die Paradoxie des Entscheidens bei Luhmann und Teub-
ner als eine Selbstüberlistung der Vernunft. Die Paradoxie des Entscheidens
ist es gerade, die den argumentativen Prozess zu ihrer Bewältigung erst in
Gang setzt, indem sie einerseits das gerichtliche Verfahren durch Ergebnis-
offenheit legitimierbar macht, andererseits zur Begründung der Entschei-
dung, die eben niemals eine notwendige ist, zwingt. Deutlicher noch als bei
Luhmann erscheinen so die Paradoxien des Rechts und ihre Entparadoxie-
rung bei Teubner in einer dialektischen Konstellation. Um Gegenaufklärung
geht es dabei keineswegs, sondern um die Offenlegung einer Paradoxie, die
der Aufklärung schon immanent ist:
„An jedem geistigen Widerstand, den [die Aufklärung] findet, vermehrt
sich bloß ihre Stärke. Das rührt daher, dass Aufklärung auch in den My-
then noch sich selbst wiedererkennt.“ 76
Die Paradoxie des Entscheidens ist nur auf den ersten Blick das Andere der
rechtlichen Rationalität, ein Schreckgespenst. Denn durch die juristische
Praxis wird sie Tag für Tag bewältigt. Das macht sie – gleichsam als Ge-
spenst zweiter Ordnung – zu einer fortwährenden Heimsuchung, in wel-
cher sich die Vernunft gegen ihre Gespenster immer aufs Neue behauptet:
„Das Gespenst ist vom Geist (de l’esprit); es hat daran teil, es ist ihm selbst
dann unterstellt, wenn es ihm wie sein gespenstisches Doppel zu folgen
scheint“ 77. Und wenn das Auge nur „Willkür, Widersprüche, Antinomien,
Paradoxien, Irrationalität, ja Gewalt“ sieht – die „Aufdeckung des Irrationa-
len ist nicht etwa das dezisionistische Ende der Analyse, sondern erst ihr
Anfang“. 78 Die Paradoxie des Entscheidens ist weniger ein Problem, dessen
Unüberwindbarkeit Anlass zu theoretischer Verzweiflung oder politischer
Sorge böte; vielmehr ist sie bereits Teil der Lösung.

75 Moritz Baßler/Bettina Gruber/Martina Wagner-Engelhaaf Einleitung, in: dies. (Hg.),

Gespenster (2005), S. 9, 10.


76 Max Horkheimer/Theodor W. Adorno Dialektik der Aufklärung (1969), S. 12. Zu den

Konvergenzen von Kritischer Theorie und Systemtheorie Teubnerscher Observanz vgl.


auch Andreas Fischer-Lescano Kritische Systemtheorie Frankfurter Schule, in diesem Band.
77 Jacques Derrida Marx’ Gespenster (2004), S. 173.
78 Gunther Teubner Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit: Gegenseitige

Heimsuchungen von System und différance, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände


der Systemtheorie (1999), S. 199, 200.
Recht und Gewalt

Christoph Menke

Jeder Versuch, das Verhältnis von Recht und Gewalt zu bestimmen, muß
von zwei Feststellungen ausgehen, die zueinander in Spannung, wenn nicht
im Widerspruch stehen. Die erste Feststellung besagt: Das Recht ist das Ge-
genteil der Gewalt; rechtliche Formen des Entscheidens werden eingeführt,
um die endlose Abfolge von Gewalt und Gegengewalt und Gegengegenge-
walt zu unterbrechen, damit den Bann des Antwortenmüssens auf Gewalt
mit neuer Gewalt zu lösen. Die zweite Feststellung besagt: Das Recht ist
selbst Gewalt; auch rechtliche Formen des Entscheidens üben Gewalt aus –
äußere Gewalt, die am Körper angreift, ebenso wie innere Gewalt, die die
Seele, das Sein des Verurteilten versehrt. „Legal interpretation takes place
in a field of pain and death. […] A judge articulates her understanding of a
text, and as a result, somebody loses his freedom, his property, his children,
even his life.“ 1 In den beiden Feststellungen stehen sich die Gewaltfeindlich-
keit und die Gewalttätigkeit des Rechts gegenüber – der Anspruch des
Rechts, die „wilde Gewalt“ des Naturzustands „äußerlich gesetzloser Frei-
heit“ zu beenden 2, und die Gewaltsamkeit, mit der das Recht diesen An-
spruch verwirklicht.
Das Problem von Recht und Gewalt ist das Problem des Verhältnisses die-
ser beiden Feststellungen. Dieses Problem ist ein Paradox, eine Verwirrung
des Denkens (und der Leidenschaften). Es ist ein Problem, das wir nicht ein-
seitig aufzulösen vermögen: Beide Feststellungen stehen im Gegensatz zu-
einander, aber keine von ihnen kann bestritten werden; beide sind wahr. Die
Wahrheit beider Feststellungen einzusehen ist daher der erste Schritt, um
dem Problem von Recht und Gewalt gerecht zu werden. Zugleich ist das ein
Schritt, den viele philosophische Positionen nicht tun. Im philosophischen
Denken haben die beiden Feststellungen über Recht und Gewalt vielmehr
zu Betrachtungsweisen geführt, die einander nicht nur mit Unkenntnis,
sondern mit Unverständnis gegenüberstehen. – Die eine Seite bilden Dis-

1 Robert Cover „Violence and the Word“, in: Cover, Narrative, Violence, and the Law,

hrsg. von Martha Minow u. a., Ann Arbor: The University of Michigan Press 1992,
S. 203–238, hier S. 203.
2 Immanuel Kant Metaphysik der Sitten, „Metaphysische Anfangsgründe der Rechts-

lehre“, § 42, in: Kant, Werke in sechs Bänden, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1965, Bd. IV , S. 425 Anm.
84 Christoph Menke

kurse der Legitimitation des Rechts: Rechtliche Urteile sind demnach ge-
rechtfertigte Urteile und darin, wie immer hart sie treffen mögen, für den
Beurteilten nicht (wie) Gewalt. Denn Gewalt ist nicht dasselbe wie Ein-
schränkung oder Verletzung. Gewalt ist eine Einschränkung oder Verlet-
zung, die jemandem von jemandem gegen seinen Willen angetan wird.
Wenn das rechtliche Urteil aber gerechtfertigt ist, dann ist es das auch für
den Beurteilten und insofern nicht gegen dessen Willen, also keine Gewalt. –
Die andere Seite bilden Diskurse der Kritik des Rechts: Rechtliche Urteile
werden durch Ausübung oder Androhung von Gewalt durchgesetzt. Es gibt
kein Recht – das gilt auch für das postsouveräne, das auf die grausamen
Festlichkeiten der Strafen und Martern verzichtet hat –, das ohne Gewalt
auskäme. Daran ändert auch die Rechtfertigung des rechtlichen Urteils
nichts: Weder die Legitimation durch (gerechte) Zwecke noch die durch
(konventionelle oder faire) Verfahren kann das Recht von seiner Gewalt be-
freien. Das Recht, so die Kritik, führt aus der Gewalt nicht hinaus, es setzt
sie nur in anderer Weise fort.
Seit der Debatte mit den Sophisten zerfällt das philosophische Rechts-
denken in Diskurse der Legitimation und der Kritik. Die Philosophie ist
deshalb kein geeigneter Ausgangspunkt, um das Problem von Recht und
Gewalt zu verstehen. Denn das verlangt, es in der Kraft seiner Paradoxie zu
erfassen – die Wahrheit beider Feststellungen einzusehen, sich in beide
Richtungen ziehen zu lassen. So erschließt die Tragödie, noch vor der Phi-
losophie, das Verhältnis von Recht und Gewalt: Das Rechtsdenken der Tra-
gödie treibt die Wahrheit beider Feststellungen hervor ( I .- III .). Die Einsicht
in das Verhältnis von Recht und Gewalt, die die Tragödie dadurch artiku-
liert, läßt sich im Vergleich mit Walter Benjamins Rechtskritik bestimmen
( IV.-V.).

I.
Die philosophischen Diskurse der Legitimation stellen das Recht gegen
die Gewalt des Naturzustands, in dem jeder alles tun darf. Dieser philoso-
phisch ausgedachte Zustand ist fiktiv, und so ist es auch die Legitimität, die
die Philosophie dem Recht als Gegenmittel verschafft. Die Tragödie dagegen
beschreibt die Gewalt, mit der das Recht bricht, als Gewalt nicht der sub-
jektiven Willkür, sondern, im Gegenteil, einer ehern notwendigen Satzung:
Das Recht, so der Realismus der Literatur, entsteht aus dem Einspruch ge-
gen die Gewalt der Rache. Rache ist nicht Willkür, denn die Rache trifft den,
der es verdient. Die Rache folgt dem Gesetz der Gleichheit, rächend wird
Gleiches mit Gleichem vergolten: Die Frau ermordet ihren Mann wegen
dessen Opferung der gemeinsamen Tochter, der Sohn ermordet deshalb
seine Mutter und wird darauf von den Rachegöttinnen verfolgt. Die Gewalt
Recht und Gewalt 85

der Rache liegt nicht darin, daß sie ungerechtfertigt wäre. Vielmehr liegt das
Recht der Rache darin, daß sie – und damit worauf sie – antwortet.
Wer viel Blut vergoß, entgeht
Nicht der Götter Aug. Und düst-
rer Erinyen Schar kehrt dem,
Den Glück begünstigt ohne Recht,
Bald um das Glück in Lebensnot
Und stürzt in Graus ihn. 3
Eben in der Gleichheit der Rache, durch die sie gerechtfertigt ist, liegt aber
auch die Gewalt der Rache. Die rächende Tat antwortet der gerächten Tat,
indem sie die gerächte Tat wiederholt; die rächende Tat ist wie die gerächte
Tat. Daher muß auf die rächende Tat wiederum eine Antwort erfolgen, die
dem Rächer dasselbe antut, das er getan hat. Weil sie dem Gesetz der
Gleichheit unterliegt, geht die Rache immer weiter. Jede Rachetat ist, bei
aller Berechtigung ihres Antwortens auf eine vorgehende Verletzung, selbst
wieder genauso wie die Verletzung, auf die sie antwortet. Berechtigung und
Gewaltsamkeit der Rache sind so unlösbar verbunden: Die Rache ist Maß
für Maß und darin ein Übermaß, das wieder eine Tat erfordert, um ins
rechte Maß gesetzt zu werden. Die Gewalt der Rache besteht darin, daß sie
endlos fortgehen muß: in dem „Wahnsinn […] / Abwechselnden Mordes“
(Agamemnon, v. 1575–6).
Das Recht bricht mit der Gewalt der Rache, indem es diese unerbittliche
Logik der immergleichen, daher endlosen Wiederholung unterbricht: Durch
ein rechtliches Urteil wird der Gewalt ein Ende gesetzt. Das rechtliche Ur-
teil, ja selbst die rechtliche Strafe setzt nicht die Gewalt des gleichen Ant-
wortens fort, sondern beendet sie. Denn das rechtliche Urteilen antwortet
nicht auf die Tat, indem es sie wiederholt. Das rechtliche Urteilen ist nicht
eine gleiche Tat, sondern die Tat der Gleichheit.
Das Urteil der Rache lautet: Die Gattenmörderin muß, nach der Regel
des Gleich-um-gleich, dieselbe Verletzung erleiden, die sie getan hat. Des-
halb muß auch der Sohn, der das Urteil der Rache fällt und die Verletzung
des Vaters rächt, selbst wieder dieselbe Verletzung erleiden, die er der Mut-
ter angetan hat. Es ist das „Amt“ der Rache – so sagen es die Erinyen – „die
Menschenmörder aus den Häusern [zu] treiben“ (Eumeninden, v. 421), je-
den, der gemordet hat, in den Tod zu treiben. Das Urteil der Rache ist: Der
Verletzer muß verletzt werden. Dagegen wendet Athene ein, daß damit „die
Hälfte erst gesagt“ sei (Eumeninden, v. 428). Athenes schlauer Einwand ge-

3 Aischylos Agamemnon, v. 461–466, in: Aischylos, Tragödien und Fragmente, übers.

von Oskar Werner, München/Zürich: Artemis, 41988, S. 5–109. – Die Erinyen verstehen
deshalb die Rache als Recht; vgl. Eumeniden v. 201 ff., 290 ff. (in: Aischylos, Tragödien und
Fragmente, S. 184–253).
86 Christoph Menke

gen die Erinyen lautet, daß sie eigentlich immer zwei Urteile fällen, die sich
gegenseitig ausschließen. Denn so wie die Tat eine Verletzung ist, die durch
die (Wieder- oder) Widerverletzung des Verletzers gerächt werden muß, so
war jene Tat selbst schon die Widerverletzung einer vorhergehenden Verlet-
zung. Die Rachegöttinnen übersehen, so Athene auch, daß „zwei zur Stelle“
sind (ebd.): Sie können zwar jede Seite einzeln und nacheinander, aber nicht
beide Seiten zugleich sehen. Daher ist die Gleichheit der Rache für Athene
Scheingerechtigkeit („Gerecht zu heißen ziehst gerechtem Tun du vor“;
(Eumeninden, v. 430). Sie besteht darin, noch einmal das Gleiche zu tun,
ohne die Gleichheit beider Taten zu sehen. Das ist die Unfähigkeit der Ra-
che, in der ihr Immerweitermachenmüssen gründet.
Das Recht dagegen überwindet die Gewalt der Rache, weil es zuerst
wahrzunehmen, dann sicherzustellen vermag, daß „zwei zur Stelle“ sind.
(Deshalb ist die Tragödie die Gattung des Rechts: Auch in ihr sind „zwei
zur Stelle“. Die Geschichte der Tragödie beginnt damit, „daß Aischylos […]
die Zahl der Schauspieler von einem auf zwei gebracht hat“. 4 Dadurch kann
die Tragödie, wie das Gericht, sich zwei Seiten zugleich darstellen lassen.)
Im Gegensatz zur Rache urteilt das Recht daher unparteilich: Das Urteil
des Rechts erfolgt – so Athene – durch „Richter […], geschworene […], /
Den Eid durchführend, unirrbar gerechten Sinns“ (Eumeninden, v. 483 und
489). Noch wichtiger ist aber, wodurch das Recht so urteilen kann: Es bedarf
eines kategorialen Wechsels, eines Wandels im Begriff des Urteilens, um
rechtlich-unparteilich zu urteilen. Die Rache kennt nur Verletzungen, die
der eine dem anderen antut; deshalb ist sie selbst eine Verletzung, die der
eine dem anderen antut. Das Recht dagegen kann unparteilich urteilen,
weil es die besonderen Taten einzelner im Lichte allgemeiner Regeln be-
urteilt: Taten sind rechtlich nicht Verletzungen des einen durch den an-
deren, sondern Verstöße gegen Gesetze. In ihnen hat das rechtliche Urteilen
seinen Grund. 5 Daraus daß es allgemeine Regeln anwendet, gewinnt das
rechtliche Urteilen auch seine abschließende Berechtigung – den Anspruch,
die Sache zu beenden. Wie auch immer verletzend das rechtliche Urteilen,
erst recht das rechtliche Strafen sein mag, es ist nicht, wie Urteil und Tat
der Rache, der Verletzung gleich, gegen die es sich wendet; das rechtliche
Urteilen ist kategorial anders als jede Verletzung, das Andere der Verlet-

Aristoteles Poetik, übers. von Manfred Fuhrmann, Reclam: Stuttgart 1982, Kap. 4.
4

Diesen rechtskonstitutiven Zusammenhang von unparteilichem Urteil und allgemeiner


5

Regel kennen die Eumeniden noch nicht. Hier wird die Unparteilichkeit des Urteils da-
durch garantiert, daß geschworene Richter sich beide Seiten, vertreten durch die Erinyen
und Apollon (Eumeninden v. 588 ff.), anhören. Gemäß welchen allgemeinen Gesichtspunk-
ten sie nach Athenes Aufforderung (Eumeninden v. 681–710) urteilen, erfährt man nicht.
Das ist in Sophokles’ König Ödipus bereits deutlich anders. Siehe Christoph Menke Die Ge-
genwart der Tragödie. Versuch über Urteil und Spiel, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005,
S. 32 f.
Recht und Gewalt 87

zung, weil es die Anwendung eines allgemeinen Gesetzes ist. Das rechtliche
Urteilen und Strafen bringen die Gewalt der Rache zum Schweigen, denn
durch das rechtliche Urteilen und Strafen spricht das für alle gleiche Gesetz.

II.
Die Orestie besiegelt die Überwindung der Rache durch das Recht mit der
Verwandlung der Erinyen in Eumeniden, der Rachegöttinnen in Segens-
spenderinnen (Eumeninden, v. 903 ff.). Diese Verwandlung war nicht von
Dauer. Euripides’ Antwort auf Aischylos’ Eumeniden zeigt Orestes, den
Muttermörder, wieder von den Geistern der Rache verfolgt:
Die Schlangenfrauen mit dem blutrot glühnden Blick!
Sie sind es, ach, sie springen, nahe mir, empor. […] morden wollen
mich die Schrecklichen
Des Hades Priesterinnen mit dem Hundeblick. 6
Das rechtliche Urteil, der Freispruch für Orestes, erweist sich als kraftlos
gegenüber dem Geist der Rache. Ja, das rechtliche Urteil – dieser Verdacht
schwebt schon über Athenes Gericht am Ende des Orestie – ist, vielleicht,
gar nicht so anders als das der Rache. Mit Euripides’ Orestes kommt die Er-
fahrung zum Ausdruck, daß der Anspruch des Rechts, kategorial anders zu
sein als die Rache, unverständlich wird; er verstummt vor der phänomena-
len Evidenz ihrer Ununterscheidbarkeit. Denn tatsächlich sehen Recht wie
Rache, die Gewalt der rechtlichen Strafe und die Gewalt des Racheaktes,
gleich aus. Ihr Unterschied ist – bloß – einer der Form; er liegt in der Form
des Urteilens. Dieser formale Unterschied verblaßt, wenn die Tatsachen der
rechtlichen Wirklichkeit mit unabweisbarer Macht in den Vordergrund tre-
ten: wenn der „realistische“ Blick, von Euripides und der zeitgenössischen
Sophistik bis zu den gegenwärtigen Critical Legal Studies, das Recht als mas-
kierte Gewalt entlarvt, die den Interessen herrschender Klassen zur Durch-
setzung verhilft. Vor dem schlichten statistischen Datum, daß aus der
Gruppe der Schwarzen zwischen zwanzig und vierunddreißig Jahren in den
USA über elf Prozent im Gefängnis sitzen, über zehnmal so viel wie im
Durchschnitt der Gesamtbevölkerung und immerhin noch fast viermal so
viele wie aus der entsprechenden Altersgruppe der Weißen, wird der (zu-
treffende) Hinweis auf den formalen Unterschied jedes einzelnen recht-
lichen Urteilsakts, aus dem sich diese Statistik zusammensetzt, von dem der
Rache kraftlos. Recht und Rache sind nicht scheinbar, sondern in ihrer Er-
scheinung gleich.

6 Euripides Orestes, v. 256–7, in: Euripides, Tragödien, übers. von J.J. Donner/Richard

Kannicht, Stuttgart: Kröner 1958, Bd. II , S. 235–300.


88 Christoph Menke

Das ist eine Weise, in der die Tragödie nach der Orestie das Scheitern des
Rechts in der Überwindung der Gewalt der Rache reflektiert hat: Das Recht
scheitert daran, seinen formalen oder Wesensunterschied gegen seine phä-
nomenale Gleichheit, die Gleichheit seiner Erscheinung, mit der Gewalt-
ordnung der Rache durchzusetzen. Das Recht hat nicht die Kraft, seinen
Unterschied von der Rache in der Welt der Erscheinungen geltend zu ma-
chen; das Urteil des Rechts wird als, weil wie eine rächende Verletzung er-
fahren. Eine zweite Weise, in der die Tragödie die Wiederkehr der überwun-
denen Gewalt im Recht reflektiert, sieht die Gewalt des Rechts dagegen aus
der neuen Form seines Urteilens selbst hervorbrechen. So in Sophokles’ Kö-
nig Ödipus: Das rechtliche Urteilen, so Ödipus’ Erfahrung, ist nicht bloß ge-
waltsam wie die Rache, weil es in seiner phänomenalen Erscheinung, als
(Wieder-) Verletzung, dem Racheakt gleicht; das rechtliche Urteilen ist
schon in seiner Form des unparteilichen Anwendens eines allgemeinen, glei-
chen Gesetzes gewaltsam, die es vom Racheakt entscheidend trennt. In der
Rechtsform selbst nistet die Gewalt.
Sophokles’ Text faßt das als die Erfahrung, daß das Urteil des Rechts als
Fluch wirkt; die Gewalt des Rechts ist – so Platon – der „Fluch des Geset-
zes“ 7. Sophokles wie Platon erläutern die Fluchgewalt des Rechts im Unter-
schied zu der der Drohung. Eine Drohung richtet sich an jemanden, der
Wünsche und vor allem Ängste hat und Überlegungen anstellt, wie er das
Erwünschte erreichen und das Befürchtete abwenden kann. Ein Fluch wirkt
auf ganz andere Weise: ohne Vermittlung durch weitere Überlegungen – un-
mittelbar; ein Fluch ist etwas, das man „erleidet (König Ödipus, v. 251), das
einen ereilt. Die Verfluchung macht aus ihrem Adressaten jemanden, der,
ohne sich dazu entschieden zu haben und daher auch ohne sich dagegen
entscheiden zu können, nur noch in der vom Fluch bezeichneten Weise han-
deln kann. Der Fluch beraubt den, den er trifft, des Subjektstatus’, den die
Drohung voraussetzt. Darin liegt nach Ödipus’ Erfahrung die Gewalt des
Rechts: Das Recht entsubjektiviert, denn sein Urteil beherrscht den, den es
trifft. Gerade weil das rechtliche Urteilen um seiner Unparteilichkeit willen
anonym, nicht die Tat eines einzelnen, sondern des Gesetzes selbst ist, kann
sein Wirken durch niemanden aufgehalten werden.
Diese These verschärft (und erläutert) Sophokles, indem er in König Ödi-
pus zeigt, wodurch die fluchhafte Wirkung der Entsubjektivierung durchs
Recht eintritt: Das Recht entsubjektiviert, gerade weil es die Selbstbeurtei-
lung des Täters verlangt. Das Recht verflucht den Täter zur Selbstverurtei-
lung. Das heißt: Unter der Herrschaft des Rechts muß man sich selbst ver-

7 Platon Nomoi, 871b, in: Platon, Sämtliche Werke, übers. von Friedrich Schleierma-

cher, Frankfurt am Main: Insel 1991, Bd. 9. Zum Folgenden siehe ausführlicher Menke Die
Gegenwart der Tragödie, aaO., Teil I : „Der Exzeß des Urteils. Eine Lektüre von König Ödi-
pus“.
Recht und Gewalt 89

urteilen, und diese Selbstverurteilung unter der Herrschaft des Rechts ist ein
Fluch. Sie ist eine Verurteilung, die man selbst vornimmt – niemand anders
als Ödipus selbst verurteilt ihn wegen Mordes und Inzests, und niemand an-
ders als Ödipus selbst verurteilt ihn zu Blendung und Exil –, aber sie ist ge-
rade darin eine Verurteilung, in der man nicht frei ist, vor allem: von der
man nicht mehr frei kommt. In der Selbstverurteilung, zu der das Recht ver-
flucht, bleibt man, gerade weil allein man selbst sie sich angetan hat, endlos
gefangen; nichts kann sie lösen. In seiner rechtlich auferlegten Selbstverur-
teilung ist Ödipus gefangen von der Frage seiner Schuld und eingesperrt in
das Gefängnis seines Selbstbewußtseins.
So Ödipus’ Erfahrung: die Erfahrung, daß durch’s Recht – daher an an-
derer Stelle: im Subjekt – die Fluchgewalt wiederkehrt, gegen die das Recht
errichtet wurde. König Ödipus beginnt mit der Erinnerung an die alte Praxis
der Reinigungsrituale, in denen durch Opferung eine Befleckung gesühnt
wurde. In diesen Ritualen herrscht die Gewalt des Fluchs: Da das Opfer,
der Sündenbock, mit der Tat nichts zu tun hat, erfährt es seine Opferung als
äußerliche Gewalt. Damit will das Recht in Person des guten Königs Ödi-
pus, als rechtlich verfahrender Richter, brechen. Aber indem das Recht, des-
sen Ausführender, ja Errichter Ödipus ist, ihn zu seiner Selbstverurteilung
verdammt, kehrt eben die Gewalt, die vor dem Recht herrschte, in ihm wie-
der. Das Recht macht das Subjekt zum Schauplatz der Fluchgewalt des Ur-
teils: Es ist nicht mehr nur deren Opfer (wie der Sündenbock des Rituals),
sondern auch deren Instanz; das Subjekt macht sich das rechtliche Urteil
zu Eigen und damit sich selbst zum Eigenen des Rechts. Es ist identifiziert
durch das rechtliche Urteil.
Die Rückkehr der Gewalt, der Rückfall in den Fluch geschieht im Recht
gerade dadurch, worin sich die Form seines Urteilens von der Rache abhebt.
Platons Ausdruck „der Fluch des Gesetzes“ hat das genau festgehalten. Es
ist das Gesetz, in dessen Anwendung das rechtliche Urteil besteht, in dem
auch dessen Gewalt nistet. Daß das rechtliche Urteil im Namen des Geset-
zes ergeht, macht seine Unparteilichkeit aus – den kategorialen Unterschied
zwischen der Verletzung, die auch das rechtliche Urteilen, als strafendes,
antut, und der Wider- (oder: Wieder-) Verletzung des rächenden Gleich-
um-gleich. Denn das rechtliche Urteil im Namen des Gesetzes sieht beide
Seiten. Deshalb ist das Urteil des Rechts, im Gegensatz zu dem der Rache,
auch dasjenige Urteil, das jede Seite selbst fällen muß – wenn sie sich als eine
Seite von zweien und damit beide Seiten zugleich sieht. Das rechtliche Ur-
teil ist das von jedermann. Das Recht verlangt daher von dem, den es beur-
teilt, ja auch von dem, den es verurteilt, sich selbst so zu beurteilen. Darin,
nur darin, besteht die Legitimität des Rechts, die es von der Rache scheidet.
Aber in dieser Legitimationsbeziehung zwischen dem rechtlichen Urteilen
und der Selbstbeurteilung nistet zugleich die Gewalt des rechtlichen Urtei-
lens. Denn dadurch verdammt es zu einer Selbstbeurteilung, die ihr Subjekt
90 Christoph Menke

fluchhaft erfaßt und nicht wieder freigibt. Die Gewalt der Rechtsform ist die
der Subjektivität.

III.
Die Literatur der Tragödie zeichnet ein doppelseitig-paradoxes Bild des
Rechts:
Erstens. Durch die Form seines Urteils ist das Recht kategorial anders als,
ja das Gegenteil der Rache. Auch wenn das Recht als Gewalt der Verletzung
erscheint, ist das rechtliche Urteilen in seiner Form, also seinem Wesen
nicht bloß, wie das der Rache, eine Widerverletzung, die der gleich ist, die
sie vergilt. Das rechtliche Urteilen und Strafen ist von (ganz) anderer Art als
die rechtlich beurteilte Tat. Es ist ein Urteilen und Strafen, das unparteilich
ist, weil es im Namen eines Allgemeinen, eines Gesetzes erfolgt, das zwei
Seiten sieht und daher für beide Seiten gleichermaßen gültig ist. Das recht-
liche Urteilen und Strafen ist zwar eine Verletzung des Beurteilten und Be-
straften, aber eine Verletzung, die aus dem Gesetz folgt, das auch für ihn
gilt, weil es ihn berücksichtigt – also eine Verletzung, die der Beurteilte und
Bestrafte sich selbst antun würde: berechtigte Gewalt.
Zweitens. Daß im Recht die Gewalt nicht verschwindet und das Recht
also nicht gewaltlos ist, ist daher trivial; denn Gewalt auszuüben, mindes-
tens anzudrohen, gehört zur Definition des Rechts, als durch seine Form
berechtigte Verletzung. Diese definitorische Trivialität – weil das Recht be-
rechtigte Gewalt ist, ist das Recht Gewalt – ist aber keine Trivialität in der
Sache. Daß das Recht, weil es berechtigte Gewalt ist, Gewalt ist, ist nicht die
Formel einer Lösung – wie die Philosophien der Rechtfertigung des Rechts
meinen 8 –, sondern eines Problems, ja eines Paradoxes. – Dieses Paradox
des Rechts läßt sich, wie Euripides’ Orestes und Sophokles’ König Ödipus
zeigen, auf zwei Weisen formulieren:
Die eine Weise (im Ausgang von Euripides’ Orestes): So deutlich der ka-
tegoriale oder Formunterschied zwischen Recht und Rache ist, so sehr
droht dem Recht – dem Recht im Gebrauch – der Rückfall in die Rache. Das
Recht erscheint als Rache, wenn die phänomenale Evidenz der Verletzung,
die das Recht androhen und ausüben muß, seinen Formunterschied gegen-
über der Rache verblassen läßt. Auch hier verschwindet der Formunter-
schied des Rechts nicht, aber er kann als ein bloß formaler wahrgenommen
werden; dann erscheint das Recht etwa als Klassen- oder Siegerjustiz. Hier

8 Genauer gesagt, geht es ihnen um eine Rechtfertigung von Zwang: Der Begriff des

Rechts besteht „in der Möglichkeit der Verknüpfung des allgemeinen wechselseitigen
Zwanges mit jedermanns Freiheit“ (Kant Metaphysik der Sitten, „Rechtslehre“, Einleitung,
§ E, aaO., S. 339). Zwang richtet sich auf den Willen, Gewalt ist sein Mittel.
Recht und Gewalt 91

trennen sich die beiden Elemente, die den Begriff des Rechts als „berechtig-
ter Gewalt“ ausmachen. Die Evidenz der Gewaltsamkeit des Rechts über-
lagert, ja verdrängt das Wissen um seinen Formunterschied, dem sein Ur-
teilen und Strafen seine Berechtigung verdankt. Die Formel „Das Recht ist
berechtigte Gewalt“ ist die Formel eines Problems, nicht einer Lösung, weil
sie strukturell instabil ist; ihre beiden Elemente stehen in Spannung zuei-
nander, überlagern und verdrängen einander.
Die andere Weise (im Ausgang von Sophokles’ König Ödipus): Die For-
mel „Das Recht ist berechtigte Gewalt“ ist aber auch deshalb die Formel ei-
nes Problems, nicht einer Lösung, weil in der Rechtsform selbst, der das
Recht allein seine Berechtigung verdankt, die Gewalt lauert. Das ist nicht
die Gewalt dessen, was das Recht bewirkt – der Verletzungen, die es antut –,
sondern wie es wirkt: die fluchhafte Gewalt, mit der der Verurteilte durch
das Urteil ergriffen und bestimmt wird; die Gewalt, die im Verlust des Sub-
jektstatus besteht. Diese alte Gewalt des Fluchs übt das Recht auf neue
Weise aus: Die fluchhafte Gewalt des rechtlichen Urteilens liegt darin, daß
die Berechtigung seines Urteilens, durch die es die Rache überwindet, die
Selbstverurteilung des Verurteilten verlangt; die Gewalt des Rechts ist der
Fluch der Selbstverurteilung. Darin begibt sich das Recht der Kraft, die es
vor der Rache auszeichnete: der Kraft, ein Ende setzen zu können, nicht
gleiche Widerverletzung und damit ein weiteres Glied in der endlosen Kette
der Vergeltung zu sein. Auch die rechtlich verhängte Selbstbeurteilung ist
endlos, denn sie entbehrt der lösenden Macht.

IV.
Daß zum Begriff des Rechts die Idee berechtigter Gewalt gehört und daß
dies die Formel eines Problems, nicht einer Lösung ist, ist der Ausgangs-
punkt von Walter Benjamins Überlegungen in Zur Kritik der Gewalt. 9 Ben-
jamin unterscheidet zwei Weisen, die Berechtigung der rechtlichen Gewalt
zu verstehen, die naturrechtliche und die positiv-rechtliche. Die naturrecht-
liche leitet die Berechtigung der Gewalt aus gerechten Zwecken ab, die po-
sitiv-rechtliche sieht sie durch Verfahren gerechtfertigt. Beide aber stimmen
überein in dem „gemeinsamen Grunddogma: Gerechte Zwecke können
durch berechtigte Mittel erreicht, berechtigte Mittel an gerechte Zwecke ge-
wendet werden“ (Kritik, S. 180). Benjamins Einwand dagegen lautet, daß
„berechtigte Mittel einerseits und gerechte Zwecke in unvereinbarem Wi-
derstreit liegen“ (Kritik, S. 181): Die rechtsförmig geübte Gewalt steht „in

9 Walter Benjamin „Zur Kritik der Gewalt“, in: Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. II ,

hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main: Suhr-
kamp 1977, S. 179–203. Im Folgenden zitiert mit der Sigle Kritik.
92 Christoph Menke

unvereinbarem Widerstreit“ mit dem Zweck gerechten Urteilens. Aber


nicht deshalb, weil Gewalt überhaupt unberechtigt wäre: Die „Kritik aller
Rechtsgewalt“ ist, „will man nicht einen geradezu kindischen Anarchismus
proklamieren, selbstverständlich nicht damit geliefert, daß man keinerlei
Zwang der Person anerkennt, und erklärt ‚Erlaubt ist was gefällt‘.“ (Kritik,
S. 187) Die Kritik der Gewalt des Rechts kann nicht „im Namen einer
gestaltlosen ‚Freiheit‘“ (ebd.) geschehen. Denn die Gewalt des Rechts be-
steht nicht schon darin, daß es einschränkt und diese Einschränkung auch
durch Drohungen und Verletzungen durchsetzt. Die Gewalt des Rechts
ist vielmehr „schicksalhaft gekrönte Gewalt“ (Kritik, S. 188); die Gewalt
des Rechts besteht darin, als – wie das – Schicksal zu wirken. Ein anderes
Benjaminsches Wort dafür ist: Das Recht ist „mythische“ Gewalt (Kritik,
S. 198 f.). Das erläutert Benjamin so:
Die Funktion der Gewalt in der Rechtsetzung ist nämlich zwiefach in
dem Sinne, daß die Rechtsetzung zwar dasjenige, was als Recht eingesetzt
wird, als ihren Zweck mit der Gewalt als Mittel erstrebt, im Augenblick
der Einsetzung des Bezweckten als Recht aber die Gewalt nicht abdankt,
sondern sie nun erst im strengen Sinne und zwar unmittelbar zur recht-
setzenden macht, indem sie nicht einen von Gewalt freien und unabhän-
gigen, sondern notwendig und innig an sie gebundenen Zweck als Recht
unter dem Namen der Macht einsetzt. Rechtsetzung ist Machtsetzung
und insofern ein Akt von unmittelbarer Manifestation der Gewalt. Ge-
rechtigkeit ist das Prinzip aller göttlichen Zwecksetzung, Macht das Prin-
zip aller mythischen Rechtsetzung. (Kritik, S. 197 f.)
Nicht daß Recht mit Gewalt ein- und durchgesetzt wird; nicht also daß das
Recht überhaupt Gewalt als Mittel anwendet, ist das Problem der Rechtfer-
tigungsformel „Recht ist berechtigte Gewalt“. Sondern daß die Gewalt im
Recht nicht ein bloßes Mittel bleibt 10, daß sie „nicht abdankt“, sondern auf
den Zweck des Rechts selbst übergreift. Die Gewalt des Rechts, die deshalb
„schicksalhaft“ heißt, besteht nach Benjamin darin, daß seine Gewaltmittel
seine gerechten Zwecke verschwinden lassen, weil seine Selbsterhaltung
zum einzigen Zweck des Rechts wird. Dem Recht geht es um bloße Macht,
um seine Macht: die Macht des Rechts selbst. Die „schicksalhafte“ Gewalt
des Rechts besteht in seiner Selbsterhaltung.
Von entscheidender Bedeutung für das Verhältnis von Recht und Gewalt
ist Benjamins kritische Unterscheidung zweier Gewaltbegriffe: zwischen
der Gewalt der Verletzung und der Gewalt des Schicksals. Die verletzende
Gewalt des Rechts ist beklagenswert, denn sie macht leiden. Sie kann aber,
nach Benjamins Überzeugung sogar als Gewalt gegen das Leben, berechtigt

10 Wie es im Feld der Technik gilt, die Benjamin deshalb als „Gebiet der reinen Mittel“

bezeichnet; „Zur Kritik der Gewalt“, aaO., S. 192.


Recht und Gewalt 93

sein. Dagegen ist das Recht als mythische, schicksalhafte Gewalt immer ver-
werflich, und die Verwerflichkeit dieser Gewalt besteht in dem Sinn des
rechtlichen Funktionierens: darin, daß die Akte rechtlichen Urteilens und
Strafens auf keinen anderen Zweck hin durchsichtig sind als die bloße Er-
haltung der Macht des Rechts zum Urteilen und Strafen. Darin liegt die Ver-
werflichkeit der Gewalt des Rechts: nicht darin, daß auch das Recht droht,
verletzt und zwingt, sondern daß (oder wenn) das Recht so vollzogen wird,
daß es bloß um seiner selbst willen, um der Erhaltung seiner Ordnung, der
Etablierung und Durchsetzung seiner Kategorien, Perspektive und Spra-
che – um seiner bloßen Macht willen wirkt. Die schicksalhafte Gewalt des
Rechts liegt in der endlosen Wiederholung seiner selbst.
Benjamins Unterscheidung klärt, worin die Gewaltsamkeit des Rechts,
die es der Kritik preisgibt, liegt. Sie liegt nicht in dem, was es antut; nicht in
dem Verletzenden und Zerstörerischen, das auch das Recht verübt, indem
es urteilt und straft. Die verwerfliche Gewaltsamkeit des Rechts liegt viel-
mehr darin, wie es wirkt: als ein Mechanismus des Fortsetzens um des Fort-
setzens, des Durchsetzens um des Durchsetzens willen. Das gilt für beide
Weisen, in denen die Tragödie den Gewaltcharakter des Rechts erfährt. Die
eine Weise lautet: Das Recht ist wie die Rache, denn sein Urteilen und Stra-
fen erscheint als bloße Widerverletzung. Die andere Weise lautet: Das Recht
ist wie ein Fluch, denn sein Urteilen und Strafen verfolgt den Täter bis in
sein Innerstes. Das läßt sich nun genauer so formulieren:
(i) Das Gewaltsame des Rechts, das es als Rache, als bloße Widerverlet-
zung erscheinen läßt, liegt nicht bloß darin, daß es eine Widerverletzung ist,
daß das rechtliche Urteilen und Strafen jemanden verletzt, sondern daß es
eine Wider- also Wiederverletzung ist; daß das Recht so erscheint oder er-
fahren wird, als gehe es bloß darum zu urteilen und zu strafen – so wie der
ersten Verletzung die zweite, rächende auf dem Fuße folgt. Eine tötet den
Gatten und muß dafür durch den Sohn fallen; gleich um gleich. Etwas ist ge-
schehen, und das Recht muß Stellung nehmen, verurteilen und bestrafen;
das Recht folgt der Tat mit der Unerbittlichkeit der Rache. Das ist seine
„schicksalhafte“ Gewalt: Es wirkt, weil es wirken muß (oder kann).
(ii) Das Gewaltsame des Rechts, das es wie ein Fluch erscheinen läßt, be-
steht nicht in dem Schrecklichen, das es den von ihm Verfolgten sich selbst
antun heißt, sondern darin, wie es ihn trifft: Es trifft den Verfolgten ganz, in
seinem Innerstes, denn es trifft ihn, indem er sich selbst trifft. Das Recht ur-
teilt nicht nur über etwas oder jemanden, es will, daß der Täter sich selbst
verurteilt. Daß das Recht sein Urteil zum eigenen des Beurteilten machen
will – dieses Programm der Autonomie des Subjekts, das dem Recht einge-
schrieben ist, endet in der restlosen Durchdringung des Subjekts mit dem
Recht; keine Differenz soll bleiben. Das Recht setzt sich, wie das Schicksal,
ganz durch, denn das Subjekt setzt es in sich selbst durch.
94 Christoph Menke

V.
Benjamins Begriff der schicksalhaften Gewalt verhilft zu einer präziseren
Bestimmung der Tragödienerfahrung des Rechts. Aber das gilt auch um-
gekehrt: Die Tragödienerfahrung des Rechts verhilft zu einer präziseren
Bestimmung von Benjamins Begriff der schicksalhaften Gewalt. In der
„schicksalhaft gekrönten Gewalt“ des Rechts sieht Benjamin, was es mit den
Ordnungen, die dem Recht vorhergehen und die es abzulösen verspricht,
den Ordnungen der Rache und des Fluchs, teilt. Darauf zielt Benjamins „ge-
schichtsphilosophische“ Betrachtung des Rechts: Sie soll zeigen, daß der
Anspruch des Rechts, das Andere von Rache und Fluch zu sein, bloßer
Schein ist; Recht und Rache wie Fluch sind für Benjamin gleichermaßen
schicksalhaft. Zur Tragödienerfahrung des Rechts gehört dagegen entschei-
dend, daß sich das Recht von Rache und Fluch unterscheidet. Die Tragödie
ist nicht eine Darstellung des schicksalhaften Wesens des Rechts, sondern
seiner wesentlichen Paradoxie; prozessual: seines Umschlags ins Gegenteil.
Das Recht unterscheidet sich von Rache und Fluch, indem es eine neue
Form des Urteilens etabliert: die Form eines unparteilichen Urteilens durch
die abwägende Anwendung einer allgemeinen Regel. Dadurch bricht das
Recht mit Rache und Fluch. Aber eben diese neue Weise des Urteilens setzt
eine Wirkung frei, die der von Rache und Fluch gleicht. Das Recht, so die
Tragödienerfahrung, ist also nicht wie Rache und Fluch schicksalhaft; das
Recht ist eine neue Ordnung des Urteilens, die durch eben den Zug, durch
den sie mit den Ordnungen von Rache und Fluch bricht, deren schicksal-
hafte Gewalt wiederherstellt.
Benjamins geschichtsphilosophische Betrachtung zielt darauf, den An-
spruch des Rechts zurückzuweisen, die schicksalhafte Gewalt beendet zu
haben. Der behauptete Einschnitt, zwischen den Ordnungen von Fluch und
Rache und der Ordnung des Rechts, ist Schein, denn sie gehören unter-
schiedslos demselben Zeitalter des Schicksals an. Das Recht ist nicht das
Ende des Schicksals, dieses Ende steht noch aus. Die Zeit des Schicksals und
seiner Gewalt zu beenden, verlangt daher auch, die Herrschaft des Rechts
zu zerstören:

Auf der Durchbrechung dieses Umlaufs im Banne der mythischen Rechts-


formen, auf der Entsetzung des Rechts samt der Gewalten, auf die es an-
gewiesen ist wie sie [die Gewalten] auf jenes [das Recht], zuletzt also der
Staatsgewalt, begründet sich ein neues geschichtliches Zeitalter. (Kritik,
S. 202)

Wenn dagegen im Recht, wie es die Tragödie erfährt, Bruch mit dem Schick-
sal und Rückfall in das Schicksal paradox verklammert sind – denn beides
hängt am selben: der neuen, rechtlichen Form des Urteilens –, dann steht
der von Benjamin gewiesene Weg einer kritischen Zerstörung der Herr-
Recht und Gewalt 95

schaft des Rechts ebensowenig offen wie die unverdrossene Leugnung des
Paradoxes im Verhältnis von Gewalt und Recht durch die philosophischen
Versuche seiner Legitimation dazu eine überzeugende Alternative bildet.
Nun spricht Benjamin aber nicht von der Ersetzung, sondern einer „Ent-
setzung des Rechts“. „Entsetzung“ ist ein zweideutiger Ausdruck: „Entset-
zung“ bedeutet ebenso die Enthebung eines Amtes oder einer Würde wie
die Aufhebung einer militärischen Besetzung. Die „Entsetzung“ des Rechts
meint also eine Absetzung des Rechts, die zugleich die Freisetzung des
Rechts von einer es belagernden Macht bedeutet. Entmächtigung und Be-
freiung des Rechts sind die zwei Seiten seiner „Entsetzung“. Ähnlich spricht
Benjamin von der „Vernichtung“ – nicht des Rechts, sondern: seiner „ge-
schichtlichen Funktion“ (Kritik, S. 199). „Schicksalhaft“ und darin gewalt-
sam hatte Benjamin ein Wirken des Rechts genannt, dessen Funktion eben
in der Erhaltung und Sicherung von „Macht“, nämlich: seiner eigenen
Macht besteht. Die Vernichtung dieser „Funktion“, ebenso wie die „Entset-
zung“ des Rechts, verlangt mithin nicht eine Abschaffung des Rechts; wie
sollte sich auch das Recht „abschaffen“ lassen, ohne in die Ordnungen von
Rache oder Fluch zurückzufallen? Die Entsetzung des Rechts, die Vernich-
tung also seiner geschichtlichen Funktion verlangt vielmehr eine Vollzugs-
weise des Rechts, die die kategoriale Differenz seines Urteilens von Rache
und Fluch bewahrt und das rechtliche Urteilen zugleich von seinem ge-
schichtlichen Prinzip der Macht und ihrer Erhaltung befreit. – Gibt es eine
solche Vollzugsweise des Rechts?
Wenn es sie gibt, muß es sich um ein Recht handeln, das – gemäß der Ben-
jaminschen Unterscheidung (siehe oben, S. 92) – insofern der „göttlichen
Zwecksetzung“ gleicht, als sein „Prinzip“ nicht mehr seine Macht, sondern
die Gerechtigkeit ist. In einem Aufsatz zu Kafkas zehntem Todestag be-
stimmt Benjamin eine Vollzugsweise des Rechts nicht um willen seiner
Macht, sondern der Gerechtigkeit so: „Das Recht, das nicht mehr prakti-
ziert und nur studiert wird, das ist die Pforte der Gerechtigkeit.“ 11 Ein
Recht, „das nicht mehr praktiziert und nur studiert wird“, ist ein Recht, das
nicht mehr urteilt.12 Ein Ende des Urteilens ist aber nur dort möglich, wo es
keine Übertretungen mehr gibt, die zurückgewiesen und keine Konflikte,

11 Walter Benjamin „Franz Kafka. Zur zehnten Wiederkehr seines Todes“, in: Benjamin

über Kafka, hrsg. von Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981,
S. 9–38, hier S. 37.
12 So zumindest scheint Agamben Benjamins Satz zu verstehen; siehe Giorgio Agamben

Profanierungen, übers. von Marianne Schneider, Frankfurt am Main 2005, S. 73 f. Der Zu-
stand, in dem das Recht nur mehr studiert, nicht mehr praktiziert wird, scheint damit dem
eines Lebens zu entsprechen, das sich „vollständig in Gesetz verwandelt hat“ (Giorgio
Agamben Homo Sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, übers. von Hubert
Thüring, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2002, S. 66) – einem Zustand also ohne Differenz
von Gesetz und Leben. – Ich danke Thomas Khurana für wertvolle Hinweise.
96 Christoph Menke

die entschieden werden müssen. Bis dahin kann die andere Vollzugsweise
des Rechts nicht in einem Verzicht auf das Urteilen, sondern nur in einem
anderen Urteilen bestehen. Die Tragödienerfahrung hatte gezeigt, worin
die schicksalhafte Gewalt des rechtlichen Urteilens liegt: Sie liegt in der
„Macht“ seines Wirkens, das – rachegleich – um seiner selbst willen erfolgt
und – fluchgleich – bis ins Innerste reicht. Um den Rückfall des rechtlichen
Urteilens in schicksalhafte Gewalt zu verhindern und zugleich an dem
Bruch des rechtlichen Urteilens mit der schicksalhaften Gewalt von Rache
und Fluch festzuhalten, bedarf es daher eines rechtlichen Urteilens, das sich
selbst reflektiert und darin selbst begrenzt. Eine solche Vollzugsweise des
Rechts besteht darin, im Recht den Widerstreit zwischen dem Prinzip seiner
Macht und dem der Gerechtigkeit auszutragen. Diese andere Vollzugsweise
des Rechts muß die Philosophie nicht erfinden. Sie ist als Idee im modernen
Begriff des Rechts enthalten.13

13 Siehe Gunther Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzen-

denzformel des Rechts?“, in: Teubner, (Hg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann.
Zur (Un-) Möglichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, Stuttgart: Lucius &
Lucius 2008, S. 9–36. Siehe im Anschluß daran meinen eigenen Versuch: „Subjektive
Rechte: Zur Paradoxie der Form“, ebd., S. 81–108.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni,
nuove eccedenze

Antonio Negri

All’origine di questo mio intervento c’è una domanda (“che ne è della cri-
tica?”) cui mi è stato richiesto di dare risposta. Mi permetto qui, prima di
cominciare, di proporre una rozza definizione di quel che ritengo per “cri-
tica”, una definizione che – spero- nel corso del mio intervento sarà confor-
tata da alcuni efficaci argomenti. Ora, critica è quell’attività intellettuale
(sociale e politica) che – attraversando la crisi della modernità ed evitando di
esserne riassorbita – genera un’insieme di forze che permette di trasformare
realmente il mondo in cui viviamo, il suo sapere e la sua etica. La critica che
diviene massa critica (sociale e politica) oltrepassa così la soglia storica che il
potere impone ai movimenti critici. La critica, che non riesca a produrre una
massa critica tale da superare la crisi, viene invece sempre riassorbita dal
potere e non merita di essere riconosciuta come “il processo che ci libera da
una condizione di minoranza”.

I.
Per cominciare, vorrei dunque qui partire da un dato di fatto, non un’ipo-
tesi ma appunto un dato: il concetto di sovranità moderna è in crisi. Ma
poiché il concetto di sovranità moderna è una struttura nella quale, sotto la
forma della sovranità, si organizza una certa idea della proprietà (privata e
pubblica) ed una certa idea della rappresentanza politica, ne consegue che
riconoscere la crisi della sovranità moderna significa anche problematizzare
i concetti di proprietà privata e/o pubblica e il concetto di rappresentanza
politica. I punti fermi di questo assunto mi sembrano essere stati posti da
Antonio Negri, Claus Offe, Manuel Castels e Niklas Luhmann.1 Per tutti
questi autori, il superamento dell’orizzonte sovranista deriva dall’insorgere
di movimenti e di azioni collettive “irriducibili” alle strutture dello Stato
sovrano della modernità, ed il conseguente tramonto della dogmatica giuri-

1 A. Negri La forma-Stato, Feltrinelli, Milano, 1977; C. Offe New Social Movements, in

Social Research, vol. 52, n. 4, 1985; N. Luhmann Soziologie des Risikos, 1991; M. Castells
The Power of Identity, Blackwell, 2004.
98 Antonio Negri

dica moderna deriva dal configurarsi di movimenti immediatamente “costi-


tuenti”, capaci cioè di esprimere “costituzionalismo societale” alternativo
alla teoria costituzionale stato-centrica. 2

Per dirlo in termini che mi sembra meglio corrispondano alla sensibilità


culturale contemporanea, aggiungerei che parlare di crisi della sovranità
moderna significa parlare della crisi di una “episteme” specifica. Che cos’è
una episteme? Rispondendo con Foucault, “ce sont tous ces phénomènes de
rapports entre les sciences ou entre les diffèrents discours scientifiques qui costi-
tuent ce que j’appelle épistèmè d’une époque” (e non val qui la pena di sotto-
lineare che sempre si tratta non di strutture chiuse ma di un campo di gioco,
di un rapporto aperto). Interroghiamoci allora su questo punto: in che cosa
consiste specificamente questa crisi? Consiste nel fatto che noi non pos-
siamo più considerare il mondo normativo (che si riferisce alla sovranità
moderna) come autoconsistente; che dobbiamo analizzarlo invece in un
nuovo contesto storico ed immergerci nella sua crisi, considerarne insieme
la fenomenologia come esperienza del conflitto e/o dello scontro fra (e della
trasformazione di) funzioni organizzate ed istanze innovative e/o sponta-
nee. Per dirlo di nuovo, dobbiamo (quando siamo immersi nella crisi di una
„episteme“, alla maniera di Foucault) porci nelle condizioni di modificare,
insieme ai sistemi che organizzano il conoscere, le forme della produzione di
questo ed i soggetti che lo producono. Destrutturare i sistemi vuol dire, in
questo caso, ristrutturare le forme della conoscenza. Il fatto é dunque che
assistiamo alla crisi di una „episteme“ tutt’ intera ed alle vicende che ne deri-
vano.

Vi sono alcuni luoghi privilegiati sui quali la nostra attenzione si fissa. Il


primo é quello dell’economia politica. Si perdoni la priorità, forse démodé,
di quest’attenzione all’economia politica che tuttavia trova ascendenti clas-
sici. La modernità ha infatti avuto, in maniera eminente, fra la filosofia scoz-
zese del Settecento e lo Hegel di Jena, uno dei suoi ripetuti battesimi in ter-
mini, appunto, di critica dell’economia politica. Ora, detto in breve (ma la
bibliografia é enorme), il concetto di capitale che un tempo, senza alcuna
inflessione negativa, era considerato unificare il terreno sociale (e lo riconos-
cevono l’ideologia liberale come quella socialista), è oggi il primo oggetto a
fronte del quale si possono verificare fenomeni di frammentazione. Infatti,
mentre il cosiddetto “capitale variabile” (ovvero la forza-lavoro, oggi defi-
nita come immateriale ovvero cognitiva, cooperativa, soggettiva) sembra
sempre meno partecipare del “capitale costante” (cioè del capitale in quanto

2 G. Teubner Social Constitutionalism: Alternatives to State-centred Constitutional

Theory, in: Joerges, Sand, Teubner (eds.) Transnational Governance and Constitutional-
ism, Hart, 2004.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 99

macchinario, materie prime, e funzioni di comando), quest’ultimo sembra


riuscire sempre più difficilmente a raccogliere il primo sotto il suo esclusivo
controllo (e quindi a qualificare la forza-lavoro come “capitale variabile”):
in ogni caso, il rapporto fra “capitale costante” e “capitale variabile”, fra
comando del capitale sulla forza lavoro ed esodo di questa (in quanto for-
za-lavoro cognitiva) dal capitale, non è più contenibile dentro la classica
legge del valore del lavoro né il rapporto è più misurabile. 3 A fronte di que-
sta dismisura eccedente – incarnata dalla nuova figura della forza lavoro
immateriale, il capitalismo cognitivo risponde con strumenti d’eccezione: la
rendita immobiliare e fondiaria, la rendita finanziaria ecc., tentano di occu-
pare il luogo del profitto, costruiscono nuove misure di una nuova accumu-
lazione capitalista, e la regolazione monetaria mostra in maniera estrema un
ruolo di comando nella decisione sulle “convenzioni” della riproduzione
capitalista, e ciò sul terreno globale. 4 In risposta alla frammentazione non
troviamo, dunque, inerzia. Se la dismisura eccedente rivela luoghi di resi-
stenza, autonomi processi di soggettivazione, nuovi soggetti, essa d’altra
parte identifica una risposta capitalista – che, attraverso la crisi, propone
nuove strutture di comando.
Insistiamo (sempre all’interno di questa prima riflessione relativa alla crisi
dell’economia politica classica) su alcuni elementi che possono altrimenti
essere fraintesi. Anzitutto la crisi del concetto di sovranità moderna, in
quanto legato al concetto di capitale, si dà nella misura in cui quell’unità che
Stato sovrano e capitale presupponevano, è oggi interrotta sia dal punta di
vista spaziale (Stati e capitali nazionali a fronte della globalizzazione), sia dal
punto di vista della regolazione del tempo di lavoro: è nell’organizzazione
temporale che la forza lavoro cognitiva rompe (con la figura classica della
“giornata lavorativa”) ogni tradizionale struttura di comando. Inoltre, sem-
pre dal punto di vista della critica dell’economia politica, lo sviluppo capi-
talistico che (nella sua forma industriale) perfettamente si attagliava allo Sta-
to-nazione, ora ne deborda assolutamente i limiti: il nuovo modo per
contenere una forza-lavoro che eccede sia i limiti spaziali che quelli tempo-
rali dello Stato-nazione, consiste allora nel trasferimento dei processi di
decisione dal livello industriale a quello finanziario. Il capitale finanziario, il
mondo della finanza, si presentano come strutture autoreferenziali; al loro
interno la regola monetaria è sviluppata in maniera completamente indipen-
dente dai flussi dell’economia reale. Quello che è interessante sottolineare è
che, in questo quadro, anche il concetto di proprietà viene modificandosi
radicalmente. Non si parla più di una relazione fra lavoro e proprietà, non si
parla più di un’istanza possessiva legata alla genesi ed all’espansione dell’in-

3 C. Vercellone (dir.), Sommes nous sortis du capitalismo industriel?, Paris, La dispute,

2003, e Y. Moulier Boutang Le capitalisme cognitif, Paris, Amsterdam, 2007.


4 André Orléan Le pouvoir de la finance, Odile Jacob, Paris, 1999.
100 Antonio Negri

dividualismo, si parla piuttosto di un nuovo “patrimonialismo” che trova


consistenza negli assetti finanziari, nella più piena astrazione del processo
lavorativo e nell’esaurimento delle sue forme giuridiche tradizionali. 5

In secondo luogo, frammentazione ed eccedenza si mostrano dal punto di


vista della teoria dello Stato. Mi piace qui ricordare quello sviluppo delle
teorie “sistemiche” che a partire dalla considerazione dei fenomeni della glo-
balizzazione hanno cominciato parlare di processi di “costituzionalizza-
zione senza Stato”, vedendo, nel trasferirsi dei poteri decisionali dal govern-
ment alla governance porsi un “governo aleatorio della contingenza”. In
effetti, lo sviluppo frammentario delle funzioni giuridiche, sia a livello
interno che a livello internazionale, a livello amministrativo come a livello
politico (è importante che il rapporto locale/globale, micro/macro sia sem-
pre qui ritenuto nella sua immanenza), non é contenibile dentro un quadro
sistemico. 6
Riconoscere questa “incontinenza” sistemica non significa rivalutare o
reinventare una linea “istituzionalista” che metta in movimento una rico-
struzione dal basso dell’ordinamento ma piuttosto riconoscere l’insorgere e
il prosperare di una situazione caotica, dentro la quale si duplicano e/o si
moltiplicano le istanze di governo (governance). Tutto ciò libera eccedenza
fuori dal sistema e dall’interno della sua frammentazione, nei suoi interstizi,
fra conflitti e collisioni di razionalità diverse e diverse architetture genealo-
giche delle norme ecc. 7 Il passaggio dal government alla governance rappre-
senta così un passaggio che frantuma la regolazione unitaria del sistema del
diritto pubblico. Quando consideriamo questo passaggio, dobbiamo
vederlo in tutte la sua estensione: è un passaggio dalla regola unitaria e
deduttiva ad una norma plastica e pluralista. Non si tratta di sbalordire se,
all’interno di questo sistema, nel flusso dinamico e molteplice delle produ-
zioni normative, di tanto in tanto si ricorre all’”eccezione”. Per quanto
mi riguarda, sono vicino a coloro che considerano l’”eccezione” spalmata
ormai sull’intero processo normativo. Questo, evidentemente, toglie (per
così dire) l’eccezione all’eccezione tanto quanto ha tolto la norma al “diritto
di eccezione” (come esso è stato definito nella tradizione giuridica della
modernità). Il punto consiste nell’impossibilità di bloccare le resistenze che
si oppongono allo sviluppo lineare di una volontà giuridica centralizzata:
ciò conferma, nel sistema giuridico, la percezione di rottura che già nella cri-
tica dell’economia politica avevamo sottolineato.

5 André Orléan L’individu, le marché, l’opinion: reflexions sur le capitalisme patrimo-

niale, in: Esprit, Novembre, 2000.


6 G. Teubner La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione. L’emergere delle

costituzioni civili, Roma, Armando, 2005.


7 G. Teubner The Anonymous Matrix: Human Rights Violations by “Private” Transna-

tional Actors, in: Modern Law Review, 2006, vol. 69, n. 3.


Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 101

Vale la pena, a questo punto, di riconoscere al sistemismo luhmanniano di


avere anticipato la descrizione delle dinamiche di questa frammentazione
a-venire, di averle (con gesto forte) in qualche modo sollecitate – a partire
dalla consapevolezza della compresenza “asimmetrica” e critica dei flussi
normativi e delle istanze di autorganizzazione. Ciò riconosciuto, si deve
aggiungere che quest’operazione teorica nascondeva, per così dire, un atteg-
giamento scettico, „libertino“ („bisogna che tutto cambi perché nulla
cambi“), insomma un’opzione “cinica”, nel senso abusato del machiavel-
lismo, piuttosto che un’apertura alla potenza dell’inorganizzato, dell’asim-
metrico, dell’autonomia. Se sottolineiamo questo aspetto dell’azione luh-
manniana, non é certo per denunciarne o castigarne l’influenza. È piuttosto
per porre un problema che qui non potremo affrontare: quello della centra-
lità dell’innovazione, dell’autonomia, dell’asimmetria nella “produzione di
soggettività”. Vorremmo tuttavia insistere sul fatto che nel sistemismo (così
come in generale nelle posizioni post-strutturaliste) gli elementi innovativi
vengono considerati come effetti marginali, prodotti della decostruzione e
non, invece, come tensioni ricostruttive e costituenti che vanno collocate al
centro di ogni “ontologia del presente”. 8

Il terzo terreno sul quale il rapporto fra frammentazione ed eccedenza si


dà, ed è ampiamente registrato, è quello etico-politico di definizione del
soggetto giuridico. Ora, nella condizione storica attuale, i concetti di cos-
cienza e di responsabilità risultano ormai frammentati dentro processi di
soggettivazione che laminano l’identico ed ogni presupposto di determina-
zione individuale. 9 Perché? Per le ragioni già viste ai punti precedenti –
quando cioé la responsabilità strumentale non trova più la misura di una sin-
tesi ordinata degli interessi; quando la presa di coscienza individuale del
diritto non trova più sbocchi produttivi della (o per la) libertà di tutti. Si
dovrà allora riconoscere che l’eccedenza si dà qui in termini irriducibili alle
determinazioni trascendentali dell’individualismo, che contenevano sem-
pre – nella dimensione possessiva – pulsioni verso la mediazione dialettica.
Di contro, l’eccedenza produce singolarità e il singolare s’iscrive nel
comune, la parola nel linguaggio, l’evento nella storia. I processi conoscitivi
si distendono dentro complessi dispositivi che si aprono tra il passato e
l’a-venire. La temporalità costituisce una freccia che segna non solo succes-
sioni ma innovazioni. Eccoci vicini ad una concezione ed ad una pratica del
diritto che finalmente si riappropria il tempo.
L’insieme di queste annotazioni va anche riportato alla crisi della rappre-
sentanza politica. È, infatti, nella crisi dei rapporti strutturali interni al con-

8 M. Hardt, A.Negri The Labour of Dionysos, Minnesota U.P., 1996; A. Negri Fabrique

de porcelaine, Stock, Parigi, 2006.


9 M. Hardt, A.Negri The Labour of Dionysos, cit. pp. 114–115, 147–148.
102 Antonio Negri

cetto di capitale ed al concetto di diritto pubblico che si colloca la frammen-


tazione della rappresentanza politica. Il concetto di classe, di strato sociale,
di ceto sono ormai indefinibili: come potrà darsi un’idea coerente di rappre-
sentanza cetuale, corporativa, classista e/o nazionale, è diventato ormai un
enigma.

Forse (ma vedremo più tardi che questo „forse“ può essere cancellato),
l’unico modo per entrare criticamente nel mondo del „normativo frammen-
tato“ (cioè dentro quella realtà giuridica in crisi e/o in trasformazione che
oggi é dominante) ovvero (rovesciando la prospettiva) nel „costituziona-
lismo sociale” (alla maniera dei postsistemisti) é quello di ricercare se, alla
frammentazione del mondo normativo, corrisponda (mai in maniera iso-
morfica ma piuttosto in modo caotico e non omologante) un’eccedenza
costituente.

II.
Dopo aver visto l’ipotesi di crisi (ed aver già alluso ad una linea di fuga)
poniamoci il problema del tessuto della crisi dell’episteme moderna della
sovranità. Affermiamo subito che quando si configura questo processo di
frammentazione e di eccedenze, noi possiamo riconoscerlo come costitutivo
di un tessuto biopolitico.
Quando parliamo di un tessuto politico vivente ci riferiamo, evidente-
mente, a Foucault. Ma non semplicemente a Foucault: per noi, infatti, sono a
questo proposito rilevanti due altre esperienze teoriche. La prima è quella
impiantata nello storicismo tedesco – nelle sue più rilevanti espressioni che si
costituiscono nella tensione della genealogia niceana; l’altra esperienza è
quella che ci deriva dall’”operaismo” italiano e dai sui presupposti teorici in
una certa interpretazione di Marx e del marxismo occidentale (dal primo
Lukacs a Socialisme ou barbarie a Lefort). (È chiaro che, dentro questa pro-
spettiva, le nostre referenze allo Historismus, fin dall’inizio, si trovino in oppo-
sizione alla tradizione interpretativa che va da Max Weber a Raymond Aron).
È dunque, questo, un tessuto storico e politico, definito da potenze che
operano trasversalmente, determinando (attraverso rapporti di forza, rela-
zioni epistemiche, atti volontari, tecnici e produttivi) contesti comporta-
mentali e normativi: “modi di vita” e forme di partecipazione alla polis. Noi,
di conseguenza, consideriamo questo tessuto un tessuto biopolitico espres-
sivo. La capacità di espressione che lo percorre ne rivela la pienezza cogni-
tiva e corporea, ne riconosce la consistenza singolare e le dinamiche desi-
deranti, possiede la potenza dell’attività “attuosa” e della produzione di
soggettività – sintesi non dialettica ma costituente, labirintica piuttosto che
sistemica.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 103

Ora, alcuni interpreti di Foucault e teorici del biopolitico (affrontandone


le tematiche sia sul terreno economico che su quello giuridico, ma soprat-
tutto sul terreno etico-politico attorno ai temi della metodologia storica)
hanno tentato di chiudere quella dimensione biopolitica dentro la figura
del biopotere (R. Esposito, Communitas. Origine e destino della comunità,
Torino, Einaudi, 1998). Di contro, noi sosteniamo la relativa separatezza
concettuale delle due categorie/concetti: „biopolitica“ e „biopotere“. Non
che questi concetti non possano darsi in interfaccia, non che essi non vivano
e si costituiscano l’uno dentro l’altro – ma sempre di più (proprio perché
non costituiscono un dualismo assoluto) essi marciano in direzioni diverse e
singolari. La prima (la biopolitica) è consistenza singolare, insistenza
comune, azione plurale e costitutiva, produzione di soggettività, rapporto
di differenza/resistenza, espressione ontologica. In questa prospettiva la
biopolitica rappresenta il momento di passaggio dalla politica all’etica,
è–come dice Foucault–“la remise en question des relations de pouvoir, et de l’
“agonisme” entre relations de pouvoir et intransitivité de la liberté”. Il secondo
(il biopotere) è estensione ed efficacia di un potere trascendente attraverso
tutti i nodi dell’esistente. La vita è resa parte di un campo di potere. Questa
separatezza dei concetti è da Foucault posta ed insistita. La “produzione di
soggettività”, nella sua opera, si libera progressivamente da ogni contenitore
precostituito, mentre la potenza della soggettività si mostra (e – ciò che è
molto più importante – si dichiara) non omologabile al biopotere. Di nuovo
Foucault: ”au cours de leur histoire, les hommes n’ont jamais cessé de se
costruire eux-memes, c’est-à-dire de déplacer continuellement leur subjectivité,
de se constituer dans une série infinie et multiple des subjectivités différentes et
qui n’auront jamais de fin et ne nous placeront jamais face à quelque chose qui
serait l’homme”. La produzione di soggettività é, come abbiamo già detto,
ontologicamente consistente. Così Foucault si libera da ogni relativismo.
Non c’è dunque possibilità di rinchiudere il foucauldismo nel sistemismo
classico, e neppure – com’è evidente – nello storicismo. In Foucault, il con-
cetto di biopolitico può confondersi ma mai ridursi al concetto di biopotere:
il potere è sempre predicato, in Foucault, in maniera non omologa né uni-
voca, bensì singolare ed ontologica. Il potere è differenza, dualismo, e
quindi può divenire rapporto molteplice, dispositivo multiplo, rapporto
sociale.10

Ciò che, a questo punto, è tuttavia molto rilevante sottolineare, è che


anche il sistemismo tedesco, nel suo sviluppo (fra Niklas Luhmann e Gun-
ther Teubner) ha raggiunto analoghe conclusioni.11 Nelle società post-mo-

10 Judith Revel Dictionnaire Foucault, Paris, Ellipses, 2007.


11 K.H. Ladeur Post-Modern Constitutional Theory: A Prospect for the Self-Organising
Society, 1997, vol. 60, n. 5.
104 Antonio Negri

derne, il diritto deve strutturalmente convivere con i „paradossi“ che il suo


sviluppo determina (intendendo per “paradossale” il confronto contraddit-
torio fra opinioni e/o norme comunemente ammesse, ovvero “contro-
senso”.12 E se la questione della ricomposizione può/deve proporsi, in essa
ci si potrà/dovrà solo chiedere quale sia il grado/il quantum di collisioni che
una società giuridica possa permettersi. Questa conclusione degli epigoni
del sistemismo, pur nella fresca potenza della sua affermazione, non sembra
tuttavia liberarsi da un certo pessimismo di fondo: la frammentazione è
colta, bene – ma che cos’è l’eccedenza? Ciò che abbiamo sotto i denti è
forse, ancora e sempre, solamente frammentazione?

III.
Come abbiamo già visto, dinanzi a ciascuno dei momenti di crisi dei con-
cetti trascendentali della statualità moderna, noi vediamo sorgere delle linee
di fuga, che vengono inseguite (riappropriate e risistemate da macchine di
government) e talora, sempre di più, segnate da esperimenti di governance.
La governance, qui, non è più (come si comprende da quanto detto prima a
proposito della frammentazione del contesto biopolitico) una possibilità,
una semplice opportunità ma diviene una necessità. Una necessità del tutto
particolare: se infatti, in questa contingenza, la governance tenta di appros-
simare, attraverso e contro la frammentazione dell’ordinamento giuridico,
la ricomposizione dell’ordinamento con nuovi strumenti (quelli propri della
governance appunto) – quando ciò (a confronto con difficoltà troppo dure)
non si ottenga, avviene allora che la governance possa sistematicamente pre-
sentarsi come eccezione, decisione sull’eccezione, prodotta dunque da attori
e poteri di eccezione. L’eccezione si spalma sul sociale, soprattutto laddove la
crisi produce più espliciti effetti paradossali (del tipo, per esempio: liberis-
mo/colbertismo, circolazione migrante/blocco e riedizione di ideologie raz-
ziste, culto e premio del lavoro/generalizzazione del precariato, apologia del
lavoro senior/abbassamento della condizione pensionista, ecc.). Possiamo
seguire questa complessa vicenda cercando di identificarne le trafile, sotto-
lineando che molto spesso producono effetti negativi. Tenteremo dunque di
coglierne – per così dire – il dark side. Ma che cosa significa?
Se si guarda a questi processi da un punto di vista intensivo, e cioè soprat-
tutto dal punto di vista del diritto interno, dobbiamo riconoscere che la crisi
si esprime essenzialmente sui nodi della mediazione interrotta. Nelle strut-
ture moderne del diritto statuale continentale europeo, così come nelle pra-
tiche del mondo giuridico atlantico, i criteri di mediazione e di traduzione/

12 Vedi M. Blecher Law in Movement. Paradoxontology, Law and Social Movements, in:

Dine, Fagan (eds.), Human Rights and Capitalism, Elgar, Cheltenham, 2006.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 105

trasformazione dei sistemi normativi erano essenzialmente quelli della


interpretazione/consuetudine/analogia e della proiezione giurisprudenziale
espansiva delle regole esistenti. Ma oggi, a fronte della profondità e delle
dinamiche della frammentazione – come abbiamo visto – non si dà più pos-
sibilità di mediazione interpretativa e progressiva. Ma se non si dà più possi-
bilità di far riferimento a misure o a rapporti determinati, la mediazione giu-
ridica crolla, perché essa era per definizione quella cosa lì. Interviene allora
(su questo limite) la governance, per costruire ibridi che – attraversando le
frammentazioni – tentano di metterle in rete e nello stesso tempo propon-
gono sempre nuovi terreni di autonomia e di relativa centralità, sui quali le
contraddizioni e/o le collisioni potrebbero risolversi. Spesso si tratta di
compromessi. Il problema non consiste nel fatto che i compromessi abbon-
dino ma nel fatto che essi siano illusori e in sempre maggior misura piegati
sul lato dei biopoteri. Si consideri che (se prendiamo questo processo dal
punto di vista sostanziale, e cioè dal punto di vista della costituzione mate-
riale e dei rapporti che la governance stabilisce con i principi di mercato e di
rappresentanza degli interessi) – se dunque consideriamo in questa luce la
governance, possiamo notare che solo il mercato è assunto qui come auten-
tico “principio di realtà”.13 Ne segue che – anche quando (come avviene nei
periodi di crisi) si voglia ritornare ad una certa regolamentazione del mer-
cato, la governance non riesce comunque a mettere in gioco una più larga ed
adeguata distribuzione dei poteri – che dunque possa avere una capacità per-
formativa di partecipazione democratica: “è piuttosto all’opera, anche se
non univocamente, un meccanismo di ripartizione degli spazi e un algo-
ritmo di gestione dei tempi di governo che agisce da filtro dell’agenda isti-
tuzionale a seconda delle mutevoli configurazioni assunte dalle costellazioni
degli interessi sociali e dei loro contingenti rapporti di forza”.14

Ciò vale anche dal punto di vista estensivo, in riferimento al diritto inter-
nazionale. Anche in questo caso la mediazione non trova più rapporti fissi
(riconducibili a misura istituzionale) sui quali esercitarsi: e la scienza giuri-
dica internazionalista lo riconosce.15 Ne consegue la consapevolezza di
muoversi in una specie di caos (mitigato dalla presenza – limitata ma attiva –
di una serie di organismi internazionali): anche qui strati diversi di organiz-
zazione e di produzione normativa si incrociano con insorgenze di ecce-
zione decisionale. Così, fra le figure del diritto interno e del diritto inter-
nazionale scorrono processi fluidi e non determinabili: alla “mediazione
interrotta” dei processi di diritto interno corrisponde un certo mitigato caos
13 U. Broeckling, S. Krasmann, Th. Lemke Gouvermentalität der Gegenwart. Studien zur

Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt, Suhrkamp, 2000.


14 Sandro Chignola In the Shadow of the State, seminario Uninomade, Padova, 2007.
15 A. Fischer-Lescano, G.Teubner Regime-Collisions: The Vain Search for Legal Unity in

the Fragmentation of Global Law, in: Michigan Journal of International Law, 2004.
106 Antonio Negri

nel diritto internazionale, un’interdipendenza basata su sistemi di forza, su


soft powers ed egemonie locali, che cerca di attenuare le figure di frammen-
tazione ed eventualmente di affermarsi (nella situazione “globale” odierna)
oltre l’alternativa fra unilateralismo e multilateralismo. Dopo la crisi dell’
unilateralismo non c’è infatti ritorno all’”ordine westfaliano” – c’è piuttosto
un ibrido comunitario che compone le differenze senza raccogliere le ecce-
denze (o piegandole alla ragione del più forte). L’attuale revisione delle teo-
rie e delle pratiche del diritto internazionale, alla luce – per esempio – del
“nuovo realismo” di R.O. Kehoane e di J.S. Nye porta l’attenzione su un
pluralismo di relazioni internazionali che la governance globale rilancia, tro-
vando nello Stato-nazione uno snodo di costruzione neo-istituzionale e in
queste forme postsovrane di governo internazionale un dispositivo di inter-
vento aleatorio.16
Dark side della governance significa dunque, allo stato attuale della
ricerca, “tentativo” di soluzione “eccezionale” della “mediazione inter-
rotta”: tentativo, eccezione, aleatorietà, in condizione di crisi.

E’ utile osservare che – avendo la governance decisamente introdotto la


temporalità nel diritto – il dark side della governance, che segue alla fram-
mentazione dei terreni canonici di applicazione del diritto, si presenta soprat-
tutto in una prospettiva temporale. Qui la distinzione classica fra “effettività”
e “legittimità” del diritto si presenta, essa stessa, come crisi. Si ricordi che la
legalità è definita come una qualità del diritto quando il suo insieme – ed i
poteri di applicazione – si adattano a criteri di conseguenza logica – materiale
e formale; l’effettività consiste invece nell’adeguatezza (e nella possibilità
di rinnovarne l’applicazione) della regola al caso concreto. Nella storia
moderna del diritto, perché un sistema funzioni, si assume che legalità ed effi-
cacia si sovrappongano, quando non coincidano. Di contro, oggi, nella
governance, esse si mostrano (piuttosto che come equazioni) come disposi-
tivi aleatori, frammischiati e spesso indistinguibili. Ciò che legalmente vale
non è concretamente/effettivamente afferrabile. In questa prospettiva la sov-
ranità – invece che darsi in termini autoreferenziali – sembra essere trascritta
in termini apertamente negoziali. Nel descrivere la governance, la scienza
politica preferisce evidenziare un’ottica di regolazione bottom-up, sostituen-
dola alla classica filiera top-down: in questo quadro abbiamo maggiore col-
laborazione fra lo Stato e gli attori non statuali, un’attenuazione della tradi-
zionale separazione tra pubblico e privato, l’acquisizione di rappresentanze
di interessi e di organizzazioni non governative ecc. ecc.
Di conseguenza, come già si diceva, dentro le procedure del controllo di
legittimità, quello che soprattutto risalta è una “faccia di eccezione”: una

16 R.O Kehoane, J.S. Nye Between centralisation and Fragmentation, Kennedy School of

Government, 2001.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 107

eccezione che si spalma sulla durata (anziché rappresentarsi, come nella teo-
ria originaria dello “stato d’eccezione”, puntualmente, come evento e deci-
sione). Anche in questo caso, la teoria giuridica ricorre ad alibi – nella fatti-
specie “istituzionalisti” – per nascondere il paradosso dell’aleatorietà legale
e della caotica effettività materiale delle pratiche di governance. Ma si tratta,
evidentemente, di tentativi di poco conto ed inverosimili: laddove le
sequenze instituzionaliste costituiscono coerenti profili di legittimità (anche
quando non creano limpide figure di legalità formale), qui le soluzioni giu-
ridiche sono piuttosto il ricalco di convenzioni sociali, sempre rinnovate o,
addirittura, la registrazione di ambigui compromessi.17
Talora, in fine, per nascondere queste difficoltà, si suppongono “poteri
latenti”, metodologie e/o pratiche di ricomposizione giurispudenziali dei
sistemi o di articolazione degli interventi governativi. È comunque interes-
sante notare come tutti e ciascuno di questi momenti di frammentazione ed
il conseguente travaglio di ricomposizione introducano vera temporalità lad-
dove il formalismo giuridico aveva esercitato l’epochè di ogni determina-
zione temporale della regola giuridica.

Così vediamo qui rappresentarsi, la frammentazione (e l’avaro tentativo


di un suo superamento) come il punto più alto di una crisi e di un’eccedenza
dark side: la corruzione.18 È, infatti, dentro la discontinuità inafferrabile e
multilaterale, caotica e dissipativa dei processi giuridici che la corruzione
s’insedia, non solo come elemento di debacle morale dinanzi alla prepotenza
del potere e/o del denaro, ma come determinazione intrinseca e funzionale
alla governance, vero e proprio aspetto di una perversa ontologia della gover-
nance. Quando parliamo di corruzione, sia chiaro (lo ripetiamo), che non
insistiamo sulla dimensione ontologica: corruzione come il contrario di
generazione, come distruzione dei processi di produzione vitali e, nel caso,
istituzionali.

È chiaro che qui stiamo descrivendo (ed insistendo su) concezioni e pro-
cessi della governance che a noi sembrano decisamente negativi. Perché non
riescono a più a costruire un universo di sicurezza e di felicità, e neppure a
farcelo intravedere. C’é un sentimento d’impotenza, qui presente, che taluni
hanno considerato tipico della sensibilità post-moderna. Si dice ad esempio:
é per noi impossibile mettere in atto procedure che permettano, nel caos

17 N. Luhman Legitimation durch Verfahren, Frankfurt, Suhrkamp, 1969; A. Febbrajo,

G. Teubner State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Milano, Giuffré, 1994; G.
Teubner Global Law without State, Aldershot, 1997.
18 J. Dine The Capture of Corruption, Complexity and Corporate Culture, in: M. Ble-

cher, G. Bronzini, J, Hendry, C. Joerges, and EJLS (eds.), Governance, Civil Society and
Social Movements, European Journal of Legal Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3,
2008; da consultare online nel sito <www.ejls.eu>.
108 Antonio Negri

attuale, di combinare istanze democratiche, tecnologiche e giurisdizionali


nella costruzione di finalità comuni; oppure si dice: siamo ormai in una
situazione nella quale elementi della costituzione, definiti un tempo come
„formali“ o come „materiali“, non riescono più a trovare un cammino
comune (lo abbiamo già notato ragionando della crisi del rapporto fra lega-
lità ed effettività nell’ordinamento giuridico attuale); o, ancora, l’orizzonta-
lità del network non riesce ad imporsi come tendenzialmente egemone, ed
anche quando ci riuscisse, questo non significherebbe affermazione di un
dispositivo democratico. Che cosa significa più, in questo caso, il concetto
stesso di governance che – nella funzione e nella tradizione – allude comun-
que ad una certa orizzontalità? Tra il 1400 ed il 1600, fra John Fortscue e
Coke il concetto di good governance, si riferisce infatti ad una formula di
government in cui “full right is done to every man”: l’idea di libertà si pone
dunque come fondamentale attraverso la governance. Ma non è qui, nella
nostra situazione multitudinaria, che noi potremo verificare l’illusione uto-
pica nella genesi moderna della civiltà borghese! Potremmo continuare a
portare argomenti in questo senso. Ma allora, una volta sottolineato tutto
questo, concluderemo al disincanto e ad una posizione scettica? Finiremo
anche noi per scivolare dentro quel „libertinage erudit“ che già abbiamo
denunciato in taluni nei giuristi post-moderni? Quel che imbarazza, in que-
sto caso, non é tanto la forte sfiducia che i post-sistemisti sentono nei con-
fronti della capacità di una progettazione comune del potere – e non ci stu-
pisce il fatto che un forte scetticismo metafisico sia talora qui ripreso sulle
orme del decostruzionismo.19 Quello che sembra strano é che i sistemisti
post-moderni pensino che questa loro posizione possa reggersi – autono-
mamente – e in maniera “politicamente corretta” – e non essere essa stessa
travolta dalla deriva della corruzione.
Un’ ultima osservazione a questo proposito. Il processo di crisi nel quale
siamo immersi è nuovo, è un processo innovatore da tutti i punti di vista. La
crisi che qui si definisce non è qualcosa che possa essere fissata sul (o retro-
cessa al) terreno della modernità. E’ crisi, situazione, problema, del tutto
contemporanei. Quelli che considerano la contemporaneità come eccesso
del moderno, come ipermoderno, hanno tentato di tenerci al di qua di questa
condizione – non è possible: qui siamo già completamente al di là del
moderno, fuori dalle sue categorie. 20 Diciamolo come lo dicono i postsiste-
misti nella loro polemica contro i preconcetti della modernità: quando “fun-
zione” e “mediazione” non sono più strumenti metodologici di costruzione

19 Vedi M. Blecher Mind the Gap, in: M. Blecher, G. Bronzini, J. Hendry, C. Joerges, and
EJLS (eds.), Governance, Civil Society and Social Movements’, European Journal of Legal
Studies, Special Issue, Volume 1, Number 3, 2008; da consultare online nel sito
<www.ejls.eu>, e gli ampi riferimenti bibliografici all’interesse che il metodo di Derrida
suscita in Teubner e nei suoi allievi.
20 A. Negri Fabrique de Porcelaine, Stock, Parigi, 2005.
Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 109

sistemica, allora “Max Weber è finito”. Soddisfazione comunque relativa, la


nostra: quello che viene, dopo la razionalità funzionale, è infatti la corru-
zione; se il government della modernità funzionava sull’agire strumentale, la
governance, contemporanea, spalmata sull’esistenza intera e mobilitata dai
biopoteri, funziona sulla corruzione.

IV.
Dobbiamo ora ritornare all’inizio della nostra discussione, laddove,
accanto all’osservazione delle eccedenze che erano contenute e bloccate
dalla governance (esercitata sulla frammentazione dell’ordinamento), ave-
vamo insistito su quelle altre eccedenze che, (rovesciando la prospettiva)
sembravano invece definirsi in forma costituente.
La nostra ipotesi è dunque che eccedenze positive si rivelino come resi-
stenza e conseguente potenza di produzione politico-instituzionale. Questa
emergenza si dà su quel medesimo terreno che abbiamo fin qui descritto
come un sistema di biopoteri chiamato governance (un terreno davvero
“mostruoso”, lo abbiamo definito altrove!). 21 L’ipotesi è dunque che la “lotta
per il diritto” (così come la sosteneva Rudolf von Jhering) ricominci qui ed
ora.

Viviamo un periodo di transizione. Siamo usciti dalla modernità per


entrare in un’epoca nuova, la contemporaneità (non più dunque un epoca
definibile sotto la relazione del post – non più postmoderna, postfordista,
postcritica ecc., non più semplicemente questo): il “salto qualitativo” c’é
stato. Non c’é nulla di più insensato (semplicemente restando sul terreno
del diritto) di pensare che la “bella coscienza” giuridica del secolo XIX °
possa riapparire, rivivere, ricostituirsi dopo il XX ° secolo (“breve” o lungo
che esso sia considerato!). Il solo fenomeno della globalizzazione toglie di
mezzo radicalmente questa presunzione. Prima della globalizzazione la cos-
cienza giuridica era trattenuta (e talora asfissiata) dallo Stato-nazione. Ma
non basta – vi erano altri fenomeni che ancora più fondamentalmente carat-
terizzano la modernità giuridica. In una prospettiva di lotte, sarebbe suffi-
ciente pensare alle forme di espressione delle classi subalterne nelle espe-
rienze del XIX ° e XX ° secolo, e cioè alla relativa impotenza ed alla continua
ribellione in cui vissero nel XIX ° ed all’esperienza, eroica ma disperata, dei
“costruttori dello Stato socialista” nel XX ° secolo. Questa eredità è dram-
matica. Essa attraversa la sconfitta dei movimenti sociali dell’epoca fordista
(a partire degli anni Settanta del XX ° secolo), registra l’estinzione lenta ed
inesorabile del Welfarestate e la fine del “diritto del lavoro” sociale e costitu-

21 A. Negri in: Multitudes, n. 33, giugno 2008.


110 Antonio Negri

ente. 22 E tuttavia si rivela anche, come in un risvolto positivo, nella qualità e


nell’intensità delle attività sociali e politiche dei movimenti postfordisti.
Voglio dire che la governance sociale contemporanea è costretta ad assumere
ed a rappresentare, lungo nuovi diagrammi, pretese giuridiche e potenze
politiche che i nuovi movimenti hanno espresso: questi movimenti non sor-
gono dal nulla ma da un’accumulazione di esperienze che ha trasformato le
stesse condizioni e strutture antropologiche del diritto. Nella transizione,
dunque, i movimenti si determinano come forze politico-istituzionali (vir-
tuali, spesso – ma il rapporto tra potenza e atto é sempre presente alla spe-
ranza dei soggetti oppressi e si mostra come pericolo incombente per i bio-
poteri). Il margine frammentario dei sistemi può essere dunque oggi
attraversato da dispositivi costituenti. 23
Ma vi è di più. Una volta assunto che il salto qualitativo dalla modernità
alla contemporaneità si sia dato, ci si deve chiedere se un nuovo grand recit
non sia di nuovo divenuto possibile. Per quel che mi riguarda, direi che
abbiamo oggi bisogno di una “disutopia” costruttivo di un nuovo recit di
quel che nel futuro ci troveremo a vivere. Ogni tentativo di costruire, da ele-
menti parziali di un nuovo ordine esige, pone come necessaria la narrazione
di un progetto. Se nella seconda metà del XX ° secolo la critica del grand recit
fu vincente, lo fu perché i suoi parametri narrativi appartenevano al passato:
non potevi raccontare nulla che non fosse già risaputo ed esaurito. Ma oggi,
dentro la crisi che viviamo, è il momento di un nuovo Aufklaerung, oggi è
possibile “osare sapere”!
Vale qui la pena di sottolineare ancora il limite delle posizioni di coloro
che, pur avendo inteso l’attuale crisi della dimensione ideologico-politica
della modernità, sviluppatasi nell’egemonia della governance biopolitica,
propongono vie di fuga che dimenticano le dimensioni e la qualità del feno-
meno. Non si può infatti assumere (come questi autori fanno) nella critica,
nella pars destruens, il biopolitico come condizione centrale del dispositivo
etico (affermativo, dunque, anche se problematico) e poi, nella pars costruens
del ragionamento filosofico, abbandonarsi al biopotere, tremare e nascon-
dersi “inoperosamente” davanti a lui. È questo, ancora, nella tradizione del
libertinage érudit: “bene vixit qui bene latuit”. Ed ancor più vale la pena qui
di sottolineare il limite “tragico” di coloro che vedono nell’“evento”, nella
sua “trascendenza”, oppure nell’”immanenza”, sul “margine” estremo di
una universalità “nuda”, la determinante dell’eccedenza. Un evento, dun-
que, senza continuità, senza istituzione, senza positività costituente. 24

22 A. Supiot Au-delà de l’emploi, Flammarion, Paris, 1999.


23 G. Allegri I mille piani dei movimenti sociali nell’Europa unita, in: Peter Wagner (ed.),
Europa, Costituzione e movimenti sociali, Il manifesto, Roma, 2003.
24 A. Badiou L’Être et l’événement, Seuil, Parigi, 1988, e G. Agamben, Homo Sacer. Il

potere sovrano e la nuda vita, Torino, Einaudi, 1995.


Sovranità, oggi: vecchie frammentazioni, nuove eccedenze 111

Chissà perché! L’impressione é che, in questi casi, si presenti di nuovo quella


teleologia negativa dell’essere che va da Spengler ad Heidegger.
Un’ultima notazione. L’asimmetria tra frammentazione ed eccedenza va
colta ed insistita su un terreno filosofico che rifiuti ogni ultimo segno di tras-
cendentalismo – nella fattispecie, ogni residuo di quelle molteplici forme di
neokantismo che tanto male hanno fatto alla scienza sociale ed alla filosofia –
che si pretendevano “critiche” – nella Mitteleuropa. È molto bello che siano
gli scienziati del diritto a cogliere lo spirito della nuova epoca, di contro a
ingombranti tradizioni filosofiche.
Law as a Strange Loop

Oren Perez*

“‘How would you like to live in Looking-glass House, Kitty? I wonder if they’d give
you milk in there? Perhaps Looking-glass milk isn’t good to drink – But oh, Kitty! now
we come to the passage. You can just see a little PEEP of the passage in Looking-glass
House, if you leave the door of our drawing-room wide open: and it’s very like our
passage as far as you can see, only you know it may be quite different on beyond. Oh,
Kitty! how nice it would be if we could only get through into Looking-glass House!
I’m sure it’s got, oh! such beautiful things in it!

Let’s pretend there’s a way of getting through into it, somehow, Kitty. Let’s pretend the
glass has got all soft like gauze, so that we can get through. Why, it’s turning into a sort
of mist now, I declare! It’ll be easy enough to get through’ – She was up on the chim-
ney-piece while she said this, though she hardly knew how she had got there. And cer-
tainly the glass WAS beginning to melt away, just like a bright silvery mist.

In another moment Alice was through the glass, and had jumped lightly down into the
Looking-glass room.”

Carroll, L, Through the Looking Glass, (London, Penguin Books, 1872, 1994) 21.

One of the most important theoretical achievements of Gunther Teubner


and Niklas Luhmann lies in the articulation of a sociological explanation of
the role of paradoxes and self-reference in the dynamics of law.1 Paradoxes,
inconsistencies and self-reference are, Teubner and Luhmann argue, essen-
tial attributes of law as a social system – critical features of its dynamics and
evolution. This thesis stands in sharp contrast to the attempts – by law and
economic scholars and legal logicians – to present the law as a system driven
by a coherent calculus of efficiency or as a set of consistent normative prop-

1 * I would like to thank Yitzhak Benbaji, Dan Wielsch and Peer Zumbansen for com-

ments on an earlier draft of this paper.


1 Teubner and Luhmann can be associated with a more general stream of critical legal

thought, which emerged in the 1970s, and includes the critical legal studies movement, fem-
inist critique and deconstruction. However, their articulation of the paradoxicality of law is
probably the most eloquent. See, e.g., Sunder, M ‘Cultural Dissent’ (2001) 54 Stanford Law
Review 495; Collins, H ‘Law as Politics: Progressive American Perspectives’ in Jurispru-
dence and Legal Theory, in J. Penner, D. Schiff and R. Nobles (eds) (Oxford, Oxford Uni-
versity Press, 2002) 279; Balkin, JM ‘Deconstructive Practice and Legal Theory’ (1987)
96 Yale Law Journal 743.
114 Oren Perez

ositions. The system-theoretic outlook of law, which was developed by


Teubner and Luhmann, provides in that sense a powerful counter-narrative
to the visions of law and economics and analytical jurisprudence.
I have two goals in this paper. First, I want to shed further light on
Teubner and Luhmann’s thesis regarding the paradoxical nature of law,
drawing on ideas from set theory and the work of M. C. Escher. Teubner
and Luhmann’s thesis is part of an extensive body of thought exploring the
dynamics of complex, self-organizing systems. I will compare in this con-
text the articulation of consciousness in Douglas Hofstadter’s recent book
„I Am a Strange Loop“ and the conceptualization of law in Teubner and
Luhmann’s writings. 2 Second, I want to highlight an important and some-
what overlooked disagreement between the two thinkers regarding the
question of the crispiness (or fuzziness) of the concept of legal autonomy.
The idea of fuzzy law challenges the Gordian Knot that Luhmann has
postulated between the autonomy of law and the binary form of legal com-
munication. Solving the crispy-fuzzy dilemma is crucial, I will argue, for
achieving a better understanding of the dynamics and evolution of law. The
paper’s last section explores this dilemma, highlighting the key theoretical
challenges associated with it.

I. Paradox, Paralysis and Legal Dynamics:


the Story of Protagoras and Euathlus
The claim that law is paradoxical and self-referential, which was put for-
ward in such force and eloquence by Teubner and Luhmann, raises deep
questions about the capacity of law to sustain itself against the risks of total
paralysis, infinite regress and self-destruction. The Greek story of Protago-
ras and Euathlus provides an insightful illustration of these fears. 3 Protago-
ras, „the keenest of all Sophists,“ taught rhetoric and argumentation. 4
Euathlus became a pupil of Protagoras. It was agreed between the two that
Euathlus would pay Protagoras’ fee after Euathlus had won his first case. 5
After having been a pupil of Protagoras for some time, and having made

2 Hofstadter, D I Am a Strange Loop (New York, Basic Books, 2007).


3 The following exposition draws on the writings of Aulus Gellius. Aulus Gellius The
Attic Nights of Aulus Gellius 404–09 (E.H. Warmington ed., John C. Rolfe trans., Harvard
University Press rev. ed., 1970) (1927). For further discussion on Protagoras and the para-
dox see: Davison, JA ‘Protagoras, Democritus, and Anaxagoras’ (1953), 3 Classical Quart.
33, 38; Sobel, JH ‘The Law Student and his Teacher’ (1987) LIII Theoria 1.
4 Gellius id. at 405.
5 Gellius writes that Euathlus paid Protagoras half of the fee before beginning his lessons

and agreed to pay the remaining half „on the day when he first pleaded before jurors and
won his case.“ Gellius above n 3, at 407.
Law as a Strange Loop 115

considerable progress in the study of legal argumentation, Euathlus had not


undertaken any cases. Protagoras decided to demand his fee according to
the contract, and he brought a suit against Euathlus.
Protagoras and Euathlus presented their arguments before the court. Pro-
tagoras began as follows:
Let me tell you, most foolish of youths, that in either event you will have
to pay what I am demanding, whether judgment be pronounced for or
against you. For if the case goes against you, the money will be due me in
accordance with the verdict, because I have won; but if the decision be in
your favour, the money will be due me according to our contract, since
you will have won a case. 6
To this Euathlus replied:
I might have met this sophism of yours, tricky as it is, by not pleading my
own cause but employing another as my advocate. But I take greater sat-
isfaction in a victory in which I defeat you, not only in the suit, but also in
this argument of yours. So let me tell you in turn, wisest of masters, that
in either event I shall not have to pay what you demand, whether judg-
ment be pronounced for or against me. For if the jurors decide in my fa-
vour, according to their verdict nothing will be due you, because I have
won; but if they give judgment against me, by the terms of our contract I
shall owe you nothing, because I have not won a case. 7
Gellius concludes the story by noting that the court was struck by the intri-
cacy of the arguments and refused to give a ruling:
… the jurors, thinking that the plea on both sides was uncertain and in-
soluble, for fear that their decision, for whichever side it was rendered,
might annul itself, left the matter undecided and postponed the case to
a distant day. Thus a celebrated master of oratory was refuted by his
youthful pupil with his own argument, and his cleverly devised sophism
failed. 8
The story of Protagoras and Euathlus reveals an internal paradox within the
normative structure governing this case. Attempting to reason about the
correct legal answer leads to a seemingly insoluble oscillation, in which a
ruling for Euathlus leads to a ruling for Protagoras, which leads to a ruling
for Euathlus, ad infinitum. 9 The paradox is generated by the fact that – due
to the contract’s peculiar structure – the correct legal answer depends in an

6 Id.
7 Id. at 407–09.
8 Gellius above n 3, at 409.
9 See Sobel above n 3, at 10.
116 Oren Perez

unsettling way on the court’s ultimate ruling.10 This pathological oscillation


is similar to the semantic instability generated by the Liar Paradox („This
sentence is false“); in the legal context it may lead to judicial paralysis, as was
reported by Gellius.11 However, in law, paralysis is not an acceptable option.
Legal decisions, unlike decisions in science, math, or philosophy, cannot be
deferred to a later date.12 That decisions must be made is, in itself, a basic
norm of any legal system. Indeed, contrary to the story of Protagoras and
Euathlus, the praxis of law reveals few signs of paradoxical stoppages. This
seeming legal immunity to the threat of logical paradoxicality constitutes an
intriguing puzzle.

II. The Tangled Hierarchies of Law’s Empire

1. Law as a Set?
One could take the paradox of Protagoras and Euathlus as a reflection of
anomalous contract, which has nothing to do with the general questions
underlying the study of law. Such interpretation will miss the main point of
this story. The paradox described by Gellius highlights a much broader di-
lemma concerning the role of self-reference in the praxis of law and the mech-
anisms through which law escapes the perils of recursive paradoxicality.
One possible answer to this dilemma is to deny the claim that law is
haunted by self-referential paradoxes. This argument requires one to de-
velop a systematic, non-paradoxical portrayal of law.13 I want to focus on
one such attempt and to demonstrate that it is bound to fail. My argument
draws on the concept of non-well founded sets. Let us first consider a poss-
ible ‚set‘ oriented definition of law. An interesting attempt in that direction
appeared in an article in the Michigan Law Review in 1992 – a collaboration
between a mathematician (Robert Molzon) and a law professor (John
Rogers). Rogers and Molzon argue that law can be characterized as a col-
lection (set) of conditional statements of the form of ‘if-then’ rules. They
define a legal rule as „a statement that if certain actions or circumstances are

10 See id.
11 Gellius above n 3, at 405.
12 Philosophers sometimes disregard this fact. Sobel notes, for example, that „rather than

reach a final disposition in the case a court might be moved to suspend the case, to put off or
postpone judgment to a later day. This action could recommend itself as a desperate ex-
pedient to avoid self-contradiction: deferral could recommend itself to a court that con-
sidered, whether correctly or incorrectly, that it had no other way out of a logical trap.“
Sobel above n 3, at 4.
13 Law is postulated in this question as a system of rules or governance – not as a refer-

ence to a particular system of rules or to a concrete individual rule. See, for this distinction:
Coleman, J and Simchen, O „Law“ (2003) 9 Legal Theory 1, at 12–13.
Law as a Strange Loop 117

found to exist or to have existed, a certain action (or inaction) will be


required (or permitted, or not required, or not permitted) by whatever force
supports the requirement“.14 Law, then, can be conceptualized as a collection
of all these statements, and all the possible conclusions that can be derived
from them (these derivable conclusions play in law a similar role to theorems
in logical systems).15 Rogers and Molzon further stipulate that this collection
of statements must be consistent, because thinking otherwise will contra-
dict „the very way we think about law“.16 It is doubtful whether Rogers’ and
Molzon’s characterization of legal norms is sufficiently rich to cover all the
universe of legal norms. While Rogers’ and Molzon’s definition seems to
properly account for the classical types of deontic sentences: prescriptive
(ought to), permissive (may) and prohibitive (may not),17 their account does
not seem to cover less-conventional types such as norms conferring public
or private powers – competence norms (the competence to issue other norms)
or determinative norms (norms that define certain concepts).18
For the sake of the argument let us assume that Rogers’ and Molzon’s
definition covers the whole range of potential legal norms. Given that as-
sumption, can this definition be used to designate a non-paradoxical legal
set? Let us consider how such a set could be constructed. The first method
is simply to enumerate all the elements of the set. Consider for example the
legal system of your neighborhood pub: A pub = {„it is forbidden to smoke in
this pub“; „it is obligatory to pay for your drinks and properly tip your
waiter“}. While this method may work in the context of the neighborhood
pub it does not seem to provide a suitable response to the challenge of de-
scribing more mature legal systems, which include a large number of norms
(this unsuitability requires some further reflection, see below). A second
method, developed by Cantor is to use predicate formulas. An example of
a predicate formula is „x is a jazz piece“. The notation S(x) can be used to
represent such a formula. If the symbol x in this phrase is replaced by the
title of a musical piece, there results a statement that can be either true

14 Rogers JM and Molzon RE ‘Some Lessons about the Law from Self-Referential Prob-

lems in Mathematics’ (1992) 90 Michigan Law Review 992, 998. For a similar view, see
Hoecke, M Law as Communication (Oxford, Hart Publishing, 2002) at 19–20.
15 Rogers and Molzon id, at 999.
16 Id, at 1000. See also, Hoecke ibid, at 20. Rogers and Molzon use this definition to argue

that a constitutional legal system is necessarily incomplete (in the sense that some law is not
derivable through the rules that make up the constitutional system), drawing on Godel’s
1931 incompleteness theorem; id, at 1016. While I agree with their general claim about the
incompleteness of law, I think that their application of Godel’s theorem is problematic be-
cause it is based on a sociologically unconvincing account of law.
17 See McNamara P ‘Deontic Logic’, in The Stanford Encyclopedia of Philosophy § 1.2

(Edward N. Zalta ed., Spring 2007), http://plato.stanford.edu/archives/spr2006/entries/


logic-deontic/#1.2.
18 See, e.g., Bulygin, E ‘On Norms of Competence’ (1992) 11 Law & Phil. 201.
118 Oren Perez

or false. Given any formula S(x) that contains the letter x (and possibly
others), Cantor’s principle of abstraction asserts the existence of a unique
set A, such that, for each object x, xtA if and only if S(x) holds. The set A
corresponding to S(x) is symbolized by {x | S(x)}, which is read „The set of
all objects x such that S(x).“ For example, {x | x is a jazz piece} is the set of
all jazz pieces ever composed.19 The principle of abstraction allows us,
therefore, to construct sets the elements of which are exactly those objects
having a certain designated property. 20
Can we use Cantor’s principle of abstraction to construct a non-para-
doxical legal set? Consider the following definition.
(1) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form} (I take this
statement as short denotation of Rogers’ and Molzon’s longer defini-
tion quoted above).
While this definition seems to improve things somewhat it is problematical
in that it also includes normative statements which are not part of the law
(e.g., in my daughter’s school children are obliged to come to school with
shirts carrying the school logo; children who disobey this rule may receive a
condemnation note in their personal file). Because the universe of discourse
from which the elements of our designated legal set are extracted includes
statements whose syntactic form is identical to legal statements, but which
are nonetheless not considered part of the law, we need a rule that will dis-
tinguish between legal norms and other norms. Further, this rule must be part
of the law, that is, it must be in itself an element of the set. 21 This require-
ment introduces a further constraint on the legal set, which reflects a com-
mon and basic intuition regarding the creation of legal norms – that law can
only be created through legally recognized procedures.
Let us try then to improve our definition:
(2) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is recog-
nized as a member of Z by statement y (ytZ)}.

19 Things may become more complex if the declarative sentence produced by applying

S to a particular object, does not have a clear true/false value. Consider, for example, the
music of the Jazz pianist Jacques Loussier. Loussier is well known for his jazz interpretations
of Bach’s work. Are the pieces recorded by Loussier members of the set of Jazz pieces – or
should they be classified as classical music? We might resolve this puzzle by invoking a
non-musical test – e.g. how do music stores classify Loussier CDs ? I recently bought one
of his CDs in the jazz department of a music store in London. But is this test satisfactory as
our basic distinction? This problem hints to the importance of fuzzy sets to the under-
standing of law and I will return to this issue in the fourth section.
20 See, Stoll, RR Set Theory and Logic (Courier Dover Publications, 1979) 6.
21 Returning to the question of the unsuitability of specific listing as a method for defin-

ing a legal set, the problem is not merely the vast number of norms associated with mature
legal systems, but also the fact that there is an expectation that the enumeration process will
be governed by a rule that is itself a member of the set.
Law as a Strange Loop 119

The problem with the foregoing definition is that the concept of „recogni-
tion“ is somewhat vague. Consider then a different formulation:
(3) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is printed
on a paper with the state stamp (otherwise it is not a member of Z)}.
This is an improvement. But we are not there yet. The second part of our
predicate formula is, in fact, a rule. And thus, according to our additional
constraint this rule („x is printed on a paper with the state stamp (otherwise
it is not a member of Z)“), lets call it y, must also be a member of Z (hence,
ytZ, should be added to formula (3)). But is y a member of Z? It seems we
have come to a dead-end. To initialize the set Z – the set of all legal state-
ments – our formula somehow has to generate y; but it cannot generate y
unless y already exists. And worse of all – without y we cannot jump-start
our whole set. Actually, we can reformulate (3) without y making the prob-
lem more transparent.
(4) Z = {x | x is conditional statement of an ‘if-then’ form and x is a
member of Z}.
But this is clearly a circular definition, because the predicate formula which
is supposed to define the legal set, presupposes the existence of the very set
it tries to define. The problem with formulas (3) and (4) is that they are in-
herently impredicative. Impredicative definitions are those that in the pro-
cess of characterizing a particular entity draw on a set of entities, at least one
of which is the entity being defined. 22
The impredicativity of the concept of validity was recognized by both
Luhmann and Teubner. Luhmann emphasizes the inherent circularity of
this notion: „Validity is nothing but the symbol for the nexus that is
part and parcel of all legal operations. It cannot be validated point by point
but only recursively, that is, by recourse to valid law“. 23 It is founded,
Luhmann argues, „on some kind of idealization of something that is ab-
sent“. 24 The problem, he notes „has to be Godelized by a reference to an
external foundation“. 25 Teubner is making a similar point drawing on the
idea of „tangled hierarchies“, which is a term used to describe the phenom-
enon „whereby the highest level in a hierarchy ‘loops into’ the lowest

22 Bolander, T ‘Self-Reference’, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2008

Edition), Edward N. Zalta (ed.), URL = <http://plato.stanford.edu/archives/fall2008/


entries/self-reference/>; Solomon Feferman 2005, „Predicativity“ in The Oxford Handbook
of Philosophy of Mathematics and Logic. Oxford University Press: 590–624.
23 Luhmann, N Law as a Social System (Oxford: Oxford University Press, 2004, trans-

lated by K. A. Ziegert) at 128.


24 Id. at 123.
25 Id. at 125.
120 Oren Perez

one“. 26 The hierarchy of legal sources, Teubner notes, „is not immune
to the ‘circular looping’ together of hierarchies“. Indeed the hierarchy-
oriented vision of law has only one small flaw „the highest level draws on
the lowest“. 27 The question of the foundation of norms presents us,
Teubner argues, with a Munchhausen trilemma: „infinite regression, circu-
larity, or voluntary rupture“. 28
The impredicativity of the concept of validity – which plays a central role
in the conceptualization of law – constitutes therefore a critical problem for
those seeking to provide a coherent description of law.

2. A Brief Detour: M. C. Escher ‘Magic Mirror’


Luhmann’s and Teubner’s circular understanding of law is based on an
analogy between legal and biological phenomena. The drawings of M. C.
Escher provide another interesting source for cross-domain analogies. 29 The
picture known as ‘the Magic Mirror’, which was created by Escher in 1945
provides a particularly insightful example. 30 It is a drawing of a winged lion,
which was inspired by Lewis Carroll’s ‘Through the Looking Glass’.

26 Teubner, G Law as an Autopoietic System (Oxford, Blackwell, 1993) at 3. Teubner

draws in this context on Douglas Hofstadter.


27 Id. at 3.
28 Id. at 4.
29 The self-referential quality of some of Escher’s drawing was highlighted by Douglas

Hofstadter in various works, most recently in Hofstadter above n 2, at 102, in which he ex-
plicates the idea of ‘strange loop’ drawing on a different work by Escher Drawing Hands.
30 Schattschneider, D M.C. Escher: Visions of Symmetry (New York, Harry N. Abrams,

2004) at 301.
Law as a Strange Loop 121

Escher’s analysis of this drawing is interesting. The following description


is taken from a series of lectures that Escher had planned to give in the U.S.
in 1964. The lectures were never given because Escher had fallen ill. But
the text of the lectures has been preserved and was ultimately published in
Escher on Escher: Exploring the Infinite. 31
„the same little animal is born and emerges from a vertical looking glass.
More and more comes out of the mirror until at last the whole creature
has freed itself from its image. As a fabulous animal, it transposes its re-
flection into reality – a well know trick since Alice and her Looking–glass
world. Thus two curved processions move on, first in one row, then in
two rows, and finally in four rows, moving from left to right and from
right to left. They meet in the foreground, lose their three-dimensionality,
become flat, and slide together as pieces of a jigsaw puzzle. Together they
now form a horizontal plane, a tiled floor, on which stands the looking
glass“.
This drawing captures two features of the law’s paradoxical nature. First, the
way in which law reinvents itself out of thin-air – „transposes its reflection
into reality“. Second, the entangled nature of legal authority, which is not
only cyclical, but is also characterized by the invocation of rhetorical fic-
tions, which are re-presented as incontestable groundings.

III. Law as a Strange Loop –


A Dynamic Conceptualization of Law
There is of course a sharp difference between Escher’s world and the
world of law. The paradoxical reality depicted in the Magic Mirror is not
genuine – it’s a fake. As Douglas Hofstadter notes, Escher’s drawing are „so
impeccably drawn that we seem to be perceiving a full fledged, true-blue,
card-carrying paradox“. However he notes „this conviction arises in us only
thanks to our having suspended our disbelief and mentally slipped into
Escher’s seductive world. We fall, at least momentarily, for an illusion“. 32
Of course, as far as law is concerned, one can hardly dismiss it as an illu-
sion.
Luhmann and Teubner argued, convincingly, that in thinking about the
paradoxes of law a shift in perspective is needed. One has to abandon the
idea that paradoxes represent a certain malady of thought that should some-

31 Escher, MC Escher on Escher: Exploring the Infinite (New York, Harry N. Abrams,

1989). For the story of the ‘never given lectures’, see p 24, id; the description of the drawing
is at p 45.
32 Hofstadter above n 2, at 103.
122 Oren Perez

how be eliminated, prevented, or resolved. 33 The fact that the legal system
founds itself on a self-referential cycle should not be conceived as an ob-
stacle but as a creative force. Thus Teubner notes that in resolving the prob-
lem of indeterminacy induced by paradox the key lies in „deparadoxizing
paradoxes“ and in „the creative application of paradoxes“. 34 And Luhmann
notes that „the place of unity, which because it is paradoxical, remains in-
visible for the system, is taken up by recursivity, the guiding of operations
by the results of the operations or, on the observer’s level, the guiding of ob-
servation by the results of observation. The result is not a logical disen-
tanglement of the world’s problems but, rather, the construction of cogni-
tive complexities – to whatever purpose“. 35
The most important contribution of Teubner and Luhmann lies however
in the way in which they incorporated the insight about the paradoxicality
of law into a new model of law as a social system. This model is based on the
understanding that the essence of law cannot be captured by simply enu-
merating its normative content. Describing the law as a system of rules or a
system of symbols, Teubner argues, provides no answer to the dynamic
property of law, to its self-regulatory capacity: „For how are norms to pro-
duce norms or symbols to generate symbols? We can only conceive of the
law producing itself if we understand it no longer as a mere system of rules
but as a system of actions“. 36 Luhmann highlights the idea that the notion of
validity can only makes sense if it is understood in relation to the intrinsic
dynamics of the legal system and is invoked only „when the legal system is
differentiated to such a degree that it can change itself “. 37 Validity should
therefore be interpreted as a circulating symbol handed to further oper-
ations with each use. It is „transferred from operation to operation and
exists only in this permanent reproduction … It is a symbol for the dynamic
stability of the system which is expressed in backward and forward refer-
ences to the past and the future. Tomorrow’s validity will be a different
validity because a decision has been made today, although the symbolic
function always remains the same“. 38 In that sense, Luhmann argues, law

33 Alfred Tarski, one of the most prominent logicians of the 20 th century, noted for

example, that „The appearance of an antinomy is for me a symptom of disease.“ Tarski,


A ‘Truth and Proof’ (1969) 220 Sci. Am. 63, 66.
34 Teubner above n 26 at 12. See, further, Teubner, G ‘Economics of Gift – Positivity of

Justice: the Mutual Paranoia of Jacques Derrida and N. Luhmann’ (2001) 18 Theory, Cul-
ture & Society 29.
35 Luhmann, N ‘Sthenography’ (1990) 7 Stanford Literature Review 133, 136. See,

further, Luhmann, N ‘The Third Question: the Creative Use of Paradoxes in Law and Legal
History’ (1988) 15 Journal of Law and Society 153.
36 Teubner above n 26 at 18; Luhmann above n 23, at 89.
37 Luhmann above n 23, at 127 (italics in the origin).
38 Id. at 129.
Law as a Strange Loop 123

should be understood as a „historical machine“ that transposes itself into a


different machine with each of its operations. 39
Of course both authors face the challenge of producing a detailed struc-
tural model of law, which will translate these general comments, and the
general thesis about the self-reproducing – autopoietic – nature of law – into
a detailed social model. Despite their common starting point Luhmann and
Teubner differ in the way in which they articulate the structure of the law’s
dynamics. 40 The key difference lies in the fact that for Luhmann the inven-
tion of the legal act establishes the autonomy of law, whereas for Teubner
this only serves as a partial explanation. The self-reproduction of the law is
reflected not only at the level of legal acts: „all the components of the sys-
tem – structures, processes, boundaries, and environments – have to be self-
generating and linked together in a self-reproductive hypercycle“. 41 A full
explication of these differences lies beyond the scope of this paper. Rather I
will explore one area of disagreement: the idea that there can be degrees of
autonomy; that law, as a social system comprised of recursive communi-
cations, can be fuzzy.
By shifting the discussion from the logical plain to that of self-organizing
systems Teubner and Luhmann form part of a broad intellectual genre,
which uses the ideas of self-organization and self-reference as explanatory
constructs in various domains, from the social sciences to ecology and brain
research. Maturana and Varela, whose work on autopoietic systems inspired
Luhmann’s early writings, 42 have indeed been pioneers, but there are
now an increasing number of scholars who use these concepts. Prominent
writers are J. A. Scott Kelso, Stuart Kauffman, Anthony Chemero, Michael
T. Turvey, Francis Heylighen, Graham Priest and Douglas Hofstadter. 43 It is
impossible to explore the writings of all these scholars in this short paper. I
will focus therefore on one prominent thinker: Douglas Hofstadter and his
recent book „I Am A Strange Loop“. 44
Douglas Hofstadter uses the concept of ‘strange loop’ to explore the na-
ture of consciousness or „I“-ness. Strange loop is defined by Hofstadter as

39 Id. at 91, 129.


40 See Teubner above n 26, chapter 3.
41 Teubner above n 26, at 31.
42 Maturana, HR and Varela F Autopoiesis and Cognition (London, Reidel, 1980).
43 See: Kelso, S Dynamic Patterns: the Self-Organization of Brain and Behaviour (Cam-

bridge, Mass, The MIT Press, 1995); Kauffman, S Investigations (Oxford, Oxford Univer-
sity Press, 2000); Chemero, A and Turvey, MT ‘Autonomy and Hypersets’ (2008) 91 Bio-
systems 320; Heylighen, F and Joslyn, C ‘Cybernetics and Second Order Cybernetics’. In
Encyclopedia of Physical Science & Technology, edited by R. Meyers; Priest, G Beyond the
Limits of Thought (Oxford, Clarendon Press, 2002).
44 Hofstadter above n 2.
124 Oren Perez

„an abstract loop in which, in the series of stages that constitute the cyc-
ling-around, there is a shift from one level of abstraction (or structure) to
another, which feels like an upwards movement in a hierarchy, and yet
somehow, the successive “upward„ shifts turn out to give rise to a closed
cycle. That is, despite one’s sense of departing ever further from one’s
origins, one winds up, to one’s shock, exactly where one had started
out“. 45
Hofstadter argues that the idea of strange loop provides a useful metaphor
for thinking about the emergence of „I“-ness. The emergence of reflexive
symbolic structure constitutes, he argues „the central germ, the initial spark,
of “I„-ness, the tiny core to which more complex senses of “I„-ness will
then accrete over a lifetime“. 46 The idea of symbol designates some specific
structure inside the brain that gets activated whenever we think of some
specific concept (e.g., Eiffel Tower). 47 Symbols in the brain are therefore the
neurological entities that correspond to concepts. Drawing on this defini-
tion he distinguishes between perception – a symbol-triggering, selective in-
teraction of the mind with its environment – and reception – designating a
passive, non-representational process of image-receiving. 48
The self, Hofstadter argues, emerges through a slow process of perceptual
cycles, „via the loop of symbols sparking actions and repercussions trigger-
ing symbols, the abstract structure serving as our innermost essence evolves
slowly but surely, and in so doing it locks itself ever more rigidly into our
mind“. 49 Consciousness, Hofstadter, notes, „is the dance of symbols inside
the cranium“. 50 And this dance is intrinsically circular. Hofstadter rejects the
claim that for consciousness to arise the internal events of brain activity
must in turn be perceived by some ‘higher’ internal cognitive center. For
this „runs the risk of setting up an infinite regress thus moving further and
further away from an answer to the riddle of consciousness rather than
homing in on an answer to it“. 51 To understand the mind (like the law), he
notes, one has to look at the motions that inhabit it (rather than any single
focal point – which in the brain would be the substrate itself). 52 One conse-
quence of this dynamic conceptualization of the mind is a rejection of the
idea that consciousness is a stable, permanent entity – as might be implied
by the notion of „personal identity“. Rather, the self changes, continuously,

45 Id. at 101–102.
46 Id. at 82.
47 Id. at 76.
48 Id. at 75–76.
49 Id. at 186.
50 Id. at 276.
51 Id. at 277.
52 Id. at 194.
Law as a Strange Loop 125

through the self-referential symbolic cycle in the mind, giving rise to what
Hofstadter calls „personality space“. 53
What facilitates the emergence of a strange loop in the brain is an ability to
think – „the possession of a sufficient large repertoire of triggerable sym-
bols“. Our extensible repertoire of symbols „give our brains the power to
represent phenomena of unlimited complexity and thus to twist back and to
engulf themselves via a strange loop“. 54 Understanding the mind, Hof-
stadter argues, requires us to shift our attention from the organic level of
neurons to the level of symbols and concepts. Trying to link a concept – or
the process of concept creation (analogy-making, distinction) – to a single
neuron, or to a higher level of the brain structure, such as a cortical column,
makes no sense, he argues. 55
The comparison between Hofstadter’s ideas and Teubner’s and Luhmann’s
writings highlights two important generic features of both the law and the
mind. First, the mind, like the law, is a historical machine, which re-config-
ures itself through recursive cycles of meaning creation. This observation
highlights the fact that the circular process that constitutes the law does not
merely produce legal acts out of legal acts – but is also a process of meaning
creation. The law constitutes its own meaning space. This of course raises
the question of the interaction between these two autonomous domains of
meaning. Briefly, Luhmann argues that the law and other functional systems
evolved in response to the double contingency problem (the impossibility of
communication between mutually closed psychic systems). By reducing the
number of possible selections – generating a social horizon of meaning –
they increase the probability that actually occurring communications are ac-
cepted, and acted upon. 56
Second, in both Hofstadter’s and Teubner-Luhmann’s narratives, self-
reference appears as a creative force rather than a potential cause of fatal
paralysis. Like the law, our mind does not stop as it faces the ungrounded
nature of its self-created categories and distinctions. Staring at our inner
paradoxicality does not lead to paralysis or self-annihilation. Our mind
(and we with it) simply moves on, creating further distinctions and new
analogies.

53 Id. at 308. Hofstadter draws in this context on the ideas of Derek Parfit (in Reasons and

Persons, (Oxford, Oxford University Press, 1984)).


54 Id. at 203. The human brain „is a representational system that knows no bounds in

terms of the extensibility or flexibility of its categories“. Id. at 182.


55 Id. at 26–30. For a contrary view see: Gallese, V and Goldman, A ‘Mirror Neurons

and the Simulation Theory of Mind-reading’ (1998) 12 Trends in Cognitive Sciences 493;
Vogeley, K., et al. ‘Mind Reading: Neural Mechanisms of Theory of Mind and Self-Perspec-
tive’ (2001) 14 NeuroImage 17.
56 See, further Qvortrup, L The Hypercomplex Society (New York, Peter Lang, 2003) at

132–151 and Grant, CB. Uncertainty and Communication: New Theoretical Investigations
(Hampshire, Palgrave Macmillan 2007) 128–144.
126 Oren Perez

In exploring the creative force of paradoxes the story of Protagoras and


Euathlus provides a case in point. Despite its seeming insolubility, the
canons of legal argumentation provide various techniques, which can facili-
tate the resolution (or dissolution) of the paradox, avoiding decisional par-
alysis. These techniques draw on two primary forms of meaning creation:
introducing a distinction (reinterpretation) or appealing to external prin-
ciples. 57
Consider the option of reinterpretation. First, the court can reinterpret
the temporal components of the paradox. In determining the status of the
parties’ rights and obligations, the court does not have to consider the con-
sequences of its ruling on the parties’ contractual obligations. Rather it
needs only to assess their rights as they are at the moment of its decision.
According to this interpretation, Protagoras’ suit should be rejected since,
at the time the court was required to give a ruling, the contractual condition
had not been fulfilled, implying that Protagoras’ suit was premature. 58 An-
other approach attempts to resolve the paradox by barring its problematical
self-application. This can be achieved by interpreting the phrase „first case“
as not applicable to a case involving Protagoras and Euathlus as parties. The
second strategy seeks to resolve the paradox by appealing to hierarchically
superior (but self-designated) normative principles. Thus, the court may in-
voke the meta-principle of „good-faith“ and conclude that Protagoras’
scheme was dishonest. Alternatively, the contract could be revised in equity.
Euathlus could be ordered to pay a reasonable sum of money for the time
Protagoras has already devoted to his instruction. 59

IV. Breaking Paradigms: Partial Autonomy, Fuzzy Law


and the Dynamics of Legal Communication
The idea of partial autonomy or fuzzy law represents an important intel-
lectual rupture between Luhmann and Teubner. This idea challenges the
deep-seated linkage between the (strict) autonomy of law and the binary
form of legal communication – a linkage that plays a critical role in Luh-
mann’s theoretical edifice. Luhmann’s opposition to the idea of partial legal
autonomy draws on two different theoretical inspirations. The first inspira-
tion is the articulation of the idea of autonomy in the writings of Maturanan
and Varela. The argument that the legal system is sharply separated from its

57 For a broader discussion of the problem of paradox resolution, see Rescher, N Para-

doxes: Their Roots, Range and Resolution (Chicago, Open Court, 2001) at 57–58.
58 This interpretation lays the foundation, though, for a future suit by Protagoras. See

Sobel above n 3, at 7–9.


59 See Sobel above n 3, at 7–9.
Law as a Strange Loop 127

environment 60 draws a perfect analogy between the sharp topological


boundaries that characterize living systems and the boundaries that separate
distinct social, meaning-based systems. 61 The notion of autonomy is inter-
preted as a binary concept, which allows for no half-measures or gra-
dation. 62 Law can therefore either exist as an autonomous unity, or it is not
‘law’ at all: 63 „As for autopoiesis in general, it can also be said about auton-
omy that it either exists or does not. It cannot be realized a little bit. Neither
can there be relative autopoiesis …“. 64
The second theoretical inspiration is George Spencer-Brown’s logic of
distinction. Despite its unique terminology Spencer-Brown’s work draws
on the classic intuitions of Aristotle bivalent logic 65 – it denies the possibility
of fuzzy distinctions. This logic underlies both the systemic facet of Luh-
mann’s work (the distinction system-environment) and its communicative
facet (the binary schemes associated with different function systems). Luh-
mann argues that the law uses a binary scheme (or code) in order to struc-
ture its own operations. This binary scheme provides the basic structure on
which the system evolves.

60 See further, Winthrop-Young, G ‘On a Species of Origin: Luhmann’s Darwin’ (2003)

11 Configurations 305.
61 The following definition of autopoietic system is instructive in this context: „An auto-

pietic system is organized (defined as a unity) as a network of processes of production


(transformation and destruction) of components that: (1) through their interactions and
transformations continuously regenerate and realize the network of processes (relations)
that produce them; and (2) constitute it (the machine) as a concrete unity in the space in
which they exist by specifying the topological domain of its realization as such a network con-
stituting and specifying the boundaries between the network and its environment“; Varela,
F Principles of Biological Autonomy (New York, Elsevier North Holland, 1979) at 13, my
emphasis. On the linkage between topological shape and autopoiesis see further Varela, F
and Frenk S ‘The Organ of Form: Towards a Theory of Biological Shape’ (1987) 10 Journal
of Social and Biological Structures 73, 82.
62 Luhmann above n 23, at 96–97.
63 Luhmann draws in this context on the distinction between autonomy and allonomy.

The notion autonomy refers to the capacity of a system to regulate its own regulation; in
contrast, the notion of allonomy is associated with external control, and exogenous instruc-
tions. See, Varela, F ‘Autonomy and Autopoiesis’, In Self-organizing Systems: An Interdis-
ciplinary Approach, edited by G. Roth and H. Schwegler (Frankfurt, Campus Verlag, 1981)
at 14, 20.
64 Luhmann, N ‘Closure and Openness: On Reality in the World of Law’. In Autopoietic

Law: a New Approach to Law And Society, (ed) G. Teubner (Berlin, de Gruyter, 1988) at
346. The notion of ‘relative’ autonomy is a ‘forbidden term’ in the autopoietic lexicon. See,
Luhmann above n 23, at 95–97.
65 Which is based on two fundamental precepts: the law of non-contradiction and the

law of excluded middle. See, Priest, G Doubt Truth to be a Liar. (Oxford, Clarendon Press,
2006) at 7–42, 78–81; Kosko, B Fuzzy Thinking: the New Science of Fuzzy Logic (New
York, Hyperion, 1993) at 23.
128 Oren Perez

„Codes are preconditioned structures which, when simplified radically,


can be traced back to bi-stability. This refers to systems that can assume
two states (positive/negative, 1/0, on/off etc.) on which all further oper-
ations depend … Logically, bi-stability assumes the exclusion of third
values (or definitions) that cannot be attributed to either of two values“. 66
In the legal context this binary scheme generates the following structure:
„Due to the binary code there is a positive value – we call it legal, and
there is a negative value – we call it illegal“. 67
While Teubner shares much of Luhmann’s theoretical apparatus he rejects
Luhmann’s ‘all-or-nothing’ understanding of legal autopoiesis – the idea
that „law either reproduces itself or it doesn’t“. 68 In his view autonomy and
autopoiesis should rather be understood as gradual concepts. This flexible
understanding of law is critical for analyzing the evolution of legal systems:
„Whether one is analyzing the historical development of law or the legal
systems in existence at any particular time, it is always possible to identify
different degrees of autonomy“. For Teubner self-reference and autopoiesis
can therefore be turned into „rather exact criteria for these gradual stages of
autonomy“. But this is only possible, Teubner argues, if one adopts a
slightly more complex understanding of legal autopoiesis than the one used
by Luhmann. In Luhmann’s view social subsystems achieve autopoietic clo-
sure merely by constituting independent elements. „The ‘discovery’ of the
legal act thus makes it possible for the legal system to become self-referen-
tially closed. It is continually reproducing itself by adding new legal acts“. 69
Teubner proposes in this context the more complex idea of law as a hyper-
cycle. According to this idea „a legal system becomes autonomous to the
extent that it manages to constitute its components – action, norm, process,
identity – into self-referential cycles. It achieves autopoietic autonomy only
when the components of the system formed in this way are linked together
to form a hypercycle“. 70
The claim regarding the fuzziness of law can be supported by two key ar-
guments. Sociologically, the idea of fuzzy law draws on the phenomenon of
‘soft law’. 71 It is hard to reconcile the existence of soft-law regimes with

66 Luhmann above n 23, at 182–183.


67 Luhmann above n 23, at 183.
68 Teubner above n 26, at 27.
69 Id.
70 Id, at 28.
71 On soft law, see, e.g.: Abbott, KW and Snidal, D ‘Hard and Soft Law in International

Governance’ (2000) 54 International Organization 421, and Perez, O The New Universe of
Green Finance: From Self-Governance to Multi-Polar Governance’ in Olaf Dilling, Martin
Herberg & Gerd Winter Eds., Responsible Business: Self-Governance and Law in Trans-
national Economic Transactions ( HART, Oxford, 2008) 151–180.
Law as a Strange Loop 129

Luhmann’s ‘all or nothing’ approach to the existence of law. The idea that
these sociological phenomena can either be analyzed as non-law (generating
no normative expectations) or as complete legal systems seems to be incom-
patible with a common sense interpretation of these socio-legal phenomena.
Teubner argues in this context that the idea of law as a hypercycle can be
used to study contemporary phenomena of partially autonomous law – in-
ternational law, the lex mercatoria, or the internal laws of international or-
ganizations. 72 Further, this model, he argues, provides better insight into the
process of legal evolution, allowing us to distinguish between three different
phases of social development:
„In the initial phase of ‘socially diffused law’, the elements, structures,
processes, and boundaries of legal discourse are identical to those of gen-
eral social communication – or, at least, are heteronomously determined
by social communication. Law enters the ‘partial autonomous’ phase
when the legal discourse begins to define its own components and use
them operatively. Law only becomes ‘autopoietic’ when the components
of the legal system are linked together in a hypercycle“. 73
In this context Teubner exposes a blind spot in Luhmann’s theoretical
framework – its inability to explain the leap from a state of no-system to a
state of fully operating system. 74
From a linguistic perspective the idea of fuzzy law is supported by the ar-
gument that language, and hence communication, may be vague or fuzzy.
This theoretical observation, which draws on a rich philosophical tradi-
tion, 75 poses a different challenge to Luhmann’s binary model of law. It chal-
lenges the perfect analogy that Luhmann draws between the biological do-
main of living systems and the meaning domain of social systems. If one
accepts the idea that human language is inherently fuzzy, there is no longer a
reason to accept, a-priori, Luhmann’s invocation of Spencer-Brown logic of
distinction as the basis of a communication-based model of law. Indeed, one
has to accept the possibility that the fundamental distinction of law (legal/

72 Teubner above n 26, at 27.


73 Teubner above n 26, at 36–37.
74 This blind spot is highlighted by other writers. See, e.g. Winthrop-Young above n 60,

at 311–312. Although sometimes notions of fuzziness creep into Luhmann’s writings, as for
example in the idea of possible ‘corruptness’ of the system (Luhmann, above n 23, at 109).
However, Luhmann does not draw any general conclusions from this observation. See
further Neves, M From the autopoiesis to the allopoiesis of law’ (2001) 28 Journal of Law
and Society 242, 259, fn. 106.
75 Kosko above n 65; Goguen, J.A ‘The Logic of Inexact Concepts’ (1969) 19 Synthese

325; Hofstadter, D Fluid Concepts and Creative Analogies: Computer Models of the Fun-
damental Mechanisms of Thought (New York, BasicBooks, 1995); Zadeh, LA ‘Toward a
Theory of Fuzzy Information Granulation and its Centrality in Human Reasoning and
Fuzzy Logic’ (1997) 90 Fuzzy Sets and Systems 111.
130 Oren Perez

illegal) and other secondary distinctions (valid/non-valid) could be inter-


preted in a fuzzy fashion, drawing on multi-valued systems of logic, such as
the one articulated by fuzzy set theory. 76 The implications of this thesis are
not limited of course to the realm of law. 77 While Luhmann was certainly
aware of these challenges to conventional logic, he did not consider their full
theoretical implications. 78
The idea of fuzzy law challenges the way in which Luhmann weaves to-
gether the notion of legal autonomy and the structure of legal communi-
cation. It suggests that one can find recursive, legal-like communicative pro-
cesses also in the context of semi-autonomous legal regimes. However, the
way in which the idea of gradual legal autonomy is articulated in Teubner’s
writings leaves many open questions. Teubner makes no attempt to link the
institutional facet of partially autonomous legal systems and the communi-
cative level. 79 The puzzle of how the fuzziness of law manifests itself at the
communicative level – how it is realized in the dynamics of legal communi-
cation – remains unarticulated. What is the difference between the com-
municative dynamics (recursivity) of fully autonomous legal systems and
partially autonomous systems? How does the legal/illegal distinction oper-
ate in the communicative sequences associated with partially autonomous
systems? Another question concerns the relation between the institutional
characteristics of partially autonomous legal systems (e.g., hybrid tribunals,
lack of sanctions) and the communicative processes that take place within
this institutional environment. A further question, which was disregarded
by Teubner, concerns the nature of the structural coupling process between
human agents and the system. What are the characteristics of this process in
partially autonomous systems? In particular, what kind of expectations and
expectations of expectations are generated by fuzzy legal systems?
Resolving these questions, which were left open by Teubner, requires
further study. But at least we now know the way into the looking glass
room.

76 Zadeh id; Kosko above n 65.


77 Teubner refers briefly to this idea; see, Teubner, above n 26, at 76.
78 See, Luhmann, N Social Systems (Stanford, Stanford University Press 1995) at 358

(where one can even find a reference to fuzzy sets) and Grant above n 56, at 90.
79 Further, his formulations also reveal hidden inconsistencies. Thus, for example, while

he argues for the possibility of partial legal autonomy he also claims that validity must be
interpreted as a crisp concept: „In the legal system, a norm is either valid, or it is not. In-
termediate degrees of validity are not admissible. The question of legal validity of an ex-
pectation is thus unambiguous“. Teubner above n 26, at 90. But if we allow for the possi-
bility of gradual autonomy, does not this imply also the possibility of gradual validity?
P  « … Re-vealing
(vs Un-veiling) Justice.
Riflessioni sull’enigma della giustizia
trans-immanente

Riccardo Prandini

Quanto alla giustizia, perché vado dal Padre e non mi vedrete più
(Giovanni, 16,10)

I. “Salvare” il diritto: la sfida della Giustizia


al sistema del diritto

1. Diritto e Giustizia: l’esperienza della


trascendenza nel sistema del diritto
Saprà Gunther Teubner, il Maestro del diritto autopoietico, il teorico della
sua auto/etero-referenza, salvarlo dalle sempre possibili inflazioni “iper-
giustizialiste” e dalle deflazioni che lo riducono a pura Gewalt? Saprà rima-
nere in equilibrio sulla corda mentre attraversa da capo a capo l’abisso che
separa/connette trascendenza/immanenza del/nel diritto; o cadrà tra l’or-
rore affascinato dei presenti, accorsi a godersi il grandioso spettacolo?
Come sempre, quando “in-between” c’è il mercuriale Teubner, si tratterà di
re-ligare chiusura (normativa) e apertura (cognitiva), sistematicità e creati-
vità, forma e vita, realismo e utopia, disciplina e virtuosismo 1. Il mio cam-
mino insieme a Gunther comincia da quello che considero l’Inizio-Scopo
del suo pensare: ri-velare l’enigma dell’anello di Möbius e i suoi punti ciechi,
per scoprire che non si può mai dis-velare Nulla ma solo illuminare gettando
ombra, appresentare la Presenza, mai potendola comprehendere-rappresen-
tare come se la vedessimo vis-a-vis 2.

1 Sull’opera di Teubner rimando a: R. Prandini La “costituzione” del diritto nell’epoca

della globalizzazione, in: G. Teubner, La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione.
L’emergere delle costituzioni civili, Roma, Armando, 2005.
2 Nota sulle note. Per la finalità del saggio, che è quella di festeggiare lo studioso Teubner,

ridurrò il peso delle citazioni al minimo, privilegiando l’argomentazione e, se del caso, testi
inerenti il dibattito italiano.
132 Riccardo Prandini

Il desiderio di Giustizia, come uno spirito indomito e senza pace che non
trova una “casa” dove poter stabilmente abitare-riposare, soffia sui duri pro-
cessi di globalizzazione e sul (presunto) “nuovo ordine mondiale”. Ovun-
que, nella società, si invoca giustizia: nelle transazioni di mercato, nelle
decisioni politiche, nell’erogazione di beni e servizi, nei processi di comuni-
cazione mass-mediale, nelle politiche di welfare, nei rapporti interpersonali,
tra i sessi e le generazioni, etc. Si pretende Giustizia anche “tra” i sistemi,
i sottosistemi-sociali, tra gli stati, le etnie, le religioni, le culture, etc.; e
soprattutto “tra” il sistema sociale e il suo ambiente naturale, particolar-
mente in riferimento alla concreta vita delle persone. E chi sarà il Träger
della Giustizia? Una “nuova Internazionale”, come vorrebbe Jacques Der-
rida; o un Diritto dei Popoli, come sembrerebbe intendere John Rawls? Una
United Nations riformata alla Habermas, o una superfederazione come vor-
rebbe Daniel J. Elazar? E ancora quali programmi politici, economici, sani-
tari, scientifici, etc. potranno realmente implementare la Giustizia? E infine:
siamo così sicuri che sia proprio giusto usare la distinzione tra giusto e
ingiusto per perseguire la Giustizia? Chi è così Giusto da poterlo fare? E se,
come tutta l’esperienza a disposizione dimostra, nel ricercare la Giustizia si
commettessero le ingiurie più terribili? Summum ius, summa iniuria?
Giustizia la si invoca, naturalmente, anche dal sistema del diritto; dalla
sua reale prassi-esecuzione-implementazione, ci si attende “un diritto giu-
sto”. Pure qui però le cose non sono così semplici, anzi. Da sempre la
saggezza e la letteratura, così come la realtà giuridica, mostrano che la siste-
maticità del diritto, il suo essere “sistema” formalmente chiuso, ma inter-
pretabile e ri-apribile, è una delle fonti più terribili e scandalose di ingiusti-
zia. È meglio lasciare che accadano ingiustizie piuttosto che rimuoverle
commettendo illegalità, come aveva testimoniato Socrate (e preferiva ancora
Goethe), o piuttosto disobbedire alle leggi se ritenute ingiuste, come tutto il
tema della “disobbedienza civile” insegna? Il diritto, applicato alla lettera,
“rende” davvero giustizia? E che dire dei “gatti in pelliccia” di Rabelais, degli
“azzeccagarbugli” di Manzoni, delle vespe di Aristofane? E la lentezza della
giustizia, come la risolviamo? Cancellando le colpe? Riducendo il diritto? E
di tutte le innumerevoli variabili (politiche, etniche, ideologiche, di classe,
religiose, etc.) che deturpano l’equilibrato volto della giustizia, che ne fac-
ciamo?
Alla fine, esausti, ci si appoggerebbe volentieri ancora una volta a Tolstoj
(e a Gesù il Cristo) e al suo “Non giudicare!” se questo servisse a qualcosa e
se non fosse già un giudizio su chi giudica o intende farlo. Nella realtà
rimane la funzione del diritto e il suo necessario riferimento-legame alla giu-
stizia. Laddove emerge un conflitto tra le parti, laddove occorre attribuire il
valore di lecito e illecito, dove ci si attende che qualcuno abbia torto e qual-
cuno ragione e che queste due posizioni complementari vadano socialmente
identificate, sanzionate e mantenute fisse nel futuro di fronte alla loro infra-
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 133

zione palese, là la relazione sociale viene tradotta/tradita nel sistema del


diritto, dove un Terzo dovrà giudicare a chi attribuire quale delle due posi-
zioni 3. Questa traduzione nel linguaggio iper-artificiale del diritto è sempre
un tradimento, in quanto due interi mondi (l’infinità “interiore” delle parti
in causa e la complessità della loro relazione contestualizzata), vengono
ridotti a “casi” trattabili dal diritto.

2. Perfezione, progresso, ingiustizia:


semantiche per orientare la contingenza del diritto
Niklas Luhmann ha classicamente interpretato la relazione tra la contin-
genza delle operazioni del diritto e il principio che ne dovrebbe regolare
l’operare. Quale forma capace di definire l’unità del diritto, emerge la distin-
zione giusto/ingiusto. Di fronte alla contingenza di qualsiasi operazione
giuridica, non tutto deve essere possibile. Occorre un “freno” alla produ-
zione di contingenze che può esplodere in un de-lirare di decisoni. Per Luh-
mann, questo kat-echon, è la Giustizia in quanto “formula di contingenza”
del diritto. Con formula di contingenza si intende il modo in cui il sistema
del diritto osserva la coerenza/incoerenza delle proprie decisioni. Ma la
ricerca di questi valori produce sempre nuove decisioni e quindi nuove con-
tingenze. Come “nascondere” questo paradosso?
Per Luhmann nelle società premoderne, differenziate per segmenti e poi
per strati, la giustizia è pensata come concetto di “perfezione”. Con i con-
cetti di perfezione si rende possibile gestire un sistema soltanto auto-sosti-
tutivo. Mediante l’idea di “perfezionamento” si mantiene fisso il valore spe-
cifico del sistema e così lo si immunizza dal confronto con altre possibilità.
Dal XVIII secolo, e con la differenziazione sociale per funzioni, il concetto
di perfezione viene sostituito da quello di “sviluppo/progresso”. Progresso
significa che la giustizia non è più un principio immutabile, ma che anzi
muta storicamente con il diritto e, proprio per questo, è giusta. Oggi l’idea
di giustizia sembrerebbe perdere il suo significato operativo, in quanto cri-
terio, “norma” del diritto: come direbbe Kelsen è ormai solo un “ideale irra-
zionale”. E, ciononostante, giusto/ingiusto è un codice che ancora ordina il
diritto nella sua reale vita.
Il sociologo di Bielefeld, riformula il problema della contingenza come
controllo interno di coerenza delle operazioni giuridiche, basato sul princi-
pio di eguaglianza, secondo il quale casi uguali vanno trattati in modo uguale4.

3 A. Cevolini Erynnerung. Evoluzione e semantica del diritto arcaico, in: A. Cevolini (a

cura di), Potere e modernità. Stato, Diritto, Costituzione, Milano, Franco Angeli, 2007.
4 Ritengo oppurtuno sostituire ad “eguaglianza” il termine “equivalenza”, come ben

specificato da L. Boltanski e L. Thévenot The Sociology of Critical Capacity, “European


Journal of Social Theory”, 1999, 2.
134 Riccardo Prandini

La giustizia è così una forma di riflessione del diritto che controlla-orienta


l’accrescimento della propria complessità-e-adeguatezza 5. All’aumentare
della contingenza del diritto aumenta perciò la richiesta di giustizia. In una
formulazione più recente Luhmann definisce la giustizia come “schema per
la ricerca di ragioni o valori, che diventano legalmente validi solo nella
forma di programmi” 6. La giustizia è definita come “complessità adeguata di
decisioni coerenti”: coerenza interna al sistema, giustizia del diritto. Ma, ci
si domanda, tale forma ha suoi contenuti specifici o si riduce a una formula
procedurale per così dire vuota, che controlla solo la coerenza interna del
sistema 7? In altri termini su quali auto-valori si fondano i giudizi di giusti-
zia? Cosa c’è dopo la Perfezione e dopo il Progresso? Forse Luhmann
avrebbe potuto rispondere: la consapevolezza del “non-sapere” cos’è giusto
e l’improbabilità sociale della giustizia 8. Il non-sapere esprime simbolica-
mente la nuova relazione tra il sistema e il suo ambiente. Ne esprime in par-
ticolare la totale intrasparenza. Quali che siano le relazioni tra sistema
sociale e i suoi ambienti (psichici, organici, ecologici, etc.) e quale che sia il
sapere che ne deriva, rimane sempre del non-sapere. Giustizia così sarebbe
qualcosa di più di controllo di coerenza dentro il diritto. Sarebbe invece e
soprattutto esigenza di relazione adeguata con il “fuori”, l’Altro, il Diverso.
Relazione, per i moderni, osservabile solo “negativamente”; impossibilitata
a compilare elenchi di Giustizie-diritti; sola-mente rappresentabile attra-
verso l’esperienza del “dolore”, della “sofferenza”, dell’“alienazione”,
dell’irruzione im-prevedibile nell’ambiente del sistema. Abgrund della Giu-
stizia. Fine della Giustizia come valore rappresentabile ed esplosione delle
ingiustizie: Giustizia come formula di contingenza (mai codificabile in un
“sapere”) delle ingiustizie 9!

5 Queste formulazioni sono rintracciabili in: N. Luhmann Gerechtigkeit in den Rechts-

systemen der modernen Gesellschaft, in Ausdifferenzierung des Rechts, Frankfurt, Suhr-


kamp, 1981; ders. Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt, Surkamp, 1993.
6 N. Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt, Surkamp, 1993.
7 Classico, in tal senso: P. Western The Empty Idea of Equality, “Harvard Law Review”,

95, 1982.
8 N. Luhmann Beobachtungen der Moderne, Opladen, Westdeutcher Verlag, 1992.
9 R. Prandini A corpo a corpo col dolore. Una breve riflessione sul dolore e la società

globale, in: “Salute e società”, V, 3, 2006; F. Belvisi Lo scandalo del tragico: il caso dei “tick-
ing bomb”, “Ragion Pratica,”, 29, 2007.
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 135

II. Ri(de)costruire il diritto e la “sua” giustizia:


i limiti e i miti della modernità

1. I limiti delle teorie moderne della Giustizia nel diritto:


la reciprocità, il consenso e il razionalismo formalistico
Gunther Teubner, da sempre sensibile alla teoria dei sistemi, ma altresì
capace di “lavorarla” dall’interno in modo eterodosso, sviluppa una seman-
tica di giustizia “nel diritto” che eccede la formula luhmanniana di contin-
genza 10. Teubner si chiede se la sociologia del diritto possa dire sulla giusti-
zia qualcosa di diverso dalla filosofia politica, morale o del diritto. La prima
risposta è negativa. Occorrono infatti osservatori esterni sia alla società sia
al diritto per compre-hendere il problema. La tesi centrale di Teubner è che
la Giustizia vada compresa come un insieme di pratiche sovversive di auto-
trascendenza del diritto. La Giustizia è una auto-descrizione del diritto che
mina i suoi stessi sforzi perché, nelle sue sempre diverse attualizzazioni,
crea nuove ingiustizie. L’argomentazione di Teubner procede corrodendo i
tre fondamenti della riflessione teoretica sulla giustizia: 1) il suo radica-
mento nella reciprocità; 2) il presupposto del consenso; 3) l’ideologia della
razionalità. Solo dopo aver rimosso questi tre “ostacoli epistemologici” è
possibile procedere a una ri-concettualizzazione adeguata della Giustizia.
(1) Il paradigma perduto della Reciprocità. Giustizia classicamente è
bilanciamento, equità, ricerca di reciprocità. Le teorie di John Rawls e di Jür-
gen Habermas si basano sul tentativo di trasformare la reciprocità inter-in-
dividuale in un principio/procedura universalizzabile. Sia il “velo di igno-
ranza”, sia la “situazione comunicativa ideale”, rappresentano tentativi in tal
senso, basati su processi di astrazione dal particolare verso l’universale.
L’argomento critico di Teubner fa qui perno sul concetto di policontestura-
lità. Le società complesse non sono “unificabili” sotto alcun principio uni-
versale. Ogni “sfera di giustizia”, come direbbe Walzer, ha la sua logica
basata su valori specifici che rigettano i valori delle altre sfere. Il loro scontro
produce solo esclusione, conflitto, ingiustizie e assoggettamenti. Così ogni
sub-giustizia, valida solo entro sub-universi di senso dove è possibile una
reciprocità generalizzata (di gruppo), si pone ora in rapporto asimmetrico
(non reciproco) con le altre sub-giustizie e con una presunta (e impossibile)
meta-giustizia.

10 I testi a cui faccio principalmente riferimento, sono: G. Teubner Selbstsubversive

Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des Rechts?, in: G. Teubner (ed.),


Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un)Möglichkeit einer Gesellschaftstheo-
rie des Rechts, Stuttgart, Lucius & Lucius, 2008; Dealing with Paradoxes of Law: Derrida,
Luhmann, Wiethölter in: O. Perez e G. Teubner (eds.), Paradoxes and Inconsistencies in the
Law, Oxford, Hart, 2006; Economics of Gift – Positivity of Justice: The Mutual Paranoia of
Jacques Derrida and Niklas Luhmann, in: Theory, Culture & Society, 18, 2001.
136 Riccardo Prandini

(2) Il mito del (im)possibile consenso. Il secondo mito della giustizia


moderna è quello del consenso razionale. Se il principio habermasiano U
unito a quello D richiede un consenso dialogico e quindi “buone ragioni”
condivise, “certezza”, “formalismo”, “routine decisionali”, stare decisis,
“autorità”, “tradizione”, in una parola ordine razionale, allora la giustizia
della società complessa è un principio che critica costantemente il diritto, lo
sovverte, lo mette davanti a continui conflitti. Il diritto è in continua comu-
nicazione con la “vita”, è diritto-vivente che dialoga con i suoi fondamenti
latenti-trascendenti 11 che trasforma, mentre ne viene reciprocamente infor-
mato. È evidente a Teubner che ogni sorta di meta-principio non ha nessuna
possibilità di “unificare” la “strana molteplicità” dei sub-universi sociali di
senso. Rappresenterebbe solo “una” della Ragioni tra le molte e di fronte a
un “no, non voglio comunicare razionalmente” oppure a un “io utilizzo una
razionalità diversa dalla tua”, non può che prenderne atto ed escludere
(negando così il telos del consenso).
(3) Contro il razionalismo e il formalismo giuridico. Ratio et voluntas e
Ratio et auctoritas, queste formule del razionalismo giuridico, coniugate ai
veri propri miti della calcolabilità e del formalismo del diritto, hanno “infe-
stato” la dottrina e impedito di osservare le reali logiche del diritto vivente.
Il tentativo di “salvare” il diritto mediante la Ragione, sfocia però inevitabil-
mente nel trilemma di Münchhausen: regresso infinito, decisione arbitraria,
o circolarità. Soprattutto, dopo il “momento” breve dello Stato di diritto,
già con la sua morfogenesi nel Welfare State e ora ancor di più nell’epoca del
Diritto vivente o del bio-diritto, numerosissime sono state le intromissioni
di “materialità-sostanzialità” (vita) nel formalismo giuridico. La pura dedu-
zione, il sillogismo, il ragionamento che giustifica la decisione del giudice,
non sono più immuni dalla realtà vivida dell’ambiente sociale, personale e
naturale. Cosa accade, per esempio, quando a dover razionalmente contrat-
tare il diritto, sono soggetti in posizioni del tutto e inesorabilmente asimme-
triche, come i disabili mentali, gli animali non umani e i rapporti tra stati
nazione e il loro ambiente? Occorre perciò reintrodurre nel discorso razio-
nal-strumentale una variabile di valore (non per questo irrazionale) che è
data dal concetto di dignità umana, sciolta proprio da un criterio troppo
pretenzioso e “idealizzato” di razionalità 12.

11 E. Resta Diritto vivente, Roma-Bari, Laterza, 2008; S. Cotta Il diritto nell’esistenza.

Lineee di ontofenomenologia giuridica, Torino, Giappichelli, 1991; P. Grossi Società,


diritto, Stato, Milano, Giuffré, 2006.
12 M. Nussbaum Frontiers of Justice, Disability, Nationality, Species Membership, The

Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge, Mass.-London, 2006.


Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 137

2. Oltre i limiti della Modernità:


la Giustizia poli-contesturale, eco-logica e sostanziale

A questi tre ostacoli epistemologici, Teubner contrappone tre vie d’uscita.


(1) L’asimmetria e la riflessività di una giustizia giuridica. La giustizia va
intesa in modo riflessivo all’interno dei diversi sistemi sociali. Ognuno di
essi – con il suo principio di riferimento e la sua logica operativa – opera
entro uno specifico ambiente. Ogni operazione deve essere calcolata nelle
sue conseguenze sia interne che esterne. Ogni sistema deve riflettere sui
limiti del proprio punto di vista e confrontarsi con l’esterno. Non esiste
però un meta-principio unificante; anzi si dà conflitto tra principi di giusti-
zia.
(2) Giustizia eco-logica. Alla ricerca del consenso razionale, Teubner
sostituisce la Giustizia eco-logica. La complessità adeguata indicata dalla
formula di contingenza, ha a che vedere non solo con la complessità interna
del diritto, ma anche con la relazione ai suoi diversi ambienti (società, per-
sonalità, natura). Interagendo con essi, la Giustizia incorpora elementi
sostantivi e non solo formali. Ma come può la Giustizia in quanto opera-
zione interna del diritto, rendersi responsabile nei confronti dell’ambiente?
Come può l’auto-referenza aprirsi all’ambiente? La chiusura del diritto è da
sempre una delle fonti dell’ingiustizia. Il diritto però può auto-osservarsi ed
essere etero-osservato. Mediante l’auto-osservazione si viene a creare una
dogmatica, una giurisprudenza, una teoria del diritto (con regole, proce-
dure, principi, etc.) con cui occorre “fare i conti” (coerenza interna). L’os-
servazione dall’esterno – orientata da valori diversi da quelli del diritto –
aumenta le pretese di complessità adeguata. L’extra-giuridico ri-entra nel
giuridico, come vita, fatto, pretesa, richiesta, appello, cui rispondere con il
diritto.
(3) Auto-sovversione del diritto mediante giustizia. Il non formalizza-
bile, il non calcolabile entra nel diritto quando questi si apre al suo ambiente
(o quando esso lo invade). La positività-funzionalità del diritto viene sfi-
data da valori sostanziali che, una volta introiettati, tornano ad essere posi-
tivizzati, in un processo che continuamente apre crepe, ferite, problemi,
dubbi, etc. Dall’immanenza dell’autopoiesis si viene spinti alla trascendenza
dell’etero-poiesis e da questa ancora all’immanenza. Emerge così una dialet-
tica tra positivo/procedurale e naturale/sostantivo che eccede le distinzioni
moderne del diritto.
Differentemente da una indefinita ricerca di giustizia sociale, la giustizia
“nel diritto” è richiesta in situazioni molto specifiche, dove occorre decidere
su casi concreti. Nella catena autopoietica del diritto – atto giuridico (ope-
razione) / norma di diritto (struttura) / atto giuridico (operazione) – nel
momento del passaggio dall’operazione alla struttura, si apre uno spazio di
possibilità mai pre-giudicato. È il momento di “sospensione” – stand-by,
138 Riccardo Prandini

surplace – in cui il diritto viene applicato alla realtà concreta: qui si fa spazio
il ragionamento giuridico, euphronein, che deve interpretare il caso e tra-
durlo in diritto così che possa essere trattato in quanto “fatto di diritto” e
poi deciso. Secondo Teubner non esiste alcuna procedura per risolvere lo
hiatus tra norma/fatto/decisione. È in questo momento di estremo “peri-
colo” che si trova la “salvezza”. Il sistema del diritto comincia qui la sua
riflessione, introducendo come valore “terzo” quello della giustizia, valore
però mai capace di portare all’unità la differenza tra fatto e interpretazione.
Qui “il diritto fa’ il processo al diritto”, aprendo (mediante la riflessione) il
suo confine alla trascendenza.

III. The Dark Side of the Moon: Infinite Justice come


Dark Doppelganger della Giustizia giuridica

1. Auto-trascendenza del diritto:


oltre la Giustizia come formula di contingenza
I limiti del diritto sono facilmente osservabili nella esperienza quotidiana.
Quasi immediatamente si va alla ricerca di “Altro-dal-diritto” e di “Oltre-il-
diritto”. La ricerca di Giustizia comincia proprio quando occorre ri-orien-
tare la pratica del diritto. Ma proprio questa Giustizia, di fronte ai duri limiti
del diritto, può de-lirare e trasformarsi in ricerca di una “impossibile” Giu-
stizia: “Infinita Giustizia”, scintilla divina, sapere esoterico. È stato certa-
mente Jacques Derrida a mostrare nel modo più adeguato la forza e i limiti di
questa immagine “altra” del diritto. La Giustizia emerge dalla riflessione del
diritto che deve “includere” il suo ambiente ed elaborare concetti adeguati a
tale relazione. Fin qui Luhmann e la sua “paranoia” sistemica. Derrida lo
eccede in tre mosse. 1) Laddove Luhmann identifica il paradosso del diritto e
chiede di sostituirlo con una distinzione (a sua volta paradossale) capace
di nasconderlo per un po’ (fino alla successiva deparadossificazione), Der-
rida invoca la Giustizia come trascendenza del diritto e sua piena Alterità.
Non esiste dialettica tra diritto e giustizia, quanto esteriorità tra le due; 2)
laddove attraverso la re-entry Luhmann include l’ambiente del diritto, ma a
costo di tradurlo/tradirlo nel linguaggio del sistema (così non “riconoscen-
dolo” veramente), Derrida cerca di decostruire quella relazione, ricostru-
endo dei contro-concetti capaci di rappresentare l’esterno del sistema, una
sorta di “poiesis non sistemica” che Wiethölter chiamerebbe proprio “ammi-
nistrazione della giustizia”; 3) laddove Luhmann identifica nel sistema della
religione il luogo sociale della “trascendenza”, Derrida lo re-introduce in
mondi simbolici diversi, creando nuove “porte per la trascendenza”. Così
vanno lette le sue riflessioni sull’amicizia (sistema politico); sul dono (eco-
nomia), sul perdono (moralità procedurale), sulla giustizia (diritto) e, aggi-
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 139

ungerei sull’ospitalità (confini territoriali) e sull’alterità (identità) 13. La Giu-


stizia, in particolare, diventa l’Altro del diritto, come l’esperienza nuda del
volto è l’altro della morale razionalizzata; come il silenzio senza parola è l’al-
tro del Logos, etc. Ma proprio ora, quando la Giustizia sembra essere stata
assolutamente dis-velata, quando il velo dell’immanenza del diritto sembra
stato “perforato” dalla trascendenza della Giustizia Infinita, proprio qui si
mostrano i suoi limiti e gli effetti paradossali. Troppa la distanza tra il
sistema e l’ambiente, tra la sete di giustizia infinita (nel e oltre il diritto) e la
dura realtà delle ingiustizia nel mondo. Per “darsi” la Giustizia (trascen-
denza) dovrà pure “incarnarsi” nel diritto (immanenza): corre un obbligo di
connessione tra trascendenza/immanenza, pena il de-lirio, la de-lieson, dis-
junction, della loro necessaria relazione: diritto senza giustizia (l’incubo
della piena immanenza del potere violento) et giustizia senza diritto (la “cat-
tiva utopia” di un mondo immediatamente giusto); impossibilità di giusti-
ficazione, Just-ification, Recht-fertigung 14. Così potrebbe anche accadere che
l’utopia post-umanistica, apofatica e decostruttiva di Derrida – se troppo
facilmente letta alla luce dalla reale “sete nel deserto” dell’ingiustizia – si tras-
formi in una sorta di “ordalia globale”.

2. Giustizia gnostica:
il giustizialismo come perversione della Giustizia umana
Questo il sommo pericolo derivante dalla ricerca di una Giustizia “pura”,
immediata, assoluta: giustizia perfettamente “gnostica”, immune e incu-
rante dalla miseria creaturale. L’assolutamente Altro, il Demiurgo, pur nella
sua purezza estatica cosí suadente, è troppo distante dalla “creatura” e può
mutare il suo aspetto giusto e pietoso in un orrendo ghigno di indifferenza e
violenza. La Giustizia deve mediarsi, pena il suo irricevibile “assolutismo”.
Il finito (il diritto) non può immediatamente contenere-comprehendere
l’“infinito” (la Giustizia) e viceversa. Così i critici del diritto positivo (e del
diritto tout court, per esempio gli esponenti dei Critical Legal Studies, così
come tutta la “sinistra” Derridaiana), finiscono per generare una sorta di
“teoria negativa” e apofatica della Giustizia. L’“espressionismo” dei diritti
dell’uomo – la sua pretesa di non avere forma e limiti, la reciprocità che de-
lira nell’ipermorale di gehleniana memoria – portato alle estreme conse-
guenze, si trasforma nel suo opposto poiché tenta, imprudentemente, di
separare la trascendenza dall’immanenza, vuole rendersi immune dalla rela-
zione che sempre è “impura”: vede solo ingiustizia laddove invece vi è vera
13 J. Derrida Donner le Temps I. La fausse monnaie, Paris, Galilée, 1991; Spectre de

Marx, Paris, Galilée, 1993; Politiques de l’amitié, Paris, Galilée, 1994; De l’hospitalité,
Paris, Calmann-Lévy, 1997.
14 R. Wiethölter Just-ifications of a Law of Society, in: O. Perez e G. Teubner (eds.),

Paradoxes and Inconsistencies in the Law, Oxford, Hart, 2005.


140 Riccardo Prandini

(e contingente) giustizia umana. Il rifiuto del “duro lavoro” che concerne


l’andirivieni tra immanenza e trascendenza, come in un nastro di Möbius,
produce solo effetti perversi, come mostra l’esempio della Infinite Justice
americana.
Dopo circa una settimana dall’attentato al World Trade Center e al Pen-
tagono dell’11 settembre 2001, il Dipartimento della Difesa degli Stati Uniti
cominciò a far circolare un titolo che riassumesse il senso della risposta mili-
tare organizzata contro la violenza terrorista: il suo nome doveva essere
Operation Infinite Justice. Così il 20 settembre 2001 il Presidente, argomen-
tava che “Whether we bring our enemies to justice or justice to our enemies,
justice will be done”. Quasi immediatamente numerosi gruppi musulmani
(più o meno integralisti e intolleranti, ma anche “laici”) cominciarono a pro-
testare contro lo slogan poiché la loro fede indicava chiaramente che solo
Allah poteva concedere/rendere “Giustizia infinita”. Un commentatore
piuttosto radicale, Riyadh ul Haq, si augurò che “May Allah establish
justice upon the earth and may Allah exercise his prerogative of infinite
justice”, ma il resto del suo intervento non faceva sperare in nulla di parti-
colarmente buono e giusto! Arundhati Roy nel suo The Algebra of Infinite
Justice (The Progressive Magazine 2001, e poi Flamingo, 2001), si spingeva
molto oltre, dichiarando che Osama bin Laden rappresentava il “segreto di
famiglia degli americani”, il Dark Doppelganger del Presidente, il suo
gemello inseparabile che utilizzava, come il fratello, la stessa retorica reli-
giosa per legittimare soltanto infinita ingiustizia.
Il rifiuto di mediare Trascendenza e Immanenza, genera uno “strano gar-
buglio”. Da un lato spinge verso la pura ineffettualità del discorso sulla giu-
stizia “nel” diritto (tutto il diritto è solo e di nuovo ingiustizia) e, dall’altro,
verso il tentativo (disperato e perciò privo di “cura” verso gli altri) di “giu-
stiziare” tutta la realtà: Fiat justitia, pereat mundus. Naturalmente essendo
solo giustizia umana, nulla osta alla suo de-lirio giustizialista. In termini
teorici ciò significa che un particolare “linguaggio” crede di poter “risolvere”
la realtà intera, “salvarla” nella sua pienezza. Ma nessuna umana giustizia
potrà salvare l’uomo da se stesso e dai suoi de-liri.

III. I de-liri complementari della “pura trascendenza”


e della “mera immanenza”

1. Il diritto come opportunità di Giustizia:


il nastro di Möbius come processo di co-rel-azione tra diritto e Giustizia
La Giustizia umana è limitata, condizionata; ha forma e confini. Ma da
questi confini si può continuamente de-lirare. Nella contemporaneità due
sono i rischi di delirio, le iperboli della Giustizia. Da un lato il rischio di
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 141

considerare la Giustizia come mera ideologia umanistica, nata per nascon-


dere l’arbitrio, la forza, la violenza del diritto immanente e, conseguente-
mente, la riduzione del diritto a mero potere, oppressione, assoggetta-
mento. Dall’altro la seduzione di una Giustizia pura, irrealizzabile “nel”
diritto e perciò capace solo di condannarlo, rendendolo così mera tecnica
immunitaria del sistema sociale. La stasis tra Giustizia e Diritto è solo una
figura dei conflitti che “genera” continuamente il Moderno da quando
l’epoca assiale ha perso “il filo” ed è Out of Joint 15.
I limiti che la Giustizia deve “patire” dal diritto, sono, come Teubner
magistralmente mostra, almeno tre. 1) La sua riduzione a decisioni codifi-
cate in modo binario. Può essere fatta Giustizia dai giudici, nei tribunali,
quando la concretezza della vita delle parti in causa spingerebbe invece
verso la mera comprensione o, viceversa, verso la vendetta? Tagliare il bam-
bino in due, è giustizia? E gli undici cammelli come verranno re-distri-
buiti? 2) La sua giustificazione razionale. Può la Giustizia essere giustificata
razionalmente? Può il giudice chiudere gli occhi davanti all’ingiustiza infi-
nita che caratterizza la realtà e ridurla a mera giurisprudenza, argomenta-
zione tecnica? Potrebbe non essere davvero il caso, ma giusti-ficare si deve.
3) La sua programmazione nel diritto. Può la Giustizia essere programmata,
incrementata, mediante la sua implementazione nella società? Potrebbe non
essere il caso, ma applicare Giustizia si deve.
I limiti sono chiari: non lo è affatto che siano simultaneamente anche le
uniche opportunità per elaborare Giustizia. Ecco l’insegnamento di Teub-
ner. Non più fughe nella “pura” Trascendenza giustizialista o un cinico rin-
vio al (falso) realismo della “mera” immanenza del diritto. Trascendenza e
immanenza sono re-ligate indissolubilmente – necessariamente – come in
un nastro di Möbius, pena la fuga iperbolica in un dia-bolico spazio imma-
ginario. Diritto “e” Giustizia si ri-volgono l’una verso l’altra, l’una-per-l’al-
tra, lungo il nastro in una continua “fuga” dall’interno all’esterno e vice-
versa. Il primo movimento va dall’interno all’esterno, dall’immanenza alla
trascendenza. È un movimento di ascesa, áskesis, di estroversione, di ester-
nalizzazione e di “spiritualizzazione”. Il secondo movimento va dall’esterno
all’interno, dalla trascendenza all’immanenza; è un movimento di discesa,
di kéno-sis , di introversione, di interiorizzazione e “incarnazione”.
L’utopia di una Giustizia Infinita, “pura”, si capovolge paradossalmente
nell’incubo di una sine cura perfetta. Il troppo aperto si rispecchia nel troppo
chiuso. Giustizia disumana che rispecchia nel suo pro-fondo, ingiustizia
disumana. Non si tratta di ideare una giustizia infinita o assoluta, quanto più
15 R. Prandini In difesa dell’ordine volontaristico: Talcott Parsons teorico della condi-

zione umana e dell’evoluzione sociale, in: “Quaderni di Teoria Sociale”, n. 2, 2002,


pp. 121–150; Il conflitto tra immanenza e trascendenza nella cultura religiosa Moderna: la
crisi della mediazione assiale e l’affaciarsi dell’epoca dopo-assiale, in: E. Moranti (a cura
di), Radici sociali. Scritture sul dono, la violenza e la trascendenza, Roma, Aracne, 2006.
142 Riccardo Prandini

umanamente “piena”, cioè orientata all’Altro ma entro i limiti del Sé. L’as-
solutezza e l’infinità screditano questo limite, questa necessaria relazione
(de-finita) tra finito e infinito, per specchiarsi narcisisticamente nel Valore
assoluto 16. Re-dimere la Giustizia dal diritto, scioglierla dalla dura necessità
di stare con esso in relazione, patendone i limiti, è questo “vero peccato”,
vera colpa.

2. Re-velatio vs dis-velatio: la trans-immanenza di diritto e giustizia


Piena reciprocità nella piena differenza, piena comunicazione nella piena
singolare incomunicabilità, alterità nell’identità. Revelatum est! Ma appun-
to, il processo non è mai con-chiuso, finito, compiutamente dis-velato. In
ogni nuova re-velatio, in ogni giro nel nastro (ad ogni re-volutio?), si dà un
punto cieco, il Segreto/Mistero della comunicazione-incomunicabile tra
Diritto e Giustizia. Qui davvero re-velatio non è mai piena Offenbarung,
immediato passaggio dal velato-nascosto al dis-velato-scoperto, ripetizione
hegeliana dell’identità; e neppure è trionfo della “differenza” come in Schel-
ling 17 o nelle esercitazioni di stile post-heideggeriane. È invece vera -
 «, andata-ritorno. È relazione tra Parola (il diritto come juris-dictio)
e Silenzio (il fondo, Abgrund, latente del diritto), in vista di un In(s)contro.
Se la Parola (il diritto storicamente-culturalmente formato) manifestasse
compiutamente e una volta per tutte la sua Provenienza (il Silenzio(Giusti-
zia) del Diritto), questa ne sarebbe esaurita, messa a tacere (tacitata nelle sue
pretese); messa a morte. Se, invece fosse il Silenzio a de-finire completa-
mente la Parola, allora la Giustizia inghiottirebbe il diritto, “senz’altro” da
fare-dire: nessun diritto sarebbe più elaborabile, nessun progresso possibile.
Solo compresa come rel-azione la Giustizia può rappresentare l’Ulteriorità
misteriosa del diritto a-venire, la sua mai determinabile imago. Solo così il
Diritto è vera differenza della Giustizia, mai capace di esaurirla, ma sempre
alla ricerca del suo Incontro; sempre sotto processo, in prova, in giudizio,
giudicabile: diritto sempre in viaggio-verso, “orientato” a dire-balbettare
(juris-dicere) la Latenza da cui proviene. Solo così Diritto e Giustizia pos-
sono essere concepiti come veramente “viventi”, mai “dati”, mai “esauriti-
esauribili”, entro il medium del tempo che non è né corruptio né mero pro-
gressio. Orientati l’uno – verso-per-con-a favore de – all’Altro: rivolti all’al-
tro, riflessi nell’altro.
Non esiste migliore immagine di questa trans-immanenza, di questo
rivolgersi di Giustizia e diritto, che nella interpretazione che François Ost
ha dato dell’episodio del Monte Sinai. Questo episodio biblico è general-

16 S. Petrosino Capovolgimenti, Milano, JacaBook, 2007.


17 B. Forte Rivelazione ed Ermeneutica. Offenbarung aut re-velatio, in: B. Forte, Sui sen-
tieri dell’Uno, Edizioni Paoline, Cinisello Balsamo, 1992, pp. 240–261.
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 143

mente ricordato come l’imposizione della Legge di Dio a un popolo: Dio, la


Trascendenza, detterebbe al Popolo, l’immanenza, una insieme di Norme.
Secondo Ost, invece, bisogna leggere il “Monte Sinai” all’interno di una
logica dell’Alleanza dove la Legge è realmente costituita insieme. Dio e il
popolo (con la mediazione di Mosè, il nomade) apprendono insieme le con-
dizioni di rispetto della loro reciproca alterità, che passa attraverso la simul-
tanea affermazione di libertà e posizione della Legge. Da un lato Dio rompe
la tradizione teonomica, cosmica, astrale, cosmocratica, autodivinizzante,
acronica, “faraonica”, per-donare una alleanza (brith) che viene poi accettata
in quanto con-trattata, con-divisa, de-liberata. Qui l’Altro, la Trascendenza,
è ormai Dio-con-noi, compagno di viaggio dentro la storia. Il popolo deve
liberarsi dalla seduzione della mera obbedienza (i “nuovi egitti”), e partire
per una reale esperienza (l’esodo) di libertà. Solo in questa reciprocità, si dà
una “legge che libera” perché accettata/compresa come liberamente voluta.
A fondamento della relazione tra Trascendenza e Immanenza sta una aper-
tura fiduciaria reciproca (fedeltà responsiva, sponsio, Vorverständnis), che
istituisce la sfera della legge e della giustizia.
Non possiamo seguire come si dovrebbe la grande esegesi di Ost, con il
suo narrare l’andi-rivieni di Mosè sul Sinai, con Dio, poi con il Popolo, e di
nuovo su e giù, (trascendendo e immanentizzando), e poi “ri-posando” e
“ri-flettendo” due volte per quaranta giorni in un necessario periodo di
“latenza” e di “pensosità”. Al centro di quella esegesi stanno però i temi cari
a Teubner: la paradossale generazione reciproca della Legge e della libertà
(contra Rousseau); il paradosso di un momento fondativo che è già da sem-
pre preceduto da una relazione (contra Hobbes); la Legge come reale espe-
rienza di un processo di emancipazione dalla schiavitù e non come aliena-
zione da essa 18. Limitiamoci alla sostanza. La scrittura della Legge è il
risultato di una relazione reciproca, vera e propria con-versio, tra Dio e il suo
popolo. Relazione di piena “trans-immanenza”. La “legge che libera” è
paradossalmente preceduta da un radicamento fiduciario che precede l’ac-
cordo e il contratto: prima e dopo la Legge c’è della relazione; così chi rende
giustizia già l’aveva ricevuta. Non solo. La legge è stata scritta e riscritta ben
tre volte, entro la “terra di mezzo/di mediazione” della tenda del con-vegno;
spazio di ri-flessione che rende impossibile la chiusura dei due mondi. In
questo vero e proprio “dramma”, si danno due grandi tentazioni. Quella
della Trascendenza che potrebbe isolarsi, farsi ab-soluta, comandare, dettare
la Legge, separandosi dalla relazione con l’immanenza. E quella dell’Imma-
nenza, il Popolo, guidato dal comunicatore Aronne (alter ego di Mosè),
sempre tentato a “tagliare i ponti” (de-pontificare) con Dio, per crearsi un
utile Vitello d’oro con cui conquistare la nuova Terra promessa, senza dover
co-rispondere all’Altro. Da un lato Trascendenza assoluta: montagna inac-

18 F. Ost Le temps du droit, Paris, Odile Jacob, 1999.


144 Riccardo Prandini

cessibile all’uomo; piramide del comandamento; Legge senza de-libe-


razione. Dall’altro mera Immanenza e trascendenza sbarrata; pianura
“liquida” dove la Trascendenza non può mettere radici, fare presa; Vitello
d’oro di una circolazione patologica tra populi(smo) e capi. Solo nella Tenda
(terra di mediazione, né montagna né pianura, con Mosè e Dio in rel-
azione, ri-volti l’uno all’altro) si può con-trattare “orizzontalmente” la
legge: mai però come mero mercanteggiare-scambiare utilitaristicamente,
bensì come piena reciprocità-tra-i-perfettamente-diversi, in quanto “salvati”
dall’orientamento alla Trascendenza 19.

IV. De Reditu: trascendere l’auto-trascendenza,


sovvertire l’auto-sovversione

1. Giustizia riflessiva come auto-trascendenza del diritto


Giustizia è proporzione, ricerca di equivalenza, giusta misura, “congruitas
ac proportionalitas quaedam”. Giusta può essere qualsiasi operazione, strut-
tura, evento. Giusto o ingiusto può essere qualsiasi sistema sociale laddove
voglia “calcolare” la proporzionalità delle sue operazioni in relazione all’Al-
tro. Nel diritto, Giustizia è misura di congruenza sia: 1) delle operazioni-at-
ti-eventi giuridici con le strutture del diritto: 2) della rispondenza tra
sistema (del diritto) e ambiente (personale, sociale, naturale). In radice essa
è quindi relazione di calcolo che misura, in base a un criterio, solo certi
aspetti degli enti – misurati in vista di una proporzione ritenuta congrua.
Giustizia può dirsi in molti modi, perché misura secondo diversi metri, pro-
porzioni e scopi. È nello hiatus tra decisione e struttura che emerge la neces-
sità di giustizia. La seconda fonte è etero-referenziale e ha a che vedere con
l’irritazione che l’ambiente provoca nel sistema del diritto. È possibile ren-
dere giustizia all’ambiente, agli animali, alle psiche degli individui, ai corpi
(la vita … la morte), a Dio, alle relazioni sociali? È possibile calcolare l’in-
calcolabile differenza che l’Alterità presenta al diritto? Secondo Teubner
nessun criterio di giustizia è semplicemente derivabile, deducibile: né dalla
memoria del diritto (dall’interno del sistema), né dal suo ambiente (sotto-
sistemi sociali, ecologia, Dio, etc.). Occorre invece che il diritto faccia la
“sua” esperienza di trascendenza per poi tornare all’immanenza.
Questa esperienza del limite, causata dalla re-entry della distinzione siste-
ma/ambiente nel sistema, genera una “Giustizia riflessiva”. Essa emerge sul
confine della relazione, tra sistema del diritto – e i suoi limiti-opportunità
operative – e l’ambiente È il rientrare della relazione diritto/ambiente del
diritto, nel diritto, per trovare una nuova “misura”, più re-sponsabile della

19 F. Ost Raconter la loi. Aux source de l’imaginaire juridique, Paris, Odile Jacob, 2004.
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 145

relazione. Qui il diritto è costretto a trascendersi, a uscire da sé per riflettere


sulla sua relazione con l’Altro (del diritto). La misura è prodotta dall’espe-
rienza reale del non calcolabile. Giustizia riflessiva deve rispondere degli
effetti del diritto sul suo ambiente, calcolarne le conseguenze, e ciò tenendo
conto della differenziazione per funzioni e per culture della società glo-
bale. Così Giustizia si differenzia nelle sue tipiche operazioni e semantiche:
commutativa, distributiva, riconoscitiva, redistributiva, secondo meriti,
bisogni, identità, rispetto a individui privati, individui e società, società e
individui, etc. Giustizia è relazione di composizione dei diversi in una tela
che ne conservi le specificità, riconoscendo ad ognuno dei fili il “suo”. Così
giustizia come trascendenza del diritto è simultanea presa in carico del
diritto vivente e della sua “ombra”, il diritto a-venire, il diritto latente
(potentia di diritto) che verrà generato negli in(s)contri con l’ambiente. Ma
Giustizia riflessiva non è solo “viaggio di andata” verso l’ambiente. Giusti-
zia deve rientrare nel diritto, subendone i limiti. Il totalmente Altro dell’am-
biente non è per nulla “giustificabile”, pur rimanendo una “spina nel fianco”
del diritto.
Giustizia dunque non è semplicemente uscire dal diritto per confrontarsi
con l’Altro del diritto. Non è questo il De reditu di cui parla Giovanni in
16.10 “Quanto alla Giustizia, perché vado dal Padre e non mi vedrete più”.
Ciò significherebbe solo uscire dall’immanenza, ripudiandone la “storia”, la
prova, l’ex-per-iri, per tornare “immuni” alla Trascendenza. Per Teubner
invece il versetto va interpretato più profondamente. La Giustizia della
prima parte del versetto, si realizzerebbe solo passando attraverso, esperi-
mentando l’ingiustizia. Sarebbe sacrificio di sé, sofferenza che annulla la
separazione tra immanenza e trascendenza. La seconda parte del versetto
indica invece una mancanza di visibilità, una latenza, necessaria. Invisibilità
della Giustizia come incommensurabilità di ogni Giustizia nel diritto alla
Giustizia dovuta a ogni singolo uomo. Così, alla fine del giorno, Teubner ci
presenta una Giustizia latente, visibile solo in controluce, mai direttamente
pronunciabile. Giustizia sarebbe una sorta di ideale contro-immagine del
diritto che lo “tortura” continuamente, lo processa per spingere continua-
mente alla ricerca di nuovi criteri, metra.
Ma allora, se così è, si dà realmente ritorno? Davvero l’analisi di Teubner
ci parla De Reditu. All’immanenza sarebbe veramente stata “donata” Giu-
stizia mediante l’incarnazione? La Trascendenza avrebbe “ricevuto” Giusti-
zia vedendosi adeguatamente tradurre nel Mondo?; e infine, la Trascendenza
avrebbe davvero contra-cambiato il dono con il suo sacrum-facere salvifico?
Se il ritorno non è altro che una mera costruzione ideale, una finzione
costruttivistica, necessaria a non lasciare nell’arbitrio il diritto: se è pura
“produzione” tecnica di simbolismi; pura finzione necessaria a dar senso a
una realtà che non ne ha; pura operazione da Grande Inquisitore, mero
freno (katechon) alla cattiva violenza, da parte di buona (?) violenza. Se ciò
146 Riccardo Prandini

è, allora nessuna stazione d’arrivo per ritornare e ripartire, solo tappe di un


viaggio. E allora, questa la domanda a Teubner, perché “la” Giustizia invece
che il Nulla: non sarebbe socialmente meno improbabile un mero diritto
come strumento di controllo sociale, accettato come “macchina” per pro-
durre immunità sulla base della forza? Mero istrumentum regni? Vero Arcana
imperi, giustificabile in quanto non sostituibile?

2. Amore come auto-trascendenza della giustizia


(Trascendenza della trascendenza)
“La relazione con l’altro, cioè la giustizia”, così avrebbe affermato Levi-
nas 20. “La giustizia (…) è l’esperienza dell’altro come altro, il fatto che lascio
l’altro essere altro, il che presuppone un dono senza restituzione, senza
ri-appropriazione e senza giurisdizione”, cosi Derrida 21. Ma è vero? Può la
Giustizia costituire quella relazione “santa” di cura che massimamente è
capace di “ospitare” l’Altro? O non sta usurpando il posto di Altro? Può la
Giustizia, sia pure auto-trascendenza-e-sovversione del diritto, relazionarsi
al perfettamente singolo, personale? Non deve sempre e necessariamente,
generalizzare, selezionare un aspetto della singolarità per poterla adeguata-
mente giudicare sulla base di una misura comune, socialmente riconos-
ciuta 22? Oltre all’immanenza, alla Trascendenza e alla Giustizia che li dov-
rebbe porre in relazione, si presenta anche “Amore”, Caritas, Cháris, Gratia.
Occorre distinguere Giustizia e Amore pur nella loro reciproca relazione
generativa 23. Con Ricoeur 24 diremo che Giustizia argomenta, è proporzio-
nale, basata sulla logica dell’equivalenza, dell’eguaglianza, della riparti-
zione, del rendere a ciascuno il suo; l’Amore invece non argomenta,
afferma; è sproporzionato, basato sulla logica della differenza, della ecce-
denza particolaristica, del dare di più di quel che è dovuto, della superero-
gazione. D’altronde il comandamento d’amare il nemico-prossimo, di fare il
bene senza sperare alcun ritorno, non è pura decostruzione della prudentis-
sima e giustissima Regola aurea, perfetta formula di piena reciprocità? Così
quell’infinità della Giustizia che seguendo Derrida prende le qualifica
dell’Incondizionalità, andrebbe invece ricondotta a un principio diverso e
più alto. Non è infatti da “amor” che si si aspetta il “trattamento” della sin-

20 E. Levinas Totalité et infini: essai sur l’extériorité, The Hague, M. Nijhoff, 1961.
21 J. Derrida Artefactualités, in: J. Derrida e B. Stiegler, Écographies de la tè lévision,
Galilée, Paris, 1996.
22 Questo è il punto teorico, che sottoscrivo, di L. Boltanski e L. Thévenot De la justifi-

cation. Les économies de la grandeur, Paris, Gallimard, 1991.


23 L. Boltanski L’amour et la justice comme compétence, Métailié, Paris, 1990.
24 Paul Ricoeur si è occupato della Giustizia in molte occasioni. Ricordiamo solo: Rendre

justice au droit, a cura di F.-X. Druet e E. Ganty, Namur, 2002; Le Juste, Paris, Esprit,
1995; Le juste, la justice et son échec, Paris, Herne, 2006.
Re-vealing (vs Un-veiling) Justice 147

golarità, individualità assoluta? Non è forse vero che nessuna persona vuole
essere considerata “uguale” alle altre? Non è forse vero che Amore vuole
trascendere anche la logia del riconoscimento?, liberandosi da essa per
aprirsi al perfetto dono di sé? Ma che relazione si dà, ora, tra Giustizia e
Amore. Non certo di sostituzione. Così si tornerebbe alla loro confusione e
a chiedere alla Giustizia ciò che non le si può chiedere e cioè esattamente di
dare a ciascuno il suo senza calcolarlo per mezzo di metri generali, formule
di equivalenza (sotto certi rispetti). 25. Forse però si potrebbe fare dell’
Amore la sovversione della Giustizia, la Trascendenza della trascendenza.
Così, e solo così, la Giustizia verrebbe dis-orientata dal condizionalismo
(utilitarismo, contrattualismo, etc.) e dall’incodizionalismo che, in modo
latente, sempre la tentano. Questa nuova giustizia “appresenterebbe”, senza
mai rappresentare pienamente, il vincolo latente della società: il segreto del
mutuo indebitamento degli individui, ciascuno differente ma in comunione
con altri. Così l’Amore sovvertirebbe la Giustizia, nel suo ordine storico,
dato, contingente, con-vertendola al continuo riconoscimento del muto
debito, letteralmente insolvibile/ingiustificabile/non-reciprocabile che ci
rende inseparabili e simultaneamente perfettamente singoli e distinti: per-
sone cui nessuna Giustizia potrà mai restituire ciò che manca e che, proprio
perchè manca, rende necessaria la relazione e la società. Debito positivo,
costituente, istitutivo, della relazione.
Così, infine, può essere interpretato un altro topos classico del conflitto
diritto-giustizia: Antigone 26. Nella tragedia di Sofocle si scontrano due logoi
completamente “autoreferenziali” e intraducibili: la Legge di Creonte,
basata sulla “sacralizzazione” della Polis in quanto fondata divinamente; e la
Legge di Antigone, Dike eterna e increata, che sta prima degli dei e degli
idola e che abita la latenza dell’Impenetrabile Ade. Entrambe sciolgono
peccaminosamente il legame con l’Altro, con la Trans-immanenza. La
prima, assolutizzandosi dal divino (inteso come ideologia della città), la
seconda assolutizzandosi dai riti umani e sottraendosi dal logos prudenziale
che solo media l’Originario, restituendolo agli uomini. Sebbene il Coro,
Tiresia e Emone, avessero provato a convincere Creonte a rivedere la sua
posizione “di diritto” e quindi a concedere Grazia (per fare giustizia), egli
rimane tutto entro il suo tempo “bloccato”, incapace di amare le ragioni
dell’Altro e di lasciarlo a-venire. Di nessun per-dono egli è capace e quindi
di nessun futuro egli è “padre”; di nessuna euphronein giuridica è davvero
prot-agonista. E, davvero, non può perché è assolutamente incapace di

25 Questo l’insegnamento di F. Schauer che dimostra come senza riferimenti al “gene-

rale” non sia possibile fare giustizia, come sognerebbero invece gli incondizionalisti. Si
veda: Profiles, Probabilities, and Stereotypes, Cambridge Mass., Belknap Press, 2006.
26 M. Cacciari La parola che uccide, in: Sofocle, Antigone, Torino, Einaudi, 2007, pp.

V - XIV ; R. Célis Antigone et l’au-de-la du pensable, “Ateliers”, 28, 2001; H. Bauchau La


Lumière Antigone, in Antigone, a cura di A. Armel, Paris, Autrement, 1999.
148 Riccardo Prandini

ascoltare con Amore, la Latenza che Antigone richiama alla memoria. L’In-
disponibile fondamento di quella Giustizia – dei “vivi-e-dei-morti” – che
rende possibile la simultanea e perenne revisione del diritto et dei criteri di
giustizia umana. Allo stesso tempo, tragicamente, Antigone non riesce a
“sviluppare”, generalizzare, quella Philia originaria, Amore per il fratello,
che in lei si presenta solo come amore auto-delphico. Questo Amore che
solo potrebbe – rimandando alla memoria del passato e alla promessa che
impegna il futuro – fare giustizia, rimane in Antigone solo a sé riferita, auto-
referenziale, chiusa, quasi “incestuosa”. Così Antigone nella sua terribile
“dismisura”, somiglia ed è simultaneamente completamente dissimile a
un’altra figura della civiltà occidentale, Maria. Ma se questa rinunciando a se
stessa e, accettando il messaggio/dono dell’Angelo (l’Altro), può donare la
Vita – facendosi medium tra trascendenza e immanenza, Antigone può solo
donare la Morte, in memoriam, al fratello. Le due figure di donna significano
nella loro perfetta dis-somiglianza il dramma della giustizia sulla terra. Solo
una vera mediazione può far comunicare giustizia e diritto, trans-immanen-
dizzandoli. Mediazione che è l’opposto di mercanteggiamento: è lasciar-
spazio/tempo a che la Trascendenza (giustizia) si faccia carne (diritto) che si
riorienta alla Giustizia. Così il diritto verrà giustificato dalla Giustizia – sua
sovversione – e questa verrà “orientata-significata” dall’Amore – a sua volta
sovversione della Giustizia. Duplice auto-sovversione, auto-decostruzione
e etero-ricostruzione: vero donare-ricevere-contracambiare che non con-
fonde i prot-agonisti, ma li pone in relazione di pieno riconoscimento “e” di
piena distinzione.
Mediative Law:
How to mediate Justice in the global Age

Annamaria Rufino

“Se si vuole restare ciò che si è, occorre restare ciò che si è mostrato di essere”

Niklas Luhmann

I.
Since its origins, globalization has shown itself to be an event with an
extraordinary scope, in terms of overcoming distances regarding relation-
ships, communication and values among individuals. It has expanded the
areas of rules but it has also highlighted that to the hyper production of rules
corresponds their inadequacy to solve matters caused by social complexity.
Therefore, there is the conflict or increasing “contradiction” between law
and society, along with the incapacity of law to produce justice or to give
justice, in the sense that it fills up the distance among individuals and be-
tween individuals and institutions. The apparently decisive answer to such a
matter has come from praxis, above all from the multiplication of media,
which seem to be able to restrain the situation of widespread emergency
which characterizes the world of justice.
Mediation is, at the same time, the result of a deep process of normative
innovation and government of conflictivity and is the communicative way
of new expectations of individual justice in the society. With regard to the
perception of traditional justice, as an exclusive way to manage conflicts,
social and individual awareness is deeply changing. The gradual shift from
the social to the individual is the main feature of such an innovative practice.
A completely new way to consider the relationship between institutions and
environments has arisen from the world of mediation, in terms of acknowl-
edging the legitimacy of institutions and the possibility of normalizing
behaviour towards the environment. A new way to consider justice as a sys-
tem of interconnections between juridical and regulatory systems and so-
ciety comes out in a more evident way. It is no longer an acquisition and in-
terpretation of demands and expectations in a mono-directional sense, that
is from the top, but a connection of networks that is spread through bi-direc-
150 Annamaria Rufino

tional segments. It is a new way to mean justice without Justice. It is no


longer mind against mind, but mind that gives way to something useful.
The opportunity as innovative category of the new global common law re-
places the idea of need as something that must be normative. The binomial
association reasonable/useful substitutes the traditional one of legal/illegal.

II. Justice is alone


1. Reducing complexity has represented the most onerous and the most
important goal to create a relational system that could be able to produce
social feeling or connective tissue. It is an idea that has been essentially ex-
pressed through the articulation of communicative instruments more and
more complex in their turn, just to react and be adjustable towards the
changes of the external environment. The complexity is so evident because
it reproduces itself ad infinitum, as well as the useful instruments to reduce
it. An articulated interconnection of question-answer systems, with a clear
latency in terms of conflictivity: this is the crucial point of complexity, an
omnivore box that is somewhat predecessor of globalisation, in a concep-
tual way at least. For these specific features of the current complex systems,
the world of global communication has changed into a virtual game made of
layers, concepts, definitions, behaviours that gradually overlap in an as-
cending way, by systematically absorbing and eliminating the communi-
cative structures of the lower level. This communicative system brings
continuously into play actors’ identities and relational expectations, by im-
plying at the same time a continuous redefinition of conflictive dynamics
and their possible solutions. The communicative instruments, which are
more and more fragmented, are without doubt the indicators of global
world pressures and social changes. At the same time, the communicative
instruments modify the main contents of “institutional knowledge” from
the lower levels. A Social system generally looks like nothing other than the
space where individuals organize their communicative structures. It has al-
ways been like this and nowadays it is even more evident: from communi-
cative structures the social praxis draws the practice necessary to guarantee
its own functional “autonomy” to the definition of a new idea of cohabi-
tation and rule sharing.
Communication is the strong and the weak point of social and relational
systems. The primordial goal of communication has been to make social
structure as wide and comprehensive as possible, in view of the creation of
shared instruments of guarantee necessary to cope with complexity com-
munication has allowed to create an organic tissue made of widespread
values more and more institutionalized, in view of the organization of in-
struments for the protection against the hidden dangers of the surrounding
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 151

environment. The specific communicative instruments, to meet this need,


have been systematically included in the legal-institutional system, which
has taken on such a task, by reorganizing it and “normalizing” it.
The law, as a system of rules, has taken the government of the all re-
lational system and it has created a system of signs and symbols, that has
allowed to transform the cold legal reason into a valid language for all
people. Such a language crumbles into an endless set of dialects, which can
move around the normative system by imposing complex mechanisms of
adjustment and correction.

2. From freedom to justice, from justice to freedom: it appears as the


evolutionary way that the civil world has been living for centuries, origin-
ally in function of the definition of those rights more or less shared by all the
people, and the useful instruments to communicate and enforce them and of
the necessary order to guarantee them. Today, however, such a system of
shared rights is going through a deep crisis of definition and identity, as a
consequence of the precariousness of relational systems, but also of the fact
of calling into question the possibility to bring individual expectations back
to an organically conceived and shared social system.
From the second half of the 20th century a new need has emerged, which
coincides with the freedom to talk a different language, to act according to
different goals and to agree to “observative” agreements of “here and now”.
The ability to foresee, on behalf of the legal system, future individual and
social behaviours has been legitimated by the specular ability to manage the
past, or the history of these same behaviours and to regulate the moti-
vations justifying individual membership to the system. The conflict among
individuals represented a mechanism of normative productivity and secured
the continuity and historical memory of the rules themselves. This was em-
bodied in the “truth” of law, which somewhat represents the preserving
shelter against environmental risks. Social and individual needs become ex-
pectations of truth or test of reasons, often giving up conflict and trying to
find adjustments to the system.
These needs are no longer regulated upstream, they are no longer pre-
dicted and predictable needs but always newly arising and in constant
emergence; today they put the institutional system of rules in a severe im-
passe and, paradoxically, always waiting for questions and answers has “sus-
pended” the ability to say the truth and give justice. Such uncertainty has
highlighted the social distance from the law. This implies mutual difficul-
ties, on behalf of the normative and the social system, namely the first one
to communicate needs and the second one to give answers to needs. It
implies also the increase of micro-conflictivities from the outskirts of the
system gradually towards the decision-making core of the system itself;
these micro-conflictivities cannot be managed and, for this reason, they are
152 Annamaria Rufino

transferred to the decisions of alternative systems. Globalization has made


the complexity paradoxical and truth useless, inactivating the complex pro-
cedural mechanism that has been, from the institutional point of view, the
more efficient up to the present: observation of reality as analytical standard
of individual action, risk assessment as a system of social action normali-
zation and its environmental impact, identification of modus operandi as the
statement of the reason supremacy and of truth about strength supremacy.
The legal system of rules, therefore, has been a system of observation of
reality, the measurement of action and the definition of truth. Truth has rep-
resented the operative-decisional instrument used by the institutional body
to communicate with praxis. Real justice has been for such a long time the
unique good to share and the unique goal to reach. To say “The law is the
same for everyone” means the same as “ truth belongs to everyone”. The
legal truth has taken away from individuals the possibility of describing real-
ity according to individual criteria: all the people have to observe reality
with the same look, just because justice and/or normative order have made
reality clear to everyone in the same way. That is the point of departure to
understand the current, different idea of justice and truth towards a new
perceptive behaviour of reality: according to the individual observation,
what is true coincides with what is perceived as right.
What kind of truth has to be considered by each of us? Is it possible to be-
lieve in one truth? About what is one asked to tell the truth? In the past, jus-
tice wanted to tell the truth about the “shared knowledge” through a level-
ling out of knowledge and controlled communication, which allowed justice
to tell its truth. Nowadays knowledge, from an individual point of view, is
no longer controlled, levelled and memorized as comparable. Everyone ex-
presses his own set of knowledge and it implies that truth is no longer
necessary because it cannot be shared. Justice with its truth seems to be an
operative pattern that “includes empirical lies”.
“The truth is the instrument that allows reducing intersubjective com-
plexity”. The law and rules have managed and distributed the parties ac-
cording to an order of reason that has gradually absorbed human feelings,
expectations, demands, by reaching a simple but decisive contraposition:
legal/illegal, true/false, good/bad. The reason becomes the truth, the truth
becomes the reason through the redefinition of the subjective and relational
space and time.
The unstoppable procedure to gain individual freedom appears as cause
and effect of the systemic closure of the legal element with respect to the so-
cial one and the social element with respect to the individual one. The ju-
ridical system inadequacy in finding pragmatic and operative answers to the
apparent disorder of current change is confirmed by its incapacity in predis-
posing – the paradox among paradoxes – concrete systems of self-defence to
the impulse of social praxis. Justice, having obtained its own structural prin-
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 153

ciples from systemic formalism and from its reason, crumbles away due to
corrosive practices of numerous truths of global world dialects: justice is
alone, it is, on one hand, far from the demands of the right and, on the other
hand, far from the diversity in social praxis.
The bond of rights considered valid for everyone and the bond of prin-
ciples applicable to everything derived from the capacity of the juridical–
formal system to bring back the demands in a single spatial temporal dimen-
sion, anchored to the past, that represented, in turn, the founding structure
of the procedural truth. Now the law, immersed necessarily in praxis, cre-
ates differences producing other differences, which do not and cannot have
a unique “time”, a unique “space”. Towards the gradual loss of the memory of
rule, such a difference appears and is defended as a new, fundamental value.

III. Finding a solution: audiatur et altera pars


1. Crisis in retributive and reparative justice from one side, and overflow-
ing of emergencies and stratified, interdependent urgencies in needs, on the
other side, gave new strength to the conflict, which has taken new sense.
Anyway the conflict, the real systemic challenge of global modernity, has
become even more problematic and complex, besides being difficult to ana-
lyse, mostly for sociological and juridical sciences. Difficulties in contex-
tualizing conflictual dynamics mostly due to the shattering of the social sys-
tem and the incoming of the experience space as an antagonist orientation
instrument as regards the relational-organizational system belonging to the
institutional field, determine conceptual and lexical ambiguities which are
difficult to categorize. Instruments able to find answers to a conflict, recog-
nizable by a pompous communicative capability relied to time and space
control, or rather of the behaviours which it consists of, promises to be ab-
solutely innovative as concerns the perception and the impact of being nor-
mative and the expectation of a traditional justice.
Justice, in these terms, cannot have an “ecological” dimension anymore as
the space of its belonging, transitory and moving, cannot act as reassuring
and of pre-controlled identification. The meditative law, on the other side,
legitimates the self-organization of dynamic territories of which entirety is
the essence and “recognizes”, to extreme limits, evident forms of tolerance
or of social neo-darwinism, where terms like wellness, quality of life, rights,
freedom, find new space, in a problematic and contradictory way. The
changing in progress of the juridical-regulative system can be simplified as
the passage from the public law, to the contract law, to the relative social law.
The reaffirmation of the prevalence of freedom rights is specular to a fall
in recognition of the principles of solidarity, as the loss of significance of jus-
tice rights is specular to the expectation of safety and of the sharing of social
154 Annamaria Rufino

life dimensions. The new dimensions of social life (vitalistic, neo-utilitarian


and pseudo-hedonistic), where the conflict promises to be a justifying and
founding of choices and decisions, together with a new evaluation of the in-
struments to be used to find a solution to the conflict, bring up to discussion
the founding relationship of modern society between freedom of and free-
dom from and, after all, impose a new concept of freedom.

2. In the universe of the alternative techniques to solve controversies,


mediation has its own specificity. Mediation dynamics are the result of a
long transformation process. First of all, the innovatory government of
space and time as an organizational technique of relational needs – particu-
larly for the interpersonal and individual mediation – determined a new way
to see the relationship between system and environment and between so-
ciety and individual. Mediation is the result of this different relationship and
it suggests a different way of relating inside/outside of/among systems, both
for the communicative techniques used – negotiation versus argumentation –
and for the intra-systemic evaluation relationship – description versus pre-
scription.
The more or less evident diffusion of privatized systems in the govern-
ment and administration of public space, concerning the term governance,
certainly had a remarkable impact on the relationships among society, en-
vironment and individuals, but from this relationship also derived oppor-
tunities of propagation, spreading in life styles, and relational models, de-
termining the enlargement of the perception of external space with a
remarkable impact from different points of view. Flexibility produces oper-
ative and decisional dynamism, supports fluctuations of knowledge, closely
connected to the individual perception of wellness as an exclusive category,
conceptual as well as existential of the relational nature and of the “best
possible profit”, as a means and an aim of the solution of controversy. The
mediation law, closely connected to procedures and expectations of systems
transferring knowledge, acts as the real intermediary in the transfer of
knowledge from top to bottom and from bottom to top, strongly affecting
the organization of the same “institutional knowledge”, as we will see.
So, governance is to be meant as the government of transformation which
has more deeply renewed the techniques of social government and, mostly,
of relational systems. The territory government is not given anymore to the
system structure, but becomes function of a consensus in progress or we
could say even, like it will be evident in some specific fields, in a more real-
istic sense, it is negotiated and imposed. The consensus has to be built from
the bottom, thanks to an institutional reception of the potentialities of the
meditative law, rather than by the possibility that institutional tools ritual to
solve the controversies adapt themselves to meditative agreement operative
patterns.
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 155

In this sense we can talk of consensus building, that is intra and inter-in-
stitutional regulative interaction, which averts more and more the relational
system from language of right, reintroducing in normalization processes
spaces of a productive difference of new and diversified meanings. The new
real right speaks the dialects of micro-system and of the self-organizing pro-
cesses of dynamic territories, not only in social practice, but mostly at an in-
stitutional level. Mediation tools, in fact, belong to these processes, mostly
for their ductility and their ability to interface with the complexity following
the principle of empowerment, as a justifying instrument of decisional de-
centralization.
Mediation, so, is the new culture of conflict solution, and therefore a new
culture of justice. Its prejudicial assumptions are based on the opportunity
that the conflict transforms itself in a distributive system of reasons (nobody
loses) and that the decision about the resolution of conflict does not imply a
judgement (nobody is right), in other words to be controlled afterwards and
that the agreement to be reached by a communicative and constructive atti-
tude oriented to the future and no more to the anchored past (nobody re-
nounces). The general principles or the starting conditions are not to be
shared, but it is the same agreement and in a perspective way, that is not im-
posed from the top, as it otherwise happens in the judicial approach, to
build the evaluation and measurement instrument of what is indispensable
for the satisfaction of one’s own interests. So, mediation gives voice to con-
flict and, at the same time, reduces defensiveness, which had justified and
given sense to the birth of the modern institutional system.
Reason, from this point of view, is the main instrument for the building of
consensus, for ductility and spirit of adaptability, and belongs exactly to
mediation procedures. The agreement, reached through reason, could be
prefigured as an inter-relational paradigm functionally more suitable to a
possible overcoming of violence and of opposition, personal, political, cul-
tural, thanks to a stronger incidence on the restraining action of conflict and
to the possibility to have the power to decide for oneself out of pre-estab-
lished paradigms.
The culture of mediation partly overlaps with cooperative practices, at
least like the global society could be overlapping with society regulated in
the traditional way. Mediation, from this point of view, has to be considered
a further evolution of alternative systems to solve controversies. Anyway,
even if with very important differences, in one case and the other prevails,
in a prejudicial way, the need to recognize needs and interests of parties, not
bound to a public-institutional conception of them. At the beginning of
national modern states, and currently in the globalized world and moreover
in alternative to juridical and institutional practices, cooperation has been
the most frequent way of meetings among people and states, and resolving
conflicts. Cooperation constitutes the closest normative and historical
156 Annamaria Rufino

antecedent to the mediative law, even if it distinguishes from the mediative


law for its inclusive capacities or potentialities, for the inevitable weight of
risks, for the vantages and damage assessments that the social parts consider
essential to reach the agreement.
Mediation technique proves that there are not and cannot be identical
cases, but that different truths exist, that an absolute and unchangeable right
does not exist, but principles definable according to social and individual
circumstances, but also political opportunities which do not impose them-
selves as regards the recognition of needs to be satisfied in accordance with
competences of a welfare model or of agency, but “examine redundant”
needs, constantly able to change and adapt themselves to the environment,
and to be modified and re-adapted. This gives birth to an ethic of conflict
that puts at stake the assumptions of law, mostly of the strict positive law
and of its definitions in traditional procedures of institutionalized identifica-
tion of social parties.
Obviously, there are many risks with these new techniques to solve con-
flicts – none of which has to be seen as an exclusive technique of “solution”,
but they have to be categorized mostly as techniques to re-define the con-
flict. In fact, with reference to a recognition and an improvement of the in-
dividual capability to recover personal freedom and the ability to gain
rationalization and consciousness of conflict, we will face the problem of
the real possibility that parties reach an agreement able to keep safe free-
dom, reciprocity and equality principles at least for a shared definition, but
mostly to save, or just to permanently guarantee the protection of the rights
that cannot be disposed of.
Anyway, after more than two centuries of history of western society, global
modernity shows the erosion of the social contract aggregative capability and
recognition, which seems crumbling against the difficulties of institutional
praxis to understand changes and give a justification to the objective inad-
equacy of the political-institutional machine to guarantee everyone equality
in contractual capacity and the same guarantees in the protection of rights.

3. The fact is that mediation agreement legitimizes individual means for


the solution of conflicts only partly shared. The mediation agreement wants
to consider valid here and now what will be decided between the parties
(jure condendum). Among the community rules which the society is based
on so far, the prejudicial sharing of the observance of decisions has been
used mainly as a shock absorber of diversity, as re-definition of conflict and,
so as memory, though residual, of the original conflict. Now, the forward
movement puts into play the sharing and conventional guarantee principles,
the temporal continuity and the spatial distribution of norms.
By “force” of reason, justice had always been on one side. Mediative law
challenges the same concept of right, its dynamics and its perspectives. The
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 157

conflict has not been excluded in the past from the relational system, neither
as an expression of power, nor for its regulative potentialities, but on the
contrary, it has been included and, therefore, solved by assigning bits of rea-
son, that reason deposed in codes and transmitted by the juridical system.
Mediative law, at least from a structural point of view, does not use reason,
strength, and power. It modulates once more the time and space divisions to
distribute relational resources according to the “ecological” principle of the
best possible result here and now. The agreement mediated is not on the top
of the relational system, but it is the consequence, and this is the most sig-
nificant aspect.
The mediation process, finally, is separated from reason, or as we can
better say, is apart from the affirmation of a pre-existent reason, valid for
everyone. It has no need to reveal truths, parts of the conflict to reach
through the conflict an agreement where neither truth nor reason have, or
should have the need to exist.
This is maybe the future, or at least the near future, for the solution of
conflicts, in the crumbling of the social, institutional and national system
that does not allow proposing and finding agreement about general prin-
ciples. Truth and reason, in the ritual process need to be fed by history,
times of life to be restored according to general principle. Mediative law
looks towards the future: it does not rely on the past or on rigid interpre-
tative mechanisms.
If law produces rules and through their diffusion it cancels or normalizes
differences, mediation continuously produces micro-systems which modify
themselves uninterruptedly at the same time creating a non-systematic so-
cial system composed of the contents of the mechanisms of self reflexive ac-
tion. The liberation process of the single individual from both community
and society belongings, and more generally of groups with a strong identity,
shows at the same time an apportionment of life models and a capability in
itinere of sense production, where the real treasure to protect is the time of
change and of adaptation.
“… per via del generale Malinteso, tutti d’accordo.
Se, disgraziatamente ci capissimo,
non potremmo mai andare d’accordo”. C. Baudelaire

VI. Towards pax mercatoria? Two emblematic cases


Is for modern individuals the Kantian maxim concerning the exemplifi-
cation of the “observative” choice of reality that is influenced by a vetero-
ecologic principle according to which everyone thinks we should not do to
others what we do not want to be done to us still valid?
158 Annamaria Rufino

A completely new connotation, that should be assumed today and con-


cerning the “observative” behaviour as an indisputable one, is not more
configurable as an overstated shared point of view or as a set of universally
valid principles, but it should be referred to dynamic micro-systems that
dispute the original inspirational objectives of the Kantian maxim, confirm-
ing a new prospective for the relationship among the ego, the others and
mankind.

1. In conclusion, mediative law is an oral law that, in an original way,


characterizes the global modern world by means of archetypal contractual
resolutions having only partially reference to the rules of lex mercatoria.
Mediative law is a law of difference and it should not be considered a law of
sharing and, moreover, it ignores the traditional schemes based on the di-
chotomy fair/unfair, legal/illegal, common/uncommon.
It replaces the “imposing and ordering power” of the traditional law with
the power of a “reasonable agreement” whose definition is essentially a sort
of “politic agreement” meaning that it is based, on the one hand, on the
structure of temporary alliances and on the opportunities that can bring the
relationships among different parts, and on the other hand, on the utilitarian
point of view that privileges the primary relationships (family, neighbour-
hood, friends) in opposition to the secondary ones (like country, state and
society) that could be abstractly brought back to the brotherhood prin-
ciples. Taking into account this new meaning of membership and identity,
everyone’s life should be defined as global, i.e. as something that could be
reallocated in every moment in different related segments of society support-
ing also the continuous changing in terms of the capacity to build identitary
mechanisms.
Mediative processes are a representation of this different system of identi-
tary membership in which a relationship among friends, that is the principal
characteristic of an agreement, is substituted for the relationship among
partners that is formalized into a contract. The dichotomy friend/enemy ac-
quires a new meaning and contributes to give a different sense to the social
and institutional interactions confirming and reinforcing the “political
change” based not only on the ability of different subjects in asserting norms
and rules but also in the capacity to define individual expectations.
Beyond the logics of the new economy, the mediative law interprets,
privileging the individual point of view, the new frontiers of a life oriented to
the useful, to the happiness and to the optimization of the quality of life.
From a social point of view, mediative tools contribute to create a nor-
mative, malleable and adaptable possibility to obtain hic et nunc the satisfac-
tion of a specific, and particular interest.
In general, the transversal diffusion of new and complex needs make their
definition difficult. The focus of observation and social institutional inter-
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 159

pretation changes from the expected well-being to the perceived one: the
subjective well-being law generates new structural concepts of life and in-
terpretation taking into account the point of view of both individual and so-
cial one. The difficulties, encountered by the juridical-institutional system
in interpreting the “new sense” deriving from new life styles and new esti-
mated relationships, have moved to the bottom the politic and decisional
mechanisms in order to find suitable answers to hostile dynamics of the glo-
bal world.
In this sense, the mediative law, that should be clearly considered as
hybrid law, gradually penetrates the institutional interstices that are wider
and emptier, and, in this way, it answers the problems of practical expec-
tations by means of different types of dynamic relational compartments
which are able to address the complexity without using trust tools but
using the negotiable division of risks. From this point of view, intra-
family mediation and labour mediation are two privileged fields: in intra-
family and labour, conflicts, risks and vantages, negotiated through the
mediative agreement, reach a new balance point and find new defini-
tion.
In these specific conflicting typologies, mediation is the result of a radical
process of institutional, social and individual innovation that has soon
begun a modus vivendi et operandi (way of living and acting). The preva-
lence of economic interests is, at the same time, not only the cause and ef-
fect of the erosive processes of the social-institutional structure, of the tradi-
tional identitary weakness and of the membership processes, but, with the
passing of years, it has defined a system based on relational and communi-
cative simplification. Interpersonal relationships and the world of work are
affected by a new kind of conflicts that are difficult to solve with a tradi-
tional normative approach. For this reason, the solution comes from renew-
ing the traditional legal instruments.
Given this scenario, family mediation is strictly related to those pro-
cesses due to the fact that it can give flexible, not unique and dogmatized
answers to the new interpretation of interpersonal relationships: a nor-
mative answer that no longer produces a normative speech of the reality, but
it inspects the relational and intra-family reality in a prospective and trans-
versal way.
The mediative process, in the familiar field, uses a “discourse flux” that
pays attention to both the different polarizations of new values, of new ex-
pectations, of a new dimension of goodness and to the different articu-
lations of the concept of quality of life. In this sense, family mediation, one
of the fields in which it is possible to widely apply the mediative instrument,
is not a resolutive technique, but a creative mixture of multiple relational
modules able to indicate dynamic identities that are spatially-temporally
classified.
160 Annamaria Rufino

A different negotiable approach to comprehension allows the redefinition


of intra-family conflicts from a new and prospective point of view, of meet-
ing and agreement places and taking also into account a new way of under-
standing the time of individuals’ lives, of families and of the entire society.
Obviously, the liberalization processes of individuals, from the traditional
and severe schemes of life, have contributed to retranslate the reality “to
plural” and to reinforce new expectations which are related, on the one
hand, to the possibility for the justice and the law to ensure to everybody
“sufficient” rights and consequent reasons and, on the other hand, to opt for
suitable and satisfying models of common life.
Family mediation works in watertight compartments, isolating the risk
factors and freezing the conflictual potentialities without erasing them. In
intra-family conflict, as well as in other global conflictual dynamics, me-
diation has worked like a tool for legitimating partial agreements, whose
major aim has been certainly the optimization of available resources: in in-
terpersonal conflicts, that are comparable to job disputes, mediation has
been transformed into a tool thanks to which radicality of rational choice
has got the extreme consequences.

2. Family mediation together with labor mediation should be both con-


sidered an extraordinary case of institutional and juridical outsourcing re-
garding, especially from an institutional point of view, the definition of risks
and the characterization of rules that should be adopted and, from a juridi-
cal point of view, the conflict solution approach. Conflictuality in the labour
domain, as underlined so far, is considered an emblematic case, as the fam-
iliar one, having a crucial incidence in crashing the identitary system and the
politic institutional behaviour.
As a common praxis, all western countries have moved the contractual,
decisional and the legislative weight of a contract from institutional places to
social practices in which labour unions have had a significant space in re-
spect to the abilities of interpreting, defining and managing labour needs. In
the last decades we have seen a full-blown “alleviation” of the law system
with a consequent increase, in the negotiation field, of new bargaining hy-
potheses, of new ways in managing interests and conflicts, and, moreover a
new definition of how to pursuit tasks. The proliferation of observing and
recognizing agreements has transferred on workers the responsibility to rec-
ognize their interlocutors, to accept the procedural actions, to show the
validity of claim.
The fragmentation of the trade union system, confirmed by a process of
downwards devolution and the diffusion of labour flexibility, characterized
by a wide range of short term contracts that systematically substitute the
typologies of traditional contracts, confirms a demand to satisfy the needs
and the conflicts with partial answers proposed in a short temporal interval,
Mediative Law: How to mediate Justice in the global Age 161

in other words with mediated and “political” 1 answers that also confirm the
separation of the labour world from general and institutional configurations.
The national regulation wraps itself up and gradually, but voluntarily,
loses the capacity to influence in respect to the praxis expectations. The
State, making available its prerogatives, is involved especially in these two
symbolic cases like a social part among other social parts. With the decline
of the most part of stable and durable references in two fields that has been
the fundamental structures of the contemporary national state, the end of
law sovereignty and the end of legal obligation to obey the rules coincide.

3. In labor mediation, in which the main aspect is covered by the trade


union mediation like the familiar one, the principles of action, not only, can-
not be extended anymore to the whole society but, here more than in other
fields, are determined by particular contingencies and urgencies that cause
troubles to traditional justice and its related capacity to analyze social trans-
formation in giving adequate answers. In these two examples, the principles
of justice demonstrate that they should not be considered, but such prin-
ciples are only a hypothesis that aims to solve conflicts. It is here, more than
elsewhere, that the Kantian maxim, having represented the main structure
of civil coexistence, breaks itself up in terms of both spatial-temporal and
functional-structural sense. The rule becomes only a possibility of action
that should be cut or broken any time.
Thus, the juridical-institutional system seems to lose itself in the contin-
gency dynamics of the decision-making government and control. The prac-
tices of mediation, reconsidering both the relationships among social parts,
and the problem that has been solved originally recognizing the necessity of
a contract, contribute to opportunely mask the identity of who is able to ex-
ercise the power, not more and not only in comparison to subjects that are
almost organized like micro-sovereignties of “subdued” power but above
all, to who is forced “to reach a compromise” and consider the scarcity of
the global age primary asset i.e. identity. Nowadays, the force of trans-
formation is a very serious problem for justice because justice is compelled
to interface with subjects who are risking losing their identity and are af-
fected by indefinable motivational difficulties.

1 In the Italian post and telecommunications sector, the labour union agreements have

been a very important case. In fact, in the eighties, the legislator delegated Labour Unions
to discipline short term contracts, that were rigidly regulated in the past. To pursue this
task, in the middle of the nineties, Labour Unions and the Italian Post reached an agree-
ment that considered as valid thousands of labour contracts which were defined illegitimate
by jurisprudence. The State, personally interested in the future of Italian Post, with an ad
hoc lex, reclaimed all irregular situations, without considering the real expectations of
workers. This is what is going to happen now, after ten years, with a set of laws of immi-
nent promulgation: once more Brenno sword on the balance plate.
162 Annamaria Rufino

4. Thus, what happens to the judge and to the law? Who should judges
give justice to? And, where will a judge find reason of his justice? Which
will be the time of justice when everyone is able to choose the subjects able
to define the solution of conflict? This is the ultimate question to be
answered. Interfamiliar conflicts and conflicts in the labour field are two
symbolic cases that clearly explain – just because they represent the princi-
pal and more sensible moments in which to verify the stability of social tis-
sue and the relational system – the described transformations which are
clear for everyone especially because they constitute sectors where it is
possible to highlight the prolific contradictions and the indefinable and irre-
pressible conflictual drifts of global modernity. The institutions are unable
to control, not only the conflicts, but neither the norm which is deprived as
a diffused system, on the one hand of informal and interpersonal relation-
ships which define, in a certain way, the individual behaviours and, on the
other hand of intentional organizations that delimit, in a discontinuous way,
the extended social aggregations.
Considering the urges of legislative pluralism, justice is outsourcing its
own functions conferring to the mediators the possibilities to justice and to
find custom-made reasons.
Justice is alone and it wanders in the global world looking for a legit-
imation and a role it no longer has. The judge is alone, deprived of heuristic
tools that she or he has used in an absolute way, of the authority of her or
his functions and forced to remain what she or he has shown to be. More-
over, she or he is unable to operate in a social reality made of institutional
fictions, of inequalities, of riotous subservience to reason and to “politics”
of reason and, in respect to which, her or his own truth is lost in endless
streams of social tissue that ask for concrete and immediate answers, that
could be challenged in each moment and in each place.
Praetor peregrinus looks here and there for his truths to utter, offering frag-
ments of reason.
Which is the real truth? De minimis curat Praetor!
Sisyphos und das Problem

Anton Schütz

I. Das Problem
Das Problem der Rechtfertigung des Rechts konfrontiert den Rechtstheo-
retiker mit dem Zusatzproblem, daß es sich als unlösbar erwiesen hat und
laufend neu erweist. Während Probleme geeignet sind, den schlanken Rah-
men für einen sonst keinen Beschränkungen unterworfenen Wettbewerb der
Lösungen abzugeben (Zielbindung bei Pfadoffenheit), eröffnen nicht lösbare
Probleme – wenn wir die Frage, ob es sich dann streng genommen noch um
Probleme handelt, vorläufig beiseitelassen – einen im Vergleich zu dieser
Schlankheit bedenklich ausfasernden, unübersehbaren Raum zielloser und
damit schon im Ansatz völlig heterogener, nur mehr z. B. stilistisch differen-
zierter bloßer Weisen, dem – nun eingestandenerweise unlösbaren – Problem
zu „begegnen“ (oder aber, wir kommen darauf zurück, ihm nicht zu begeg-
nen, jeder Begegnung aus dem Weg zu gehen, die Frage zu entfragen, zu
einer von ihr unversehrten Tagesordnung und, vermittels dieser restitutio in
integrum, vielleicht wieder lösbaren Problemen überzugehen). Hier gibt es
also nicht erst verschiedene Wege, die in Hinblick auf ihre respektiven Ver-
dienste um Zielerreichung miteinander konkurrieren, vielmehr setzt die
„Komplexität“ ihrer „Reduktion“ einen so erfolgreichen Widerstand entge-
gen, daß die „Was-Tun“-Frage, die sichtbar ihre Zähne eingebüßt hat, durch
eine eingestandenerweise zahnlose Frage von der Sorte „Wie sich damit ein-
richten“, oder mit anderen Worten die unbeantwortbare Komplexitätsfrage
durch eine umso leichter zu beantwortende Vermögens- oder Machtfrage er-
setzt wird. Schon Kant hatte ja die Komplexität, die ihm der Nachthimmel
zeigte, nicht an die Möglichkeit einer „Reduktion“ denken lassen, sondern
an die eine und nicht aufkündbare Präsenz eines Sittengesetzes, das sich in
den Sternen als seinen öffentlich überprüfbaren Stigmata zu erkennen gebe.
„Der bestirnte Himmel“ – damit ist signalisiert: Da ist nichts zu machen.
Kants Philosophie ist zuallererst die Exegese einer Situation, deren Parameter
jenseits jedes Aktionsradius liegen und darum absolute Geltung beanspru-
chen; sie ist die Ausfaltung und Aufarbeitung dessen, was in dieser, hier als
unvordenklich zu verstehenden Situation beschlossen liegt. Viel neueren
Datums dagegen ist das Vorkommen „sublunarer“, also innerweltlicher, ge-
schichtlich selbstfabrizierter Situationen, deren obgleich selbsterzeugte Kom-
164 Anton Schütz

plexität ebenfalls nicht mehr im Aktionsradius einer Kontrolle, eines mög-


lichen Eingriffs liegen – das Vorkommen eines verum factum indefectivum,
wie ich es Vico paraphrasierend nennen möchte. Dieser neuartigen Situation
hat der Zeichner Willem in der französischen Zeitung „Libération“ vom
9. Oktober 2008, S. 29, in einer Karikatur zur Finanzunterstützung der Re-
gierungen an die Banken ein Denkmal gesetzt. Ein Lastwagen kippt einige
bei genauem Hinsehen vielleicht als Scheine und Bündel erkennbare winzige
Objekte von einer Steilküste ins dreißig Meter tiefer gelegene Meer, über
dem die Sonne gerade auf- oder auch untergeht, während der Fahrer, zu ein
paar ratlosen Gestalten in der Bildecke gewandt, ausruft: „Schnell! Noch
eine Milliarde Trilliarden, um dieses Loch zu füllen!“ – Willems Karikatur
zeigt, was sich zeigt, wenn Probleme als unbearbeitbar erkennbar werden,
nämlich die Perplexität einer Situation, der kein Mittel, Medium, oder re-
medy, mehr gewachsen ist. Sie zeigt auch, was die Folge, genauer die (gege-
benenfalls: unwiderstehliche) Versuchung solcher Situationen ist: Aktivis-
mus, Gestikulation, bares Zwangshandeln. Denn ironischerweise lehrt
geschichtliche Erfahrung überwältigend, daß gerade Bedingungen dieser
Sorte, Bedingungen, die die Spielräume des Handelns schon im Vorhinein
beschränken oder vernichten, es als besonders unabweisbar erscheinen las-
sen, daß, gleich was, irgendetwas – „und nicht vielmehr nichts“ – zu gesche-
hen habe zumindest, wie man hinzufügen sollte, in von der Geschichte mit
Macht verwöhnten Nationen. Es gibt dafür viele Beispiele in der jüngeren
und noch mehr in der jüngsten politischen Geschichte. Die Forderung, es
müsse „etwas geschehen“, in deren Namen Österreich-Ungarn in den Ersten
Weltkrieg zog (als dessen Ergebnis es dann von der Karte verschwand), bietet
ein klassisches Beispiel. Die Finanzkrise hat aber andere und, soweit abseh-
bar, unkriegerische Probleme. Hier geht es darum, eine ökonomisch bedroh-
liche Situation möglichst zu entschärfen – dazu geeignete Mittel und Chan-
cen sind diesmal, im Gegensatz zur Modellkrise von 1929, in den Händen
der Regierungen. Solche Eingriffschancen bestehen in der Tat. Um im Bild
zu bleiben: Mittel, die es erlauben, den Ozean kurzfristig um die fehlenden
dreißig Meter anzuheben, gibt es heute tatsächlich. Allerdings geht mit dieser
neuen Möglichkeit ein neues Dilemma Hand in Hand. Denn daß die Frage
nach den Risiken und Folgelasten der Operation sich stellen wird, ist gewiß
(certum quod), auch wenn Zeitpunkt, Maß, und Form, in denen das gesche-
hen wird, zur Zeit noch Sache weit divergierender Spekulationen sind (incer-
tum quando, etc.). Die Urgenzoperation selbst, getätigt unter dem Druck der
dringlichen Integritätserhaltung, also m. a. W. der „Vorrangigkeit des Befris-
teten“, oder doch unter dem Eindruck der märchenhaften Verheißung: „et-
was Besseres als den Tod werden wir überall finden“, ist das eine der beiden
Hörner des Dilemmas. Das andere liegt in der sichtlichen Problem-Inadä-
quatheit der verfügbaren Lösungen, und damit in der Gefahr einer Revoka-
tion des dem Problem ja erst von der Moderne, und gestützt auf die Plausi-
Sisyphos und das Problem 165

bilität der Erwartung seiner Lösbarkeit, aufgeprägten Problemcharakters.


Das einstige Problem wird dann wieder Teil der Welt, kehrt an seinen Platz
im Inventar der Umstände zurück, mit denen man rechnen kann und leben
muß. Auf der einen Seite finden Problemlösungsbemühungen unter Verhält-
nissen statt, deren Unübersichtlichkeit und Urgenzdruck das Problem-Lö-
sungsschema unter der Hand durch die eine oder andere weniger anspruchs-
volle, zum Beispiel rein administrative Routine ersetzt hat, auf der anderen
Seite will es schon kaum mehr gelingen, die vom Problembegriff vorausge-
setzte Erwartung der Lösbarkeit weiterzuerwarten, also zwischen Proble-
men und Lösungen zu unterscheiden.
Daß sich, immer noch im Beispielfall der gegenwärtigen Finanzkrise, der
Tisch der Problemlösungen als zunehmend abgefrühstückt erweist, würde
an sich in die zweite Richtung weisen – zur Rückkehr in den Zustand vor der
Problematisierung. Dem ist jedoch nicht so, und einen solchen Verlauf zu er-
träumen hieße bloß den Prozeß unterschätzen, der unsere medial saturierten
Gesellschaften einer ebenso langwierigen wie effektvollen Verabhängigung
ausgesetzt hat. Dieser Prozeß bringt es mit sich, daß die Abstinenz von (wie
immer erkennbar fruchtlosen) Lösungs- und Eingriffsbemühungen noch we-
niger zumutbar erscheint als der Rekurs auf diese (wie immer erkennbar bloß
gestikulierenden) Bemühungen. Das Ergebnis ist ein zunehmend automati-
siertes Weiterprobieren von Rettungsaktionen an einem dazu immer weniger
tauglichen Objekt – immer unermüdlicher und pflichtschuldiger, aber immer
weniger erfolgversprechend, unter dem stets wachsenden Druck eines kom-
menden dicken Endes. Es geht dann um Probleme, über deren mangelnde
Lösbarkeit unter ihren Bearbeitern keine Illusionen bestehen; sie werden da-
her, gestützt auf die plausibilisierende Wirkung zunehmenden Urgenzdrucks,
in andere, oft größere Probleme transformiert oder versteckt. Sieht man auf
die Versprechungen, mit denen der moderne Problembegriff – der alledem
dennoch stets zugrundeliegt – ins Leben getreten ist, so geht das kaum ohne
Falschmünzerei ab, ohne die zweifelhafte Figur eines kognitiven deficit-spen-
ding, nach dem man etwa in den Schriften des J.M. Keynes vergeblich sucht.
Denn das, woraus der moderne Problembegriff seine Legitimität gewonnen
hatte, waren Lösungschancen gewesen, nicht die Unfähigkeit, aus erwartbar
erfolglosem Handeln die Konsequenzen zu ziehen, und ebensowenig die
Ununterscheidbarkeit von Problemen und Lösungen.
Die Rechtfertigungskrise des Rechts unterscheidet sich, als unvorgreif-
liche Dauerkrise, von der Finanzkrise des Jahres 2008 freilich in doppelter
Hinsicht: einerseits durch ihr höheres Alter, andererseits durch ihre schwä-
chere Bedrohlichkeit. Es gibt politischen Aktivismus, aber eine von der
Situation erzwungene Hoffnung, durch rasches Eingreifen noch das Ent-
scheidende zu retten, findet sich kaum in der rechtstheoretischen Diskus-
sion. Vielmehr gilt, daß in der Geschichte der Rechtfertigung des Rechts das
unverdrossene Weiterbauen an der Unvollendung den Horizont bestimmt.
166 Anton Schütz

Auch untaugliche Versuche der Problemlösung haben schließlich einen ge-


meinsamen Gegenstand – sie verweisen auf eine gemeinsame Situation, wie
konkurrierende Problemlösungen auf ein gemeinsames Problem verweisen –
und das gilt auch in Hinblick auf die Rechtfertigung des Rechts. Daraus er-
gibt sich die Möglichkeit, daß Unlösbarkeiten durch dieselben Prozeduren
betreut werden können wie Problemlösungen – zum Beispiel durch Gedan-
kenaustausch, sei es auf Tagungen, sei es in wissenschaftlichen oder sonst-
wie auflagenschwachen Zeitschriften – so daß der Unterschied nicht auffällt.
Was diese Pseudomorphismen nicht leisten können, ist, den Abgrund zu
überbrücken, der die Serie stilistisch differenzierter Versuche, das Scheitern
der Problemlösungen zu verwinden, von der Serie funktional oder perfor-
mativ differenzierter Problemlösungen trennt. Eine Lösung bringt ihr Pro-
blem zum Verschwinden, das Scheitern einer Problemlösung verschiebt es
anderswohin. Gewiß, ausdauernder Umgang mit diesem Scheitern hat zu
beachtlichen Künsten im schmerzlosen Disponieren geführt, gerade in der
Rechtstheorie. Die reiche pharmacopée von Palliativen, die sie bietet, macht
das Leid über das Ausbleiben aller tauglichen und die Untauglichkeit der
vorfindlichen Mittel der Problemlösung erträglich. Unterdessen entzieht
sich die Inkonsistenz oder Nichtintegrität des Rechts – die Ergebnislosigkeit
der Fahndung nach einem nicht selbstreferenziellen und doch zureichenden
Grund (i.S. von „berechtigender Begründung“) für richterliche Entschei-
dungen und besonders für deren Rechtskraft – weiterhin allen Verbesse-
rungsversuchen. Nur wenige Unentwegte haben die Hoffnung noch immer
nicht aufgegeben. Statt sich an einem auf dem Lösungsweg entsorgbaren
Problem abzuarbeiten, ziehen viele es vor, es als ein Problem der End- oder
Dauerlagerung, ein Allokationsproblem, neu zu fassen.

II. Duelle
Professionnelle Rechtsphilosophen sollten irgendwie erklären können,
wie es kommt, daß in ihrem Feld so lange mit Begriffen wie dem der „Inte-
grität des Rechts“ hantiert wurde. Solide Beweisführungen, daß alle ideali-
sierenden Begriffe dieser Art ihren Gegenstand verfehlen, liegen in unter-
schiedlichen Ausführungen und gestützt auf unterschiedliche Prämissen seit
langem vor. Zumindest wäre es wünschenswert, wenn sich jemand fände,
der Ronald Dworkin darüber belehren könnte – mit größerem Erfolg als es
den Versuchen Stanley Fish’s gegeben war – daß es nicht reicht, die Rolle des
Don Carlos gelernt zu haben, wenn „Charly’s Tante“ gespielt wird.1 In der

1 Niklas Luhmann, den ebendiese Belehrung („Sie haben sich auf Don Carlos vorberei-

tet, aber hier wird ‚Charly’s Tante‘ gespielt“) erreicht hat, erzählt davon ein Lebensalter
später seinen Studenten: Auf einem Landtagsausschuß habe „ein zufällig anwesender Mi-
Sisyphos und das Problem 167

früheren Geschichte der europäischen Rechtstheorie des 20. Jahrhunderts


ist das Wissen um die unverbesserliche Nichtintegrität des Rechts, ist der
Versuch, sie nicht zu verleugnen und die Partie des Rechts gleichwohl nicht
für verloren zu geben, in Gestalt der Extremformen der sogenannten juris-
prudential antinomy ausgetragen worden, und zwar am schärfsten im Duell
zwischen kelsenschem Formalismus und schmittschem Dezisionismus. Die
Erfahrung der Unlösbarkeit des Rechtfertigungsproblems, des Fehlschla-
gens aller Versuche in der Nomodizee, liegt Kelsens Grundnormkonstruk-
tion und Schmitts Kampf gegen den Rechtspositivismus gleichermaßen zu-
grunde, dem Exhibitionismus des unverstellten Entscheidens bei Schmitt,
dem Inhibitionismus des Stufenbaus der Rechtsordnung bei Kelsen. 2 Daran,
daß die polare Entgegensetzung auf beiden Seiten mit persönlichen und bio-
graphischen Prädispositionen zu tun hatte, mit der uneingestandenen Fort-
setzung der Ideale einer jugendlichen Avantgarde- und Bohèmexistenz bei
Schmitt, mit der vermeintlich zeitlosen Utopie eines aufgeklärten Absolutis-
mus der korrekten Methode bei Kelsen, gibt es heute kaum noch einen
Zweifel. Ebenso klar ist, daß die einzigartige Dramatik ihres Gegensatzes
auf der politischen Überdeterminiertheit ihrer Meinungsverschiedenheit
und damit auf deren Geschichtsverflochtenheit beruht. Von dieser Ge-
schichtsverflochtenheit abgesehen (was nicht leicht zu tun ist) ist das, was
von dem Objekt des unversöhnlichen Gegensatzes übrig bleibt, nur eine ver-
flossene Gestalt der geschichtlichen Phänomenologie des Rechtsgeistes,
vielleicht die entwickeltste unter den Figuren, in denen sich das Nichtaufge-
hen der Rechnung des Rechts niedergeschlagen hat, die Unkomplettheit der
Selbstrechtfertigungen des Rechts, die Ungleichung zwischen seinem An-
spruch und seiner Ausstattung. Würde man es in der Sprache der katho-
lischen Dogmatik sagen wollen – zu der Kelsen wie Schmitt enge Beziehun-
gen unterhielten, der eine, als von Fortschrittsideen geprägter jüdischer

nister“ sie ihm aus gegebenem Anlaß (ein Vortrag Luhmanns) in kritischer Absicht mit auf
den Weg gegeben (Niklas Luhmann Einführung in die Systemtheorie, hg. von Dirk Baecker,
4. Auflage, Bielefeld, Carl-Auer-Verlag, 2008, S. 333). Man wird kaum annehmen, daß der
Jungbeamte Luhmann seine Lesezeit in das klassische Freiheitsdrama investierte – Hölder-
lin ja, Schiller nein. Auffällig dagegen ist, daß die Opposition von „Don Carlos“ und
„Charly’s Tante“ die Sachlage mit einer ganz eigentümlich luhmannschen Schärfe beleuch-
tet. Der Umstand, daß Anschlußfähigkeit vor Bedeutung geht, also der Vorrang dessen,
was gerade jetzt gerade hier „gespielt“ wird vor allem übrigen, kommt Luhmann so kon-
genial entgegen, daß man sich des Zweifels kaum erwehren kann, ob jener „Minister“ nicht
ein zum Zweck der Fremdzuschreibung und des self-understatements angefertigtes Luh-
mann-Artefakt ist. Klar ist zumindest, daß das, was man als Luhmanns eigene, grundle-
gende, immer wiederkehrende Denkfigur oder Präferenzhaltung kennt, sein nie unterbro-
chenes Lob der Routine, das sich als Denken der selbstauferlegten Beschränkung und des
Dienstes und somit im Grunde selbst als ministerielles Denken erweist, der Ministerbeleh-
rung nichts schuldig geblieben ist.
2 Hans Kelsen Reine Rechtslehre, 2. Auflage, Wien, Franz Deuticke. 1960, S. 230.
168 Anton Schütz

Großstädter im katholischen Milieu Österreichs, im Modus der kritischen


Herausforderung, der andere, unter dem Gesichtspunkt literarisch-politi-
scher Devotion und subjektiver Identifikation, im Modus der Revanche ge-
gen den jüdisch-protestantischen „Geist“ des Liberalismus – so könnte
man in diesem zwischen dem Legitimitätsanspruch des Rechts und den
Mitteln, diesen Anspruch integral einzulösen, aufklaffenden Defizit etwas
wie die „Erbsünde des Rechts“ erkennen. Kelsens ahnungsvoll-schamvolle
Geste will diese Erbsünde verdecken, die Blöße der Unbegründbarkeit be-
kleiden, sie durch sorgfältige Endlagerung innerhalb des Rechtssystems un-
schädlich und indifferent machen, um dadurch dem Rechtssystem Bestand
und Funktionieren zu ermöglichen. Schmitts obszöne Geste will umgekehrt
diese angeborene Blöße des Rechts, dessen unheilbare Ungleichung mit
sich selbst als allesentscheidende Ausnahme ins Zentrum zu rücken. Kelsen
suggeriert Rechtsstaatlichkeit als Bedingung einer befriedeten Gesellschaft;
diesem Ziel opfert er den jahrtausendelang geträumten Juristentraum einer
perfekten, in sich selbst ruhenden, aristotelisch autarken Rechtsordnung.
Die positivistische metábasis eis állo génos (von: „Recht“ zu: „geltendes
Recht“) stipuliert dieses Opfer, die Annahme oder Fiktion einer Grund-
norm vollzieht es; die Rechtsordnung ruht nicht mehr in sich selbst, sie
verdankt sich ab sofort der Technizität einer Schaltung, nämlich der Ope-
ration, den empfindlichen Schwachstromkreis des Rechts als einer Sollens-
ordnung zu schließen, ihn vor den gewaltsamen Entladungen des politi-
schen Starkstroms in Sicherheit zu bringen. Schmitt sieht darin nicht nur
eine Verarmung des Rechts, sondern den Versuch, die Politik als den
höchsten Grad der der menschlichen Existenz vergönnten Intensität durch
Normierung in ihrem Geltungsbereich zu beschränken – sie somit aus dem
Recht auszuschließen und gegen es abzuschließen – und darin wieder eine
Verweigerung des Zutritts zu Gefahr und Ernstfall, zur Dramatik des zwi-
schenmenschlichen Konflikts, in welchem er den vorrangigen Gegenstand
der Geschichte lokalisiert. Das positivistische Abkarten eines Spiels, des-
sen unzensuriertes Durchgespieltwerden in extenso den letzten Sinn und
die Grundlage aller Gesetzlichkeit bildet (für Schmitt: „Menschenrecht“
ist), erscheint in Schmitts Sicht als unvertretbare „Verarmung menschlicher
Existenz“. 3
Für uns entscheidend ist die verdeckte Gemeinsamkeit der Positionen,
nicht die beide Autoren bewegende Antipathie. Beide reagieren auf das un-
gelöste Problem der Rechtsregel: ihrer Unfähigkeit der Selbstrechtfertigung;
beide finden den Ausweg in der Ausnahme, Schmitt indem er das Recht dem
Ausnahmezustand aussetzt, Kelsen, indem er in der Differenzierung von

3 So, den Schmitt der 20er und 30er Jahre zusammenfassend, Heiner Bielefeldt Kampf

und Entscheidung: Politischer Existentialismus bei Carl Schmitt, Helmuth Plessner und
Karl Jaspers, Würzburg, Königshausen und Neumann, 1994, S. 9.
Sisyphos und das Problem 169

Sollen und Sein ein Mittel erkennt, das Recht von dem es umgebenden Seins-
zustand auszunehmen. „Sur des inconsistances, s’appuyer“ – lautet eine
Zeile des Dichters Paul Celan. Formalismus und Dezisionismus sind Leh-
ren, die die Inkonsistenz des Rechts erkannt haben, bemerkt haben, daß das
Recht nicht Herr im eigenen Haus ist. Beide nehmen die daraus entsprin-
gende Pathologie des Rechts ernst, auch wenn sie diese Punkte in entgegen-
gesetzten Himmelsrichtungen fixiert haben und der eine eine introvertierte
Strategie, eine therapeutische Disziplin der wissenschaftlichen Erkenntnis
und des durchgehaltenen Sich-Abschließens von Politik vorschlägt, während
der andere eine extrovertierte Strategie verficht, eine Rechtstherapie der Er-
setzung „bloß fiktiver“ Erkenntnisse durch direkt-konkreten Anschluss an
Politik und „Ordnung“.
In der Sache des Umgang mit dem ungelösten Rechtsproblem der Kon-
sistenz wird erst das spätere 20. Jahrhundert neue, von den Hyperparadig-
men Politik und Wissenschaft zunehmend entfernte, Wege gehen. Abgestillt
von der nährenden Milch ihrer respektiven Therapien, klug geworden aus
der Vergeblichkeit aller Versuche, das Leiden des Rechts an seiner eigenen
Inkonsistenz durch Beistellung des einen oder anderen Überrechts zu hei-
len, nicht willens, zur vormaligen Tagesordnung der Verleugnung, Ver-
schleierung, etc. der Inkonsistenz zurückzukehren, verlegt es die Diskussi-
onsachse in den Bereich des rechtlichen Handelns selbst. Auch jetzt wieder
gibt es polar entgegengesetzte Positionen, und „Handeln“ erscheint hie und
da unter je entgegengesetzten Vorzeichen. Denn auf der einen Seite finden
wir ein Praxishandeln, das seinen Sinn in sich selbst findet und der Philoso-
phie zugänglich ist, zum Beispiel als Ausübung von Tugenden, und sich
damit der Beurteilung oder Messung an seinen eigenen deklarierten oder
undeklarierten Intentionen aussetzt. Auf der anderen Seite finden wir ein
empirischer Beobachtung ausgesetztes Poiesishandeln, das sich in seinen Re-
sultaten, seinen „Werken“ 4, im Fall der Autopoiesis heißt das, in seinem ein-
zigen Werk: seinem eigenen Selbst, zu erkennen gibt.
Jacques Derridas Auseinandersetzung mit dem Thema Gerechtigkeit,
hervorgegangen aus der kritischen Diskussion einer Schrift des Schmitt po-
litisch entgegengesetzten, aber in seiner Ablehnung des sozialdemokrati-
schen Progressismus mit ihm wiederum einigen Walter Benjamin, 5 präsen-
tiert ein Argument, das, nimmt man seine interne Ökonomie ernst, die
Suspension der Entscheidungsfindung und die Dekonstruktion ihrer Refe-
renzen zwar nicht programmatisch einzuschärfen versucht, aber doch un-

4 So Niklas Luhmann Einführung in die Systemtheorie, hg. von Dirk Baecker, 4. Aufl.,

Bielefeld, Carl-Auer-Verlag, 2008, S. 111, wo es heißt, „[Maturana hat] von einer Poiesis als
ihrem eigenen Werk [gesprochen], und zwar bewußt ‚Werk‘.“
5 Jacques Derrida Gesetzeskraft. Der mystische Grund der Autorität (a.d. Französischen

von Alexander García Düttmann), Frankfurt a. M., Suhrkamp Verlag, 1991.


170 Anton Schütz

ermüdlich, gleichsam aus der Kraft des eigenen performativen Einsatzes zu


bewirken sucht. Teubner 6 spricht von einer Tendenz zur „Reparadoxifizie-
rung“ bei Derrida. Er übergeht dabei die aus Derridas und (in diesem Zu-
sammenhang) Teubners Gesichtspunkt sekundäre, von Luhmann her gese-
hen aber entscheidende Frage der Selbstermöglichung des eigenen Handelns
als Prozeß. Die Frage lautet hier: Beschränkt sich der Beitrag der Dekon-
struktion zur Rechtsphilosophie darauf, das alteuropäisches Genremotiv
des „Routinetadels“ den Händen entwunden zu haben, in denen es sich seit
Savigny und Marx befunden hat, dem Naturrecht und der Gesellschaftskri-
tik? Erweist sich, was Derrida zu Fragen des Rechts und der Gesetzeskraft,
der Norm und ihres Geltungsanspruchs, des Urteilens und seiner Proto-
ethik anmerkt, als eine Stufe, 7 ein Glied in der Reihe der unvordenklich vor-
handenen und nie verstummenden Kritiken, die die normierende und ver-
einheitlichende, verwaltende und geschichtsmächtige Vernunft auf ihrem
Weg durch die Geschichte „des Westens“ ständig begleitet haben? 8 Ist das,
was die Stoßrichtung von Derrida’s Traktat definiert, nicht „just“ 9 durch sei-
nen Einwand gegen die Euporien und Regelkreise des Auf-Dauer-Geschal-
teten definiert? Ist die Dekonstruktion damit nicht „just“ in dem Maße Ge-
rechtigkeit, in dem sie jenem „Lob der Routine“ widerspricht, das Luhmann
seit 1964 – Jahre und Jahrzehnte vor der Übernahme des Autopoiesekon-
zepts – seinem gesellschaftstheoretischen Erkenntnisprojekt als prägnanten
Kurztitel beilegt? 10 Ist Derridas aporetischer Begriffsrahmen nicht so formu-
liert, daß daraus an Instruktionen zur Kontrolle und Selbstkontrolle einer
wie immer instituierten Planungs-, Verwaltungs- und Entscheidungstätig-
keit nichts hervorgeht, ist seine iustitia nicht „just“ seine Ablehnung jeder
Verfahrenslegitimität? Ist dann aber Derridas Argument einer aporetischen
Gerechtigkeit etwas anderes als die postmilitante, diskret-utopiekritische
Version einer (wie auch immer fehlgeschlagenen) Politik der Stillegung?
Einer Stillegung wenn nicht des Rechts, so doch seiner Funktionen und
Leistungen? Anders gefragt, nämlich in Hinblick auf Nancys und Agambens
Begriff des désoeuvrement und ihre, besonders Agambens, Analyse der alt-

6 Gunther Teubner „Économie du don et positivité de la justice: la paranoïa réciproque

de Jacques Derrida et Niklas Luhmann“, 65 Droit et société (2007), S. 105–122.


7 Daß es sich bei dieser Stufe um die „Nullstufe“ der dekonstruierten Propositionen

handelt, argumentiert die auf eine sorgfältig rekontextualisierende Derridalektüre aufbau-


ende Interpretation Agambens in Signatura rerum: Sul metodo, Turin, Bollati Boringhieri,
2008, S. 77–81.
8 Zu dieser These Anton Schütz „‚Legal Critique‘: Elements of a Genealogy“, 16 Law &

Critique (2005), S. 71–93.


9 Der Autor widmet das hier und im folgenden unter Anführungszeichen gesetzte Wort

„just“ dem Andenken Jacques Derridas.


10 Niklas Luhmann „Lob der Routine“, 55 Verwaltungsarchiv (1964), S. 1–33; neu ge-

druckt in: Renate Mayntz (Hg.), Bürokratische Organisation, Köln-Berlin, Kiepenheuer &
Witsch, 1968, S. 324–341.
Sisyphos und das Problem 171

christlichen Wurzeln dessen, was in Europa als Regieren und Verwalten


bekannt geworden ist: 11 In welchem Verhältnis steht Derridas Gerechtig-
keitsschrift, seine Gleichung von Dekonstruktion und Gerechtigkeit zur
westlichen Geschichte der Rechtskritik? Zeigen seine Begriffe des originä-
ren Supplements, der différance, der Unentscheidbarkeit von Auslöschung
und Spur, der Spur als Ursprung des Ursprungs, daß an die Stelle der klas-
sischen Rechtskritik und zugleich an die der klassischen Rechtslehre ein
durch nichts und insbesondere keine Rechtskraft zu besiegelndes, somit un-
abschließbares Urteilen tritt? Müßte sich darum nicht jede rechtliche Aneig-
nung des Dekonstruktionismus zuallererst die Frage stellen, ob „machen“ –
im Sinn eines Schaffens von rechtskräftig, also irreversibel weltverändern-
den Akten – aus Derrida’s philosophischem Blickwinkel stets zu früh kommt,
zumal im Recht?

III. Formeln
Derridas Interpretation des Rechts fügt sich überraschenderweise einem
ausgerechnet von Michel Foucault gerne zitierten Wort, das mit seiner Insis-
tenz auf die Selbigkeit ein und desselben Vokabels auf den ersten Blick
kaum dem Rhythmus der Dekonstruktion entspricht und von René Char
stammt: „L’histoire des hommes est la longue succession des synonymes
d’un même vocable. Y contredire est un devoir “.12 Char sagt: „Die Ge-
schichte der Menschen ist die lange Aufeinanderfolge der Synonyme eines
selben Vokabels“, und fügt hinzu: „Dem zu widersprechen, ist Pflicht.“ In
ersichtlich kalkulierter Weise offen bleibt dabei, worauf sich das „dem“ die-
ser Widerspruchspflicht genau bezieht: Soll dem Vokabel widersprochen
werden? Seinem Immergleichsein? Seinen Synonymen? Deren Aufeinan-
derfolge? Alledem auf einmal? Vor allem: um welches Vokabel handelt es
sich? Sieht man auf Derridas Auseinandersetzung mit Recht und Gerechtig-
keit, so ist der Gegenstand seines Widerspruchs die erledigende, entledi-
gende Bearbeitung, die nur dem Agenten einer mit Irreversibilität ausgestat-
teten Entscheidungsmacht zukommt, und der typische, wenn nicht einzige
Fall einer solchen erledigenden Wirkung ist die mit Rechtskraft ausgestat-
tete richterliche Entscheidung.

11 Jean-Luc Nancy La communauté désoeuvrée, Paris, Christian Bourgois, 1986; über-

setzt als Die undarstellbare Gemeinschaft, Frankfurt, Fischer Verlag, 1988. Giorgio Agam-
ben Il Regno e la Gloria: Per una genealogia teologica dell’economia e del governo (=
Homo Sacer II , 2), Mailand, Neri Pozza, 2007, S. 262–276.
12 René Char L’Age Cassant, Paris, Felix Corti, 1965. Dazu Paul Veyne, der versichert,

Foucaults Verständnis der Zeile habe sich scharf von der des Dichters unterschieden, in
ders. René Char et ses poèmes, Paris, Gallimard, 1990, S. 499.
172 Anton Schütz

Wie Derridas aporetische Gerechtigkeitslehre steht auch Luhmanns These


„Im Anfang war kein Unrecht“ 13 quer zur Achse Formalismus-Dezisionis-
mus, indem sie auf rechtliches Handeln, auf rechtliche Performanz zurück-
greift, hier aber nicht im Zeichen einer durch keine Rechtskraft einschränk-
baren Selbstexposition und Verantwortung, sondern im Zeichen der
Anamnese der Bedingungen, unter denen das Recht sein eigenes Machen,
Funktionieren, Folgenhaben tatsächlich und dauernd herstellt; nicht im Zei-
chen seiner Praxis, sondern dem seiner Poiesis.14 Darin, sagt Luhmann, liege
eine neue Lösung des Entparadoxierungsproblems. Er fügt sogar hinzu: des
Begründungsproblems, bezieht sich aber auch mit „Lösung des Begrün-
dungsproblems“ hier nur auf das Unsichtbarbleiben der Unterscheidung
von Recht und Unrecht. Die Invisibilisierung dieser Unterscheidung, so
führt Luhmann aus, verhindert, daß das Problem ihrer Rechtmäßigkeit sich
stellt.15
Diese Analysen stehen bei Luhmann im historischen Zusammenhang
eines Projekts der Errungenschaftenanamnese. Es geht um die Evolution
des modernen Rechts. In einem ganz anderen Zusammenhang steht Luh-
manns Empfehlung einer Kontingenzformel Gerechtigkeit. Darunter ist be-
kanntlich etwas zu verstehen, das anscheinend keinerlei „Aufgabe“ erfüllt.
Jedenfalls schließt Luhmann für die Kontingenzformel jede Legitimations-,
Steigerungs-, Selektions-, ja überhaupt Funktionsrolle aus.16 Der Verweis
zielt auf eine Gerechtigkeit, die sich, noch bevor jemand sie vertritt, ja über-
haupt kennt, dadurch bemerkbar macht, daß irgendwer „Ungerechtigkeit“
reklamiert und diese Beschwerde dem Rechtssystem zumutet.
Was ist dann überhaupt angesprochen mit der Formel? Nur dies, daß Un-
gleichbehandlung von Gleichem, denn in diesem Faktum liegt näher be-
stimmt die Ungerechtigkeit, zählt. Es spielt nicht keine Rolle. Rechtliche
Kommunikation kann darauf zurückgreifen. Es wird nicht ausradiert (oder,
mit Derrida gesagt: die Rasur nimmt die Rolle des Ausradierten wahr).
Als solches bloßes Nicht-Nichts bleibt es vom zu verteilenden Kuchen
der Macht ausgeschlossen. Nur so wenig geht – denn, gegen Derrida, die
Rechtskraft von richterlichen Entscheidungen muß ungeschmälert bleiben.
Die Negation der Kontingenzformel nimmt die Gerechtigkeit von einer
modo positivo dekretierten Irrelevanz aus. Gegen Derrida müssen im Recht
zwei Ebenen unterschieden werden. Im Innenbetrieb bleibt das Entschei-

13 Niklas Luhmann „Am Anfang war kein Unrecht“, Gesellschaftsstruktur und Seman-

tik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Band 3, Frankfurt a.M.,
Suhrkamp, 1989, S. 11–64.
14 Die Unterscheidung in Aristoteles Nik. Eth., I, I, 1094a1; VI , V , 1140b6.
15 Niklas Luhmann „Am Anfang war kein Unrecht“, Gesellschaftsstruktur und Seman-

tik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Band 3, Frankfurt a.M.,
Suhrkamp, 1989, S. 11–64, hier S. 61 ff.
16 Ders. Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a.M., Suhrkamp, 1993, S. 218 ff.
Sisyphos und das Problem 173

dungshandeln dem Faktum ausgesetzt, daß es für jedes Umgehen mit Tat-
sachen immer auch andere Möglichkeiten des Umgehens mit denselben Tat-
sachen gibt. Man kann an den Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin denken,
der dafür bekannt war, daß er nie eine Kunstwerkabbildung auf die Hörsaal-
leinwand projizieren ließ: stets zwei nebeneinander. Im Recht geht das nicht
ebenso offen: „Das Überschreiten der Grenze von unbestimmbar zu be-
stimmbar muß unbemerkt, bzw. unerwähnt vollzogen werden. Die Funk-
tion muß, anders gesagt, latent erfüllt werden.“ 17 Auf der Ebene des reflek-
tionsgesteuerten Innenregiments des Rechtssystems dagegen bleibt der
Rückgriff auf Gerechtigkeit offen – nicht mehr und nicht weniger. Im Na-
men des Rechts zu sprechen, die Rolle der Bestätigung, Bestärkung, Funk-
tion, Kausalität, Macht, und damit jede Form eines einklagbaren An-
spruchs, bleiben der Gerechtigkeit verwehrt/erspart. Im Zusammenhang
mit dem polit-theoretischen Großanspruch, Gerechtigkeit herstellen zu
können, entsteht eine Grauzone, ein Niemandsland.

IV. Sisyphos
Derrida hat einen Begriff des unendlichen undoing vorgelegt, indem er das
doing der Präsenzmetaphysik, man kann in juristischem Zusammenhang
zuspitzen: den Anspruch, überhaupt Ansprüche zu haben, einer plausibel
vernichtenden Kritik unterzog. In Verlagen und Buchreihen, Tagungen und
Hörsälen, in denen zuvor, nach Husserl und anderen, die Zugangsbedingun-
gen zum reinen Phänomen diskutiert wurden, wird nun deren undoing dis-
kutiert. „La chose même se dérobe toujours.“ 18 Das Urteil „Dekonstruktion
ist Gerechtigkeit“ ist die Bedingung für das unendliche Urteilen, das die Pra-
xis der Dekonstruktion hervorgebracht hat. Eine Selbstdekonstruktion der
Gesetzeskraft – und eine entsprechende Eschatologie, die insofern eine ju-
ristische, eine Jüngstes-Gerichts-Eschatologie ist. Doch die Gerechtigkeit,
die Dekonstruktion ist, bleibt auf Tagungen beschränkt. Sie wird in den Ta-
gungssälen nur besprochen, als Gegenstand des Tuns (undoing) der Dekon-
struktion, und während die Tagungen zu Dekonstruktion und Gerechtigkeit
an Tagungsorten stattfinden (oder -fanden), gilt vom Recht, daß es kontinu-
iert, spricht und urteilt, handelt und tut, gesetzeskraftgestützt und unge-
stört, bloß anderswo, nämlich in Gerichten und durch Richter. Damit ist die
Frage gestellt nach dem Schritt, der vom dekonstruktionistischen Urteilen
in der Ausnahmedisziplin der Rechtsphilosophie zum dekonstruktionisti-
schen Urteilen im Recht führen könnte. Gunther Teubner hat sich mit dieser

17 Ebd., S. 221.
18 Jacques Derrida La voix et le phénomène, Paris, Presses Universitaires de France, 1967,
S. 117.
174 Anton Schütz

Frage vielfach auseinandergesetzt.19 In einem Briefwechsel mit dem Autor


dieser Zeilen stellt er das Rechtssystem als verurteiltes Subjekt vor, verurteilt
zur tätigen Herstellung der Gerechtigkeit. Doch die Herstellung der Ge-
rechtigkeit gelingt nicht, die Ungerechtigkeitsklage will nicht und nicht ver-
stummen, die Gerechtigkeitsversuche des zum Gerechtigkeitsherstellen ver-
urteilten Rechts erweisen sich stets von Neuem als reicher an collateral
damages denn an intendierten Effekten – steigern somit noch die Ungerech-
tigkeit, und das nicht fallweise und nicht überraschenderweise, sondern re-
gelmäßig und aus perfekt einsichtigen Gründen. Teubner anerkennt all dies,
aber ohne daraus die Folgerung zu ziehen, die der Positivismus daraus ge-
zogen hat, welcher im ständigen Fehlschlagen einen zureichenden Grund für
Nichtweiterversuchen erkennt. Teubner geht es umgekehrt „just“ darum,
dem Rechtssystem keine Gelegenheit, keinen Vorwand zu gestatten, sich
seiner Gerechtigkeitspflicht zu entziehen. Ihr die Treue halten, auch und ge-
rade angesichts überwältigender Mißerfolgsevidenz, wird es nur, wenn es
verurteilt ist zum Festhalten an seiner Gerechtigkeitsbemühung. Das Rechts-
system ist vorgestellt im Emblem des Sisyphos: Es rollt seinen ihm stets wie-
der entgleitenden Gerechtigkeitsstein, bis an das Ende der Zeiten.
Teubner erkennt in der Aufgabe der Gerechtigkeitsherstellung den Zwang
wieder, unter dem Sisyphos seine Fronarbeit verrichtet und den das Recht
sich selbst auferlegen müsse. Um meinen Einwand zu entkräften, auch das
Recht könne sich zum sisypheischen Schicksal nicht selbst verurteilen, merkt
er an:
„Ist das Recht wirklich frei, sich sein Steinerollen auszusuchen. Ist es
nicht durch die gesellschaftliche Evolution dazu verurteilt? Warum wurde
Sysiphos verurteilt? […]
Bekanntlich bewegte sich Sisyphos ständig und recht erfolgreich zum
eigenem Nutzen zwischen Götter- und Menschenwelt: verriet Pläne der
Götter, fesselte Thanatos, ließ sich, indem er Hades überlistete, aus dem
Schattenreich in die Menschenwelt entlassen, bis schließlich Thanatos ihn
endgültig ins Totenreich brachte. Seine Strafe bestand darin, daß ihm die
Vergeblichkeit seiner Versuche, Immanenz und Transzendenz zu vereini-
gen, ständig äußerst schmerzhaft vor Augen geführt wird und daß er es
trotzdem in alle Ewigkeit weiterhin tun muß.Was er zunächst aus eigenem
Antrieb tat (den Göttern gleich zu werden), dazu wurde er am Ende verur-
teilt (die Verbindung suchen zu müssen und daran zu scheitern).“
Wer zu seinem Handeln verurteilt ist, braucht nicht nach Handlungs-
gründen zu fragen. Das verhindert aber nicht, daß sein Handeln sinnhaftes
19 Nur unter anderem: Gunther Teubner „Dealing with Paradoxes of Law: Derrida, Luh-

mann, Wiethölter“, in: Oren Perez und Gunther Teubner (Hg.), Paradoxes and Inconsis-
tencies in the Law, Oxford, Hart, 2006; „Économie du don et positivité de la justice: la
paranoïa réciproque de Jacques Derrida et Niklas Luhmann“, 65 Droit et société (2007)
S. 105–122.
Sisyphos und das Problem 175

Handeln ist und als solches der Interpretation offensteht. Er kann mit Sinn
angereichert werden – zum Beispiel mit Heldentum. Unzählige Beispiele
zeigen, daß Argumente ihre vis iustificatoria erst im Nachhinein und oft ad
hoc entfalten. Sisyphos rollt seinen Stein, weiter und weiter – unbeirrbar
hält er fest an seinem Teil, seinem Anteil, seinem Urteil, und diese Unbeirr-
barkeit genügt, so ist zu befürchten, um aus seinem Handeln en filigrane
eine wie immer verquere, apokryphe, uneingestandene, aber darum nur
umso unkontrollierbarere Modellrolle abzuleiten. Nur dieser paradoxe
(aber darum nicht schon getilgte) Modell- oder Heldentitel, und des Sisy-
phos vermeintliches Anrecht auf ihn, sollen ihm hier mißgönnt und be-
stritten werden – ihm und noch mehr seinen vermeintlichen Titel- und
Rechtsnachfolgern, bis hin zum Rechtssystem. Unser tragisch bestrafter
Schlaumeier 20 kann deshalb nicht mit dem Steinrollen aufhören, weil er sei-
nen inneren trickster, Lügner, Betrüger, begräbt – sein Steinrollen ist das un-
aufhörliche Zu-Grabe-Tragen der eigenen vormaligen Lebensgestalt. Als
deren permanenter, rekursiver und zirkulärer Henker und Totengräber, als
bezwungener Rebell und Schauplatz ständiger Bezwingung, auf-Dauer-ge-
stelltes Justice-seen-to-be-done, gibt Sisyphos sich als mit dem Amtscharak-
ter eines Schutzgottes des Rechtssystems zu erkennen. Dem heldischen
Sträfling obliegt die Besorgung, die Bearbeitung des Problems der Gerech-
tigkeit, obliegt – und zwar unerlösbar, bis ans Ende der Zeiten – die Erledi-
gung der Rechtsaufgabe.
Die Erledigung und Besorgung der Gerechtigkeit ist freilich zugleich eine
Entledigung und Entsorgung von dem Problem der Gerechtigkeit. So wird
Sisyphos zum Erlöser – zum Sinnbild und Inbegriff und Versprechen einer
Erlösung des Rechts von der Macht. 21 Im Sinne dieser Erlösung erscheint
Sisyphos zugleich als postchristlicher Messias, sein immerwährendes Stein-
rollen als das Äquivalent eines von eigener Hand sich selbst zugefügten un-

20 Sisyphus der Schlaue nennt ihn Wilhelm H. Roscher (Hg.), Ausführliches Lexikon der

griechischen und römischen Mythologie, Leibzig, Teubner, 1909, S. 958. Vgl. auch Salomon
Reinach „Sisyphe aux Enfers et quelques autres damnés“, Cultes, Mythes et Religions, Pa-
ris, Ernest Leroux, 1928, (Neuauflage Paris, Robert Laffont, 1996). Reinach, der im Namen
Sisyphos eine intensive Verdoppelung von „sophos“ erkennt, interpretiert Sisyphos (in
dem der Fabeldichter Hyginus den Vater des Odysseus erkennt) als gestaltgewordenen
esprit de finesse und als mythische Inkarnation der List. (Ebd., S. 726).
21 Der unausgesprochene und doch unverkennbar konzeptionsleitende Gesichtspunkt

in Teubners Rehabilitation des Sisyphos, der Habilitation des Verhältnisses des Sisyphos zu
seinem „Rollstein“ als Modell des Verhältnisses von Rechtssystem und Gerechtigkeit, liegt
in der Vorgeschichte des Helden vor seiner endgültigen Verurteilung zu ewigem Steinrol-
len. Dieser „verschlagenste aller Menschen“ (vgl. Roscher, ebd.) ließ es auf die Macht an-
kommen – er fesselte den Tod, betrog Götter. Er hat dies mit dem Rechtssystem gemein-
sam, dessen Autorität, ganz gleich welchem ihrer modernen accounts man folgt, auf einer
Anleihe am politischen Machtmonopol beruht. Wie erst der bestrafte Sisyphus, so ist erst
das dekonstruierte Rechtssystem von der Macht emanzipiert.
176 Anton Schütz

endlichen und auferstehungslosen 22 Kreuzestods. Sein Nichtanderskönnen


und Verurteiltsein zum Weitertun dessen, was er je schon tut, zeigt, daß sein
„Kapital“ – Möglichkeiten, Macht, Reserven – auf Null steht, aber seine
Unerlösbarkeit spricht dem Sisyphos zugleich Nichtkontingenz zu – das
höchste Gut, oder besser das zunehmend einzige der ins Zeichen der Kon-
tingenz gebannten Midaswelt der Moderne. Keine Möglichkeit/Macht, die
nicht bereits von Kontingenz infiziert wäre. Sisyphos dagegen ist perfekt
machtlos und genau deshalb integral zuständig. Machtlosigkeit plus Nicht-
kontingenz: Teubner faßt so in der Sisyphosgestalt mit äußerster Präzision
nicht nur den eigenen Begriff eines Transzendenzformel, sondern ebenfalls
den (kaum sehr weit entfernten) luhmannschen einer Kontingenzformel
Gerechtigkeit. 23 Diese ist, so Luhmann, dadurch gekennzeichnet, daß sie
sich weder an einer Natur noch an ihrer Funktion legitimieren kann, nicht
zum Selektionskriterium und noch weniger zum Agenten einer Steigerung
berufen ist, weder etwas über das Prinzip der Rechtgeltung aussagt noch
auch bloß einen Wert darzustellen vermag, der „das Recht als vorziehens-
würdig erscheinen ließe“. 24 Es handelt sich bloß um ein Schema einer letzt-
lich ihr Ziel verfehlenden und gerade deshalb unendlich fortgesetzten, ja
unabschließbaren Suche. Sein Dienst als Häftling, forçat, Zwangsarbeiter
macht Sisyphos zum Gerechten, zum juristischen Kronargument im Kampf
um die Gerechtigkeit. 25 Aber in der mythologischen Annäherung des Kon-
tingenzformelmotivs steckt eben auch eine Versuchung – die Versuchung,
aus dem Pfund des geduldig seine Zwangsarbeit verrichtenden Helden und
des über ihn gefällten Urteils insgeheim, ja unbewußt, dennoch einen legi-
timierenden good-will zu erwuchern – trotz, ja wegen seiner unbeneidens-
werten Karriere. Jesus zum Beispiel ist am Kreuz gestorben, aber was dann
kam, war – wie der katholische Dissident Loisy kurz vor seiner Exkommu-
nikation feststellte – nicht das Reich Gottes, sondern die Kirche. Will man
am Bild vom „Mann mit dem Stein“ (Enzensberger) festhalten, so bleibt als

22 Sogar fluchlosen, schweigend ertragenen, im Gegensatz zur manchmal so verstande-

nen „Selbstverfluchung Gottes am Kreuze“ in Mk.15,34.


23 Gunther Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenzformel oder Transzen-

denzformel des Rechts“, 29 Zeitschrift für Rechtssoziologie (2008), S. 9–36.


24 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1993,

S. 219–223.
25 Sisyphos teilt sein graues Beamtenschicksal in vielen Hinsichten mit Kafkas „Posei-

don“. Z. B.: „Poseidon saß an seinem Arbeitstisch und rechnete. Die Verwaltung aller Ge-
wässer gab ihm unendliche Arbeit. […] Man kann nicht sagen, daß ihn die Arbeit freute, er
führte sie eigentlich nur aus, weil sie ihm auferlegt war, ja er hatte sich schon oft um fröh-
lichere Arbeit, wie er sich ausdrückte, beworben, aber immer, wenn man ihm dann ver-
schiedene Vorschläge machte, zeigte es sich, daß ihm doch nichts so zusagte, wie sein bis-
heriges Amt. […]“ Zitiert nach der Ausgabe Franz Kafka Beschreibung eines Kampfes:
Novellen, Skizzen, Aphorismen, aus dem Nachlaß hg. von Max Brod, Frankfurt am Main,
Fischer, 1980, S. 73 f.
Sisyphos und das Problem 177

das einzige mit nennenswerter Erfolgschance ausgestattete Mittel, dieser


Versuchung zu widerstehen, die Verlagerung der Aufmerksamkeit – vom
Mann auf den Stein. Genau das hat Michel Serres vorgeschlagen. Serres geht
davon aus, daß die Rechnung des Sisyphos nicht ohne den „Wirt“ – den
Stein – gemacht werden darf. Ein Argument des der mathematisch und na-
turwissenschaftlich inspirierten Schulphilosophie Frankreichs verpflichte-
ten französischen Philosophen betrifft den Talweg des Rollsteins, also den –
Serres zufolge – stets wechselnden Punkt, an dem sein Zutalrollen zum Still-
stand kommt, und von wo Sisyphos ihn nun wieder holen muß. 26 Der ge-
witzte Stein, nicht der verschwitzte Steinroller, befindet sich, so gesehen, in
der Rolle des Generator-of-diversity (G.o.d.). Sisyphos und sein Stein, sagt
Serres, bilden eine rekursive Pendelbewegung, „eine Uhr“ (horloge). Und
wie kommt es, fragt Serres, daß nie vom Stein die Rede ist? „Aus dem Dun-
kel der Zeiten, aus der Tiefe der Hölle, aus einem Abgrund des Schmerzes,
dringt zu uns die Erzählung von einem Ding das immer zurückkehrt – und
wir sprechen nur von dem Mann, der es dann immer wieder von dort weg-
holt, wir Narzisse.“ 27
Daß die Gefahr eines Personenkults, wie in allen anderen Fällen, auch in
dem des schmerzlichen Steinrollers besteht, soll aber nicht vergessen lassen,
daß ohne das Wagnis prosopopoietisch identifizierender Imagination eine
Lehre wie die Derrida’sche der Dekonstruktion rechtlich unentscheidbar
verbleibt – unterhalb der Schwelle rechtlich erforderlicher Konkretion, und
darum gerade, wie der mit dem Sisyphosnamen spielende Serres es nennt,
bloß „sosophisch“ 28. Teubners Vorgehen macht die Dekonstruktion rechtlich
entscheidbar – mit allen damit verbundenen Risiken. Derridas Dekonstruk-
tion läßt sich – darin grundlegend von Benjamin abgehend – in Namen der
Gerechtigkeit auf Recht ein, dies jedoch in Gestalt des fresh judgement, d. h.
um den Preis, jede Reflexion auf Funktion wie Leistung des Rechts zu sus-
pendieren. Damit ist Derrida gleich radikal wie Benjamin, nur richtet sich
Derridas radikaler Angriff nicht gegen das Recht, sondern gegen das Wissen
der Sozialwissenschaften, genauer: gegen die Resultate der soziologischen
Beobachtung des Rechts. Darin bleibt der späte Derrida der Linie treu, die
er in den 70er Jahren mit seinen Angriffen auf das Wissen der Humanwis-
senschaften und besonders der Linguistik (Saussure, Benveniste, Levi-
Strauss) eingeleitet hatte. Das Recht hatte aber, seinem berühmten Ehrentitel

26 M. Serres „Sisyphe et les Danaïdes“, Hermes 4: La Distribution, Ed. de Minuit 1977,

219–223. Serres ordnet Sisyphos der reversiblen Zeit der Uhren zu, er beginnt immer von
Neuem – deshalb ist er in der Unterwelt; nur wenn er schon tot ist, können seine Qualen
ewig sein (219).
27 „Du fond des âges, du creux des enfers, d’un abîme de douleur, le récit répère qu’une

chose revient là et nous ne parlons que de celui qui l’évacue, narcisses.“ Michel Serres Sta-
tues, Paris, Flammarion, 1987, S. 302.
28 Ebd.
178 Anton Schütz

einer „ältesten Sozialwissenschaft“ entsprechend, keineswegs auf die akade-


mische Karriere der Sozialwissenschaften im 20. Jahrhundert gewartet, um
die für es betriebsnötigen protosoziologischen Einsichten in seinen eigenen
Prozeduren zur Geltung zu bringen. Was es selbst als seine soziale Funktion
immer schon begriffen hat, kann nur erfüllt werden, wenn judgements ihre
Frische sogleich einbüßen, und genau dies geschieht, wenn sie das Attribut
der res iudicata oder Rechtskraft erwerben. Derridas Kritik richtet sich, auch
wenn er anscheinend von Gesetzeskraft spricht, gegen Rechtskraft. Sie ak-
zeptiert das Recht als Schauplatz der Dekonstruktion „Gerechtigkeit“. Die
Dekonstruktion des Rechts beraubt das Auge des Rechts (auch hier wieder:
des Rechts, und nicht: des Gesetzes) seiner Orientierungsfähigkeit. Derridas
Lehre von der Dekonstruktion kann sich im Recht nur als Astigmatismus,
als Verzicht auf Identifikation auswirken. Derridas Recht bleibt darum ein
maritimes, ein See-Recht, wie man im Hinblick auf Schmitt sagen könnte –
nicht ein tellurisches, ein „Landtreter“-Recht. Aber ist dieses Meer auch nur
befahrbar? Gibt es die leiseste Chance, das als Meer neukonzipierte Recht
den Sprung aus der Welt rechtsphilosophischer Tagungen in den Betrieb des
Rechts machen zu sehen? Wenn, muß die Antwort lauten, so nur über seine
Einschließung als Binnengewässer, nur in dem Maße, in dem das flüssige
Recht der Dekonstruktion als Ingredienz des Rechtssystems in ihm selbst
Platz findet, also in Figuren wie der Kontingenzformel Gerechtigkeit Luh-
manns, der Transzendenzformel Gerechtigkeit Teubners. Zu Ende gedacht
findet sich die dekonstruierende Gerechtigkeit in der Gestalt des Sisyphos,
des unendlich zwangsarbeitenden Negativsouveräns der Unterwelt, also …
„just“ (?) im Mythos, dem sich die Benjaminsche Kritik der Gewalt entge-
genstellen wollte und der hier seine Revanche nimmt. Wenn im Recht,
dann so. Sonst immerhin auf den Tagungen.
Is there Justice in International Law?

Achilles Skordas*

This essay reflects on whether Gunther Teubner’s idea of justice can be


integrated into the contemporary discourse of international legal theory.
The semantics of transcendence are not alien to international law scholars,
though the consideration of justice by them often lacks rigour and consist-
ency. Teubner’s concept should be revisited in the context of Niklas Luh-
mann’s theory of exclusion and ‘world’, and Martin Heidegger’s philos-
ophy of Dasein and angst. International law’s perennial search for justice is
being redirected to the establishment of global governance regimes that
might prevent the ultimate erosion of the always precarious world order.

I. Teubner’s idea of justice


In a recent essay, Teubner developed a sociological theory of juridical
justice, drawing on systems theory, and the theory of deconstruction.1
Teubner summarizes his thesis as follows: ‘ … justice needs then be un-
derstood as the subversive practices of law’s self-transcendence which are
neglected in official legal theory and doctrine. In the last instance, how-
ever, justice would be seen as a self-description of law which undermines
its own efforts because in its realization it creates new injustice’ (Teubner
2009:3).
Teubner views the concept of ‘just society’ as obsolete, due to the frag-
mentation of modern society in various discourses and communication
spheres. As ‘the search for a just society cannot follow one path’, various
spheres of justice emerge – political justice, economic justice, juridical jus-
tice. Teubner is in search of the particular meaning of juridical justice, a con-
cept innate to the legal system. He revisits Luhmann’s idea of justice as the
contingency formula of law (‘adequate complexity of consistent decision-
making’) by reframing self-subversive justice as law’s transcendence for-
mula.

1 * I would like to thank Vaios Karavas, Peer Zumbansen and Maria Panezi for their com-

ments and suggestions. Responsibility for errors is mine.


1 Teubner 2008 (in German); Teubner 2009 (in English).
180 Achilles Skordas

Teubner’s justice is ‘ecological justice’. This term highlights the founda-


tional significance of the system/environment distinction for a juridical the-
ory of justice. Irritation from political and social processes ‘redirects perma-
nently the juridical semantics of justice’, and makes the paradoxicity of self-
and hetero-referentiality visible. Because of its operational closure, hetero-
referential observation is performed only within the legal system, so that
law cannot really satisfy the quest for justice in society as a whole. Teubner’s
assertion here is that justice is capable of overcoming law’s closure through
the re-entry of the extralegal into the legal: it is the distinction between legal
and non-legal (extra-legal, not illegal) that enables the system to generate
discourse on justice, and to make law transcend its boundaries. He makes
reference also to the experiences of alterity, ‘human suffering’ and ‘pain’ that
compel law to transform the ‘irrational legal sentiment’ into legal reasons
and doctrine.
However, Teubner’s further point is that it is not possible for law to ‘real-
ize’ justice: ‘After rendering law self-transcendent, justice forces the law
to return to its immanence and to continue its operations under massive
constraints, thus creating new injustice – self-subversive justice’ (Teubner
2009:14). Teubner here emulates religious semantics by secularizing the dis-
tinction ‘transcendence/immanence’ in a theory of justice without religion.
Well aware of the particularities of this path, he warns against the reduction-
ism of a dunkel Drang for justice and against the risks of human rights
fundamentalism that ‘projects the limited juridical justice onto the whole
society’. Irritation and re-entry, subversion and transcendence are key el-
ements in Teubner’s theory. The strong ‘ecological’ semantics of religion,
pain, and suffering infuse disorder and turbulence into law’s programmes.
Though Teubner develops the idea of juridical justice, he also admits that
other function systems have their own particular formulas of transcen-
dence. This raises the question, whether world society as the comprehen-
sive social system is the locus of justice, as well. If this is the case, it is ar-
guable that, contrary to Teubner’s standpoint, there might be a path of
global justice. Nevertheless, this is not a logical necessity; we may assume,
for instance, that fundamental social processes are taking place on the level
of world society but that they are mirrored as ‘justice formulas’ only within
individual function systems. If justice is a ‘transcendence formula’ of law,
one may wonder what irritant lies beyond the legal system. Does world so-
ciety commit a ‘foundational sin’ that law struggles to redeem and over-
come? And is this problématique relevant for international law and diplo-
macy?
Martti Koskenniemi and Philip Allott address the question of justice in in-
ternational legal relations under different methodological and philosophical
assumptions. Reflecting on their perspectives is the first step to overcome
international legal theory’s ‘blind spots’.
Is there Justice in International Law? 181

II. Justice and the international legal profession

1. Koskenniemi and the expectation of justice


Koskenniemi conceptualizes the idea of justice in the horizon of the pro-
fessional activity of the international lawyer. In his seminal book ‘From
Apology to Utopia: the Structure of International Legal Argument’, 2 he
developed the inherent tensions and outright conflict in the nature of inter-
national legal argument, and the foundational indeterminacy of inter-
national law. Koskenniemi, being aware of international law’s inherent
structural strains, turns to the legal profession as the social network respon-
sible for absorbing the turbulence. ‘Contextual justice’ is here the key term:
‘The construction of contextual justice will demand an imaginative effort to
rethink the contexts in which traditional roles have been formulated and in
which their social effects have remained so unsatisfactory’. 3 Thus, apart
from being committed to his role, the lawyer will have to consider the social
context and political values, and will have to ‘imagine alternative forms of
social organization to cope with conflict’. 4 Koskenniemi considers inter-
national law to be a battlefield for hegemony on claims relating to right and
wrong, legal and illegal – therefore, at the same time, a space for the articu-
lation of the community’s ‘common good’. 5 He affirms the existence of par-
allel discourses and structures – but then what?
Koskenniemi speaks for a ‘culture of formalism’, 6 and understands it as a
professional experience rather than as a theory or as a set of rules for formal
reasoning – though he adopted a more ‘technical-formalist’ approach in the
ILC -Fragmentation Report. 7 He describes formalism as a ‘culture of resis-
tance to power’, 8 in the sense that professionals of international law engag-
ing in argument on the legality or illegality should imagine ‘the possibility of
a community overriding particular alliances and preferences and allowing a
meaningful distinction between lawful constraint and the application of
naked power’. 9 Formalism is the defense of the legal professional and
scholar against the vocabulary of power and policy-making.
In the changing circumstances of post-9/11, Koskenniemi increasingly fo-
cuses on questions of ‘fragmentation, deformalization and empire’,10 and

2 Koskenniemi 2005a [1989].


3 Ibid., at 557.
4 Ibid.
5 Koskenniemi 2004a.
6 Koskenniemi 2001: 494–509.
7 UN Doc. A/ CN .4/L.682, 13 April 2006, para. 487.
8 Koskenniemi 2001: 500.
9 Ibid., at 502.
10 Koskenniemi 2007a.
182 Achilles Skordas

sharpens his critique of United States unilateralism.11 His real fear is not
fragmentation as such,12 but rather that the ‘takeover by the managerial
mindset is reflected in the transformation of the vocabularies of power’.13
And then: ‘With new languages come the new experts who speak them’ 14 –
here speaks the professional, again. The international legal profession is
now feeling the pressure of transnationalism, and of governance experts.
Koskenniemi challenges the systems-theoretical approach to fragmen-
tation. He criticizes the concepts of polycontexturality and regime collision,
as defined by Teubner and Fischer-Lescano, because, in his opinion, they
undermine the centrality of normativity, state, and lawyers. He is particu-
larly critical of the ‘habit of collapsing the distinction between law and regu-
lation’, and he stresses that the broader we define the law, the weaker the
normativity, until the difference between ‘gunman and policeman’, cor-
ruption and contract, disappears.15
This is a problem already identified by Teubner. His answer has been that
‘mafia routines’ constitute hetero-referentially produced norms which
openly violate the official law and do not constitute ‘legal system’, because
the relevant expectations have not been formed in the context of conflict
resolution, but in a very different social context. As it is not possible to dis-
tinguish social acts from legal acts, social norms from legal norms, they con-
stitute a non-differentiated form of conduct coordination. Thus, no auton-
omous legal system has emerged, or is capable of emerging in this area.16 It is
also worth recalling that the difficulty of distinguishing the gunman from
the policeman lies at the heart of contemporary public international law, as
the alternative discourses on the terrorist and the freedom fighter, on terror-
ism and counterterrorism (targeted killings), and on the attribution of the
acts of violent non-state actors to states demonstrate.
The distinction between contract and corruption can be made plausible,
if seen through the lenses of the common law: the reception of social prac-
tices into law is a function of the jurisprudence. The legal evaluation of
customary practices is possible, because the common law maxims are
rooted in the shared principles of reasonableness of the system. The ‘cus-
tom of the realm’ should not be equated with the common law, but it is
rather, according to Gerald Postema, ‘the radical source of its validity, not
literally by derivation, but by source and congruence’.17 Legal norms do
not depend on any societal background consensus, nor on common

11 Koskenniemi, 2004b.
12 Koskenniemi/Leino 2002.
13 Koskenniemi 2007a: 13.
14 Ibid., at 14.
15 Koskenniemi 2007b: 22–24.
16 Teubner 1987: 109.
17 Postema 2002: 590–592.
Is there Justice in International Law? 183

values, theories, principles or doctrines, but rather on ‘understandings on


the ground’, relating to practices, ordinary affairs and activities.18 Though
there is not always an authoritative answer to the law/non-law distinction,
the legal system will draw the boundary, when called upon to do so. Re-
place here ‘common law’ with ‘global/transnational law’ and the parallels
are obvious, without prejudice to the question of precedential value of the
common law judgment.
Koskenniemi views international law as resistance to the reductionism of
managerial governance techniques, imagining the international legal pro-
fession as a moral elite with particular responsibilities. He contends that in-
ternational lawyers are not expected to give technical answers when asked
about poverty, torture, environment, or on the Iraq war – but rather to
‘soothe anxious souls’, to ‘give voice to frustration and outrage’, because
international law offers ‘the sole vocabulary with a horizon of transcen-
dence’. He reminds us that international law is ‘a placeholder for the vo-
cabularies of justice and goodness’, ‘a kind of secular faith’, and addressee
of appeals against imperial wars, transnational companies, corruption, and
globalization.19 In another piece, Koskenniemi stresses that law and justice
‘cannot exist side by side’, and that there is ‘a Messianic structure to inter-
national law, the announcement of something that remains eternally post-
poned’. He concludes that legal pragmatism recognized the link between
law and justice in the activity of lawyers, in particular in legal judgment. 20
For Koskenniemi, societal protest is not merely one of multiple power fac-
tors determining the evolutionary path of international law, but rather a
source for the expression and affirmation of international law’s normative-
ethical content.
Koskenniemi’s religious semantics are very strong, and he attempts a
post-modernist turn to the dawn of international legal profession. Francisco
de Vitoria as a theologian had developed arguments for the legal justification
of the conquista in the emerging post-medieval world, still dominated by the
Pope/Emperor diarchy. Through his writings, he sought to educate theolo-
gians who would ‘soothe the soul’ and the conscience of the Christian
Kaiser and his generals for the injustice done to the Natives, and, at the
same time, establish the international law of the Respublica Christiana with a
view to facilitating its political domination over the New World. 21 Kosken-
niemi’s call to soothe the souls of ‘the Wretched of the Earth’ could be read
as an appeal to ‘media-savvy’ public international lawyers to adopt popular

18 Ibid., at 615. On the reception and integration of a business practice into law through

‘autopoietic’ review of precedent, see Williams v. Roffey Bros & Nicholls (Contractors)
Ltd. [1991] 1 QB 1. I thank Pat Capps for drawing my attention to this case.
19 Koskenniemi 2007b: 30.
20 Koskenniemi 2006: 78.
21 Schmitt 1988 [1950]: 77–83, in particular at 79–83.
184 Achilles Skordas

and morally sensitive issues that raise the visibility of the profession, and to
strengthen its links with the frustrated majorities of the UN General As-
sembly. The question arises, whether civil society and the anti-globalization
movement provide the ultimate refuge for classical international law. We
may have doubts, at least since David Kennedy drew our attention to the in-
ternational law of force as the ‘common professional vocabulary’ of both the
military and humanitarians. 22
Koskenniemi shares with Teubner the semantics of transcendence, as well
as the idea that law cannot embody justice, but can only generate the expec-
tation thereof, and he conceptualizes the reception of societal irritation into
law in terms of professional ‘ethos’. The strongest – albeit implicit – attack
against his theory comes from Philip Allott. The entanglement of the inter-
national legal profession with political power is the blind spot of inter-
national law; Allott’s response is to attempt a subversive sociological obser-
vation.

2. Allott and the injustice of the Hofmafia


Are international lawyers the Gatekeepers of the Temple? Not quite, ac-
cording to Allott. In two books 23 and many articles, he developed a radical
critique of international law and of the international legal profession. This is
not the place for a comprehensive assessment of Allott’s intellectual enter-
prise, so the discussion here will only focus on his argument about the pro-
fession, as well as on Koskenniemi’s response.
Allott launches an all-out critique of the ‘international aristocracy’ (the
Hofmafia) in historical and sociological perspective. 24 He goes back to the
‘aristocratic international government’ of the pre-1815 ancien régime, and of
the ‘international government’ of the post-1815 order, and then he reports
on the structure of the new aristocracy of the twentieth century.
He circumscribes the composition of the Hofmafia in a trichotomy that
includes a noblesse de cour (national and international officials and policy-
makers), noblesse de robe (international legal professionals), and noblesse
de la plume (mainly diplomats and academics). 25 He argues that this is
a ruling class of ‘unprecedented size, power and arrogance’. Allott is dis-
missive of the contemporary world order arguing that ‘since 1945 the
international ruling class has been preparing its own downfall, its own
nemesis’. 26

22 Kennedy 2006.
23 Allott, 1990; Allott 2002a.
24 Allott 2002b; Allott 2003. On the sociology of the international legal profession see

also Schachter 1977.


25 Allott 2002b: 396–397.
26 Ibid., at 397–398.
Is there Justice in International Law? 185

Allott questions whether the International Court of Justice ( ICJ ) is a


court of justice or a court of law at all. 27 In his idiosyncratic language and
methodology, he understands a court of law as ‘theatre, temple and battle-
field’. In the court room, ‘the magic of human self-socializing is performed
publicly’. 28 He then calls justice ‘the order of the order of law’; 29 the ‘ec-
clesiastical aspects of the court phenomenon’ constitute ‘a symbolic ex-
pression of anxiety and awe’. 30 From Allott’s perspective, however, inter-
national law is burdened with systemic incoherence and inconsistencies, in
particular because it lacks a credible theoretical basis for law-making. 31
Moreover, the ICJ is a court for the resolution of inter-state disputes, and
cannot deal with the particular issues of the new global public realm which
has emerged since 1945: ‘the International Court, as an inter-manorial feu-
dal court, is not well adapted to take power over the novel legal reality of a
new global super-state’. 32
For Allott, the Court becomes irrelevant, insofar as it cannot engage with
the three dimensions of world society: the world-wide economic reality; the
power of non-governmental organizations and all other similar actors; and
an international culture which incorporates the battles of ideas, including
the struggle for the survival and the evolution of liberal democracy and
capitalism. Nonetheless, he remains ambivalent on whether the Court
might actually assume power over these new issues, transform itself, and
serve the public interest of the ‘true international society’. 33
Allott’s critique, in particular the Hofmafia essay, touched a nerve in Kos-
kenniemi, as it challenges the core assumption of the latter’s approach to
law. His response is brilliant, even though at some points angry and unfair. 34
He interprets Allott’s work as embodying a ‘baroque aesthetic’ and the
‘politics of conservative revolution’. 35 He also comes back to religious se-
mantics:
Philip’s writing reads like the sermons by the conservative priests in
Rousseau’s Geneva in the middle of the 18th century, appealing for love
and human goodness over the riots through which the bourgeoisie chal-
lenged the corruption in the City Council. In the battle between the bour-
geoisie and the aristocracy, the latter always called for a revolution of the

27 Allott 1996: 27.


28 Ibid., at 17.
29 Ibid., at 26.
30 Ibid., at 25–26.
31 Ibid., at 36.
32 Ibid., at 38.
33 Ibid., at 39. Critique of the ICJ comes from other directions or schools of thought, as

well. See for instance, Oda 2000; Posner 2004.


34 See the recount of the Geneva taxi driver’s incident, in Koskenniemi 2005b: 335–336.
35 Ibid., at 331 ff., 334 ff.
186 Achilles Skordas

mind against the revolution in the streets; a return to what was best in
tradition (Burke) rather than forward to freedom in modernity (Con-
stant). 36
I prefer a different reading. Allott is a lonely scholar, who does not yearn to
dominate the field, or cultivate the instincts of the profession. His work is a
very idiosyncratic call for self-subversive justice and for transcendence of
international law’s boundaries. He is deeply distressed by the continuing in-
stitutional domination of international law by states, which exclude other
global societal actors and fields of activities from the purview of the disci-
pline.
Allott is international legal scholarship’s Heideggerian ‘voice of angst’.
Angst is unheimlich, and the intellectual is homeless in the space of incessant
professional activity: ‘[a]s Dasein falls, anxiety brings it back from its
absorption in the “world”. Everyday familiarity collapses … Being-in en-
ters into the existential “mode” of the “not-at-home”.’ 37 Allott disrupts our
everyday familiarity and ease with the discipline, and unsettles its discourse,
doctrine, and narratives. Angst is projecting, planning, anticipating, but it is
not fear. Angst as a fundamental deep structure of Dasein is Sorge, care and
concern 38 in view of the magnitude of dilemmas and conflicts in the age of
world society.
If fear represents the state-of-mind of the Cold War, angst is the anthro-
pological and societal condition of the age of globalization. Angst and jus-
tice: the thread of the discussion should unwind from here.

III. The missing link: exclusion as angst


Teubner’s concept of justice as the transcendence formula of law is
founded on observation of the permanent external irritation of law which
originates in the social environment of the legal system. Teubner does not,
however, further explain why irritation specifically ‘redirects the semantics
of justice’. Exclusion as angst observed on the level of world society could
provide the missing link.
Luhmann shifts sociological observation from social integration to the
‘inclusion/exclusion’ distinction. Though he argues that the tempo of socie-
tal evolution accelerates, he cannot see any further form of differentiation,
apart from functional differentiation. Nonetheless, he stresses that function
systems tend to unevenly expand and observes their rationalities to col-

36 Ibid., at 339.
37 Heidegger 1962 [1927]: 233.
38 Ibid., at 235 ff.
Is there Justice in International Law? 187

lide; 39 unsustainability and structural drift opens the possibility of domi-


nation of the inclusion/exclusion distinction as the meta-code of world so-
ciety. He admits that the consequences of world society taking such an
evolutionary path would be detrimental. Human beings, whose freedoms
are maximized by their participation in the communications of a plurality of
function systems, would be negatively integrated in the space of exclusion.
Some individuals would be thus included and positively integrated in func-
tion systems as human beings, but others would be excluded and negatively
integrated as bodies. In Luhmann’s explanation, a sequence of drop-out in-
stances and moments leads to chain-exclusion from one function system to
the next – unemployment leads to the breakdown of family life, to lack of
access to contract relations, to exclusion from the legal system and from
education. 40
Thus, the operation of the code ‘legal/illegal’ becomes largely irrelevant
in the space of exclusion. 41 Marcelo Neves indicated this sociological reality
through the concept of ‘allopoiesis of law’ in the countries of the ‘peripheral
modernity’. With this term, he defined the lack of operative autonomy of
law in territories, where the economic code of ‘have/not having’ or the
political code ‘power/not power’ dominate over the legal code and neutral-
ize the capacity of the legal system to function effectively. Though Neves
makes clear that he refers to domestic law, 42 such problems in countries at
the periphery of world society are highly relevant for international law and
human rights law, as well.
The problem of exclusion redefines the question of justice and morality;
it is not any longer about interstate relations, but about deep structural
deficits of world society, which lead to the violation of the dignity of per-
sons, and of their fundamental rights, and threaten the integrity of plural
discourses. Indeed, the distortion and corruption of the code is redefined
by Luhmann as a question of immorality, 43 because it is a phenomenon
that undermines and erodes societal expectations attached to function
systems.
This redefinition of code corruption and exclusion into a moral question
is possible because the transcendental semantics are inherent in the concepts
of ‘world’ and ‘world society’, and they offer a link to the question of jus-
tice. For Luhmann, contemporary society can be conceived only as ‘world
society’, which is the all-encompassing social system that includes all social

39 Luhmann 1997a: 434, 568–569.


40 Ibid., at 618–634; Luhmann 1997b.
41 Luhmann 2004 [1993]: 489.
42 Neves 2001: 258.
43 Luhmann 1997a: 1043. Corruption of the code and allopoiesis should be distinguished

from the “blending of legal and illegal”, which is related to risk and evolution of law: see
Luhmann 2004 [1993]: 178–179, 264–265.
188 Achilles Skordas

systems. ‘World’ is distinct from world society, in that it is not a system, and
not merely the totality of all possible communications, but the ultimate hor-
izon of all meaning, and the unity of the distinction ‘actuality/potentiality’,
which, however, cannot be further observed. Thus, ‘world’ is world so-
ciety’s ‘unmarked space’. 44
Stefan Rossbach inquired further into the ‘mystical’ and metaphysical di-
mensions and origins of the ‘world’. He interprets the term to be the sys-
tems-theoretical equivalent of God’s ‘oneness’. ‘World’ has no boundaries,
no exterior, and cannot be observed, because any distinction would defeat
the unity. 45 The systems differentiated themselves from ‘a groundless world
without essences’. 46 And then: ‘[s]ystems came into existence once the
world, the “unmarked space”, was “wounded” by a distinction’.47 Rossbach’s
argument goes further into the related concept of world society, noting that,
as world society emerged from the world, it shares the same ‘mystical’ fea-
tures. In a sense, world society is also ‘horizon’, and not an entity that can
be subject to political authority. 48
As the meta-code ‘inclusion/exclusion’ threatens to dominate, the dis-
tinction ‘wounds’ world society at its core. Exclusion implies a process of
generalized blocking of function systems and denotes a transition to the
space of strong negative integration, where systems autonomy and func-
tional differentiation collapse. Even if exclusion generates communication
within, and not beyond, world society, it implies a fundamental destabiliz-
ation and accelerated evolution towards some other, as yet unknown,
(de)differentiation principle, which can only be conceived by ‘systems-in-
world-society’ as a ‘catastrophe’. 49 When the return to the paradise of the
‘world’ is permanently blocked, 50 allopoiesis, domination of the inclusion/
exclusion meta-code, and de-differentiation risk, mark the path toward the
‘unmarked space’ of a Second Fall.
In Freudian terms, it is arguable that world society’s ‘death drive’ of re-
turn to the previous undifferentiated state of peace is strong, because it is
motivated by the human condition’s self-destructive pleasure and ‘ecstasy in
pain’. 51 However, opposite forces strive for different categories of peace. On
the one hand, Todestrieb, expressed and stirred by unbound libido and by

44 Luhmann 1997a: 57, 145–171, in particular at 145, 147–148; Luhmann 1992: 383–384.
45 Rossbach 2004, in particular at 47–48.
46 Ibid., at 46.
47 Ibid., at 47. See also Thomas 1992.
48 Rossbach 2004: 52.
49 On this meaning of ‘catastrophe’ as swift transition to another stability principle, see

Luhmann 1997a: 655.


50 Rossbach 2004: 49.
51 ‘From oppressive guilt, disabling shame, explosive rage, contagious hate, self-loath-

ing, and unbearable symptomatic agony, there is a perverse appeal to suffering, to embrace
our masochistic jouissance – our ecstasy in pain’, Mills 2006: 381 (italics in the original).
Is there Justice in International Law? 189

the dynamics of regression, drives humans to a negative state of peace, to a


situation where death excludes any further disturbance. On the other, Eros
contemplates peace as longing for justice and stability. 52 The Freudian dis-
tinction leads back to Heidegger’s semantics of angst.
Angst as being’s fundamental state-of-mind is the possibility of challen-
ging the forces of negative integration. Heidegger’s analysis of angst arises
from Dasein’s ‘fleeing in the face of itself’, because angst is not fear of a ‘det-
rimental entity’. 53 ‘That in the face of which one has [angst] is Being-in-the-
world as such’. 54 And then:
That in the face of which one has [angst] is characterized by the fact that
what threatens is nowhere. […] ‘Nowhere’, however, does not signify no-
thing; […]. The obstinacy of the ‘nothing and nowhere within-the-world’
means as a phenomenon that the world as such is that in the face of which
one has [angst]’. 55
Dasein’s thrownness into the world, and its abandonment to itself, ‘is
shown with primordial concreteness in [angst]’. 56 Nonetheless, Being-in-
the-world is essentially care, Being-alongside the ready-to-hand is concern,
and Being with the Dasein-with of Others is solicitude. 57 Just as angst in the
face of death is rooted in Dasein’s state-of-mind through the experience of
the death of others, 58 angst as care and concern may signify response of sys-
tems in the face of a hetero-referential observation of exclusion, which, if it
ultimately dominates, would advance the ‘demise of world society’. Facing
the collapse of everyday familiarity and the disruption of normality, Dasein
either falls, or regains the freedom to effective self-determination, disclosed
through ‘radical angst’. 59
The dehumanization of individuals and the generalized corruption of sys-
tems’ codes are world societal ‘scandals’, which deeply irritate the state of
mind of world society and the operations of function systems. Irritations of
this magnitude, originating in the social environment, overwhelm the legal
system with the sense of injustice due to the structural violation of the human
person, which they imply. These social processes cannot be perceived as the
articulation of an additional and all-comprehensive idea of justice for world
society. Paradoxically, though no locus for global justice exists, there is a

52 Friedman 1993: 131–133.


53 Heidegger 1962 [1927]: 230.
54 Ibid, italics in the original. The translators use the term ‘anxiety’, but, ‘angst’ is pre-

ferable, as it has been well integrated in the English language.


55 Ibid., at 231, italics in the original.
56 Ibid., at 236.
57 Ibid., at 237.
58 Ibid., at 238 ff.
59 Rentsch 2003: 66.
190 Achilles Skordas

locus for global injustice, in form of the operation and potential domination
of the meta-code ‘inclusion/exclusion’.
Self-subversive justice as transcendence of law’s limits is angst as Sorge,
planning and caring, constantly re-orienting the operations of the system to
confront exclusion. Justice as madness 60 signifies the frantic search for a pro-
gramme that would ensure order and stability and would exclude exclusion:
a mission impossible, because the legal system cannot effectively control or
‘resolve’ a structural deficit relating to world society as a whole.
The further question is, whether the ‘angst of exclusion’ changes the co-
ordinates of international law.

IV. From peace to governance


The UN Charter distinguishes between two pairs of concepts, law/jus-
tice, and law/peace. The primary purpose of the United Nations is to main-
tain and restore international peace and security, and promote the settle-
ment of international disputes in accordance with international law and
justice. 61 Chapters V through VIII of the Charter deal with the powers of the
UN Security Council and the maintenance and restoration of peace and se-
curity; Chapters IV , IX and X with the powers of the General Assembly,
and of the Economic and Social Council, as well as with issues of inter-
national economic and societal cooperation; and Chapter XIV is about the
International Court of Justice and the implementation of international law. 62
Koskenniemi maintained that the Charter meant to establish a system of
separation of powers, in which the Security Council deals with ‘order’ and
the General Assembly with ‘justice’: ‘[t]he problem of justice is dealt with
by establishing a general competence for the Assembly to make it come
true’. 63 He also criticized the assumption of broad powers by the Security
Council, such as the sanctions against Libya, or the imposition of a liability
regime against Iraq, because, in his opinion, the broader issues relating
to peace ‘are of no concern for the police but must be decided in the
Temple’. 64
Leaving apart the question of whether the UN General Assembly is the
right institution to call a ‘Temple’, it is practically impossible to maintain
the distinction between ‘order’ and ‘justice’ in any form corresponding to a

60 Derrida 1990: 965.


61 See Preamble, and Arts. 1 and 2 UN Charter.
62 On the interpretation of the Charter’s individual provisions, see Simma 2002.
63 Koskenniemi 1995: 14.
64 Ibid., at 18.
Is there Justice in International Law? 191

clear separation of powers between organs. 65 Furthermore, any clear dis-


tinction between the three concepts of ‘law, peace and justice’ is also im-
possible for two reasons. First, because once the Council activates Chapter
VII of the Charter, it has to remain ‘seized of the matter’, until peace is re-
stored; however, ‘peace’ is not restored, until order has been established in
the territory. The restoration of ‘effective order’ does not amount to the res-
toration of peace, because the territorial order should fit smoothly into
world society’s law and global order: after all, UN members cannot be pre-
sumed to establish a territorial order against international law. Second, be-
cause ‘justice’ cannot be reduced into the ‘programme of action’ of an insti-
tution, as justice cannot be tangibly ‘reached’, but remains ‘postponed’, in
Koskenniemi’s own terms. 66
The semantics of the Charter are therefore more complex than seemingly
plausible distinctions. ‘Justice’ is distinguished from law, but is itself a treaty
concept – of the UN Charter – thus, it is itself a term in international law.
‘Peace’ has two different meanings in the Charter, ‘negative peace’ indicating
the absence of hostilities, and ‘positive peace’ indicating the multiple dimen-
sions of the international political, economic and human rights order. ‘Just
peace’ should then be interpreted as a combined key concept of the Charter,
which describes the re-entry of irritation from the world-societal environ-
ment into the space of international law, and activates the dynamics of self-
subversive justice. 67
If the maintenance and restoration of peace is the fundamental objective
of the Charter, which is, in its turn, a core constitutional instrument of the
world political system, 68 then the totality of international law needs to be
conceived not as an isolated body of principles, norms, and rules, but as a
body of law, which needs to be constantly reinterpreted in view of the main-
tenance of world peace and stability, and of the prevention of exclusion.
‘Just peace’ enables the interpretation and evolution of international law in
‘world risk society’, 69 and indicates the overall orientation of international
law towards the maintenance and stability of a world societal order, with the
problem of exclusion at its core. ‘Threat to the peace’ itself indicates that the
social and normative order in a territory is collapsing, and that the local

65 Advisory Opinion, Legal Consequences of the Construction of a Wall In the Occupied

Palestinian Territories, ICJ Reports 2004, p. 136, at para. 27. Furthermore, the Court
merely noticed that the Council has often ‘tended to focus’ on questions of peace and se-
curity, and the General Assembly on broader humanitarian, economic and social aspects,
but did not further give any restrictive interpretation with regard to the powers of the
Council, ibid.
66 Koskenniemi 2006: 78.
67 Skordas 2007a.
68 See, for instance, Fassbender 1998.
69 Beck 2007.
192 Achilles Skordas

authority is a potential source of instability, which concerns the international


community as a whole. By the determination of a threat to the peace, the
United Nations system acknowledges that a state or territory is ‘falling
apart’, falling towards the space of exclusion.
One would expect Chapter VII situations to be rather exceptional ‘emerg-
encies’ with peripheral significance for the interpretation and application of
international law. The international community would intervene in major
crises, and the member states would be authorized to use force for the res-
toration of peace, if necessary. The question of peace would therefore ap-
pear as a limited emergency without further implications. After all, one can-
not define the rule (the operation of the international legal system) on the
basis of the exception (threat to the peace). Luhmann, who defined the
problem of exclusion in a broad manner, identified limited remedies pro-
vided for by states, namely social assistance at the domestic level, and de-
velopment assistance on the international plane. However, he acknowl-
edged that it was not merely about relief for the poor (‘Armenpflege’), but
about efforts for structural change. 70
International practice has shown that maintenance and restoration of
peace, and the fight against exclusion, are complex socio-political pro-
cesses, which cannot be performed by ‘command’. These processes are nar-
rowly linked to the re-orientation of the domestic order of the state con-
cerned, and to the integration of the territory into the world economy, and
into global legal structures. Interventions for the restoration of peace engage
often – though not necessarily – in nation-building activities and recon-
struction, as well as in promoting the establishment of the rule of law in the
territory in question. Thus, instead of being an issue of effective order,
maintenance and restoration of peace is an issue of ‘just peace’. Moreover,
the Charter’s objective is not only to restore peace, but to prevent threats
and instances of major destabilization of the international system. 71 It is ap-
parent that the question of prevention, maintenance and restoration of
peace cannot be conceived as an ‘emergency’, but should be reframed as the
question of governance – good governance and ‘smart’ governance as ‘or-
ganization of disorder’ 72 and as ‘just peace’.
Governance pervades the domain of international law. To tackle the
structural shortcomings of world order, international law subverts itself and
transcends its boundaries in order to draw upon the strengths of the ‘social
capital’, creativity and spontaneity of world society and its actors. 73 In the
world economic system, Luhmann made the case that the real distinction is

70 Luhmann 1997a: 633–634.


71 Arts. 1 and 2 of the UN Charter. See also the overall teleology of the preamble.
72 Willke 2007: 203.
73 Ladeur 2000; Ladeur 2006.
Is there Justice in International Law? 193

not between market and plan, but between market economy and subsis-
tence economy. 74 To prevent exclusion, the world market economy should
be adequately regulated, and mechanisms for the management of ‘systemic
risk’ should be developed – but law, obviously, cannot reach any final point
of evolution that would satisfy the quest for justice. Terms such as global ad-
ministrative law, 75 transnational law, 76 or global law, 77 illustrate in various
ways the transformation of public international law into law of global gov-
ernance. Evidently, international law has not disappeared, and has not be-
come obsolete, but its geology, to use Weiler’s metaphor, 78 has changed.
New layers superceding the old ones have irreversibly changed the structure
of international legal relations. Public international law is being progress-
ively displaced at the periphery of global governance regimes.

V. Justice and the possibility of world order


For Luhmann, the existence of order is an improbable evolutionary
achievement. 79 As the spectre of the meta-code ‘inclusion/exclusion’
threatens the health of systems, the stability of world order is becoming
increasingly questionable. Angst subverts the routines of classical inter-
national law, which transcends its own boundaries in search of just peace.
International cooperation has given birth to the regional and international
law of integration. International law redefines its core function, of safe-
guarding interstate negative peace, at the more complex level of securing the
legal/structural conditions for intra-state and interstate stability. In Helmut
Willke’s terms, states should provide ‘repair service’ to society and manage
the ‘negative externalities’ of systems operations. 80 International and trans-
national cooperation should lay down sound principles for corporate gov-
ernance, and facilitate ‘governance through contract’. 81 State-building is
world-society building.
The principle of self-determination assumes new dimensions and is be-
coming the foundational principle of global governance. Self-determination
is not merely the right of peoples to statehood, but it signifies the allocation
and organization of territorial authority, as it is shaped and decided within
the process of recognition of new independent states and seceding terri-

74 Luhmann 1996: 96–98.


75 Kingsbury/Krisch/Stewart/Wiener (Special Editors) 2005.
76 Jessup 1956.
77 Teubner 1997.
78 Weiler 2004.
79 Luhmann 1997a: 413 ff., in particular 413–414, 416–417, 426.
80 Willke 2007: 90.
81 Zumbansen 2007.
194 Achilles Skordas

tories. Recognition makes sense only if the seceding entity would offer
better structural guarantees for good governance and just peace in compari-
son to the status quo ante. The fragmentation of international law has led
to the emergence of strong transnational integration regimes, such as
the European Union and the World Trade Organisation, which stabilize
their operation and order-building capacity through elements of self-deter-
mination. 82
Human rights, economic freedoms, and negative rights and freedoms
constitute guarantees for the operation of function systems and for the sta-
bility of world society’s ‘civil constitutions’. 83 Such rights and freedoms cre-
ate the legal infrastructure for the co-existence of plural discourses in world
society and for the maintenance of systemic stability. ‘Business for the
poor’ 84 and microcredit 85 are recent examples of global governance strat-
egies which aspire to materialize these rights and freedoms, reorient the op-
eration of the world economic system, and enable more segments of the
world population to escape exclusion and negative integration.
Law cannot really plan and steer world societal processes, but can provi-
sionally correct and redefine reflexion structures in other social subsys-
tems. 86 Nonetheless, world society generates its own exclusionary mechan-
isms, and the magnitude of societal complexity cannot be fully grasped or
managed by law. Enjoyment of economic rights and respect for property
rights is conditioned on the operation of the rule of law in the territory in
question, and this depends on its domestic political system. Though devel-
opment is taking hold, bringing people out of poverty in emerging econ-
omies, microcredit benefits mostly middle class families rather than those
who are most in need in the poorest areas of the world. 87 In its agonizing
struggle against exclusion, international law realizes the chances, risks, and
limits of its own path dependency. 88
Is there justice in international law? The answer depends on whether the
professionals of international legal relations are able to facilitate change, by
keeping, at the same time, a safe distance from ‘noise’; being-in-the-world
signifies, after all, the capacity to reflect on the world by withdrawing from
it. As global injustice and the angst of exclusion will upset world society for

82 Skordas 2007b.
83 Teubner 2003; Teubner 2006; Verschraegen, 2002; Ladeur 2000; Ladeur 2006.
84 ‘Making the Law Work for Everyone’, Report of the Commission on Legal Empower-

ment of the Poor (M. Albright/H. de Soto Co-Chairs), Vols. I and II , New York, 2008, in:
http://www.undp.org/legalempowerment/report/index.html (last accessed 01.11.08). For
property rights and business rights in particular, see Vol. I (Chapter 4), and Vol. II
(Chapters 2 and 4).
85 UN Doc. A/ RES /61/214, 12 March 2007.
86 Teubner 1983.
87 ‘Doing good by doing very nicely indeed’, The Economist, June 28, 2008, at 22.
88 Roe 1996.
Is there Justice in International Law? 195

the foreseeable future, the perpetual return of the question of juridical jus-
tice will haunt international law for as long as sovereignty is still a notion –
but ‘there exists in the midst of time the possibility of an island’. 89

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II. Jurisprudenz und Gesellschaft
200
Public-Private Contractual Networks
and Third Parties’ Rights

The Contracting State as a Challenge for Private Law

Andreas Abegg*

Introduction
In public-private partnership, the question of a third party’s rights always
was and still remains very controversial.1 On the one hand, public law has
elaborated extensively on third parties’ rights over the years. Solutions
range from the two-step approach (Zweistufentheorie) 2 to the extensive use

1 * This research has been presented at the Second Max Planck PostDoc- Conference

on European Private Law. I would like to thank Professor Pascal Pichonnaz (Fribourg,
Switzerland) for supporting my application to the conference. Furthermore, I would like
to thank all participants of the conference and my friends, Daniel Dédeyanand Bruno
Vieira, for their valuable thoughts on the issue. This research builds on many thoughts
originating from reading Gunther Teubner’s work, from listening to his presentations, or
from participating in his fascinating seminars. Therefore, my most sincere thanks go to
the celebratee.
1 For the first time, the question predominantly appeared at the end of the 19 th and the

beginning of the 20 th Century in French Law. See among others É. Lambert Du contrat en
faveur de tiers: son fonctionnement, ses applications actuelles, Paris 1893, 322; for the la-
test development in France, see Conseil d’Etat 10 décembre 2003 (req. 248950) – Institut de
recherche pour le développement. German and Swiss law initially limited the question of
third parties’ rights to public-private contracts to a question of separating contract from
decision. Valid third parties’ rights would lead to the compulsory use of the administrative
decision: see F. Fleiner Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, Tübingen 1913,
203–204; O. Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig 1895/96, 318 onwards.
2 This approach legitimizes the use of private contract law forms by preceding the

contract with a procedure under administrative law. Ipsen’s two-step theory (Zweistufen-
theorie) was of great importance for further development of the German Law: H. P. Ipsen
Öffentliche Subventionierung Privater, Berlin 1956, 86–87. For a similar approach in France
that preceded the two-step theory, see the following leading cases of Conseil d’Etat: 21 dé-
cembre 1906 – Syndicat Croix de Seguey-Tivoli, recueil 968; 5 novembre 1937 – Union
hydro-électrique de l’Ouest, recueil 1938. For Switzerland, see more recently P. Moor Droit
administratif; Volume II : Les actes administratifs et leur contrôle, Bern 2002, 354–354 and
376 onwards.
202 Andreas Abegg

of constitutional rights 3 to the requirement of a compulsory written con-


sent. 4 On the other hand, under private contract law, third parties are al-
most completely barred from having any legal influence on the contract as a
matter of principle. 5
Today, as we see more and more public-private partnerships under pri-
vate law, 6 any politically imprinted influence of the administration within a
private law contract causes great confusion, in particular regarding third
parties’ rights. While some insist on the purity of traditional private law
doctrine, 7 others insist on the use of public law arguments on the grounds
that the state (even if party to a contract) does guarantee basic rights includ-
ing freedom of contract to private parties, but does not profit from these
basic rights itself. 8
In this context, I will examine three leading cases of the Swiss Federal
Court in order to reveal that the Court does not follow any of the traditional
approaches or any of the approaches proposed so far. In fact, the Court prag-

3 Promoting the extension of public law principles to private law contracts, see F. v.

Zezschwitz Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, in:


Neue Juristische Wochenschrift ( NJW ) 36 (1983), 1873–1880, 1879; similarly for Switzer-
land, see R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Ju-
ristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Straf-
recht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen Juristentag,
295–322, 1985, 320 onwards.
4 For Germany, see § 58 of the Code on procedural administrative law; for more details,

see W. Braun Der öffentlich-rechtliche Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungs-


akt und verwaltungsprivatrechtlichem Rechtsgeschäft, in: Juristen Zeitung ( JZ ) 79 (1983),
841–848, 846; F. Reimer Mehrseitige Verwaltungsverträge, in: Verw.Archiv 94 (2003),
543–573, 569.
5 On privity of contract and its relationship to broader social structures, see G. Teubner

After Privatisation? The Many Autonomies of Private Law, in: Current Legal Problems 51
(1998), 393–424.
6 A. Abegg From the Social Contract to a Social Contract Law – Forms and Function of

Administrative Contracts in a Fragmented Society, in: Ancilla Iuris (anci.ch) 3 (2008),


1–30.
7 See, for example, E. Bucher Nicht “Kontrahierungspflicht” – Schon eher Schutz vor

Boykott: Kommentar zu Swiss Federal Court Decision 129 III 35 et seqq. (7. Mai 2002;
4C.297/2001), in: recht 21 (2003), 101–115.
8 See, for example, the fierce reaction of public law scholars to the decision of the Swiss

Federal Court 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische


Nationalbank: G. Müller Zur Rechtsnatur der Vereinbarung über die Sorgfaltspflichten der
Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheim-
nisses, in: SJZ 80 (1984), 349–351; R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und pri-
vatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht –
Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum
Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985; R. Rhinow Verwaltungsrechtlicher oder pri-
vatrechtlicher Vertrag: Fiskalwirkung der Grundrechte, in: recht (1985), 57–64; P. Richli
Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung des BGer 1983: Bankengesetz, in: Zeitschrift
des Bernischen Juristenvereins ( ZBJV ) 121 (1985), 428–430.
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 203

matically realigns private law, simultaneously considering the political di-


mensions of the cases on the one hand, and the nature and function of pri-
vate law on the other.
In order to integrate the review of the aforementioned cases into the wider
context of the continental system of law, the article proceeds as follows:
– Part I presents the three leading cases of the Swiss Federal Court about pub-
lic-private networks and evaluates their common grounds.
– Part II examines advantages and disadvantages of traditional grand concepts
that deal with the question of public influence to a contract in general and
with third parties’ rights to such a contract under public influence in par-
ticular.
– Part III analyzes in detail the solution of the Swiss Federal Court in the
above mentioned leading cases and reveals the Court’s strategy to deal
with public influence in private law.
– Finally, part IV comments on the Court’s doctrinal shortcomings and
suggests ways to translate the Court’s solution into a more stable private
law doctrine.

I. Confusing Cases
The three leading cases of the Swiss Federal Court about public-private
contracts under private law and third parties’ rights could not be more dif-
ferent from each other.
The first case, P. gegen Stadtrat Luzern, relates to the beautiful Canton of
Lucerne and the majority of its inhabitants. The City of Lucerne transferred
the management of paid advertising in and on buses to a private company.
The parties signed a so-called “concession contract”. Within this contract,
the City of Lucerne retained a “right to veto”. Under this concession
contract, an association engaged in animal protection proposed an adver-
tisement to the private advertising company. The advertisement would
cover the entire outside surface of a bus and its slogan would read: “More
pigs than men live in the Canton of Lucerne – why do we not ever see
them?” The City of Lucerne declared its veto by letter against this offer to
the private advertising company and the private association. The private as-
sociation challenged this letter as an administrative decision. 9
The second case, Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische
Nationalbank relates to Switzerland as a safe haven: At the end of the 1970s,
during the so-called Chiasso Scandal, more than two billion Swiss Francs,
allegedly in connection with illicit Italian earnings and tax evasion, were

9 Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern.


204 Andreas Abegg

brought into Switzerland and Liechtenstein, with the help of a major Swiss
bank. At the height of this scandal, under strong international criticism, the
Swiss Government called the Swiss National Bank to action. No statutory
basis existed for such a task given to the Swiss National Bank, an independent
actor under public law, mainly concerned with the monetary stability of the
Swiss Franc. Under the lead of the Swiss National Bank, the Swiss National
Bank itself with the overwhelming majority of the Swiss banks concluded
identical, bilateral contracts regarding the exercise of due diligence with re-
gard to deposits (CDB). As far as the competition amongst different trustee
organizations was concerned, the new version of the contract in 1982 dis-
criminated against the Association of Trustees. The Association of Trustees
had to disclose the identity of third parties on whose account assets had been
invested. The Association challenged this discrimination, which had been
confirmed in a letter from the Swiss National Bank, as an administrative deci-
sion in an administrative-court complaint to the Federal Court.10
The third case, reisen.ch AG gegen Switch, is related to the internet and its
domain-name system: In Switzerland, the domain-name regulator, Switch,
is in charge of administering domain names with the ending .ch on the basis
of an administrative contract.11 When the race to get new domain names
with ‘Umlaute’ [mutated vowels] was about to be opened, the company re-
isen.ch asked Switch to grant a particular domain name to them. Switch ob-
jected to such a special treatment and made reference to the worldwide es-
tablished rules of domain-name attribution. Reisen.ch challenged this reply
as an administrative decision in an administrative-court complaint to the
Federal Court.12
At first glance, the common ground of the cases is obvious: A private party,
affected by a bilateral agreement between another private party and the ad-
ministration, seeks a remedy on the grounds of administrative law. But a
second more thorough look at the cases reveals more common ground
seemingly contradicting the first impression:
– In all cases, the parties to the underlying public-private partnership refer
to private law and the Court did indeed apply private law. The private
parties to such contracts seem to be rather reluctant to subordinate them-
selves to an administrative law that makes society ‘available to the admin-
istration in the interest of policy realization’.13 In this respect, it is import-

10 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c.

Schweizerische Nationalbank.
11 Based on Art 28 of the Swiss Telecomunications Act (http://www.admin.ch/ch/d/sr/

c784_10.html).
12 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch.
13 Explicitly, A. Mächler Vertrag und Verwaltungsrechtspflege: ausgewählte Fragen zum

vertraglichen Handeln der Verwaltung und zum Einsatz des Vertrages in der Verwaltungs-
rechtspflege, Zürich 2005, 618.
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 205

ant to note that these leading cases of the Swiss Federal Court, ranging
from 1983 to 2007, are just the tip of the iceberg. In the recent past, many
more cases involving cooperation between the administration and private
parties have emerged.14
– Furthermore, at the core of all three cases we find spontaneous orderings
created by contractual networks between public and private actors.
Within the underlying contractual relationship, a distinct set of rules
emerged that went way beyond any existing statute. In the case of the
Swiss association of trustees and in the domain-name case, these auton-
omous structures even declared themselves as “self-regulators”. They in-
deed contained their own adjudication process and a rule of recognition.
– Finally, in the above-mentioned cases, there is a notable element of politi-
cal influence 15 overriding market-driven behavior to a certain extent: In
P. gegen Stadtrat Luzern, the city council vetoes in order to prevent a con-
troversial political association from attracting public attention by using
the city’s public buses, rather than to prevent a drop in revenues should
the aggressive advertisement be allowed. Furthermore, in Schweizerischer
Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank, the Swiss National
Bank does clearly lead the setup of the network based on its interest in
framing a stable economy and its relationship to the federal council.
Finally, in reisen.ch AG gegen Switch, the underlying agreement between
the domain-name agency and the state administration rests on the tele-
com monopoly of the state and is thus to be labeled as a concession on
the basis of administrative law, which is not handed to private parties
under free market rules, but follows the ratio given by the legislature.
Against this background, the main problem is obvious: Third parties are ex-
cluded or discriminated against based on principles of the public-private
network. The principles, on its part, are mainly influenced by the public
actor within the network. Thus, the third parties understandably seek a
remedy based on administrative law. However, the reference to private law
and the application of private law in the mentioned cases cause some con-
fusion. In view of the dimensions of the cases, can both the rights of the
third parties and the interests of the state be adequately represented by pri-
vate contract law? 16

14 See, with reference to a variety of examples, A. Abegg From the Social Contract to a

Social Contract Law – Forms and Function of Administrative Contracts in a Fragmented


Society, in: Ancilla Iuris (anci.ch) 3 (2008), 1–30.
15 Political in the sense of systems theory, as communication following a code differen-

tiating in powerful-powerless: N. Luhmann Die Politik der Gesellschaft, Frankfurt a.M.


2002, 88 onwards.
16 See, accordingly, the public law scholars cited in Fn. 8.
206 Andreas Abegg

II. Variations within the Continental Law Tradition

Traditional Approaches
Given the persistent confusion, what would be the range of possible sol-
utions and the corresponding advantages and disadvantages of these sol-
utions? If we look at the historical path dependencies in the continental civil
law tradition, we firstly have to deal with the two traditional solutions: ad-
ministrative law and traditional private law.
On the one hand, administrative law traditionally takes the viewpoint of
the administration and the state. As a product of the welfare state, it is con-
cerned about making law available to the state administration in order to
unite and shape society.17 In return, administrative law covers and legitimizes
this one-sidedness with rule-of-law guarantees and the democratic reserva-
tion of statutory-powers principle.18 From the perspective of legally struc-
tured absolute power, a framework set up by private parties with or without
the cooperation of the administration is – as soon as it touches state interests –
more a problem of the delegation of state power than one of legitimate regu-
lation set up by public-private cooperation.19 Consequently, under the dele-
gation doctrine, any third party would be able to challenge any communi-
cation of the network that has an impact on that party. 20 The test in this
respect is whether a statutory basis covers the actor following public inter-
ests, keeping public actors within the hierarchical system of the state. 21 How-

17 Otto Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig, 1895/96, I , 3–4; Fritz Fleiner Entste-

hung und Wandlung moderner Staatstheorien in der Schweiz; akademische Antrittsrede,


Zürich 1916, 4. In this regard, see the detailed study of Roger Müller Verwaltungsrecht als
Wissenschaft. Fritz Fleiner 1867–1937, Frankfurt am Main, 2006. For criticism in this regard,
see Hans Kelsen Zur Lehre vom öffentlichen Rechtsgeschäft, Archiv des öffentlichen
Rechts 31 (1913), 53–98 and 190–249. For France, with focus on the role of the Conseil
d’Etat: A. Mestre Le Conseil d’Etat, protecteur des prérogatives de l’administration (études
sur le recours pour excès de pouvoir), Paris 1974; F. Burdeau Histoire du droit administratif
(de la Révolution au début des années 1970), Paris 1995, 30 onwards. Similarly, already
A. d. Tocqueville L’ Ancien Régime et la Révolution, Paris 1856, 128.
18 However, in the traditional concept of the administrative law, the administration is not

supposed to subordinate itself to a constitutional state (“Rechtsstaat”), but merely “ap-


proach” it: Otto Mayer Deutsches Verwaltungsrecht, Leipzig, 1895/96, 66. See also Walter
Jellinek Verwaltungsrecht, Berlin, 1931, 96. For the more recent theory see M. Bullinger Ver-
waltungsermessen im modernen Staat: Landesbericht Bundesrepublik Deutschland, in:
M. Bullinger (ed.), Verwaltungsermessen im modernen Staat, Baden-Baden 1986, 79–111.
19 In this perspective see K. A. Bamberger Regulation as Delegation: Private Firms, De-

cisionmaking, and Accountability in the Administrative State, in: Duke Law Journal 56
(2006), 477–468.
20 See, for example, Art 48 of the Federal Act on Administrative Procedure

(http://www.admin.ch/ch/d/sr/172_021/a48.html).
21 In this respect, the French doctrines of “excès de pouvoir” and “détournement de

pouvoir” were groundbreaking: Conseil d’Etat 21 décembre 1906 – Syndicat Croix de Se-
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 207

ever, the main characteristic of our cases is not the administration leading
the buildup of the specific frame of regulation. In fact, the administration
rather needs to rely on resources that are available to private parties only –
especially know-how and participation in the market or in a self-regulated
regime in general. To apply the rules of delegation would have invalidated all
mentioned forms of spontaneous regulation in the aforementioned cases;
the networks on which the administration had to rely for different specific
reasons would have been invalidated due to the lack of a statutory basis.
On the other hand, a pure application of traditional private law would also
be problematic: The basic principle of contract law, privity of contract, does
lead to the exclusion of third parties’ interests. Such exclusion is legitimized
on the grounds of self-ordering of society, mainly the free market, where bi-
lateral agreements are led by the price mechanism of the invisible hand,
which is including actual or potential third-party offers. 22 However, as al-
ready mentioned, there is a strong element of political influence in the
above-mentioned cases, overriding market-driven behavior to a certain ex-
tent. This is why paleo-liberal private law is not able to come to terms with
the dimensions of the cases. 23

Interventionist Concepts
So far, we may conclude that a neutral private law is needed, but one that
is able to deal with the wide dimensions of the cases, involving public actors
who decide on political grounds rather than following a free-market
rationale. Thus, we ask for nothing less than for a re-entry of public law into
private law, which itself occurs by a process of differentiation with regards
to public law. Actually, this re-entry has been a major achievement of the in-
terventionist welfare state. Two concepts may be distinguished with respect
to including political dimensions in private contract law: mandatory rules of
private law and administrative private law.
Since the end of the 19 th century, as a mode of the continental welfare
state, the legislature translates political programs into the form of manda-
tory norms that penetrate private law without removing the basic character
of private law. 24 In the form of public law norms, mandatory norms either

guey-Tivoli, recueil 968; on this see also L. Duguit Les particuliers et les services publics, in:
Revue du Droit public 14 (1907), 411–439, 436 onwards.; G. Jèze Das Verwaltungsrecht der
Französischen Republik, Tübingen 1913, 388 onwards and 417–418.
22 N. Luhmann Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 1993, 448 onwards.
23 For a recent version of paleo-liberal private law, see W. Zöllner Regelungsspielräume

im Schuldvertragsrecht, in: Archiv für die civilistische Praxis 196 (1996), 1–36. Admittedly,
the term ‘paleo-liberal’ refers more to a certain model of private law doctrine than to a con-
crete private law scholar or a private law school.
24 A. Abegg Die zwingenden Inhaltsnormen des Schuldvertragsrechts – ein Beitrag zu

Geschichte und Funktion der Vertragsfreiheit (Diss.), Zürich 2004, 61 onwards.


208 Andreas Abegg

prohibit certain behavior. Or, as mandatory norms of private contract law,


they include certain conditions into private law. In both cases, the parties
are free to use the forms provided for by private contract law. But if they do,
they instantly have to include the concrete expectations and conditions of
the legislature into their dealings. 25
However, this approach to introducing public concerns into private law
does not provide sufficient guidance for the contractual networks between pub-
lic and private actors – for several reasons: Already in the experience of the
welfare state, the inadequacy and the ineffectiveness of compulsory norms
in private law has repeatedly been uncovered. The bottom line of this ex-
perience of the welfare state is that within the dynamic free-market regime
the legislature is often too slow to react to the constantly changing forms of
the free market and its change maneuvers. 26 This finding applies even more
to public-private networks which often arise and change rapidly, following
not only the pace of the free-market evolution, but also the constant revol-
utions of the political sphere. 27 The administration actually resorts to this
cooperation precisely because the traditional and more stable top-down
regulation is not adequate to the actual circumstances and public interests at
hand. This is particularly obvious in the abovementioned case of Schweizer-
ischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank. 28
Following from the two-steps theory developed after the Second World
War in order to legitimize the administration’s use of private contract law
forms by preceding the contract with a procedure under administrative
law, 29 the more recent attempts by administrative scholars to capture the
mentioned cases of new kinds of cooperation between the state and private
parties are labeled as administrative private law (Verwaltungsprivatrecht).
The core idea of administrative private law is basically to make the admin-
istration fully respect constitutional rights, even if the administration en-
gages in the private sphere. 30 In consequence, third parties would be able to
25 G. Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt a. M. 1989, 102.
26 It is Polanyi’s great achievement to have clearly separated the two driving and, at the
same time, converging forces of the modern welfare state: K. Polanyi The Great Trans-
formation, Beacon Hill 1944/1995; see also G. Teubner After Legal Instrumentalism? Stra-
tegic Models of Post-Regulatory Law ( EUI Working Paper 100/84), in: International Jour-
nal of Sociology of Law 12 (1984), 375–400.
27 For a detailed analysis of the driving forces of politics and the economy within such

networks, see A. Abegg Regulation of Hybrid Networks at the Intersection between Gov-
ernmental Administration and Economic Self-Organisation, in: JSP /Center for the Study
of Law and Society Faculty Working Papers (University of California Berkeley, ed.),
http://repositories.cdlib.org/csls/fwp/39, last update 8. 6. 06, last access 27. 9. 08.
28 See above Part I .
29 See above, Fn. 2.
30 For an outline of the doctrine of private administrative law, see F. v. Zezschwitz

Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, in: Neue Ju-


ristische Wochenschrift ( NJW ) 36 (1983), 1873–1880; W. Braun Der öffentlich-rechtliche
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 209

challenge a bilateral private-law contract on the grounds that it violates


their constitutional rights. However, to apply this administrative private
law to our cases would provoke serious disadvantages. It might cause in-
certitude and hamper the ad hoc setup of any public-private-partnership. In
particular, it would be difficult to identify qualified third parties at the very
moment of the contract negotiations. Indeed, the German experience with
§ 58 of the administrative procedure code requiring the written consent of
third parties affected by public-private contracts, proves this point. 31 Fur-
thermore, in the case the state handed public services out to a private per-
son by contract, we encounter the well-known and unavoidable problems
when balancing the constitutional rights of two different private parties. In
all of the mentioned cases, the constitutional rights of the third party would
conflict with the constitutional rights of the contracting private party.

III. The Solution of the Swiss Federal Court


In Section II , it has been shown that all available traditional variations
have serious shortcomings in providing adequate solutions for the above-
mentioned cases. Interestingly, the Federal Court did not make its argu-
ments in the cases with reference to these well-known concepts. Instead,
the Court followed its so-called ‘conservative pragmatism’. 32 However, the
tension created by this ‘conservative pragmatism’ is apparent in the three
leading cases on the issue of third parties’ rights to public-private contracts
under private law. We will come back to that issue.
But what exactly did the Court do? The Court applied private law, but
nevertheless introduced public law arguments in its reasoning. I would like to
further clarify these two points:
Firstly, in all three cases, the Swiss Federal Court chose private law over
public law mainly due to the fact that the administration was depending on
the dynamic self-regulation of the private sphere and that the administration
was accordingly in no place to unilaterally impose state interests onto the
private parties:

Vertrag im Spannungsfeld zwischen Verwaltungsakt und verwaltungsprivatrechtlichem


Rechtsgeschäft, in: Juristen Zeitung ( JZ ) 79 (1983), 841–848; R. Rhinow Verfügung, Ver-
waltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel
(ed.), Privatrecht – Öffentliches Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen;
Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, 295–322, 1985.
31 Among many others, see H. Maurer Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Mög-

lichkeiten, in: Deutsches Verwaltungsblatt (1989), 798–807, 803.


32 Indeed, the Swiss Federal Court is known for its pragmatic approach to new prob-

lems. At the same time, however, the Court is usually reluctant to advance new doctrinal
innovations. For a sharp critique on the Court’s approach, see T. Fleiner-Gerster Grund-
züge des allgemeinen und schweizerischen Verwaltungsrechts, Zürich 1980, 41.
210 Andreas Abegg

– In Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank,


any traditional state-led regulation would have been too slow in light of
the scandal. Furthermore, due to a lack of expertise within the adminis-
tration and the legislature at that time, a traditional legislation might have
done more harm than good to the banking industry, which is pivotal for
core political issues such as employment and state revenues. 33 Finally, it
must be stressed that the Swiss National Bank did not have any statutory
basis to legitimize any action under public law. 34
– In the advertisement case of P. gegen Stadtrat Luzern, the administration
relied on the free market to make the most of its public assets. 35
– Finally, in the internet-domain-name case of reisen.ch AG gegen Switch,
the Court acknowledged the long-standing and successful tradition of
self-regulation in that area. 36
Secondly, the Federal Court could not and did not ignore the political di-
mension of the cases. It is now crucial to note how the Court did make ref-
erence to the political dimension:
– In P. gegen Stadtrat Luzern, the Court first noted that, in principle, the
more private parties have a choice in the relevant free market, the less the
administration has to respect the constitutional rights of private parties. 37
It then went on to state that the current setting under free market rules,
combined with a right to veto by the City of Lucerne, was a reasonable
way to manage public assets. 38 Furthermore, according to the Court, the
veto of the administration, engaging in the advertising market did not in
any way violate any constitutional rights. In fact, the Court argued, the
administration was referring to the underlying values of the political actor
and the according need for the neutral and non-offending appearance of
city buses; because the ad would not suit the neutral appearance of the
city buses and the city in general, they explained, the veto was, therefore,
reasonable in its content. 39 In fact, under the market rationale, the parties
to the contract were already under strict scrutiny: Were they to deviate

33 For a more detailed analysis of this case, see A. Abegg Regulierung hybrider Netz-

werke im Schnittpunkt von Wirtschaft und Politik, in: Kritische Vierteljahresschrift für Ge-
setzgebung und Rechtswissenschaft (KritV) (2006), 266–290.
34 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c.

Schweizerische Nationalbank, 154, para.3b.


35 Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern, 88 onwards,

para. 4b–c.
36 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch, 167–168,

para 2.4.
37 Swiss Federal Court Decision 127 I 84 2001 – P. gegen Stadtrat Luzern, 89 onwards,

para. 4c.
38 Ibid., 91, para. 4d.
39 Ibid., 91 onwards, para. 4d.
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 211

too much from the market rationale, they would lose the desired profits
of the market. To sum up, considering the interests of the administration
as a political representative and the declared aim to be having city buses
that are both neutral and non-offending in their appearance, it was rea-
sonable to veto the proposed use and offer an – albeit inferior – alter-
native within the buses. On the other hand, to subject the case to public
law would have endangered the benefits of the public-private cooperation
under free-market rules.
– In Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank,
the Federal Court stressed the adequacy of a spontaneous self-regulation
with the participation of the Swiss National Bank, under the circum-
stances. 40 The Court also mentioned the reasons given by the Swiss
National Bank to justify the discrimination in light of the aims of the net-
work. 41
– In reisen.ch AG gegen Switch, the Court first analyzed the underlying
common values of the project, i.e., the efficient self-regulation according
to traditional and international standards. Then it argued that it was rea-
sonable to strive for this aim with the chosen combination of a very gen-
eral statutory basis and the reference to the traditional self-regulation in
telecommunications and the internet. Consequently, it was also reason-
able to deny claimants special treatment and to follow instead the usual
first-come-first-serve principle, supplemented by a subsequent private
dispute-resolution mechanism. 42
To sum up, the Court did not stop at the point where it could have stopped,
viz., at the finding that private law applies. 43 Instead, the Court in fact fol-
lowed its social function, viz., to solve the case at hand in such a way that it
stabilizes (proto-) normative structures and allows the co-evolution of con-
flicting social regimes to proceed. 44 Consequently, the Court argued that the
current self-regulation followed a reasonable and common set of values and
that the measures taken were necessary in light of the values of the self-regu-

40 Swiss Federal Court Decision 109 Ib 146 1983 – Schweizerischer Treuhänder-Verband c.

Schweizerische Nationalbank, para 2 and 3.


41 The Court also asserted the application of constitutional rights to the acts of the Swiss

National Bank. However, this was not for the Private Law Court to investigate, but for the
supervisory institution: ibid., para. 4.
42 Swiss Federal Court Decision 131 II 162 2005 – reisen.ch AG gegen Switch, para. 2.3.
43 Similarly, in Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen

Tierfabriken. Indeed, under traditional Swiss private law doctrine, the Court does not
apply constitutional rights directly to private law contracts, even if the state administration
is a direct party to the contract: see, among others, P. Gauch/W. R. Schluep/J. Schmid
Schweizerisches Obligationenrecht; Allgemeiner Teil; vol. I , Zürich 2003, N 679.
44 In detail, Gunther Teubner Alienating Justice: On the surplus value of the twelfth

camel, David Nelken and Jirí Pribán (eds.), Law’s New Boundaries: Consequences of
Legal Autopoiesis, Ashgate, Aldershot 2001, 21–44.
212 Andreas Abegg

lation. Thus, the Court followed in its reasoning a very traditional test of
whether a spontaneous ordering is legitimate and whether its endangerment by
hierarchical state law would be worth it. It is interesting to note the similar-
ities of this reasoning to other legal concepts. A similar kind of test can be
found in the Court’s review of the exercise of administrative discretion, ex-
cept for the link to a statutory basis that is demanded in administrative
law. 45 But it can also be found in Robert Cover’s analysis of 1983 of how in
general – also in the absence of the state – any nomos builds up and forms its
structures. 46 Finally, it also follows some core elements of Habermas’ idea
of deliberation. 47
Furthermore, it is also interesting to take note of the test’s proximity to
what has been described by Gunther Teubner as reflexive law. Indeed, the
test aims to persuade public-private networks to impose some kind of self-
restraint on themselves by taking into account third-parties’ views and
holding them against the legitimacy of their own self-regulation. 48

IV. Translating the Court’s Reasoning


into Private Law Doctrine
For private law scholars of the civil law tradition, the Court’s reasoning
may be confusing – first, because it seems to reach well beyond traditional
private law, and, secondly, because, in doing so, it does not make reference to
any private law doctrine or norm, thus impeding further references to the
solutions developed in the cases.
There are some obvious explanations for the Court’s rather confusing ap-
proach: According to traditional private law, no further justification is
needed to exclude third parties from the benefits of a bilateral contract. 49
Furthermore, we have to recognize that the Court was on terra incognita,
i.e., no obvious existing variations of specific private law norms seemed to
be of much guidance. Finally, in this context, the Court might have been
overburdened by the consequences of its courageous decision to apply pri-

45 See, among others, R. Rhinow Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher

Vertrag, in: Juristische Fakultät der Universität Basel (ed.), Privatrecht – Öffentliches
Recht – Strafrecht: Grenzen und Grenzüberschreitungen; Festgabe zum Schweizerischen
Juristentag, 295–322, 1985, 320 onwards.
46 R. M. Cover Nomos and Narrative, in: Harvard Law Review 97 (1983), 4–67. A

Nomos may be defined as a socially constructed ordering of rules and forms which are built
up and followed day to day.
47 J. Habermas Faktizität und Geltung: Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des

demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt a. M. 1992, 187 onwards.


48 G. Teubner Substantive and Reflexive Elements in Modern Law, in: Law & Society

Review 17 (1983), 239–285.


49 See Fn. 5.
Public-Private Contractual Networks and Third Parties’ Rights 213

vate law to a process of spontaneous public-private ordering – to have to


deal with a public law re-entry into private law and fit it into the private law
doctrinal system.
However, when looking more closely, we do find two specific doctrines
within private law that deal with such a re-entry of public law into private
law. Both remarkably impose a burden of justification (just – i –fication, as
Wiethölter would call it) 50 on the excluding party.
Under the so-called Boycott Doctrine, it is a violation of personal rights to
exclude a private person from a trade association without good reason. 51
Mainly, the doctrine limits freedom of association when important econ-
omic interests or even the economic existence of private persons are af-
fected. Thus, to exclude private persons from membership of these associ-
ations constitutes a violation of the personal rights that may, however, be
justified with a predominant interest of the association and its members
(Art 28 Swiss Civil Code). 52
The second doctrine to deal with a public law dimension within private
law is the Common Carrier Doctrine, first developed under common law.
For any private enterprise that is identified as a common carrier, it is unlaw-
ful to refuse service unless there is some compelling reason. There are some
striking parallels of the Common Carrier Doctrine to our cases described
above: Common Carrier cases are concerned with private ordering, histori-
cally the single market, and the integration of political requirements of non-
discrimination into private law in circumstances that would contradict the
actual policy. Traditionally, the actual policy behind the Common Carrier
Doctrine is the development of the single market. 53
In Switzerland, the cases relating to the Common Carrier Doctrine, such
as the famous case Seelig 54 and the more recent case of Post gegen Verein
gegen Tierfabriken, 55 followed the rationale and the specific elements of the
Common Carrier Doctrine: Public goods or services that are part of an

50 R. Wiethölter Just-i-fication of a Law of Society, in: O. Perez/G. Teubner (eds.), Para-

doxes and Inconsistencies in the Law, 65–77, Oxford 2005.


51 Art 27 and 28 of the Swiss Civil Law Code (http://www.admin.ch/ch/d/sr/

210/a27.html).
52 Among others, see the leading case of the Swiss Federal Court 123 III 193, 197. For

more details, see E. Bucher Nicht “Kontrahierungspflicht” – Schon eher Schutz vor Boy-
kott: Kommentar zu Swiss Federal Court Decision 129 III 35 onwards (7. Mai 2002;
4C.297/2001), in: recht 21 (2003), 101–115.
53 For the adaption to German law, see F. Bydlinski Zu den dogmatischen Grundfragen

des Kontrahierungszwangs, in: Archiv für die civilistische Praxis 180 (1980), 1–46, 29
onwards and 41. Bydlinski mainly draws on H. C. Nipperdey Kontrahierungszwang und
diktierter Vertrag, Jena 1920.
54 Swiss Federal Court Decision 80 II 26 1954 – Seelig, 37.
55 Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen Tierfabriken,

45–46.
214 Andreas Abegg

everyday-life necessity 56 are offered to the public. Furthermore, the person


requiring goods or services does not have a viable alternative. And finally
and most importantly, there are no good reasons for the refusal to perform. 57
In both cases of Seelig and Post gegen Verein gegen Tierfabriken, the Court
applied the general norm of boni mores as a doctrinal connecting point. In
short: It would be amoral to refuse access to a common carrier. It is, how-
ever, important to note that the Federal Court did not stop at the boni mores
norm, but it laid the foundation to develop a more detailed private law doc-
trine – one in line with German, French, and Common Law cases.
In view of the cases of Seelig and Post gegen Verein gegen Tierfabriken, we
may expect a similar development for the legitimacy of spontaneous public-pri-
vate ordering by means of contract in general. First, the use of a general clause
such as boni mores: 58 Public-private networks act, in principle, against boni
mores if they exclude third parties without justification. Second, the fleshing
out of a more concrete private law doctrine that will advance the compati-
bility and stability of new forms of public-private partnership within the
private law system. 59 Such a doctrine would place a burden of justification
on the autonomous self-ordering between private parties and the adminis-
tration vis-à-vis third parties, in a way that is similar to the Boycott Doc-
trine and the Common Carrier Doctrine. This burden of justification would
convert troubles caused by the public-private network into internal prob-
lems of the network. Furthermore, the doctrine would leave it to the expert-
ise of the network itself to find an adequate, detailed solution. 60 Notably the
law would do so by providing clear guidance concerning the standard of jus-
tification.

56 In the Seeligcase, the Court required not only a necessity of everyday life, but also a

vital necessity: Swiss Federal Court Decision 80 II 26 1954 – Seelig, 37.


57 Ibid., 37; Swiss Federal Court Decision 129 III 35 2003 – Post gegen Verein gegen Tier-

fabriken, 45–46.
58 On the character of general clauses as “learning law” and the law’s flexible answer on a

changing environment, see G. Teubner § 242 BGB , Grundsatz von Treu und Glauben, in:
Reihe Alternativkommentare; Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch; vol. 2; Allge-
meines Schuldrecht, 32–91, Neuwied 1980, 37.
59 For the process of converting a general concept into a specific private law doctrine, see

G. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising, Just-in-


time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht, Baden-Baden 2004.
60 On the related concepts of responsive and reflexive law, see G. Teubner Substantive

and Reflexive Elements in Modern Law, in: Law & Society Review 17 (1983), 239–285.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk

Neues zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen

Dietrich Claus Becker

Im Rechtsdenken Gunther Teubners ist die Denkfigur der Paradoxie prä-


gend.1 Beim Aufspüren von Paradoxien hat sich Gunther Teubner immer
wieder von irritierenden Rechtsfällen inspirieren lassen, obwohl oder gerade
weil er um die spezifisch strukturierten Aporien des Rechtsgangs und die
dadurch bedingten Schwierigkeiten richterlicher Entscheidungsfindung
wusste. 2 Entscheidungszwang – Begründungszwang – Normierungszwang:
Mit dieser wahrhaft bedrohlichen Formel hat Gunther Teubner die unzu-
mutbaren Bedingungen einer dem Ziel juridischer Gerechtigkeit verpflich-
teten richterlichen Entscheidungsfindung jüngst umrissen. 3 Dabei steht Be-
gründungszwang als Chiffre für die Anforderung an das Rechtssystem, mit

1 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzformel des

Rechts? in: Teubner (Hrsg.), Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Mög-
lichkeit einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit, 2008, S. 9–36, insbes. ebd. S. 23–33;
ders. Die Erblast, ebd., S. 1–7; ders. Paradoxien der Netzwerke in der Sicht der Rechtsso-
ziologie und der Rechtsdogmatik, in: Bäuerle/Hanebeck u. a. (Hrsg.), Haben wir wirklich
Recht? Zum Verhältnis von Recht und Wirklichkeit, 2004, S. 9–31; ders. Die Perspektive
soziologischer Jurisprudenz: Das Recht der Netzwerke, in: Machura/Ulbrich (Hrsg.),
Recht – Gesellschaft – Kommunikation, 2003, S. 40–50; ders. Der Umgang mit Rechtspa-
radoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in: Joerges/Teubner (Hrsg.), Rechtsverfassungs-
recht. Recht-Fertigung zwischen Privatrechtsdogmatik und Gesellschaftstheorie, 2003,
S. 25–45; ders./Zumbansen Rechtsentfremdungen. Zum gesellschaftlichen Mehrwert des
zwölften Kamels, in: Teubner (Hrsg.), Die Rückgabe des zwölften Kamels. Niklas Luh-
mann in der Diskussion über Gerechtigkeit, 2000, S. 189–215, und das – programmatische –
Editorial ebd. S. 1–2; ders. Zur Außenhaftung von Franchising-Systemen, ZHR 154 (1990)
S. 295–324, ebd. S. 305 et seqq. – Ich danke Isabel Schübel-Pfister und Michael Hornig.
2 S. nur Teubner ( FN 1 [2004]) S. 9 <10 et seq.>; ders. Profit sharing als Verbundpflicht?

Zur Weiterleitung von Netzvorteilen in Franchise-Systemen, ZHR 168 (2004) S. 78–96,


ebd. S. 78–82; ders./Karavas http://www.CompanyNameSucks.com: Drittwirkung der
Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet?, in: Ladeur (Hrsg.),
Innovationsoffene Regulierung des Internet, 2003, S. 249–272, ebd. S. 249-255; ders. Ein
Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher
Handlungslogiken, KritV 2000, S. 388–404. Dazu D. C. Becker Von Namen und Nummern,
2005, S. 16–20.
3 Teubner ( FN 1 [2008]) S. 29.
216 Dietrich Claus Becker

rationalen Gründen, rechtstechnischen Argumenten und anschlussfähiger


Rechtsdogmatik aufzuwarten – und bringt damit „die Schwierigkeit des
Rechtssystems zum Ausdruck, mit rationalen Argumenten den hochgetrie-
benen Anforderungen der Außenwelt an das Recht responsiv entgegenzu-
kommen, aber zugleich den internen Anforderungen an konsistente Fallent-
scheidung zu genügen“. 4 Beim Versuch, diesen Anforderungen gerecht zu
werden, scheint in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
zum Hauptverhandlungsprotokoll in Strafsachen ein paradoxes Phänomen
auf. Die Inkonsistenz der Entscheidungsfindung hat ihre Ursache in der
Klarheit der Norm. Ausgerechnet Klarheit gerät ins Klärwerk.

I. Viel Licht. Viel leicht.


Selten hell und klar scheint nicht, strahlt die Regelung der Strafprozess-
ordnung zur Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls. § 274 StPO sieht
vor, dass die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen
Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden kann und gegen
den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls nur der Nach-
weis der Fälschung zulässig ist. Weitergehende Regelungen enthält die Straf-
prozessordnung nicht. Die Wahrung der wesentlichen Förmlichkeiten des
Strafprozesses kann also alleine und ausschließlich mit dem Hauptverhand-
lungsprotokoll bewiesen werden. Jede andere Rekonstruktion der Haupt-
verhandlung ist verboten. Von diesem Rekonstruktionsverbot macht das
Gesetz eine einzige Ausnahme: Bei erwiesener Fälschung des Protokolls
bleibt die Prüfung der Wahrung wesentlicher Förmlichkeiten im Wege des –
ansonsten ausgeschlossenen – Freibeweises möglich.
Die Erosion dieses Rekonstruktionsverbots erfolgte in zwei Schritten. In
einem ersten Schritt hat der 3. Strafsenat 5 die Rekonstruktion der Hauptver-
handlung unter dem Gesichtspunkt wesentlicher Förmlichkeiten für zulässig
erklärt, wenn sich der Verdacht aufdrängte, der Verteidiger des Angeklagten
wisse um die Unrichtigkeit des protokollierten Sachverhalts (II .). In einem
zweiten Schritt hat der Große Senat für Strafsachen6 eine nachträgliche Pro-
tokollberichtigung als für das Revisionsgericht grundsätzlich beachtlich er-
klärt, auch wenn die Berichtigung einer wirksam erhobenen Verfahrensrüge
die Tatsachengrundlage entzieht (III .).

4 Teubner ( FN 1 [2008]) S. 30.


5 BGH , Urt. v. 11. 8. 2006 – 3 StR 284/05 –, NJW 2006, S. 3579.
6 BGH , Beschl. v. 23. 4. 2007 – GSSt 1/06 –, NJW 2007, S. 2419.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 217

II. Lichtschutz. Sichtschutz.


Nach der Entscheidung des 3. Strafsenats vom 11. August 2006 ist eine
auf das Hauptverhandlungsprotokoll gestützte Verfahrensrüge rechtsmiss-
bräuchlich und daher unzulässig, wenn die Verteidigung um die Unrichtig-
keit des Protokolls weiß. Die Berufung auf das Protokoll über die Figur
des Rechtsmissbrauchs zu sanktionieren setzt allerdings die Prüfung der
Richtigkeit der Rügebehauptung durch das Revisionsgericht voraus. Diese
Prüfung schließt § 274 StPO – vorbehaltlich des Nachweises der Fäl-
schung – aus, da sie die vom Gesetz eindeutig angeordnete ausschließliche
Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls unterliefe. Das § 274 StPO
zugrunde liegende umfassende Verbot der Rekonstruktion der Hauptver-
handlung unter dem Aspekt der Wahrung wesentlicher Förmlichkeiten
hindert das Revisionsgericht an jedweder Prüfung der Richtigkeit der Rü-
gebehauptung. 7 Die Möglichkeit, eine Verfahrensrüge auf ein als unrichtig
erkanntes Protokoll zu stützen, ist in der Struktur des § 274 StPO angelegt.
Die Ausnutzung dieser Möglichkeit darf nicht als Rechtsmissbrauch sank-
tioniert werden, mag sie auch dazu führen, dass ein formell und materiell
richtiges Urteil aufgehoben wird. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit in
Kauf genommen; sie ist „institutionell eingeplant“. 8
1. Die Ausnutzung der absoluten Beweiskraft des Protokolls als Rechts-
missbrauch zu sanktionieren erodierte die Normstruktur des § 274 StPO .
Ließe man eine Prüfung der Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten
unter dem Gesichtspunkt der Gutgläubigkeit der Verteidigung im Wege des
Freibeweises zu, behielte § 274 StPO nur noch in den Fällen Bedeutung, in
denen unklar ist oder bleibt, ob sich der gerügte Verfahrensverstoß ereignet
hat, sowie dort, wo sich die Rüge zwar als objektiv unwahr erweist, der
Verteidiger dies aber entweder nicht weiß oder ihm sicheres Wissen um die
Unwahrheit der Rügebehauptung nicht nachzuweisen ist. Die Norm würde
entgegen ihrem klaren Wortlaut, der das Rekonstruktionsverbot nur für den
Fall der Fälschung aufhebt, auf eine Beweisregel für Zweifelsfälle reduziert.
Einer solchen Auslegung stehen auch die Entstehungsgeschichte der Norm
und der Wille des Gesetzgebers entgegen.
Der historische Gesetzgeber hat sich mit dem heutigen § 274 StPO be-
wusst für ein Modell entschieden, das es im Bereich der wesentlichen
Förmlichkeiten ausschließt, dass die mit dem Protokoll bekundeten Tatsa-
chen durch andere Beweise ergänzt, ersetzt oder widerlegt werden können.

7 Vgl. Fezer NStZ 2002, S. 272; Hollaender JR 2007, S. 6 <11>; Kudlich HRRS 2007, S. 9

<15>; Lampe NStZ 2006, S. 366 <367>; Park StraFo 2004, S. 335 <337>; Schäfer
FS -50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, S. 707 <727>.
8 Beulke Der Verteidiger im Strafverfahren, 1980, S. 237.
218 Dietrich Claus Becker

Diese „absolute Beweiskraft des Protokolls“ 9 sollte nur bei nachgewiesener


Fälschung des Protokolls entfallen. Der Gesetzgeber zog diese Regelung
Modellen vor, die neben dem Sitzungsprotokoll weitere Beweismittel
zwecks Klärung der Einhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten – auch
gegen den Inhalt des Protokolls – zuließen.10 Ausschlaggebend für die Wahl
des Modells waren Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit und Rechtssicher-
heit. Bestimmend war für den Gesetzgeber, dass „Formverletzungen … in
der Regel auch nachträglich nicht mit Zuverlässigkeit werden festgestellt
werden können“ und selbst „Gerichtsmitglieder … selten in der Lage sein
[werden], über Vorgänge, welche ihrer Aufmerksamkeit in der Haupt-
verhandlung entgangen sind, nachträglich ein bestimmtes Zeugnis ab-
zugeben“, weshalb „ihre Aussagen … daher nur dazu dienen [würden],
unberechtigte Zweifel an der Zuverlässigkeit des Sitzungsprotokolls zu er-
wecken“.11 Damit liegt dem Modell die Erwägung zugrunde, dass jede
nachträgliche Beweisaufnahme über die Einhaltung wesentlicher Förm-
lichkeiten mit einem Unsicherheitsfaktor belastet ist. § 274 StPO sollte in
seinem – ohnehin engen – Anwendungsbereich nicht nur jede Beweisauf-
nahme vor dem Revisionsgericht, sondern im Interesse der Verfahrensklar-
heit und Verfahrenssicherheit weitergehend jedes nachträgliche Inzweifel-
ziehen des Protokollinhalts vermeiden. Diese Zielsetzung schließt nicht
nur eine Rekonstruktion des Strafverfahrens unter dem Aspekt der Einhal-
tung wesentlicher Förmlichkeiten im Wege des Freibeweises, sondern jede
Methode aus, wonach der Protokollinhalt mit forensischen Erfahrungswer-
ten konfrontiert und daraus der Schluss gezogen wird, dass sich das proto-
kollierte Geschehen so nicht ereignet haben kann.12
Das mit § 274 StPO bewusst gewählte Modell hat nicht nur die formale
Klarheit für sich. Als fester Bestandteil des Revisionsrechts, in dessen
Normkontext die Regelung als ursprünglicher § 314 noch im Entwurf der
Strafprozessordnung eingestellt war,13 gewinnt sie zusätzlichen materiellen
Gehalt. Weil § 274 StPO im Bereich der wesentlichen Förmlichkeiten jede
Rekonstruktion der Hauptverhandlung ausschließt, legt das ordnungsge-
mäß erstellte Protokoll insoweit den Sachverhalt für das Revisionsverfahren
verbindlich fest. Für den Beschwerdeführer, der nach § 274 StPO den Nach-
weis der Nichteinhaltung der wesentlichen Förmlichkeiten im Rahmen der
Verfahrensrüge nur mit dem Hauptverhandlungsprotokoll führen kann,

9 BGH , Urt. v. 12. 1. 2005 – 2 StR 138/04 –, juris, Abs.-Nr. 15; BGH , Beschl. v. 31. 5.

2006 – 2 ARs 53/06 –, juris, Abs.-Nr. 7.


10 Hahn Die gesammten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Dritter Band, 1. Teil,

1880, S. 257 f.
11 Hahn ( FN 10) S. 258.
12 Vgl. BGH , Beschl. v. 31. 5. 2006 – 2 ARs 53/06 –, juris, Abs.-Nr. 7; Fezer ( FN 7) S. 272

<273>.
13 Hahn ( FN 10) S. 41.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 219

wird das ordnungsgemäß erstellte Hauptverhandlungsprotokoll zur Tatsa-


chengrundlage für seine – in engen Fristen anzubringenden – Verfahrensrügen
in der Revisionsinstanz.14 Mit der für alle Prozessbeteiligten verbindlichen
„formelle[n] Wahrheit des einmal ordnungsgemäß erstellten Protokolls“ 15
ist die Regelung auch Ausdruck der prozessualen Waffengleichheit, zumal
die weitreichende Bindung des Revisionsgerichts an den protokollierten
Sachverhalt nicht durch Rechtsschutzmöglichkeiten des Revisionsführers
flankiert wird: Er bleibt „verwiesen“ auf die Strafbarkeit von Protokollfäl-
schungen (§ 348 StGB) und in ihrer praktischen Wirksamkeit kaum je die
Wirkung einer Anregung übersteigende Anträge auf Protokollberichtigung.16
Der unbedingten Geltung des Rekonstruktionsverbots aus § 274 StPO
steht nicht entgegen, dass die Revisionsgerichte der materiellen Wahrheit
verpflichtet sind. Der Gesetzgeber, dem die Verpflichtung der Revisionsge-
richte zur Wahrheit bekannt war, hat im engen Anwendungsbereich des
§ 274 StPO Erwägungen der Zweckmäßigkeit und der Rechtssicherheit den
Vorzug vor der Erforschung der materiellen Wahrheit gegeben.17 An diese
Grundentscheidung sind die Revisionsgerichte gebunden,18 mag dies auch
im Einzelfall zu unerwünschten Ergebnissen führen.19 Die Wahrheitserfor-
schungspflicht hat ihre Grenzen im Verfahrensrecht. 20
Auf den Wortlaut der Norm kann sich der Senat nicht stützen. Seine Ar-
gumentation, der Regelungsgehalt von § 274 StPO beschränke sich auf die
Ebene des Beweises und lasse auf der davor liegenden Ebene des Behaup-
tens eine Überprüfung der Richtigkeit der Behauptung zu, 21 zielt vergeblich
darauf, den Anwendungsbereich von § 274 StPO zu leugnen. Die Anord-
nung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls wirkt
auf die Ebene des Behauptens zurück und sperrt jede Beweisaufnahme über
deren Richtigkeit. Denn nicht nach den unterschiedlichen Ebenen von Be-
haupten und Beweisen ist die Norm strukturiert. Sie zielt vielmehr auf das

14 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15 und 16; BGH ,

Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 <126>; vgl. auch Fezer ( FN 7) S. 273.
15 BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 21.
16 Vgl. BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 <127>; Docke/von Döl-

len/Momsen StV 1999, S. 583 <585>; Tepperwien FS -Meyer-Goßner, 2001, S. 595 <604>.
17 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 <6, 8>; BGH ,

Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR 575/51 –, BGHSt 2, 125 <126, 128>; BGH , Beschl. v. 3. 5.
2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15.
18 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15; BGH , Beschl. v.

23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Beschl. v. 18. 8. 1992 – 5 StR
126/92 –, NStZ 1993, S. 51 <52>; vgl. auch Lampe ( FN 7) S. 367.
19 Tepperwien ( FN 16) S. 609.
20 Vgl. BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 21; OGBrZ , Urt. v.

1. 2. 1949 – StS 99/48 –, NJW 1949, S. 434 <435>; Dahs StraFo 2000, S. 181 <185>; Jahn
JuS 2007, S. 91; Sarstedt/Hamm Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl., 1998, Rn. 292–294.
21 BGH ( FN 5) S. 3581 Abs.-Nr. 25.
220 Dietrich Claus Becker

Erkenntnisinteresse, die Wahrung der wesentlichen Förmlichkeiten, 22 und


regelt Rahmen und Mittel der Rekonstruktion der Hauptverhandlung unter
diesem Aspekt abschließend. Die Vorschrift soll nach dem Willen des Ge-
setzgebers hinsichtlich der wesentlichen Förmlichkeiten jedes Inzweifelzie-
hen des Protokollinhalts verhindern und nicht lediglich eine Beweisregel für
Zweifelsfälle sein, in denen das Freibeweisverfahren keine sicheren Schlüsse
über den tatsächlichen Verfahrensablauf oder die Bösgläubigkeit der Vertei-
digung zulässt. 23
Die Klarheit der Regelung strahlte auf das Meinungsbild ab. Die Literatur
ging fast einhellig von der Zulässigkeit einer auf ein als unrichtig erkanntes
Protokoll gestützten Verfahrensrüge aus, 24 auch diejenigen Autoren, die die-
ses Verteidigerverhalten für standeswidrig hielten. 25 Vereinzelte Hinweise
auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der Rüge kamen bezeichnenderweise
ohne Begründung aus 26 oder speisten sich aus dem Bemühen, diese Rechts-
folge aus – ihrem jeweiligen Kontext entrissenen – Begründungselementen
höchstrichterlicher Entscheidungen abzuleiten, 27 was der Rechtsprechung
nicht gerecht wird. Sie hatte die Zulässigkeit dieser Rüge nie in Abrede ge-
stellt. Auch wenn frühere Entscheidungen vereinzelt von einem „Missbrauch“
prozessualer Befugnisse sprechen, liegt ihnen die Erkenntnis zugrunde, dass
der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 274 StPO auf eine Sanktionierung
dieses Verhaltens verzichtet hat. 28 Die Erwägung des Senats, die Rechtslage
habe sich jedenfalls mit Anerkennung eines allgemeinen Missbrauchsver-

22 Vgl. Fezer StV 2006, S. 290 <291 f.>; Lindemann/Reichling StV 2007, S. 152 <154>;

Schumann JZ 2007, S. 927 <933>.


23 Vgl. Gaede StraFo 2007, S. 29 <30>; Jahn ( FN 20) S. 92; Kudlich ( FN 7) S. 14 f.
24 Vgl. nur Benthin NJ 2007 S. 36 <37>; Beulke ( FN 8) S. 157, 237; ders. FS -Roxin, 2001,

S. 1173 <1193>; Cüppers MDR 1950, S. 930 <932>; ders. MDR 1951, S. 259; Dahs ( FN 20)
S. 185; Dahs/Dahs Die Revision im Strafprozeß, 6. Aufl., 2001, Rn. 490; Detter StraFo
2004, S. 329 <335>; Docke/von Döllen/Momsen ( FN 16) S. 585; Dünnebier Löwe-Rosen-
berg, StPO , 23. Aufl., 1978, Vor § 137 Rn. 18; Gaede ( FN 23) S. 30 ff.; Hamm NJW 2006,
S. 2084 <2086 f.>; Hollaender ( FN 7) S. 11; Julius Heidelberger Kommentar, StPO , 3. Aufl.,
2001, § 274 Rn. 12; Müller KMR , StPO , Stand: Juli 2006, § 274 Rn. 4; Kudlich ( FN 7) S. 14;
Krawczyk HRRS 2006, S. 344 <349>; Park ( FN 7) S. 337; Sarstedt/Hamm ( FN 20)
Rn. 292 ff.; Schäfer ( FN 7) S. 727; Schlüchter/Frister Systematischer Kommentar, StPO ,
Stand: Mai 2005, § 274 Rn. 24; Tepperwien ( FN 16) S. 601.
25 Vgl. Dallinger MDR 1951, S. 256; Jescheck GA 1956, S. 97 <119>; Schneidewin MDR

1951, S. 193 <194>.


26 Meyer-Goßner StPO , 49. Aufl., 2006, § 274 Rn. 21.
27 Vgl. Fahl Rechtsmißbrauch im Strafprozeß, 2004, S. 701 ff., 727 f.; ders. JR 2007, S. 34

<36>.
28 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 <6, 8>; OGBrZ ,

Urt. v. 1. 2. 1949 – StS 99/48 –, NJW 1949, S. 434 <435>; BGH , Urt. v. 19. 12. 1951 – 3 StR
575/51 –, BGHSt 2, 125 <127 f.>; BGH , Urt. v. 1. 2. 1955 – 5 StR 678/54 –, BGHSt 7, 162
<164>; BGH , Beschl. v. 6. 2. 1990 – 2 StR 29/89 –, juris, Abs.-Nr. 14; BGH , Beschl. v. 3. 5.
2006 – 4 ARs 3/06 –, juris, Abs.-Nr. 15 und 33; vgl. auch BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 –
1 StR 466/05 –, juris, Abs.-Nr. 38.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 221

bots im Strafverfahren 29 verändert, greift nicht durch. Mit Anerkennung


eines ungeschriebenen allgemeinen Missbrauchsverbots ist keine Ent-
scheidung darüber präjudiziert, ob ein Prozessverhalten diesem Verbot un-
terfällt. Rechtsprechung und Literatur haben gerade nach Anerkennung die-
ses Missbrauchsverbots die prozessuale Wirksamkeit der Rüge nicht in
Zweifel gezogen. 30
2. Das gewünschte Ergebnis ist auch nicht über richterliche Rechtsfort-
bildung zu erreichen. Mag auch im Strafprozessrecht anders als im materiel-
len Strafrecht der Wortlaut des Gesetzes keine starre Auslegungsgrenze zie-
hen und im Prozessrecht mehr Raum für eine stärker an teleologischen
Erwägungen ausgerichtete Interpretation sein 31, gerät man angesichts der
Klarheit der Norm unweigerlich ins Grübeln. Je klarer eine Norm ist, umso
begründungsbedürftiger wird es, sich über ihren Wortlaut im Wege rich-
terlicher Rechtsfortbildung hinwegzusetzen, und § 274 S tPO ist sehr klar
gefasst. Richterliche Rechtsfortbildung stößt da an ihre Grenzen, wo das
Gericht das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt
verfehlt oder verfälscht, an die Stelle der angewendeten Norm inhaltlich
eine andere setzt oder den Regelungsgehalt erstmals schafft. 32 Das zulässige
Bestreben, Sinn und Zweck einer Norm auch unter gewandelten Bedingun-
gen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen, 33 darf eben nicht dazu
führen, dass eine Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers durch eine rich-
terliche Entscheidung ersetzt wird. 34
Die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sind hier in dra-
matischer Weise überschritten. Nach welchen Maßstäben die Einhaltung
wesentlicher Förmlichkeiten im Revisionsverfahren überprüft wird, ist von
weit reichender Bedeutung. Die Verletzung wesentlicher Förmlichkeiten
führt im Revisionsverfahren regelmäßig zur Aufhebung des Urteils und zu
einer neuen Hauptverhandlung, weil mit der Verletzung der wesentlichen
Förmlichkeit schon ein absoluter Revisionsgrund gegeben 35 oder nicht aus-
zuschließen ist, dass das Strafurteil auf dem Verstoß beruht. 36 Wesentliche
Förmlichkeiten, mögen sie in der strafgerichtlichen Praxis von den Be-
teiligten als Routinevorgänge wahrgenommen und erlebt werden, 37 sind

29 BGH , Urt. v. 7. 11. 1991 – 4 StR 252/91 –, BGHSt 38, 111 ff.
30 S. nur Lampe ( FN 7) S. 367; vgl. auch BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 – 1 StR 466/05 –,
juris, Abs.-Nr. 38. Vgl. weiter Detter ( FN 24) S. 335.
31 BVerfGE 118, 212 <243, 244>. Zu den Schwierigkeiten einer Grenzziehung zwischen

den Kompetenzbereichen von Judikative und Legislative im Grundsätzlichen: D. C. Becker


(FN 2) S. 26 ff.
32 BVerfGE 48, 40 <47>, 54, 277 <299>, 78, 20 <24>.
33 BVerfGE 96, 375 <394>.
34 BVerfGE 82, 6 <15> 109, 190 <252>.
35 Wie bei Fehlen notwendiger Verteidigung (§ 338 Nr. 5 StPO ) im Fall FN 5.
36 Wie bei Nichtverlesung der Anklage (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO ) im Fall FN 6.
37 Vgl. Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 153.
222 Dietrich Claus Becker

nichts weniger als diejenigen Verlaufsstrukturen, die dem Strafverfahren


erst eine den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens ent-
sprechende Form geben. 38 Im Wissen um die Bedeutung der Regelung
und in bewusster Abgrenzung zu anderen Regelungsmodellen hat sich
der Gesetzgeber für ein Modell entschieden, welches die Kollision zwi-
schen Rechtssicherheit, Zweckmäßigkeit und (beweisregelloser) Wahr-
heitsermittlung zu Gunsten der Rechtssicherheit und Zweckmäßigkeit
auflöst. 39 Nicht die Entlastung der Revisionsgerichte, denen das gewählte
Modell Beweiserhebungen über die Einhaltung der wesentlichen Förm-
lichkeiten erspart, war entscheidend, was es ausschließt, die Anwendung
von § 274 StPO zur Disposition der Revisionsgerichte zu stellen. 40 Aus-
schlaggebend waren grundlegende und generelle Bedenken des Gesetzge-
bers gegen eine Rekonstruktion der Hauptverhandlung aus der Erinne-
rung von Verfahrensbeteiligten. Diese Bedenken haben nach wie vor
Gültigkeit. Sie gründen sich auf einen mit zunehmendem Zeitablauf ein-
tretenden Erinnerungsverlust, der bei wesentlichen Förmlichkeiten als ty-
pischen Routinevorgängen in ganz besonderem Maße droht. 41 Aus psy-
chologischer Sicht besteht ohnehin die Gefahr, dass der Richter eigene
Versäumnisse in der Hauptverhandlung im Rahmen ihrer Rekonstruktion
bewusst oder unbewusst leugnet, 42 zumal, tritt man in eine Rekonstruk-
tion der wesentlichen Förmlichkeiten außerhalb des Protokolls ein, mög-
liche Fehler des Gerichts mit der gravierenden Folge der Aufhebung des
Urteils immer schon im Raum stehen. 43 § 274 StPO schließt diese Gefahr
von vornherein aus. 44

38 Kahlo FS -Meyer-Goßner, 2001, S. 447 <466>. Zur Historie: Ott Die Berichtigung des

Hauptverhandlungsprotokolls im Strafverfahren und das Verbot der Rügeverkümmerung,


1970, S. 6 f., 19 ff.; Schumann ( FN 22) S. 928 f.
39 Ott ( FN 38) S. 26 f.
40 S. aber Meyer-Goßner ( FN 26) § 274 Rn. 2, 21; dagegen zu Recht Tepperwien ( FN 16)

S. 596, 606 und nahezu ausnahmslos die Literatur, die der Norm die Funktion der einfa-
chen und sicheren Feststellung der den Mangel enthaltenden Tatsachen im Sinne von § 344
Abs. 2 S. 2 StPO zuschreibt: Julius (FN 24) § 274 Rn. 1; Gollwitzer Löwe-Rosenberg,
StPO, 25. Aufl., 2001, § 274 Rn. 1, 18; ders. FS-Gössel, 2002, S. 543 <558 f.>: Ziel der
Norm, „jede Beweisaufnahme des Revisionsgerichts über Verfahrensvorgänge in den Vor-
instanzen von vorneherein auszuschließen“; Pfeiffer StPO, 5. Aufl., 2005, § 274 Rn. 1;
Schlüchter/Frister (FN 24) § 274 Rn. 1, 24. In diesem Sinne auch: Engelhardt Karlsruher
Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 274 Rn. 1, 7, § 271 Rn. 26; Meurer FS-Oehler, 1985,
S. 357 <375>; Müller (FN 24) § 274 Rn. 1, 14. Ohne Stütze im Gesetz dagegen die enge
Funktionszuschreibung bei Satzger/Hanft NStZ 2007, S. 185 <188>: Erleichterung schwie-
riger Beweisfragen durch Formalisierung.
41 Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 153 mwN.
42 Vgl. Fahl JR 2007, S. 345 <346, 348>; Gaede HRRS 2006, S. 409 <412 f.>.
43 Vgl. Wagner GA 2008, S. 442 <450 ff.>.
44 Vgl. Gaede ( FN 42) S. 413 f.; Jahn/Widmaier JR 2006, S. 166 <167>; Krawczyk ( FN 24)

S. 353 ff.; Kury StraFo 2008, S. 185 <187 f.>. Ebenso BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs
3/06 –, juris, Abs.-Nr. 17.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 223

Das vom Gesetzgeber gewählte Modell duldet keine Relativierung, nicht


einmal in Fällen von Evidenz, wie sie der Senat im Auge zu haben scheint. 45
Gerade die Außerkraftsetzung der Norm bei vermeintlicher Evidenz, die
sich sowohl auf die Unrichtigkeit des Protokolls als auch auf die Kenntnis
der Verteidigung von der Unrichtigkeit beziehen muss, steigert die Rechts-
unsicherheit. Abgesehen von der nahe liegenden Gefahr, aus einer Evidenz
der Unrichtigkeit des Protokolls auf die Bösgläubigkeit der Verteidigung zu
schließen, fehlen für die Beurteilung, wann Evidenz vorliegt, Maßstäbe und
Kriterien. Die Überprüfung auf Evidenz ist nicht mehr als das – ihrerseits
nicht nachprüfbare – Ergebnis einer Würdigung, die (anders als hier gesche-
hen) konsequenterweise vor Kenntnis der Stellungnahmen der Verfahrens-
beteiligten zu treffen wäre. Dabei wird man notgedrungen Zuflucht nehmen
zu einer unüberprüfbaren Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Verlet-
zung der wesentlichen Förmlichkeit, die in der Sache nicht mehr zu sein
droht als ein von Intuition getragenes, kriterienloses Spiel mit wenig fun-
dierter Prozessempirie.
Richterliche Rechtsfortbildung findet ihre Rechtfertigung darin, dass
tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen eine bis dahin eindeutige und
vollständige Regelung lückenhaft, ergänzungsbedürftig und zugleich er-
gänzungsfähig werden lassen. 46 Zu diesen Entwicklungen gehören neben
dem Alterungsprozess, dem jede Norm unterworfen ist, 47 ein beschleunig-
ter Wandel gesellschaftlicher Verhältnisse, begrenzte Reaktionsmöglichkei-
ten des Gesetzgebers und die offene Formulierung zahlreicher Normtexte. 48
Richterliche Rechtsfortbildung wird dann zur Anpassung geltenden Rechts
an veränderte Verhältnisse. Darum geht es hier allerdings gerade nicht. Der
Normtext des § 274 StPO ist schon nicht offen, und die Gefahren des Miss-
brauchs sind nichts Neues, sondern in der Struktur der Norm angelegt und
seit jeher virulent. Die Strafrechtswissenschaft sparte seit Einführung des
§ 274 StPO nicht mit harscher Kritik, 49 die nie zum Erliegen kam. 50 Die
Rechtsprechung hat die Gefahr des Missbrauchs seit jeher als Folge einer ge-

45 BGH ( FN 5) S. 3581 Abs.-Nr. 31: Klärung des Rechtsmissbrauchs im Wege des Frei-

beweises „nur in seltenen Fällen …, in denen die bewusst ,unwahre Protokollrüge‘ klar zu
Tage tritt“.
46 BVerfGE 82, 6 <12>.
47 BVerfGE 34, 269 <288>; 82, 6 <12>.
48 BVerfGE 96, 365 <394>.
49 Bennecke/Beling Lehrbuch des Deutschen Reichs-Strafprozeßrechts, 1900, S. 457

Fn. 19: „höchst unnatürlich“, „direkt zu Ungerechtigkeiten [führend]“ und unter Hinweis
auf das alternative Regelungsmodell in § 334 der Militärstrafgerichtsordnung von 1898: „Es
ist ein erfreulicher Fortschritt, wenn [diese] den Beweis der Unrichtigkeit schlechthin zu-
läßt.“; Beling, Deutsches Reichsstrafprozeßrecht, 1928, S. 325 Anm. 1., wonach „der Aus-
schluß jedes Gegenbeweises … einen gesetzgeberischen Missgriff“ darstelle. Zur frühen
Kritik: Ott ( FN 38) S. 70 f., 85.
50 Vgl. Schäfer ( FN 7) S. 717 ff.; Lampe ( FN 7) S. 368; vgl. auch Kahlo ( FN 38) S. 455.
224 Dietrich Claus Becker

setzgeberischen Fehlleistung betrachtet. Im Wissen, dass es schwerlich zu


den Aufgaben der Judikative gehört, gesetzgeberische Modelle, die man
dort für missglückt hält, durch eigene Modelle zu ersetzen, hatten es die Ge-
richte freilich bislang bei – mehr oder weniger expliziten – Appellen an den
Gesetzgeber zur Änderung der Norm belassen, wenn sie in Folge des § 274
StPO zugrunde liegenden Modells trotz erheblichen Zweifeln an der Rich-
tigkeit des protokollierten Sachverhalts zur Aufhebung des Urteils gezwun-
gen waren. 51 Gerade die Einsicht in das Primat der Legislative hatte die Ge-
richte ja zu zahlreichen Strategien veranlasst, mit denen die unliebsamen
Folgen des unerwünschten, sperrig-klaren § 274 StPO vermieden werden
sollten. Eine restriktive Auslegung der „wesentlichen Förmlichkeit“ 52, eine
großzügige Anwendung der Grundsätze zur Lückenhaftigkeit des Haupt-
verhandlungsprotokolls 53 und eine Steigerung der Anforderungen an den
Rügesachverhalt bei der Verfahrensrüge 54 waren ein Teil dieser Strategien.
Den anderen bildeten hohe Hürden im Anwendungsbereich relativer Revi-
sionsgründe für eine Ursächlichkeit des Formverstoßes 55, eine Aufweichung
der unbedingten Aufhebungswirkung absoluter Revisionsgründe 56 und die
(vor allem beim absoluten Revisionsgrund der Verteidigerabwesenheit be-
mühte) Figur der Verwirkung von Verfahrensrügen 57.
Die Kritik in Wissenschaft und Praxis an dem klaren, aber rigiden Modell
der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls im aufhe-
bungsträchtigen Bereich wesentlicher Förmlichkeiten ist dem Gesetzgeber
nicht verborgen geblieben. Dies belegen schon die zahlreichen Reform-
bestrebungen auf legislativer Ebene, deren Anfänge noch im ausgehenden

51 Vgl. etwa BGH, Beschl. v.30. 5. 2001 – 1 StR 99/01 –, juris, Abs.-Nr. 2; BGH , Beschl.

v. 23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Beschl. v. 6. 2. 1990 –
2 StR 29/89 –, BGHSt 36, 354 <358, 359>. Zu dieser Methode in anderem Kontext vgl.
BGH, Beschl. v. 21. 8. 2007 – 3 StR 238/07 –, juris Abs.-Nr. 7.
52 Vgl. Nachweise FN 51 und Kahlo ( FN 38) S. 455.
53 Vgl. BGH , Beschl. v. 23. 10. 2001 – 4 StR 249/01 –, NStZ 2002, S. 219; BGH , Urt. v.

20. 4. 1982 – 1 StR 833/81 –, NJW 1982, S. 2739; BGH , Urt. v. 10. 4. 1962 – 1 StR 125/62 –,
NJW 1962, S. 1308. Dazu Lindemann/Reichling ( FN 22) S. 155 f.; Fezer ( FN 7) S. 272 f. Vgl.
die ernüchternde Selbstbeschreibung durch den Großen Senat (FN 6) S. 2423 Abs.-Nr. 56,
der diesbezüglichen Rechtsprechung „[fehlten] jedenfalls in Grenzfällen … hinreichend
klare und verlässliche Konturen“.
54 Vgl. BVerfGE 112, 185 <207 ff.>.
55 Vgl. BGH , Beschl. v. 21. 7. 1999 – 3 StR 268/99 –, StV 1999, S. 585. Vgl. dazu Fezer

FS -Otto, 2007, S. 901 <902 f.>.


56 Vgl. BGH , Beschl. v. 19. 7. 2007 – 3 StR 163/07 –, BeckRS , Abs.-Nr. 4 f. mwN. Dazu

Fezer ( FN 55) S. 903; Mehle FS -Dahs, 2005, S. 381 <386 ff.>.


57 Vgl. BGH , Beschl. v. 26. 11. 1997 – 5 StR 561/97 –, NStZ 1998, S. 209; BGH , Beschl.

v. 7. 7. 1997 – 5 StR 307/97 –, NStZ - RR 1998, S. 18; BGH , Urt. v. 10. 12. 1997 – 3 StR
441/97 –, NStZ 1998, S. 267 (nicht tragend). Vgl. weiter BGH , Beschl. v. 29. 8. 2007 – 1 StR
387/07 –, BeckRS; BGH , Beschl. v. 11. 3. 1997 – 5 StR 77/97 –, NStZ 1997, S. 451.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 225

19. Jahrhundert liegen. 58 Nicht eine einzige dieser Bemühungen mündete in


ein alternatives Regelungsmodell. Als sich zuletzt die Gelegenheit für eine
Reform des § 274 StPO bot, nahm der Gesetzgeber diese nicht einmal mehr
in Angriff. Als er in jüngerer Zeit die Beachtlichkeit jederzeitiger Protokoll-
berichtigung regelte, beschränkte er sich auf andere Prozessordnungen als
die Strafprozessordnung. 59 Ob die Reformbemühungen scheiterten, weil
sich ein anderes als das § 274 StPO zugrunde liegende Regelungsmodell le-
gislativ nicht umsetzen ließ oder ob der Gesetzgeber das Reformprojekt aus
anderen Gründen aufgab, kann dahinstehen. Entscheidend ist allein, dass
ihm eine Reaktion auf die nicht nachlassende Kritik an der Regelung des
§ 274 StPO grundsätzlich möglich war. 60 Wenn er gleichwohl nie eine Ten-
denz zu einem anderen Regelungsmodell hat erkennen lassen, 61 liegt darin
die Bekräftigung seiner Grundentscheidung.
Auf eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach Inkrafttreten
der Norm kommt es angesichts der eindeutigen Grundentscheidung des
Gesetzgebers, das Modell der Wahrheitserforschung in § 274 StPO unver-
ändert beizubehalten, schwerlich an. Die Ausnutzung der absoluten Be-
weiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls dürfte allerdings schon kein
Phänomen der neueren Zeit sein. Das Argument, das gerne zur Rechtferti-
gung der Recht-Fertigung aufgegriffen wird, 62 würdigt nicht hinreichend,
dass es Bestrebungen zur Reform der Regelung schon bald nach deren In-
krafttreten – die erste geht auf das Jahr 1895 zurück – gab und weite Teile der
Strafrechtswissenschaft das Regelungsmodell des § 274 StPO sehr frühzeitig
kritisiert haben. Man darf annehmen, dass sich beide Entwicklungen an der
gelebten Praxis der Norm entzündet hatten, 63 zumal die Rechtsprechung
das Problem der Ausnutzung des Rekonstruktionsverbots frühzeitig aufge-
griffen hat. 64 Aber auch bei einem angeblich erst in neuerer Zeit 65 grassie-
renden Typus des skrupellosen Strafverteidigers wäre es Sache des Gesetz-

58 Ott ( FN 38) S. 83 ff. unter Hinweis auf eine erste erfolglose Reichstagsvorlage von

1883 (!) mit dem Ziel der Zulassung eines umfassenden Unrichtigkeitsnachweises.
59 Schaffung des § 164 Abs. 1 ZPO – durch Art. 1 Ziffer 1 des Gesetzes zur Entlastung

der Landgerichte und zur Vereinfachung des gerichtlichen Protokolls vom 20. Dezember
1974 ( BGBl . I 3651) samt Erstreckung auf VwGO , FGO und SGG (Art. 3 Ziffer 1; Art, 4 Zif-
fer 1; Art. 5 Ziffer 2 ProtVeinfG).
60 Vgl. dazu BVerfGE 96, 365 <394>; Fezer ( FN 55) S. 902.
61 Schäfer ( FN 7) S. 708. Vgl. dazu auch BVerfGE 78, 20 <25>.
62 BGH ( FN 6) S. 2422 f. Abs.-Nr. 48–55.
63 Bereits die erste Reform mit einem Entwurf von 1895 zielte auf Einführung eines Un-

richtigkeitsnachweises, vgl. Ott ( FN 38) S. 84 ff. „Missbrauch“ der Regelung in früher Zeit
belegen die Ausführungen von Spindlers in: Aschrott, Reform des Strafprozesses. Kritische
Besprechungen der von der Kommission für die Reform des Strafprozesses gemachten Vor-
schläge, 1906, S. 489 f.
64 Vgl. RG [Vereinigte Strafsenate], Beschl. v. 13. 10. 1909, RGSt 43, 1 <6, 8>.
65 Skeptisch Fahl ( FN 42) S. 345.
226 Dietrich Claus Becker

gebers, daraus die Konsequenzen im Prozessrecht zu ziehen. 66 Angesichts


der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers, am Regelungsmodell des
§ 274 StPO festzuhalten, können auch Prinzipien wie die Funktionstüchtig-
keit der Strafrechtspflege oder das Beschleunigungsgebot in Strafsachen
oder Erwägungen des Opferschutzes eine richterliche Rechtsfortbildung
nicht tragen. Die Norm des § 274 StPO , die selbst Ergebnis einer Kollisions-
entscheidung des Gesetzgebers ist, steht keiner Abwägung offen.

III. Schatten gestalten. Schattengestalten.


Der eben beschriebene Umgang mit einer klaren Norm traf auch bei den
anderen Strafsenaten nicht auf ungeteilte Zustimmung. Allerdings führten
diese Bedenken nicht zur Akzeptanz des gesetzgeberischen Konzepts. Sie
mündeten vielmehr in eine Entscheidung des Großen Senats, der das gesetz-
liche Modell auf Kosten einer selbst ersonnenen, vermeintlich überlegenen
judikativen „Lösung“ außer Kraft setzte. Zum Zeitpunkt der Entscheidung
des 3. Strafsenats lief ein Anfrageverfahren zur Frage, ob eine nachträgliche
Protokollberichtigung einer wirksam erhobenen Verfahrensrüge die Tatsa-
chengrundlage entziehen könne oder ob an dem Verbot der so genannten
Rügeverkümmerung festgehalten werden solle, das vom Grundsatz der Un-
beachtlichkeit der nachträglichen Protokollberichtigung im Revisionsver-
fahren ausging. Der 1. Strafsenat hatte die Einleitung dieses Verfahrens vor
allem damit begründet, die nachträgliche Protokollberichtigung sei „im
Gegensatz zur Unzulässigkeit einer unwahren Verfahrensrüge der einzige
zweifelsfrei mit der formellen Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO zu
vereinbarende Weg, um einer derartigen Rüge den Erfolg zu verwehren“.67
Dieser Einschätzung schloss sich der 2. Strafsenat an.68 Das Festhalten des
4. Senats am Verbot der Rügeverkümmerung69 führte zur Entscheidung des
Großen Senats vom 23. April 2007 zur grundsätzlichen Beachtlichkeit einer
rügeentziehenden nachträglichen Protokollberichtigung, die ihre Rechtferti-
gung vor allem in grassierenden (bewusst) unwahren Verfahrensrügen finden
soll. Die Leitsätze dieser Entscheidung kommen schon äußerlich der Einfüh-
rung eines aus drei Absätzen bestehenden § 274a StPO nahe:
„1. Durch eine zulässige Berichtigung des Protokolls kann auch zum
Nachteil des Beschwerdeführers einer bereits ordnungsgemäß erhobenen
Verfahrensrüge die Tatsachengrundlage entzogen werden.

66 Vgl. BGH , Beschl. v. 29. 8. 2007 – 1 StR 387/07 –, BeckRS , Abs.-Nr. 7.


67 BGH , Beschl. v. 12. 1. 2006 – 1 StR 466/05 – juris, Abs.-Nr. 38.
68 BGH , Beschl. v. 31. 5. 2006 – 2 ARs 53/06 – juris, Abs.-Nr. 7.
69 BGH , Beschl. v. 3. 5. 2006 – 4 ARs 3/06 – juris. Ebenso der 5. Strafsenat: Beschl. v.

9. 5. 2006 – 5 ARs 13/06 –, juris.


Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 227

2. Die Urkundspersonen haben in einem solchen Fall vor einer beab-


sichtigten Protokollberichtigung den Beschwerdeführer anzuhören.
Widerspricht er der beabsichtigten Berichtigung substantiiert, sind erfor-
derlichenfalls weitere Verfahrensbeteiligte zu befragen. Halten die Ur-
kundspersonen trotz des Widerspruchs an der Protokollberichtigung fest,
ist ihre Entscheidung mit Gründen zu versehen.
3. Die Beachtlichkeit der Protokollberichtigung unterliegt im Rahmen
der erhobenen Verfahrensrüge der Überprüfung durch das Revisionsge-
richt. Im Zweifel gilt insoweit das Protokoll in der berichtigten Fassung.“
Die Einführung dieses Verfahrens nachträglicher Protokollberichtigung
überschreitet die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung. Auf ein
Berichtigungsverfahren hat der Gesetzgeber aus guten Gründen verzichtet. 70
Der – ohne nähere Begründung auskommende – Hinweis des Großen Senats,
er könne den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber
selbst dann jeden Zweifel an der Richtigkeit des ursprünglichen Protokoll-
inhalts für unberechtigt hielt, wenn eine Protokollberichtigung aufgrund
sicherer Erinnerung der Urkundspersonen erfolgen sollte, geht fehl. Die Ge-
setzesmaterialien lassen keinen Zweifel daran, dass der Gesetzgeber an der
vom Großen Senat postulierten Sicherheit der Erinnerung der Urkundsper-
sonen grundlegende und nachvollziehbare Bedenken hatte (siehe II .). In eine
Bewertung der Erinnerung der Urkundspersonen als im Einzelfall sicher
oder unsicher wollte der Gesetzgeber, wie oben dargelegt, aus nachvollzieh-
baren Erwägungen gerade nicht eintreten. Fehl geht daher auch das Argument,
der Wortlaut von § 274 StPO sei offen, weil er sich auch auf die berichtigte
Fassung des ursprünglichen Protokolls beziehen könne. Eine berichtigte
Fassung des einmal fertiggestellten, formell ordnungsgemäß errichteten Pro-
tokolls hatte der Gesetzgeber bei Schaffung der Norm nicht im Auge. Ihm,
der bei der Normgebung größte Sorgfalt aufwandte und der nicht zuletzt aus
der zur gleichen Zeit beratenen und geschaffenen Zivilprozessordnung um
die Möglichkeit einer Berichtigung von Urkunden wusste, 71 waren aus den
damaligen Partikularrechtsordnungen verschiedene Modelle zur Feststel-
lung wesentlicher Verfahrensverstöße im – dem Revisionsverfahren nicht
unähnlichen – Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde bekannt. Unter diesen
fanden sich auch solche, die – wie die Verfahrensordnung Bremens – alter-
nativ zum Sitzungsprotokoll „das übereinstimmende, auf den Amtseid ge-
leistete Zeugnis sämmtlicher gegenwärtig gewesener Gerichtspersonen“ 72
zuließen oder weitergehend – wie die Verfahrensordnung Württembergs –

70 Wagner ( FN 43) S. 443 f.


71 Ott ( FN 38) S. 132 ff.
72 § 307 der Provisorischen Strafprozeßordnung von Bremen vom 30. Juli 1863, Gesetz-

blatt der Freien Hansestadt Bremen 1863, S. 136, in der Fassung der Revidierten Strafpro-
zeßordnung vom 26. Dezember 1870, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen 1870, S. 141.
228 Dietrich Claus Becker

den Beweis gegen den Inhalt des Protokolls „auf anderem Wege“ 73 ermög-
lichten. Solchen Modellen sprach der Gesetzgeber aus den bekannten Grün-
den die Eignung zur Überprüfung von Verfahrensfehlern ab und entschied
sich im Einklang mit der Mehrzahl der Partikularregelungen für die aus-
schließliche Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls. Das – die Ent-
scheidung tragende – Argument des Großen Senats, die Wahrheitspflicht der
Revisionsgerichte spreche „entscheidend dafür, die Regelung des § 274 StPO
in einer Weise auszulegen, welche die inhaltliche Richtigkeit der Sitzungs-
niederschrift gewährleistet“, 74 geht an der Sache vorbei, weil es entgegen der
gesetzgeberischen Grundentscheidung die Eignung der Sitzungsnieder-
schrift als Mittel zur Wahrheitserforschung in Frage stellt. 75 Die Auslegung
von § 274 StPO durch den Großen Senat droht darauf hinauszulaufen, das
Protokoll so lange zu berichtigen, bis man meint, sich dessen absolute Be-
weiskraft leisten zu können. Das nachträgliche Bemühen um ein richtiges
Protokoll konterkariert die legislative Grundentscheidung zur Verlässlich-
keit des ursprünglichen Protokolls. 76 Zwar wird bei der nachträglichen Be-
richtigung des Protokolls – anders als bei den eidlichen Erklärungen der
Urkundspersonen in der Verfahrensordnung Bremens, gegen die sich der
Gesetzgeber ausdrücklich entschieden hat – keine formell neben dem Pro-
tokoll stehende Erklärung eingeführt, sondern der Inhalt des Protokolls
geändert. Entscheidend für ihre Unzulässigkeit ist aber, dass qualitativ – ge-
rade mit Blick auf die Bedenken des Gesetzgebers gegen eine Rekonstruk-
tion der Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten aus der Erinnerung von
Verfahrensbeteiligten – kein Unterschied besteht zwischen einer Erklärung
der Urkundspersonen, die in dem Protokoll selbst ihren Niederschlag fin-
den, und einer sich von dem ursprünglichen Protokollinhalt distanzierenden
Erklärung der Urkundsperson neben dem Protokoll. Genau letzteres ist
nach dem Willen des Gesetzgebers ausgeschlossen. 77
Von seiner Grundentscheidung, dass das Hauptverhandlungsprotokoll in
seiner ursprünglichen Form eine verlässliche Grundlage für die Klärung der
Einhaltung wesentlicher Förmlichkeiten im Strafprozess ist, ist der Gesetz-
geber nie abgerückt. Die Regelung des § 274 StPO hat alle Änderungen
überlebt. Mehrere Versuche der Normierung eines Verfahrens der nachträg-
lichen Protokollberichtigung wurden seit Inkrafttreten der Strafprozessord-
nung unternommen. 78 Nicht ein einziger führte zu Ergebnissen. 79 Anzuneh-

73 Art. 229 Abs. 6 der Strafprozeßordnung für Württemberg vom 17. April 1868, Regie-

rungsblatt für das Königreich Württemberg 1868, S. 205.


74 BGH ( FN 6) S. 2422 Abs.-Nr. 42.
75 Wagner ( FN 43) S. 449 f.
76 Vgl. Wagner ( FN 43) S. 453.
77 Vgl. Schumann ( FN 22) S. 932, 934.
78 Vgl. Fezer ( FN 22) S. 292. Ausführlich Ott ( FN 38) S. 88 ff., 109 ff.
79 Vgl. Schumann ( FN 22) S. 930.
Paradoxie der Praxis: Klarheit im Klärwerk 229

men, der Gesetzgeber habe eine nachträgliche Protokollberichtigung im


Strafverfahren nicht ausdrücklich verboten und deshalb erlaubt, mutet
umso seltsamer an, als die Reichweite einer solchen Erlaubnis im Dunkeln
bleibt. Der Große Senat scheint gerade nicht von einer unbeschränkten Be-
richtigungskompetenz mit der Rechtsfolge der Beachtlichtkeit in Revisions-
verfahren auszugehen. Dem Protokoll in seiner berichtigten Fassung soll die
Beweiskraft des § 274 StPO nicht zukommen, 80 damit dem Revisionsgericht
die Möglichkeit bleibe, zum Schutz des Beschwerdeführers die Protokoll-
berichtigung zu überprüfen. 81 Das Revisionsgericht prüft, ob sich die Ur-
kundspersonen, denen die falsche Beurkundung bei Fertigstellung des Pro-
tokolls entgangen war, hinreichend sicher sind, dass es dem ursprünglichen
Protokoll an Verlässlichkeit fehlt. Bei Ausfüllung der enormen Spielräume
für konkrete Regelungsmodelle 82 – die für sich genommen die Akzeptanz-
anforderungen an judikative Modelle erhöhen, wenn sie deren Legitima-
tion nicht schon durchgreifend in Frage stellen 83 – ist der Gesetzgeber auf
dieses Modell in all den gescheiterten Reformbemühungen nie gekommen!
Der jetzt eingeführte zeitlich unbeschränkte Unrichtigkeitsnachweis „auf
anderem Wege“ schlägt immerhin die Brücke zur alten Strafprozessordnung
Württembergs – zu einem Modell, das der Gesetzgeber ausdrücklich abge-
lehnt hatte. 84

IV. Everybody’s Free (To Wear Sunscreen)


Klarheit im Klärwerk – um diese Paradoxie aus der Welt der Rechts-
verwalter ist die Welt der staunenden Beobachter reicher geworden. Mag
sein, dass es unruhige Zeiten sind, in denen die Form nicht viel zählt und
das Strafverfahren mit seinen besonderen Förmlichkeiten unter besonde-
ren Rechtfertigungsdruck gerät. 85 Und doch bleibt rätselhaft, weshalb sich
die ohnehin mehr und mehr verschwimmenden Grenzen zwischen Recht-
Anwenden und Recht-Fertigen gerade vor dem Hintergrund klarer Nor-
men auflösen. Und dunkel bleibt, weshalb Klarheit nicht als Heraus-
forderung und Irritation, sondern als Unverträglichkeit und Zumutung

80 Zur Inkonsistenz und Gesetzeswidrigkeit dieser Konstruktion: Fezer ( FN 22) S. 291 f.;

Hebenstreit H RRS 2008, S. 172 <177>; Wagner ( FN 43) S. 454. Weiter: Ott ( FN 38)
S. 163 ff.
81 BGH ( FN 6) S. 2424 Abs.-Nr. 65.
82 Es geht um die konstruktive „Denkbarkeit“ von Modellen. Vgl. dazu Ott ( FN 38)

S. 83 ff., 109 ff.


83 Vgl. Fezer ( FN 22) S. 292; Wagner ( FN 43) S. 454 ff.
84 Vgl. Wagner ( FN 43) S. 453.
85 Vgl. Fezer ( FN 55) S. 911 f. Vgl. weiter Barton StV 2004, S. 332 <335 ff.>; Krawczyk

Die Relativierung der absoluten Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls (§ 274


StPO) in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 2008, S. 258 ff., 293 ff.
230 Dietrich Claus Becker

wahrgenommen wird. Das Scheitern an der Klarheit duldet jedenfalls kein


Eingeständnis, sondern muss verträglich gestaltet werden – über Verrätse-
lung und Verfremdung des Normprogramms. Der Umgang mit der Norm
findet seinen Grund im Umgehen der Norm. Zu rechtfertigen ist dies, auch
jenseits hergebrachter Gewaltenteilungskonzepte, nicht. Diese Paradoxie
der Praxis kritisch zu beschreiben, ist das eine – Gunther Teubners „furcht-
erregend wahre[r], scharfkantige[r]“ 86 Satz „Kritik ohne Gegenvorschlag
zählt nicht“ 87 das andere. „Klarheit aushalten!“ könnte solch ein Vorschlag
sein. Viel leicht.

86 Roellecke FAZ v. 10. 2. 2006, S. 47.


87 Teubner ( FN 1 [2008]) S. 30.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“

Der I. Zivilsenat des BGH und die Paradoxien


des Persönlichkeitsrechts

Gert Brüggemeier

„Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Him-
mel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde“, heißt es in den
zehn Geboten.1 Der Mensch soll sich von Gott kein Bildnis machen, weil kein
von ihm geschaffenes Bild imstande ist, Gott in seiner absoluten Fülle und
grenzenlosen Unbedingtheit zu erfassen. So wohl der Kern insbesondere der
christlichen und islamischen Sicht des Verbots eines Gottesbildnisses.
In der säkularen Post-Aufklärungsgesellschaft wandelte sich die Funktion
des Bildnisverbots – vom religiösen Fixierungsverbot zum personalen Au-
tonomieschutz. Gott ist tot, hat Nietzsche konstatiert. 2 In den westlichen
Gesellschaften geht es heute beim Bildnisverbot nicht länger um Gott, son-
dern um den Götterfunken – die individuelle Personalität und Würde des
Menschen: „Nur mit Zustimmung der abzubildenden Person darfst du dir ein
Bildnis von einem anderen Menschen (und damit Geschäfte) machen“, so die
Maxime des 19. Jahrhunderts. Das Zivilrecht in Deutschland tat und tut sich
schwer mit diesem Schutz der Personalität. Von diesen Schwierigkeiten
handelt dieser Beitrag am Beispiel der kommerziellen Nutzung von Perso-
nenbildern. Es ist ein privatrechtlicher Werkstattbericht zu den Paradoxien
des Persönlichkeitsrechts und mit zivilistischen Variationen zu Exklusion
und Inklusion. Ich widme ihn dem Jubilar als Theoretiker des Rechts, Meis-
ter der Dogmatik und Freund der Rechtsparadoxien in alter Verbundenheit.

I. Die Vorgeschichte
In den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts in Frankreich: Familienangehö-
rige einer berühmten Schauspielerin versammeln sich um das Totenbett der
sterbenden Frau. Sie lassen von ihr eine Zeichnung anfertigen. Von dieser

1 Ex 20,4.
2 Nietzsche Die fröhliche Wissenschaft, Aphorismus 125.
232 Gert Brüggemeier

Zeichnung werden ohne Kenntnis und Zustimmung der Familie Fotos ge-
macht und kommerziell vertrieben. Auf die Zivilklage der Familie hin ver-
urteilt das erstinstanzliche Gericht 1858 den Beklagten auf Herausgabe der
Fotos und Fotoplatten sowie auf Ersatz des Nichtvermögensschadens
(dommage moral): „Niemand darf der Öffentlichkeit ohne die ausdrückliche
Zustimmung der Familie Bilder einer Person auf dem Totenbett zugänglich
machen, wie berühmt auch immer diese Person gewesen ist und wie öffent-
lich auch immer ihre Handlungen gewesen sind. Das Recht, diese Verbrei-
tung zu verhindern, ist absolut. Es folgt aus dem Respekt, den die Trauer
der Familie verlangt, und es darf nicht missachtet werden; sonst würden die
persönlichsten und respektabelsten Gefühle verletzt werden.“ 3
40 Jahre später, am 31. Juli 1898, dringen zwei Hamburger Fotojournalis-
ten nachts in das Zimmer des gerade verstorbenen ehemaligen Reichskanz-
lers Fürst von Bismarck ein und machen bei Magnesiumlicht eine fotografi-
sche Aufnahme von Bismarck auf seinem Totenbett. 4 Sie bieten das leicht
retuschierte Bild in Anzeigen zum Vertrieb als Postkarte an. Ein Verleger er-
wirbt die Rechte an dem Bild für 30.000,– RM und gegen Beteiligung der
Journalisten an dem Gewinn aus dem Vertrieb. Die Kinder des Verstorbe-
nen beantragen eine einstweilige Verfügung, mit der die Bildverbreitung un-
tersagt werden soll. Das LG Hamburg gibt dem Antrag statt und bewegt
sich dabei ganz auf der Linie des Tribunal de la Seine: „Es ist der Regel nach
ein Eingriff in die Rechte der Persönlichkeit der Hinterbliebenen, weil eine
Verletzung ihres Pietätgefühls, wenn man es unternimmt, ohne ihre Zustim-
mung ein Bildnis eines ihnen teuren Verstorbenen anzufertigen, um es der
Öffentlichkeit zu übergeben.“ 5
Der Rechtsstreit gelangte bis zum RG , das vier Tage vor dem Inkrafttreten
des neuen BGB über den Antrag entschied. 6 Es tat sich schwer mit dem Auf-
finden einer Anspruchsgrundlage. Weder das späte Gemeine Recht noch
vorhandene Spezialgesetze wie das Photographieschutzgesetz von 1876 7
noch das 1896 verabschiedete BGB enthielten Persönlichkeitsrechte. Das RG
nahm Zuflucht zu einer Verdinglichung der Problematik. Der Persönlich-
keitsschutz verschwand. Es ging nur noch um die Sachen, die die Journalis-
ten in ihren Händen hatten: Abzüge und Fotoplatten. Damit bewegte sich
das RG wieder in bekannten Bahnen. Diese Sachen waren durch den Haus-
friedensbruch rechtswidrig erlangt und deshalb herauszugeben (condictio ob

3 Tribunal civ. de la Seine, 16. 6. 1858 (Rachel), D. 1858, 3, 62.


4 Zu dem Bild und der Geschichte hinter dem Bild vgl. Koetzle Photo Icons, 2005,
S. 92–97.
5 Keyssner DJZ 1898, S. 486.
6 RGZ 45, 170.
7 Gesetz über den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung v. 10. 1.

1876, RGBl . 1876, S. 8.


„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 233

causam iniustam). Damit war – so scheint es – der erste folgenreiche Schritt


in die falsche Richtung getan.
Verdrängt, aber nicht ganz vergessen, tauchte der Aspekt des Persönlich-
keitsschutzes gegen Bildnismissbrauch bei Gelegenheit der Neufassung des
Kunsturhebergesetzes von 1907 wieder auf. 8 Dieser historische Kontext
markiert möglicherweise einen weiteren Wegweiser in die falsche Richtung.
Der zentrale Unterschied zwischen dem (Persönlichkeits-)Recht am eigenen
Bild als Verteidigung gegen Bildurhebermissbrauch und dem (Verwer-
tungs-)Recht am Bild bleibt unentfaltet. Zudem wird für Streitigkeiten um
das Recht am Bild die Zuständigkeit der Gerichte für den gewerblichen
Rechtsschutz begründet.
Parallel zu dem Literatururhebergesetz von 19019 regelte das Kunsturhe-
bergesetz von 1907 Aspekte des geistigen Eigentums an Kunstwerken und
deren Verwertung, die Sanktionen bei Verletzung des Urheberrechts sowie
das Problem eines Urheberpersönlichkeitsrechts (droit moral). In diesem
Zusammenhang wird auch ein Nebenaspekt mitbehandelt: die rechtlichen
Voraussetzungen der Veröffentlichung von personendarstellenden Fotos
bzw. der Ausstellung von Portraitgemälden („Bildnissen“) durch die Urhe-
ber oder Dritte. Die bis heute geltenden Regelungen der §§ 22–24 KUG
klingen modern: Jede Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung von
personendarstellenden Bildern bedarf der Zustimmung der abgebildeten
Person. Die Herstellung des Bildes wird nicht erfasst; die Paparazzi-Proble-
matik des Bismarckbild-Falles ist unberücksichtigt geblieben. Nach dem
Tod der abgebildeten Person ist 10 Jahre lang eine Veröffentlichung nur mit
Zustimmung der engeren Angehörigen zulässig (§ 22 KUG ). Von diesem
grundsätzlichen Erfordernis des Einverständnisses gibt es vier Ausnahmen
(§ 23 I). Die wichtigste betrifft personendarstellende Bilder („Bildnisse“)
aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 I Nr. 1). Diese Ausnahmen kennen
wiederum eine Gegenausnahme: ein vorrangiges berechtigtes Interesse der
abgebildeten Person (§ 23 II ). Dadurch sollte namentlich verhindert werden,
dass bei Prominenten „Vorgänge des persönlichen, häuslichen und Fami-
lienlebens an die Öffentlichkeit gezogen werden“.10
Die schuldhaften Urheberrechtsverletzungen führten nach anerkannten
Grundsätzen zu einem zivilrechtlichen Schadensersatz (§ 31). Vorsätzliche
Verstöße gegen §§ 22, 23 wurden strafrechtlich sanktioniert: Geldstrafe
(§ 33) und – auf Antrag des Verletzten – Bußzahlung (§ 35).

8 Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie

v. 9. 1. 1907, RGBl . 1907, S. 7; vgl. dazu Schricker/Götting, Urheberrecht, 3. Aufl. 2006,


Anh. § 60 (§§ 22–24 KUG ).
9 Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst v. 19. 6. 1901,

RGBl . 1901, S. 227.


10 Verh. RT 1905/1906, Anl. Bd. II , S. 1541.
234 Gert Brüggemeier

Das „Recht am eigenen Bild“, wie es genannt wurde, war jedoch lediglich
eine Fußnote zum Urheberrecht. Als Persönlichkeitsrecht wurde es nicht
wahrgenommen. Für die Verletzung des „Rechts am eigenen Bild“ konnte
sich ein ziviler Schadensersatz nach BGB -Recht lediglich auf dem Umweg
über den Schutzgesetzverstoß (§ 823 II BGB i.V.m. § 22 KUG ) ergeben.
Dies führte aber nur zu Naturalrestitution (§ 249) und Vermögensschadens-
ersatz (§ 251) sowie zu Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen. An-
ders als im französischen Recht war der Weg zum Nichtvermögensscha-
densersatz durch § 253 BGB versperrt.
„Ein allgemeines subjektives Persönlichkeitsrecht“, so brachte das RG die
herrschende Meinung in Deutschland 1908 zum Ausdruck, „ist dem gelten-
den bürgerlichen Recht fremd.“ 11 – In Frankreich wurde etwa gleichzeitig
eine erste systematische Bestandsaufnahme der Persönlichkeitsrechte vorge-
nommen.12 Perreau verstand unter Persönlichkeitsrechten ein sehr breit ge-
fasstes Bündel von Selbstbestimmungsrechten über den eigenen Körper bis
hin zu Ehre und Privatheit. Entscheidend war die Betonung des höchstper-
sönlichen Charakters dieser Persönlichkeitsrechte und ihres Unterschieds
zu den Immaterialgüterrechten: Unübertragbarkeit, Nicht-Vererblichkeit,
Unverzichtbarkeit, Nicht-Vermögenswert. Dieses Verständnis vom Son-
derstatus der Persönlichkeitsrechte hat sich in der Folgezeit in Frankreich
durchgesetzt. Der Bildnisschutz unterfällt dem allgemeinen Deliktsrecht der
Artt. 1382, 1383 C. civ. Der Privatheitsschutz ist seit 1970 durch eine Son-
dervorschrift im Code civil geregelt.
In Deutschland nahm der Sonderweg der Suppression der ideellen Persön-
lichkeitswerte durch das Privatrecht seinen Anfang mit der zunehmenden
Verdrängung der actio iniuriarum aus dem Gemeinen Recht etwa ab Mitte des
19. Jahrhunderts.13 Er fand seine Fortsetzung mit der Streichung der Ehre als
deliktsrechtlich geschütztem persönlichen Rechtsgut aus dem späteren § 823 I
in der Schlussphase des BGB -Gesetzgebungsprozesses.14 Das deutsche BGB -
Recht war so weltweit wohl das einzige Privatrecht, das keinerlei Möglichkeit
einer Geldentschädigung bei Würde- und Ehrverletzungen vorsah. Dies wie-
derum führte dazu, dass sich außerrechtliche Formen des „Ehrenhandels“ in
Deutschland länger hielten als in anderen westlichen Ländern.15 Sein Ende

11 RGZ 69, 401, 403 – Nietzsche-Briefe.


12 Perreau Des droits de la personnalité, RTD civ. 1909, 501.
13 Vgl. dazu Moosheimer Die actio iniuriarum aestimatoria im 18. und 19. Jahrhundert,
1997.
14 Mugdan II S. 1078; Jakobs/Schubert Schuldverhältnisse III , S. 898 ff. – Anders in Japan,

wo die Fassung des ersten Entwurfs des BGB mit der Ehre als geschütztem Rechtsgut in
Art. 709 ZGB übernommen worden ist und sich so unter Art. 709 ein Persönlichkeits-
schutz ungehindert entwickeln konnte.
15 Zum Duell(un)wesen vgl. Frevert Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesell-

schaft, 1991.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 235

fand dieser etwa 100jährige Sonderweg in den 50er Jahren des 20. Jahrhun-
derts mit der richterrechtlichen Anerkennung eines zivilrechtlichen allgemei-
nen Persönlichkeitsrechts als „sonstigem Recht“ i.S. des § 823 I BGB .
Damit war das dritte ungünstige Vorzeichen für die Entwicklung des Per-
sönlichkeitsschutzes in Deutschland gesetzt worden. „Sonstige Rechte“ i.S.
des § 823 I BGB sind eigentumsähnliche Ausschließlichkeitsrechte an Sa-
chen oder Gegenständen. Ein derartiges Ausschließlichkeitsrecht ist das
allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht. Medicus spricht insoweit zu Recht
vom Persönlichkeitsrecht als einer „juristischen Missgeburt“.16 Es ist kein tra-
ditionelles absolutes subjektives Recht. Beim Persönlichkeitsrecht geht
es um Würde-, Entfaltungs- und Autonomieschutz. Die geschützten Per-
sönlichkeitsinteressen stehen auf derselben Stufe wie die personalen Rechts-
güter Leben, Körper, Gesundheit, Bewegungsfreiheit. Der „subjektive
Rechts“-Jargon ist reine Metaphorik und taktisch bedingt. Nur auf diese
Weise ließ sich bei der gesetzlichen Ausgangslage mit den Mitteln des Rich-
terrechts der Schutz der Persönlichkeitsinteressen im BGB -Deliktsrecht
durchsetzen. Der Scharnierbegriff „sonstiges Recht“ diente als Portal. Das
allgemeine Persönlichkeitsrecht ist lediglich ein Oberbegriff für unterschied-
liche Persönlichkeitsinteressen – Würde, Ehre, Privatheit, Selbstbestim-
mung, Identität – denen nunmehr deliktischer Schutz zukommen soll.17 Da-
mit hätte sich unter den Ausgangsbedingungen, wie sie nun einmal waren,
leidlich leben lassen, wenn aus diesen Begleitumständen keine falschen
Schlüsse gezogen worden wären.

II. Der I. ZS des BGH als Demiurg des allgemeinen


Persönlichkeitsrechts
Der Demiurg des neuen privatrechtlichen Persönlichkeitsschutzes in
Deutschland war der I. ZS des BGH . Mit drei grundlegenden Urteilen in
sechs Jahren bestimmte er maßgeblich die weitere Entwicklung dieses
Rechtsgebiets. Diese führte in die falsche Richtung – weg vom Autonomie-
hin zum Vermögensschutz. Was bei Art. 1 I und 2 I GG begann, endete bei
Art. 14 I GG . Der (deliktsrechtliche) VI . ZS hinkte der Entwicklung hinter-
her. Er versuchte andere Akzente zu setzen,18 konnte den Gang der Dinge
aber nicht korrigierend beeinflussen.

16 Medicus Bürgerliches Recht, 21. Aufl. 2007, Rn. 615. Ebendort: „Ein Persönlichkeits-

recht als ‚sonstiges Recht‘ ist abzulehnen.“


17 Vgl. als Umsetzung dieses Programms Brüggemeier Haftungsrecht. Struktur, Prinzi-

pien, Schutzbereich, 2006, S. 264 ff.


18 Grdl. BGHZ 35, 363 – Ginseng; BGHZ 128, 1 – Caroline von Monaco I; G. Müller

VersR 2008, S. 1141.


236 Gert Brüggemeier

1. BGHZ 13, 334 – Schacht-Leserbrief


Die Geschichte ist bekannt; deshalb hier nur das Nötigste. Mit einem
Paukenschlag präsentierte der I. ZS am 25. 5. 1954 der überraschten interes-
sierten Öffentlichkeit einen neuen juristischen Sprössling: das zivilrechtli-
che allgemeine Persönlichkeitsrecht.19 Die Überraschung hielt auch nach der
Lektüre der Entscheidung an. Weder fand sich in dem Urteil eine Begrün-
dung für diesen Schritt, noch bot der konkrete Fall Veranlassung zu diesem
dramatischen juristischen Schöpfungsakt.
An Stelle einer Begründung findet sich ein einziger, mittlerweile berühmt
gewordener, zirkulärer Satz: „Nachdem nunmehr das Grundgesetz das
Recht des Menschen auf Achtung seiner Würde und das Recht auf Entfal-
tung seiner Persönlichkeit auch als privates (!), von jedermann zu achtendes
Recht anerkannt hat, soweit …, muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht
als ein verfassungsmäßig gewährleistetes Grundrecht angesehen wer-
den.“ 20 – Wohl wahr! Nur als privates Recht hat die Verfassung des Grund-
gesetzes das Persönlichkeitsrecht gerade nicht anerkannt, was Art. 1 III GG
unmissverständlich klar stellt. Anlass zu diesem bahnbrechenden Schritt,
mit einer langjährigen Rechtstradition zu brechen, bot der Sachverhalt auch
nicht. Für das auf Korrektur der unzutreffenden Sachdarstellung, er habe ei-
nen Leserbrief an die Welt am Sonntag geschrieben, gerichtete Klagebegeh-
ren des Anwalts von Dr. Schacht hätte es genügt, das Urteil des Landgerichts
wieder herzustellen. Das hatte der Klage – lege artis – aus §§ 823 II i.V.m.
§§ 186, 187 StGB , 249 BGB stattgegeben. 21 Der I . ZS dagegen stützt seine
Entscheidung direkt auf § 823 I BGB und die Verletzung des Persönlich-
keitsrechts!
Trotz aller methodischen Mängel und sonstigen Vorbehalte: In ihrem Er-
gebnis ist die Entscheidung des I . ZS aller Ehren wert. Sie ist allerdings un-
zweifelhaft kein Akt der Rechtsanwendung und deshalb auch nicht an deren
Kriterien zu messen, sondern ein judizieller coup d’état. Über die Motive
und Hintergründe der Richter zu diesem dramatischen Schritt zu diesem
Zeitpunkt darf gerätselt werden. Es gibt verschiedene Erklärungsvarianten.
Die öffiziöse Variante liest sich so: In der juristischen Konstitutionsphase
der BRD nach der politischen Stunde Null habe der I . ZS eine nicht län-
ger tragbare Rechtslage – fehlender deliktischer Persönlichkeitsschutz –
kraft höchstrichterlichen Gestaltungswillens korrigiert. Honi soit qui mal y
pense. – Etwas anders lautet eine weniger vorteilhafte Variante: Das Ganze
sei das Produkt eines Nazi-Old Boys’ Network gewesen. Mit Hilfe des allge-

19 BGHZ 13, 335 = NJW 1954, 1404 = JZ 1954, 698 m. Anm. Coing – Schacht-Leserbrief.
20 S. 338 (Hervorhebungen von mir – G.B. Die Auslassungen betreffen die Wiedergabe
der in Art 2 I GG aufgeführten Schranken der „Rechte anderer“, etc.).
21 Das Oberlandesgericht konnte dagegen Anfang der 50er Jahre darin, dass jemand zu

Unrecht in das Licht gerückt wurde, ein Nazi zu sein, keine Rufschädigung sehen.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 237

meinen Persönlichkeitsrechts sollte versucht werden, die Vergangenheits-


aufarbeitung von Alt-Nazis in Wirtschaft, Politik und Justiz durch die Me-
dien zu verhindern. 22

2. BGHZ 20, 345 – Paul Dahlke


Zwei Jahre später – 1956 – zeigte der Sprössling erstmalig sein kommer-
zielles Gesicht. Ein Pressefotograf hatte von dem seinerzeit bekannten
Theater- und Filmschauspieler Paul Dahlke Aufnahmen auf einem Motor-
roller gemacht, die mit Einwilligung Dahlkes in der Zeitschrift „Film und
Funk“ veröffentlicht werden sollten. Stattdessen stellte der Fotograf diese
Fotos zusammen mit den Aufnahmen anderer Prominenter dem Hersteller
des Motorrollers gegen Entgelt für Werbezwecke zur Verfügung. Der I . ZS
gab der Klage Dahlkes auf Geldentschädigung in Höhe der üblichen Lizenz-
gebühr statt: aus Delikt gegen den Pressefotografen (§ 823 II i.V.m. § 22
KUG ); aus Eingriffskondiktion (§§ 812, 818 II ) gegen den Motorrollerher-
steller. 23
Dieses grundlegende Urteil des I . ZS zum Persönlichkeitsrecht ist durch
einen nicht aufgelösten Widerspruch gekennzeichnet. Es hat einen persön-
lichkeitsrechtlichen und einen immaterialgüterrechtlichen Teil. Es kommt
zwischen ihnen nicht zum Ausgleich; der zweite Teil schluckt am Ende den
ersten.
Im ersten Teil sucht der I . ZS das neu geschaffene Persönlichkeitsrecht mit
dem Rechtsschutz nach den §§ 22 ff. KUG zu kompatibilisieren. Das Recht
der abgebildeten Person, „darüber zu entscheiden, ob, wann und unter wel-
chen Umständen (ihr) Bildnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wer-
den darf, ist, …, kein Urheberrecht, sondern seinem Wesen nach ein Persön-
lichkeitsrecht.“ 24 Das „geschützte Rechtsgut“ sei die allein der abgebildeten
Person („als natürliche Folge ihres Persönlichkeitsrechts“) zustehende freie
Entscheidung über die Veröffentlichung. Dieses Selbstbestimmungsrecht
wird in Fällen der vorliegenden Art nicht durch § 23 I Nr. 1 – Abbildungs-
freiheit von sog. Personen der Zeitgeschichte – eingeschränkt. Die nicht au-
torisierte Benutzung von Bildnissen berühmter Personen für Werbezwecke
stelle vielmehr eine Verletzung von deren „berechtigten Interessen“ i.S.
des § 23 II dar. So weit, so gut. Wie aber nun bei der gegebenen Gesetzes-
lage von der Verletzung einer geschützten „Persönlichkeitssphäre“ zu einem
Schadensersatz kommen?
Es sei „anerkannten Rechts, dass auch die Verletzung von Persönlichkeiten
vermögensrechtliche Ersatzansprüche auslösen kann“. Mit diesem Ober-

22 Vgl. dazu S. Gottwald Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, 1996, S. 62 ff.


23 BGHZ 20, 345 = NJW 1956, 1554 = JZ 1956, 657 m. Anm. Kleine – Paul Dahlke.
24 S. 347 (Hervorhebungen von mir – G.B.).
238 Gert Brüggemeier

satz beginnt der zweite Teils des Urteils. 25 Was damit gemeint ist, bleibt un-
klar. Persönlichkeitsrechte können es nicht gewesen sein, denn die gab es
erst seit zwei Jahren. Genauso wenig kann es sich um normale Personen-
schäden handeln. Wahrscheinlich ist die Rechtsprechung des RG zu § 826
gemeint. 26 Belege werden jedoch nicht angeführt. Das mit diesem Eröff-
nungssatz überspielte Dilemma für den I . ZS bestand in Folgendem: Eine
schuldhafte Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Dahlke lag vor, aber
sie hatte zu keinem via Differenzhypothese feststellbaren Vermögensscha-
den bei ihm geführt. 27 Ein Nichtvermögensschadensersatz für Persönlich-
keitsrechtsverletzungen – wie in Frankreich seit über 100 Jahren praktiziert
und heute auch in Deutschland eine Selbstverständlichkeit – war 1956
scheinbar (noch) jenseits der Vorstellungen der Richter des I . ZS , obwohl
durch § 35 KUG die nicht-immaterialgüterrechtliche Richtung deutlich
vorgegeben war. Der Ausweg bestand – wie beim RG im Bismarckbild-
Fall 1899 – in der Flucht in das Bereicherungsrecht und in die Vergegen-
ständlichung des Persönlichkeitsrechts. Dahlke hatte zwar keinen Schaden,
aber der Motorrollerhersteller hatte durch sein objektiv rechtswidriges Vor-
gehen einen Vorteil erlangt. Ihm den zu belassen, widersprach Billigkeit
und Gerechtigkeit. „A tort must not pay.“ Die anerkannten Grundsätze des
gewerblichen Rechtsschutzes würden hier gleichermaßen zu einem delik-
tischen Schadensersatz (dreifache Schadensberechnung) und zu einem
bereicherungsrechtlichen Wertersatz (Eingriffskondiktion) in Höhe einer
ersparten Lizenzgebühr führen – unter einer Voraussetzung: Ein vermögens-
wertes Ausschließlichkeitsrecht musste her. Also wurde aus dem personalen
Selbstbestimmungsrecht ein alleiniges Recht, frei zu entscheiden; daraus ein
ausschließliches Recht und daraus wieder ein Ausschließlichkeitsrecht an
seinen Persönlichkeitsmerkmalen. Unterstützend kam die Qualifizierung
des Persönlichkeitsrechts als „sonstiges Recht“ i.S. des § 823 I BGB hinzu. 28
Vermögenswert wurde diesem Ausschließlichkeitsrecht zugesprochen, weil
es die – durch Sachverständigengutachten festgestellte – Usance gab, dass
bekannte Künstler sich auf derartige Werbung gegen Zahlung einer Vergü-
tung einließen. Ob Dahlke selbst Werbeverträge in der Vergangenheit abge-
schlossen hatte, wird nicht angesprochen. Die Schlussfolgerung des I . ZS :
„Es handelt sich somit um einen unzulässigen Eingriff in ein fremdes vermö-
genswertes Ausschließlichkeitsrecht, für dessen Ausgleich die gleichen Bil-
ligkeitserwägungen zum Tragen kommen, die in der Rechtsprechung bei

25 S. 352 (Hervorhebung von mir – G.B.).


26 Vgl. dazu statt vieler Gottwald aaO., S. 35 ff.
27 Es liegt auch kein entgangener Gewinn vor, da nicht ersichtlich ist, dass Dahlke da-

durch an irgendeinem anderweitigen Verkauf seines „Bildes auf dem Motorroller“ gehin-
dert worden wäre.
28 Implizit bereits in BGHZ 13, 334 erfolgt; explizit durch den VI . ZS mit Urteil v. 2. 4.

1957, BGHZ 24, 72 – Gesundheitszeugnis.


„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 239

Verletzung von Urheber- und Patentrechten zur Anerkennung einer Scha-


densberechnung nach der entgangenen Vergütung geführt haben.“ 29
Die persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse der abgebildeten Person an
ihrem Bilde, eingeführt zur Abwehr von Veröffentlichungsmissbrauch, sind
so, eins, zwei, drei, selbst zu Quasi-Urheberrechten uminterpretiert ge-
worden. Aus dem auf Würde- und Autonomieschutz angelegten Persön-
lichkeitsrecht (Art. 1 I und 2 I GG ) ist, was das Recht am eigenen Bild
anbelangt, innerhalb von nur zwei Jahren ein reguläres „sonstiges“ Vermö-
gensrecht (Art. 14 I GG ) geworden. Damit setzte sich der I . ZS nicht nur
über Warnungen im Schrifttum hinweg, keine Parallelen zu den klassischen
Herrschaftsrechten zu ziehen; er ignorierte auch die legislativen Vorgaben
des KUG 1907. Das hatte den Vermögensschadensersatz auf schuldhafte Ur-
heberrechtsverletzungen beschränkt und eine strafrechtliche Bußzahlung
bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen §§ 22, 23 vorgesehen. Das Dahlke-
Urteil vollzieht dagegen eine atemberaubende Transsubstantiation von
einem Persönlichkeitsrecht als Würde- und Autonomieschutz (Teil 1) zu
einem hybriden „Ausschließlichkeitsrecht an der eigenen Persönlichkeit“
(Teil 2). Dies hat zumindest mit korrekter Rechtsanwendung wenig zu tun.
Ein Eigentumsrecht an der Person war übrigens schon für Savigny 1840 eine
Horrorvorstellung, die ihn bewogen hatte, auf die Kategorie des Persön-
lichkeitsrechts zu verzichten. 30 Diese Transsubstantiation erfolgte durch
denselben Senat, der erst zwei Jahre zuvor mit großem verfassungsrecht-
lichen Pathos den Bruch mit der pandektistischen Fokussierung des BGB -
Privatrechtssystems auf subjektive Vermögensrechte vollzogen und ein heh-
res Persönlichkeitsrecht in die Welt gesetzt hatte. Willkommen im Club –
allgemeines Persönlichkeitsrecht!
Die für einiges Aufsehen sorgenden späteren Marlene Dietrich-Entschei-
dungen 31 beinhalten demgegenüber in der Sache wenig Neues. Sie ziehen le-
diglich die offenkundige Konsequenz aus der Dahlke-Doktrin: Ein als ein
vermögenswertes subjektives Ausschließlichkeitsrecht auftretendes Persön-
lichkeitsrecht ist auch übertragbar und vererblich. Dass jedoch ausgerechnet
der schwach ausgeprägte postmortale Persönlichkeitsschutz 32 neben dem ne-
gatorischen Rechtsschutz auf einen Vermögensschadensersatz angewiesen
ist, bedarf statt einer wohlfeilen Behauptung noch einer überzeugenden Be-

29 S. 353/354 (Hervorhebung von mir – G.B.).


30 Savigny Das System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, 1840, § 53. Anders als
seine Nachfolger hielt Savigny an dem Schutz von Würde und Ehre durch die actio iniu-
riarum fest. Vgl. dazu Ebert Pönale Elemente im deutschen Privatrecht, 2004, S. 233/234.
31 BGHZ 143, 214 = NJW 2000, 2195 = JZ 2000, 1056 m. Anm. Schack – Marlene Die-

trich; BGH , NJW 2000, 2201; BVerfG , WRP 2006, 1361 – Blauer Engel.
32 Art. 2 I GG entfällt als verfassungsrechtlicher Bezugpunkt! Es geht nur noch um nach-

wirkenden Würdeschutz. Vgl. dazu auch BVerfG , WRP 2006, 1361.


240 Gert Brüggemeier

gründung. (Zudem hätte dieses Ergebnis wohl in beiden Fällen auch wett-
bewerbsrechtlich (§ 1 UWG a.F.) begründet werden können.)

3. BGHZ 26, 349 – Herrenreiter


Erneut nur zwei Jahre später – der Sprössling wächst und gedeiht – die
überraschende persönlichkeitsrechtliche Wiedergeburt. Geburtshelfer ist
diesmal ein Kölner Brauereibesitzer und Herrenreiter. Der Sachverhalt ist
vergleichbar dem des Dahlke-Falles. Wieder wird unbefugt mit einem Per-
sonenbild Produktwerbung betrieben. Warum also nicht den Fall, wie es die
Vorinstanzen getan haben, nach der Dahlke-Doktrin entscheiden? Worin
bestehen die qualitativen Unterschiede? Hier ein Prominenter – dort ein in
der Öffentlichkeit Unbekannter? Hier das seriöse Produkt Motorroller –
dort das anstößige Produkt sexuelles Stärkungsmittel? Hier die zumindest
abstrakt gegebene Bereitschaft zum Vertragsschluss – dort der definitive
Ausschluss eines entsprechenden Vertragsschlusses? Dass insbesondere der
letzte Aspekt – entgegen verbreiteten Darstellungen in der Literatur 33 – kei-
nen Ausschlag gegeben hat, macht der I. ZS unmissverständlich klar: Da-
rauf, ob später tatsächlich ein Vertrag geschlossen worden wäre, komme es
nicht an. 34
Nun, es ist der fehlende Vermögensschaden! Man ist verwundert. Der
I. ZS hatte doch gerade erst dekretiert, dass das persönlichkeitsrechtliche
„Recht am eigenen Bild“ ein vermögenswertes Ausschließlichkeitsrecht sei.
Für den Vermögenswert sei ausreichend, dass es einen Markt gibt, d. h. Per-
sonen, die ihre Persönlichkeitsmerkmale (Bild, Name, Stimme, etc.) gegen
Entgelt kommerzialisieren lassen. Mit der Verletzung dieses Ausschließlich-
keitsrechts am eigenen Bild sei ein fiktiver Vermögensschaden und eine
bereicherungsrechtliche Benachteiligung gegeben (Dahlke-Doktrin). Der
Brauereibesitzer soll dagegen keinen Ersatz „eines gar nicht vorhandenen
Vermögensschadens“ verlangen, 35 sondern er begehre eine fühlbare Genug-
tuung für einen widerrechtlichen Eingriff in seine durch § 22 KUG und
Art. 1 I und 2 I GG „geschützte Persönlichkeitssphäre“. 36 Das ist Teil 1 des
Dahlke-Urteils. Dort hatte der I. ZS diese Genugtuung verweigert. Herren-
reiter dreht das Dahlke-Urteil gewissermaßen um: Teil 1 verschlingt nun
Teil 2. Einen Vermögensschaden hatte auch Dahlke unzweifelhaft nicht; le-
diglich der werbende Unternehmer hatte in beiden Fällen einen Vorteil.

33 Vgl. insbes. Helle JZ 2007, 444.


34 BGHZ 26, 349, 352.
35 Auch ein Bereicherungsanspruch entfalle, „weil der Kläger eine vermögensrechtliche

Benachteiligung nicht erfahren habe (auch Dahlke nicht; aber das beklagte Unternehmen
hatte auch hier einen entsprechenden Vorteil – G.B.) und demzufolge auch eine Vermö-
gensverschiebung … nicht gegeben ist“ (S. 353/354).
36 S. 353. – Zur Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes grdl. BGHZ ( GS ) 18, 149.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 241

Dies kann deshalb nicht den Unterschied ausmachen. Mit Herrenreiter geht
der I. ZS vielmehr hinter Dahlke zurück zu Schacht-Leserbrief. 37 Bei dem
Brauereibesitzer geht es re vera gar nicht mehr um das Recht am Bild, be-
troffen sind vielmehr fama und dignitas, die klassischen Schutzgegenstände
der actio iniuriarum. Es geht wieder um den Würde- und Achtungsschutz
der Person (Art. 1 I und 2 I GG ), um ihren „sozialen Geltungsanspruch“.
Der I. ZS gibt hier nun die Antwort, die er konsequenterweise schon im
Dahlke-Urteil hätte geben sollen: Die Persönlichkeitsrechtsverletzung ist mit
einer billigen Entschädigung in Geld zu sanktionieren. Diese Rechtfolge sieht
der I. ZS nun auch – zu Recht – in der Tradition der Bußzahlung, die § 35
KUG für (vorsätzliche) Verletzungen des Rechts am Bild eröffnet hatte. 38
Neo-Pandektisten mögen mit Fug und Recht die Schacht-Leserbrief-Ent-
scheidung kritisieren, was nicht passiert ist. Dagegen Herrenreiter zu ver-
urteilen, wie es jahrzehntelang ein Großteil des akademischen Schrifttums
getan hat, macht keinen Sinn. Dieses Urteil zieht nur die zwingende scha-
densrechtliche Konsequenz aus der 54er-Entscheidung (ebenso wie Marlene
Dietrich 39 nur Konsequenzen aus Dahlke gezogen hat). Dass diese Geldzah-
lung kein Schmerzensgeld im orthodoxen Sinn ist, sondern eine aus der
Wertordnung und dem Schutzauftrag der Verfassung abgeleitete Geld-
entschädigung sui generis für nicht-restituierbare Per se-Schäden in Fällen
von Persönlichkeitsverletzungen, ist mittlerweile vom VI . ZS des BGH
anerkannt worden. 40 Die gekünstelte Analogie einer „Freiheitsberaubung
im Geistigen“ 41 war ein zeitbedingter, überflüssiger argumentativer Umweg
zum richtigen Ziel.
Herrenreiter hat mit Ginseng 42 die Absegnung durch den zuständigen VI .
ZS und mit Soraya 43 die Weihen des BVerfG erhalten. Allerdings hat auch der
VI . ZS vorschnell das allgemeine Persönlichkeitsrecht in traditionelle – dies-
mal deliktsrechtliche – Schemata gepresst. Das Erfolgsunrechtskonzept
passte hier nicht; die Unbestimmtheit des Tatbestandes machte eine Güter-
und Interessenabwägung nötig. In seinem berechtigten Bemühen, nicht
schon jede geringfügige Verletzung von Persönlichkeitsinteressen mit einer
billigen Entschädigung in Geld zu kompensieren, legte er die Hürden zu
hoch: Nur schwere Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die sich
nicht auf andere Weise beseitigen ließen, sollten zu einer billigen Entschädi-
gung in Geld führen. 44 Unerhebliche Beeinträchtigungen werden schon

37 Die entscheidende Passage dieses Urteils wird fast wörtlich wiederholt; vgl. S. 356.
38 Vgl. S. 357.
39 Vgl. Fn. 31.
40 Vgl. insbes. BGHZ 128, 1 (Caroline von Monaco I).
41 Vgl. S. 356.
42 BGHZ 35, 363.
43 BVerfGE 34, 269 = JZ 1973, 662 m. Anm. Kübler.
44 BGHZ 35, 363, 368/369.
242 Gert Brüggemeier

durch die gewohnheitsrechtliche de minimis-Regel ausgeschlossen. Nicht


unerhebliche Verletzungen des Persönlichkeitsrechts müssen dagegen sank-
tioniert werden. Alles andere wäre ein Widerspruch zu der deliktsrecht-
lichen Behandlung einfacher Eigentums- und Körper-/Gesundheitsverlet-
zungen. Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht geht es um höchste
verfassungsrechtliche Werte (Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ).

4. Zwischenergebnis
Mit diesen drei Urteilen hat der I. ZS die Doppelnatur des neuen juristi-
schen Weltenbürgers „allgemeines Persönlichkeitsrecht“ festgeschrieben:
Das Persönlichkeitsrecht „an“ den eigenen Persönlichkeitsmerkmalen (Bild,
Name, Stimme, typisches Gehabe) ist ein vermögenswertes Ausschließlich-
keitsrecht. Die immaterialgüterrechtlichen Grundsätze finden Anwendung.
Das Persönlichkeitsrecht, das auf Würde- und Autonomieschutz zielt, bleibt
ein nicht-vermögenswertes, nicht-verfügbares persönliches „Recht“. Man
spricht mittlerweile von den kommerziellen und den ideellen Bestandteilen
des einen allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 45 Begriffe und Konzept schei-
nen aus dem monistischen deutschen Urheberrecht zu stammen. Das Ver-
hältnis beider Persönlichkeitsrechts-Bestandteile zueinander bleibt prekär.
Die Konsequenz aus dieser Doppelnatur wäre die doppelte Sanktionierung
in einem Fall wie Herrenreiter: Lizenzgebühr und billige Entschädigung in
Geld. 46

III. BGHZ 169, 340 – Lafontaine


Diese Entscheidung kann als Beitrag des I. ZS zum 50. Jubiläum von
Dahlke betrachtet werden. Zum Sachverhalt: Die Leasinggesellschaft des
deutschen Autovermieters Sixt AG startete 1999, nach dem überraschenden
Rücktritt des seinerzeitigen Wirtschafts- und Finanzministers Oskar Lafon-
taine, eine Zeitungsanzeige. Die Anzeige enthielt Porträtaufnahmen sämt-
licher 16 Mitglieder der damaligen Bundesregierung. Das Bild von Lafontaine
war durchgestrichen. Unter den Fotos fand sich folgender Anzeigentext:
„Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit.“ 47 Lafontaine
klagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Beide Vorinstanzen gaben

45 Seit BGHZ 143, 214 – Marlene Dietrich; unterstützend insbes. Götting Persönlich-

keitsrechte als Vermögensrechte, 1995; abl. u. a. Peifer Individualität im Zivilrecht, 2001,


S. 291 ff.
46 Für eine Komplementarität der immaterialgüterrechtlichen und persönlichkeitsrecht-

lichen Rechtsfolgen u. a. Schricker/Götting Urheberrecht, 2006, Anh. § 60, §§ 33–50 KUG ,


Rn. 19.
47 Abgedruckt BGHZ 169, 340, 341.
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 243

der Klage in Höhe von 100 000 3 statt. Der I. ZS hob auf und wies die Klage
ab.
Wie Dahlke hat auch Lafontaine zwei unverbundene Teile: einen immate-
rialgüterrechtlichen und einen persönlichkeitsrechtlichen. Herrenreiter und
die Folgeentscheidungen des VI . ZS hatten den Boden bereitet für eine sach-
gerechte zivilrechtliche Sanktionierung von Verletzungen der Persönlich-
keit: billige Entschädigung in Geld. Diese Voraussetzungen waren bei
Dahlke 1956 noch nicht gegeben. In dem ersten – immaterialgüterrecht-
lichen – Teil des Urteils geht der I. ZS nun jedoch wieder hinter Herrenreiter
zurück zu Dahlke und radikalisiert gleichzeitig dessen Ansatz. Jede unbe-
fugte Verwendung eines Persönlichkeitsmerkmals für Werbezwecke (hier:
Bild) stelle einen „Eingriff in den vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt
des Rechts am eigenen Bild wie auch des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (!)
dar und begründet grundsätzlich … einen (deliktischen und bereicherungs-
rechtlichen) Anspruch auf Zahlung der üblichen Lizenzgebühr.“ 48 Gleich,
ob Kind oder Erwachsener, ob Berühmtheit oder Unbekannter – die unau-
torisierte Kommerzialisierung der Persönlichkeit durch das werbende Un-
ternehmen führt nun automatisch auch zur Kommerzialisierung des Per-
sönlichkeitsrechts. 49 Dulde und liquidiere! Die konkrete Bereitschaft der
Parteien, Lizenzen zu gewähren bzw. zu nehmen, spielt keine Rolle. Das
war – entgegen I. ZS 50 – sowohl in Dahlke als auch in Herrenreiter schon so.
Neu ist: Auf den (abstrakten) Vermögenswert des Persönlichkeitsmerkmals
kommt es auch nicht mehr an. Eine weitere Paradoxie: Liquidiere, auch
wenn dein Bild nichts wert ist.
Bei dem im Vordergrund stehenden Bemühen, den Bereicherungsgegen-
stand, die Nutzung des Persönlichkeitsmerkmals (Bild, Name, Stimme,
etc.), abzuschöpfen 51, gerät der Autonomieschutz aus dem Blick. Herren-
reiter scheint beschränkt auf Fallkonstellationen, in denen der Automatis-
mus des immaterialgüterrechtlichen Delikts- und Bereicherungsausgleichs
(aus welchen Gründen?) nicht zum Zuge kommt und stattdessen (oder da-
neben?) der Persönlichkeitsschutz nach § 823 I BGB zur Anwendung ge-
langt. Rufschädigung durch sexistische oder rassistische Werbung? Der so-
ziale Achtungsanspruch einer Person wird immer beschädigt, wenn er oder
sie für fremde kommerzielle Interessen welcher Art auch immer instru-
mentalisiert wird. Dieser kondiktionsrechtliche „Dahlke über alles“-An-
satz von Lafontaine mag für die einschlägigen Verkehrskreise leicht hand-

48 BGHZ 169, 340, 344 (Hervorhebungen von mir – G.B.).


49 Interessanterweise geht der aktuelle Geschäftsverteilungsplan des BGH insoweit
(I. ZS Nr. 1) von Streitigkeiten über „ein allgemeines Persönlichkeitsrecht“ aus, „das vom
Berechtigten (!) kommerziell (wie ein Immaterialgüterrecht) verwertet wird.“ Gerade an
dieser Voraussetzung fehlt es in den Fällen von Dahlke bis Lafontaine!
50 S. 344/345.
51 Vgl. dazu S. 344. – Zum Recht am Namen vgl. jetzt BGH, NJW 2008, 3782.
244 Gert Brüggemeier

habbar und berechenbar sein. Er mag auch nicht verfassungswidrig sein 52, –
privatrechtsdogmatisch und rechtsethisch ist er alles andere als überzeu-
gend.
Doch auch in Lafontaine ist der I. ZS wieder für eine Überraschung gut.
Er führt in der Tat eine Schranke ein, allerdings ganz anderer Art. Zwar gilt
seit Dahlke, dass – kunsturheberrechtlich gesprochen – in der unautorisier-
ten Verwendung der Fotos Prominenter für Werbezwecke eine Verletzung
des berechtigten Interesses der abgebildeten Person liegt (§ 23 II KUG ). Das
gelte aber nicht, wenn die Werbeanzeige zugleich auch dem Informations-
interesse der Allgemeinheit dient. Der I. ZS geht m.a.W. ersichtlich davon
aus, dass es sich in dem vorliegenden Sachverhalt um eine kommerzielle
Meinungsäußerung (freedom of commercial speech) i.S. des Art. 5 I GG han-
delt. Die Werbeanzeige von Sixt sei eine auf ein aktuelles Ereignis bezogene
„politische Meinungsäußerung in Form der Satire“. § 23 I Nr. 1 habe so wie-
der Vorrang vor § 23 II KUG .
An dieser Stelle treten Ausschließlichkeits- und Persönlichkeitsrecht wie-
der auseinander. Wir befinden uns in dem zweiten – persönlichkeitsrecht-
lichen – Teil. 53 Gegenstand der Ausführungen des I. ZS ist ein „Klassiker“:
die Interessenabwägung zwischen dem Rahmen-Persönlichkeitsrecht nach
§ 823 I BGB und der Meinungsäußerungsfreiheit nach Artt. 5 I GG , 10 I
EM RK . Der EGM R hat hier mit einem viel beachteten Grundsatzurteil
zum Privatheits- und Bildnisschutz Prominenter 54 neue Akzente gesetzt,
die vom BVerfG und BGH ( VI . ZS ) mittlerweile aufgenommen worden
sind. 55 Übereinstimmend wird nunmehr für die Zulässigkeit der Veröffent-
lichung der Bildnisse Prominenter in einem kommerziellen Kontext (Wer-
bung, Auflagensteigerung von Zeitschriften) auf die Voraussetzung eines
entsprechenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit abgestellt. Welches
Informationsinteresse befriedigt die Anzeige von Sixt-Leasing? Die An-
zeige enthält die Aussage, dass Sixt-Leasing Autos an jeden verleast. Das
Unternehmen sucht die Aufmerksamkeit der Zeitungsleser auf diesen
Sachverhalt und ihre Dienstleistung zu lenken, indem es auf ein herausra-
gendes jüngeres Ereignis aus der Politik Bezug nimmt. Damit wird die Aus-
sage der Anzeige jedoch nicht zu einer Meinungsäußerung, die für die Öf-
fentlichkeit von Interesse ist. Das Ereignis ist der Öffentlichkeit bekannt.
Diese Bekanntheit setzt die Anzeige für ihren Effekt voraus. Der aktuelle
Aufmerksamkeitswert des Rücktritts Oskar Lafontaines wird hier nur aus-
genutzt, um auf das beworbene Produkt hinzuweisen. Zwischen beiden –
Aussage und Bildnis der Mitglieder der Bundesregierung, Sixt-Autoleasing
52 BVerfG , WRP 2006, 1361 – Blauer Engel.
53 S. 345 ff.
54 EGMR , 24. 6. 2004, C. v. Hannover/Deutschland, JZ 2004, 1015 m. Anm. Stürner.
55 Vgl. BGHZ 171, 275; BVerfG , NJW 2008, 1793 = JZ 2008, 627 m. Anm. Starck; vgl.

dazu Hoffman-Riem NJW 2009, 20.


„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 245

und Rücktritt – besteht keinerlei Beziehung, außer der, dass Sixt das Ereig-
nis des Rücktritts Lafontaine’s für seine Werbung „ausschlachtet“. Das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit (woran?) kann hier nicht als Le-
gitimation für die darin liegende Persönlichkeitsverletzung dienen. Was
die satirische Meinungsäußerung darf, 56 darf die kommerzielle Werbung
grundsätzlich nicht!
Der I. ZS , die Paradoxien des Persönlichkeitsrechts und kein Ende! In
Lafontaine schlägt das Recht am eigenen Bild als kommerzielles Persönlich-
keitsrecht den dem Recht am eigenen Bild als Ausschließlichkeitsrecht zuste-
henden Ausgleichsanspruch auf eine Lizenzgebühr aus dem Feld.
Wer dagegen das Ergebnis des I. ZS für richtig hält – und dafür spricht
manches –, muss es anders – persönlichkeitsrechtlich – begründen. Der An-
spruch kann an der Unerheblichkeit der individuellen Persönlichkeitsverlet-
zung O. Lafontaine’s scheitern. Verletzt in ihrem Recht am eigenen Bild und
aktivlegitimiert war die Bundesregierung in ihrer Gesamtheit. Die Bildnisse
aller 16 Bundesminister und -ministerinnen sind in der Anzeige wiederge-
geben worden. Dabei spielt das Individualportrait, auch das von Lafontaine,
hier nur eine untergeordnete Rolle; es macht nur Sinn als Bestandteil des
Ganzen, das hier die Bundesregierung darstellt. Das Kabinett ist für Werbe-
zwecke „missbraucht“ worden. Den Mitgliedern der Bundesregierung zur
gesamten Hand stünde ein Entschädigungsanspruch zu. Dahinter tritt die
Verletzung des einzelnen Kabinettmitglieds oder Nicht-Mehr-Kabinettsmit-
glieds zurück.

IV. Exkurs: Right of Publicity


In den USA waren es gerade die Fälle der Produktwerbung mit den Fotos
unbekannter Personen, die zur Herausbildung eines gesonderten Privacy-
Schutzes neben dem traditionellen Ehrschutz durch Defamation Law im
amerikanischen Recht geführt haben. 57 Im Staat New York wurde der Ge-
setzgeber aktiv, nachdem sich 1902 ein gespaltener New York Court of Ap-
peals in Roberson nicht zur Anerkennung eines neuen Common Law-Delikts
der intrusion of privacy durchringen konnte. 58 Das Foto einer jungen Frau ist

56 Exemplarisch BGH , NJW 1994, 124 – „Alle reden vom Klima“. Dieses zu Unrecht

vom I. ZS herangezogene Urteil betrifft einen politischen, – nicht einen kommerziellen


Sachverhalt!
57 Vgl. Roberson v. Rochester Folding Box Co., 64 N.E. 442 (N.Y. 1902); Pavesich v. New

England Life Insurance Co., 50 S.E. 68 (Ga. 1905).


58 § 50 N.Y. Cicil Rights Act: “A person, firm or corporation that uses for advertising

purposes, or for the purposes of trade, the name, portrait or picture of any living person
without having first obtained the written consent of such person, …, is guilty of mis-
demeanor.”
246 Gert Brüggemeier

für die Werbung von Mehl benutzt worden. 59 Diesen Schritt vollzog dann
1905 der Supreme Court of Georgia. 60 In der Folgezeit setzte sich der delik-
tische Privacy-Schutz in dem Common Law der meisten Einzelstaaten
durch. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts fand er Eingang in das
Restatement (Second) of Torts. In § 652C fungiert die appropriation of name or
likeness als der prominenteste von vier aufgeführten Anwendungsfällen des
Privacy- oder Persönlichkeitsschutzes. 61
Ob und inwieweit im amerikanischen Recht ein sog. Right of Publicity
anerkannt ist, ist umstritten. 62 Es erscheint jedenfalls irreführend, die imma-
terialgüterrechtliche Dahlke/Lafontaine-Doktrin des I. ZS mit diesem Right
of Publicity in Verbindung zu bringen. Dies verdeutlicht die Unterschied-
lichkeit des Ausgangspunktes. Als grundlegend für die Anerkennung eines
derartigen Rechts gilt die Haelan-Entscheidung des US Court of Appeals
(2d Circuit). 63 Zum Sachverhalt: Ein bekannter Baseballspieler hatte einem
Kaugummihersteller auf befristete Zeit ein Exklusivrecht eingeräumt, sein
Konterfei für Werbezwecke zu benutzen. Mit Zustimmung des Spielers be-
nutzte ein Konkurrent des ersten Herstellers das Bild ebenfalls zur Werbung
für seine Kaugummis. Der Rechtsstreit fand zwischen den werbenden Un-
ternehmen statt. Der erste Hersteller mit dem Exklusivvertrag klagte gegen
den Konkurrenten. Die Rechtsfrage, um die gestritten wurde, lautete: War
der „Exklusivvertrag“ zwischen dem klagenden Unternehmen und dem
Baseballspieler mehr als nur die Zustimmung zu der Verwendung des Bild-
nisses, was lediglich zum Ausschluss eines Privacy-Delikts nach New Yor-
ker Recht geführt hätte? Der Haelan-Court erkannte, dass es hier nicht län-
ger um Persönlichkeits- oder Privacy-Schutz ging, sondern ein anderes
Interesse im Vordergrund stand: „A man has a right in the publicity value of
his photograph.“ Dieses Recht hatte Geldwert. Der Spieler hatte es wirksam
und auf bestimmte Zeit an den ersten Hersteller als exclusive licensee über-
tragen. Seiner Klage auf Schadensersatz wurde stattgegeben. Damit war das
Right of Publicity in den USA eingeführt. 64 In New York ist es dagegen bis
heute nicht anerkannt. 65 Seine Durchsetzung in anderen Staaten erfolgte zö-
gerlich. Die wichtige Zacchini-Entscheidung aus den 70er Jahren betrifft

59 Roberson, 64 N.E. 442.


60 Pavesich, 50 S.E. 68.
61 Restatement (Second) of Torts, Bd. 3, 1977, § 652; vgl. auch Prosser Privacy, 48 Cal.

L. Rev. 383 (1960).


62 Vgl. dazu McCarthy The Rights of Publicity and Privacy, 2 (Losebl.)Bde, 2. Aufl.

2002.
63 Haelan Laboratories, Inc. v. Topps Chewing Gum, Inc., 2d Cir. 1953, 202 F.2d 866.
64 Der Status des Haelan-Urteils ist diffus. Das für den Staat New York (mit) zuständige

Bundesberufungsgericht hatte New Yorker Recht angewandt. Ein Right of Publicity war je-
doch weder seinerzeit noch ist es heute im Recht des Staates New York anerkannt. Vgl.
nächste Fn.
65 Vgl. Stephano v. News Griop Publictions, Inc., 474 N.E.2d 580 (N.Y. 1984).
„Du sollst dir kein Bildnis machen …“ 247

eher einen urheberrechtlichen Sachverhalt. 66 Nachdem auch in Kalifornien


das oberste Gericht eine Anerkennung eines Right of Publicity abgelehnt
hatte, 67 erfolgte dort eine Regelung durch den Gesetzgeber. § 990 des kali-
fornischen Civil Code anerkennt ein Right of Publicity, das bis 50 Jahre nach
dem Tod der berühmten Person Gültigkeit hat.
Wie auch immer die komplexe Rechtsentwicklung in den USA sich im
Einzelnen darstellen mag, der kurze Überblick dürfte deutlich gemacht ha-
ben, dass gegenüber einer vorschnellen Bezugnahme auf ein amerikanisches
Right of Publicity zur Rechtfertigung der Rechtsprechungslinie des I. ZS
Skepsis angezeigt ist.

V. Resümee
Ob nun Missgeburt oder nicht und aus welchen Motiven auch immer ge-
boren, am Anfang steht die tatkräftige Schöpfung des zivilrechtlichen Per-
sönlichkeitsrechts (Schacht-Leserbrief ). Es folgte die Denaturierung dieses
Persönlichkeits“rechts“ am eigenen Bild zu einem „Persönlichkeitsgüter-
recht“ 68, d. h. zu einem gegenständlichen Ausschließlichkeitsrecht an der
eigenen Persönlichkeit (Dahlke). Der Persönlichkeitsschutz wurde in Rand-
bereiche verschoben, in denen es aber nicht mehr um Verletzungen des
Rechts am Bild ging, sondern offensichtlich um Ehrschutz (Herrenreiter).
Seitdem ist diese Persönlichkeitsspaltung in der juristischen Welt Deutsch-
lands und wird dort von Wissenschaft und Praxis mit der beschönigenden
Formel von den „kommerziellen und ideellen Bestandteilen des Persönlich-
keitsrechts“ mehr schlecht als recht verwaltet und von verschiedenen Sena-
ten des BGH judiziert. De lege lata langt im ersten Fall jede Verletzung des
Ausschließlichkeitsrechts (auch postmortal), im zweiten Fall bedarf es eines
schwerwiegenden Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht, der nicht auf andere
Weise zu beseitigen ist. Wo die behauptete Grenze zwischen Kommerz und
Ideal, zwischen Vermögenswert und Nicht-Vermögenswert verläuft, ist
unklar. Das Verhältnis der beiden Bestandteile des Persönlichkeitsrechts
ist bis heute prekär geblieben: einfache oder zweifache Sanktion für eine
Verletzungshandlung? Genauso unbefriedigend ist die differenzierende
Behandlung der Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit durch die
„Ausschlachtung“ von Persönlichkeitsaspekten Prominenter zur Aufla-
gensteigerung der Regenbogenpresse (Soraya bis Caroline von Monaco)
einerseits und der Zwangskommerzialisierung durch die Benutzung von
66 Zacchini v. Scripps-Howard Broadcasting Co., 351 N.E.2d 454 (Ohio 1976); bestätigt

durch den US Supreme Court, 433 U.S. 562 (1977): unautorisierte Sendung einer Zirkus-
nummer (Artist Z. wird aus einer Kanone geschossen) in den Fernsehnachrichten.
67 Lugosi v. Universal Pictures, 603 P.2d 425 (Cal. 1979).
68 Vgl. Beuthien/Schmölz Persönlichkeitsschutz durch Persönlichkeitsgüterrechte, 1999.
248 Gert Brüggemeier

Persönlichkeitsmerkmalen Prominenter zur Produktwerbung (Dahlke bis


Lafontaine) andererseits. Wo liegt, jenseits des Aspekts der bundesgericht-
lichen Geschäftsverteilung, 69 der sachliche Grund für diese unterschiedliche
Behandlung vergleichbarer Sachverhalte?
Es mag selbst wiederum paradox erscheinen, gegen eine in 50 Jahren
gefestigte Rechtspraxis anzuschreiben; doch Rechtswissenschaft hat juristi-
sche Fehlentwicklungen als solche zu benennen und zu kritisieren. Der Wi-
derstand, der gegen Herrenreiter geübt worden ist, wäre bei Dahlke ange-
zeigt gewesen. Die Auflösung der Paradoxien um das „Recht am Bild“
(durch wen auch immer) kann nur in der Aufhebung der durch den I. ZS
herbeigeführten und verwalteten Persönlichkeitsspaltung bestehen. Dazu
bedarf es der Rückkehr zu den ursprünglichen Einsichten: (i) Das Recht am
eigenen Bild, Namen, etc. ist ein Persönlichkeitsrecht und kein gegenständ-
liches Ausschließlichkeitsrecht. (ii) Die Sanktion im Verletzungsfall ist eine
billige Entschädigung in Geld. (iii) Das Persönlichkeitsrecht ist ein Persön-
lichkeitsrecht ist ein Persönlichkeitsrecht (im metaphorischen Sinne) ist ein
Persönlichkeitsrecht …

69 Vgl. dazu Fn. 49.


Networks and Comparative
Sociological Jurisprudence

Hugh Collins

In a series of imaginative and perceptive works,1 Gunther Teubner has


persistently risen to the challenge of a statement made many years ago by
Richard Buxbaum that ‘Network is not a legal concept’. 2 Of course, Bux-
baum was correct if he was saying that, unlike other concepts used to de-
scribe economic and business relations such as contracts and corporations,
the concept of a network was unfamiliar to most lawyers and had not played
a significant role in legal analysis. But that descriptive point about legal dis-
course is not the bone of contention. Gunther Teubner is asking instead an
‘impossible though necessary’ question of sociological jurisprudence. 3 He
asks whether, in order to understand and regulate those modern develop-
ments in business relations that have been described variously as hybrids,
acephalous organisations, networks, and other terms, the law needs to
evolve a novel conceptual framework that embraces networks.

1 G. Teubner ‘Unitas Multiplex: Corporate Governance in Group Enterprises’ in: D. Su-

german and G. Teubner (eds) Regulating Corporate Groups in Europe (Baden Baden:
Nomos, 1990) 67; G. Teubner ‘Beyond Contract and Organisation? The External Liability
of Franchise Systems in German Law’ in: C. Jeorges (ed), Franchising and the Law: The-
oretical and Comparative Approaches in Europe and the United States (Baden-Baden:
Nomos, 1991) 105; G. Teubner ‘Piercing the Contractual Veil? The Social Responsibility of
Contractual Networks’ in: T. Wilhelmsson (ed), Perspectives of Critical Contract Law (Al-
dershot: Dartmouth Publishing, 1993) 211; G. Teubner ‘The Many-Headed Hydra: Net-
works as Higher-Order Collective Actors’, in: J. McCahery, S. Picciotto, C. Scott (eds),
Corporate Control and Accountability (Oxford: Clarendon Press, 1993) 41; G. Teubner “Das
Recht hybrider Netzwerke”, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht
(2001) 165, 550–575; G. Teubner (2003) ‘Expertise as Social Institution: Internalising Third
Parties into the Contract’ in: D. Campbell, H. Collins and J. Wightman (eds) Implicit Di-
mensions of Contract: Discrete, Relational and Network Contracts. (Oxford: Hart, 2003)
333; G. Teubner ‘Coincidentia oppositorum: Hybrid Networks Beyond Contract and Or-
ganisation: Storrs lectures 2003/4 Yale Law School’ in: R. Gordon and M. Horwitz,
Festschrift in Honor of Lawrence Freidmann (Stanford University Press, 2006). G. Teubner
Netzwerk als Vertragsverbund (Baden-Baden: Nomos, 2004).
2 Richard M. Buxbaum (1993) ‘Is “Network” a Legal Concept?’, Journal of Institutional

and Theoretical Economics 149, 698 ff., 704.


3 G. Teubner ‘Coincidentia oppositorum’ above n.1.
250 Hugh Collins

Similar questions have been posed in other disciplines such as account-


ancy, sociology, and economics, because it has become evident that com-
plex modern business arrangements fit uncomfortably, if at all, into estab-
lished conceptual categories such as contract and organisation, or the
market and the firm. Or, if that historical generalization is thought to be too
strong, it can be asserted with more confidence that the dominant pattern of
the twentieth century of a sharp distinction in economic relations between
competitive market relations and vertically integrated businesses that oper-
ate as a bureaucratic organisation has now fragmented, so that the combi-
nation of vertical disintegration and more co-operative patterns of contrac-
tual relationships in businesses such as franchises presents a challenge to the
modes of analysis that have been employed by numerous disciplines for
most of the last century. In short, the binary division between market and
firm accommodates even less comfortably than hitherto the richness and
complexity of productive relations in the economy.

I. Network
In conducting this enquiry of sociological jurisprudence regarding the
need for and the correct conceptual framework for the regulation of net-
works, it is necessary to reject a distracting and confusing rival agenda
presented by some economic analyses of the corporation. In that agenda,
the business firm or corporation has itself been analysed as a network of
contracts. 4 No doubt a company can be described as a collection of bilateral
economic relations between the corporation as a legal entity and the other
parties such as shareholders, banks, directors, and employees. These bilat-
eral arrangements can be looked at in isolation and labelled as contracts. But
this disaggregation of the corporation into a network of contracts seems to
me to obscure two crucial distinguishing features of this organisational
structure from a legal perspective.
The first distinguishing feature of organisations is that all, or perhaps
nearly all, of these bilateral relations contain some kind of obligation of
loyalty towards the purposes or best interests of the business organisation
as a whole. For directors of the company, for instance, in the common law
their obligations include a fiduciary duty to act in the best interests of the
company. Similarly, employees are required to perform their contractual
obligations in good faith in the best interests of the business. These obli-

4 E.g. M. Jensen and W. Meckling ‘Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency

Costs, and Capital Structure’ (1976), 3 Journal of Financial Economics 305; O.E. Williamson
Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications (New York: Free Press,
1975).
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence 251

gations of loyalty differentiate these bilateral economic relations from ordi-


nary market transactions in which one would not normally expect to dis-
cover an obligation to act in the best interests of the other party or some
third party.
The second distinguishing feature of the corporate network of contracts
is the construction of external liability of the network as a whole. The cor-
poration as a collective whole is held legally responsible for the actions of its
parts. For example, a company is liable on contracts made by its directors,
employees, and other authorised agents, and is responsible for environ-
mental damage caused by its agents and property. In contrast, in ordinary
market relations a contracting party would not normally be held directly
liable for wrongs committed by the other contracting party, such as breach
of contracts with third parties or damage caused to the environment. It is
perhaps worth adding that as well as these two distinguishing features of the
legal model of business organisations, the law also normally requires the
parties to a business organisation to adopt special formalities or procedures
in order to create an entity such as a company or a partnership as a signal
that their economic relations are being transformed from the default posi-
tion of market contracts to arrangements with the two special features high-
lighted here. 5
Owing to the presence of these two distinguishing features of business
organisations, a corporation cannot be regarded from a legal perspective
merely as a network of bilateral contracts. Although the discussion about
corporations as a network of contracts seems to be for current purposes an
unhelpful distraction, it does serve to clarify the nature of the ambition in
the project advanced by Gunther Teubner. What he seeks to conceptualise is
a group of business arrangements between several parties or distinct legal
entities where, in the absence of special formalities to construct a familiar
category of business organisation, instead of the default market contract
analysis being applicable, one or both of the two special features of
contracts inside the corporation, namely loyalty and collective external lia-
bility, with modifications, can and should be employed. In the case of busi-
ness format franchises, for instance, the network concept might suggest that
franchisors and franchisees owe certain kinds of duties of loyalty to each
other (including loyalty between franchisees who lack any explicit contrac-
tual arrangements between each other) and that the franchise operation as a
whole might be held legally responsible for a wrong committed by one of its
participants.

5 Some business arrangements that are described as networks may be attributed a formal

legal category such as a partnership or (in some jurisdictions) a group of companies,


though the parties to such arrangements may resist the application of any category other
than contract.
252 Hugh Collins

The major hurdles confronting this ambitious project are, first, the need
to understand in a sociological way the dynamics of the complex variety of
existing business patterns, and second, the need to break free from the
shackles of the orthodox legal analysis of the binary classification of
contract and business association to create the intellectual space for a coher-
ent third model of productive economic relations. In relation to the first
point, the dynamic of the hybrid or network model is expected to be char-
acterised by a novel and to some extent puzzling mixture of the competitive
relations of markets and the co-operative relations within firms. In relation
to the second point, because of the absence of formalities to create an alter-
native kind of legal entity from a company or partnership, only the default
legal category of contract is available to provide the conceptual foundation
in existing doctrinal analysis. Fortunately, the concept of contract and other
private law concepts are sufficiently malleable that we can construct a dis-
tinctive model. As a result, a network or hybrid can be characterised in legal
discourse as a special kind of contractual arrangement or set of arrange-
ments, such as the model of connected contracts proposed by Gunther
Teubner.
Whatever the proposed legal analysis of networks, it needs to address
the question of the extent to which the pattern of contracts adopts the two
crucial features of organisations described above. The aim is, in short, to
answer two questions. First, to what extent are there duties of loyalty to-
wards the aims of the network as a whole, and, as a consequence, duties of
loyalty towards other members of the network regardless of the existence of
explicit contractual links? Second, to what extent can the network as a
whole be held liable for losses caused to parties who are external to the net-
work? Although these questions are central to the enterprise, they presup-
pose that we know the answer to a third question concerning the bound-
aries of the network, that is, who is a participant in the network and who is
an outsider? In the case of the supermarket’s supply chain, for instance, it
may be fairly straightforward to argue that the degree of co-operation in-
volved in moving goods from the farmer to the supermarket shelves accord-
ing to ‘Just in time’ principles shows that there is a network between the
parties. But is the consumer who purchases goods in the supermarket part
of the same network or just an outsider? Because the consumer’s purchas-
ing decisions trigger the computerised ordering system back down the
supply chain to the source of the product, in a sense the consumer is playing
a role within the system, functioning as part of the network. On the other
hand, the consumer may be regarded as outside the network, because the
consumer can always go to another shop. Even so, networks do obscure the
division between consumption and production, rendering the boundaries of
their operations hard to determine either sociologically or legally.
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence 253

II. Comparative Sociological Jurisprudence

In pursuing this project, Gunther Teubner can enjoy a lively conversation


with other German legal scholars who propose different legal constructs
that might serve to regulate networks intelligently and constructively. His
distinctive contribution seems to me to derive from his commitment to en-
gage in sociological jurisprudence, not just elegant legal analysis. This
methodology requires intensive scrutiny of actual social practice and the dy-
namics and logic of social action. It brings the insights of sociology, business
studies, and economics to bear on the assessment of the adequacy of pro-
posed legal solutions to disputes that may arise within networks or with
parties external to networks. But this methodology also requires, at least
ideally, that the proposed legal analysis should fit comfortably within the es-
tablished legal framework. Within the German debates, therefore, the pro-
posed legal models, whether they be ‘contracts with third party effects’,
‘multilateral agency’, or ‘connected contracts’, have to be constructed so
that they can fit within the dense framework of the Articles of the German
civil code and other national legislation and legal doctrine. Whereas socio-
economic studies are not limited to or strongly affected by national idiosyn-
crasies in production regimes, the legal analysis is resolutely national in its
orientation.
For the foreign observer, such as a lawyer trained in the common law like
myself, this national orientation of the legal analysis presents obvious prob-
lems. Not only are the intricacies of the debates between the German legal
scholars hard to follow, but also it is difficult to evaluate the plausibility of
the proposed solutions in the sense of their fit and coherence within the
national legal system. A solution that might make sense within the common
law may be roundly rejected by German legal scholars, and vice-versa. An
important source of this divergence and communication problem lies in
subtle differences between the core constructs of national legal systems,
such as the general law of contract or the concept of a corporation. For in-
stance, whereas a German legal scholar can manipulate such doctrines as
good faith in contracts, contracts with third party effects, and ‘culpa in
contrahendo’ to solve the problems of network contracts, these handy tools
are not readily available to the common lawyer. It is almost certainly too
much to hope that one day we may find a set of legal concepts that provide
adequate regulatory tools for networks for legal systems that differ signifi-
cantly. This obstacle has been obscured by the apparent similarities between
national private law systems, all of which recognise the two basic categories
of contract and corporation, as we might expect from co-evolutionary pro-
cesses. But the endeavour to try to construct a third model suitable for net-
works exposes the differences between the details of the national private law
systems. A sophisticated doctrinal model that might seem plausible for net-
254 Hugh Collins

works in one legal system may make little sense within the doctrinal frame-
work of another.
Consider, for instance, the problem of constructing a legal concept that
expresses the idea that the parties to a network should be loyal to the aims
of the network. The aim of this legal concept is to provide a method for re-
jecting the norm that the parties to contracts should be permitted to act in a
self-interested way and for constructing a standard that requires loyalty to
the network without requiring the parties to put the interests of the network
always ahead of their own, as would be the case in a formal business organi-
sation such as a company. In pursuing such an endeavour, it is clearly help-
ful if the legal system already possesses a variety of legal concepts of loyalty,
not simply a binary opposition between permitting self-interest and impos-
ing a fiduciary duty to put the interests of the other foremost. If the legal
system has a doctrine that requires good faith in the performance of
contract, for instance, this doctrine could provide the stepping stone to the
construction of a duty of loyalty towards the aims of the network as a
whole. In the context of a network, performance in good faith could be
understood as requiring performance that supports the aims of the network
or at least does not subvert them for self-interested purposes. If the relevant
legal system lacks the requirement that contracts should be performed in
good faith, however, as in the common law, this stepping stone towards an
adequate legal framework will be missing, thereby making the endeavour
much harder, and perhaps impossible.
From a systems theory perspective, as Gunther Teubner acknowledges,
sociological jurisprudence within a single legal system is, strictly speaking,
impossible, because it requires undistorted communication between the
normatively closed communication systems of sociology and law. Never-
theless he presses forward with the endeavour since the alternative of purely
doctrinal exegesis seems unlikely to result in productive legal concepts. The
insertion of a comparative law dimension, such as finding a productive legal
solution that makes sense in both the common law and German law, makes
the task even harder. The project of comparative sociological jurisprudence
is doubly impossible, because it adds to the existing problem of finding ad-
equate modes of communication between law and socio-economics the
further problem of establishing communications (or transplants) between
autonomous national legal systems.
Even so, it is certainly time to commence a consideration of that com-
parative law dimension of sociological jurisprudence in relation to net-
works. In Europe, the pressure is to find routes towards the harmonisation
of commercial law in order to reduce obstacles to the creation of the internal
market. If it is correct that networks represent a new paradigm in produc-
tive business organisation, the new European private law needs to be able
to accommodate these arrangements and to regulate them in an intelligent
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence 255

way that promotes their economic success whilst safeguarding against such
problems of opportunism and the externalisation of risk.

III. Organised Irresponsibility


Within the scope of this short paper, it is only possible to consider a single
illustration of the difficulties of the task of comparative sociological juris-
prudence in connection with networks. The chosen illustration concerns
the issue of ‘organised irresponsibility’ inside networks. From a legal per-
spective, the topic concerns the character of the legal relations between
members of the network when they have not entered into direct or explicit
contractual links between each other. In a hierarchical network such as a
franchise, for instance, the franchisor has direct contractual relations with
the franchisees, but the franchisees are unlikely to have explicit and direct
contractual relations between themselves (though they may well meet and
communicate among themselves). In a heterarchical network such as a
supply chain, though each link in the chain is established by a contract,
again there is unlikely to be a direct contractual link between remote parties
in the chain: if the supermarket buys from a wholesaler, it is unlikely to have
a direct contract as well with the farmer who supplies the wholesaler. In the
absence of direct contractual relations, if an issue of responsibility for loss
or failure to perform a contract properly arises, the legal question is whether
some kind of legal relation might be found on which to base a claim. What
these examples have in common is that there is clearly an organisation of
productive relations between the parties, but the arrangements are incom-
plete in the sense that the scheme of bilateral contracts does not establish ex-
plicit rules governing legal responsibilities in non-contractual relations.
In principle, there are a number of conceivable answers to the question
whether there may be a legal basis for a claim between non-contracting par-
ties. We might turn to tort law, which provides principles to govern liability
without the need for direct contractual relations. That route for regulating
non-contractual relations is, however, only likely to be helpful if the issue
concerns liability for damage to proprietary interests or personal injury.
Where the dispute concerns a failure to perform a contract properly accord-
ing to standards of loyalty, as in the case where a franchisee performs its ob-
ligations in a lax manner thereby risking the reputation of the franchise and
damaging the profitability of other franchisees, the issue is likely to be clas-
sified as pure economic loss, which is not normally recoverable in tort law
in most legal systems.
In such instances of pure economic loss, a more promising route lies in
applying one of the exceptions to the doctrine of privity of contract. Here
the legal argument might suggest that the injured party was a third party to a
256 Hugh Collins

bilateral contract, who was intended to benefit from its performance. The
underlying difficulty with this third party beneficiary approach is that the
intention to benefit the third party is at best implicit rather than explicit, and
quite possibly entirely false. When a farmer makes a contract with a whole-
saler, does the farmer also intend to confer a benefit such as a warranty of
quality on remote parties down the supply chain such as the supermarket or
even the ultimate consumer? Similarly, when a franchisee joins a franchise
operation by entering a contract with the franchisor, does the franchisee also
intend to confer a benefit on the other franchisees such as a promise not to
damage the reputation of the brand? These intentions to confer benefits on
third parties are hard to impute to the parties even in the context of a closely
bound network. As a result, the most common exception to privity of con-
tact that relies on explicit or imputed intention to confer a benefit on a third
party may not fit the logic of a network easily.
In order to use exceptions to the doctrine of privity of contract to cover
issues of liability between remote parties in the network, it would clearly be
more straightforward and sociologically apt for the construction of legal lia-
bility to rest on claims that there was reliance in fact rather than an intention
to benefit. In such a legal construct, it would be the reliance of the super-
market on the farmer that would ground liability rather than the farmer’s
intention to benefit the supermarket. But reliance in fact on another is not
commonly accepted as a source of contractual liability in private law sys-
tems for the good reason that it interferes with freedom of contract by im-
posing contracts on parties without their explicit consent. Exceptions to
that comparative law generalisation, such as the ‘action directe’ in France,
have proved controversial outside the scope of consumer protection pre-
cisely because they result in unexpected and unbargained-for contractual
liabilities.
Even if these solutions that use established exceptions to privity of
contract to permit claims by third parties who are part of a network of
contracts seem to fit into private law doctrines in some countries, it is clear
to me that they will not work in jurisdictions such as the common law,
where legal doctrine has been reluctant to acknowledge broad exceptions to
the doctrine of privity of contract.
Consider, for instance, a particularly striking instance of organised irre-
sponsibility in the common law in James v Greenwich London Borough
Council. 6 Ms James entered into a contract with an employment agency that
supplied nursing services. Through the agency she received an assignment
to work for the Council. After two years, Ms James switched to another
agency, and then again after a further year to another agency which offered
better rates of pay, but she continued to perform the same job with the

6 [2008] EWCA Civ 35, [2008] ICR 545.


Networks and Comparative Sociological Jurisprudence 257

Council. Throughout this time, she received her instructions from Council
managers and had to comply with their working rules including the wearing
of a staff badge. Her contracts with the various agencies stated explicitly
that she did not have a contract of employment with them, though they
would pay her wages for her services and deduct taxes. When Ms James was
off work sick, the Council asked the agency for a replacement worker, and
as a result on her return to work she found herself without a job. Ms James
brought a claim for unfair dismissal against the Council. If she had been an
employee of the Council, such a claim would almost certainly have been
successful. But for the claim to succeed, her legal representatives had to per-
suade the tribunals and courts that Ms James had a contract with the Coun-
cil, and, furthermore, that the alleged contract was a contract of employ-
ment as opposed to a contract to provide a service. Her claim failed. The
court held that there was no contract between herself and the Council at all.
There was evidently no explicit contractual relation that completed this
triangular network. Such a contract could only be implied according to the
principles of the common law if it was necessary to give business reality to
the workplace relations. Such a contract was unnecessary because the ex-
plicit contracts between the agency and the Council and between the agency
and the worker fully explained and regulated the business arrangement. The
effect of this decision (and many others like it) is precisely organised irre-
sponsibility. It permits employers to dismiss workers for whatever reason
they like (with the possible exception of discriminatory grounds) provided
that they employ these workers via an agency, which is a separate business
entity. Although the judges were evidently reluctant to reach this con-
clusion, the principles of the common law forbad the invention of a contract
between the Council and Ms James unless her work for them could not be
explained in any other way than an implied contract between them.
This example incidentally reveals the artificiality of applying the third
party beneficiary exception to privity of contract. Although Ms James was
undoubtedly a beneficiary of the contract between the Council and the
agency, it is clear that the Council did not intend to confer benefits on her
directly. On the contrary, their intention was to avoid any legal responsibil-
ities towards her, in which aim they were successful. The underlying prob-
lem with the third party beneficiary approach is that in at least some in-
stances of organised irresponsibility such as the James case, there is an
explicit intention or plan not to benefit the third party or accept any respon-
sibility. The point of the agency relation was deliberately to transfer risks
such as sickness onto the worker rather than those risks being borne by the
employer, thereby saving on costs.
Yet Ms James was arguing in effect that the network arrangement for the
provision of work should give rise to reciprocal obligations involving
loyalty. Having worked for the Council for several years as if she were an
258 Hugh Collins

employee, she was asking the Council not to betray the purpose of the net-
work arrangement by dispensing with her services unfairly. In effect she
was arguing that the network of contracts had created a loose form of busi-
ness organisation, to which the norms of loyalty and external liability
should be applicable, at least to some extent. The Council responded in ef-
fect that it owed no duties to the network as a whole or to her personally.
Under the common law, this latter argument was compelling. An implied
contract based on conduct could not be inferred from the circumstances.
Nor could there be found any intention to confer a benefit on Ms James as a
third party to the contract between the Council and the agency.
In the approach favoured by Gunther Teubner, however, in these circum-
stances he would find a network of connected contracts. The explicit
contracts refer to each other, together they serve a particular purpose (the
supply of labour), and in practice there is co-operation between the parties
beyond that specified in the explicit contracts, as evidenced by the way in
which Ms James functioned as if she were directly employed by the Council
except that her remuneration was paid by the agency. In such circum-
stances, Gunther Teubner argues that it might be possible to create a kind of
‘quasi-contractual relation’ between the worker and the employer/client.
The gap of irresponsibility caused by the absence of a direct contractual link
between the Council and Ms James could be filled by an implied contractual
obligation that would regulate the potential forms of irresponsibility. This
quasi-contractual obligation might, for instance, as well as requiring the em-
ployer to treat the worker fairly, according to normal standards of employ-
ment law, also demand from the worker some loyalty to the network, such
as giving adequate notice of quitting the job. It is hard for me to judge how
easily such a quasi-contractual obligation might fit into German private law,
but certainly there seems to be a greater disposition to impose extra-con-
tractual obligations in that legal system.
In contrast, as we have seen, under the common law, notions of implied
contracts or quasi-contracts are greeted with hostility and scepticism. They
will only be found if no other explanation of the conduct of the parties is
possible by reference to the explicit contracts that were made. Instead of
regulating irresponsibility, the common law courts seem to give businesses
incentives to create arrangements that externalise risks and avoid liabilities.

IV. Conclusion
Whilst endorsing the general project proposed by Gunther Teubner of
using sociological jurisprudence to seek to construct a legal architecture that
adequately understands and regulations the new patterns of productive re-
lations described loosely as networks, my essay has made the short but
Networks and Comparative Sociological Jurisprudence 259

troubling point that such a new architecture is likely to be confined to a par-


ticular national legal order. Once one moves beyond the generic categories
of contract and business organisation, for which there are close parallels in
all Western legal systems, it becomes hard to develop common legal con-
cepts that fit coherently into the variety of established national private law
systems. Instead, the conclusion of the investigation of comparative socio-
logical jurisprudence is likely to be that the kinds of modifications necessary
to make to ordinary contract law in order to encompass networks will differ
significantly between legal systems, because each will have to evolve their
legal architecture using established doctrines and techniques. In the case of
organisational irresponsibility owing to the absence of explicit contracts,
some legal systems may be able to develop a category of quasi or implied
contract to regulate these relationships, but that option will not be open
to other legal systems, in this instance the common law. This inability to
discover or invent common concepts for the regulation of networks pres-
ents a serious obstacle to the broader ambitions to harmonise contract law
throughout the European Union.
260 Hugh Collins
The Emergence of the Corporate Actor
as a Requirement for Corporate Criminal Liability

Carlos Gómez- Jara Díez

I. Introduction
(1) When I first met Gunther Teubner at his house in Frankfurt I was right
from the start deeply impressed by his tremendous hospitality. After a long
conversation in which I confessed that I had been able to better understand
Luhmann’s thesis through his work, I was newly impressed by his humble-
ness: with his characteristic laughter he said out loud “Yes, Luhmann for
the people”. Finally, years later we were listening to Flamenco late at night
in downtown Madrid and I was fascinated by his ability to adapt to environ-
ments that could be regarded as “strange” by some foreigners. To finish this
personal laudatio of Gunther, I must warn the skeptical reader that these
lines are not the usual lip-service. A brief encounter with Gunther himself
will provide sufficient evidence of the facts just stated.
(2) Of course, all these interesting personal features play in a low key com-
pared to his intellectual brilliance. The ampleness of his work, ranging from
the most recent developments in legal theory 1 to concerns about solving
practical problems posed by the digital era 2, gives a sense of a lifetime dedi-
cation to the study of the legal system and its interactions with other social
systems at all levels. Out of the vast range of topics he has researched I be-
lieve one, however, has always been recurrent, enabling him to contribute to
important developments in the field: the many sides of the corporate actor’s
prism 3. This essay will draw heavily on Teubner’s construction of the emerg-
ence of the corporate actor to advance a thesis that might sound a little odd
to some: the fact that not all corporations have the capacity to be guilty and
therefore criminally liable. Only those corporations that have achieved a
certain degree of internal self-referential complexity are subject to the im-

1 Among many, Teubner in: Joerges/Teubner (eds.), Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fer-

tigung zwischen Sozialtheorie und Privatrechtsdogmatik, 2003, 25–46.


2 A recent example in Teubner ZaöRV 63 (2003), 1–28.
3 From his Habilitationsschrift Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978

to his recent Netzwerk als Vertragsverbund, 2004 the variety of issues he tackles is com-
pletely outstanding.
262 Carlos Gómez-Jara Díez

peratives of criminal law. The others are to be treated as corporate offenders


with “diminished capacity” – and therefore not subject to “real” punish-
ment.
(3) Certainly this assertion might generate strong criticism from both sides
of the current debate on corporate criminal liability. People opposing this
institution may argue that even if only some corporations – and not poten-
tially all of them – might be subject to criminal responsibility, it is one too
many. On the other side, stark advocates of corporate criminal liability will
probably say that being it hard enough to defend the institution itself, now it
gets even more complicated if there is a need to distinguish between “ca-
pable” and “non-capable” corporations.
(4) Yet, if not all human beings are potentially accountable according to in-
dividual criminal law, why should all corporations be potentially respon-
sible according to corporate criminal law? Wouldn’t it respond more accu-
rately to the logic of criminal law that, to the same extent that not all human
beings are potentially criminally accountable, not all corporations are po-
tentially criminally accountable? Our thesis will be that a true and genuine
corporate criminal law must differentiate between corporations that have
criminal capacity, i.e. that may be considered guilty at trial, and those
that have no capacity (or a diminished one), i.e. against which certainly
measures and sanctions may be adopted – but not attached to the “guilt”
label. Only organizations that have truly emerged as corporate actors might
be rendered as potentially liable in criminal law terms.
(5) In order to develop this position we will use Teubner’s account of the
organization hypercycle and the constituency of high order autopoietic
systems. In our view the emergence of the corporate actor is a basic
requirement to affirm the social reality of corporations as demanded by
criminal law; assigning blame to an entity is a very serious matter that goes
far beyond nominalism and to this extent something else than bare in-
corporation is required. To be sure, this may thwart the aspirations of
some criminal law scholars, but on the other hand it may enthral those
who feel that there is a social need to punish entities that have “no soul
to be damned and no body to be kicked”. Only punishing on the merits
of substantial arguments does not contradict the main logic of crimi-
nal law.
(6) Part II of this paper will start examining the key concept of corporate
culpability that supports this approach, i.e. the so-called constructivist con-
cept of corporate culpability. Given time and space constraints, it must be
referred to previous works for a more in-depth analysis of this concept. Part
III will review the main features of a critique against corporate criminal lia-
bility that will actually make our case and outline the constructivist ap-
The Emergence of the Corporate Actor 263

proach to such issues as inner complexity and self-reference. Part IV will


analyse the consequences to be drawn from this perspective acknowledging
that setting a specific benchmark for capable and not-capable corporations
is a real challenge to be met in the future.

II. Main features of the constructivist concept


of corporate culpability
(1) The constructivist concept of corporate culpability is coined after oper-
ative constructivism, 4 the epistemological background of the theory of auto-
poietic social systems 5. This theory does not receive much support in the
classical arena of criminal law, but has gained tremendous relevance in the
field of corporate criminal law. In this sense, a number of scholars refer their
positions to this theory either in an explicit or implicit manner 6. Yet, these
are normally partial references to systems theory that do not aim to be con-
sistent with its basic tenets. Contrary to that approach, in the following
pages we will try to remain within the boundaries of operative constructiv-
ism and derive consistent consequences from this theory 7. To be sure, the
most relevant feature here is that, from this perspective, business organiz-
ations, human beings and the legal system, are all considered as autopoietic
self-produced systems. The difference lies in the different way of autopoietic
reproduction 8.

4 On operative constructivism see Luhmann Soziologische Aufklärung V, 1995.


5 See also Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 2002, 11 et seq; Id. Soziale Sys-
teme. Grundriß einer allgemeinen Theorie, 1984, passim; Id. Die Gesellschaft der Gesells-
chaft, 1997, passim. To assess the impact of systems theory in Spanish criminal law see Piña
Roquefort Rol social y sistema de imputación, 2004; Gómez-Jara Díez in: Id. (ed.), Teoría
de sistemas y Derecho penal, 2005, 373–425.
6 See Bottke wistra 1997, 251 footnote 94, 253; Id Assoziationsprävention, 1995, 49, 310

footnote 1002; Heine Die Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen., 1995, 79 et


seq.; Lampe ZStW 106 (1994), 690 et seq.; Lütolf Strafbarkeit der juristischen Person, 1997,
Chapter III ; Rogall in: Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten,
2nd ed., 2000, § 30/10; Rotsch Individuelle Haftung in Großunternehmen, 1998, 81 er seq.;
Schünemann in: Deutsche Wiedervereinigung III Unternehmenskriminalität, 1996, 168, 170
has adopted as “a founding principle (…) the theory of autopoietic systems”, 175; Id., in:
Criminal Responsibility of Collective and Legal Entities, 1999, at 230: the only concept
available to justify a true corporate criminal law is the model of systems theory; Schwinge
Strafrechtliche Sanktionen gegenüber Unternehmen im Bereich des Umweltstrafrechts,
1996, 206 et seq.
7 See Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), pg. 290 et seq; Gómez-Jara Díez La culpabili-

dad penal de la empresa, 2005 211 et seq.


8 See Luhmann Soziologische Aufklärung. VI 1995, 55 et seq.; Luhmann Organisation

und Entscheidung, 2000, 39 et seq; Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, 38 et seq.;
Teubner Recht als autopoietisches System, 1989, 36 et seq.
264 Carlos Gómez-Jara Díez

(2) Focusing on autopoietic business organizations shows that some of


them tend to develop an internal complexity over time that ends up making
them capable of self-organization, self-determination and self-governance.
Hence, it is not only logical, but also necessary to acknowledge that they
have certain control over their sphere of influence 9. From a traditional
criminal law perspective, the capacity to act (individual criminal law) is sub-
stituted by capacity to organize (corporate criminal law) 10. In this light, the
difficulties embedded in stating that a corporation acts by itself are easier to
surmount affirming that, when a certain level of internal complexity is
reached, the corporation starts to organize itself, to self-organize 11.
(3) The aforementioned changes did not only affect business life, but also
the political arena. More and more, corporate entities started to participate
in the public/social square playing some times a decisive role in shaping the
identity of modern society 12. These premises enable us to build a concept of
corporate culpability that, though not equal, it is functionally equivalent to
individual culpability 13. In this light, corporate culpability is based upon
three functionally equivalents consistent with the three pillars of individual
culpability: law abidance as a condition for norm validity; the underlying
synallagmatic link of criminal law and, finally, the capacity to question so-
ciety’s rules 14.
(4) The first functional equivalent is based on the fact that, in modern so-
ciety, the validity of certain norms depends to a great extent on the creation
and maintenance of a law-abiding corporate culture. The decentralized
model of social organization that surfaced among individuals throughout
the 19 th Century due to “world demystification” 15, had a corporate counter-

9 Bottke Assoziationsprävention, 48 et seq., 63 et seq.; Heine Verantwortlichkeit, 287 et

seq.; Lampe FS Hirsch, 1999, 86 et seq, 91 et seq, 94.


10 Heine in: Reform des Sanktionsrecht. Bd. III , 2002, at 141; Id. in: Alwart (ed.), Ver-

antwortung und Steuerung von Unternehmen in der Marktwirtschaft, 1998, at 103; Id. ÖJZ
51 (1996), at 218 (functional equivalence between Tatherrschaft [individual criminal law] and
Organisationsherrschaft [corporate criminal law]; Lampe FS Hirsch, 92, 94 (functional
equivalence between Handlungsvermögen and Organisationsvermögen, being both equally
important for producing socially harming results).
11 In management and organizational theory see Bausor in: England (ed.), Evolutionary

Concepts in Contemporary Economics, 1994, 179 et seq., 181; Drazin/Sanderlands Organ-


ization Science 3 (1992), 230 et seq; Ulrich/Probst Selforganization and Managament of So-
cial Systems: Insights, Doughts, and Questions. Berlin, 1984 and Probst/Siegwart FS -Hans
Ulrich, 1985.
12 On the concept of “society of organizations” see Perrow Theory & Society 20 (1991)

725–62; see also Ladeur FS -Ridder, 1989, at 180.


13 On functional equivalence see Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990, 368,

417 et seq. For its application to criminal law see Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, 187 et seq.
14 See Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 258 et seq, 273 et seq, 285 et seq.
15 Weber Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. 3rd ed., 1968, 582 et seq., 594.
The Emergence of the Corporate Actor 265

part thanks to “state demystification” 16. Corporate self-regulation as a


reflection of the state’s inability to control certain risks of modern post-in-
dustrial society clearly signals this development 17. Risk control and risk
management were transferred to some corporations that by virtue of their
size and internal complexity, do not permit any kind of external direct state
intervention/regulation 18. The best to hope for is some degree of context
control (Kontextsteuerung) by means of reflexive law 19. If this picture holds
true, it is necessary and legitimate to impose on business corporations the
fundamental duty concerning every single potential offender: the obligation
to abide by the law. In case of corporations: to institutionalize a law-abiding
corporate culture 20. The fact that corporations do have a certain sphere of
autonomy that implies a duty to abide by the law has significantly con-
tributed to the creation of the good citizen corporation 21. Put simply: (cor-
porate) criminal law guarantees the role of the good (corporate) citizen. Not
institutionalizing that law-abiding corporate culture constitutes a violation
of the good-corporate-citizen role and that is precisely the predominant evi-
dence of corporate culpability.
(5) The rise of corporate citizenship implies acknowledging a minimum of
equality to corporations. The second functional equivalent lies in the estab-
lishment of a synallagmatic link in corporate criminal law: freedom to (cor-
porate) self-organization v. responsibility for the business activities’ end-re-
sults. As Schünemann puts it: “justification for monetary penalties can be
derived from the organization’s autonomy. The law acknowledges that or-
ganizations have the right to freely organize themselves which, in turn,
requires the corporation to be liable for the negative results of using such
freedom” 22. This linkage between freedom and responsibility 23 of corpor-

16 Willke Entzauberung des Staates, 1983.


17 Among many Di Fabio VVDStL 6 (1997), 235 et seq; Ladeur Die Verwaltung, Beiheft 4
(2001), 59 et seq in Germany; Esteve Pardo Autorregulación. Génesis y efectos, 2002, 35 et
seq and passim; Darnaculleta i Gardella Autorregulación y Derecho público, 2005, 38 et
seq, 52 et seq, 140 et seq. and passim in Spain.
18 Heine in: Schulte (ed.), Technische Innovation und Recht. Antrieb oder Hemmnis?,

1997, 57 et seq.
19 On reflexive law see Teubner/Willke ZfRSoz 5 (1984), 4 et seq; Teubner Law&Soc.

Rev. 17 (1983), 239 et seq; Willke Atopia, 2001, 131 et seq; Id. Dystopia, 2002, 65 et seq; Id.
Heterotopia, 2003, 122 et seq. In corporate criminal law Heine, Verantwortlichkeit, 49, 59
et seq, 78 et seq, 249 et seq. and Schünemann in: Wiedervereinigung, 138, 170, 175; Id. in:
Esser/Heine/Huber (eds.), Criminal Responsibility, 225, at 232 apply the same theory of
reflexive law though achieving opposing results.
20 See Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007), 315 et seq; Id. Culpabilidad, 261 et seq.
21 See Jakobs Norm, Person, Gesellschaft, 2nd ed. 1999, 83 et seq, 86 for further refer-

ences on good citizen individual.


22 Schünemann in: Wiedervereinigung, at 170.
23 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), 27 et seq.
266 Carlos Gómez-Jara Díez

ations has actually firm constitutional moorings in business freedom (Un-


ternehmensfreiheit) 24. The fundamental issue at stake in individuals 25 and
corporations is to make use of such freedom within the boundaries of what
is allowed 26. The accent here is placed in corporate self-liability, i.e. corpor-
ations as responsible actors for the way they organize themselves. Heine
puts it by way of a categorical imperative: each corporation must conduct
itself in a responsible manner so that no person gets harmed, i.e. the risk
stays within admissible standards in the organizational sphere of influence 27.
Corporations are no longer mere economic actors based on a rational-
choice logic of costs and benefits, but citizens that orientate their actions
under the guidelines of a rights/duties scheme 28. Put differently: corpor-
ations start behaving like true law-abiding citizens.
(6) Citizenship status is precisely the third functional equivalent. It is fun-
damental to the substantive dimension of culpability, i.e. the possibility to
participate in the public square 29. The question, yet, is not easy to answer:
How could a corporation participate in the public square? A starting point
here is a certain interpretation of corporate free speech 30. What is relevant is
not only the fact of acknowledging the right to free speech to corporations
qua corporations, but the content and meaning of such right. In this sense,
Lawrence Friedman’s essay in 2001 referring to the US Supreme Court deci-
sion in First National Bank of Boston vs. Belloti 31 is extremely helpful 32. Ac-
cording to Friedmann the court stated that free speech is fundamental for
decision-making processes in democracy; and this does not hold less true
just because the speech comes from corporations (corporate free speech) 33.
To this extent, even though a corporation qua corporation is not entitled to
a right to vote, it does have a right to participate in what really counts in
democracy: debate among the citizenry. To be sure: corporations, as indi-
viduals, have a right to participate in the process of creating and shaping so-
cial norms 34. This process is not determined by the right to vote, but by the

24 Bottke wistra 1997, at 253; Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, at 179.


25 See Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 61.
26 Bottke Assoziationsprävention, 62 et seq; Heine St.L.War.Tr.L.Rev. 1998, 178 et seq.
27 Heine Verantwortlichkeit, 276 et seq. with further references. See also Stratenwerth

FS -Schmitt, 1992, at 307.


28 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 59.
29 Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 57.
30 For a broad analysis see recently Kerr The Corporate Free-Speech Movement: Cog-

nitive Feudalism and the Endangered Marketplace of Ideas, 2008.


31 435 U.S. 765 (1978).
32 Friedman Harv. J.L. & Pub. Pol’y 23 (2000), 833 et seq.
33 435 U.S. 765 (1978) 777.
34 Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 288 et seq. This approach relies heavily on adopting a

communicative approach – be it self-referential, be it intersubjective – to the core of culpa-


bility (see Jakobs ARSP-Beiheft 74 (2000), at 57 et seq.; Gómez-Jara Díez ZStW 119 (2007),
The Emergence of the Corporate Actor 267

right to free speech, i.e. to express fundamental judgments regarding those


social norms 35.
(7) Once we have outlined the fundamentals of the constructivist concept
of corporate culpability it is time now to deal with the questions posed at
the beginning of the essay. As it will become obvious, the premises just
stated exert a decisive influence on which corporations can actually commit
crimes – and are subject, then, to real punishment – and which cannot, but
may suffer other type of sanctions. The model set forth here is a so-called
autonomous model that differs from the vicarious model 36 to the extent that
it draws its attention to the culpability of the corporation itself and does not
try to transfer culpability from third parties, i.e. high managerial agents or
members of the Board, to the corporation.

III. Applying the constructivist premises to the initial problem


(1) Throughout the years a number of legal academics have starkly ques-
tioned the existence of corporate criminal liability because, after all, cor-
porations are not equipped with a “mind” so they can never enjoy a “state
of mind” that is so important for criminal law. Put differently: corpor-
ations have no will in a psychological sense 37 and, therefore, cannot meet
the requirements of criminal intent. Moreover, while updating some argu-
ments from the old 19 th Century, some modern scholars have pointed out
that corporations are not self-conscious 38. Hence, they do not experience
freedom of choice 39 in the way an accountable being should – at least ac-
cording to a tradition that goes back to idealism and philosophers such as
Hegel or Kant.
(2) Consciousness, that psychological substrate, shows certain special
qualities that are essential to render persons liable; put differently, to meet

318 et seq; Id. Culpabilidad, 295 et seq; Günther Schuld und Kommunkative Freiheit, 2005,
27 et seq, 39).
35 This issue is closely linked to the possibility of acknowledging corporations as “full

fledged members of moral community” (see French Am.Bus.L.J. 34 (1996), 147 et seq.;
French/Nesteruk/Risser Corporations in the Moral Community, 1992, 12 et seq.). To be sure,
we are proposing full equality between corporations and individuals; just a minimum on
citizenship for becoming actors of the criminal law scene.
36 On the distinction between autonomous (Selbstverantwortung) and vicarious

(Fremdverantwortung) models see Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 74 et seq.


37 Rodríguez Mourullo Derecho penal. Parte General, 1978, at 227.
38 Jakobs FS -Lüderssen, 2002, 568 et seq; a response in Gómez-Jara Díez ZStW 119

(2007), at 313; Íd. Culpabilidad, 113 et seq.


39 Jakobs FS -Lüderssen, at 571 relying on v. Freier Kritik der Verbandsstrafe, 1998, 93,

115, 122.
268 Carlos Gómez-Jara Díez

the requirements of potential offenders 40. The question then is: Which are
those qualities that seem so important for the subject we are addressing
here? Well, the ultimate quality lies in the self-referential nature of the mind,
i.e. in selfconsciousness 41. There is no need to enquire in detail into the im-
portance of human consciousness for our modern understanding not just of
criminal law 42, but in general terms for many philosophical debates. This
hold specially true when addressing the relationship between self-con-
sciousness and personal identity 43. In this sense, self-consciousness has
been a referral for identifying the human being’s self-determination. And
this, in turn, for the free will and the corresponding rise of criminal respon-
sibility.
(3) Yet, if we can avoid the anthropocentric bias that generally dominates
the discussion on corporate criminal liability 44, it is possible to develop a
consistent theory of corporate criminal law 45 when addressing this issue. In
order to do so, systems theory provides an excellent opportunity as it ques-
tions the position of the human being as the sole epistemological subject.
Moreover, thanks to recent developments in the field of communication
science 46, systems theory considers that consciousness and communication
basically show the same degree of self-referentiality, recursivity and reflec-
tion 47. Regarding our main concern in this essay, the self-referential nature
of communication brings important consequences for two key systems: the
legal system (law) and the organizational system (corporation).
(4) As to the former, communicative self-referentiality implies that the legal
system has no direct access to the internal dimension of the human mind
(psychological system) or the corporation (organizational system) 48. Both
systems, psychological and organizational, can only aim at showing rational

40 On the concept of potential offender see Jakobs FS -Lüderssen, at 566.


41 Jakobs FS -Lüderssen, at 568: “Only a person with a communicatively relevant self-
consciousness can be blameworthy”.
42 On the importance of self-reference to this discussion see Pawlik Das unerlaubte Ver-

halten beim Betrug, 1999, 8 et seq, 18 et seq, 31 et seq with further references.
43 See Marquard/Stierle (eds.), Identität. 2nd ed., 1996; Quante Personale Identität, 1999.

A systems theory approach in Luhmann Soziologische Aufklärung. V, 1990, 14 et seq


44 See French Am.Ph.Q. 16 (1979), at 214; Laufer Bus.Eth.J. 6 (1996), at 311; Walt/Laufer

Am.J.Crim.L.&Crimn18 (1991), 264 s. A similar conclusion is reached by Heine ZStrR 119


(2001), at 35 (anthropomorphes Verantwortlichkeitsmodell).
45 See Alwart ZStW 105 (1993), 756 s., 761, 765 s.; Íd. Zurechnen und Verurteilen, 1998,

9 et seq, 24 et seq
46 See Merten Kommunikation: Eine Begriffs- und Prozessanalyse, 1977, 43 et seq y

passim. The systems theory count in Baecker Wozu Systeme?, 2002, 111 et seq.; Luhmann
Soziale Systeme, 191 et seq.
47 See the explanations by Luhmann Soziologische Aufklärung. VI , 1995, 25 et seq.
48 Justifications and consequences in Luhmann Recht, 39 et seq.
The Emergence of the Corporate Actor 269

evidence of sufficient self-referentiality 49. As Teubner / Zumbansen have


masterfully explained, this is exactly the fundamental criterion used by the
(criminal) law system to attribute “personhood” 50. This self-referential pro-
cess needed to be considered as a person by one legal system is achieved by
way of the constitution of the so-called High Order Autopoietic Systems 51.
Due to the fact that the constitution of psychological systems (human
beings) as a high order autopoietic system is not questioned by the vast
majority of scholars, it is worth focusing our attention on the organiz-
ational system (corporation) to provide an answer to the fundamental ques-
tion: Can a corporation become a high order autopoietic system?
(5) Well, if there is a scholar willing and able to provide a positive answer to
that question that is Gunther Teubner. For the last twenty years he has con-
ducted major research on the requirements for a corporation to become a
high order autopoietic system 52. As Teubner puts it: the corporation leaves
the “diminished capacity” stage by way of a hypercyclical link between the
self-referential qualities of the organizational system, i.e. a double self-ref-
erentiality 53. Put differently: over time, there is an accumulation of self-ref-
erential cycles in business corporations that end up in a hypercycle linking
all of them. In that precise moment the corporate actor emerges as a high
order autopoiyetic system 54. Those self-referential circles start their pro-
cesses in four different domains: the system’s limit; the system’s structure;
the system’s elements; and the system’s identity 55. The limit is provided by
membership 56; the structure embodies the final/conditional decision pro-
grams 57; the elements, i.e. the basal operations that enable the system’s
autopoiesis, are constituted by organizational decisions 58; and finally, the

49 See Fuchs Z.Soz.Sys. 3 (1997), 57 et seq.


50 On internal self-reference as basis for attibuting subjectivity see Teubner/Zumbansen
in: Die Rückgabe des zwölften Kamels, 2000, 208 et seq.
51 See Maturana Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit, 1982,

37, 211 et seq; Maturan /Varela El árbol del conocimiento. 15th ed., 2001, 121 et seq; Mos-
sakowski/Nettmann in: Self-Organizing Systems. An Interdisciplinary Approach, 1981, 39
et seq.
52 See Teubner Law as an Autopoietic System, 1993, 28 et seq, 123 et seq; Id.

Am.J.Comp.L. 36 (1988), 130 et seq.; Id. in: Haferkamp/Schmid (eds.), Sinn, Kommuni-
kation und soziale Differenzierung, 1987, 89 et seq., 113 et seq.; Id. in: McCahery/Pic-
ciotto/Scott (eds.), Corporate Control and Accountability, 1993, 41 et seq.; Id. in: Perspec-
tives of Critical Contract Law, 1993, 211 et seq, 226 et seq.
53 Teubner in: Sinn, at 117.
54 Teubner in: Sinn, at 112.
55 See the explanatory graphic in Teubner in: Sinn, at 115.
56 On membership see Luhmann Organisation, 81 et seq, 112 et seq.
57 Luhmann Organisation, 256 et seq.
58 On corporate decision as a basis for organizational systems see Luhmann VerwArch.

84 (1993), 287 et seq.; Baecker Organisation als System, 1999, 136 et seq.; Willke System-
theorie II : Interventionstheorie. 3rd ed., 1999, 151 et seq.
270 Carlos Gómez-Jara Díez

system’s identity is reflected in the corporate identity 59. Putting all these
pieces together: when corporate identity is hypercyclically linked to cor-
porate decisions, and corporate rules determine corporate membership, a
corporate actor emerges as a reality different from each and every underly-
ing psychogical system. It achieves self-organization capacity that exceeds
the organizational capacity of any of its members 60.
(6) Therefore, the bulk of our theory is that psychological and organiz-
ational systems must develop certain internal, self-referential complexity to
be considered potential offenders in criminal law. Sufficient internal com-
plexity is a requirement for developing enough self-referentialy so that it en-
ables the system’s self-determination with respect to its environment 61. A
helpful comparison could be the development of sufficient internal com-
plexity in children and corporations. To the same extent that children are
not capable of wrongdoing according to individual criminal law until their
psychological system is suffciently complex, i.e. until it reaches a certain
level of internal self-referentiality – self-consciousness –, the corporation
should not be held criminally liable until it develops a certain level of inter-
nal self-referentiality, i.e. self-organization. Corporations should also ex-
ceed that complexity benchmark, i.e. enough internal self-referentiality, in
order to be considered as potential offenders by criminal law. The bench-
mark in individual as well as in corporate criminal law is certainly not a fixed
line and it truly implies a number of theoretical and practical consequences.

IV. Theoretical and practical consequences


of corporate “diminished capacity”
(1) Just before examining those consequences, it is worth reinforcing the
consistency of what has just been stated. It is only in this context of corpor-
ations as high order autopoietic systems that the prior insights on corporate
culpability make real sense. Only within a corporation with enough com-
plexity is it possible to institutionalize a law-abiding corporate culture so
that the inexistence of such culture can be conceived of as a deficit of law-
compliant behavior, as betraying the role of a law-compliant citizen. To the
same extent, solely a corporation with certain internal complexity may gain
self-organizing capacity so that it seems feasible to hold it responsible for

59 See Luhmann Organisation, 224 et seq., 417 et seq., 438; Willke Systemtheorie, 174 et seq.
60 See Teubner Am.J.Comp.L. 36 (1988), at 140. The issue is closely linked to the “or-
ganized irresponsibility” debate. See Bosch Organisationsverschulden in Unternehmen,
2002, 142 et seq; Heine Verantwortlichkeit, 31 et seq.; Rotsch Haftung, 131 et seq., as it
emerges when the corporation reaches self-organization capacity.
61 Luhmann Organisation, at 222.
The Emergence of the Corporate Actor 271

the usage of that capacity. Finally, only a corporate entity with certain com-
plexity and public relevance may participate in the enactment of social
norms, using such possibility to question, if so, the validity of those norms
through legal mechanism, i.e. not resorting to crime. This clarified, there are
at least three domains in which our approach displays important conse-
quences, both theoretical and practical.
(2) The first domain refers to the exclusion of shell companies from tradi-
tional criminal punishment 62. These companies lack the needed internal
complexity in order to achieve enough self-referentiality from a criminal law
perspective. These are companies fully managed from the outside, lacking
organizational autonomy from the inside. Therefore, adopting intervention
measures against them is fully legitimate – though these measures should
not be considered as “punishment” due to blameworthy actions of the com-
pany itself, but as sanctions on a blameless entity. White collar and organ-
ized crime normally uses this type of companies to perform their activities;
hence, criminal law needs adequate law-enforcing instruments. What we are
suggesting is that those instruments cannot be rendered as real “punishment”
subject to evidence of corporate culpability. From a crime policy perspective it
seems all the more reasonable not labeling such instruments as punishment:
they could not be imposed unless certain requirements – mens rea among
them – are met. And those requirements might end up being impossible to
prove in such companies.
(3) The second domain for important theoretical and practical conse-
quences is “piercing” the corporate veil. Some scholars have argued that the
doctrine of piercing the corporate veil actually goes against corporate crimi-
nal liability because it does not acknowledge corporate personhood 63. Yet,
supporters of corporate criminal liability were not providing an adequate re-
sponse to the problem and a consistent solution was still pending. From our
perspective, piercing the corporate veil is actually a logical consequence of a
true and genuine corporate criminal law. For one, it is obvious that piercing
the corporate veil breaks through corporate personhood. Such technique
is designed to pierce through the legal façade and reach the people really
managing the company. For the other, this type of intervention is usually
deployed in shell companies or companies with insufficient internal self-
complexity with the aim of reaching the responsible actors behind the (cor-
porate) scenes (individuals or other corporations).
(4) The third domain deals with one of the most vexing problems posed to
individual and corporate criminal law: where to set the dividing line be-

62 Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 244 et seq


63 See the references in Gómez-Jara Díez Culpabilidad, at 213.
272 Carlos Gómez-Jara Díez

tween full-fledged and diminished individual/corporate offenders. To the


same extent that it is difficult to set the accountable age in individual crimi-
nal law, setting that organizational limit for corporate offenders is also in-
trinsically difficult. As a guideline: first, it cannot resemble an ontological,
rigid limit, but must depend on the degree of social evolution; second, to
the same extent that the psychological basis determines which psychological
systems (individuals) are subject to criminal responsibility, the organiz-
ational basis should be fundamental for organizational systems (corpor-
ations). Here, the existence of a formal organization 64 should provide at
least circumstantial evidence that we are dealing with a potential corporate
offender. Not legal or economic personhood is stressed, but the underlying
organizational social system 65. From such perspective we are able to provide
some guidelines for further development, notwithstanding the real need of
pursuing a more in-depth analysis.
(5) We should then commence with corporations about which there are
little doubts concerning their potentiality: public listed companies. These
corporations have normally developed a minimum of internal complexity
and, actually, they are world-wide known for being a paradigm of self-regu-
lation and adopting corporate codes of conduct closely related to corporate
compliance programs 66. Yet, setting these companies aside, it is actually
quite difficult to determine which level of internal complexity and self-ref-
erentiality is needed for a corporation to really become a potential corporate
offender 67.
(6) When dealing with this issue, certain indications should be noted. First,
legal personhood per se cannot be the ultimate criterion. Legal personhood
from a civil or tax point of view does not imply automatically legal person-
hood in criminal law. Hence, in individual as well as in corporate criminal
law civil personhood does not imply criminal personhood 68. This is consist-
ent with our prior claim that certain companies with legal personhood such

64 On formal organization see Luhmann Funktionen und Folgen formaler Organisation,

4th ed. 1995, passim.


65 Agreeing to the above Lessenich Unternehmensbegriff und Zurechnung, 2000, 76 et

seq., 84 et seq. The same reasoning is deployed by the Organizational Sentencing Guidelines
in US federal criminal law. The type of organization is fundamental in order to determine
the penalty to be imposed upon the corporation [see U.S. Sentencing Commission, United
States Sentencing Guidelines, § 8C2.5].
66 On that link see Laufer Vand.L.Rev. 52 (1999), 1397 et seq, and the contributions in

Basri et al (eds.), Corporate Compliance: Caremark and the Globalization of Good Cor-
porate Conduct, 1997. Further references in Gómez-Jara Díez Culpabilidad, 249 et seq.
67 This holds especially true for determining if groups of companies may be subject to

criminal liability. Teubner’s contributions to polycorporate networks as high order auto-


poietic system offer a brilliant starting point Teubner Law, 123 et seq.
68 See Heine in: Reform, 146.
The Emergence of the Corporate Actor 273

as shell companies are not potential corporate offenders. Second, what is rel-
evant here is the fact that a corporation achieves a certain degree of internal
self-referentiality. Good proxies for that achievement are provided by the
corporate Standard Operating Procedures 69. These procedures function as
decision premises that take into account the synergy and dynamics of the
corporation itself. Third, evidence of the emergence of a real corporate actor
transpires from the fact that corporate membership is determined by cor-
porate rules and corporate identity is institutionalized through corporate
decisions.
(7) As hopefully these lines have evidenced, Teubner’s contributions to the
field of corporate law and legal theory provide outstanding insights for cor-
porate criminal law. His brilliant compromise between abstract thinking
and down-to-earth reasoning is specially welcomed in a field, like criminal
law, in which extremely invasive sanctions can be imposed.

69 See Willke Systemtheorie III . Steuerungstheorie, 2 nd ed., 1998, 287 et seq.; Kriesberg

Yale Law Journal 85 (1976), 1091 et seq, 1100 et seq.


274 Carlos Gómez-Jara Díez
Wanjina and Wunggurr:
The Propertisation of Aboriginal Rock Art
under Australian Law

Christoph Beat Graber 1

In 2003, the strong belief in Wanjina and Wunggurr 2 helped the Aborig-
inal people in the Kimberleys, Western Australia, to win one of the biggest
land claim cases in Australian history. According to Australian common law
the indigenous community had to show not only that the belief in Wanjina
and Wunggurr is the common feature of identification of the Ngarinyin,
Wunambal and Worora people of the central and northern Kimberley area in
Western Australia, but also that they have been living according to traditions
residing in these beliefs since before the arrival of the first British settlers in
Western Australia. With the decision, Justice Ross Sundberg of the Federal
Court of Australia assigned native title to the successful Wanjina–Wunggurr
community over a part of the determination area of more than 7200 square
kilometres, one of the largest land claim cases in Australia. 3
The central and northern Kimberley region is the home of the famous
Wanjina pictographs. The rapid expansion of tourism in this region is con-
sidered to be a new threat to the sacred rock art sites. 4 Many tourists travel
to the area expecting to see the Wanjinas as promised in travel advertise-
ments. The Wanjina–Wunggurr people however fear that unauthorised vi-
sits may offend the Wanjinas and that tourists will vandalise the sacred

1 This paper has been written as part of the eDiversity project, an undertaking of the

Swiss National Centre for Competence in Research “Trade Regulation”. The author thanks
Christoph Antons, Paul Chartrand, Matthew Rimmer and Peter Veth for comments and
Susan Kaplan for editorial assistance. The support of the Ecoscientia Foundation is grate-
fully acknowledged.
2 Wanjina and Wunggurr are distinct features of the spiritual belief and traditions of the

Ngarinyin, Wunambal and Worora people in the Kimberley region of north-western Aus-
tralia. For a characterisation of Wanjina and Wungurr see section 1 below.
3 For about one third of the determination area the rights of the community were de-

clared to be exclusive. For the remaining two thirds Justice Sundberg found the commu-
nity’s native title rights to coexist with the rights of pastoralist leaseholders to use the same
land for defined agricultural purposes. According to the judgment, in situations of conflict
between native title and pastoralist leases, the latter prevail.
4 More than half a million tourists visit the Kimberley region each year and further

growth of the tourism sector is expected. See Blundell and Woolagoodja 2005, 201.
276 Christoph Beat Graber

sites. 5 The Wanjina–Wunggurr people are thus interested in legal remedies


that prevent the Wanjina from being visited and reproduced and sacred rit-
uals from being disturbed by people who have not received their prior con-
sent. Consequently, during the proceedings, the applicants put forward a
claim for a right to prevent inappropriate viewing, hearing or reproduction
of secret ceremonies, artwork, song cycles and sacred narratives. The appli-
cants argued that this claim was part of their native title rights. Justice Sund-
berg, however, rejected the claim stressing that the claimed right is not a
right in relation to land of the kind that can be the subject of a determination
of native title. The judge, referring to case law of the Australian High Court,
explained that the claimed right would go beyond denial or control of access
to land held under native title and entail “something approaching an incor-
poreal right akin to a new species of intellectual property to be recognised
by the common law under par (c) of s 223(1) [Native Title Act, NTA ] 6.”
This finding demonstrates the difficulties of modern Australian law in
coping with the inextricable connection between the cultural expressions of
the Aborigines and their land which result in shortcomings in effectively
protecting secret and sacred traditional cultural expressions ( TCE ) against
desecration and misappropriation. More generally, it is an example of the
collisions between modern law and traditional patterns of social organi-
sation, which are typical of postcolonial societies in which the relationship
between the law of the colonisers and the law of the colonised has not been
sufficiently clarified. This paper first aims to shed light on the collisions
between the land-tied cultural traditions of the Wanjina–Wunggurr com-
munity and modern law from the perspective of “propertisation”, a theory
which is currently gaining ground in legal and sociological discussions. Sec-
ond, the relationship between the common law doctrine of native title and
intellectual property ( IP ) law is analysed and the shortcomings of both con-
cepts and further legal remedies in effectively protecting and preserving the
sacred rock art sites are identified. Finally, these shortcomings are reflected
against the backdrop of recent developments at the level of international law
in the field of indigenous peoples’ rights and cultural expressions.

1. Collisions between land-tied cultural traditions and modern law


When James Cook and Joseph Banks took possession of New South
Wales in 1770 they considered it to be terra nullius, meaning that there
was no population which had established a right to possess the territory. 7

5 Blundell and Woolagoodja 2005, 201.


6 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 485.
7 Frost 1990, 71.
Wanjina and Wunggurr 277

According to the historian Alan Frost, the British neither considered New
South Wales ( NSW ) to be uninhabited nor did they act inconsistently when
they refused to conclude a treaty with the Aborigines, as they had done pre-
viously with the inhabitants of their other colonies. 8 Rather to Cook and
Banks the Aborigines did not seem to have attained a level of civilisation
comparable to that of the indigenous peoples in other parts of the world col-
onised by the British. 9 This impression was given because the Aborigines
did not wear clothes, wandered around, did not live in houses, had not en-
closed the country for the practice of agriculture and used only simple tools
to meet basic needs. In the view of Frost, the British would have negotiated a
treaty to settle the Botany Bay area, had they “known that the Aborigines
were not truly nomadic, that they had indeed mixed their labour with the
land, and that they lived within a complex social, political, and religious
framework.” 10
However, this original misconception of Aboriginal culture and erron-
eous failure to conclude a treaty was not rectified by more recent adminis-
trators of the colony although it had grave consequences for the colonised
people. Legally speaking, the terra nullius doctrine implied that Australia
was a “settled colony”,11 i.e. a territory without settled inhabitants of its
own and without settled law.12 Since there was no settled law, the settlers
brought the law of England with them to the new colony. The same oc-
curred in all Australian colonies formed in the years to come.13 It is part of
the sinister chapters of Australian history,14 that the concept of terra nullius
was not abolished until 1992 with the Mabo decision of the Australian High
Court.15 Mabo did “not revisit the mode or the validity of the acquisition of
sovereignty”.16 However, with the introduction of the concept of native
title, the High Court “reconsidered how the law was received” in Australia.
The new concept of native title acknowledged the possibility of “private
rights” of Aboriginal inhabitants existing at the time of white settlement.17
Since Mabo, Aborigines putting forward a native title claim, have to prove:

8 Frost 1990, 74–76; on the distinction between inhabited and uninhabited lands around

1788 see also Reynolds 1996, 24.


9 Frost 1990, 72.
10 Frost 1990, 74. According to John Locke’s theory of property, a man who mixed his

labour with land becomes its owner. See Couvalis and Macdonald 1996, 142–143.
11 On the legal implications of the distinction settled/conquered colony see Puri 1993,

146–147.
12 Strelein 2006, 2.
13 Joseph/Castan 2006, 14.
14 On the decisions of the Privy Council in 1889 and of the Australian High Court in

1913 and 1971 confirming the validity of terra nullius see Reynolds 1996, 18–19.
15 Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1.
16 Strelein 2006, 3; see also Joseph/Castan 2006, 14, and Pearson 1993, 82.
17 Strelein 2006, 3.
278 Christoph Beat Graber

1) the existence of a distinct community; 2) a traditional connection with or


occupation of the land at issue under the laws and customs of the group;
and 3) the maintenance of this connection.18
Because the Kimberley area is about 3000 kilometres away from the
centre of the first British settlement in New South Wales, the Wanjina–
Wunggurr people were one of the last groups of Aborigines to be colonised.
Sovereignty in Western Australia was not asserted by the British Crown
until 1829.19 The “invasion” of the Kimberley region by white settlers led to
a tragic confrontation between rifles and spears. Governments in Western
Australia protected the expanding greed of the cattle industry for land with
mounted police “to help the few pastoralists remove numerous indigenous
people from the vast areas of the Kimberley.” 20 The resistance of the “wild
red men” of the Kimberley area was futile against the bullets of police and
settlers. 21 In the decades to come, the Ngarinyin, Wunambal and Worora
people became victims of many racially motivated murders that went unre-
ported because of the remoteness of the Kimberley region. More blatant
frontier violence was restrained only after the public outcry caused by the
infamous Forrest River massacre of 1926. 22 Survivors of the British settle-
ment were removed from their lands 23 and forced to “work as virtual slaves”
for the white pastoralists, “or they would be ‘civilised’ in the Christian
missions being established on the coast.” 24 The result of British settlement
in the Kimberley region was the massive disruption of an Aboriginal culture
that had existed for more than 60,000 years.
However, as the anthropologist Valda Blundell put it, “the Wanjinas
continued to instruct [the Ngarinyin, Wunambal and Worora] in their
dreams”. 25As detailed anthropological evidence demonstrated in Neowarra,
the strong belief in Wanjina and Wunggurr still constitutes the fundament of
the culture of the Ngarinyin, Wunambal and Worora people. 26 According to
this belief, the Wanjinas are the creator beings of the three peoples. The
Wanjinas created the Ngarinyin, Wunambal and Worora in the Lalai 27 and
transformed themselves into paintings in the many rock art sites of the Kim-
berley region. In the words of Justice Sundberg, the evidence produced in the

18 Strelein 2006, 13.


19 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 12.
20 Doring 2000, 14.
21 Doring 2000, 14.
22 Fitzgerald 1984.
23 Blundell and Woolagoodja 2005, 14.
24 Doring 2000, 14.
25 Blundell and Woolagoodja 2005, 15.
26 See the report of Professor Valda Blundell as quoted in Neowarra v Western Australia

(2003) FCA 1402, paras 87–90.


27 Also known as Larlan, Dreaming or Dreamtime; see Neowarra v Western Australia

(2003) FCA 1402, para 90; Blundell and Woolagoodja 2005, 25.
Wanjina and Wunggurr 279

case revealed the continued prominence of beliefs that the “Wanjina created
the land and waters and what lives on or in them, and laid down laws
and customs around which the Aboriginal people have constructed their
lives.” 28
Closely related to Wanjina is Wunggurr. Wunggurr is the sacred life
force. 29 Wunggurr is often represented by the Rainbow Serpent who inhab-
its deep waterholes. A Wunggurr place is described by members of the
Ngarinyin, Wunambal and Worora people as the place where a boy is born
out of a waterhole in his father’s dream. 30 For the people of the Wanjina
everything has its origin in the land. The land is the beginning and the end.
The land is sacred. Paddy Neowarra, the Chairman of the Ngarinyin Abo-
riginal Corporation, described the importance of the land in a speech de-
livered to rock art specialists of the United Nations Educational, Scientific
and Cultural Organization ( UNESCO ) in 1997 as follows:
“Everything comes from underneath the ground, the rain, the lightning,
the people. They go up to the sky and come back down, but everything
starts from underneath. They reflect each other, the top and the bottom.
We are the people with the story and the feeling from underneath the
ground.” 31
In the Lalai, the Wanjina came out from underneath the ground to trans-
form themselves into rock art. The rock paintings are made of ochres and
charcoal. In the days before the British settlement, and to a lesser degree
later on, the Wanjina people have been “freshening up” Wanjina paintings in
order to keep the colours bright. The freshening up is an obligation and an
exclusive right of certain male members of the community. During the legal
proceedings, Paddy Neowarra, a person under such obligations, gave evi-
dence at one of the rock art sites that the painting he was pointing out had
been put there by Wanjina. He said:
“[W]e just got to come along and renew him again when he falling to –
when everything and paint coming off. That’s our law and that’s how we
keep it. And that’s what was given to us from the old people. You’ve got
to take care of it and look after it and always remember that.” 32
By keeping the paintings fresh and bright, “the world would remain fertile,
rain would fall, plants and animals would be abundant, and men would

28 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 177.


29 Blundell and Woolagoodja 2005, 28–31.
30 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 178; Blundell and Woolagoodja

2005, 28.
31 Paddy Neowarra Our Paintings Are Our Life, in: Kleinert and Neale, 2000, at 123.
32 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 277.
280 Christoph Beat Graber

be able to find the spirits of their children at Wunggurr sites”. 33 The fres-
hening up and repainting was done whenever the paintings needed it. In
Neowarra, Justice Sundberg considered the evidence presented by Aborig-
inal and scientific experts sufficient to show that this practice had been
continued after white settlement in the Kimberley area. 34 The refreshing
and repainting of the Wanjina became the decisive element of proof de-
monstrating that the claimants had been living according to traditions re-
siding in Wanjina and Wunggurr beliefs until the day of the proceedings.
Hence, the Wanjina rock paintings were the critical evidence that allowed
Justice Sundberg to conclude that the three requirements of proof of native
title listed above had been met by the Ngarinyin, Wunambal and Worora
people.
The recognition of the Wanjina people’s native title over a vast area in the
Kimberley region can certainly be seen as a success for the Aborigines in
Australia. However, this outcome of the case masks the unresolved prob-
lems of British colonisation in Australia. From an Aboriginal perspective,
the problem of native title is its logical inconsistency. Although the source of
native title is not the common law but the traditional laws and customs 35,
the assumption that sovereignty was acquired by the Crown at the moment
of British settlement is not questioned. If constructed consistently, native
title would require recognition of “a form of sovereignty” of the colonised
people. 36 In reality however, the law of the traditional inhabitants is subju-
gated under the law of the colonisers and treated as an element of fact, not
law. 37
Not only are the traditional laws and customs depreciated, but also
the modern law of the colonisers is used as the frame within which the pat-
terns of Aboriginal social organisation are reconstructed. 38 As a conse-
quence, the complex relationship of Aboriginal people with their land is
subordinated under modern law’s concepts of property and ownership.
Problems related to using the law of the colonisers as a frame within
which to perceive and to deal with the cultural traditions of the colonised
have been addressed in law and the social sciences under the title of “prop-
ertisation”. 39 In the next section we will use the “propertisation theory”

33 Blundell and Woolagoodja 2005, 32.


34 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 209.
35 In Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1, Justice Brennan said at para 65:

“Native title has its origin in and is given its content by the traditional laws acknowledged
by and the traditional customs observed by the indigenous inhabitants of a territory. The
nature and incidents of native title must be ascertained as a matter of fact by reference to
those laws and customs.”
36 Pearson 1993, 82 and footnote 55.
37 See also Davies 1996, 15, 20.
38 Davies 1996, 3, 9–10.
39 Siegrist 2007, 20, 36–37, referring to Benda-Beckmann 2007, 100–104.
Wanjina and Wunggurr 281

as an analytical scheme to identify major shortcomings of modern law


in effectively protecting the sacred cultural expressions of the Wanjina
people.

2. Propertisation and the Protection of Aboriginal


Rock Art Sites Under Australian Law
Propertisation has recently been introduced into the sociolegal literature
as a term to describe processes limiting access to commons, public goods
and public domains by the means of property-like legal tools in the areas of
economics, science, technology, culture and communication. 40 According
to the historian Hannes Siegrist propertisation is in transition from a political
catchword towards a scientific concept of law and of the social and cultural
sciences. 41 Propertisation has proved to be a useful concept inter alia in criti-
cising the processes of privatisation and commodification driven by expan-
ding IP legislation at the national and international levels. 42 Since the con-
cept also shows potential to analyse colonial institutional transfers 43 it may
be applied to shed light on some of the shortcomings in Australian law on
traditional cultural expression ( TCE ).
Under Australian law, the protection of secret and sacred aboriginal rock
art sites is fragmented. Rather than providing a comprehensive set of rights
protecting a whole way of land-tied indigenous life, diverse aspects of tradi-
tional Aboriginal culture are incoherently covered by specific branches of
Australian law, including IP, native title and cultural heritage law. Siegrist
distinguishes between individualistic and collectivistic propertisation. Ef-
forts to apply IP or native title to protect TCE show typical features of in-
dividualistic propertisation. Cultural heritage legislation, on the other hand,
is an emanation of collectivist propertisation, i.e. a semantic and functional
extension of the concept of ownership and the inclusion of collective rights
of action or property of States, peoples and communities into the concept. 44
Since indigenous people do not see their cultural expressions in terms of
“property” that is as “something which has an owner and is used for the
purpose of extracting economic benefits” but rather “in terms of commu-
nity and individual responsibility” 45 all three strategies smack of colonial
legal imperialism. The following quotation from Justice Sundberg in Neow-
arra is sufficient to illustrate this problem.

40 See the various contributions in Siegrist (ed.), 2007.


41 Siegrist 2007, 36–37.
42 See parts IV and V in Siegrist (ed.), 2007.
43 Benda-Beckmann 2007.
44 Siegrist 2007, 46–47 and Dreier 2007, 187–189.
45 Daes 1993, para 26.
282 Christoph Beat Graber

“While the [Aboriginal] witnesses (…) do not use the common law ex-
pression ‘possess, occupy, use and enjoy the land to the exclusion of all
others’, that is what the rights and entitlements of which they gave evi-
dence amounts to”. 46
Whereas modern concepts of property conceive of land as something
owned by human beings, from a traditional perspective it is just the oppo-
site: Aborigines strongly believe that human beings (like everything else)
belong to the land. 47 Consequently, indigenous people find “heritage” a
more appropriate term than “intellectual and cultural property” to describe
their land-tied cultural knowledge. Heritage in this sense is conceived by in-
digenous people as a “bundle of relationships, rather than a bundle of econ-
omic rights”. 48

2.1 Intellectual Property


From the perspective of the propertisation critique, efforts to apply IP
type legal instruments for protecting traditional knowledge ( TK ) and TCE
must be criticised in three respects. First, an IP type framework is based on
a separation of distinct categories, including patent law and copyright law,
requiring traditional knowledge to be seen either from a technological
(natural science) perspective or a cultural perspective, whereas in the reality
of indigenous peoples these aspects are closely interrelated and should not
be separated. 49 In Neowarra, extensive anthropological evidence and testi-
monials by indigenous experts gave account of the holistic worldview of the
Ngarinyin, Wunambal and Worora people and demonstrated the continu-
ing importance of the Wanjina traditions in many aspects of indigenous life.
Second, IP type approaches reveal methodological flaws, including li-
mited terms of protection, fixation requirements and reliance on individual
authorship. The Australian Copyright Act 1968 does not distinguish be-
tween indigenous and non-indigenous artistic works and there is no recog-
nition of Aboriginal laws and customs. 50 As the result of an amendment in
2004, the Copyright Act provides for a term of protection of 70 years after

46 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 379.


47 Puri 1993, 136; Schillhorn 2000, 53; Gibson 2005, 227.
48 Daes 1993, para 26.
49 Daes 1993, paras 21, 31 and 164.
50 According to the Australian Copyright Council, the Australian Government an-

nounced in 2003, 2004 and 2006 to amend the Copyright Act by an Indigenous Communal
Moral Rights Bill. The plan was to entitle indigenous communities to “take legal action to
protect against inappropriate, derogatory or culturally insensitive use of copyright ma-
terial” and give them “legal standing to safeguard the integrity of creative works embodying
traditional community knowledge and wisdom”. See Australian Copyright Council,
<www.copyright.org.au> (1. 5. 2008).
Wanjina and Wunggurr 283

the death of the author. 51 Wanjina rock art however is much older than this.
Hence, there is no right of the Wanjina people under the Copyright Act to
prevent photographs of the rock art to be taken, disseminated and commer-
cialised. Furthermore, under the Copyright Act works must be reduced to
“material form” 52 in order to be protected as copyright. 53 Hence, works of
indigenous culture such as Wanjina songs or stories which have never been
recorded will not be protected. If such a story or song is recorded for the
first time (with or without prior consent from the indigenous community)
by a third person, this person is recognised by Australian law as the copy-
right owner of the recording whereas the story or song remains unpro-
tected. 54 The Australian Copyright Act provides also for some economic
rights for performers, generally requiring the consent from a performer to
record or broadcast a live performance. 55 However, sacred Wanjina rituals
and ceremonies are not meant to be disturbed at all. In these cases, copy-
right protection will not be sufficient to prevent unauthorised trespassing of
sacred sites or disturbing of religious rituals. 56 Finally, individual authorship
is presupposed by the Copyright Act. 57 However, no individual author of
the Wanjinas can be identified since the paintings have been freshened up by
many consecutive generations of Aboriginal custodians.

51 The amendment, effective since 1 January 2005, has been introduced as a consequence

of a Free Trade Agreement between Australia and the United States. Before the amend-
ment, copyright lasted for 50 years after the death of the author. See Australian Copyright
Council, <www.copyright.org.au> (1. 5. 2008).
52 See Section 22 and the definition of “material form” in Section 10(1) Australian Copy-

right Act 1968, <www.austlii.edu.au/au/legis/cth/consol_act/ca1968133/index.h tml>. See


also Puri 1993, 141–142.
53 This fixation requirement exists in Australian law although, according to Article 2.2

Berne Convention, national laws need not provide that fixation is a general condition for
protection. See WIPO , Consolidated Analysis of the Legal Protection of Traditional Cul-
tural Expressions/Expressions of Folklore, Background Paper No 1, Geneva: WIPO , 2003,
41–42.
54 Janke 1998, 54; Puri 1993, 142.
55 As a result of the Free Trade Agreement between Australia and the United States,

moral rights for performers whose performances are captured on sound recordings were
introduced into the Copyright Act and became effective with Australia’s ratification of the
WIPO Performances and Phonograms Treaty ( WPPT ) on 26 July 2007. It seems that the im-
plications of Article 2(a) WPPT, extending performers rights to “recordings of expressions
of folklore”, have not been discussed in the latest review of the Copyright Act. See
Weatherall 2007, footnote 58.
56 See Janke 1998, 61.
57 In John Bulun Bulun & Anor v. R. & T. Textiles Pty. Ltd. (1998) 41 IPR 513, Justice von

Doussa held that the individual artist alone was the owner of the copyright. However this
copyright was “impressed with a fiduciary obligation that the artist owed to his community
to preserve the religious and ritual significance of the work”. Antons 2004, 91. For an ex-
tensive discussion of individuality and originality in case law involving copyright in Abo-
riginal culture predating Bulun Bulun see Davies 1996, 3–13.
284 Christoph Beat Graber

Third, IP law reconstructs TK and TCE in terms of commodities and


exclusive rights. The Wanjina people, however, conceive of their cultural
knowledge in categories of shared responsibility rather than ownership and
find a commodification of sacred ritual objects and practices to be deeply of-
fensive.
The problem underlying all these shortcomings is that the modern legal
narrative of IP and copyright is imposed on Aboriginal forms of social or-
ganisation on the premise that Aboriginal sovereignty is abrogated. 58

2.2 Cultural Heritage


From the perspective of propertisation, three major shortcomings of heri-
tage law can be identified. First, the concept of ownership is used to create
collective rights of action or property of states rather than of indigenous
communities. 59 The argument that cultural heritage is owned by all the
people of a state (or, in certain cases, by humankind) is rejected by indigen-
ous people who believe that “ownership” of cultural heritage should be
vested in the local community of origin. 60 A related problem is that the ul-
timate authority is vested in a government minister with wide discretionary
power to decide on matters of indigenous heritage. 61 A second shortcoming
of heritage law lies in its tendency towards a reification of cultural ex-
pressions. Documentation of artefacts consists in the fixation of living heri-
tage at a certain time and excludes the possibility of its continuing evol-
ution. 62 Third, the focus of heritage law is on scientific and historical values
rather than on spiritual ones. 63
There is a discrepancy in the use of the concept of cultural heritage be-
tween Aborigines and modern law. Whereas Aborigines define cultural heri-
tage comprehensively as the totality of cultural practices and (tangible and
intangible) expressions of a community, Australian law operates a much
narrower definition with a focus on tangible objects. 64 According to the
Australian Constitution, both the Commonwealth and the States have the

58 See Davies 1996, 25.


59 Couvalis and Macdonald 1996, 157.
60 Ritchie 1996, 29–31; Janke 1998, 79.
61 Ritter 2003, 195–196; Taubman 2002, 152, 156; Janke 1998, 82; Harris 1996, 120; Rit-

chie 1996, 31.


62 Ritter 2003, 204–207; Janke 1998, 26, 81.
63 According to an example provided by Ritchie 1996, 30, existing heritage legislation in

Australia tends to focus on sites that have been identified by non-Aboriginal scientific ex-
perts, whereas places significant for Aboriginal people include unmodified landscape fea-
tures. See also Taubman 2002, 142, and for the situation in Western Australia Ritter 2003,
199–203.
64 Janke 1998, 77. Australia has not ratified the 2003 UNESCO Convention for the Safe-

guarding of the Intangible Cultural Heritage.


Wanjina and Wunggurr 285

power to adopt legislation to acquire cultural property. 65 Since both levels


have made abundant use of their competences the result is a “disparate
framework of cultural heritage laws” and little coherence between State and
Commonwealth legislation. 66 With regard to the situation in the Kimberley
region, the Commonwealth Aboriginal and Torres Strait Islander Heritage
Protection Act 1984 ( CHA ) 67 and the Western Australia Aboriginal Heritage
Act 1972 ( WAHA ) 68 are the most relevant heritage legislation. Whereas the
purpose of the CHA is to preserve and protect objects in Australia of par-
ticular significance to Aboriginals, the WAHA prohibits any interference
with Aboriginal sites, unless authorised by the relevant state government
minister.
David Ritter provided a devastating critique of the WAHA from the per-
spective of critical legal theory. In his view, an analysis of the WAHA in op-
eration reveals a system permitting the colonising power to “continue to do
with Aboriginal places and materials exactly what it wants”. 69 One of his
main criticisms relates to the discretionary power of the Minister. While it is
generally illegal for non-Aboriginal people to interfere with Aboriginal
sites, the Minister may authorise such activity. Under section 18 WAHA ,
the Minister may even “legalise the destruction of an Aboriginal site when a
land owner makes an application to that effect”, regardless of how sacred it
may be to the Aborigines. 70 On the other hand, the penalties available under
the WAHA amounting to a maximum of AUD 1000 are not able to deter
vandals. 71 According to Ritter “there have been few successful prosecu-
tions” in the more than thirty years the WAHA has been in force. Con-
versely, the Minister granted permission to disturb an Aboriginal site “in
the overwhelming number of applications made to the ACMC under section
18 [ WAHA ]”. 72 Ritter concludes that the WAHA “is an instrument for the
ongoing colonisation and subjugation of Indigenous peoples that denies the
legitimacy and validity of Aboriginal people making political decisions
about their land.” 73

65 Ritchie 1996, 31.


66 Janke 1998, 77.
67 Aboriginal and Torres Strait Islander Heritage Protection Act 1984, available at

<http://www.austlii.edu.au/cgi-bin/sinodisp/au/legis/cth/consol_act/aatsihpa1984549/
notes.html?query=Heritage%20Protection>
68 Aboriginal Heritage Act 1972, available at <http://www.austlii.edu.au/au/legis/wa/

consol_act/aha1972164/>
69 Ritter 2003, 208.
70 Ritter 2003, 197, 199. The application is first considered by the Aboriginal Cultural

Material Committee ( ACMC ) which makes a recommendation to the Minister.


71 Ritter 2003, 197; see also Blundell and Woolagoodja 2005, 277, footnote 175.
72 Ritter 2003, 207.
73 Ritter 2003, 208.
286 Christoph Beat Graber

How does the WAHA relate to the CHA ? In the Tickner v Bropho case,
the Federal Court of Australia said that the idea informing the enactment of
the CHA was “that it would be used as a protective mechanism of last resort
where State and Territory legislation was ineffective or inadequate to protect
heritage areas or objects”. 74 In practice, however, it seems that the CHA is
applied whenever “the assessment by the Australian Government of com-
peting public interests involved in the protection of Aboriginal heritage
differs from that of a State or Territory”. 75 The CHA is thus generally per-
ceived to be the most important heritage legislation in Australia. 76
The analysis of the CHA in the abstract does not cast much light on how
this legislation operates in practice. According to section 4 CHA , the pur-
pose of the CHA is to preserve and protect areas and objects that are of par-
ticular significance to Aborigines from injury or desecration. An object is
taken to be injured or desecrated if it is used or treated in a manner incon-
sistent with Aboriginal tradition (section 3(2) CHA ). If there is an immedi-
ate threat to a site, the Minister may make a temporary emergency order
under section 9 CHA . A permanent order under section 10 can only be
made, after receipt of an expert report on the place in question. 77 In the case
of Wamba Wamba the Federal Court of Australia held that although the
power of the Minister to make an order is “facultative and not imperative”
he must decide whether or not to take action where he has received a bona
fide application for a protective declaration. 78
However, as the Hindmarsh Island Affair demonstrated, “protections
existing in heritage legislation at either federal or State level could and
would be overridden if they conflict with other interests.” 79 The origin of
the Hindmarsh Affair was the opposition by a group of Ngarrindjerri Abo-
riginal women to the proposed building of a bridge between Hindmarsh Is-
land and the mainland at Goolwa in South Australia. The group claimed
that the bridge would desecrate sacred sites. Upon an application by the
group, the Minister issued an emergency declaration under section 9 CHA
to stop the bridge-building for 60 days. 80 After having received an expert re-
port from Professor Cheryl Saunders under section 10 CHA , the Minister or-
dered the project to be stopped for 25 years. Since Professor Saunder’s report

74 Tickner v Bropho, 114 ALR 409 at 437 (1993) 40 FCR 183, para 2.
75 Boer/Wiffen 2006, 270; see also Taubman 2002, 146.
76 Boer/Wiffen 2006, 269; McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 403.
77 Boer/Wiffen 2006, 270; McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 403; Harris, 1996,
120.
78 Wamba Wamba Local Aboriginal Land Council and others v The Minister Adminis-

tering the Aboriginal and Torres Strait Islander Protection Act 1984 and others (1989) 23
FCR 239, 86 ALR 161.
79 McRae/Nettheim/Beacroft/McNamara 2003, 404.
80 Harris 1996, 116.
Wanjina and Wunggurr 287

gave account of “secret women’s business”, the Minister relied on the advice
given by a female staff member on the evidence contained in envelopes at-
tached to the report rather than examining the evidence personally. 81 The
decision was challenged in court. In Chapman v Tickner, the Federal Court
of Australia found that the order was void, since the Minister was not
allowed to take a decision without considering the evidence in full detail. 82
A new report was commissioned by the Minister. This report, prepared by
Justice Jane Matthews of the Federal Court, came to the conclusion that the
evidence was not sufficient for the Minister to conclude that “the building of
the Hindmarsh Island Bridge would desecrate this area”. 83 The appointment
of Justice Matthews was challenged in the High Court and found invalid,
since it was incompatible with her role as a Federal Judge. 84 After the 1996
federal elections, the incoming conservative government of John Howard in-
troduced a bill removing the Hindmarsh Island area from the potential pro-
tection of the CHA . The new Parliament passed the Hindmarsh Island
Bridge Act in 1997, exempting the building of the Hindmarsh Bridge from
the ministerial objection process. 85 This allowed the bridge to be built; it
was opened in 2000.
Aboriginal people in Australia have little confidence in heritage law as a
means to protect their sacred sites effectively 86 and the experiences with the
Hindmarsh case may be taken to show in a nutshell why this is the case. Ac-
cording to David Ritchie, the aspirations of the Aborigines in Australia
would be to have “control over their cultural heritage”. 87

2.3 Native Title and Intellectual Property


From the perspective of the propertisation critique the problem of native
title is the issue framing in categories of ownership. Issue framing is an often
overlooked consequence of asymmetrical power distribution in relations
between indigenous and modern patterns of social organisation. 88 Issue
framing is the power, as Gunther Teubner and Andreas Fischer-Lescano have
recently pointed out, to determine the “categories in which politics and law
in the centres of modernity perceive the problem of traditional knowledge

81 Boer/Wiffen 2006, at 272.


82 Chapman v Tickner (1995) 133 ALR 74; 37 Ald 1; 55 FCR 316.
83 Quotation found in Boer/Wiffen 2006, at 272.
84 Wilson and Ors v The Minister for Aboriginal and Torres Strait Islander Affairs (1996)

138 ALR 220, [1996] HCA 18; see Joseph/Castan 2006, at para 6.100.
85 Joseph/Castan 2006, at para 14.30.
86 Ritchie 1996, 29; Taubmann 2002, 141, 146 and 151 (with further references); Ritter

2003, 200.
87 Ritchie 1996, 28.
88 Harris 1996, 118–119, 135–136.
288 Christoph Beat Graber

in peripheral societies”. Lawyers for indigenous peoples “necessarily de-


pend upon the issue framing given by the courts before which they stand”.
“Although this dependency gives them the opportunity to connect to exist-
ing legal regulations and also opens scenarios for incremental legal inno-
vations, it does bind them too closely to the conceptual system of the
special legal field they are dealing with and precludes them effectively from
exploring the real dimensions of the conflict and from finding solutions
tailored to these problems.” 89 Issue framing in the case of native title is the
subjugation of the laws and customs of indigenous peoples under the
ownership centred categories given by the common law and precludes
claims of indigenous self-determination and self-governance.
In Neowarra, the problem of issue framing became noticeable in the un-
successful invocation of the concept of native title by the Wanjina–Wung-
gurr community as a means to protect sacred Wanjina paintings and cer-
emonies performed at Wanjina places. In order to protect and preserve the
sacred TCE and to object to any visual or auditory recording or reproduc-
tions of what was to be found or took place there, the community claimed a
native title right to “use, maintain, protect and prevent the misuse of cul-
tural knowledge of the Wanjina-Wunggurr community in relation to the
claim area”. 90
Justice Sundberg rejected this claim, referring to the 2002 judgment of the
Australian High Court in Ward. 91 In Ward the High Court said that a right
to maintain and to protect cultural knowledge and to prevent its misuse, in-
cluding the inappropriate viewing, hearing or reproduction of secret cer-
emonies, artwork, song cycles and sacred narratives is not a right in relation
to land of the kind that can be the subject of a determination of native title. 92
The majority of the High Court held:
“To some degree, for example respecting access to sites where artworks
on rock are located, or ceremonies are performed, the traditional laws and
customs which are manifested at these sites answer the requirement of
connection with the land found in par (b) of the definition in s 223(1) of
the NTA . However, it is apparent that what is asserted goes beyond that
to something approaching an incorporeal right akin to a new species of
intellectual property to be recognised by the common law under par (c)
of s 223(1). The ‘recognition’ of this right would extend beyond denial or
control of access to land held under native title. It would, so it appears,
involve, for example, the restraint of visual or auditory reproductions of

89 Teubner and Fischer-Lescano 2008, 19.


90 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 485.
91 Neowarra v Western Australia (2003) FCA 1402, para 487.
92 See Gibson 2005, 241.
Wanjina and Wunggurr 289

what was to be found there or took place there, or elsewhere. It is here


that the second and fatal difficulty appears.” 93
The majority decision in Ward went on to quote the decision of the Federal
Court of Australia in John Bulun Bulun v R & T Textiles Pty Ltd, where Justice
von Doussa observed that a fundamental principle of the Australian legal
system was that the ownership of land and ownership of artistic works
are separate statutory and common law institutions. 94 According to von
Doussa, recognising cultural knowledge in land would amount to fracturing
a so-called “skeletal principle” of the Australian legal system in the way
highlighted by Justice Brennan in the Mabo decision of the High Court. 95 In
this refusal of the common law to acknowledge the inextricable link of in-
digenous knowledge with the land, the collision between modern law and
indigenous customs becomes salient. Again, Aboriginal culture seems to be
the default loser when it is subjugated under a propertisation paradigm.
Because of the common law doctrine of precedent, Justice Sundberg in
Neowarra had no other choice than to follow the High Court although he
seems to be sympathetic with the Aboriginal concerns. After all, at para 484
he acknowledged a native title based right of the Wanjina people to repaint
rock art and look after the sites as long as this practice does not conflict with
the overriding rights of pastoral leaseholders. This finding remains clearly
within the parameters of the majority judgment in Ward and Justice Sundberg
does not refer to the minority judgement in Ward, delivered by Justice Kirby.
There, Kirby did not agree with the majority of the High Court regarding
the separation between IP and native title. 96 Regarding the right to protect
cultural knowledge Justice Kirby distinguished a right of restricting access to
a physical area of land or waters from a right of restricting access to repre-
sentations, images or oral accounts relating to such land or waters. 97 Ac-
cording to Justice Kirby, not only the first right but also the second is a right
in relation to land or waters:
“The relationship between the right and the land or waters need not be
physical although, obviously, it is easier to prove it if a physical element is

93 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, 59.


94 In John Bulun Bulun & Anor v. R. & T. Textiles Pty. Ltd. (1998) 41 IPR 513, Justice Von
Doussa said (at para 524): “[t]he principle that ownership of land and ownership of artistic
works are separate statutory and common law institutions is a fundamental principle of the
Australian legal system which may well be characterised as ‘skeletal’”.
95 In Mabo v Queensland (No 2) (1992) 175 CLR 1, Justice Brennan said at para 43:

“However, recognition by our common law of the rights and interests in land of the in-
digenous inhabitants of a settled colony would be precluded if the recognition were to frac-
ture a skeletal principle of our legal system.”
96 Gibson 2005, 242.
97 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 579.
290 Christoph Beat Graber

shown. It has been accepted that the connection between Aboriginal Aus-
tralians and ‘country’ is inherently spiritual and that the cultural knowl-
edge belonging to Aboriginal people is, by indigenous accounts, inextri-
cably linked with their land and waters, that is, with their ‘country’. (…)
If this cultural knowledge, as exhibited in ceremony, performance, artistic
creation and narrative, is inherently related to the land according to Abo-
riginal beliefs, it follows logically that the right to protect such knowledge
is therefore related to the land for the purposes of the NTA .” 98
Justice Kirby argued that this construction is consistent with the purposes of
the NTA , as evidenced by the words of its preamble, “including the full rec-
ognition of the rich culture of Aboriginal peoples and the acceptance of the
‘unique’ character of native title rights”. 99 According to Justice Kirby, his
construction is further supported by the instruments of international law
ratified by Australia “which expressly provide for the protection of funda-
mental human rights”. In his view, such rights include the right of indigen-
ous peoples to have “full ownership, control and protection of their cultural
and intellectual property” as provided by the Draft UN Declaration on the
Rights of Indigenous Peoples.100
Justice Kirby’s reference to the Draft Declaration on the Rights of Indigen-
ous Peoples is thought-provoking if one considers that Australia was among
the four (out of 148) nations to vote against the adoption of the Declaration
during the session of the UN General Assembly of 13 September 2007. We
will come back to the Declaration and its impact on TCE in the next section.
To sum up, all three approaches available under Australian law to pre-
serve or protect sacred Aboriginal sites show considerable shortcomings.
At the root of these shortcomings is the fact that indigenous laws and cus-
toms are subjugated under Western law rather than recognising the Aborig-
inal peoples’ right to self-determination over cultural heritage. According to
Paul Chartrand, a Canadian indigenous scholar, the recognition of self-de-
termination is an essential part of the concept of shared sovereignty, which
he has introduced as an offer for reconciliation in Australia. Shared sover-
eignty means that the Aborigines accept the de facto governance exerted by
the government of Australia over indigenous peoples while requiring at the
same time that the Aboriginal peoples have a right to self-determination.
Chartrand emphasises that self-determination must not be understood in a
secessionist way but rather as the right of the Aborigines “to aspire to live
according to their own visions of the good society, inspired by their own
concepts about the universe and the values that ought to inform the way
that good relations are to be established and maintained within families,

98 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 580.


99 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 581 (emphasis in the original).
100 Western Australia v Ward (2002) 191 ALR 1, at para 581.
Wanjina and Wunggurr 291

communities, and the nation-state.” 101 The right of a people to choose its
political status within a State is known in international human rights law
as “internal self-determination”.102 Although internal self-determination is
usually given a political connotation, it also refers to the economic, social
and cultural development of a people.103 If applied to issues of indigenous
heritage, internal self-determination would mean recognising the auton-
omous right of an Aboriginal people to develop adequate schemes of pro-
tection and preservation of sacred sites and land-tied religious rituals in a
comprehensive way.

3. Recent Developments in International Law

3.1 UN Declaration on Indigenous Peoples


Self-determination of peoples including cultural self-determination is
guaranteed as an international human right in Article 1 of the UN Covenant
on Civil and Political Rights ( CCPR ).104 However, it is still not clear whether
Article 1 is merely a vague political principle or a genuine right.105 Moreover
it is a matter of considerable controversy whether indigenous communities
are “peoples” in the sense of Article 1106 rather than “minorities” in the sense
of Article 27 CCPR .107 In light of these uncertainties,108 it is important to

101 Chartrand 2008.


102 Joseph/Schultz/Castan 2004, paras 7.13–7.14.
103 Rosas 2001, 115; Joseph/Schultz/Castan 2004, para 7.14.
104 Article 1 CCPR , which is formulated in language identical to that of Article 1 of the

UN Covenant on Economic, Social and Cultural Rights ( CESCR ), reads as follows: “All
peoples have the right of self-determination. By virtue of that right they freely determine
their political status and freely pursue their economic, social and cultural development”.
On Article 1 CCPR see Human Rights Committee, General Comment No 12 (1984),
adopted on 13 March 1984. Self-determination of peoples also appears in the Charter of the
United Nations. See Rosas 2001, 113.
105 Musgrave 1997, 90.
106 There is no universally acknowledged definition or list of criteria for a “people” in in-

ternational law. See Joseph/Schultz/Castan 2004, para 7.06 on Article 1 CCPR .


107 The Human Rights Committee ( HRC ) on the one hand insists on a clear distinction

between Article 1 and Article 27 CCPR , which explicitly protects minority rights. See
Human Rights Committee, General Comment 23 (1994), CCPR /C/21/Rev.1/Add.5,
8 April 1994, para 2. On the other hand, in its Concluding Observations on Canada, the
HRC noted in the context of Article 1(2) CCPR that “the situation of the aboriginal peoples
remains ‘the most pressing human rights issue facing Canadians’” and that the right to self-
determination requires “that all peoples must be able to freely dispose of their natural
wealth and resources”. See, United Nations, Convention on Civil and Political Rights,
Human Rights Committee, Sixty fifth session, CCPR /C/79/Add.105, 7 April 1999, para 8.
108 In this context, one should also note the ILO Convention 169 Concerning Indigen-

ous and Tribal Peoples in Independent Countries, adopted 27 June 1989 by the General
292 Christoph Beat Graber

note that the United Nations Declaration on the Rights of Indigenous


Peoples specifically endorses both the right of self-determination (Article 3)
and the right of self-government (Article 5). The Declaration was adopted
by the UN General Assembly on 13 September 2007. One hundred and
forty-three UN Member States voted in favour, 11 abstained and four – Aus-
tralia, Canada, New Zealand and the United States – voted against the in-
strument.109
Several provisions relating to issues relevant for the protection and pres-
ervation of sacred sites can be read as a fold-out of the right of cultural self-
determination. Article 25 of the Declaration provides that “indigenous
peoples have the right to maintain and strengthen their distinctive spiritual
relationship with their traditionally owned or otherwise occupied and used
lands, territories, waters and coastal seas and other resources and to uphold
their responsibilities to future generations in this regard”. Articles 11 and
12 both refer (using almost identical language) to the rights of indigenous
peoples to maintain, protect, develop or have access to sacred sites as part of
their right to practice and revitalise their cultural traditions and customs
(Article 11) and/or their right to manifest, practise, develop and teach their
spiritual and religious traditions, customs and ceremonies (Article 12). With
a view to implementing the rights acknowledged, Article 11(2) provides that
“states shall provide redress through effective mechanisms”. Moreover, Ar-
ticle 31 requires states to take effective measures to recognise and protect
cultural heritage, traditional knowledge and TCE of indigenous peoples.
The new Declaration is a comprehensive affirmation of the most important
inherent rights and interests of indigenous peoples. The document resulted
from more than 20 years of negotiations between indigenous peoples and
states conducted within the competent UN agencies. Although not a binding
legal instrument, the Declaration will provide guidance to governments of
postcolonial states, who are willing to engage in a reconciliation process. As
discussed above, the recognition of internal self-determination would be a
precondition for a reconciliation based on the concept of shared sovereignty.
With a view to protecting and preserving sacred sites comprehensively, re-
specting the rights to self-determination and self-government will be crucial
for developing effective mechanisms in a way that responds to the complexity
of the land-tied spiritual world of the Aborigines in the Kimberley region.

Conference of the International Labour Organization at its seventy-sixth session, entered


into force 5 September 1991, ILM 28 (1989), 1384. Article 8(2) ILO Convention 169 pro-
vides that indigenous peoples “shall have the right to retain their own customs and institu-
tions, where these are not incompatible with internationally recognised human rights”.
However, the direct legal impact of ILO Convention 169 is slight, since it has been ratified
by only 19 States.
109 See UN General Assembly Press Release <http://www.un.org/ga/61/news/news.

asp? NewsID =23794>, 13 September 2007.


Wanjina and Wunggurr 293

3.2 The WIPO IGC Draft Provisions


In 2000, the General Assembly of the World Intellectual Property Organ-
ization ( WIPO ) established the Intergovernmental Committee on Genetic
Resources, Traditional Knowledge and Folklore ( WIPO IGC ). The WIPO
IGC took up its work in 2001 and has since met twelve times. So far, it has
neither been able to establish a working definition of the terms TK and TCE
nor has it agreed on policy objectives of the protection of TK and TCE .110 In
2005, the Secretariat of the WIPO IGC prepared draft provisions for a sui
generis protection of TCE ,111 which have subsequently been the subject of
controversial discussion at several meetings of the WIPO IGC .112
The WIPO IGC draft resides on the concept that TCE derive their signifi-
cance from community recognition rather than from an individual’s mark of
creativity.113 It responds to many of the above-mentioned objections to the
use of the existing IP system to protect TCE . First, Article 1 of the Draft
provides for a definition of TCE that does not require any reduction to a ma-
terial form. Protection of TCE automatically exists from the moment of its
creation. According to Article 1, TCE can be created either by communities
or individuals. Article 3, defining the scope of protection, distinguishes be-
tween: a) TCE of a particular value or significance; b) other TCE ; and c) se-
cret TCE . For a TCE to be recognized as a TCE of particular value a regis-
tration and notification is required, as prescribed in Article 7. For TCE that is
registered, the relevant community can prevent inter alia “the reproduction,
publication, adaptation, broadcasting, fixation” or any other use. With re-
gard to secret TCE , governments shall provide “adequate and effective legal
and practical measures to ensure that communities have the means to pre-
vent the unauthorized disclosure, subsequent use of and acquisition and ex-
ercise of IP rights over secret traditional cultural expressions” (Article 3(c)).
Finally, Article 6 provides that protection of TCE should endure for as long
as the TCE continue to meet the criteria for protection under Article 1, i.e.
for TCE referred to in Article 3(a) as long as they remain registered, and for
TCE referred to in Article 3(c) as long as they remain secret.
Certain Wanjina rock art sites including any Aboriginal rituals performed
nearby would fall under the categories of secret TCE being protected against

110 Girsberger 2008, 133; Wendland 2008, 159; Graber and Girsberger 2006, 260.
111 The draft provisions are contained unaltered in the Annex of documents WIPO /
GRTKF / IC /8/4, 8 April 2005, WIPO / GRTKF / IC /9/4, 9 January 2006, WIPO / GRTKF /
IC /10/4, 2 October 2006, WIPO / GRTKF / IC /11/4(c), 26 April 2007, and WIPO / GRTKF /
IC /12/4(c), 6 December 2007.
112 At the Eighth, Ninth, Tenth, Eleventh and Twelfth Sessions of the Committee, the

draft provisions were welcomed by some members and severely criticised by others. Wend-
land 2008, 159.
113 According to Article 2, indigenous communities are the principal beneficiaries of pro-

tection. Wendland 2008, 171.


294 Christoph Beat Graber

unauthorised disclosure, subsequent use and appropriation by third parties.


Sacred Wanjina sites that are not secret need to be registered to ensure that
the Aboriginal community has a “right to say no” on the basis of the prin-
ciple of prior and informed consent. According to Wend Wendland, the
draft provisions draw upon the registration and notification mechanisms as
found in patent law or trade mark law.114 If adopted, it will be important to
make sure that these requirements can be implemented in such a way that
no unnecessary financial or technical stakes are set, which would prevent
the TCE -holding Aboriginal community from seeking such registration. In
this context it is important to stress that according to Article 7(b)(i) any in-
tellectual property rights that may be created in any recording or other fix-
ation of TCE which is necessary for registration or notification “should vest
in or be assigned to the relevant community”. This seems to be a lesson
learnt from cases where the registration of TK created IP rights for ethno-
botanists or archaeologists rather than for the legitimate owners of such ma-
terial.115
All in all, the WIPO draft responds to obligations in Article 31 of the UN
Declaration on indigenous peoples, requiring governments take effective
measures to recognise and protect cultural heritage, traditional knowledge
and traditional cultural expressions of indigenous peoples. Nonetheless,
during the IGC deliberations indigenous communities have expressed their
concerns that the draft provisions would undermine their traditional laws
and customs.116

4. Conclusion
The above analysis revealed that the Australian law applicable to the pro-
tection of Aboriginal sites is fragmented and fails to provide effective pro-
tection for the sacred Wanjina rock art and the ceremonies performed at its
sites. Most of the identified shortcomings can be explained by the fact that
the traditional laws and customs of the Aborigines are subjugated under the
property-centred modern Australian law rather than fully respecting the
complexities of the land-tied social organisation. It appears that the protec-
tion of Aboriginal heritage is closely linked to the question how reconcili-
ation between the colonisers and the colonised could be achieved in Austra-
lia. Reconciliation requires a radically new approach to interfacing the laws
and customs of the Aborigines with modern Australian law. As suggested
114 Wendland 2008, 179.
115 For the example of the commercialisation of recording of traditional Central African
forest music made by scholars and realised as anthropological and ethnomusicological
documents see Feld 1996, 9–11; see also Janke 1998, 54.
116 Wendland 2008, 164.
Wanjina and Wunggurr 295

by Aboriginal brokers, adopting the principle of shared sovereignty could


be the solution. This proposal understands the concept of shared sover-
eignty as an Aboriginal offer for reconciliation requiring the acknowledge-
ment of the right of (internal) self-determination in return for accepting the
de facto governance of the Australian government over indigenous peoples.
With respect to areas of culture, self-determination would empower Abo-
riginal people to protect the whole land-tied indigenous culture in a com-
prehensive manner, rather than referring to fragmented aspects of IP, cul-
tural heritage and native title law. It would be the responsibility of the
Australian state to provide for the necessary funds to help the Aborigines to
implement their policies of cultural self-governance.
In our view, a theory on the interface between modern law and indigen-
ous laws and custom in Australia must be developed within the framework
of human rights law.117 Consequently, any reference to indigenous self-de-
termination has to fit into the overall system of internationally recognised
human rights standards. On the one hand the principle of self-determi-
nation would meet an important requirement of the UN Declaration on the
Rights of Indigenous Peoples. On the other hand it seems clear that assuring
the principle of self-determination in areas of cultural heritage would raise
issues of compensation. Compensation of expropriated non-indigenous
owners of Aboriginal land is a high but necessary price that modern Aus-
tralia will have to pay for achieving reconciliation with the traditional
owners of the land.

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117 For more information see Graber 2008, 116–118.


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Lebenswerk

Malte- Christian Gruber

I. Lebendige Subjekte: Menschen, Kollektive, Bäume


Schon vor rund einem Vierteljahrhundert irritierten systemtheoretische
Beobachtungen der sozialen Realität von Kollektivakteuren die weitver-
breitete, inzwischen sogar als selbstverständlich geltende Vorstellung, dass
einzig und allein menschliche Individuen soziale Akteure sein könnten.1
Niklas Luhmann und Gunther Teubner störten den etablierten Methodenin-
dividualismus, und jeder von beiden tat dies auf seine Weise. Während
Luhmann sich noch darauf konzentriert hatte, den Kollektivakteur als das
Resultat kommunikativer Handlungszuschreibungen an menschliche So-
zialsysteme darzustellen, ging Teubner wenig später noch wesentlich wei-
ter. Wenn Handlungen lediglich attribuiert werden, wenn der Handelnde
also bloß als solcher beschrieben, konstruiert, oder womöglich sogar nur
fingiert wird, dann werden auch die entsprechenden Rechtsbegriffe be-
weglich. In seinem Beitrag zum „Unternehmenskorporatismus“ schrieb
Teubner fast schon beiläufig:
„Nichts hindert demnach das Rechtssystem, beliebige Objekte – Gotthei-
ten, Heilige, Tempel, Grundstücke, Kunstwerke – dadurch zum Zurech-
nungspunkt zu machen, daß es an sie Rechtsfähigkeit verleiht. Besonders
Bäume sind prominente Kandidaten. Sie werden in der rechtstheoreti-
schen und rechtspolitischen Diskussion immer wieder als potentielle
Rechtssubjekte genannt – und dies heute mit gutem Recht (‚Should trees
have standing?‘).“ 2
Rechtsfähige Bäume waren seit jenem berühmten, für die ökologische Be-
wegung beispielhaften Beitrag von Christopher D. Stone 3 in der Tat ein be-

1 Luhmann Soziale Systeme, Frankfurt a. M. 1984, 269 ff.; Teubner Unternehmenskor-

poratismus. New Industrial Policy und das „Wesen“ der Juristischen Person, KritV 1987,
61 ff.
2 Teubner Unternehmenskorporatismus, 71 f.
3 Stone Should Trees Have Standing? Toward Legal Rights for Natural Objects, South-

ern California Law Review 45 (1972), 450 ff.; dazu auch Gruber Die Rechte des Lebendigen:
Wege zum Rechtsschutz nichtmenschlichen Lebens und natürlicher Lebensgesamtheiten,
AJP / PJA 12/2007, 1546 ff.; ferner ders. Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben. Der mo-
300 Malte-Christian Gruber

sonderes Thema, zunächst allerdings vornehmlich innerhalb naturethischer


Debatten. Auf die meisten Juristen dürfte Teubners kühne Anspielung hin-
gegen befremdlich gewirkt haben, und daran hat sich wohl bis heute nicht
viel geändert. Zu fest sitzt immer noch der Glaube daran, dass Subjekt und
Individuum dasselbe seien, oder mit anderen Worten: dass nur Individuen –
genauer: nur menschliche Individuen – Subjekte von Rechten und Pflichten
sein könnten.
Doch fragt man näher, wer die Unterscheidung von Subjekten und Ob-
jekten macht, wer also „Beobachter“ im Sinne Luhmanns ist, so erscheint
der Subjektbegriff in einem deutlich veränderten Licht. Die Frage nach dem
Standpunkt des Beobachters schließt einen Rückgriff auf ein transzendenta-
les, gleichsam außerhalb der Welt befindliches Subjekt von vornherein aus. 4
Der Beobachter ist selbst ein Teil der beobachteten Welt. Er muss sich daher
von dem Beobachteten unterscheiden und sich insoweit auf sich selbst
beziehen, um beobachten zu können. Es ist dann gerade nicht mehr das
menschliche Individuum an sich, welches das entscheidende Charakteristi-
kum des Subjektbegriffs bildet, sondern vielmehr dessen besondere Befähi-
gung zur Selbstbeobachtung und Reflexion. 5
Von hier aus gelangt man rasch zum systemtheoretischen Begriff der
Selbstreferenz 6, und weiter zur Erkenntnis, dass nicht nur (menschliche)
psychische Systeme selbstreferenziell operieren, sondern auch die auf sinn-
hafter Kommunikation aufbauenden Sozialsysteme. 7 Neben individuellen
Bewusstseinssystemen sind demzufolge zumindest auch soziale Systeme als
„Subjekte“ auszumachen. Diese entwickeln sich eigendynamisch, unabhän-
gig vom Denken und Erleben konkreter Einzelmenschen, fort. Als kollek-
tive Erscheinungen lassen sie sich kaum noch auf die empirisch disparaten
Bewusstseinsformen konkreter Individuen zurückführen. 8
Dies sind die wesentlichen Gedankenschritte, mit denen sich Luhmann
und Teubner gemeinsam gegen die individualistische Verwechslung von

ralische Status des Lebendigen und seine Implementierung in Tierschutz-, Naturschutz-


und Umweltrecht, Baden-Baden 2006, 146 ff.
4 Dazu Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 2. Aufl., Darmstadt 2004, 61 ff.,

142 f.; ders. Soziale Systeme, 143 ff.


5 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 346 ff., 593 ff.
6 Dieser hat freilich seine philosophiegeschichtlichen Vorläufer, etwa bei Hegel, der sei-

nen Personbegriff auf die Selbstbezogenheit des Subjekts stützt: „Der für sich seiende oder
abstrakte Wille ist die Person. (…) Vom Subjekte ist die Person wesentlich verschieden,
denn das Subjekt ist nur die Möglichkeit der Persönlichkeit, da jedes Lebendige überhaupt
ein Subjekt ist. Die Person ist also das Subjekt, für das diese Subjektivität ist, denn in der
Person bin ich schlechthin für mich: Sie ist die Einzelheit der Freiheit im reinen Fürsich-
sein.“ (ders. Grundlinien der Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatswissen-
schaft im Grundrisse, in: Werke, Bd. 7, hg. von Moldenhauer/Michel, Frankfurt a. M. 1986,
95 [§ 35]).
7 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 95 ff., 191 ff.
8 Vgl. Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 155; ders. Soziale Systeme, 286 ff.
Lebenswerk 301

Subjekt und Individuum wenden. Sie erkennen den Kollektivakteur infol-


gedessen als ein eigenständiges semantisches Artefakt der Kommunikation,
das institutionalisiert und somit „soziale Realität“ werden kann. 9 Der Indi-
vidualismus erweist sich demgegenüber als Erklärungsmodell kollektiven
Handelns bereits deswegen als ungeeignet, weil schon fraglich bleibt, welche
konkreten Menschen überhaupt die Maßstäbe für die (subjektive) Rekon-
struktion des „unteilbaren“ Individuums liefern könnten. Denkt man hier
an alle Menschen, so schließt sich die weitere Frage an, wer überhaupt „alle“
sind. Zu groß sind etwa die empirischen Variationen von Entwicklungsstu-
fen,10 Lebensweisen und Persönlichkeiten.11 In dieser Hinsicht könnten die
ursprünglich nur gegen die Vorstellung einer eigenständigen kollektiven
Subjektivität gerichteten Argumente sich nunmehr auch gegen das kaum
noch hinterfragte Konzept des Individualsubjekts wenden: Ebenso wenig
wie es sich beim Kollektivakteur um ein kollektives Selbst etwa nach
Art von „Kollektivgeistern“ oder gar von „Gesammtorganismen“ 12 handelt,
kann das individuelle Selbst heute noch als ein „monolithisches Ich“ 13 gel-
ten.14 Nicht zuletzt mit dem Fortschritt neurowissenschaftlicher Forschung
scheint sich zu bestätigen, dass menschliches Bewusstsein keineswegs über
die stabile psychische Kontinuität und rationale Willensbildung verfügt, wie
sie traditionell unterstellt und zur Begründung individueller Subjektivität
herangezogen werden.15
Dem solcherart bedrängten Individuum kommen Luhmann und Teubner
zur Hilfe, indem sie Subjektivität als ein generelles Merkmal selbstreferen-
zieller Sinnsysteme auffassen, die wohlgemerkt nicht zwingend auf Be-
wusstsein basieren müssen, sondern alleine auf Kommunikation aufbauen

9 Teubner Unternehmenskorporatismus, 68 f.; später dazu ausführlich Hutter/Teubner

Der Gesellschaft fette Beute. Homo juridicus und Homo oeconomicus als kommunika-
tionserhaltende Fiktionen, in: Fuchs/Göbel (Hg.), Der Mensch – das Medium der Gesell-
schaft, Frankfurt a. M. 1994, (110 ff.) 118 ff.
10 Siehe etwa Gruber Vom Kontinuum der Herkunft ins Kontinuum der Zukunft. Zur

Relevanz von Argumenten der Potentialität bei der Bestimmung des rechtlichen Status
von Biofakten, in: Karafyllis (Hg.), Biofakte. Versuch über den Menschen zwischen Ar-
tefakt und Lebewesen, Paderborn 2003, 131 ff.; sowie jüngst Ahrens Frühembryonale
Menschen. Kulturanthropologische und ethische Effekte der Biowissenschaften, Mün-
chen 2008.
11 Zu entsprechenden Spekulationen über multiple Persönlichkeiten Gruber Rechts-

schutz für nichtmenschliches Leben, 94 f., mwN.


12 Vgl. v. Gierke Das Wesen der menschlichen Verbände, Leipzig 1902.
13 Vgl. Pauen Grundprobleme der Philosophie des Geistes. Eine Einführung, 2. Aufl.,

Frankfurt a. M. 2001, 247 und 299.


14 Ähnlich bereits Simmel Über sociale Differenzierung, in: Gesamtausgabe, Bd. 2, hg.

von Dahme, Frankfurt a. M. 1989, (109 ff.) 127.


15 Einen entsprechenden, neurophilosophischen Versuch zur Neubegründung individu-

eller Subjektivität unternimmt Metzinger Being no one. The self-model theory of subjecti-
vity, Cambridge ( MA ) 2003.
302 Malte-Christian Gruber

können. Individualität wird jetzt in einem ganz neuen Sinn denkbar, so-
bald man noch einen weiteren systemtheoretischen Schritt vollzieht: Die
konkreten Menschen sind nicht in den kommunizierenden, operativ ge-
schlossenen, autopoietischen Systemen zu finden, sondern bilden deren
Umwelten.16
Doch anders als Luhmann sieht Teubner neben menschlichen Individuen
noch weitere bedrängte Umwelteinheiten: Nichtmenschliche Wesen wie
Bäume und Tiere, insbesondere Menschenaffen, aber auch elektronische
Agenten, Cyborgs und Künstliche Intelligenzen sollen – so eine jüngere
Forderung Teubners – unter bestimmten Bedingungen den rechtlichen Ak-
teursstatus, womöglich sogar Rechtsfähigkeit erlangen können.17
Teubner findet damit vor allen Dingen zu den lebendigen Umwelten der
Gesellschaft einen völlig neuen Zugang, der sich – wie ich nachfolgend zei-
gen möchte – in nuce einem gegenüber der Systemtheorie Luhmanns mo-
difizierten Autopoiesisbegriff verdankt. Dieser ermöglicht es Teubner, über
die Grenzen der Kommunikation, des autopoietischen Lebensbegriffs, und
schließlich auch der Systemtheorie hinauszublicken.

II. Lebendige Umwelten: Gedanken, Blut, Fleisch


Gegen die Figur der Autopoiesis, der zirkulären Selbstreproduktion le-
bendiger 18 und auch kommunizierender 19 Systeme, wird immer wieder ein-
gewendet, dass der Mensch im System vernachlässigt werde. 20 Luhmann in-
sistiert demgegenüber auf dem seiner Ansicht nach erst durch die Differenz
von System und Umwelt denkbaren „radikalen Individualismus in der Um-
welt des Systems“. 21 Wiederholt betont er, dass die konkreten Menschen
nicht dadurch abgewertet würden, dass sie aus systemtheoretischer Sicht zu
den Umwelten von Sinnsystemen gehörten.
16 Siehe nur Luhmann Soziale Systeme, 286 ff.
17 Vgl. Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen: Zur Ausweitung des
Akteursstatus in Recht und Politik, in: Becchi/Graber/Luminati (Hg.), Interdisziplinäre
Wege in der juristischen Grundlagenforschung, Bd. 25, Zürich 2008, (1 ff.) 17.
18 Vgl. Maturana/Varela Autopoietische Systeme: eine Bestimmung der lebendigen Or-

ganisation, in: Maturana, Erkennen: Die Organisation und Verkörperung von Wirklich-
keit. Ausgewählte Arbeiten zur biologischen Epistemologie. Autorisierte deutsche Fassung
von Köck, Braunschweig / Wiesbaden 1982, 170 ff.; siehe im selben Band auch Maturana
Biologie der Kognition, 32 ff.
19 Zu diesbezüglichen Differenzen zwischen Luhmann und Maturana etwa Luhmann

Einführung in die Systemtheorie, 113.


20 Siehe etwa Kargl Kommunikation kommuniziert? Kritik des rechtssoziologischen

Autopoiesebegriffs, Rechtstheorie 21 (1990), 352 ff.; dazu Luhmann Das Recht der Gesell-
schaft, Frankfurt a. M. 1993, 35 (Anm. 47).
21 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 257; siehe auch ders., Das Recht der Ge-

sellschaft, 48 f.
Lebenswerk 303

Und dennoch bleibt der Verdacht, dass in einem derart streng verstande-
nen Autopoiesiskonzept die lebenden Menschen als Umwelten nicht nur
außerhalb von Gesellschaft, Recht und sogar Bewusstsein positioniert sind,
sondern auch aus deren Kommunikationen dauerhaft ausgeschlossen wer-
den. So lässt sich unter anderem nachvollziehen, dass selbst erklärte Anhän-
ger dieses Denkmodells anscheinend lieber ihrer abweichenden Intuition
folgen, etwa indem sie die Bestandteile der Kommunikation – Information,
Mitteilung, Verstehen – als unmittelbare Erzeugnisse mentaler und sogar
körperlicher Vorgänge auffassen. 22 Oder auch, indem sie – wie vor allem
Teubner – „Recht als autopoietisches System“ im Gegensatz zu Luhmann
ursprünglich als ein im Rahmen eines Evolutionskontinuums nur graduell
geschlossenes System konzipieren. 23 Oder aber, indem sie – wie abermals
Teubner – zumindest das Problem der Rechte derer, die „für immer aus der
Gesellschaft verbannt sind, (…) umdenken“. 24
Die genannten Varianten des Konzepts autopoietischer Geschlossenheit
gehen mit dessen Konsequenzen allerdings auf ganz verschiedene Weise
um: Gegenüber der zuerst genannten Position kann Luhmann noch einwen-
den, dass sie mit ihrer Betonung der körperlichen und psychischen Funda-
mente der Kommunikation paradoxerweise etwas behaupte, was sie schon
durch ihre eigene Operation im Medium der Sprache widerlege:
„Da kommt kein Blut, da kommt kein Gedanke. Da sind wirklich nur
Buchstaben und das, was man aus diesen Buchstaben machen kann,
Wörter, Sätze und dergleichen. Das ist die Kommunikation.“ 25
Freilich will Luhmann damit keineswegs sagen, dass Kommunikationssys-
teme ohne die entsprechenden psychologischen und biologischen Umwelt-
bedingungen lebendiger Menschen entstehen, geschweige denn fortbe-
stehen könnten. 26 Operative Geschlossenheit bedeutet eben nicht kausale
Abgeschlossenheit. 27 Autopoiesis besagt in diesem Zusammenhang nur,
dass die lebendigen Umwelten der Kommunikation nicht selbst kommuni-
zieren, sondern allenfalls kommuniziert werden können: Die Beziehungen
zur Umwelt beruhen auf den Eigenleistungen des Systems. 28

22 Martens Die Autopoiesis sozialer Systeme, Kölner Zeitschrift für Soziologie und So-

zialpsychologie 43 (1991), 625 ff.; vgl. dazu die Kritik von Luhmann Wer kennt Wil Mar-
tens? Eine Anmerkung zum Problem der Emergenz sozialer Systeme, Kölner Zeitschrift
für Soziologie und Sozialpsychologie 44 (1992), 139 ff.; sowie die Replik von Martens Die
partielle Überschneidung autopoietischer Systeme. Eine Erwiderung, aaO, 143 ff.
23 Vgl. Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt a. M. 1989, 38 ff.
24 Teubner Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“ trans-

nationale Akteure, Der Staat 45 (2006), (161 ff.) 169.


25 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 262.
26 Siehe hierzu etwa Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 76.
27 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 44.
28 S.o., Fn. 26.
304 Malte-Christian Gruber

Von dieser systemtheoretischen Grundannahme geht auch Teubner


aus. Seine Ansätze zum autopoietischen Recht gehen den von Luhmann
eingeschlagenen Pfad jedoch weiter, indem sie sich insbesondere mit den
normativen Folgen der rechtlichen Autopoiesis befassen. Dabei spezifi-
ziert Teubner mehr noch als Luhmann das kritische Potenzial, das in der
Betrachtung der Evolution autopoietischen Rechts 29 sowie in der Möglich-
keit des „Umdenkens“ in Gestalt eines ökologischen Grundrechtsver-
ständnisses zu finden ist. Er begnügt sich nicht mit der bloßen Feststel-
lung einer unüberbrückbaren Differenz von rechtlicher Kommunikation
und ihrer Umwelt. Vielmehr stellt er an diesem Punkt weiter drängende
Fragen:
„Kann die Kommunikation den Menschen in der außergesellschaftlichen
Umwelt überhaupt je gerecht werden? Kann sie je die nicht-egalitären
Verpflichtungen erfüllen, die aus der Berücksichtigung des Eigentüm-
lichen oder Individuellen erwachsen?“ 30
Teubner hat das normative Problem, das durch das Autopoiesiskonzept ent-
hüllt wird, klar vor Augen:
„Dass Menschen nicht Teile der Gesellschaft sind, sondern ihr in nicht
überwindbarer Trennung gegenüberstehen, hat eine unerbittliche Konse-
quenz. (…) Kommunikation verselbständigt sich gegenüber den Men-
schen, schafft gegenüber dem individuellen Bewusstsein ihre eigene Sinn-
welt. Diese kann von den Menschen zum Überleben produktiv genutzt
werden, sie kann sich aber auch – und dies ist die Stelle, an der Grund-
rechte relevant werden – gegen sie wenden und ihre Selbsterhaltung be-
drohen, ja ihre Existenz auslöschen.“ 31
Die genannte Stelle ist Teubner zufolge schließlich auch
„der Ort, an dem Körper und Bewusstsein der Individuen (…) auf ihre
‚vorrechtlichen‘, ‚vorpolitischen‘, ja sogar ‚vorgesellschaftlichen‘ (= ‚au-
ßergesellschaftlichten‘) ‚latenten Eigenrechte‘ pochen.“ 32
„Latente Rechte“ verstehen sich jedoch nicht etwa schon als juristische, po-
litische oder auch nur moralische Rechte. 33 Sie handeln lediglich von den
selbsterhaltenden Reaktionen lebendiger Systeme auf die zerstörerischen,
verletzenden oder sogar tödlichen Übergriffe der Kommunikation. Immer-
hin bahnt sich Teubner damit aber einen juridischen, von der Sehnsucht

29 Siehe Teubner Recht als autopoietisches System, 66 ff.; dazu Luhmann Das Recht der

Gesellschaft, 71 (Anm. 58).


30 Teubner Die anonyme Matrix, 169.
31 Teubner Die anonyme Matrix, 170.
32 Teubner Die anonyme Matrix, 171.
33 So ausdrücklich Teubner Die anonyme Matrix, 171(Anm. 44).
Lebenswerk 305

nach Gerechtigkeit geleiteten Ausweg aus der autopoietischen Geschlossen-


heit des Rechts. Blut und Gedanken mögen dem Recht völlig fremd bleiben,
nicht so jedoch die „Eigenansprüche der Menschen aus Fleisch und Blut“ 34,
die nicht – jedenfalls nicht auf Dauer – ungehört bleiben können. Schmer-
zen und Leiden der nach Selbsterhaltung strebenden „Leib-Seele-Einhei-
ten“ vermögen Recht und Gesellschaft zumindest soweit zu irritieren, dass
sie in kommunikative Konflikte übersetzt werden. 35 Die entsprechenden
Umweltkonflikte von Körper und Bewusstsein werden so als Rechtsdis-
kurse und -streitigkeiten um Menschenrechte rekonstruiert. 36
Gewiss zeichnet Teubner die vom Autopoiesiskonzept vorgegebenen
Grenzen unverzüglich wieder nach, um allzu gewagten Spekulationen über
mögliche „Übersetzungen“ der latenten Rechte in juristisch kommunizier-
bare Rechte vorzubeugen: So betont er etwa, dass die metaphorische Rede
von „vorrechtlichen“ Eigenrechten „irreführend“ und keinesfalls im Sinne
eines Apriori zu verstehen sei, 37 dass eine Korrespondenz zwischen kom-
munikativen Konstrukten und konkreten Menschen keineswegs gesichert
sei, 38 und schließlich, dass „nur die Selbstbeobachtungen von Bewusstsein/
Körper – Introspektion, Leiden, Schmerz – (…) beurteilen können, ob
Kommunikation die Menschenrechte verletzt.“ 39
Damit setzt er die Marksteine der Systemtheorie, nachdem sie durch sein
beständiges Fragen nach den Menschen aus Fleisch und Blut „verrückt ge-
worden“ 40 sind, wieder neu – doch möglicherweise nicht mehr an ihrem ur-
sprünglichen Platz.

III. Selbsttranszendierung der Kommunikation


Auf den ersten Sündenfall am Baum der Erkenntnis, den Teubner als die
Zerstörung der Einheit von Natur und Mensch durch die unterscheidende
Sinnproduktivkraft Kommunikation beschreibt, 41 folgt nun ein zweiter am
systemtheoretischen Grundstock der Autopoiesis: Jenseits der Kommuni-

34 Teubner Die anonyme Matrix, 172.


35 Vgl. Teubner Die anonyme Matrix, 171 ff.
36 So Teubner Die anonyme Matrix, 172.
37 Vgl. hierzu Teubner Die anonyme Matrix, 173 (Anm. 49), mit Verweis auf Fuchs Der

Eigen-Sinn des Bewußtseins. Die Person, die Psyche, die Signatur, Bielefeld 2003.
38 Vgl. hierzu Teubner Die anonyme Matrix, 174 f.
39 So Teubner Die anonyme Matrix, 186.
40 Teubners wiederholte Warnungen vor der irreführenden Metaphorik der Sprache gel-

ten selbstverständlich auch für die hier zitierte Irreführung des § 919 Abs. 1 BGB . Zur eben-
falls irreführenden Metapher der „leiblich-geistigen Lebenseinheit“ der „realen Verbands-
persönlichkeit“ im Sinne Gierkes (s. o., Fn. 12) vgl. Teubner Unternehmenskorporatismus,
66 f.
41 Siehe Teubner Die anonyme Matrix, 173.
306 Malte-Christian Gruber

kation spürt Teubner die Chance, die verlorene Einheit von Mensch und Na-
tur wiederzufinden, den entfremdeten Menschen wieder an die Welt anzu-
nähern, oder anders ausgedrückt: den individuellen Menschen wieder als
Menschen aus Fleisch und Blut gerecht zu werden.
Es ist dies keineswegs eine Rückkehr ins verlorene Paradies, eher dessen
Neuerfindung als Transzendenz in der Immanenz: „Selbsttranszendierung“
der kommunikativen Systeme. 42 Das Jenseits der Kommunikation beruht
demnach auf deren eigenen „Transzendenzerfahrungen“ – dies ist der
Grundstock der Autopoiesis, der erhalten bleibt. Allerdings verweist die
Kommunikation über sich selbst hinaus, auf das ihr fremde, nicht-kommu-
nikative, authentische Leben – dies ist der eigene blinde Fleck der Autopoie-
sis, den Teubner nun näher beleuchtet, um ihn – anstatt sich mit dem Zu-
stand bloßer Invisibilisierung 43 zufrieden zu geben – gewissermaßen zu
revisibilisieren.
Die systemtheoretische These operativer Geschlossenheit kann danach
nicht mehr in dem strengen Sinn aufrecht erhalten werden, den Luhmann
ihr beigelegt hatte. 44 Stattdessen öffnet sie sich jetzt für die „Verweisungs-
überschüsse“ der (an sich noch immer geschlossenen) Operationen und für
deren „utopische Energien“. 45
Die Selbsttranszendierung der Kommunikation sensibilisiert sie für ihre
lebendigen Umwelten, macht sie für deren als Selbsterhaltungstendenzen
erfahrenen „latenten Eigenrechte“ empfänglich, mehr noch: sie lässt sie
möglicherweise sogar die Selbstbeobachtungen der lebendigen Wesen –
psychisches Erleben, Leiden und Schmerzen – im Modus ihrer eigenen
Operationen rekonstruieren. Ein Kommunikationssystem, das von einer
gegen Ungerechtigkeiten aufbegehrenden lebendigen Umwelt ständig irri-
tiert wird, könnte auf dieser Basis eine empathische Normierungspraxis he-
rausbilden, die in der Konsequenz zu einer Aufwertung des Lebendigen
auch innerhalb der Kommunikation führen mag. 46

42 Vgl. hierzu mit Blick auf das Recht Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontin-

genz- oder Transzendenzformel des Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie, Heft 29


(2008) (9 ff.) 25 ff., v. a. unter Berufung auf Derrida Gesetzeskraft. Der „mystische Grund
der Autorität“, Frankfurt a. M. 1991, 44 ff.
43 Zur (scheinbaren) Notwendigkeit einer Invisibilisierung des Beobachters siehe etwa

Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 141 ff.


44 Dies gilt insbesondere auch für die Autopoiesis der sozialen Subsysteme, wie sich an-

hand des von Teubner konstatierten Phänomens zeigt, „dass trotz aller gesellschaftlichen
Arbeitsteilung Wissen sich nicht auf Wissenschaft konzentrieren lässt, dass Machtprozesse
trotz des staatlichen Gewaltmonopols auch außerhalb der Politik stattfinden, dass die Un-
terscheidung Recht/Unrecht trotz aller Formalisierung des Rechtssystems auch außerhalb
des Rechts praktiziert wird“ (ders. Selbstsubversive Gerechtigkeit, 26).
45 So Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, 27.
46 Vgl. etwa Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 17 ff., 103 ff.
Lebenswerk 307

Eine solche Form von Empathie könnte insoweit – nicht zuletzt aufgrund
ihrer vorgesellschaftlichen und vorrechtlichen evolutionären Wurzeln 47 – als
ein Bindeglied im Bereich der strukturellen Kopplung von komplexen Sinn-
systemen und deren lebendigen Umwelten fungieren. 48 Sie ermöglicht die
sinnsysteminterne Rekonstruktion – sozusagen das „Nachempfinden“ – des
Erlebens Anderer aufgrund einer analogischen Vorstellung der Nähe und
Vergleichbarkeit dieser Anderen. Dabei sind es nicht in erster Linie die em-
pirisch feststellbaren Fähigkeiten eines Wesens, die über dessen Wert oder
Würde entscheiden, sondern Zuschreibungen, die sich auf Beziehungen so-
zialer Nähe, auf Kriterien spezifischer Vergleichbarkeit und nicht zuletzt
auch auf ästhetische Urteile gründen. 49
Auf diese Weise lässt sich nun doch die unsichere Korrespondenz zwi-
schen den kommunikativen Konstrukten und den lebendigen Menschen
stabilisieren, deren eigene Selbstbeobachtungen, Introspektionen, Leiden,
Schmerzen spätestens im „Schrei“ 50 die Grenzen von Bewusstsein und
Körper überschreiten und von der Kommunikation erhört werden. Es sind
also die phänomenalen Binnenperspektiven des psychischen Erlebens le-
bendiger Wesen, die dem Leben den Zugang zur Kommunikation – freilich
über die Umwege von Irritation, Rekonstruktion und „re-entry“ 51 – ver-
mitteln.

IV. Selbsttranszendierung des autopoietischen Lebens


Solche Umwege sind unvermeidlich, nicht jedoch unbedingt hinderlich,
wenn es darum geht, dem Leben kommunikativ gerecht zu werden. Die
Vermitteltheit, die Medialität und selbst die Metaphorik sind der Kommu-
nikation unauslöschlich eingeschrieben. Gerade wenn es um „Lebensfra-
gen“ geht, sind Metaphern im Medium einer gegenüber dem phänomenalen
Reichtum des Erlebbaren unzulänglichen Sprache unausweichlich. Dies le-
gen nicht nur die Zeilen dieses (gewiss in eigener Sache sprechenden) Textes
nahe, sondern vor allem auch die variablen Verwendungen der Autopoiesis
lebendiger und kommunizierender Systeme. 52

47 Dazu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 44 ff., 86 ff.


48 Vgl. Stenner Is Autopoietic Systems Theory Alexithymic? Luhmann and the Socio-
Psychology of Emotions, Soziale Systeme 10 (2004), (159 ff.) 166 ff.
49 Siehe hierzu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 91 ff., 108 ff.
50 Teubner Die anonyme Matrix, 187.
51 So Teubner Die anonyme Matrix, 185.
52 Dazu Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 113 f. Später verwahrt dieser sich al-

lerdings dagegen, auch die Anwendung des Autopoiesisbegriffs auf soziale Systeme meta-
phorisch aufzufassen: ders. Das Recht der Gesellschaft, 47 f. (Anm. 17), mwN; vgl. ferner
die bereits oben (Fn. 22) zitierte Auseinandersetzung von Martens und Luhmann.
308 Malte-Christian Gruber

Es mag zwar stimmen, dass es sich bei der Figur der Autopoiesis trotz ih-
res konzeptionellen Ursprungs in den Naturwissenschaften nicht bloß um
eine biologische Metapher handelt. Vielmehr ist sie durchaus im Sinne Luh-
manns als „Invariante“ einsetzbar, die „bei allen Arten von Leben, bei allen
Arten von Kommunikation stets dieselbe (ist)“. 53 Jedoch lässt sie in ihrer –
unvermeidlich kommunikativ vermittelten, metaphorischen – Verwendung
als Lebensbegriff von vornherein Lebenswichtiges offen: Autopoiesis be-
zeichnet hier eben nichts anderes als Selbstproduktion lebender Systeme,
deren zirkuläre Organisation ein stabiles, operativ geschlossenes Netzwerk
zur Reproduktion eigener Bestandteile bildet. 54 Autopoiesis heißt dann ge-
rade nicht, dass das Leben im Rahmen seiner Selbstreproduktion alle Kau-
salfaktoren seiner Entwicklung kontrollieren könnte. 55 Leben ist in diesem
Sinne nicht mehr und nicht weniger als sein eigenes „Werk“, keineswegs
aber schon seine eigene „Schöpfung“. 56 Es kann sich nur in Abhängigkeit
von den kausalen Einflussfaktoren reproduzieren, die es in seiner Umwelt
vorfindet. Kurzum: Das Lebenswerk gelingt nur unter Lebensbedingungen.
Doch was sind Lebensbedingungen, wie kann sich die Umwelt des Le-
bens – insbesondere auch die Kommunikation – gegenüber dem Leben ver-
halten? Kann sie neben destruktiven auch lebensfördernde Wirkungen ent-
falten? Und umgekehrt: Wie vermag das Leben auf die Kommunikation
einzuwirken? Hierzu hatte die Systemtheorie vor Teubner insofern wenig
zu sagen, als sie ihren Blick strikt auf das Geschehen innerhalb der Systeme,
auf deren interne Verarbeitung von Umweltirritationen, geheftet hatte. Das
„Zwischen im Perturbationsgeschehen“ 57, wie Teubner es selbst nennt, bleibt
vor allem auch bei Luhmann weitgehend unbeachtet. 58 Wohlgemerkt: Nicht
die prinzipielle, universelle Anwendbarkeit des Autopoiesisbegriffs auf le-
bende und kommunizierende Systeme steht hier in Frage, sondern vielmehr
der autopoietische Begriff des Lebens selbst. Dessen eigene Metaphorik
lässt etwas ausgeschlossen, invisibilisiert etwas, das zum Leben gehört, und
vermag das Leben insoweit nicht vollständig zu erfassen. Der autopoieti-
sche Lebens(werk)begriff verkürzt die phänomenale Fülle des erlebbaren
Lebens, ähnlich wie es auf der anderen Seite auch der autopoietische Begriff

53 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 45.


54 S.o., Fn. 18.
55 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 40.
56 Hierzu treffend Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 111 f.
57 Siehe Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, 26.
58 Immerhin macht Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 264 ff., selbst auf den

Gesichtspunkt der „Interpenetration“ aufmerksam, den er zwar nicht im Sinne Parsons So-
cial Systems, in: ders., Social Systems and the Evolution of Action Theory, New York 1977,
(177 ff.) 181, als „Überschneidung“ verstanden wissen möchte, wohl aber – inspiriert von
Derrida – als „so etwas wie die Berücksichtigung des Abwesenden“. Der Gedanke der
Selbsttranszendierung liegt hier nicht mehr fern: „Was ausgeschlossen wird, wird dadurch,
dass es ausgeschlossen ist, wieder als anwesend behandelt.“ (Luhmann aaO, 266).
Lebenswerk 309

der Kommunikation tut, die ohne ihre eigenen transzendenten Erfahrun-


gen, Verweisungsüberschüsse, utopischen Energien nur unvollständig ver-
standen werden kann.
Wieder scheint das systemtheoretische Projekt an den selbstgesetzten
Grenzen des Systems zu enden. Den Ausweg aus der autopoietischen Ge-
schlossenheit – aus der möglicherweise gar lebensbedrohlichen Exklusion
des authentischen Lebens aus der „Matrix“ 59 der systemtheoretischen Kom-
munikation über Leben – weisen Teubners Forderungen, diese Grenzen zu
überschreiten. Er formuliert damit eine kritische systemtheoretische Fas-
sung des Gerechtigkeitspostulats, das Jacques Derrida mit der „Verantwor-
tung gegenüber dem Gedächtnis“ charakterisiert: Die „Forderung nach un-
endlicher Gerechtigkeit“ verlangt Derrida zufolge insbesondere auch, sich
der „Grenzen der Begriffe“ zu erinnern. 60
Genau dieser Maxime schließt sich Teubner an: Nach Luhmanns Einfüh-
rung der Autopoiesis als empirisch indifferenter „Invariante“ macht er nun-
mehr die Defizite dieses von jeglichen phänomenalen Strukturen abstrahie-
renden Lebensbegriffs wieder wett: Leben bestimmt sich nämlich (kausal)
nicht alleine durch sich selbst, sondern vielmehr auch durch sein eigenes Er-
leben. In der von Teubner erwähnten Selbstbeobachtung, der phänomenalen
Binnenperspektive des psychischen Erlebens, liegen also auch die spezifi-
schen Transzendenzerfahrungen, Verweisungsüberschüsse, utopischen
Energien des autopoietischen Lebensbegriffs, die „Leben“ selbst erst ver-
stehbar machen.
Die Selbstbeobachtungen lebendiger Systeme leisten demnach zweierlei:
Einerseits sind sie dazu in der Lage, sich als lebendige Umwelten in der
Kommunikation rechtliches Gehör zu verschaffen. Andererseits eröffnen sie
Zugänge zum Leben, die jenseits des Sinnmediums verlaufen.
Gewiss, „an Leben muss Leben anschließen“ 61, und prinzipiell vermag
auch nur Kommunikation an Kommunikation anzuknüpfen. Doch es
scheint, dass Teubners „Selbstbeobachtung“ das Prinzip der operativen Ge-
schlossenheit an entscheidender Stelle durchbricht, indem sie an zwei un-
terschiedlichen Operationen, an Kommunikation und Leben zugleich, teil-
nimmt. Damit überschreitet er zwar die Grenzen der systemtheoretischen
Begrifflichkeit, gewinnt aber dafür einen reicheren Begriff des Lebendigen:
Psychisches Erleben operiert eben nicht nur als „Bewusstsein“ im gleichen
Sinnmedium wie Kommunikation, sondern bleibt zudem entsprechend sei-
nen Ursprüngen dem natürlichen Medium des Lebendigen verhaftet. In die-
ser Doppelrolle des phänomenalen Erlebens lässt sich schließlich auch der

59 Zu den systemübergreifenden Lebensgefährdungen durch verselbständigte kommuni-

kative Matrices siehe Teubner Die anonyme Matrix, 175 ff.


60 Derrida Gesetzeskraft, 40.
61 Luhmann Einführung in die Systemtheorie, 78.
310 Malte-Christian Gruber

tiefere Grund vermuten, aus dem Kommunikation und Leben überhaupt


zur Selbsttranszendierung fähig sind – und warum beide möglicherweise
auch anders als bloß destruktiv aufeinander wirken können.

V. Selbsttranszendierung der Systemtheorie


Teubner möchte mit seiner Grenzüberschreitung aber nicht nur die eige-
nen blinden Flecke der Systemtheorie wieder sichtbar machen. Mehr noch
geht es ihm um die weiteren Perspektiven, die das aus den Naturwissen-
schaften übertragene Autopoiesiskonzept für die Soziologie und das Recht
zu öffnen vermag. Teubners „Lebenswerk“ nimmt die Gelegenheit wahr, den
sozialwissenschaftlichen Lebensbegriff neu zu fassen, die Grenzen zwi-
schen Natur und Gesellschaft neu zu bestimmen, und vor allem: die theo-
retische und zugleich disziplinäre Geschlossenheit naturalistischer und so-
ziozentrischer Erklärungen des gesellschaftlichen Lebens zu überwinden.
Damit greift Teubner einen besonderen Problembereich auf, der in den
Sozialwissenschaften nicht zufriedenstellend behandelt werden kann, so-
lange diese sich traditionsgemäß 62 alleine mit sozialen Tatsachen 63, For-
men 64, Beziehungen 65 oder Handlungen 66 befassen. Die anthropogen verur-
sachte ökologische Krise, aber auch die neuen Entwicklungen in den Bio-,
Neuro- und Informationstechnologien haben diese „soziologische Absti-
nenz“ 67 von den ökologischen Bedingungen des gesellschaftlichen Zusam-
menlebens unterdessen beendet, 68 indem sie die dualistischen Abgrenzun-
gen von Natur und Gesellschaft, von Leben und Kommunikation und auch
von Körper und Geist zusehends in kontinuierlich verlaufende Übergänge
verwandelt haben. 69

62 Einen Überblick über die historisch begründete Selbstbegrenzung soziologischer For-

schung auf die innergesellschaftliche Perspektive bietet etwa Luhmann Ökologische Kom-
munikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstel-
len?, Opladen 1986, 11 ff.; siehe ferner Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, Münster
1999, 7 ff.; Grundmann/Stehr Klima und Gesellschaft, soziologische Klassiker und Außen-
seiter. Über Weber, Durkheim, Simmel und Sombart, Soziale Welt 47 (1997), 85 ff.
63 Siehe hierzu Durkheim Die Regeln der soziologischen Methode, 3. Aufl., Frank-

furt a. M. 1995, 190 ff.


64 Vgl. Simmel Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung,

4. Aufl., Berlin 1958, 4 ff.


65 S. o., Fn. 64.
66 Vgl. Weber Soziologische Grundbegriffe, Tübingen 1960, 5 ff.
67 So Luhmann Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf

ökologische Gefährdungen einstellen?, Opladen 1986, 11.


68 Siehe etwa Diekmann/Jaeger (Hg.), Umweltsoziologie, Opladen 1996; Dickens So-

ciety and nature. Changing our environment, changing ourselves, Cambridge ( UK ) 2004.
69 S.o., Fn. 10.
Lebenswerk 311

Allerdings ist noch unklar, wie mit derartigen Übergängen in Zukunft


umzugehen sein wird. Generell lassen sich zwei Strategien zur Bewältigung
des Natur-Gesellschaft-Problems unterscheiden: Während eine kulturalis-
tisch zu nennende Hauptströmung an der soziozentrischen Sicht prinzipiell
festhält, bemüht sich eine andere, naturalistische Sichtweise verstärkt um
ein an natürlichen Gesetzmäßigkeiten orientiertes Gesellschaftsverständ-
nis. 70 Solche Ansätze einer „Re-Naturalisierung“ der Gesellschaft stammen
vor allem aus der Evolutions- und insbesondere Soziobiologie, werden aber
zunehmend auch im Bereich jüngerer naturwissenschaftlicher Forschungs-
richtungen wie der „Social Neuroscience“ 71 entwickelt. Neben der allge-
meinen Zielrichtung haben die naturalistischen Konzeptionen aber auch
entscheidende Schwächen gemein: Sie übersehen zumeist, dass die soziale,
geistige und kulturelle Existenz des Menschen nicht auf messbare Einzeltat-
sachen reduzibel ist, 72 und des Weiteren, dass diese sich gegenüber den Ge-
setzmäßigkeiten der natürlichen Selektion verselbständigt hat, 73 oder anders
ausgedrückt:
„Das Problem besteht darin, daß die Soziobiologie auf einer biologischen
Fundierung sozialer Evolution insistiert und damit die Autonomie sozia-
ler Systeme und ihrer Evolution verfehlt.“ 74
Soziozentrische Konzeptionen wie die Systemtheorie genießen im Ge-
gensatz dazu zwar durchaus den Vorzug, das emergente Kommunikations-
system „Gesellschaft“ als eine eigengesetzliche, symbolische Bedeutungs-
welt verstehen zu können. Sie neigen aber auf der anderen Seite dazu, die
gesellschaftliche Autonomie im Sinne einer „Selbstgenügsamkeit des So-
zialen“ gegenüber den natürlichen und lebendigen Umwelten überzube-
tonen. 75
Luhmanns allzu strenge Deutung der autopoietischen Geschlossenheit
sozialer und rechtlicher Systeme bietet hierfür ein passendes Beispiel: In-
dem deren Umwelten, Natur und Leben, lediglich als Gegenstände ge-
sellschaftlicher Kommunikation gesehen werden, kann es gar nicht erst zu

70 Siehe Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, 9 f.


71 Cacioppo (Hg.), Foundations in Social Neuroscience, Cambridge ( MA ) 2002; ders./
Berntson (Hg.), Social Neuroscience: key readings, New York 2005; näher dazu Gruber
Neuronale Normativität? Neurowissenschaften und Recht jenseits der Debatten um Wil-
lensfreiheit und Determinismus, in: Bung/Valerius/Ziemann (Hg.), Normativität und
Rechtskritik, Stuttgart 2007, (111 ff.) 114.
72 Vgl. hierzu Gruber Neuro-Theorien des Rechts, in: Buckel/Christensen/Fischer-

Lescano (Hg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., Stuttgart 2009, 327 ff.
73 Eingehend dazu Gruber Rechtsschutz für nichtmenschliches Leben, 44 ff.
74 So Teubner Recht als autopoietisches System, 67.
75 Vgl. Lemke Die Natur in der Soziologie. Versuch einer Positionsbestimmung, Levia-

than 35 (2007), (248 ff.) 250.


312 Malte-Christian Gruber

einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Natur und Ge-
sellschaft kommen. Kommunikation ist dann bestenfalls dazu imstande, in
Reaktion auf Umweltirritationen den eigenen Naturbegriff neu zu konstru-
ieren, ohne dabei aber die Natur selbst in ihrer aktiven, eigen- und wider-
ständigen 76 Wirkung auf Gesellschaft zu begreifen. 77
Einseitig soziozentrierte Auffassungen teilen insofern mit naturalisti-
schen Ansichten das Problem des begrifflichen Dualismus: Als Pendant zur
Gesellschaft wird ein „reiner“, von gesellschaftlichem Handeln völlig freier
Naturbegriff unterstellt, der aus der naturalistischen Perspektive soziales
Handeln gänzlich determiniert oder aber aus der entgegengesetzten, sozio-
zentrischen Sicht den gesellschaftlichen Bedeutungszuschreibungen voll-
ständig nachgeordnet bleibt. 78 Trotz ihrer gegensätzlichen Schlussfolgerun-
gen verkennen beide Seiten „die Natur“ als etwas, das in der einen oder
anderen Form fremdbestimmt, statisch, passiv, ohne eigene Substanz und
innere Konsistenz bleibt, 79 und das infolgedessen nicht etwa aufgrund na-
türlicher Eigenrationalitäten für uns Menschen verstehbar ist. Beide Stand-
punkte erliegen, wie Bruno Latour es ausdrückt, dem Fehler des „Monona-
turalismus“, indem sie voreilig für „Natur“ halten, „was außerhalb unserer
selbst existiert“. 80
Es ist also künftig darum zu tun, „von der Natur selbst“ zu sprechen,
nicht bloß von ihren kommunizierten, symbolischen Repräsentationen. 81
Hier führt keine der beiden genannten Strategien weiter, weder die einsei-
tige Naturalisierung der Gesellschaft, noch die soziozentrische Fassung
einer Sozialisierung der Natur. Gesucht wird vielmehr ein paralleler Zugang
zu Gesellschaft und Natur, der die vermeintliche ontische Teilung der zwei
„reinen“ Welten konstruierter, wandelbarer Sozialsysteme und determinier-
ter, unverfügbarer Naturprozesse überwindet.
Das ist jedoch erst dann möglich, wenn man – wie Gunther Teubner – die
autopoietische Geschlossenheit kommunikativer wie auch lebender Sys-
teme durchbricht und am „Transduktor“ des phänomenalen Erlebens von
Leben zusammenführt. Den Schlüssel zur erforderlichen gegenseitigen Öff-
nung von Naturalismus und Soziozentrismus findet Teubner, indem er sei-
nen Blick von den humanen zu den natürlichen lebendigen Umwelten der

76 Zum Gesichtspunkt der „Widerständigkeit“, unter dem sich auch nichtmenschliche

Wesen als Akteure erweisen können, siehe Latour Das Parlament der Dinge. Für eine po-
litische Ökologie, Frankfurt a. M. 2001, 110 ff.
77 Siehe die entsprechende Kritik bei Görg Gesellschaftliche Naturverhältnisse, 174 f.

und 182 f.
78 Vgl. hierzu Lemke Die Natur in der Soziologie, 251.
79 Ebenso Lemke aaO.
80 Latour Das Parlament der Dinge, 50 und 67 f.
81 In diesem Sinn auch Latour Das Parlament der Dinge, 51.
Lebenswerk 313

Gesellschaft weitet, von den „Menschen aus Fleisch und Blut“ zu allen We-
sen aus Fleisch und Blut, 82 und darüber hinaus:
„Trees do have standing.“ 83
Wieder sind es die „latenten Eigenrechte“ der außergesellschaftlichen Um-
welt, diesmal jedoch der nichtmenschlichen, lebendigen Umwelt, die sich in
der Gestalt von ökologischen Rechten Gehör verschaffen. 84 Soweit es die-
sen lebendigen Umwelten nun gelingen mag, das Recht beständig in einer
solchen Art und Weise zu irritieren, dass seine Kommunikationen empathi-
sche Züge annehmen, ist der erste Schritt zu einer Überwindung der sozial-
und rechtswissenschaftlichen Anthropozentrik getan. Die einst starre an-
thropologische Differenz zwischen (sozialen, rechtsfähigen) Menschen und
(nicht-sozialen, rechtlosen) Nichtmenschen kann auf diese Weise überhaupt
erst hinterfragt und neu verhandelt werden. 85 Das wiederum heißt zugleich,
dass sich Soziologie und Recht den Naturwissenschaften annähern müssen –
und umgekehrt: Neben dem Verhältnis von Gesellschaft und Natur werden
insoweit auch die disziplinären Grenzen zu reflektieren sein. 86
Daraus lässt sich zumindest folgern, dass die Kommunikation selbst nicht
vorschnell anthropozentrisch verstanden werden darf. Das in diesem Sinne
nicht-kommunizierende Lebendige 87 darf nicht von vornherein aus Gesell-
schaft und Recht ausgeschlossen bleiben. Wie Teubner zeigt, ist eine der-
artige anthropozentrisch-autopoietische Geschlossenheit indes keineswegs
zwingend: Leben bleibt aus der Kommunikation nur ausgeschlossen, wenn
und soweit sich diese nicht irritieren lässt, nichtmenschliche latente Eigen-
rechte nicht als Kommunikation gelten lässt, und sich immun gegenüber
alternativen, auch ästhetischen oder non-verbalen Beschreibungs- und Erle-
bensformen verhält.
Teubners erfolgreiche Suche nach dem den Sozialsystemen abhanden
gekommenen Leben beendet diese vorschnelle Bestimmung der Kommuni-
kation als Anthropologikum. Vom Baum der Erkenntnis wendet er seinen
Blick zum Baum des Lebens: Leben soll nicht länger als nichtmenschliche

82 Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass der alttestamentliche Lebensbegriff in Teub-

ners Rede von „Menschen aus Fleisch und Blut“ latent fortzuwirken scheint, welche sich
somit leicht auf die gesamte animalische Welt übertragen lässt; vgl. Leviticus (3. Mose) 17,
14: „Denn das Leben aller Wesen aus Fleisch ist das Blut, das darin ist.“ (Zit. nach Baranz-
ke/Gottwald/Ingensiep (Hg.), Leben – Töten – Essen. Anthropologische Dimensionen,
Stuttgart / Leipzig 2000, 80).
83 Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen, 17.
84 Hierzu beiläufig Teubner Die anonyme Matrix, 181.
85 Dazu Lemke Die Natur in der Soziologie, 250 f.
86 Vgl. hierzu Lemke Die Natur in der Soziologie, 252 f.
87 Mutmaßungen über einen etwaigen „Protosinn“ von Tieren helfen an dieser Stelle

kaum weiter, vor allem wenn es auch um die Rechte von Bäumen geht. Vgl. Luhmann Ein-
führung in die Systemtheorie, 234 f.
314 Malte-Christian Gruber

Natur in seiner gesellschaftlichen Bedeutung ignoriert werden. Vielmehr


sollen die blinden Flecke der (anthropozentrischen) Systemtheorie wieder
sichtbar gemacht werden – Revisibilisierung des Invisibilisierten – und vor
allem soll das Leben in einer neuen soziologischen Jurisprudenz wieder eine
„Rolle“ spielen.
Wird Lebendiges auf eine solche Weise gesellschaftlich berücksichtigt, so
werden schließlich auch sämtliche Facetten der „Person als ganze“ 88 wieder
sichtbar, wie sie im bloßen semantischen Artefakt 89 eines Akteurs, ob als
verhaltenseinschränkende 90 „Erwartungskollagen“ 91 oder als Erwartungs-
stabilisierungen im Umgang mit dem ungewissen Anderen, 92 nur ihren un-
vollständigen Ausdruck finden. Die Person als ganze: dazu gehört der ganze
Reichtum ihrer narrativen Identität, ihrer „Selbstheit“, aber auch ihrer „Sel-
bigkeit“ im Sinne Paul Ricœurs, 93 ja sogar Körper und Seele des Person ge-
wordenen Individuums – all das kann hier nur angedeutet werden. Deut-
lich gemacht werden kann damit aber immerhin, dass Teubners Weg über
die systemtheoretische Errungenschaft des „taking individuals seriously“94
noch weit hinausgeht: „taking living beings seriously“. Was die unterschied-
lichsten Bestrebungen einer „Re-Naturalisierung“ der Gesellschaft oder
einer „Re-Sozialisierung“ der Natur nicht erreichen konnten, scheint nun
mit Teubners „Lebenswerk“ – einer „Re-Animierung“ von Gesellschaft und
Recht geschafft: Die Seele kehrt ins Recht zurück.

88 Vgl. Luhmann Ethik als Reflexionstheorie der Moral, in: ders., Die Moral der Gesell-

schaft, Frankfurt a. M. 2008, (270 ff.) 276.


89 S. o., Fn. 9.
90 Vgl. Luhmann Die Form „Person“, Soziale Welt 42 (1991), (166 ff.) 170; ferner Fuchs

Der Eigen-Sinn des Bewußtseins, 30 ff.


91 Vgl. Luhmann Soziale Systeme, 178 und 429 f.
92 Dazu Teubner Elektronische Agenten und grosse Menschenaffen, 6 ff.
93 Vgl. hierzu Ricœur Das Selbst als ein Anderer, München 1996, 173 ff.
94 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 48 f. (Anm. 19).
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf
des Schuldverschreibungsgesetzes –
Willensbildung und AGB-Kontrolle
in Vertragsnetzwerken

Cordula Heldt

Eines der Spezialgebiete Gunther Teubners sind Vertragsnetzwerke, zu-


letzt hat er seine langjährige wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema mit
einer inspirierenden Monographie zu seiner Verbundtheorie vervollstän-
digt.1 Dabei hat Gunther Teubner schon ein weites Gebiet abgearbeitet: u. a.
Franchising, Just in Time und Virtuelle Unternehmen. Nun hätte der Ge-
setzgeber Gelegenheit, auf diese Überlegungen zurückzugreifen, denn es
wird ein Gesetz modernisiert, das seit dem vorletzten Jahrhundert, genauer,
dem 4. Dezember 1899, quasi unangetastet geblieben ist: das Gesetz betref-
fend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (im
folgenden SchVG 1899) 2 und das zur Abbildung von Netzeffekten jenseits
von bilateralem Vertrag und Gesellschaft den Begriff der „kollektiven Bin-
dung“ einführt.

I. Regelungsinhalt des SchVG 1899 und Praxis


Das SchVG 1899 gilt für alle Inhaberschuldverschreibungen im Sinne des
§ 793 ff. Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB ), die eine Forderung des Inhabers
des Papiers gegen den Aussteller auf Rückzahlung und Verzinsung des zur
Verfügung gestellten Kapitals verbriefen. Inhaberschuldverschreibungen
sind ein klassisches langfristiges Finanzierungsinstrument, mit dem Unter-
nehmen Fremdkapital aufnehmen. Die wertpapierrechtlichen Vorausset-
zungen und die Beziehung des Schuldners (Aussteller) zum Gläubiger (In-
haber) sind im BGB geregelt. In Ergänzung zu diesen Regelungen dient das

1 Gunther Teubner Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising,

Just in Time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht. Baden-Baden 2004.


2 Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen in

der im Bundesgesetzblatt Teil III , Gliederungsnummer 4134–1, veröffentlichten bereinigten


Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 53 des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 ( BGBl . I
S. 2911).
316 Cordula Heldt

SchVG 1899 als Sonderrecht für die nachträgliche Änderung der Vertragsbe-
dingungen durch Mehrheitsbeschlüsse mit verbindlicher Wirkung für alle
Investoren, und regelt somit das Verhältnis der Gläubiger untereinander 3.
Hierzu sorgt das Gesetz für eine Mindestorganisation der Gläubiger und
eine gemeinsame Interessenvertretung nach außen. Damit stellt es eine
rechtliche Verbindung der sonst nur als wirtschaftlich, nicht rechtlich ver-
bunden charakterisierten 4 Gläubiger her. 5
Beim SchVG 1899 handelte es sich bisher weithin um totes Recht, denn
der Großteil der Anleihen deutscher Emittenten wird derzeit eher in den
Niederlanden oder London unter dem dortigen Recht über Finanzierungs-
töchter unter der Garantie der deutschen Mutter emittiert. 6 Dies hat steuer-
liche Gründe 7, ist aber nicht zuletzt auf den als unzureichend empfundenen
Rechtsrahmen zurückzuführen, den das SchVG 1899 bietet. Sein Anwen-
dungsbereich beschränkt sich de lege lata ohnehin auf Schuldner mit Sitz
oder Niederlassung im Inland. Damit ist den Auslandsanleihen inländischer
Unternehmen die Unterstellung ihrer Anleihebedingungen unter das Rechts-
regime des SchVG 1899 verwehrt.
Ist der Anwendungsbereich eröffnet und sind die sonstigen Mindest-
voraussetzungen an die Schuldverschreibung erfüllt (u. a. im Voraus be-
stimmte Nennwerte, Gewährung gleicher Rechte an die Gläubiger), „so
haben die Beschlüsse, welche von einer Versammlung der Gläubiger aus
diesen Schuldverschreibungen zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen
gefasst werden, nach Maßgabe dieses Gesetzes verbindliche Kraft für alle
Gläubiger der bezeichneten Art“, § 1 SchVG 1899. Das bedeutet, dass nach
Vertragsabschluss die Bedingungen, unter denen der Anleger die Anleihe
gezeichnet hat, während der Laufzeit durch Beschluss der Mehrheit der
Gläubiger geändert werden können. Dabei kann es sich um durchaus nicht
unerhebliche finanzielle Zugeständnisse handeln. Worin liegt der Zweck ei-
ner solchen Regelung? Die Bestimmungen haben eine Krise des Schuldners
vor Augen, in der es den Gläubigern ermöglicht werden soll, einen Sanie-
rungsbeitrag zu leisten, um eine Insolvenz abwenden und die Chance auf
Erfüllung der Hauptleistungspflichten des Schuldners vergrößern zu kön-
nen. Die bindende Wirkung soll Trittbrettfahrereffekte verhindern. Es hat
sich in vielen Fällen gezeigt, dass auf Freiwilligkeit beruhende Umschul-
dungsinstrumente daran scheitern, dass Gläubiger sich weigern, sich den

3 Klaus J. Hopt Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz,

§ 296 BGB und AGBG , in: Festschrift für Ernst Steindorff, Berlin 1990, S. 341, S. 341.
4 So noch vor der Einführung des SchVG 1899 das Reichsgericht, vgl. RGZ 22, 61 ff.
5 Hopt Fn. 3, S. 341.
6 Hans-Gert Vogel Unternehmenssanierung und Restrukturierung von Anleihen – wel-

che Verbesserungen bringt das neue Schuldverschreibungsrecht? ZBB 2008, S. 221, S. 222.
7 Hans-Gert Vogel Das Schuldverschreibungsgesetz – Entstehung, Inhalt und Bedeu-

tung, 1996, http://publikationen.ub.unifrankfurt.de/volltexte/2005/824/pdf/a0296.pdf.


Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 317

neuen Zahlungsbedingungen zu unterwerfen, um gegenüber den anderen


einen finanziellen Vorteil zu erzielen. 8 Einen Sanierungsbeitrag sieht das
SchVG 1899 auf der einen Seite insbesondere in einer Stundung der Haupt-
forderung oder Ermäßigung des Zinsfußes, schließt aber auf der anderen
Seite die Herabsetzung der Kapitalforderung ausdrücklich und andere typi-
sche Sanierungsmaßnahmen 9 inzident aus, vgl. §§ 12, 13 SchVG 1899. Das
Gesetz knüpft die Möglichkeit zur Beschlussfassung ausdrücklich an den
Zweck der Abwendung der Zahlungseinstellung oder des Insolvenzverfah-
rens über das Vermögen des Schuldners. Der Eingriff in die Rechte der
Gläubiger darf außerdem nur für die Dauer von drei Jahren beschlossen
werden, § 11 Abs. 1 SchVG . Für Konkurs und Vergleich gelten besondere
Regelungen, § 18 – 19a SchVG .

II. Die Reform des Schuldverschreibungsrechts


Nachdem das Bundesministerium der Justiz im Jahre 2003 einen Diskus-
sionsentwurf zur Reform des SchVG 1899 vorgelegt hatte, hat es am 8. Mai
2008 einen Referentenentwurf (im Folgenden SchVG -E) 10 veröffentlicht.
Damit reagiert das Bundesjustizministerium auf die seit langem geübte Kri-
tik 11 aus Wissenschaft und Praxis, die anmahnte, dass das Gesetz seinem
Zweck gar nicht gerecht werden könne. Der SchVG -E erweitert die bisher
sehr engen Voraussetzungen für die Änderung der Anleihebedingungen von
Schuldverschreibungen 12 und schließt Beschlüsse über Sanierungsmaß-
nahmen, die wie die Herabsetzung der Verbindlichkeiten oder die Um-
wandlung von Fremd- in Eigenkapital, zur nachhaltigen Überwindung einer
Krise des Schuldners oftmals erforderlich werden können,13 nicht mehr aus,

8 Dazu mit Beispielen Christoph Keller Umschuldung von Staatsanleihen unter Be-

rücksichtigung der Problematik einer Aggregation aller Anleihegläubiger in: Baums/Cahn


(Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S. 157, 160 ff.
9 Hannes Schneider Die Änderung von Anleihebedingungen durch Beschluss der Gläu-

biger, in: Baums/Cahn (Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004,
S. 69, 76.
10 Bundesministerium der Justiz Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsver-

hältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen und zur Anpassung kapitalmarktrecht-


licher Verjährungsvorschriften, www.bmj.de/enid/0,c1b2c85f7472636964092d0935323933/
Wertpapierrecht/Schuldverschreibungsrecht_1gy.html.
11 Siehe schon Heinrich Könige Einfluss des Konkurses auf die Gläubigerschaft des

Schuldverschreibungsgesetzes, Zeitschrift für den deutschen Zivilprozess 1901, Band 28,


S. 414; Schneider Fn. 9, S. 79. Horst Eidenmüller Privatisierung der Insolvenzabwicklung:
Workouts, Covenants, Mediation – Modelle für den Insolvenzstandort Deutschland? Vor-
trag für den 5. Deutschen Insolvenzrechtstag am 7. 3. 2008 in Berlin, www.horst-eiden
mueller.de/forschung/veroeff/Privatisierung_der_Insolvenzabwicklung.pdf, S. 11 mwN.
12 Eine Definition der „Schuldverschreibung“ findet sich im SchVG -E übrigens nicht.
13 Schneider Fn. 9, S. 77.
318 Cordula Heldt

vgl. § 4 Abs. 3 SchVG -E. Eine Beschlussfassung setzt nach dem SchVG -E
zudem weder ausdrücklich voraus, dass sie zur Abwendung einer Insolvenz
des Schuldners erfolgt, noch ist sie ausdrücklich an die Wahrung der ge-
meinsamen Interessen der Gläubiger gebunden. Ersteres ermöglicht auch
außerhalb von Krisensituationen des Schuldners Anpassungen, die sowohl
bei Umstrukturierungen des Schuldners als auch aufgrund von relevanten
Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse bei langfristigen Anleihen
(üblich sind Laufzeiten von bis zu zehn Jahren) erforderlich werden können.
Dies erlaubte das Gesetz bisher sogar dann nicht, wenn dies unmittelbar im
Interesse der Anleihegläubiger lag.14 Zu den von Schuldnern als neuralgisch
empfundenen Punkten gehörte auch die Gefahr einer AGB -rechtlichen rich-
terlichen Kontrolle, die dazu führen kann, dass Anleihebedingungen nach-
träglich individuell gerichtlich abgeändert werden. Hierzu schweigt der Ge-
setzestext des SchVG -E.

1. Schuldverschreibungen als Vertragsnetzwerke


Der Inhaber einer Anleihe sieht sich, tritt der SchVG -E in Kraft, mit
erhöhten Eingriffsmöglichkeiten in seine Rechtsposition durch bindende
Mehrheitsbeschlüsse konfrontiert, mit denen er jedoch nur bei einer gesell-
schaftlichen Verbindung rechnen musste. Wird hier nun gesetzlich angeord-
net, was Gunther Teubner mit der Verbundtheorie erklären würde? Handelt
es sich um die Abbildung von Netzeffekten im Recht?
Vertragsnetzwerke sind ein Geflecht einer Vielzahl rechtlich nicht aus-
drücklich miteinander verbundener Verträge, die erst durch die Einbettung
in ein Projekt ihren angestrebten wirtschaftlichen Sinn erhalten.15 „Netz-
werk“ ist nicht als technischer Rechtsbegriff zu verstehen, denn es kommen
unterschiedliche rechtliche Erscheinungsformen in Betracht: man denke nur
an das Franchising im Gegensatz zu Schuldverschreibungen, deren Charak-
terisierung als Netzwerk hier versucht werden soll. Wird die Rechtspre-
chung mit Netzeffekten konfrontiert, ordnet sie diese allzu oft in die be-

14 Theodor Baums Finanzierung der Aktiengesellschaft durch Mobilisierung des Fremd-

kapitals – Ein rechtsgeschichtlicher Rückblick – Z. B. Austausch von Sicherheiten; Än-


derungen von Nebenverpflichtungen des Schuldners gegen Gewährung zusätzlicher
Sicherheiten, Institut für Bankerecht Arbeitspapiere Nr. 127, 2006, S. 11 www.jura.uni-
frankfurt.de/ifawz1/baums/Bilder_und_Daten/Arbeitspapiere/Arbeitspapier127_prn.pdf.
15 Cordula Heldt Baukooperation und Franchising als Multilaterale Sonderverbindung.

Vertragsnetzwerke – Parallelschuldverhältnisse – Personengesellschaften, Dissertation


Frankfurt 2008, S. 1. Vgl. die Definitionen anderer: statt Vieler Wernhard Möschel Dogma-
tische Strukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, AcP 186 (1986), S. 211 ff; Mathias
Rohe Netzverträge, Tübingen: 1998. Vgl. auch Gralf-Peter Calliess Fitness Clubs. Consumer
Protection between Contract and Association, in: Amstutz/Teubner (Hg.), Contractual
Networks, Oxford (erscheint 2009).
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 319

kannten Rechtskategorien ein oder arbeitet mit traditionellen Instrumenten;


insbesondere der Drittschutzvertrag muss allzu oft herhalten; über eine
Auslegung von AGB kommt der BGH oftmals nicht hinaus, wie Gunther
Teubner an zahlreichen Beispielen dokumentiert hat.16 Im Gegensatz zu sol-
chen punktuellen Ansätzen versucht die Netzwerktheorie netzwerkgerechte
Prinzipien und Rechtsnormen herauszuarbeiten.
Auch hier stehen geradezu typisch für Netzwerke die Beteiligten – der
Schuldner und die Gläubiger – zwischen Markt und Hierarchie; bzw. Vertrag
und Organisation. Zum einen handelt es sich um eine Vielzahl paralleler bi-
lateraler Verträge, in der Regel jeweils zwischen dem Gläubiger und dem
vermittelnden Finanzinstitut, in seltenen Fällen mit dem Schuldner direkt.17
Zum anderen besteht ein wirtschaftlicher und faktischer Zusammenhang
der Schuldverschreibungen; sie gewähren nicht nur gleiche Rechte anhand
einheitlicher Anleihebedingungen, auch der Preis der Wertpapiere unter
gleicher Wertpapierkennnummer bildet sich einheitlich. Damit die Anleihe
im Sekundärmarkt handelbar bleibt und sich ein Marktpreis bilden kann,
dürfen sich einzelne Bestimmungen nicht individuell nachträglich ändern.
Dies würde die jederzeitige Weiterverkaufsmöglichkeit, die im Interesse der
Gläubiger liegt, beeinträchtigen. Änderungen beim Schuldner, ob anste-
hende Reorganisation oder Krise, treffen zudem alle Gläubiger gleicher-
maßen. Nicht zuletzt erfordert die Langzeitbindung die Möglichkeit von
Vertragsanpassungen, deren Abstimmung eine Organisation der Gläubiger
ähnlich einer Gesellschaft voraussetzt. Wegen dieser Funktionsbedingungen
der Schuldverschreibung stellt sich die Vielheit der voneinander unabhängig
abgeschlossenen Verträge als wirtschaftliche Einheit dar.
Der Unterschied zu den von Gunther Teubner untersuchten Netzwerken
ist jedoch gewaltig. So liegt der augenfälligste Unterschied von Schuldver-
schreibungen gegenüber kooperativen Leistungsverbünden, die hier Koope-
rationsnetzwerke genannt werden sollen, darin, dass es bei ersteren der eine
Schuldner ist, der die regelmäßigen Leistungen schuldet; die Gläubiger ha-
ben jeweils mit dem Bezahlen des Emissionspreises ihre Pflichten schon bei
Begründung des Rechtsverhältnisses erfüllt und empfangen von diesem
Zeitpunkt an eigentlich nur noch Leistungen. Damit weisen die Gläubiger
zu dem die bilateralen Verträge übergreifenden Element, der notwendigen
Einheitlichkeit der Anleihebedingungen, eine gewisse Distanz auf: Anders
als das gemeinsame Projekt oder der Verbundzweck bei Kooperationsnetz-
werken scheint der übergreifende Zusammenhang von äußeren Zwängen
und Eigengesetzlichkeiten zu kommen. Kooperationsnetzwerke haben zu-

16Teubner Fn. 1, S. 23 ff.


17Philip von Randow Die Inhaltskontrolle von Emissionsbedingungen – Abschied vom
AGB -Recht, in: Baums/Cahn (Hg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin
2004, S. 25, S. 35 ff.
320 Cordula Heldt

dem eigentlich gemein, dass „gerade keine autonome Kollektivsphäre, keine


handlungsfähige Rechtsperson, keine Geschäftsführungs- und Vertretungs-
regeln und keine Vermögensgemeinschaft“ 18 hergestellt wird, hier werden
gerade solche Mechanismen ansatzweise institutionalisiert.
Der Witz der Schuldverschreibungen ist jedoch, dass es Situationen gibt,
in denen der Vernetzungsaspekt aus dem Schatten der bloßen Koexistenz
der Gläubiger hervortritt und offen auf die Rechte der Gläubiger aus den
bilateralen Verträgen einwirkt. Gerade bei Krisensituationen steht die Funk-
tionsfähigkeit des Netzwerks in Frage, denn Änderungen der Anleihebedin-
gungen erfordern wegen der Funktionsbedingungen von Schuldverschrei-
bungen ein einheitliches organisiertes Vorgehen. Im Übrigen zeigen sich
Netzeffekte auch außerhalb der Gläubigerversammlung, wenn es im Span-
nungsfeld von kollektiver Bindung und individueller Geltung von Anleihe-
bedingungen um die Frage der Anwendung des Rechts der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen ( AGB ) geht. Dazu jedoch später. Schuldverschrei-
bungen zeigen also Netzeffekte, die bei ihrer Ausgabe entstehen und auf die
Rechte und Pflichten der Beteiligten einwirken und das nach dem Willen des
Gesetzgebers – dies zeigt schon das SchVG 1899 – auch sollen. Im Folgenden
soll untersucht werden, ob die Verfasser des SchVG -E netzwerkgerechte
Prinzipien und Rechtsnormen entworfen haben.

2. Die Abbildung im Recht: die „kollektive Bindung“ im SchVG-E


Die Verfasser des SchVG -E erkennen die Vernetzung der Teilschuldver-
schreibungen aufgrund der oben dargestellten Funktionsbedingungen. Sie
führen den Begriff der „kollektiven Bindung“ ein. § 3 Abs. 1 SchVG -E lautet:
„Bestimmungen in Anleihebedingungen können während der Laufzeit der
Anleihe durch Rechtsgeschäft nur nach Abschnitt 2 dieses Gesetzes geän-
dert werden (kollektive Bindung). Der Schuldner muss die Gläubiger in-
soweit gleich behandeln.“ Der vielversprechende Begriff der kollektiven
Bindung wird im Gesetz also nicht zur Beschreibung eines Verbunds der
Gläubiger verwendet. Die kollektive Bindung umschreibt nur ihre eigenen
Rechtsfolgen, d. h. „die darin liegende Beschränkung der individuellen
Rechtsmacht“ 19. Muss man daher als Netzwerktheoretiker enttäuscht sein?
Worauf die kollektive Bindung beruht, wird nur durch den zweiten Ab-
satz und die Begründung des SchVG -E klarer, die den Zweck der kollek-
tiven Bindung umschreibt: „Bestimmungen in Anleihebedingungen unter-
liegen nicht der kollektiven Bindung, soweit ihre rechtlich identische
Ausgestaltung nicht erforderlich ist, um die freie Handelbarkeit der Schuld-
verschreibungen zu einem einheitlichen Preis zu gewährleisten.“ In der Be-

18 Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 90.


19 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 25.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 321

gründung des SchVG -E heißt es: „Ihre Rechtfertigung findet die kollektive
Bindung in der zwecktauglichen Ausgestaltung von Schuldverschreibungen
als fungiblen Wertpapieren. Ohne Sicherheit über die inhaltliche Austausch-
barkeit aller Wertpapiere derselben Emission wäre die Funktionsfähigkeit
des auf schnelle und anonyme Abwicklung des Massengeschäfts ausgerich-
teten Kapitalmarkts gefährdet.“ 20 Dadurch wird deutlicher, dass die kollek-
tive Bindung auch als Begriff genutzt werden kann, der die Funktionsbedin-
gungen und die wirtschaftlichen Eigengesetzlichkeiten einer Anleihe
umschreibt, und für Schuldverschreibungen auch nach der Konzeption des
SchVG -E das ist, was bei anderen Netzwerken als Netzzweck, Verbund-
zweck oder gemeinsames Projekt bezeichnet wird.
Mit diesem Gesetzentwurf bleiben die Verfasser scheinbar hinter anderen
Rechtsordnungen, wie dem Schweizerischen Obligationenrecht zurück.
Auch in der Schweiz gibt es ähnliche Vorschriften zu Mehrheitsbeschlüs-
sen. Der Gesetzgeber erhebt dort die Gläubigergesamtheit bei „Anleihens-
obligationen“ zur gesetzlichen „Gläubigergemeinschaft“, Art. 1157 ff. Ob-
ligationenrecht ( OR ). 21 Die Verfasser des SchVG -E haben sich jedoch
offensichtlich dagegen entschieden, da sie die Begriffe „Gemeinschaft/ge-
meinschaftlich“ im Entwurfstext vermeiden. Wäre es für das deutsche Recht
sinnvoll, auch den Schweizer Weg zu gehen?

a) Gemeinschaft
Die „Gemeinschaft“ ist kein allgemeiner und „selbsterklärender“ Struk-
turbegriff des deutschen Privatrechts. 22 Sie kommt im BGB nur in fragmen-
tarischen Einzelbestimmungen zur Regelung gemeinsamer Belange vor und
ist die Grundlage gesetzlicher Schuldverhältnisse zwischen den Teilhabern,
die v. a. in § 742 ff. BGB geregelt sind. Der Gedanke, der dabei im Vorder-
grund steht, ist der einer anteiligen Lasten- und Verlusttragung, der in einer

20 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 25.


21 Art. 1157 Abs. 1 lautet: „Sind Anleihensobligationen von einem Schuldner, der in der
Schweiz seinen Wohnsitz oder eine geschäftliche Niederlassung hat, mit einheitlichen An-
leihensbedingungen unmittelbar oder mittelbar durch öffentliche Zeichnung ausgegeben,
so bilden die Gläubiger von Gesetzes wegen eine Gläubigergemeinschaft“.
22 Dies zu entwickeln, d. h. „Verflechtungen abseits vertraglicher Übereinkunft und aus-

drücklicher gesetzlicher Normierung aufzuspüren“ und eine Typik der Gemeinschaft auf-
zustellen, war das Anliegen der von Würdiger begründeten, und durch Wüst weiterentwi-
ckelten Lehre von der Interessengemeinschaft, vgl. Hans Würdinger Theorie der schlichten
Interessengemeinschaft, Tübingen: 1934; Günther Wüst, Die Interessengemeinschaft: Ein
Ordnungsprinzip des Privatrechts, Frankfurt: 1958. Paschke hat die Gemeinschaft von den
gesetzlichen Fällen losgelöst zu einer Lehre von „gemeinschaftlichen Rechtsverhältnissen“
bzw. „gemeinschaftsrechtlichen Sozialbeziehungen“ weiterentwickelt, Marian Paschke Au-
ßervertragliche Sozialbeziehungen: Eine Herausforderung der zivilrechtlichen Dogmatik,
AcP 187 (1987), 60 ff.
322 Cordula Heldt

Reihe von Regeln, die gesetzlich festgeschrieben sind oder auf der Recht-
sprechung beruhen, zum Ausdruck kommt. 23 Der Bundesgerichtshof
( BGH ) hat das Recht der Gemeinschaft kürzlich fortentwickelt und charak-
terisiert die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ( WEG ) nach dem
Wohnungseigentumsgesetz als teilrechtsfähigen Verband sui generis. 24 Der
BGH sieht in der WEG die Vereinigung von Elementen verschiedener Ver-
bandstypen ohne Zugehörigkeit zu einem von ihnen. Von der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts unterscheide sie sich darin, dass die eine zur Verfolgung
eines gemeinsamen Zwecks gegründet werde, bei der anderen aber der
individuelle Zweck der Wohnnutzung im Vordergrund stehe und die Ein-
bindung in den Verband der Wohnungseigentümergemeinschaft als „not-
wendiges Übel“ hingenommen werden müsse. 25 Der BGH entwickelt
Treuepflichten der Eigentümer gegenüber dem Verband entsprechend der
Mitglieder einer Körperschaft, mit der Konsequenz, dass dem Verband die
finanzielle Grundlage zur Begleichung der laufenden Verpflichtungen durch
Beschlussfassung über einen entsprechenden Wirtschaftsplan oder die Jah-
resabrechnung zu verschaffen seien. Damit klafft die Schere zwischen der
reinen Bruchteilsgemeinschaft und einer Gemeinschaft wie der WEG mit
einer Gemeinschaftsordnung, Willensbildung und Kollektivsphäre weit aus-
einander. Die „Gemeinschaft“ deckt damit ein weites Feld ab, ist jedoch an
ein gemeinsames Recht gebunden. Hilft also die „Subsumtion“ von Vernet-
zungserscheinungen unter den Begriff des gemeinschaftlichen Gegenstandes
weiter?
Im Gegensatz zu anderen Vertragsnetzwerken, wie dem Franchising oder
der Baukooperation, wäre eine solche „Subsumtion“ sicherlich einfacher.
Dort ist ein gemeinsames übergreifendes Projekt bzw. ein Verbundzweck zu
identifizieren, unter dessen Flagge die Beteiligten semi-spontan kooperie-
ren. 26 Hier prägt eine einheitliche Leistung, die allen Gläubigern gegenüber
inhaltlich gleichartig und parallel zu erbringen ist, das gemeinsame Recht,
das Vertragsnetz. Ein Netzwerk ist jedoch im Recht nur dann angemes-
sen erfasst, wenn seine personelle und materielle Reichweite bestimmt wer-
den kann. So ist fraglich, ob die Gemeinschaft auch den Schuldner erfas-
sen würde; das Schweizer Obligationenrecht tut dies jedenfalls mit seiner
„Gläubiger“gemeinschaft nicht. Dies würde den Funktionsbedingungen des
Netzwerks jedoch gerade nicht entsprechen. Die kollektive Bindung im
SchVG -E erfasst und begrenzt das Netzwerk dagegen prinzipiell angemes-
sen: Sie erfasst auch die Seite des Schuldners, bindet ihn mit ein und erlegt
ihm als Rechtsfolge der kollektiven Bindung die Gleichbehandlung der
23 Z.B. Wüst Fn. 22, S. 63 ff.
24 BGH NJW 2005, 2061, 2066; vgl. Karsten Schmidt in Münchener Kommentar § 741
BGB Rn. 3, kein organisierter Verband.
25 BGH Fn. 24, S. 2066.
26 Ausführlich dazu Heldt Fn. 15, S. 72 ff.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 323

Gläubiger bei der Änderung von Anleihebedingungen auf. Auch die Gren-
zen der kollektiven Bindung werden netzadäquat festgelegt: das Verbot der
individuellen Änderung und Gleichbehandlung wird auf solche Anleihebe-
dingungen begrenzt, deren rechtlich identische Ausgestaltung erforderlich
ist, um die freie Handelbarkeit der Schuldverschreibungen zu einem einheit-
lichen Preis zu gewährleisten, s. o. § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SchVG -E. Ob es
solche Bestimmungen in Anleihebedingungen überhaupt gibt, soll hier da-
hinstehen. Das dahinter stehende Prinzip entspricht jedoch der Konzeption
von Netzpflichten, die nur so weit reichen, wie der übergreifende Bezug es
erfordert. 27
Die Festlegung auf eine „Gemeinschaft“ würde sich daher letztlich nur in
der Verwendung des Begriffs erschöpfen und dem Gesetzgeber bei der Fest-
legung von Prinzipien und Rechtsnormen, die aus der kollektiven Bindung
abzuleiten sind, nicht weiterhelfen. Es bestünde sogar die Gefahr, dass die
Sicht auf die besonderen Funktionsbedingungen versperrt würde. Bei Rege-
lungslücken könnte die Rechtsprechung u. U. auf Bestimmungen und Grund-
prinzipien der (Bruchteils-)Gemeinschaft in anderen Gesetzen rekurriert
werden, die nicht passen. Zudem ist fraglich, ob der Verbraucherschutz von
dem Gemeinschaftsgedanken beeinflusst werden könnte, denn eine indivi-
duelle Änderung von Anleihebedingungen aufgrund von gerichtlicher AGB -
Kontrolle würde der kollektiven Bindung entgegenlaufen. Daher ist es von
Vorteil, dass sich die Verfasser des SchVG -E nicht auf die „Gemeinschaft“
festlegen, sondern eigenständige Rechtsprinzipien zu entwickeln versuchen.

b) Gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis
Der SchVG -E entwirft auch keine gesellschaftsrechtliche Konstruktion,
wie z. B. in Frankreich. 28 Nach den Ausführungen zur Gemeinschaft ist klar,
dass eine Qualifizierung als gesellschaftsähnliches Verhältnis ohnehin zu
kurz gegriffen wäre, gar eine Fiktion bedeuten würde. Jedoch wird verschie-
dentlich ein gesellschaftsähnliches Verhältnis der Gläubiger bei Schuldver-
schreibungen 29 oder allgemein bei Unternehmensrestrukturierungen ange-
nommen. Eidenmüller 30 entwickelt eine gesellschaftsähnliche Verbindung

27 Ausführlich dazu Heldt Fn. 15, S. 181 ff.


28 Vgl. Hopt Fn. 3, S. 372; Art. 785 Acte uniforme relatif au droit des sociétés commer-
ciales et du groupement d’interet economique: Les porteurs d’obligations d’une même
émission sont groupés de plein droit pour la défense de leurs intérêts dans une masse qui
jouit de la personnalité juridique.
29 Heinrich Könige Commentar zum Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Be-

sitzer von Schuldverschreibungen, 2. Auflage, Berlin 1922, Einleitung. An anderer Stelle


heißt es allerdings, das Gesetz habe eine dem bisherigen Recht fremde Gläubigergemein-
schaft entstehen lassen, die an die Anfänge des Aktienrechts erinnere. Könige Fn. 11, S. 414.
30 Horst Eidenmüller Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, Köln 1999,

S. 608 ff.
324 Cordula Heldt

aller Gläubiger (also nicht nur der Schuldverschreibungsgläubiger) bei der


außergerichtlichen Unternehmensreorganisation, auf die er gesellschafts-
rechtliche Vorschriften analog anwendet, und die er mit einem hohen Maße
an Interessenübereinstimmung bzw. einem „Risikoverbund“ begründet.
Für alle – auch diejenigen, die sich mit dem Ziel der Maximierung ihres per-
sönlichen Vorteils unkooperativ verhalten – sei das Scheitern der Reorgani-
sation die schlechteste Lösung. Alle Beteiligten partizipierten in diesem
Sinne gleichmäßig an den Chancen, aber auch an den Risiken einer außer-
gewöhnlichen Unternehmensreorganisation: Die Beteiligten seien durch ein
Netz von Sonderverbindungen verbunden und in ein System von Koopera-
tionspflichten als Ausprägung der gegenseitigen Treupflicht eingebettet.
Hierzu gehören nicht nur Beteiligte, die zumindest mit einem anderen Be-
teiligten des Projekts in vertraglicher Beziehung stehen, sondern auch Ak-
kordstörer und Trittbrettfahrer. Er lässt die Beteiligten hierzu eine Art hy-
pothetischen Gesellschaftsvertrag eingehen. 31
Die Konzeption eines gesellschaftsähnlichen Rechtsverhältnisses beruht,
da sie unterstellte Willenserklärungen bemüht, auf einer Fiktion. 32 Sie hat
auch mit Folgeproblemen zu kämpfen, man denke nur an Willensmängel,
die den gesamten Vertrag in Frage stellen könnten. 33 Statt eines (hypotheti-
schen) Rechtsgeschäfts- oder Konsensmodells treffen eher die oben ange-
führten Aussagen des BGH zur „Gemeinschaft“ als eines „hinzunehmenden
Übels“ die Sachlage. Es handelt sich deshalb um eine Art automatischen
„Eintritt“ in ein bestehendes System 34, der quasi als Annex zum von einem
Willensentschluss getragenen bilateralen Vertrag erfolgt und unabhängig
vom Willen des Betroffenen Geltung beansprucht. Daher ist auch die Kon-
zeption des SchVG -E angemessen, in dem die kollektive Bindung anhand
externer Faktoren begründet wird und nicht mit einer unterstellten willent-
lichen Unterwerfung der Gläubiger. Die kollektive Bindung kann eher auf
der Ebene einer Geschäftsgrundlage angesiedelt werden. 35

31 Eidenmüller Unternehmenssanierung, Fn. 30, S. 609.


32 Nach der Willenstheorie ist es grundsätzlich unstatthaft, etwas als Vertragsinhalt an-
zusehen, was von den Parteien nicht tatsächlich gewollt ist, Karl Larenz Geschäftsgrund-
lage und Vertragserfüllung, 3. Auflage, München 1963, S. 157, der aber den „Eintritt“ in eine
Gemeinschaft annimmt.
33 Vgl. Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 74.
34 Vgl. auch Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 40, 132, dort v.a Fn. 72; Paschke, Fn. 22,

S. 85.
35 Heldt Fn. 15, S. 22, 169.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 325

c) Multilaterale Sonderverbindung
Wie bei denen von Gunther Teubner untersuchten Netzwerken, handelt es
sich bei Schuldverschreibungen viel mehr um ein Rechtsphänomen sui ge-
neris. 36 Es geht um eine vertraglose multilaterale Sonderverbindung, die auf
§ 311 Absatz 2 Nr. 3 BGB gestützt werden kann und in deren Rechtsfolge
Netzpflichten entstehen. 37 Bei Kooperationsnetzwerken, in denen die Par-
teien Lieferungen und Leistungen miteinander austauschen, wie die Bauko-
operation, Just-in-Time-Produktion und Franchising, verpflichtet die Son-
derverbindung zur Kooperation. Kategorien bei Schuldverschreibungen
können sein: Gleichbehandlung, Mehrheitsentscheidung, Rücksichtnahme
bzw. Treupflichten. Der SchVG -E hält entsprechende Rechtsfolgen bereit,
von denen einige kurz bewertet werden sollen.

aa) Gemeinsamer Vertreter als Gegenmachtzentrum


Bei den Gläubigern einer Anleihe handelt es sich um eine heterogene und
anonyme Gruppe 38, die ein Informations- und Koordinationsdefizit kenn-
zeichnet. Der Schuldner hat im Vergleich zu den Gläubigern eine ungleich
stärkere Position. Er legt – unter Berücksichtigung der voraussichtlichen
Preisreaktion – die Anleihebedingungen fest. An Informationen über seine
wirtschaftliche Lage bzw. Zahlungsfähigkeit ist er näher dran als die Gläu-
biger, ihre Koordination beginnt erst mit dem Einberufen der Gläubigerver-
sammlung. Gunther Teubner hat wegen der vergleichbaren ressourcen- und
funktionsbezogenen Asymmetrien im Konzern den Aufbau von Gegen-
macht-Netzwerken bzw. eines Gegenmacht-Zentrums39 empfohlen, die von
dem flexiblen Netzwerkcharakter im Sinne eines „Politikystems“ geprägt
sind. 40 Bei Schuldverschreibungen stellt der sog. gemeinsame Vertreter ein
solches Gegenmacht-Zentrum dar.
Neben der Gläubigerversammlung sieht schon das SchVG 1899 den ge-
meinsamen Vertreter vor, dem bestimmte Kompetenzen zugedacht werden,
die über die Rechte der einzelnen Gläubiger hinausgehen und es ihm er-
möglichen, für die Gläubiger eine Kontrollfunktion auszuüben. Er kann
eine Gläubigerversammlung einberufen, vgl. § 6 ff. SchVG -E, hat das Recht,
auf der Hauptversammlung zu sprechen und Einsicht in die Bücher der Ge-
sellschaft zu nehmen. Das Rederecht eröffnet dem gemeinsamen Vertreter

36 Vgl. für die von ihm untersuchten Netzwerke Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 71.
37 Ausführlich Heldt Fn. 15, S. 172 ff. Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 102.
38 Keller Fn. 8, S. 159.
39 Teubner Den Schleier des Vertrages zerreißen? Zur rechtlichen Verantwortung ökono-

misch ‚effizienter‘ Vertragsnetzwerke“ KritV, S. 367, 387.


40 Teubner Recht als autopoietisches System, Frankfurt am Main 1989, S. 183, vgl. auch

Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 59 f.


326 Cordula Heldt

Einflussmöglichkeiten auf die Hauptversammlung 41, indem er den Aktionä-


ren die Interessen der Gläubiger zu Gehör bringen kann; das Recht in die
Einsichtnahme der Bücher nähert ihn dem Aufsichtsrat einer Aktiengesell-
schaft an. 42 Im Gegensatz zum Kollegialorgan Aufsichtsrat bildet er jedoch
keine Mehrheiten der Gläubiger ab und ist gem. § 6 Abs. 2 S. 2 SchVG -E an
Weisungen der Gläubigerversammlung gebunden. Die Aufgaben und Be-
fugnisse des gemeinsamen Vertreters ergeben sich entweder aus dem Gesetz
gemäß §§ 7, 8 SchVG -E oder können ihm durch Rechtsgeschäft übertragen
werden. Der SchVG -E legt keine inhaltliche Beschränkung für die Be-
fugnisse fest, die die Gläubiger auf den gemeinsamen Vertreter übertragen
können. So können sie ihn anweisen, auch der Änderung von Anleihebe-
dingungen zuzustimmen. Wird der gemeinsame Vertreter zur Geltendma-
chung von Rechten der Gläubiger ermächtigt, entfällt die Rechtszuständig-
keit der einzelnen Gläubiger, § 6 Abs. 2 Satz 3 SchVG -E.
Die Rolle des gemeinsamen Vertreters unterscheidet sich von der tradi-
tionellen Vorstellung von Gesellschaftsorganen als Kontroll- und Legitima-
tionsorganen. Anstatt eines starren Kompetenzkatalogs verfügt er über fle-
xible gesetzliche und vertragliche Mechanismen als rechtliche Instrumente
für Legitimation und Kontrolle. 43 Die Gläubiger sind in der Übertragung
von Befugnissen frei. 44 Er ist ein Koordinationszentrum 45, das die struktu-
rell schwächere Position der Gläubigerschaft netzwerkgerecht ausgleicht, er
ist das eigentliche Netzwerk-Organ.

bb) Rechtsfolge: Gesamtgläubigerschaft


Eine Rechtsfolge, die der SchVG -E vorsieht, ist eine gesetzlich angeord-
nete selektive Gesamtgläubigerschaft im Verhältnis zum gemeinsamen Ver-
treter. Die Verfasser des SchVG -E gehen davon aus, dass auch die rechts-
geschäftliche Übertragung von Befugnissen an den gemeinsamen Vertreter
kollektiv durch Mehrheitsbeschluss geschieht. 46 Die Konstruktion des Ver-
tragsverhältnisses im SchVG -E, das nach der Begründung in der Regel ein
Auftragsverhältnis sein soll, ist äußerst interessant: Es sollen jeweils gleich-
lautende bilaterale Auftragsverhältnisse zwischen dem gemeinsamen Vertre-

41 Im Belgisches und Französisches Recht haben zumindest Wandel- und Optionsanlei-

hegläubiger ebenfalls ein Rede- und Teilnahmerecht auf der Hauptversammlung, Heribert
Hirte, Wandel- und Optionsanleihen im Rechtsvergleich, in: Wandel- und Optionsanleihen
in Deutschland und Europa, ZGR Sonderheft 16, Berlin, 2000, S. 1, 22.
42 Damit dürfte der Gesetzgeber allerdings etwas über das Ziel hinausgeschossen sein,

denn auch andere Fremdkapitalgeber haben dieses Recht nicht.


43 Vgl. die Forderung Teubners Schleier des Vertrages, Fn. 39, S. 387.
44 S.o. IV. 1.
45 Teubner Autopoietisches System, Fn. 40, S. 184.
46 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 29.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 327

ter und jeweils dem einzelnen Gläubiger begründet werden, jedoch sollen
quasi alle Pflichten aus dem bilateralen Auftragsverhältnis nur dem Kollektiv
gegenüber zu erbringen sein bzw. durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger-
versammlung geltend gemacht werden können. Der gemeinsame Vertreter
wird gem. § 6 Abs. 2 S. 2 SchVG -E an die Weisungen der Gläubigerver-
sammlung, nicht des Einzelnen gebunden. Satz 4 bestimmt, dass die Be-
richtspflicht (abweichend von § 666 BGB ) nicht gegenüber dem Vertrags-
partner, sondern gegenüber den Gläubigern als Gesamtheit zu erfüllen ist.
Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger sollen jedoch nichts daran ändern, so
stellt die Begründung klar, dass die Rechtsverhältnisse zwischen dem jewei-
ligen Gläubiger und dem Schuldner bezüglich der Schuldverschreibungen
individuell sind. Absatz 3 Satz 1 SchVG -E bestimmt, dass der gemeinsame
Vertreter den Gläubigern als „Gesamtgläubigern“ für die ordnungsgemäße
Erfüllung seiner Aufgaben haftet, wobei über die Geltendmachung von Er-
satzansprüchen die Gläubiger per Mehrheitsbeschluss entscheiden, vgl. Ab-
satz 3 Satz 3. Dazu ist in der Begründung zu lesen, dass der einzelne Gläu-
biger in Abweichung von § 428 BGB „nicht ohne weiteres“ befugt sei, die
Leistung an alle zu verlangen. Die Einschränkung sei gerechtfertigt, weil
sich die Gläubiger „in Bezug auf ihre gemeinsame Vertretung“ auch im In-
nenverhältnis gegenüber dem gemeinsamen Vertreter als Gesamtheit behan-
deln lassen müssten. In dem Beschluss müssten sich die Gläubiger auch da-
rüber verständigen, wer die Ansprüche stellvertretend für alle einfordern
solle, da die Gläubiger als Gesamtheit nicht prozessfähig seien. 47
Bei der über das Gesetz hinausgehenden Zuweisung von Aufgaben der
Gläubiger an den gemeinsamen Vertreter handelt es sich also um ein durch
Mehrheitsentscheid herbeigeführtes, aber individuelles Vertragsverhältnis.
Deshalb ergänzen gesetzliche Regelungen selektiv die bilateralen Verträge.
Für Netzwerke ist eine selektive Doppelzurechnung von Rechtsfolgen auf
den Vertragspartner und den Verbund typisch 48, hier wenden die Verfasser
des SchVG -E die Doppelzurechnung jedoch schon bei der Begründung ei-
nes Rechtsgeschäfts an. Dies ist problematisch: die Verfasser befinden sich
in einem Dilemma, da sie keinen rechtsfähigen Verband begründen möch-
ten, der Vertragspartner des gemeinsamen Vertreters werden könnte. Des-
halb können sie auf Individualverträge nicht verzichten. Da jedoch die
rechtsgeschäftlich begründeten Aufgaben schon durch Mehrheitsentscheid
übertragen werden müssen, ist der von den Verfassern des SchVG -E wahr-
scheinlich mitgedachte konkludente Vertragsabschluss des einzelnen, viel-
leicht sogar opponierenden, Gläubigers äußerst fraglich. Ebenso könnten
Willensmängel auftreten. Bei opponierenden oder bei Beschlussfassung ab-

47 Begründung zum SchVG -E Fn. 10, S. 29.


48 Teubner Vertragsverbund, Fn. 1, S. 120 f.
328 Cordula Heldt

wesenden Gläubigern bedienen sich die Verfasser eher einer reinen Fiktion
einer Willenserklärung. 49
Um das zu vermeiden, bedarf es einer anderen Konstruktion bei der
Übertragung von im Gesetz nicht geregelten Aufgaben, als der rechtsge-
schäftlich begründeten. Die Gläubiger könnten, indem sie dem gemeinsa-
men Vertreter in der Gläubigerversammlung Befugnisse zuweisen, gesetz-
liche Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB werden. 50

cc) Minderheitenschutz
Das SchVG -E muss sich mit dem Minderheitenschutz auseinander set-
zen. Es stehen sich die Handlungsfähigkeit und der Schutz der Rechts-
position des Einzelnen vor den Eingriffen anderer gegenüber, ein zentrales
Problem, das sich immer bei der gemeinsamen Organisation der Willensbil-
dung Vieler stellt. Dabei hat der Gesetzgeber darauf zu achten, dass Blocka-
demöglichkeiten, eventuell Erpressungen Einzelner, eingedämmt werden,
das gilt aber auch für die Wahrnehmung von Partikularinteressen zu Lasten
der Minderheit. 51 Die Verpflichtung auf ein gemeinsames Interesse bei der
Beschlussfassung dient dem Minderheitenschutz. Durch das Streichen die-
ses Erfordernisses im SchVG -E gegenüber dem SchVG 1899 ist dieser
Schutz nicht weggefallen 52, er ergibt sich aus der kollektiven Bindung.
Die Verfasser des SchVG -E scheinen sich ansonsten hauptsächlich auf das
Verfahrensrecht zu verlassen. 53 Eine Reihe von Kautelen für die Beschluss-
fassung soll die Minderheit schützen: Durch die Übernahme der verfahrens-
rechtlichen Vorschriften des Aktiengesetzes zur Einberufung der Haupt-
versammlung verfolgen die Verfasser das Ziel, möglichst viele Gläubiger
rechtzeitig zu erreichen, um sie in die Lage zu versetzen, an der Entschei-
dung mitzuwirken. 54 Der SchVG -E sieht zudem eine Kombination gesetz-
licher Mehrheitserfordernisse für die Beschlussfassung vor, wonach grund-
sätzlich eine Dreiviertelmehrheit (§ 11 Abs. 2 – 4 SchVG 1899) erforderlich

49 Vgl. zu solchen Konstruktionen bei Netzwerken Teubner Vertragsverbund, Fn. 1,

S 104.
50 Umgekehrt besteht bei mehreren zu vernetzten Leistungen Verpflichteten u. U. eine

Gesamtschuldnerschaft, dazu Heldt Fn. 15, S. 191 ff.


51 Vgl. Hopt Fn. 3, S. 372.
52 Vgl. auch Theodor Baums Die gerichtliche Kontrolle von Beschlüssen der Gläubiger-

versammlung nach dem Referentenentwurf eines neuen Schuldverschreibungsgesetzes, ILF


Working Papers Nr. 90, S. 12. www.ilf-frankfurt.de/uploads/media/ ILF _ WP _090.pdf.
53 Dies ist nicht mit der sog. „Prozeduralisierung des Rechts“ zu verwechseln, Teubner

Autopoietisches System, Fn. 40, S. 84; Gralf-Peter Calliess Prozedurales Recht, Frankfurt
1999, S. 1. Vgl. zur Prozeduralisierung Rudolf Wiethölter Materialisierungen und Prozedu-
ralisierungen von Recht in: Brüggemeier/Joerges (Hg.), Workshop zu Konzepten des post-
interventionistischen Rechts, Bremen ZERP Materialien 4, S. 25 ff.
54 Begründung zum SchVG -E, Fn. 10, S. 21.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 329

ist, mit individuellem Rechtsschutz. Während früher Formverstöße bei der


Berufung der Versammlung, Ankündigung der Tagesordnung oder die Ein-
haltung der zweiwöchigen Frist eine gültige Beschlussfassung verhinder-
ten 55, sieht der SchVG -E nun ein dem Aktiengesetz entlehntes Anfechtungs-
recht mit Wirkung inter omnes vor. 56 Dies entspricht zwar im Prinzip der
kollektiven Bindung, die Regelung gefährdet jedoch den Zweck des Geset-
zes: § 19 SchVG -E verbietet für die Dauer des Verfahrens die Umsetzung
der Beschlüsse. Die Gläubiger können sich durch eine vorgeschobene An-
fechtung von der Wirkung ihrer Beschlüsse deshalb wieder leicht trennen.
Bei Sanierungsmaßnahmen dürfte der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle
spielen; Anfechtungsverfahren dauern jedoch nicht selten über ein Jahr.
Auch das sog. Freigabeverfahren des § 246a Aktiengesetz, auf das der
SchVG -E verweist, ist kein Eilverfahren. 57 Hier sollte eine andere Lösung
gefunden werden, um den Zweck des Gesetzes nicht wieder zu gefährden.
Ein Verweis auf die Treupflicht dürfte nicht ausreichen.

dd) Rechtsfolge: Treupflicht?


Das Gesetz schweigt zu einer Treupflicht, im Sinne einer Pflicht zur För-
derung der Leistung 58, die den einzelnen Gläubiger zwingt, den vorgeschla-
genen Sanierungsmaßnahmen zuzustimmen, damit diese nicht blockiert
werden können. Schon das SchVG 1899 geht zunächst einen anderen Weg:
die Mehrheitsentscheidung. Dies baut der SchVG -E aus, so dass dem Sanie-
rungsgedanken in einem weiteren Umfang Geltung verschafft wird. Doch
trotz der Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen könnten wichtige Sa-
nierungsmaßnahmen an dem Trittbrettfahrerverhalten eines Großgläubigers
scheitern, der vielleicht andere Interessen verfolgt. Für solche Fälle wäre
es sinnvoll, Akkordstörern Einhalt gebieten zu können, indem eine Treu-
pflicht sie zur Zustimmung verpflichtet. 59 Aus einer Treupflicht ein Hand-
lungsprogramm abzuleiten, ist jedoch problematisch: So verfügen die Gläu-
biger u. U. über abweichende restrukturierungsrelevante Informationen

55 Könige Fn. 11, S. 420.


56 Insbesondere diese Regelung hat viel Kritik erfahren 22 (z. B. Stellungnahme des
Deutschen Aktieninstituts vom 22. 8. 2008, S. 18, www.dai.de), da sich in den letzten Jahren
ein Klagegewerbe gebildet hat, das die lange Verfahrensdauer ausnutzt und die Verwal-
tung im Gegenzug zur Rücknahme der Klage zu finanziellen Zugeständnissen zu bewegen
versucht. Vgl. auch den Hinweis des Bundesverfassungsgerichts in seiner Squeeze-Out
Entscheidung 1 BvR 390/04 vom 30. 5. 2007, http://www.bundesverfassungsgericht.de/
entscheidungen/rk20070530_1bvr039004.html, dort Rn. 21.
57 Deshalb wird es im Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie

nachgebessert, www.bundesjustizministerium.com/files/-/3140/RefE%20Gesetz%20zur%20
Umsetzung%20der%20Aktion%C3 %A4rsrechterichtlinie.pdf.
58 Vgl. Wilhelm Rütten Mehrheit von Gläubigern, Tübingen 1990, S. 183.
59 Eidenmüller Privatisierung Fn. 11, S. 11, nimmt eine Treupflicht an, die vor opportu-

nistischem Verhalten schützt.


330 Cordula Heldt

oder Einschätzungen. So könnten Manche das in die Krise geratene Unter-


nehmen für sanierungsfähig halten, andere nicht. 60 Allenfalls käme ein Scha-
densersatzanspruch aufgrund der Verletzung einer Treupflicht für solche
Fälle in Betracht, die im Bereich von § 826 BGB liegen. 61

ee) Verbraucherschutz im Netzwerk: Richterliche AGB-Kontrolle


Ist es inkonsequent, dass der SchVG -E nur die Änderung der Anleihebe-
dingungen der kollektiven Bindung unterstellt, zu den vom Schuldner vor-
gegebenen Anleihebedingungen aber schweigt? Netzpflichten reichen nur
so weit, wie der übergreifende Bezug es erfordert. Das bilaterale Vertrags-
verhältnis dagegen bleibt davon dann unberührt, wenn der Sachverhalt kei-
nen übergreifenden Bezug aufweist, z. B. ein Irrtum beim Vertragsab-
schluss. Die individuelle Veränderung von Anleihebedingungen, die durch
eine AGB -rechliche Prüfung erreicht werden könnte, ist jedoch problema-
tisch, weil dies die Einheitlichkeit der Schuldverschreibung gefährdet.
Die Einordnung von Anleihebedingungen als AGB mit der Folge einer
richterlichen Inhaltskontrolle ist umstritten. 62 Hier sei nur auf die Beson-
derheit hingewiesen, dass die Anleihebedingungen eigentlich selbst das ur-
kundliche Leistungsversprechen bzw. das erstandene Produkt sind, und
nicht bloße Nebenbestimmungen zum Vertrag 63, und sich die Preisbildung
am Markt an diesem Gesamtprodukt orientiert. 64 Der BGH hat jedenfalls
wegen der Funktionsbedingungen von Schuldverschreibungen die Eröff-
nung des Anwendungsbereichs des § 2 Abs. 1 AGBG (jetzt: § 305 Abs. 2
BGB ) und damit eine Einbeziehungskontrolle abgelehnt. 65 Zur Inhaltskon-
trolle hat er sich allerdings nicht geäußert. Für AGB gilt ein objektiver Emp-
fängerhorizont, der – wenn die Anleihe auch für Privatkunden bestimmt
ist – an der Verständnismöglichkeit eines rechtsunkundigen Durchschnitts-
kunden zu orientieren ist. 66 Es gilt die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2
BGB , wonach unklare Geschäftsbedingungen zuungunsten des Verwenders
auszulegen sind. Eine Reduktion der Komplexität des Originaltexts der An-

60 Eidenmüller Privatisierung, Fn. 11, S. 7.


61 Der BGH nimmt weder die Pflicht von Gläubigern an, Sanierungsmaßnahmen zuzu-
stimmen, noch gewährt er Schadensersatzansprüche, wenn solche Gläubiger sich aus den
Sanierungsbeiträgen anderer bereichern BGHZ 116, 319; aA Walther J. Habscheid Zur recht-
lichen Problematik des außergerichtlichen Sanierungsvergleichs, in: Gedächtnisschrift für
Bruns, München 1980, S. 253, 264; Günther Wüst Vom ungebundenen Individualgläubiger
zum rücksichtsvollen Mitgläubiger, in: Festschrift Wilburg, Graz 1965.
62 Vgl. nur Hopt Fn. 3, S. 363 mwN, BGHZ 119, 305, 312 mwN.
63 von Randow Fn. 17, S. 25 ff. m. vielen N., aA z. B. Hopt Fn. 3, S. 370, da es sich teil-

weise um Klauseln handele, die das Leistungsversprechen (die essentialia negotii) ändern,
aushölen, einschränken oder auch nur ausgestalten, in Anlehnung an BGHZ 100, 157, 173.
64 Eidenmüller Fn. 11, S. 11.
65 BGHZ 163, 311.
66 Hopt Fn. 3, S. 369. vgl. BGHZ 28, 259, 265; BGZ 77, 106.
Die „kollektive Bindung“ im Entwurf des Schuldverschreibungsgesetzes 331

leihebedingungen dürfte jedoch kaum möglich sein, da die von vielen Varia-
blen abhängigen Zinszahlungsversprechen rechtlich genau dargestellt sein
müssen. 67 Bei der Inhaltskontrolle nach ABG -Recht müsste man zudem
nach Unternehmern und Nicht-Unternehmern differenzieren, vgl. § 310
Abs. 1 BGB . Die Wirksamkeit von der Person des Inhabers abhängig zu ma-
chen, widerspricht jedoch wiederum der Fungibilität der Wertpapiere. Ein-
heitlicher und damit besserer Maßstab wäre dann eher § 242 BGB , der nicht
nach der Rolle des Inhabers unterscheiden muss. 68 Hier stoßen also wert-
papierrechtliche Anforderungen auf verbraucherrechtliche. Die Verfasser
des SchVG -E haben die Probleme erkannt, scheuen jedoch davor zurück,
den Ausschluss der AGB -Kontrolle ausdrücklich zu normieren, um sich
nicht einem Vertragsverletzungsverfahren der EU -Kommission auszuset-
zen. Die Verfasser des SchVG -E hält es damit wie die anderen Mitgliedsstaa-
ten, die keinen ausdrücklichen Ausschluss vorsehen. Vergleichsweise Rege-
lungen im europäischen Ausland, die auf die Richtlinie 93/13/ EWG des
Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherver-
trägen 69 zurückgehen, werden dort auf Anleihebedingungen von Schuldver-
schreibungen schlicht nicht angewendet. 70
Es zeigt sich ein erheblicher Unterschied zwischen allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen und Anleihebedingungen: Während mit ersteren eine
Vielzahl von unverbundenen Transaktionen einheitlich erfasst werden sol-
len, dienen letztere dazu, eine Vielzahl von einheitlichen Transaktionen mit-
einander zu verbinden. 71 Die individuelle Veränderlichkeit der Anleihebe-
dingungen entspricht deshalb nicht der kollektiven Bindung. 72 Damit soll
nicht gesagt werden, dass keine richterliche Überprüfung von Anleihebedin-
gungen im Sinne eines Anlegerschutzes möglich sein kann. Der Gesetzgeber
muss jedoch auf die Netzeffekte mit einem kollektiven Überprüfungsverfah-
ren und einem besser als das AGB -Recht an den Funktionsbedingungen von
Anleihen orientierten normativen Maßstab bzw. Leitprinzipien für die rich-
terliche Kontrolle antworten. Denkbar ist, dass einem solchen Verfahren
eine Gläubigerversammlung vorgeschaltet wird, die darüber entscheidet, ob
ein solches Verfahren eingeleitet werden sollte.

67 von Randow Fn. 17, S. 32.


68 Dorothee Einsele Bank- Und Kapitalmarktrecht, § 7 Emissions und Konsortialge-
schäft, Tübingen 2006, S. 51 Rn. 50.
69 ABl . EG Nr. L 95 S. 29.
70 So ist z. B. in London keine Rede von der Anwendung des Unfair Contract Terms

Act, Hopt Fn. 3, S. 364.


71 von Randow Fn. 17, S. 67.
72 AA für Kooperationsnetzwerke, Teubner Fn. 1, S. 171.
332 Cordula Heldt

III. Zusammenfassung
Der SchVG -E betritt mit der „kollektiven Bindung“ als Grundprinzip für
Schuldverschreibungen Neuland und schafft eine Rechtskonstruktion sui
generis. Der Gesetzgeber ist zu ermuntern, dies deutlich im Entwurf des
Gesetzestexts und seiner Begründung zum Ausdruck zu bringen. Dabei
nehmen sich die Verfasser des SchVG -E das „Beste“ aus allen Welten, ohne
sich auf eine Gemeinschaft oder ein gesellschaftsähnliches Rechtsverhältnis
festzulegen. Sie arbeiten dabei eine Reihe von Prinzipien heraus, die dem
Netzcharakter von Schuldverschreibungen gerecht werden, manche Rege-
lungsentwürfe sind jedoch – wie gezeigt – problematisch.
Schon werden übermütige Stimmen laut, die das SchVG ganz aufheben
wollen, um den Akteuren die Setzung ihrer eigenen Regelung gänzlich zu
überlassen. 73 Jedoch ist die Rechtsprechung, wie auch Gunther Teubners
Befund bestätigt 74, noch nicht so weit: Das Reichsgericht hielt 1888 vor der
Einführung des SchVG 1899 einen Beschluss der Gläubiger über eine Zins-
ermäßigung für unwirksam, weil es sich um einen Eingriff in das Indivi-
dualrecht jedes Schuldverschreibungsgläubigers handele. Diese seien näm-
lich, obwohl Gläubiger einer einheitlichen Anleihe, nicht zu einem Verband
zusammengeschlossen, der ihre Rechte kollektiv einbinde und dem Mehr-
heitswillen unterwerfe. 75 Der BGH lehnt die Annahme einer Gefahren-
gemeinschaft aller Gläubiger in der Krise eines Unternehmens trotz der
Parallelen zum SchVG 1899 mit der Folge der Möglichkeit verbindlicher
Mehrheitsentscheidungen ab, da dies die Grenzen der richterlichen Rechts-
fortbildung überschreite. 76 Ohne den Gesetzgeber geht es derzeit noch
nicht.

73 Eidenmüller Privatisierung, Fn. 11, S. 11.


74 Vgl. schon oben Teubner bei Fn. 16.
75 RGZ 22, 61 ff.
76 BGHZ 116, 319, 324.
Wo kein Wille, da kein Recht?

Rainer Maria Kiesow

Nichts zu machen! Die Diagnose lag auf seinem Tisch. Wirkliche Hoff-
nungen hatte sich Hubert Nickel nicht gemacht. Aber irgendwie gehofft
hatte er natürlich schon. Doch der Medizinische Dienst war gnadenlos.
Oder besser – Gnade hatte in dieser Zeit keine Bedeutung und damit war
auch Gnadenlosigkeit keine Kategorie mehr – also besser: unbestechlich, ja
der MD tat seine Arbeit, berechnet, also berechenbar. Nichts zu machen.
Nickel mußte dableiben.
*
Der Gerhard-Roth-Boulevard war die schönste Straße in der Stadt. Jede
Stadt hatte ihren Gerhard-Roth-Boulevard. Hier standen die Kathedralen
der neuen Zeit. Transparente Paläste für die schweren und schwersten Fälle.
Die so künstlichen wie kunstvollen Bäume hatten schillernde Blätter, die bei
Bedarf automatisch wie ein Fangnetz auf etwaige Ausbrecher herabfielen.
Das kam kaum vor – die Überwachung war perfekt. Die Paläste waren Aus-
druck des Stolzes, des Stolzes über das Erreichte: Vergewaltigungen,
Schwere Körperverletzungen, Mord und Totschlag gab es nicht mehr. Die
Mörder, Schläger, Perversen und andere Schwersthirngeschädigte wohnten
in den Palästen. Der Staat wollte sich nicht nachsagen lassen, man behandle
die cerebralen Abweichler schlecht. Im Gegenteil, sie waren die Exponate
eines immensen Erfolges: Sicherheit.
Hubert Nickel hatte vor langer Zeit kleine Mädchen vergewaltigt und
umgebracht. Innerhalb von acht Monaten 67 Stück. Für jedes Jahr, das seine
Mutter gelebt hatte, ein Mädchen. So hatte er sich das ausgerechnet, aber sie
glaubten ihm nicht. Die Ärzte hatten, als er gefaßt wurde, einen Fehler in
seinem Kopf festgestellt. Der Fehler wollte einfach nicht weg, Operationen,
Medikamente, Amputationen, nichts half. Dreißig Jahre ist das her. Die
Ärzte sagten, er würde es wieder tun, sie wüßten es ganz genau, sie könnten
das in seinem Hirn lesen, dabei wollte er doch nur 67 Mädchen töten, und
die hatte er schon getötet, mehr brauchte er nicht, seine Mutter würde ja
nicht älter werden, sie war tot, 67 Jahre alt geworden, die Schlampe, seine
Abarbeitung an der Mutter, die ihn ins Leben geworfen hatte, war beendet
und er selbst alt geworden, aber die Ärzte sagten immer wieder, es sei egal,
was er da rede, er wisse sowieso nicht, was er wolle, ja er wolle in Wirklich-
keit gar nichts, er meinte vielleicht, etwas zu wollen, aber sein Gehirn
334 Rainer Maria Kiesow

schriebe ihm das vor, und nur sie, die Ärzte, könnten dieses Wollen, das im
eigentlichen Sinne gar kein Wollen sei, entziffern, und die Entzifferung er-
gebe eben, daß er einen Fehler habe, den Fehler, Mädchen töten zu wollen,
und dieser Wille sei in seinem Hirn Fleisch geworden, da könne er selbst gar
nichts daran ändern, selbst wenn er wollte, wobei, wie die Ärzte nicht müde
wurden, immer wieder zu betonen, er sowieso nichts wollen könnte, da al-
les was er wollen könnte, schon gewollt sei, er also gar keine Freiheit des
Entschließens oder eben Wollens besitze, oder wie sie auch zuweilen sagen:
Sie haben keinen freien Willen!
Da war nichts zu machen. Auch diesmal wieder nicht. Die Diagnose be-
stätigte erneut, daß er eben nicht will, was er zu wollen vorgab, nämlich
nicht mehr kleine Mädchen zu töten. Nickel schaute nach draußen auf den
Boulevard. Er war noch nie auf ihm spazieren gegangen.
*
– Nichts zu machen! Sie bringen einem sowieso, was man im Kopf hat.
Hat keinen Sinn, irgendwelche Bestellungen aufzugeben. Ich hasse das. Vor
zehn Jahren waren sie noch nicht soweit. Aber jetzt gibt es kein Entrinnen.
Ich rege mich immer noch darüber auf. Stellen Sie sich das vor! Bin halt ein
unverbesserlicher Romantiker …
Der Kellner bringt einen Latte machiatissimo, dreizehn Prozent gezu-
ckert, und einen Thé blanc von Mariages Frères, ungesüßt, auf 67 Grad
temperiert.
… Sehen Sie, die fragen nicht einmal mehr, was man wünscht, die fragen
nicht einmal mehr aus Höflichkeit, auch wenn sie natürlich wissen, was
man will. Neulich im Biergarten kam die Bedienung: „Hier, Ihr Rosé“, da-
bei bin ich gar kein Stammgast, war noch nie in dem Garten. Die Hirnscan-
ner sind das Ende der Manieren. Wie ein Hund kommt man sich vor: Hier
friß und trink, ich weiß schon, was Du willst und brauchst, bevor Du auch
nur eine Ahnung davon hast!
– Ach, lieber Mauritius, das hätten Sie doch alles ahnen können. Sie waren
doch an der Forschungsfront damals, und wenn ich noch an unsere Podi-
umsdiskussionen, runden Tische, Expertengremien, Kommissionen denke –
auf Ihren Lehrer Roth haben Sie nichts kommen lassen.
– Ich war verblendet, ist ja nun auch fünfzig Jahre her. Ich dachte nur an die
schlimmen Fälle, Kinderschänder, Mordlüsterne, Verbrechernaturen eben.
Aber daß es so weit kommen würde, hätte ich nie gedacht. Der alte Singer hat
ja auch immer gesagt, wir wissen noch gar nichts, und das Hirn ist so vielfältig
und komplex, nein, daß es soweit kommen würde, Kollege Reckenwitz …
– Naja, es hat ja auch seine Vorteile, nicht wahr?, gerade für uns alten Se-
mester. Ist doch bequem, wenn einem alles zugeteilt und geliefert wird. Die
Scanner sind nicht schlecht. Neulich bekam ich eine ausgestopfte afrikani-
sche Wüstenspringmaus ins Haus, die hatte ich in einem historischen Tier-
Wo kein Wille, da kein Recht? 335

film gesehen. Mir war gar nicht bewußt, daß ich so eine Maus gerne in mei-
ner Vitrine hätte, Sie wissen, die mit den Väschen und Steinchen. Die
Präparationsfirma in Tunesien bekam aber entsprechende Nachricht und
Bankeinzugsermächtigung. Ja, Mauritius, nicht mal das Zahlen muß man
noch selbst erledigen. Das hätte ich mal meinen Studenten vor fünfzig Jah-
ren erzählen sollen. Ausgelacht hätten sie mich.
Reckenwitz nahm einen Schluck Thé blanc. Exquisit, wahrlich. Der
Professor lehnte sich zurück. Ach, vor fünfzig Jahren. Da stand er auf
dem Höhepunkt seiner Karriere. Einen Lehrstuhl für Zivilrecht und
Zivilprozeßrecht hatte er inne gehabt. Die Königsdisziplin der Wissen-
schaft vom Recht. Ach, Recht. Manchmal noch nahm er als Bettlektüre
einen dieser alten Bände der Entscheidungssammlung des Bundesge-
richtshofs in Zivilsachen zur Hand und las ein Urteil. Wie klar und un-
klar zugleich doch alles war. Wie kunstvoll die Begründung, um eine
schwierige Rechtsfrage zu lösen. Abwägung, Hin- und Herwenden der
Meinungen, Interpretation des Vorgetragenen und der Gesetze natür-
lich, Heranziehung von früherer Rechtsprechung, von Kommentaren,
von Zeitschriftenaufsätzen, alles wurde berücksichtigt, diskutiert, um
dann in eine Entscheidung zu münden. Nicht selten hätte Reckenwitz
die Sache anders entschieden, nicht immer war er einverstanden mit
der Abwägung, hätte dieses Argument oder jenes anders gewichtet
oder gar nicht in Ansatz gebracht, aber darauf kam es nicht an. Ent-
scheidend war, daß man die Dinge so oder so ansehen konnte und nie
etwas ganz sicher war. Mit Spannung verfolgte er damals, als er selbst
noch mitunter vom BGH zitiert wurde, die Prozesse, ihr Schicksal im
Instanzenzug, als es mal so und mal anders ausging und der BGH dann
als oberstes Gericht den unendlich möglichen Diskussionen ein Ende
bereitete. Nicht weil der BGH es besser wußte, die Wahrheit kannte,
sondern weil er am Schluß entscheiden durfte, was nichts anderes hieß,
als daß er die letzte Instanz war. Letzte Instanz der Rechtsprechung in
zivilen Sachen. Und beim Recht ging es um Recht und Unrecht, und
nicht wie bei der Wissenschaft um Wahrheit. Ach …
– Na, Herr Kollege, in Gedanken versunken? Denken über die Jurispru-
denz nach? Haha, gibt es nicht mehr, mein Lieber. Was wart Ihr auch so
dumm, Euer ganzes schönes Rechtssystem auf der Privatautonomie, so
nanntet Ihr das doch?, aufzubauen, haha, nichts ist mit Privat und Autono-
mie! Das roch zu sehr nach freiem Willen! Da haben wir nach dem Straf-
recht und seiner ungeheuerlichen Barbarei, von Eigenverantwortlichkeit und
Schuld auszugehen, um die Menschen in stinkende Gefängnisse zu stopfen –
da haben wir gleich das Zivilrecht mitverfrühstückt. Pri-vat-au-to-no-mie!
Daß ich nicht lache! Der freie Wille ist tot. Mausetot. Schauen Sie: Der Kell-
ner bringt eine Currywurst. Currywurst mit süßem Latte machiatissimo.
336 Rainer Maria Kiesow

Das hätte man früher nicht einmal zu träumen gewagt, geschweige denn be-
stellt. Jetzt kommt es einfach. Die wissen es. Hab noch gar nicht gemerkt,
daß ich es will. Ho, das schmeckt. Is’ ja ne schöne Sauerei, aber schmeckt!
*
Raymond Spiegel blickt mit prüfenden Augen auf den Bildschirm. Gehirn
im sechsten Monat. Die Schnitte zeigen: Da stimmt etwas nicht. Klare An-
lagen zur Verbrecherin. Mit 87einhalb Prozent Gewißheit Eigentumsde-
likte, verbunden mit 34 Prozent Gewißheit Körperverletzung. Klarer Fall
für den Roth-Boulevard. Säuglingspalais. Lohnt sich eigentlich kaum, aber
die neue Version des Gesamtgesellschaftshandbuchs ist noch nicht draußen.
Noch müssen wir mit der 90 Prozent-Schwelle operieren. Spiegel hofft auf
80. Er denkt an das Gemeinwohl. Dafür ist er bekannt, nicht nur im Ge-
sangsverein, er spendet auch regelmäßig für die Kinder in der zweiten Welt,
dort, wo die Scanner noch nicht sind. 80, das wär’s. Im neuen Eucerebral-
palast, Gerhard-Roth-Boulevard Nummer 1, ist noch Kapazität, mit dem
Präventivtöten hat man erst kürzlich begonnen. Spiegel geht dort besonders
gerne am Dienstagvormittag hin, dann ist es relativ leer, um die wunder-
schönen Porträts auf der Galerie im ersten Stock zu betrachten. Alles
Köpfe, die der Gesellschaft erspart geblieben sind.
*
– Ja, Mauritius, wir haben es damals nicht richtig erfaßt, das stimmt.
Meine Jurakollegen starrten immer nur auf das Strafrecht. Und was Ihr
Neuros damals von Euch gabt, klang gar nicht nur übel. Abolitionisten gab
es schließlich auch bei uns. Staatliches Strafrecht, das hatte manchem in den
1970er Jahren Brechreiz verursacht. Repressiv, unmenschlich, nachgerade
totalitär. Sozialarbeit hieß die Devise. Aus jedem Verbrecher könnte ein gu-
ter Mensch werden. Man müßte sich nur anstrengen und die Delinquenten
anstatt zu bestrafen sozial therapieren. Naja, ob das geklappt hätte, kann
keiner wissen, denn jedenfalls wurde nie genug Geld in Sozialarbeit ge-
steckt, als daß man wirklich ein belastbares Urteil über den Erfolg dieses
Ansatzes – Ansatz sagte man gerne damals – hätte abgeben können. Nun,
ich kannte das alles ja nur vom Hörensagen. Zu meiner Studienzeit dann der
neue Abolitionismus, von Euch eben. Klang gut, was Roth, Singer, Marko-
witsch so sagten. Irgendwie human diese Ansicht, daß die Verbrecher nichts
dafür können, daß sie Verbrecher sind. Das hatten die Sozialdeterministen
auch gesagt, deswegen Sozialarbeit. Jetzt eben Krankheit, Hirnschäden,
deswegen Medizinarbeit. Strafrecht ist inhuman, also weg damit, weg mit
dem Richten und Bestrafen, weg mit dem Strafgesetzbuch, weg mit der
Frage nach Recht und Unrecht. Dafür Diagnose und Therapie. Anstelle von
Strafrecht – Psychiatrie und Neurobiologie.
– Stimmt, Reckenwitz! – Mauritius spülte den letzten Happen Curry-
wurst mit dem verbleibenden Latte runter – Wir waren die Könige. Neuro-
biologie als neue Fundamentaldisziplin. Ist ja auch so gekommen. Euer
Wo kein Wille, da kein Recht? 337

Rechtssystem ist fort, sang- und klanglos untergegangen. Ihr wart eben
nicht wissenschaftlich. Bei Euch wußte man nie, was rauskommen würde
bei der Interpretation der Gesetze. Unberechenbare Urteile, zwei Juristen,
drei Meinungen, so hieß das doch. Mit dieser Unsicherheit mußte es doch
ein Ende haben. Einmal gab es fünf Jahre, ein andermal drei Jahre, oder gar
Freispruch, oder zehn Jahre, je nachdem, ob fahrlässig, halb fahrlässig, ab-
sichtlich, betrunken, halb betrunken jemand einen anderen um die Ecke
brachte. Und je nachdem, ob das in Frankfurt, München oder Münster-
Sarmsheim passierte. Oder diese Vergewaltigungen, was habt Ihr Juristen
da ein Theater gemacht – wir haben aufgeräumt. Die Hirnforschung hat das
Rechtssystem auf eine objektive Grundlage gestellt und es damit unnötig ge-
macht. Wissenschaftliche Maßnahmen – das ist human, weil wahr. Wir stel-
len Diagnosen und machen keine unsicheren Urteile. Die Menschen sind
wie sie sind. Sie haben keine Wahl, so oder anders zu handeln. Keiner ist
verantwortlich, es steht ja alles in seinem Hirn. Und wir können das Hirn
lesen. Inzwischen besser als jemals zuvor. Recht ist da ein romantisches
Herumstochern in der Wirklichkeit und in irgendwelchen Gesetzestexten.
Daraus konnte nichts werden. Unwissenschaftlich eben. Körperbezogener
therapeutischer Maßnahmevollzug, Sicherung, Gerhard-Roth-Boulevard
eben. Tolle Sache.
*
Die Spritze tat nicht weh. Darauf wurde immer sehr geachtet. Nur kein
Schmerz. Hubert Nickel sah die Medizintechnische Angestellte an. Makel-
lose Augen, blau wie das Meer, das er allerdings nie wieder in seinem Leben
sehen würde, Haut wie Alabaster, halblange gelbe Haare, der anthrazitfar-
bene Overall schmiegte sich eng an den perfekten Körper. Ob die MA echt
war? Er wußte ja selbst nicht mehr, was wie wo an ihm echt war. Die Sprit-
zen machten etwas mit ihm. Im Hirn. Sie hatten es ihm erklärt, vor längerer
Zeit. Er hatte es kaum, eigentlich gar nicht verstanden. Irgendwo lagen
riesige Fabriken, in denen die Spritzen hergestellt wurden. Neulich gab es
Lieferschwierigkeiten, irgend etwas stimmte nicht. Doch das hatte keine Be-
deutung für ihn.
*
– Naja, Reckenwitz, das ist eben der totale Sieg. Was hat es nicht für Skep-
tiker gegeben damals. Zum Totlachen! Da hatten doch sogenannte Wissen-
schaftshistoriker tatsächlich behauptet, unser Super-Hirndeterminismuspa-
radigma sei ein alter Hut. Hätte es alles schon gegeben. Irgendwie im
19. Jahrhundert. W e e e n interessiert das? Konnte auch nur ein Historiker
drauf kommen – gibt ja Gott sei dank diese verstaubten Besserwisser nicht
mehr, heutzutage: Urin und Niere stehen im selben Verhältnis wie Gedan-
ken und Gehirn. Nur weil das irgendwelche Materialisten schon achtzehn-
hundertschnee gesehen haben, faselte in einem Seminar so ein Historiker
von – wen wundert’s – Historisierung. Als ob die Wahrheit irgendwie ge-
338 Rainer Maria Kiesow

schichtlich wäre. Wahrheit ist Wahrheit. Punkt! Gegen Wahrheit zu sein ist
dumm. Ein Zeichen von Dummheit. Da muß man eine Spritze geben. Dann
sind die Gedanken wieder in der Reihe. Was wir uns damals alles anhören
mußten, von diesen Historikern, Philosophen und sogenannten Intellek-
tuellen. Alles Phantasten. Konnten natürlich nicht anders die Leute. Hatten
ja auch keinen freien Willen diese Menschen. Aber eben Hirnfehler. Haben
zwar keine kleinen Mädchen umgebracht, dafür aber Unsinn geredet. Ha-
ben halt gesagt, was sie sagen mußten. Eben wie Woyzeck, der an die Wand
pissen mußte. Meine Lieblingsstelle: „Aber, Herr Doktor, wenn einem die
Natur kommt“. An die Wahrheit glauben – die Spritze tut gar nicht weh.
Klappt in 99,9 Prozent der Fälle, hab’ ich im Lebensmagazin gelesen.
– Mauritius, regen Sie sich doch nicht auf! Sie haben gewonnen. Längst.
Als ich in einem rechtshistorischen Seminar das erste Mal vom Ignorabimus
des Emil Du Bois-Reymond gehört habe, wir über die Grenzen der Natur-
erkenntnis und die Krise des Positivismus diskutierten, da war es schon zu
spät. Alle Geistestätigkeit, alles Handeln, jeder Wille war in den Windungen
des Cerebralen gefangen. Da gab es kein Entrinnen. Irgendeiner sagte zwar
noch, man müsse dem Leben und nicht dem Labor gerecht werden, doch
wenn das Leben nur aus dem Labor ermittelbar war, ja wenn das Leben sei-
nen Sitz im Gehirnlabor fand, dann waren das eben nur fromme Wünsche.
Der Mensch ist auch nur ein Tier, ein Stück fleischgewordener Natur. – Ich
glaube, Ihr Cerebrellum-Stick ist verrutscht.
– Danke, Reckenwitz, danke!
*
– Das Individuum erodiert! Der freie Wille hat abgedankt, der willenlose
Hirnapparat herrscht, es gibt kein Recht mehr! …
Kevin Zarotzki, Kampfname: Quilt, hält eine Rede in einem Keller der
Kamus-Gasse, die Autoritäten sind inzwischen derart ungebildet, daß ih-
nen dieser, Albert Camus nur leicht verfremdende Name durch die Erin-
nerungsverbotslappen gegangen ist.
… Widerstand, wir müssen Widerstand leisten! Mit dem Gehirn, mit unse-
ren Gedanken! Ich habe einen alten Film gefunden mit Wolf Singer und
Gerhard Roth – da werden sie als die beiden Hauptmatadore auf Seiten des
damals jüngsten naturalistic turn in Sachen Willen vorgestellt. Da kann man
sehen, wie unsicher, fragil damals noch alles war. Wie Singer in Frankfurt
den freien Willen in Frage stellt: Den einen Beweger in unserem Kopf, das
eine Ich gibt es nicht, ein dezentrales Netzwerk regiert unser Handeln.
Aber, und das ist aufregend, er sagt in dem Film auch: Wir wissen noch
nicht so genau, wie das im einzelnen funktioniert. Singer bleibt bei allem
Naturalismus skeptisch. Davon wird uns heute nichts mehr gesagt. Gerhard
Roth dagegen ist keine Überraschung. Er redet über die Folgen neurobio-
logischer Forschung für das Verständnis von Schuld und Strafe (Entmorali-
Wo kein Wille, da kein Recht? 339

sierung des Rechts: Ist unser Strafrecht veraltet?). Denn, wenn der Wille nicht
frei ist, dann kann auch nicht von Verantwortung und Schuld gesprochen
werden. Der Mörder muß morden, ob er will oder nicht. Roth breitet das
aus, was wir heute noch von ihm in den ständigen Wiederauflagen lesen
können: „Jeder Mensch handelt so, wie seine Persönlichkeit – bestimmt
durch Gene, Hirnentwicklung, frühkindliche Erfahrung und spätere Sozia-
lisierung – es vorschreibt.“ Determinismus also, Motiv-Determinismus.
„Alle pädophilen Mörder haben schwere Hirnschäden“. Von Schuld könne
hier nicht gesprochen werden, da die Möglichkeit des „Anders-Handeln-
Könnens“ nicht gegeben sei. Denn wo kein freier Wille, da ist auch keine
Schuld. Roth weiß es genau, immer der Gestus absoluten Wissens: „Wir ha-
ben das ganz genau untersucht“. „Wir wissen jetzt“. „Keine Zweifel“. Ir-
gendein Philosoph taucht auch auf in dem Film. Der weiß es auch ganz ge-
nau, insbesondere, wie es um die Freiheit des Willens steht. Und daß die
Idee der Willensfreiheit nur dazu diente, die philosophischen Lehrstühle der
damaligen Republik zu erhalten, und deshalb dort die neuen Beweise der
Neurowissenschaften ignoriert würden. Denn, wo kein freier Wille, da ist
auch kein Kant. Und wo kein Kant, da ist auch keine Philosophie. Und wo
keine Philosophie, da sind auch keine Philosophieprofessoren. Dann müß-
ten die ja wieder Taxi fahren. Und das können die natürlich nicht wollen.
Jetzt gibt es keine Philosophen mehr. Alles aufgegangen in einem Fach:
Neurologie …
Die sieben Zuhörer hören Quilt aufmerksam zu. Ein versprengtes Häuf-
lein. Eine Zelle des Widerstands gegen das herrschende Hirnsystem. Es
soll noch andere Gruppen geben. Kontakt bestand bislang nicht.
… In dem Film reden noch sogenannte Juristen. Das müßtet Ihr sehen und
hören. Ich weiß gar nicht so genau, was das ist, ein Jurist. Muß irgendwie
mit Recht zusammenhängen. Von alldem hört man heutzutage nichts, gar
nichts! Einer dieser Juristen, wirklich ein komisches Wort, sagt, daß das
Strafrecht es nicht mit unumstößlichen essentialistischen Wahrheiten zu tun
hat – also schon deshalb einen ganz anderen Horizont besitzt als die Natur-
wissenschaften –, sondern Personen Verantwortung für ihr Handeln zu-
schreibt. Der Annahme oder Ablehnung einer Willensfreiheit bedarf es für
diese Zuschreibung gar nicht. – Darüber muß ich noch nachdenken, so ganz
kapier’ ich das nicht, klingt aber gut für uns. Scheiße, man müßte echt wis-
sen, was ein Jurist ist! – Ein anderer Jurist, fetter Typ Unsympath, sagt erst-
mal: „Jeder Mensch ist ein potentieller Verbrecher“. Das klingt irgendwie
schon nach heute. Doch bei genauerem Nachdenken – Nachdenken, Leute,
das isses, Denken! – ist dieser Satz der entscheidende Satz, der uns heute
fehlt. Also, peilt mal scharf! Denn in der Möglichkeitsbehauptung steckt die
Freiheit, die der naturalistische Determinismus uns ausgetrieben hat. Der
Stachel der Skepsis muß wieder stechen. Von wegen „Unsinnigkeit“ der
340 Rainer Maria Kiesow

Annahme von Willensfreiheit! Was wissen wir eigentlich? Angesichts der


Komplexität der Hirn-Sache doch immer noch fast nichts! Heute tun wir
nur so, die Mächtigen sagen uns, sie wissen es – damit sie herrschen kön-
nen. Die Moral gehört zum limbischen System – ja und? Was bedeuten denn
die feuernden Neuronen und flackernden Synapsen? Und ist das nicht alles
Induktion? Denken, Leute, Deeeee-nk-en! Alle Schwäne sind weiß, bis ein-
mal ein schwarzer auftaucht. Abgesehen davon, daß aus den Apparaturen
herauskommt, was man vorher hineingesteckt hat. Bildgebende Verfahren
in den Neurowissenschaften – die Bilder werden von den Rechnern errech-
net, was hinter den Rechnungen der Rechner wirklich steckt – wer weiß?
Na klar: die Macht, der Überstaat, die Wahrheitsscheiße, Unfreiheit. Immer
wieder müssen wir uns fragen: Was bedeutet das eigentlich? Und daß es den
freien Willen nicht gibt – das muß erst einmal einer beweisen und der Beweis
nicht nur behauptet werden. Doch wie soll die Nichtexistenz von etwas
überhaupt bewiesen werden? Deeeee-nk-en! Und immer wieder: Komplexi-
tät des Hirnlebens, das sich einer sicheren Beschreibung entzieht. Reden wir
nicht vom Verstehen. Also, die Juristen, Teufel noch mal, waren gut. Einer
meinte noch: Die Annahme eines freien Willens ist eine historische Gegeben-
heit. Dann aber – Leute, ihr wißt schon, Selbst-Denken! – ist die Annahme
der Willenlosigkeit genauso der vergänglichen Geschichte ausgesetzt. … Ju-
ristentum, keine Ahnung, wie das heißt, was die Juristen machen, hat aber
wohl was mit Recht zu tun, das haben wir aber auch nicht mehr, also viel-
leicht Rechttum? Ach fucking Scheiße – wir brauchen diese Kerle: Juristen!

Den Zellengliedern wurde es ganz schummerig zumute. Soviel Nach-


denken war zuviel auf einmal. Normalerweise dachte, wenn man das
überhaupt so ausdrücken wollte, das Gehirn für sie. Jetzt sollten sie
plötzlich selbst aktiv mitdenken. Die schöne Zorinke unterbrach den
Redner:

– Hey Quilty-boy, mal langsam. Das ist ja das reinste Gehirnjogging, Stufe 8
plus. Ich hab neulich auch so einen Jurist gesehen, im Café. Alter Mann mit
Althirn. Der hat was von Strafrecht und Zivil(kann das sein?)Recht geredet.
Hab nicht alles verstanden, ist auch nicht immer so gut zu hören, und es
gibt Lücken, interferierende Kellner und so, eigentlich alles nur Bruchstü-
cke, aber mein Cerebrellum-Stick hat’s registriert …

Mauritius, ich sage Ihnen neuromäßig gesehen, Greisenhaftigkeit des


Strafrechts? Nun, für den Abolitionismus gibt es viele und auch gute
Gründe. Daß zum Beispiel eine Vielzahl von Eigentumsdelikten nicht
unbedingt in den Apparat des Strafens, sondern vielleicht eher in einen
Apparat pekuniärer Kompensation gehört hätten, ließ sich hören. Für
den Abolitionismus naturwissenschaftlicher Provin … nicht den
Grund, den deren Vertreter superüberzeugt anführten … Beweis, daß
Wo kein Wille, da kein Recht? 341

der freie Wille nicht ist. Recht … Zweifel, Auslegungen, Interpretatio-


nen. Daraus resultieren Zurechnungen, die menschengemacht sind.
Was angeblich naturgemachte Sicherheiten ausrichten würden ist nicht
ausgemacht. Ob es humaner ist, Gesetzesbrecher in die Fänge des me-
dizinal-therapeutischen Komplex’ zu geben als ins Gefängnis zu ste-
cken, war damals sehr die Frage. Heute sehen wir’s: Einem Sein kann
man nicht entrinnen, die Therapie wird zum fragelosen, rettungslosen
Dasein … therapeutische Menschenzurichtungsmaschinenparks …
Fehlanzeige … elektronische Agenten und Menschenaffen … Teubner,
war ein Superrechtsdenker, hat geahnt, daß die hybriden Nicht- oder
besser Zwischenmenschakteure vielleicht nicht unter menschliche
Kontrolle zu halten sind … Kommunikations- und Verantwortungsfä-
higkeit zahlloser nicht-menschlicher Wesen in der Welt des Rechts …
Personen sind Masken … soziale Zuschreibung … rätselhafte juristi-
sche Person … Willenserklärungen von Maschinen … Entscheidung …
Zurechnung … Verstehen … diskursive Unordnung … Pluralismus der
Sprachspiele … hochfragmentiertes Dasein in der Gesellschaft … Wi-
derspenstigkeit … Recht jedenfalls ist prekär, unsicher, revisionsfähig,
interpretationsbedürftig. Darin liegt sein Menschenmaß. Mörder, Pä-
dophile, Vergewaltiger traten nicht massenhaft … in Massen schlossen
wir Verträge. Kaufverträge, Mietverträge, Arbeitsverträge. Ein Vertrag
besteht typischerweise aus zwei übereinstimmenden Willenserklärun-
gen. Erstes Semester. BGB , Allgemeiner Teil … ultramoderne Hirnfor-
schung … willensmäßig … das völlig altmodische Zivilrecht? … Di-
mensionen ganz andere als bei ein paar Mördern … Zivilrecht – das
wissen wir Juristen – ist ziemlich kompliziert … Antworten des Neu-
rorechts … Privatrecht abschaffen. Wo kein Wille, da kein Recht … Le-
gal, illegal, scheißegal!

… Muß irgendwie ein cooler Spruch gewesen sein, früher, versteh’s aber
nicht ganz. Du Quilty?
– Nee, so ganz auch nicht. Legal, illegal? Was’n das für ’ne Sprache?
*
Liebesagentur Amorfix, Wolf-Singer-Platz. Eugenia, man sieht jetzt im-
mer häufiger diese Plastikfrauen, sitzt vor dem gläsernen Panel, 10 Meter
breit, fünf Meter hoch. Immer wieder flackern verschiedenste Symbole in
verschiedensten Farben. Wieder haben sich zwei gefunden. Einfach so. Die
Scanner sind ziemlich präzise geworden. Enttäuschungen gibt es fast keine
mehr, und wenn doch, wird ausgetauscht. Auch einfach so. Wille ist übri-
gens immer da, allerdings cerebraldeterminiert, Gefühlszentrum. Da gibt
es auch mal Zufälle, aber keinen freien Willen. Die bürgerliche Ehe, die
bürgerliche Scheidung, die bürgerliche Wiederverheiratung, alle diese Pri-
vatrechte, Familienrecht nannte man so was einst – nicht mehr nötig. Es
342 Rainer Maria Kiesow

kommt nun zusammen, was zusammengehört. Pure Faktizität, keine Gel-


tung. Und wenn einer abweicht, etwas will, was der andere gerade nicht
will, jedenfalls nicht so richtig, oder nicht gleich, später, oder anders – dann
bleibt immer der Gerhard-Roth-Boulevard. Da wird gespritzt.
*
– Na, Reckenwitz, wollen wir mal langsam gehen?
– Was ist denn das für ein archaischer Fragestil: Woll-llen wir? Nix wol-
len wir. Das haben Sie doch mitverantwortet, lieber Mauritius. Jetzt tun
Sie nicht so, als ob wir uns frei entschließen oder darauf einigen könnten, zu
gehen. Gehen oder nicht gehen ist die Frage. Was wir wollen ist egal.
– Na denn, Reckenwitz, bis irgendwann mal. Wird schon klappen. Wer-
den schon aufeinandertreffen. Das mit dem Recht müssen Sie mir noch wei-
ter erklären. Beim letzten Mal hatten Sie etwas von abweichenden Meinun-
gen erzählt. Das ist mir ganz schleierhaft geblieben. Ab-wei-chen-de
Meinung – so etwas kann gar nicht im Kopf sein. Es ist, wie es ist. Das isses.
Sein, nicht Meinung zählt. Also, nichts für ungut, mein Lieber. Man sieht
sich.
*
Nichts zu machen! Diesmal war Spiegel selbst gekommen. Er setzte die
Spritze, Modell Finis. Hubert Nickel ergab sich in sein Schicksal. Da war
nun wirklich – nichts zu machen!
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung
und „soziologische Jurisprudenz“

Peter Korth

„Soll es Aufgabe der Rechtsdogmatik bleiben, „Gerechtigkeitsfragen


in ihren Einzelbereichen juristisch operational zu machen“ [1], müsste sie (…)
gesellschaftsadäquate Begriffe formulieren können.“ 2

I.
Diese Worte Luhmanns enthalten in einer Formel das Gerüst des Pro-
gramms einer „soziologischen Jurisprudenz“, wie sie von Teubner seit Jah-
ren mit großem Erfolg betrieben wird. Dieses Programm baut in aller Kürze
auf zwei Kernthesen auf, welche Teubner auf seine Interpretation des Luh-
mannschen (juridischen) Gerechtigkeitsbegriffs stützen kann. 3 Erstens: Will
das Recht vermeiden, seiner Umwelt – und damit auf lange Sicht sich selbst –
ernste Schäden zuzufügen, kann es sich nicht allein darauf beschränken, die
von ihm zu entscheidenden gesellschaftlichen Konflikte in seiner eigenen,
insbesondere aus rechtsdogmatischen Figuren bestehenden Sprache zu re-
konstruieren und die Konflikte blind seiner Eigenlogik, seiner Grammatik
zu unterstellen. Das Recht muss sich darum bemühen, die in seiner Umge-
bung gesprochenen Dialekte zu verstehen, um die Gefahr, dass es Entschei-
dungen produziert, die aus der Perspektive der betroffenen Umweltsysteme
willkürlich erscheinen, zu reduzieren. Und zweitens: Die zu fordernde Um-
weltsensibilität des Rechts darf nicht dahin missverstanden werden, dass die
Ergebnisse, die aus der Analyse der den Rechtsfällen zugrunde liegenden
gesellschaftlichen Konflikte zu gewinnen sind, ungefiltert zu den Entschei-
dungsgrundlagen des Rechts werden. „Soziologische Jurisprudenz“ bedeu-
tet also nicht, dass sich das Recht den Eigenrationalitäten seiner Umwelt un-
terwerfen soll. Die vom Recht zu formulierenden „gesellschaftsadäquaten
Begriffe“ müssen seiner eigenen Sprache entstammen, müssen rechtsdog-
1 Esser AcP 172 (1972), 113.
2 Luhmann Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S. 50.
3 Vgl. zu dieser Interpretation Teubner Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg) Integratives

Verstehen, 2005, S. 201 f. (Doppelanforderung der „Kontingenzformel“ Gerechtigkeit: in-


nere Konsistenz plus Responsivität gegenüber gesellschaftlichen Anforderungen).
344 Peter Korth

matische Begriffe bleiben. Nur so bleibt die innere Konsistenz des Rechts
sichergestellt, nur so kann dem für das moderne Rechtssystem fundamenta-
len Postulat, gleiche Fälle gleich und ungleiche Fälle ungleich zu behandeln,
Rechnung getragen werden.
Wie kann eine so verstandene „soziologische Jurisprudenz“ konkret aus-
sehen? Ich möchte versuchen, ihre Ergiebigkeit anhand der Erörterung der
Probleme aufzuzeigen, die sich stellen, wenn über die quasi-vertragliche
Haftung eines nach außen hin als neutral und unabhängig auftretenden
Experten gegenüber solchen Personen zu entscheiden ist, die in keiner Ver-
tragsbeziehung zu dem Experten stehen und die auf Grundlage der Ex-
pertise Vermögensdispositionen treffen, obwohl ihre Interessenlage im Hin-
blick auf das Ergebnis der Expertise derjenigen des Auftraggebers des
Experten gegenläufig ist („Gutachterfälle“). Die Wahl dieses Themas hat
zwei Gründe. Zum einen eröffnet die Lokalisierung der Gutachterfälle im
„Niemandsland zwischen Vertrag und Delikt“ 4 einen weiten Raum für „so-
ziologische Jurisprudenz“ – die Fälle lassen sich nicht durch schlichte Sub-
sumtion unter gesetzliche Bestimmungen lösen. Zum anderen kann ich an
Gedanken anknüpfen, die Teubner in einer seiner mE beeindruckendsten
rechtsdogmatisch orientierten Publikationen niedergelegt hat: in dem im
Jahr 2005 erschienenen Aufsatz mit dem Titel „Expertise als soziale Institu-
tion“ 5.

II.
Der BGH musste vor fünf Jahren einen Fall entscheiden, in dem der Klä-
ger den Beklagten, der sich als Sachverständiger mit der Bewertung von
Grundstücken befasste, auf Schadensersatz wegen einer unrichtigen, im Er-
gebnis zu hohen Wertangabe für ein Grundstück in Anspruch nahm. 6 Die-
ses Begehren basierte auf folgendem Sachverhalt: Der Beklagte hatte auf
Grundlage eines mit A abgeschlossenen Vertrags ein Gutachten erstellt, in
welchem er den Verkehrswert eines im Eigentum einer anderen Person ste-
henden Grundstücks mit 11.700.000,– DM bewertete. Seinem Inhalt zu-
folge war Gegenstand des Wertgutachtens das Grundstück nebst Erschlie-
ßung und aufstehenden Gebäuden zum Zeitpunkt der Begutachtung.
Tatsächlich war der im Gutachten angegebene Wert des Grundstücks jedoch
unter Zugrundelegung der durch A nach dem geplanten Erwerb des Grund-
stücks in Aussicht genommenen Nutzungsänderung ermittelt worden. In

4 Hopt AcP 183 (1983), 610.


5 Teubner Expertise als soziale Institution, in: Brüggemeier (Hg) Liber Amicorum Eike
Schmidt, 2005, S. 303–334.
6 BGHZ 159, 1.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 345

dem Gutachten war vermerkt, dass es für Planungs- und Finanzierungszwe-


cke benötigt werde. In ihm wurde weiter darauf hingewiesen, dass es nur
für den Auftraggeber und nur für den angegebenen Zweck bestimmt sei.
Nach der Erstellung des Gutachtens wurde das bewertete Grundstück mit
einer Grundschuld über 10 Mio. DM zugunsten von A belastet. In der Fol-
gezeit vertrieb A eine Anleihe im Gesamtnennbetrag von 10 Mio. DM . Im
Emissionsprospekt warb A damit, dass die Anleihe durch Grundpfand-
rechte gesichert sei. Die von den Zeichnern der Anleihe zu überweisenden
Beträge sollten A zur Investition in Bauprojekte dienen. Der Kläger erwarb
Obligationsscheine mit einem Nennwert von 30.000,– DM . Da A keine
Bankerlaubnis hatte, untersagte das Bundesamt für Kreditwesen den Ver-
kauf der Anleihen. A verpflichtete sich daraufhin dem Kläger gegenüber,
das eingezahlte Kapital zuzüglich vereinbarter Zinsen zurückzuzahlen. A
konnte diese Verpflichtung in der Folgezeit nicht erfüllen und ging in Kon-
kurs. Der Kläger machte daher gegenüber dem Beklagten Schadensersatz in
Höhe des Betrags seines Forderungsausfalls geltend.

III.
Welche materiale Erwägung stützt den geltend gemachten Anspruch?
Muss vom Beklagten nicht erfolgreich geltend gemacht werden können,
dass er bei Zubilligung des Schadensersatzanspruchs einer geradezu ufer-
losen Haftung ausgesetzt wäre? Denn unterstellt, dass die Anleihe vollum-
fänglich platziert wurde und dass die Anleger – wie der Kläger – im Mittel-
wert 30.000,– DM angelegt haben, sähe sich der Beklagte 333 potentiellen
Schadensersatzgläubigern gegenüber. Aber kommt es auf diese Überlegung
überhaupt an? Muss die Klage nicht schon deswegen scheitern, weil in dem
Gutachten darauf hingewiesen wurde, dass es nur für den Auftraggeber be-
stimmt sei?
1. Um den gesellschaftlichen Konflikt, welcher die Gutachterfälle kenn-
zeichnet, zu dem Zweck zu identifizieren, den materialen Grund der quasi-
vertraglichen Expertendritthaftung benennen zu können, muss man sehen,
dass der Experte mit der Erbringung seiner Leistung – dem Erstellen und
Inverkehrbringen der Expertise – Beteiligter eines multipolaren Interak-
tionssystems 7 wird. In den Grundkonstellationen der Gutachterfälle setzt
sich dieses Interaktionssystem aus drei Personen zusammen: aus dem Ex-

7 Der Begriff des Interaktionssystems wird hier nicht im Sinne der Systemtheorie, son-

dern untechnisch als Synonym für „Interaktionsgeflecht“ gebraucht. Vgl. zu dem entschei-
dend über die Anwesenheit der Interaktionsbeteiligten definierten Begriff des Interaktions-
systems im Sinne der Systemtheorie Luhmann Interaktion, Organisation, Gesellschaft, in:
ders. Soziologische Aufklärung 2, 5. Aufl. 2005, S. 10.
346 Peter Korth

perten, dessen Auftraggeber und dem Dritten, der auf Grundlage der Ex-
pertise entscheidet, ob und zu welchen Konditionen er in eine Vertragsbe-
ziehung zum Auftraggeber des Experten treten soll. In den komplizierteren
Varianten treten weitere Personen hinzu, etwa dann, wenn, wie in unserem
Ausgangsfall, mehrere Kreditgeber mit dem Auftraggeber des Experten
kontrahieren.
In dieser Multipolarität der Interaktionsbeziehung liegt der Schlüssel zum
Verständnis des hinter den Gutachterfällen stehenden gesellschaftlichen
Konflikts. Denn das Interaktionssystem ist in dem Sinne asymmetrisch,
dass der Interaktion im Verhältnis zwischen dem Experten und dem Auf-
traggeber sowie im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten
eine Vertrags- bzw. Vertragsanbahnungsbeziehung, im Verhältnis zwischen
dem Experten und dem Dritten hingegen nur eine faktische Leistungsbezie-
hung zugrunde liegt. Diese Asymmetrie begründet die Gefahr, dass der Ex-
perte entgegen seiner Selbstdarstellung als neutral und unabhängig die Inte-
ressen seines Auftraggebers im Verhältnis zu den gegenläufigen Interessen
des Dritten bei der Erstellung der Expertise stärker gewichtet, gerade weil
ihn mit dem Auftraggeber ein Band – der Vertrag – verbindet, das stabiler
als das Band ist, welches zwischen ihm und dem Dritten gespannt ist – die
faktische Leistungsbeziehung. Durch die Statuierung quasi-vertraglicher
Pflichten im Verhältnis zwischen dem Experten und dem Dritten wird die
Pflichtenbindung des Experten re-symmetrisiert mit der Folge, dass der
Experte zur Vermeidung der Schadensersatzhaftung das tun muss, was er
durch seine Selbstdarstellung signalisiert hat: Er muss die ihm gestellte
Fachfrage nach bestem Wissen unparteiisch-neutral beantworten. Die These
ist also, dass der materiale Grund der quasi-vertraglichen Expertendritthaf-
tung in dem Gedanken der Kompensation der in Ermangelung einer sol-
chen Haftung nur einseitig bestehenden und in diesem Sinne asymmetri-
schen Pflichtenbindung des Experten liegt.
Im Ergebnis ähnlich haben in der bisherigen Diskussion der Gutachter-
fälle Köndgen 8, Krebs 9 und Schäfer 10 dafür plädiert, die Funktion der quasi-
vertraglichen Expertendritthaftung darin zu sehen, die Neutralität des Ex-
perten bei der Expertisenerstellung sicherzustellen. Wissenschaftlich am
eindrücklichsten, weil aufbauend auf einer umfassend begründeten rechts-
und vertragstheoretischen Grundlage – der Theorie von den drei Vertrags-
welten 11 –, hat freilich Teubner eine entsprechende Position formuliert.12

8 Köndgen Die Einbeziehung Dritter in den Vertrag, in: Karlsruher Forum 1998, 1999,

S. 46 f.
9 Krebs Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S. 388.
10 Schäfer AcP 202 (2002), S. 829.
11 Zusammenfassend hierzu Teubner RJ 17 (1998), S. 244.
12 Teubner (Fn. 5), S. 325.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 347

Wichtig für ein richtiges Verständnis der hier vertretenen Auffassung ist,
dass der Kompensationsmechanismus „quasi-vertragliche Expertendritthaf-
tung“ gerade in denjenigen Fällen besonders geeignet ist, die Neutralität des
Experten sicherzustellen, in denen diese genau deswegen gefährdet ist, weil
zwischen dem Experten und dem Auftraggeber eine auf die Erstellung der
Expertise gerichtete und besondere Loyalitätspflichten auslösende recht-
liche Sonderverbindung besteht. Es wird also nicht gesagt, dass die quasi-
vertragliche Dritthaftung auch dann zum Tragen kommen soll, wenn sich
der Experte in Interessenkonflikten anderer Art befindet, die seine Neutra-
lität ebenfalls beeinträchtigen können.13
2. Welchen Dritten gegenüber aber haftet der Experte? Die Antwort fällt
dann nicht schwer, wenn sich sowohl der Experte als auch die Personen, die
bei einer Transaktion auf Grundlage der Expertise Vermögensdispositionen
treffen, ausdrücklich oder stillschweigend darüber einig sind, dass sie zum
Teilnehmerkreis des multipolaren Interaktionssystems zählen, in das der
Experte mit dem Erstellen und Inverkehrbringen der Expertise eingetreten
ist. Dann ist diese Übereinkunft maßgebend.14 Das Interaktionssystem
selbst legt fest, wer ihm angehört, und es besteht kein Grund, diese auto-
nome Bestimmung durch eine heteronome zu ersetzen.15 Wenn also der
Auftraggeber den Experten damit beauftragt, ein Grundstückswertgutach-
ten zum Zweck des Grundstücksverkaufs zu erstellen, und dem Experten
mitteilt, dass der Käufer beabsichtigt, den Kaufpreis über die Aufnahme
eines Darlehens zu finanzieren, das über eine Grundschuld an dem zu be-
wertenden Grundstück gesichert werden soll, steht der Experte in einer
quasi-vertraglichen Sonderverbindung zum Grundstückskäufer und zum
Darlehensgeber.
Ähnlich klar lassen sich die über die quasi-vertragliche Dritthaftung des
Experten zu schützenden Personen identifizieren, wenn der Experte zwar
nicht ausdrücklich und detailliert auf den Verwendungszweck des Gutach-
tens hingewiesen wird, der Kreis der Projektbeteiligten sich aber im Sinne
einer stillschweigenden Übereinkunft ohne weiteres aus den Gesamtum-

13 So ist zB die quasi-vertragliche Haftung eines Börsenanalysten gegenüber einem An-

leger, der aufgrund einer fehlerhaften Analyse eine nachteilige Investition in das analysierte
Finanzinstrument unternommen hat, für den Regelfall, in dem der Börsenanalyst nicht
aufgrund eines Vertragsverhältnisses zwischen ihm bzw. der ihn beschäftigenden Invest-
mentbank und dem Emittenten des in Rede stehenden Finanzinstruments tätig wird, ab-
zulehnen.
14 Das dürfte vom Ausgangspunkt her auch den Positionen von Teubner (Fn. 5), S. 330,

Canaris ZHR 163 (1999), 235 und 237, und Picker Gutachterhaftung, in: Beuthien/Fuchs/
Roth/Schiemann/Wacke (Hg) Festschrift für Dieter Medicus, 1999, S. 444, entsprechen, die
sich für eine Haftung gegenüber den „Projektbeteiligten“ aussprechen.
15 Vgl. zur autonomen Bestimmung des Teilnehmerkreises einer Interaktion durch das

Interaktionssystem selbst Luhmann Soziale Systeme, 1984, S. 560.


348 Peter Korth

ständen ergibt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es zu einem Kon-
takt zwischen dem Experten und den Personen kommt, die neben dem Auf-
traggeber am Projekt beteiligt sind.16
Hinzuweisen ist darauf, dass der als neutral und unabhängig auftretende
Experte in beiden Konstellationen das Entstehen einer Sonderverbindung
zu allen Projektbeteiligten nachträglich nicht wirksam dadurch verhindern
kann, dass er in die Expertise wörtlich oder sinngemäß den Hinweis auf-
nimmt, das Gutachten sei nur für den Auftraggeber bestimmt. Denn durch
die Aufnahme eines solchen Hinweises verstößt der Experte gegen „funda-
mentale Kontinuitätserwartungen der Selbstdarstellung“ 17 mit der Folge,
dass der Hinweis aufgrund der Verletzung des Verbots des venire contra
factum proprium unbeachtlich ist.
Demgegenüber scheidet mangels einer Sonderverbindung die quasi-ver-
tragliche Expertendritthaftung zum ersten aus, wenn der Expertise nicht die
Funktion zukommt, auf konkrete Vertragsverhandlungen informierend und
entlastend einzuwirken. Unter diese Fallgruppe fallen Expertisen, die ohne
Bezug zu einem konkreten Projekt erstellt wurden. Hierher gehören ins-
besondere Bestätigungsvermerke von Abschlussprüfern im Rahmen von
Pflichtprüfungen nach §§ 316 ff. HGB , wenn die Prüfung des Jahresabschlus-
ses allein der Erfüllung der handelsrechtlichen Pflichten des Auftraggebers
diente.18 Dasselbe gilt zum zweiten, wenn die Expertise zwar mit Blick auf
eine bestimmte Transaktion erstellt wurde, die zu beurteilende Haftung des
Experten sich aber nicht auf diese Transaktion, sondern auf ein anderes
Projekt bezieht. Ein anderes Projekt liegt jedenfalls immer dann vor, wenn
der Auftraggeber des Experten an diesem gar nicht (mehr) beteiligt ist. Das
ist beispielsweise in der kontrovers diskutierten Konstellation der „mitwan-
dernden Kunstexpertise“ der Fall. Hier haftet der Experte nicht gegenüber
dem Zweiterwerber des Kunstwerks, also gegenüber der Person, die auf-
grund des in der Expertise falsch ausgewiesenen Werts des Kunstwerks
einen zu hohen Kaufpreis an denjenigen zahlt, der das Kunstwerk von dem
Auftraggeber des Experten erworben hat.19 Ein anderes Projekt liegt auch in
den Fällen des Missbrauchs der Expertise durch den Auftraggeber vor. Teilt
der Auftraggeber dem Experten etwa mit, das zu erstellende Grundstücks-

16 Auf die Kontaktaufnahme zwischen dem Experten und dem Dritten stellt etwa der
BGH in BGHZ 138, 257, ab.
17 AK- BGB -Teubner, 1980, § 242 Rn. 31.
18 Im Ergebnis ebenso Teubner (Fn. 5), S. 332; Canaris (Fn. 14), 233 f.; Krebs (Fn. 9),

S. 389.
19 Im Ergebnis ebenso Canaris (Fn. 14), 237; Krebs (Fn. 9), S. 388. Demgegenüber plä-

dieren Teubner (Fn. 5), S. 332, und Köndgen (Fn. 8), S. 44, bei entsprechenden Trans-
aktionsketten für eine quasi-vertragliche Haftung des Experten gegenüber dem Zweit-
erwerber, wenn sich das Haftungsrisiko des Experten im Vergleich zu dem Haftungsrisiko,
das der Experte gegenüber dem Ersterwerber des Kunstgegenstands trägt, betragsmäßig
nicht erhöht.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 349

wertgutachten solle im Rahmen von Verkaufsverhandlungen über das zu


bewertende Grundstück verwendet werden, nutzt er die Expertise aber an-
schließend zu Beleihungszwecken, haftet der Experte dem Kreditgeber ge-
genüber auch dann nicht, wenn sich der Zweck, zu dem der Experte die
Expertise erstellt hat, aus dieser nicht ergibt. 20
Die Ablehnung der Dritthaftung in den genannten Fallgruppen ist letzt-
lich eine Konsequenz aus den Überlegungen zum materialen Grund der
quasi-vertraglichen Expertendritthaftung. Kommt der Expertise von vorn-
herein nicht die Funktion zu, informierend und entlastend auf Vertragsver-
handlungen einzuwirken, besteht keine Situation, in der zu befürchten ist,
der Experte werde aufgrund seiner einseitigen Pflichtenbindung die Interes-
sen des Auftraggebers bei der Erstellung der Expertise stärker berücksichti-
gen als die Interessen des Dritten. Denn die Interessenlage eines seiner Rolle
im späteren Interaktionszusammenhang nach unbekannten Dritten kennt
der Experte nicht. Er kann sie daher auch nicht gegenüber der ihm im Hin-
blick auf die spätere Transaktion ebenfalls unklaren Interessenlage seines
Auftraggebers vernachlässigen. Größere Schwierigkeiten bereitet die mate-
riale Begründung dafür, dass der Experte in dem Fall der „mitwandernden
Kunstexpertise“ in keiner haftungsbegründenden Sonderverbindung zum
Zweiterwerber des begutachteten Kunstgegenstands steht. Denn der Zwei-
terwerber ist hier ebenso an einer Kompensation der neutralitätsgefährden-
den nur einseitigen Pflichtenbindung des Experten interessiert wie es in der
ersten Transaktion der Ersterwerber als Vertragspartner des Auftraggebers
war. Entscheidend gegen eine Haftung des Experten auch gegenüber dem
Zweiterwerber spricht in diesem Fall jedoch der Gedanke der Begrenzung
der Expertenhaftung nach dem Kriterium der Erforderlichkeit. Das Ziel der
Re-Symmetrisierung der Pflichtenbindung des Experten bei der Expertisen-
erstellung wird schon dadurch erreicht, dass dem Experten quasi-vertrag-
liche Pflichten gegenüber dem Ersterwerber auferlegt werden. Allein die
Gefahr der Haftung gegenüber dem Ersterwerber dürfte den Experten in al-
ler Regel schon dazu veranlassen, die Expertise neutral und unparteiisch zu
erstellen. Der Androhung einer Haftung auch gegenüber dem Zweiterwer-
ber käme insoweit kein oder jedenfalls nur ein kaum ins Gewicht fallender
zusätzlicher motivatorischer Effekt zu. In den Fällen der missbräuchlichen
Verwendung der Expertise schließlich ist für die Verneinung der quasi-ver-
traglichen Expertendritthaftung entscheidend, dass hier die Gefahr, dass der
Experte einseitig zugunsten seines Auftraggebers werten wird, deswegen
gering ist, weil der Experte aufgrund der ihm bekannten Projektbezogenheit
der Expertise zum Zeitpunkt der Ausübung seiner Tätigkeit damit rechnen

20 Im Ergebnis wie hier Köndgen Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S. 363. Demgegen-

über weisen Canaris (Fn. 14), S. 239, und Krebs (Fn. 9), S. 389, dem Gutachter das Risiko
der abredewidrigen Verwendung der Expertise zu.
350 Peter Korth

muss, denjenigen Dritten nach quasi-vertraglichen Maßstäben auf Scha-


densersatz zu haften, die seiner Vorstellung nach Projektbeteiligte sind, so-
dass einer Haftung gegenüber den tatsächlichen Transaktionsteilnehmern
keine weitergehende verhaltensregulierende Wirkung zukäme.
3. Das Problem der Drittwirkung von Einwendungen betrifft in den Gut-
achterfällen typischerweise drei Konstellationen: Der Experte macht gel-
tend, ihn treffe im Verhältnis zum Dritten keine oder jedenfalls nur eine
verminderte Schadensersatzpflicht, weil (a) die Fehlerhaftigkeit der Exper-
tise wesentlich darauf zurückzuführen sei, dass der Auftraggeber im Zu-
sammenhang mit der Expertisenerstellung falsche oder unvollständige
Informationen mitgeteilt habe, die Entstehung des Schadens also vom Auf-
traggeber mitverschuldet worden sei, (b) er mit dem Auftraggeber verein-
bart habe, dass er wegen einer Mangelhaftigkeit der von ihm erbrachten
Leistung Dritten nicht hafte, oder (c) in seinem Vertrag mit dem Auftrag-
geber niedergelegt sei, dass er für eine fehlerhafte Expertise generell, dh so-
wohl dem Auftraggeber als auch Dritten gegenüber, rechtlich nicht einzu-
stehen habe, wenn die Fehlerhaftigkeit lediglich auf einfacher Fahrlässigkeit
beruht.
Dass die beiden erstgenannten Einwendungen keine Drittwirkung entfal-
ten können, liegt auf der Hand, wenn man dem hier unterbreiteten Vor-
schlag folgt, den materialen Grund der quasi-vertraglichen Expertendritt-
haftung in dem Gedanken der Kompensation der neutralitätsgefährdenden
lediglich einseitigen Pflichtenbindung des Experten zu sehen. Dieses Dritt-
haftungsmodell würde ad absurdum geführt, wenn dem Mitverschuldens-
einwand Drittwirkung zugemessen werden würde. Denn die Konsequenz
wäre, dass man den quasi-vertraglichen Schadensersatzanspruch gerade in
den Fällen ganz absprechen müsste, in denen der Experte die von ihm auf-
grund seines Auftretens erwartete Unabhängigkeit und Neutralität bei der
Erstellung der Expertise in besonders starker Form verletzt – in den Fällen
des kollusiven Zusammenwirkens des Experten und des Auftraggebers zum
Schaden des Dritten. 21 Weiter können der Experte und der Auftraggeber
ganz allgemein, dh unabhängig davon, ob eine solche Abrede im Einzelfall
gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig oder nach §§ 307 ff. BGB unwirksam ist,
nicht mit Drittwirkung vereinbaren, dass der Experte wegen der Fehlerhaf-
tigkeit der Expertise nur Dritten gegenüber nicht haften soll. 22 Die Einsei-
tigkeit des sich nur gegen den Dritten richtenden Haftungsausschlusses ist

21 Im Ergebnis wie hier BGHZ 127, 378, 385 f.; Teubner (Fn. 5), S. 334; Canaris (Fn. 14),

S. 229. Dafür, dass der Dritte sich das Mitverschulden des Auftraggebers dann zurechnen
lassen muss, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB iVm § 278
Satz 1 BGB erfüllt sind, Gernhuber Das Schuldverhältnis, 1989, S. 533.
22 Im Ergebnis ebenso Teubner (Fn. 5), S. 334; Krebs (Fn. 9), S. 531; Gernhuber (Fn. 21),

S. 531 f.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 351

nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass sich der Experte in
Erfüllung der im Verhältnis zum Auftraggeber begründeten vertraglichen
Pflicht zur Expertisenerstellung als unabhängig und neutral – und damit ge-
rade nicht als Parteigutachter – darstellt. Der Experte und der Auftraggeber
können nicht nach außen signalisieren, bei der Erstellung der Expertise
würden weder die Interessen des Auftraggebers noch die Interessen des
Dritten bevorzugt, insoweit werde also Gleichbehandlung praktiziert, und
gleichzeitig intern ein gleichheitswidriges Haftungsregime mit Drittwirkung
vereinbaren.
Wie ist die Drittwirkung des Einwands zu beurteilen, in dem Vertrag zwi-
schen dem Experten und dem Auftraggeber sei niedergelegt, dass der Ex-
perte für die Fehlerhaftigkeit der Expertise weder dem Auftraggeber noch
dem Dritten gegenüber haftungsrechtlich einzustehen habe, wenn die Feh-
lerhaftigkeit auf einfacher Fahrlässigkeit beruht? Einer derartigen generellen
Haftungsbeschränkung ist jedenfalls dann Drittwirkung abzusprechen,
wenn sie im Ergebnis doch wieder zu einem asymmetrischen Haftungsre-
gime führte, unter dem der Experte zwar seinem Auftraggeber, nicht aber
dem Dritten für einfache Fahrlässigkeit haften würde. In einem solchen Fall
gelten die Überlegungen zur fehlenden Drittwirkung eines sich von vorn-
herein einseitig gegen den Dritten richtenden Haftungsausschlusses ent-
sprechend. Er kann aufgrund der – auch bei Verwendung von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer (§ 14 BGB ) anwend-
baren (vgl. § 310 Abs. 1 BGB ) – Vorschrift des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Nr. 2 BGB insbesondere dann eintreten, wenn die generelle Haftungsbe-
schränkung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Experten ent-
halten ist. Der BGH judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass aufgrund
dieser Bestimmung die Haftung wegen der Verletzung von vertragswesent-
lichen Pflichten auch für den Fall, dass die Pflichtverletzung nur auf einfa-
cher Fahrlässigkeit beruht, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht aus-
geschlossen werden kann. 23 Zu den vertragswesentlichen Pflichten eines
Werkvertrags im Sinne des § 631 BGB – der Gutachtervertrag ist als ein sol-
cher zu qualifizieren – gehört als Hauptleistungspflicht die vertragsgemäße,
mangelfreie Herstellung des Werks – der Expertise –, sodass die Beschrän-
kung der werkvertraglichen Gewährleistungsrechte einschließlich des Scha-
densersatzanspruchs aus § 634 Nr. 4 BGB auf grob fahrlässig herbeigeführte
Fehler in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Besteller gegenüber –
in den Gutachterfällen: dem Auftraggeber gegenüber – unwirksam ist. 24
Schwieriger ist die Frage nach der Drittwirkung einer generellen Haftungs-
beschränkung zu beurteilen, wenn die Haftungsbeschränkung tatsäch-
lich, etwa weil sie zwischen dem Experten und dem Auftraggeber indivi-

23 Vgl. BGHZ 164, 11, 36.


24 Vgl. BGH , NJW- RR 1993, 560.
352 Peter Korth

dualvertraglich vereinbart worden ist, an sich in dem Sinne zu einem sym-


metrischen Haftungsregime führen würde, dass der Experte weder dem
Auftraggeber noch dem Dritten wegen einer auf einfacher Fahrlässigkeit be-
ruhenden Fehlerhaftigkeit der Expertise haftete. Wollte man hier die Dritt-
wirkung der Haftungsbeschränkung verneinen, hätte dies zur Folge, dass
der Experte dem Auftraggeber aufgrund der Haftungsbeschränkungsverein-
barung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, dem Dritten hingegen
nach dem Grundsatz des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für einfache Fahr-
lässigkeit haftungsrechtlich einstehen müsste. Lässt sich diese Ungleichbe-
handlung sachlich rechtfertigen? Sie lässt sich sachlich rechtfertigen. 25 Es ist
nämlich in Rechnung zu stellen, dass sich die Asymmetrie des zwischen
dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehenden multipola-
ren Interaktionssystems nicht darin erschöpft, dass der Experte und der
Auftraggeber in einer Vertragsbeziehung zueinander stehen, zwischen dem
Experten und dem Dritten hingegen nur eine faktische Leistungsbeziehung
existiert. Die Asymmetrie liegt weitergehend noch darin, dass zwischen
dem Experten und dem Auftraggeber eine enge, auf Informationsaustausch
zielende Kooperationsbeziehung besteht, von einer Kooperation in dem
Verhältnis Experte – Dritter dagegen keine Rede sein kann. Entscheidend
ist, dass die Existenz des Kooperationsverhältnisses zwischen dem Experten
und dem Auftraggeber zur Folge hat, dass sich dem Auftraggeber während
der Zeit der Expertisenerstellung laufend Manipulationschancen bieten, die
er in der Weise nutzen kann, dass er dem Experten bei ihren Telefonaten,
gemeinsamen Treffen etc nur solche Informationen mitteilt, die ihm im Hin-
blick auf das Ergebnis der Expertise von Vorteil sind. Derartige Manipulati-
onsmöglichkeiten bestehen für den Dritten in seiner Kommunikationsbe-
ziehung zum Experten dagegen entweder überhaupt nicht oder jedenfalls
viel seltener. Es liegt nahe, dass die Haftungsfigur der quasi-vertraglichen
Expertendritthaftung in ihrer hier skizzierten Gestalt auf die ungleiche Ver-
teilung der Manipulationschancen zwischen dem Auftraggeber und dem
Dritten reagiert. Und genau dies geschieht, wenn die Drittwirkung der zwi-
schen dem Experten und dem Auftraggeber vereinbarten generellen Haf-
tungsbeschränkung abgelehnt wird. Das aus der Ablehnung der Drittwir-
kung resultierende asymmetrische Haftungsregime – der Experte haftet
dem Auftraggeber nur für grobe, dem Dritten dagegen auch für einfache
Fahrlässigkeit – spiegelt die asymmetrische Verteilung der Manipulation-
schancen wider. Es hat zur Folge, dass der Experte, wenn er eine Dritt-
haftung vermeiden möchte, in seiner Interaktion mit dem Auftraggeber
aufmerksam sein muss, um nicht offenen oder unterschwelligen Manipula-
tionen zu unterliegen.

25 Im Ergebnis so auch Teubner (Fn. 5), S. 334; Krebs (Fn. 9), S. 531.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 353

4. Wie ist nach diesen Überlegungen unser Ausgangsfall zu lösen? In Über-


einstimmung mit der vom BGH favorisierten Lösung ist eine Schadenser-
satzhaftung des beklagten Grundstückswertgutachters gegenüber dem Klä-
ger dem Grunde nach gegeben. Denn zum ersten wurde der Beklagte auf
Grundlage einer nur in Beziehung zu A bestehenden Vertragsbindung tätig.
Zum zweiten war dem Beklagten aller Wahrscheinlichkeit nach klar, dass er
die Expertise zum Zweck der Realisierung eines Projekts erstellen sollte;
diese Vermutung lässt sich auf den Umstand stützen, dass es in dem Gut-
achten hieß, es werde für „Planungs- und Finanzierungszwecke“ benötigt.
Weiter wurde das Gutachten auch tatsächlich zu Finanzierungszwecken ge-
braucht, die Expertise also nicht missbräuchlich verwendet. Schließlich
steht auch gerade dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zu, weil er als
Kreditgeber zum Kreis der Projektbeteiligten gehörte.
Gegen seine Haftung kann der Beklagte nicht erfolgreich geltend machen,
in dem Gutachten sei darauf hingewiesen worden, dass es nur für den Auf-
traggeber bestimmt sei. Dieser Hinweis ist angesichts des für den Beklagten
gut erkennbaren Verwendungszwecks der Expertise aufgrund des Verbots
des venire contra factum proprium unbeachtlich. Auch das Argument, der
Beklagte wäre bei Zubilligung des Schadensersatzanspruchs mit Blick auf
die Anzahl potentieller Gläubiger einer uferlosen Haftung ausgesetzt,
schlägt nicht durch. Ist dem Experten deutlich, dass die Expertise zur Rea-
lisierung eines bestimmten Projekts genutzt werden soll, ist er in der Lage,
in etwa abschätzen zu können, wie hoch der Schaden, der aus einer Fehler-
haftigkeit der Expertise resultieren kann, in der Hauptsache, dh abgesehen
von annexen Schadensposten wie Verzugsschäden, Rechtsverfolgungskos-
ten etc, im Höchstfall werden kann. Er kann einen entsprechenden Versi-
cherungsschutz abschließen.

IV.
Welche ist die passende dogmatische Figur zur Erfassung der quasi-ver-
traglichen Expertendritthaftung? Ist es möglicherweise der Vertragsverbund?
Diese Figur sei hier herausgegriffen, 26 weil Teubner in dem Vertragsverbund
Potential dafür erkannt hat, der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung in
der Zukunft, dh nach Abschluss einer jedenfalls für Teilbereiche noch aus-
stehenden Verfeinerung dieser Figur, ein dogmatisches Zuhause bieten zu
können.
26 Zu erwähnen sind weiter: der vom BGH favorisierte Vertrag mit Schutzwirkung zu-

gunsten Dritter (vgl. BGHZ 159, 1, 4 ff.), die Konzeption einer „vertrauensrechtlich begrün-
deten Dritthaftung aus culpa in contrahendo“ (Canaris (Fn. 14), S. 206–245, vgl. nunmehr
§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB ) und die Figur der quasi-vertraglichen Haftung in „Sonderverbin-
dungen kraft faktischer Leistungsbeziehung“ (Picker (Fn. 14), S. 397–447).
354 Peter Korth

„Der Schlüsselbegriff für Dritthaftung ist nicht der eine [dh der von der
Konstruktion über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ins
Zentrum gerückte Expertisenvertrag] oder der andere Vertrag [dh der der
Figur der vertrauensrechtlich begründeten Dritthaftung aus culpa in contra-
hendo als Anknüpfungspunkt dienende, zwischen dem Auftraggeber und
dem Dritten abgeschlossene Projektvertrag], sondern die Interdependenz der
beiden Verträge, die rechtliche Bindung der Expertise an das Projekt und vice
versa. Für Rechtsordnungen, die allmählich eine Dogmatik verbundener
Verträge entwickeln wie etwa groupe de contrats in der frankophonen Welt,
network contract in der angelsächsischen Welt und Vertragsverbund im
deutschsprachigen Raum, dürfte hier (…) der adäquate dogmatische An-
knüpfungspunkt für die Institution der projekt-bezogenen Expertise liegen.
Expertise-Beziehungen wären dann nur ein weiterer Fall aus der Vielfalt von
multilateralen Vertragsverbindungen. In Vertragsverbindungen entdeckt das
Recht regelmäßig implizite Dimensionen jenseits des bloßen Konsenses der
Parteien. Wie selbstverständlich bilden sich in Vertragsnetzwerken quasi-
vertragliche Verpflichtungen zwischen Beteiligten heraus, die explizit keine
vertraglichen Bindungen miteinander haben.“27
Was hat es mit dem Vertragsverbund auf sich? Welches sind die Vorzüge die-
ser Figur, die sie für die quasi-vertragliche Expertendritthaftung attraktiv
machen? Teubner hat den Vertragsverbund ausgehend von der von Gernhu-
ber für fremdfinanzierte Geschäfte entwickelten Lehre der Vertragsverbin-
dung 28 als dogmatische Figur mit Blick auf die Probleme ausgearbeitet, vor
welche sich das Privatrecht durch das Phänomen der Unternehmensnetz-
werke (virtuelle Unternehmen, Franchise-Ketten, Just-in-time-Systeme)
gestellt sieht. 29 Die Besonderheit solcher Unternehmensnetzwerke besteht
aus Sicht des Rechts kurz darin, dass die Netzwerkbeteiligten einen gemein-
samen Zweck verfolgen, sie zur Realisierung dieses Zwecks aber unter-
einander bewusst nicht multipolare, sondern lediglich bipolare Vertragsbe-
ziehungen – und dies nicht einmal zu allen Netzteilnehmern – eingehen. Die
in diesem Arrangement zum Ausdruck kommende Gleichzeitigkeit von
Kollektiv- und Individualorientierung der Netzwerkbeteiligten führt da-
zu, dass das Unternehmensnetzwerk nicht einfach entweder dem Vertrags-
oder dem Gesellschaftsrecht unterstellt werden kann; Unternehmensnetz-
werke stehen stattdessen „zwischen“ dem Vertrags- und dem Gesellschafts-
recht. Die Aufgabe des Rechts der Unternehmensnetzwerke besteht darin,
„Widersprüche der Verhaltensanforderungen zwischen bilateralem Aus-
tausch und multilateralem Verbund, zwischen Kooperation und Kon-

27 Teubner (Fn. 5), S. 327 f.


28 Vgl. Gernhuber (Fn. 21), S. 710.
29 Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, S. 109 ff.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 355

kurrenz, zwischen Hierarchie und Heterarchie und zwischen unter-


schiedlichen Rationalitäten innerhalb ein und derselben Institution zu
normieren.“ 30
Das Recht kann diese Aufgabe nach Teubner durch die Entwicklung eines
„Vertragsorganisationsrechts“ erfüllen, das den hybriden Charakter der Un-
ternehmensnetzwerke „mit dem Einbau von „organisatorischen“, dh rela-
tionalen und multilateralen, Elementen in den Vertrag gerecht wird.“ 31 Die
Figur des Vertragsverbunds stellt eine Ausprägung solchen „Vertragsorgani-
sationsrechts“ dar. Denn der Vertragsverbund baut auf vielfältige Weise,
zB durch die Statuierung von an der Realisierung des „Netzzwecks“ orien-
tierten „Verbundpflichten“ zwischen den vertraglich miteinander verbunde-
nen 32 und unverbundenen 33 Netzteilnehmern, „organisatorische“ Elemente
in die zwischen den Netzwerkbeteiligten bestehenden bipolaren Vertrags-
verhältnisse ein. Damit ein die bipolaren Vertragsverhältnisse der Netzwerk-
beteiligten auf diese Weise untereinander verknüpfender Vertragsverbund
entsteht, müssen nach Teubners Analyse die folgenden drei Tatbestands-
voraussetzungen erfüllt sein:
„(1) wechselseitige Verweisungen der bilateralen Verträge aufeinander,
im Leistungsprogramm und/oder in der Vertragspraxis („Mehrseitig-
keit“),
(2) ein inhaltlicher Bezug auf das gemeinsame Projekt des Vertragsver-
bunds („Verbundzweck“),
(3) eine rechtlich relevante enge Kooperationsbeziehung zwischen den
Verbundbeteiligten („wirtschaftliche Einheit“).“ 34
Von dem hier vertretenen Standpunkt aus liegt die Attraktivität der Figur
des Vertragsverbunds für die dogmatische Erfassung der Gutachterfälle nun
erstens darin, dass sich der materiale Grund der quasi-vertraglichen Exper-
tendritthaftung in ihren Tatbestandsvoraussetzungen widerspiegeln kann.
Das Erfordernis der „Mehrseitigkeit“ reflektiert die Multipolarität des zwi-
schen dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehenden
Interaktionssystems. Und die die Expertendritthaftung auslösende Asym-
metrie dieses Interaktionssystems findet ihren Ausdruck darin, dass ein Ver-
tragsverbund nur dann vorliegt, wenn mehrere bipolare Verträge abge-
schlossen werden, also neben den Vertrag zwischen dem Auftraggeber und
dem Dritten ein weiterer Vertrag, nämlich der die Gefahr für die Neutralität
des Experten erst begründende Expertisenvertrag, tritt. Zweitens ist für das

30 Teubner (Fn. 29), S. 85.


31 Teubner (Fn. 29), S. 109.
32 Vgl. hierzu Teubner (Fn. 29), S. 156 ff.
33 Vgl. hierzu Teubner (Fn. 29), S. 194 ff.
34 Teubner (Fn. 29), S. 125.
356 Peter Korth

Entstehen einer quasi-vertraglichen Sonderverbindung zwischen dem Ex-


perten und dem Dritten konstruktiv kein über den Abschluss des Experti-
senvertrags hinausgehender wie auch immer gearteter Konsens zwischen
dem Experten und dem Auftraggeber erforderlich. Die quasi-vertragliche
Sonderverbindung knüpft beim Vertragsverbund stattdessen an gesell-
schaftliche, von keinem der Beteiligten des Interaktionssystems im Rahmen
der Vertragsgestaltung bewusst geplante und in diesem Sinne „spontane“
Ordnungsbildungen an. 35
Dennoch: Der Vertragsverbund stellt trotz seiner Attraktivität nicht die
adäquate dogmatische Figur zur Erfassung der quasi-vertraglichen Exper-
tendritthaftung dar. Der Grund hierfür ist, dass die Konstruktion der Gut-
achterfälle über den Vertragsverbund dem Umstand der Episodenhaftigkeit
des zwischen dem Experten, dem Auftraggeber und dem Dritten bestehen-
den multipolaren Interaktionssystems nicht hinreichend Rechnung trägt.
Die die bipolaren Rechtsbeziehungen überformenden „spontanen“ Ord-
nungen, an welche die Rechtsfolgen des Vertragsverbunds in der Haupt-
sache anknüpfen, bilden sich nur unter der Voraussetzung einer gewissen
Stabilität des Interaktionsgeschehens aus; 36 sie gewinnen, anders als gezielt
herbeigeführte vertragliche Ordnungen, die in dem kurzen Moment des
Vertragsschlusses entstehen, klar erkennbare Konturen erst nach Ablauf
einer längeren Wachstumszeit.37 Die Gutachterfälle sind demgegenüber durch
Kurzfristigkeit und Instabilität des Interaktionsgeschehens gekennzeichnet.
Die Kooperationsbeziehung zwischen dem Experten und dem Auftraggeber
ist nur als Episode angelegt: Der Experte erstellt – unter mehr oder weniger
intensiver Beteiligung des Auftraggebers – die Expertise, erhält hierfür vom
Auftraggeber eine Entlohnung und geht anschließend wieder.
Wie sieht mein Vorschlag zur Dogmatik der quasi-vertraglichen Exper-
tendritthaftung aus? Die Antwort ist denkbar einfach. Der Vorschlag be-
steht schlicht darin, ein eigenständiges Rechtsinstitut der quasi-vertrag-
lichen Expertendritthaftung zu kreieren, welches den die Gutachterfälle
kennzeichnenden gesellschaftlichen Konflikt in allen seinen Facetten präzise
widerspiegelt. Die zentrale Tatbestandsvoraussetzung der Expertendritthaf-
tung ist das Bestehen einer haftungsbegründenden Sonderverbindung zwi-

35 Vgl. Teubner (Fn. 29), S. 132 f.


36 Teubner (Fn. 29), S. 133, identifiziert „generalisierte Reziprozität“ als den „grund-
legenden Mechanismus spontaner Ordnungsbildung im Netzwerk.“ Dieser Mechanismus
funktioniert aber nur in dauerhaften Beziehungszusammenhängen. Denn nur in diesen
kann der Leistungserbringer erwarten, dass er selbst einmal von einer – ihrem Inhalt, dem
Zeitpunkt ihrer Erbringung und der Person ihres Erbringers nach noch unbestimmten –
(Gegen-)Leistung anderer Netzteilnehmer profitieren wird.
37 Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des Vertragsverbunds auf langfris-

tige Interaktionsbeziehungen wohl auch Amstutz Vertragskollisionen, in: Honsell/Port-


mann/Zäch/Zobl (Hg) Festschrift für Heinz Rey, 2003, S. 168 f.
Quasi-vertragliche Expertendritthaftung 357

schen dem Experten und dem geschädigten Dritten. Die Voraussetzungen,


unter denen eine solche Sonderverbindung entsteht, ergeben sich zwanglos
aus der bisherigen Analyse. Sie lauten: (a) Erstellen und Inverkehrbringen
einer Expertise durch einen als neutral und unabhängig auftretenden Exper-
ten, der aufgrund eines Vertragsverhältnisses zu einem Auftraggeber tätig
wird; (b) Erkennbarkeit für den Experten, dass die Expertise zum Zweck
der Realisierung eines Projekts eingeholt wird und ihr im Rahmen von Ge-
schäftsverhandlungen Informations- und Entlastungsfunktion zukommen
soll. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, besteht eine quasi-vertragliche
Sonderverbindung zwischen dem Experten und den mit diesem nicht ver-
traglich verbundenen Projektbeteiligten. Das sind alle – aber auch nur – die
Personen, die ihrer Rolle nach erkennbar von der Informations- und Entlas-
tungsfunktion der Expertise profitieren sollen.
Diese haftungsbegründende Sonderverbindung ist auf die Bestimmung
des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB als gesetzliche Grundlage zu stellen. Diese Vor-
schrift kann – insoweit anders als § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB – problemlos die
besonders wichtige Tatbestandsvoraussetzung der einseitigen Vertragsbin-
dung des Experten zum Zeitpunkt der Expertisenerstellung reflektieren.
Der große Vorteil, den die Verortung der quasi-vertraglichen Expertendritt-
haftung in der gesetzlichen Bestimmung des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB gegen-
über der Lösung der Gutachterfälle über den Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter hat, besteht darin, dass das Entstehen der Sonderverbin-
dung zwischen dem Experten und den Projektbeteiligten konstruktiv von
dem Erfordernis einer Willensübereinstimmung der Betroffenen gelöst
wird. Es wird deutlich, dass die Annahme der Existenz einer Sonderverbin-
dung (gesamt-)gesellschaftliche, also – aus der Perspektive der Interaktions-
beteiligten gesehen – heteronome Gründe hat.
Neben dem Vorliegen einer Sonderverbindung setzt die quasi-vertrag-
liche Haftung des Experten gegenüber dem geschädigten Dritten eine
Pflichtverletzung des Experten voraus (vgl. § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Ge-
mäß § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB existieren in der zwischen dem Experten und
dem Dritten bestehenden Sonderverbindung Pflichten nach § 241 Abs. 2
BGB . Diese Bestimmung passt gut zu der hier vertretenen Konzeption der
quasi-vertraglichen Expertendritthaftung, weil sie mit der Formulierung
„nach seinem Inhalt“ zum Ausdruck bringt, dass sich die Pflichten, welche
die Sonderverbindung zwischen dem Experten und dem Dritten inhaltlich
konkretisieren, nur nach dieser Sonderverbindung richten, es also nicht
etwa so liegt, dass die in der Beziehung zwischen dem Experten und dem
Auftraggeber vertraglich vereinbarten Pflichten ungefiltert in das Verhältnis
zwischen dem Experten und dem Dritten transferiert werden.
Wie sehen diese Pflichten aus? Zur wirkungsvollen Realisierung des Ziels
der quasi-vertraglichen Expertendritthaftung ist der Experte gegenüber den
Projektbeteiligten darauf zu verpflichten, die Expertise lege artis, also ent-
358 Peter Korth

sprechend der für seine Tätigkeit geltenden professionellen Standards, zu


erstellen. Die Auferlegung dieser Pflicht besitzt zwar in dem Sinne eine
„überschießende Tendenz“, dass ihre Verletzung und damit eine quasi-ver-
tragliche Schadensersatzhaftung des Experten gegenüber den Projektbetei-
ligten auch dann in Betracht kommt, wenn eine anhand dieses Maßstabs
festgestellte Fehlerhaftigkeit der Expertise nicht Ausdruck der Parteilichkeit
des Experten ist. Dies ist jedoch aus zwei Gründen gerechtfertigt. Erstens
spiegelt die Statuierung der quasi-vertraglichen Pflicht, die Expertise lege
artis zu erstellen, die Erwartungen wider, welche die Projektbeteiligten
berechtigterweise gegenüber einer Expertise haben, der Informations- und
Entlastungsfunktion zukommen soll. Zweitens führt die Auferlegung dieser
Pflicht in der großen Mehrzahl der Fälle zu einer präzisen Re-Symmetrisie-
rung der Pflichtenbindung des Experten, weil dieser in der Regel, dh in Er-
mangelung einer ausdrücklich abweichenden Vereinbarung, dem Auftrag-
geber vertraglich verspricht, eine lege artis gearbeitete Expertise zu erstellen.
Jurisprudence as Self-Description:
Natural law and Positivism
within the English Legal System

Richard Nobles and David Schiff

A. Introducing self-description
Jurisprudence is often understood as a body of theory that has sought
to describe its object, law, in terms of what that object includes or excludes
(whether generally in relation to morality, nature, reason, politics, econ-
omics, etc, or more particularly, of which commands, rules, norms, habits,
decisions, etc, it comprises). Here we start from a different premise. Law
can be identified as an object which observes and describes itself as that
object i.e. that it engages in self-observation and self-description, with its
self-description taking the form of its jurisprudence. This approach is an
application of Luhmann’s systems theory, particularly as set out in Law as
a Social System, (Luhmann: 2004) in which he outlines the need for a socio-
logical understanding of law, which describes law as a system that engages
in its own self-description.1
The claim that law’s practice involves self-observation and self-descrip-
tion is not in itself controversial. The central issue is the nature and level
of that self-description. That law involves judgments, cases, and statutes
is universally accepted. That such concepts are, apart from anything else
that they might be, legal descriptions of legal events and categories that may
contain different ingredients in different legal systems is also accepted.
Without these descriptions it would not be possible to orientate oneself
within the law. Similarly such orientation arises from doctrines: property,
tort, contract, crime, etc, and the institutions associated with each, for
example, the civil as opposed to the criminal courts. Yet, each of these dis-
tinctive concepts and doctrines, and their ingredients, is open to critique

1 This is part of a system’s autonomy, characteristic of social systems of functionally dif-

ferentiated societies: ‘Whereas differentiation has always existed at the level of types of in-
teraction or roles, only the differentiation of functional systems enforced the renunciation
of an externally determined identity – of a cosmological-religious nature, for example. It thus
created a vacuum that could be filled only by self-descriptions of the respective systems.’
(Luhmann: 2000, 252).
360 Richard Nobles and David Schiff

that point to their incompleteness, and/or incoherence. Such critique can


be taken to the level of claiming that legal description is ideological: that
descriptions that are so unsatisfactory in themselves are better understood
as attempts to avoid describing something else, such as class, race or gender
based interests, political priorities, or the pursuit of efficiency. The counter
to such claims is to recognise that legal practice cannot be understood with-
out reference to such descriptions. To strip all legal self-observation and
self-description out from law does not reveal a different underlying activity
so much as to lose the capacity to describe that activity at all.
Jurisprudence cannot avoid taking law’s self-observation and self-de-
scription seriously, but how seriously? 2 Certainly all legal theories seem to
utilise concepts that do not themselves appear to be generated by legal prac-
tice. And this utilisation of concepts is not limited to those taken from the
social sciences by, for example, critical legal scholars. Analytical positivists,
as much as natural lawyers, seem to utilise philosophical methods and lan-
guage that are not replicated within everyday legal practice. Thus, even if
the object primarily to be described is law’s self-description, the analysis
added by jurisprudence, even by those writers most committed to analysing
law from the insider’s perspective, appears to move beyond self-description
to external description. Any claim that all jurisprudential theories (and each
and every part of such theories) are themselves self-description is therefore
implausible. But equally implausible is any claim that jurisprudence can dis-
pense with all legal self-descriptions – that it can adopt entirely an outsider’s
perspective, considering law only in terms of behavioural regularities, and
imposing meaning on those regularities without reference to the meanings
utilised by insiders.
Luhmann claims that systems theory is better placed than other theories
(whether sociological or jurisprudential) to identify law as an object, be-
cause it starts from the premise that law (along with all other functioning so-
cial systems – the economic, the political, mass media, etc) is a system that
identifies itself to itself. Within this theory, particular legal decisions involve
the application of the code of the legal system: legal/illegal. Legal descrip-
tions of legal decisions are termed ‘self-observation’. The term ‘self-descrip-

2 Joseph Raz, for example, accepts that legal communications can include communi-

cations about the nature of law itself, but dismisses their particular significance, on the basis
that law also contains communications generated within many different social systems:
‘There is no denying that questions about the nature of law can arise in courts, and can fea-
ture in judicial decisions. But so can just about any other issue, from astrophysics to biol-
ogy, sociology, and the rest.’ (Raz: 2001, 32) We believe that legal communications about
the nature of law as a whole have a capacity to orientate legal evolution in a manner differ-
ent from legal communications about non-legal issues. The statement “law is this” gener-
ates different possibilities in the evolution of law from the statement “law needs to respond
to that”.
Jurisprudence as Self-Description 361

tion’ is reserved to a higher level of generalisation than self-observation.


Self-description occurs when a system observes on the descriptions that
are its self-observations in order to describe itself, as a unity, to itself. What
Luhmann is positing here is that the kinds of communication that are the
object of general jurisprudence – attempts to describe the legal system as
a whole – exists autologically. They are general communications about the
system which belong to the system. They form part of what they attempt to
describe. They are one of the operations of law. And, like self-observation,
they constrain (but do not determine) the application of the code: legal/
illegal, and its complex programmes. We explore the nature of this claim
here, using the example of evolution within the English legal system.
The claim that jurisprudence, as self-description, forms part of the oper-
ations of any legal system does not mean that self-description routinely
guides the everyday practice of law, in the same manner as statutes, preced-
ents, and constitutions. Luhmann makes this point humorously, using a ref-
erence to natural law: ‘[I]t is hard to imagine many JP s thumbing through
the Summa Theologiae after a hard day at the sessions.’ (2004: 425) But
nevertheless, self-descriptions do operate within legal systems: first, be-
cause they are presupposed within more mundane legal operations: ‘[Legal]
practice presupposes that the fundamental questions of the meaning of the
system can be answered’ (Luhmann: 2004, 425); 3 and secondly, because
communications about the system as a whole facilitate legal operations that
would not occur without them. 4
Using this conception of self-description, our understanding of jurispru-
dence takes a sociological turn. It can no longer be seen as a science that
leaves its object, the law, unchanged whilst it observes upon it. This is
a subtle and complex claim, which needs further elaboration, as it is likely
to be seized upon as a misunderstanding by those who advocate systems
theory, and by those who adhere to other sociological and philosophical
methods. Let us start with the systems theory implications of this claim.
Systems theory views the legal system as an autopoietic system, which only
consists of legal communications and is closed to all other kinds of com-
munication. As such, any suggestion that communications from another
system (i.e. jurisprudence as part of science, or philosophy, or education)
form part of the legal system would be a heresy. However, the closure of
systems within the theory is one constructed around meaning. Systems can
use communications that are identical in syntax, and even occupy the same
location in space and time, but still remain different communications as
3 This is not to say that what is implicit within communications exists as a separate com-

munication within the system. Indeed, the sociological question that we wish to explore is
the extent to which the processes which generate communications at a higher level actually
create communications about the system as a whole.
4 See note 2 above.
362 Richard Nobles and David Schiff

their existence, as meaningful communications, can only occur separately


within each system that uses them. (Of the three elements of a communi-
cation, the utterance may appear to be common, but the information it con-
tains and the understanding associated with it will be different within each
system.) 5 This possibility of common usage is just that, a possibility. Some
communications within one system will never have a separate existence
within another – the second system will not use them, and sometimes will
have no possibility of using them (they will make no sense within the other
system). 6
Now consider the enterprise of jurisprudence. Philosophical jurispru-
dence has a relationship with the legal system, because it selects communi-
cations generated within the legal system and incorporates (or re-uses) them
within itself. If legal communications change, then what is available to be
theorised within jurisprudence also changes. But this is not simply a one-
way relationship. Law’s self-descriptions do not have to be generated within
the legal system in order to form part of the legal system. Philosophical ju-
risprudence can generate communications that are re-used within the legal
system. Here, re-used means that the communications have legal meanings,
which in turn requires that they are connected to other communications
within the legal system, which is a systems theory way of saying that they
form part of legal practice. If what is available within philosophical jurispru-
dence changes, then what is available to the legal system to be re-used as
self-description also changes; in this sense, changes in philosophical juris-
prudence can alter law’s self-description.
So far this may not seem to have taken us very far in terms of sociology.
But the sociological and empirical aspects of this arise from the nature
and role of self-description. Philosophical jurisprudence commonly ignores
huge amounts of legal communication, and can do so because abstraction
and generalisation is part of what it means to undertake such philosophy.
And in reaching levels of higher abstraction, philosophy is also mirroring
what occurs within the legal system with the move from decision, to self-
observation, to self-description. But not being part of the legal system, phil-
osophy can make connections between communications that are not, and
often simply could not, be duplicated by the legal system. To quote one of

5 See Luhmann: 2002, 157.


6 This has implications for much of what is discussed within jurisprudence as ‘the rule of
law’. The re-use of legal communications within other systems (politics, economics, mass
media, even science) is productive. For example, economics cannot establish value without
property, but only law can establish property. Law gives the media concrete examples of
what is wrong in the form of convictions for serious crimes. Legal provisions that are se-
cret, retrospective, unintelligible, inconsistent, etc, not only undermine the ability of lay in-
dividuals to guide their behaviour by legal rules, they also reduce the ability of other sys-
tems to make use of those rules within their own communications.
Jurisprudence as Self-Description 363

Luhmann’s own observations: ‘There are a number of typical approaches


which, however … never achieved any particular impact on legal practice.’
(2004, 62 – he cites Locke and Hobbes as two examples of this, and Grotius
and Pufendorf as two exceptions.) In order to see what constitutes law’s
self-description, one cannot simply borrow general communications from
law and subject them to philosophical examination. Rather, one has to ident-
ify how such communications are actually used within the legal system, and
thereby establish the difference between self-description and critique. 7 Sys-
tems theory provides us with theoretical tools and concepts that are appro-
priate to such a task.
In what follows, we examine the nature of jurisprudence as self-descrip-
tion, taking the example of the role played by natural law and legal positiv-
ism within the evolution of the English legal system. We describe the
form of natural law that operated within the English legal system from the
12 th century until the middle to late 19 th century. During this period the Eng-
lish legal system communicated about itself as a unity in terms of reason,
and unwritten customary law. This self-description was subjected to sus-
tained critique from outside the legal system, but proved remarkably resis-
tant to such critique. The nature of that resistance is even more surprising
given the speed and ease of its abandonment in the 19th century, when it
was replaced by a positivist self-description. A systems theory explanation
of this historical change examines the manner in which the English legal sys-
tem’s self-description was generated by its own internal operations, and
identifies how that self-description evolved in response to changes in those
operations.

B. Self-description of English common law


English law in the 12 th century, as in the rest of Europe, was customary.
This is not a claim that all law was consensual: Kings would impose their
own customs upon conquered subjects. Nor was this process inflexible, as
‘cross fertilization was the order of the day, because the law was seen as a
vast treasure house from which kings and nations could pick and choose

7 The sociological aspects of such an endeavour require an awareness of the possibilities

of different relationships between philosophical jurisprudence and self-description in differ-


ent jurisdictions. In particular, one needs to look at the different role played by the univer-
sities on the continent in comparison with the UK and other common law jurisdictions. Just
as doctrine, as developed within continental universities was routinely re-incorporated into
the legal system, so too jurisprudence developed within the universities finds more of its
way back into the legal system. This makes even the translation of the word jurisprudence,
or legal theory, difficult as between continental languages and English, as these terms refer
to different relationships between the education, scientific and legal systems.
364 Richard Nobles and David Schiff

what suited them.’ (van Caenegem: 2002, 1–2) The Norman conquest of
England provides a good example of this process, with William allowing his
English subjects to continue to apply Anglo-Saxon customs to their affairs,
but allowing his Norman subjects to apply their customs in the adminis-
tration of their affairs. Meanwhile, by adopting English customs regarding
his own status he gave himself the powers of an English King that far ex-
ceeded those available to him as a Norman Duke. 8 This process of picking
and choosing is not legislation as we would understand it today. Rulers are
not simply imposing such rules as suit their purposes. The source of law re-
mains custom and tradition, not simply the ruler’s will. As such, problems
arise for its adaptation, or evolution. How is customary law to be altered in
response to changing conditions? Contemporary conditions would look for
the solution to law’s need for adaptation in legislation. Today, this can be
both technical and frequent. But part of the conditions for this solution is
the loss of understanding of law as customary, as the normative expression
of a customary social order. If law is understood as something rooted in cus-
tom, then legislation cannot provide a basis for its alteration. Under such
conditions, how is the law to be altered in response to changing social con-
ditions?
In the different answers given to this question, in England and on the
continent, we find the beginnings of two different kinds of legal system: the
common law, and the civilian tradition. On the continent, the process which
informed the evolution of law arose in the universities, through the study of
the ius commune. ‘The rediscovery of the [Justinian] Digest inspired several
generations of scholars at Bologna to devote their energies to a complete
understanding and mastery of what they perceived to be the legal text.
The Digest, it was thought and accepted, manifested not just a legal system
but legal perfection …’ (Watkin: 1999, 83) On returning from university to
find employment as advocates or judges, students used the ius commune as a
point of reference, ‘an interpretative framework within which sense could
be made’ of local laws, ‘and a source of norms … to fill in gaps’. (Ibbetson:
2001, 6) This was not a process of substituting the ius commune for local
laws. Rather, what arose was a process of exegesis, whereby the different
texts were related to each other in terms of more general concepts and doc-
trines, which were felt to be embedded within more particular provisions,
and seemed ‘to be the true components of the legal machine.’ (Lawson:
1955, 63–4)
This is a form of legal praxis, which generates and sustains, and is in turn
orientated by, a self-description of law in terms of natural law. Local laws
are the expression of a higher law, which is superior to them. This higher
law can be identified, within local laws, by approaching them using the con-

8 See van Caenegem: 1973, 8–15.


Jurisprudence as Self-Description 365

tent, and more importantly the methods of interpretation appropriate to the


study of the Digest. Local laws represent a local order, but one seeks within
that order evidence of a more general and rational order, and what is found
represents a higher form of law than local laws. This process gives natural
law communications, which identify law as a form of practical reasoning,
an everyday role within the legal system. They become a necessary part of
the process of identifying law (self-observation) as well as the process
whereby that law evolves in response to new situations. Law is represented,
as a unity, in terms of a natural order, which can be identified through the
application of reason. This self-description is not an ideology, invented in
order to disguise whatever powers or interests are advanced by the current
form of the law. Rather, it is a self-description generated by the routine pro-
cess of accounting for the decisions as to what is legal or illegal, within the
legal system.
In England, the self-description, which informed legal practice, its self-
description, took a different form. The beginnings of the common law lay in
a continuation of the process of picking and choosing amongst customary
laws. The Kings’ justices, resolving local disputes, adopted local customs,
but through a process of conferring amongst themselves, gradually devel-
oped a system of customary law ‘common’ to the kingdom. And, as in the
civilian tradition, this process contained a basis for its own evolution. The
application of justice by the King’s representative involved a process of iden-
tifying wrongs, and providing remedies. These ‘wrongs’ were not invented
by the King, on the basis of whatever policy he wished to pursue. ‘Wrongs’
were already there, in society. Thus, what the Kings’ justices provided was a
remedy for existing wrongs, not a set of rules that identified what those
wrongs were. In place of a set of rules, we have a process: consider what has
already been identified as ‘wrongs’ (through local customs) and then ident-
ify what principles or concepts unite them.
This process contains the basis for its own further development. Whereas
the origins of the common law may have lain in a consideration of what was
common amongst diverse social norms, its continuation takes the form of
a consideration of what has been previously acknowledged as a ‘wrong’ by
the common law. New claims, or claims of new ‘wrongs’, have to be inte-
grated into the existing pattern of ‘wrongs’ recognised by the common law.
Within this process reasoning by analogy is central, as is the need to treat
particular existing ‘wrongs’ as evidence of more general moral principles.
These techniques allow a court to decide whether claims that someone had
suffered a ‘wrong’ should be recognised or not. Extracting general prin-
ciples from the existing common law, looking for a universal within the par-
ticular, which was superior to it, carries out similar functions within the
common law to that provided by reference to exegesis of the Digest on the
continent: ‘In like manner [to the ius commune] the term common law came
366 Richard Nobles and David Schiff

to mean in England the body of rational legal principles which were declared
and administered by the King’s Judges as opposed to the special customs or
privileges of any county or borough …’ (O’Sullivan: 1965, 119–120)
This process was orientated by the self-description, which it generated.
As on the continent, this was natural law jurisprudence. Its participants
identified its content through a process of practical reason, giving higher
status to the principles identified as underlying the particulars of existing
law, whilst never failing to have regard to those particulars when seeking to
identify the principles that underlay them. As such, neither on the conti-
nent, nor in England, was the legal system’s use of natural law an exercise in
‘pure’ moral philosophy: the simple application of the best moral principles
to decide the particular case. In both systems, the principles to be applied
had to be identified as latent within what had already been recognised as law.
But nevertheless, the ability to identify these principles allowed for a process
of evolution, whereby particular laws that came to be considered contrary
to the rational principles that underlay more general bodies of law could be
declared to be contrary to reason, and thereby both unjust, and not in fact
law: ‘Against this law (of reason or nature) prescription, statute, nor custom
may not prevail: and if any be brought in against it, they be not prescrip-
tions, statutes, nor customs, but things void and against justice.’ (Chris-
topher St Germain, Doctor and Student, commenting on the common law). 9
Whilst both civil and common law adopted natural law self-descriptions,
whereby the unity of the system was described to itself in terms of reason,
the common law also described itself in terms of its claimed differences with
civilian law. Thus, common lawyers insisted that their reason was ‘artificial
reason’ to distinguish it from the more general forms of reason associated
with the civilian tradition. And, whilst the civilians had the Digest as an
example of perfection, the common lawyers were clear that no text con-
tained what they were seeking when they sought to identify the law, which
led them to describe the common law as ‘unwritten’.10 Whilst the civilian
tradition required reason to be filtered through particular texts, common
lawyers continued to prioritise custom. And whilst the use of a common
text across Europe as a source of what was universal within law had a unify-
ing tendency, allowing law to be studied in one country and practiced in
another, the English lawyers celebrated what was peculiarly English, seeing
the normative basis for their law in the social norms of their own society,
and insisting that there was no sound basis for its practice other than initi-
ation through membership of the Inns of Court.
With hindsight, or observation from an external viewpoint, both self-de-
scriptions appear to be artificial, self-serving fictions. Of the two, the claims

9 See McIlwain: 1910, 105–8.


10 See Simpson: 1986, 18–19.
Jurisprudence as Self-Description 367

of the common law seem particularly hard to understand. How could its
claim to be based on custom be genuine when the common law developed
into a complicated system of formal writs (claims), which could only be
known to its initiates, and which served to insulate legal norms from social
ones? The origins of the common law in the 12 th century were a genuine
attempt to synthesize local customs, but claims like the following, made
by the judge Sir John Davies in the 17 th century, seem to have had no basis in
fact: ‘For the Common Law of England is nothing else but the Common
Custom of the Realme … it cannot be made or created either by Charter, or
by Parliament … but being only a matter of fact, and consisting in use and
practice, it can be recorded and registered no-where but in the memory of
the people.’ 11
To understand the nature of such communications as these, we need to
consider how the common law evolved. Starting with its origins as a syn-
thesis of local customs, we already have something that is more than a simple
reflection of social norms. Practical reason had to be applied to decide what
customs were worthwhile and should be applied within the King’s courts.
The ‘wrongs’ acknowledged by the King’s judges were, nevertheless, not
acts of legislation and were understood by participants as English ‘wrongs’
having their origins in English society. With the development of the English
system of formal pleadings, the writs, the facts necessary to plead a particu-
lar ‘wrong’ formed an essential part of any litigation. In turn, the writs rep-
resented a record of what, in English law, had been recognised to form part
of English custom. Thus, just as the ius commune formed a stable point of
reference from which to consider any novel claim for a legal remedy within
the civilian tradition, the writs formed the perspective from which to assess
a novel claim within the common law. Common lawyers looked at society
from the perspective of this web of writs. To quote Cotterrell: ‘The com-
mon lawyers saw society through the lens of law. In a sense, society was
the structure of relations, customs, claims and obligations expressed in legal
knowledge’ (2003, 32).
The system of writs allowed the processes begun in the 12 th century to
continue. Looking out from the writs as a record of custom, the judges
could consider whether a new claim of wrong was justified: was it analogous
to the wrongs already acknowledged? But this was not simply a matter of
filling in gaps, because just as local customs had been synthesised to produce
the original common law, so too the system of writs was open to extension,
or reform, through a process which required what was universal within the
particular to be identified by reference to reason and morality. From the
very beginning, what was worth preserving in custom was extracted
through practical reason. And later, when deciding whether a novel claim

11 See Postema: 1986, 4.


368 Richard Nobles and David Schiff

should be given a remedy by the common law, nature, God, justice, public
interest and convenience were all sources of reasons for decisions.12 The
scope for these sources to destabilise the common law was restricted, in
turn, by the need to consider the implications of accepting a new ‘wrong’
in addition to those already acknowledged. Too great a disturbance spoke
against admittance: ‘It is better saith the Law to suffer a mischiefe (that is
particular to one) than an inconuenience that may prejudice many.’ (Coke) 13
The soundest evidence that a particular law is against reason and therefore
is unjust is the sense that it went against the common law as a whole. And in
deciding what this required, the common law was assisted by its evolution
into a self-understanding as a set of maxims or principles: ‘Maxims are the
Foundations of the Law and of the Conclusions of Reason, and therefore
they ought not to be impugned, but always to be admitted; yet these
maxims may vary by the Help of Reason, be compared together, and set one
against another …’ (Edmund Plowden) 14
Another aspect of the common law’s self-description which may appear
fictional was its claim to be ‘unwritten’. For, while there was no written code
such as the ius commune, the common law was formed out of the decisions
of its judges, and these came to be recorded and, as such, were obviously
written. But this was not how the common lawyers communicated and car-
ried out their legal operations. Just as no one local custom necessarily gained
entry to the Kings courts in the 12 th century, so no particular decision was
necessarily a correct identification of English custom. And whilst the sys-
tem of writs, and later maxims, developed by English judges by reference to
what was reasonable, was taken as the best evidence of English custom,
these could later be found to be unreasonable, unjust, and therefore mis-
taken, and declared no longer to form part of the law. So there is an import-
ant distinction present in this claim that the common law was unwritten,
for, by insisting that the opinions of judges were not themselves law, but
only evidence of a law located in the customs of the nation, common law-
yers enjoyed a looser form of precedent than that which followed in the
19 th century, and one which, in the absence of modern forms of legislation,
was better able to allow the common law to evolve to meet contemporary
conditions.
Whilst the self-descriptions of common law and civil law differed, and
this difference played its part in maintaining their separate practices, both
had natural law forms. Each communicated about its practices as the identi-
fication of law with something more universal than the local and particular.
And these communications formed part of the identification of law in a

12 Coke claimed that there were 20 such sources (see Lobban: 1991, 59).
13 See Stoner: 1992, 25.
14 See Lobban: 1991, 7.
Jurisprudence as Self-Description 369

manner which also allowed for its evolution. What was really law was some-
thing unchanging and higher than whatever had been found to be law in
the past. These communications also allow for discontinuity, the fact that
the law had been different in the past, and would be different in the future,
to be presented as continuity. Consider, for example, the following state-
ment by Sir Matthew Hale in the 17 th century: ‘[T]hey are the same English
Laws now that they were six hundred years [ago] … the Argonauts ship
was the same when it returned home, as it was when it went out, tho’ in the
long Voyage it had successive Amendments, and scarce came back with any
of its former Materials.’ 15
It was the incremental nature of common law evolution that made both
its claim to be essentially unchanging, and its claim to be connected to a
natural order plausible, and this plausibility resulted from law’s operations.
Arguments connecting decisions to what had gone before were not a his-
torical or ideological gloss on the exercise of power, but part of what it
meant to practice law. The common law system perceived itself as having
originated as a response to a natural order, and having evolved, through rea-
son, as that natural order evolved.
The self-description of English common law was subjected to challenges,
from both within and outside the legal system. Hobbes, in a sustained
critique of the common law,16 ridiculed the claim that it was based on a form
of speculative reason that could only be known to its initiates after a pro-
longed period of study. He felt that common law reasoning was a pretentious
and fictitious claim to expertise in rational thought, which any bystander
could master in two months of legal training. Bentham, a century later, con-
tinued to ridicule the claims of the common law.17 Internally, common law
had to accommodate the passage of statute, which occasionally, as with the
Tudor monarchs, involved programmes that affected major social change.
How could such forms of law be reconciled with self-description in terms of
custom and reason?
Understanding how the English legal system understood statutory law
prior to the mid-19 th century is the key to understanding how its self-
description evolved at that time into a positivist one. The first thing to note
is that legislation, to be understood as law, had to present itself in the same
form as the common law. Thus, legislation was either declaratory, or re-
medial. Declaratory statutes did not purport to change the law, but only de-
clare what the law already was. Remedial statutes sought to remedy a ‘mis-
chief’, but a ‘mischief’ was not a self-conscious social policy. Rather, it was a
‘wrong’ which needed a remedy, in exactly the same way that new develop-

15 See Postema: 1986, 6.


16 See Postema: 1986, 47.
17 For references, see Postema: 1986, especially 272–4.
370 Richard Nobles and David Schiff

ments of the common law were conceived. Again, one can take a cynical
view of such forms, and identify legislation that, to modern eyes at least,
looks no different from what today would be articulated in terms of social
or economic policy. But by using forms of law that were communicated
about in this manner, Parliament made statutes which were open to quite
different treatment than would be possible today. Common lawyers re-
garded the common law as the real ‘substratum’ of law – as a core which
could be used to identify what was truly law. For Hale, ‘Common law and
the Custom of the Realm … is the great Substratum’ of the law.18 As such,
statute law had a quite suspect status. Common lawyers were aware of the
interests and politics that made statute more likely to be an act of will rather
than of reason. They therefore viewed it as a possible source of error in the
law. Only when its provisions had been integrated into the common law, by
a process of interpretation which identified it as an extension of the com-
mon law, was its status as law fully assured. This is an interpretative process
which opens statutes to alternative futures, with progressive extension, or
progressive marginalisation, as two opposing possibilities.
Further legal communications allowed for disrespectful treatment of stat-
utes to occur without disruptive clashes occurring between the political and
legal systems. Within the legal system, Parliament was conceived as a court
with a superior jurisdiction, for no other court was competent to declare
invalid laws passed by Parliament. But just as any of the common law judges
could make mistakes as to the content of the wrongs that law needed to
remedy, so too could Parliament. And whilst its laws could not be declared
invalid, those which were found incompatible with the common law could
not form part of the process of common law development. Such mistaken
‘wrongs’ were not able to form part of the substratum of the common law,
and provide a point of reference for the identification of new ‘wrongs’ in fu-
ture.19 (To quote a modern theorist of this methodology, Ronald Dworkin,
such statutes would not have the same ‘gravitational force’ as the rest of the
laws). Over time they could be eroded, due to the weight, within the com-
mon law, of contrary usage.
So, if the self-description of the common law as English custom, ident-
ified through reason, could resist external critique and statutory laws intro-
duced in response to political power, what led it to alter from this version of
natural law to a positivist self-description? We would argue, applying sys-
tems theory, that this change was generated internally, through changes in
law’s own operations. What undermined this self-description was a change
in the internal experience of legislation. Legislation, per se, was not incom-

18See Postema: 1986, 26.


19See Postema: 1986, 15–16; van Caenegem: 1995, 105–7; Stoner: 1992, 37–8; McIl-
wain: 1910.
Jurisprudence as Self-Description 371

patible with a self-description of law in terms of reason, so long as the com-


mon law represented the great bulk of English law. But what changed, be-
ginning in the 18 th century, was the nature and frequency of legislation.
From the end of the 13 th century to the beginning of the 19th, legislation had
played a tiny part in the development of English private law. 20 And even
when one included the criminal law, the number of new laws introduced
by statute, relative to the size of the whole of the law was small, not only an-
nually, but even over a lifetime. But with the 18 th century things began to
change. Legislation not only became more prolific, but as Parliament be-
came more responsive to particular interest groups the nature of that legis-
lation also altered, becoming technical and specific. This was noticed by
contemporaries, including one Prime Minister: ‘The extreme particularity
and limited provenance of so much of this law-making seem[ed] to reduce
the legislature … [to] a mere quarter sessions, where nothing is transacted
but turnpikes and poor rates.’ 21
A natural law self-description does not facilitate the handing of this kind
of legislation. Within natural law, what is ‘really’ law is general, universal,
capable of being synthesized into its underlying principles, and, in some
essential sense, unchanging. Utilising such communications, local or par-
ticular laws that do not fit with the principles identified by undertaking a
consideration of large amounts of law, can be declared not ‘truly’ law. Even
if, as with statutes, such laws cannot be treated as invalid, they can be
treated as exceptional and distinguished from the rest of the law which,
being compatible with general principles, is ‘truly’ law. Technical laws, es-
pecially those passed in response to private interests, cannot easily pass this
test of what is part of the existing law. Not only are they specific rather than
general but, even more importantly, they are, avowedly and deliberately,
changes to the existing law. Thus it was difficult to communicate about such
laws in the usual terms, as texts which were declaratory or remedial. These
statutes did not simply purport to provide remedies to existing wrongs,
identified in turn by reference to supposedly pre-existing social norms.
These statutes were attempting to create norms that had no previous social
existence. Within the usual interpretative practices of the common lawyers,
which identified law as the embodiment of pre-existing custom, statutes
that deliberately sought to change the common law had to be identified as
valid but nevertheless ‘errors’ of law.
With the changing frequency and nature of statutory law, the difficulties
of describing statutory law in these traditional terms increased. The replace-
ment form of self-observation of statutory interpretation was already within
the system: statutory law was valid because it was passed by Parliament,

20 See Milsom: 1985, 150.


21 Horace Walpole, quoted in Lieberman: 1989, 17.
372 Richard Nobles and David Schiff

which had a superior authority to declare what law is than the courts. What
gradually changed was any sense that such laws were exceptional or any less
laws than the common law. In turn, these routine legal operations (the ac-
ceptance that the law is the law because it has been declared by an authori-
tative body) generated a new self-description which sustained it. This was
a positivist self-description, in which the basis of law was not reason, but
authority. Theorists such as Bentham and Austin took this self-description
and refined it into a description of law as the commands of a sovereign body.
Within the English system this sovereign body was Parliament, and the basis
of law’s authority, within the legal system, was the doctrine of the sover-
eignty of Parliament. This new doctrine did not require legal actors to alter
their political principles in recognition of Parliament’s increasingly demo-
cratic nature. It merely required their participation in a form of statutory
interpretation that facilitated the legal interpretation of a new quantity and
quality of legislation.
The problem which remained within the English legal system, one that
has not been fully resolved to this day, is how the operations of the common
law were to be carried out under these new conditions? A jurisprudential
self-description is an autological communication whereby the system de-
scribes itself to itself as a totality. And, with the rise of legislative activity, the
self-description of law, as a totality, was no longer communicated in terms
of reason and custom, but authority. If the common lawyer’s description of
their own system was simply a self-serving ideological cloak, one might
suppose that it would have continued as a description of this part of law,
alongside a contradictory explanation of statute law. However, this presup-
poses the ability to identify the existing common law using one self-descrip-
tion of what law is, whilst identifying statute law using another. But com-
mon law (as the decision of judges and the working out of doctrine) and
statute law do not operate at different moments within the legal system.
Statutes are invariably attempts to change the common law. Indeed, when
the new forms of statute made their presence felt they were less concerned
with changing earlier statute law than they are today, simply because the
background of existing law that they sought to change had less statutory
and more common law content than exists today. It is difficult to continue
to identify the law that is to be changed by reference to reason and custom,
and claim that it is universal and essentially unchanging, and then switch
to identifying the manner in which it has changed via new statutory law,
namely by reference to authority alone.
In this process the self-description of the law as authority became domi-
nant and in turn altered the nature of common law adjudication. Towards the
end of the 19th century, the nature of precedent changed within the legal sys-
tem. Without an understanding of law in terms of customs existing outside
of law, identified through reason, the English common law could no longer
Jurisprudence as Self-Description 373

claim to be unwritten, for there was nothing outside of the recorded deci-
sions of the judges that could constitute the law. Instead of statutes being in-
terpreted as if they were the products of the common law, the common law
began to be interpreted as if it were the product of legislation. Not only was
it accepted that its origins in court decisions made it a written form of law,
but the basis of its validity was recognised as the authority of the court which
had introduced it. Thus began the development of a stricter form of preced-
ent, with a complex doctrine of stare decisis, whereby the decisions of the
courts, on a hierarchical basis, were treated as the basis of law, with lawyers
struggling to identify the precise holding, or ratio decidendi of each decision.
The positivist self-description of the English legal system, whereby law is
based on the authority of its institutions rather than an expression of cus-
tom and reason, was a product of changing legal operations. But this self-
description did not capture all that was law within the system, any more
than did its natural law predecessor. While court decisions came to be inter-
preted as if they were statutes i.e. as if they were delegated legislation, the
system was not able to develop an adequate account of the limits of that
legislative power. In particular, whilst the strict doctrine of stare decisis pre-
sumed that law making would consist only of filling in ‘gaps’ left by prior
court decisions and existing statutes, the need to revisit and alter prior legal
decisions opened the prospect of a power to legislate without limit. This
would represent exactly what the English legal system’s self-description and
the procedures which it sustained had avoided: the direct expression of
moral or political philosophy, or political power, on adjudication. That
prospect has been avoided through the continuation of an earlier form of
natural law communication, whereby law is identified through reason,
rather than authority. Cases are regarded as authorities, with higher courts
binding lower ones, but higher courts continue to examine their own earlier
decisions for the principles and concepts which informed them, when de-
ciding what they represent. Within this process, law making (rather than
law finding) is communicated about as an exceptional moment, in keeping
with a self-description that accounts for law in terms of authority, and
places the highest authority with Parliament.

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The Territorial Inscription of Laws*

Alain Supiot**

The notion of space, in legal terminology, is not some Cartesian abstrac-


tion, which may be applied to any sort of place. Until recently the term was
used exclusively to refer to parts of the world which cannot be occupied on
a lasting basis because they have no perceptible limits and are unfit for
human life. Such are the seas and the oceans, the skies and interstellar space.
Moreover, the legal notions of air space and outer space, maritime space and
oceanic space have, in their accepted usage, always been defined in oppo-
sition to the Earth. In law, the Earth is not conceived as an abstract space
but rather as a mesh of territories, domains (public or private), regions or
countries, jurisdictions and sometimes sites or zones (subject to overriding
clauses). Significantly, it was only with the advent of globalisation that the
notion of space began to be used to refer to the earth and not only the skies
or the seas. And it was the European Union, which first described itself,
in legal terms, as an “area of freedom, security and justice”, without dis-
cernible limits, rather than as a territory or group of territories. Gunther
Teubner’s work has made a decisive contribution to our understanding of
the emergence of a global law gaining strength independently of territorially
based legal systems.1 In order to pay tribute to this great jurist (and long-
standing friend) I endeavour below to explore the meaning of – and the fu-
ture awaiting – our contemporary desire for a spatial legal system that
would have no territorial grounding.
This investigation is warranted particularly because the place of civili-
sation, in the primary legal sense of the term “civilised” (subject to the rule
of civil law), has until now never been the inherently formless space of the
sea or the skies, but always the terra ferma.
Civilising space has always meant referring it to terrestrial dimensions
which give it at once a being and a form. Already in Roman law we can find

1 * This text was first presented orally at the colloquium “Space and Civilisation”, orga-

nised at Qufu (China) in the Confucius Research Institute, 31 May – 2 June 2008. It was
translated from French by Saskia Brown.
** Institute for Advanced Studies of Nantes. <Email: Alain.Supiot@univ-nantes.fr.>
Web: <www.iea-nantes.fr>
1 See especially G. Teubner Global Law Without a State, Dartmouth Publ., 1997.
376 Alain Supiot

an adage – Forma dat esse rei, “the form gives being to the thing” 2 – which
registers the inaugural act by which all mythologies mark the birth or re-
birth of the world: the “higher waters” of the Heavens rise up from the face
of the waters, whereupon between the Heavens and the waters there
emerges dry land. This founding act is normative, it gives the world its first
limits and hence gives the measure of all things. Limiting and measuring are
the two inseparable sides of the activity of the jurist and the geometer. These
two figures come together in the figure of the surveyor who, in measuring
the land, defines what is due to each and what is common to all.
This is how the world becomes habitable, in the multiple senses of this
word derived from the latin “habere” (to have, to hold) 3. To inhabit the
world is to have a safe place in it, fit for habitation. It means giving the world
a form, making it into a human habitat, through the words by which we
name even the tiniest plot of land and through the acts by which we fashion
our landscapes. To inhabit the world also means conforming to shared ha-
bitual modes of life which take the ecological environment into account. A
habitable world is a world in which man’s relation to the land is laid down in
rules, which assign to each a place fit to live in.
In the Western tradition, these rules are part of what is called the legal sys-
tem, which encompasses penal and administrative law as well as civil law.
This tradition shares with the civilisations born of the religions of the Book
the ideal of a superhuman, atemporal and universal Law, which would
apply to every person in every place and could ignore territorial diversity.
But modern law is based on abandoning this ideal and on giving laws a ter-
ritorial anchor. Pascal may have jibed at the geographical limits of human
laws (“It is a strange justice that is bounded by a stream! Truth on this side
of the Pyrenees is error on the other”); but Montesquieu’s implicit rejoinder
affirmed that laws should precisely be relative: “They should be related to
the physical aspect of the country; to the climate, be it freezing, torrid, or
temperate; to the properties of the terrain, its location and extent; to the
way of life of the peoples, be they plowmen, hunters, or herdsmen; they
should relate to the degree of liberty that the constitution can sustain, to the
religion of the inhabitants, their inclinations, their wealth, their number,
their commerce, their mores and their manners” (Introduction to The Spirit
of the Laws) 4.
In modern times, the territorial inscription of laws is linked to legal sys-
tems in which the State crowns the institutional edifice. The world becomes
a mosaic of sovereign States in competition with each other over borders,
2 On this adage, which comes from the commentators on the Digest (35, 2, 80), see

H. Roland and L. Boyer Adages du droit français, Paris, Litec, 3rd ed., 1992, no. 137, p. 278.
3 See Lewis and Short A Latin Dictionary, Oxford, Clarendon Press, 1879, s.v. “habeo”.
4 Montesquieu The Spirit of the Laws, tr. Anne M. Cohler, Basia Caroline Miller and Ha-

rold Samuel Stone, Cambridge, Cambridge University Press, 1989, I, I, 3, p. 9.


The Territorial Inscription of Laws 377

control of the seas and colonisation overseas. However, each acknowledges


the other’s right to lay down the law within its own national territory. Carl
Schmitt theorised just such an international order in his Nomos of the Earth,
while also diagnosing its gradual decline 5. But his Nazi sympathies pre-
vented him from apprehending the deeper causes of the crisis affecting this
State-based organisation of the world. He attributed it to the increasing
power of the United States and the abstract pacifism of the founders of the
Society of Nations. What he overlooked was the return to a belief in uni-
versal and timeless law, which was the hallmark of major contemporary
ideologies, including National Socialism with its theory of Lebensraum.
These ideologies, based as they were on scientistic certainties, tended to
deny any idea of limit or human measure. “Law”, said Hitler, “is a human
invention. Nature knows neither the notary nor the surveyor. God knows
only force.” 6
If one can talk here of the return of a belief in superhuman laws, it is be-
cause the laws that appeal to Science, like divine laws, do not accept the
borders defining Nation States. Their dominion transcends any territorial
limit. Just as the Catholic Church declares that it knows no territory 7 and
that its dogmas are true and valid for the entire globe, so it is with the truth
of the “laws” of economics, biology or history. However, unlike the relig-
ious laws which unified Medieval Europe, the universal laws invoked today
are immanent and not transcendent. They do not appeal to the Heavens but
to the nature of things and of men: biology, economics and history are the
disciplines summoned today to reign over the terrestrial world. Scientistic
normativity was already operative in the nineteenth century (particularly
with Comte or Marx theoretically, and with colonialism politically) but it
blossomed in the twentieth century in the guise of racial biology and his-
torical materialism, along with their political by-products of racism, social
Darwinism and the class struggle. We should not, however, forget what dis-
tinguishes these modern variants of scientism from religious proselytism:
today, faith in these laws without a Legislator inspires not conversion but
destruction of others, the destruction of those whose disappearance is
deemed ineluctable and who must hence be treated like refuse 8 destined for

5 Carl Schmitt Der Nomos der Erde im Völkerrecht des Jus Publicum Europaeum

[1950]; tr. G. L. Ulmen The Nomos of the Earth in the International Law of the Jus Pub-
licum Europaeum, New York, Telos Press, 2003.
6 Libres propos sur la guerre et sur la paix, recueillis sur l’ordre de Martin Bormann, Paris,

Flammarion, 1952, p. 69.


7 See P. Legendre Dominium Mundi. L’Empire du Management, Paris, Mille et une

nuits, 2007, p. 21.


8 “War has returned to its original form. War between peoples has given way to another

war – one which aspires to possess wide-open spaces. Originally, war was nothing other
than a struggle over possession of pastureland. Today war is only a struggle over natural re-
sources. By virtue of an immanent law, these resources belong to whoever conquers them
378 Alain Supiot

the “rubbish heap of history” 9. This is doubtlessly the specific signature of


the insane massacres that accompanied the various imperial enterprises
dominating the history of our last century.
These empires have now fallen, one after the other, and the countries they
once ruled over have all donned the garments of the Nation State. Today the
State crowns the legal edifice, both internally and internationally. It is under
the aegis of the State that today man inhabits the earth (I). But no one can
ignore that this institutional edifice is coming apart and that an imperial
logic is still at work. This logic no longer assumes the guise of a localisable
power bent on extending the territorial scope of its laws but takes the form
of a deterritorialisation of law, carried out in the name of the globalisation of
the world ( II ). Neither the deterritorialisation of law nor a return to re-
lations purely between Nations States has a viable future. The only thing of
which we can be certain is that man is an earth-bound animal who must dis-
cover anew a sense of measure by which to redraw a world fit to live in ( III ).

I. Inhabiting the world: the institution of territories


Just as all cosmogonies show the birth of the Heavens and the Earth
from the cosmic Ocean, so they all affirm the earthly substance of the
human being. Adam, the first man in the religions of the Book, derives
his name from the red earth (adama) from which God fashioned him.
Man’s name comes from the Latin humus (damp earth): man (homo) is
the one who comes from the earth and is destined to return to it (to be
inhumed) 10. Although born of the earth, man is endowed with a divine
spirit which entitles him to take possession of it, to fashion it in his image
and to make it fruitful by his labour 11. This second aspect – the “taking of

(…). This is in harmony with the laws of nature (…). This ceaseless struggle is justified by
the law of selection which enables the best to survive. Christianity is a rebellion against this
natural law, a protest against nature. Taken to its logical limit, Christianity would mean sys-
tematically cultivating the refuse of humanity”. Adolf Hitler Libres propos sur la guerre et
sur la paix, op. cit., p. 51.
9 It was Trotsky who first used this expression to designate opponents of the Bolshevik

party within the Congress of Soviets.


10 See Lewis and Short op. cit., s.v. “humus” and “homo”.
11 In Mesopotamian mythology, the creation of man (out of earth mixed with the blood

of a sacrificed god) is attributed to the fact that the lesser gods, weary of working, came out
on strike. See J. Bottero and S.N. Kramer Lorsque les dieux faisaient l’homme. Mythologie
mésopotamienne, Paris, Gallimard, 1989, p. 526 sqq. Cultivating the land was the first way
in which it was made fruitful by human labour. Cultivating the land implied that one pos-
sessed it, and the Enlightenment philosophers were unanimous in considering cultivation
to be the first title deed (see ch. V of Locke’s Second Treatise on Civil Government [1690],
“Of Property”).
The Territorial Inscription of Laws 379

land” 12, taking possession by labour or force – has been dominant in the
modern Western world, at the cost of repressing how man belongs to the
land. This lop-sided vision, whose religious origins we can only surmise 13,
sees nothing but the imprint of man on the earth and remains blind to the
imprint of the earth on man.
In order for our sight to be fully restored, we should turn to the civili-
sations which have not yet been blinded to the earth-bound dimension of
man 14. Black Africa has without a doubt remained most sensitive to what
man owes to the land 15, and it is on this continent that one can find the most
subtle institutional forms reflecting the complexity of the relation. For
example, there are two distinct and complementary authorities, which pre-
side over relations to the land in the countries of Western Africa: the chief of
the village and the “master of the land” 16. The chief of the village parades the
signs of his power and never walks barefoot. He embodies “the fate of a per-
son who has chosen to adopt no other relation to the surrounding world
than that pertaining between a hunter and his prey” 17. The master of the
land, by contrast, lives humbly and walks barefoot, and his “essential task is
to ensure that each person and the whole village have a viable relation to the
land” 18. He presides over the rituals designed to ensure the land’s fertility
and settles disputes relating to its use or distribution. Compared to the
predatory figure of the chief, he incarnates the authority of the forefathers
and the stability of territorial connections. African civilisations thus invite
us to make a distinction within our own institutions between what connects
a person to the land and what gives him control over it.
In the legal sphere, a person’s connection to the land continues to inform
decisions on two fundamental issues: the determination of his or her iden-
tity and the laws which he or she must observe.
The question of identity arises in matters of personal status. Connection
to a territory plays a role here through what is today called nationality law.
“Nationality” is related etymologically to “being born”, and it situates each

12 According to Carl Schmitt, the taking of land (Landnahme) is the same as the Nomos of

the land, that is, the “originary act which founds the legal system”.
13 Christianity is both the religion of God the Creator without a woman and of a man-

god on earth.
14 This dimension was of great importance in European Antiquity. See J. Bachofen Das

Mutterrecht [1861], tr. David Partenheimer Mother right: a study of the religious and
juridical aspects of gynecocracy in the ancient world, 5 vols., Lewiston, N.Y., Lampeter,
Edwin Mellen Press, 2003–2007: “As the Ocean faces the Land, so man faces woman”.
15 See O. Journet-Diallo Les créances de la terre. Chronique du pays Jamaat, Publications

de l’Ecole Pratique des Hautes Etudes, Brepols, 2007, 364 p.


16 See the case of Kasena country in Burkina Faso, in: D. Liberski-Bagnoud Les dieux du

territoire. Penser autrement la généalogie, Paris, CNRS -Ed. de la MSH , 2002, 244 p.
17 D. Liberski-Bagnoud op. cit., p. 100.
18 D. Liberski-Bagnoud op. cit., p. 206.
380 Alain Supiot

of us, as from birth, at the juncture of a territory and a lineage. Conse-


quently nationality law combines considerations of the place of birth (jus
soli) with that of the nationality of the parents (jus sanguinis) in different pro-
portions depending on the country, to which should be added the possibil-
ity of acquiring one or more other nationalities later and hence having adop-
tive homelands. Nationality, which is an element of identity in the legal
sense, is the source of personal status, that is, of a non-negotiable set of
rights and duties towards the State or States of which one is a national 19.
This status can limit or even prevent the movement of a person beyond the
territory to which he belongs 20. The weightiest duty is, however, to defend
the national territory and hence run the risk of “dying for one’s country” 21.
It was on the basis of such a duty that motherlands devoured their children
by the millions in the last two World Wars 22.
A person’s connection to a territory can be seen in a different light when
the question is no longer who he is but by what law he is governed. Are
people bound at all times and places by the laws of their nation or must they
obey the laws of the place in which they happen to be? The reply to this
question has evolved over hundreds of years in the West. In Europe, the in-
vasion and dislocation of the Roman Empire led to populations living to-
gether while obeying different laws. The new barbarian masters followed
their various customs while the descendants of the subjects of the Empire
(and the Church) remained subject to a largely adulterated version of

19 According to the Court of Justice of the European Communities (henceforth CJEC ),

the bond of nationality is founded on “a particular relation of solidarity with respect to the
State and reciprocal rights and obligations” ( CJEC 3 June 1986, Case C-307/84, Commis-
sion of the European Communities v French Republic, European Court Reports 1986,
1725; CJEC 16 June 1987, Case C-225/85 Commission v Italy, European Court Reports
1987, 2625; CJEC 30 May 1989, Case C-33/88 Allué and Coonassu v Universita degli studi
di Venezia).
20 Numerous institutions in the history of law oblige peasants to stay on the land they

cultivate (see, for example, the Roman colonus system or later serfdom, in: F. Girard Ma-
nuel élémentaire de droit romain, Paris, Rousseau, 5th ed. 1911, p. 132 sqq.; also Ch. Re-
villout Étude sur l’histoire du colonat chez les romains, Paris, A. Durand, 1856, 44 + 64 p.;
Fustel de Coulanges Recherches sur quelques problèmes d’histoire, vol. 1, Paris, Hachette,
2nd ed. 1894, reprint, Brussels, Culture et civilisation, 1964, pp. 3–186). This obligation to
remain on a particular territory has not disappeared (see, for example, the residence
requirements accompanying certain jobs) but it tends today to involve a prohibition on en-
tering or remaining on other territories rather than a prohibition on leaving one’s own.
21 See E. Kantorowicz “Pro Patria Mori in medieval political thought”, American His-

torical Review, vol. 56 (1951), p. 472–492.


22 The number of soldiers killed during the First World War is estimated at 7.8 million. In

the Second World War, the number of civilian casualties of both sexes rose dramatically.
Half of all the human losses on the European continent were sustained by the USSR alone,
with 21 million dead (11 % of its population), of which 13.6 million were soldiers and more
than 7 million were civilians (see A. Bullock Hitler and Stalin. Parallel lives, London, Har-
perCollins, 1991; 1993).
The Territorial Inscription of Laws 381

“Roman law”. In this system, which lasted from the fifth to the eleventh
century, each person lived by the law of his origins, that is, of his ethnic
group 23. This principle, which was called the personality of laws, was
undermined by the mingling of populations and the rise of feudalism, which
led to the same local or regional customs, the same law of the place (lex
loci ), being applied to all the inhabitants of the same seigniory. This is how
the principle of the territoriality of laws gained currency, and its progress ac-
companied that of the Nation State 24. The world came to look like a jigsaw
of separate legal regimes, with each State having sovereignty over the laws
to be applied on its territory. But since States were not absolutely separate
from each other, it was necessary to decide what judge was entitled to ad-
judicate and what law was to be applied in situations involving a foreign el-
ement. The objective rules laid down for this constituted what is called Pri-
vate International Law, which, despite its name, was until recently largely
internal and differed from one State to the next. In all countries, however,
the degree of territorial purchase of national legislation is a function of what
the law applies to: it has greatest territorial purchase in the fields of immov-
ables, liability in tort and public security, and the least purchase in the con-
text of international transactions, which by definition are associated with
different territories 25.
In modern law, man’s control over the land takes two distinct but comple-
mentary forms: sovereignty and property. Both of these establish an exclus-
ive relation between the sovereign or owner and the lands he governs or
possesses. This exclusivity is completely new in the long history of law and
could well be only a temporary phase. For if we take a comparative histori-
cal view of land laws, man’s rights in the land have at almost all times and
places been a function of the bonds between men or with the gods 26. This
stems from a deeply rooted sense that the human being, who is an earthly
and mortal creature, cannot seriously lay claim to sovereign power over the
natural elements. The power man retains over the land is always derived

23 See L. Stouff Étude sur le principe de la personnalité des lois depuis les invasions bar-

bares jusqu’au XII e siècle, Paris, Larose, 1894, 102 p.


24 This principle is only apparently straightforward, since it has received different inter-

pretations in international law. See P. Mayer and V. Heuzé Droit international privé, Paris,
Montchrestien, 9th ed. 2007, no. 49 sqq; D. Bureau and H. Muir Watt, Droit international
privé, Paris, PUF, 2007, vol. 1, no. 329 sqq.
25 See Article 3 of the French Civil Code: “Statutes relating to public policy and safety

are binding on all those living on the territory. Immovables are governed by French law
even when owned by aliens. Statutes relating to the status and capacity of persons govern
French persons, even those residing in foreign countries”.
26 C. M. Hann applies a concept developed by Karl Polanyi to property, and talks of the

“embeddedness of property” (see C. M. Hann (ed.), Property relations. Renewing the an-
thropological tradition, Cambridge, Cambridge University Press, 1998, Introduction, esp.
p. 9 sqq.).
382 Alain Supiot

from an other: from a master or a god, who has granted man use of it but
may revoke this.
In the history of Western law this notion of tenure is linked to the feudal
structures, which dominated the Medieval period 27 to varying degrees (in
France more than elsewhere 28). For the feudal world, it was the bonds of de-
pendence between men that determined their rights in the land. This was
true of political power (which the suzerain exercised only indirectly over the
territory of his vassals) and also of economic power, which was divided
(with the exception of allodial land) between the dominium eminens of the
lord and the dominium utile of the vassal or tenant. Tenure, whether in its
noble form (the fief) or common form (censive tenure) was always tenure-
service, a concession granted in return for dues. Rights in the same piece of
land were thus distributed between different people. This type of legal
set-up was not, however, restricted to Western feudalism, nor to the Medi-
eval period. In the Ottoman Empire, for example, rights in the land were di-
vided between those who farmed it and had certain rights over it (on con-
dition that they cultivated it successfully), regional administrators who
collected taxes on the produce and lastly the imperial treasury, which had
ultimate tenurial superiority 29. Another example can be found in a study by
Jacques Berque on land farmed in terraces in the valleys of the High Atlas in
Morocco, where each family has tenurial superiority over its plot, which is
handed down from generation to generation; the family can always demand
to buy back the land from its present occupier 30. One of the features which
these variants have in common is that several people may exercise different
rights simultaneously in the same property, which itself remains indivisible.
The situation reversed with the advent of the modern right to property:
land was no longer perceived as the site of relations between people but was
treated as a thing submitted to the will of one person alone. The far-reaching
consequences of this reversal could not fail to have considerable impact on
how human environments were shaped, corresponding, in the legal sphere,
to what Augustin Berque as a geographer called the “freeze on the object” 31.
As Louis Dumont has shown, an economic ideology implies the subordi-

27 See M. Bloch La société féodale [1939], tr. L. A. Manyon, Feudal Society, London,

Routledge & K. Paul, 1961.


28 A. Esmein Cours élémentaire de droit français, Paris, Larose, 1898, p. 185 sqq.; J.-F.

Lemarignier La France médiévale. Institutions et sociétés, Paris, A. Colin, 1970, p. 161 sqq.
29 See M. Mundy & R. Saumarez Smith Governing Property, Making the Modern State.

Law, Administration and Production in Ottoman Syria, London-New-York, IB Tauris,


2007, p. 11 sqq.
30 J. Berque “Documents anciens sur la coutume immobilière des Seksawa”, Revue Afri-

caine XCIII , 1948, pp. 363–402, reprinted in: Opera Minora, Paris, Bouchène, 2001, vol.1,
pp. 359–384.
31 A. Berque Écoumène. Introduction à l’étude des milieux humains, Paris, Belin, 2000,

p. 69 sqq.
The Territorial Inscription of Laws 383

nation of relations between men to relations between men and things 32.
Moreover, the market economy needs goods fit for exchange, that is,
cleansed of any trace of personal bonds. In the Napoleonic Code the direct
relation between men and things (treated in Book II ) forms the basis of the
contractual relations between men (treated, with successions, in Book III ).
The equivalent of this development in the political order was the establish-
ment of the figure of the sovereign, incarnated in the State as guarantor of
respect for private property. Public and private were no longer interlinked
in feudal fashion but sharply differentiated: the public domain of national
territory was controlled by the State and seamlessly 33 juxtaposed with pri-
vate domains subject to the sovereign will of their owners. The dominium
eminens of the State has not disappeared completely, however. Legislation
provides for the expropriation of land for public use in return for compen-
sation 34, and in the absence of legal claimants property still escheats to the
State. More generally, the right to property must operate in conformity
with the law 35. Exercising this right even supposes the existence of a sover-
eign State to ensure that the property of each is respected by all. When this
condition no longer applies, the fiction of a direct and exclusive legal bond
between men and things is no longer tenable and the relations of depend-
ence between people once again come to the fore 36.

32 L. Dumont Homo æqualis I. Genèse et épanouissement de l’idéologie économique

[1985], tr. From Mandeville to Marx: the genesis and triumph of economic ideology, Chi-
cago-London, University of Chicago Press, 1977, 236 p.
33 This leads to the issue of the legal regime applicable to the public face of private prop-

erty. The question arose, for example, of whether the owner of a building had rights over
the image of its façade (the French courts ruled that the owner did, but this was subse-
quently annulled by the Court of Cassation (7 May 2004). See Y. Strickler Les biens, PUF,
coll. Thémis, 2006, no. 12; p. 36 sqq.).
34 See the Declaration of the Rights of Man and of the Citizen (1789), article 17: “Since

property is an inviolable and sacred right, no one shall be deprived thereof except where
public necessity, legally determined, shall clearly demand it, and then only on condition
that the owner shall have been previously and equitably indemnified”.
35 See the French Civil Code, art. 544: “Ownership is the right to enjoy and dispose of

things in the most absolute manner, provided they are not used in a way prohibited by stat-
utes or regulations”.
36 As A. Macfarlane notes: “The dissolution of the state is not a good basis for modern

private property, which is ultimately underpinned, as Locke and his successors recognized,
by powerful, if largely invisible, state power” (in: “The mystery of property: inheritance
and industrialization in England and Japan”, in: C. A. Hann (ed.), Property relations. Re-
newing the anthropological tradition, op. cit., p. 104 sqq., cited p. 115).
384 Alain Supiot

II. Globalising the world: the deterritorialisation of laws


The term “globalisation” is a slogan more than a concept. It embraces a
heterogeneous body of phenomena which should be carefully differenti-
ated. The abolition of physical distances through the circulation of signs be-
tween people is a structural phenomenon enabled by new digital technol-
ogies. By contrast, the globalisation of trade in things is a conjunctural
phenomenon which is the result of reversible political decisions (lifting trade
barriers) and of the temporary over-use of non-renewable natural resources
(keeping transport costs artificially low). It is the combination of these two
different phenomena, which impoverishes the heterogeneity of signs and
things by referring them to a single monetary standard, that is, by trans-
forming them into “liquidities” 37. Even territory does not escape this pro-
cess of “liquidation”. It ceases to be seen as a place from which one comes
and to whose laws one is subject, existing only as object of property and as
such submitted to laws, which transcend its singularity. This process of
uprooting laws from their territorial grounding has clearly not come to an
end (nor can it, without an apocalyptic liquidation of the entire world) 38.
But it has lead to the dislocation of territorial legal systems due to the dual
pressure of personal laws undermining them from within (A) and universal
laws dismantling them from without (B).
The personality of laws first reappeared in Western legal systems with col-
onisation, when the colonisers enjoyed a different status to that of indigen-
ous populations 39. It then reached Europe when certain States began to base
personal status on racial characteristics. Nazi Germany was obviously the
principal actor in grounding legal status in biology. While it certainly had no

37 A debt or a debt-claim is termed “liquid” when it can be converted into a determinate

quantity of money. Liquidating an asset means making it fungible, converting it into mon-
etary rights. In everyday language, French “liquide” refers both to ready money (cash) and
to an aqueous medium (see G. Cornu (ed.), Vocabulaire juridique, Paris, PUF, 1987, s.v.
“Liquidation” and “Liquide”); in English, the terms “liquidities” and “liquid” communicate
in a similar way.
38 As observed by G. Deleuze and F. Guattari (Mille plateaux [1980], tr. Brian Massumi,

A thousand plateaus: capitalism and schizophrenia, Minneapolis, University of Minnesota


Press, 1987) any process of deterritorialisation leads to a reterritorialisation, which is never
a return to a primitive or a former territoriality. The many signs of the current reterritori-
alisation would call for a further paper.
39 In the French colonies, for example, indigenous status (French indigénat) combined

the original personal status with a restricted French nationality. Citizenship was reserved
for those who were “native French” and, in Algeria, was extended to indigenous Jews by
the Crémieux Decree in 1870, and later to non-Muslim (that is, European) foreigners in
1889. Similar solutions were adopted in the English colonies (see, on India, Ved P. Nanda &
Surya Prakash Sinha Hindu Law and Legal Theory, Aldershot, Dartmouth, 1996, p. xiv
sqq.). Far from contributing to reducing the diversity of personal statuses, colonisation
helped anchor them in the legal culture of the country: after Algerian independence, being
a Muslim became a condition for attribution of Algerian nationality.
The Territorial Inscription of Laws 385

monopoly on biologism 40 or racial discrimination 41, it took these to their


most extreme limit in its programmed extermination of the Jews and the
massacre and enslavement of Slavs living in the Lebensraum, which it
wanted to annex. The monstrosity of these acts, together with the indepen-
dence progressively gained by colonised countries, explain why the idea of
personal status was thoroughly discredited in the immediate post-War
period. However, it is reappearing today in different forms, but instead of
being imposed it is actually claimed in the name of individual liberties; and
it is no longer by racialist biology but by genetics that men are being gov-
erned, through certain legal provisions.
Today, the free choice of one’s status is driving a roaring trade, both econ-
omically and personally.
In the realm of economic exchange, the freedoms associated with free
trade (freedom of establishment, to supply services and to put goods and
capital into circulation) have been invoked to allow investors and firms to
dodge the legislation of the country in which they operate in favour of an-
other, more profitable, one. Flags of convenience, which used to be con-
fined to the law of the sea, have been hoisted on dry land in the form of a
law shopping which treats national legislation as a product competing on an
international market of norms 42. This approach has been actively promoted
in Europe by the Court of Justice of the European Communities which up-
held a company’s right to avoid the rules of the State in which it is operating
by registering in a State with less restrictive rules 43. In order to facilitate such
law shopping, the “Doing Business” programme of the World Bank regu-
larly ranks 178 countries (renamed “economies”) according to their tax and
welfare legislation – the least stringent first 44. The legal view of the world
implicit in these developments is that of a market of norms in which free in-
dividuals may choose to adopt the law, which is most profitable to them.

40 See the useful summary by André Pichot in: La société pure. De Darwin à Hitler,

Paris, Flammarion, 2000.


41 On Vichy legislation, see D. Gros (ed.), Le Droit antisémite de Vichy contre la tradi-

tion républicaine, journal “Le Genre humain”, Seuil, 1996, 624 p.


42 For an overview and a substantial bibliography, see H. Muir Watt Aspects écon-

omiques du droit international privé (Réflexions sur l’impact de la globalisation écon-


omique sur les fondements des conflits de lois et de juridictions), Académie de droit inter-
national de La Haye, Recueil des cours, vol. 307 (2004), Leiden-Boston, Martinus Nijhoff
2005, 383 p.; also her “Concurrence d’ordres juridiques et conflits de lois de droit privé”,
in: Le droit international privé: esprit et méthode. Mélanges en l’honneur de Paul Lagarde,
Paris, Dalloz, 2005, p. 615 sqq.
43 CJEC , 9 March 1999, Centros, Case C-212/97, European Court Reports 1999, I, 1459

concl. La Pergola. For a similar conclusion, see CJEC , 11 Dec. 2007, Viking, Case C-438–05
(which deduced from the freedom of establishment the right to use flags of convenience).
44 See <www.doingbusiness.org>, and particularly a map of the world represented as a

space of competition between legislations (“Business planet mapping the business environ-
ment”).
386 Alain Supiot

This sort of market will gradually eliminate the normative systems which
are the least able to satisfy the financial expectations of investors 45.
This free-market version of the personality of laws is not restricted to the
economic field. The notion of personal law, which was reinvented in the
nineteenth century in the context of colonialism or slavery, has found a new
lease of life through the vast numbers of people in Western countries who
have been imported to work there for next to nothing or have been driven
from their homes through the destruction of their traditional environments.
Western countries, which are faced with this situation have opted for one of
two policies: assimilation or multiculturalism. Assimilation means uphold-
ing the territoriality of laws whereas multiculturalism requires the person-
ality of laws to be reintroduced so that different legal cultures may coexist in
a single country. This kind of multiculturalism, however, in contrast to
older forms of coexistence between communities (such as indigenous status
under colonialism or the Ottoman millet system 46), claims to act in the
name of human rights and the freedom of the individual to choose his or her
personal status. Demands shift here from having to being, from the realm of
the socio-economic to that of identity – and it is not only groups but indi-
viduals who want to become their own law-givers. On the collective level
the “right to difference” has been championed by various minorities – eth-
nic, sexual and religious – which invoke their position as victims in order to
have a special status attributed to them and hence to limit the scope of the
law which applies to all the inhabitants of the same territory 47. On the indi-
vidual level, the right to privacy is invoked to erode the principle of the ina-
lienability of civil status so that each person may determine his or her own
identity 48. As always in the history of law, the reemergence of older legal
structures does not imply a return to the past but contributes to the con-
struction of new categories. The personality of laws, in its individualist
form of “a law for me” and “myself as law”, is the legal expression of the po-
45 On the ideological origins and logical insufficiencies of this normative Darwinism, see

A. Supiot “Le droit du travail bradé sur le marché des normes”, Droit Social, 2005,
pp. 1087–1096.
46 On this form of exercise of imperial power, see R. Mantran “L’Empire ottoman”, in

Centre d’analyse comparative des systèmes politiques, Le concept d’empire, Paris, PUF,
1980, p. 231 sqq.
47 For the United States, see M. Piore Beyond Individualism, Cambridge, Mass., Har-

vard University Press, 1995, 215 p.; for Canada (and using the same notion of “minority” to
refer to the Inuits, homosexuals and women), see A. Lajoie Quand les minorités font la loi,
Paris, PUF, 2002, 217 p.
48 For this shift towards laying claim to a self-determined personal status in the name of

the right to privacy, see H. Muir Watt Droit international privé, op. cit., vol. 2, no. 642, p. 43
sqq.; D. Gutman Le sentiment d’identité. Étude de droit des personnes et de la famille,
Paris, LGDJ , 2000, p. 340 sqq.; J.-L. Ranchon “Indisponibilité, ordre public et autonomie de
la volonté dans le droit des personnes et de la famille”, in: A.Wijffels, Le code civil entre ius
commune et droit privé européen, Brussels, Bruylant, 2005, p. 269 sqq.
The Territorial Inscription of Laws 387

tentially devastating narcissism which characterises this latest stage in West-


ern culture 49.
The emergence of a biological status is the other facet of this contempor-
ary version of the personality of laws. The idea of grounding private prop-
erty of land in biological inequalities is as old as economic liberalism itself 50.
It was used to justify the colonisation of peoples who continued to view
their land as an oecumene 51 and not as a commodity, long before racialist bi-
ology supplied “scientific” arguments. “We shape the life of our people and
our legislation according to the verdicts of genetics”, said the Nazis 52, thus
expressing a conviction which today has become a commonplace: that the
only laws really binding on man are those revealed by science. The genetics
of populations may have given way to biomolecular genetics over the last
half century, but explanations based on the genome have simply replaced
racial ones, within a discourse whose dogmatic structure has remained un-
altered 53. Nowadays biotechnology enables us to ascertain the genitor of
any mammal. Consequently, the complex institutional mechanisms, which
used to refer every human being to a territory as much as to a filiation – and
that filiation itself to a familial status rather than to a “genetic truth” – seem
suddenly outdated. And indeed, the last thirty years have seen the idea of a
“biological truth” of filiation gain ground, to varying degrees, in the legis-
lation of European countries 54. In countries, like Germany, where jus san-
guinis was already the cornerstone of nationality, there was little resistance
to this 55. In countries attached to the jus soli, however, like France, people

49 Christopher Lasch Culture of Narcissism: American Life in an Age of Diminishing Ex-

pectations, New York, Norton, 1979. See also the notion of “self-grounded subject-king”
developed by Pierre Legendre, for whom “Forcing the subject to act as the Third towards
himself is no liberation; it crushes him, transforming social relations politically into a free-
for-all concealed beneath a discourse of generalised seduction. What is implicit in the new
management-inspired legal initiatives can be revealed for all to see, and I would summarise
it as follows: good luck to you” (P. Legendre Les enfants du Texte. Étude sur la fonction par-
entale des États, Paris, Fayard, 1992, p. 352).
50 See J. Locke Treatise on Civil Government [1690], §. 27 and 32; A. Thiers De la pro-

priété, Paris, Paulin Lheureux, 1848, Bk.I, ch. IV : “That man has among his personal fac-
ulties a first incontrovertible property, which is the origin of all the others”, p. 32 sqq.
51 “The oecumene is the totality and the condition of human environments in their prop-

erly human, but no less ecological and physical, dimension”, A. Berque Écoumène. Intro-
duction à l’étude des milieux humains, op. cit., p. 14.
52 Nazi Primer, cited in: Arendt The Origins of Totalitarianism, London, Allen & Unwin,

1967, p. 350.
53 See A. Pichot Histoire de la notion de gène, Paris, Flammarion, 1999; also P. Legendre

“L’attaque nazie contre le principe de filiation”, in: Filiation, Paris, Fayard, 1990, p. 205 sqq.
54 See C. Labrusse-Riou Écrits de bioéthique, Textes réunis et présentés par M. Fabre-

Magnan, Paris, PUF, 2007, esp. p. 49 sqq. and 327 sqq.


55 See R. Frank “La signification différente attachée à la filiation par le sang en droit al-

lemand et en droit français de la famille”, Revue internationale de droit comparé, 1993, 635.
388 Alain Supiot

were less keen to let test-tubes decide on a person’s identity 56 but the press-
ure to do so was strong. The bill on the use of genetic testing to monitor the
family reunion of immigrants, which was thrown out in 1987, has just been
adopted in France, in 2007, with the approval of the Constitutional Coun-
cil 57. Moreover, the highest echelons of the French State make no mystery of
their belief that human behaviour is genetically determined, which would
justify screenings and preventive measures 58. A similar faith inspires the
economists who look for the ultimate laws governing their vision of the
world in biology. It is a world peopled by hordes of contracting particles
whose behaviour could be explained and monitored by analysing their
genes or cerebral cortex 59. Biological identity is even set to supplant civil
status in border controls, through the progressive extension of biometrics
by which cosmopolitan elites entitled to circulate across the entire globe
may reliably be distinguished from migrants driven out by penury, who are
to be turned back or selectively passed according to manpower needs 60. In-
habiting the global world in these two extreme ways – as winners or as
losers – should not be confused with the ancient figure of the nomad. No-

56 See articles 16–10 sqq. of the French Civil Code, which set stringent conditions on the

examination of the genetic particulars of a person.


57 French Constitutional Council, Decision no. 2007–557 DC , November 15th 2007

(“Act relating to the control of immigration, integration and asylum”).


58 Their belief goes under the banner of scientific truth, as illustrated for example by Ni-

colas Sarkozy’s declarations when he was Minister of the Interior on the existence of genes
for paedophilia and suicide (Interview with Michel Onfray Philosophie Magazine, 2007,
no. 8). Likewise his programme for early detection of children genetically predisposed
to delinquency. This programme set out to give legislative expression to the results of a re-
port by the National Institute for Health and Medical Research ( INSERM ), which main-
tained that 50 % of “Oppositional Defiant Disorders” were genetically determined and
which also recommended screening for these disorders as early as the crèche or nursery
school ( INSERM , Troubles des conduites chez l’enfant et l’adolescent, Sept. 2005, 428 p.
<http://ist.inserm.fr/basisrapports/trouble-conduites.html>) .
59 See G. S. Becker The Economic Approach to Human Behavior, Univ. of Chicago

Press, 1976, esp. the last chapter, p. 282 sqq.: “Altruism, Egoism, and Genetic Fitness:
Economics and Sociobiology”. The most recent trend is called neuroeconomics and refers to
neurology rather than genetics to explain economic behaviour. See P. W. Glimcher Deci-
sions, Uncertainty, and the Brain: The Science of Neuroeconomics, MIT Press, 2003, 375
p.; also C. Camerer, G. Loewenstein, D. Prelec “Neuroeconomics: How neuroscience can
inform economics”, Journal of Economic Literature, Vol. XLIII , March 2005, pp. 9–64; and
Jean-Pierre Changeux and Christian Schmidt “La refondation de l’analyse du risque à la lu-
mière des neurosciences”, Risques, no. 71, September 2007.
60 According to an agreement signed between the United States and some thirty (mostly

Western) countries, holders of biometric passports do not have to obtain a visa to enter the
U.S.A. A PARAFES file of biometric data on air passengers has recently been created in
France (PARAFES : “Automated fast track crossing at Schengen external borders” (Passage
Automatisé Rapide Aux Frontières Extérieures Schengen), in order to “improve border police
controls of air passengers and enable [Schengen area] external borders to be crossed more
rapidly” (Decree no. 2007–1182 of 3 August 2007, Journal Officiel of 7 August 2007, p. 13203).
The Territorial Inscription of Laws 389

madism is not defined by moving from place to place; the nomad is not
without a territory but simply will not settle on any part of it 61. This doubt-
less makes him unassimilable to the categories derived from Roman law
which all emanate from the idea of attributing to each his own. By contrast,
insofar as biometric methods of identification extract identity from any ter-
ritorial reference, they are ideal for controlling nomads (or what remains of
them) as well as sedentary peoples, migrants and transnational managers.
The belief in universal laws is the second factor in the dislocation of the
territorial inscription of laws. Today it takes the form of the economic
dogma of globalisation. Unlike classical economic liberalism, which viewed
the legal system as the institutional basis for the production and distribution
of wealth, this new credo views it simply as an instrument in the service of
the supposedly immanent laws of the economy. This dogma was system-
atised in the West in the Law and Economics doctrine, which tallies with the
Marxist creed of law as the “reflection” of the economic base. It could there-
fore serve to justify combining capitalist and Communist systems in the de-
velopment of what the Chinese Constitution calls the “Communist market
economy” 62. In this hybrid system, the free market has contributed the
competition of all against all, free trade and maximising individual utilities,
while Communism has contributed “limited democracy”, the instrumen-
talisation of the legal system, an obsession with quantification and the abyss
separating the lot of the rulers from that of the ruled. This system is not spe-
cific to China and it has gained ground, in different guises and to varying
degrees, in Eastern and Western Europe 63. It has contributed to the deterri-
torialisation of law in two different ways.
The first and most obvious effect has been the dismantling of any sort of
legal limit, which might hinder the circulation of goods and capital or the
provision of services internationally. The system’s ultimate goal is a Total
Market encompassing all of humankind and all the products of the planet,
within which each country would abolish its trade barriers in order to ex-
ploit its “comparative advantages”. Such a programme was clearly spelled
out in the Preamble to the Marrakesh Agreement establishing the World

61 See G. Deleuze and F. Guattari Mille plateaux [1980], tr. Brian Massumi, A thousand

plateaus: capitalism and schizophrenia, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1987;


“Traité de nomadologie”, cited by A. Gokalp “Palimpseste ottoman”, in: A. Supiot (ed.),
Tisser le lien social, Paris, Éd. de la MSH , 2004, p. 93 sqq.
62 The exact phrase (which can be found in Article 15 of the Constitution of the People’s

Republic of China) is (shehuizhuyi shichang jingji), which translates lit-


erally as “socialist market economy”. In order to avoid confusion with the sense which “so-
cialist” has acquired in French politics (the idea of a mixed economy, which the Socialist
Party espoused for a time), I have preferred the translation “Communist market econ-
omy”.
63 See A. Supiot “L’Europe gagnée par ‘l’économie communiste de marché’”, Revue du

MAUSS permanente, 30 janvier 2008 <www.journaldumauss.net/spip.php?article283>.


390 Alain Supiot

Trade Organization ( WTO ). The growth in quantifiable economic indi-


cators – employment levels, a large and steadily growing (sic) volume of in-
come and demand; increased production of and trade in goods and ser-
vices – is presented in this text as an end in itself, to be attained by means of
“the substantial reduction of tariffs and other barriers to trade and the elim-
ination of discriminatory treatment in international trade relations”. Such a
policy entails destroying the heterogeneity of national legal systems, which
are summoned to rid themselves of any rules liable to hinder the free circu-
lation of goods and capital 64. Dismantling trade barriers in this way has sig-
nificant environmental effects 65 which are not addressed by the high-profile
condemnation of countries which forbid the importation of goods whose
mode of production does not conform to their own environmental legis-
lation 66. The economic dogma is even applied to the planet itself, which is
assimilated to a commodity and so must be open to investment or real es-
tate speculation 67. The transformation of the earth into an asset which can
be liquidated on a global market goes together with a change in terminol-
ogy: the notion of space, which was previously restricted to the law of the
sea, has now been extended to the “law of the earth”. The European Union,
for example, no longer defines itself as a single territory or a group of dis-
crete territories but as an “espace sans frontières intérieures” (“area without
internal frontiers”) or an “espace de liberté, de sécurité et de justice” (“area
of freedom, security and justice”) 68 designed to include an indeterminate
and indeterminable number of new member States.
This dissolution of the singularity of territories into an abstract, measur-
able and negotiable space encounters strong resistance in some countries

64 Article 56E of the EU Treaty prohibits “all restrictions on the movement of capital [or

on payments] between Member States and between Member States and third countries”.
65 For example, the removal of customs duties on imports into the European market of

American oilseeds and related animal-feed proteins in 1962 led to intensive soil-less culture
in Brittany which caused massive pollution to the region’s entire hydrographic system. (See
L. Lorvellec “ GATT, agriculture et environnement” in: Écrits de droit rural et agroalimen-
taire, Paris, Dalloz, 2002, pp. 491 sqq).
66 See the famous cases of tuna or shrimp fished with nets which destroy dolphins and

sea turtles; or the condemnation of Europe’s refusal to import American hormone-treated


beef. On the rulings, see R. Howse and D. Regan “The Product/Process Distinction – An
Illusory Basis for Disciplining ‘Unilateralism’” in: Trade Policy, European Journal of Inter-
national Law, 2000, vol. 11, no. 2, pp. 249–289.
67 According to the European Court of Justice, “Whatever the reasons for it, the pur-

chase of immovable property in a Member State by a non-resident constitutes an invest-


ment in real estate which falls within the category of capital movements between Member
States. Freedom for such movements is guaranteed by [the] Treaty” ( CJEC , 13 July 2000,
Alfredo Albore, Case C-423/98, European Court Reports 2000, page I-05965).
68 Preamble and art. 2, 29, 40 and 61 of the Consolidated Treaty (Official Journal of the

European Union, 29. 12. 2006). Absent from the Treaty of Rome signed in 1957, The notion
of “espace” (or area) was introduced into the 1986 Single European Act.
The Territorial Inscription of Laws 391

and has not yet taken place at a global level as completely as it has in the
European Union 69. More generally, the process of globalisation cannot of
course ignore the concrete diversity of landscapes, human environments,
modes of life, languages, cultural treasures and intellectual riches. Unlike
commodities (and what the market economy assimilates to commodities,
like work, land and money), their value has no market price, which is why
their preservation and renewal should in principle be governed by the lex
loci. Yet the global market still considers them as resources to be taken into
account when evaluating the comparative advantage of a country or a re-
gion of the globe. This is why new techniques designed to quantify and
measure the relative value of these non-market goods and find a universal
accounting image for them have materialised. Such techniques of scoring are
applied today in fields as diverse as scientific research, comparative law (for
the purposes of law shopping: see above) and “human development”. Geo-
graphical elements such as towns, nations and territories are treated like
competing trademarks, from which the notion of nation branding has
emerged, based on quantitative indicators of “local identity capital” 70. This
presupposes that local identity can be broken down into a normalised list of
features which may be evaluated (landscape, climate, public infrastructures,
public safety, cuisine, etc.) and that local political and economic “players”
are enlisted to vie with each other in “territorial competitiveness” 71.
Here the law applicable to a territory gives way to a new type of norma-
tivity which claims to be based on the observation of fact and no longer on
legal imperative. This is a last avatar of the positivist temptation to dissolve
law into the immanent laws revealed by science, such that the political head-
aches and uncertainties of governing a territory may be swept away by the
techniques of good governance. The attempt to transform any and every sin-
gular quality into a measurable quantity launches us into a speculative loop
in which belief in quantitative representations gradually supplants any real
contact with the realities, which these representations are supposed to refer
to. Territorial performance indicators, which are typical of this Communist

69 In China, “Decision 171” of 11 July 2006 limited the access of foreigners to the prop-

erty market and reserved real estate investment to legal persons under Chinese law. Poland
has a scheme whereby non-Community nationals require authorisation to acquire land,
and in Turkey foreigners may not purchase areas of more than 6.2 acres (2.5 hectares).
70 See L. Doria “La qualità totale del territorio: verso una fenomenologia critica”, Archi-

vio di studi urbani e regionali, no. 80, pp. 11–56; and his “Managing the Unmanageable Re-
source: Multiple Utility and Quality in the EU Policy Discourses on Local Identity”, in:
L. Doria, V. Fedeli, C. Tedesco, Rethinking European Spatial Policy as a Hologram, Alder-
shot, Asgate Publisher, 2006, p. 235 sqq.
71 See L. Doria’s analysis (in the work cited above) of the LEADER programme of

the European Commission. It received 2 billion euros for 2005/2006, with a remit to “help
rural actors consider the long-term potential of their local region” <http://ec.europa.eu/
agriculture/rur/leaderplus/index_fr.htm.>
392 Alain Supiot

market economy, are founded on the same dogmas as Soviet planning and
produce the same effects: public initiatives target quantitative objectives
rather then concrete results, and the real situation of the economy and so-
ciety is concealed from a governing class disconnected from the lives of
those it governs. The quantified representations of the world, which today
determine how private and public affairs are run imprison international or-
ganisations, States and companies in an autism of quantification which in-
creasingly cuts them off from how people really live 72.

III. Redrawing the world: a sense of measure


The market economy is not a state of nature. In order to make the market
into a general principle regulating economic life, it was neccessary to behave
as though work and money were commodities, which clearly is not the
case 73. The market economy is based on legal fictions, but fictions which are
not the stuff of novels: they cannot be sustained unless they are humanly vi-
able. From this perspective, environmental law could be defined as the set of
rules, which sustain the fiction of nature-as-commodity, just as labour law
could be defined as the rules which sustain the fiction of work-as-commod-
ity. These legal supports were established at the national level and are being
eroded by the process of globalisation. When the rules of the free market
are no longer subtended by anything, their grounding in the diversity of ter-
ritories and people collapses, which can only lead to ecological, social or
monetary catastrophe.
Making competition into the only universal principle of organisation of
the whole world leads to the same impasse as twentieth-century totalitar-
ianisms, which precisely had in common the subordination of the legal form
to supposed laws of competition (between races or classes). This statement,
and the prediction that such a doctrine will ineluctably generate insanity and
violence, is not dictated by some political or moral stance. Rather, it stems
from one of the rare certainties that the “science of Law” may contribute:
namely that since egoism, greed and the struggle for life are well and truly
present in this world as it is, they must be contained and channelled by a
common reference to the world as it should be. By contrast, making uni-
versal struggle into the founding principle of the legal system refutes the
latter’s very possibility and sets humanity on the road to disaster.

72 See R. Salais “On the correct (and incorrect) use of indicators in public action”, Com-

parative Labor Law & Policy Journal [Vol. 27] n°2, 2006, pp. 237–256.
73 See K. Polanyi The Great Transformation: The Political and Economic Origins of Our

Time, Victor Gollancz, London, 1945.


The Territorial Inscription of Laws 393

The West shows some signs of becoming aware of these risks. The
dangers entailed by the disappearance of public space are at last being re-
cognised in the most “advanced” countries in which, increasingly, “to each
his law” 74. It is also becoming more difficult to ignore the systemic risks to
the planet incurred by a real economy, which is disconnected from the po-
tential of our biosphere (ecological risk), from its monetary representation
(financial risk) and from minimal standards of social justice (social risk). But
this awareness of diffuse dangers has not as yet led to any genuine challenge
to the economic dogma governing globalisation. One can only hope that the
rising economic powers will use the resources of their own cultures to avoid
embarking along the same calamitous paths.
In this respect China is eminently well placed. Confucianism is of course
one such resource, with its emphasis on the close links between the cosmic
and the social order. But the Legalist School, introduced to French jurists by
the work of Léon Vandermeersch, is another 75. In many respects, the Legal-
ists of the Fa-kia School can be seen as precursors of Western utilitarianism.
Two thousand years before the English political philosophers, the Legalists
saw man as an egotistical being driven by self-interest alone. They had no
notion of civil law and were also the first to develop a technocratic concep-
tion of law – with efficiency as the measure of legitimacy – and to use law
purely as an instrument for exercising power. But unlike utilitarian philos-
ophy, they had the pessimism of intelligence and considered man’s egoism
and greed as a threat and not as a benefit from which the common good
would spring spontaneously. They would not have dreamed of making the
calculation of individual utility into the supreme universal norm. On the
contrary, they viewed egoism as an energy, which the law should take into
account, but in order to channel it so that it would serve the general interest.
In this respect they were jurists in the fullest sense, and the lessons we can
draw from them can still today assist us in civilising globalisation.

74 See the debates in Québec on “reasonable accomodation”, which gave rise to the

establishment of a Consultation Commission on Accommodation Practices Related to


Cultural Differences <www.accommodements.qc.ca>.
75 L. Vandermeersch La formation du légisme: recherche sur la constitution d’une phil-

osophie politique caractéristique de la Chine ancienne, Paris, École française d’Extrême-


Orient, 1987, 106 p.
394 Alain Supiot
Iustitia mediatrix:
Zur Methode einer soziologischen Jurisprudenz

Dan Wielsch

Die poetische Vorrede zu dem mittelalterlichen juristischen Traktat


„Questiones de iuris subtilitatibus“ 1 führt den Leser in den imaginären Tem-
plum Iustitiae, der von Rechtsgöttinnen bewohnt wird. Eine hierarchisch
aufgebaute Allegorie zeigt Iustitia als zentrale Figur, die ihre jüngste Tochter
Aequitas in den Armen hält, während über ihrem Haupt Ratio thront. Nach
der in den Questiones angelegten Deutung übernimmt Iustitia die Funktion
einer Mittlerin zwischen der Ratio als dem göttlichen Naturrecht und der
Aequitas, die der Sphäre des von Menschen gemachten positiven Rechts an-
gehört. 2 Mitgeteilt werden diese Gedanken in Form eines Dialogs zwischen
den Figuren eines Auditor und des die Jurisprudentia verkörpernden Iuris
interpres. Freilich kann nicht allein die Rechtslehre des zwölften Jahrhun-
derts, sondern auch die Jurisprudenz von heute Gerechtigkeit plausibel als
Iustitia mediatrix konzipieren. Dazu muss sie jedoch durch die Fenster des
Tempels nach außen blicken, auf die Gesellschaft, deren Bild ihr durch die
Optik der Soziologie näher gebracht wird.

I. Soziologische Aufklärung des Rechts


Der Weg für die Rezeption von Fremdbeschreibungen der Umwelt des
Rechts im Recht selbst wird überraschend in dem Moment höchsten kon-
struktiven Selbstbewusstseins eröffnet, in dem „Jurisprudenz sich nicht
mehr durch die Geschichte in Verlegenheit setzen [lässt]“. 3 Denn indem
Jhering die Konstruktion des Rechts von historischer Verbindlichkeit sus-
pendiert, kann er im Recht die Frage nach den Faktoren für die Entwicklung
des Rechts stellen. Er selbst findet das Bildungsgesetz für die Struktur des

1 Der Text ist wohl Placentinus (und nicht Irnerius) zuzuschreiben, vgl. Hermann Kanto-

rowicz Studies in the Glossators of the Roman Law, 1938, 181 ff. Zweifelnd aber Jakobs De
similibus ad similia bei Bracton und Azo, 1996, 60 Fn. 173.
2 Vgl. Ernst H. Kantorowicz The King’s Two Bodies, 1957, 110.
3 Jhering Unsere Aufgabe, Jherings Jahrbücher 1 (1857), 1 (16).
396 Dan Wielsch

Rechts in dessen Funktion. 4 Jherings Trennung von Dogmatik und Ge-


schichte führt gerade zu einer Verzeitlichung der Dogmatik und zwingt sie,
sich die zeitliche und damit gesellschaftliche Bedingtheit ihrer Konstruktio-
nen vor Augen zu führen. Sein Funktionalismus zwingt die Dogmatik zu
einer doppelten Reflexivität: nicht nur Anschlussmöglichkeiten im Rechts-
system müssen beachtet werden, sondern auch die Erfüllung gesellschaft-
licher Zwecke und Bedürfnisse durch das Recht. Dieses auf der Beobach-
tungsebene durchgeführte Manöver nimmt dem Rechtssystem nicht seine
Autonomie, aber es signalisiert die Notwendigkeit fremdreferentiellen Ope-
rierens im Rechtssystem, genauer: die Verbindung von Selbstreferenz und
Fremdreferenz. 5 Die Frage ist dann nur noch, auf welche Weise beide Seiten
der Unterscheidung, Recht und gesellschaftliche Umwelt, hierbei zueinan-
der ins Verhältnis gebracht werden.
Welchen Gewinn aber kann das Recht ziehen, wenn es sich gerade sozio-
logisch aufklären lässt? Ist die Diagnose Max Webers zutreffend, führt der
Rationalisierungsprozess der modernen Gesellschaft zur Fragmentierung
einer einheitlichen Lebenswelt in unterschiedliche partielle Wertordnungen,
die im radikalen Widerspruch zueinander stehen. „Die alten vielen Götter,
entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicher Mächte, entsteigen ihren Grä-
bern, streben nach Gewalt über unser Leben und beginnen untereinander
wieder ihren ewigen Kampf.“ 6 Das konfrontiert nicht nur den Einzelnen mit
einer Vielzahl von gleichzeitig erhobenen Geltungsansprüchen, auch das
Recht bekommt es mit zu diesen Kollisionen einer differenzierten Gesell-
schaft zu tun und muss sich zu ihnen verhalten. Aufgerufen ist dabei seine
Unparteilichkeit („et altera pars audiatur“). Denn jede Festlegung auf die
Fremdbeschreibung durch die Reflexionstheorie eines bestimmten Systems
(wie etwa im Falle der ökonomischen Analyse des Rechts die Rezeption
allein von Kriterien der Ökonomie als Reflexionstheorie des Wirtschafts-
systems) muss aus der Sicht anderer autonomer gesellschaftlicher Funkti-
onsbereiche als Parteilichkeit des Rechts erscheinen. Unter Bedingungen ra-
dikaler Fragmentierung besteht „ein gesellschaftliches Interesse des Rechts
an sich selbst, das sich nicht (mehr) ausschließlich von ‚Märkten‘ und
‚Politiken‘ her begreifen lässt.“ 7 Als Kandidat für unparteiliche Fremd-
beschreibung des Rechts im Verhältnis zu seiner Umwelt bietet sich die
nicht auf einen bestimmten gesellschaftlichen Ordnungsbereich festgelegte
Soziologie an, zumindest dann, wenn sie zur Selbstaufklärung bereit ist und

4 Vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 2001, 140 ff.


5 Grundlegend zu Selbst- und Fremdreferenz im Rechtssystem vgl. Luhmann in: Teub-
ner (Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1995, 19 ff.
6 Weber Wissenschaft als Beruf, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, 1985,

582 (605) (Hervorhebung hinzugefügt).


7 Zu einem „Privatrecht als Gesellschafts-Recht“, das Parteilichkeiten dieser Art über-

windet, vgl. Wiethölter in: Joerges/Teubner, Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 (15).


Iustitia mediatrix 397

durchdenkt, was sie tut, wenn sie beobachtet und beschreibt, wie sich Ge-
sellschaft selbst beschreibt. 8 Mit ihrer Hilfe wird das Recht sensibel für
die polyphone Artikulation gesellschaftlicher Autonomien, die es freilich
nicht nur freizusetzen, sondern auch zu konstitutionalisieren gilt, indem
in den (System-)Autonomien selbst (Umwelt-)Verantwortlichkeiten gestif-
tet werden.
Mit einer bloßen Bestätigung der vorgefundenen Rechtspraxis kann sich
eine entsprechend aufgeschlossene „soziologische Jurisprudenz“ daher
nicht zufrieden geben. Jedenfalls nicht unter dem Anspruch, den Gunther
Teubner an sie stellt. Das wird deutlich, wenn er den Kern jeder Theorie
vom Recht ins Visier nimmt, den Gerechtigkeitsbegriff. In Weiterführung
von Luhmanns Interpretation von Gerechtigkeit als Kontingenzformel des
Rechts, mit deren Hilfe es sich zur internen Konsistenz der Entscheidungen
anhält, betont Teubner die mit der Kontingenz gegebene Abhängigkeit des
Rechts von seiner Umwelt und reichert den Gerechtigkeitsbegriff entspre-
chend an durch das Kriterium der Adäquität des Rechts gegenüber seinen
diskursiven Umwelten. Es gehe um „höchstmögliche Konsistenz des Rechts
bei gleichzeitiger höchstmöglicher Erfüllung von extrem divergierenden Um-
weltanforderungen.“ 9
Die Fähigkeit des Rechts, der Funktionsweise anderer – sozialer wie auch
psychischer – Systeme gerecht zu werden, entscheidet sich an seinen
Grundbegriffen. Auf ihnen ruht die Autonomie des Rechts.10 Sie bestimmen
aber zugleich gesellschaftsweit verbindlich über Handlungsmöglichkeiten
und tragen die Grundformen sozialer Kooperation. In ihnen treffen des-
wegen auch die unterschiedlichen Handlungslogiken zusammen. Wenn die
Gerechtigkeit heute nicht mehr vertikal-hierarchisch zwischen göttlichem
und menschlichen Recht, sondern in einem horizontal-heterarchischen Mo-
dus zwischen der Eigennormativität des Rechts und der Eigennormativität
seiner Umwelten zu vermitteln hat,11 dann muss eine soziologische Juris-
prudenz bei ihrem Versuch der modernen Formulierung einer Iustitia me-
diatrix bei den Grundbegriffen des Privatrechts ansetzen.

8 Früh gefordert bei Luhmann in: ders., Soziologische Aufklärung 1 (1970), 66 (86) und

später ders. Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1115.


9 Vgl. Teubner in: Alexy (Hrsg.), Integratives Verstehen, 2005, 199 (201 f.) (Hervorhe-

bung im Original).
10 Noch einmal Jhering aaO.: „Eine Jurisprudenz, die seit Jahrtausenden arbeitet, hat die

Grundformen oder Grundtypen der Rechtswelt entdeckt, und in ihnen hält sich auch alle
fernere Bewegung, so sehr sie im Uebrigen von der bisherigen divergiren möge“.
11 Vgl. Teubner Zeitschrift für Rechtssoziologie (2008), 9 (20).
398 Dan Wielsch

II. Vertrag

1. Vertrag als soziale Struktur


Die Verbindung der Konsistenzanforderungen innerhalb des Rechtsdis-
kurses mit gesellschaftlichen Umweltanforderungen verlangt im Schuld-
recht nach einem veränderten Verständnis des Vertrags. Im Unterschied
insbesondere zum Konsensmodell der Rechtsgeschäftslehre, das subjekt-
philosophisch fundiert ist und mit der Willensreferenz als Grundkategorie
arbeitet, ist der Vertrag als eine soziale Handlungsstruktur zu begreifen. Die
Normativität des vertraglichen Gefüges von Rechten und Pflichten wird da-
mit nicht soziologisch übersprungen, sondern gerade in ihrer gesellschaft-
lichen Wirksamkeit ernst genommen. Die Rechtsfigur des Vertrags wird zu-
gleich als soziale Institution verstanden.
Angeknüpft werden kann dafür zunächst an die Vorstellung Parsons, dass
die Parteien eines Vertrages jeweils in Rollen handeln, die für Subsysteme je-
ner sozialen Systeme stehen, an denen die Parteien „partizipieren“.12 Durch
den Vertragsschluss aber werden die respektiven Handlungsorientierungen
integriert in ein neues, gegenüber den Parteirollen eigenständiges Hand-
lungssystem.13 Nach der Umstellung der Systemtheorie von einer Hand-
lungs- auf eine Kommunikationstheorie ist diese Vorstellung präzisiert und
das Sozialverhältnis, das durch einen Vertragsschluss entsteht, als Interak-
tionssystem beschrieben worden.14 Ohne dass diesem Interaktionssystem
sogar die Qualität eines Handlungsakteurs beigelegt werden bräuchte,15
liegt der entscheidende Unterschied im Vergleich mit dem Vertragsmodell
der klassischen Rechtsgeschäftslehre darin, dass die Parteien des Vertrages
in dessen Umwelt verlegt werden und das vertragliche Rechtsprogramm ge-
genüber den einzelnen Willenserklärungen emergent ist.16

12 Zur Vorstellung der Interpenetration von sozialen Systemen und partizipierenden

Teilsystemen vgl. Luhmann Soziale Systeme, 289 ff.


13 Dessen funktionale Imperative lassen sich ihrerseits nach dem AGI L-Schema be-

stimmen. Parsons/ Smelser Economy and Society, 1956, 107 ff. sprechen von einer Inte-
gration von Ego und Alter „into a partially independent social system“. Vgl. auch ebd.
109: „in the interest of stability, ego and alter must constitute parts of a single social
system“.
14 Vgl. Teubner Recht als autopoietisches System, 1989, 142 und schon ders. in: Alterna-

tivkommentar- BGB , § 242 Rn. 20. Ebenso Müller Verwaltungsverträge, 1997, 159 ff.; Am-
stutz KritV 89 (2006), 105 (124).
15 So aber Müller Verwaltungsverträge, 161.
16 Bei Parsons/Smelser aaO., 109 f. wird diese Emergenz vor allem durch die Funktionen

der „integration“ und der „latent pattern maintenance“ ermöglicht, da die „goal interests“
und die „adaptive situations“ für jede Partei unterschiedlich sind. Ein gemeinsames Wert-
schema dient der Integration des vertraglichen Handlungssystems bei Interessenkonflikten
der Parteien: „Such conflicts are given meaning in terms of a superordinate system of soli-
darity which includes both contracting parties.“
Iustitia mediatrix 399

Diese Emergenz des Vertrages zu erfassen, fällt einem am subjektphiloso-


phischen Paradigma orientierten Rechtsdenken alles andere als leicht. Die
Schwierigkeit besteht darin, vertraglichen Konsens als sozialen Sachverhalt –
als Entstehen eines eigenständigen Diskurszusammenhangs, einer „con-
tracting world“ – zu denken. Savigny spricht vom Vertrag als „Vereinigung
mehrerer Willen zu einem einzigen, ganzen ungetheilten Willen“ 17 und be-
nutzt so für die Beschreibung der emergenten Ebene wiederum die Katego-
rie des Willens selbst, was als „mystische Anschauung“ kritisiert wurde.18
Nach Kant soll sich der Übertragungsakt durch Vertrag „nur durch den ver-
einigten Willen beider“ vollziehen können, wobei „alsdann einer seinem
Anteile an dieser Gemeinschaft entsagt“.19 Wie wird nun jene Emergenz im
Recht abgebildet? Wie wird der “ganze, ungetheilte Wille“ im Unterschied
zum autonomen Willen des Einzelnen im Recht behandelt?
Offenbar sucht das Recht die entstandene Sozialstruktur zu schützen gegen
jede einseitige Beeinträchtigung, indem sie den Parteien entsprechende Pflich-
ten zur Stabilisierung der sozialen Relation auferlegt.20 Bereits mit der Berück-
sichtigung der Erwartungen der Gegenseite distanziert sich das Recht vom in-
dividuellen Willen und bezieht die Pflichtenbindung auf die Sozialbeziehung
als solche. Das Vertrauen einer Vertragspartei formuliert eine Anforderung
der Umwelt an die vertragsinduzierte Sozialbeziehung. Selbst unter dem Ein-
fluss der Willenstheorie hat sich das Recht nicht darauf eingelassen, die Ent-
stehung vertraglicher Pflichten allein aus dem Parteiwillen zu begründen.21
Zugleich mit der Inthronisierung als Leitidee des Vertragsrechts („Willensre-
ferenz“) bekommt der Wille mit dem Erwartungsschutz vielmehr auch ein
Gegenkonzept an die Seite gestellt.22 Zusätzlich überformt eine ausgearbei-
tete Vertragstypologie den konsentierten Vertragsinhalt. Woraus diese „nicht-
konsensuellen Elemente des Vertrages“ hergeleitet werden – ob sie gesetz-
lichen Ursprungs sind oder wie nach der Rechtsfigur der naturalia negotii im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses zum willentlich Vereinbarten hinzutreten23 –
17 Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 3, 1840, 309.
18 So v. Tuhr Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts, Band II /1, 1914, 225.
19 Vgl. Kant Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, § 18. Siehe auch § 20: „Die Translation

ist also ein Akt, in welchem der Gegenstand einen Augenblick beiden zusammen angehört,
so wie in der parabolischen Bahn eines geworfenen Steins dieser im Gipfel derselben einen
Augenblick als im Steigen und Fallen zugleich begriffen betrachtet werden kann, und so
allererst von der steigenden Bewegung zum Fallen übergeht.“
20 Historisch beschreibt Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 459 ff. die „Juridifizierung

des Vertrags“ als allmähliche Verrechtlichung von Reziprozitätsverhältnissen. Instruktiv auch


Keller in: FS Kritzer, 2008, 247 (262 ff.), der die Bedeutung des „favor contractus“ als Prinzip
der CISG betont und es als Stabilisierung der vertraglichen Kommunikation liest, und zwar
gerade im Hinblick auf den verfolgten Vertragszweck. Zum Vertragszweck näher unten.
21 Vgl. aber Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 3, 1840, 258.
22 Vgl. von der Crone/Wegmann ZSR 2007, 111 (119 f.).
23 Vgl. etwa die Diskussion über die Konstruktion von Schutzpflichten: als vertragliche

Pflichten (Larenz) oder als gesetzliche Pflichten (Canaris). Dezidiert an die Lehre der natura
400 Dan Wielsch

erscheint zunächst sekundär: nicht die Existenz solcher den einzelnen Willen
überformenden Pflichten steht in Frage, sondern allein ihr Inhalt.
Alles kommt dann darauf an, wie differenziert das Recht die Umwelt-
anforderungen an den Vertrag erfassen kann. Wenn eine soziologische Juris-
prudenz den Vertragsschluss als sozialen Sachverhalt rekonstruiert, so macht
sie für das Recht sichtbar, was die extrem formale Definition des Vertrages als
Übereinstimmung von Willenserklärungen für einen sozialen Effekt hat. Die
Ausbildung einer solchen Betrachtungsweise ist eine notwendige Komple-
mentäreinrichtung im Recht, wenn dieses den freien Willen zur Begründung
rechtlich bindender Verpflichtungen genügen lässt. Denn Verträge stabilisie-
ren temporär eine spezifische Differenz, kombiniert mit einer Indifferenz ge-
gen alles andere (einschließlich der Effekte auf nicht partizipierende Personen
und Unternehmen).24 Mit der Institutionalisierung der Vertragsfreiheit gibt
das Recht diese Indifferenzbildung frei, ermöglicht die Mobilisierung von
individueller Beobachtungskapazität für beliebige Arten von Transaktions-
oder Kooperations-Projekten unter ungewissen Bedingungen und Risiken
(für die Parteien selbst und für Dritte). Diese Freistellung von Engführungen
der sozialen Interaktion begleitet das Recht aber über die Generalklauseln,
durch die es sich den Zugriff auf die Sozialbeziehung vorbehält.
Hier kann eine soziologische Jurisprudenz die Rechtsanwendung prä-
zisieren: Denn ist der Vertrag erst einmal als sozialer Sachverhalt rekon-
struiert, können verschiedene Umweltanforderungen an den Vertrag unter-
schieden werden: Durch die Einrichtung der Privatautonomie gewährt das
Rechtssystem nicht nur dem Einzelnen die für die Verfolgung selbstgesetz-
ter Zwecke erforderliche Erwartungssicherheit im Hinblick auf eingeplante
Handlungsanschlüsse, sondern erbringt zugleich eine wichtige Leistung
für soziale Funktionssysteme: es mobilisiert individuelles Bewusstsein als
Instanz für die freie Rekombination von Beobachtung und Wissen aus un-
terschiedlichen semantischen Kontexten mit der indirekten Folge von mög-
lichen Variationen des involvierten systemischen Wissens und entsprechen-

contractus anknüpfend Oechsler Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, 199 ff.


(Einstandspflichten, deren Zweck darin liege, die Erfüllung der Hauptleistungspflichten zu
ermöglichen und sicherzustellen, und auf die sich die Parteien in der Konsequenz ihrer
Leistungsversprechen „mit festgelegt“ hätten). Das setzt eine Erweiterung des Grundes
vertraglicher Bindungswirkung voraus: neben den Parteiwillen tritt das Vertrauen der je-
weils anderen Seite. Die Willenserklärung besitze im Vertrag eine „Doppelfunktion“: sie
verkörpere nicht nur den Verpflichtungswillen, sondern darüber hinaus komme ihr „auf
einer zweiten Ebene (sic!) die Funktion (sic!) eines Vertauenstatbestandes zu, der auf
die Vorstellungswelt des jeweiligen Gläubigers einwirkt und deshalb zur Grundlage des
Schutzes vertraglicher Erwartungshaltungen wird“ (254). Die Willenserklärung wird (im
Anschluss an Larenz Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, 1930, 45) als
Geltungserklärung verstanden, deren Legitimation auf dem Willen und der nach außen ge-
richteten Geltungswirkung besteht.
24 Vgl. Luhmann Recht der Gesellschaft, 1993, 459.
Iustitia mediatrix 401

den gesellschaftlichen Differenzierungsgewinnen. 25 Das wiederum ist nur


möglich, wenn die Durchführung des konkreten Vertrages nicht diejenigen
sozialen Institutionen beeinträchtigt, mit denen sich diese Systeme als sol-
che für Bewusstsein beobachtbar machen. Durch solche „Institutionen der
Wissensteilung“ erst vermag der Einzelne transsubjektiv generiertes Wissen
dezentral zu nutzen. 26

2. Generalklauseln
Auf die unterschiedlichen sozialen Dimensionen der vertraglichen Sozial-
beziehung, die jeweils besondere Anforderungen an das Verhalten der Ver-
tragsparteien stellen, sollte auch die Interpretation der Generalklauseln ein-
gestellt werden: Die nicht-konsensuellen Elemente des § 242 BGB sind
danach nichts anderes als die innervertragliche Umsetzung solcher Um-
weltanforderungen. 27 Das Recht formuliert sie als ergänzende Verhal-
tenspflichten oder als Begrenzung subjektiver Rechte, um widersprüchliche
gesellschaftliche Anforderungen an die konkrete Vertragsbeziehung zu kom-
patibilisieren.
Wie der Vertrag selbst wird dann auch § 242 BGB „aufgespreizt“ in jene
drei Dimensionen von sozialen Umweltanforderungen (Interaktion, Institu-
tion, Gesellschaft). Die innerrechtlich-dogmatische Rechtfertigbarkeit einer
solchen Lesart ergibt sich aus der vom Konditionalprogramm abweichen-
den Normstruktur der Generalklauseln, die mit ihren Verweisen auf ge-
sellschaftliche Wirklichkeit („Treu und Glauben“, „Verkehrssitte“, „gute
Sitten“) offenbar ein „höherstufiges Programm“ der Zuordnung von gesell-
schaftlichen Konflikten und rechtlicher Entscheidung verfolgen. Dies ist als
Aufforderung zu begreifen, die vertraglich konstituierte Sozialbeziehung in
allen ihren Dimensionen bei der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Der
herkömmlichen Auslegung von § 242 BGB kann das jedoch kaum gelingen,
25 Mit Fuchs Eigen-Sinn, 2003, 53 f. gilt es zu unterscheiden zwischen dem psychischen

System, das einen analogen Strom von Wahrnehmungen prozessiert, und dem Bewusst-
sein, das als Zusammenhang dezidierter, nämlich bezeichnender Beobachtungsoperationen
im Kontext jener nicht-dezidierten Operationen des psychischen Systems begriffen wird.
Aufgrund seiner Sprachförmigkeit ist genau genommen das Bewusstsein (und nicht das
psychische System) die relevante Umwelt von Kommunikationssystemen, mit denen es
über Sprache strukturell gekoppelt ist.
26 Näher zum Begriff der Wissensteilung und deren Institutionen vgl. Wielsch Zugangs-

regeln, 2008, 31 ff. und 82 ff. Sobald etwa eine Mehrzahl von Wirtschaftsteilnehmern ver-
sucht, ihre gesonderten Pläne durchzuführen, haben die einzelnen Entscheidungen der
Mittelverwendung Einfluss aufeinander und es entsteht für jeden die Notwendigkeit, sich
ständig Änderungen der Umstände anzupassen. Unter diesen Umständen vermag der Ein-
zelne eine wirtschaftlich rationale Entscheidung über den Einsatz seiner Ressourcen nur
mit Hilfe des Marktes zu treffen, der in abgekürzt-kodierter Form über den gesamten Kom-
plex von Mittel-Zweck-Verhältnissen in der Gesellschaft infomiert. Vgl. auch unten III .
27 Teubner in: Alternativkommentar- BGB , § 242 Rn. 21 f.
402 Dan Wielsch

weil sie die Unbestimmtheit der Norm durch Fallgruppenbildung zu redu-


zieren und umgehend auf Konditionalprogramme zurückzuführen sucht.
Damit läuft sie Gefahr, die sozialen Konfliktlagen falsch zu verorten und
insbesondere die für die Stabilisierung der konkreten Interaktionsmoral
entwickelten Rechtskonstruktionen zur Regulierung solcher Konflikte zu
benutzen, die eigentlich in einer der beiden anderen Dimensionen anzusie-
deln sind. 28 Das berührt zugleich die Funktionserfüllung des Rechts für die
Gesellschaft (die gesellschaftliche Rechtfertigbarkeit der Dogmatik): Das
Recht erkennt dann nicht, dass das vertraglich Vereinbarte die Funktions-
weise jener sozialen Institutionen beeinträchtigen würde, die dafür sorgen,
dass die „Freigabe“ des Vertrags durch Abschluss- und Inhaltsfreiheit gesell-
schaftlich Bestand haben kann. 29
Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden, dass eine soziologische
Jurisprudenz dem Recht aufgibt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wel-
ches „soziale Substrat“ von dem Rechtskonflikt – genauer: von dem Sozial-
konflikt, den das Recht durch Verteilung von „Zulässigkeiten“ als Rechts-
konflikt vor sein Forum lässt 30 – betroffen ist. Bereits die Grundfigur des
Vertrages verweist auf einen mehrdimensionalen sozialen Tatbestand, an
den sich unterschiedliche Anforderungen der Umwelt knüpfen. 31 Der durch
den Vertrag konstituierte Sinnzusammenhang von Handlungen muss sich
nicht nur vor dem Konsens der Parteien bewähren. Vielmehr darf die
Orientierung von Handlungen am Vertragsprogramm (die Engführung der
Umweltbeobachtung anhand einer spezifischen Differenz) auch die Inte-
grität jener Institutionen und sozialen Systeme nicht beeinträchtigen, in de-
nen die Bedingungen für autonomes Handeln gebildet werden. Diese Be-
rücksichtigung des sozialen Effekts vertraglich geschaffener subjektiver
Rechte bringt eine Distanzierung von der Willenskategorie mit sich. 32 Die

28 Vgl. Teubner in: Alternativkommentar- BGB , § 242 Rn. 25. Unterschieden werden

sollte vielmehr zwischen „individuellem“, „institutionellen“ und „gesellschaftlichem“


Rechtsmissbrauch (vgl. aaO., Rn. 89).
29 Dass die gesellschaftlichen Funktionsvoraussetzungen des bürgerlichen Rechts nicht

in diesem selbst liegen ist insbesondere für das Verhältnis von Privatautonomie und freiem
Wettbewerb erkannt worden, vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 2001, 101 f.
30 Zur gesellschaftlichen Relevanz von „Klagebefugnis“ – „Zulässigkeiten“ vgl. Wiethöl-

ter in: Joerges/Teubner, Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13 (15).


31 Die Rede vom „Substrat“ ist zugegeben ein holpriger Ausdruck, weil eine Verschieden-

heit bzw Ungleichzeitigkeit von Entitäten impliziert wird, die nicht gegeben ist: Der recht-
liche Vertrag formt die soziale Interaktion. Ein und dieselbe Kommunikation steht zur glei-
chen Zeit in mehreren Sinnreferenzen. In der gleichen Weise können Grundrechte als soziale
Institution (Luhmann) gelesen werden. Ein Gespür für diese Gleichzeitigkeit haben Theorien
des Vertrages entwickelt, die dessen soziale Performanz beschreiben (etwa bei Reinach
und Larenz) und deren Verlängerung heute in eine Sprechakttheorie des Vertrages münden
müsste.
32 Dies zeigt sich übrigens schon daran, dass auf die Willenserklärung abgestellt wird.

Gegenstand der Auslegung ist nicht der Wille selbst, sondern ein Erklärungszeichen, das
Iustitia mediatrix 403

individuellen Erwartungen der Vertragsparteien repräsentieren nur eine


Dimension von Umweltreferenz an den vertraglichen Handlungszusam-
menhang, die mit dessen anderen sozialen Dimensionen koordiniert wer-
den müssen. Der Bedarf für eine solche Koordination ist dem Recht vorge-
geben. Er wächst mit einer zunehmenden Aufspaltung von Markt- und
Organisationsprozessen im Rahmen einer Vertiefung der gesellschaftlichen
Differenzierung.

3. Vertragszweck und Netzzweck


Erkennt eine soziologische Jurisprudenz danach den Zusammenhang von
Rechtsnormen und sozialen Handlungsstrukturen und richtet entsprechend
die rechtliche Analyse auf das vertraglich konstituierte Interaktionssystem
aus, rückt die innerrechtliche Umsetzung von Umweltanforderungen an
diese Interaktion in den Mittelpunkt. Neben den gesetzlich vorgegebenen
Generalklauseln gelingt dies mit Hilfe der von Lehre und Praxis entwickel-
ten dogmatischen Schlüsselbegriffe, die in unmittelbarer Auseinandersetzung
mit der Vertragspraxis flexibel gebildet werden können. Besondere Bedeu-
tung kommt dem Begriff des „Vertragszwecks“ zu, der es erlaubt, den Ein-
zelvertrag mit übergreifenden Zusammenhängen zu koordinieren. Er ist
Ausdruck einer Orientierung des Rechts an der Relation zwischen den Par-
teien, an der Interaktion selbst, die zum Anknüpfungspunkt für gesellschaft-
liche Erwartungen gemacht wird.
Eine Vereinnahmung des Vertragszwecks für transindividuelle Belange
lässt sich etwa ablesen am Regelungskonzept des neuen Schuldrechts, wel-
ches die Mangelfreiheit des Kaufgegenstandes in den Rang einer Leistungs-
pflicht erhebt (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB ). Durch den gleichzeitig angeord-
neten Vorrang der Nacherfüllung (vgl. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB ) setzt sich so
der ursprüngliche Erfüllungsanspruch in der Gewährleistungsphase fort.
Der Geltungsgrund der Rechtsfolgen im Leistungsstörungsfall wird nun
nicht mehr auf einen hypothetischen Parteiwillen zurückgeführt (wie in der
nach neuer Rechtslage überholten „Gewährleistungstheorie“), sondern als
Schutz des Vertrauens des Käufers in das Leistungsversprechen des Verkäu-
fers interpretiert. 33 Weitergehend wird man den eigentlichen Grund für Per-
petuierung des Vertragszwecks in der Reduzierung der Gewährleistungs-
kosten und damit in Effizienzüberlegungen auf gesamtwirtschaftlicher
Ebene zu sehen haben. 34

(unter anderem) den interpretierenden Rückschluss auf einen Willen erlaubt. So schon La-
renz Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, 1930, 11.
33 So bei Oechsler Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., 2007, Rn. 14 und schon ders.

Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, 232 f. Ausführlich zur Interessenlage


bei Verkäufer und Käufer vgl. Heinrich ZGS 2003, 253 (254 f.).
34 Richtig etwa Grundmann AcP 202 (2002), 40 (50).
404 Dan Wielsch

Noch deutlicher wird die Inpflichtnahme des Vertragszwecks zur ver-


tragsinternen Koordination von Umweltanforderungen bei komplexen
Leistungsbeziehungen. Denn je weiter sich das Rechtsgeschäft von einer
„spot transaction“ und dem entsprechenden bipolaren Vertragsmuster ent-
fernt, desto eher bedarf es einer objektiv-zweckorientierten Interpre-
tation. 35 Das zeigt sich etwa an den wirtschaftlich bedeutsamen Formen
netzwerkförmiger Kooperationen, die auf der Produktionsebene (z. B. bei
Just-in-time Zulieferverbindungen), der Absatzebene (z. B. beim Franchi-
sing) und auch im Kreditwesen (z. B. beim bargeldlosen Zahlungsverkehr)
zu finden sind. 36 In solchen Netzwerken werden die individuellen Zwecke
der Teilnehmer von einem einheitlichen „Netzzweck“ überlagert, weil die
einzelnen Leistungsbeiträge so miteinander verknüpft erscheinen, dass sie
nur im Verbund den von allen Beteiligten gewünschten Erfolg (Größen-
vorteile, Synergien etc.) gewährleisten. Unabhängig davon, nach wel-
chem Muster die Kooperation vertraglich aufgebaut ist (ob stern-, fächer-
oder kettenförmig), stellt sich die Frage, ob das Bestehen des Vertragsnetzes
rechtliche Auswirkungen auf den bilateralen Einzelvertrag hat: zum einen,
ob es Direktwirkungen außerhalb bestehender Vertragsverhältnisse gibt, die
über deliktische Ansprüche hinausgehen (z. B. Haftungsdurchgriff, Schutz-
pflichten, Weisungsrechte), und zum anderen, ob durch die Einbindung der
Inhalt des Einzelvertrages modifiziert wird (z. B. im Hinblick auf ein Pflicht
zum profit sharing oder der Risikoteilung). 37
Der Versuch, das Bestehen eines Netzwerks dogmatisch als multilatera-
les Rechtsgeschäft abzubilden, das zwischen allen Netzteilnehmern unter-
einander zwar keine primären Leistungspflichten, wohl aber vertragliche
Sorgfaltspflichten entstehen lasse („Netzvertragsmodell“), 38 verschiebt die
Problematik ganz in die Vertragsauslegung, weil die übergreifenden Wir-
kungen gerade in Störungsfällen weitgehend nicht explizit in den bipolaren
Einzelverträgen geregelt sind. Die ergänzende Vertragsauslegung muss dann
zwangsläufig stark objektiviert werden, um den Beteiligten den Willen zu
stipulieren, sie hätten das für ihr Zweckstreben effizienteste Arrangement
gewählt. Letztlich gelingt das nur, indem der wirtschaftliche Geschäfts-
zweck und nicht die Identität der Parteien zum Identitätsmerkmal des
Schuldverhältnisses erklärt wird. 39 Nicht dieses Anknüpfen an einen ver-

35 Vgl. Rohe Netzverträge, 1998, 156 f.


36 Vgl. Grundmann AcP 207 (2007), 718 (721 f.), der das Vertragsnetz als „Rückgrat
marktwirtschaftlicher Wertschöpfung“ bezeichnet.
37 Übersicht bei Grundmann AcP 207 (2007), 718 (724 f.).
38 Etwa Rohe Netzverträge, 1998, 195 und 492.
39 So in der Tat Gernhuber Das Schuldverhältnis, 1989, § 2 II 3 und 6. Nach Rohe Netz-

verträge, 152 bildet der von den Beteiligten verfolgte einheitliche Vertragszweck „die causa
für die Summe der Einzelverträge, welche zu der angestrebten Transaktion notwendig
sind“.
Iustitia mediatrix 405

selbständigten Vertragszweck erscheint indessen problematisch, wohl aber


die zwanghafte Rückbindung der Effizienzüberlegungen an die Entschei-
dungsstruktur des individuellen Bewusstseins, die in unnötig deformierenden
Annahmen des Rechts über das Bewusstsein („bounded rationality“) mün-
det. 40 Letztlich muss dann der Wille als leere Hülle zurückbleiben. 41 Tat-
sächlich handelt es sich insofern um einen Kategorienfehler: das für die Be-
schreibung der institutionellen und sozialsystemischen Dimension (Markt
bzw. Wirtschaft) gut brauchbare Kriterium der Effizienz wird auf die Ebene
des Bewusstseins übertragen. 42
Stattdessen sucht eine soziologische Jurisprudenz die eigentümliche so-
ziale Handlungslogik von Netzwerken freizulegen und die rechtliche Be-
griffsbildung hierauf einzustellen. Danach lassen sich Netzwerke als frei
gebildete soziale Handlungssysteme eigener Art begreifen, die den Netzteil-
nehmern infolge der Simultanpräsenz von Individual- und Gemeinschafts-
zwecken eine paradoxe Doppelorientierung der Handlungen abverlangt:
Ein und dieselbe Handlung ist gleichzeitig der Individualorientierung der
Netzknoten (und damit den normativen Anforderungen der bilateralen So-
zialbeziehung) und der Kollektivorientierung des Netzes (und damit dessen
normativen Anforderungen) ausgesetzt. 43 Diese eigentümliche Doppelori-
entierung von Handlungen macht die soziale Dynamik von Netzwerken aus
und ist gleichermaßen für deren Produktivität wie auch deren negative ex-
terne Effekte auf Dritte verantwortlich. Angesichts dessen besteht die Auf-
gabe des Rechts für die Gesellschaft darin, neue soziale Phänomene (deren
Eigenrationalität) zu stabilisieren, indem etwaige Risiken internalisiert wer-
den, ohne dabei jedoch die produktiven Chancen, die positiven Koopera-
tionssynergien, zu zerstören. Damit ist der wesentliche Unterschied benannt,
den eine soziologische Jurisprudenz bei der Behandlung von Verträgen in
Netzwerkszusammenhängen in die schuldrechtliche Dogmatik trägt: an-
statt nur auf die bilaterale Beziehung der einzelnen Vertragsparteien zu fo-
kussieren geht es ihr primär um die rechtliche Verfassung des Netzwerks als
eigenständiger sozialer Struktur mit dem Ziel der Freisetzung und zugleich
Abschöpfung des gesellschaftlichen Mehrwerts dieser speziellen sozialen
Kooperationsform.

40 Nach Rohe Netzverträge, 158 stehe und falle das Modell des Netzvertrages mit der

Annahme zumindest beschränkt rationalen Handelns der Beteiligten.


41 Das wird deutlich, wenn Rohe Netzverträge, 157 konstatiert: „Der Wille zur einheit-

lichen Zweckverwirklichung ist hinreichend, aber auch notwendig für die Annahme, dass
auch die Rechtsfolgen gewollt sind, welche der Zweckverwirklichung dienen.“
42 Zur Inkongruenz zwischen gesellschaftsinternen Personenkonstrukten und gesell-

schaftsexternen Menschen und den daraus resultierenden Gefahren einer „kommuni-


kativen Verletzung“ von Leib und Seele vgl. Teubner Der Staat 45 (2006), 174 f. und
186.
43 Vgl. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 2004, 120 f.
406 Dan Wielsch

An diesem Ziel müssen sich die Vorschläge zur dogmatischen Abbildung


von Netzwerken messen lassen. Der erwähnte Versuch einer Rechtsver-
fassung des Netzwerks als Vertrag erscheint unter dieser Perspektive un-
geeignet, weil er die Umweltanforderungen allein auf den Vertrag bezieht
(„Vertragszweck“) und außer acht lässt, dass das Netzwerk selbst das insti-
tutionelle Arrangement darstellt, durch welches inkompatible Umweltan-
forderungen „in ein tragbares Gegeneinander von verschiedenen Ebenen
und Subsystemen, von Netzwerkknoten, Zentrale und Gesamtvernet-
zung“ 44 übersetzt werden. Angemessen erfasst wird jene Zweitorientierung
durch das Netzwerk dagegen mit Konstruktionen, die den „Netzzweck“ als
einheitliche Zweckformel für die Doppelorientierung der Erwartungen der
Netzteilnehmer an Vertrag und Netz benutzen.
Dem versucht der Vorschlag zu genügen, das nicht-vertragliche Ord-
nungsgefüge des Netzwerks als multilaterale Sonderverbindung zu erfassen,
die mit Hilfe des „Vertragsverbundes“ als dogmatischem Schlüsselbegriff
formuliert wird: Orientiert am Modell des Synallagmas im gegenseitigen
Vertrag, bei dem zusätzlich zu den jeweiligen Leistungsverpflichtungen
auch deren wechselseitige Verknüpfung als Vertragsinhalt vereinbart wird,
soll auf Tatbestandsseite eine Doppelkonstitution von Vertrag und Verbund
als Vertragsverbund vorliegen, sofern Inhalt des einzelnen Vertrages nicht
nur die Vereinbarung eines Leistungsprogramms, sondern auch dessen Ver-
knüpfung mit anderen Verträgen des Netzes ist. 45 Alternativ kann der Ver-
bundzweck aber auch als außervertragliche Voraussetzung des Vertrages
über die Figur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dogmatisch berücksich-
tigt werden. 46 Diese Sichtweise macht sich zu eigen, dass die Netzteilneh-
mer zwar nicht die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks im Sinne von
§ 705 BGB vereinbart haben, der Netzzweck jedoch zu den gemeinsamen
Vorstellungen beim Vertragsschluss gezählt werden kann. Nachteilig er-
scheint jedoch, dass diese Figur nur in Ausnahmefällen eingreift und ent-
sprechend die Formulierung positiver Kooperationspflichten im Netz er-
schwert. Unabhängig von der genauen Konstruktion ist nämlich in jedem
Falle entscheidend, dass den Parteien eines vernetzten Vertrages jene Pflich-
ten auferlegt werden, welche die Besonderheiten der netzwerkförmigen Ko-
operation stabilisieren und diese so der Gesellschaft als „fette Beute“ er-

44 Vgl. Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 85 und 157.


45 Teubner Netzwerk als Vertragsverbund, 123 ff., der ein solches Verweisen des Vertra-
ges tatbestandlich an drei Merkmalen festmachen will: (1) wechselseitige Verweisung der
bilateralen Verträge aufeinander, (2) inhaltlicher Bezug auf das gemeinsame Projekt und
(3) enge (v. a. wirtschaftliche) Kooperationsbeziehung zwischen den Beteiligten. Rechtsfol-
genseitig soll eine (je nach Lage des Falls kumulative, alternative oder komplementäre)
Doppelzurechnung von Netzwerkaktivitäten auf die Vertragsparteien und auf den Verbund
erfolgen.
46 So der Ansatz bei Grundmann AcP 207 (2007), 718 (742 ff.).
Iustitia mediatrix 407

halten. 47 Ähnlich wie konkurrierende Akteure auf Märkten spezifischen


Verhaltenspflichten unterworfen werden, damit der Wettbewerb als Pro-
zess intakt bleibt und seine Ergebnisse gesellschaftlich abgeschöpft wer-
den können.

III. Eigentum
Auch sofern es bei dem Rechtskonflikt nicht um vertraglich begründete
Rechtspositionen, sondern um die Ausübung von Befugnissen aus dem
Eigentum geht, ist eine mehrdimensionale Analyse der rechtlichen Grund-
figur erforderlich. Das zeigt sich vor allem im Bereich des geistigen Eigen-
tums. Unter dem Eindruck der Willensreferenz hatte das 19. Jahrhundert die
Klagetypen des römischen Rechts in subjektive Rechte übersetzt, die als
Herrschaftsrechte gedacht wurden: in die „erweiterte Herrschaft unseres
Willens über ein Stück der äußeren Welt“, und entsprechend das Eigentum
als Willensmacht „über ein begränztes Stück der unfreyen Natur“ be-
stimmt. 48 In der Folge kommt es bei der Schaffung von individuellen Rech-
ten an geistigen Erzeugnissen zu einer doppelten Engführung: Zum einen
wird das Sacheigentum insofern zum Paradigma, als die Zuordnung des
Immaterialguts zum Rechtsinhaber nach dem Modell eines möglichst um-
fassenden Herrschaftsrechts konzipiert wird. 49 Zum anderen konzentriert
sich das Recht auf die „persönliche Beziehung“ Rechtsinhabers zum Schutz-
objekt. Diese personalistische Sichtweise durchzieht auch und gerade das
Immaterialgüterrecht, insbesondere das Urheberrecht. Die ideell-persön-
lichkeitsbezogenen Interessen des Urhebers werden als so bedeutend einge-
schätzt (Gierke), dass es des – auch rhetorischen 50 – Kraftaktes der Lehre
vom Immaterialgüterrecht (Kohler) bedurfte, um die wirtschaftlichen Ver-
wertungsinteressen des Urhebers rechtlich zu emanzipieren. Während diese
Verselbständigung gemäß der dualistischen Konzeption des Urheberrechts
in ein Nebeneinander zweier verschiedener Rechte mündet, wird sie im mo-

47 In Anlehnung an Hutter/Teubner in: Fuchs/Göbel (Hrsg.) Der Mensch – das Medium

der Gesellschaft, 1994, 110 ff. (dort freilich speziell zur produktiven Ausbeutung psy-
chischer Systeme durch Funktionssysteme).
48 Savigny System des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 1840, 338 f. und die Obliga-

tion entsprechend als Willensherrschaft „über eine einzelne Handlung der fremden Per-
son“. Zur historischen Differenzierung der subjektiven Rechte nach dem Inhalt des Rechts
und ihrer Orientierung an der Unterscheidung von actio in rem und actio in personam vgl.
Michaels in: Historisch-kritischer Kommentar zum BGB , vor § 241 Rn. 38.
49 Wenngleich sich das Immaterialgüterrecht unter dem Einfluss Kohlers von den kon-

kreten Vorschriften des Sachenrechts zu emanzipieren wusste. Vgl. die Nachweise bei Trol-
ler Immaterialgüterrecht, Band I, 3. Aufl., 1983, 101.
50 Zur Rolle der Rhetorik bei der Evolution des Rechts vgl. Steinhauer Gerechtigkeit als

Zufall, 2007.
408 Dan Wielsch

nistischen Ansatz in einem einheitlichen Recht mit doppelter Schutzfunk-


tion verklammert. Die hierfür gebildete Metapher, die das Urheberrecht als
Stamm eines Baumes sieht, dessen Wurzeln die ideellen und materiellen In-
teressen bilden würden, 51 ist mit ihrer Fixierung auf die Interessen des
Werkschöpfers freilich eher ungeeignet, die eigentlichen Spannungsverhält-
nisse zu erkennen, in die Schutzrechte heute gestellt sind. 52
Dazu ist der Differenzierungsimpuls in der Analyse des geistigen Eigen-
tums, der mit der Unterscheidung von persönlichkeitsbezogenem und ver-
wertungsbezogenem Schutz gesetzt wird, konsequent weiterzudenken: ne-
ben der persönlichkeitsbezogenen stehen die institutionelle und auch die
gesellschaftliche Dimension eines Schutzrechts. Das erschließt sich jedoch
erst, wenn man Immaterialgüter von jeder Sachkonnotation befreit und als
Kommunikationsstrukturen rekonstruiert. 53 Dann öffnet sich der Blick da-
für, dass Immaterialgüter immer schon Kommunikationen in der Referenz
von sinnbasierten sozialen Systemen sind, seien es Kunstwerke, wissen-
schaftliche Ausarbeitungen oder technische Handlungsanweisungen, die in
juristischen Begriffen als „Werke“ oder als „Erfindungen“ abgebildet wer-
den. Immaterialgüter sind nicht Teil der (wie auch immer umgebildeten)
Natur, sondern entstammen als sinnförmige Aussagen einem kommunika-
tiv gesponnenen Geflecht von Bedeutungen und Verweisungen, ohne das sie
weder verstehbar sind noch überhaupt hervorgebracht werden könnten.
Auch wenn ihre Entstehung einzelnen Personen (Autoren, Erfinder) zuge-
rechnet wird, ist deren Aktivität gebunden an soziale Kommunikationssys-
teme.
Ähnlich wie bei der Rekonstruktion des Vertrages als sozialem Tatbe-
stand gilt es auch im Recht des geistigen Eigentums, die Komplexität des so-
zialen Substrats der Rechtsfigur – hier also von Schutzrechten – wahrzuneh-
men. Dem versucht eine Reformulierung des Immaterialgüterrechts auf der
zweigliedrigen Basis der Relation von Kommunikation und Bewusstsein
Rechnung zu tragen. Als Ausdruck einer epistemischen Analyse des Rechts
setzt sie bei dem Umstand an, dass das Recht über die Bedingungen von ge-
sellschaftlicher „Wissensteilung“ entscheidet, d. h. über die Möglichkeiten
von sozialen Systemen, Beobachtungskapazität von Bewusstsein für den
Aufbau von Systemwissen zu gewinnen. Die Leitfrage einer solchen, die Be-
deutung des Rechts für das Problem der Wissensteilung untersuchenden Be-
trachtungsweise lautet: „Wie ist das Recht einzurichten, damit die Beobach-
tungskapazität von Bewusstsein und ein entsprechend dezentral verteiltes
Wissen für den Aufbau von Wissen in sozialen Systemen genutzt werden

51 Vgl. E. Ulmer Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., 1980, 114 ff.


52 Einen Überblick über die aktuellen Problemlagen vermitteln die Aufsätze in Depen-
heuer/Peifer (Hrsg.) Geistiges Eigentum: Schutzrecht oder Ausbeutungstitel?, 2008.
53 Ausführlich Wielsch Zugangsregeln, 2008, 31 ff.
Iustitia mediatrix 409

kann?“ Im Rahmen einer soziologischen Jurisprudenz wird damit ein neuer


Akzent gesetzt, indem nicht von Systemen aus gedacht, sondern in umge-
kehrter Richtung nach dem Beitrag der Umwelt für die Systemdifferen-
zierung gefragt wird. Diese Suche nach den Umweltbedingungen für die
Autonomie von Systemen erweist das Denken eines „gesellschaftlichen
Konstitutionalismus“ als Eigenart einer soziologischen Jurisprudenz. 54
Dieser Konstitutionalismus wird freilich erst dann voll erschlossen, wenn
man berücksichtigt, dass sich das Verhältnis von Bewusstsein und Kommu-
nikation übersetzt in Abhängigkeitsrelationen zwischen sozialen Systemen
untereinander. Aus Sicht des Wirtschaftssystems ermöglichen Ausschließ-
lichkeitsrechte die Appropriierung von Gebrauchsvorteilen und damit ein
nutzenmaximierendes Verhalten bezüglich der Nutzung von Immaterialgü-
tern, so dass diese zum Gegenstand von Wettbewerb werden können. 55
Durch die Einschränkung positiver Nutzungsexternalitäten haben Immate-
rialgüterrechte jedoch auch Bedeutung für die Wissensteilung in anderen
Systemen. So ist die exklusive Zuweisung von Handlungsmöglichkeiten zur
medialen Reproduktion von semantischen Artefakten auch für das Kunst-
system relevant, weil die Möglichkeiten Dritter zur Aktualisierung des im
Werkstück verkörperten Sinns eine Einschränkung erfahren. 56
Die Mehrsystemrelevanz rechtlicher Institute, die als „Multifunktiona-
lität“ des Rechts beschrieben werden kann, 57 führt die betroffenen Systeme
dabei in wechselseitige Abhängigkeiten. Wenn das Recht etwa die Wissens-
teilung eines Systems durch die Schaffung von exklusiven Verwertungsrech-
ten gleichsam dem Markt zum Lehen gibt, wird umgekehrt auch das Funk-
tionieren des Marktes abhängig von der Gewährleistung der epistemischen
Funktionsbedingungen des anderen Systems. Denn damit der Wettbewerb
als Verfahren zur dezentralen Innovation expliziten Wissens eines bestimm-
ten thematischen Diskurses dienen kann, müssen die sich mit Hilfe des
Marktes beobachtenden Akteure über voneinander unabhängige Hand-
lungsalternativen verfügen; das ist der Fall, wenn genügend Möglichkeiten
zur freien Nutzung von Immaterialgütern in diesem Wissensbereich be-
stehen. Wettbewerb um Informationsgüter würde gleichsam austrocknen,

54 Zum Ansatz eines gesellschaftlichen Konstitutionalismus in der Rechtstheorie noch

näher unten IV. Aus sozialtheoretischer Sicht grundlegend Sciulli Theory of Societal Con-
stitutionalism, 1992.
55 Zur marktfunktionalen Begründung von Schutzrechten vgl. Ullrich GRUR Int. 1996,

555 (566) und Mestmäcker/Schweitzer Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., 2004, § 28


Rn. 9, mit der Feststellung, „dass Immaterialgüterrechte geschaffen werden, damit sie zum
Gegenstand von Marktprozessen werden können”. (Hervorhebung hinzugefügt)
56 Nur am Rande sei angemerkt, dass es einer solchen Sicht auf geistige Schöpfungen

entspricht, Schutzrechte als Verbotsrechte zu interpretieren, die dem Berechtigten die durch-
setzbare Befugnis verleihen, jedem anderen bestimmte Handlungen in Bezug auf das Im-
materialgut (etwa das Herstellen medialer Artefakte) zu verbieten.
57 Vgl. Wielsch Freiheit und Funktion, 211 f.
410 Dan Wielsch

wenn verteiltes implizites Wissen nicht ausreichend mit explizitem Wissen


dezentral rekombiniert werden könnte. Die viel zitierte Entdeckungsfunk-
tion des Wettbewerbs setzt eine intakte Wissensteilung in der sozialen Um-
welt des Wirtschaftssystems voraus.
Zugleich wird die Bedeutung von Institutionen (Märkte, Unternehmen
oder auch Netzwerke) für die systemische Wissensteilung deutlich. Da in
Institutionen die Beobachtungskapazität von psychischen Systemen und die
Zuschreibung von Entscheidungsrechten (Selektionsautorität) auf je spezi-
fische Weise miteinander ins Verhältnis gesetzt sind, entscheiden sie über
die Einheiten sozialer Beobachtung – indem sie geteilte Beobachtungshori-
zonte konstituieren (Märkte) oder sogar eigenständige Beobachter (Unter-
nehmen). Gemeinsam ist Institutionen, dass sie bestimmte Formen der so-
zialen Beobachtungsinszenierung darstellen, die es externen Beobachtern
ermöglicht, ein soziales System als solches zu beobachten. Durch Märkte
etwa kann man die Wirtschaft sehen. 58 Über diesen Umweg der Anleitung
seiner Fremdbeobachtung durch psychische Systeme vermag das jeweilige
Sozialsystem in spezifischer Weise selbst Umwelt zu beobachten und darü-
ber Systemwissen aufzubauen. Für eine epistemische Analyse des Imma-
terialgüterrechts ergibt sich daraus die wichtige Konsequenz, Rechte und
Pflichten so auszulegen, dass die Integrität der Institutionen in ihrer wis-
sensteilenden Funktion gewährleistet ist. Die Aufgabe der Rechtsverfassung
der Wissensteilung in sozialen Systemen kann damit in vielen Fällen um-
gelenkt werden auf die dem Recht geläufigere Aufgabe des Institutionen-
schutzes.
Die Integrität der Prozesse sozialer Wissensteilung sicherzustellen, ist die
Aufgabe von rechtlichen „Zugangsregeln“. Sie schränken mit Rücksicht auf
die für den jeweiligen Diskurs grundlegenden Institutionen der Wissenstei-
lung das Verbotsrecht von Rechtsinhabern ein und schaffen so erlaubnis-
freie – wenn auch nicht automatisch entgeltfreie – Nutzungsmöglichkeiten
von Immaterialgütern. Zugangsregeln bilden in der Rechtsordnung die
Komplementärerscheinung zu Ausschließlichkeitsrechten und verhindern,
dass der Gebrauch von subjektiv-individuellen Rechten an Immaterialgü-
tern die Grundlagen für die Produktion solcher Güter unterläuft. 59 Anstatt
wie Schranken auf der Unterscheidung Individual-/Allgemeininteresse auf-
zubauen, operieren Zugangsregeln mit der Referenz auf soziale Systeme. Sie
sind auf den Erhalt der Bedingungen der Wissensteilung genau jenes sozia-

58 Vgl. bereits oben bei Fn. 26.


59 In einem klugen Satz aus der Regierungsbegründung des Urhebergesetzes von 1965
heißt es über die Notwendigkeit von Schrankenbestimmungen, dass “der Urheber insbe-
sondere dort im Interesse der Allgemeinheit freien Zugang zu seinen Werken gewähren
muss, wo dies unmittelbar zur Förderung der geistigen und kulturellen Werte dient, die ihrer-
seits Grundlage für sein Werkschaffen sind”. Vgl. BT-Drucks. IV /270, Vor § 45 (Hervorhe-
bung hinzugefügt).
Iustitia mediatrix 411

len Systems zu richten, als dessen Kommunikation sich der immaterialgü-


terrechtliche Schutzgegenstand (das Werk, die Erfindung) darstellt. Indem
Zugangsregeln Ausschließlichkeitsrecht und Nutzungsfreiheit systemspezi-
fisch abstimmen, realisieren sie die systemische Konnexität des jeweiligen
Schutzrechts.
Die Figur der Zugangsregeln ist dabei gezielt als ein neuer dogmatischer
Schlüsselbegriff konzipiert, der im Vergleich zu dem Begriff der Schranke in
mehrfacher Hinsicht abstrakter gefasst ist und besser geeignet scheint, ne-
ben der personenbezogenen Dimension von Immaterialgüterrechten auch
deren institutionelle und gesellschaftliche Effekte in den Blick zu nehmen.
Diese Erweiterung des Blickfeldes um die sozialen Dimensionen von
Rechtsfiguren ist kein Selbstzweck. Aus freiheitlichem Handeln der Einzel-
nen entstehen kollektive Ordnungen. Weil diese ihrerseits über die tatsäch-
lichen Bedingungen für autonomes Handeln entscheiden, ist die Wirkung
der Ausübung von Rechten auf jene Ordnungen ein normatives, das Recht
beschäftigendes Problem. Wird der „Sozialeffekt privatrechtlicher Institu-
tionen“ (F. Böhm) vernachlässigt oder gar ausgeblendet, kann das Recht
nicht umweltadäquat operieren und verfehlt jenen um das Kriterium der
Umweltadäquanz angereicherten Gerechtigkeitsbegriff. Er hat die Entwick-
lung von dogmatischen Schlüsselbegriffen zur Aufgabe, mit denen das
Recht seine Sozialeffekte intern reflektieren kann.

IV. Gesellschaftlicher Konstitutionalismus als Methode


Die Musterung privatrechtlicher Grundfiguren durch die soziologische
Jurisprudenz ließe sich für den Rechtsbegriff der Person fortsetzen, zumal
für den der juristischen Person. 60 Wichtiger als die Vollendung des begriffli-
chen Dreigestirns, an dem die Welt des Rechts aufgehängt ist, erscheint ab-
schließend aber ein Wort zum methodischen Verständnis, dem diese Refor-
mulierungsversuche gleichermaßen verpflichtet sind: Der soziologischen
Jurisprudenz liegt ein lernendes Sozialmodell des Rechts zu Grunde. 61 Bei
der Rechtsfindung „soll sich kein geschlossenes, richtiges (‚vernünftiges,
‚natürliches‘) Konzept gegen die falsche Wirklichkeit durchsetzen, [und] es
soll sich keine Wirklichkeit die Idee ihrer Richtigkeit anmaßen, sondern es
soll sich die ‚Gesellschaft‘ (als begrenzt offene) auf der Grundlage ihrer bis-
herigen Erfahrungen neuen Erfahrungen aussetzen“ können. 62 Die soziolo-

60 Anzuknüpfen wäre dabei an die Gedanken von Teubner ZHR 148 (1984), 470 und

ders. Recht als autopoietisches System, 1989, 172 ff. zum sozialen Substrat der juristischen
Person.
61 Zum Gedanken lernender Sozialmodelle im Recht vgl. Wielsch Freiheit und Funktion,

194 ff.
62 Vgl. Wiethölter Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 8 (1982), 38 (56).
412 Dan Wielsch

gische Jurisprudenz erkennt, dass gesellschaftliche Differenzierung sich


nicht auf die Rationalität individuellen Handelns zurückführen lässt, son-
dern sich evolutorisch vollzieht. Sobald eine Mehrzahl von Akteuren ver-
sucht, ihre gesonderten Pläne durchzuführen, haben die Entscheidungen
Einfluss aufeinander. Durch die vielen Situationen doppelter Kontingenz
fällt der Startschuss zur Bildung emergenter sozialer Systeme. Diese bilden
sich keineswegs nur als Teilsysteme der Gesamtgesellschaft in Bezug auf
eine bestimmte Funktion, sondern entstehen viel häufiger einfach als „frei
gebildete Sozialsysteme“ 63, wie das Beispiel der Netzwerke zeigt. Der evo-
lutionäre Erfolg solcher sozialen Institutionen scheint sich dabei nach ihrer
Kapazität zur Koordination von verteiltem und der Erzeugung von neuem
Wissen zu beurteilen. Gegenüber der Transaktionskostenanalyse kehrt sich
daher die Argumentationsrichtung um: Nur wenn die Institution über eine
solche Kapazität verfügt, wird sie auch geeignet sein, einen effizienten Ein-
satz der verfügbaren Mittel herbeizuführen.
Die Rezeption des Evolutionsgedankens lässt die soziologische Jurispru-
denz nicht normativ orientierungslos werden. Er verpflichtet sie vielmehr
auf einen gesellschaftlichen Konstitutionalismus: erstens die Voraussetzun-
gen für Variation zu erhalten und zweitens neu auftauchende soziale Koope-
rationsstrukturen zu stabilisieren. Dieses Programm führt nicht etwa zu
einer Unterschätzung der Rolle des Individuums. Gerade umgekehrt ist es
in seinem ersten Teil nur einlösbar, wenn die Existenz unorganisiert-spon-
taner Bereiche, vor allem aber „Individualität“ als unersetzlicher Variations-
geber rechtlich anerkannt wird.
Die zweite Forderung verlangt vom Recht selbst, die im Fall betroffenen
sozialen Handlungssysteme sorgfältig zu identifizieren. Bereits bei der ver-
traglichen Beziehung hat sich gezeigt, dass dazu der Blick auf den Parteiwil-
len oft nicht ausreicht. Neben der „Willensreferenz“ steht notwendig die
Berücksichtigung anderer Umweltreferenzen, um die fremdsystemisch kon-
stituierten Voraussetzungen der Inanspruchnahme von Privatautonomie zu
gewährleisten. Im Vergleich mit der traditionellen Rechtsgeschäftslehre, die
auf dem Konsensmodell und Prinzip vertraglicher Relativität beruht, legt
die soziologische Jurisprudenz eine „Gesamtbetrachtung“ der Rechtsver-
hältnisse nahe. Eine solche zählt bezeichnender Weise zum methodischen
Arsenal des Kartellrechts, das ausdrücklich auch die Integrität des transin-
dividuellen Prozesses des Wettbewerbs schützt, der aus der Ausübung von
Handlungsfreiheiten entsteht. Um die Auswirkung einer Vereinbarung auf
den Wettbewerb rechtlich zu beurteilen, ist dort die Notwendigkeit aner-
kannt, den wirtschaftlichen und rechtlichen Gesamtzusammenhang zu be-
rücksichtigen, in dem die Vereinbarung steht und etwa mit anderen, ähnlich

63 Vgl. Luhmann Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 812 f.


Iustitia mediatrix 413

gelagerten zu einer kumulativen Wirkung führen kann. 64 Auch auf der


Rechtsfolgenseite besteht eine Nähe zum prozessorientierten Denken des
Kartellrechts. Denn speziell in Fällen, in denen die Logik der sozialen Ko-
operation des Handlungssystems mit widersprechenden Anforderungen
aus seiner Umwelt der Funktionssysteme konfrontiert ist, lässt sich den
Kollisionen durch die Formulierung von Inkompatibilitätsregeln Rechnung
tragen. Ähnlich wie das Kartellrecht aus Respekt vor der Eigengesetzlich-
keit des Wettbewerbsprozesses in der Regel nur negative Verhaltenspflich-
ten statuiert, ist danach zu fragen, welches Verhalten den Beteiligten ver-
boten ist, um nicht die spezifische Funktionsweise einer sozialen Institution
zu beeinträchtigen.
Aus dem gleichen Grund, aus dem einst Jhering die bei Savigny den
Rechtsinstituten nachgelagerten Rechtssätze vorgelagert 65 und damit dem
Recht die Frage nach seiner Funktion ins Stammbuch geschrieben hat, lenkt
auch für die soziologische Jurisprudenz nicht mehr das Rechtsinstitut als
Typus die Suche nach der Regel, die sich ihm einzupassen hätte. Vielmehr
sind umgekehrt die privatrechtlichen Grundbegriffe so zu reformulieren
und gegebenenfalls um neue dogmatische Schlüsselbegriffe zu ergänzen,
dass sie einen gesellschaftlichen Konstitutionalismus tragen können. Den
Auftrag dazu erhält das Recht aus der erwähnten Mehrsystemrelevanz sei-
ner Institute: durch den Umstand, dass durch die Ausübung von Rechten
eine Vielzahl von systemischen Umwelten gleichzeitig betroffen ist und
über die Möglichkeiten der Beobachtung durch Bewusstsein und Kommu-
nikation in den verschiedenen Bereichen gesellschaftlicher Wissensteilung
entschieden wird. Unter den gesellschaftlichen Funktionssystemen ist das
Recht spezialisiert auf die intersystemischen Beziehungen, es steht bildlich
gleichsam „inmitten“ der Systeme und ihrer Umwelten. Der erweiterte Ge-
rechtigkeitsbegriff der soziologischen Jurisprudenz trägt dieser multiplen
Konnektivität des Rechts und seiner Verpflichtung zu einem multilateralen
Konstitutionalismus Rechnung – institutia mechiatrix!
Mit diesem Vorschlag verbindet sich der Appell an das Recht, die soziale
Mehrdimensionalität seiner Grundfiguren vollumfänglich zur Kenntnis zu
nehmen. Nur so kann das politische Moment rechtlicher Begriffskonstruk-
tion reflektiert werden. 66 Es resultiert aus dem Umstand, dass die Ausübung
von Rechten und ihre Interpretation gesellschaftsweit verbindliche Wirkung
haben, ohne dass diese jedoch vom politischen System im engeren Sinne

64 Dieser Gedanke wurde früh zum festen Bestandteil der Rechtsprechung zum europäi-

schen Wettbewerbsrecht, vgl. etwa EuGH , Rs. 23/67, Slg. 1967, 544, 555 – Brasserie de
Haecht.
65 Vgl. die Kennzeichnung bei Wiethölter in: FS Raiser, 1974, 645 (661 f.).
66 Dass Begriffskonstruktion als Eigenleistung des Rechts eminent politisch ist, haben

jüngst von der Crone/Wegmann ZSR 2007, 111 (131) noch einmal hervorgehoben. Der
grundlegende Text ist Wiethölter Rechtswissenschaft, 1968, 179 ff.
414 Dan Wielsch

programmiert werden könnte. Der Vielzahl von systemischen Umwelten,


die durch die Ausübung von Rechten betroffen sind, steht eben in der Ge-
sellschaft kein allzuständiges Koordinationszentrum gegenüber. Gerade we-
gen der Eigenart der juristischen Argumentation – der Bindungswirkung
von Präjudizien, den dezisionistischen Elementen von Entscheidungen der
Gerichte, dem selektiven Gedächtnis der Dogmatik – trägt das Recht eine
eigene politische Verantwortung. Eine soziologische Jurisprudenz stellt sich
dieser Verantwortung.
III. Konstitutionalisierung und Steuerung
416
Das Arkanum der Institution.
Die Musikhochschule als Ort
der Professionalitätsschulung

Christa Allert und Tilman Allert

Wie kommt einer zur soziologischen Jurisprudenz? Seit wann Luhmann


Kontingenz dachte, ist bekannt: die Generationserfahrung eines existentiel-
len Ausgesetztseins durch die zugemutete Tötungsverpflichtung als Soldat
sowie eines Schocks nach dem plötzlichen Verlust eines Freundes. Die for-
mativen Bedingungen für den Eintritt in die Kontingenzreflektion liegen bei
Gunther Teubner anders. Wenn sie auch durch komplex motivierte biogra-
fische Weichenstellungen vorbereitet wird, auf die im einzelnen einzugehen
hier nicht der Ort ist, ist sie einer professionstypischen Enttäuschungs-
erfahrung geschuldet, die sich in den akademischen Werdegang einschreibt.
Der universitätsgeschulte Jurist, von Max Weber bekanntlich als eine der
weltgeschichtlich einzigartigen Säulen des alten Europa geadelt, wird nolens
volens Träger der unauslöschlichen Polarität von formaler und materialer
Rationalität – ja, in dem Maße, in dem das Studium der Jurisprudenz mit
der Fähigkeit vertraut macht, in logischer Stringenz eine Sache durchzu-
fechten, ein moralisches Problem in eine rechtstechnisch bearbeitbare Strit-
tigkeit zu überführen, in dem Maße droht die materiale Gerechtigkeitsfrage
zu zerbröseln. Diese Erfahrung eines systemtypischen Plausibilitätsverlus-
tes, die Erfahrung der „Absurdität“ rechtstechnischer Verfahren kann sich
aggregieren zu einer Krise des eigenen Tuns und führt bei Leuten, die sich
auf das Recht einlassen, zu Enttäuschungsverarbeitungen aller Art. Die einen
schreiben daraufhin Romane, andere werden albern. Gunther Teubner,
Gerichtsreferendar und Doktorand in Tübingen, an einer Hochburg rechts-
technischer Schulung und rechtsdogmatischer Reflexion, entdeckt die Sozio-
logie und findet in Luhmann seinen Meister, einen Denker, den gleicherma-
ßen die fragile faktische Kraft des Rechtsnormativen und die spezifische
Sinnlosigkeit des Rechtsformalismus intellektuell sublimiert zu einer Sys-
tematik sozialer Ordnungsstiftung – das Ergebnis des Fundes gilt es in die-
sem Band zu würdigen: Teubners faszinierende kognitiv eigensinnige Fort-
führung einer Soziologisierung des Rechts, einer Art zweiten Dogmatik des
Rechts, basal motiviert vom faustisch anmutenden Wunsch des Schülers,
das „Außen“, die materiale Gerechtigkeitsidee durch unbestechliche Argu-
418 Christa Allert und Tilman Allert

mentation und zwingende logische Konsistenz in das verwirrend leere „In-


nen“ des Rechts hineinzuholen.
Daß jemand, der es mit dem Recht und dem Problem der Ordnungsstif-
tung nicht naiv in berufspragmatischer Hinsicht, sondern systematisch auf-
nimmt, in Luhmanns Soziologie eine Heimat findet, nimmt nicht Wunder.
Die Nähe zur komparativen Logik, die kontrapunktisch durchgearbeitete
Dekonstruktion, das kompromißlose Umkreisen einer geschlossenen Innen-
welt, die Sakralisierung der Kontingenzformel, erscheinen als Qualitäten, die
Teubner an Luhmanns Werk bewundert hat. Gemessen an der systemtheo-
retischen sophistification kommt die weberianische Soziologie alteuropäisch
hausbacken daher, paradigmatisch gleichsam unerschüttert, ohne Umwege
über Frankreich, und arbeitet sich im Horizont der Neugier auf „Musik als
Beruf“ forschungspragmatisch an eine Kernfrage heran, die allerdings gera-
dewegs in das Zentrum des systemischen Denkens führt: „was ist das Ar-
kanum der Institution?“ (Gunther Teubner). Wenn Ordnungsstiftung das
systematisch übergreifende Problem darstellt, welche Rationalitätsprämis-
sen erzeugen jeweils Handlungsorientierung, definieren Gütekriterien und
verpflichten Akteure zu Engagement? Die Diskussion dieser Frage hat die
in der mönchischen Klausur des Tübinger Leibniz-Kollegs entstandene
Freundschaft kontinuiert, eine im dynamischen Mikroformat reproduzierte
Meister-Schüler-Kommunikation mit konkurrierenden Bezugnahmen auf
Theorie, im cantus firmus ein nicht endender Streit um Luhmanns Abschied
von Alteuropa. Auch Freundschaften gründen sich auf Differenz und Diffe-
renzerfahrung. Sie wachsen durch Widerspruchsneigung bei „Zelebrierung
eines transzendenten Gehaltes in gemeinsamer Handlung“ (Albert Salomon).
Artikulierte Differenz braucht das Dritte, im vorliegenden Fall die Musik.
Johann Sebastian Bach, die gemeinsame musikalische Vorliebe, wird Frie-
densstifter, temperiert die intellektuelle Kontroverse und steuert die theore-
tische Aufmerksamkeit. Im folgenden wird ein Zwischenergebnis vorgelegt,
das die produktive Kontrastivität der Perspektiven unterstreichen soll und
vom Thema her komplex, polyphon, motiviert ist – es geht um die Frage:
Wie läßt sich institutionell Eigenrationalität sichern, welches sind die syste-
mischen Grundlagen der musikalischen Reproduktion, in Anlehnung an
Adorno: wie läßt sich auch zukünftig die Professionalität des Künstleri-
schen sichern, Bach gegen seine Liebhaber verteidigen?

I. Zur Problematik der Exzellenzbestimmung


in der künstlerischen Ausbildung
Der institutionell vorrangigen Sorge der Hochschulen um die Zukunfts-
chancen ihrer Studierenden liegt ein theoretisch brisantes Problem zu-
grunde, das vor Jahren schon Niklas Luhmann als Problem der explanativen
Das Arkanum der Institution 419

Tragweite der Begriffe „Institution“ und „Organisation“ gestellt hat (Luh-


mann 1992, S. 90 ff.). Es kann als eines der faszinierenden Merkmale künst-
lerischer Ausbildung gelten, dass sich im Organisationstypus Hochschule
und Akademie Strukturkerne erfolgreicher pädagogischer Praxis erhalten
haben, die in ihrer kommunikativen Ausdrucksgestalt auf die Frühzeit
künstlerischer Erziehung verweisen – Einzelfälle geduldiger und hartnäcki-
ger Nachwuchspflege, von denen derjenige, der davon profitiert hat, zu er-
zählen weiß und die in der Praxis der Meisterkurse, an der Peripherie der
Hochschulbildung und diese ergänzend wieder auftauchen. Die für den
Fortbestand der Institution entscheidende Praxis analytisch zu bestimmen
statt romantisch zu verklären, ist institutionensoziologisches Desiderat und
erscheint umso dringender, je unerbittlicher die Frage nach der Rechtferti-
gung kostenträchtiger Studiengänge gestellt wird.1
Das Nachdenken darüber erstreckt sich auf die typischen Orte der künst-
lerischen Ausbildung, auf Akademien, wie auf Kunst- und Musikhochschu-
len 2 und rückt mit dem Meister-Schüler-Verhältnis als eine dynamische
Komplementarität von Lehre und exemplarischer Darbietung ins Zentrum
der Analyse. Wie institutionell dehnbar ist das Spezifikum der künstleri-
schen Ausbildung mit ihren typischen Kommunikationsorten und gemein-
schaftsbildenden Veranstaltungen, die für jede Ausbildung in „Kunst als
Beruf“ eine Bedingung für hohe Qualität darstellen? 3 Die theoretische Posi-
tion, die wir vorschlagen, geht im Anschluss an die soziologischen Vor-
arbeiten Max Webers zur Bestimmung von Gütekriterien professioneller
Tätigkeiten davon aus, dass die Ausbildung zu „Musik als Beruf“ die allge-
meinste Zielsetzung von Musikhochschulen darstellt. 4 Hieran schließt sich
die Frage nach den Strukturmerkmalen des pädagogischen Arbeitsbündnis-
ses zwischen Lehrenden und Lernenden an. Dessen Funktion liegt darin,
das kundige Bereitstellen ästhetischer Objektivationen als professionelle

1 Darauf macht der Musikkritiker Gerhard Koch, aufmerksam: „Der Eigenwert des Äs-

thetischen ist immer schwerer zu vermitteln, die Hilferufe der Künstler wie Institutionen
werden als Rhetorik einer gesamtgesellschaftlich nicht mehr zu rechtfertigenden Besitz-
standswahrung abgetan“ (G.H.Koch 2004, 88).
2 Siehe dazu etwa die Stellungnahme der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen in

der Bundesrepublik Deutschland „Musikhochschulen an der Schwelle des 21. Jahrhunderts“


(2000)
3 Unsere Ausführungen beruhen auf Interviews mit Mitgliedern des Kollegiums der

Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt und der Hochschule für Gestal-
tung Offenbach. Die darin artikulierten Selbsteinschätzungen bilden die Grundlage für die
vorgelegte Argumentation.
4 Die Formulierung spielt auf die Vorschläge an, die Max Weber zum Typus des wissen-

schaftlichen und politischen Handeln vorgelegt hat. Wenn ihn auch künstlerische Kreati-
vität nicht vom Handlungstypus her, sondern aus der rationalisierungstheoretischen Per-
spektive beschäftigt hat, liegt in der Annahme eigengesetzlicher Wertsphären und ihrer
Konkurrenz zum spezifischen Gehalt der Erlösungsreligionen der Schlüssel für alle späte-
ren soziologischen Bestimmungen.
420 Christa Allert und Tilman Allert

Dienstleistung zu ermöglichen, wie immer auch der in der Hochschule er-


worbene Habitus in Berufen zum Ausdruck gebracht wird.
Auf allgemeiner Ebene werden die Studierenden auf eine Kompetenz vor-
bereitet, die auf die Erzeugung künstlerischer Wahrheit gerichtet ist. Musi-
zieren als Erkenntnisbildung, diese Idee wird nicht etwa einer ideologiekri-
tischen Skepsis unterworfen oder mit Verweis auf die Schwierigkeiten der
Berufsfindung für künstlerische Berufe für obsolet gehalten, sondern sie gilt
es in einem theoretisch anspruchsvollen Sinne zu explizieren und die darin
angesprochenen pädagogischen Situationen in ihrer Leistungsfähigkeit an-
schaulich zu machen. Unter den Ansätzen zur Soziologie künstlerischer
Produktion liefert im Anschluß an Weber die Position von Ulrich Oever-
mann die deutlichste Gewähr dafür, den drei Aspekten der Kunst und ihrer
Werkgestalt, der Vermittlung des professionellen Handlungstypus in der
Ausbildung und schließlich der hierbei zur Geltung kommenden kommu-
nikativen Praxisorte in einer theoretisch konsistenten Perspektive gerecht
werden zu können. 5 Im Gegensatz zu den Vorschlägen von Bourdieu und
Luhmann liegt der Vorteil der institutionentheoretischen Perspektive darin,
konsistenter an die Idee der Eigengesetzlichkeit von Kunstwerken anzu-
schließen und zum anderen darin, dass das Webersche Konzept des Cha-
risma aus seiner herrschaftssoziologischen Einbettung gelöst und für eine
Theorie des Neuen, mithin auch einer Theorie gelingender ästhetischer In-
novation, verallgemeinert wird.

II. Zur Professionalität künstlerischen Handelns


Ohne eine ästhetiktheoretische Reflexion ist eine Institutionendiagnose
nicht möglich.In der alltäglichen Ausbildungspraxis von Hochschulen re-
produziert sich stets schon „geronnener Geist“, mithin in Form übersetzte,
traditionalisierte und didaktisch konventionalisierte „Theorien des Schö-
nen“. Folgt man etwa der ästhetiktheoretischen Position Hegels, so steht je-
der musikalische Gedanke in einem Erfahrungsraum schon erfolgter bzw.
erprobter Ausdrucksmaterialität und von daher löst auch die Ausbildung
von Berufen, denen um die Artikulation musikalischer Gedanken zu tun ist,
ihre Innovationsverpflichtung einzig in einer historisch reflektierenden Be-
zugnahme auf die Tradition ein. „Der Künstler ist nicht Thema seines Werks.
Und doch muss man sagen, dass er dennoch einbegriffen ist in die Verfas-
sung der Kunst und somit auch der Kunst auf der jeweiligen Stufe der Ent-

5 Ferdinand Zehentreiter zeigt in einem instruktiven Aufsatz zum Stand der Musik-

soziologie die perspektivischen Beschränkungen, denen im Vergleich zu Oevermann be-


sonders die Theorien von Niklas Luhmann und Pierre Bourdieu unterliegen (Zehentreiter
2004).
Das Arkanum der Institution 421

wicklung des Geistes“ (Henrich 2003, 123). 6 Künstlerische Tätigkeit bezieht


sich auf einen Handlungstypus, auf eine Kompetenz mit angebbaren Güte-
kriterien, die als „genial“ oder „unerklärbar“ nur aus der Perspektive der Be-
rufsangehörigen und/oder ihres Publikums gelten. Jenseits dessen, was in
der Künstlerästhetik und beruflichen Selbstdeutung der Angehörige künst-
lerischer Berufe dazu ausgetauscht wird, handelt es sich um eine professio-
nelle Tätigkeit, die eine komplexe Dienstleistung zum Ziel hat: die Erzeu-
gung von Erkenntnissen. Sie teilt sich zwar auf der Ebene einer sinnlichen
Suggestivität mit, wenngleich sie in den Voraussetzungen und Folgen ihres
Tuns sowohl erfahrungswissenschaftlich analysierbar als auch lehrbar ist.
Kunst repräsentiert, unabhängig von ihrer jeweiligen medialen Vermittlung,
den Geltungsanspruch auf eine Wahrheit, die sich mit den Mitteln methodi-
sierter Erkenntnisbehauptung und Erkenntnisüberprüfung nicht darstellen
ließe. Darin liegt der triviale und elementare, aber grundlegende Struktur-
unterschied zwischen Kunst und Wissenschaft. Der Handlungstypus, um
den es geht und der in Hochschulen für künstlerische Ausbildung qua Lehr-
körper repräsentiert ist und qua Ausbildungsverhältnis an eine nachwach-
sende Generation vermittelt wird, bezieht sich auf die professionelle Erzeu-
gung künstlerischer Wahrheit. Diese ist auf die Wirkung und Suggestivität
sinnlicher Präsenz ausgerichtet, von ihrer Logik her sprachunabhängig zum
Ausdruck gebracht über eine Vielfalt klanglicher und visueller ästhetischer
Ausdrucksmedien. Künstlerisches Handeln unterliegt einer kontinuierlichen
Verpflichtung zur ästhetischen Innovation – hierin liegt die Wurzel für die
hohe Bedeutung von Kreativität als Kompetenzbestandteil über alle Sparten
und Spezialisierungen hinweg. Die ästhetische Innovation, schöpferische
Phantasie, die dem Handlungstypus zwingend vorgeschrieben ist, versieht
die künstlerische Performanz mit einem unhintergehbaren Charisma. Die
charismatische Qualität im künstlerischen Handeln bezeichnet das Medium
der künstlerischen Innovation und ist mit der Sache selbst verknüpft. Sie
tritt nicht etwa als eine motivationale Zusatzleistung oder psychische An-
strengung dem Bemühen um Innovation hinzu, vielmehr erfolgt sie in der
Auseinandersetzung zwischen künstlerischer Ausdrucksintention und dem
Werk, im Vollzug des Handelns bzw. dessen glaubhafter Repräsentanz in
einem künstlerischen Habitus.

Im Einzelnen setzt sich die im Handlungstypus vorgesehene Charismati-


sierung aus folgenden für die künstlerische Wahrheit maßgeblichen Elemen-
ten zusammen, welche die Standards ästhetischen Gelingens, die Kriterien
professioneller Exzellenz vorgeben:

6 Aber auch jenseits von Hegel gilt für jede ästhetiktheoretische Position, jüngst etwa

vorgetragen von Gunnar Hindrichs (2003), dass sie unmittelbare Konsequenzen für die
Schwerpunkte einer künstlerischen Ausbildung nach sich zieht.
422 Christa Allert und Tilman Allert

a) Künstlerisches Handeln ermöglicht das Aufbrechen von Wahrneh-


mungsgewohnheiten und das Entdecken von überraschenden Sinn- und Er-
fahrungsbezügen.
b) Künstlerisches Handeln vollzieht sich im Beherrschen eines differen-
zierten Ausdrucksvermögens, das in einem langfristig angelegten Bildungs-
prozess angeeignet wird. Hierzu zählen instrumenten-, werkzeug- und aus-
druckspezifische Artikulationsfertigkeiten ebenso wie das reflexive Verfügen
über die historischen Grundlagen und wissenschaftlichen Auslegungen des
jeweiligen künstlerischen Ausdrucksmediums, mithin die Bezugnahme auf
die Geschichte der Interpretation. Mit der aus diszipliniertem Üben hervor-
gegangenen flüssigen Beherrschung der Gestaltungstechniken lässt sich die
„Widerständigkeit eines selbstgewählten Ausdrucksmaterials“ (Ulrich Oe-
vermann) überwinden und die für das Handeln allgemein geltende ästheti-
sche Innovationsverpflichtung einlösen. Über die souveräne Beherrschung
des Ausdrucksmaterials erlangt das künstlerische Handeln die nötige Auto-
nomie in der Handhabung von Gestaltungsmitteln. 7
c) Schließlich findet im künstlerischen Handeln die Hartnäckigkeit einer
Ausdrucksintention, einer schöpferischen Disposition, einer inneren bio-
grafisch aufgeschichteten Thematik ihren Weg in die Form des künstleri-
schen Ausdrucks. In der ästhetischen Objektivation des Werks tritt eine in-
nere Realität, eine Erinnerungsspur oder Empfindung in Erscheinung, die
begrifflich nicht formulierbar ist, ja ohne die ästhetische Vermittlung unzu-
gänglich bliebe.

III. Die Strukturleistung des Meister-Schüler-Verhältnisses


für die Ausbildung eines künstlerischen Habitus
Das Besondere des Handlungstypus künstlerisches Handeln im institu-
tionellen Format einer Hochschule erschließt sich in dem Maße, in dem
wir mit der Erziehung ein zweites Strukturmerkmal aufnehmen. Mit Cha-
risma haben wir das Medium der künstlerischen Innovation bezeichnet –
das Charisma bildet zugleich die Brücke zum Pädagogischen. Charisma
erscheint für die künstlerische Leistung konstitutiv und begründet die

7 Das gilt spätestens seit Durchsetzung der Moderne, in der die kompositorische Idee

und die vom Musizierenden realisierte Übersetzung in eine gewollte Spannung zueinan-
der treten. „Erst unter den Händen des Spielenden kommt Musik zu der ihr eigenen,
klingenden Wirklichkeit; und diese Hände wiederum fertigen „nur“ Blaupausen an von
Vorlagen, die es real nie gegeben hat; fortwährend gehen wir musizierend mit Dingen
um, die keiner aufschreiben und festlegen kann – dies immer gegenwärtig zu halten muss
jeden überfordern, macht ihn angewiesen auf einen Realisierungsfuror, der in den ge-
schriebenen Texten noch mehr Anhalt zu finden hofft, als tatsächlich gegeben ist …“
(Gülke 1994, 66 f.).
Das Arkanum der Institution 423

Begeisterung für die Auseinandersetzung mit dem ästhetischen Gegen-


stand, der in jedem Lehrverhältnis das Dritte zwischen Lehrer und Schüler
begründet.

Daraufhin entfaltet sich die Ausbildung an der Hochschule unter dem


Ziel, Studierende mit einer zunächst vergleichsweise unsortierten künstleri-
schen Disposition anzuleiten, authentische künstlerische Darstellung zu er-
reichen und die gestaltungstechnischen Voraussetzungen für den Erwerb
des Tätigkeitsprofils zu vermitteln. Die doppelte Verpflichtung zu künstle-
rischer Professionalität und zu pädagogischer Professionalität liegt den Gü-
teerwartungen an Mitglieder des Lehrkörpers zugrunde. Sie bestimmt das
Leistungspotential der Ausbildung, enthält jedoch zugleich ein spezifisches
Devianzpotential, das jeder Unterrichtssituation inhärent ist. Künstler un-
terrichten werdende Künstler – was konstitutiv ist für Musik- und Kunst-
hochschulen – mit einem Potential einer déformation professionelle: das
Künstlertum kann sich verselbständigen zulasten des pädagogischen Auf-
trags und der pädagogische Auftrag kann sich verselbständigen zulasten der
künstlerischen Qualität. Einmal würde das Verhältnis nur auf Nachahmung
ausgerichtet, das andere Mal könnte sich der Schüler die vom Lehrer gebo-
tenen Optionen nicht prüfend zu Eigen machen. In dem doppelten Erwar-
tungsraum von künstlerischem und pädagogischem Auftrag bewegen sich
die Austauschbeziehungen in der Hochschule – zwischen Studierenden und
Lehrenden – und zwar unabhängig von der curricular diktierten und durch
Studiengänge vorsortierten internen Aufteilung zwischen künstlerischer Aus-
bildung sowie den verschiedenen Zweigen der schulpädagogischen Ausbil-
dung. In die künstlerische Dimension eingelagert ist darüber hinaus die
Spanne zwischen technischer Instrumentenbeherrschung und musikalischem
Verständnis. Sie wird überbrückt durch die Lehrenden, die im oben ange-
sprochenen Sinne Repräsentanten des professionellen künstlerischen Han-
delns darstellen und den Studierenden gegenüber didaktisch übersetzt die
Idealität einer künstlerischen Performanz repräsentieren.

Künstlerische Professionalität entsteht biografisch kumulativ und voll-


zieht sich in den ersten Jahren ihrer Bildung in einer kommunikativen Kon-
stellation, die durch die Elemente: Interaktionsnähe, affektive Dynamik,
Zeitneutralität und Vertrauensvorschuss charakterisiert ist – es handelt sich
um Strukturmerkmale, die im Idealtypus eines Meister-Schüler-Verhält-
nisses aufgenommen sind. 8 Ein essayistischer Versuch einer Annäherung
8 Die Formulierung ist historisch vorbelastet, konnotiert sie doch Geniekult und dessen

pädagogisches Komplement, mithin eine Strukturform des Unterrichtens, die gegenwärtig


in Verruf geraten ist. Hier geht es nicht etwa um eine bornierte Verteidigung, vielmehr um
das Herausarbeiten einer Kommunikationsform zwischen Lehrer und Schüler, die in ihrer
Leistungsfähigkeit durchaus von der tatsächlichen Einbettung in den Einzelunterricht lösbar
424 Christa Allert und Tilman Allert

stammt von George Steiner, der vom konfuzianischen Bildungskonzept


vollständiger Zurücknahme des Lehrers bis zum dialogisch intensiven In-
struktionskonzept der jüdischen Tradition eine Reihe von unterschiedlicher
Ausdrucksformen des Lehrverhältnisses veranschaulicht. 9 Seine Besonder-
heit leitet sich aus der Bezugnahme auf den Fokus künstlerischen Handelns
ab. Wir sprechen von einer theoretischen Idealität, nicht einer behaupteten
empirischen Realität oder gar historischen Reminiszenz eines besonderen
Arbeitsbündnisses zwischen Lehrendem und Lernendem.

IV. Symmetrie-Asymmetrie
Unter charismatischer Struktur des Arbeitsbündnisses ist eine allgemeine
Bestimmung der Ausbildung zu verstehen, die im Hinblick auf ihre dyna-
mischen Komponenten weiter zu befragen ist. Das Arbeitsbündnis erscheint
als strukturell krisenhaft – nicht aus Gründen einer motivationalen Defi-
zienz, sondern deshalb, weil die Verpflichtung zur schöpferischen Inno-
vation, zur Gestaltung bzw. zur neuartigen Aneignung einer ästhetischen
Tradition mit einer unvermeidbaren Riskanz verbunden ist. Für den Außen-
stehenden ebenso wie für die Beteiligten überraschend erscheint in der
Symmetrie zwischen Lehrendem und Lernendem ein erstes Merkmal.
Lehrer und Schüler sind zunächst durch eine offenkundige und in ihrer
Statusdifferenz hinreichend markierte Unterschiedlichkeit charakterisiert,
zugleich begegnen sie sich in der gemeinsamen Arbeit in der kontrafakti-
schen und dennoch handlungswirksamen Unterstellung als zukünftige Kol-
legen. Der alltägliche Austausch in der Lehre ist somit durchzogen von einer
Dimension kollegialer Symmetrie, die sich auf die Unterstellung bezieht,
man habe es im Schüler stets schon mit dem potentiellen Träger einer künst-
lerischen Kompetenz zu tun und zwar bezogen auf die für die Ausbildung
zentralen Elemente: Freisetzung eines ästhetischen Innovationspotentials,
gestaltungstechnische Kundigkeit, Einübung in die Materialbeherrschung
und schließlich Übersetzung innerer Realität und einer nicht methodisier-
baren Erfahrungsbasis in den künstlerischen Ausdruck.
Der Bezugspunkt dieser kommunikativen Symmetrie ist die Sache, das
Werk, die ästhetische Objektivation, die zu erarbeiten zum Funktionsziel
der regelmässigen Begegnungen zählt. Bezogen auf die Aufgabe, die Kun-
digkeit, interpretative Sensibilität, reproduzierende oder produzierende In-

ist (siehe unten). Das Vokabular, in dem wir im Folgenden das künstlerische Arbeitsbündnis
beschreiben, bezieht sich auf eine Qualität der Kommunikation, die für beide Geschlechter
gleichermaßen gilt. Wir verzichten deshalb auf die entsprechenden geschlechtsspezifischen
Nennungen.
9 Vgl. Steiner 2004 und siehe dazu die vorzügliche Besprechung von Jürgen Kaube, FAZ

L40, 6. 10. 2004.


Das Arkanum der Institution 425

novationsphantasie freizusetzen, steht vor ihnen das Werk als ein systema-
tisch jeweils neu zu erschließender Gegenstand.10 Gilt es, „Kunst als Beruf“
professionell einzuüben und systematisch eine Innovations- und Kreati-
vitätsverpflichtung einzugehen – sei es im Hinblick auf das Ausmaß an
technischer Virtuosität, sei es im Hinblick auf eine kompositorische oder
tänzerische Tradition, sei es im Hinblick auf die Interpretations- und Aus-
legungsphantasie, so stehen sich in der Lehrer-Schüler-Beziehung zwei
Akteure in einem Kollegialverhältnis gegenüber. Der Schüler mit einem
biografisch strukturierten eigenen Kompetenzprofil, mit einer milieuhaft
gewachsenen vergleichsweise unsortierten, naturwüchsig entstandenen
künstlerischen Ambition wird Träger eines Potentials neuer Ideen für gestal-
terische, produktive und reproduktive Performanz. In dieser Hinsicht er-
scheint der Schüler nicht als naiver Rezipient oder Empfänger magischer
Praktiken, sondern als eine Quelle möglicher Inspiration und exemplarisch
innovativer Aneignung des ästhetischen Gegenstands selbst. Hierin liegt die
Attraktion, die vom Schüler ausgeht und die ihn bei seinem Eintritt in die
Hochschule zu einem „Versprechen“ werden lassen. Handlungspraktisch
wird die Symmetrie darin wirksam, dass schließlich nicht etwa nur dem
Schüler zugestanden wird, einen Lehrer zu wählen, eine Eigentümlichkeit
der künstlerischen Ausbildung, sondern dass umgekehrt eine entspre-
chende Auswahl durch das Kollegium erfolgt.
Dieser Perspektive gegenläufig ist die Wahrnehmung des Schülers als No-
vizen, dem die Kompetenz zu einer autonomen Aneignung gerade fehlt und
dessen Neugier dem Erwerb von Techniken des Aneignungsprozesses gilt.
Das kehrseitig in die künstlerische Ausbildung eingebaute Strukturelement
der Asymmetrie zwischen Lehrer und Schüler ist einfacher zu erschließen,
zumal es in der Eigenwahrnehmung der Beteiligten und in der Außenwahr-
nehmung evident erscheint und in der Beschreibung des Verhältnisses in
der Regel in den Vordergrund gerückt wird. Zur Asymmetrie gehört die Ver-
pflichtung zu quasi-paternalistischer Fürsorge und reziproke Erwartung von
Seiten des Schülers angesichts der Entwicklungsoffenheit des künstlerischen
Reifungsprozesses und angesichts der zeitlichen ebenso wie psychischen Un-
wägbarkeiten im sukzessiven Entstehen eines professionellen Habitus.
Die mit der Balance von Symmetrie und Asymmetrie bezeichnete Qua-
lität in der künstlerischen Ausbildung bringt sich ferner in einer das ge-

10 In dem Vorwort zur Harmonielehre schreibt Arnold Schönberg, auf das künstlerische

Arbeitsbündnis anspielend: „Aus den Fehlern, die meine Schüler infolge ungenügender
oder falscher Anweisungen machten, habe ich gelernt, die richtige Anweisung zu geben.
Gelungene Lösungen bestätigten die Richtigkeit meines Versuchs, ohne mich zu dem Irr-
glauben zu verleiten, dass ich damit das Problem wirklich gelöst habe. Und ich denke, wir
sind beide nicht schlecht dabei gefahren. Hätte ich ihnen auch bloß das gesagt, was ich
weiß, dann wüssten sie nur noch das und nicht mehr. So wissen sie vielleicht weniger. Aber
sie wissen, worauf es ankommt: aufs Suchen!“ (Schönberg 1911, V)
426 Christa Allert und Tilman Allert

samte Ausbildungsverhältnis überdauernden dreifachen Erwartung an den


Schüler zum Ausdruck: Zunächst einmal geht es um die Übernahme der
vom Lehrer repräsentierten Techniken der Ausdrucksrealisierung und Aus-
drucksinterpretation, zum zweiten wird dem Schüler angesonnen, den
eigenen Aneignungsprozess nicht etwa allein durch Übernahme des vom
Lehrer Angebotenen zu gestalten, vielmehr zeigt sich die Qualität des
Schülers in der Bereitschaft zur riskanten Transformation und Weiterfüh-
rung des vom Lehrer repräsentierten Stands an Technik und interpretativer
bzw. gestalterischer Phantasie. Umgekehrt repräsentiert der Schüler im Ho-
rizont der künstlerischen Biografie des Lehrers zwei Stufen der Entwick-
lung: Der Lehrer entdeckt im Schüler den eigenen Beginn und entwirft
in ihm zugleich den – nicht notwendig bei sich selbst erreichten – idea-
len Zustand produktiver und schöpferischer Aneignung des ästhetischen
Gegenstands.

V. Intimität und quasi-therapeutische Funktion


Folgt man dem bisherigen Exposé, so tritt die vielfach beschriebene Inti-
mität in den Lehrverhältnisses der Musikhochschulen nicht etwa als Ma-
rotte oder gar zu überwindende und autonomiegefährdende Disposition
der Lehrenden in Erscheinung, vielmehr gehört sie zur von der Sache er-
zwungenen Kommunikationsdynamik.
Das Meister-Schüler-Verhältnis zeichnet eine hohe Interaktionsdichte und
große persönliche Nähe aus. In das Erarbeiten der authentischen Version
eines Stücks oder in das behutsame Entstehenlassen einer Komposition gehen
die Wahrnehmungen der inneren Realität des Lernenden wie des Lehrenden
ein. In dem Maße, in dem die künstlerische Performanz als authentische
gelingt und das Verhältnis zum Werk von der je besonderen Wahrnehmung
und Rezeption des Künstlers erarbeitet ist, entfaltet sich eine Intimität in der
Wechselwirkung zwischen Lehrer und Schüler, die Grundlage der empirisch
häufigen Verklärung der Lehrer. Von einer déformation professionelle zu
sprechen, wäre hingegen unangemessen, vielmehr scheint sie konstitutiv für
das Erschließen und die Aneignung des Werkes selbst. Ob Orgel unterrich-
tet wird, Violine oder Gesang oder ob die ästhetische Innovation gedanklich
antizipiert wird, wie im Fall der Komposition, verlaufen die hier nur ange-
deuteten Prozesse einer über das Instrument und sein Ausdruckspotential
vermittelten Auseinandersetzung unterschiedlich. „Die Rolle des Kompo-
sitionslehrers, so schreibt Wolfgang Rihm, ist herauszufinden, was jeder
einzelne Student wirklich will. Dieses Herausfinden kann nicht gelehrt wer-
den, es ist ein Prozess, der nur über empirische Erfahrung funktioniert.
Deshalb sollte die Schule die Möglichkeit für Studenten eröffnen, empiri-
sche Erfahrungen über das Ausschöpfen aller möglichen Mittel zu erwirken.
Das Arkanum der Institution 427

Die Herausforderung für Kompositionslehrer liegt in der Wahrung der In-


dividualität, die nicht in eine globalisierte Einheitlichkeit gezwängt werden
kann“. Indem die innere Realität des Schülers, wie die des Lehrers thema-
tisch werden, unterliegt die künstlerische Ausbildung einer unvermeidbaren
strukturellen Riskanz. Hierin liegt ein weiterer Grund dafür, dass das Ver-
hältnis der Gefahr einer dauerhaften einseitigen oder auch wechselseitigen
Fehleinschätzung ausgesetzt ist und zu den häufig herausgestellten Abwei-
chungen in Form von Verpflichtungen zur Nachahmung, Personenkult etc.
führen kann. Dieser Gefahr der Abweichung kann der Lehrende begegnen,
indem er das innovative Potential des Lernenden als eine Quelle der Inspi-
ration und damit der Kreation von Neuem aufgreift und dadurch eine die
Nähe relativierende Autonomisierung fördert.

Lehrende übernehmen im Arbeitsbündnis eine Reihe quasi therapeuti-


scher Funktionen, um die Krisenhaftigkeit des künstlerischen Arbeitens be-
gleitend stützen zu können. Da künstlerische Entwicklung nicht linear ver-
läuft, benötigen sie in der Beurteilung der aktuellen Entwicklungen ihrer
Schüler ein hohes Maß empathischen Verstehens. Im Kontext des Arbeits-
bündnisses kommt es nicht darauf an zu prüfen, ob der Studierende etwas
beherrscht und ihm in der Vorstellung eines Kontinuums von Kompetenzen
etwas Neues zuzumuten ist, vielmehr steht er in seiner Suche nach sinn-
licher Erkenntnis mit seiner ganzen Person zur Disposition. Will er sich als
Künstler authentisch ausdrücken, wird er mit seiner inneren Wahrnehmung
konfrontiert, so dass jede Form der nicht einfach repetitierenden und nach-
ahmenden Gestaltung eine künstlerische Krise erzeugt. Diese künstlerische
Krise wird im Meister-Schüler-Verhältnis sowohl als Risiko des Verlustes
wie als Chance der Erweiterung erfahren und ist damit ein wichtiger Be-
standteil der Aneignung des künstlerischen Habitus. Der Schüler erlebt, wie
durch Irritation und das Aufgeben-müssen von Angeeignetem wieder Neues
und Innovatives entstehen kann.

Die hohe lebensweltliche Riskanz führt zu dynamischen Prozessen,


die eine große Nähe, Vertrautheit und Intimität des Verhältnisses erzeugen.
Um sie für den Studierenden künstlerisch kreativ und die Handlungskom-
petenz fördernd zu lösen, bedarf es eines sich in Muße vollziehenden hand-
lungsentlasteten Übens, das der Zukunftsoffenheit und Ungerichtetheit des
künstlerischen Prozesses Rechnung trägt. Potentiale zu erkennen und zu
entwickeln, lenkend aber nicht steuernd diesen Prozess zu begleiten, cha-
rakterisiert die mäeutische Haltung des Lehrenden, die getragen wird von
seiner hohen Bereitschaft, sich auf den Lernenden einzulassen. Diese Hal-
tung ist auch deswegen unverzichtbar, weil sich die sinnliche Erkenntnis in
einem außersprachlichen Bereich bewegt, wo gleichwohl die künstlerische
Ausdrucksintention im interaktiven Prozess präzisiert wird. Auf der Basis
428 Christa Allert und Tilman Allert

wechselseitigen Vertrauens entwickeln beide gültige Kriterien der Güte des


künstlerischen Handelns, die mit Rekurs auf allgemeine Standards, aber in-
dividuell interpretiert werden.

Im Unterricht vollzieht sich die Aneignung eines Werkes beispielhaft auf


verschiedenen Ebenen. Um die Widerständigkeit des Ausdrucksmediums
oder musikalischen Stücks zu überwinden, kann der Lehrende bis zu einem
gewissen Punkt technische Hilfestellungen geben und aus seinen Erfahrun-
gen schöpfen. Entscheidend ist es, neben der Einbindung in musikhistori-
sche Zusammenhänge, an innere Bilder im Studierenden anzuknüpfen,
damit dieser mit seinen Erfahrungen an die Erfahrungshintergründe des zu
interpretierenden Werkes, das selbst Ausdruck der sinnlichen Erkenntnis
eines künstlerischen Schaffensprozesses ist, anschließen kann. Der Schüler
lernt unter seiner Anleitung seine Fähigkeiten einzuschätzen, neue Kräfte
freizusetzen und in Geduld mit sich selbst, seine Ambitionen zu prüfen. Er
macht dabei nicht einfach nur technische Grenzerfahrungen in der Schulung
seines Ausdrucksmittels, sondern ebenso emotionale, indem er ausprobiert,
bis zu welchem Grad die künstlerische Identifikation mit einer Ausdrucks-
intention oder Figur der authentischen Darstellung dient und wann diese
selbstdestruktiv wirkt. Sie kennen zu lernen und den angemessenen Um-
gang mit sich selbst zu lernen, wird in der Ausbildung grundgelegt. Mit der
zunehmenden professionellen Autonomisierung des Schülers wandelt sich
das Verhältnis in ein kollegiales, wie es als Potential von Beginn an angelegt
war. Im Idealfall gleitet der Studierende in und durch diese Transformation
in Verbindung mit den weiteren Lehrangeboten der Hochschule in den
künstlerischen Berufsalltag.

VI. Institutioneller Auftrag und Ausbildungsorte


eines künstlerischen Habitus
Die Hochschule repräsentiert in der Breite ihres Lehrangebots mögliche
Berufsprofile. Zu ihren Aufgaben gehört es, historische Entwicklungen und
Zeitströmungen im Blick zu haben und diese (beispielsweise durch Gastdo-
zenten) in den Hochschulalltag einzubringen. Sie reflektiert die jeweiligen
Entwicklungsperspektiven des Faches. Impulse aus dem Musikleben wer-
den in ihrem Entfaltungspotential erkannt und in ihrem möglichen Einfluss
auf das Musikleben daraufhin beurteilt, ob von ihnen das Berufsbild modi-
fizierende Entwicklungen ausgehen und entsprechend in die Ausbildung in-
tegriert werden müssen. Auch entscheidet die Hochschule darüber, ob aus
zunächst experimentell forschenden Unterrichtsansätzen Professionalisie-
rungsbestrebungen erwachsen, die im Horizont einer kanonisierten Sparte
(wie z. B. dem Tanz) in neue Berufsbilder münden und entsprechend curri-
Das Arkanum der Institution 429

cular formuliert werden müssen. Sie entspricht auf diese Weise ihrer erwei-
terten Aufgabe, über die Pflege kultureller Traditionen hinaus, ausserhalb
zu beobachtende ästhetische Impulse aufzugreifen und kreative Prozesse in
Gang zu setzen, die die Studierenden als Erfahrung in sich aufnehmen und
dann weiterentwickeln können. M.a.W. sie ist ein Ort des exemplarischen
Lernens und Übens, aber stets schon darüber hinausweisend.

Eine große Rolle spielt dabei die künstlerische Arbeit der Lehrenden
neben der lehrenden Tätigkeit in der Hochschule. Diese Arbeit sichert nicht
nur den Kontakt zum aktuellen Musikleben, sondern ist der persönliche
Forschungsraum. Daraus entsteht für die Ausbildungssituation eine der
markantesten Spannungen zwischen Künstler und Lehrer, zwischen künst-
lerischer Excellenz und pädagogischer Sorgfalt und Solidarität. Für das
Selbstverständnis der Lehrenden als Künstler ist es grundlegend, ihrerseits
das zu praktizieren, was ihre künstlerische Identität ausmacht, außerdem
werden sie in der Regel als Träger einer erfolgreichen künstlerischen Perfor-
manz rekrutiert. Dass den Studierenden bei der Anmeldung ein „Lehrer-
wunsch“ zugestanden wird, reflektiert diesen Umstand. Als Künstler sind
die Lehrenden aufführungsorientiert. Nicht etwa aus Gründen einer nar-
zisstisch besetzten Vorliebe für die Bühnenreputation, vielmehr aus Grün-
den eines Gebots zu künstlerischer Höchstleistung, das einzuhalten wie-
derum unerlässlich ist für eine authentische Ausübung der pädagogischen
Seite ihres Berufs. Das künstlerische Handeln erzwingt somit eine kontinu-
ierliche Projekt- und Aufführungsorientierung und hat eine Tendenz zur
Mobilität im Binnenmilieu des Hauses zur Folge, die durch die gleichzeitige
Verpflichtung zur vermittelnden Übersetzung der Professionalität in der
Ausbildung überbrückt wird. Die Reputation als Künstler und die Bestän-
digkeit im pädagogischen Alltag stehen in einer spannungsreichen Konkur-
renz, man kann von einem institutionalisierten Hasard sprechen, in dem die
Studierenden den Lehrenden begegnen. Hochschulen müssen somit einer-
seits an einer Außenreputation ihrer Mitglieder interessiert sein, anderer-
seits dafür sorgen, dass die wahrgenommene Virtuosität des Kollegiums in
die pädagogische Alltagskultur der Einrichtung rückübertragen wird.
Musikhochschulen, wie sie sich in Abgrenzung zu Akademien und
Konservatorien historisch formiert haben, werden ihrer Wissenschaftsver-
pflichtung nur gerecht, wenn sie nicht nur akademische Titel verleihen und
Promotionsstudiengänge anbieten, sondern wenn sie ihrer eigenen For-
schungsaufgabe nachkommen. Sie richtet sich auf die musiktheoretische
Reflexion und Interpretation eines Werkes, ebenso wie auf die Analyse der
vielfältigen Ausbildungskonstellationen von Einzelunterricht bis zu den
Hochschulrahmen überschreitenden Kooperationen, als auch auf die bereits
erwähnte Integration musikalischer Innovationen und die Formierung neuer
Berufsbilder.
430 Christa Allert und Tilman Allert

Treten die Musikhochschulen als Orte der Kulturpflege an die Öffent-


lichkeit und werden als solche wahrgenommen, geht es gerade nicht um das
museale Konservierung bestimmter Musikepochen oder -richtungen, son-
dern darum zu vermitteln, was Kunst ausmacht, nämlich ein Medium der
Auseinandersetzung mit existentiellen Problemen zu sein, die ihre je zeit-
typische Verarbeitung erfahren. Sie können dadurch einer, das lebendige
Musikleben bedrohenden Tendenz entgegenwirken, die Musik auf Schön-
heit und Empfinden reduziert und dem Publikum eine nur noch auf Genie-
ßen reduzierte Musik präsentiert, die keine Überraschungen und Schocks
mehr zulässt, weil bevorzugt Bekanntes und auf Wiedererkennung Ausge-
richtetes aufgeführt wird. „Alle europäischen Jahrhunderte müssen so vor
dem Ohr und geistigen Auge des heutigen Menschen neu entstehen kön-
nen: das kühn-asketische Mittelalter, die neue Sinnlichkeit der Renaissance,
die Komplexität des Barock, der revolutionäre Individualismus der klassisch-
bürgerlichen Kultur, die Phantasiewelt der Romantik. Im Zentrum dieser
schöpferischen Bemühungen aber steht die zukunftsweisende Musik unse-
rer Tage; sie ist der eigentliche Bezugspunkt jeder Interpretation, weil sie die
lebendige Gegenwart ist“.11
Die interpretatorische Arbeit im Sinne des oben skizzierten Handlungs-
modells in das Zentrum der professionellen Aufmerksamkeit zu rücken be-
deutet, in der Darstellung des musikalischen Werks nicht nur die verschie-
denen Stile der Jahrhunderte zu kennen und technisch zu beherrschen,
sondern in der Verbindung von moderner Mentalität mit einem bestimmten
historischen Text etwas Drittes und Neues entstehen zu lassen. Durch den
interpretatorischen Prozess des lebendigen Musikers werden musikalisch
artikulierte Erfahrungen stets neu gedeutet. Dieses Erfahrungspotential er-
schließt sich dem Rezipienten nicht zwangsläufig, sodass außer der in Muße
vollzogenen inneren Öffnung und der Bereitschaft des Rezipienten, sich ir-
ritieren zu lassen, eine musiktheoretisch angeleitete Orientierung für das
Publikum zunehmend unentbehrlich wird. Aus der vorangestellten Expo-
sition ergeben sich unterschiedliche Optionen für die institutionelle Selbst-
artikulation von Musikhochschulen.
Wenn sich derzeit unverkennbar der Bereich künstlerischer Praxis zuneh-
mend differenziert und spezialisiert, was als Entwicklung des Kunstbetriebs
hier nicht zu kommentieren ist, so läge eine mögliche Reaktion darauf
auch darin, in der Ausbildung die musikästhetische und musiktheoretische
bzw. musikhistorische Reflexion zu stärken. Damit ließe sich einer Verein-
seitigung der Instrumentalausbildung entgegenwirken. Die künstlerische
Ausbildung deutlicher auf die Explikation von Sinnzusammenhängen des
Musikalisch bzw. Darstellerisch Schönen zu beziehen, wäre die übergrei-
fende Basisqualifikation, die sich auf die Pflege eines professionellen Habi-

11 Hans Zender ( FAZ 17. 11. 04)


Das Arkanum der Institution 431

tus künstlerischer Berufe richtet, jenseits ihrer instrumentalen oder media-


len Spezialisierung. Nicht technische oder handwerkliche Perfektion,
vielmehr das Schulen der Wahrnehmung ästhetischer Traditionen, in denen
ein Werk steht, das Schulen der Fähigkeit zur Rekonstruktion der kompo-
sitorischen Logik, der ein Werk seine sinnliche Evidenz verdankt, wären als
Gütekriterien künstlerischer Ausbildung anzusehen.
Jenseits der artistischen Perfektion läge die wichtige pädagogische Leistung
der Lehrenden darin, dass der an der Hochschule arbeitende Musiker sich
einen Habitus aneignet. Auf seiner Grundlage gelingt es, die musikalische
Performanz nicht etwa explikationslos eine Empfindung per Selbstmystifi-
kation zu suggerieren, sondern sie historisch, interpretatorisch und biogra-
fisch zu kontextuieren. In der künstlerischen Ausbildung die intellektuelle
Abstraktion zu unterstreichen, wäre eine angemessene Reaktion auf den
sich wandelnden Rezeptionsraum und den Wandel der Berufsprofile. Auch
die schulpädagogische Kompetenz gewinnt an Kontur, wenn das Refle-
xionsvermögen im Hinblick auf die Erkenntnisleistung der Musik erhöht
wird. In diesem Sinne liegt die Zukunft der künstlerischen Ausbildung nicht
in der Addition neuer Kompetenzräume, Berufsfelder o. dgl, sondern in der
Besinnung auf die Kompetenzanteile, die im idealtypischen Format des Mu-
sizierens seit jeher strukturprägend waren: reflektierende Aneignung einer
sprachlos artikulierten Erkenntnis im Bewusstsein ihrer hermeneutischen
Zugänglichkeit. Das wäre Vermittlung im besten Sinne des Wortes, würde
das Magische des Künstlerischen verständlich machen und zugleich das Kul-
turstiftende dabei nicht aufgeben.12
Der institutionelle Auftrag der Musikhochschule bezieht sich im Kern auf
künstlerische Kompetenz. Die Last der Berufsfindung zu übernehmen,
würde die Institution hoffnungslos überlasten. Zukünftig bedarf es dies-
bezüglich gerade im Sektor der künstlerischen Berufe erheblicher institu-
tioneller Phantasie, um die systematisch prekäre Übergängigkeit eines pro-
fessionellen Kompetenzprofils in die Nachfragevielfalt des Arbeitsmarktes
behutsam zu übersetzen.
Es mag überraschend klingen, angesichts eines vielerorts verselbständig-
ten Modells künstlerischer Performanz einer Struktur des Ausbildungsver-
hältnisses das Wort zu reden, die einem pädagogischen Traditionalismus
Tür und Tor zu öffnen scheint. Dem ist jedoch nicht so, vielmehr liegt in
dem hier vorgestellten Modell eine Rationalitätsstruktur begründet, die es
erst ermöglicht, Voraussetzungen und Folgen möglicher Entwicklungspfade
für die künstlerische Ausbildung beurteilen zu können. Hochschulen für

12 Hierbei darf man auf die Entwicklung in der Musikwissenschaft setzen, für die bislang

ein vom Historismus bestimmtes Paradigma bestimmend ist und die erst dabei ist, Gütekri-
terien für die künstlerische Qualität in ihren Begriff von Wissenschaft zu inkorporieren, also
die ästhetische Reflexion und die Materialanalyse als durchaus kompatibel zu begreifen.
432 Christa Allert und Tilman Allert

künstlerische Ausbildung weisen in ihren Alltagsbeziehungen eine Bezug-


nahme auf Rationalitätsprinzipien auf, die nicht ineinander übersetzbar und
auch nicht institutionell zu separieren sind, die vielmehr die Eigenart der Ein-
richtung ausmachen. Die markanteste Spannung entsteht zwischen Künstler
und Lehrer, zwischen ästhetischer Exzellenz und pädagogischer Sorgfalt und
Solidität. Die Lehrenden werden in der Regel als Träger einer erfolgreichen
künstlerischen Performanz rekrutiert – dass den Studierenden bei der Anmel-
dung ein „Lehrerwunsch“ zugestanden wird, reflektiert diesen Umstand. Als
Künstler sind die Lehrenden aufführungsorientiert. Nicht etwa aus Gründen
einer narzisstisch besetzten Vorliebe für die Bühnenreputation, vielmehr aus
Gründen eines Gebots zu künstlerischer Höchstleistung, das einzuhalten
wiederum unerlässlich ist für eine authentische Ausübung der pädagogischen
Seite ihres Berufs. Das künstlerische Handeln erzwingt somit eine kontinu-
ierliche Projekt- und Aufführungsorientierung und hat eine Tendenz zur Mo-
bilität zur Folge, die durch die gleichzeitige Verpflichtung zur vermittelnden
Übersetzung der Professionalität in der Ausbildung überbrückt wird. Die Re-
putation als Künstler und die Beständigkeit im pädagogischen Alltag geraten
in ein Verhältnis dauerhafter Konkurrenz, man kann von einem institutiona-
lisierten Hasard sprechen, in dem die Studierenden den Lehrenden begegnen.
Hochschulen haben somit ein Eigeninteresse, einerseits für die Außenreputa-
tion ihrer Mitglieder Sorge zu tragen, andererseits das Kollegium zu verpflich-
ten, die wahrgenommene Virtuosität des Kollegiums in die pädagogische
Alltagskultur der Einrichtung rückübertragen wird.
Als weichenstellendes kommunikatives Schlüsselkonzept für diese Ziel-
setzung kann das Meister-Schüler-Verhältnis gelten – von seinen romanti-
schen Verklärungen ebenso befreit wie von seinem bisherigen Geltungsbe-
reich der KA -Ausbildung erweist es sich als zukunftsweisendes Konzept für
die Qualitätssicherung der künstlerischen Ausbildung. Die Meister-Schü-
ler-Beziehung ist das „Arkanum der Institution“, dessen Schutz vor der
Eigenlogik der Organisation alle Anstrengungen gewidmet sein sollten.
Dies ist auch eine Aufgabe des Rechts als Ordnungsstiftung.

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Das Arkanum der Institution 433

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434 Christa Allert und Tilman Allert
L’interventismo europeo
e la sovranità del mercato

Mario Barcellona

Sommario: I. Il diritto europeo e la sovranità del mercato: precisazioni e


prospettive. – II . L’ambiguità del diritto europeo: tra declamazioni ordoli-
berali e neo-interventismo. – III . La ri-economicizzazione dell’“economia
mista” e la normativizzazione del “modello autentico” del libero scambio. –
IV. La purificazione dell’economia dalle interferenze della politica e la “com-
plessità di ritorno”: la ratio sistemica del nuovo interventismo mercantile. –
V. Tra regressione della politica e universalizzazione del “codice” econo-
mico.

I.
Tutta la Civilistica europea e buona parte della Teoria generale del diritto
si sono sviluppate intorno ad un asse che attraverso l’analisi del rapporto tra
legge e contratto si interrogava su mercato e Stato, su autonomia ed etero-
nomia, e dunque su individuo e società.
Il mio modo di rendere omaggio al prof. Gunther Teubner, carissimo
amico ed ammirato collega, è quello di ritornare su quest’asse per provare a
registrare i mutamenti che questa tumultuosa contemporaneità sembra pro-
porre.
Sul piano del sistema privatistico questi mutamenti vengono soprattutto
dall’Europa e trovano rappresentazioni spesso tutt’altro che univoche.
Segnatamente, mentre nell’opinione di una larga parte del cultori del
diritto privato il diritto europeo sembra dischiudersi ad un orizzonte di
socialità 13, viceversa da luoghi di osservazione diversi (quali quelli dell’eco-

13 V., ad es., G. Alpa Le clausole abusive nei contratti dei consumatori, in: Con. e Impr.,

1993, 635 ss. e La protezione della parte debole, in: M.J. Bonell – F. Bonelli, Contratti com-
merciali internazionali e Principi Unidroit, Milano, 1997, 240; F. De Nova Direttiva 93–13
CEE . Normativa comunitaria in tema di clausole abusive, in: Contratti, 1993, 355 ss.;
A. Gentili I principi di diritto contrattuale europeo: verso una nuova nozione di contratto?,
in: G. Alpa – E.N. Buccico, Il codice civile europeo, Materiali dei Seminari 1999–2000,
Milano, 2001, 249 ss. Ma v. anche H. Collins The Law of contract, London, 1993, 28 ss.,
105–109 e La giustizia contrattuale in Europa, in: Riv. crit. dir. priv., 2003, 659 ss.;
436 Mario Barcellona

nomia, della politologia e della sociologia) esso sembra aver insediato il


mercato come nuovo sovrano 14.
Va detto subito che la sovranità del mercato prima ancora che nel diritto
europeo, ha il suo cominciamento nel diritto moderno in generale, e fin
dalla sua istituzione (che – stipulativamente – si può far risalire, almeno per
l’Europa continentale, alla Rivoluzione francese, alla Dichiarazione dei
diritti e al Code Napoléon).
Sono i principi di eguaglianza e libertà del diritto moderno che hanno ele-
vato il consenso, e dunque il contratto, a forma universale di ogni media-
zione sociale e che, perciò, abrogando le relazioni personali di dipendenza
dell’Antico Regime, hanno istituito – o meglio universalizzato – il libero
scambio e la moderna economia di mercato 15.
Il diritto moderno ed il suo formalismo, differenziandosi dalla politica e
dall’etica (“dal trono e dall’altare” 16), hanno istituito e garantito l’autonomia
dell’economico, l’indifferenza del contratto, e dunque dello scambio, ad
ogni determinazione materiale e spirituale dei suoi protagonisti.

E’, dunque, il diritto moderno che ha insediato il mercato come nuovo


sovrano sociale in luogo delle autorità delle epoche precedenti 17.

M.W. Hesselink The politics of a European Civil Code, in ELJ , 2004, 676 ss.; e S. Grund-
mann L’autonomia privata nel mercato interno: le regole di informazione come strumento,
in: Eur. e dir. priv., 2001, 281.
Ma su questa comprensione del diritto europeo v. M. Barcellona Clausole generali e giu-
stizia contrattuale. Equità e buona fede tra codice civile e diritto europeo, Torino, 2006,
257 ss.
14 “Il mercato, spaziale o globale che si dica, – scrive N. Irti Nichilismo giuridico, Roma –

Bari, 2004, 10 – obbedisce ad una logica di rigorosa oggettività. I particolari linguaggi sono
ridotti al gergo inglese della tecno-economia; la varietà delle monete tende a contrarsi ed
unificarsi; gli uomini assumono le posizioni tipiche del mercato (imprenditori, compratori,
venditori). Gli “individui imprecisi” (per usare un’espressione di Paul Valéry) non sono
ammessi: tutti debbono lasciarsi misurare da criteri omologanti, rendersi conformi all’uni-
forme. Così, insieme con l’identità dei luoghi, è perduta l’identità degli uomini, considerati
semplici funzionari del mercato”.
Ma a questo “nuovo sovrano” sembra corrispondere nel mondo normativo solo “l’im-
mane regno della contingenza”: cadute le garanzie della natura o della ragione ed esauritisi i
loro surrogati intra-mondani, le ideologie politiche, “questa smarrita solitudine, questa
perdita di ogni centro … apre le porte del diritto al ‘più sinistro tra tutti gli ospiti’, il nichi-
lismo” (così ancora N. Irti op. cit., 24). Il diritto si mostrerebbe, così, “nudo” nella sua strut-
tura eminentemente tecnica, e dunque in qualche modo alla fine “innocente”.
Anche su questa “innocenza” del diritto si propongono di ragionare le considerazioni
che seguono: ma v. già M. Barcellona Critica del nichilismo giuridico, Torino, 2007, e Il
nichilismo giuridico, la forma del diritto moderno e il nuovo sovrano, in: Riv. dir. civ.,
2007, n769 ss.
15 M. Barcellona Diritto, sistema e senso. Lineamenti di una teoria, Torino, 1996, 74 ss.
16 R. Wiethölter Le formule magiche della scienza giuridica, Bari, 1975.
17 M. Weber Economia e società, III , Sociologia del diritto, Milano, 1981, 189 ss.
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato 437

Ascrivere la sovranità del mercato al diritto europeo suppone, perciò, che


questo “senso nucleare” del diritto moderno sia stato in qualche modo ridi-
mensionato in quella fase storica racchiusa nel c.d. “secolo breve” che va
sotto il nome di Welfare State ed ipotizza che il diritto europeo possa pro-
spettarsi in qualche misura come inversione di questo precedente processo.

II.
Dal punto di vista della teoria giuridica, l’avvento del Welfare State è stato
definito, soprattutto, da due processi: la produzione, accanto al diritto clas-
sico dell’eguaglianza, di un nuovo diritto diseguale e la formazione, accanto
al sistema dei codici civili, di una costellazione di sotto-sistemi di legisla-
zione speciale 18.
In ragione di ciò, la lettura giuridica, che di questo processo si dava, muo-
veva dalla spiegazione del diritto eguale come forma giuridica della logica
mercantile e del primato dell’autonomia dei privati 19, ed approdava alla
identificazione del Welfare con l’avvento del diritto diseguale e della legisla-
zione speciale, che quella forma de-formavano aprendola all’eteronomia di
istanze materiali o spirituali 20.
Essa, dunque, procedeva dalla contrapposizione tra autonomia ed etero-
nomia e misurava sul quantum dell’una e dell’altra il dominio del mercato.

Questa lettura era assolutamente corretta. E, però, se si procedesse oggi


secondo queste categorie ad interrogarsi sulla sovranità del mercato inse-
diata dal diritto europeo, il risultato potrebbe sembrare tutt’altro che scon-
tato.

In tutti i documenti europei (dai trattati alle sentenze della Corte di Giu-
stizia, agli Action plans della Commissione) si legge, quasi in modo osses-
sivo, che la costruzione europea si regge sui pilastri delle quattro libertà di
circolazione: dei beni, dei capitali, dei servizi e del lavoro. Che sembrano
tradurre in forma normativa l’appello dei mercanti di Francia al Colbert,
minestro di Luigi XVI : laissez faire, laissez passer, divenuto il manifesto del
liberismo moderno.
Ci si attenderebbero, allora, atti normativi e sentenze, provenienti dai
“luoghi” della costruzione europea, di carattere essenzialmente negativo,

18 N. Irti L’età della decodificazione, Milano, 1979; M. Barcellona Diritto sistema e senso,

cit., 148 ss., 445 ss.


19 M. Weber Sociologia del diritto, cit., 52 ss.; F. Neumann Lo Stato democratico e lo

Stato autoritario, Bologna, 1973, 265 ss.


20 P. Barcellona I soggetti e le norme, Milano, 1984, 141 ss. e L’individualismo proprie-

tario, Torino, 1987, 40 ss.


438 Mario Barcellona

ossia rivolti a smantellare l’insieme di “lacci e laccioli” – come usava dire un


tempo – orditi nei paesi dell’Unione in poco meno di un secolo di avvento e
sviluppo del Welfare State.
In realtà, una rassegna, anche sommaria, dell’impatto degli atti normativi
europei sugli ordinamenti nazionali sembra suggerire un giudizio esatta-
mente opposto.
Un esempio è eloquente: il nostro Codice civile del 1942 dedicava alla
contrattazione di massa e all’intervento pubblico nei rapporti di scambio
solo tre articoli, il 1341 sulle “condizioni generali di contratto”, il 1342 sui
“contratti conclusi mediante moduli e formulari” e il 1339 sull’“inserzione
automatica di clausole” (oltre che l’art. 2597 sull’“obbligo di contrarre in
caso di monopolio”); la medesima materia, proprio per effetto dell’impatto
degli atti normativi europei, è, oggi, regolata da un Codice del consumo, che
annovera ben 146 articoli (oltre che dalla Legge Anti-trust).
A partire dagli anni ’90 del secolo appena trascorso la disciplina del con-
tratto, e dunque dello scambio e del mercato, è stata alluvionata da una
messe di “direttive” che hanno imposto l’adozione (o hanno indotto per ine-
vitabile emulazione la formazione) di normative di intervento e di controllo
e correzione dell’autonomia privata, che investono vertice e base della pira-
mide contrattuale: da un lato, la disciplina anti-trust, che limita e invalida
fusioni e concentrazioni di imprese e ne sanziona in vario modo la posizione
dominante e le relative manifestazioni negoziali; dall’altro, una molteplicità
di discipline dei contratti di consumo che sembrano aver chiuso ogni possi-
bile maglia all’ingresso nella negoziazione di massa di ogni forma di abuso
dei c.d. contraenti-forti 21.
A stare ai fatti e a muovere dalla disciplina del contratto – che, però, rap-
presenta il cuore del mercato –, si dovrebbe concludere, allora, che la libe-
rista Europa ha fatto in circa un quindicennio quel che l’interventista Welfare
State non era riuscito a fare in poco meno di un secolo.
L’immagine, che tutto questo restituisce, non sembrerebbe, dunque,
quella del trionfo del mercato ma quella del suo definitivo imbrigliamento.

III.
Un tale giudizio, però, tralascerebbe due cose di centrale importanza.
La prima cosa è che la costruzione europea ha già prodotto una “costitu-
zione di fatto”, la quale ha profondamente modificato le costituzioni econo-

21 H. Collins La giustizia contrattuale in Europa, in: Riv. crit. dir. priv., 2003, 659 ss.;

S. Grundmann L’autonomia privata nel mercato interno, le regole di informazione come


strumento, cit. 257 ss.
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato 439

miche nazionali 22, e per il loro tramite il fondamento stesso dei patti costi-
tuzionali sui quali esse si reggevano.
Si può discutere sul se e in che misura i principi europei di “Politica eco-
nomica” (ora recati dal Capo II del Titolo VII del Trattato dell’Unione)
abbiano abrogato del tutto la disciplina del Titolo III della nostra Costitu-
zione sui “Rapporti economici”, e con essa la presenza pubblica nell’econo-
mia 23. Ma non si può nutrire alcun serio dubbio sulla circostanza che in essi
il rapporto tra Stato e mercato sia radicalmente mutato, addirittura capo-
volto 24.
Dall’idea che assegnava allo Stato il compito tanto di presiedere, in luogo
del mercato, all’erogazione dei servizi essenziali che di correggere politica-
mente il mercato quando interferisse con la soddisfazione dei bisogni pri-
mari dei cittadini e con esigenze di carattere superindividuale, i principi
introdotti nei Trattati europei segnano il passaggio all’idea che il mercato sia
tendenzialmente in grado di rispondere ad ogni istanza di benessere sociale
sol che gli sia dato di sviluppare integralmente la libera concorrenza e che,
perciò, lo Stato debba tendenzialmente limitarsi ad intervenire all’esclusivo
fine di rimuovere ogni sorta di ostacolo all’integrale dispiegarsi di una com-
petizione non solo libera ma anche tutta privata 25.

22 M. Luciani L’antisovrano e la crisi delle costituzioni, in: Riv. dir. cost., 1996, 147 ss.

Non a caso, di recente, si è anche detto addirittura di una “revisione tacita” della Costitu-
zione ad opera dell’immissione automatica di principi e norme comunitari: R. Guastini
Lezioni di teoria costituzionale, Torino, 2001, 105 ss.
23 Cfr. R. Guastini op. loc. citt., e la bibliografia ivi citata.
24 I compromessi sociali sanciti dalle costituzioni nazionali si fondavano, essenzial-

mente, su di un triplice compromesso: tra impresa e lavoro, tra stato e mercato e tra pro-
duzione del reddito, debito pubblico e fiscalità.
Questo compromesso si articolava, perciò, su tre pilastri fondamentali:
(a) sull’espansione dei servizi pubblici e delle funzioni di assistenza;
(b) sulla supplenza statale del mercato e dell’economia;
(c) sulla sovranità della politica sulla spesa pubblica e sulla moneta.
Tutti e tre questi pilastri, con i quali il Welfare State si presentava, di volta in volta, con i
volti dello Stato assistenziale, dello Stato imprenditore e finanziatore, dello Stato-provvi-
denza, ecc., (D. Serrani Lo Stato finanziatore, Milano, 1971; G. Amato Il governo dell’in-
dustria in Italia, Bologna, 1972; M.S. Giannini Diritto pubblico dell’economia, Bologna,
1977) sono stati del tutto abbattuti o radicalmente ridimensionati dai principi recepiti nei
Trattati europei e nelle direttive che li hanno implementati. E segnatamente:
(a) dalla raccomandata privatizzazione dei servizi pubblici;
(b) dalla ingiunta privatizzazione delle imprese statali e, soprattutto, dal rigido divieto
degli aiuti di Stato;
(c) dalla istituzione della Banca europea, dall’introduzione della moneta unica e dai vin-
coli finanziari prescritti dal trattato di Maastricht.
25 Quest’idea, che si può leggere su tutti i documenti europei fin dai tempi della CEE (v.,

ad es., il Libro verde sulla protezione dei consumatori nell’Unione europea del 2001 e il
Libro verde sulla revisione dell’acquis relativo ai consumatori del 2007, corrisponde all’im-
postazione ordoliberale seguita nella costruzione europea (su cui v. W. Sauter The Eco-
nomic Costitution of the European Union, in: Columbia Jour. of Eur. Law, 1998, 27 ss.) e si
440 Mario Barcellona

La seconda cosa che di solito non si considera abbastanza è che l’inter-


ventismo europeo nei rapporti di scambio, che a prima vista sembrerebbe
contraddire questi principi, in realtà presenta strutture e senso del tutto
diversi da quelli che connotavano l’interventismo del vecchio Welfare State 26.
L’intera legislazione speciale del Welfare e la sua organizzazione in sotto-
sistemi distinti informati a rationes assolutamente extra-mercantili affonda-
vano le loro radici nella stessa struttura parziale della complessità che così
veniva regolata e nella ratio radicalmente antinomica che presiedeva al suo
trattamento: il contenimento dei principi “politici” recati dalla legislazione
di intervento era, perciò, assicurato, per un verso, dalla stessa concretezza
con cui i soggetti e rapporti in essa considerati (lavoratore, inquilino, con-
tadino, ecc.) si contrapponevano all’astrattezza della figura codicistica del
“contraente” e, per l’altro verso, dalla stessa non-generalizzabilità delle sue
soluzioni rispetto alla ragione mercantile incorporata nelle discipline codi-
cistiche del contratto 27.
Nessuna di queste condizioni sembra darsi nell’odierno rapporto tra il
Codice civile ed il diritto comunitario 28.
In quest’ultimo, infatti, si ritrovano, da un lato, soggetti e rapporti che
sembrerebbero collocarsi solo un gradino più in basso del livello di astrazione
sancito dalla figura codicistica del “contraente”; e, dall’altro, principi rego-
lativi e dispositivi la cui generalità è misurata dalla loro corrispondenza agli

trova esemplarmente esposta in forma divulgativa, e con manifesti propositi affabulatori,


in A. Alesia/F. Giavazzi Il liberismo è di sinistra, Milano, 2007, 45 ss. e 103 ss. Ma si v. dal
punto di vista dell’analisi giuridico-istituzionale N. Irti L’ordine giuridico del mercato,
Roma-Bari, 1998, 65 ss. e G. Amato Il potere e l’Antitrust, Bologna, 1998
26 M. Barcellona I nuovi controlli sul contenuto del contratto e le forme dell’eterointe-

grazione: Stato e mercato nell’orizzonte europeo, in: Europa e dir. priv., 2008, 33 ss.
27 M. Barcellona Diritto, sistema e senso, cit., 154 ss., 445 ss.
28 Ed infatti:

– il diritto comunitario opera sulla base di una semantica centrata sulla contrapposi-
zione tra professionista e consumatore;
– una tale semantica prescinde, programmaticamente, tanto da qualsiasi determina-
zione sociale che da qualsiasi complessità ambientale socialmente tipica;
– la considerazione che il diritto comunitario riserva ai rapporti da esso così regolati trae
dichiarato fondamento giuridico dall’esigenza di reprimere le distorsioni che vengono
alla concorrenza dalla manipolazione delle condizioni normative degli scambi;
– proprio in ragione della logica concorrenziale da cui muove, il diritto comunitario si
guarda bene dal sindacare le ragioni di scambio convenute tra “professionista” e
“consumatore” e interviene, fondamentalmente, solo sull’equilibrio normativo del
contratto, sulla regolamentazione delle obbligazioni reciproche dei contraenti ed al
fine precipuo di ripristinare la legge del mercato (o una sua simulazione) ove le con-
dizioni di fatto della contrattazione ne ostacolino il pieno dispiegamento;
– di guisa che l’intervento da esso promosso consiste, fondamentalmente, nel ripri-
stino della trasparenza contrattuale e delle condizioni del c.d. consenso informato,
ossia nel ripristino coattivo del modello mercantile presupposto ma non sufficien-
temente garantito dal sistema dell’autonomia privata.
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato 441

stessi presupposti (magari postulati ancorchè non giuridicamente garantiti)


dell’autonomia privata 29.
I principi di trasparenza, consenso informato e buona fede, che presie-
dono all’intervento europeo sulla disciplina dei contratti (del consumatore),
si concepiscono e si presentano come l’inveramento del modello di scambio
immaginato dal legislatore moderno del contratto e posto a base dei principi
che regolano l’autonomia privata nei codici moderni.
La logica simbolica della volontà, su cui è stata costruita tutta la disciplina
moderna del contratto presente nei codici civili nazionali, suppone tanto
l’informazione del contraente che la sua possibilità pratica di determinarsi
diversamente in ordine al regolamento del rapporto contrattuale 30.
Per lo meno a partire dalla seconda metà del secolo scorso, i giuristi
hanno ripetuto che il mercato reale non corrispondeva affatto a questo
modello, e perché l’informazione in esso si presentava affatto diseguale e
perché, in ogni caso, la disparità di potere contrattuale esautorava ogni pos-
sibilità di diversa determinazione del contraente più debole.
Ebbene, la disciplina comunitaria si propone, per l’appunto, di sostituire
al tradizionale intervento “a valle” che correggeva l’esito di queste distor-
sioni, ossia il rapporto di scambio tra bene e corrispettivo, un intervento “a
monte” che riequilibri le condizioni della contrattazione, ossia che corregga
le asimmetrie informative e distribuisca equamente gli obblighi reciproci dei
contraenti 31.

La filosofia eminente di questo nuovo intervento e del rapporto tra legge e


mercato, che esso suppone, è, precisamente, che le sperequazioni sociali che
la moderna disciplina del contratto sembra aver fomentato per circa due
secoli non siano dipese dall’intrinseca ingiustizia del sistema del libero
scambio (cui la disciplina moderna del contratto dà forma), bensì dalla
discrepanza tra le prassi negoziali e il modello autentico dell’economia di
mercato: strozzature e sopraffazioni non debbono imputarsi, perciò, al
mercato ma al suo insufficiente funzionamento, alle carenze nelle condi-
zioni della sua corretta operatività.
Per questa filosofia, allora, il compito dell’intervento non è quello di sov-
rapporre al mercato le determinazioni della politica correggendo le ragioni
di scambio che nascono dalla libera contrattazione, ma quello, diverso, di
rimuovere le resistenze che le incrostazioni di potere economico e le asim-
metrie cognitive frappongono al pieno dispiegamento della sua logica 32.

29 M. Barcellona I nuovi controlli, cit., 35 ss.


30 Cfr. P.G. Monateri I contratti d’impresa e il diritto comunitario, in: Riv. dir. civ., 2005,
I, 491, e, più in generale, N. Irti L’ordine giuridico del mercato, cit.,
31 M. Barcellona I nuovi controlli, cit., 38.
32 M. Barcellona Clausole generali e giustizia contrattuale. Equità e buona fede tra cidice

civile e diritto europeo, cit. 257 ss.


442 Mario Barcellona

Ma la logica del mercato è quella del libero scambio e la logica del libero
scambio è la logica – che si immagina – incarnata nella libertà del volere e nei
suoi postulati.
Alla legge spetta, allora, innanzitutto di garantire i presupposti della
libertà del volere, ossia di garantire che il contratto si formi sulla base di un
consenso consapevole e informato 33. Giacché, poi, sarebbe il dispiega-
mento della concorrenza (a sua volta garantito dalle leggi anti-trust) ad assi-
curare che le ragioni di scambio si determinino secondo criteri di distribu-
zione ottima delle risorse, e dunque di giustizia sostanziale, ossia a garantire
l’“equilibrio economico” e il “giusto prezzo”.
Sancendo i principi della trasparenza contrattuale e del consenso infor-
mato e garantendo l’equilibrio normativo del contratto 34, questo nuovo
intervento intende, allora, render “vero”, coattivamente, il modello di scam-
bio e di mercato presupposto dalla logica simbolica della volontà, cioè
appare preordinato ad imporre allo scambio ed al mercato reali i caratteri del
modello di scambio e di mercato prospettato dagli economisti classici e neo-
classici e supposto dai legislatori dell’’800 e del ’900.

IV.
Al di là dell’apparenza, dunque, il segno di questo nuovo interventismo
europeo è, perciò, tale che gli si può riconoscere il senso reale di aver ripri-
stinato la sovranità del mercato 35.

33 Precisamente, un consenso libero e informato esigerebbe solo che la conclusione del

contratto avvenga all’insegna del principio della trasparenza contrattuale. Ed i doveri di


informazione, nei quali questo principio si articola nelle diverse discipline di settore appre-
state dalle Direttive comunitarie, sono chiamati, per l’appunto, a presiedere a questo com-
pito (cfr. S. Grundmann L’autonomia privata nel mercato interno, cit., 257 ss.). Dove man-
chino tali discipline e, soprattutto, dove esse rischino di fallire il loro obiettivo, è chiamata
ad intervenire la buona fede: essa è designata come lo strumento più adatto ad offrire la
misura del “giusto contratto” cui raffrontare e secondo cui correggere il regolamento pri-
vato dei rapporti tra professionisti e consumatori (cfr. A. Di Majo L’osservanza della buona
fede nei principi Unidroit sui contratti commerciali internazionali, in: M.J. Bonell/
F. Bonelli, Contratti commerciali internazionali e principi Unidroit, cit. 145 ss. e i saggi rac-
colti in R. Zimmermann/S. Whittaker, Good faith in European Contract Law, Cambridge,
2000).
34 A. Di Majo L’osservanza della buona fede nei principi Unidroit sui contratti commer-

ciali internazionali, in: M.J. Bonell/F. Bonelli, Contratti commerciali internazionali e prin-
cipi Unidroit, cit. 145 ss. e i saggi raccolti in R. Zimmermann/S. Whittaker, Good faith in
European Contract Law, cit.
35 Segnatamente, questa nuova sovranità si legge nel mondo normativo su due piani:

(a) innanzitutto, sul piano della ri-economicizzazione di quanto il Welfare State aveva de-
economicizzato, ossia aveva dislocato sul terreno delle relazioni non economiche o
aveva comunque sottratto al mercato attraverso la creazione di rapporti che, per i
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato 443

Ma la restaurazione della sovranità del mercato implica la detronizza-


zione della politica (o, almeno, della c.d. politica economica), ossia l’indis-
ponibilità per la politica di quell’ordine della produzione e riproduzione
della vita materiale che aveva preteso di governare nel corso di tutto il c.d.
secolo breve.
Il modo più efficace e teoricamente attrezzato di comprendere e rappre-
sentare questo processo sembra ancora quello che fa leva sul paradigma
della differenziazione funzionale 36: la “sovranità” del mercato segna la defi-
nitiva emancipazione del sistema economico dalle pretese espansive del
sistema politico, e così la sopraordinazione della sua razionalità al “codice”
della politica.
Quest’emancipazione dell’economia si dà, per l’appunto, attraverso la
“purificazione” del diritto dalle interferenze con cui la “misura” politica
aveva insidiato la sua autoreferenzialità nell’epoca del Welfare State 37.
In questo quadro, del nuovo interventismo, dove la logica della “volontà”
sembrerebbe finalmente esser “presa sul serio”, può darsi una lettura diversa
e più produttiva: esso vi appare come il “ritorno” entro il sistema giuridico
delle tensioni che avevano prima sede nei regimi dei diversi sotto-sistemi
della legislazione speciale del Welfare State.
In questa chiave la sua spiegazione si coglie non nella riscoperta del vero
scambio e dell’autentico modello del mercato bensì nelle “resistenze delle
pratiche sociali al loro nuovo regime economico” 38 e nelle risposte che vi
appresta il sistema giuridico.
Il ridimensionamento della politica implica che la complessità da essa
prima “trattata” nei sotto-sistemi della legislazione speciale rientri nei siste-
mi da cui si era originata e da cui era stata scorporata. E poiché questo
ritorno ai suoi originari sistemi non ne implica affatto il dissolvimento, ne
segue che questa complessità entro i sistemi in cui è ritornata produce ten-
sioni e incongruenze, che, a loro volta, si traducono in “irritazioni” del
sistema giuridico che dovrebbe governarle (così, ad es., la prassi di contratti
“carpiti” e/o “unilateralmente imposti” irrita il principio giuridico dell’auto-

soggetti (servizi, ecc.) o per la provvista (imprese in mano pubblica, ecc.), fuorius-
civano dalla logica economica;
(b) in secondo luogo, sul piano della legalizzazione del modello mercantile, quale si dà
nella nuova forma di intervento nei rapporti contrattuali che si concepisce, e comun-
que si prospetta, come implementazione forzosa, coattiva dei presupposti materiali
(rectius: di taluni dei presupposti materiali) del “modello di scambio” presunto dalla
teoria del mercato.
36 N. Luhmann da Illuminismo sociologico, Milano, 1983, 143, a La differenziazione del

diritto, Bologna, 1990, 61 ss.


37 M. Barcellona Diritto, sistema e senso, cit., 511 ss.
38 G. Teubner Giustizia nell’era del capitalismo globale?, in Riv. crit. dir. priv., 2008,

191 ss., ma già e più diffusamente in: La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione.
L’emergere delle costituzioni civili, Roma, 2005.
444 Mario Barcellona

determinazione negoziale). Ma per rispondere a queste “irritazioni” il


sistema giuridico è ora costretto a servirsi soltanto dei “mezzi”, delle risorse
che può offrirgli la sua razionalità ad un livello più articolato, e cioè nella
specie la ratio del principio di autodeterminazione e la ratio del principio di
concorrenza. Tensioni e incongruenze, dunque, producono un trattamento
della complessità, da cui originano, che consiste nel dispiegamento della
logica dell’autonomia privata e del mercato, ossia, rispettivamente, nella
sanzione legale delle pre-condizioni del “consenso consapevole e informato”
e nella desclosure ed effettiva comparabilità dei contenuti reali delle offerte in
concorrenza tra loro.
Nell’ambito dei rapporti tra politica ed economia, dunque, il conteni-
mento della ratio politica implementa nel sistema giuridico processi di ride-
terminazione che consistono, propriamente, nello sviluppo della sua razio-
nalità: alle tensioni ereditate dalla precedente ed ora rientrata mediazione
politica esso risponde con più autonomia e più mercato.
Ma la dinamica sistemica che presiede a queste “soluzioni interne” dell’ac-
cresciuta complessità dei sistemi sociali vale anche a farne comprendere i
limiti: le recenti crisi finanziarie hanno rimesso in campo tutto l’arsenale del
vecchio Stato interventista ed hanno inferto un colpo gravissimo alla filo-
sofia mercantile che predica l’autonomia e l’autosufficienza del mercato
rispetto alla politica 39.

V.
Letta dentro questo quadro la nuova sovranità del mercato mostra un’al-
tra, e più generale, ragione di perplessità.
Nelle elaborazioni più avanzate del Societal Costituzionalism quel che si
registra a proposito del rapporto tra politica ed economia è concepito e rap-
presentato come il frammento di un generale riassetto delle relazioni tra i
sistemi sociali che assegna al sistema giuridico una nuova e cruciale funzione
di garanzia: il diritto opererebbe questa ri-confinazione della politica
rispetto all’economia nel quadro di una sua nuova strategia che gli assegna la
protezione dell’“autonomia delle sfere di azione”, tanto individuali che
sociali, dalle tendenze espansionistiche di ogni altra razionalità parziale, e
dunque la loro protezione non solo rispetto all’ingerenza della politica ma
anche verso lo stesso espansionismo della “matrice” economica 40.

39 E così la morte del keynesismo, la fine delle interferenze politiche e la declamata auto-

nomia del sistema economico convivono, senza troppi turbamenti, con la decisione del
Tesoro USA , dopo il “salvataggio” di Bear Stearns, di “nazionalizzare” Fanni Mae e Freddie
Mac.
40 G. Teubner Giustizia nell’era del capitalismo globale?, cit., 192.
L’interventismo europeo e la sovranità del mercato 445

Ma quel che al diritto è sembrato (almeno fino a qualche giorno addietro)


riesca nei rapporti tra la politica ed il sistema economico, e cioè una ri-con-
finazione della prima che dispiega evolutivamente l’autonomia del secondo,
è molto dubbio possa riuscire con la medesima efficacia nei rapporti tra la
“matrice” economica e gli altri sistemi parziali della società, le altre sfere ove
si sviluppa la comunicazione sociale tra gli individui.
Il “successo” del sistema giuridico nel campo che si è esaminato discende
da una specifica “solidarietà” del diritto (privato) con l’economia, ossia dalla
circostanza che il funzionamento degli “accoppiamenti strutturali” tra l’uno
e l’altra (ad es., contratto/scambio, perdita economica/danno giuridico,
ecc.) è massimizzato dalla specifica circolarità che i dispositivi giuridici esi-
biscono: il diritto riceve inputs dall’economia che processa autonomamente
e restituisce outputs in essa immediatamente convertibili in virtù della forma
monetaria dei suoi rimedi.
Questo, però, non è un carattere che il diritto assume quando sia posto in
accoppiamento con l’economia, è, invece, un carattere che il diritto presenta
in generale.
La protezione che il diritto può offrire rispetto alle “intrusioni” degli altri
sistemi invasivi è costituita dal “divieto giuridico” 41. Ma la tutela contro la
violazione di un tale divieto si risolve, alla fine, in una condanna al risarci-
mento del danno.
Vi è, dunque, un limite intrinseco del sistema giuridico che si dà nella
stessa forma (in ultima istanza) pecuniaria del suoi rimedi. Ma questo suo
limite retroagisce su tutto quanto è affidato ai suoi rimedi: il diritto, sempli-
cemente, non può occuparsi che di ciò che può sottoporre ai suoi outputs;
i suoi outputs presentano carattere monetario; il diritto, perciò, non può
occuparsi che di ciò che è concepibile, è accettato sia convertito in denaro 42.
L’utilizzazione del diritto per proteggere l’ “autonomia delle sfere di
azione” individuali e sociali, perciò, suppone necessariamente che tali “sfere
di azion” possano essere trattate come commensurabili e cioè convertibili
in denaro 43 e, soprattutto, implica che esse siano tolte dalla loro singolarità e
irripetibilità, cioè dalla loro autonomia, e siano ricondotte ad un “metro
comune”, segnatamente a quel metro comune che è costituito dal denaro 44.
Ma il denaro è proprio il medium simbolico dell’economia 45.

41 Così giustamente G. Teubner op. cit., 194.


42 M. Barcellona Il danno non patrimoniale, Milano, 2008, 125 ss.
43 M. Barcellona Il danno non patrimoniale, cit., 127 ss.
44 Il quale è utilizzato dal diritto moderno poiché – come scriveva G. Simmel Fiolosofia

del denaro, Torino, 1984, 436 – ha la virtù della “neutralità rispetto ai valori” e di “crea[re]
rapporti tra gli uomini ma di lascia[re] gli uomini al di fuori di essi”.
45 N. Luhmann Potere e codice politico, Milano, 1982, 100 ss.; N. Luhmann/R. De Giorgi

Teoria della società, Milano, 1993, 117 ss.


446 Mario Barcellona

E’, perciò, molto elevato il rischio che il diritto funga da “Cavallo di


Troia” rispetto alle autonomie che esso dovrebbe preservare dall’invadenza
della “matrice” economica.
L’esperienza, in Italia, della conquistata rilevanza aquiliana dei diritti per-
sonali e della nuova risarcibilità del c.d. danno esistenziale è, al riguardo,
paradigmatica: sviluppatisi per preservare l’intangibilità delle sfere sogget-
tive e conferire visibilità giuridica alla dimensione spirituale, diritti personali
e danni esistenziali si sono risolti in un processo di transcodificazione 46 che
ha ricondotto l’incommensurabile sotto il “codice” numerico del valore di
scambio 47.
E così la sovranità del mercato, proprio attraverso il diritto e i processi
ricorsivi che esso attiva, rischia di andar oltre l’economia e di farsi minac-
ciosa per l’autonomia di tutte le altre comunicazioni sociali 48.
Il diritto, dunque, non è “innocente”: non lo è, innanzitutto, perché è
attraverso di esso che il nuovo “sovrano” si è insediato all’inizio della
modernità; e non lo è, ancora adesso, perché è attraverso le sue forme che si
sviluppa ricorsivamente l’espansione del “codice monetario”.
Ma poiché vi è un luogo nel quale il diritto sta “in accoppiamento strut-
turale” con la decisione politica, neanche la politica è “innocente” 49: dopo-
tutto, la sovranità del mercato è politicamente istituita e politicamente sorretta.
Non si può escludere, perciò, che la sovranità del mercato ritrovi l’inter-
locuzione di un’“altra” politica che ne limiti il dominio e si prenda cura
dell’autonomia delle altre sfere sociali. Ma un’“altra” politica richiederebbe
un nuovo pensiero e un nuovo armamentario (anche) giuridico. E, per il
vero, all’orizzonte non si riesce a vedere traccia significativa né dell’uno né
dell’altro.

46 N. Luhmann/R. De Giorgi Teoria della società, cit., 105.


47 M. Barcellona Il danno non patrimoniale, cit., 113 ss.
48 Sembra, perciò abbia ragione G. Teubner op. cit., 194 – 195, quando alla domanda se

“un discorso può rendere giustizia ad un altro” risponde che “ogni programma di giusti-
zia … è in ultima istanza destinato a fallire, … e dovremmo pertanto affrontare l’evidenza
del suo essere impossibile in linea di principio”.
49 Salvo che non si concepisca la differenziazione funzionale come un nuovo destino,

come una “legge” della storia.


Machbarkeitsillusionen,
feierliche Erklärungen und Gesänge

Zum Verhältnis von Evolution und Revolution im Recht

Hauke Brunkhorst

In einem seiner zahlreichen Essays zur Entstehung globaler Zivilverfas-


sungen zitiert Gunther Teubner die Declaration of Independence of the Cy-
berspace – und nimmt sie ernst.1 Die klandestine Hackervereinigung reagiere
damit auf den „enormen Normbedarf“ 2 der globalisierten Funktionssys-
teme, deren Wachstum durch Disseminationsmedien wie das Internet oder
die Großraumflugzeuge in einem Tempo beschleunigt werde, welches das
menschliche und staatliche Fassungsvermögen schon lange hoffnungslos
überfordere. Das macht die strukturelle Kopplung von Politik und Recht
jenseits nationaler Grenzen und repräsentativer Regierungsformen 3 funktio-
nal notwendig.
Teubner erweitert schon hier den Luhmannschen Horizont und richtet
den Blick des soziologischen Beobachters auf die Mikrophysik der Verfas-
sungstheorie. Ihn interessiert nicht so sehr der öffentlichrechtliche als viel-
mehr der exponentiell wachsende, privatrechtliche Bedarf an Normen,
die weder durch einzelne Staaten und imperiale Mächte noch durch die Or-
ganisationen der Internationalen Gemeinschaft erzeugt und kontrolliert
werden können. Das führt (wie im 18. Jahrhundert im öffentlichen Recht)
zu einer wachsenden Spannung, Ausdifferenzierung und reziproken Ent-
fremdung des inneren Spontanbereichs der vollständig globalisierten Funk-
tionssysteme und Organisationen von deren jeweiligem Organisations-
bereich. Durch die „vollständigen Trennung“ zwischen Spontan- und
Organisationsbereich entsteht ebenso wie bei der „Entzweiung“ (Hegel)

1 Gunther Teubner „Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur Staatszentrierten Ver-

fassungstheorie“, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 63/
2003, 1–28.
2 Teubner „Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der

Weltgesellschaft“, 437–453 in: Dieter Simon/M. Weiss (Hrsg.), Zur Autonomie des Indi-
viduums. Baden-Baden: Nomos 2000.
3 Susan Marks The Riddle of all Constitutions, Oxford: Oxford Univ. Press 2000.
448 Hauke Brunkhorst

von Politik und Recht ein „Verknüpfungsbedarf“ 4, der diesmal die soziale
Evolution zur Autokatalyse und Emergenz globaler Zivilverfassungen mo-
tiviert.
Zwar hat auch schon Luhmann früh erkannt, dass formale Organisatio-
nen nur durch „brauchbare Illegalität“ imstande sind, ihre immensen Leis-
tungen zu vollbringen und ihre gesellschaftliche Funktion zu erfüllen. 5 Aber
das konnte nur solange im Rahmen der staatlichen Verfassungsordnung
gut gehen, solange gewährleistet war, dass jeder einzelne Akt brauchbarer
Illegalität im Zweifels- und Konfliktfall durch legale Vollzüge, Aktennoti-
zen, Protokolle, Dienstwege, Klagen usw. reformalisiert und in die sicheren
bürokratischen Pfade der Rechtsstaatlichkeit zurückgeführt werden konnte.
Teubner beobachtet nun, dass die Deckungsreserve des Rechtsstaats, die ver-
hindert hat, dass aus Krisen Kriege werden, in der neuen Welt globaler Funk-
tionssysteme dramatisch abgeschmolzen ist. Deshalb entsteht im Internet, in
der Wirtschaft, in der Wissenschaft, in multinationalen Konzernen, in global
operierenden Geheimdiensten, Mafia-, Terror-, NGO -Vertragsnetzwerken,
private-public-partnerships und transnationalen Vereinigungen jeder Art
ein prekäres Rechtsstaatsdefizit, das jeden Versuch, die überall auf dem Pa-
pier grandios erweiterten und ergänzten Grundrechtskataloge und -char-
tas angemessen zu konkretisieren, ebenso grandios scheitern lässt. Dem
kurzen Sommer der Anarchie folgt das Faustrecht der Freiheit auf dem
Fuße.
Die Ablösung von Funktionssystemen und Organisationen aus den na-
tionalen Verfassungsregimes erzeugt nicht nur einen hoch gefährlichen clash
der Funktions- und Rationalitätsbereiche, Lebenswelten und Wertsphären,
der zur Kolonialisierung der Lebenswelt, zur Fundamentalisierung von
Klassen-, Wert- und Rationalitätskonflikten, zu flexiblen und ständig wech-
selnden Hegemonien und Imperialismen, schließlich zu Kriegen und Bür-
gerkriegen führt 6, sondern die Entzweiung der modernen Welt überdies tief
ins Innere ihrer hoch spezialisierten Funktionssysteme und Organisationen
hineintreibt. Auch innerhalb der Funktions- und Organisationssysteme ist
deshalb eine Insurrektion des lebensweltlichen Spontanbereichs gegen die
Bevormundung durch eine harte und unfaire, in der Konsequenz autoritäre

4 Niklas Luhmann „Verfassung als evolutionäre Errungenschaft“, in: Rechtshistorisches

Journal 9/1990, 180.


5 Luhmann Funktion und Folgen formaler Organisation, Berlin 1999.
6 Dazu auch: Christian Joerges/Teubner Hrsg.: Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigun-

gen zwischen Sozialtheorie und Privatrechtsdogmatik, Baden-Baden: Nomos 2003; Joer-


ges/Inger-Johanne Sand/Teubner Transnational Governance and Constitutionalism, Oxford:
Hart Publishing 2004; Joerges „Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs: Wie eine
europäische unitas in pluralitate verfasst werden kann“, in: Martin Führ/Rainer Wahl/ Peter
von Wilmowsky Hrsg.: Umweltrecht und Umweltwissenschaft. Festschrift für Eckard
Rehbinder, Berlin: Erich Schmidt Verlag 2007, 719–747.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 449

Legalität nicht mehr unwahrscheinlich, während umgekehrt staatsterroris-


tische Zugriffe immer häufiger werden, und es ist keineswegs ausgemacht,
wer am Ende obsiegt. 7
Deshalb ist die Declaration of Independence of the Cyberspace für Teubner
nicht nur ein anarchistischer „Scherz“, sondern hat die „tiefere Bedeutung“
(Grabbe), einen funktional notwendigen Verknüpfungsbedarf zwischen der
chaotisch-anarchischen Normfortbildung in der spontanen Internetkom-
munikation und ihrer durch Verträge und Gesetze, Richtlinien und Ver-
ordnungen hierarchisch organisierten Legalordnung zu indizieren. Soweit
bewegt Teubner sich immer noch in den von ihm erweiterten Bahnen sys-
temtheoretischer Begrifflichkeit.
Aber während sich für Luhmann und die (rechtsluhmannianische) Sys-
temtheorie das Verlangen nach einer demokratischen Verfassung, das sich in
Dokumenten wie der amerikanischen Declaration of Independence von 1776
ebenso artikuliert wie in der Deklaration ihrer ironischen Erbin aus dem vir-
tuellen Raum elektronischer Kommunikation, auf einen funktionalen Ver-
knüpfungsbedarf, der durch strukturelle Kopplung gedeckt werden muss, re-
duziert und alles andere sich in ideologischem Überbau erschöpft, der als
mächtige Ruine Alteuropas stehen geblieben ist, weil er die soziologische
Aufklärung verschlafen hat: „Machbarkeitsillusionen“, „Gesänge“ und „fei-
erliche Erklärungen“, 8 nimmt Teubner die Hacker auch in ihrem normativen
Anspruch ernst. Die Irritationen, die aus der gesellschaftlichen Umwelt ins
Rechtssystem einströmen, sind ihm nicht nur Anlass zu kognitivem, son-
dern auch zu normativem Lernen. Das Rauschen der Kommunikation in der
Umwelt des Rechts, das im System nicht dekodiert werden kann, treibt des-
sen selbstbezügliche Reflexion zur „Suche nach juristischer Gerechtigkeit“ 9
an, zwingt es zur „Responsivität gegenüber ökologischen Anforderun-
gen“ 10, ermöglicht ihm den Schritt zur „Selbst-Transzendierung“, verführt
es zur normativen „Überschreitung“ der kognitiven Grenzen des Rechts
noch während es sich in der sicheren Distanz der „Selbstbeobachtung“ be-
quem macht, provoziert es schließlich „zur Konfrontation jeder Entschei-
dung“ nicht nur mit dem sub specie societatis gegebenen Normbestand der
jeweiligen Gesellschaft, sondern auch mit der sub specie aeternitstis erkenn-
baren, wenn auch unerreichbaren „‚reinen‘ Gerechtigkeit“ 11. Die subversive

7 Vgl. Hauke Brunkhorst „There Will Be Blood – Konstitutionalisierung ohne Demokra-

tie?”, in: Brunkhorst (Hrsg.): Demokratie in der Weltgesellschaft, Sonderheft Soziale Welt,
Baden-Baden: Nomos 2009 (im Erscheinen).
8 Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Fn. 4, 176.
9 Teubner „Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- und Transzendenzformel des

Rechts“, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 1/2008, 9–36, hier: 15.
10 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 17.
11 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 18, 26.
450 Hauke Brunkhorst

Kraft der Gerechtigkeit, „mit der das Recht gegen sich selbst protestiert“,
sprengt den begrifflichen Rahmen der Systemtheorie – und deshalb greift
Teubner an dieser Stelle auch auf eine ganze Serie anderer, systemfremder
Begrifflichkeiten, die vom Johannes-Evangelium über Levinas bis Derrida
reichen, zurück.12 Indem die Gerechtigkeit im Recht gegen das Recht pro-
testiert, erhebt sie ihre Stimme „im Namen der Gesellschaft, der Menschen,
der Natur“ und zwingt das Recht zur Recodierung seiner Legalität. Für
Teubner, der den Philosophen die Aufgabe eines Hüters der Normativität
nicht mehr zutraut, ist es die „Botschaft der Soziologie für die juridische
Gerechtigkeit“, die verstockten Juristen immer wieder von neuem zur
„Meuterei auf der Bounty“ anzustiften.13
Teubner erinnert an dieser Stelle daran, dass zwar alles Evolution, die
Evolution aber nicht alles ist. Diesen Gedanken werde ich im folgenden auf-
nehmen und zur These verstärken, auch noch die Meuterei auf der Bounty
zehre vom normativen Erbe der großen und erfolgreichen europäischen und
westlichen Revolutionen, die in der sozialen Evolution die Stimme univer-
seller Gerechtigkeit gegen die normativ blinde Kontingenz der Evolution
immer wieder zur Geltung gebracht haben. Zwar kann das kognitive Lernen
von Systemen die Möglichkeit evolutionärer Errungenschaften hinlänglich er-
klären, aber die Änderung des Richtungssinns der geschichtlichen Welt
durch normatives Lernen muss dann immer noch als revolutionäre Errungen-
schaft verstanden werden, die sich, obwohl auch die Revolution Evolution
ist, auf Evolution nicht reduzieren lässt.
Im folgenden werde ich zunächst den Begriff der Rechtsrevolution (I) und
des Rechts, das dem revolutionären Ursprung der modernen Gesellschaft
entsprungen ist ( II ), näher bestimmen, dann die These einer normativen
Entwicklungslogik in der Geschichte der großen Rechtsrevolutionen entwi-
ckeln ( III ). Daran schließen sich Überlegungen zum Verhältnis von Evolu-
tion und Revolution an ( IV ). Abschließend zeige ich, dass die Annahme
einer normativen Entwicklungslogik deshalb keine Illusion ist, weil das Ne-
gationspotential der kommunikativ gebrauchten Sprache nicht nur Motor
der blinden Evolution, sondern auch des revolutionären Rechtsfortschritts
(und seiner abgründigen Dialektik) ist (V).

12 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 8, 21. Dazu auch: Andreas Fischer-Lescano

in diesem Band.
13 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 8, 25 f.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 451

I.
Die Evolution der modernen Gesellschaft beginnt im Westen Europas mit
der Differenzierung von Evolution und Revolution, und alle großen Revolu-
tionen waren Rechts- und Verfassungsrevolutionen.14 Sie haben nicht nur das
Recht, sondern die ganze Gesellschaft, nicht nur das Epizentrum ihrer
fürchterlichen Gewaltausbrüche, die kein „wohldenkender Mensch“ (Kant)
je wiederholt wissen möchte, umgewälzt, sondern sind bis in die die äu-
ßerste Peripherie der gesamten damaligen Welt gedrungen.15 Auch wo sie
geschlagen und vernichtet wurden, bleiben sie als „Geschichtszeichen“, das
„sich nicht mehr“ „vergißt“.16 Cromwell fand keinen Nachfolger, aber seine
große Erfindung, der republikanische Parlamentarismus, blieb Europa er-
halten und wurde Jahrhunderte später in alle Welt exportiert. Niemand
wurde vernichtender geschlagen als Napoleon 1814 und 1815, aber nicht nur
die durch Napoleons imperiale Kriege vollkommen veränderte Staatenwelt
Europas blieb bestehen, auch die großen Errungenschaften der Revolution,
die Verfassung, die Kodifikation und das individualistisch durchrationali-
sierte Zivil- und Strafrecht der Franzosen haben sich in Windeseile über
ganz Europa verbreitet.17
In den großen Rechtsrevolutionen – der päpstlichen des 12., den lutheri-
schen und calvinistischen des 16. und 17. Jahrhunderts, den Verfassungsrevo-
lutionen des 18. und 19., den sozialen und Völkerrechtsrevolutionen des
20. Jahrhunderts – verbinden sich apokalyptische Erwartungen und utopi-
sche Hoffnungen mit der nüchternen wissenschaftlichen Analyse der Bedin-
gungen ihrer Verwirklichung. Keine Revolution ohne radikale Herrschafts-
kritik, ohne die Erlösungserwartung einer neuen Welt, eines neuen
Jerusalem, eines neuen Rom, einer unbegrenzten Freiheit, einer klassenlosen
Gesellschaft, eines ewig währenden Friedens. Aber auch keine Revolution
ohne juristischen Sachverstand, professionelles Wissen, organisatorische In-
telligenz, politischen Pragmatismus.18 Die Charta der Vereinten Nationen
verspricht Weltfrieden, Selbstbestimmung, Gleichheit und Menschenrechte,
droht aber auch Sanktionen an und schafft juristische Instrumente, um sie
unter Bedingungen höchst ungleich verteilter Macht umzusetzen.

14 Harold Berman Recht und Revolution, Frankfurt: Suhrkamp 1991; Berman Law and

Revolution II : The Impact of the Protestant Reformation on the Western Legal Tradition,
Cambridge MA : Cambridge Univ. Press 2006.
15 Robert I. Moore Die Erste Europäische Revolution. Gesellschaft und Kultur im Hoch-

mittelalter, München: Beck 2001 (1. engl. Aufl. 2000), 274.


16 Immanuel Kant Der Streit der Fakultäten, in: Werke XI , Frankfurt: Suhrkamp 1977,

361.
17 Volker Sellin Die geraubte Revolution, Göttingen: Vandenhoek 2001; Manlio Bellomo

The Common Legal Past of Europe, Washington: The Catholic University of America
Press 1995, 10f; Eric Hobsbawn Europäische Revolutionen, Köln: Parkland 2004.
18 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 53 ff.
452 Hauke Brunkhorst

Die großen Revolutionen waren nicht nur religiös und messianisch moti-
viert, ihre Führer haben auch das römische Recht und die republikanischen
Verfassungstheorien der Antike studiert. Sie kannten das Recht, das sie ab-
schaffen und durch ein neues ersetzen wollten. Der von Stalin ermordete
Paschukanis war nicht nur ein gläubiger Kommunist, sondern auch ein glän-
zender Rechtstheoretiker, und er hat eine Theorie nicht des sozialistischen,
sondern des bürgerlichen Rechts geschrieben. Wodrow Wilson war nicht
nur vom Glauben an die Prädestinationslehre, das soziale Evangelium und
die Demokratie beseelt, sondern musste sich von den Realpolitikern aller
Lager als „Rechtsprofessor“, der er war, verspotten lassen. Aber am Ende
des Zweiten Weltkriegs war die Völkerrechtsrevolution, die mit dem
Kriegseintritt des gläubigen Amerikaners begonnen hatte, erfolgreich und
hat – in Gestalt des UN -Systems – eine neue Völkerrechtsordnung und blei-
bende Institutionen geschaffen. Die Führer aller großen Revolutionen wa-
ren Juristen oder juristisch gebildet und beraten, der „heilige Teufel“, der fa-
natische Mönch Hildebrand, der von seinen Zeitgenossen „Höllenbrand“
genannt wurde und später Gregor VII . hieß, ebenso wie der nicht weniger
teuflische Heilige Lenin, Robbespiere ebenso wie die amerikanischen Foun-
ding Fathers. Luther und Melanchthon, selbst Juristen oder juristisch aus-
gebildet, beherrschten ein ganzes Heer von Rechtsgelehrten, das verzweigt
und einflussreich genug war, um die protestantischen Fürstenhäuser und
Magistrate flächendeckend mit neuen Gesetzbüchern und neuen juristi-
schen Methoden zu versorgen, in denen der protestantische Fundamenta-
lismus ebenso zum Zuge kommen sollte wie die neue, humanistische Wis-
senschaft. Auch die (aristokratisch-besitzbürgerliche) Englische Revolution
wurde nicht von Philosophen wie Hobbes oder Locke gemacht, sondern
von den Juristen und radikalen Calvinisten des Common Law.
Von der Päpstlichen bis zur Russischen Revolution verspricht die Re-
volution einen neuen Himmel und eine neue Erde, aber sie muss ihr Ver-
sprechen institutionell umsetzen und bringt statt eines neuen Himmels und
einer neuen Erde das zweischneidige Schwert eines neuen Rechts, mit des-
sen Hilfe in der diesseitigen Welt eine bessere Welt errichtet werden soll, her-
vor. Keine westliche Revolution ohne revolutionären Millenarismus.19 Die
erste war nicht zufällig durch die apokalyptischen Impulse einer Jahrtau-
sendwende motiviert. 20 Zwischen der Apokalyptik des revolutionären Mil-
lennarismus und den „großen erfolgreichen Revolutionen der westlichen
Geschichte“ besteht aber der wichtige „Unterschied, dass die Ziele und Vo-
raussetzungen der letzteren gleichzeitig grenzenlos und begrenzt waren;

19 Norman Cohn The pursuit of the Millenium, New York 1972.


20 Johannes Fried „‚Die Liebe erkaltet‘. Das 11. Jahrhundert erwartet das Jüngste Gericht
und erneuert die Kirche“, in: Fried Zu Gast im Mittelalter, München: Beck 2007, 125–142,
hier: 136 ff.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 453

ihre Ziele waren nicht nur allgemein und grenzenlos, sondern auch beson-
derer und begrenzter Art. Sie waren eschatologisch orientiert, aber sie wa-
ren auch gut organisiert und politisch nicht laienhaft.“ 21
In der Rechtsrevolution verschränken sich Kontinuität und Bruch, Be-
wahrung der Tradition und radikaler Neubeginn. 22 Die Revolution wälzt
zwar die ganze Gesellschaft um, aber sie tut das mit den Mitteln und Me-
dien, die sie im überlieferten Recht vorfindet. Sie muss, nach dem berühm-
ten Bild Otto Neuraths, auf hoher See und bei beschleunigter Fahrt aus dem
Material des alten Schiffs ein neues Schiff bauen. Sie erklärt im Juni 1789 den
dritten Stand zur Nation, aber nicht als eine mythische Kraft des „formlos
formenden“ (Carl Schmitt) Volkswillens, sondern im institutionellen Rah-
men, den sie in der alten Verfassung der Ständeversammlung vorfindet. Sie
kann den gründenden Akt des pouvoir constituant, der die alte Verfassung
derogiert, nur als pouvoir constitué vollziehen, und genau deshalb berufen
sich alle großen Revolutionen auf vorgeblich vergessenes, altes und ältestes
Recht, dem sie freilich eine scharf kontextversetzte, „gewaltsame Interpre-
tation“ (Derrida) verpassen. Auch die radikalste Revolution ist, im Unter-
schied zu den Variations- und Selektionsmechanismen der Evolution (s. u.),
auf kommunikativ erfahr- und verstehbaren „change by reinterpreting what
has been done before“, angewiesen. 23 Das revolutionär Neue ist immer auch
eine radikale Neuinterpretation (Rorty) alter Metaphern.
Als ein englisches Gericht in der Zeit der calvinistischen Revolution des
späten 17. Jahrhunderts einen Vertragsbruch zu entscheiden hatte, der nach
damaligem Common Law ebenso wie nach positiv gültigem Völkerrecht,
Kriegsrecht, kanonischem, bürgerlichem und natürlichem Recht und der
Ansicht aller Autoritäten, welche die Verteidigung aufbieten konnte, zwei-
felsfrei außerhalb des Risikobereichs und damit der Rechtsverantwortung
des Schuldners zu liegen schien (ein deutscher Fürst hatte in einem Krieg in
Südengland Pachtland erobert und den Pächter entschädigungslos vertrie-
ben, so dass dieser die Pacht nicht mehr erwirtschaften und bezahlen
konnte), entschied das Gericht, im Horizont einer radikal calvinistischen
Neuinterpretation des Christentums nur noch eine einzige der alten Nor-
men gelten zu lassen und alle Entschuldungsgründe zu verwerfen: Pacta
sunt servanda. Was immer die Umstände sein mögen, was immer natürliches
und göttliches Recht oder frühere Entscheidungen zu sagen haben, wer ein-
schlägt, hätte (als prädestinierter Heiliger) mit allen Umständen rechnen

21 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 53 f.


22 So auch: Norman F. Cantor Medieval History. The Life and Death of a Civilization,
London: Macmillan 1969 (1963), 73 f.
23 Berman Faith and Order: The Reconciliation of Law and Religion, Atlanta: Scholars

Press 1993, 12.


454 Hauke Brunkhorst

müssen (doctrine of absolute liability). 24 Durch diese nahezu vollständig de-


kontextualisierte, gewaltsame Interpretation wurde pacta sunt servanda zur
Grundnorm der damals entstehenden, neuen bürgerlichen Gesellschaft pos-
sessiver Individualisten 25 uminterpretiert, und die englische Rechtspre-
chung folgte dem Präzedenzfall bis ins 20. Jahrhundert, durch den die clausa
rebus sic stantibus wenn nicht für nichtig erklärt, so doch stark relativiert
wurde. Das Urteil war hart und repressiv, aber es war auch emanzipatorisches
Recht, da es die Akteure erstmals zu vollkommen autonomen Personen er-
klärte, die sich alle Konsequenzen ihres Tun selbst zuzuschreiben hät-
ten. 26 Der Präzedenzfall, der die bürgerliche Gesellschaft und ihre „Kälte“
(Adorno) schuf, war zugleich ein Präzedenzfall in Sachen Autonomie: Dia-
lektik der Aufklärung.

II.
Mit der Päpstlichen Revolution beginnt die Geschichte des modernen,
westlichen Verfassungsrechts, dessen Kerngeschäft immer noch darin be-
steht, die Beziehungen verschiedener Gewalten, politischer und juristischer
Körperschaften, religiöser und weltlicher Gemeinschaften rechtlich zu nor-
mieren. Seit dem 12. Jahrhundert gehört es zu den strukturellen Besonder-
heiten der westlichen Rechtstradition, dass die in der Revolution explodie-
renden Klassenantagonismen und Sphärenkollisionen nach der Revolution
in ihrem Gegensatz bestehen bleiben, so dass der ihnen folgende Kampf ums
Recht fortan im Recht ausgetragen werden kann. 27
Erst eine Revolution, die sich aus beiden Quellen, den biblischen Ge-
schichten kommender Gerechtigkeit, Gnade und Erlösung ebenso speisen

24 Paradine v. Jane (1647); dazu: Berman Law and Revolution II , 281f, 340f, 476 FN 28:

“Although it remains true in English and American Law that one who breaks a contract is
liable even in the absence of a fault, the doctrine of absolute liability announced in Paradine
v. Jane has been generally repudiated in the past century, except that in England, at least, it
is still said to be applicable to leases.”
25 C.B: MacPherson Die politische Theorie des Besitzindividualismus, Frankfurt: Suhr-

kamp 1973.
26 Zu rechtsstaatlich und menschenrechtlich fragwürdigen Implikationen dieser Un-

terstellung: Christoph Möllers „Willensfreiheit durch Verfassungsrecht“, elektr. Man


2008.
27 Insofern gehört das agonale Moment zum Wesen der modernen Gesellschaft, auch

wenn Chantal Mouffe die Pointe entgeht, dass es sich bei sonst rätselhaften Agonie der De-
mokratie um das wesentlich Merkmal des modernen Rechts, kommunikative Freiheit zu
ermöglichen, handelt, das die moderne auch von der antiken Demokratie durch einen un-
überbrückbaren Abgrund trennt: Chantal Mouffe The Democratic Paradox, London 2000.
Zum Kampf ums Recht im Recht dagegen: Buckel Subjektivierung und Kohäsion, Weilers-
wist: Velbrück 2007.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 455

konnte wie aus den trockenen Pandekten und Institutionen des antiken
Rom, hat ein Recht hervorgebracht, das nicht nur wie das römische die Ko-
ordination der oberen und die (eher rechtlose) Repression der unteren Interes-
sen zum Ausdruck bringt 28, sondern (auch noch in seiner herrschaftsfunktio-
nalen Stellung) intern auf Freiheit und Emanzipation bezogen bleibt. Dieses
Recht ist, so schon Kant, gleichzeitig unwiderstehlicher Zwang und unver-
minderte Freiheit.29 Es erfüllt nicht mehr nur – wie das alte römische Recht –
die Funktion der Erwartungsstabilisierung, es ist nicht nur Immunsystem der
Gesellschaft (Luhmann), sondern zugleich Medium weltverändernder Praxis.
Es ist nicht nur, wie Luhmann und die meisten Juristen annehmen, auf die
Reparatur vergangener Schäden und die kontrafaktische Stabilisierung von Er-
wartungen gerichtet, sondern – mit der politischen Philosophie der Aufklä-
rungsepoche – als Dasein der Freiheit auch auf eine zukünftige, bessere Ge-
stalt des Lebens bezogen.30 Dieser revolutionäre Ursprung des modernen
Rechts kann sonst so paradoxiensensitive Luhmann nur noch irritiert als
„gewagt paradoxe These: das Recht sei Freiheit“, zur Kenntnis nehmen. 31
Dem Beobachter zweiter Ordnung, der den empiristischen Holismus Qui-
nes in die Gesellschaftstheorie eingeführt hat, musste die normative Produk-
tivität dieser Paradoxie kategorial unzugänglich bleiben.

III.
Die Geschichte der großen Revolutionen verwandelt das Recht Zug um
Zug in ein Medium der Verzeitlichung des Ewigen. Schon die erste europäi-
sche Revolution erzeugt eine Rechtsordnung, deren Zweck das Immanent-
werden der Transzendenz ist. 32 Die Spannung von Transzendenz und Imma-
nenz, von jenseitiger und diesseitiger Welt wird noch einmal in diese Welt

28 “Römisches Recht”, schreibt Uwe Wesel mit einem großartigen Kalauer, “war das

Recht der vornehmen Leute. Klassisch heißt zwar vorbildlich. Und so wird das römische
Recht seit dem Ende des 18. Jahrhunderts genannt. Aber klassisches Recht war auch Klas-
senrecht, das Recht der Besitzenden untereinander, also Zivilrecht. Mit den anderen machte
man kurzen Prozess, außerhalb des Rechts.“ Uwe Wesel Geschichte des Rechts, München:
Beck 1997, 156.
29 Kant Metaphysik der Sitten, Werke Bd. VIII , Frankfurt: Suhrkamp 1977, Rechtslehre

§ 47, 434.
30 Kant Metaphysik, Fn. 29, 345 Georg Wilhelm Friedrich Hegel Vorlesungen über die

Philosophie der Geschichte, Werke 12, Frankfurt: Suhrkamp 1970, § 4.


31 Luhmann „Subjektive Rechte: Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne

Gesellschaft“, in: Luhmann Gesellschaftsstruktur und Semantik 2, Frankfurt: Suhrkamp


1981, 45–104, hier: 62f; dazu jetzt auch: Thore Prien Fragmentierte Volkssouveränität –
Recht, Gerechtigkeit und der demokratische Einspruch in der Weltgesellschaft, Disserta-
tion: Universität Flensburg 2008, 97 ff.
32 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 262, 281, 296.
456 Hauke Brunkhorst

kopiert und dadurch zu ihrer „gegenwärtigen Zukunft“. 33 Aber in der Ab-


folge der Revolutionen verwandelt sich das von Berman an der Päpstlichen
Revolution beobachtete Immanentwerden der Transzendenz in Selbsttrans-
zendierung (Teubner) oder Transzendenz von Innen (Habermas). 34 Die
Transzendenz wird, ohne dass die Spannung zwischen Transzendenz und
Immanenz, die für die westliche Rechtstradition so wichtig war, nachlassen
würde, in der Entwicklung vom kanonischen Recht des 12. Jahrhunderts bis
zum Weltrecht des 21. Jahrhunderts immer weiter internalisiert. Gleichzeitig
wird durch Horizonterweiterung, Einbeziehung des Anderen und Imperia-
lismus der Eurozentrismus Zug und Zug dezentriert und die zunächst parti-
kulare res publica erweitert sich schließlich zur universellen Rechtsgenossen-
schaft einer civitas maxima.
Internalisierung, Dezentrierung und Universalisierung sind wesentliche
Merkmale von Entwicklungslogiken. 35 Wenn sich die geschichtliche Entwick-
lung von Moral und Recht aber als fortschreitende Internalisierung, Dezen-
trierung und Universalisierung darstellen lässt, dann muss nicht nur die ge-
schichtliche Revolution von der ungeschichtlichen Evolution, sondern es
müssen innerhalb der sozialen Evolution mindestens zwei, miteinander ver-
schlungene, evolutionäre Prozesse unterschieden werden 36:

33 Michael Theunissen Der Andere, Berlin: de Gruyter 1977, 506. Ganz ähnlich bestimmt

Teubner die „Inkaranation“ als „re-entry der Unterscheidung von Transzendenz und Im-
manenz in die Immanenz“ (Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit, 28).
34 Dazu jüngst: Ali Muhammad Rizvi Habermas‘ conception of “transcendence from

within“: An interpretation, Dissertation, School of Communicative Action, Arts and Cri-


tical Enquiry, Faculty of Humanities and Social Science, La Trobe University, Bundoora,
Victoria (Australia) 2007. Man kann den Gedanken einer Transzendenz von Innen (oder
Selbsttranszendierung) auch – wie Teubner – an Derrida anschließen und gegen Luhmanns
(und Lübbes) kompensationstheoretische Stillstellung der, seit dem 12. Jahrhundert dyna-
misch diesseitsgerichteten Transzendenz im religiösen Funktionssystem, stark machen:
„Während Luhmann die Transzendenzerfahrung auf das Religionssystem konzentriert und
damit (…) andere Teilsysteme (…) davon ausschließt, ist Derridas dekonstruktives Denken
darauf gerichtet, das Transzendenzbewusstsein aus seiner (…) Isolierung in der Religion
herauszulösen und in die hochrationalisierten Welten der Wirtschaft, der Wissenschaft, der
Politik und des Rechts wiedereinzubringen.“ (Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit,
Fn. 8, 26).
35 Rainer Döbert Systemtheorie und die Entwicklung religiöser Deutungssysteme,

Frankfurt: Suhrkamp 1973; Klaus Eder Die Entstehung staatlich organisierter Gesellschaf-
ten, Frankfurt: Suhrkamp 1976. Daran anschließend: Habermas Zur Rekonstruktion des
Historischen Materialismus, Frankfurt: Suhrkamp 1976.
36 Vgl. vor allem die Überlegungen von Eder zur Theorie einer Mehrzahl von entangled

social evolutions: Eder „Evolutionstheorien (Marx, Parsons, Luhmann)“, elektr. Man., er-
scheint 2008; Eder „Kulturelle Evolution und Epochenschwellen: Richtungsbestimmungen
und Periodisierungen kultureller Entwicklungen“, in: Friedrich Jaeger; Burkhard Liebsch
(Hrsg.): Grundlagen und Schlüsselbegriffe. Handbuch der Kulturwissenschaften, Bd. 1,
Stuttgart: Metzler 2004, 417–430.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 457

(a) die Evolution gesellschaftlicher Differenzierung, die durch kommunika-


tive Zufallsvariation ermöglicht wird und
(b) die Evolution normativer Strukturen, die zwar auch durch kommuni-
kative Zufallsvariation zustande kommt, aber gleichzeitig als rationale
Konsequenz normativer Lernprozesse verstanden werden muss.
Das grand narratif der Europäischen Revolutionsgeschichte hat einen nor-
mativen Richtungssinn, für den die Abfolge derjenigen revolutionären Paro-
len, denen jeweils (mehr oder minder entsprechende) Institutionalisierun-
gen gefolgt sind, einen ersten Indikator darstellt:
x Im Jahr 1075 verlangt die revolutionäre Partei die „Freiheit der Kirche“ als
Körperschaft von (erstmals) subjektivrechtlich individualisierten Rechtssub-
jekten 37;
x 1517 ist die revolutionäre Parole die „Freiheit der Christenheit“ als gleiche
Freiheit aller einzelnen Christen, die das Gottesreich innerweltlich nicht
mehr durch die Hierarchie ihrer juristischen Körperschaft, sondern nur
noch in ihrem egalitär verteilten, individuellen Gewissen/Glauben dar-
stellen;
x 1640 wird dieselbe Freiheit nationalisiert, politisiert und auf alle (männ-
lichen und besitzenden) Angehörigen der (von Gott auserwählten) Nation
ausgedehnt und als „Freiheit des Engländers“ erstmals durch Gesetzge-
bung und Rechtsprechung ausgestaltet und konkretisiert;
x 1789 verwandelt sich der Freiheitsbegriff ein weiteres Mal, wird vom je-
weils auserwählten Volk abgezogen, vollständig reflexiv und aus solcher
Immanenz erstmals als gleiches Recht auf alle Menschen bezogen („Men-
schenrechte“). 38
x Im 20. Jahrhundert schließlich werden die Menschenrechte zu Weltbür-
gerrechten konkretisiert und das bis dahin der Gemeinschaft nordwest-
licher Nationalstaaten vorbehaltene Rechtsprinzip der Exklusion unglei-
cher Freiheit wird globalisiert.
Selbst wenn eine derartige Entwicklungslogik sich in der Geschichte der
großen Revolutionen nachweisen lassen sollte, folgte daraus keineswegs,
dass die vielen großen und kleinen Geschichten, die sich in diesen Revo-
lutionen und ihrer Wirkungsgeschichte ereignet haben, noch zu einer ein-
zigen Geschichte zusammengefügt und einem übergreifenden Zweck der
Geschichte subsumiert werden könnten. 39 Im Gegenteil, normative evolu-

37 Peter Landau “Die Anfänge der Unterscheidung von ius publicum und ius privatum in

der Geschichte des kanonischen Rechts“, in: Gert Melville/Peter von Moos, Hg.: Das Öf-
fentliche und Private in der Vormoderne, Köln: Böhlau 1998, 629–638.
38 Vgl. a. John Witte Law and Protestantism: The Legal Teachings of the Lutheran Re-

formation, Cambridge UK : Cambridge University Press 2002, 1, 6.


39 Jean-Francois Lyotard Der Widerstreit, München: Fink 1987.
458 Hauke Brunkhorst

tionären Errungenschaften beeinflussen zwar den Lauf der Geschichte, be-


stimmen aber nicht die Richtung, die sie im Guten wie im Bösen, als
Fortschritt oder Rückschritt einschlagen mag. Auch die ineinander ver-
schlungenen, jeweils eigensinnigen evolutionären Prozesse der gesellschaft-
lichen Differenzierung einerseits, der Egalisierung, Universalisierung und
Dezentrierung normativer Strukturen andererseits, bilden keine Einheit mehr.
Die Funktionssysteme bleiben der sozialen Lebenswelt fremd. 40 Nichts
kann deshalb garantieren, dass die in den normativen Strukturen der Gesell-
schaft, in Wissens-, Rechts- und Verfassungsformen jeweils verkörperte
kommunikativen Vernunft sich bei ihrer „Kopplung“ mit hoch spezialisier-
ten Funktionssystemen und „anderen Formen des Sozialen“ auch „realisie-
ren“ kann und nicht „zu Ideologie verkommen“ oder zur bloßen „Utopie“
verblassen muss. 41
Die evolutionäre Ausdifferenzierung von Funktionssystemen, deren Ei-
genkomplexität sich nie vollständig beherrschen lässt, stabilisiert nicht nur
den normativen Fortschritt, sondern regelmäßig auch Herrschafts- und Klas-
senverhältnisse, die sich zufälligen Konstellationen natürlicher Randbedin-
gungen, organisierbarer Interessen und funktionaler Imperative ebenso ver-
danken wie dem offenen Ausgang sozialer, ökonomischer, politischer und
kultureller Kämpfe. 42 Seit in der ersten europäischen Revolution hat sich die
instrumentelle Herrschaft durch Recht in die Herrschaft des Rechts verwan-
delt, die ganz und gar im Interesse der unteren und marginalisierten Klassen
und Gruppen der Gesellschaft ist; 43 aber seitdem wächst mit der Herrschaft
des Rechts auch die Macht der Herrschaft. 44 Die abgründige Dialektik von
Evolution und Revolution stabilisiert und steigert nicht nur die jeweils noch
zusammenhaltbare Verschiedenheit der Funktionsbereiche, Kulturen, Popu-
lationen und Individuen, in der Luhmann mit Durkheim den Inbegriff der
Solidarität sieht 45, sondern auch die als Unverhältnismäßigkeit und Unrecht
erfahrbaren, ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Unter-
schiede der Gesellschaft. Das kann freilich immer nur so lange gut gehen, bis
eine kritische Neubeschreibung die Unterschiede als schreiendes Unrecht

40 Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt: Suhrkamp 1981; Vgl.

dazu a. Armin Nassehi Der soziologische Diskurs der Moderne, Frankfurt: Suhrkamp
2006.
41 Eder Evolutionstheorien, Fn. 36, 6.
42 Zum inneren Zusammenhang von Klassenkampf und Sphärenkollision immer noch

paradigmatisch: Marx Das Kapital I, Berlin: Dietz 1969.


43 Gustav Radbruch Rechtsphilosophie, Stuttgart: Kochler, 1950, 289 f.
44 Daran erinnert immer noch und zu Recht die neomarxistische Rechtskritik: Sonja Bu-

ckel Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie


des Rechts, Weilerswist: Velbrück 2007.
45 Luhmann „Arbeitsteilung und Moral. Durkheims Theorie“, in: Emile Durkheim So-

ziale Arbeitsteilung, Frankfurt: Suhrkamp 1988, 25.


Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 459

kenntlich macht, 46 sie den Akteuren selbst als unerträglich erscheinen lässt
und diese zur Fortsetzung des Kampfes ums Recht im Recht und notfalls
auch gegen das Recht veranlassen. Im letzteren Fall entladen sich die evo-
lutionären Errungenschaften der kommunikativen Vernunft als rächende
Gewalt. 47

IV.
Große und erfolgreiche Revolutionen enden gewöhnlich mit einem be-
wusst gewollten und schließlich von den Kampfparteien als Verfassungs-
kompromiss vereinbarten Resultat. In der Päpstlichen Revolution war es die
Konstitutionalisierung und Verrechtlichung des Gottesreichs und seiner beiden
diesseitigen Körper und Schwerter. In der Lutherischen Revolution waren es
die durch einen völkerrechtlichen Vertrag 1555 erzeugten (und 1648 bestä-
tigten) subjektiven Rechte von (besitzenden und freien) Untertanen (auf
Emigration) und Fürsten (auf Reformation und Konversion, auf völker-
rechtliche Vertragsfreiheit, legale Kriegführung usw.) und die Konstitutiona-
lisierung der zwei Reiche, die Entrechtlichung göttlicher Liebesherrschaft und
die fortschreitende Verrechtlichung und Expansion weltlicher Gesetzesherr-
schaft in den gesamten, vormals kanonischen Raum des göttlichen, kirch-
lichen, Familien- und Eherechts usw. Im 18. Jahrhundert waren es (men-
schenrechtlich und in Volkslegitimation fundierte oder doch zumindest
Herrschaft begrenzende) Organisationsverfassungen und explizite oder im-
plizite Kataloge subjektiver Rechte.
Aber damit ist die Revolution noch nicht am Ende angelangt, denn sta-
bilisieren konnten sich die Resultate der Revolutionen immer nur durch
systemische Mechanismen. Die evolutionäre Restabilisierung verwandelt
die mehr oder minder gut begründeten Entscheidungen der revolutionären
Akteure in unzurechenbare Selektionsmechanismen zurück. Spätestens hier
werden alle Revolutionen von der Dialektik der Aufklärung eingeholt. Der
Übergang von planmäßigem Handeln zur Stabilisierungsleistung auto-
poietisch geschlossener Funktionssysteme lässt sich schon am Beispiel der
Päpstlichen Revolution gut beobachten. Ist die neue juristische Argumenta-
tionskultur, ist die Schaffung einer neuen Rechtsordnung, ist auch noch die
akademische Professionalisierung des Rechts und die Gründung von Aka-
demien, Universitäten und Gerichten, selbst wenn sie nur ex post nachvoll-
zogen wird, Ergebnis mehr oder minder planmäßigen Handelns (selbst der

46 Martin Saar „Die Kunst, Abstand zu nehmen“, elektr. Vortragsman. Oldenburg 2008.
47 Brunkhorst „Kommunikative Vernunft und rächende Gewalt“, in: Sozialwissenschaft-
liche Literaturrundschau 8/9 1983, 7–34, Habermas Theorie des kommunikativen Han-
delns Bd. 2, Frankfurt: Suhrkamp 1981, 345, 350.
460 Hauke Brunkhorst

Zufallsfund der Justinianischen Gesetzessammlung in Pisa Mitte des 11. Jahr-


hunderts war Ergebnis einer systematischen Suchaktion) – die durch Aka-
demisierung und Professionalisierung überhaupt erst möglich und wahr-
scheinlich gewordene Schließung der Rechtsordnung zum Funktionssystem,
dessen Eigenkomplexität autonome Selbststeuerung bei Strafe seines Unter-
gangs erzwingt, hat niemand gewollt und vereinbart. Systembildung lässt
sich noch nicht einmal durch einen nachträglichen Gründungsakt in den
Horizont des Handelns zurückstellen. Jeder Versuch der Außensteuerung
steht fortan vor der Alternative, das System (und damit über kurz oder lang
die eigene Herrschaft) zu zerstören 48 oder neues Recht auf Nimmerwieder-
sehn ins System einzuspeisen (mit dem Resultat einer bestenfalls indirekten,
aufwendigen und schwer kontrollierbaren Steuerungswirkung, für die oft
die technischen und wissenschaftlichen Mittel fehlen). 49
Ohne die systemische Restabilisierung hätten sich weder die Herrschaft
des Rechts auch nur ansatzweise befestigen lassen, noch hätte sich die gewal-
tige Energie der kommunikativen Produktivkräfte, die durch die Revolution
und ihre Kernspaltungen freigesetzt wurde, in eine kontrollierte Ketten-
reaktion verwandeln lassen. Aber ohne die autopoietische Schließung des
Rechtssystems hätten sich auch Klassenherrschaft und imperiale Macht nicht
in einem bis dahin ungeahnten Ausmaß steigern und stabilisieren lassen.
Und dennoch ist die damit Institution gewordene Dialektik der Aufklärung
nicht das letzte Wort der Geschichte, denn die Revolution hat ein nicht nur
Herrschaft immunisierendes, sondern auch potentiell emanzipatorisches
Recht geschaffen (s. o. II ), das auch die Beherrschten ihren Zwecken dienst-
bar machen können.
Was von der Päpstlichen Revolution gilt, trifft auch auf die anderen zu.
Wer sich von der Verfassung die Vollendung des deistischen Programms der
Aufklärung und eine Gesellschaft freier Bürgergleichheit versprach, konnte
nicht wissen, dass sie auch eine objektive „Reaktion“ „auf den“ mit der „voll-
ständigen Trennung“ von Recht und Politik „gegebenen Verknüpfungsbe-
darf“ darstellte. 50 Er konnte erst recht nicht wissen, dass es für die Lösung
dieses Funktionsproblems jede Menge funktionaler Äquivalente mit und
ohne Menschenrechte, mit und ohne Demokratie gab. Aber auch wenn diese
Doppelseitigkeit der neueren Verfassungsentwicklung im Zuge der von Marx
bis Luhmann reichenden soziologischen Aufklärung reflexiv eingeholt wurde,
muss man sich nicht, wie Luhmann, abgeklärt zu solcher Aufklärung ver-
halten. 51 Man kann sie ebenso gut, ohne in neue Machbarkeitsillusionen zu

48 Dafür liefert der Nationalsozialismus reiches Anschauungsmaterial. Immer noch un-

übertroffen: Franz Neumann Behemoth, Frankfurt: Fischer 1986.


49 Berman Recht und Revolution, Fn. 14, 129; Luhmann Das Recht der Gesellschaft,

Frankfurt: Suhrkamp 1993, 25, 263, 265.


50 Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Fn. 4, 180.
51 Luhmann Soziologische Aufklärung I, Opladen: Westdeutscher Verlag 1971.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 461

verfallen, zum Anlass nehmen, mit einer radikaldemokratischen Kur das fa-
tale Zusammenspiel von Funktionsimperativen und hegemonialen Interes-
sen aufzubrechen; oder die umweltblinde „Eigenrationalitätsmaximierung“
(Fischer-Lescano) der strukturell gekoppelten Subsysteme Wirtschaft, Recht
und Politik auf Kosten der öffentlichen Angelegenheiten ihrerseits durch
„Kollisionsrecht“ (Joerges, Teubner) einzuschränken; oder man kann mit
Adorno versuchen, „Chaos in die Ordnung“ zu bringen, um die „subver-
sive Kraft“ zu stärken, mit der „das Recht gegen sich selbst protestiert“
(Teubner) – und dann sehen, was die Evolution daraus macht. 52

V.
Die soziale Evolution kommt durch die „tagtägliche“, „massenweise Pro-
duktion“ „abweichender“, „unerwarteter“ und „überraschender“ Kommu-
nikation zustande. 53 Zwar kommunizieren auch Spatzen, aber ihrer Kom-
munikation „fehlt die Negation.“ 54 Selbst Vorformen der Negation, wie sie
etwa bei den reflexiven und variationsreichen Täuschungsmanövern von
Raben beobachtet werden können, bleiben weit unter der kritische Masse
von Zufällen, die für den take-off einfacher Sozialsysteme erforderlich wä-
ren. Das für die soziale Evolution nötige „Entwicklungstempo“ setzt eine
„Massierung“ kommunikativer Zufälle voraus, wie sie nur durch die dop-
pelte Kontingenz sprachlich mediatisierter Erwartungserwartungen erzeugt
werden kann. 55
Durch massenhafte kommunikative Variation kommt es zur Autokata-
lyse der sozialen Evolution, die sich vom Genpool der organischen Evo-
lution abhängt, um sich fortan mit unbekanntem Ziel vom Negationspool
des kommunikativen Sprachgebrauchs forttreiben zu lassen. „The ‚gene‘ has
been replaced by the ‚symbol‘.“ 56 Da wir „nicht nicht kommunizieren“

52 Zu solchen unabgeklärten Handlungs-und Interventionsperpektiven gibt es ganz ver-

schiedene Ansätze, s. nur: Buckel Subjektivierung und Kohäsion Fn. 27; Maus Aufklärung
der Demokratietheorie, Frankfurt: Suhrkamp 1994; Teubner Selbstsubversive Gerechtig-
keit, Fn. 9, 21; Fischer-Lescano in diesem Band; aber auch die Habermassche Kolonialisie-
rungsthese: Habermas Theorie des kommunikativen Handelns Bd. 2, Fn. 47.
53 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt: Suhrkamp 1997, 461f; vgl. a.

Hannes Wimmer Evolution der Politik. Von der Stammesgesellschaft zur modernen Demo-
kratie, Wien: WUV -Universitätsverlag 1996, 29.
54 Wimmer Evolution der Politik, Fn. 53, 115.
55 Luhmann Subjektive Rechte. Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne

Gesellschaft, in: ders., Gesellschaftsstruktur und Semantik, Band 2, Frankfurt: Suhrkamp


1981, 48; vgl. a. Talcott Parsons/ R. F. Bales/ E. Shils Working Papers in the Theory of Action,
New York 1953, 63 ff.
56 Parsons „Evolutionary Universals in Society“, in: American Sociological Review 29

(1964), 341.
462 Hauke Brunkhorst

können (Watzlawick), wird die Evolution nicht von den handelnden Men-
schen, sondern von den unkontrollierbaren, „perlokutionären Effekten“
(Austin) der Kommunikation gemacht. Da auch die Revolution keinen
Schritt tun kann, ohne fortlaufend in hoher Verdichtung Variation zu erzeu-
gen, ist auch die Revolution Evolution. Der Mensch kann das Evolutionsge-
schehen dann nur noch erstaunt beobachten, wissenschaftlich beschreiben
oder feiertags so erzählen (oder „singen“), als wäre es eine von Menschen
gemachte Geschichte.
Die Erzählung erschöpft sich jedoch ebenso wenig wie die mit ihr verbun-
dene Revolution in heroischen Erklärungen, Gesängen und Machbarkeitsil-
lusionen. Kommunikative Variation ist zwar ein evolutionäres Geschehen,
aber zugleich erlebte und änderbare Geschichte. 57 Sie ist doppelt codiert.
Einmal ist sie als Ablehnung oder Annahme eines Sprechaktangebots (ja/
nein) binär codiert, und darauf greift die soziale Evolution bei ihrer Auto-
katalyse zurück; dann aber wird kommunikative Variation auch durch die
höherstufig reflexive Begründbarkeit/ Nicht-Begründbarkeit einer Ja-/ Nein-
Stellungnahme zweitcodiert, und auch die Zweitcodierung fließt als Varia-
tion weder in die Evolution zurück. Im Bestreiten von Geltungsansprüchen
wird aus der zufälligen die autonome Negation begründender Rede. 58 Sie ist
autonom, weil sie Sprecher voraussetzt, die sich „ihres eigenen Verstandes
bedienen“ (Kant) und dadurch in der Evolution eine Distanz zur Evolution
gewinnen können, die sie von der Unmittelbarkeit des Evolutionsgesche-
hens befreit. Diese Möglichkeit beruht ihrerseits auf der evolutionären Dif-
ferenzierung von Modus (Form der Aussage, Empfehlung, des Verbots, Be-
fehls, der Frage usw.) und propositionalem Gehalt (Inhalt der Aussage usw.),
die mit dem kommunikativen Sprachgebrauch und der Praxis des „Gebens
und Nehmens von Gründen“ (Brandom) gleichursprünglich ist. Erst die
Differenz von Modus und propositionalem Gehalt ermöglicht es den Ak-
teuren, die Resultate des Evolutionsgeschehens ihrerseits zum Gegenstand
kognitiv, normativ oder evaluativ begründbarer/nicht-begründbarer Ja-/
Nein-Stellungnahmen zu machen und im Vollzug von Evolution in die Evo-
lution zu intervenieren. 59

57 Zur kontroversen Diskussion: Habermas „Geschichte und Evolution“, in: Zur

Rekonstruktion des Historischen Materialismus, Fn. 35, 200–259; Luhmann „Evolution und
Geschichte“, in: Soziologische Aufklärung 2, Opladen: Westdeutscher Verlag 1975, 150–169.
58 Der Ausdruck „autonome Negation“ findet sich in einem unpublizierten, in den sieb-

ziger Jahren des letzten Jahrhunderts kursierenden, hekt. Manuskript von Dieter Henrich
„Die autonome Negation“ Heidelberg o. J.
59 Dazu von verschiedenen Enden: Ernst Tugendhat Einführung in die sprachanalytische

Philosophie, Frankfurt: Suhrkamp 1979; Robert B. Brandom Making It Explicit. Reasoning,


Representing & Discursive Commitment, Cambridge: Harvard Univ. Press 1994; Haber-
mas Wahrheit und Rechtfertigung, Frankfurt: Suhrkamp 1999; zur systematischen Ver-
knüpfung mit der Evolutionstheorie: Habermas Rekonstruktion des Historischen Materia-
lismus, Fn. 35; Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Fn. 40.
Machbarkeitsillusionen, feierliche Erklärungen und Gesänge 463

Spätestens seit der kommunikativen Wende der Gesellschaftstheorie 60


fällt es nicht mehr schwer, das bewegliche Element der Evolution, die dia-
lektische Negation wieder (wie in der Antike und in der Scholastik) als dia-
logischen Widerspruch zu verstehen: „Variation kommt (…) durch eine
Kommunikationsinhalte ablehnende Kommunikation zustande. (…) Die
Ablehnung widerspricht der Annahmeerwartung oder auch einfach der un-
terstellten Kontinuität des ‚so wie immer‘. Alle Variation tritt mithin als Wi-
derspruch auf – nicht im logischen, aber im ursprünglicheren dialogischen
Sinn.“ 61 Gerade deshalb wird die soziale Evolution jedoch nicht nur durch
die Massierung von Zufällen, sondern auch durchs Fegefeuer der Kritik an-
getrieben. 62 Um überhaupt in Gang zu kommen, muss sie Variation und
Kritik, Mutation und Argumentation aufeinander beziehen und Gründe und
Gegengründe für die Annahme oder Ablehnung von Kommunikationsin-
halten – zunächst latent, später manifest – mitkommunizieren.
Kritik bezieht sich nicht nur auf kognitive, sondern auch auf normative
und evaluative Geltungsansprüche. Es geht deshalb bei der innovativen Va-
riation kommunikativer Negation nicht nur darum, wie die Welt ist, son-
dern auch, wie sie sein soll: „Within the relevant range, cultural innova-
tions, especially definitions of what man’s life ought to be, thus replace
Darwinian variations in genetic constitution.“ 63 Die Revolution entbindet
das normative Sollens-Potential der sozialen Evolution in ihren großen
Struktur- und Richtungsentscheidungen. In der, von „feierlichen Erklärun-
gen“, gelegentlich auch von „Gesängen“ begleiten Derogation der alten und
der Begründung einer neuen Verfassungs- und Rechtsordnung müssen sich
die Akteure und ihre Kinder und Kindeskinder als aktuelle oder virtuelle
Autoren der Geschichte verstehen und verhalten, affirmativ oder kritisch
zu ihr Stellung nehmen können – was sie nur um den Preis massiver So-
zialpathologien, die eine Folge innerer und äußerer Unterdrückung sind,
vermeiden können. 64
60 Dazu: Brunkhorst “Contemporary German Social Theory”, in: Gerald Delanty

(Hrsg.), Handbook of Contemporary European Social Theory, London/New York:


Routledge 2006, 51–68.
61 Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, Fn. 53, 461 f. Trotz dieser plötzlichen

Wende von der Semantik zur Pragmatik der Rede (Widerspruch = Widersprechen) verharrt
Luhmann in der Behandlung von Paradoxien in der reinen, vorkommunikativen Semantik
strikter Antinomien, obwohl sich doch bereits bei dem Semantiker (= Bewusstseinsphilo-
sophen) Hegel aus der Negation der Negation nicht einfach die Affirmation ergibt und auch
nicht einfach ein frei schwebend formalisierbarer dritter Wahrheitswert der bloßen Unent-
schiedenheit.
62 Vgl. a. Durkheim Die Regeln der soziologischen Methode, Darmstadt: Luchterhand

1980, 159.
63 Parsons Evolutionary Universals, Fn. 56, 341.
64 Zu letzteren immer noch instruktiv: Habermas Erkenntnis und Interesse, Frankfurt:

Suhrkamp 1968; Herbert Marcuse Triebstruktur und Gesellschaft, Frankfurt: Suhrkamp


1962.
464 Hauke Brunkhorst

Öffentliche und zivilrechtliche Verfassungen haben deshalb nicht nur die


Funktion der strukturellen Kopplung von Recht und Politik (Luhmann),
von Organisations- und Spontanbereich (Teubner), sondern verkörpern
auch den wie immer reversiblen „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit“
(Hegel). Sie halten die von Teubner postulierte Möglichkeit der subversiven
„Selbst-Transzendierung“ des Rechts zur Gerechtigkeit auch dann noch of-
fen, wenn die systemische Restabilisierung die heroischen Taten der revo-
lutionären Tragödie längst in evolutionäre Selektionsmechanismen zurück-
verwandelt und entzaubert hat. Nicht schon die funktionale Leistung
struktureller Kopplung, sondern erst die emanzipatorische Kraft der Ver-
fassung, in der sich die Vernunft der Revolution verkörpert, 65 vermag den
Hiatus der „berühmt-berüchtigten Doppelformeln“ „ratio et voluntas“ und
„ratio et auctorits“ zu schließen ohne ihn – wie im jeweils herrschenden
Rechtszwang – auf Kosten der Vernunft einfach zu unterdrücken. 66 Die ge-
schichtliche Wirksamkeit der revolutionären Vernunft, die Teubner biblisch
als permanente „Verwandlung des Unrechts in Recht“ versteht, 67 ist aber
nichts anderes als die gründende und begründende Kraft der Verfassung, im
dogmatischen Begründungszwang des Rechts den zwanglosen Zwang des
besseren Arguments „subversiv“ (Teubner) gegen die sprachlose Zwangsge-
walt sozialer Herrschaft zur Geltung zu bringen – bis eine weitere Meuterei
auf der Bounty die evolutionäre Selbststranszendenz des Rechts mit unge-
wissem Ausgang zur revolutionären Selbsttranszendenz der Geschichte
forttreibt.

65 Herbert Marcuse Vernunft und Revolution, Neuwied: Luchterhand 1962.


66 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 21.
67 Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Fn. 9, 28 (im Anschluss an Folkerts).
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht?

Gralf- Peter Calliess

Gunther Teubner, geboren am 30. April 1944 in Herrnhut in der Ober-


lausitz, Abitur am Hohenstaufen-Gymnasium im schwäbischen Göppin-
gen, nimmt in der deutschen Wissenschaftslandschaft eine Sonderstellung
ein: Kein Zivilrechtslehrer hat die Debatten im öffentlichen Recht so beein-
flusst wie er, und kein Rechtssoziologe wurde in der Zunft gleichzeitig so
viel beachtet wie angefeindet. Beides hat mit einem Leitmotiv seiner theore-
tischen Arbeit zu tun, mit einem Steuerungsskeptizismus nämlich, welcher –
so darf spekuliert werden – in einer biografisch erklärlichen Abneigung ge-
gen ‚Fünf-Jahres-Pläne‘ begründet liegen mag. Ich möchte die Anfeindun-
gen und Erfolge von Gunther Teubner zunächst in einem etwas launigen
Rückblick nachzeichnen (I.). Sodann stelle ich den aktuellen Stand der De-
batte um die Steuerungskrise des Rechts dar ( II .), um danach zu fragen, wel-
che Lehren die moderne Zivilrechtswissenschaft daraus ziehen kann ( III .).

I. Zwischen den Stühlen: Gesellschaftssteuerung


durch Gesetzgebungslärm?
Dem Alter nach gehört Gunther Teubner zu den Achtundsechzigern.
Diese Generation wuchs in einer Zeit des stetigen wirtschaftlichen Wachs-
tums, der sprudelnden Staatseinnahmen und eines unhinterfragten Fort-
schrittsglaubens auf. Angesichts eklatanter Modernisierungsdefizite wurde
dem Staat – getragen vom verbreiteten wissenschaftlichen Rationalismus
und politischen Planungsoptimismus – die Rolle zugeschrieben, durch In-
vestitionen in Bildung und soziale Reformpolitik zur Demokratisierung der
Gesellschaft – und damit zu einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und
Sozialismus – aktiv beizutragen. Im weiteren Kontext dieses Zeitgeistes ver-
ortet sich auch Teubner mit seiner Tübinger Habilitationsschrift 1, innovativ
genug um sich unter Tübinger Traditionalisten den Spitznamen „der rote
Teubner“ zu erwerben. Die Lockrufe der nordhessischen Provinz ver-
schmähend folgt er einem Ruf an die Reformuniversität Bremen. Während

1 Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, Rechtsmodelle für politisch rele-

vante Verbände, 1978


466 Gralf-Peter Calliess

einige Kollegen das Zivil- und Wirtschaftsrecht vom Staat her als Wirt-
schaftsverwaltungsrecht denken, setzt Teubner wie schon in seiner Disser-
tation 2 auf gesellschaftliche Selbstregulierung und deren rechtliche Verfas-
sung, denkt also gerade umgekehrt staatliche Regulierung eher vom
Privatrecht her. Dieser Ansatz verfestigt sich in seinen theoretischen Wer-
ken.
Mit der Theorie des reflexiven Rechts 3 und deren systemtheoretischer
Ausarbeitung 4 setzt Teubner sich nun zwischen alle Stühle. Denn seine
steuerungspessimistische Diagnose erinnert sehr an den „neoliberalen“
Hayek. Dass Teubner sich analytisch modernster Methoden wie des radi-
kalen Konstruktivismus bedient, die mit der als strukturkonservativ ver-
rufenen Systemtheorie Niklas Luhmanns in Verbindung gebracht werden,
macht die Sache nicht besser. Teubner zieht es 1980 zunächst nach Berke-
ley und 1981 dann ans Europäische Hochschulinstitut in Florenz, von wo
aus er die Steuerungsphantasien der Staatsgläubigen in zwei Tagungs-
bänden kühl seziert. 5 Sein Erfolgsrezept liegt in einer Mischung aus ge-
zielter Provokation 6 und Argumentation auf höchstem theoretischem
Niveau. 7
Während eine Reihe von Staatsträumern an der dünnen Luft solcher Abs-
traktionsebenen schier zu verzweifeln scheint, finden einige Kritiker, die
sich nach den geplatzten Reformprojekten der siebziger Jahre in die „wert-
freie“ empirische Rechtssoziologie zurückgezogen haben, einen Ausweg im
methodischen Vorwurf, eine empirische Überprüfung der theoretischen
Aussagen der autopoietischen Systemtheorie sei unmöglich. Freilich haben
sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn mit theorieimmanenter
Konsequenz wendet Teubner den Vorwurf ohne Zögern ins Gegenteil:
“Empirical research is by no means closer to the reality of the outside
world than theory. … often the opposite is true. The hard facts about the
external world that empirical research pretends to produce are in reality
highly artificial constructs, excessively selective abstractions, mere inter-

2 Standards und Direktiven in Generalklauseln, 1971


3 Reflexives Recht, ARSP 1982, 13
4 Recht als autopoietisches System, 1989
5 Dilemmas of Law in the Welfare State, 1985; Juridification of Social Spheres, 1987
6 Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm?, in: Grimm/Maihofer (Hrsg.), Ge-

setzgebungstheorie und Rechtspolitik, Opladen 1989, S. 45 ff.; Regulatorisches Recht:


Chronik eines angekündigten Todes, in: Koller et al. (Hrsg.), Theoretische Grundlagen der
Rechtspolitik, Wiesbaden 1992, S. 140 ff.
7 Verrechtlichung – Begriffe, Merkmale, Grenzen, Auswege, in: Kübler (Hrsg.), Ver-

rechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Solidarität, 1985, S. 289 ff.; Die Episteme
des Rechts: Zu den erkenntnistheoretischen Grundlagen des reflexiven Rechts, in: Grimm
(Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990,
S. 115 ff.
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 467

nal artefacts of the scientific discourse that are both as real and as fictional
as are theoretical constructs.” 8
Das Verhältnis der Rechtssoziologie ebenso wie der Frankfurter Schule zu
Teubner kann als ein solches der respektvollen, aber misstrauischen Beob-
achtung beschrieben werden. Das gilt trotz verschiedener Friedensangebote
wie der Verleihung des Preises “Recht und Gesellschaft” der Vereinigung für
Rechtssoziologie und der Berufung von Teubner an die Universität Frank-
furt am Main (beides 1998). Etwas anderes gilt für das öffentliche Recht und
die Verwaltungswissenschaften, welche sich in den achtziger und neunzi-
ger Jahren intensiv mit dem Phänomen der Steuerungskrise des Rechts aus-
einandergesetzt haben. Teubners Beitrag zu dieser Debatte soll im Folgen-
den nachgegangen werden.

II. Die Steuerungskrise des Rechts


Mit dem Übergang von der Industriegesellschaft zur wissensbasierten
Kommunikations- und Dienstleistungsgesellschaft, die auch als Risikoge-
sellschaft wahrgenommen wird, hat sich der Sozialstaat zunehmend zum
Präventionsstaat gewandelt, der in ungekanntem Ausmaß steuernd in die
Gesellschaft eingreift. 9 Einen eingeschränkten Katalog von Staatsaufgaben
gibt es nicht mehr, prinzipiell jeder Sachverhalt ist der gesellschaftlichen
(Re-) Konstruktion als Risiko zugänglich, und damit politisierbar. Dem um-
fassenden Bedürfnis nach Sicherheit kann der Staat weder repressiv noch
restitutiv, sondern nur präventiv begegnen. Sicherheit soll der Staat zum
einen nicht mehr in Form von Rechtssicherheit durch nachträgliche Scha-
densregulierung (Strafe/Schadensersatz) bewirken, sondern in Form von
Rechtsgütersicherheit, indem er jegliche Rechtsgutgefährdung schon im An-
satz aufspürt und vorbeugend verhindert. Repression und Restitution ver-
sagen als Mittel staatlicher Politik zum anderen dort, wo entweder Täter und
Kausalitäten nicht feststellbar sind oder aber die Schäden ein Ausmaß errei-
chen, das vom Täter finanziell nicht ersetzbar oder gesellschaftlich nicht hin-
nehmbar ist. Wo die Institution des Schadensersatzes versagt, muss der
Staat schon den Eintritt eines Schadens präventiv verhindern.
Die mit dem so konstituierten Präventionsstaat verbundene Eingriffs-
intensität ist erst ersichtlich, wenn man sich den Gegenstandsbereich prä-
ventiver Staatstätigkeit vor Augen führt. Einerseits werden die natürlichen

8 Paterson/Teubner Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis, in: Reza Banakar and

Max Travers (eds.), Theory and Method in Socio-legal Research, Oxford 2005, S. 215 ff.
9 Denninger Der Präventions-Staat, KJ 1988, 1 ff.; ders. Vom Rechtsstaat zum Präven-

tionsstaat?, in: Adolf-Arndt-Kreis (Hrsg.), Sicherheit durch Recht in Zeiten der Globalisie-
rung, 2003, S. 9 ff.; Huster/Rudolph (Hrsg.), Vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat?, 2008.
468 Gralf-Peter Calliess

Lebensgrundlagen potentiell von jedermann zu jeder Zeit gefährdet, Um-


weltverschmutzung ist die – häufig nichtintendierte – Nebenfolge nicht nur
erlaubten, sondern prinzipiell erwünschten Verhaltens. Objekt präventiver
Staatstätigkeit ist damit potentiell jedes mögliche Verhalten, und jedermann
ist potentiell verdächtig. Andererseits ist im Bereich des Schutzes von Hoch-
technologie oder der Funktionsfähigkeit bestimmter Infrastruktur sowie bei
der Bekämpfung des Terrorismus zwar der Kreis potentiell schädlicher
Handlungen eingrenzbar, aber die Schadenshöhe erreicht ein inakzeptables
Ausmaß, so dass die staatliche Prävention so weit ins Vorfeld potentiell
schädigender Handlungen verlegt wird, dass ebenfalls ganze Personengrup-
pen und ganze Handlungsbereiche ins Blickfeld der Prävention geraten.10
Im Gegensatz zur traditionell repressiven und restitutiven Staatstätigkeit,
die auf vergangene Ereignisse, auf konkrete Angriffe gegen die Rechtsord-
nung und auf einzelne Personen (Störer) gerichtet war, ist Prävention zu-
kunftsgerichtet, flächendeckend und gruppenrelevant.11
Der Präventionsstaat setzt eine hohe Steuerungskapazität von Politik und
Recht voraus, da er sich an der Einlösung seiner Sicherheitsversprechen le-
gitimiert und somit vom Erfolg der politischen Steuerung der Gesellschaft
abhängig ist. Als Rechtsstaat darf er sich der Steuerungsmedien Macht und
Geld allerdings nur in den Formen des Rechts bedienen (Vorbehalt des Ge-
setzes). Mit der Ausdehnung der Staatstätigkeit geht daher ein Prozess der
zunehmenden Verrechtlichung einher, womit neben einer Ausdehnung des
Rechts auf bisher nicht rechtlich geregelte Bereiche auch die Zunahme von
Regelungsdichte und Regelungstiefe und neben einer Vergesetzlichung auch
Bürokratisierung und Justizialisierung gemeint sind. Weil aber staatliche
Steuerung im Gewand des Rechts auftritt, ist insbesondere im Zuge des
Planungsoptimismus der 60er und 70er Jahre 12 Recht selbst als Steuerungs-
instrument verstanden worden. Vor der Hintergrundannahme, Recht sei
Struktur der Gesellschaft,13 bot sich Gesetzgebung als unhinterfragt wirksa-
mes Mittel der Gesellschaftsreform an. Dieses freilich etwas naiv anmutende
Bild der monokausalen Veränderung von Gesellschaftsstrukturen durch
Recht zerbrach allerdings schon bald an der Komplexität der gesellschaft-
lichen Realität. Der etwas ratlosen Diagnose von der „Unregierbarkeit“ 14

10 Gusy Präventionsstaat zwischen Rechtsgüterschutz und Abbau von Freiheitsrechten

in Deutschland, in: Graulich/Simon (Hrsg.), Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, 2007,


S. 273 ff.
11 Grimm Verfassungsrechtliche Anmerkungen zum Thema Prävention, KritV 1986, 38,

39.
12 Schelsky Planung der Zukunft. Die rationale Utopie und die Ideologie der Rationalität,

in: ders., Die Soziologen und das Recht, Opladen 1980, S. 288 ff.
13 So der „frühe“ Luhmann Rechtssoziologie (1973), Kap. III .
14 Offe „Unregierbarkeit“ – zur Renaissance konservativer Krisentheorien, in: Haber-

mas (Hrsg.), Stichworte zur geistigen Situation der Zeit, 1979, S. 294 ff.
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 469

folgte eine umfangreiche Debatte um die Grenzen rechtlicher Steuerung,


deren Ergebnis in der Formel „Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steue-
rungsfähigkeit des Rechts“ 15 eingefangen werden kann. Die Phänomene die-
ser Steuerungskrise des Rechts können an den Begriffen des Vollzugsdefizits (a),
der symbolischen Gesetzgebung (b) sowie der nichtintendierten (negativen)
Folgen staatlicher Regulierung (c) erläutert werden. Da Gesetzesfolgenab-
schätzung nur begrenzt wirkt (d) ergibt sich insgesamt ein regulatorisches
Trilemma (e).

a) Vollzugsdefizite
„ … heutige Analysen … folgen oft dem Vorurteil, dass Gesetze ‚durch-
geführt‘ werden müßten.“ 16
Nach einer Phase der intensiven Reformgesetzgebung richtete sich Ende der
siebziger Jahre das Augenmerk auf die faktische Durchsetzung der Reform-
programme in der Gesellschaft. Ernüchternde Bilanz der „Implementations-
forschung“ 17 war, dass das „law in the books“ nur wenig mit dem „law in
action“ zu tun hatte. Die festgestellten Vollzugsdefizite wurden dabei im We-
sentlichen auf zwei Ursachen zurückgeführt. Zum einen wurde beobachtet,
dass die gesetzgeberischen Programme bei ihrem Vollzug sowohl in der Ver-
waltung als auch in der Rechtsprechung auf erhebliche Widerstände stoßen.
Aufgrund der Eigenlogik der Arbeitsweise dieser Institutionen werden die
Intentionen des Gesetzgebers im Vollzugsprozess erheblich verfremdet bis
hin zum teilweisen Nichtvollzug von Normen. Im Hinblick auf die Eigen-
dynamik des administrativen Gesetzesvollzugs sei hier nur ein Beispiel he-
rausgegriffen: Angesichts der Normenflut im Steuerrecht sowie steigender
Fallzahlen pro Bearbeiter wird im Bereich der Finanzverwaltung – abgeseg-
net durch die Finanzminister – die statistisch messbare Fallerledigung über
die Sachverhaltsaufklärung im Einzelfall gestellt, und es kommt zu vielfälti-
gen Formen individueller Rechtsvereinfachung durch die Steuerbeamten.
Diese verstehen die steuerrechtlichen Vorschriften nurmehr als nicht ver-
bindliche Grundsatzanweisungen, weshalb nicht mehr von Gesetzesvollzug
im klassischen Sinne gesprochen werden kann.18 Vollzugsdefizite entstehen
zwangsläufig, wo die Verwaltung angesichts knapper finanzieller und per-
soneller Ressourcen eine an Kosten und Nutzen orientierte, selektive Ein-

15 So der Titel von Grimm (Hrsg.), 1990.


16 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 431.
17 Mayntz (Hrsg.), Implementation politischer Programme. Empirische Forschungsbe-

richte, 1980; dies. (Hrsg.), Implementation politischer Programme II . Ansätze zur Theo-
riebildung, 1983.
18 Weingarten Kooperatives Recht in der Finanzverwaltung, in: Dose/Voigt (Hrsg.), Ko-

operatives Recht, 1995, S. 149 ff.; Oellerich Defizitärer Vollzug des Umsatzsteuerrechts,
2008.
470 Gralf-Peter Calliess

stellung gegenüber Normen einnimmt. Die dem Bild eines monokausalen


Gesetzesvollzugs entgegenstehende Eigenlogik der Verwaltung liegt darü-
ber hinaus auch in politischen Einflüssen auf Verwaltungsentscheidungen
begründet.
Ferner stehen den gesetzgeberischen Intentionen gegenläufige Interessen
der Rechtsadressaten entgegen, weshalb der Gesetzesvollzug auch auf Wi-
derstand aus den regulierten Gesellschaftsbereichen trifft. Besonders deut-
lich wird dies im Bereich staatlicher Interventionen in die Wirtschaft, wenn
die Logik der rechtlichen Regulierung (Gebote/Verbote) auf die Eigenlogik
wirtschaftlicher Prozesse (Gewinn/Verlust) trifft. Normen werden in der
Wirtschaft zum Beispiel als Preise gelesen, weshalb die Nichtbefolgung von
Normen die Regel ist, wo der Normbruch als effizient erscheint.19 Darüber
hinaus wird der Gesetzesvollzug durch die Verwaltung dort behindert, wo
der Gesetzgeber durch Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe das Ein-
dringen gegenläufiger Interessen in den Vollzugsprozess ermöglicht. Bei der
Konkretisierung von Generalklauseln, unbestimmten Begriffen und Ver-
hältnismäßigkeitsformeln ist die Verwaltung auf Kooperation mit den
Rechtsadressaten angewiesen. 20 Das Gesetz ist damit zwar nicht wirkungs-
los, aber es kann ebenfalls nicht (mehr) vom klassischen Gesetzesvollzug
gesprochen werden.

b) Symbolische Gesetzgebung
An diesen Befund der weitgehenden Wirkungslosigkeit vieler moderner
Gesetze schließt die These von der symbolischen Gesetzgebung an. 21 Eine
solche ist dann gegeben, wenn die Ineffektivität eines Normbefehls von
vornherein erkennbar ist und die spezifischen Motive der am Gesetzge-
bungsverfahren Beteiligten gar nicht auf die Verwirklichung der Norm ge-
richtet sind. 22 Nach den Motiven können dabei vier Gruppen unterschieden
werden: Gesetzgeberische Wertbekenntnisse sollen ethische Grundwerte
zum Ausdruck bringen, ohne dass auf technische Fragen, wie etwa die Er-
forderlichkeit oder Durchsetzbarkeit eines Verbotes Rücksicht genommen
wird (z. B. Abtreibungsverbot); Gesetze mit moralischem Apellcharakter
wollen hingegen auf die Einstellungen der Bürger einwirken, ohne über-
haupt den Anspruch auf Wirksamkeit zu erheben (z. B. Einfügung der Um-

19 Zu weiteren ökonomischen „Lesarten“ von politischer Regulierung Teubner Steue-

rung durch plurales Recht. in: Zapf (Hrsg.), Die Modernisierung der modernen Gesell-
schaft, 1991, S. 528 ff.
20 Dose/Voigt Kooperatives Recht: Norm und Praxis, in: dies. (Hrsg.), Kooperatives

Recht, 1995, S. 11 ff.


21 Kindermann Symbolische Gesetzgebung, Jb. Rechtssoz. und -theorie XIII , 1988,

S. 222 ff.
22 Noll Symbolische Gesetzgebung, ZfSchweizR 1981, 347, 355
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 471

weltdelikte in das StGB ); Alibigesetze sollen etwa in Krisensituationen kon-


trafaktisch Lagebeherrschung demonstrieren, um so die Bevölkerung zu
beruhigen (z. B. Anti-Terror-Gesetze); Kompromissgesetze schließlich wol-
len es allen recht machen, indem etwa auf Veranlassung einer bestimmten
Gruppe eine Verbotsnorm aufgestellt wird, als Zugeständnis an die Verbots-
gegner aber erforderliche Vorkehrungen für die Normdurchsetzung unter-
lassen werden. 23 Im ersten Fall spielt die Durchsetzbarkeit der Norm keine
Rolle, im zweiten und dritten Fall wird die faktische Unwirksamkeit der
Normen bewusst in Kauf genommen, im vierten Fall ist sie sogar beabsich-
tigt. Aus der Sicht des politischen Systems ist diese symbolische Gesetzge-
bung solange vorteilhaft, wie etwa zwecks Zugewinn an Wählerschaft poli-
tische Handlungsfähigkeit ohne Vollzugskosten – sei es in Form von
Verwaltungskosten, sei es in Form von negativen wirtschaftlichen Effekten
etwa von Umweltschutzpolitik – demonstriert werden kann. 24 Über kurz
oder lang führen die Allzuständigkeitsrhetorik und die ständigen Sicher-
heitsversprechen der Politik jedoch in eine Legitimationskrise. Denn die bloß
symbolisch bearbeiteten Probleme holen die Politik früher oder später wie-
der ein. Der dadurch ausgelöste Prozess der Selbstwiderlegung der Politik 25
legt den bloß symbolischen Charakter der Gesetze offen und beraubt diese
ihrer beruhigenden Wirkung. 26

c) Negative Folgen und Nebenwirkungen


Mit der wenn schon nicht faktischen, so doch immerhin symbolischen
Wirksamkeit von Gesetzen kann man sich schon deshalb nicht zufrieden
geben, weil auch mit symbolischen Gesetzen negative Folgen und Nebenwir-
kungen verbunden sein können. Denn symbolische Gesetze sind geltendes
Recht. Da ihre symbolische Wirkung gerade darauf beruht, dass sie äußer-
lich nicht als solche erkennbar sind 27, gilt für sie, was für alle Gesetze gilt:
Im Prozess des Gesetzesvollzugs werden sie der Eigenlogik von Verwal-
tung, Rechtsprechung oder reguliertem gesellschaftlichen Teilbereich unter-
worfen, interpretiert und missverstanden als Preise gelesen oder ignoriert

23 Voß Symbolische Gesetzgebung, 1989, S. 25 ff. mwN.


24 Kindermann Alibigesetzgebung als symbolische Gesetzgebung, in: Voigt (Hrsg.),
Symbole der Politik, Politik der Symbole, 1989, S. 257 ff., 269.
25 Beck Gegengifte. Die organisierte Unverantwortlichkeit, 1988, Kap. IV.
26 Positiver wird symbolische Gesetzgebung bewertet von Newig Symbolische Umwelt-

gesetzgebung, 2003; kritisch dagegen Funcke-Auffermann Symbolische Gesetzgebung im


Lichte der positiven Generalprävention, 2007.
27 Denn sonst würden symbolische Gesetze sich der Lächerlichkeit preisgeben. Die Fik-

tion der Wirksamkeit wird deshalb durch gesetzgeberischen „double-talk“ aufrechterhal-


ten: Blankenburg Rechtssoziologie und Rechtswirksamkeitsforschung – Warum es so
schwierig ist, die Wirksamkeit von Gesetzen zu erforschen, in: Plett/Ziegert (Hrsg.), Em-
pirische Rechtsforschung zwischen Wissenschaft und Politik, 1984, S. 45 ff.
472 Gralf-Peter Calliess

usf. 28 In dem Maße, in welchem Rechtsanwender und Rechtsadressaten sich


die Norm aneignen, wird diese ihres vom Gesetzgeber beabsichtigten Sin-
nes beraubt und verfremdet. Die Norm entwickelt ein vom Gesetzgeber
nicht vorherzusehendes Eigenleben. Schließlich kann die Norm etwas be-
wirken, das den Zielen des Gesetzgebers konträr zuwiderläuft. Im Bereich
der symbolischen Gesetzgebung könnte etwa ein Kompromissgesetz entge-
gen aller gesetzgeberischen Intention von Verwaltung und Rechtsprechung
durchgesetzt werden. Damit wären unter Umständen wirtschaftliche oder
soziale Folgen verbunden, die der Gesetzgeber gerade vermeiden wollte.
Aber auch prinzipiell auf Wirksamkeit angelegte Gesetze haben häufig
nichtintendierte Nebenfolgen, die sich negativ auf die gesetzgeberischen
Ziele auswirken. Die pathologischen Nebeneffekte der Sozial- und Fami-
lienpolitik wurden insbesondere von Jürgen Habermas unter dem Stichwort
der Kolonialisierung der Lebenswelt thematisiert.29 Diese Kritik bezieht sich
auf die dilemmatische Struktur der Verrechtlichung vormals informell geregel-
ter Sphären der Lebenswelt. 30 Potentiell benachteiligte Rolleninhaber wie
Ehefrau, Kind, Schüler, Arbeitnehmer, Mieter usf. werden mit im Zweifels-
falle gerichtlich durchsetzbaren Rechtspositionen ausgestattet, die dem Ziel
der faktischen Gleichstellung dienen sollen. Die Rechtssubjekte erkaufen
ihre Befreiung aus naturwüchsigen sozialen Abhängigkeiten (etwa der patri-
archalischen Gewalt in der Familie, oder dem besonderen Gewaltverhältnis
der Schule) dabei allerdings mit der Kompetenz lebensweltfremder Instan-
zen (Arbeits-, Jugend-, Sozial- und Wohnungsämter oder Gerichte) zu in-
haltlichen Entscheidungen. 31 Die subjektiven Ansprüche auf Intervention
von Seiten Dritter bewirken dabei tendenziell eine Umstellung von an Ver-
ständigung orientiertem kommunikativem Handeln auf strategische Optio-
nen. Das über die Verrechtlichung vermittelte Eindringen der systemischen
Medien Geld und Macht ist für die verständigungsbasierte Reproduktion
der Lebenswelt daher dysfunktional bis hin zur Zerstörung traditioneller
Muster der Sozialintegration. 32
Solche nicht intendierten Effekte rechtlicher Regulierungen beschränken
sich allerdings nicht auf die Reproduktion der Lebenswelt, sondern treten
auch in den systemisch organisierten Gesellschaftsbereichen Wirtschaft,

28 Teubner Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm? (oben Fn. 6), S. 45 ff.


29 Habermas Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2, 1981, S. 542 ff.
30 Voigt (Hrsg.), Verrechtlichung. Analysen zu Funktion und Wirkung von Parlamenta-

risierung, Bürokratisierung und Justizialisierung sozialer, politischer und ökonomischer


Prozesse, 1980; Kübler (Hrsg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozialer Soli-
darität, 1985
31 Simitis Zur Verrechtlichung der Arbeitsbeziehungen, in: Kübler (Hrsg.), Verrecht-

lichung, S. 73 ff.; Zacher Verrechtlichung im Bereich des Sozialen, in: Kübler (Hrsg.), Ver-
rechtlichung, S. 14 ff.
32 Am deutlichsten wird dies anhand der Auflösung der Familie als Solidarverband: vgl.

Beck Risikogesellschaft, 1986, S. 161 ff.


Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 473

Wissenschaft, Gesundheit etc. auf. 33 So produziert etwa das System der Ar-
beitslosenversicherung Arbeitslosigkeit, weil die Kosten der Versicherung
als Lohnnebenkosten das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen wirtschaft-
lich sinnvoll machen. 34 Die Ausgestaltung des Umweltrechts durch Ge- und
Verbote führt dazu, dass Umweltschutz in der Wirtschaft lediglich als Kos-
tenfaktor, nicht aber als möglicher Gewinn erscheint, weshalb das Umwelt-
recht vornehmlich Ausweich- und Umgehungsstrategien auslöst. Die Liste
ließe sich um eine Vielzahl rechtlicher Regelungen erweitern. 35
Jenseits solcher heute weitgehend zum Allgemeinplatz gewordener Ein-
sichten müsste beispielsweise eine radikal konstruktivistische Kritik der
Antidiskriminierungspolitik ansetzen. 36 Für die Rechtsfolgenseite des in
§§ 19 ff. AGG 37 kodifizierten zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots ist
dies gut dokumentiert. Institute wie Beweislastumkehr, vermutetes Ver-
schulden und immaterieller Schadensersatz eröffnen den vermeintlich Be-
nachteiligten und ihren Verbänden die oben angesprochenen strategischen
Optionen. Auf der Tatbestandsseite wird das Dilemma der Antidiskriminie-
rungspolitik bereits in unfreiwilliger Komik offenbar, wenn es im sechsten
Erwägungsgrund zur europäischen Antirassismusrichtlinie heißt: „Die Eu-
ropäische Union weist Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz ver-
schiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurück. Die Verwendung des
Begriffs ‚Rasse‘ in dieser Richtlinie impliziert nicht die Akzeptanz solcher
Theorien.“ 38 Darüber hinaus führt die überraschende Vielfalt der Diskri-
minierungstatbestände im AGG (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht,
Religion, Behinderung, Alter, sexuelle Identität) auf Seiten der potentiel-
len Anspruchsgegner zu ganz neuartigen selektiven Wahrnehmungspro-
zessen. Betrachtet man die „Compliance“-Programme, mittels derer ge-
rade die „Gutunternehmer“ unter den Normadressaten ihre Umwelt nun-
mehr abtasten, 39 so drängt sich der Schluss auf: So viel Diskriminierung war
noch nie!

33 Teubner Verrechtlichung (oben Fn. 7), S. 322.


34 Zur aktuellen Debatte um die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung Boss
Stärkere Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung!, in: 87:12 Wirtschaftsdienst
(2007) S. 800 ff.
35 Vgl. die Beiträge in: Teubner (Hrsg.), Juridification of Social Spheres, 1987.
36 Ansätze dazu schon bei Habermas Faktizität und Geltung, 1992, S. 555 ff.
37 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 ( BGBl . I S. 1897), zuletzt

geändert durch Artikel 19 Abs. 10 des Gesetzes vom 12. Dezember 2007 ( BGBl . I S. 2840)
38 Richtlinie 2000/43/ EG vom 29. Juni 2000, ABl . EG L 180/22 vom 19. 7. 2000.
39 Langen Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ( AGG ) auf das

Personalmanagement, Diskussionspapier Nr. 572 der Fakultät für Wirtschaftswissenschaf-


ten, Universität Bielefeld, Januar 2008.
474 Gralf-Peter Calliess

d) Gesetzesfolgenabschätzung: Kosten/Nutzen-Analysen
Ausgehend von dieser Problemlage hat sich innerhalb der Gesetzge-
bungslehre eine Forschungsrichtung der Gesetzesfolgenabschätzung mit
dem Ziel etabliert, Effektivität und Effizienz der Gesetzgebung durch wis-
senschaftliche Beratung zu steigern. 40 Unter Anknüpfung an die Methoden
der ökonomischen Analyse des Rechts werden dabei zunächst Nutzen und
sodann Kosten von Gesetzen untersucht. 41 Der Nutzen kann angesichts der
beschriebenen Vollzugsdefizite relativ gering ausfallen. Als Kosten können
zunächst Kosten der Steuererhebung, Kosten der Gesetzgebung, Kosten des
Vollzugs in Bund, Ländern und Gemeinden, Vollzugskosten in der Wirt-
schaft, sodann negative Nebenfolgen wirtschaftlicher, sozialer und ökologi-
scher Art gemessen werden. Alle Kosten addiert können dem Nutzen ge-
genübergestellt zu einem negativen Saldo führen. Dann spricht man von
kontraproduktiven Gesetzen.
Soweit sich Gesetzesfolgenabschätzung auf die in Geld messbaren Kosten
beschränkt, ist in aufwendigen Untersuchungen zu einzelnen Gesetzen fest-
gestellt worden, dass allein die Vollzugskosten, d. h. die personellen und sach-
lichen Aufwendungen auf Seiten der staatlichen Verwaltung, den ebenfalls in
Geld messbaren Nutzen eines Gesetzes überwiegen können. So hat eine Kos-
ten/Nutzen-Analyse der Steuergesetzgebung ergeben, dass die Erhebung
einzelner Steuerarten mehr kostet, als Einnahmen erzielt werden. 42 Kompli-
zierter werden solche Untersuchungen, wenn etwa auch überwälzten Kosten
eines Gesetzes, d. h. die Vollzugskosten auf Seiten der Regelungsadressaten
(red tape) berücksichtigt werden.43 Darüber hinaus können auch nicht direkt
in Geld messbare Folgen einer gesetzlichen Regelung als soziale Kosten Be-
rücksichtigung finden, und schließlich kann das Augenmerk auf nichtinten-
dierte Folgen und Nebenwirkungen von Gesetzen gerichtet werden. 44
Gesetzesfolgenabschätzung wird zunehmend als integraler Bestandteil
von Gesetzgebungsverfahren institutionalisiert. 45 So hat die große Koalition
jüngst ein Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates
verabschiedet, 46 dessen unabhängige Tätigkeit auf einem international aner-

40 Böhret Wenn wir nur wüßten, wie Gesetze wirken …, in: FS Helmrich, 1994, S. 487 ff.
41 Deckert Zur Methodik der Folgenantizipation in der Gesetzgebung, ZG 1995, 240 ff.
mwN.
42 Bauer Was kostet die Steuererhebung? Eine kritische Analyse des Steuersystems, 1988.
43 Tiebel Überwälzte Kosten der Gesetze. Eine empirische Analyse der Folgekosten für

den Markt, 1986; Keyworth Measuring and Managing the Costs of Red Tape: A Review of
Recent Policy Developments, 22 Oxford Review of Economic Policy 260 (2006)
44 Siehe zur Erweiterung des Analyserahmens durch Modifikation des Kostenbegriffs

Deckert ZG 1995, 240 ff.;


45 Überblick bei Fleischer Gesetzesfolgenabschätzung im Aktien- und Kapitalmarkt-

recht, in: Kley et al. (Hrsg.), Aktie und Kapitalmarkt, FS von Rosen, 2008, S. 595, 596 ff.
46 Gesetz vom 14. August 2006, BGBl . I S. 1866
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 475

kannten Standardkosten-Modell beruhen soll. 47 Bedenken ergeben sich da-


bei nicht nur wegen des möglichen politisch motivierten Missbrauchs von
Normprüfungen. 48 Es stellt sich auch die Frage, ob damit nicht mehr Pro-
bleme geschaffen als gelöst werden. Denn angesichts der Komplexität der
zu berücksichtigenden Kosten, Folgen und Nebenwirkungen sind sowohl
Politik als auch Wissenschaft mit der Durchführung von brauchbaren Ge-
setzesfolgenanalysen hoffnungslos überfordert: Intangible Kosten, die nicht
auf dem Markt bewertet werden können, bleiben regelmäßig außer Be-
tracht, es besteht eine systematische Wahrnehmungsverzerrung zugunsten
von Regulierung (‚Planner’s Paradox‘), Interessengruppen versuchen die
Wahrnehmung zu beeinflussen und die Logik der Politik zwingt zu zeit-
lichen Restriktionen, die mit der Logik der Wissenschaft nicht in Einklang
zu bringen sind. 49 Wie der aktuelle Streit um die Kosten des Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes zeigt, stehen sich bei der Kostenermittlung un-
weigerlich Experten und Gegenexperten gegenüber, die sich wechselseitig
methodische Vorwürfe machen. 50 Das Problem der Überforderung des
Rechts als Steuerungsmedium lässt sich letztlich nicht durch eine Verwis-
senschaftlichung der Politik lösen. 51

e) Das regulatorische Trilemma


Die soeben vorgestellten Diskussionsstränge wurden von Gunther Teub-
ner in einer systemtheoretischen Interpretation als regulatorisches Trilemma
zusammengeführt. 52 Teubner verortet Steuerung als Prozess zwischen den

47 Darstellung unter http://www.normenkontrollrat.bund.de/


48 Dazu schon Fliedner Vorprüfung von Gesetzentwürfen, ZG 1991, 40 ff.; Moltke Ge-
setzgebung der Europäischen Gemeinschaften. Das System der Folgenabschätzung, ZG
1993, 212 ff.
49 Fleischer weist Kosten-Nutzen-Analysen daher den Status „impressionistischer Ge-

mälde“ zu (oben Fn. 45, S. 609)


50 Während eine Studie im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Markt-

wirtschaft im Sommer 2007 aufgrund einer Erhebung unter Unternehmen Kosten von 1,73
Milliarden Euro „errechnete“, kommt eine Untersuchung im Auftrag der Antidiskriminie-
rungsstelle des Bundes vom August 2008 zu dem Ergebnis, dass durch das AGG im ersten
Jahr lediglich direkte Kosten in Höhe von 26 Millionen Euro „nachweisbar“ seien, weitere
Folgekosten seien ebenfalls gering und beruhten auf Schätzungen: vgl. SZ vom 14. August
2008: http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/257/306219/text/; siehe auch Hoffjan/Ken-
trup Folgekosten für Private Krankenversicherungen aus dem zivilrechtlichen Teil des
AGG , ZVersWiss 2008, 111 ff.
51 Gleiches gilt auch für eine Verwissenschaftlichung des Rechts im Kontext folgenori-

entierter Rechtsprechung: vgl. Teubner Folgenorientierung, in: ders. (Hrsg.), Entschei-


dungsfolgen als Rechtsgründe, 1995, S. 9 ff.
52 Teubner Das regulatorische Trilemma: Zur Diskussion um post-instrumentale Rechts-

modelle, in: Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giuridico Moderno 13, 1984,
S. 109 ff.; ders. Verrechtlichung, S. 313 ff.
476 Gralf-Peter Calliess

Systemen Politik, Recht und dem reguliertem gesellschaftlichen Teilbereich


(z. B. Wirtschaft). Recht ist in diesem Modell nicht mehr unhinterfragt Struk-
tur der Gesellschaft. Vielmehr werden Rechtsnormen zunächst als Struktur
des Rechtssystems verstanden, der die Strukturen (Werte, Normen, Regeln,
Programme, Handlungsanleitungen) anderer Systeme gegenüberstehen.
Steuerung wird dann als Versuch der Kompatibilisierung der Strukturen von
Politik, Recht und reguliertem System problematisiert. Solche strukturellen
Kopplungen können nach Teubner nur gelingen, wenn die Eigenlogiken der
beteiligten Systeme einer Strukturverschleifung nicht entgegenstehen. 53 Die
von den Theorien der Natur der Sache her bekannte Forderung nach Res-
pektierung der sachlogischen Strukturen eines Gegenstandsbereichs werden
so gleichsam ins Systemische übersetzt: Die Grenzen von Regulierung sind
durch die dreifachen Grenzen der Selbstreproduktion der beteiligten Sys-
teme definiert. 54 Das regulatorische Trilemma kann dann als Folge der Nicht-
beachtung der Bedingungen der strukturellen Kopplung von Politik, Recht
und reguliertem System formuliert werden. Grenzenloser Staatsinterventio-
nismus führt demnach in das Trilemma einer Desintegration aller beteiligten
Systeme.
Desintegration der Politik: Eine inkongruente Regulierung führt zu wech-
selseitiger Indifferenz von Recht, Politik und gesteuertem System. Da das
Steuerungsprogramm den Relevanzkriterien von Recht und reguliertem
System nicht entspricht, ist es schlicht irrelevant. Die entstehenden Voll-
zugsdefizite führen zum Phänomen der symbolischen Politik. Die mit der
ausbleibenden Einlösung der Sicherheitsversprechen des Präventionsstaates
verbundene Selbstwiderlegung der Politik treibt diese in eine Glaubwürdig-
keitskrise und führt zu Politikverdrossenheit.
Desintegration des Rechts: Die von einem aktiven Staat an das Recht he-
rangetragenen Steuerungsansprüche führen zur Materialisierung des Rechts.
Die mit der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen und General-
klauseln verbundene Öffnung des Rechts gegenüber seiner gesellschaftlichen
Umwelt führt zu einer Übersozialisierung des Rechts. Das Recht wird von
der Politik und den regulierten Teilbereichen erobert, politisiert, ökonomi-
siert, moralisiert, technisiert etc., wodurch die spezifisch formalen Qualitä-
ten des Rechts (Rechtstaatlichkeit) deformiert werden.
Desintegration des regulierten Systems: Werden politische Steuerungsan-
sprüche mit aller Macht von Recht und Politik durchgesetzt, so führt dies zu
desintegrierenden Effekten im regulierten Feld, die als Kolonialisierung der
Lebenswelt durch den Wohlfahrtsstaat einerseits, als Deformation wirt-
schaftlicher Prozesse durch nichtintendierte Nebenfolgen der Verrechtli-
chung andererseits beschrieben werden können. Die negativen Effekte einer

53 Teubner Gesellschaftsordnung durch Gesetzgebungslärm, S. 45 ff.


54 Teubner Das regulatorische Trilemma, S. 128
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 477

Überlegalisierung der Gesellschaft stellen so die positiven Wirkungen poli-


tischer Steuerung in Frage.
Im politischen Steuerungsalltag stehen sich diese drei möglichen Folgen
von hochgetriebenen Interventionsansprüchen nicht als Alternativen gegen-
über, sondern liegen als Gemengelage in mehr oder weniger ausgeprägter
Form gleichzeitig vor. Ihre trilemmatische Struktur findet Steuerung gerade
darin, dass keine monokausalen Lösungskonzepte (z. B. Gesetzesfolgen-
abschätzung) ersichtlich sind, vielmehr in dem unübersichtlichen Bezie-
hungsgeflecht zwischen Politik, Recht und reguliertem System jede Aktion
angesichts unvorhersehbarer Reaktionen immer tiefer in das Trilemma hi-
neinführt.

III. Prävention und Verhaltenssteuerung im Zivilrecht


Die Steuerungskrise des Rechts und potentielle Auswege daraus, welche
unter Stichwörtern wie ‚Reflexives Recht‘, ‚Prozedurales Recht‘, ‚regulierte
Selbstregulierung‘, ‚Ko-Regulierung‘ oder auch ‚Governance‘ diskutiert wer-
den, 55 sind vom öffentlichen Recht und den Verwaltungswissenschaften
gründlich rezipiert worden. An der Zivilrechtswissenschaft sind diese Debat-
ten hingegen nahezu spurlos vorübergegangen, was darin begründet liegt,
dass man die Unterscheidung zwischen öffentlich und privat traditionell mit
der Unterscheidung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht gleichge-
setzt hat. Das ‚reine Privatrecht‘ ist demnach frei von öffentlichen Zwecken
und dient nicht der politischen Steuerung der Gesellschaft, sondern lediglich
dem Ausgleich der privaten Interessen der Parteien.56 Ein Privatrecht aber,
das sich präventiven Zwecken verschließt, indem es sich etwa bei der Berech-
nung von Schadensersatz allein vom Gedanken des Ausgleichs leiten lassen
will,57 immunisiert sich gegenüber den genannten Phänomenen einer Steue-
rungskrise selbst, weil es ja Verhalten gar nicht steuern will.
Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus: In einem Vortrag auf der Ta-
gung der Zivilrechtslehrervereinigung in Basel 2005 hat Gerhard Wagner 58
eine Lanze für Prävention und Verhaltenssteuerung als legitime Aufgaben
des Privatrechts gebrochen und dabei detailliert dargelegt, inwiefern dies be-
reits im deutschen Zivilrecht (S. 364 ff.), vermehrt aber unter europarechtli-

55 Ausführlich Calliess Prozedurales Recht, 1999.


56 Das gilt insbesondere für Deutschland, aber auch in den USA flammen entsprechende
Debatten immer wieder auf: vgl. die Analyse und Kritik bei Teubner State Policies in Private
Law? Comment on Hanoch Dogan, in: 56 The American Journal of Comparative Law
(2008) 835–843 mwN.
57 So etwa die klassische Position bei Larenz Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I, 14. Aufl.

1987, S. 423
58 AcP Bd. 206 (2006), S. 352–476
478 Gralf-Peter Calliess

chem Einfluss (S. 389 ff.) der Realität entspricht. Mit diesem richtungwei-
senden Beitrag scheint nunmehr auch die deutsche Zivilrechtswissenschaft
in der Gegenwart angekommen. Freilich muss sich ein dem Ziel der Verhal-
tenssteuerung dienendes Privatrecht in der Konsequenz auch dem Phäno-
men der Steuerungskrise des Rechts stellen. Und hier lässt die gegenwärtige
Debatte noch einiges zu wünschen übrig. Zwar nimmt Wagner die Stich-
worte ‚Präventionsstaat‘ und ‚Steuerungsversagen‘ aus der Verwaltungs-
rechtslehre auf, freilich nur um das Privatrecht als von der Steuerungskrise
nicht geplagte ‚Auffangordnung‘ zum regulatorischen Verwaltungsrecht zu
empfehlen (S. 357). Einen eigenen Abschnitt widmet er sodann den ‚Funk-
tionsbedingungen der Verhaltenssteuerung durch Privatrecht‘ (S. 434 ff.).
Dieser Abschnitt erhebt verständlicherweise „nicht den Anspruch, eine all-
gemeine Steuerungstheorie für moderne Gesellschaften zu entwerfen, son-
dern beschränkt sich von vornherein auf die Funktionsbedingungen und
komparativen Vorteile einer Verhaltenssteuerung durch Privatrecht“ (S. 435).
Als solche Vorteile nennt Wagner die Nutzung privater Informationen und
Initiative für die Rechtsdurchsetzung, die Einsparung von Verwaltungskos-
ten und von Doppelregelungen, sowie die grenzüberschreitende Wirksam-
keit des Privatrechts (S. 445–449).
Wie sich – um dieses aktuelle Beispiel ein letztes Mal zu bemühen – an der
hitzigen Debatte um das AGG zeigt, greift eine lediglich auf die komparati-
ven Vorteile des Privatrechts gerichtete Analyse aber zu kurz. Denn auch
Privatrecht – soll es denn der politisch motivierten Verhaltenssteuerung die-
nen – muss vollzogen werden, wenn es nicht im Bereich der symbolischen
Gesetzgebung verharren will. Und da wir generell nicht wissen, wie Ge-
setze wirken, hat auch Privatrecht nicht intendierte Folgen und negative Ne-
benwirkungen, die durch Gesetzesfolgenabschätzung prinzipiell nicht ver-
meidbar sind. So ist aus der Debatte um missbräuchliche Abmahnungen
unlauteren Wettbewerbs (§ 8 Abs. 4 UWG ) hinlänglich bekannt, dass der
Vollzug der vielfach beschworenen ‚self-executing-norms‘ des Wirtschafts-
privatrechts nur aus Sicht der Verwaltung kostenlos erfolgt. Mit Beweislas-
tumkehr, Strafschadensersatz oder Verbandsklage emanzipiert sich das
Recht von den realgesellschaftlichen Konfliktlagen, ohne die Norm gäbe es
gar keinen Konflikt – Recht betreibt sich zunehmend selbst. 59 Deutlich wer-
den die Probleme auch im Bereich der vorvertraglichen Informationspflich-
ten, wo eine fehlerhafte Belehrung mit einem unbefristeten Widerrufsrecht
sanktioniert wird, obwohl selbst das Bundesministerium der Justiz nicht in
der Lage ist, eine wirksame Musterbelehrung zu erstellen. 60

59 Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 278


60 Dazu Calliess Informationspflichten im deutschen und europäischen Vertragsrecht,
in: Karl Riesenhuber & Yuko Nishitani (Hrsg.), Wandlungen oder Erosion der Privatau-
tonomie?, Berlin 2007, S. 97 ff.
Die Steuerungskrise – jetzt auch im Privatrecht? 479

Kurzum: Mangels sinnvoller Kriterien zur Abgrenzung von öffentlichem


und Privatrecht sind Prävention und Verhaltenssteuerung zwar legitime
Aufgaben des Privatrechts. Freilich muss sich auch die Zivilrechtswissen-
schaft mit dem regulatorischen Trilemma auseinandersetzen und die Folgen
ihrer Steuerungsansprüche sowie die Grenzen rechtlicher Prävention reflek-
tieren. Hierzu bedarf es einer Theorie des reflexiven Zivilrechts, deren Aus-
arbeitung noch weitgehend aussteht. 61

61 Neben den vielfältigen Anregungen in Teubners Werk ein Versuch bei Calliess Proze-

durales Zivilrecht, in: Micklitz (Hrsg.), Verbraucherrecht in Deutschland – Stand und Per-
spektiven, 2005, S. 65 ff.
480 Gralf-Peter Calliess
The University Institution as
an Autopoietic System 1

Alberto Febbrajo

I.
When the concept of “institution” is discussed in sociological literature it
usually entails a – somewhat problematic – combination of two elements:
one prevalently positive, related to an activity, and one prevalently negative,
concerning a limitation. On one hand, we may refer to a set of functions
assured through organisational structures, roles and behavioural patterns,
which are harnessed to the pursuit of a social mission often defined in ab-
stract terms. On the other, we may refer to a capacity to resist change from
the surrounding environment, by means of which every institution attempts
to defend its identity in the long run.
Institutions, indeed, appear to obtain the consensus they need by pres-
enting themselves as a durable point of reference for action and by avoiding
engaging in the constant adaptation of their general missions to changing
circumstances. This enables them to provide their members with recogni-
tion and acceptance, not so much because of what they actually do in vari-
ous situations as because of the role that they happen to have within the
institution.
Institutions are generally considered as islands in a process of social change
and are compelled to protect themselves by selective screens. Reasons for
their relative indifference to social change are underlined in profoundly dif-
ferent sociological perspectives.
From a functional standpoint, which tends to emphasise the basic com-
plementarity of various areas of social life, institutions may be endowed
with different adaptive capacities as a way of increasing the possible strat-
egies of reaction available to the social sphere as a whole. From a conflictual

1 The concept of autopoiesis is without any doubt one of the most successful in the lexi-

con of new systems theory. For a sophisticated and convincing application, see G. Teubner
Recht als autopoietisches System, Frankfurt am Main 1989. On the same subject see also
G. Teubner and A. Febbrajo (eds.), State, Law, and Economy as Autopoietic Systems. Regu-
lation and Autonomy in a New Perspective, “European Yearbook in the Sociology of
Law”, Milan 1991–1992.
482 Alberto Febbrajo

perspective, which tends to emphasise contradictions between the various


social spheres, processes of change are usually seen as the result of confron-
tation, where institutions are often considered as an anachronistic obstacle
to future adaptations. In other words, institutions are placed between a
traditional model of the community, characterised by enduring and tradi-
tional relations, and a model of society, built around impersonal and instru-
mental ties.
From the most recent systemic standpoint, individual institutions are
seen to pursue a variety of strategies for reacting to their environment, using
specific filters which are able to select the huge amount of internal and ex-
ternal demands which could threaten their survival. 2
One of these filters ensures the ability, essential for an institution, to
control memory. It hardly needs to be said that this capacity for memory
control is an essential instrument not only for emphasising in various ways
everything which may be useful in a coherent reconstruction of the insti-
tution’s “identity”, but also for rewriting its history, so as to omit or rein-
terpret single events that might damage its image, i.e. to “remember to
forget”. The tendency to channel institutional consciousness, following
widely shared and highly selective criteria of relevance, is important not
only to the past but to the future, giving rise to an “official” institutional
memory concentrated almost exclusively on certain portions of reality sub-
mitted to opportunistic interpretations, able to blank others out as if they
had never happened.
Another filter is the ability to “delegitimise delegitimisation”, using forms
of argumentation which can give an unsustainable appearance to individual
behaviour and attitudes that may be dangerous for the institution. Wide-
spread use is thus made of procedural forms of control of conflict. Pro-
cedures, which are often managed by the institutions themselves, may indeed
be considered as an essential tool for seducing of individual disappointments
and thus isolating and denying support to the ensuing protests.3
A third filter is the capacity of the institution to select internal interests so
as to make them appear as an expression of the interests of the potential re-
cipients of the institution’s services. This exchange often derives from a kind
of institutional ideology behind which there may lie less noble practices that
produce double standards, or at least justify the fact that those working in
the institution are subjected to privileged criteria of accountability.
A fourth filter consists of limiting the perception of the effects of insti-
tutional decisions so as to enable the institution to “learn” if and when it
2 The importance of institutionalisation processes in the systems theory has been con-

stantly emphasised. See N. Luhmann Institutionalisierungs-Funktion und Mechanismus im


sozialen System der Gesellschaft, in H. Schelsky (ed.), Zur Theorie der Institution, Düs-
seldorf 1970, pp. 27–42.
3 See N. Luhmann Legitimation durch Verfahren, Frankfurt am Main 1983.
The University Institution as an Autopoietic System 483

is necessary “not to learn”. The formalisation of the features of institu-


tional life which are considered worth protecting, means that deviant be-
haviour, even when repeated, produces, not a change of the regulation,
but sanctions designed to manifest the persistence of the regulation in-
fringed. Sanctions are thus an essential part of institutional life. They help
to protect the parts of institutional life which have to be defended from
manifest change.
A fifth filter is the institution’s ability to limit reactivity to external de-
mands by using criteria on the basis of which it may “decide not to decide”.
An institution has to have a shared area of expertise so as not to run the risk
of exposing itself in its commitment to act. In both cases the institution may
face crises more severe than those that would be produced as a result of
single erroneous reactions.
These filters contribute to seeing the institution as a place – essential for
any society – where order and social change, stability and adaptation, the
world of rules and the world of events, converge. It therefore comes as no
surprise that the sociology of law has devoted considerable attention to the
study of institutions. In particular, comparisons have been drawn between
institutions (families, churches, professions, political parties, and so on)
set up spontaneously by society to perform certain essential functions, and
those established by formal interventions of the state, which regulates them
with greater precision but at times with less effectiveness.
The socio-legal study of institutions therefore comprises the study of the
cultural variables able to shape the genesis, effectiveness and evolution of
the social and/or statutory norms that affect them.
The above-listed characteristics of institutions do not preclude – indeed
they entail – that an institution be endowed with an independent capacity to
change its own rules and thus to practise a sort of “nomogenesis” in order to
absorb external demands and succeed in “regulating the rules”. In an insti-
tution as complex as the state, this requires the use of structures made up of
a number of normative strata which are culturally linked in such a way that
the conservation of one, such as the constitutive rules of the institution, may
be balanced by change in the others.
The framework of institutions in a complex society is historically ex-
tremely variegated, and may involve not just different levels of acknowl-
edgement by the state but also the alternation of phases of stabilisation
and destabilisation in a single institution. The sociology of law has thus
developed a sophisticated set of theoretical and conceptual instruments to
represent relations between rules and facts in a circular fashion that is tak-
ing account of both the adaptability of facts to norms and of norms to
facts.
In this context the university may be considered an institution not only in
the juridical sense, as frequently happens in the name of its constitutionally
484 Alberto Febbrajo

guaranteed independence from the state, but also in the sociological sense,
in the name of its ability to remain relatively deaf to the signals of social
change emanating from the environment and from other institutions. As
any other institution, the university is relentlessly selective in its processing
of the noises from the outside world, adapting them to its own structures
and functions.
In the following sections, after consideration of the main characteristics
of the university system, identified as a culturally conditioned institution
(section 2), attention will be drawn to some of the problems that the culture
peculiar to the university will have to solve to achieve the effect-oriented
“limited change” that is necessary in order to preserve its institutional char-
acter (section 3).

II.
The university is an institution endowed with its own essential specificity.
Its place at the summit of the educational processes, its vocation for research
as well as advanced training, its tendency to organise itself autonomously,
and its capacity to issue generally recognised certificates to those who have
completed such training processes 4, are all characteristics – laboriously de-
fended in the past or emerged gradually in more recent times – that define
its identity.
It is thus not by chance that the university is given a position in the social
context which is crucial and strategic, but at the same time relatively pro-
tected and secluded, so that it is not directly and automatically involved by
factors of change which might obscure its functions. In such a position,
where it is able in the long term to absorb and select changes coming from
outside, it may affect society by the paradoxical production of innovation
through tradition.
Among the university’s many peculiarities, one should be pointed out:
that it stands as a “total” institution. It brings its cadres forward from their
initial training and provides them, in their institutional passage from stu-
dents to scholars, experience and skills which are generally distributed by
university alone. Within the world of the university, the distinction between
full-time and part-time staff, between those who invest all their time and ef-
forts in the university and those who entertain professional relations outside
it, assumes, therefore, a high degree of cultural significance.
The basic legal and sociological concept of institution may imply that the
university is an institution to which legislators have assigned a certain deci-

4 Taking into account, as in other parts of this article, the Italian experience, we have to

mention that this capacity is guaranteed by the state.


The University Institution as an Autopoietic System 485

sion-making capacity in the interests of the best performance of its func-


tions, but also able to develop the characteristics which correspond to an
autopoietic (self-perpetuating) model of institution.
This model is based specifically on: a) the construction of an identity
which is recognisable to its members on the strength of a generally shared
memory (self-observation); b) a perception of its functions by means of
which it tends to legitimise itself in relation to its public (self-legitimation);
c) a body of selection criteria able to combine interests coming from within
and interests coming from outside (self-representation); d) a tendency to as-
sume the institution itself as the supreme interpreter of its relations with the
outside world (self-referentiality); e) a body of programmes, diversified ac-
cording to a wide range of possible situations, to define the horizon of its
decisions (self-specification). All together, these elements require a system
of filters to act on potentially disruptive environmental factors. They are
able to reinforce each other guaranteeing the stability and duration of the in-
stitution.
The formation of an institution in the legal sense is not simply the cause,
but rather the consequence, of a process of social institutionalisation. In
order to promote an image of independence from its environment, the uni-
versity tends to minimise possible influences deriving from contacts with
other institutions, and to translate them into its own “language”. This insti-
tutional language has the peculiar characteristic of being rhetorical rather
than descriptive, full of symbolic suggestions, and therefore so intrinsically
ambiguous that it may be used, without any substantial changes, both to
construct and reinforce an internal identity and to defend that identity
against the outside world.
The university as an institution tends to adopt a prevalently defensive at-
titude, and to be unwilling to accept any outside judgements which may not
be compatible with, or may be a menace to, the perception of its own iden-
tity. Particularly worth emphasising is that, adopting this cultural attitude, it
is very difficult to develop any constructive or incisive capacity for self-criti-
cism. The key terms used by universities to describe themselves hide poten-
tial antinomies, and so facilitate the gradual and unaware building of ideo-
logical barriers.
One example is the term “autonomy”, which in the university world is
used in a whole range of applications (normative autonomy, financial au-
tonomy, didactic autonomy, etc.). On one hand, it is usually related to an
idea of freedom which is curtailed only by the law and thus, on the prin-
ciple that whatever is not forbidden is allowed, it seems to express a basic
intolerance for constraints not explicitly laid down. On the other hand, it is
often expressly related to the principle of “accountability”, thereby under-
going external constraints able – more in an ethical-deontological than a ju-
ridical sense – to limit the exercise of freedom through considerations
486 Alberto Febbrajo

regarding the implications (consequences and variously defined costs) of


certain decisions.
The ambiguity of the concept of autonomy, hanging between the absence
and presence of external constraints, prevents any clear specification of what
style of action is required, who or what should perform it, or with what
criteria for the reduction or increase of constraints. But it is precisely this
ambiguity of the concept of autonomy that favours its circulation, allowing
it to be used dogmatically in the widest variety of situations.
A similar duality is intrinsic to the term “system”, often used to empha-
sise the complexity resulting from the plurality of universities, but also to
underline their unity in a body supposed to be endowed with a typical
rationality. This fluctuation between multiplicity and unity does not help
clarify whether the whole prevails over the parts within the university “sys-
tem” and whether and to what extent the parts may act independently of
one another.
Moreover, it becomes extremely difficult, under these presuppositions,
to tackle the question of the “functions” of the university with sufficient
precision. From this perspective it would be useful to distinguish between
an abstract level, concerning research and teaching considered as ideal
types to be pursued but never entirely achieved, and a concrete level, con-
cerning the various performances allowed in the objective conditions of
single universities or by the decisions of their different internal bodies (de-
partments, faculties, schools, courses). Indeed, the generic attribution of
the two main functions of research and teaching to the university system
as a whole prevents any sensitive and realistic tackling of concrete prob-
lems and prevents the development of strategies to manage the various de-
mands that may influence the different levels of governance within single
universities.
Similar observations may be made in an analysis of the terms “inter-
nationalisation” and “localisation”, used with increasing frequency to in-
dicate the prospects upon which the world of the university builds its
activities and programmes. The university’s official lexicon does little to
promote, and may even obstruct, a realistic description of the university
world. It rather seems suited to set up a curtain that inhibits a clear vision
of the implications of change and hinders a culture endowed with the de-
tachment needed to deal properly with the recurring debate on university
reform.
The university, therefore, generally seems to have little inclination to de-
velop consciously any plan to change itself.
The University Institution as an Autopoietic System 487

III.
Returning to the initial hypothesis, it may now be stated that the recent
history of the university shows, perhaps more than in the past, that many of
the main obstacles still standing in the way of the adoption of abstract mod-
els of rationality are linked to the cultural characteristics that make the uni-
versity an institution in the sociological sense of the word.
In studying the university as an institution, instead of resorting to linear
analyses (according to the model of external causes – internal effects, or in-
ternal causes – external effects), use should therefore be made of circular
analyses on at least three closely connected levels (behavioural, structural
and functional).
We start from the assumption that an institution, in itself able to select
changes brought about by other institutions, including the state, may change
its dynamics when there is a generally shared perception of the difficulties
involved in the management of such changes. 5 We should focus not so much
on the frequently discussed light and shadow of academic life, isolating this
or that particular typology of behaviour, as on the cultural factors that may
influence such behaviour.
On the differentiated body of academic cultures rest most of the chances
of acceptance and practical development of the reforms proposed at various
times. University reforms should be administered like any medicine – that is
to say with the utmost respect for the possible negative reactions of the
body which has to ingest it. This explains why, in the drafting of legislative
plans for reform, attention should be concentrated not so much on the tech-
nical features of the measures as on the context in which they are to be ap-
plied and the cultural factors which will absorb them in the name of the sta-
bility of the institution.
This brings us to the important issue of socialisation, which in the uni-
versity, as in any institution, should enable actors to apply the selection
criteria necessary to perform the essential task of limiting change by means
of cultural instruments, and to bridge the passage from one generation to
the next.
This is an issue which in Italy is worthy of further exploration. It can be
said, with regard to the socialisation of selection criteria, that the university
institution has, as a result of the expansion of the teaching corps, undergone
a series of adjustments of which it has not always been aware. And it can
also be said that the signals of change in the internal culture, by some con-
sidered – perhaps too hastily – as regressive, appear in some respects to be

5 On the distinction between linear and circular theories see A. Febbrajo From Hier-

archical to Circular Models in the Sociology of Law. Some Introductory Remarks, in


“European Yearbook in the Sociology of Law”, Milan 1988.
488 Alberto Febbrajo

contradictory. How can it be hoped to produce good researchers if sociali-


sation processes now seem to favour uncritical or even openly acquiescent
attitudes towards the establishment – in an often bureaucratically ordered
climate and with co-opting practices in which the assessment of merit is
sometimes subordinated to the membership to a particular school? How
can it be reasonably expected to provide each academic structure with
proper management stemming from the teaching body if the problems to be
tackled seem to grow steadily in complexity and the skills needed to solve
them are not generally compatible with the academic culture?
Indeed, it hardly needs to be said that the emerging culture of evaluation
which presents itself as superior to the consolidated institutional culture
may be liable to the same limitations as the latter. The culture of evaluation
does not seem, at the moment, to be a viable cultural instrument for trig-
gering a cultural renewal that would be able to propagate its positive effects
to the whole institution, to the extent that the application of these pro-
cedures is considered more as an object than an instrument of evaluation. It
is therefore thought that putting evaluation procedures in place is, in itself, a
necessary and sufficient condition to justify a positive evaluation. 6
This may be exemplified by a number of problematic features related to
the five characteristics of university institutions listed above.
The first difficulty is that the university institution usually represents itself
by adopting a vision which is able to communicate a distorted image of the
university world. The characteristics of the university-system are inter-
preted mostly defensively in relation to any element that may damage the
unity of the system. This makes any realistic evaluation of the university
world especially unlikely because it does not allow taking account of the
various typologies of situations and actors by means of which the system
succeeds in providing different responses to different demands.
The second difficulty is that the university institution usually legitimises
its functions by means of clouding rhetoric about the effects they produce.
The high degree of segmentation of university organisation has consoli-
dated a process of bureaucratisation which makes the management of uni-
versities leading to the adoption of easy short-cuts for the merely formal
achievement of defined objectives. For instance, as to the declared aim of
increasing the proportion of students graduating from a university, the first
solution might seem to make the exams easier rather than improving the ef-
fectiveness of teaching.
The third problem is that the university institution tends to reinforce its
autonomy through a series of self-representations which not only preclude

6 For a reformulation of the subjects here expounded, with greater attention to the Ita-

lian university system, see A. Febbrajo Valutazione universitaria come problema istitu-
zionale, in “Rassegna Italiana di Valutazione”, 38/2007.
The University Institution as an Autopoietic System 489

comparison with external criteria of rationality but also, rather than correct-
ing consolidated practices, end up accepting the pursuit of endogenous
compartmental interests. The university’s horizon of meaning may easily be
fragmented, as we have seen, into a further series of interests and organs,
each of which entails its own institutional loyalties, behavioural models and
decision-making criteria. These various components are patently too many
to be accommodated in any vision which has the ambition of looking
beyond the borders of the university system. 7
The fourth difficulty is that the university institution tends to consider
governance as the forum for asserting identity at the various levels of insti-
tutional representation makes the institution itself the central point of refer-
ence, as if – and this is less comprehensible from the outside – the university
wished to talk to itself.
The fifth difficulty is that in its relations with the outside world, the uni-
versity institution tends to adopt a highly ambiguous horizon of meaning,
which may transcend state borders but at the same time becomes active at a
regional level for consolidating its relations with other local institutions and
their social environment.

IV.
Summarising what has been said thus far, it may be stated that a socio-
logical study of the university should not ignore the drawbacks and the po-
tential deriving from the cultural specificities that the university possesses as
an institution. With regard to any sociologically informed reforms of uni-
versity institutions, this necessitates taking account of those cultural specifi-
cities, turning them from possible obstacles into valuable assets to support
processes of adaptation of the university institution. Institutional theory
supplemented by systems theory may succeed in producing satisfactory hy-
potheses, in particular on the dynamics of cultural institutions, on the con-
ditions in which a cultural change may consolidate new meanings which en-
able actors to take on an innovative fashion; on the definition of the borders
between transformation and the loss of institutional identity.
In this context, the university system which tries to change without be-
traying itself, needs the following preconditions: a) the internal rhetoric based
on the concept of the system, which underpins the institution’s identity, must
be able to promote an approach at once unified and differentiated – able to
take account of the practical complexities of a university system; b) the

7 For a documented discussion of the Italian university system from the point of view of

its differentiation, see R. Moscati Università: fine o trasformazione del mito? Nuovi signifi-
cati e funzioni nelle diverse Italie, Bologna 1983.
490 Alberto Febbrajo

external rhetoric, oriented to the typical functions of the institution, must be


able to support the legitimation of the university not indiscriminately but
through a reflexive approach which is able to include elements of criticism in
the implementation of those functions; c) the separateness of the university as
institution from society, based on the concept of autonomy, must be compa-
tible with the adoption of criteria of relevance which are both internal and ex-
ternal, provided that an open approach is able to select and combine different
closure criteria on a case-by-case basis; d) the self-referential quality of the
governance must contribute to overcome bureaucratic procedures and rituals,
provided that it allows a goal-oriented and self-correcting approach at the same
time; e) the complexity of the university institution’s horizon of meaning
must be able to sustain a plurality of loyalties and perspectives of the various
actors, involved without thereby relinquishing a global approach which is able
to pursue links and interactions beyond the borders of a single institution.
A similar combination of prerequisites should be put in place by the uni-
versity in the light of a cost-benefit ratio taking account of the positive or
negative consequences that such an institution would produce on other so-
cial systems. For its part, the state should be able, especially in times of cri-
sis, to stress the importance of a concept of common good which might
overcome the barriers of meaning defined by aims, purposes and plans of
the single institutions or of parts of them.
It is therefore not surprising that the university has not yet been able to
grasp the need for a more complex relationship between training and work.
The proposition may thus be formulated that there no longer seems to be
any justification for postponing entry into the world of work beyond ac-
ceptable psychological and biological limits – as is generally accepted in
many advanced industrial countries by an expansive interpretation of wel-
fare and of the right to education. It is clear that, as a consequence of this in-
ability of the university institution to achieve a realistic assessment of costs
and benefits from the users’ standpoint, the age at which it is possible to
start with a professional and scientific career was significantly postponed in
comparison to former generations. 8 What is already implied in the prin-
ciples of lifelong learning, could justify more alternating periods of study
and work, and/or better selections in the admission to the highest levels of
specialisation, thus shortening the average time lapse before the first work
experience. It is obvious that people learn how to study by studying, it is
also true that they learn how to work by working. There is no sense, even
from the broader point of view of the social system, in investing about forty
percent of the lifespan exclusively in training, as unfortunately is the case for
most of the current generation of students.

8 In Italy, where this age has become in most cases 28/29, the situation becomes increas-

ingly negative.
The University Institution as an Autopoietic System 491

In short, the challenge facing the university is predominantly a cultural


one. The university must not believe in the illusion of monopoly positions,
which are no longer sustainable, nor must it fall into the temptation of ven-
turing into fields of didactics and research where potential competitors could
more usefully be turned into valuable substitutes or collaborators. Finally,
following the wave of utopian transnational harmonisations, it will have to
recognise the cultural and historical limits within which its structures could
be successfully modified.
For an institution entrusted with such continuity and faith to pure learn-
ing, this means devoting an intense commitment to a critical self-observa-
tion which can overcome the barriers of consolidated rhetoric, and possibly
reaching the level of self-irony. In other words, it becomes necessary for the
university to reconsider, from a cognitive point of view, the subtle borders
between innovation and alienation, focussing, not so much on what was ac-
complished, with a sort of ideological satisfaction, but, with a more utopian
attitude, on what could, or should, be done for external interests and ex-
pectations, or for the social system as a whole. This is a task that seems to be
essential for an autopoietic system in transitional phases, when the selection
of sustainable change is not confined to a procedural approach, but involves
a radical rethinking of the institution’s functions through a mutual adap-
tation of internal and external cultures.
492 Alberto Febbrajo
The Role of the ECJ in the Protection
of Fundamental and Social Rights:
Economic Constitutionalism or
Deliberative Constitutionalism? 1

Oliver Gerstenberg

I. Background
It is today widely conceded that the role the ECJ has played in the genesis
of the European Community and its legal order, and continues to play, is a
decisive one. Part of that role has been to guarantee the fundamental econ-
omic freedoms enumerated in the treaty. With regard to the effectiveness of
the basic market freedoms, the EU offered a judicial system which ingeni-
ously enlisted national individual plaintiffs as “private attorney generals”
and national legal systems as effective enforcement mechanisms of those
market freedoms.
But, more recently, the Court’s role has changed. In departure from the
text of the treaty, the Court has set out to develop a jurisprudence of “gen-
eral principles of law” – principles not laid down by the treaty and by Com-
munity statutory legislation. Those principles – developed by the Court sua
sponte, on a basis no other than their connection to the rule of law – have en-
abled the Court to incorporpate, within Community law, the substance of
the ECHR , as well as fundamental rights protected by national constitu-
tions. The EU ’s initial premise had been that of a clear-cut division of labor,
which would place “economic law” at the level of supranational law, and so-
cial policy within the responsibility of Member States – to be exercised in
ways compatible with open markets. Contrary to that premise, the ECJ has,
in realm after realm, become sensitive to the impact of the rules of the mar-
ket on, and its intrusion into, other constitutionally protected domains of
life. The Court has recognized the important part played by principles
which have emerged to qualify the strict application of rules and which are
fundamentally different from rules and their scope and effect.

1 This paper is part of collaborative work with Charles Sabel towards a joint paper. For

comments I would like to thank him as well as Grainne de Burca. The usual disclaimer
applies.
494 Oliver Gerstenberg

This transformation raises a familiar objection – but it also points towards


a response to that objection. The familiar objection is how can it be consist-
ent with democracy to give unelected judges – indeed, European judges –
the final word, which may prevail even over laws made by an elected, do-
mestic, legislature? Why should courts be justified in having the last word
when it comes to resolving conflicts between competing values, say, be-
tween free trade and human rights, which are notoriously open-textured
and cast in very general terms? The creative and jurisgenerative role of the
Court – its role in upholding and maintaining a fair balance between collid-
ing legitimate interests – requires a broader understanding of the intercon-
nections between the rule of law and democracy in the European multilevel
system, characterized by complexity and sharp, but reasonable and sincere,
disagreement over its very purpose and finalité.
The transformation, however, points to a response to that objection. That
response acknowledges that the time-honored principles of legislative intent
and separation of powers – principles which require deference by courts to
legislators – have become ever more inadequate when it comes to demarcat-
ing a defensible role for courts. But by the same token that response does
not cast the Court as “supreme” – as the penultimate and quasi-sovereign
designer of democracy. Rather, if you do not want courts to be in that posi-
tion – of defining the meaning of “fair balance” for all, then allow parties to
the conflict themselves to participate in how norms are being defined. As
this paper will show, the Court, in realm after realm, imposes – via the do-
mestic courts – on actors themselves the task of developing mutually ac-
ceptable understandings of constitutional norms. Just as the Court enlists
national courts, together with private actors, in the process of market mak-
ing, so now with constitutional norms governing fundamental collisions be-
tween competing free trade and rights-commitments.
The EU , then, moves into the rights-domain – and it does so by enlisting
private actors in the very process of jurisgenerative norm-generation and -in-
terpretation. And that transformation within the rule of law has a deep affin-
ity with transformations we witness in the area of regulatory rule-making.

II. The European Rule of Law


Of the two post-war European legal orders – the Council of Europe’s
ECHR and the European Communities – only the ECHR was expressly
founded as a human rights organization with the intention of promoting
human rights and democracy in the wider Europe – and of preventing States
from relapsing into totalitarianism. The focus of the second of these two
legal systems, now the EU , by contrast, lay in the establishment of the com-
mon market – understood as a vehicle towards broader social and political
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 495

ends. Human rights and fundamental economic freedoms, then, were


understood as belonging to, and constituting, two functionally different and
separate legal spheres.
But the ECJ has begun to take a broad, transformative, view of its juris-
diction and has begun to align Community-interpretation with the goals of
the ECHR and to incorporate into Community law fundamental rights pro-
tected by the legal systems of the Member States. Catalyst of this judicial-
interpretive development of Community law has been the so-called prelimi-
nary reference procedure under Art. 234 EC – a procedure which provides
private parties broad access to a court of law: under this procedure, national
courts of any standing may – and domestic courts of last instance are ob-
liged to – ask the ECJ for a preliminary ruling on the meaning and effect of
Community law, if a decision on the question of Community law is necess-
ary to enable them to give judgment. The referring domestic court must
then apply the ECJ ’s ruling in casu – say, by setting aside national legislation
or action that is inconsistent with Community law. So, the jurisdiction of
the ECJ is limited insofar as the ECJ lacks authority directly to annul
national legislation that is inconsistent with EC law: this remains a matter
for the national courts.
The preliminary reference procedure, then, forces a jurisgenerative dia-
logue between the ECJ and domestic referring courts (and among domestic
courts themselves). On the one hand, Community law – through judicial de-
velopment – is “an integral part of the legal systems of the Member States
[…] which their courts are bound to apply” (Costa v. ENEL ) uniformly
throughout the Community. But on the other hand, both legal systems –
European and domestic – do remain separate: triggered by private litigants,
the referring domestic court must explain the domestic law and its driving
fundamental rights-commitments to the ECJ . According to the Court, re-
spect for fundamental rights is an integral part of the general principles of
law protected by the Court; moreover, this protection, “whilst inspired by
the constitutional traditions common to the Member States, must be en-
sured within the framework of the structure and objectives of the Commu-
nity.” 2
“Dialogue,” then, implies a mutually transformative jurisgenerative pro-
cess – a self-conscious deployment of reflective disequilibrium, if you will –
between Community law, the plural domestic legal systems, and the ECHR .
Consider, first, in a sequence of transformative cases, the Schmidberger-
case. The novelty of that case-constellation lay in the need for the Court to
resolve the collision between a fundamental economic freedom – here free
movement of goods, protected under Art. 28 EC – and the necessity, in-

2 ECJ Case 11/70, Internationale Handelsgesellschaft mbH v. Einfuhr- und Vorratsstelle

für Getreide und Futtermittel. [1970] ECR 1125, at 1131.


496 Oliver Gerstenberg

voked by a Member State (Austria), to protect the fundamental individual


right of its citizens to freedom of expression and assembly, guaranteed not
only under the domestic Austrian constitution but also under Art. 10 of the
ECHR . The Austrian authorities, in this case, had allowed a political dem-
onstration by a grassroots-environmental group on the Brenner motorway
to go ahead (a demonstration drawing attention to environmental issues),
the main traffic-link between Northern Europe and Italy. As a result, the
motorway was completely closed for traffic for almost thirty hours.
Schmidberger, a German transport company, argued that the effects of the
Austrian authorities’ conduct in allowing the motorway to be closed in-
fringed his Community rights under Art. 28 EC and sued Austria for da-
mages.
In a decision directly opposed to its previous case law on the subject – the
previous case law had so far rejected any attempt to invoke arguments based
on fundamental rights –, the Court held that the positive obligation by a
state to protect fundamental and human rights could constitute public pol-
icy requirements sufficient to justify restrictions to basic market freedoms,
provided that the restrictions were necessary and proportionate:
“[T]he interests involved must be weighed having regard to the circum-
stances of the case in order to determine whether a fair balance was struck
between those interests.” (para. 81).
Two things are remarkable about the Court’s ruling.
First, where requirements imposed by the basic market freedoms intrude
into other domains (such as, in the example, freedom of political ex-
pression – and, more generally, the ways in which Member States protect
and prioritize their fundamental rights), the ECJ – in a language reminiscent
of the language used by the ECtHR – will require a “fair balance” between
the two rather than simply giving primacy to one. The Court’s role in requi-
ring a fair balance is not “excessive and unduly intrusive” vis-à-vis the
claims of national legal orders, as AG Jacobs observed, because despite a
basic consensus reflected in the ECHR about a core of fundamental rights
there are a number of divergences between the fundamental rights cata-
logues of the Member States – divergences which “often reflect the history
and particular political culture of a given Member State” (fn 97); it therefore
cannot be
“automatically ruled out that a Member State which invokes the necessity
to protect a right recognized by national law as fundamental nevertheless
pursues an objective which as a matter of Community law must be re-
garded as illegitimate” (ibid., at 98).
Second, when it comes to elaborating the applied meaning of a “fair balance”
and of “proportionality,” the Court accepted that domestic authorities “enjoy
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 497

a wide margin of discretion in that regard.” Thus, after examining various


factors – such as the ongoing collaboration between demonstrators, local
authorities, and various motoring organisations before the event –, the
Court concluded that the Austrian authorities, exercising their “wide dis-
cretion which must be accorded to them in the matter,” were “reasonably
entitled” (para. 93) to consider that the main aim of the demonstration
could not be achieved by measures less restrictive of intra-Community
trade.
In answering the question why the Court has departed from its previous
case law, it is important to look at the dialogue between EU law and do-
mestic law. The ECJ has explicitly stated that Member States cannot chal-
lenge EU law against the baseline of domestic fundamental rights because
doing so would jeopardize the supremacy of EU law. But the European
Treaties – primarily concerned with the effectiveness of the common mar-
ket – contained no corresponding provisions for the protection of funda-
mental rights (which were, at most, indirectly referred to in the preamble).
There could, therefore, have been serious conflict between European and
domestic law. In response to concerns articulated by national courts, the
ECJ announced that the Community legal order protects the same or very
similar rights as general principles of law and that in developing those prin-
ciples, the Court would “draw[…] inspiration from the constitutional tradi-
tions common to the Member States” (Schmidberger para. 71). However, as
Schmidberger demonstrates, the ECJ does not claim for itself judicial finality.
Just as the Court enlists private actors and national courts in the context and
process of market making, so does the Court now impose on the actors
themselves the obligation of weighing constitutionally protected colliding
interests. The Court’s decision, then, points towards a proceduralizing sol-
ution in that the Court merely orchestrates the collaborative, participatory,
character of the process in which actors themselves develop mutually ac-
ceptable understandings of constitutional norms.
An even more remarkable case, regarding what you might call the pro-
cedural incorporation of fundamental rights into Community law, is the
case Omega Spielhallen. Here the Court had to deal with a conflict between
freedom to provide services (a fundamental economic freedom) and the im-
perative, enshrined in the German Basic Law, to protect human dignity. The
German authorities had banned a game played in a laserdrome that simu-
lated homicide, and the applicant company, Omega, challenged this ban as
contrary to freedom to provide services under EU law, pointing out that
such games were lawfully marketed in the UK and that the equipment and
technology were supplied by a British company. The Court here faced the
apparent dilemma that promoting the internal market would risk challenges
to EC supremacy, but yet to give primacy to fundamental rights would be to
the detriment of the internal market. For reasons of German history, human
498 Oliver Gerstenberg

dignity is accorded a great priority under the German Basic Law. The Court
allowed German authorities to ban the game, but also insisted that this out-
come did not depend upon “a conception shared by all Member States as re-
gards the precise way in which the fundamental right or legitimate interest
in question is to be protected” (para. 37).
The Omega-decision, then, shows that the “European way of law”
(Slaughter) is not a unitary – if you like, assimilationist – concept; rather,
the incorporation of fundamental and human rights into the European rule
of law goes hand in hand with a recognition of context and of the value of
constrained value-diversity.
But the most striking example of a fundamental rights approach are no
doubt the Court’s much-debated controversial decisions in Viking and in
Laval. Both cases – which are of huge legal and political significance within
the enlarged EU – involved the question whether the restriction of the Com-
munity right – to freedom of establishment in Viking, to freedom to provide
services in Laval – could be justified by an overriding public interest, such as
the protection of workers and the right to collective action aimed at protect-
ing jobs and conditions of employment.
Viking owned a vessel that – bound by the terms of a collective bargaining
agreement with the Finnish Seamen’s Union (“ FSU ”) – was running at a
loss and so wished to reflag to Estonia because labor costs in Estonia were
much lower than the Finnish. Viking’s losses were a direct consequence of
competition from Estonian vessels operating the same route. Fearing re-
dundancies, FSU contacted ITF, an international federation of transport
workers’ unions (of which FSU is an affiliate), asking them to inform all af-
filiated unions that FSU “kept the right to negotiate with Viking” and also to
request all other such unions to refrain from entering into, indeed to boy-
kott, negotiations with Viking. The aim was clearly to make less attractive,
or even pointless, Viking’s exercise of its Community right to freedom of
establishment, inasmuch as the boykott would prevent Viking from enjoy-
ing the same treatment in the host Member State as other economic oper-
ators established in that state. Thus, Viking took the case to court seeking
an injunction against the boykott.
The Court held that “Art. 43 EC is capable of conferring rights on a pri-
vate undertaking which may be relied on against a trade union or an associ-
ation of trade unions” (para. 66) and that FSU ’s collective action constituted
a restriction on freedom of establishment under Art. 43 EC . The Court em-
phasized that freedom of establishment is one of the fundamental principles
of the Community; that the Community rights flowing from that principle
must not be rendered meaningless by state action by a Member State of ori-
gin aimed at preventing establishment in another Member State; and that
the principle expressed by Art. 43 EC extends even to non-public law en-
tities, enjoying legal autonomy accorded to them by national law, such as
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 499

trade unions. Thus, the boykott initiated by FSU amounted to a restriction


on Viking’s Community rights.
But the Court went on to say that the right to collective action for the
protection of workers – being part of the “general principles of Community
law the observance of which the Court ensures” – is an overriding legitimate
interest which, in principle, justifies a restriction of Community rights to
freedom of establishment. Indeed, the Court stresses that the EU has “not
only an economic but also a social purpose” and that the free trade objec-
tives must be “balanced against the objectives pursued by social policy.” A
public interest justification, then, can succeed if the boykott pursued the
legitimate objective of protecting workers where it is established that jobs or
working conditions are at stake and, further, if the collective action does not
go beyond what is necessary to achieve the objective pursued:
“ … as regards the collective action taken by FSU , even if that action
could reasonably be considered to fall, at first sight, within the objective
of protecting workers, such a view would no longer be tenable if it were
established that the jobs or conditions of employment at issue were not
jeopardised or under serious threat.”
The ECJ instructs the referring domestic court to establish those facts – but
retains for itself the right to “provide guidance” (para. 85) regarding the nor-
mative framework under which the balancing between free market objec-
tives and “policy in the social sphere” must take place:
x The idea that collective action, like collective negotiations and agree-
ments, may be one of the main ways in which trade unions protect their
members’ interests is “common ground” and, indeed, has been confirmed
by the ECtHR in various decisions;
x But the trade union’s actions are disproportionate if they have alternative
means at their disposal, less restrictive of freedom of establishment;
x In particular, a justification by an overriding reason of public interest will
fail if the trade unions’ policy results in shipowners being prevented from
registering their vessels in a host state.
The Courts’s subsequent decisions in Laval 3 and R ű ffert 4 concerned the
freedom to provide services – protected under Art. 49 of the Treaty; but
also, equally important, the interpretation of the posting of workers direc-
tive (96/71/ EC ). According to Art. 3 of the directive 5, Member States must
ensure that undertakings guarantee workers posted to their territory certain

Laval C-341/05.
3

Rüffert C-346/06.
4
5 Recital 12, which summarizes the gist of the ECJ ’s anterior case-law, e.g. C-62/81 and

63/81 – Seco and Desquennes & Giral; C-164/99 – Portugaia Construções.


500 Oliver Gerstenberg

terms and conditions of employment which, in the host state where the
work is carried out, are laid down by law or by collective agreements which
have been declared universally applicable. The directive then enumerates
various terms and conditions, such as maximum work periods and mini-
mum rates of pay. In Art. 3 paragraph 7 the directive provides that the di-
rective does “not prevent application of terms and conditions of employ-
ment which are more favorable to workers.”
In Laval, the issue was – apart from the right to strike – the question
whether Swedish arrangements for the determination of minimum wages
and work-conditions were compatible with the directive concerning the
posting of workers and with the freedom to provide services: Laval was a
construction company incorporated under Latvian law; its subsidiary – Bal-
tic – had various construction sites in Sweden. Concerning one of those
sites, Baltic had been in negotiations with Swedish trade unions on joining
the collective agreement of the Swedish construction branch, and on the
wages to be paid to their 35 posted workers who were mostly members of a
Latvian trade union with which Laval had a collective agreement. When ne-
gotiations failed, the Swedish trade unions started a boycott which, by
means of sympathy actions by other trade unions, was eventually extended
to all Laval’s sites in Sweden; and shortly afterwards Baltic was declared
bankrupt. The aim of the boykott had been to force Laval to sign the Swed-
ish collective agreement for the building sector before the issue of wages
was dealt with – which Laval had refused to do because it was not possible
for it to know in advance, due to an incorrect implementation of the posting
of workers directive, what conditions would be imposed on it in terms of
wages.
In his Opinion in the related case R ű ffert, the AG Bot argued that this di-
rective does not stand in the way of an enhanced national protection of
posted workers. In a similar vein, AG Mengozzi had argued, in his Opinion
in Laval, that the directive has only a “‘minimalist’ character.” 6 According
to AG Bot, the directive constitutes only a nucleus of protective rules estab-
lishing terms and conditions of employment which cannot be denied to
posted workers and which are to be understood as a mandatory minimum
guarantee. 7 Thus, on this account, the directive has the effect of making
mandatory what until then had only been an option for the Member States 8;
and this, in turn, means that Art. 3 (7) of the directive permits a Member
State to improve the level of social protection for posted workers in its ter-
ritory. 9 So, a penalty clause – such as in R ű ffert – would clearly be permis-

6 Opinion of Advocate General Mengozzi, from 23. Mai 2007, C-341/05, Rec. 147 ff.
7 AG Bot, Rec. 71 f.
8 Rec. 70.
9 Rec. 83.
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 501

sible under Art. 3 (7) of the directive; and the clause would also be consist-
ent with the freedom to provide services. But the Court did not follow the
Opinion by the Advocate General; the Court said that in order not to de-
prive the directive of its effectiveness, Art. 3 (7) of the directive must be
understood as not allowing a Member State to enforce terms and conditions
of employment which go beyond the mandatory rules for minimum protec-
tion expressly enumerated. And subsequently, in Commission v. Grand
Duchy of Luxembourg, the Court confirmed its case-law: Member States
may enforce freedom-restrictive terms and conditions of employment on
matters not enumerated by Art. 3 (1) of the directive, provided that they are
public policy provisions. Referring to Omega, the Court insisted that the
notion of public policy must be “interpreted strictly, so that its scope cannot
be determined unilaterally by each Member State without any control by
the European Community institutions.” 10
Critics have argued that the decisions have put the “social” on the back-
foot because collective action is taken to be a “restriction” of the exercise of
the Treaty’s economic freedoms and because social rights must, conse-
quently, be justified against market-making rules within the framework of
proportionality.11 So, the Court’s decisions in Viking, Laval, and R ű ffert
amount to a dramatic reversal of a historical process – achievement of the
nation state as we know it – of constitutionalizing labor-law through its
conceptual dissociation and emancipation 12 from 19 th century-style “for-
mal” freedom of contract.
But those concerns seem overstated. First, the Court in each of its re-
sponses to the referring national courts, emphasized the specific circum-
stances of the legal dispute before it. For example, in Laval, when consider-
ing whether collective action could be justified in the light of an overriding
reason of public interest, such as the protection of workers, the Court
stressed the atypical circumstances of a “national context” which was – as
the Court was at pains to emphasize – “characterized by a lack of provi-
sions, of any kind, which are sufficiently precise and accessible that they do
not render it impossible or excessively difficult in practice for such an under-
taking to determine the obligations with which it is required to comply as

10 ECJ C-319/06 Commission of the European Communities v Grand Duchy of Luxem-

bourg, par. 50, with reference to Case C-36/02 Omega.


11 Cf. Catherine Barnard Employment Rights, Free Movement Under the EC Treaty and

the Services Directive, Europa Institute Mitchell Working Paper Series 5/2008 (with further
references to the German literature); Simon Deakin Regulatory Competition after Laval (on
file with Columbia Law School).
12 Cf. Antoine Lyon Caen Droit Communautaire du marché v.s. Europe Sociale, post-

ed on the website http://www.etui.org/en/Headline-issues/Viking-Laval-Rueffert-


Luxembourg#viking#viking.
502 Oliver Gerstenberg

regards minimum pay.” 13 So, the Court did not legislate – it did not lay
down a comprehensive blueprint of how fundamental economic freedoms
and fundamental rights should be ordered; and, in particular, it did not say
that the right to strike or human dignity are subordinated to the Treaty’s
market freedoms as a matter of principle.
Secondly, the ECJ does recognize the right to collective action as a funda-
mental right, capable of qualifying, in its principle-establishing mode, the
strict application of market-making rules. The important message in the
above cases is not that social interests have to defend themselves from the
economic, but that the ECJ now takes the social into account when inter-
preting what were once stand-alone economic rights.14 What is remarkable
in Laval is that the Court deliberately uses the concept of ‘social dumping’
and considers the right to take collective action for the protection of
workers against social dumping as an overriding reason of public interest.15
Social rights, then, are not exceptions that need to be justified against a
(market-making) rule; but fundamental freedoms and fundamental rights
are principles that compete at the same normative level and must be recon-
ciled with one another.
The Court, then, offers a proceduralizing and contextualizing approach
to the underlying fundamental conflict within the enlarged EU between the
commitment to a liberal market economy and social policy commitments:
the Court obligates the parties to the conflict, via the referring court, to do
the “balancing” that is necessary here, thereby shifting the burdens of pro-
viding mutually acceptable justifications to the parties themselves. Observe
that the Court does not – as it could have done and as some commentators
feared it would do – assert judicial supremacy: for example, by prioritizing
freedom of establishment, say, out of a concern with market partitioning
and by determining what should be the “right” balance for all. Indeed, some
commentators have expressed the concern that by espousing a fundamental
rights approach the Court would jeopardize the coherence of Community
law and that therefore
“[t]here is something to be said for making a complete separation be-
tween the process of economic integration, on the one hand, and the dif-
ferent forms of purely intergovernmental collaboration on the other.” 16

13 ECJ Case C-341/05 Laval, Rec. 110.


14 On socio-economic rights within the domestic law context: Mark Tushnet Weak
Courts, Strong Rights (Princeton University Press 2008); Frank Michelman the Constitu-
tion, Social Rights, and Liberal Political Justification, 1 I. CON (2003), 13 – 34, at 34: “In
Rawlsian language, the point of naming social citizenship a constitutional right would be to
give a certain inflection to public reason.”
15 Rec. 103.
16 Koopmans Guest Editorial: In Search of Purpose, 42 Common Market Law Review:

1241–44 (2005).
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 503

On the face of it, such an approach would absolve judges of the need to
make far-reaching value judgments; value-judgments that are a necessary
consequence and corollary of the open-textured nature of Convention
rights, of domestic fundamental rights, and of social rights in particular. The
open-textured nature of those rights requires judges to make value judg-
ments, but at the same time means that there will be reasonable disagree-
ment about the applied meaning of such a right when it comes to weighing
legitimate interests. But what is the source of those values? Rather than
pointing to separate spheres of decisionmaking, the ECJ – which once
started out as a common market court – self-consciously organizes a pro-
cess of constrained and principled reciprocal justification between stake-
holders in a given conflict. Thus, Viking must explain its interest in eco-
nomic mobility, but in doing so, it must take into account the “common
ground” under the ECHR and various other international legal documents –
the importance of the trade unions‘ legitimate interests. At the same time,
the trade unions need to explain the meaning of a “serious threat” (with re-
gard to jobs and employment conditions), but, in turn, must – in order for
them to establish the existence of an “overriding reason of public interest” –
consider the role and importance of freedom of establishment as a funda-
mental freedom. The Court, then, sets in motion an argumentative process
within which interests are not fixed and exogenous, but can be molded in
the very process of debate. Politics, then, has a transformative dimension;
and the democracy-facilitating judicial contribution lies in re-stating, and in-
sisting on, the co-legitimacy of both principles which are in conflict within a
given context of application.

III. The ECJ and the Bundesverfassungsgericht:


Stand-off or Dialogue?
The Court bases the legitimacy of the recourse to general principles of
law on its judicial mandate under Art. 220 EC , according to which the
Court is entrusted, by the Memher States, with the role to ensure that, in
the interpretation and application of the Treaty, “the law is observed.” 17
The ECJ ’s role in injecting fundamental principles into Community law
has, by and large, been accepted by “originally one of the national consti-
tutional courts which expressed most scepticism about the Community
capacity to safeguard human rights” 18 – the German Bundesverfassungsge-
17 Jacobs op cit, at 38; Herdegen The Origins and Development of the General Principles

of Community Law, in: Ulf Bernitz and Joakim Nergelius (eds.) General Principles of
Community Law, 3–23 (2000).
18 For this characterisation, cf. Tizzano in: Arnull / Eeckhout / Tridimas (eds.), Continu-

ity and Change, Essays in Honour of Sir Francis Jacobs (Oxford UP : 2008), 125–138, at 137.
504 Oliver Gerstenberg

richt. It can be argued that the German Court has exerted both an enabling
and a constraining influence:
x an “enabling influence,” because the ECJ began to incorporate fundamental
rights as “general principles of Community law” in part in response to con-
cerns articulated by the Bundesverfassungsgericht in cases which raised the
question of its own jurisdiction in relation to Community acts alleged to be
in breach of domestic (German) constitutional norms; but also a
x “constraining influence” because – while the acceptance of supremacy by
the Bundesverfassungsgericht is premised upon the ongoing reception by
Community law of fundamental rights as general principles – the BVG at
the same time indicated unequivocally that the adjudication of the ECJ –
an institution of the Treaty – could have authority only if and to the ex-
tent the Member States, as “masters of the Treaty,” assigned it such.
Consider two – interconnected – examples; firstly, the protection of funda-
mental rights against the authorities of the Communities and, secondly, the
challenge to the ratification of the Maastricht treaty in Germany.
In relation to the first theme – the protection of fundamental rights – the
starting point of a striking sequence of decisions is the Court’s Solange-I
decision from 1974. At issue was Art. 24 I of the German Constitution
which provides that “the Federation may by law transfer sovereign powers
to international organizations.” Here – at a time when the question of fun-
damental rights still figured only marginally in the ECJ ’s case law – the Bun-
desverfassungsgericht reserved the right to review the compatibility of
Community law with the German Constitution “as long as the integration
process has not progressed so far that Community law also receives a cata-
logue of fundamental rights decided on by a parliament and of settled valid-
ity which is adequate in comparison with the catalogue of fundamental
rights contained in the Constitution.”
But subsequently – after indicating in 1979 that it might modify its position
“in view of political and legal developments in the European sphere occurring
in the meantime” – the German Court announced in its Solange II -decision
from 1986 that, indeed, “a measure of protection of fundamental rights has
been established in the meantime […] which in its conception, substance and
manner of implementation is essentially comparable with the standards of
fundamental rights provided for in the Constitution” (par. 35). Impressed by
the case law of the ECJ concerning fundamental rights the Bundesverfas-
sungsgericht now reversed its “Solange-formula:” the Court would no longer
review secondary Community law on the basis of German fundamental
rights norms “[s]o long as the European Communities, and in particular the
case law of the European Court, generally ensure an effective protection of
fundamental rights as against the sovereign powers of the Communities
which is to be regarded substantially similar to the protection of fundamental
The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 505

rights required unconditionally by the Constitution, and in so far as they gen-


erally safeguard the essential content of fundamental rights” (par. 48).
Yet another seven years later, in its Maastricht decision from 1993, the
German Court characterized its role as a direct interlocutor of the ECJ as a
“relationship of cooperation” (albeit only in quotation-marks): accordingly,
it “exercises its jurisdiction on the applicability of secondary Community
legislation in Germany in a ‘relationship of cooperation’ with the European
Court, under which that Court guarantees protection of basic rights in any
particular case for the whole area of the European Communities, and the
Constitutional Court can therefore restrict itself to a general guarantee of
the constitutional standards that cannot be dispensed with” (par. 70).
As the Court later went on to clarify in a decision concerning the market
organisation for bananas (BVerfG 2 BvL 1/97), this means in practice that
constitutional complaints and submissions by courts to the Bundesverfas-
sungsgericht are inadmissible from the outset if their grounds do not state that
European law, including the case-law of the ECJ , does not generally – beyond
the case at issue – ensure the protection of the fundamental rights uncondi-
tionally required by the German Basic Law. So the threshold for the Bundes-
verfassungsgericht to re-assert its own jurisdiction is very high: while con-
vergence is aimed at, a congruence of standards of protection is not required.
In order for the Bundesverfassungsgericht to become active again, a complain-
ant or a submitting court would have to make the case – by way of a general
assessment of the European legal system in its entirety – that there has
emerged “a general decline of the standard of fundamental rights.”
In relation to the second theme, when asked whether ratification of the
Maastricht-Treaty was compatible with the democratic principle enshrined
in the German Constitution, the Bundesverfassungsgericht stated that an Act
of Accession that opens up the German legal system to the direct validity
and application of EU law must specify “with sufficient certainty the powers
that are transferred and the intended program of integration.” So the EU
does not have any so-called Kompetenz-Kompetenz to self-authorize an in-
crease in its own powers and functions. “[I]f” – as the German Court
warned – “European institutions or agencies were to treat or to develop the
Union Treaty in a way that was no longer covered by the Treaty in the form
that is the basis for the Act of Accession, the resultant legislative instru-
ments would not be legally binding within the sphere of German sover-
eignty. The German state organs would be prevented for constitutional rea-
sons from applying them in Germany.” The German Court “accordingly
[…] will review legal instruments of European institutions and agencies to
see whether they remain within the limits of the sovereign rights conferred
on them or transgress them.”
This latter claim – which opens up the question of EU competences to be
reviewed by the BVG – of course sharply clashes with the role of the ECJ ,
506 Oliver Gerstenberg

a main function of which is to ensure the legality of the measures taken by


the institutions created by the Treaties, so that their powers are exercised in
accordance with the law. And this role includes annulling any measures
where Community institutions exceed their powers conferred to them by
the Member States: i.e. “the exclusive jurisdiction to declare void an act
of a Community institution;” 19 because otherwise “[d]ivergences between
Courts in the Member States as to the validity of Community acts would be
liable to place in jeopardy the very unity of the Community legal order and
detract from the fundamental requirement of legal certainty.” 20
The clash between both Courts has to do with the fact that both Courts
view the same legal system from different – indeed diametrically opposed –
angles.
On the account of the Bundesverfassungsgericht, Germany “even after the
Union Treaty comes into force, will remain a member of a federation of
states, the common authority of which is derived from the member States
and can only have binding effects within the German sovereign sphere by
virtue of the German instruction that its law be applied. […] The validity
and application of European law in Germany depend on the application-of-
law instruction of the Accession Act.”
In other words, on the German Court’s account, the “application-of-law
instruction” – which is granted in the parliamentary act of assent – is the
“lever of integration” – “Integrationshebel” (Hallstein 21) – which ensures the
effectiveness of Community law within the national legal order and which
opens up Community law to judicial review by the Bundesverfassungsgericht.
The ECJ , by contrast, severs this link. Compared to classical international
jurisdictional authority, the ECJ ’s jurisdictional authority is obligatory:
there is no need to obtain any supplementary consent from Member States.
The ECJ emphasizes the autonomy of the Community legal order vis-à-vis
both public international law and domestic law: the Treaty conferred indi-
vidual rights which the national courts must protect. “Autonomy” implies,
not only that provisions of Community law render automatically inappli-
cable any conflicting provision of national law 22, but also that no national
constitutional court may review Community law in the light of fundamental
rights protections offered by national constitutional law. So autonomy and
uniformity of application of Community law throughout the Member States
(if it is to be effective) are mutually intertwined, coeval concepts.

19 ECJ , Case 314/85, Foto-Frost, para. 17.


20 Ibid, at para. 15.
21 Walter Hallstein Europapolitik durch Rechtsprechung, in: Heinz Sauermann und
Ernst-Joachim Mestmaecker (eds.), Festschrift Franz Boehm zum 80. Geburtstag,
pp. 205–225, at 216, who attributes this term to Ipsen.
22 ECJ , Case 106/77, Simmenthal, 1978 ECR 629, paras. 3 and 21 et seq. See also Case

C-213/89, Factortame, 1990 ECR I-2433, paras. 20 et seq.


The Role of the ECJ in the Protection of Fundamental and Social Rights 507

IV. Economic Constitutionalism (“Wirtschaftsverfassung”)


v. Deliberative Constitutionalism
What conclusions can be drawn?
First, an essential aspect of the success of the Community’s legal system
lies in the dialogue between the ECJ and national jurisdictions. On the one
hand, it is – in line with the principle of subsidiarity and the idea of a de-
centralized application of Community law – the ordinary judges who ordi-
narily apply Community law and who protect the rights of the citizens.
But – through the device of interlocutionary questions – the final word on
the interpretation of Community law rests with the ECJ . This guarantees
the combination of both aspects: the decentralized application of Commu-
nity law through national judges, and respect for the need for a uniform and
coherent interpretation. The vehicle of coherent interpretation is a jurispru-
dence of principles – which the ECJ derives from the legal systems of the
Member States through deliberative comparison between and among the
several legal systems of the Member States; a jurisprudence of coherence
which is motivated by respect for the equality of rights among citizens who
seek to have their rights protected by judges from different countries.
But if there is a “pull” towards a vision of coherence (judicial centraliz-
ation), there is – secondly – a countervailing pull towards pragmatic differ-
entiation and pluralization too. From the German Court’s legal outlook,
Community law finds its impassable boundaries in the constitutional law
premises of the respective Member State: these constitutional law premises
demand precedence also over Community law because they set the condi-
tions for its effectiveness within the national legal order and also for the “ap-
plication-of-law instruction” to apply European law; instruction which is
granted by an – always revocable – parliamentary act of assent. On this
acount, any push towards “constitutionalization” – be it judicially, be it
through a constitutional treaty – threatens alienation: threatens, that is, to
throw the democratic-parliamentarian link of the Union vis-à-vis its consti-
tuent demoi into jeopardy. You may feel drawn towards the German ap-
proach for an array of motives:
x Out of a concern for legal predictability and certainty (together with a
supporting view that open-textured fundamental rights norms must be
embedded in the restraining and balancing framework of competition
law, a private-law standard of care for a theory of unlawfulness and neg-
ligence, and a doctrine on the scope of protection and the limits of fun-
damental rights 23);

23 This view is often associated with theories of a “private-law-society” and “Wirts-

chaftsverfassung”.
508 Oliver Gerstenberg

x Out of a – constitutional-contractarian, demos-based – concern for sys-


tematic nature, coherence and possibility of constitutional law and its ca-
pacity to absorb the multiple shocks of disagreement within a diverse so-
ciety, and, relatedly, its usefulness as a constitutional model that can be
exported. 24
But the push towards pluralization must constantly be balanced against,
and contextually assessed in the light of, the expansion and deepening of EC
law, a process characterized by at least three features:
x The ECJ ’s rule-of-law reinforcing role that national courts cannot exercise
or fulfil themselves: the extension into the transnational sphere of values
other than, and beyond, legal predictability; these values include not only
fundamental rights, but also the emergence of equality and of dignity, and
the principle of proportionality as a device of deliberative coordination;
x The ECJ ’s forum-creative role which forces the re-consideration of
national laws and policies against the backdrop of European principles,
drawn from domestic law; together with the multiplication of actors and
the growing role of “horizontal” conflicts between private parties;
x The ECJ ’s role in maintaining, upholding, and fostering a transnationally
enlarged interpretive community which helps in the process of making
Community law “objective,” since it is less and less characterized by a
self-appreciation of legality by the “masters of the treaty” – the sovereign
states –, and more constrained by a dialogue over principles – a dialogue
which may “define the field” and express the “reason of the thing” and
thereby caution towards judicial self-restraint and account for the discur-
sive constraints under which the European judiciary operates.
I offer these – somewhat open-ended – reflections to Gunther Teubner, in
the hope that he may find them interesting and useful. 25 And perhaps this
paper – while concerned with esoteric matters of EU law – is evidence of
how much I have learnt from his work and the example he has set.

24 Cf. D. Grimm The Constitution in the Process of Denationalization, in: 12 Constel-

lations 447–468 (2005); idem, Integration by Constitution 3 I. CON 193–208 (2005).


25 For an earlier round of conversation, cf. O. Gerstenberg Justification (and Justifiabil-

ity) of Private Law in a Polycontextural World, in: 9 Social and Legal Studies, 419–429
(2000).
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität:
Überwältigte Einheit oder organisierte Vielfalt?

Isabell Hensel

„Was ist der Preis der Effizienz?“ 1 – die Kausalität von „eine Mark für eine
Wahrheit!“? 2 Was schon bei Kant, aber auch bei Weber und Horkheimer
laut wurde, 3 Brecht dramatisch verarbeitete 4 und was in den letzten Jahr-
zehnten Anstoß für eine Vielzahl von Hochschulreformen war, setzt sich
heute als Kritik an der Stiftungsuniversität fort: 5 die Einbindung der Wis-
senschaft in gesellschaftliche Verhältnisse und die Gefahr des Verlustes ihrer
Zweckfreiheit.
Während Befürworter des Stiftungskonzepts einen Autonomiegewinn
der Wissenschaft durch die Abkopplung von staatlicher Haushaltsplanung
betonen, sehen Kritiker die Forschungsfreiheit durch neue wirtschaftliche
Abhängigkeiten gefährdet. In diesem Streit um Art und Ausmaß der gesell-
schaftlichen Einbettung der Wissenschaft werden aber die Funktion und
Organisation dieser Lebensbereiche fälschlich vermischt. 6 Denn von der
Komplexitätssteigerung der Operationsweise des Wissenschaftssystems,
hervorgerufen durch den systemspezifischen Umgang mit Risiko und
Nichtwissen und dem gesellschaftlichen Phänomen des drängenden Wis-
sensbedarfs der Konsumenten und Anwender, ist die Organisation des Wis-
senschaftssystems zu differenzieren. Erst dann kann gefragt werden, wie die

1 So die Eingangsfrage bei Teubner Nach der Privatisierung? Diskurskonflikte im Privat-

recht, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie, 1998, 8–36 (8).


2 Luhmann Die Wissenschaft der Gesellschaft, 1990, 638, der die Kausalität anzweifelt.
3 Kant Der Streit der Fakultäten, 2004, 6 ff.. Eine Kapitalismus-Analyse der Universität

bei Weber Wissenschaft als Beruf, Vortrag 1919, in: C. Braun et.al. (Hg.), Gesamtausgabe,
1992, 74. Horkheimer Traditionelle und Kritische Theorie (1937), in: ders. (Hg.), Kritische
Theorie, Bd. II , 1969, 137 ff., zur Undurchsichtigkeit des Zusammenhangs wissenschaft-
licher Tätigkeit und kapitalistischer Produktionsweise.
4 Brecht Leben des Galilei, in: ders., Ausgewählte Werke in sechs Bänden, Bd. II , 1997.
5 Ein Überblick bei Sandberger Staatliche Hochschulen in alternativer Rechtsform?,

19–55 (19–40). Zu den schwankenden Hochschulleitbildern Müller-Böling, Die entfesselte


Hochschule, 2000, 19 ff.
6 Zu Formen der Einbettung, Nida-Rümelin (Hg.), Wunschmaschine Wissenschaft,

2006. Zur historischen Entwicklung siehe Paletschek Zurück in die Zukunft? Universitäts-
reformen im 19. Jahrhundert, in: W. Jäger (Hg.), Das Humboldt-Labor, Experimentieren
mit den Grenzen der klassischen Universität, 2007, 11–15 (12).
510 Isabell Hensel

gesellschaftlichen Funktionsweisen durch Formen der Organisation geför-


dert und gesellschaftsfähig gemacht werden können. Im Folgenden sollen
diese Bedingungen der Organisierbarkeit einer „reinen“, durch wirtschaft-
liche, politische und erzieherische Kommunikation irritierten Wissenschaft
herausgearbeitet werden. Die als Experiment gehandelte Stiftungsuniver-
sität als alternative Rechtsform zu Gelehrtenrepublik und staatlicher Träger-
schaft hat, so meine Annahme, unter gewissen Umständen das Potential,
diese Organisationsleistung zu erbringen und unter ihrem Dach die ver-
schiedenen Systemautonomien zu sichern. 7
Am Beispiel der seit Juni 2008 in eine Stiftungsuniversität des öffentlichen
Rechts umgewandelten Goethe-Universität Frankfurt am Main wird zu un-
tersuchen sein, ob in dieser Universitätsform ein „ununterbrochenes, sich
immer selbst belebendes, aber ungezwungenes und absichtloses Zusam-
menwirken“ in Einsamkeit und Freiheit, nach Humboldt die Voraussetzung
für Wissenschaft, 8 möglich ist. Unter Berücksichtigung neuer Qualitäts-
anforderungen an die Universität der Moderne, wie Effektivität, Effizienz
und Innovation 9 wird deren Ordnungsleistung für die verschiedenen Le-
bensbereiche in dieser Wendung als Konstellation der horizontalen Grund-
rechtswirkung zu formulieren sein.

1. Das Konzept der Stiftungsuniversität


Der deregulierende Ansatz der 4. HRG -Novelle sah in § 58 I Hochschul-
rahmengesetz ( HRG ) a. F.10 vor, dass Hochschulen neben der körperschaft-
lichen Form „auch in anderer Rechtsform errichtet werden können“ und
ebnete damit den Übergang der Goethe-Universität Frankfurt von einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts in eine rechtsfähige Stiftung des öffent-
lichen Rechts. Die Öffnung wurde unter Verzicht auf spezielle Errichtungs-
gesetze in den §§ 100a ff. Hessisches Hochschulgesetz ( HHG ) 11 aufgegriffen

7 Zum Scheitern bisheriger Rechtsformen bereits v. Heppe Grenzen der Forschungs-

förderung durch den Staat, in: H. Scholz (Hg.), Die Rolle der Wissenschaft in der moder-
nen Gesellschaft, 1969, 242–255; Schimank Festgefahrene Gemischtwarenläden – Die deut-
schen Hochschulen als erfolgreich scheiternde Organisationen, in: ders./E. Stölting (Hg.),
Die Krise der Universität, Leviathan Sh. 20, 2001, 223–242.
8 Die Idee der Stiftungsuniversität geht auf v. Humboldt zurück, ders. Antrag auf Ein-

richtung der Universität Berlin v. 1809, in: E. Müller (Hg.), Gelegentliche Gedanken über
Universitäten, 1990, 267, 272; Zitat in: ders. Bildung und Sprache, 4. Aufl., 1985, 114, 118.
9 So bspw. der Hochschulentwicklungsplan der Goethe-Universität v. 17. 10. 2001, ab-

rufbar unter: http://www.uni-frankfurt.de/org/ltg/admin/pr-abt/regeln/docs/hep_I.pdf.


10 BGBl . I, 2007, 506. Mit der Föderalismusreform wird die Rahmengesetzgebung des

Bundes durch Landesrecht ersetzt, vgl. Art. 125 a GG . Siehe das Gesetz der Aufhebung des
HRG , BT. Drs. 16/6122 v. 1. 10. 2008.
11 GVBl . II 70–205.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 511

und bildet die Grundlage für den Rechtsformwandel des hessischen Modells.
Die Lösung aus der staatlichen Prägung soll die Schwächen der universitä-
ren Selbstorganisation hinsichtlich der Unterhaltung einer administrativen,
logistischen und technischen Infrastruktur sowie die Gefahren der Abhän-
gigkeit von staatlicher Entscheidung und Haushaltsplanung überwinden.12
Die übertragenen, ehemals staatlichen Aufgaben werden nach § 100b
HHG zum durch das Stiftungsvermögen geförderten öffentlichen Stiftungs-
zweck: die Betreibung als Hochschule des Landes und die Steigerung der
Qualität von Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung. Dazu kann die
Universität öffentliche und private Finanzmittel einwerben, Stiftungen ver-
walten, Gesellschaften des Privatrechts errichten oder sich an diesen betei-
ligen sowie „neue Formen der Zusammenarbeit mit Dritten erproben, wenn
deren Zwecke mit dem Zweck der Stiftung vereinbar sind.“
Die Stiftungsuniversität hat gemäß § 100d I HHG das Recht zur Selbst-
verwaltung. Weisungsgebundene Auftragsangelegenheiten entfallen. Dem
Ministerium steht nur noch eine Rechtsaufsicht zu, während die Fachauf-
sicht unter den Organen der Stiftungsuniversität, Hochschulrat, Präsidium,
Senat und Stiftungskuratorium netzwerkartig aufgeteilt wird. Die horizon-
tale Organisationsstruktur wird durch die Umwandlung der Hochschulor-
gane in Stiftungsorgane nach § 100e, k HHG möglich. Damit ist die Stiftung
nicht Träger der Hochschule, sondern Hochschule und Stiftung bilden eine
Einheit.13

2. Theoretische Einbettung der Stiftungsuniversität


Zur Bewertung dieser Universitätsform sollen zunächst die Funktionsbe-
dingungen wissenschaftlicher Tätigkeit beobachtet werden, um weiter die
Bedingungen der Organisierbarkeit und die Auswirkungen der Organisa-
tion mit Hilfe eines gesellschaftstheoretischen Reflexionsrahmens abschät-
zen zu können.

2.1 Funktionsbedingungen des Wissenschaftssystems


„Ist von Wahrheit die Rede, so braucht man nur zu fragen, unter welchen
Bedingungen die betreffende Aussage unwahr sein würde – und schon fin-
det die Kommunikation im Wissenschaftssystem statt.“ 14 Damit führt die

12 Vgl. die Ziele der H RG -Novelle, BT-Drs. 1318/796, 13 ff. und die niedersächsischen

Erwägungsgründe, dazu Oppermann Vom Staatsbetrieb zur Stiftung – Impulse für neue
Hochschulen, in: ders. (Hg.), Vom Staatsbetrieb zur Stiftung. Moderne Hochschulen für
Deutschland, 2002, 10 ff. (13 f.).
13 Anders das niedersächsische Modell, § 59 I iVm § 61 NHG .
14 Luhmann Fn. 2, 63, 293; Stichweh Wissenschaft, Universität, Professionen, 1994.
512 Isabell Hensel

wissenschaftliche Operation die Bedingungen ihrer Anschlussfähigkeit und


gleichzeitig ihrer Geschlossenheit mit sich.15 Die im Medium Wahrheit blei-
bende selbstreferenzielle Forschung über Forschung drängt auf die Unter-
scheidung wahr/unwahr. So kann man auch § 22 HRG lesen, nach dem
Forschung „der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der wis-
senschaftlichen Grundlegung und Weiterentwicklung von Lehre und Stu-
dium“ diene. Wissenschaft stellt damit eine „funktional luxuriöse Gruppe,
ein sozial zweckloses Nebenbei“ dar, das nicht zielgerichtet – nicht auf Ver-
besserung durch eine Unterscheidung von guter und schlechter Forschung
angelegt ist.16 Die auf Aristoteles zurückgehende Idee der völligen Neutra-
lität der Forschung als Gegensatz zu dem sinnsuchenden Paradigma des
Kritischen Relationalismus 17 wird mit der Eigenlogik der Wissenschaft –
ihrer Selbstreferentialität – begründet. Wahrheit ist von der Erscheinungs-
welt zu unterscheiden und bleibt gezwungenermaßen in der eigenen Ratio-
nalität gefangen, um doch als Teil der Gesellschaft keine „abgelöste Sphäre“
zu sein, sondern sich ihrer Bedingungen über stetige Grenzziehung zu ver-
gewissern.18 Systemstabilität wird durch den internen Kontrollmechanismus
der Anschlussfähigkeit erreicht – der Kritik.19 Der dadurch angetriebene
komplexitätssteigernde Ausdifferenzierungsprozess mündet in die „Theo-
rie“ – die Methodisierung der Erkenntnisstrebung. 20 Damit grenzt sich die
Forschung von den Operationen ihrer Umwelten Finanzierung, Nutzung,
Förderung und Lehre ab. 21 Die Absicherung von Wissen und Professionali-

15 Zu dieser Operation Krohn/Küppers Die Selbstorganisation der Wissenschaft, 1989.


16 Zur Zweckfreiheit, Schelsky Einsamkeit und Freiheit – Zur sozialen Idee der deut-
schen Universität, 1960, 30; Merton Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen,
1985, 89. Auch das BVerfG betont die notwendige Loslösung von „gesellschaftlichen Nütz-
lichkeits- und politischen Zweckmäßigkeitsvorstellungen“, BVerfGE 47, 327 (370).
17 Zum Kritischen Relationalismus Popper Logik der Forschung (1935), 2007. Auch

Foucault bestreitet diese Neutralität, wenn er Macht und Wissen „als zwei Seiten derselben
Münze“ betrachtet, ders. Der Wille zum Wissen, 1995.
18 Luhmann Fn. 2, 294. Siehe die Gegner des Kritischen Relationalismus: Zur Grenze

der Wissenschaft, Feyerabend Über die Methode. Ein Dialog, in: G. Radnitzky/G. Anders-
son (Hg.), Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft, 1981. Und Kuhns Unterschei-
dung normale/außerordentliche Wissenschaft, ders. The Structure of Scientific Revolu-
tions, 2. Aufl., 1970.
19 Merton Fn. 16, 97. Dazu auch Foucault, Was ist Kritik?, 1992, 33.
20 Vgl. Stichweh Ausdifferenzierung der Wissenschaft – Eine Analyse am deutschen Bei-

spiel, Wissenschaftsforschung, Report 8, 1977, 171 ff.


21 Luhmann Fn. 2, 334, 704; ders. Universität als Milieu, 1992, 104 ff.; Stichweh Fn. 20,

60 ff., 169 ff.; Schimank Politische Steuerung in der Organisationsgesellschaft – am Beispiel


der Forschungspolitik, in: W. Zapf (Hg.), Die Modernisierung moderner Gesellschaften,
1990, 505–516. Zum historischen Ausdifferenzierungsprozess Bumann Der Begriff der Wis-
senschaft im deutschen Sprach- und Denkraum, in: A. Diemer (Hg.), Der Wissenschafts-
begriff, 1970, 64–75; Diemer Die Begründung des Wissenschaftscharakters der Wissen-
schaft im 19. Jahrhundert, in: ders. (Hg.), Zur Entwicklung der Wissenschaftstheorie im
19. Jahrhundert, 1968, 3–62.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 513

sierung ist ebenfalls nicht Teil der Ausdifferenzierung, sondern Teil des
„Belohnungssystems“ der Organisation Universität, 22 die die permanente
Irritation und Gefahr der Entdifferenzierung der wissenschaftlichen Unter-
scheidung wahr/unwahr unter Bedingungen stellt und damit die systemi-
sche Schließung sichert. 23

2.2 Organisierte Bewältigungsstrukturen


der Unterscheidung Wissenschaft/Umwelt
Die Universität gilt seit Platon als Urstätte der avancierten Wissenspro-
duktion und hat als solche die Verwirklichungsbedingungen der Wissen-
schaft und ihre Nutzung und Unterhaltung sicherzustellen. An dieser Auf-
gabenbeschreibung setzen zahlreiche kontroverse Stellungnahmen an. So
sieht Stichweh in der Abhängigkeit von gesellschaftlichen Ressourcen und
in der Unfähigkeit den Beweis der eigenen Nützlichkeit anzutreten eine
doppelte Legitimationsschwäche der Wissenschaft. 24 Schelsky befürchtet
die Funktionalisierung der Universität 25 durch Gesellschaftsbedürfnisse und
zielt damit in dieselbe Richtung wie Gouvernementalisierungsvorwürfe, 26
die eine macht- und marktorientierte Wissenschaftsverwaltung anprangern.
Luhmann greift die Debatte um den Gesellschaftsbezug auf und beschreibt
die Universität auf Organisationsebene als „Treffraum“ 27 von Funktionssys-
temen. Damit rückt die Frage ins Zentrum, ob die aufeinander treffenden
Funktionsbereiche in der Schnittstelle der Universität organisierbar sind –
die Gleichzeitigkeit von Funktionsautonomie und Abhängigkeit in der Rah-
mung der Organisation koordinierbar wird. 28 An der Organisationskom-
munikation sind gleichzeitig mehrere Funktionssysteme beteiligt. Das hebt
Luhmann insbesondere für die Universität hervor. 29 Die lose Kopplung von
Entscheidungen in multireferentiellen Organisationen ermöglicht es den
Funktionssystemen, Umweltbeziehungen zu unterhalten. 30 Hier treffen die
22 Inkonsequent daher Stichweh Fn. 20, 69, 178.
23 Zu dem Verhältnis von Leistungsabhängigkeit und -bereitschaft der Systeme, Luh-
mann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 759.
24 Stichweh Fn. 20, 63ff, 66 f.
25 Schelsky Fn. 16, 25 ff.
26 So bspw. Liesner Freiheit und Regierungskunst – Anmerkungen zur Gouvernemtali-

sierung der Universität, in: Forschung & Lehre 2, 2008, 148–150.


27 Luhmann Politik der Gesellschaft, 2000, 398; ders. Fn. 21, 122; ders. Fn. 2, 676; Drep-

per Organisationen der Gesellschaft, 2003, 241 ff.


28 Zu dieser Frage Lieckweg Strukturelle Kopplung von Funktionssystemen „über“ Or-

ganisation, in: Soziale Systeme 7, 2001, 267–289; dies. Das Recht der Weltgesellschaft,
2003, 56 ff.; Küpper/Ortmann Mikropolitik. Rationalität, Macht und Spiele in Organisatio-
nen, 1988.
29 Luhmann Fn. 2, 678.
30 Wehrsig/Tacke Funktionen und Folgen informatisierter Organisationen, in: T. Malsch/

U. Mill (Hg.), ArBYTE . Modernisierung der Industriesoziologie?, 1992, 219–239; Lieckweg/


514 Isabell Hensel

verschiedenen Funktionslogiken von Wissenschaft, Wirtschaft, Erziehung


und Politik aufeinander und machen die Organisation zum Schauplatz des
sozialen Konflikts. Die systemspezifisch konditionierten, kontextgebundenen
Kommunikationen werden durch Transformation auf Organisationsebene
respezifiziert und unter organisatorische Entscheidungszwänge gestellt. Die
Organisation fungiert dabei nicht als zielgerichtete Interessendurchset-
zungsagentur, sondern stellt die Anschlussfähigkeit der Systemoperationen
her. 31 Die Mitgliedschaftsrolle wird zur Bedingung der Funktionsstabilisie-
rung und kann, gestützt auf den Systemerhaltungstrieb, Mitgliedschaftsbe-
dingungen formulieren. 32 Durch die Formalisierung der Mitgliedschaft in
der Organisation können die Erwartungen der Mitglieder koordiniert und
die verschieden gelagerten Motive (Reputation, Karriere, Vergütung, Profit,
Originalität, Drittmittelfähigkeit u. a.) verarbeitet werden. 33 Von Reziprozi-
tät kann in der Organisation auf Komplementarität von Erwartungen um-
gestellt werden. „Die Mitglieder müssen lernen, ihre Wünsche und Neigun-
gen zu vertagen und in einem weiter gespannten Zeithorizont zu leben.“ 34
Losgelöst von den kommunikativen Prozessen wird so die Entscheidung
auf spezifische Entscheidungsprogramme übertragen und entscheidbar ge-
macht. Die Qualität der Organisation misst sich daran, wie diese mit der
Multiplikation der Entscheidungslast, der „Hypertrophie von Entschei-
dungsmöglichkeiten“ 35 umgeht. Nicht Vereinheitlichung, sondern die Stabi-
lisierung der Vielfalt der unverträglichen Handlungslogiken muss dann das
Ziel sein. Das bedeutet freilich die wechselseitige Einschränkung von Frei-
heitsgraden und damit die wechselseitige Kontingenzbeschränkung als Mit-
gliedschaftsvoraussetzung. 36 Durch den limitierenden Mechanismus der
Organisation findet eine (aufgezwungene) Sensibilisierung für die verschie-
denen Teilbereichslogiken statt. Durch die Einbindung in organisierte (kon-
traktuelle) Strukturen tritt das Gegenseitigkeits-(Abhängigkeits-)verhältnis
offen zu Tage und es entsteht eine von Durkheim als „organische Solidari-

Wehrsig Zur komplementären Ausdifferenzierung von Organisationen und Funktions-


systemen. Perspektiven einer Gesellschaftstheorie der Organisation, in: V. Tacke (Hg.),
Organisation und gesellschaftliche Differenzierung, 2001, 36–60 (49).
31 Luhmann Fn. 2, 676; ders. Organisation und Entscheiden, 2000, 400: „Sie nutzen die

Möglichkeit, Grenzen zu ziehen und zu reproduzieren, sie werden kreativ, sie wuchern
und finden sich eben damit weiterer evolutionärer Selektion ausgesetzt.“ Auch Drepper
Fn. 27, 203.
32 Adorno Individuum und Organisation (1954), in: ders. (Hg.), Kritik. Kleine Schriften

zur Gesellschaft, 1971, 67–86 (70); Luhmann Evolution und Geschichte, in: ders. (Hg.),
Soziologische Aufklärung 2, 1975, 150–169 (160). Zum Abhängigkeitsverhältnis Drepper
Fn. 27, 194 ff.
33 Luhmann Fn. 31, 101 f.; ders., Organisation, in: W. Küpper/G. Ortmann (Hg.),

Fn. 28, 165–185.


34 Luhmann Funktionen und Folgen formaler Organisation, 1964, 91.
35 Luhmann Fn. 21, 1992, 110, 122.
36 Luhmann Fn. 31, 301.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 515

tät“ bezeichnete Form der Zusammenarbeit, die gerade nicht mehr auf ein
„Kollektivbewusstsein“ zurückgreifen kann. 37 Die Begrenzung des Eigenen
muss von der Erkenntnis der Abhängigkeit von dem Anderen getragen sein.
In diesem Sinne ließe sich von gegenseitiger Anerkennung und Respekt,
aber gerade nicht von einer Verantwortungsübernahme sprechen. 38
Die Ausrichtung der Entscheidungspraxis an formalisierten, bürokrati-
schen Strukturen einer Demokratisierung kann der komplexitätsbewälti-
genden Reproduktion auf Organisationsebene dabei ebenso wenig genügen,39
wie die Einigung auf bloße Verständigungsmodi oder die Formulierung
einer Organisationsrationalität auf der Basis eines Zweck/Mittel-Schemas. 40
Über eine arbeitsteilig-effiziente Strukturierung hinaus müssen Organisa-
tionen multipel programmiert sein, um der Konfliktbewältigung der Post-
moderne Raum zu geben. Das bedeutet, dass sie die verschiedenen gesell-
schaftlichen Rationalitäten nicht erst in ihre Entscheidung, sondern bereits
in ihren Entscheidungsmechanismus aufnehmen müssen. Für die Universi-
tät bedeutet das: Politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und pädago-
gische Konzepte haben nebeneinander als systemspezifisch ausgeprägte, auf
Autonomieerhalt ausgerichtete Schutzmechanismen ihre Existenzberech-
tigung. Legitimation, Effektivität, Kollegialität und Interaktion müssen in
einem organisatorischen Kontrollmechanismus arrangiert werden. Nur mit
diesem Know-how kann in der Organisation über die komplexe, „konfuse“
Rationalitätenkollision entschieden werden. Die von Luhmann diagnosti-
zierte „Gemengelage“ findet ihren Höhepunkt und ihre Auflösung in der
Organisation. Ihr Entscheidungsmechanismus dient gleichzeitig der Pro-
vokation, Aufdeckung und Einhegung gesellschaftlicher Widersprüche und
wird so zur Rechtsgarantie für systemische Autonomie.

37 Vgl. Durkheim De la division du travail social: Étude sur l’organisation des sociétés

supérieures, 1893. „Die Gesellschaft wird fähiger, sich als Ganzes zu bewegen, während zu-
gleich jedes ihrer Elemente mehr Eigenbewegung hat. Diese Solidarität ähnelt jener, die
man bei den höheren Tieren beobachten kann. Jedes Organ hat dort seine eigene Physio-
gnomie und seine Autonomie, und trotzdem ist die Einheit des Organismus um so größer,
je stärker die Individualisierung der Teile ausgeprägt ist.“, ders. Über die Teilung der sozia-
len Arbeit, Übers. L. Schmidts, 1977, 175 ff., 183.
38 Teubner Die anonyme Matrix, in: Der Staat 45, 2006, 161–187 (187). Davon abzugren-

zen sind Modelle, wie Corporate Social Responibility, die Verantwortungen zuschreiben und
damit auf Akteure abstellen. Dazu Hiß Warum übernehmen Unternehmen gesellschaftliche
Verantwortung?, 2005. Ebenfalls auf eine Akteursvernunft setzen Löwer Das Stiftungsmo-
dell Universität – ein neuer Weg?, in: Wissenschaftsrecht, 2005, 69–98 (92) und Stegbauer,
Reziprozität, 2002.
39 Dazu Luhmann Fn. 21, 75.
40 Drepper Fn. 27 mwN.
516 Isabell Hensel

2.3 Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität


So gewendet, wird die Konstellation der Stiftungsuniversität zum Grund-
rechtsproblem. Ihre Organisationsstruktur ist unter dem neuen Maßstab
der Absicherung der systemischen Autonomieräume zu bewerten. Ein so
verstandener Schutz stellt die Problematik von einem individuellen auf ein
institutionelles Grundrechtsverständnis um. 41 Grundrechte sichern die sys-
temischen Autonomieräume als Bedingung ihrer Kommunikationschancen.
Sie werden damit nicht über Rechtsgüter und Werte definiert, sondern sind
als Gegeninstitutionen zu usurpierenden Teilrationalitäten als Funktionen-
schutz gegen strukturelle Korruption etwa durch die wirtschaftliche Instru-
mentalisierung des Wahrheitsbegriffs zu formulieren. 42

2.3.1 Das institutionelle Grundrecht auf Forschungsfreiheit


Im Hochschulurteil leitet das BVerfG aus Art. 5 III GG die Verpflichtung
des „Kulturstaates“ ab, für die Idee der Wissenschaft einzustehen, an der
Verwirklichung mitzuwirken und sein Handeln positiv darauf auszurichten,
d. h. schützend und fördernd einer Aushöhlung der Freiheitsgarantie vorzu-
beugen. 43 Aber die weitere Formulierung macht deutlich, dass es sich gerade
nicht zwangsläufig um eine Staatsaufgabe handelt, wenn die Verpflichtung
damit begründet wird, dass „ohne eine geeignete Organisation und ohne
entsprechend finanzielle Mittel, über die im Wesentlichen nur der Staat ver-
fügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaft […] keine unabhängige
Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden kann.“ 44
Das Staatsmonopol ist also spätestens dann passé, wenn der Staat die Finan-

41 Siehe bereits Graber/Teubner Art and Money: Constitutional Rights in the Private

Sphere, in: Oxford Journal of Legal Studies 18, 1998, 61–74; Teubner Ein Fall von struk-
tureller Korruption? Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungs-
logiken, in: Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 83,
2000, 388–404; ders. Fn. 38; Gerstenberg Privatrecht, Verfassung und Grenzen judizieller
Sozialregulierung, in: U. Neumann/ L. Schulz (Hg.), Verantwortung in Recht und Moral,
2000, 141 ff.; Ladeur Negative Freiheitsrechts und gesellschaftliche Organisation, 2000;
ders./Viellechner Die transnationale Expansion staatlicher Grundrechte, in: Archiv des
Völkerrechts 46, 2008, 42–73; Christensen/ Fischer-Lescano Das Ganze des Rechts, 2007,
242 ff.
42 Vgl. Luhmann Grundrechte als Institution, 4. Aufl., 1999, 123 ff., 135. Auch Teubner

Fn. 38; ders./Fischer-Lescano Cannibalizing Epistems: Will Modern Law Protect Traditional
Cultural Expressions?, in: C. Graber/M. Burri-Nenova (Hg.), Traditional Cultural
Expressions in a Digital Environment, 2008, 17–48 (25 f.); Christensen/ Fischer-Lescano
Fn. 41, 301.
43 BVerfGE 35, 79, 114.
44 Ebenda, 115 (Hervorhebung von Verf.). Vgl. zum hess. Hochschulgesetz BVerfGE 47,

327, 404.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 517

zierung nicht mehr oder andere besser sicherstellen können. 45 Wir haben
es also nur im weitesten Sinne mit einer Schutzpflicht zu tun – der Adressat
bleibt unbestimmt. Die Ableitungen des BVerfG sind als grundsätzliche
Aussagen zur Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Hochschule und
Träger (der dann nicht staatlich sein muss) zu lesen, will man der Wis-
senschaftsfreiheit zu umfänglicher Geltung verhelfen. Über die objektive
Werteordnung hinaus fordert und begrenzt das Grundrecht auf Wissen-
schaftsfreiheit selbst einen funktionellen Organisationsgrad.
Forschungsfreiheit beschreibt danach die systeminterne Begrenzung der
Forschungsautonomie – also die autonome Operation nach dem Code
wahr/unwahr. Neben dem durch die Verfassung vorbehaltlos gewährten
subjektiven Abwehrrecht nach Art. 5 III GG schützt das Grundrecht die
Institution Wissenschaft im Systemgefüge. Das BVerfG definiert die freie
Wissenschaft als „nach Inhalt und Form ernsthaften Versuch zur Ermittlung
von Wahrheit“ 46 und spricht von Art. 5 III GG als einer „wertentscheiden-
den Grundrechtsnorm“ 47. Umschrieben wird damit nichts anderes als eine
gesellschaftliche Dimension der Wissenschaftsfreiheit – ein „Eigenbereich
Wissenschaft“. Der in der Folge vom BVerfG vorgeschlagene Weg über
staatliche Schutzpflichten bleibt aber der alten Dichotomie von Staat und
Gesellschaft verhaftet und kann den Konflikt um die Entstehungsbedingun-
gen der Wissenschaft selbst nicht in seiner Tiefe erfassen. Die institutionelle
Forschungsfreiheit schützt darüber hinaus die wissenschaftliche Operation
vor gesellschaftlichen Zwängen. 48

2.3.2 Horizontale Gefährdungslage


Mit dieser institutionellen Bestimmung wird die Grundrechtsgeltung ho-
rizontal gewendet – zwischen den Systemen wirkend, also weiter als Gesell-
schafts- und nicht als Privatrechtsproblem gelesen. 49 Die Erweiterung der
Grundrechtsdimension auf horizontale Konflikte ist notwendige Begleit-

45 Siehe neben systemtheoretischen Vertretern auch Ossenbühl Die deutschen Akade-

mien der Wissenschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, 2005, 17, der im An-
schluss aber inkonsequent staatliche Schutzpflichtenkonstruktionen vorschlägt. Präziser
daher ders. Stiftungen als institutionelle Sicherung der Wissenschaftsfreiheit, in: FS für
T. Oppermann, 2001, 841 ff. (853); Meusel Außeruniversitäre Forschung im Wissenschafts-
recht, 2. Aufl., 1999.
46 BVerfGE 35, 79, 113; 47, 327, 367; 90, 1, 11 f.
47 BVerfGE 35, 79, 115. Ähnl. zur Rundfunkfreiheit, BVerfGE 81, 242 ff. Dazu Ladeur

Die „objektiv-rechtliche Dimension der Rundfunkfreiheit“ unter den Bedingungen von


Multimedia, in: H. Faber/G. Frank (Hg.), Demokratie in Staat und Gesellschaft, 2002,
67 ff.
48 Luhmann Fn. 2, 637.
49 Zur Beruhigung der Privatrechtler Teubner Fn. 38, 179; Christensen/Fischer-Lescano

Fn. 41, 251 ff.


518 Isabell Hensel

erscheinung der Differenzierung der modernen Gesellschaft. Sie gewährleis-


tet die Entfaltung der spezifischen Systemrationalitäten unter Achtung der
Systemgrenzen. Wohltuend entpolitisiert erscheint dadurch die gerade in
Deutschland kochende sog. Drittwirkungsdebatte. Während in üblichen
Diskussionssträngen über mittelbare, unmittelbare oder keine Drittwir-
kung der Staatsbezug mitläuft, fordern Teubner und Kollegen die gesell-
schaftliche Rolle der Grundrechte ein – losgelöst von einem etatistischen
Moment. Von einer Drittwirkung zu sprechen, wäre dann nicht mehr ge-
sellschaftsgemäß, weil es nicht zu einem Transfer staatsgerichteter Grund-
rechte kommt, sondern ausgehend von der Gefährdungssituation im
Zeitalter der Verselbstständigung hochspezialisierter Eigenlogiken nicht
mehr nur die Kommunikationsmatrix der Politik die gesellschaftsinternen
Schranken gefährdet. Vielmehr werden durch den Ausdifferenzierungspro-
zess die gesellschaftlichen Grenzzonen und damit auch die Gefährdungs-
lagen multipliziert. 50 Die Grundrechtsproblematik wird polykontextural. 51
Das Gefährdungspotential liegt gerade in der Verselbstständigung von Kom-
munikationslogiken als Folge ihres Drangs zur Eigenrationalitätsmaximie-
rung, 52 die sich mit dem Rückzug des Interventionsstaates und der zuneh-
menden Privatisierung strukturell korrumpierend ausweitet. 53 Teubner
spricht in diesem Rahmen von der anonymen Matrix, um dem unsichtbaren
Phänomen einen Namen zu geben. 54 Dabei handelt es sich weder um Kol-
lektivverletzungen, da sich die Gefährdung nicht auf Organisationseinhei-
ten beschränken lässt, 55 noch um eine Störung in intersubjektiven Bezie-
hungen, da sich keine Interessen und subjektiven Rechte (nicht: sensible
Forscher gegen raffgierige Unternehmer unterstützt von machtorientierten
Politikern) gegenüber stehen. 56 Der Beitrag des Rechts zum Schutz der Ge-
sellschaft vor diesen neuartigen Gefährdungslagen ist die rechtsspezifische
Reformulierung der Autonomieräume. Grundrechtsschutz bedeutet dann
nicht länger Schutz vor dem oder durch den Staat, sondern primär die nach
Versagen des systemischen Selbstregulierungsmechanismus letztinstanzliche

50 Teubner Fn. 38, 175.


51 Zur Begrifflichkeit Günther Cybernetic Ontology and Transjunctional Operations,
in: ders. (Hg.), Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik I, 1976,
249–283.
52 Teubner Fn. 41; ders. Fn. 38; Luhmann Fn. 23, 1088 ff.
53 Dazu Zumbansen Ordnungsmuster im modernen Wohlfahrtsstaat, 2000, 37 ff. Umfas-

send auch Schuppert (Hg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem Staat“, 1999.
54 Teubner Fn. 38; ders., Fn. 41.
55 So aber Kreide Welche Verpflichtungen haben transnationale Unternehmen?, in:

P. Imbusch (Hg.), Demokratie – Gerechtigkeit – Frieden: Eindämmung oder Eskalation


von Gewalt?, 2007, 192–215; dies. Weltarmut und die Verpflichtung kollektiver Akteure, in:
B. Bleisch/P. Schaber (Hg.), Weltarmut und Ethik, 2007, 267–296.
56 Teubner Fn. 38, 178. Ebenso kritisch ggü. einem subjektiven Verständnis Ladeur Kri-

tik der Abwägung in der Grundrechtsdogmatik, 2004, 166 ff.


Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 519

Absicherung gesellschaftlicher Autonomieräume durch beobachtende, re-


flektierende und koordinierende Rechtsarbeit. 57 In Verteidigung dieser Au-
tonomien kann das Recht dann Handlungs- oder Leistungsanweisungen an
die einzelnen Systeme und deren Untereinheiten geben. 58 Der soziale Kon-
flikt löst sich damit nicht auf, wird aber unter Inkompatibilitätsbedingungen
gestellt. 59
In der dogmatischen Ausprägung landet man dann nicht etwa bei einer
unmittelbaren Grundrechtswirkung zwischen privaten Akteuren. Vielmehr
wird der System/Umwelt-Konflikt (Kommunikation vs. Kommunikation
bzw. Institution vs. Institution) rechtlich in Formen der mittelbaren Grund-
rechtswirkung aufgelöst, die dann aber nicht mehr bloß in staatlichen
Schutzpflichten aufgehen, sondern weitere Schutzpflichtenträger formulie-
ren müssen, um in der gängigen Terminologie zu bleiben. 60 Unter diesem
veränderten Blickwinkel kann das Recht als nichtbetroffener Beobachter
zweiter Ordnung die in den Systemen als Gefährdungen (externe Schadens-
verursachung) wahrgenommenen Grundrechtsverletzungen als Risiko, d. h.
zukünftigen Schaden als kalkulierbare Entscheidungsfolge, verarbeiten. 61
In dieser die Gefahr aus dem sozialen Konflikt transformierenden Risiko-
kategorie läuft bereits die Entscheidbarkeit mit. 62 Aus dieser Perspektive
kann mit Gestaltbarkeit, Veränderbarkeit und Steuerbarkeit als Problem-
bewältigungsmechanismen um den Preis des Entscheidenmüssens reagiert
werden. 63

57 Dazu Teubner Fn. 41, 399; Ladeur/Viellechner Fn. 41, 71.


58 Zu den rechtlichen Auflösungsmechanismen, Fischer-Lescano Kritik der Praktischen
Konkordanz, in: Kritische Justiz 2, 2008, 166–177 (175). Zu einer dann als Grundrechts-
ausfluss verstandenen Gemeinwohlbindung Privater vgl. Schuppert Fn. 53, 24 f.
59 Vgl. Teubner Fn. 41.
60 Vgl. Teubner Fn. 38, 183.
61 Zur urspr. Unterscheidung Strafrecht (Gefahr)/ Zivilrecht (Risiko), Foucault Atten-

tion: danger, in: Liebération, Nr. 1286, 22. 03. 1978, 507 f.; Castel From Dangerousness to
risk, in: G. Burchell/C. Gordon/P. Miller (Hg.), The Foucault Effect: Studies in Gouver-
nementality, 1991, 281–298. Zur systemtheoretischen Unterscheidung Luhmann Soziologie
des Risikos, 1991, 30 f.; ders. Risiko und Gefahr, in: ders. (Hg.), Soziologische Aufklä-
rung 5, 2. Aufl., 1993, 131–169 (137); ders. Gefahr oder Risiko, Solidarität oder Konflikt, in:
R. Königswieser (Hg.), Risiko-Dialog: Zukunft ohne Harmonieformel, 1996, 39, der damit
einer anderen Definition der Risikogesellschaft als bspw. Beck folgt, ders. Risikogesellschaft,
1986.
62 Vgl. Kneer/Nassehi Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme, 3. Aufl., 1997, 173.
63 Vgl. Luhmann Fn. 61, 1991, 112; ders. Fn. 61, 1996, 41. IdS ließe sich von Risikoregu-

lierung sprechen.
520 Isabell Hensel

3. Stiftungsuniversität als Inkompatibilitätsnorm


Die Rechtsrahmung der Organisation, die als Strukturelement in der
Gesellschaft deutlich an Bedeutung gewonnen hat, 64 ermöglicht eine Diszi-
plinierung im Sinne der Grundrechte – markiert Grundrechtsräume. Damit
nähern wir uns, entgegen traditioneller (politischer) Organisationstheo-
rien, 65 die sich an Herrschafts- und Machtanalysen abarbeiten, dem Fou-
caultschen Disziplinierungsmodell – Disziplinierung verstanden als vertikal
wirkende anonyme „Machttechnologie“. 66 „Macht“ wird dann nicht als
politisches, hierarchisches Phänomen, sondern als die jeweilige Usurpa-
tionstendenz expandierender Funktionssysteme verstanden. 67 Die Organi-
sation fungiert im Idealfall als „grundrechtskonformes“ freiheitsgewähren-
des Ordnungsprinzip. Was bei Foucault noch als Mechanismen der Strafe,
Überwachung, Dressur und Korrektur bezeichnet wird, 68 ist, so gewendet,
Drohung, Entzug, Geldstrafe, Ignoranz, Ausschluss u.s.w. Die Organisa-
tion als Rechtsform bietet die Chance, die Grenzen der Autonomieräume
extern zu kommunizieren, sie zu reformulieren, um sie für andere Systeme
verständlich zu machen. An die Stelle der klassischen Sanktionierung und
(Grund-)Rechtserzwingung treten, wenn auch nicht immer freiwillig, ko-
operative Phänomene, die wir aus dem Vertragsrecht mit seiner vertikalen
Tradition kennen. 69 Die dadurch hervorgebrachte soziale Kontrollwirkung
durch netzwerkartige Interaktion ermöglicht erst respektierende Umgangs-
formen. Durch die Polykontexturalität und damit Multifunktionalität der
Grundrechte kann das Recht mit einem von der Toleranz vor der Umwelt
getragenen Rationalisierungszwang arbeiten. 70 Das Wissenschaftssystem ist
im Gegensatz zur Politik oder zum Recht, die eine Binnendifferenzierung

64 Vgl. die Unausweichlichkeitsthese der Organisation bei Adorno Individuum und

Organisation (1954), in: T. Adorno (Hg.), Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft, 1971,
67–86. Für die neuere Zeit Drepper Fn. 27, 191, 216 ff.; Ortmann Organisation und Welt-
erschliessung, 2003.
65 So aber bspw. Türk Die Organisation der Welt – Herrschaft durch Organisation in der

modernen Gesellschaft, 1995, 39 ff., der von einer politischen Ökonomie der Organisation
ausgeht. Zur Kritik siehe Foucault/Gordon Power/Knowledge – Selected Interviews and
other Writings of Michel Foucault 1977–1984, 1992, 119.
66 Foucault Überwachen und Strafen, 1977, 40, 200 f., 276 f.
67 Vgl. die Parallele bei Foucault Fn. 66, 38; ders. Der Wille zum Wissen, 1976, 114. Siehe

den eigenständigen Begriff des Politischen bei Stäheli Sinnzusammenbrüche. Eine dekon-
struktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie, 2000, 249 ff.
68 Foucault Fn. 66, 41.
69 Vgl. Teubner Globale Bukowina. Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralis-

mus, in: Rechtshistorisches Journal 15, 225–290 (268).


70 Luhmann Fn. 42, 133; ders. Fn. 23, 133, über die Grenze der Umwelttoleranz. Auch

Willke Heterotopia. Studien zur Krisis der Ordnung der modernen Gesellschaft, 2003,
179–198.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 521

nach Zentrum und Peripherie aufweisen, in besonderem Maß auf diese Or-
ganisationsleistung angewiesen. 71

4. Sozietales Recht
Mit diesem Verständnis von Recht wird die Unterscheidung von „öffent-
lich/privat“ obsolet und durch ein neues Verhältnis des Rechts zur Gesell-
schaft ersetzt. 72 Es wird zum „Recht-Fertigungsschutz für Freiheits-Funk-
tionen“ 73 und hat als solches die Vielfalt der gesellschaftlichen Autonomien,
deren Eigenrationalitäten und -normativitäten zu reflektieren. Aufgabe des
Rechts ist es dann, den dynamischen Pluralismus zu stabilisieren, die gesell-
schaftliche Differenzierung aufrecht zu halten. Die Zivilverfassungen dieser
Gesellschaftsbereiche am Keim der gesellschaftlichen Konfliktherde werden
zu neuen gewichtigen Rechtsquellen. 74 Zur Vermeidung von „Umweltschä-
den“ hat das Recht dann nicht primär öffentlichrechtliche iSv administrativ-
legislative oder privatrechtliche iSv ökonomische Elemente in sich aufzu-
nehmen, sondern muss gleichwertig andere gesellschaftliche Regelungs-
strukturen abbilden – sich seiner polykontexturalen Einbettung stellen. 75
Durch die Unmöglichkeit der Juridifizierung innergesellschaftlicher Verhält-
nisse, wie bspw. der rechtlichen Formulierung wissenschaftlicher Qualitäts-
standards, gilt es, Auflösungs- und Verhinderungsmechanismen bereitzu-
stellen, die die Systeme für die strukturelle Korruption sensibilisieren.
Während Teubner in der Besprechung des Bürgschaftsfalls noch die Aus-
schaltung der Kollision einfordert, will ich unter Zugrundelegung eines
transnationalen Rechtsbegriffs für die „Pflege der Kollision“ durch das
Recht plädieren. 76 Unter dem neuen Problem- und Plausibilitätsdruck hat
das Recht die dynamische Vielfalt, die wechselseitige Anregung paralleler
Normsysteme unterschiedlicher Herkunft – die einzelnen Gesellschaftsver-

71 Zur Binnendifferenzierung Luhmann Das Recht der Gesellschaft, 195, 321 ff.; Drepper

Fn. 27, 217 f.


72 Teubner Fn. 1, 11 ff.; ders. State Policies in Private Law? A Comment on Hanoch

Dagan, in: The American Journal of Comparative Law 56, 2008, 835–843.
73 Wiethölter Zur Argumentation im Recht: Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe?, in:

G. Teubner (Hg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, 1994, 89–120 (119), der in der
Folge eine neue Leitdifferenz für das Recht vorschlägt: Reziprozität versus (Un)parteilich-
keit. Ders. Recht-Fertigungen eines Gesellschafts-Rechts, in: C. Joerges/G. Teubner (Hg.),
Rechtsverfassungsrecht, 2003, 13–21.
74 Teubner Der Umgang mit Rechtsparadoxien: Derrida, Luhmann, Wiethölter, in:

C. Joerges/G. Teubner (Hg.), Fn. 73, 25–46 (41 f.).


75 Zur Aufbrechung des Dualismus politische/ökonomische Rationalität im Recht, Teub-

ner Fn. 1, 12; Gerstenberg Bürgerrecht und deliberative Demokratie: Elemente einer plura-
listischen Verfassungstheorie, 1997, 346.
76 Teubner Fn. 41, 399. Zur „Rechts-Pflege“ vgl. Wiethölter Fn. 73, 2003 19.
522 Isabell Hensel

fassungen – zu koordinieren, das Normativitätspotential der Gesellschaft zu


nutzen. Das bedeutet nicht Aufhebung gesellschaftlicher Widersprüche
durch Recht, da dies einer Entdifferenzierung der gesellschaftlichen Frag-
mentierung gleichkommen würde, sondern die neuen Anforderungen sind:
(1) Stabilisierung der Kollision (nicht mehr Stabilisierung einzelner norma-
tiver Erwartungen), (2) Reduktion der Komplexität und (3) Absicherung
der Systemoperationen durch Rechtsschutz gegen Umweltschäden. Das der
gesellschaftlichen Dynamik folgende (lernende) Recht hat alternativ zu ge-
nerell-abstrakten Verbotsnormen eine sensibilisierende Rahmung des Kon-
flikts bereitzustellen.

5. Grundrechtskonformität der Stiftungsuniversität


Im Folgenden soll anhand einiger Eckpunkte untersucht werden, ob die
Goethe-Universität das Potential eines dezentralen Reflexions- und Pro-
blemlösungsmechanismus aufgreift, um die sich in ihr treffenden Autono-
mien abzusichern und damit mehr sein kann als „ein Gehäuse jener Hörig-
keit der Zukunft“ 77. Über Ansätze klassischer Demokratiekonzepte wie die
Stärkung der Mitgliederversammlung, die Begrenzung von Führungsfunk-
tionen und die Garantie individueller Mitwirkungsrechte hinaus lautet dann
die Anforderung: Effektuierung der sozialen Bedingungen. 78 Eine struktu-
relle Lösung der Funktion/Struktur-Verknüpfung muss auf die spezifischen
Umweltprobleme der Organisation zugeschnitten sein und Leistungen für
die systemischen Umwelten (Erziehung, politische Input- und Output-Ver-
sorgung, Sicherung der Wissensbestände, Innovation) erfüllen sowie den
eigenen Mitgliedern gerecht werden (Zugang zur Organisation, Handlungs-
koordination, Grenzerhaltung, Karriere). 79 Die der Organisation zugrunde
liegenden expandierenden Umwelten fordern eine Kombination von Or-
ganisationsmodellen ein, die das Kontroll- und Konsensniveau steigern. 80
Dann geht es nicht mehr um eine gleichgewichtige wechselseitige Macht-
begrenzung und die effektive Kontrolle von Machtmissbrauch, die in ihrem
Verteilungsmodus einer Interessenabwägung verhaftet bliebe, sondern an-
gestrebt wird eine Wachstumsperspektive von Macht: die wechselseitige
Steigerung der Macht von Führung und Mitgliedschaft. 81 Folgende Struk-

77 Weber Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (1921),

5. rev. Aufl., 1980, 835.


78 Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung, 1978, 116.
79 Ebenda, 166.
80 Teubner will partizipatorische und elitäre Elemente in einer normativ komplexeren

Demokratietheorie zusammenbringen, ders., Fn. 78, 119. Siehe dazu oben unter 2.2.
81 Teubner Fn. 78, 117 f.; vgl. ders. gegen den Verteilungsmodus, Fn. 38, 165 f., 168 f. Siehe

dazu den oben unter 3. gezogenen Vergleich zum Foucaultschen Disziplinierungsmodell.


Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 523

turanforderungen sind abzuleiten: (1) pluralistische Aufsicht als Substitut


für effektive Staatskontrolle über (2) pluralistische, systemspezifisch ge-
prägte Entscheidungsmechanismen und (3) davon getrennte pluralistische
Interessenartikulation.
Konkret: Die umfassende Steuerung durch die Leitung der Organisation
muss durch Regelungsprozesse ersetzt werden, die den verschiedenen
Rationalitäten eine relative Autonomie einräumen und die Kompetenzen
der Führung auf Zielvorgaben und Ergebniskontrollen beschränken 82 – und
damit einen organisierten Konflikt der beteiligten Systemrationalitäten um
ihre Autonomien ermöglichen. Demokratie heißt dann über die Sicherung
der Mitgliedermotivationen hinaus, die lediglich auf eine Stärkung der Fi-
nanzierungsträger hinauslaufen würde, Gesellschaftsadäquanz – Grund-
rechtskonformität. 83

5.1 Plurale Kontrolle über systemspezifische Entscheidungsstrukturen


An die Stelle von Standards konditionaler Programmierung und Zweck-
definitionen tritt ein organisationsinterner Kontrollmechanismus, der die
Mitgliedschaftsrolle formalisiert und die Umweltkonflikte als Organisa-
tionskonflikte behandelt. 84 Über eine personelle Repräsentation der berühr-
ten Interessen hinaus zielt der hier herangezogene auf halbstaatliche Ver-
bände zugeschnittene Vorschlag von Teubner auf eine organisationsinterne
Binnendifferenzierung von „Politik“ (Kontrolle) und „Operation“ (Ver-
waltung). 85 Die Formel lautet dann: arbeitsteiliges Zusammenwirken unter
wechselseitigem Einfluss und wechselseitiger Kontrolle. Die Idee hinter die-
sem dualen Lösungsmuster ist die stabile Differenzierung beider Machtzen-
tren – die Etablierung autonomer Gegenmächte – und würde auf die Stif-
tungsuniversität gewendet bedeuten: Präsidium und Hochschulrat sollten
(1) auf unabhängige Machtquellen zurückgreifen, (2) unterschiedlichen Le-
gitimationen zugrunde liegen, (3) in Personalfragen von einander unabhän-
gig sein, (4) in ihrer Zusammensetzung unterschiedliche Interessengruppen
repräsentieren und (5) abgrenzbare Funktionsschwerpunkte bedienen. 86
Die Rechtsgrundlage der Frankfurter Stiftungsuniversität sieht in den
§§ 100a ff. HHG zwar eine vernetzte Willensbildungsstruktur zwischen

82 Teubner Fn. 78, 119. Zum Umgang mit den Umweltkonflikten auch Offe Rationalitäts-

kriterien und Funktionsprobleme politisch-administrativen Handelns, in: Leviathan 2,


1974, 333 ff. (340 f.).
83 Teubner Fn. 78, 165, 229.
84 Siehe oben unter 2.2.
85 Teubner Fn. 78, 231. Dazu auch Wiethölter Interessen und Organisation in der Aktien-

gesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht, 1961, 285 ff. Vgl. schon Luhmann
Fn. 42, 155 f.
86 In Anlehnung an Teubner Fn. 78, 232.
524 Isabell Hensel

Hochschulrat, Senat, Präsidium vor. Mit der Einbeziehung dieser Organe in


die Einheit von Stiftung und Hochschule stehen sich damit auf der Organi-
sationsebene wissenschaftliche, erzieherische, wirtschaftliche und politische
Rationalitäten gegenüber, 87 die durch systemspezifische Entscheidungs-
strukturen wie das auf Mitwirkung und Selbstverwaltung ausgerichtete
traditionelle Kollegialitätsprinzip, Konsensstrukturen, Vertragselemente,
unternehmerische Grundsätze und staatliche verfassungsrechtlich veran-
kerte Letztverantwortungskonzepte unterstützt werden. 88 In der konkreten
Ausgestaltung wird aber ein geschlossener Machtkreislauf deutlich, der
beim Präsidium beginnt und endet. Neben der Führung der laufenden Ge-
schäfte der Stiftung, dem Abschluss von Zielvereinbarungen bzgl. der staat-
lichen Finanzierung, 89 der Richtlinienkompetenz gemäß § 42 III HHG und
dem vom Ministerium auf das Präsidium übergegangenen Genehmigungs-
vorbehalt nach § 94 HHG kommt dem Präsidium nach § 42 I HHG eine
allumfängliche Auffangkompetenz zu. Das Präsidium muss sich zwar vor
dem Hochschulrat und dem akademischen Senat gemäß § 42 HHG verant-
worten, wählt aber die Mitglieder des ersteren und wird selbst wiederum
vom Senat gewählt. Aus diesem gegenseitigen Verpflichtungsverhältnis und
der unklaren Kompetenztrennung kann kaum eine wirksame Kontrolle in
oben gefordertem Maße erwachsen. Damit laufen auch die Zustimmungs-
erfordernisse des Hochschulrates wie bspw. von § 100 f IV – VI HHG vorge-
sehen leer, da sie in diesem Beziehungsgeflecht Unterstützungshandlung
bleiben müssen. Auch die plural angelegte Repräsentation der Interessen
von Professoren, Studierenden, wissenschaftlichen und administrativen
Mitarbeitern und die von § 1 II der Grundordnung der Goethe-Universität
vorgesehene erweiterte beratende Beteiligung im Senat sowie die Repräsen-
tation wirtschaftlicher und durch das Ministeriumsmitglied politischer Ra-
tionalitäten im Hochschulrat und dessen Wirtschafts- und Finanzausschuss
können über diese Strukturschwäche nicht hinweg täuschen. Insbesondere
dem gemäß § 100f HHG 90 extern und fachfremd mit elf ehrenamtlichen,
nicht an Weisungen gebundenen, von den Stiftungsorganen vorgeschlage-

87 Zur Einbeziehung der verschiedenen „Statusgruppen“ siehe Hener/Kaudelka/Kirst

Stiftungshochschulen in Deutschland – Ein Zukunftsmodell? Eine Studie, in: Centrum für


Hochschulentwicklung (Hg.), Arbeitspapier Nr. 110, Okt. 2008, 43.
88 Vgl. bspw. Art. 60 HV , der den staatlichen Schutz der Hochschulen garantiert und

§ 100i HHG , der die Anstaltslast beim Staat belässt. Dazu v. Campenhausen in: W. Seifart/
A. Freiherr von Campenhausen (Hg.), Stiftungsrechts-Handbuch, 3. Aufl., 2008, § 16
Rn. 13; Gabriel Vom Staatsbetrieb zur Stiftungsuniversität, in: Göttinger Universitäts-
reden, Die Georgia Augusta als Stiftungsuniversität, 2003, 11 (14).
89 Vgl. dazu die vom Präsidium erlassene GO für die Gremien der Goethe-Universität

v. 12. 08. 2008, abrufbar unter: http://www.satzung.uni-frankfurt.de/2008/2008–08–28-


geschaeftsordnung-gremien.pdf.
90 Konkretisiert durch die GO des Hochschulrates, abrufbar unter: http://www.uni-frank-

furt.de/org/ltg/grem/hsrat/dokumente/Gesch__ftsordnung_f__r_den_Hochschulrat.pdf.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 525

nen „Persönlichkeiten aus dem Bereich der Wissenschaft, der Wirtschaft,


der beruflichen Praxis oder der Kultur“ und einem Ministeriumsmitglied
besetzten Hochschulrat dürfte es an Zeit, Motivation aus mangelnder Be-
troffenheit, fehlender wissenschaftlicher Sachkompetenz, Informationsfluss
und Mitgliederkapazität fehlen, um dem Präsidium etwas entgegen setzen
zu können. 91 Auch das Kuratorium, besetzt durch die Oberbürgermeis-
ter/in der Stadt und wichtigen Stiftern, trägt mit seiner entgegen der üblichen
Stiftungspraxis lediglich beratenden Tätigkeit gemäß § 100g HHG zu dieser
Machtzentrierung bei.
Insbesondere der Usurpation der Wissenschaft durch Politik und Wirt-
schaft kann der Finanzierungsmodus der Stiftungsuniversität nur wenig
entgegenhalten.92 Finanzierungsgrundlage der nach kaufmännischen Grund-
sätzen zu führenden Hochschule bilden die Erlöse aus Grundstücksver-
käufen, die Bildung eines Grundstocks sowie gemäß § 100c VII HHG die
Unterhaltung durch das Land Hessen nach § 26 III Nr. 1 HLO unter Haus-
haltsvorbehalt und nach Hochschulpakten und Zielvereinbarungen. Letz-
tere können vertraglich an Gegenleistungen, wie z. B. die Zusicherung der
Studienanfängerzahl oder an Bauprojekte gebunden sein. Die mit dem Prä-
sidium vereinbarte jährliche Finanzhilfe orientiert sich gemäß § 5 HHG
an den in Forschung und Lehre sowie bei der Förderung des wissenschaft-
lichen Nachwuchses erbrachten Leistungen. Die durch Dritte eingehenden
Deckungsbeträge in Form von zweckgebundenen Zustiftungen, nicht an
Gegenleistung gebundenen Spenden oder systematisch eingeworbenen
Fundraising-Geldern dürfen auf die Landesfinanzierung nicht angerechnet
werden, vgl. § 100i V HHG . Im Gegenteil wurde in einer weiteren Finanzie-
rungsvereinbarung durch die Einrichtung sog. Matching Funds ein Anreiz-
system zur Erwirtschaftung eines Eigenvermögens geschaffen, nach dem
das Land für jeden privat eingeworbenen Euro einen dazu gibt. 93
Folgende Probleme tauchen auf: (1) Die Verteilung der Mittel erfolgt ge-
mäß § 42 IV HHG einseitig über die Hochschulleitung und kann nach oben
Gesagtem vom Hochrat nach § 100f III HHG nicht wirksam kontrolliert
werden. (2) Die vereinbarten Finanzierungsvereinbarungen können Ver-
anlassung dazu geben, Forschungsinhalte daran anzupassen. (3) Es besteht
das Risiko einer einseitigen Mittelverteilung zulasten weniger „gewinn-
trächtiger“ Studienrichtungen oder freiheitsintensiverer Grundlagenfor-
schung. 94 (4) Die von der Politik eingeforderte Einwerbung privater Mittel

91 Vgl. Teubner Fn. 78, 233 für den Aufsichtsrat.


92 Dazu ausführlich Löwer Fn. 38, 76 ff.
93 Siehe die ergänzende Finanzierungsvereinbarung v. 30. 11. 2007 unter: http://www.

stiftungsuni.uni-frankfurt.de/org/ltg/admin/muk/stift ungsuni/intern/doc/Finanzierungs-
vereinbarung_Uni_Frankfurt.pdf.
94 Vgl. dazu Hener/Kaudelka/Kirst Fn. 87, 49, die explizit ein Risiko für die Geistes –

und Sozialwissenschaften benennen. Zu den unterschiedlichen Freiheitsansprüchen von


526 Isabell Hensel

könnte in einen Wettlauf um die Attraktivität für private Spender und damit
in eine Anpassung an private Bedürfnisse münden. 95 (5) In dem durch
Matching Funds staatliche Mittel an die Attraktivität für private Spender
geknüpft werden, eröffnet sich ein Einfallstor für private Einflussnahme,
wenn diese durch ihre Unterstützung zugleich bestimmen können, nach
welchem Schema öffentliche Mittel verteilt werden. 96
Die demokratische Hoffnung muss daher in einer weiteren Stärkung des
Senats liegen, der diesen Machtkreislauf durchbrechen kann. In die richtige
Richtung gehen die §§ 2–4 der Grundordnung der Goethe-Universität, die
eine weitere Einbeziehung des Senats in Mittelvergabe, Wirtschaftsplanung,
Entwicklungsplan, Bestellung von Mitgliedern des Hochschulrats und bei
der Wahl des Präsidenten als das HHG vorsehen. 97 Auch die Beschränkung
der Rechtsaufsicht gemäß § 93 HHG , von der die Organisationsstruktur
und Qualitätssicherung durch Satzung ausgenommen werden können, und
die Abwahlmöglichkeit von Präsidiumsmitgliedern mit 2/3 der Senatsstim-
men nach § 45 VI HHG können einen Gegenpol bilden.
Weiter kann bei der personellen Erweiterung des Hochschulrates um wis-
senschaftliche Vertreter, seiner Unabhängigkeit in Personalfragen sowie
bei der Professionalisierung angesetzt werden. 98 Dadurch könnte auch
der Zustimmungsvorbehalt in Finanzierungsfragen relevantes Gewicht be-
kommen.

5.2 Repräsentative Interessenartikulation


Nach der oben vorgeschlagenen Trennung muss eine plurale Beteiligung
die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Umwelt in das „Forum“ der Organi-
sation bringen. Die Mitgliederinteressen können hier authentisch und ohne
Verzerrung mit der Organisationsstruktur in Zusammenhang gebracht wer-
den, um so die Defizite klassischer Organisationsdemokratie zu überwin-
den. 99 Ohne an dieser Stelle vertieft auf die Möglichkeiten der Steigerung
wie Wahlmechanismen und Ein- und Austrittsbedingungen eingehen zu
können, kann hier festgehalten werden, dass das Mitgliedermoment in der

Grundlagen- und Zweckforschung Ossenbühl Fn. 45, 20. Auch Zintzen Aufgaben einer
Akademie – heute. Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Vorträge G 371,
2000, 14.
95 Dazu Crouch Postdemokratie, 2008, 55 ff.
96 Ebenda, 62.
97 Vgl. § 2 der Grundordnung, abrufbar unter: http://www.satzung.uni frankfurt.de/

2008/Ver__ffentlichung_Grundordnung1_25_06_08.pdf. Siehe weitere Satzungserlasse


unter http://www.satzung.uni-frankfurt.de/.
98 Ähnlich Teubner Fn. 78, 235 ff. zur Zusammensetzung eines Verbandsrates.
99 Dazu umfassend Teubner Fn. 78, 172 ff., 183 ff.; vgl. zu den Schwächen auch Offe Poli-

tische Herrschaft und Klassenstrukturen, in: G. Kress/D. Senghaas (Hg.), Politikwissen-


schaft, 1969, 155 ff.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 527

Stiftungsuniversität sträflich vernachlässigt wird. Bisher sind nur spärlich


Kommunikationsbahnen und intern differenzierende Organisations- iSv
Solidarisierungsmöglichkeiten vorgesehen,100 die studentische, professorale
und mitarbeiterliche Äußerung bedingungs- und rücksichtslos erlauben.
Die Abhängigkeit von marktförmigen Gehältern und Drittmitteln für die
Stabilisierung der Mitgliedschaft stehen dem entgegen. Der sog. Wissen-
schaftsmanager strebt nicht Forschung, sondern Verdienste innerhalb der
Organisation an und ist der Organisationsmacht ausgesetzt. Als verfehlt
müssen daher Regelungen wie § 3 II und § 11 III Nr. 1 der GO für die Gre-
mien der Goethe-Universität, die § 10 HHG konkretisieren, zurück gewie-
sen werden, die ein Stimmrecht an Funktion und Erfahrung des Mitglieds
knüpfen.101
Eine Lösung müsste Funktions- und Leistungserwartungen von einander
abkoppeln und die Mitglieder von ihrer Organisationslast befreien. Beru-
fungen dürften nicht an die Bedingungen der Einwerbung von Drittmitteln,
Veröffentlichungen, Zahl der Abschlüsse und Promotionen geknüpft wer-
den, insoweit wäre auf eine natürliche Konkurrenz zu setzen, Professoren-
arbeit dürften nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehen 102 und die Zulas-
sung von Studierenden dürfte nicht am Arbeitsmarkt ausgerichtet werden.
Unausweichlich wird es sein, den Senat als echtes Vertretungsorgan der Mit-
glieder zu etablieren. Ein Schritt hin zu dieser Funktionsunabhängigkeit der
Mitglieder geht die kürzlich vom Präsidium unter Zustimmung des Senates
beschlossene Richtlinie zum Umgang mit Zuwendungen privater Dritter.103
In dem bisher einmaligen „Ehrenkodex“ werden Standards festgelegt, unter
denen private Spenden, Stiftungen und Sponsoring möglich werden. Ableh-
nungsgrund ist danach, wenn der Geldgeber Einfluss auf die wissenschaft-
liche Arbeit, die Besetzung der Stellen und die Veröffentlichung von For-
schungsergebnissen beansprucht. Gegenleistungen wie die Entgegennahme
von Aufträgen und Bestellungen sowie Zuwendungen direkt an Mitglieder
der Universität sind nicht zulässig. Darüber hinaus müssen die Zuwendun-
gen gemeinnützig sein und das Ansehen der Hochschule und die Transpa-
renz wahren. Kraft Organisationskompetenz wurde zur kontinuierlichen
Überwachung eine neue, unabhängige Kommission geschaffen, die von
jedem Hochschulmitglied angerufen werden und Empfehlungen gegenüber
dem Präsidium aussprechen kann. Die Wirtschaftsführung wird gemäß

100 Vgl. Hondrich Menschliche Bedürfnisse und soziale Steuerung, 1975. Zu diesem

„Recht auf organisierte Opposition“ ausführlich Teubner Fn. 78, 197 ff.
101 GO der Gremien, Fn. 89.
102 Vgl. zur Idee eines Grunderstattungsanspruchs, Seidler Grundzüge der Hochschul-

finanzierung, in: M. Hartmer/H. Detmer (Hg.), Hochschulrecht, 2004, 484 ff. (503)
mwN.
103 Siehe die RL v. 22. 10. 2008, abrufbar unter: http://www.satzung.uni-frankfurt.de/

2008/SatzungsfassungStifterr ichtlinie.pdf.
528 Isabell Hensel

§ 100f VI HHG durch den Wirtschafts- und Finanzausschuss des Hoch-


schulrates kontrolliert. Zusätzlich unterrichtet der Präsident den Landtag
jährlich über die Verwendung der Mittel unter Berücksichtigung der Hoch-
schulentwicklung. Der Kodex kann die Unabhängigkeit der Forschung
durch die Transparenz und damit Überprüfbarkeit von Art, Form und Um-
fang privater Einflussmöglichkeiten besser gewährleisten, als die bisherige
Praxis und die bereits von § 89 HHG auch für traditionelle Hochschulen
vorgegebene direkte Einwerbung und Unterstützung bestimmter Projekte
durch private Mittel.104

6. Fazit
Mit der Stiftungsuniversität wird ein „Kontaktpunkt“ geschaffen, in dem
eine rechtsförmige Auseinandersetzung der bezeichneten Diskurse möglich
wird. Unter dem Vergrößerungsglas der Organisationsstruktur können
zumindest potentiell die systemischen Autonomien von Wissenschaft,
Wirtschaft, Politik und Erziehung prozedural garantiert werden. Ohne den
Filter des politischen Prozesses wird den beteiligten sozialen Sektoren unter
einer rechtlichen, dann grundrechtlichen (richterlich überprüfbaren) Rah-
mung die spontane Normproduktion – die Standardisierung von Verhal-
tenspflichten ermöglicht.105 Die institutionelle Grundrechtswirkung rea-
lisiert die systemische Grenzziehung. Durch die Prozeduralisierung in der
formalen Organisation schafft das Recht Freiraum für systemautonome
Selbstregulierung und Selbstbeschränkung, in dem es für den Konflikt fle-
xible und lernfähige Interventionsmechanismen zur Verfügung stellt und
damit die materielle Entfaltung der beteiligten Diskursrationalitäten ermög-
licht. Die netzwerkartige Organisationsstruktur, die die Vielschichtigkeit
der spezifischen Verknüpfungen Organisation/ Mitglieder und Organisa-
tion/Umwelten aufgreift, muss dann in ihrer Funktion als Ausfluss (Ersatz?)
des Gewaltenteilungsprinzips verstanden werden.106 Insoweit ließe sich von
Verrechtlichung und Politisierung jenseits des Staates sprechen. Eine ideale
Kopplung der Systeme in der Universität unterbricht die Kausalbeziehun-
gen von „eine Mark für eine Wahrheit“ durch die Aufdeckung und Kontrolle
der Gegenseitigkeit, in dem sie die Unabstimmbarkeit der Kommunikatio-

104 Zu diesen Befürchtungen Hornbostel Die Hochschulen auf dem Weg in die Audit

Society, in: E. Stölting/U. Schimank (Hg.), Die Krise der Universität, Leviathan Sh., 2001,
139–158; Crouch Fn. 95, 61 f.; Hener/Kaudelka/Kirst Fn. 87, 61 f.
105 Vgl. Teubner Fn. 1, 25.
106 V. Danwitz Der Grundsatz funktionsgerechter Organstruktur, in: Der Staat 35

(1996), 329 ff.; Gross Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation, 1999, S. 200 ff.
Anders Schimank Fn. 21, der für das politische Steuerungspotential von Organisationen
plädiert.
Grundrechtskollisionen in der Stiftungsuniversität 529

nen wahrt und so die Autonomie der Wissenschaftskommunikation, egal


ob „im Klostergarten oder im Industrielabor“ gewährleistet.107
Unter diesem Organisationsaspekt erscheinen die groß angelegten Marke-
ting- und Managementkonzepte der Goethe-Universität in neuem Licht.
Die eigentümliche Rede von Spitzenleistungen, Wettbewerb und Effektivi-
tät der „Marke Goethe“ ist dann nicht Wissenschaftskommunikation, son-
dern bedient andere Rationalitäten.108 Entscheidend wird sein, wie die noch
„junge“ Organisationsstruktur der Universität den Gewinn an Außenauto-
nomie ausnutzt, um ihre interne, gesellschaftsadäquate (dann auch wissen-
schaftsschützende) Ausgestaltung voranzutreiben. Über Dienstleistungsunter-
nehmen oder Public Private Partnership hinaus muss sich die propagierte
„Bürgeruniversität“ dann als Gesellschaftsuniversität beweisen, die auf ge-
sellschaftliche Anforderungen responsiv reagiert, ohne diese Grenzbeziehun-
gen ökonomisch zu monopolisieren. Mit diesem differenzierenden Blick
auf wissenschaftliche Verhältnisse bleiben, um es mit Luhmanns Vorliebe
für Kuhstallromantik zu sagen, die Kühe gerade nicht im Stall – es kann aus-
gemistet werden.109

107 Luhmann Fn. 2, 636; Fürstenberg Die Wissenschaft im gesellschaftlichen Spannungs-

feld, in: H. Scholz (Hg.), Die Rolle der Wissenschaft in der modernen Gesellschaft, 1969,
22–34 (26 ff.).
108 Anders Löwer Fn. 38, 83 f., 89.
109 Luhmann Fn. 21, 111.
530 Isabell Hensel
The Under-Complexity of Democracy 1

Poul F. Kjaer

I. Introduction
Gunther Teubner has raised the question of “What comes after the
state?” 2 Behind the question lies the insight that society is currently under-
going deep structural transformations in the sense that state-centred society,
which was a strong characteristic of 19th and 20th century society, is fading
away at the same time as new forms of trans-national structures conti-
nuously gain in importance. One of the many consequences of this de-
velopment is that the political system is no longer capable of serving as
the primary “partner” of the legal system, thereby reducing the impact of
democratic decision-making on the legal system.
Hence, if Teubner’s insights are taken to the extreme, it is possible to
argue that we are on the brink of a post-democratic world. A less radical
reading of the Teubnerian insights would be that democracy will also have
to undergo a structural transformation in order to remain relevant. Thus,
the on-going transformation processes make it pertinent to ask whether it is
possible to observe the emergence of functional equivalents to the demo-
cratic state of law (Rechtsstaat) structures of the nation-state at trans-
national level. Teubner’s attempt to emancipate the constitutional concept
from its nation-state connotations through the promotion of a new form of
societal constitutionalism should be seen in this context. Teubner carries out
such conceptual innovation upon the basis of a legal perspective. A re-for-
mulation of basic legal concepts, however, creates a need to re-formulate
basic political concepts as well. In other words, the theory of reflexive law
must be complemented by a theory of reflexive politics.

1 An earlier version of this chapter was presented at the First ISA Forum of Sociology,

Barcelona, Spain, 5 – 8 September 2008. I would like to thank Vittorio Olgiati and Ralf Ro-
gowski as well as other participants of the relevant session for useful comments and sug-
gestions. Responsibility for the content remains with the author. Another version was pres-
-
ented at the workshop Niklas Luhmann, a diez años. El desafı o de observum una sociedad
compleja, Goethe Institute, Santiago de Chile, 13-15 october 2008. I would also like to
thank the participants of this workshop for useful comments.
2 Gunther Teubner ‘Was kommt nach dem Staat?’, pp. 36 – 43; Wissenschaftskolleg, Köpfe

und Ideen, 2008 (www.wissenschaftskolleg.de).


532 Poul F. Kjaer

II. The Transformation of the Functional Synthesis


Classical modernity, which, with a couple of symbolic dates, can be said
to encompass the period between 1789 and 1989, was the period of the
nation-state. The axis on which the nation-state was, and partially still is,
resting is the specific way in which the political and the legal systems orient
themselves towards each other. By Habermas, this leads to a conceptual-
isation of an “internal connection between law and political power”, 3 in the
sense that the law’s stabilisation of normative expectations and political will
formation is seen as emerging under a condition of simultaneousness, 4 and
thereby in a manner which ensures a legitimate societal order. By Luhmann,
the internal link between law and power is replaced with a “certain func-
tional synthesis between politics and law”. 5 In contrast to Habermas, Luh-
mann emphasises the difference between the two dimensions in the sense
that he underlines that the synthesis emerges on the basis of two different
functions: the stabilisation of normative expectations by the legal system
and by collectively-binding decision-making by the political system. None-
theless, the difference between the two positions is more gradual than fun-
damental, since the transfer of meaning components from one sphere
to the other is addressed from a procedural perspective by both scholars.
Moreover, Luhmann also acknowledges that the functional synthesis is
likely to ensure certain “overlaps” in the modes of self-description of the
legal and the political systems, for example, in relation to concepts such as
legitimacy and justice. 6
This gradualism was anticipated and underlined by the early Teubner,
who, from the very beginning, upon the basis of his concept of reflexive
law, 7 purposefully steered in-between the two titans of German social the-
ory. Needless to say, this consensus seeking endeavour triggered criticism
from both sides. 8 The major problem facing the theoretical complexes of es-

3 Jürgen Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und

des demokratischen Rechtsstaats (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1992), p. 167


(transl. by the author).
4 From a systems theoretical perspective simultaneousness implies that a given distinc-

tion, in this case the distinction between law and politics, is dissolved. See also Poul Kjaer
‘Systems in Context: On the Outcome of the Habermas/Luhmann-debate’, pp. 66 – 77;
Ancilla Iuris (www.anci.ch), 2006.
5 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main,

1993), p. 153 (transl. by the author).


6 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main,

1993), p. 407.
7 Gunther Teubner ‘Reflexives Recht: Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender

Perspektive’, pp. 13 – 59, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie, 68, 1982.
8 Jürgen Habermas Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und

des demokratischen Rechtsstaats (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1992), p. 73;


The Under-Complexity of Democracy 533

pecially Habermas, but also Luhmann, should, however, be found else-


where. The problem is that they presume (Habermas) or describe (Luh-
mann) a hierarchical order in the sense that they see the political and legal
systems as characterised by Weberian organisational and Kelsian legal hier-
archy. Although Luhmann, early on, expressed his scepticism about the
future viability of such structures, 9 his descriptions of modern society,
nonetheless, remain based upon a nation-state outlook. This might seem
paradoxical when taking his emphasis on society as a single world-society
into consideration.10 In relation to the legal and the political systems, the
concept of world-society is, however, less radical than it looks, in so far as
Luhmann’s central focus continues to be on hierarchical legal and organisa-
tional structures which are being unfolded within territorially delineated
sub-systems. Thus, the bulk of his descriptions of the operations of the
political and legal systems continue to refer to hierarchical nation state
structures. In retrospective, it thus seems that both Habermas and Luh-
mann merely produced the last theories of the nation-state era thereby con-
firming the old Hegelian insight that the owl only spreads its wings with the
falling of dusk.
As highlighted by the late Teubner, the emergence of new types of trans-
national governance, as opposed to classical nation-state governing struc-
tures, since the latter half of the 20th century, calls for an even more radical
description of modern society than the one presented by Luhmann. A rad-
ical description should take due account of the structural changes emerging
due to the decrease in the reliance on internal differentiation through terri-
torially delineated sub-systems within both the legal and the political sys-
tems of world society.11 Thus, the focus should be on the emergence of
globally-operating structures, ranging from international public organi-
sations such as the WTO , the IMF and the World Bank, to hybrid private-
public regimes such as ICANN and private regimes such as ISO , courts or
court-like structures such as the International Criminal Court, the WTO
Appellate Body and the Court of Arbitration for Sport, structures which, in
their internal organisation, rely on functional differentiation to an even
higher degree than the classical modern structures did.12

Niklas Luhmann Einige Probleme mit ‘reflexivem Recht’, pp. 1–18, Zeitschrift für Rechts-
soziologie, 6, 1985.
9 Niklas Luhmann Rechtssoziologie (Opladen, Westdeuscher Verlag [1972], 1983),

p. 339.
10 Niklas Luhmann ‘Die Weltgesellschaft’, pp. 1–35, Archiv für Rechts- und Sozialphil-

osophie, 57, 1971; Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag,
Frankfurt am Main, 1997), p. 145.
11 See especially Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner Regime-Kollisionen. Zur

Fragmentierung des Globalen Rechts (Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006).


12 For a useful typology of global administrative structures see Benedict Kingsbury, Nico

Krisch & Richard B. Stewart ‘The Emergence of Global Administrative Law’, IILJ Working
534 Poul F. Kjaer

Clearly, large differences exist in the function and form of trans-national


structures. One common feature is, however, that the “functional syn-
thesis” is even weaker, if it exists at all, when compared to the nation-state
setting. Trans-national legal regimes often rely on “judge-made law” to a far
higher extent than is the case within nation-state structures, since it is de-
veloped without or only with very weak references to formal legislation
produced within the political system.13 In addition, trans-national political-
administrative structures often expand their operations without relying on a
formal legal basis. If at all, law is mainly activated ex-post in order to for-
malise already existing structures.14 In their internal organisation, trans-
national political-administrative structures are, moreover, characterised by
an absence of democracy, in the sense that none of them operate on the
basis of hierarchy “with a divided peak”,15 or in a manner which corre-
sponds to more traditional concepts of parliamentary democracy.16 What
we are witnessing is an evolutionary development in which the attempt to
channel communication-flows into democratic procedures has become in-
creasingly marginalised because such procedures are not complex or flexible
enough to handle the massive increases in social complexity which charac-
terise the late-modern society. In addition, the territorial limitation, which
is established through the reference to the metaphor of the people within
democratic forms of communication, increasingly becomes an obstacle for
adequate problem-solving in an increasingly global world. Hence, the func-
tional synthesis between law and (democratic) politics, which served as the
axis of the nation-states, is either not in place or, at the very least, taking a
radically different form within trans-national structures, when compared
with nation-state structures. This insight, which was only latent in Luh-
mann, is the central point of departure of the late Teubner. Hence, he has ac-
tively emancipated himself from the constraints imposed by the dual he-
gemony of Habermas and Luhmann and their nation-state worldview, in

Paper 2004/1(Global Administrative Law Series) (www.iilj.org) p. 7. For the special case of
the EU see Poul F. Kjaer ‘The Societal Function of European Integration in the Context of
World Society’, Soziale Systeme. Zeitschrift für Soziologische Theorie, 13 (2007),
Heft 1+2, pp. 367–378.
13 Marc Amstutz and Vaios Karavas ‘Rechtsmutation: Zu Genese und Evolution des

Rechts im transnationalen Raum’, Rechtsgeschichte, Rg. 8, 2006, pp. 14 – 32.


14 Karl-Heinz Ladeur ‘Towards a Legal Theory of Supranationality – The Viability of the

Network Concept’, pp. 33 – 54, European Law Journal, 3, 1, 1997.


15 Niklas Luhmann ‘Die Zukunft der Demokratie’, pp. 126 – 132 in N. Luhmann: Sozio-

logische Aufklärung 4, Beiträge zur Funktionalen Differenzierung der Gesellschaft (West-


deutscher Verlag, Opladen, 1994). p. 127.
16 Jürgen Neyer ‘The Justice Deficit of the EU and other International Organisations’,

pp. 199-222, in Christian Joerges & Poul F. Kjaer: Transnational Standards of Social Pro-
tection: Contrasting European and International Governance, Arena Report Series, Oslo,
2009 (forthcoming).
The Under-Complexity of Democracy 535

the sense that he does not just rely on a “speculative hypothesis” concerning
the emergence of a truly global legal order upon the basis of functional dif-
ferentiation, but, instead, works on the quite different assumption that this
order is already a reality.

III. Autonomy and Justification


As already indicated, the conglomerate of trans-national structures is far
from representing a group of homogeneous structures. Instead, we are deal-
ing with a continuum of concretisation (Kelsen) in which some organisations
and regimes are more “intergovernmental” in nature than others, in the
sense that some are relatively closely tied to the nation-states within the
framework of classical international law, whereas others operate in a more
autonomous manner.17 This is irrespective of the fact that none of them can
be understood as mere “extensions” of the nation-state universe, since all of
them, albeit to different degrees, possess an autonomous element and oper-
ate on the basis of internal dynamics. This is also the case where trans-
national structures rely on a formal delegation of competences from nation-
states since delegation is always more than just delegation. Each delegation
of competences implies recognition of the autonomy of the structure to
which delegation is made, just as delegation implies a transfer of discretion-
ary capacities which enable them to select between varieties of possible op-
erations. Selections of operations also tend to frame the variety of the pos-
sible operations that can be selected in the future. In this sense, delegation
always implies a loss of control. Hence, delegation always represents a step
into the unknown, which, at times, can release forces of a surprising viabil-
ity.18 For example, despite the massive efforts of the US government, in par-
ticular, to ensure intergovernmental control in the negotiation of the WTO
agreement, the WTO regime has, nonetheless, developed into a highly dy-
namic autonomous structure.
The nucleus of autonomy means that trans-national structures, just like
any other type of autonomous social structures, are faced with a demand
from their environments to justify why a specific operation is selected and
why others are not selected.19 Such justifications are, however, paradoxical

17 Hauke Bronkhorst Cosmopolitanism and Democratic Freedom, MS presented at the

RECON -Workshop “Global Transnationalisation and Democratisation Compared”, Flo-


rence, European University Institute 16–17 th May 2008, p. 23.
18 Poul F. Kjaer Between Governing and Governance: On the Emergence, Function and

Form of Europe’s Post-national Constellation, European University Institute, Florence,


2008 (available at http://cadmus.iue.it), p. 89.
19 Within normative theory similar insights have led to the development of a “right to

justification” which also has been stylised as the most fundamental basic right. See Rainer
536 Poul F. Kjaer

in nature, in the sense that they are always self-justifications. On the one
hand, they refer to external structures in the sense that justification is about
providing reasons to the wider world concerning why a specific operation is
selected. In doing so, social systems are, however, referring to internal im-
ages of their environments. Each system produces semantic artefacts which
they can claim are external in nature. For example, the political system tra-
ditionally refers to the state as a holistic whole which encompasses society
in its totality, or (within democracies) to an internally constructed image of
the “will of the people”. The legal system refers to internally developed uni-
versal and “self-evident” (natural) rights. In order to fulfil similar objectives,
the economic system refers to market demand and the religious system to
the will of God. Thus, within all functional systems, it is possible to observe
the unfolding of strategies which are aimed at “covering-up” the paradoxical
nature of their justifications on the basis of metaphors which are assigned a
foundational and transcendental quality in the sense that they are internally
described as having validity for society as a whole.
Despite being internal in nature, such self-justification is, however, rele-
vant for the structures operating in the environment of a given social sys-
tem. This is the case because strategies of justification tend to be based upon
a more or less coherent and relatively stable set of principles, which serve as
regulatory ideas in the continued selection of operations. Hence, such prin-
ciples provide a basis for a stabilisation of the expectations emerging in the
environment vis-à-vis a given social system in the sense that they increase
the probability of correctly predicting which type of operations which will
be selected. This again increases the ability of other social systems to adjust
their selections of operations according to what can be expected to occur
within other systems.

IV. Nation-state Constitutionalism


The justifying mutual observations of the political and the legal systems
have typically occurred within the framework of constitutions. Following
Luhmann, a constitution is a structural coupling between law and politics,
which, on the basis of procedures and principles, frames the transfer of
meaning components between the two systems, be it in the form of legal
acts, judgments or otherwise. 20 Thus, constitutions allow for an “immense

Forst Das Recht auf Rechtfertigung. Elemente einer konstruktivistischen Theorie der Ge-
rechtigkeit (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2007), p. 10.
20 Niklas Luhmann ‘Verfassung als evolutionäre Errungenschaft’, Rechtshistoriches Jour-

nal, 9, 1990, pp. 176 – 220.


The Under-Complexity of Democracy 537

increase of mutual irritation” 21 and thus for substantial increases in the self-
reflexivity of the two systems. This makes his definition of a constitution
identical to his (late) definition of a state, since he also defines a state as a
structural coupling between the legal and the political system. 22
Luhmann’s minimalist constitutional concept is, however, a specifically
modern concept which ignores the fact that the concept of constitution in
pre-modern times referred to a far broader societal role. 23 But even in the
times of classical modernity the constitutional concept was not limited to
the political and the legal spheres in a strict sense. For example, when
Hegel, as the first scholar, addressed the fundamental problem of sociology,
namely the question of how society is possible under the structural condi-
tion of increased functional differentiation, his answer was the modern and
all encompassing state. 24 The state, according to Hegel, has, however, three
meanings: firstly, the political and the legal system encompassing institu-
tions such as the government, parliament, bureaucracy and the courts; sec-
ondly, corporatist structures aimed at embedding the economic system in a
manner which ensures that the state encompasses society as a whole; and
thirdly, the state is understood as a structure which is constituted in relation
to other states. 25 Hereby, Hegel is providing a three-dimensional concept of
the state, which reflects the three forms of social differentiation which he
saw at play: firstly, functional differentiation as also expressed through the
establishment of a political and legal system which is delineated from other
parts of society on the basis of functional criteria and which rely on a dis-
tinction between state and society (Staat und Gesellschaft); secondly, strat-
ificatory differentiation in the sense that the “broad” corporatist system was
intended to be organised along the lines of social classes and with the objec-
tive of stabilising the relationship between such classes through a minimi-
sation of social exclusion; and thirdly, territorial differentiation is the basis
for the constitution of states vis-à-vis other states. 26

21 Niklas Luhmann Das Recht der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main,

1993), p. 471 (Translated by the author).


22 Niklas Luhmann Politik der Gesellschaft (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main,

2000), p. 390.
23 Reinhart Koselleck ‘Begriffsgeschichtliche Probleme der Verfassungsgeschichtsschrei-

bung’, pp. 365–382 in R. Koselleck: Begriffsgeschichten: Studien zur Semantik und Prag-
matik der politischen und sozialen Sprache (Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 2006).
24 Georg W. F. Hegel Grundlinien der Philosophie des Rechts. Oder Naturrecht und

Staatswissenschaft im Grundrisse (Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, [1821] 1976).


25 Poul F. Kjaer ‘Post-Hegelian Networks’ in Marc Amstutz/Gunther Teubner: Networks:

Legal Issues of Multilateral Co-operation, Hart Publishing, Oxford 2009 (forthcoming).


26 By Hegel, modern stratificatory differentiation does not refer to ancient pre-modern

forms of differentiation but to new forms of differentiation which emerged in the wake of
industrialisation, just as territorial differentiation refers to the structures of the modern ter-
ritorial state.
538 Poul F. Kjaer

Needless to say, this picture is not shared by modern systems-theory


since one of its key insights is that stratificatory and territorial forms of dif-
ferentiation should not be understood as independent forms of differenti-
ation which stand orthogonal to functional differentiation. Instead, such
forms are merely seen as internal forms of stabilisation which emerge within
functional differentiated systems. 27 Irrespective of that, the Hegelian per-
spective contains an empirical challenge to the Luhmannian perspective, in
the sense that it was, indeed, possible to observe the emergence and re-
production of broad constitutional structures in the late 19th century and
throughout 20th century Europe which resemble those tentatively de-
scribed by Hegel at the beginning of the 19th century. This is especially the
case in relation to the social and economic constitutions which played an
important role in the course of the late 19th and throughout the 20th cen-
tury in (Continental) Europe. Although substantial differences existed in
the organisational form, it was common for most European states in this
period that very complex corporatist conglomerates emerged in order to
stabilise the relationship between the political and the economic systems as
well as to ensure internal stabilisation of the relationship between labour
and capital within the economic system, through the activation of the legal
system. 28 At the organisational level, these corporatist structures played a
substantial indirect role in relation to other functional systems, such as
health, education, and sports, which became a part of the larger welfare
state conglomerate, and which also tended to be structured by the overall
framework provided by the socio-economic constitutions.

V. Global Societal Constitutionalism


Faced with the divide between the Hegelian traditionalism and the Luh-
mannian idiosyncrasy outlined above, the young Teubner chose to steer in-
between the two poles, on the basis of an atypical mixture of realism and
idealism. On the one hand, he was, from the outset, critical of the concept
of a state-centred society. But, at the same time, he showed a continued in-
terest in the possibility of pursuing a constitutionalisation of the part of so-
ciety that fell outside the realm of the state through Verbandsdemokratie. 29

27 Rudolf Stichweh Inklusion und Exklusion. Studien zur Gesellschaftstheorie (Tran-

script Verlag, Bielefeld, 2005).


28 Florian Rödl ‘Constitutional integration of labour constitutions’, pp. 152–171 in Erik

O. Eriksen/Christian Joerges and Florian Rödl: Law, Democracy and Solidarity in a Post-
national Union. The unsettled political order of Europe (Routledge, London, 2008).
29 Gunther Teubner ‘Zu den Regelungsproblemen der Verbände – Neo-Korporatismus

und innerverbandliche Opposition’, pp. 545 – 548, Juristenzeitung, 33, 1978; Gunther
Teubner Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung: Rechtsmodelle für politisch
The Under-Complexity of Democracy 539

At a first glance, this ambition has little to do with the late Teubner’s inter-
ests in global governance structures. Nothing, however, could be further
from the truth. In fact, one could argue that his interests and objectives have
essentially remained constant throughout his career and that it is merely the
world which has changed. A change which means that the kind of national
societal economic and social constitutions described above has come under
increasing pressure since the last decades of the 20th century due to the ex-
pansion of global capitalism. But, as pointed out by Teubner, the continued
expansion of capitalism throughout the planet is not just a consequence of
economic processes. It rather reflects transformations of a far more funda-
mental nature, in the sense that it reflects an increased reliance on functional
differentiation vis-à-vis stratificatory and territorial differentiation. 30 Thus,
the internal reliance on stratificatory distinctions between social classes and
employers and employees as well as the territorial delineation of national
corporatist regimes has become increasingly obsolete. More generally, the
consequence is that the concept of a “state-centred” society described by
Hegel and the kind of all-inclusive corporatist structures which characte-
rised the 20th century increasingly has lost their relevance.
The re-location of political and administrative power to the trans-national
level also fits neatly into this pattern in so far as this development can be
understood as a structural drift which is driven by the attempt of the politi-
cal system to adapt to the increasing reliance on functional differentiation
within other parts of society. Irrespective of such attempts to “keep up”
with the development of other functional systems, the political system is,
however, faced with a reduction in its capability to operate in a manner
which is societally relevant, and this development poses a problem for the
legal system because the consequence is that the collectively-binding deci-
sions of the (democratic) political system no longer provide sufficient refer-
ence points for the operations of the legal system, thereby leading to the
kind of erosion of the functional synthesis described above.
Thus, the legal system has been forced to establish direct “partnerships”,
taking the form of functionally delineated societal constitutions, with other
functional systems. The consequence is that the old socio-economic consti-
tutions has been replaced by functionally delineated economic constitu-
tions, as was the case within the framework of the European Community in
its early days, 31 and the WTO regime today. However, these regimes repre-

relevante Verbände. Tübinger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Band 47 (Tübingen,


Mohr Siebeck, 1978).
30 Gunther Teubner ‘Justice under Global Capitalism?’, pp. 1- 8, European Journal of

Legal Studies, Vol. 1, No. 3, 2008.


31 E.g. Ernst-Joachim Mestmäcker ‘Zur Wirtschaftsverfassung in der Europäischen

Union’, pp. 507–537 in Ernst-Joachim Mestmäcker: Wirtschaft und Verfassung in der Eu-
ropäischen Union (Baden-Baden, Nomos Verlag, 2003).
540 Poul F. Kjaer

sent a much more narrow economic view of the world when compared with
the broader socio-economic perspective that characterises the fading phe-
nomenon of nation-state corporatism. As a functional equivalent to the cat-
egory of the “social” sphere, Teubner has, however, convincingly argued
that elements of a whole range of other functional constitutions have
emerged in the form of, for example, a global digital constitution, a global
health constitution, a global sports constitution and so forth. 32 Constitu-
tions which are non-state centred constitutions, in the sense that they are
spontaneous, but complex, structural couplings between the legal system
and the various functional systems which do not rely on an activation of the
political system. Such constitutions provide a basis for a stabilisation of the
systems in question through legal means as well as for the establishment of
reflexive mechanisms which are capable of ensuring that the systems in
question exercise self-restraint to a degree which leads to a reduction in
negative externalities, asymmetries and crowding-out effects vis-à-vis other
systems, thereby reducing the consequences of the reduced absorption ca-
pacities of democratic procedures. Thus, Teubner’s ambition has stayed the
same, and, at the same time, he has simply shifted his point of interest from
the corporatist structures of the nation-state towards global governance
structures because these structures act as functional equivalents to nation-
state corporatism under the structural condition of increased reliance on
functional differentiation.

VI. Political Metamorphoses


Teubner describes his theory of societal constitutionalism as a legal the-
ory. It is, however, a theory with deep political implications, implications
which Teubner himself seems surprisingly reluctant to address. But the
transformation of the functional synthesis between law and politics and the
emergence of a whole range of constitutional partnerships between the legal
system and various functional systems raises the question of what institu-
tional structures and pre-legal conditions need to be in place within the non-
legal systems in order for them to act as adequate partners for the legal sys-
tem. In contrast to Teubner, who seems to assume that such structures are in
place, one could argue that this can by no means be assumed. Instead, his
theory would have to be “doubled”, in the sense that his legal theory would
have to be complemented with a corresponding theory of the political
sphere as it unfolds within each system. Such an endeavour implies a break

32 Gunther Teubner ‘Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrierten Ver-

fassungstheorie’, pp. 1–28, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völker-
recht, 63, 2003.
The Under-Complexity of Democracy 541

with Luhmann’s concept of the political, which remains based upon an


“old-european” (Alteuropäische) concept of power, in the sense that it relies
on the ability to invoke negative sanctions 33 and the illusion that a clear-cut
distinction can be made between power and influence. But instead of Luh-
mann’s black and white distinctions, we are instead dealing with a con-
tinuum representing different tones of grey, in the sense that the borderline
between power and influence is, by no means, well-defined. 34 In addition,
one would carefully have to examine to what degree functional systems have
internally developed institutional structures which produce norms, serving
as functional equivalents to the norm production through collectively-bind-
ing decisions within the political system, which can serve as external points
of reference for legal communication, and which can be normatively rami-
fied and deepened through legal mechanisms. Such norm production is,
moreover, likely to be conditioned by the existence of a host of reflexive
mechanisms in the form of the institutionalisation of a collective of stake-
holders and the establishment of a coherent set of principles in relation to,
for example, transparency, proceduralisation and accountability within each
functional system. One would have to examine carefully to what extent
such structures, acting as functional equivalents to classical nation–state
concepts of the people, the public sphere, sovereignty and control, are in
place in order to argue convincingly that non-legal functional systems are
capable of engaging in arrangements with the legal system that possesses a
constitutional quality. Hence, the increased significance of transnational
structures vis-à-vis nation-state structures should not necessarily be under-
stood as implying de-politicisation, but merely calls for a rethinking of the
different dimensions of the concept of the political. The challenge is to de-
velop a concept of the political that is freed from methodological national-
ism 35 and which will enable observation of the new form of politics which is
unfolding within trans-national structures. In other words, after Teubner’s
transformation of Luhmann’s “speculative hypothesis” concerning the fu-

33 Christian Borch ‘Systemic Power. Luhmann, Foucault and Analytics of Power’, Acta

Sociologia, Vol. 48, No. 2, pp. 155–167; Urs Stäheli Sinnzusammenbrüche. Eine dekon-
struktive Lektüre von Niklas Luhmanns Systemtheorie (Velbrück, Weilerswist, 2000),
p. 230.
34 E.g. the Open Method of Coordination within the context of European integration

and its predecessors within the OECD do not rely on the ability to invoke negative sanc-
tions but is nonetheless producing power. See Poul F. Kjaer ‘Three forms of governance and
three forms of power’, pp. 23 – 43 in Erik Oddvar Eriksen, Christian Joerges and Florian
Rödl: Solidarity in a Post-national Union. The unsettled political order of Europe (Rout-
ledge, London, 2008).
35 Michael Zürn ‘Politik in der postnationalen Konstellation. Über das Elend des metho-

dologischen Nationalismus’, pp. 181–204 in Landfried, C. (Hrsg.): Politik in einer ent-


grenzten Welt. Beiträge zum 21. Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wis-
senschaft (Köln, Verlag Wissenschaft und Politik, 2001).
542 Poul F. Kjaer

ture functionally differentiated character of law into a justified assumption,


it is time to undertake a similar project in relation to the concept of the
political.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht –
„Verfassungsprivatrecht“ als Kollisionsrecht

Karl- Heinz Ladeur

I. 50 Jahre mittelbare Grundrechtswirkung im Privatrecht –


50 Jahre Verstaatlichung des Privatrechts?

1. Ende der Eigenrationalität des Privatrechts?


Die Literatur zur Drittwirkung der Grundrechte ist kaum überschaubar 1,
und dennoch erscheint die damit aufgeworfene Problematik dogmatisch im-
mer noch nicht befriedigend bewältigt. Dieser Eindruck wird bestätigt durch
das Festhalten anderer Rechtssysteme wie des amerikanischen am Erforder-
nis eines „state act“ 2, der erst die Kontrolle privatrechtlicher Beziehungen
am Maßstab der Grundrechte legitimiert. Die deutsche Rechtsprechung hat
das Konzept der Drittwirkung in jüngerer Zeit erheblich flexibilisiert und
erweitert; sie hat auch den mittelbaren gestaltenden Einfluss des Gesetz-
gebers auf private Rechtsverhältnisse als ausreichende Legitimation für
Grundrechtskontrolle angesehen3, nämlich die Kontrolle der Privatrechtsge-
setzgebung. Der Adressatenbezug der Drittwirkung, auf Gerichtsbarkeit und
Privatrechtsgesetzgeber, ist zu unterscheiden von den thematisch differen-
zierten Ansätzen zu einer Expansion der Grundrechte auf private Rechts-
verhältnisse, die vor allem auf die private Verfügung über öffentliche Räume
zielen, und zwar im traditionell realen Sinne (Straßen, Passagen) oder im
virtuellen Sinne (Internet). 4 In Deutschland sind die wissenschaftlichen

1 Vgl. nur Oeter Drittwirkung der Grundrechte und Autonomie des Privatrechts, AöR

119 (1994), 529 ff.; früher schon Schwabe Die sog. Drittwirkung. Zur Einwirkung der
Grundrechte auf den Privatrechtsverkehr, 1971; zur Kritik Abegg/Amstutz/Karavas Soziales
Vertragsrecht. Eine rechtsevolutorische Studie, 2006; Ladeur Zur Kritik der Abwägung in
der Grundrechtsdogmatik, 2004.
2 Vgl. Balkin Freedom of Speech in the Digital Era, Sydney Law Review 26 (2004), 5. Fi-

scher-Lescano-Teubner Regimekollisionen, 2006, 131.


3 Vgl. nur BVerfGE 81, 242 (Handelsvertreter); 89, 1 (Miete als Eigentum); 89, 214

(Bürgschaft); JZ 2007, 576 m. Anm. Schwabe (Privatversicherungsrecht).


4 Balkin aaO. (Fn. 2); Teubner/Karavas http://www.CompanyName.Sucks: Drittwir-

kung der Grundrechte gegenüber „Privaten“ im autonomen Recht des Internet?, in: La-
deur (Hrsg.), Innovationsoffene Regulierung des Internet, 2003, 249; Ladeur/Viellechner
Die transnationale Expansion staatlicher Grundrechte, AVR 46 (2008), 42.
544 Karl-Heinz Ladeur

Antworten auf die gerichtliche Expansion von Grundrechtseffekten in das


Privatrecht unterschiedlich ausgefallen. Während die Ausweitung der Gel-
tungskraft der Grundrechte mit dem Ziel der Justierung der Rechtsgrenzen
öffentlicher Kommunikationen 5 heute im Wesentlichen als gelungen ange-
sehen wird, hat die „mittelbare Drittwirkung“ der Grundrechte vor allem
auf die richterliche Vertragskontrolle (Karenzentschädigung für Handels-
vertreter, Familienbürgschaft, „Mieteigentum“ etc.) 6 in der Zivilrechtswis-
senschaft viel Kritik ausgelöst. 7 Bevor Methode und Ergebnisse einiger
wichtiger Entscheidungen einer Kritik unterzogen werden, soll im Folgen-
den zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-
gerichts von ihrem Anfang her, dem Lüth-Urteil 8, skizziert werden. Schließ-
lich soll in Auseinandersetzung mit Gunther Teubners Überlegungen zur
Drittwirkung 9 eine andere Akzentuierung begründet werden, die die Dritt-
wirkung der Grundrechte kollisionsrechtlich verfasst wissen will.

2. Das Lüth-Urteil
Im Lüth-Urteil 10 hat das BVerfG bekanntlich die Verurteilung des Ver-
fassungsbeschwerdeführers zur Unterlassung eines Boykottaufrufs auf der
Grundlage von § 826 BGB für unvereinbar mit dem grundrechtlichen Schutz
der Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gehalten. Zum Verständ-
nis der damit beanstandeten Zivilrechtsprechung ist vorauszuschicken, dass
die Zivilgerichte in den vorausliegenden Jahrzehnten die Wahrnehmung öf-
fentlicher Interessen durch Private (z. B. Journalisten) grundsätzlich nicht
als Rechtfertigung für die Verletzung der persönlichen Ehre einer angegrif-
fenen Person anerkannt hat. Dies spielte vor allem bei der Interpretation
von § 193 StGB eine Rolle.11 Daran hat das beanstandete Urteil konsequent

5 Vgl. zur Meinungsfreiheit nur BVerfGE 7, 298; 61, 1; zur Drittwirkung der Pressefrei-

heit gegen diese selbst OLG Stuttgart, AfP 1971, 137 (Landespressekonferenz e. V.); Mark-
fort Popstars und die Pressefreiheit, ZUM 2006, 829.
6 Vgl. die Nachweise in Fn. 3.
7 Vgl. nur Diederichsen Das Bundesverfassungsgericht als oberstes Zivilgericht, AcP 198

(1998), 171.
8 BVerfGE 7, 198.
9 Vgl. vor allem Teubner Ein Fall von struktureller Korruption? Die Familienbürgschaft

in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken, KritV 83 (2000), 388; ders. Globale Zi-
vilverfassungen. Alternativen zur staatszentrierten Verfassungstheorie, ZaöRV 63 (2003),
16; ders. Die anonyme Matrix. Zu Menschenrechtsverletzungen durch private „transnatio-
nale“ Akteure, Der Staat 44 (2006), 161; ders. The Blind Spot: The Hybridization of Con-
tracting, in: Theoretical Inquiries in Law 8/Nr. 1, article 4/51; vgl. auch Gerstenberg Justi-
fication (and Justifiability) of Private Law in a Polycontextural World, Social and Legal
Studies 9 (2000), 419.
10 BVerfGE 7, 198
11 Vgl. RGSt 56, 382; 64, 10; Olshausen Kommentar zum StGB , 6. Aufl., 1929, § 193

Anm. 4, 6a, 6c; Leipziger Kommentar zum StGB , 4. Aufl., 1929, § 193 Anm. 5, 10 f. (mit
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 545

auch bei der Interpretation des Begriffs der „Sittenwidrigkeit“ als Vorausset-
zung für den Anspruch aus § 826 BGB angeknüpft. Das BVerfG hat diese
wie andere Generalklauseln des Privatrechts zum „Einfallstor“ für den ver-
fassungsrechlichen Einfluss auf insbesondere das Recht der unerlaubten
Handlung, aber auch das Vertragsrecht und andere zivilrechtliche Konstel-
lationen gemacht. Es ist mit Recht gefragt worden, warum das Verfassungs-
recht nur vermittelt über die Generalklauseln auf das Zivilrecht einwirken
können soll. Dahinter stand die begreifliche Absicht, die Einflüsse des Ver-
fassungsrechts zu begrenzen. Das BVerfG fragt allerdings nicht genauer nach
der Eigenrationalität des Privatrechts, sondern behandelt die Grundrechte
als allgemeine Werte, man könnte auch sagen als oberste Werte, die auch das
Privatrecht beherrschen sollen. Warum dieser Einfluss aber gerade über die
allgemeinen Klauseln des Privatrechts analysiert werden soll, ist nicht recht
nachvollziehbar. Das BVerfG verknüpft diese Überlegung mit dem weiteren
Versuch einer Selbstbegrenzung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle der-
art, dass das zivilgerichtliche Urteil nicht dem Einzelnen, sondern nur im
Hinblick darauf überprüft werden soll, ob das Zivilgericht die „Wirkkraft
der Grundrechte im Gebiet des bürgerlichen Rechts zutreffend beurteilt
hat“.12 Dies ist aber ein anderer Gesichtspunkt, der später mit der Beschrän-
kung auf die Prüfung der Verletzung „spezifischen Verfassungsrechts“ 13 be-
zeichnet worden ist. Warum aber nur die Generalklauseln den Einfluss der
Grundrechtseffekte im Zivilrecht zur Geltung bringen sollen, läßt sich auch
damit nicht begründen. Die Begrenzung der Expansion der Grundrechte
mit Hilfe der Generalklauseln ist um so weniger überzeugend, als das Ge-
richt später auch die Privatrechtsgesetzgebung am Maßstab der Grundrechte
gemessen hat.14 Das heißt, der Richter muss konsequenterweise auch die
Verfassungsmäßigkeit zivilrechtlicher Vorschriften an den Grundrechten
messen. Dann ist aber um so weniger plausibel, warum nicht auch bei
der Anwendung zivilrechtlicher Rechtsbegriffe, die nicht als Generalklau-
seln im technischen Sinne gelten können, die Grundsätze der verfassungs-
konformen Auslegung angewendet werden sollen. Dies ist auch deshalb
nicht ganz überzeugend, weil das Grundrecht der Meinungsfreiheit, das hier
auf dem Spiel stand, unter dem Vorbehalt der „allgemeinen Gesetze“ steht.

ersten Zweifeln); and. erst BGHSt 12, 287, 293; BGHZ 31, 308, 312; zur neueren Rechtspre-
chung, die diese Vorschrift praktisch überflüssig gemacht hat Hilgendorf in: Leipziger
Kommentar zum StGB , 11. Aufl., 2003, § 193 Rnr. 4; Ridder hat auch an der Öffnung des
§ 193 StGB für die Wahrnehmung öffentlicher Interessen Kritik geübt ( JZ 1961, 537, Anm.
zum Richard Schmid-Beschluss des BVerfG , JZ 1991, 535), und zwar auch am Lüth-Urteil,
das noch eine besondere Prädestination für die Wahrnehmung berechtigter Interessen ver-
lange.
12 BVerfGE 7, 198, 207.
13 Seit BVerfGE 18, 85, st. Rspr.
14 Vgl. nur BVerfGE 83, 242 (Handelsvertreter); dazu Hermes NJW 1990, 1765; vgl. allg.

Ruffert Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, insb. 280 ff.
546 Karl-Heinz Ladeur

Hier sieht das BVerfG die Gefahr eines die Grundrechtseffekte im Privat-
recht neutralisierenden Zirkels derart, dass die „wertsetzende Bedeutung“
der Grundrechte von vornherein durch den Vorbehalt der „allgemeinen Ge-
setze“ begrenzt und deshalb von jeder Einwirkung auf ein zivilgerichtliches
Urteil ausgeschlossen wird. Deshalb muss umgekehrt nach Auffassung des
BVerfG das allgemeine Zivilrechtsgesetz wiederum grundrechtskonform
einschränkend interpretiert werden. Warum dies aber nur für die General-
klauseln innerhalb der „allgemeinen Gesetze“ des bürgerlichen Rechts gel-
ten soll 15, ist auch im Anschluss an diese weitere Überlegung nicht recht
nachvollziehbar.

II. Vom Einfluß der Grundrechte über die Generalklauseln


zur allgemeinen Verfassungskontrolle des Privatrechts

1. Zur Notwendigkeit der Anknüpfung der „Drittwirkung“ an den


zivilrechtsimmanenten „Institutionenschutz“
Dass die Reichweite der Grundrechtseffekte auf private Rechtsverhält-
nisse begrenzt werden muss, liegt auf der Hand, das Gericht war sich offen-
bar allerdings nicht im Klaren darüber, wie diese Begrenzung zu fassen sei.
Es hätte durchaus gute Gründe dafür geben können, über die Anknüpfung
an die Generalklauseln des Zivilrechts einen sinnvollen Koordinationsme-
chanismus zu formulieren. Die Abstimmung von Verfassungsrecht und Zi-
vilrecht hätte dann eine zivilrechtsinterne Funktion der Generalklauseln
anschließen können, die z. B. schon früher bei Gunther Teubner als „Institu-
tionenschutz“ bezeichnet worden ist.16 Das heißt, die Generalklauseln hätten
dann – systemtheoretisch gesprochen – für den „re-entry“ 17 von Gemein-
wohl orientierten Gesichtspunkten benutzt werden können, die zunächst
durch das Zivilrecht selbst ausgeschlossen werden: So soll die Vertragsfrei-
heit nicht zuletzt der Bindung von Ungewissheit dienen und den distribu-
ierten Suchprozess von Angebot und Nachfrage auf Märkten ermöglichen.
Wenn aber die Vertragspartner nicht über ein Minimum an Einsichtsfähig-
keit verfügen, die z. B. für die Suche nach dem angemessenen Preis erforder-
lich ist, kann sich die Institution des Vertrages gegen sich selbst wenden. Dies
gilt insbesondere – abgesehen von Anforderungen an die Geschäftsfähigkeit –
im Einzelfall durch die Begrenzung der Privatautonomie über den Vorbehalt
der „guten Sitten“ als erlaubt. An diese Spezifizierung des Institutionen-

15 BVerfGE 7, 198, 208.


16Vgl. Teubner Standards und Direktiven, 1971.
17Vgl. zu dieser Figur (im Anschluss an Spencer Brown) Luhmann Die Wissenschaft der
Gesellschaft, 1990. 83 ff.; 479.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 547

schutzes hätte sich auch die Begrenzung der Mittelbarkeit der Grundrechts-
effekte anschließen lassen. So ist zu fragen, ob nicht private Leistungen, die
gegenüber der Öffentlichkeit erbracht werden, sich auch in einer als gesell-
schaftlich (und nicht staatlich) verstandenen Öffentlichkeit der Kritik stellen
müssen, ohne dass die Kritik sogleich auf ihre Eigenschaft als schädigende
Handlung reduziert wird. Dies könnte umso mehr in einer Fallkonstellation
Gültigkeit beanspruchen, in der auch auf der anderen Seite des Rechtsstreits
ein Protagonist medialer Kommunikation stand (eine Filmproduktionsge-
sellschaft), die ihre Leistungen an die Öffentlichkeit adressiert. Diese Über-
legung hätte sich auch mit zivilrechtlichen Prinzipien des Institutionen-
schutzes verbinden lassen, da es sich um ein Produkt handelt, für das es
keine eindeutigen Qualitätsstandards gibt und deshalb eine distribuierte öf-
fentliche Kritik (einschließlich eines Boykottaufrufs) mit den Bedingungen
des spezifischen Teilmarkts „Film“ als kompatibel angesehen werden
konnte und musste. Das bedeutet: Die Rationalität des Privaten muss er-
weitert werden, und zwar insbesondere um ein transsubjektives Moment
der Steigerung von Varietät durch Verantwortung für das im Hintergrund
mitlaufende Wissen 18, das nur begrenzt privat angeeignet werden kann.
Insofern ist es auch konsequent, mit G. Teubner die Expertenhaftung zu
erweitern.19 Ähnlich müsste die „Drittwirkung“ der Grundrechte gerade
wegen der notwendigen hybriden Relationierungen von einzelnen „Vernet-
zungstypen“ ausgehend konstruiert werden. (Ob damit die Beschwörung
der „anonymen Matrix“ in neueren Arbeiten G. Teubners 20 kompatibel ist,
erscheint zweifelhaft.)

2. Der Richter entscheidet über zivilrechtliche Ansprüche!


Der Schutz der Meinungsfreiheit konnte in der Lüth-Konstellation dazu
beitragen, dass eine zivilrechtsinterne Verengung der Perspektive auf den
Vergleich wirtschaftlicher Interessen, sowohl auf der einen Seite (Filmpro-
duzent), als auch auf der anderen Seite (als Schädigung ohne eigenes wirt-
schaftliches Interesse), durch Wiedereinführung der kommunikativen In-
teressen (ebenfalls auf beiden Seiten) zu kompensieren wäre. Dies wäre in
diesem Fall umso angemessener gewesen, als auf der Seite des Filmpro-

18 Vgl. dazu die gründliche Auseinandersetzung mit meiner Position bei Karavas Digi-

tale Grundrechte. Elemente einer Verfassung des Informationsflusses im Internet, 2007,


89 ff.
19 Teubner aaO. (The Blind Spot, Fn. 9), 68.
20 Teubner aaO. (Die anonyme Matrix, Fn. 9); noch bedenklicher ist die Ambivalenz der

Arbeit von Fischer-Lescano, Kritik der praktischen Konkordanz, KJ 2008, 166, der zunächst
die Pauschalformel von der praktischen Konkordanz im Rekurs auf „Kollisionsregeln“ kri-
tisiert, dann aber alle Unterscheidungen in der Beschwörung der „multitude“ auflöst, eines
Unbegriffs, mit dem A. Negri seit einiger Zeit Komplexität verdoppelt.
548 Karl-Heinz Ladeur

duktionsunternehmens nicht etwa ein scharf konturiertes „absolutes Recht“


im klassischen Sinne (§ 823 Abs. 1 BGB ) oder ein durch ein besonderes
„Schutzgesetz“ spezifiziertes Interesse stand, sondern ein unspezifisches
Vermögensinteresse, das durch § 826 Abs. 1 BGB nur bei Erfüllung beson-
derer subjektiver Voraussetzungen (Vorsatz der Schädigung und Sittenwid-
rigkeit der verfolgten Absichten) ausgleichsfähig wird. Die spezifisch öffent-
liche Dimension des Rechtsstreits wird in einem weiteren problematischen
Schritt auf den staatlichen Charakter der gerichtlichen Entscheidung bezo-
gen: „… alle Akte (H.i.O.) der gesetzgeberischen, exekutiven und richter-
lichen Gewalt (sollen) auf ihre ‚Grundrechtsmäßigkeit‘ nachprüfbar sein …
(§ 90 BVerfGG )“. 21 Dies ist ein Gedanke, der später von J. Schwabe stark
gemacht worden ist22: Die Grundrechtsbindung des Zivilrichters folgt danach
aus Art. 1 Abs. 3 GG .
Die Problematik dieses Ansatzes ergibt sich daraus, dass es, auch wenn
die Drittwirkung der Grundrechte zu beachten ist, auch dabei bleibt, dass es
sich um ein zivilrechtliches Verhältnis zwischen privaten Parteien handelt.
Es geht deshalb nicht um die Frage, ob der Richter an die Grundrechte ge-
bunden ist, sondern darum, ob die Parteien des Rechtsstreits unmittelbar
oder mittelbar an die Verfassung gebunden sind. Darin unterscheidet sich
die Rechtslage nicht von einem sonstigen zivilprozessualen Verfahren, in
dem es nur um die Anwendung von Zivilrecht geht. Dass der Richter – wie
häufig – einen Wertungsspielraum für sich in Anspruch nehmen kann,
zeichnet diese Konstellation der Drittwirkung nicht gegenüber den „norma-
len“ Zivilrechtsverhältnissen aus. Der Anspruch des Filmproduktionsunter-
nehmens, der im Lüth-Fall aus § 826 BGB als Anspruchsgrundlage abgelei-
tet worden war, bestand von vornherein nicht, wenn Lüths Verhalten nicht
sittenwidrig war. Dass das zivilgerichtliche Urteil als „Hoheitsakt“ einge-
ordnet werden müsste, damit die Verfassungsbeschwerde als zulässig an-
gesehen werden kann, ändert nichts daran, dass das zugrunde liegende
Rechtsverhältnis ein zwischen Privaten bestehendes zivilrechtliches war.
Auch in der Konstruktion von zivilrechtlichen „Schrankengesetzen“ im
Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG die „dann wieder im Lichte der wertsetzenden
Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 einschränkend interpretiert
werden müssten („Wechselwirkungstheorie“), ist dogmatisch verfehlt: Das
Grundrecht der freien Meinungsäußerung soll „in den Privatrechtsverkehr“
hineinwirken, „sein Gewicht (soll) sich hier zugunsten der Zulässigkeit ei-
ner Meinungsäußerung auch dem einzelnen Mitbürger gegenüber geltend“
machen. 23 Hier wird denn auch anerkannt, dass eine Verfassungsnorm den
einzelnen Bürger bindet, zu dessen Lasten sich ihre Wirkung entfaltet.

21 BVerfGE 7, 198, 207.


22 AaO (Die sogenannte Drittwirkung, Fn. 1).
23 BVerfGE 7, 198, 211.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 549

III. „Zwingendes Zivilrecht“ als öffentliches Recht?


Diese unklare Konstruktion läßt dann auch Raum für die weitere Vorstel-
lung, der einzelne Bürger habe einen „verfassungsrechtlichen Anspruch“ ge-
genüber dem Zivilrichter auf Beachtung seiner Grundrechte (hier aus Art. 5
Abs. 1 S. 1 GG ). 24 Dieser Anspruch wäre nicht identisch mit dem allgemei-
nen Justizgewährungsanspruch, der aus Art. 20 GG gegenüber Zivilgerich-
ten geltend gemacht werden kann, während Art. 19 Abs. 4 für das öffentli-
che Recht gilt. Ein solcher Anspruch hat einen lediglich formalen Charakter,
er ist auf Prüfung des Streitgegenstandes und auf Entscheidung gerichtet 25,
nicht aber begründet er einen materiellrechtlichen Anspruch auf ein (grund-
rechtlich) richtiges Urteil. Im Hinblick auf den Streitgegenstand ist das Ge-
richt immer der „Dritte“, der über die Rechtsbeziehung zwischen den Par-
teien entscheidet und nicht Adressat eines Rechtsanspruchs. Das Gericht
hat selbst betont, dass der „Streit zwischen Privaten über Rechte und Pflich-
ten aus solchen grundrechtlich beeinflussten (!) Verhaltensnormen des bür-
gerlichen Rechts … materiell und prozessual ein bürgerlicher Rechtsstreit
(bleibt), … wenn auch seine Auslegung dem öffentlichen Recht, der Verfas-
sung, zu folgen hat“. Allerdings heißt es dann wieder, dass der „Rechtsge-
halt der Grundrechte als objektiver Normen … sich im Privatrecht durch
das Medium der das Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften
(entfaltet)“. 26
Das Bundesverfassungsgericht ergänzt seine Überlegungen zur privile-
gierten Rolle der Generalklauseln bei der Beeinflussung des Privatrechts
durch das Verfassungsrecht noch durch einen weiteren Gedanken, nämlich
die Überlegung, dass die Grundrechte sich vor allem bei „denjenigen Vor-
schriften des Privatrechts geltend machen (werden), die zwingendes Recht
enthalten und so einen Teil des ordre public – im weiteren Sinne – bilden,
d. h. der Prinzipien, die aus Gründen des gemeinen Wohls auch für die Ge-
staltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Einzelnen verbindlich sein
sollen, und deshalb der Herrschaft des Privatwillens entzogen sind“. Auch
dies ist eine problematische Annahme, die zunächst nur auf das Vertrags-
recht zielt, während es im Streitfall um das Recht der unerlaubten Handlung
ging. „Zwingendes Recht“ gibt es hier insofern nicht, als derjenige, der einen
Anspruch erhebt, darüber zunächst selbst entscheidet, während umgekehrt
der in Anspruch genommene Schuldner sich darüber schlüssig werden muss
und darf, ob er den Anspruch anerkennt oder nicht. Im Übrigen ist es das
Merkmal eben der gesetzlichen Schuldverhältnisse, dass sie durch Gesetz
und nicht durch Vertrag geregelt werden. Umso bedenklicher ist deshalb die
weitere Überlegung, dass die „Verbindlichkeit“ für den Einzelnen, die die

24 BVerfGE 7, 198, 207.


25 BVerfGE 85, 337, 345.
26 BVerfGE 7, 198, 205.
550 Karl-Heinz Ladeur

Gestaltung einer Rechtsbeziehung der „Herrschaft des Privatwillens“ ent-


zieht, die entsprechenden Bestimmungen stehen „nach ihrem Zweck in eine
nahe Verwandschaft mit dem öffentlichen Recht, dem sie sich ergänzend an-
fügen“. 27
Vor allem solche Überlegungen sind es, die privatrechtstheoretisch be-
gründeten Einwänden gegen die herkömmliche Konstruktion der Drittwir-
kung der Grundrechte Nahrung gegeben haben. 28 Sie legen in der Tat – bei
aller Zustimmung zum Ergebnis des Lüth-Urteils – den Verdacht nahe, dass
das Gericht die Eigenrationalität des Zivilrechts ignoriert: Auch die gesetz-
lichen Schuldverhältnisse regeln Rechtsbeziehungen zwischen Privaten. Auf
diesem Hintergrund erweist sich die Konstruktion der „mittelbaren Dritt-
wirkung“ der Grundrechte im Privatrecht als eine Form, die letztlich mit
Hilfe der Grundrechte staatliche Steuerungsansprüche gegenüber privat-
rechtlichen Beziehungen steigert. Im Übrigen wird die Struktur des Kon-
flikts dogmatisch soweit aufgelöst, dass am Ende die „Gesamtanschauung
des Einzelfalls unter Beachtung aller wesentlichen Umstände“ die Entschei-
dung des Richters bestimmen muss. 29

IV. Zur Konzeption eines „Kollisionsrechts“ für die Koordination


unterschiedlicher rechtlicher Rationalitäten des Rechts

1. Die Interpretation von § 193 StGB als Vorspiel zur Konzeption


der „Drittwirkung“
Die Lüth-Konstellation hätte sich demgegenüber für eine genauere dog-
matische Konstruktion nach dem Muster des „Kollisionsrechts“ angebo-
ten. 30 Das BVerfG sieht durchaus, dass zwei unterschiedliche Logiken auf-
einandertreffen: Einmal der Schutz eines Vermögensinteresses durch § 826
BGB und zum anderen die Gewährleistung der Möglichkeit der „öffentli-
chen Erörterung gemeinschaftswichtiger Fragen“. 31 Die Rechtsprechung
hatte früher auf der Ebene des einfachen Gesetzesrechts, das Elemente einer
Kollisionslösung für die Abstimmung dieser unterschiedlichen Rationalitä-
ten durchaus schon bereitgehalten hat, am Beispiel der Interpretation des
§ 193 StGB , der grundsätzlich auch im Zivilrecht als Rechtfertigungsgrund
anwendbar war, problematisiert. Als „berechtigte Interessen“, die eine Ver-
letzung fremder Ehre rechtfertigen können, danach nur konkurrierende pri-

27 BVerfGE 7, 198, 206.


28 Vgl. vor allem die zitierten Arbeiten von Teubner sowie Abegg/Amstutz/Karavas, aaO.
(Soziales Vertragsrecht, Fn. 1).
29 BVerfGE 7, 198, 212.
30 Fischer-Lescano/Teubner aaO. (Regimekollisionen, Fn. 2), insbes. 127 ff.
31 BVerfGE 7, 198, 211.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 551

vate (sozusagen gleichrangige) Interessen anerkannt worden. Damit wird


(auch) das Privatrecht vorrangig auf den Schutz privater besonderer Interes-
sen festgelegt. Die strafrechtliche Thematisierungsgrenze für den öffentli-
chen Raum (Schutz der öffentlichen Sittlichkeit, Staatsschutz, Religionsbe-
schimpfung etc.) folgt ihren eigenen öffentlichkeitsbezogenen Regeln, die
der Berücksichtigung der öffentlichen Meinungsfreiheit durchaus Raum ge-
ben. Nach einem modernen Verständnis der Demokratie darf die Mei-
nungsfreiheit aber nicht nur auf den staatsbezogenen öffentlichen Raum
(zwischen dem Staat im engeren Sinne und der Privatrechtsgesellschaft der
Individuen) beschränkt werden. Vielmehr muss auch die Beteiligung Priva-
ter (einschließlich der ihrerseits privaten Massenmedien selbst) sich reflexiv
der Öffentlichkeit stellen. Dies schlägt sich in der Institutionalisierung der
Selbstbeobachtung der Massenmedien z. B. in der Form der Film- oder
Buchkritik nieder (die wissenschaftliche Kritik war übrigens auch nach § 193
StGB privilegiert). Damit entsteht eine Kollision von Rationalitäten: Auch
private Kommunikationen, die aus wirtschaftlichem Interesse (und nicht
nur aus politischen, kulturellen oder anderen nicht wirtschaftlichen Moti-
ven) verbreitet werden, könnten sich nach einer eng verstandenen, auf
je besondere Interessen bezogenen Rationalität des Privatrechts der Kritik
entziehen, soweit damit auch wirtschaftliche Schädigungsabsichten verfolgt
werden. Wenn man dem Einfluss z. B. medialer Interessen entgegentreten
will, liegt es nahe, die Kritik durch den wirtschaftlichen Erfolg des Medi-
ums, nämlich seine Verbreitung begrenzen zu wollen. Wenn der öffentlich-
keitsbezogene Aspekt der Kritik im Privatrecht keine Berücksichtigung
fände, würde diese Reflexivität der Massenmedien auf die bloße wirtschaft-
liche Schädigungsabsicht reduziert und als rechtswidrige Wahrnehmung öf-
fentlicher Interessen herausgefiltert. Die Schwäche des Privatrechts in der
damaligen Lesart zeigt darin, dass es für die Wahrnehmung öffentlicher In-
teressen innerhalb privatrechtlicher Beziehungen sich jedenfalls faktisch als
unzugänglich erwies. Die hybride Konstellation (Adressierung der Öffent-
lichkeit durch den Film versus öffentlicher Kampf gegen den Film mit auch
wirtschaftlichen Absichten) wird nach der Seite der wirtschaftlichen Interes-
sen aufgelöst, hinter die das Interesse der öffentlichen Kritik zurücktreten
muss, wenn damit auch wirtschaftliche Wirkungen verbunden sind. Inso-
fern ist die Argumentation des BVerfG nicht konsequent, wenn es annimmt,
die „etwaige Wirkung seiner (Lüths – K.H.L.) Äußerungen auf den privaten
Rechtskreis eines anderen (hier die Filmgesellschaft) als eine „unvermeidli-
che Folge, aber nicht das eigentliche Ziel der Äußerung“ gewesen sei. 32 Dies
wird der atypischen Konstellation nicht gerecht. Denn man muss daran er-
innern, dass es P. Lüth primär gerade nicht nur um die Kritik an dem (un-
politischen) Unterhaltungsfilm V. Harlans ging (Gegenstand des Streits wa-

32 BVerfGE 7, 198, 212.


552 Karl-Heinz Ladeur

ren nicht dessen Propagandafilme aus der NS -Zeit). Deshalb zielte die
Kritik durchaus auf den wirtschaftlichen Erfolg der Filme, hier sogar eines
ganz bestimmten Films, der im Übrigen politisch oder kulturell belanglos
war (“Unsterbliche Geliebte„). Wenn es tatsächlich primär um einen „Bei-
trag zum geistigen Meinungskampf“ gegangen wäre, hätte möglicherweise
auch das Zivilrecht die Sittenwidrigkeit oder den Vorsatz des Schädigers
und damit die Voraussetzungen des § 826 BGB verneint.

2. Ein Kollisionsrecht – für die Abstimmung unterschiedlicher Rationalitäten


Gerade angesichts der hybriden Konstellation, des Zusammentreffens
wirtschaftlicher und öffentlicher Interessen, lag es in der Tat nahe, den al-
lerdings erst in neuerer Zeit (weiter-) entwickelten Gedanken eines offenen
„Kollisionsrechts“ über die Grenzen des internationalen Privatrechts hinaus
zu erweitern und verschiedene Rechtsregimes zu unterscheiden, die sich
überlagern können und dann durch die Metaregeln eines Kollisionsrechts
aufeinander bezogen werden, die die unterschiedlichen Rationalitäten beob-
achten und aufeinander abstimmen.33 Die Besonderheiten eines solchen kol-
lisionsrechtlichen Ansatzes bestehen darin, dass es nicht um das entweder/
oder der Anerkennung kollidierender Rechte geht, sondern ein kooperati-
ves Moment der Abstimmung von Rechtsnormen und Praxisregeln zur Gel-
tung gebracht wird, nämlich Rechtsregimes füreinander durchlässig zu ma-
chen. Dies würde in der hier zu beurteilenden Konstellation bedeuten, dass
es verschiedene zivilrechtliche Formen geben könnte, in denen das hier als
vorrangig anzuerkennende Regime der öffentlichen Meinung im Privatrecht
zur Geltung gebracht werden kann. Auch dann käme es nicht zu einer un-
mittelbaren Anwendung der Grundrechte zwischen Privaten, sondern zur
Regelung einer Kollision zwischen dem Recht der Meinungsfreiheit und zi-
vilrechtlichen Rechtsverhältnissen. Die durchaus zu Recht betonte „Mittel-
barkeit“ der Geltung der Grundrechte im Privatrecht würde dann eher darin
bestehen, dass das Zivilrecht dafür seine eigene Form finden muss und
kann, nicht aber das politische oder öffentlich-rechtliche Formen die zivil-
rechtlichen verdrängen. Das Moment der Kooperation zeigt sich auch beim
Problem der Bewältigung neuer Erscheinungsformen der Drittwirkung der
Kommunikationsrechte etwa in Internetforen, wo es nicht darum geht, im
Einzelfall die Grundrechte unmittelbar oder mittelbar in einer richterlichen
Entscheidung „anzuwenden“, sondern das Zivilrecht so zu irritieren 34, dass
vor allem in Gestalt selbstregulierter Normen (private ordering) durch
AGB o. ä. eine prozedurale Infrastruktur z. B. für vertragliche Nutzungsver-
hältnisse und die Ausübung eines „virtuellen Hausrechts“ zu schaffen. Un-

33 Vgl. dazu allg. auch Abegg/Amstutz/Karavas aaO. (Soziales Vertragsrecht, Fn. 1)


34 Vgl. zu diesem Begriff Fischer-Lescano/Teubner aaO. (Regimekollisionen, Fn. 2), 165.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 553

abhängig von der hier erforderlichen Setzung von Anreizen zur Selbst-
organisation verweist das Verfassungsgericht den Konflikt auch in anderen
Konstellationen im Wege einer Art „renvoi“ an das Privatrecht zurück 35,
wenn es um die Abstimmung kollidierender Grundrechte geht. Dies gilt
z. B. für den Konflikt zwischen allgemeinem Persönlichkeitsrecht und Mei-
nungsfreiheit. Auch hier kommt es nicht darauf an, dass der Richter im Ein-
zelfall die Interessen abwägt, vielmehr sollte genauer beobachtet werden, ob
und wann z. B. der Angegriffene, wenn er selbst ein „Medienplayer“ ist, Zu-
gang zur öffentlichen Auseinandersetzung hat und deshalb der Konflikt an
die Öffentlichkeit zurückgegeben werden kann. 36 Falls dies nicht der Fall ist,
(z. B. bei der Kritik an professionellen Leistungen, etwa eines Arztes) müs-
sen die Grenzen der Meinungsfreiheit materiell durch das Recht bestimmt
werden. Dazu gehört die auch zur Konkretisierung erforderliche Beobach-
tung der Herausbildung neuer Presse- und Mediengenres, die eigene fakti-
sche Regeln herausbilden und prozessieren (z. B. über die Themenformulie-
rung, die Beteiligung von Betroffenen z. B. an der Personalisierung der
Berichterstattung etc.) und damit neue Teilöffentlichkeiten bilden, an der
sich die Herausbildung einer Kollisionsordnung orientieren muss.

3. Zur Verknüpfung von „Drittwirkung“ und Regelbildung


durch gesellschaftliche Selbstorganisation
Der hybride Charakter dieses, die „Drittwirkung der Grundrechte“ im
Privatrecht zur Geltung bringenden „Kollisionsrechts neuen Typs“ 37 ließe
sich mit der Bezeichnung als „Verfassungsprivatrecht“38 zum Ausdruck brin-
gen. Damit soll angedeutet werden, dass es nicht um einen unspezifischen
„Einfluss“ der Grundrechte auf das Zivilrecht geht, der noch legitimiert wird
durch den Anspruch, dass „allen Organen der öffentlichen Gewalt, also
auch den Zivilgerichten“ die Aufgabe obliegt, die Grundrechte im Privat-
recht zu „berücksichtigen“. Vielmehr kommt es vor allem darauf an, die Ra-
tionalität der privaten Selbstorganisationsprozesse zu beobachten, an die
eine differenzierte „Drittwirkung“ der Grundrechte anknüpfen könnte. 39
Dann würde stärker der „prozedurale“ Gehalt z. B. der Binnendifferenzie-
rung der Medien akzentuiert, der in den Formen des Privatrechts zur Gel-
tung gebracht werden kann. Dies kann z. B. darauf hinauslaufen, dass für

35 Ladeur Helmut Ridders Konzeption der Meinungs- und Pressefreiheit in der Demo-

kratie, KJ 1999, 281.


36 Ladeur Persönlichkeitsschutz und Comedy, NJW 2000, 1977; ders. Die Anpassung des

privaten Medienrechts an die „Unterhaltungsöffentlichkeit“, NJW 2004, 393.


37 Joerges Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs, in FS Rehbinder, 207, 219.
38 Barak Constitutional Human Rights and Private Law, in: Friedmann/Barak-Erez

(Hrsg.), Human Rights in Private Law, 2001, 13.


39 Teubner aaO. (Fn. 9).
554 Karl-Heinz Ladeur

die Internetkommunikation eigene Verfahren der Selbstorganisation zur Be-


wältigung von Konflikten gefördert 40 und ggf. z. B. durch Haftungsprivile-
gien begünstigt wird. Beispiele dafür könnten das „Ebay-Recht“ 41 oder die
Herausbildung von selbstorganisierten Anforderungen an „Ratings“ oder
die Differenzierung der Haftung für blogs bilden. 42 Hier geht es um die Ab-
stimmung unterschiedlicher Regimes mit jeweils eigenen Standards und Er-
wartungen. Gerade das Lüth-Urteil zeigt, dass es auch nicht nur darum ge-
hen kann, „autologische“ Expansionstendenzen einzelner Teilsysteme der
Gesellschaft zu begrenzen und damit die offene polykontexturale Kommu-
nikation der Gesellschaft zu erhalten, sondern Hybridisierungen zu institu-
tionalisieren, die nur mit einer „intersystemaren“ Logik eines Kollisions-
rechts zu bewältigen sind. Dies hängt auch und gerade damit zusammen,
dass stabile Grenzbegriffe wie z. B. die „persönliche Ehre“, die im Privatrecht
wie im Öffentlichen Recht gleichermaßen zur Selbststabilisierung der Dog-
matik benutzt worden sind, Fragmentierungsprozessen ausgesetzt sind, die
nur durch wechselseitige Durchlässigkeit von Privatrecht und Öffentlichem
Recht bearbeitet werden können, ohne dass dadurch allerdings die jeweiligen
Eigenrationalitäten aufgelöst werden. „Verfassungsprivatrecht“43 in dem oben
gemeinten Sinne ist dann weder eine Variante der „Verstaatlichung“ der
Grundrechte noch der „autoritativen“ Anwendung der Grundrechte durch
richterliche Entscheidung 44, die „mit Hilfe der eigenen Rechtsinstitute und
der darin verwendeten Formen des Privatrechts“ erfolgt45, sondern ein neues
„Kollisionsrecht“, das die Grundrechte als Garantie der Ausdifferenzierung
gesellschaftlicher Teilsysteme und der wechselseitigen Durchlässigkeit der
sich dabei herausbildenden Regimes füreinander betrachtet.

4. Die „Handelsvertreter-Entscheidung“ – grundrechtliche Legitimation


staatlicher Vertragsgestaltung?
Die Risiken der „Verstaatlichung“ der Grundrechte durch die Drittwir-
kung der Grundrechte lassen sich an der Handelsvertreter-Entscheidung
des BVerfG belegen: Dort hatte das Gericht die Verfassungsmäßigkeit einer
Vorschrift des HGB (§ 90a Abs. 2 S. 2 HGB a.F.) geprüft, die für den Fall der
Kündigung aus „wichtigem Grund“ des Prinzipals gegenüber dem Handels-

40 Vgl. dazu die sehr gründliche und anregende Arbeit von Karavas Digitale Grund-

rechte. Elemente einer Verfassung des Informationsflusses im Internet, 2007, insbes. 102 ff.
41 Vgl. Ladeur Ebay-Bewertungssystem und staatlicher Rechtsschutz von Persönlich-

keitsrechten, K&R 2007, 85.


42 Vgl. dazu nur Papandrea Citizen Journalism and the Reporter’s Privilege, Minnesota

Law Review 91 (2007), 515.


43 Barak aaO. (Constitutional Human Rights, Fn. 38), 30.
44 Abegg/Amstutz/Karavas aaO. (Soziales Vertragsrecht, Fn. 1), 41ff, 45.
45 Diederichsen aaO. (Das Bundesverfassungsgericht, Fn.7), 234.
Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 555

vertreter den Wegfall des Anspruchs auf eine Karenzentschädigung für die
Zeit der vereinbarten Wettbewerbsbeschränkung vorsah. Das BVerfG hat
die Vorschrift für verfassungswidrig gehalten und eine aus Art. 12 abgelei-
tete Schutzpflicht des Gesetzgebers zugunsten des als schwächere Partei an-
gesehenen Handelsvertreters zur Geltung gebracht.
Das BVerfG stellt zunächst fest, die „angegriffenen Urteile beschränken
den Bf. in seiner Berufsfreiheit“, und zwar „in einer Weise …, die einer Be-
einträchtigung der Berufswahl nahekommt“. 46 Die Begriffsbildung erscheint
befremdlich, da der Wegfall der Karenzentschädigung ausdrücklich zuguns-
ten des Handelsvertreters abbedungen werden konnte. Im Folgenden geht
es dann primär um die Frage, ob den Gesetzgeber eine Schutzpflicht aus
Art. 12 Abs. 1 GG trifft, die Privatautonomie des Handelsvertreters dahin-
gehend zu beschränken, dass der Ausschluss der Karenzentschädigung ge-
setzlich zu verbieten war. Dass das Bundesverfassungsgericht von einer
„Beeinträchtigung der Berufswahl“ spricht, zeigt, wie sehr das Gericht als
zur Vertragsgestaltung aufgerufen angesehen wird. Dadurch tritt der eigent-
liche Entscheidungsgegenstand, die Anerkennung eines Anspruchs des Klä-
gers (Prinzipals) gegen den Handelsvertreter, der sich aus dem Gesetz ergibt,
in den Hintergrund. Nach einigen Anmerkungen zur Rolle der Privatauto-
nomie, die letztlich folgenlos bleiben, wechselt das BVerfG dann die Begriff-
lichkeit und fragt, ob der Gesetzgeber einer grundrechtlichen Schutzpflicht
entsprochen habe, dem „starken Gewicht“ einer Partei eines Privatrechts-
verhältnisses entgegenzuwirken. Dennoch prüft das Gericht dann unter II
wieder die „Auslegung“ des Zivilrechts durch den Zivilrichter, dem vor-
gehalten wird, den „Schutzzweck des § 90a HGB im Zusammenhang mit
der grundrechtlich gewährleisteten Berufsfreiheit grundsätzlich verkannt“
zu haben. Dies ist insofern bemerkenswert, als es nach Auffassung des
BVerfG hier nicht um den „Einfluss“ des Verfassungsrechts auf die Anwen-
dung des Privatrechts ging, sondern um die Verfassungsmäßigkeit des Ge-
setzes selbst. Selbst nach dem eigenen Ausgangspunkt des BVerfG konnte
dem Zivilgericht allenfalls vorgeworfen werden, dass es die Verfassungswid-
rigkeit der Norm verkannt habe. Demgegenüber spricht das BVerfG davon,
dass der „entsprechende Schutzauftrag der Verfassung … sich hier an den
Richter“ wendet, der den objektiven „Grundentscheidungen der Grund-
rechte in Fällen gestörter Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts
Geltung zu verschaffen hat“. 47
In der Lüth-Konstellation lässt sich eine ähnliche Problematik durchspie-
len, wenn man sich vorstellt, dass aus Art. 5 Abs. 1 GG ein zivilrechtlicher
Anspruch z. B. auf Zugang zu einer privaten Veranstaltung, etwa einer Lan-

46 BVerfGE 83, 242, 253.


47 BVerfGE 81, 242, 256.
556 Karl-Heinz Ladeur

despressekonferenz abgeleitet würde. 48 Auch in diesem Fall würde die Ab-


lehnung der Entscheidung des Gerichts keinen „Eingriff“ in das Grundrecht
der Meinungsfreiheit darstellen, vielmehr ging es darum, ob sich aus der
Drittwirkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit auch ein Leistungs-
recht gegen Private ergeben kann.

5. Grundrechte als Schutz gesellschaftlicher Institutionen oder


als staatsgerichtete „Rechte auf Gerechtigkeit“?
Die Ambivalenz der Expansion des Grundrechtsschutzes in das Privat-
recht lässt sich auch aus der weiteren Begründung des Handelsvertreter-Be-
schlusses entnehmen: Danach setzt die Privatautonomie voraus, „dass auch
die Bedingungen freier Selbstbestimmung tatsächlich gegeben sind“. Gerade
wenn der Verfassung „nicht unmittelbar (zu) entnehmen (ist), wann Un-
gleichgewichtslagen so schwer wiegen, dass die Vertragsfreiheit durch zwin-
gendes Gesetzesrecht begrenzt“ werden muss, sollte in einer liberalen Ver-
fassungspraxis eine Vermutung zugunsten der Freiheit gelten. Doch die
legislative Gestaltung der Grundrechte zum Zwecke ihres Schutzes erwei-
tert die Entscheidungsbefugnisse des Staates. Damit wird verkannt, dass die
Grundrechte vor allem eine institutionelle Dimension haben: Sie dienen ge-
rade der Bindung von Ungewissheit, der Emergenz und Erprobung des
Neuen. Ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum im Bereich der Grund-
rechte fällt in einem liberalen System den freien Individuen selbst zu. Der
Staat ist in der liberalen Ordnung zur Gestaltung nur dann und soweit auf-
gerufen, wie eine „Schadensgrenze“ erreicht oder überschritten wird. Ein li-
berales System geht davon aus, dass die Vorteile des Freiheitsgebrauchs sich
vielfach nicht kurzfristig messen lassen, aber langfristig eine Art „General-
kompensation“ (C.C. v. Weizsäcker) eintritt. Dies muss selbstverständlich
nicht immer so sein. Doch warum sollte im Angesicht von Ungewissheit
nur die Auswirkungen des Gebrauchs der Vertragsfreiheit dem Staat einen
„besonders weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum“ verschaffen?
Die Fixierung allein auf das Individuum als Träger der Privatautonomie ist
gerade in einer liberalen Perspektive problematisch: In erster Linie dient der
Grundrechtsschutz durch die tradierten Abwehrrechte nicht der „Selbstver-
wirklichung“ des Einzelnen durch freie Entscheidungen, sondern dem Auf-
bau eines Institutionensystems, eines produktiven „Netzwerks der Netz-
werke“ (Eli M. Noam), das über den Austausch zwischen den Individuen
entsteht und Wissen als einen Ideen- und Varietätspool transsubjektiv er-
zeugt. Aus diesem können sich nicht nur diejenigen bedienen, die über Ei-
gentum verfügen, sondern grundsätzlich alle, die den Eigentumsschutz über-
schießenden neuen Möglichkeiten nutzen können. Gerade deshalb wäre es

48 OLG Stuttgart, AfP 1971, 137.


Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht 557

nicht nur verkürzt, sondern völlig ausgeschlossen, den Ausgleich „wirt-


schaftlichen Ungleichgewichts“ zu einem allgemeinen Ziel staatlichen Han-
delns zu erheben. 49
Die Konsequenzen einer so allgemein gefassten „public policy“ wären
völlig unberechenbar. Ein liberales System basiert auf der Erzeugung und
Erhaltung eines Komplexes von Regeln, deren Effekte nur ausnahmsweise
sofort zu erkennen und bewerten sind. Deshalb muss umgekehrt der Insti-
tutionenschutz an relativ leicht erkennbaren Missbrauchsfällen ansetzen
oder aber sich zum Ziel setzen, dem „Varietätspool“ neue Möglichkeiten
zuzuführen, die eine produktive Irritation des Institutionengefüges errei-
chen können. Institutionen müssen nur so angelegt sein, dass sie einen An-
reiz dazu setzen, selbst dazu beizutragen, dass der Möglichkeitsraum der
Teilsysteme erweitert wird 50, nicht aber dass „ungerechte Ergebnisse“ ver-
mieden werden. Bedenklich an dieser Rechtsprechung ist vor allem der Ver-
zicht auf jedes institutionelle Denken. Die Ungewissheit, die Versuchs- und
Experimentierprozesse der Gesellschaft bestimmen und durch Institutiona-
lisierung gebunden werden müssen, führt hier zu einer Ermächtigung des
Staates, an den Institutionen vorbei und unmittelbar Ziele zu verfolgen.

V. Ausblick
Die Abstimmung privater und öffentlicher Interessen soll nicht mehr
primär durch den Staat erfolgen sondern durch Institutionen, die im Zwei-
fel der Selbstorganisation der Privaten Raum geben und nur dann Interven-
tionen zulassen, wenn die „Schadensgrenze“ durch das Handeln Privater
überschritten wird. Damit wird anerkannt, dass es keinen zentralen Beob-
achtungspunkt gibt, von dem aus die gesellschaftlichen Interessen umfas-
send beobachtet und bewertet werden können. Die „Schadensgrenze“ ist
ihrerseits variabel, weil ihre Abstützung durch die unterstellte Normalität
eines „Bestandes“ (der ggf. „gestört“ wird) wiederum auf gesellschaftliche
Erfahrung zurückverweist. Die „Grammatik der Institutionen“, in der ge-
sellschaftliches transsubjektives Wissen gespeichert wird, bringt eine Bin-
dungswirkung zur Geltung, die das unmittelbare Erleben des einzelnen
überschießt 51 und auf dieser Grundlage ein praktisches, neues rechtliches
Handeln erlaubendes Lernen ermöglicht 52, das über „Diskurse“ der Selbst-
aufklärung, die Beschwörung einer „anonymen Matrix“ oder umgekehrt
die Wunschvorstellung einer „multitude … a swarm that organizes the fi-
49 BVerfGE 81, 242, 255.
50 North Poverty in the Midst of Plenty, Hoover Institution Weekly Essays, 2. Oktober
2000, www.hoover-institution.com.
51 Revault d’Allonnes Le pouvoir des commencements., 2006, 54 f., 88 f.
52 Enriquez/Haroche La face obscure des démocraties modernes, 2002, 22, 32.
558 Karl-Heinz Ladeur

gures of flight and movement“ 53 nicht erreichbar ist. Die Regeln, die nur
zum Teil explizit formuliert werden können und zum anderen Teil einer
Praxis implizit bleiben (müssen), müssen zugleich so angelegt sein, dass
produktives Verhalten begünstigt und schädigendes sanktioniert wird,
nicht aber kann im Einzelfalle Gerechtigkeit hergestellt werden.
Die genannten Beispiele belegen, dass die Drittwirkung der Grundrechte im
Privatrecht höchst ambivalent ist. Sie kann dazu führen, dass der Staat aus der
Kollision unterschiedlicher Grundrechte einen weitreichenden Beurteilungs-
und Gestaltungsspielraum ableitet, der mit einem liberalen Verständnis der
Grundrechte kaum vereinbar ist. Die Alternative könnte gesehen werden in
einer schärferen Akzentuierung der Funktion der Grundrechte, transsubjek-
tive Selbstorganisationsprozesse zwischen Privaten zu ermöglichen und zur
Stabilisierung durch Regeln abzustützen. „Verfassungsprivatrecht“ als „Kol-
lisionsrecht“ ist nicht als das „höhere“ Recht zu begreifen, sondern es hat eher
eine heterarchische (und nicht eine hierarchische) Funktion als das Recht zu
übernehmen, das nicht unmittelbar auf einen zivilrechtlichen „Fall“ anwend-
bar ist, sondern darüber entscheidet, welcher Regelbestand wie weit den Vor-
zug verdient. Zu diesen Regeln sind auch die Reflexionsregeln und Prinzipien
zu zählen, mit deren Hilfe das Recht sich weiterentwickelt und sich selbst be-
obachtet und im Privatrecht sind dies insbesondere das Prinzip der Privat-
autonomie, aber im Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse auch die ver-
schiedenen Referenzen auf das „(Orts-)Übliche“ (906 BGB)54, den „Verkehr“
(Fahrlässigkeit)55 und die daran anschließenden Zurechnungsregeln.
Im Bürgschaftsfall, auf den hier nicht näher eingegangen werden kann,
war – wie Gunther Teubner überzeugend gezeigt hat – die Kollision von
Regeln des Familiensystems und des Wirtschaftssystems das eigentliche
Problem. Ein Risiko ergab sich hier zunächst auch für den Kreditgeber, ins-
besondere das Risiko betrügerischer Vermögensverschiebung im Falle dro-
hender Insolvenz des Kreditnehmers. Dass die Banken aber umgekehrt die
Familie trotz der möglichen Labilität der internen Beziehungen nach außen
als eine Einheit behandeln dürfen, die aufgrund der Bürgschaft auch prak-
tisch als Einheit haftet, erscheint fragwürdig.
Hier zeigt sich der rationale Kern der mittelbaren, über Generalklauseln
vermittelten Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht: es geht darum,
in erster Linie auf die Durchsetzung privater Interessen eingestellten Privat-
rechtsbeziehungen für die Wahrnehmung von Interessen Dritter und öffent-
licher Interessen durchlässig zu machen und unterschiedliche Rationalitäten
nach Metaregeln eines Kollisionsrechts aufeinander abzustimmen.

53 Vgl. Negri Metamorphoses, Radical Philosophy 149 (2008), 21, 25.


54 Vgl. nur Säcker MünchKomm, 4. Aufl., 2004, § 906 Rn. 1.
55 Brüggemeier Prinzipien des Haftungsrechts. Eine systematische Darstellung auf

rechtsvergleichender Grundlage, 1999, 62 ff.


Reflexive Law: Challenges and Choices

John Paterson

I. Introduction
Gunther Teubner’s most widely known contribution to the field of legal
and regulatory theory is surely his concept of reflexive law.1 Emerging from
the recognition of the weaknesses of the welfare state and the possibility of
a vicious circle if deregulatory strategies re-embraced the failures of the lib-
eral state, this new approach to law offered a seductive via media between
the formal and substantive models that dominated the intellectual debate.
Reflexive law was not, of course, alone: the crisis of the welfare state and
the obvious risks associated with deregulation prompted others to postu-
late distinctive alternative orientations for law. 2 Reflexive law, however, was
unique insofar as it drew its inspiration from the theoretical understanding
of society provided by Niklas Luhmann’s development of autopoiesis the-
ory in the context of social systems. 3 This sophistication attracted both
bouquets and brickbats. On the one hand, the complexity of the problems
confronting law and society appeared to some to favour a response inspired
by a theory that itself possessed a complexity adequate to the task. On the
other, precisely that theoretical complexity seemed to others to bring with
it problems of its own that rendered the response helpless in the face of real
issues. The concept of reflexive law has accordingly become a relatively
common sight in the literature of law and regulation, both as a support for
new and sometimes radical approaches 4 and as an object of concern and
scepticism. 5

1 G. Teubner Law as an Autopoietic System, Oxford: Blackwell, 1993, 69 ff.


2 For example, J. Habermas Between Facts and Norms, Cambridge: Polity Press, 1996; J.
Lenoble & M. Maesschalck Toward a Theory of Governance, The Hague: Kluwer Law In-
ternational, 2003.
3 N. Luhmann Social Systems, Stanford, California: Stanford University Press, 1995.
4 For example, R. Rogowski & T. Wilthagen (eds) Reflexive Labour Law, The Hague:

Kluwer Law International, 1994.


5 For example, R. Cotterrell “The Representation of Law’s Autonomy in Autopoiesis

Theory”, in J. P ř ibá ň & D. Nelken (eds), Law’s New Boundaries, Aldershot: Ashgate-
Dartmouth, 2001, 80–103.
560 John Paterson

It is true to say, however, that while those who have problems with re-
flexive law base their objections on their concerns with the underlying the-
ory, not all of those who are sympathetic to reflexive law place a great deal
of weight on that theoretical foundation. This fact can be read both nega-
tively and positively. Negatively, it might be said that the attraction of re-
flexive law is superficial and that deeper study reveals either an unmanage-
able complexity or fundamental theoretical obstacles. Positively, it might be
said that the fact that the language of reflexive law has become relatively
common currency indicates that the concept has at least descriptive force
and perhaps even normative potential.
To adopt the positive position for a moment, it cannot be gainsaid that a
great deal that has happened in recent years in the fields of, for example, fi-
nancial regulation and corporate governance possesses attributes that ap-
pear to fit remarkably well with Teubner’s model of reflexive law. But even if
it were possible to persuade others to adopt this stance, the victory looks to
be a Pyrrhic one: do not market conditions since late 2007 and especially at
the time of writing in late 2008 indicate that, whatever else is to blame, there
has been something very seriously wrong with financial regulation and with
the governance of the corporations that are (and in some cases were) the key
actors on that stage? In the UK , for example, the Northern Rock bank was
nationalised to avoid total failure. Notwithstanding being subject to the
sophisticated risk-based regulation of the Financial Services Authority and
the principles-based approach to corporate governance applicable on the
London Stock Exchange, its highly risky business strategy, “including the
need to maintain access to funding, particularly through securitisation” 6, at-
tracted no adverse comment, least of all from institutional investors. Put at
its gentlest, reflexive law looks to be facing a very serious challenge to its
ideas as calls for more regulation (a return to law’s substantive orientation)
gather force. 7
Nor can the question of the degree of engagement of reflexive law’s en-
thusiasts with the underlying theory be left on one side indefinitely. Irre-
spective of the fact that in textbook discussions of autopoiesis Luhmann and
Teubner tend to be treated as two members of the same rather esoteric club 8,
there are in fact very profound differences between their positions, not least
with regard to reflexive law. Indeed, Luhmann went so far as to deny the

6 Financial Services Authority, Executive Summary of the FSA’s Internal Audit Review

of its Supervision of Northern Rock, March 2008


7 “We are putting in place, both here in the UK and internationally, the tougher financial

regulation no one can doubt we need”. Speech by Alistair Darling, British Chancellor of the
Exchequer (Finance Minister), 22 September 2008.
8 See, for example, R. Wacks Understanding Jurisprudence, Oxford: Oxford University

Press, 2005, 234–235.


Reflexive Law: challenges and choices 561

possibility of reflexive law given the constraints imposed by the theory 9 – a


position now forcefully reiterated by Michael King 10.
Where, then, does reflexive law now stand and what does its future hold?
Will this prove to be a phenomenon that has shone brightly but briefly until
snuffed out by theoretical contradictions and practical failures? Or is this a
legal and regulatory orientation whose time is yet to come, that still awaits
a theoretical showdown with Luhmann’s post-Enlightenment position in
order to reveal the true nature of its descriptive and normative potential?
After first of all briefly outlining the definition of reflexive law as Teubner
has used the term on the basis of his reading of Luhmann’s approach to sys-
tems theory, this paper attempts to take stock of reflexive law’s position in
the face of the dramatic challenges posed both by recent events on financial
markets and by Luhmann and King. While the former appear to question
the practical efficacy of reflexive law, the latter seem to undermine it entirely
at the conceptual level. Despite the toughness of the tests, conclusions are
drawn which indicate that reflexive law is in more robust health that might
have been feared. It would appear, however, that acceptance of the con-
clusions will require the nature of the differences between Luhmann and
Teubner – and thus the nature of the choice the proponent of reflexive law
must make with regard to autopoiesis theory – to be clearly articulated.

II. Reflexive Law


Teubner’s development of the concept of reflexive law has, then, taken
place within the context of Luhmann’s account of autopoietic social sys-
tems. But reflexive law is more than just a response to autopoiesis. It must
also be understood as Teubner’s contribution to Max Weber’s account of the
evolution of law, which focuses on the formal and substantive orientations
of law in the liberal and the welfare state respectively. In the former the state
plays a minimal role, establishing a framework for especially economic ac-
tors to order their interactions through the provision of contract law and
mechanisms of dispute resolution and enforcement.11 But the assumption
that the market ensures the most efficient allocation of resources turns out
to be too simplistic. The upside of exponential growth is offset by negative
externalities leading to expectations that the state must intervene to correct
market failures. The consequences for law are very striking. Contract no

9 N. Luhmann “Some Problems with Reflexive Law”, in G. Teubner & A. Febbrajo

(eds), State, Law and Economy as Autopoietic Systems, Milan: Guiffré, 1992, 389–415.
10 M. King “What’s the Use of Luhmann’s Theory?” in M. King & C. Thornhill (eds),

Luhmann on Law and Politics, Oxford: Hart Publishing, 2006, 37–52.


11 M. Weber Economy and Society, Berkeley: University of California Press, 1978, 333 ff.
562 John Paterson

longer occupies the field, but must make room for regulation as politics
seeks legal instruments with which to achieve its objectives. The welfare
state is born. The formal orientation of law is supplanted or at least supple-
mented by an emergent substantive or material orientation.12 But the wel-
fare state in its turn has met charges of failure and even crisis 13 with substan-
tive or material law confronting challenges of information, technique and
resources. While the liberal state’s adherents saw this as an opportunity for
a reformalisation of law in the form of deregulation, those committed to the
welfare state argued for an intensification of law’s materialisation.
Away from these politically-inspired positions, the risk of the reformal-
isation-intensified materialisation debate producing a vicious circle was evi-
dent to a number of scholars who in turn sought to produce an alternative
orientation of law distinct from the formal and substantive predecessors and
adequate to the task of coping with the challenges of contemporary societal
conditions.14 Among these, Teubner’s account of reflexive law is distinctive
insofar as it is based on Luhmann’s account of a functionally differentiated
modern society constituted by autopoietic subsystems. It is thus aware of
the double contingency of the situation it finds itself in, namely its own
autopoiesis and that of the systems it seeks to regulate.15 This foundation in
Luhmann’s theory accordingly provides a unique source of inspiration, but
it also establishes a series of constraints that reflexive law must respect, spe-
cifically: law’s function of stabilising normative expectations over time 16, the
necessity for law to maintain its deparadoxifying strategies 17, and the con-
straints of structural coupling 18. That is a considerable challenge.
The development of reflexive law may be traced through a series of
stages. Initially, there is a very clear effort to situate the concept in relation
to formal and substantive law, with reflexive law said to share “with sub-
stantive law the notion that focused intervention in social processes is
within the domain of law, but … retreat[ing] from taking full responsibility
for substantive outcomes”.19 This looks like a clear differentiation from sub-
stantive law, but could nevertheless be mistaken for no more than a variety

12 Ibid, 392 ff.


13 See, for example, J. Habermas Legitimation Crisis, Boston: Beacon Press, 1975.
14 See note 2 above.
15 Teubner note 1 above.
16 N. Luhmann “The Unity of the Legal System”, in G. Teubner (ed.), Autopoietic Law,

Berlin, de Gruyter, 1987, 12–35, 27.


17 N. Luhmann “The Third Question: The Creative use of Paradoxes in Law and Legal

History”, (1988) 15 Journal of Law and Society, 153–165.


18 N. Luhmann “Closure and Openness: On Reality in the World of Law”, in G. Teubner

(ed.), Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society, Berlin: de Gruyter, 1987,
335–348, 342.
19 G. Teubner “Substantive and Reflexive Elements in Modern Law”, (1983) 17 Law and

Society Review, 239–85, 254.


Reflexive Law: challenges and choices 563

of reformalisation. Teubner’s approach, however, is subtly different insofar


as he suggests that reflexive law “does not merely adapt to or support ‘natu-
ral social orders’ … but searches for ‘regulated autonomy’”. 20 Teubner’s next
development of reflexive law involves consideration of the ways in which
substantive law may fail insofar as it “does not conform to the conditions of
the ‘structural coupling’ of law, politics and society” and thus faces what he
calls the regulatory trilemma. By this he means that substantive law faces
three inevitable problems: the incongruence of law, politics and society; the
over-legalisation of society; or the over-socialisation of law. 21 In contrast to
the interventionist approach of substantive law, reflexive law is concerned
only with “the external support of self-referentiality” 22 – respecting, as it
were, the autopoiesis of the subsystem it endeavours to regulate.
Quite how reflexive law might function remains, of course, to be seen,
but Teubner hints at this when he indicates that structural coupling “as such
leads only to transitory structural changes”. But even such transitory changes
can become “epidemic” when “linkage institutions are evolving that are re-
sponsible for the duration, intensity, and quality of structural coupling”. 23 It
might be suggested, therefore, that reflexive law operates by enhancing and
perhaps prolonging the structural coupling of law and other subsystems,
which for Luhmann were only occasional and precarious 24.
Whereas it is possible to say that that in focusing on structural coupling,
Teubner has identified an aspect (perhaps the only aspect) of Luhmann’s the-
oretical approach that would even allow something like reflexive law to be
postulated, it must be acknowledged that he is on shaky ground insofar as
Luhmann’s whole account appears to be clearly predicated on the impossi-
bility of achieving the sort of regulatory results that even reflexive law in all
its modesty claims. Before this theoretical challenge can be addressed, it re-
mains to be seen whether reflexive law in action can avoid overstepping the
limits of structural coupling and thus falling foul of the regulatory trilemma.

III. Practical challenges to reflexive law


While the focus of attention at the time of writing is upon the regulation
of the banking sector and financial markets more generally, it is only a
matter of time before the spotlight turns on to the corporate governance as-

20 Ibid.
21 G. Teubner “After Legal Instrumentalism? Strategic Models of Post-regulatory Law”,
(1984) International Journal of the Sociology of Law, 12, 375–400, 386–387.
22 Ibid, 389 ff.
23 G. Teubner “The Two Faces of Janus: Rethinking Legal Pluralism”, (1992) Cardozo

Law Review 13, 1443–62, 1458.


24 Luhmann note 18 above, 343.
564 John Paterson

pects of the crisis that arose in late 2007. Whereas regulators will un-
doubtedly have questions to answer about their oversight of the institutions
under their charge, it should not be forgotten that those same institutions
are (or were) in many cases publicly listed companies subject also to cor-
porate governance arrangements. Given the traumas that have beset this
field in the past two decades, it might have been thought that this at least
was an area of regulation (using the word broadly) where the house had
been put in order. The London Stock Exchange ( LSE ), for example, suffered
a series of unexpected corporate collapses in the late 1980s and early 1990s,
which prompted the establishment of the now famous Cadbury Commit-
tee 25. The resultant principles-based approach to corporate governance has
evolved into what has been regarded as an extremely successful model to the
extent that it has been influential throughout the world. This is relevant for
the present discussion because the approach to corporate governance oper-
ational on the LSE appears to have many characteristics that would allow it
to be labelled as reflexive law without much difficulty. In order to demon-
strate the reflexive qualities of this approach, it is necessary first of all to out-
line its key features.
The current incarnation of the ideas first promulgated by the Cadbury
Committee in 1992 is the Combined Code on Corporate Governance (the
Code), with the version dated June 2006 being the one in force at the time
relevant to this discussion. 26 This is divided into two main sections, ad-
dressed respectively to companies and to institutional shareholders, and
sets out principles which should guide these entities in their approach to the
way in which companies listed on the LSE are governed. The principles are
not, however, mandatory. All that is required of a listed company is that it
provide, on an annual basis, a two-part disclosure statement in relation to
the Code: the first part must indicate how it applies the principles; the sec-
ond must either confirm that it complies with the principles or, where it
does not, provide an explanation.
The expectation is that companies will comply with Code principles
“most of the time”. It is accepted, however, that departure may be justified
“in particular circumstances”. That said, however, a company is required to
“review each provision carefully and give a considered explanation if it de-
parts from the Code provisions”. 27 As regards the monitoring of companies’
behaviour by institutional investors, the Code makes clear that “share-
holders have every right to challenge companies’ explanations if they are un-
convincing”. That said, however, explanations “should not be evaluated in a

25 Sir A. Cadbury Report of the Committee on the Financial Aspects of Corporate Gov-

ernance, London: Gee Publishing, 1992.


26 Financial Reporting Council, Combined Code on Corporate Governance, June 2006.
27 Ibid, para 5.
Reflexive Law: challenges and choices 565

mechanistic way and departures from the Code should not be automatically
treated as breaches”. Instead “institutional shareholders should carefully
consider explanations given for departure from the Code and make rea-
soned judgements in each case … and be prepared to enter a dialogue if they
do not accept the company’s position”. 28
In short, then, the approach to corporate governance on the LSE is de-
scribed as “comply or explain”. With more than a decade of experience and
with several reviews and enhancements along the way, it is perhaps not sur-
prising to find that the Financial Reporting Council, which has responsibil-
ity for the Code, believes that “the flexibility it offers has been widely wel-
comed both by company boards and by investors” 29.
Nor is it hard to understand that confidence. On paper, the Code’s ap-
proach looks to be sophisticated and subtle, as well as fitting well with the
concerns of reflexive law.
Insofar as this whole approach was established by the relevant bodies in
the regulated area, then there is perhaps a better chance of avoiding the first
arm of the regulatory trilemma (the incongruence of law, politics and so-
ciety) than would be the case were the state to have intervened. It could be
argued to the contrary, of course, that the fact that the regulated area has
been allowed to organise governance arrangements itself says nothing about
the likelihood of avoiding incongruence. It should be noted, however, that
the government has made it clear that the continued operation of this ap-
proach is subject to its ongoing success and that more direct regulation will
follow in the event that failure is perceived. 30
Furthermore, insofar as this approach allows companies a free hand to de-
cide which principles they will apply and how they will interpret them, it
offers flexibility so that the particularities of economic sectors and company
size may be accommodated. It thus avoids the problem confronted by sub-
stantive law on the second arm of the regulatory trilemma (the over-legal-
isation of society) because there is no imposition of a rigid set of rules that
risk being so far out of step with the nature of the regulated area as to be
destructive.
Finally, there seems at least to be a strong prospect that the third arm of
the regulatory trilemma (over-socialisation of law) will also be avoided in-
sofar as law remains for the time being essentially uninfected by these de-
velopments. The “comply or explain” approach continues to operate on
sufferance. It is the threat of regulation that is supposed to keep the system
honest.

28 Ibid, para 7.
29 Ibid, para 4.
30 DTI , Consultation Paper: Modern Company Law for a Competitive Economy, Lon-

don: DTI , 1998, para 3.7.


566 John Paterson

It is possible, accordingly, to conclude that this approach to corporate


governance possesses strong reflexive law credentials. The willingness of the
law to stand off from direct intervention but to allow its potential future in-
volvement to be used as a means of encouraging movement in a particular
direction avoids the law having to take on significant informational and en-
forcement burdens. Furthermore, the risk that this approach on the part of
law is too “hands off” is reduced by the fact that it has observed and hopes
to take advantage of the potential for enforcement mechanisms within the
regulated area. This is the fact that the whole “comply or explain” approach
depends upon the economic self-interest of institutional investors in the
good governance of the companies in which they invest so significantly. In
short, where such investors perceive problems in a company’s disclosure
statement then the expectation is that the additional risk will be reflected in
their willingness to hold the stock, the heightened probability of their en-
tering into a dialogue with the board and ultimately the market’s pricing of
the shares. In other words, the economic self-interest of the investors makes
them ideal guardians of the Code’s principles and provides a strong incen-
tive for boards to comply with them or to provide explanations for non-
compliance that institutional investors find convincing.
It is not difficult to see in this arrangement clear evidence of the idea that
law in this instance, precisely because it has remained on the sidelines, is op-
erating to enhance and prolong its structural coupling with other subsys-
tems. In other words, law, by respecting the autopoiesis of the subsystem it
endeavours to regulate, is here avoiding transgressing the limits of structural
coupling that would lead it into the regulatory trilemma.
Reflexive law could, then, with some justification, claim the Combined
Code as an example of its successful operation in practice. But do recent
events on financial markets paint a different picture? Is there not evidence
from the crisis affecting banks listed on the LSE that the Code simply was
not working? What sort of oversight by institutional investors was taking
place if the sort of approach to risk adopted by a bank like Northern Rock
could have been allowed to operate? And, indeed, even before the crisis re-
searchers were beginning to question whether the “comply or explain” ap-
proach really did function in the way that it was assumed to.
For example, MacNeil and Li found that there was significant non-com-
pliance as far as the full Code is concerned. 31 That in itself, of course, would
not be fatal provided that the explanations for non-compliance stood up to
scrutiny. Unfortunately, analysis of disclosure statements indicated that rea-
sons for non-compliance were often “brief and uninformative”, raising
“serious doubt” about whether investors could carry out the assessment the

31 I. MacNeil & Xiao Li “‘Comply or Explain’: market discipline and non-compliance

with the Combined Code”, (2006) Corporate Governance, 14, 486–496.


Reflexive Law: challenges and choices 567

Code presupposes. 32 If this was so, then what was the market actually
doing? MacNeil and Li speculated that investors were perhaps assessing the
merits of non-compliance in another way and found that there was in fact a
strong correlation between acceptance of non-compliance and strong share-
price performance.33 In other words, the market was not operating a “comply
or explain” approach but rather one of “comply or perform”. 34 The risk in-
herent in that approach is clear for all to see and the seeds of the current cri-
sis had already been planted some years before. Northern Rock was a
strong performer, but only because of a risky business strategy which inves-
tors were clearly prepared to turn a blind eye to instead of asking tough
questions about. 35

IV. Theoretical challenges to reflexive law


Practical problems such as that faced by the Combined Code could per-
haps be dismissed by proponents of reflexive law on the basis that, despite
the apparently close fit between the concept’s characteristics and those of
this approach to corporate governance, the similarity is deceptive. A reflex-
ive approach to corporate governance may be conceivable, but it would in
fact look rather different. Alternatively, proponents of reflexive law might
argue that the concept offers no guarantee of success. Rather its merit lies in
focusing law’s attention on the limits of structural coupling. Insofar as that
is the case, the response to the challenge is most appropriately to learn from
the problem and make suitable changes, with the most important thing
being to avoid the temptation to treat this problem as a reason to resort to a
materialisation of law in this field. 36 However reflexive law seeks to respond
to this practical challenge, it nevertheless remains the case that the theoreti-
cal challenge raised by Luhmann causes a considerably greater difficulty in-
sofar as it essentially denies the possibility of reflexive law in terms of auto-
poiesis theory. Unless that challenge can be answered, then the difficulties
raised by cases such as the Combined Code pale into insignificance.
The essence of Luhmann’s concern is that the legal system is simply inca-
pable of the task that reflexive law sets for it. For Teubner reflexive law exists
when “the legal system identifies itself as an autopoietic system in a world of

32 Ibid, 489.
33 Ibid, 492.
34 Ibid (emphasis added).
35 R. Tomasic “Corporate rescue, governance and risk-taking in Northern Rock: Part 1”,

(2008) Company Lawyer, 29, 297–303.


36 J. Paterson & G. Teubner “Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis”, (1998) Social

and Legal Studies 7, 451–86, 474–479.


568 John Paterson

autopoietic systems and faces up to the consequences”, 37 but Luhmann


doubts that “the theoretical apparatus of the legal system … is capable of
perceiving and taking into account autopoietic systems in its environ-
ment” 38. The problem lies at the level of law’s binary code inasmuch as “if
[law] must make indications with the aid of this distinction [legal/illegal]
then what limits are thereby imposed on insight into the autopoiesis of en-
vironmental systems?” 39 More basic still is the question of “how in particu-
lar the legal system, will cope with the burdens of reflection which [reflexive
law] implies”. 40 More specifically, the problem for Luhmann is that this “re-
flection confronts the system with the paradoxicality to which it owes its
existence.” 41 In short, reflexive law implies that the legal system must ac-
knowledge its foundational paradox and thus risk destroying itself.

V. Responses
Before a response to the challenges to reflexive law raised by a case such
as the Combined Code can even be considered, then, it is clear that Luh-
mann’s more fundamental theoretical objection will have to be addressed. A
more detailed review of this issue is available elsewhere 42 as is a sceptical
reaction 43. Here it will be sufficient to sketch out the broad direction in
which a theoretical response might lie.
Luhmann himself at times appears to allow the possibility that law could
actually evolve so as to deparadoxify the paradox that reflexive law would
present:
if the assumption holds that there is always a primary necessity to avoid
the paradox, there may be different ways to do so. In many ways the
forms of deparadoxifying the paradox depend on conditions of social ac-
ceptability, and these conditions change with the transformations of the
social system of the society. They depend on social structures and are
therefore historical conditions. 44
Elsewhere, when Luhmann considers the problem facing legal theory in at-
tempting to grasp “the positive quality of law in the absence of any concep-

37 Teubner note 1 above.


38 Luhmann note 9 above, 393.
39 Ibid, 393–394.
40 Ibid, 411.
41 Ibid, 411–412.
42 J. Paterson “Reflecting on Reflexive Law”, in M. King & C. Thornhill (eds), Luhmann

on Law and Politics, Oxford: Hart Publishing, 2006, 13–35.


43 King note 10 above.
44 Luhmann note 17 above, at 154.
Reflexive Law: challenges and choices 569

tion of an external … justification”, he suggests that “the theory of auto-


poietic systems offers at least the possibility of an adequate description”. 45
Significantly for the present argument, however, he goes on to say that
“[w]hether this description can be introduced into the legal system itself
(i.e., used as its self-description) must be left an open question (which
means, left to evolution)”. 46 Could, then, law evolve (or, indeed, have al-
ready evolved) to a point where it has indeed included its own autopoiesis as
its self-description? Discussing the epistemological consequences of auto-
poietic closure, Luhmann certainly does not exclude the possibility:
If an autopoietic system observes autopoietic systems, it finds itself con-
strained by the conditions of autopoietic reproduction … and it includes
itself in the fields of its objects, because as an autopoietic system observing
autopoietic systems, it cannot avoid gaining information about itself. 47
Michael King is adamant that this argument is a non-starter inasmuch as it
fundamentally misunderstands Luhmann’s project. Insofar as Luhmann’s
approach is post-Enlightenment, this argument must fail to the extent that it
remains hopelessly wedded to modernity. King is concerned that the scholar
who is keen to remain engaged and to deploy the theory so as to improve
society is simply disregarding the profound insights that Luhmann has
brought to the study of society, including:
the acknowledgment of complexity, the rejection of the claim that human
rationality is capable of solving social problems, the refusal to accept the
taken-for-granted world as the only reality or authoritative attribution of
causes as having universal validity and a total scepticism concerning the
ambitions of law and politics to regulate social behaviour in a reliable and
predictable manner. 48
Luhmann, King says, is essentially offering an antidote to the worst exces-
ses of the Enlightenment in terms of “social scientific positivism, moral
rationalism and progressivism, and social welfarism”. 49 Instead, he provi-
des a picture of society as improbable and fragile; of cause and effect swept
aside and replaced with unpredictability; of progress replaced with contin-
gency. 50

45 N. Luhmann “Law as a Social System”, (1989) Northwestern University Law Re-

view 83, 136–150, 149.


46 Ibid.
47 N. Luhmann “The Autopoiesis of Social Systems”, in F. Geyer & J. van der Zouwen

(eds), Sociocybernetic Paradoxes, London and Beverly Hills: Sage, 1986, 172–192, 186,
(emphasis added).
48 King note 10 above, 41.
49 Ibid.
50 Ibid.
570 John Paterson

In essence, then, the problem of the response to Luhmann’s fundamental


theoretical challenge lies across an epochal divide. Luhmann (and King) look
back from the post-Enlightenment and offer a new and radical reading of
modern society. Teubner looks forward from late-modernity and provides
a reading of Luhmann’s post-Enlightenment insights that is inevitably col-
oured by modernity. The two positions are incompatible. Luhmann and
King cannot but be offended by Teubner’s refusal to accept their position in
its entirety. Teubner cannot but be troubled by the consequences of such a
full acceptance insofar as he is engaged with real problems and questions in
the evolution of law in the globalised world. This response would never sat-
isfy Luhmann or King, but it does focus those who remain in late modernity
on the search for evidence of law’s evolution not only in the direction of re-
flexivity, but also in the direction of new and more sophisticated mechan-
isms of deparadoxification.
With this clarification made at the level of theory, it is possible now to
consider how the practical challenge might be addressed. While on the face
of it the apparent failure of the “comply or explain” ethos underpinning the
Combined Code looks like a damning indictment of the sort of approach
encouraged by reflexive law and, indeed, as an invitation for a materiali-
sation of law in this area, another reading is possible. Insofar as the crisis
commencing in late 2007 and exemplified by the failure and subsequent
nationalisation of the Northern Rock bank revealed the shortcomings of
monitoring by institutional investors, reflexive law would look for a means
of resolving that issue without at the same time necessarily throwing out
those aspects of the previous approach that appear desirable and func-
tional. In this respect, the researchers who exposed the weaknesses in the
system before the crisis had already made a suggestion that could poten-
tially meet that requirement. Insofar as the problem lies at the level of in-
stitutional investors refusing to become actively engaged in dialogue over
poorly-explained non-compliance, one solution would be to bring the
Code itself into law as an adjunct to existing companies’ legislation in a
similar way that model articles of association are provided. 51 In this way,
the Code would act as a default position for a company’s corporate gov-
ernance arrangements. Companies would be free to vary any part of the
Code, but significantly would need shareholder approval to do so. 52 Insti-
tutional shareholders might still simply fail to vote, of course, but the fact
that the government has taken power to regulate so as to compel such
shareholders to reveal their voting records 53 may be enough in itself to dis-

51 See the draft of the Companies (Model Articles) Regulations 2008, due to come into

operation on 1 October 2009.


52 MacNeil & Li note 33 above, 493.
53 Companies Act 2006, s1277.
Reflexive Law: challenges and choices 571

courage this behaviour. The merit of this sort of response to the problem
is that it avoids any wholesale rejection of the foregoing system, much of
which remains well-regarded, and avoids a materialisation of law which
would impose surely unbearable informational and resource burdens on
a regulator. From a theoretical point of view, such a response also re-
mains faithful to the concern to avoid transgressing the limits of structural
coupling.

VI. Conclusion
Reflexive law will no doubt be an enduring legacy of Gunther Teubner’s
work. It has found expression in a wide range of contributions especially to
the regulatory literature. Whether or not those who refer to it place any
weight on the theoretical foundations, it seems clear that Teubner’s ideas res-
onate with those who seek to describe and even to shape regulatory law in
contemporary conditions. Always in danger of being dismissed as a variety
of the reformalisation of law, the sort of crisis experienced by financial mar-
kets in recent times could provide an excuse for a move away from inno-
vative approaches to regulation characterised by reflexive law and towards
the mass redeployment of substantive law notwithstanding the obvious and
well-understood limits of that orientation. As this paper has attempted to
show by way of an example drawn from corporate governance, it is possible
to resist this temptation and to continue to develop law and regulation in
ways which remain faithful to the insights of reflexive law and which have
the benefit of representing incremental rather than radical (and thus highly
unpredictable) change.
In all of this, of course, it must be borne in mind that, based on autopoie-
sis as it is, reflexive law makes no strong claims for predictability and suc-
cess of the sort traditionally associated with regulatory interventions. If re-
flexive law has taken anything from Luhmann’s autopoiesis it is surely his
“ambitious modesty” 54. Where it does depart from him, however, is in re-
lation to the extent to which it embraces the entirety of his vision of society.
As this paper has suggested, this is perhaps most easily understood by
thinking of reflexive law as emerging from a reading of Luhmann’s post-En-
lightenment position through the lens of late-modernity. This may at first
sight appear to be hopelessly awkward, but is surely less demanding in the
end than the alternative wholesale decampment to the post-Enlightenment.
This of course, can leave those who adopt Teubner’s position open to the

54 M. King & A. Schütz “The Ambitious Modesty of Niklas Luhmann”, (1994) Journal of

Law and Society, 21, 261–287.


572 John Paterson

criticism that theirs is an “unreconstructed humanist normativism” 55. But as


charges go, this is not necessarily one that many would find it difficult to
plead guilty to.

55 R. Shelly “Book Review of Luhmann on Law and Politics by Michael King and Chris

Thornhill (eds)”, (2007) Australian Journal of Legal Philosophy, 32, 175–187, 180.
Reflexive Regulation of Labour and
Employment Conflict Resolution

Ralf Rogowski

Reflexive law can offer research on labour conflict resolution a new para-
digm. Niklas Luhmann’s and Gunther Teubner’s insights in autopoietic so-
cial systems and conditions of legal regulation shall be utilised in the follow-
ing to rethink some basic features of labour and employment resolution.
These include reflexive processes of regulation of self-regulation and recur-
sive decision-making.
Furthermore, the chapter discusses labour conflict resolution from the
perspective of reflexive labour law. This concept is a hybrid in academic terms
as it is both a theory and a practice, which the theory tries to capture.1 It
shares main features of autopoietic social systems theory, including the no-
tion of modern society as a functionally differentiated society that consists
of a variety of self-reproducing social systems. Of particular importance for
reflexive labour law are two autopoietic function systems: the legal system
and its internal differentiation into subsystems or subdisciplines 2 and the in-
dustrial relations system which I have proposed to view as an autopoietic
function system of society 3.
Labour and employment conflict resolution differs in relation to the so-
cial system in which it takes place. A basic insight that can be derived from

1 On reflexive labour law see R. Rogowski, T. Wilthagen (1994), Introduction, in: R. Ro-

gowski, T. Wilthagen (eds.), Reflexive Labour Law. Studies in Industrial Relations and Em-
ployment Regulation. Deventer: Kluwer, pp. 1–17; R. Rogowski (1998), Autopoietic Indus-
trial Relations and Reflexive Labour Law in the World Society, in: T. Wilthagen (ed.),
Advancing Theory in Labour Law and Industrial Relations in a Global Context. Proceed-
ings of the Royal Netherlands Academy of the Arts and Sciences. Amsterdam et al.: North
Holland, pp. 67–82 and R. Rogowski (2001), The Concept of Reflexive Labour Law: Its
Theoretical Background and Possible Applications, in: D. Nelken, J. Priban (eds.), Conse-
quences of Autopoietic Theory for Law. Aldershot: Ashgate, pp. 179–196.
2 On the legal system as an autopoietic function system see N. Luhmann (2005), Law as

a Social System. Oxford; OUP and G. Teubner (1993), Law as an Autopoietic System. Ox-
ford: Blackwell.
3 R. Rogowski (2000a), Industrial Relations as a Social System, Industrielle Bezie-

hungen, The German Journal of Industrial Relations, Vol. 7, pp. 97–126 and R. Rogowski
(2000b), Recht und Industrielle Beziehungen in Luhmanns Weltgesellschaft, Zeitschrift für
Rechtssoziologie, Vol. 21, pp. 279–292.
574 Ralf Rogowski

systems theory for a theory of labour and employment conflict resolution is


that types of conflicts differ according to their system reference and that
their resolution is fundamentally shaped by the social system in which they
occur. In applying this insight we can distinguish three “arenas”: collective
conflict resolution in the industrial relations system can be distinguished
from employment conflict resolution, respectively the handling of disputes
between an employer and an employee at company level, and both types
differ from judicial decision-making.
The thesis of this chapter is that the modern approach in regulating labour
and employment conflict resolution is characterised in all three contexts by
reflexive elements. This shall be demonstrated with respect to examples of
regulation of self-regulation in industrial relations and in company contexts,
regulation of decision-making at the judicial level, and the recognition of la-
bour market concerns in labour and employment conflict resolution.
In general terms we can distinguish in an analytic fashion processes of re-
flexivity from processes of reflexin. Reflexivity can be defined as a solution
applied to itself. In a number of assessments of the advanced modern society,
reflexivity is claimed to be the defining feature of modern society (Beck,
Giddens, Luhmann) and its law (Luhmann, Teubner). In these accounts mod-
ern society develops reflexive mechanisms and is characterised by the trend
that it is increasingly occupied by solving problems which it created for itself.
The theory of reflexion describes and analyses various forms of self-
awareness of the system. These include basic operations of self-reference,
forms of self-observation and modes of self-description. Through reflexion
systems become autonomous. Examples of reflexin are the conscious use of
techniques how to learn (learning of learning), the introduction of legis-
lation that regulates legislation (legislation of legislation or standardisation
of standardisation) and deciding how to decide (decision-making of deci-
sion-making). 4 In our context we can add the attempt to solve conflicts that
arise from conflict resolution.
Both, the use of reflexive mechanisms and processes of reflexion, can be
found in labour and employment conflict resolution. A reflexive process in
conflict resolution occurs when it distinguishes itself from conflict regu-
lation. 5 In other words conflict resolution becomes reflexive when it per-
ceives itself as conflict regulation. Regulation of conflict is in this view a
form of conflict resolution that uses its mechanisms to regulate itself.
The distinction between conflict resolution and regulation of other sys-
tems is a well-known feature of the legal system. 6 However, the line between
4 N. Luhmann (1970), Reflexive Mechanismen, in: N. Luhmann, Soziologische Aufklä-

rung, Vol. 1. Opladen: Westdeutscher Verlag, pp. 92–112.


5 See R. Dahrendorf (1959), Class and Class Conflict in Industrial Society. Stanford:

Stanford University Press, pp. 223–231.


6 Teubner op.cit (Fn. 2), ch. 2.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 575

conflict resolution and regulation as two distinct results of procedure is not


always easy to draw. Indeed, whether conflict resolution also means regu-
lation depends on the scope of the conflict, the characteristics of disputants
involved and the issues of the conflict. Procedures serve different functions
for individual employment conflicts and collective labour conflicts. Arbi-
tration procedures for collective conflicts form part of the immune system
of the industrial relations system. Labour courts, on the other hand, are
judicial bodies for employment disputes, which belong to the institutional
structure of the legal system.

Self-regulation in industrial relations and in company contexts


National, sectoral and workplace industrial relations operate with a host
of alternative dispute resolution mechanisms. These include arbitration,
mediation and conciliation as well as grievance and dispute procedures, which
are prevalent modes of labour and employment conflict resolution in com-
panies. These procedures are regulated by law or by collective agreements,
often by both. If regulated by law, bipartite procedures will have to adhere
to basic democratic principles, for example election of representatives.
In relation to the industrial relations system, the regulation of industrial
action is most important for the development of industrial relations as a
social system.7 Three stages in the development of industrial relations and
collective bargaining can be distinguished in an evolutionary perspective: a
conflictual, a cooperative, and a participatory or collaborative stage8. These
stages are characterised by different styles of communications between the
collective parties. Mechanisms of labour conflict resolution and their func-
tions do not only change while the industrial relations system advances from
one stage to the next, but also contribute in decisive ways to these changes.
In the early stages of the development of an industrial relations system the
institution ‘collective bargaining’ is hardly distinguishable from arbitration. 9
Industrial conflict is the prevalent mode of interaction; negotiations only
take place in the context of conflict resolution. In response the law of indus-

7 A good overview of current approaches in industrial relations theory, including sys-

tems theory, can be found in W. Müller-Jentsch (2004), Theoretical Approaches to Industrial


Relations, in: B.E. Kaufman (ed.), Theoretical Approaches on Work and the Employment
Relationship. Chanpaign, Illinois: Industrial Relarations Research Association, pp. 1–40.
8 W. Müller-Jentsch (1997), Soziologie der industriellen Beziehungen. Second ed. Frank-

furt/Main: Campus, ck. 12. See also R. Rogowski (1994), Industrial Relations, Labour Con-
flict Resolution and Reflexive Labour Law, in: R. Rogowski, T. Wilthagen (eds.), Reflexive
Labour Law. Studies in Industrial Relations and Employment Regulation. Deventer:
Kluwer, pp. 53–93.
9 W. Müller-Jentsch op.cit (Fn. 8), p. 206: “It is of great sociological interest that the in-

stitution ‘collective bargaining’ frequently originated from arbitration” (my translation, RR).
576 Ralf Rogowski

trial conflict develops which encompasses in general limitations on the right


to strike and lockouts 10 and provisions regulating liability for collective ac-
tion 11.
In order to enhance stability the industrial relations system tends to in-
troduce in the second stage a body of norms, which aims at a non-conflic-
tual and cooperative basis of collective bargaining.12 This is supported by the
introduction of the distinction of conflicts of interest and conflicts of
rights.13 The development of norms for the resolution of industrial conflict
is facilitated by the state in a number of industrialised countries, including
Germany, France and the United States. The development in Britain was
different because the system of voluntary industrial relations 14 prevented ac-
tive state participation; however, procedural and institutional means were
offered to support autonomous self-regulation.15
In the third phase of the development of collective bargaining and indus-
trial relations the treatment of collective conflicts is often delegated to pro-
cedures, which are separated institutionally from collective bargaining over
collectively negotiable issues. Collective bargaining becomes a process of
co-decision-making in which both parties realise that they rely on each
other to achieve a common goal. The parties begin to define themselves as
parts of the industrial relations system. The participating organisations
transform into intermediaries who serve their members through represen-
tation in collective bargaining and other forms of collective cooperation.16
A good example of self-regulation of conflict resolution in industrial re-
lations is the German practice to regulate mediation and arbitration pro-

10 See only R. Ben-Israel (ed.) (1994), Strikes and Lockouts in Industrialized Market

Economies. Deventer: Kluwer.


11 See only A. Gladstone (2001), Settlement of Disputes over Rights, in: R. Blanpain, C.

Engels (eds.), Comparative Labour Law and Industrial Relations in Industrialized Market
Societies. 7 th ed. Deventer: Kluwer, pp. 455–479.
12 O. Kahn-Freund (1954), Intergroup Conflicts and their Settlement, British Journal of

Sociology, Vol. 5, pp. 193–227. See also K. Sisson (1987), The Management of Collective
Bargaining. An International Comparison. Oxford: Blackwell; J.T. Dunlop (1958), Indus-
trial Relations Systems. New York: Holt, Rinehart, and Winston and J.T. Dunlop (1984),
Dispute Resolution. Negotiation and Consensus Building. Dover: Auburn.
13 A.T.J.M. Jacobs (2001), The Law of Strikes and Lock-outs, in: R. Blanpain, C. Engels

(eds.), Comparative Labour Law and Industrial Relations in Industrialized Market So-
cieties. 7 th ed. Deventer: Kluwer, pp. 423–453.
14 On the characterisation of British industrial relations as a voluntarist system see A.

Flanders (1970), Management and Trade Unions. The Theory and Reform of Industrial Re-
lations. London: Faber, especially pp. 83–128, 155–211, 213–240.
15 See P. Davies M. Freedland (1993), Labour Legislation and Public Policy. Oxford: Cla-

rendon on the gradual development of labour legislation and the transformation of the sys-
tem of collective laissez-faire after World War II .
16 W. Streeck (1982), Organisational Consequences of Corporatist Cooperation in West

German Labor Unions, in: G. Lehmbruch and P. Schmitter (eds.), Patterns of Corporatist
Policy-making. Beverly Hills and London: Sage, pp. 29–81.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 577

cedures in separate collective agreements. This differentiation of collective


bargaining procedures into negotiation and conflict resolution is an import-
ant evolutionary achievement of the industrial relations system. It is also a
good example of using the reflexive mechanism of resolving the conflict
how to solve a conflict or of deciding how to decide.
There are a number of ways how a labour law system realises the needs of
the industrial relations system for self-regulation. An example is the pro-
ceduralization of arbitration as a result of judicial policies in Germany.17
Both the legal doctrine and the judicial policy of the Federal Labour Court
have created legal structures of conflict resolution and collective bargaining,
which favour procedural requirements over substantive conditions. In par-
ticular the concept of power parity (Kampfparität) indicates a withdrawal of
substantive welfare state intervention in favour of procedural solutions,
which are not only acceptable to the negotiating parties but also compatible
with major structures of the collective bargaining system and principles of
the welfare state representing the public interest. In addition “power parity”
based on the principle of proportionality is a legal concept, which appears to
establish a “sound” basis for judicial review of industrial actions accom-
panying collective bargaining. Inherent in the concept of power parity is the
tendency to favour compromise over “all or nothing” decisions.
The use of reflexive mechanisms and reflexion can also be observed in the
company context. Grievance and dispute procedures at company level form
part of a system of shop floor rules. The legal nature of shop floor rules vari-
ous among countries.
Shop floor rules have been a major concern in British labour law for some
time. Since the issuing of the Donovan report 18, employment policies have
placed high emphasis on these rules. The legal approach was supposed to
reflect the voluntarist tradition to rely on self-regulation at company level.
The solution was the so-called Code of Practice, which was designed by a
government agency ( ACAS ) as a model procedure to be implemented by
companies. Self-regulation through disciplinary and grievance procedures
has been further supported by the introduction of the employee right to be
accompanied in attending a disciplinary or grievance hearing.19
From a reflexive labour law point of view, the Codes of Practice and the
introduction of a right of representation are forms of legal recognition of

17 U. Goll (1980), Arbeitskampfparität und Tariferfolg. Versuch einer rechtstatsächlichen

Fundierung arbeitskampfrechtlicher Fragestellungen unter Berücksichtigung der “collective


bargaining”-Theorien. Berlin: Duncker & Humblot.
18 Donovan Report (1968), Royal Commission on Trade Unions and Employers’ As-

sociations, Report. Chairman: Lord Donovan. Cmnd. 3623. London.


19 Sec. 10 Employment Relations Act 1999. See M. Clancy, R. Seifert (2000), Fairness at

Work? Disciplinary and Grievance Provisions of the 1999 Employment Rights Act. Lon-
don: Institute of Employment Rights.
578 Ralf Rogowski

self-regulation. The status of the legal provisions is facilitative. Employers


are forced by circumstances and conditions over which they have control to
implement the code, but not by force of law. By not following the code or
ignoring the right of representation employers can take the risk of losing in
an employment tribunal.
Reflexivity also characterises US labour law in its attempt to regulate
grievance arbitration. US labour law is characterised by sophisticated forms
of regulation of self regulation. In the unionised sectors it delegates deci-
sion-making powers in employment conflicts to private arbitration. This
system of grievance procedures with final and binding arbitration renders
the settlement of disputes an intra-company, on-the-spot and private affair,
free from both state intervention and judicial review. Supported by the
courts and by administrative agencies, the grievance arbitration system is
given a high degree of autonomy. Its main actors, i.e. management, unions
and arbitrators, actively engage in maintaining private decision-making at
local company level. 20
It has to be mentioned however that the US system of labour and employ-
ment conflict resolution has witnessed over a number of decades an almost
continuous decrease of union-management controlled systems and an in-
crease of HRM systems without union participation. It has long been argued
that the non-union grievance procedure systems should essentially be
understood as response to the union supported grievance arbitration sys-
tem. 21 However, in newer research, alternative explanations have been put
forward for the introduction of non-union dispute resolution systems. Ac-
cording to Catherine Stone, high compensation awards in discrimination
cases and a willingness of courts to grant compensation for unfair dismissals
(just cause requirement) have been important factors for an increase of non-
union disciplinary and grievance procedures. 22
In Germany collective conflicts are handled at company level in special
procedures that are closely linked to the system of German works councils
and internal collective bargaining. It allows works councils and unions to
enter into company agreements (Betriebsvereinbarung) or firm-level collective
agreements (Firmentarifvertrag). In case of disagreement over these agree-
ments or over their enforcement or interpretation as well as redundancy
decisions, the works council or management can request that a tripartite ar-
bitration panel is used (Einigungsstelle). These arbitration panels at the com-

20 R. Herding (1972), Job Control and Union Structure. A study on plant-level industrial

conflict in the United States with a comparative perspective on West Germany. Rotterdam
University Press.
21 R.B. Freeman, J. Medoff (1984), What Do Unions Do? New York: Basic Books.
22 C. Stone (1999), “Employment Arbitration under the Federal Arbitration Act“, in:

A. Eaton, J. Keefe (eds.), Employment Dispute Resolution and Worker Rights in the Chang-
ing Workplace. Madison, Wisc: Industrial Relations Research Association, pp. 27–65.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 579

pany level nowadays increasingly handle conflicts which could go to the la-
bour courts. They have adopted judicial standards and show some tendency
of legalism, which derives not least from the participation of labour court
judges as arbitrators. 23 A recent survey revealed that works councils oppose
management hostility by making frequent use of arbitration panels. 24
Arbitration panels can become sites of reflexion in companies. Dispute
resolution provides opportunities for considerations of the “company inter-
est” and the “public interest of the enterprise in itself”, in particular in re-
lation to its internal and external social environment. 25 In internally con-
trolled dispute procedures a range of stakeholders engage in defining and
redefining the company’s self-understanding, albeit with a strong focus on
the social responsibility of the company. Furthermore, bipartite or tripartite
collective decision-making at company level creates a potential for producer
coalitions. 26 Labour conflict resolution offers models for decentralised
economic decision-making in corporate networks and it seems to fit the
trend of involution of neo-corporatist arrangements from macrocorporat-
ism to microcorporatism that Gunther Teubner has observed. 27

Reflexive regulation of decision-making at the judicial level


Labour and employment conflict resolution in the judicial system is car-
ried out in meso-corporatist structures. 28 Despite diverse historical trajec-
tories, labour courts reveal remarkable organisational similarities in relation

23 The German arbitration committees have encountered some criticism about their high

costs resulting from high fees for the arbitrator. Considering that most arbitrators are in
fact labour court judges, it has been suggested that the Association of Labour Court Jud-
ges (Deutscher Arbeitsgerichtsverband) should design guidelines for arbitration fees. See
D. Bünger, K. Moritz (1983), Schlichtung im Arbeitsverhältnis. Funktionsbedingungen pari-
tätischer Kommissionen, in: R. Voigt (ed.), Gegentendenzen zur Verrechtlichung. Jahrbuch
für Rechtssoziologie und Rechtstheorie, Bd. 9. Opladen: Westdeutscher Verlag, pp. 172–185
and M. Hartmann (1987), Reflexives Recht am Ende? Zum Eindringen materiellen Rechts in
die Tarifautonomie, Zeitschrift für Soziologie, Vol. 16, pp. 16–32.
24 M. Behrens (2007), Conflict, arbitration, and dispute resolution in the German work-

place. International Journal of Conflict Management, Vol. 18 (2), pp. 175–192.


25 G. Teubner (1994), The Public Interest of the Company ‘in itself’, in: R. Rogowski,

T. Wilthagen (eds.) Reflexive Labour Law. Studies in Industrial Relations and Employment
Regulation. Deventer: Kluwer, pp. 21–52.
26 W. Streeck (1992), Co-Determination: After Four Decades in: W. Streeck, Social In-

stitutions and Economic Performance. Studies of Industrial Relations in Advanced Capi-


talist Economies. London: Sage, pp. 137–168.
27 G. Teubner (1990), Unitas Multiplex: Corporate Governance in Group Enterprises,

in: D. Sugarman and G. Teubner (eds.), Regulating Corporate Groups in Europe. Baden-
Baden: Nomos, pp. 67–104, here pp. 78–82.
28 R. Rogowski (1985), Meso-Corporatism and Labour Conflict Resolution, International

Journal of Comparative Labour Law and Industrial Relations, Vol. 1 (3), pp. 143–169.
580 Ralf Rogowski

to these corporatist structures. 29 With few exceptions labour courts have tri-
partite benches.
French councils of wise men (conseils de prud’hommes), the oldest labour
courts, are the exception. The first Conseil was introduced in 1806 in Lyon
to adjudicate and enforce a complex set of economic, legal and social norms
of the local silk industry. Until today the Conseil is a lay court with no pro-
fessional lawyer on the bench. Since 1848 it has been bipartite with an equal
number of employer and employee representatives serving as judges. The
employee judges are elected. The court’s procedure is divided into an obli-
gatory conciliation phase and a judgement phase. Despite a number of re-
forms, notably in the 1970s, the reputation of the Conseils is rather low.
There is a high appeal rate, especially in cases in which the employer has lost
and theses appeals are handled by appeal courts of the ordinary judiciary. 30
Like their French counterparts, German labour court proceedings are di-
vided into an obligatory conciliation phase and a judgement phase. How-
ever, the bench is tripartite with a legally qualified chairperson and an em-
ployer and an employee lay judge. The first labour courts were introduced
in 1926. They handle all disputes arising from the employment relationship
and, in addition, statutory claims of collective industrial actors, mainly
works councils. The German labour court system is autonomous and cre-
ates an independent pillar within the German judicial system. Appeals go
first to the State Labour Court and then for a final decision to the Federal
Labour Court.
In Great Britain labour courts were first introduced as industrial tribunals
in 1964 and were renamed into employment tribunals in 1998. Like their
German counterparts the employment tribunal bench is tripartite with a
legally qualified barrister or solicitor serving as chairperson and two lay
members representing the employer and the employee side. The procedure
differs significantly from their continental counterparts and is modelled on
the rather cumbersome adversary common law model with lengthy cross
witnessing and a rather passive bench. There are no attempts to conciliate
the case by the tribunal. Conciliation is handled prior to the hearing by the
separate agency Advisory, Conciliation, and Arbitration Service ( ACAS ). 31

29 R. Rogowski, A. Tooze (1992), Individuelle Arbeitskonfliktlösung und liberaler Kor-

poratismus. Gewerbe- und Arbeitsgerichte in Frankreich, Großbritannien und Deutsch-


land im historischen Vergleich, in: H. Mohnhaupt and D. Simon (eds.) Vorträge zur
Justizforschung. Geschichte und Theorie. Band 1. Frankfurt am Main: Klostermann (Max-
Planck-Institut für Europäische Rechtsgeschichte), pp. 317–385.
30 A. Lyon Caen, A. Jeammaud (eds.) (1986), Droit du travail, démocratie et crise. Arles:

Actes Sud.
31 J. Wood (1992), Dispute Resolution – Conciliation, Mediation and Arbitration, in:

W. McCarthy (ed.) Legal Intervention in Industrial Relations. Oxford: Blackwell,


pp. 241–273, pp. 248–262.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 581

Appeals go to the Employment Appeals Tribunal and then to the Court of


Appeal and finally to the House of Lords.
There are no courts in the United States comparable to European labour
courts. However, the private system of final and binding grievance arbi-
tration constitutes a functional equivalent. In addition there exist agencies
for the protection and enforcement of union rights, anti-discrimination laws
and health and safety standards. Some of these agencies, in particular the
NLRB , operate with quasi-judicial forms of decision-making.
If we analyse recent developments in labour courts, we can detect
examples of reflexive regulation of decision-making at the judicial level. Ad-
vanced labour courts discover that they are most successful in regulating so-
cial relations by regulating themselves. Judicial procedures are a preferred
target. The reform of procedures in terms of procedural differentiation is
largely a result of legal self-regulation. Since they are internal affairs of the
judicial system we are in Teubner’s realm of internal “variation of conditions
of ‘access to justice’” 32.
In addition, the legal system regulates other subsystems through pro-
cedural requirements. Resort to procedural regulation is a main form of rec-
ognition of self-regulation of the industrial relations system by labour
courts. However, labour courts facilitate industrial relations for their own
purposes of extending legal autonomy in their field of law. There are several
examples of how labour courts try to instrumentalize industrial relations
procedures for their purposes.
In their formative period in the 1970s, British Industrial Tribunals went
beyond mere recognition of industrial self-regulation and actively endorsed
and directly controlled the employer’s use or non-use of dispute pro-
cedures; they developed a reasonableness test linking the judgement of
dismissals to procedural fairness. 33 The Court of Appeal reversed this line
of decision-making, thereby arguing that such a direct linkage would lead
to formalistic results. 34 In fact, the courts stopped the instrumentalization
of company procedures for purposes of judicial decision-making and this
can be seen as enhancing the autonomy of industrial relations decision-mak-
ing.
French and German labour courts are required to seek conciliation at
every stage of the procedure. Although only the parties can ultimately de-
cide on this option of a conciliated or mediated settlement, they often do so

32 Teubner op.cit (Fn. 2), p. 81.


33 Earl v. Slater and Wheeler (Airlyne) Ltd. [1972] ICR 508.
34 See especially British Labour Pump Co. Ltd. v. Byrne [1979] ICR 347. The negative

effect of this decision on dismissal procedures at company level was acknowledged by the
House of Lords in the decision Polkey v. Dayton Services Ltd. [1988] ICR 142, which re-
versed British Labour Pump.
582 Ralf Rogowski

with the active encouragement of the judge. 35 This to some extent delegates
decision-making to the parties themselves. A settlement reached in concili-
ation cannot be appealed, and therefore removes the dispute from the legal
system at this stage.
During conciliation German labour courts engage in active recognition
of other forms of regulation. In conciliation about the dismissal of an em-
ployee, it is not uncommon for labour courts to propose a solution which
suits the regulation of the unemployment agency to secure the dismissed
employees an immediate payment of unemployment benefits, and to
adopt the agency’s view as terms of the settlement. However, labour
courts encourage the reference to an absent third party in their own inter-
est since settlements relieve the court of the obligation to produce a
written decision.
When labour courts encourage the use of procedures in company contexts,
it makes an important difference if procedural regulation means control
of self-regulation or control of unilateral decision-making by a small entre-
preneur. Whereas judicialization of employment conflicts in large com-
panies interacts with self-regulation, in small firms it often is the only op-
tion and can rapidly lead to overcoming the stalemate and the loss of
communication in the personal employment relationship resulting from
the disciplinary or dismissal action. The finding that employment conflicts
of small firms are over-represented in German labour courts suggests a dif-
ferentiation of judicial procedures for claims arising from small and from
large companies. 36
A developing field of reflexive decision-making in European labour
courts is their interaction with the European Court of Justice. European law
offers, with its preliminary ruling according to Art. 234 (formerly 177) EC
Treaty, any court or publicly recognised arbitration panel the possibility to
refer a question of interpretation of European Union law to the European
Court of Justice. Research has found out that there are remarkable differ-
ences in the use of the procedure among labour courts in Europe. A study
of developments in six member states in the area of gender equality shows
that German labour courts and British industrial, respectively employment
tribunals are more active than their French and Danish counterparts, not to

35 E. Blankenburg, R. Rogowski (1986), German Labour Courts and the British Indus-

trial Tribunal System. A Socio-Legal Comparison of Degrees of Judicialisation, Journal of


Law and Society, Vol. 13, 1986, pp. 67–92.
36 On the differentiation of claims from small firms and large companies see E. Blanken-

burg, S. Schönholz; R. Rogowski (1979), Zur Soziologie des Arbeitsgerichtsverfahrens. Die


Verrechtlichung von Arbeitskonflikten. Neuwied and Darmstadt: Luchterhand, pp. 69–73.
Bünger and Moritz op.cit (Fn. 23), p. 183 have suggested procedural differentiation in la-
bour courts dealing with these different conflicts.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 583

mention the very low activity rates of courts in Italy and Spain. 37 Although
there are a number of factors that influence the practice, differences in the
labour court systems are decisive. The German labour courts are used to
judicial activism and repeated references if a decision of a higher court is not
workable. 38 They indeed engage in reflexive decision-making to pursue
their own judicial policies.

Reflexive labour and employment conflict resolution and


the labour market
The biggest challenge to current labour conflict resolution results from
fundamental transformations of the labour market. 39 Both collective bar-
gaining and decision-making in labour courts is increasingly confronted
with problems of dynamic labour markets and changing forms of employ-
ment. These challenges require from labour courts and collective bargaining
systems a reflexive understanding of their regulatory capacities and their
role and impact on the labour market.
In collective bargaining we find a worldwide trend to broaden negotiation
agendas to include working conditions. Collective actors increasingly en-
gage in labour market policy. A prominent example is reduction of working
time. Although a traditional issue that belongs to the canon of collective
bargaining topics it also fits into efforts to raise the employment rate. By
shortening the normal working time companies are forced to hire additional
employees, at least in theory. The reference to labour market conditions
(high unemployment) can be used to shape the collective bargaining agenda
in a certain direction.
In the US , state courts have used favourable labour market conditions
(low unemployment) to engage in compensatory judicial policies. In re-
sponse to the decline of unionisation and subsequent loss of protection by
collective agreements, some state courts have introduced the concept of just
cause for dismissals of employees. Employers who dismiss without just
cause face high awards of damages issued against them. Furthermore, the
courts are prepared to issue high damage awards in cases of discrimination
in employment (median recovery of USD 2,000,000 in the early 1990s in,
admittedly, few cases in which the employee won). 40 The threat of high lia-

37 C. Kilpatrick (2001), Gender Equality: A Fundamental Dialogue, in: S. Sciarra (ed.)

Labour Law in the Courts. National Judges and the European Court of Justice. Oxford:
Hart 2001, pp. 31–100.
38 Kilkpatrick op.cit (Fn. 37), p. 54.
39 A. Supiot (2001), Beyond Employment: Changes in Work and the Future of Labour

Law in Europe. Oxford: OUP.


40 Stone op.cit (Fn. 22).
584 Ralf Rogowski

bility costs has resulted in a growth of non-union grievance arbitration. The


US Supreme Court has supported this trend in a decision (Gilmer) in which
private arbitration for a statutory claim was allowed.
German labour courts have dealt with labour market problems in relation
to atypical forms of employment. In the 1960s fixed-term contracts were as-
sessed exclusively as ways to circumvent the existing dismissal protection
system. The Federal Labour Court in particular saw its role in a peculiar re-
flexive fashion. It argued that it was necessary to protect the system of em-
ployment protection from being undermined (protection of protection). It
introduced the requirement that fixed-term contracts were only legal when
covered by one of the reasons permitted by the court. However, with in-
creasing demand for fixed-term employment, the court was forced to allow
more and more reasons for engaging in fixed-term employment. 41 It reached
a point that its decision-making created a source of legal uncertainty. In this
situation the legislator introduced a law that removed the requirement of
reason for new employment contracts, without however replacing the judi-
cial policy. The statute that regulated fixed-term employment, the Employ-
ment Promotion Act 1985, was deliberately seen as an attempt to support
the labour market by reforming labour law. Removing legal restrictions that
derive from employment protections was meant as support for the flexibi-
lisation of forms of employment.
The German Employment Promotion Act 1985 is just one example of a
wider trend in Western industrial systems that favours deregulation of the
employment system. In accordance with neo-liberal economic policies la-
bour law is assessed whether it has a positive or negative impact on employ-
ment rates. The labour law system as well as labour and employment con-
flict resolution are forced to assess themselves in relation to their impact on
the labour market. At least since the adoption of the Amsterdam Treaty this
trend is supported at the level of the European Union by prioritising em-
ployment policies over traditional labour law issues. Key is the concept of
transitional labour markets and policies that balance employer and em-
ployee interests like the flexicurity concept. 42
However, deregulation might be seen in a quite different light when it is
linked to developments in labour law and labour conflict resolution that are
a result of internal reflexive processes. In this perspective deregulation can
be understood as a regular event, intricately linked to the perennial problem

41 K. Schömann, R. Rogowski, T. Kruppe (1998), Labour Market Efficiency in the Euro-

pean Union. Employment Protection and Fixed-term Contracts. London: Routledge.


42 See T. Wilthagen, R. Rogowski (2002), The Legal Regulation of Transitional Labour

Markets, in: G. Schmid, B. Gazier (eds.), The Dynamics of Full Employment. Social
Integration through Transitional Labour Markets. Cheltenham, UK and Bookfield, USA :
Edward Elgar pp. 233–273 and R. Rogowski (ed.) (2008), The European Social Model and
Transitional Labour Markets: Law and Policy. Aldershot: Ashgate.
Reflexive Regulation of Labour and Employment Conflict Resolution 585

of reduction of legal complexity. Regulation and deregulation are different


systemic modes in dealing with complexity. Deregulation can be used both
for purposes of reflexive self-regulation of law and support of self-regulation
of the labour market. 43

Conclusion
In the future regulations and practices of conflict resolution in industrial
relations, companies and labour court will have to deal with the needs of
transitional labour markets. They can be both hindered and supported by
labour courts and other forms of labour and employment conflict resol-
ution. It depends on the degree to which labour conflict resolution and la-
bour law can become reflexive in handling the new complexity that arises
from the fundamental changes in developed labour markets.

43 R. Rogowski, G. Schmid (1997), Reflexive Deregulierung – Ein Ansatz zur Dynamis-

ierung des Arbeitsmarktes, WSI -Mitteilungen 8/97, pp. 568–582.


586 Ralf Rogowski
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht

Fabian Steinhauer

„Da wir nun keinen Rat wissen, so macht doch selbst uns recht
anschaulich, was ihr denn andeuten wollt, wenn ihr Normatives sagt.
Denn offenbar wisst ihr doch dies schon lange, wir aber glaubten es
vorher zwar zu wissen, jetzt aber stehen wir ratlos.“ 1

I.
Eine FS Teubner Teubner-Ausgabe enthielte Doppelungen/Klüfte2, müsste
unentschiedenen Haufen entstammen und sagen3: Gunther Teubner, d. i. auch
nur ein Esser mehr, aber Esser ist nicht gleich Esser. 4 Stotternde Zirkel und
brüchige Rekursivität sind dem Teubner damit schon von Haus aus vertraut.5

1 Variation auf Platon, Sophistes 244a in der Übersetzung von Schleiermacher, bei dem

nicht Normatives, sondern Seiendes gesagt wird. Bei Heidegger ist der Begriff klein geschrie-
ben und in Anführungszeichen gesetzt. Sein Jargon ist so eigentlich nicht, die Botschaft hat
nicht Schleiermachers ‚High Fidelity‘, vgl. Heidegger, Sein und Zeit (2006), 1: „Denn offen-
bar seid ihr doch schon lange mit dem vertraut, was ihr eigentlich meint, wenn ihr den Aus-
druck „seiend“ gebraucht, wir jedoch glaubten, es einst zwar zu verstehen, jetzt aber sind
wir in Verlegenheit gekommen.“ [Hervorhebung F.S.]
2 Die ‚Bibliotheca Teubneriana‘ hat, so kolportiert die Open-Source-Community, eine

gespaltene Geschichte: in Ost und West, mustergültige Kritik und billige Stereotypen, ‚edi-
tiones maiores‘ und ‚editiones minores‘.
3 Vor umkehrbarer Methode warnt: Parmenides, Fragmente (1995), B 6. Er ist in Zeiten

behaust, die das erlauben, weil sie Sprechen und Welt nicht differenzieren. Sobald die Kluft
im Sprechen und in der Welt ist, muss man Hintertüren offen halten und Wege umkehren
können. Zu Umwegen: Luhmann, Einige Probleme mit reflexivem Recht, ZfRSoz 6 (1985),
1 ff.; Teubner, Recht als autopoietisches System (1989), 96.
4 Die Situation beschreibt: Steinhauer, Ein Esser mehr. Geschichten aus einem Zwölfkin-

derhaus (1963).
5 Zur verzweigten Zirkularität: Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechts-

findung (1972), 10. Man kann den Abgrund überspringen wie z. B. Alexy, Die Natur der
Rechtsphilosophie, in: Brugger u. a. (Hg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 11 ff. (14),
muss (das) dann aber versichern: „Diese Zirkularität hat freilich keinen destruktiven, sondern
einen konstruktiven Charakter“; Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre (2008), 108 schildern
die „Rekursivität“ als „gefährlich“, gehen davon aus, sie ließe sich durch Entscheidung
unterbrechen und empfehlen das, um „praktische Probleme“ zu vermeiden; verschachtelt:
Luhmann, Selbstreferenz und Teleologie in gesellschaftstheoretischer Perspektive, in: Ge-
sellschaftsstruktur und Semantik Bd. 2 (1993), 9 ff.
588 Fabian Steinhauer

‚High Fidelity‘ ist aber in Zeiten ‚autopoietischer Rekursivität und asymme-


trischer Struktur‘ kein Garant juridischer Selbsttreue, sie kann verschleiern.6
Was Vertrauen verlangt und welche Wiedergabetreue es gibt, wenn Recht
gespalten/verdoppelt ist und sich eigenschaftsfrei reproduziert, das steht
als Frage ins Haus. „Was soll sollen?“ lautet die reflexive Fassung der Frage,
die nach neuen Ordern und Heimen sucht und von der nicht gesagt werden
kann, was in ihr stottert und was sich in ihr wiederholt. Ihre Form unter-
stellt, dass ‚neue Normativität‘ etwas mit Reflexivität zu tun hat. Meine
Frage ans ‚House of Finance Hantology‘ lautet darum trivialer gesprochen: 7
Was macht eigentlich … das reflexive Recht? 8 Befragt man die Person, ist die
Antwort oft kryptisch. 9 Aber selbst wenn seine Autoren sich verdichten,
seine Probleme tun das nicht, denn alles Eigene, Selbstbezogene, Autopoie-
tische hat sich jenseits von Leere und Fülle, jenseits von Formalisierung,
Materialisierung, Prozeduralisierung zurückgezogen.10 Man sollte die Lage
nicht als „methodischen Nihilismus“, „Ausgeburt eines fremdrassigen, wurzel-
losen Intellektualismus“ oder „babylonische Sprachverwirrung“ abtun.11 Das
‚reflexive Recht‘ befindet sich nur in seiner APO Phase, die eher ‚paraparla-
mentarisch‘ als nihilistisches Chaos ist.12 In Bezug auf den Ort einer zentra-
len Redeinstanz ist die Theorie nur zerstreut. In Bezug auf ihre Begrenzun-
gen ist sie nur zerknittert. Mit ihr wird man eher Zelig als selig.13 Sie treibt
die Unbestimmtheit und die Bestimmtheit juristischer Suchdynamik in die

6 Luhmann (Fn. 3), 15.


7 Teubner, Ökonomie der Gabe – Positivität der Gerechtigkeit, in: Koschorke/Vismann
(Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999), 199 ff.
8 Teubner, Reflexives Recht. Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender Perspek-

tive, ARSP 68 (1982), 13 ff. Wir übernehmen die Idee von Röhl/Röhl (Fn. 5), 253, dass die
Theorie von Teubner/Willke begründet worden sei. Man fragt sich zwar: Verfügen Rechts-
wissenschaften sonst über keine Theorie der Reflexion? Die Aussonderung eines theoreti-
schen Lagers ist ein Effekt, der im Folgenden aber mehr interessiert als die Antwort.
9 Teubner (Fn. 3), 132.
10 Teubner (Fn. 3), 129.
11 Die ersten beiden Zitate: Adomeit, Ule über Kelsen, zitiert nach Jestaedt, Hans Kel-

sens Reine Rechtslehre, in: Kelsen, Reine Rechtslehre (2008), XII ff. Die Übertragung be-
ruht weniger darauf, dass Jesteadt Kelsen als „Autopoieten“ beschreibt, als darauf, dass die
Kritik Potential hat. Drittes Zitat: Dimmel/Noll, Demokratie und Recht 16 (1988), 379 ff.
(382); Becker, Kooperative und konsensuale Strukturen in der Normsetzung (2005), 22 be-
zeichnet es sogar als „pointiert“.
12 Die apophatische Rede seziert Derrida, Wie nicht sprechen? (1989); der Kurzschluss

zwischen ‚Parlamentarismuskritik‘ und ‚reflexivem Recht‘ beruht auf Vorbildern: Lepsius,


Steuerungsdiskussion, Systemtheorie und Parlamentarismuskritik (1999); Röhl/Röhl
(Fn. 5), 252 f. mwN.; zur politischen Festlegung: Calliess, Lex Mercatoria. A Reflexive Law
Guide to Autonomous Legal System, 2 GLJ 17 (2001); dagegen: Teubner (Fn. 3), 81 f.
13 Allen, Zelig (1984), der nicht vor der „Komplizität mit dem Schlimmsten“ gefeit ist.

Zur Sorge darum: Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit, Kontingenz- oder Transzen-


denzformel des Rechts? ZFRSoz 28 (2009), 9 ff. (31 ff.)
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 589

Höhe.14 Feiner wäre es, von der „Ausgeblasenheit, Ich-Verlassenheit“ einer


Theorie des reflexiven Rechts zu sprechen.15 Sie stößt auf Recht in der Kon-
kurrenz von Selbstbezügen, in der sich alle Grenzen laufend verfalten, nicht
verwischen. Das sorgt dafür, dass das Jenseits nicht zur großen Hyperessenz
und zum totalen Ausnahmezustand anschwillt. Es bleibt in den Wechselfällen
des Alltags antreffbar. Es steckt im Detail. Und so ist die Unruhe im klei-
nen Kernlager der ‚reflexiven Theoretiker‘ groß.16 Man trifft auf erschöpfende
Hinweise zum „gefährliche[n] Gebräu aus unbeantwortbaren Fragen und ver-
logenen Antworten“, auf die Renaissance der Leidenschaften in Appellen zur
‚permanenten Revolution‘, auf Vorschläge zur Verortung und Qualifizierung
der Reflexion, auf Diagnosen zum „ironic turn“ des reflexiven Rechts und auf
eine Kombination aus Zuversicht und Zweifel.17 Im Überfluss der Positivität
fällt es schwer, einen Gegenbegriff zur Reflexion zu bilden, kaum einer ver-
weigert sie.18 Die Bewegung ist nicht an ihr Ende gekommen.19 An der Kreu-
zung, die Reflexion erzeugt, fragt sich, ob die Bewegung als Expansion oder
Selbstblockade zu deuten ist und ob man vor oder zurück soll.20
Ich würde die Reaktionen gerne ausgleichen, werde aber die „selbstquäle-
rische Daueroszillation“ aufdrehen und zwischen Innen- und Außeneinrich-
tungen springen. 21 Zur Reflexion der Reflexion kippt Theorie in die Eigen-
praxis eines sich selbst mitmeinenden Textes. Der Beitrag wurde wegen der
Konkurrenz mit anderen Autoren limitiert. Das ist kein Nachteil, nur eine

14 Teubner (Fn. 13), 23; Günther, Rechtspluralismus und universaler Code der Legalität:

Globalisierung als rechtstheoretisches Problem, in: ders./Wingert (Hg.), Die Öffentlichkeit


der Vernunft und die Vernunft der Öffentlichkeit (2000), 539 ff. (562).
15 Mann, Doktor Faustus (1967), 72 f.
16 Zur Anhängerschaft Röhl/Röhl (Fn. 5), 102–106, 252–256; Becker (Fn. 11) mwN.
17 Als wolle er selbst die Kerzen ausblasen: Teubner (Fn. 13), 32 f.; euphorisch Fischer-

Lescano (in diesem Band); zur Verortung und Qualität Menke, Der Abgrund des Subjekts:
Soziale Bedingungen der Aporien der Gerechtigkeit, ZfRSoz 29 (2008), 81 ff; a.A. Ladeur:
Das subjektive Recht als Medium der Selbsttransformation der Gesellschaft und Gerechtig-
keit als deren Parasit, ZfRSoz 29 (2008), 109 ff.; an der Übertragbarkeit zweifelt Vesting
(in diesem Band); vom „ironic turn“ spricht: Zumbansen, Law after the Welfare State: For-
malism, Funktionalism, and the Ironic Turn of Reflexive Law, The American Journal of
Comparitive Law LVI (2008) 3, 769 ff.
18 Luhmann, Selbstreflexion des Rechtssystems: Rechtstheorie in gesellschaftstheoreti-

scher Perspektive, in: Ausdifferenzierung des Rechts (1999), 419 ff. (430) zu „Reflexions-
defiziten“; ders., Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 2 (1997), 870 zum „irreflexiven Sub-
jekt“; zur Archäologie der Reflexionsverweigerung: Jestaedt, Das mag in der Theorie richtig
sein … (2005), 12; vom „Reflexionsstop“ berichtet aktuell Fischer-Lescano, Transnationales
Verwaltungsrecht. Privatverwaltungsrecht, Verbandsklage und Kollisionsrecht nach der
Århus-Konvention, JZ 2008, 373 ff.
19 A.A. Hartmann, Reflexives Recht am Ende? Zum Eindringen materialen Rechts in die

Tarifautonomie, ZfS 16 (1987), 16 ff.


20 Ladeur (Fn. 17), 122, Luhmann, Selbstreflexion (Fn. 18), 436 zu „Inflation“ und „De-

flation“. Zur ‚Kreuzung‘: Baecker, Form und Formen der Kommunikation (2005), 98 ff.
21 Teubner (Fn. 13), 22.
590 Fabian Steinhauer

akzidentielle Kappung realer, intentionaler und mentaler Perfektion. 22 Da-


mit scheidet es aus, zuerst das Sprechen von der Welt, den Text von der
Wirklichkeit, die Theorie vom Recht oder die Semantik von der Struktur
zu unterscheiden. Unterscheiden soll man ruhig, aber das ‚zuerst‘ bleibt –
wie andere Formen der ‚Vorgängigkeit‘ und ‚Ursprünglichkeit‘ – im Laufe
dieses Textes gegenstandslos. 23 Der Beitrag ist nur Teil der Reflexion, die er
beschreibt, und einer (Sprach-)Feier, die bearbeitet werden will. Wann der
Text enden muss und alles Übrige wieder beginnt, wird der Leser auch dies-
seits des Endes merken – insoweit wird Reflexion eingestellt. Der Beitrag ist
launisch, dem Wahn verfallen, einen ausweglosen Text schreiben zu können.
Die Idee einer Gesamttheorie als ein „sich selbst limitierender Kontext“ ist
hier allerdings verkommen. 24 Etwas ist im Text aus der Spur geraten. Er
kann nicht mehr zurück in den Modus der ‚Vorbemerkungen‘ gebracht wer-
den, obwohl er unfertig ist. Er kann weder vor noch zurück, oder – wenn
man nach der Wahrheit fragt – nur noch vor und zurück. Seine Gliederung
besteht schon im Ansatz nur aus Wiederholungen, dafür aber nur in Ansät-
zen. Ich hoffe, dem flüssigen Diskurs des Schmeichlers entgehen zu kön-
nen 25, und ich bitte darum um Verzeihung, wenn es stottert, sich verdickt
und die Metaphorik thrombotisch wird. Dafür ist der Text nicht solipsis-
tisch, selbst ich verständige mich nur schwer mit ihm. Im besten Fall gibt es
über ein ‚soliloquy‘ mit Teubner Unterhaltung.

II.
Es gibt Theorien, die gibt’s gar nicht. 26 Eine davon ist die aktuelle Theorie
des reflexiven Rechts. 27 Sie taucht auch unter dem Namen „Kritische System-

22 Nach Luhmann (Fn. 5), 28 ff. wäre so die Grundlage von Selbstreferenz und Reflexion

geschaffen.
23 Vgl. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft (1993), 215; Stäheli, Zum Verhältnis von

Sozialstruktur und Semantik, Soziale Systeme 4 (1998), 315 ff., verschleift Zeit und Refle-
xion in der Figur ‚nachträglicher Konstitution‘; Menke (Fn. 17), 81 ff. erklärt, die Zeit der
Ursprünglichkeit sei für die Reflexion seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts abgelau-
fen. Während Menke historisch irreversibel argumentiert und ein epochengebundenes
Denken erlaubt, erlaubt Stäheli die Wiedereinführung der Zeit.
24 Luhmann, Soziale Systeme (1984), 12.
25 Marin, Das Portrait des Königs (2005), 151 ff.
26 Dazwischen: Derrida, Falschgeld. Zeitgegeben I (1993), 16 ff.; Luhmann (Fn. 24), 30.
27 Zur Phase: Röhl/ Röhl (Fn. 5), 252; Becker (Fn. 11), 22 ff.; jenseits des Paradigmas ‚Au-

topoiesis‘ taucht ‚Reflexion‘ im Konnex zur Methode, Regelung oder Verfassung auf: Baer,
Verfassungsvergleichung und reflexive Methode: Interkulturelle und intersubjektive Kom-
petenz, ZAÖRV 64 (2004), 735–758; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte. Reflexive
Regelung rechtliche geordneter Freiheit (2005), Bast, Einheit und Differenzierung der Euro-
päischen Verfassung – der Verfassungsvertrag als reflexive Verfassung, in: Becker u. a.
(Hg.), Die Europäische Verfassung – Verfassungen in Europa (2005), 34–60.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 591

theorie Frankfurter Schule“ ( KSFS ) auf. 28 Eine Urheberschaft, zusammenge-


setzt aus Teubner und Fischer-Lescano, begannen kurz zuvor Ausführungen
zu Regime-Kollisionen mit einer Erzählung zur Genealogie der Erwartun-
gen. Luhmann hatte früher einen „Führungswechsel von normativen Erwar-
tungstypen (Politik, Moral, Recht) hin zu kognitiven Erwartungstypen (Wirt-
schaft, Wissenschaft, Technologie)“ prognostiziert. Sie zitierten: „Das hieße,
dass auf der Ebene der Weltgesellschaft nicht mehr Normen (in Gestalt von
Werten, Vorschriften, Zwecken) die Vorauswahl des zu Erkennenden steuern,
sondern dass umgekehrt das Problem lernender Anpassung den strukturellen
Primat gewinnt und die strukturellen Bedingungen der Lernfähigkeit aller Teil-
systeme in Normierungen abgestützt werden müssen.“ 29 In einem Lob des ju-
ridischen Avantgardismus gewinnt die KSFS nun, wenn sie aus dem Ensem-
ble der Teubners über Teubner spricht, die normativen Gehalte in einem
erneuerten Sinne zurück. Neue Normativität meint in diesem Kontext, der
sich im Paradigma der Selbstorganisation/Autopoiesis hält, keine exklusive
Form, keine Widerstandkraft gegen gesellschaftliche Dynamik 30 und keinen
substantiellen Schutz vor der Verwechselbarkeit mit qualitativ minderwer-
tigen Regeln. Neue Normativität meint – von diesen drei Momenten ge-
trennt – asymmetrische Responsivität in intersystemischem Kollisionsrecht
und im Namen der Gerechtigkeit. Das ist nicht dasselbe wie ‚normale Nor-
mativität‘, weil die enttäuschende Vergangenheit auf Distanz gerückt wird,
damit das Recht sich weiter wenden kann. Die Theorie ist auf der Suche
nach unverbrauchter Zeit. 31 So soll sich die richtige Gesellschaft selbst orga-
nisieren, nicht ihre korrumpierten Auswüchse. Das Recht soll Order aus
der Vielfalt der Gesellschaft erhalten, ohne seinen Eigensinn zu verlieren
und ohne zum gespenstischen Verstärker des Universalisierungsbegehrens
anderer gesellschaftlicher Subsysteme zu werden. 32 Die neue Normativität
der KSFS zielt auf Umverteilung mit Hilfe von Medien des Skandals und auf
freie Zugangsrechte zum Recht und des Rechts. 33 Das soll eine Autologie
der Konstitutionalisierung gesellschaftlicher Teilbereiche freisetzen, in de-

28 Fischer-Lescano (in diesem Band).


29 Luhmann (1971) nach: Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen (2006), 7.
30 Zur Normativität der Widerstandskraft Röhl/ Röhl (Fn. 5), 256 mit einem gegen Ves-

ting gerichteten Verbot, vom Sein auf das Sollen zu schließen und einem Hinweis auf die
(bedrohliche?) Wiederkehr Ehrlichs. Ohne Kontaktscheu: Amstutz, Evolutorisches Wirt-
schaftsrecht (2001), 212 ff.
31 Luhmann (Fn. 23), 505.
32 Zur Sorge um Verelendung/ Verendung des Propriums: Amstutz (Fn. 30), 53 ff.; zur

Sorge um Verstärkung u. a. Ziegert, Rechtstheorie, Reflexionstheorien des Rechtssystems


und die Eigenwertproduktion des Rechts, in: de Berg/Schmidt (Hg.) Rezeption und Refle-
xion (2000), 93 ff. (119).
33 Fischer-Lescano, Globalverfassung (2005) 261 ff. zur reflexiven Rationalität im „colère

publique“ der Massenmedien.


592 Fabian Steinhauer

nen sich andere Subsysteme so limitieren, wie das Recht. 34 Die Haltung ist
wegen der Suche nach unverbrauchter Zeit kein Ausweis von Neoliberalis-
mus, -marxismus, -universalismus, -partikularismus. Es ist kein Akt der
Vagheit oder Widersprüchlichkeit (alle diese Einwände hätten Potential),
sondern eine wissenschaftsökonomische Limitierung der Theorie, die neues
Vertrauen schaffen soll. 35 Es ist ein Wechsel.
Wenn die Anpassung des Lernenden das strukturelle Primat gewinnt,
dann vollendet sich die Bewegung. Was soll man dazu sagen? 36 „Und Gott
weinte: Meine Söhne haben mich bestätigt, meine Söhne haben mich bestä-
tigt“? Oder: Der Führer ist tot, lang lebe der Führer? Oder: Così fan tutti?
So einfach kann man es sich machen, ist es aber in selbstreferentiellen Aus-
gangslagen und heteroreferentiellen Nebenbedingungen der ‚kreativen wis-
senschaftsökonomiepolitischen Rechtstheoriepraxis‘ nicht. 37 In den Kolli-
sionslagen der KSFS werden normative und kognitive Erwartungen so
unterscheidbar, wie die historischen Uniformen vergangener Kriege. Das
heißt: so klar unterscheidbar, wie im hellen Licht des ‚white cube‘. Wider-
stand und Bestandsschutz sind dann auf den ersten und den verspäteten
Blick eins. In einer wissenschaftspolitischen Perspektive wirkt die Einge-
meindung von ‚Frankfurt-Bielefeld‘ wie eine Verbrüderung von Normativi-
tät und Reflexivität in der dritten Generation, klassisch dialektisch und
trotzdem überstürzt schnell. Kaum verbrüdert, droht der Zwist. Die Theo-
rie bietet sich mit warmen Empfehlungen an, garniert mit kühl distanziertem
Luhmann, der sich in „klimatisierte VIP-Lounges“ zurückgezogen hätte.38

34 Teubner (Fn. 13), 13: Reflexivität als Fähigkeit, eigene Begrenztheit zu thematisieren.
35 ‚Ökonomisch‘ nach: Groys, Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie (1992),
119 ff. Im Detail kann man Teubners ‚Selbstsubversionen‘ von Fischer-Lescanos Avantgardis-
mus unterscheiden. Zur Abgrenzung gegenüber ‚Neoformalismus‘ uns ‚Neofunktionalis-
mus‘ Zumbansen (Fn. 17), 787 ff., der das ‚reflexive Recht‘ quer zur Unterscheidung kon-
servativ/progressiv stellt und die Neuerungen (!) der Theorie in dem Rückgriff auf
dezentrale, funktionale Differenzierungen sieht: Das reflexive Recht entziehe sich dem
Aufzug der Souveränität und Macht.
36 Zur „Matrix eines auf Dauer gestellten Selbstreflexionprozesses“: Buckel u. a., Die Ge-

burt der Kritischen Justiz aus der Praxis des Widerständigen, KJ 2008, 235 ff.
37 Zur ‚Einfachheit‘: Teubner, Coincidentia oppositorum: Das Recht der Netzwerke

jenseits von Vertrag und Organisation, in: Amstutz (Hg.), Die vernetzte Wirtschaft. Netz-
werke als Rechtsproblem (2004), 11 ff.; zur Selbstreferenz, ders. (Fn. 3), 21 ff., ders., (Fn. 8),
20 ff; zu eingebauten Heteroreferentialität ders., (Fn. 13), 18; allgemein: Stäheli, Sinn-
zusammenbrüche (2000), 307 f.; Ladeur (Fn. 17), 121 zu porösen Randzonen juridischer
Kreativität; Luhmann (Fn. 24), 604 zur mitlaufenden Selbstreferenz und Unmöglichkeit
der reinen Selbstreferenz; ders., Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, RJ 9 (1990),
176 ff. (201) zur Unmöglichkeit einer ausschließlich selbstreferentiellen Basis.
38 Fischer-Lescano, in diesem Band. Hat Luhmann dem Umgang mit „Kurzformeln für

Komplexe von Namen und Gedanken“ vorgesorgt? Vorhergesehen hat er’s: Luhmann
(Fn. 24), 8; zu Fremdselbsteinschätzungen: Teubner, Dreiers Luhmann, in: Alexy (Hg.),
Integratives Verstehen. Zur Rechtsphilosophie Ralf Dreiers (2005), 199 ff.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 593

Das ist praktisch für die, die ihm lieber nicht begegnen möchten. 39 Die KSFS
trifft vorsorglich metonymische Aussagen, das schafft Gemeinschaft. Die
Adressaten raufen sich ob des Angebots (von dem nicht gesagt werden
kann, es sei nur politisch, nur ökonomisch) die Haare. Koalitionsbemühun-
gen vulgo Mergers drohen zu platzen. Die in die KSFS inkorporierten Au-
toren wähnen sich unterbewertet, andere überbewertet, missverstanden,
ungerecht, unkritisch, unsystematisch behandelt. Selbst wenn man indivi-
duell stockt: Die Theorie tut das nicht, sie ist eine soziale Formationen vol-
ler endogener Unruhe. Da lässt es sich zwar nicht verhindern, dass Einzelne
von der Selbstbeobachtung zur Selbstbezeichnung überwechseln. 40 Im ent-
sprechenden Moment, in dem ein Autor für die Theorie spricht, die Theorie
spricht und über die Theorie spricht, kommt es aber nur episodisch zum
‚Ich-spreche‘ oder ‚Ich-denke‘. So gibt es plötzlich „erste Generationen“,
Ursprünge und „zurück zu den Wurzeln“. Rekursive Theorien bekommen
dann ein Haupt und werden zu einer kapitalen Theorie. Sie kann behaup-
ten, dass andere Autoren aus dem Ensemble die Möglichkeit des Ensembles,
das sich gegen „transsubjektive Verdinglichung und damit korrespondierende
Entmündigung“ richtet, „verkörpern“. 41 Selbst ‚in diesem Band‘ findet sich
dann jemand, der die Einladung zur Enthauptung annimmt, dem Augen-
blick die Feierlichkeit ausbläst, widerspricht und dessen Stimme ignoriert
werden kann … aber nicht muss.

III.
Ich verschiebe den Blick vom Kern der verfassten ‚coincidentia opposi-
torum‘ auf rhetorische Konditionen, um die Positionierung anhand ihrer
Ausstattung mit Effekten fassbar zu machen. 42 Sobald Theorie unter einem
Namen kommuniziert, ist sie eine herausgeforderte Gemeinschaft, voller
Affronts und in wendiger Gestalt. 43 So abrahamitisch sich auch polytheisti-
sche Theorien geben können: Sie sind soziale Formationen, die figurieren.
Sie können sich mal besser und mal schlechter als anthropomorphen Groß-
körper entwerfen und entsprechen dabei doch eher dem Modell eines euka-
ryontischen Schleimpilzes (dictyostelium discoidum). 44 Der kann in wech-

39 Zum politischen Avantgardismus: Teubner (Fn. 3), 81 anhand des Links-Rechts-Sche-

mas; Nocke, Autopoiesis – Rechtssoziologie in seltsamen Schleifen, KJ 1986, 363 ff. (384),
spricht von der „verchromte Sprachwelt“ einer Theorie, die niemandem ans Leder wolle;
im internationalen Vergleich: Zumbansen (Fn. 17), 789 ff.
40 Luhmann (Fn. 3), 3.
41 Fischer-Lescano (in diesem Band).
42 Kritisch: Luhmann, (Fn. 3), 15.
43 Nancy, Die herausgeforderte Gemeinschaft (2007), 18 ff.
44 Zum Modell Pilz: Mitchell, Komplexität (2007), 31.
594 Fabian Steinhauer

selnden Zuständen leben: als Population einzelliger Amöben oder als viel-
zelliger Organismus, der sich bei Nährstoffentzug durch Zusammenlage-
rung der Amöben bildet. Als soziale Formationen kann sich Theorie über
Aggregatzustände, in denen jeweils das Potential von Vereinzelung und Ver-
einheitlichung liegt, zerstreuen und in Stress-, Krisen- oder Mangelsitua-
tionen konzentriert anspannen. 45 Für die Kommunikation besteht Bedarf
nach einer rhetorischen Oberflächenspannung, einem energeitischen Wi-
derstand. Sie wird affiziert, stilisiert, akzentuiert und für ihre begriffliche
Kohärenz steht dabei ein Kontingent an Synonymen, Phrasierungen und
Wendungen parat. Zur Bewältigung endogener Unruhe stehen der Figu-
ration rhetorische Ökonomien und politische Strategien zur Verfügung,
mit deren ‚double talk‘ sie Eigentlichkeit und Uneigentlichkeit, Selbst- und
Fremdreferenzen tauschen und zwischen Gemeintem und Gesagtem fixie-
ren können. 46 Politik und Ökonomie kommen dann nicht nur im Fall von
Selbstsondierungsgesprächen der KSFS auf beiden Seiten der Medaille vor. 47
Das macht die Theorie nicht beliebig, es konturiert und vergegenwärtigt
sie in Plausibilitätszusammenhängen auch jenseits eines Evidenzmonopols,
souveränen Selbstbewusstseins, binären Codes und jenseits eines zentralen
Kommunikationsmediums. In rhetorischen Ereignissen ist eindeutig, gegen
was sich ‚normative Widerständigkeit‘ richtet, wie sich ‚Besitzstände‘ von
‚Bestandsschutz‘ und ‚Emanzipation‘ von ‚Privatautonomie‘ unterscheiden,
wann ‚Selbstorganisation‘ ein ökonomisches und ‚Flexibilität‘ ein politi-
sches Ideal ist und wie das Recht zu Normerzeugungen in Organisationen,
informellen Netzwerken und Prozessen der Standardisierung Haltung an-
nehmen soll. 48 In Russland dürften für Regelaggregate und Normakkumu-
lationen andere Zeiten herrschen als in Spanien. In rhetorischen Ereignissen
stellt sich das Selbst mit seiner begrenzten Übertragbarkeit immer ein. Das
liegt auch am bezeichenbaren Opfer. Opfer sind aber nicht durchgehend
dicht und die Matrix der Viktimisierung ist jenseits des rhetorischen Ereig-

45 Luhmann (Fn. 3), 14 übernimmt von Atlan, Entre le cristal et la fumée (1979) die Me-

tapher von „Kristall und Rauch“.


46 Fischer-Lescano (in diesem Band) und Teubner (Fn. 13), 21 zum internen Austausch

zwischen „Recht“ und „postmoderner Gesellschaft“ sowie zwischen „Gerechtigkeit“ und


„Kritische Systemtheorie“; melancholisch: Düttmann, Derrida und ich (2008), 162. Bei
Luhmann setzt die Reflexion beim re-entry an, so dass beim Austausch kein zweites Sys-
tem (und kein Tauschpartner) mehr vorkommt, sondern nur das eigene System. Der un-
bestimmte Ausgangszustand verwandelt sich dafür in einen imaginären Raum selbster-
zeugter Uneigenheit, Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 877. Im Hinblick auf ‚reflektierte
Autologie‘ weiter: „Das was unterschieden wird, kann nicht umgetauscht werden. Innen ist
niemals außen, vorher niemals nachher, ego niemals alter, obwohl die die nächste Beobachtung
(aber eben nur durch Aufwendung von Zeit) die Unterscheidung verschieben kann, so daß,
was vorher innen war, jetzt außen ist, usw.“ (1137).
47 „Die Leute sind sonderbar,“ sagt: Nancy, singulär plural sein (2004), 26.
48 Teubner (Fn. 13), 15.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 595

nisses anonym. 49 So leuchtet die Forderung der KSFS nach neuen Zugangs-
rechten und neuer Rechtskonnektivität schon auf den ersten Blick ein. Ob
aber – wie die KSFS vorschlägt – die ‚Ästhetik des Widerstandes‘ und der
Kampf gegen ‚verdinglichte Verhältnisse‘ die Herausforderung des reflexi-
ven Rechts sind, wenn es nach der kapitalen, schöpferischen Zerstörung
keinen Souverän, „keinen Herrscher mehr, keine Könige“ und nur noch das
„Bild des Märtyrers“ gibt, das ist zweifelhaft. 50 Zumindest kommen rhetori-
sche Ereignisse und juristische Strukturen bei allem Kontakt nie dauerhaft
zusammen. Die zukünftige Theorie des reflexiven Rechts gehört zu einer
Theorie der Schwebeteilchen und des schon lange Verdampften. Wenn sie re-
volutionär ist, dann ist sie meteorologisch, oder besser: meteoritisch. Es ist
nicht ausgeschlossen, dass sie kondensiert, konfirmiert, niederschlägt, sedi-
mentiert und Gründe des Rechts verfestigt. Das wäre nicht mehr ihre Zu-
kunft, sondern Teil ihrer Archäologie.

IV.
Auch unreine Rechtslehren haben Sehnsucht nach Selbstreinigung, reine
Rechtslehren ohnehin. Sie wollen beginnen, sich von verkehrten Ausgangs-
lagen lösen und den Punkt besetzen, von dem aus die Welt in den Griff zu
kriegen und notfalls auszuhebeln ist. Autoren sprechen Theorien und über
Theorien, die Recht sprechen und über Recht sprechen. Nicht nur Adomeit
und Ule wollen ausscheiden, was ihnen fremd und uneigen scheint. Nicht
nur Dimmel und Noll träumen vom juristischen Pfingsten. Das reflexive
Recht begann mit der Erzählung von einer „evolutionären Chance für ein
‚responsives Recht‘, in dem Recht als flexible lernfähige Institution erscheint,
die sensibel reagiert auf soziale Bedürfnisse und menschliche Aspirationen“. 51 In
welcher Zeitdimension sprach Teubner von der Chance? 52 Er wies auf das
49 Clam, Wie dicht sind Opfer? Zur Entscheidung der Frage nach dem Ort der Trans-

zendenz in heutiger Gesellschaft, ZFRSoz 29 (2008), 37 ff. (50) sieht Opfer exklusiv nur
durch die Religion, nicht durch das Recht „verdichtbar“; Mir scheint das Problem darin zu
liegen, dass gesellschaftliche Subsysteme und zerstreute Gemeinschaften über ein endoge-
nes Aufmerksamkeitsranking verfügen, so dass Pathos und Prosa des Opfers im Vergleich
aus der Spur geraten können; Teubner, Die anonyme Matrix. Menschenrechtsverletzung
durch „private“ transnationale Akteure, Der Staat 45 (2006), 161 ff.; kritisch, soweit der
„besondere Wunsch“ des Opfers zum „allgemeinen Gesetz“ gemacht werden soll: Ladeur
(Fn. 17), 119 („Dem Individuum bleibt keine andere Wahl, als der Negativität selbst Sinn ab-
zugewinnnen.“)
50 Taubes, Die politische Theologie des Paulus (2003), 96.
51 Teubner (Fn. 8), 13.
52 Teubner, (Fn. 8), 13 f. unter kritischer Schilderung von Nonet/ Selznick, Law an Sociatey

in Transition: Toward Responsive Law (1978) über die evolutionären Vorformen des
„repressiven“ und „autonomen“ Rechts. Erstes sei eine „relativ unentwickelte Form“, die „im
wesentlichen auf bloße Legitimation der Herrschaft und Aufrechterhaltung von Ordnung“ aus-
596 Fabian Steinhauer

Potenzielle der Entwicklungschancen hin 53, aber hatte sich reflexives Recht
nicht schon oft bewährt? War die Fähigkeit zur Anpassung nicht immer so
erstaunlich, wie die Fähigkeit, Exklusivität zu behaupten? 54 Diese Frage
geht wohl am Problem vorbei, weil sie sich im Erstaunen über die Gleich-
zeitigkeit von Anpassung und Exklusivität nicht auf die Plastizität der Ab-
stimmung und den evolutionären Aufbau des Grenzregimes zwischen Recht
und Gesellschaft einlässt. 55 Statt aber den evolutionären Verfaltungen von
Formalisierung und Materialisierung in der Reflexion nachzugehen, interes-
sieren wir uns noch einmal für die Punktualisierung der Selbstreferenz: Statt
das System von der Theorie zu unterscheiden, wollen wir einen ‚lustvollen‘
Augenblick im Gemeinsamen verweilen und die Dauerhaftigkeit simulie-
ren: Will man die Aktualität der Chance wahren, kann es trotz gängiger
Vorbehalte fein sein und akademischen Gepflogenheiten entsprechen, ‚ich‘
zu sagen, Setzungen mit ‚ich‘ zu beginnen, und die Selbstreferenz auf den
Punkt zu bringen. 56 Mit dem aktuellen Ansatz erzeugt man dann die erste
Lücke zwischen dem Sprechen und der Selbstreferenz des folgenden Dis-
kurses. 57 Im Akt der Selbstbezeichnung heben soziale Formationen mit
‚Ich‘ an, obwohl sich laufend das aus der Spur geratene Potential des ‚Ich-
spreche‘ und ‚Ich-denke‘ herausstellt. Die Probleme liegen dabei auch in he-
terarchischen Zeiten ‚tiefer‘: In der stotternden Rekursivität stößt nicht nur
die Unzugänglichkeit einer unmittelbaren Außenwelt auf die Unzugänglich-
keit einer geschlossenen Innenwelt. 58 Es kommt dennoch zum Kontakt und
im nächsten Augenblick kreuzen sich Außen und Innen, ohne dass die
Kreuzung als Hybrid, ‚Direktkontakt‘ oder ‚neue Gemeinschaft‘ hyposta-

gerichtet sei. Sie bringe durch eigene Instabilität eine stärker gegenüber der Politik ausdif-
ferenzierte Form autonomen Rechts hervor, in dem „Kontrolle von Macht und Integrität
des Rechts“ die vorherrschenden Orientierungen bildeten. Durch inner Widersprüche und
Krisen bildeten sich aber auch evolutionäre Chancen – die Teubner in Distanz zu Nonet/
Selznick als „Ko-Variation ‚interner‘ und ‚externer‘ Variablen“ konstruiert.
53 Teubner (Fn. 8), 51.
54 Teubner (Fn. 3) 84 ff. zu Konkretisierungen im Verfahrens- und Organisationsrecht.
55 Vgl. Schema bei Teubner (Fn. 8) 28 ff. zu dreifachen Typen und Dimensionen der Ra-

tionalität des modernen Rechts, die Kritik an Nonets und Selznicks politischer Engführung
sowie an ihrer isolierten Betrachtung rechtsinterner Entwicklung.
56 Luhmann (Fn. 3), 3; zu Vorbehalten: Düttmann, Derrida und Ich (2008), 9; zur Ge-

pflogenheit z. B. Krawietz, Juridische Kommunikation im modernen Rechtssystem in


rechtstheoretischer Perspektive, in: Brugger u. a., Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert
(2008), 181 ff.
57 Vesting (in diesem Band) beschreibt Ähnliches, nicht anhand von Theorieschöpfun-

gen, aber anhand politischer Gemeinschaften und origineller Verfassungsgaben. Er zeigt,


dass eine Beschreibung dieses Moments als originärem Akt eine Halbwahrheit ist, weil der
Akt kontingenter ‚Vor-anpassungen‘ bedarf und so auf glückliche Koinzidenz/gerechte Zu-
fälle angewiesen bleibt. Koinzidenz meint den ‚zufälligen‘ Kontakt von Äußerlichkeit und
Zusammenhang.
58 Luhmann, Haltlose Komplexität, in: Soziologische Aufklärung 5 (2005), 58.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 597

sierbar oder als ‚Wiedereintritt‘ ins System einhegbar wäre. Es berühren


sich nur heterogene Oberflächen und das Gesetz des Kontaktes ist die Tren-
nung. 59 Der Rückfall ins Äußerliche bleibt ebenso möglich, wie die solipsis-
tische Abdichtung. Die Selbstreinigung wird schon bald nach Wiederholung
oder Selbstentgiftung rufen. 60 Auf der Ebene eines ‚Grundrisses‘ der Theo-
rie ist nicht mehr drin als die Verdichtung, deren Geste lautet: Wenn ich
spreche, spricht eine Menge, die sich selbst enthält. 61 Wenn ich spreche,
dann spreche ich eine Menge und es nicht sicher, ob ich über eine Menge
spreche. 62 In Sondierungsbemühungen und rhetorischen Ereignissen stoßen
Theorieform und Darstellungsform an und aneinander. Dass sich Theorien
der Reflexion – oder persönlicher gesprochen, reflexive Theoretiker – nah
und fern stehen, ohne Ich oder Nicht-Ich verabsolutieren zu können, ist
kein Wunder. 63 Sie können sich nicht setzen und sie können nicht endlos
reflektieren. Sie oszillieren, wo sie auf den ersten und den verspäteten Blick
mit einer Stimme sprechen oder wo sie – wie Systemtheorie und Dekon-
struktion – mit verschiedenen Stimmen sprechen. 64 Die Oberflächenspan-
nung vibriert. Luhmann, der – wie Vesting sagt und wie Vesting selbst 65 – ein
starkes Selbstbewusstsein in seiner Schrift hatte, sagt z. B. nie ‚ich‘ und legt
die Möglichkeit doch der Systemtheorie zugrunde. 66 Derrida sagt laufend
ich, versucht aber, die „Unredlichkeit des mit dem Selbst beschäftigen Redens“
zu umgehen und sucht ein Bewusstsein, dass das Zwingende einer Richtung
zum Anderen hin ist und nicht eine „ewige Rückkehr zum Selbst“. 67 Zwei
andere Autoren (Karl-Heinz Ladeur und Ino Augsberg) sehen sprechendes
Ich oder sprechende Ichs eher als „Unterwerfung unter symbolische Ordnun-
gen“, danach als System konstituierendes Moment. 68 Wer von den beiden
das schließlich niedergeschrieben hat und von welchem Dritten die Idee
stammt, könnte gesagt werden. Es könnte auch gesagt werden, inwieweit

59 Nancy (Fn. 47), 25.


60 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 1 (1997), 14.
61 Luhmann, Selbstreflexion (Fn. 18), 421.
62 Derrida (Fn. 12), 17.
63 Zur Ordnungsform über Begriffsregister z. B. Luhmann (Fn. 23), 587 ff.; zur Ord-

nungsform über Personenregister Habermas, Faktizität und Geltung (1992), 661 ff.
64 Zu Luhmann und Derrida als exemplarischen Figuren der Selbstreflexion: Menke

(Fn. 17), 85.


65 Die Aussage über das Selbstbewusstsein von Luhmann habe ich von ihm nur münd-

lich. Das starke Selbstbewußtsein in der Schrift von Vesting macht sich an seinem Mut zu
„Vorbemerkungen“ und den Aussagen zum „Wahrheitskern“ der jüdisch-christlichen Über-
tragung fest.
66 Luhmann (Fn. 3) 2 f.; ders. (Fn. 24), 7 ff. Fuchs, Niklas Luhmann – beobachtet (2004)

ist keine Anomalie, sondern eine ganz normale Ironie.


67 Derrida, Adieu. Nachruf auf Emmanuel Levinas (1999), 10; Düttmann, Derrida und

Ich (2008), 12.


68 Augsberg/Ladeur, Die Funktion der Menschenwürde im Verfassungsstaat (2008), 23.

Alleine: Ladeur (Fn. 17), 119.


598 Fabian Steinhauer

Selbstorganisation in dieser Praxis konservativ, inwieweit sie revolutionär,


inwieweit sie traditionsgelöst ist, wer von den Dreien sich gewendet hat und
wer sich wendet. 69 Soweit das ‚Zuerst‘ und die Vorgängigkeit der konsti-
tutiven Quelle in der Reflexion aber keinen Halt und keinen Grund hat,
kann man das nicht sagen. 70 Soweit man sich diesbezüglich enthält und die
Quellenmetapher durch eine Wirbelmetapher (‚Homöostase/ -dynamik‘) er-
setzt, gibt das den Blick frei auf eine rhetorische Einstellung, und die gibt
den Blick frei auf die verweigerte Ursprünglichkeit. Was überstürzten und
verspäteten Blicken als eins erscheint, ist zur rechten Zeit in der Tiefe der
Oszillation nachvollziehbar. Dafür kommt diese rechte Zeit im rhetorischen
Ereignis nie zur Oberfläche, sie entgleitet. 71

V.
Die ‚Widerstände der Systemtheorie‘ legen eine Beschäftigung mit Ober-
flächenspannungen, energeitischen Widerständen, einstellenden Ökono-
mien und Strategien nahe. 72 Es muss mit Tropen, Tropfen und Tröpfen ge-
rechnet werden. Es muss Sinn dafür entwickelt werden, dass Rechtstheorie
in einer gewitzten Gesellschaft so präzise kommuniziert wird wie Recht. 73
Sollen Theorien nicht nur der Leidenschaft ihres Souveräns genügen, müs-
sen sie sich gegenüber gesellschaftlichen Erwartungen vielfältiger Gerechtig-
keit und iterativ konditioniert satirisch und ernst, als Tragödie und Farce, in
niedrigeren und höheren Lagen wiederholen können und wiederholen kön-
nen müssen. 74 Ihr Kern treibt früher oder später Blüten. 75 Sowenig der Rich-
ter Mund des Gesetzgebers ist, sowenig sind Theoretiker Mund der Theo-

69 Vgl. Luhmann, Macht (2002), 18.


70 Sonst: Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 883; vgl. Fn. 23
71 Zumbansen (Fn. 17)
72 Koschorke, Die Grenzen des Systems und die Rhetorik der Systemtheorie, in: ders./

Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie(1999), 49 ff.; Vesting (in diesem Band –
Fn. 53) mit einer Kritik an Luhamms ‚blutleerer‘ Kommunikation, allerdings auch mit Hin-
weisen darauf, dass sich in Zeiten des Buchdrucks die rhetorischen Bedingungen margina-
lisiert hätten; zum Blut im Buch siehe wiederum Fischer-Lescano (Fn. 33), 11; zurückhal-
tend: Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 1134
73 Nüchtern Vesting (in diesem Band): „Jede wissenschaftliche Begriffsbildung muss ein

‚gemeinsames Wissen‘ voraussetzen, wenn die Verständigung über Begriffe möglich sein soll“,
der „etablierte Gebrauch“, von dem Vesting spricht, kann dann freilich im Etablissement
verkommen. Zum entsprechenden Risiko zwischen Konsens und Nonsens u. a. Luhmann,
Gesellschaft (Fn. 18), 874 f.; Ziegert (Fn. 32), 95 f.
74 Im Hinblick auf kleine Ereignisse: Weitin, Der Geschmack des Gerichts. Zur Urteils-

problematik in Heinrich von Kleists Der zerbrochene Krug, in: Vismann/Weitin (Hg.), Ur-
teilen/Entscheiden (2006), 217 ff. (218 f.); im Hinblick auf große: Marx, Der achtzehnte
Brumaire des Louis Bonaparte (2007); Stäheli (Fn. 37), 222.
75 Buckel u. a. (Fn. 36).
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 599

rie. Das schleift zwar die Präzision, die ein Theoretiker im manifestierten
Text entwickeln kann, ab. Es ist aber Teil eines Geschehens, dass eventuell
dafür sorgt, dass die Reflexion in laufenden Theorietransmissionen weder
implodiert noch explodiert, sich weder im reinen Solipsismus konzentriert
(Deflation, Selbstblockade) noch im antizipierten Interpretationsgehorsam
(Inflation, Expansion) verliert. 76 Wenn die „Resonanzkatastrophe“ ausbleibt,
ist das dann zuallererst ein Glück für die reflexive Theorie – vielleicht auch
für ihre Umwelt. 77 Muss und kann eine Theorie unter diesen Bedingungen
das, was sie sagt, mit dem, was sie über sich selbst sagt, noch zu Deckung
bringen? 78 Wenn man so fragt, dann wirft man einen überstürzten oder ver-
späteten Blick auf Theorielandschaften. Luhmann zum Beispiel legt im An-
satz fest, er versuchte gar nicht erst, Theorieform und Darstellungsform zu
Deckung zu bringen, als wolle er garantieren, dass sich beides auseinander
halten ließe. 79 Stäheli sieht in Luhmanns Unterscheidung zwischen Beob-
achtung und Operation eine Versicherung, dass Selbstbeschreibungen das
von ihnen Beobachtete nicht konstitutiv affiziere. 80 Insgesamt kann man
Luhmanns Werk ‚blutleerer Kommunikation‘ als ein Bestandteil komplexen
Reinigungsbegehrens betrachten. 81 Luhmann glaubte dabei nur begrenzt,
durch Begriffstaufen Präfigurationen und alteuropäischen Verstrickungen
entgehen zu können – 1984 noch mehr als 1997. 82 Dagegen versprach Der-
rida immerhin über die differánce hinaus die schwache Kraft einer Theorie,
die sich vom Kommenden affizieren lässt. Kreuzungen, Kontakte und die
Teubner-Ausgabe ihres theoretischen Treffens konnten beide nicht vermei-
den. 83 Weil sich in den Texten der ‚Bibliotheca Teubneriana‘ auch das ereig-
net, wovon sie sprechen, und ihr Sinn zusammenbricht (Stäheli), ist man,

76 „Sprengkraft“ prägt Lepsius (Fn. 12), 46 f.


77 ‚Resonanzkatastrophe‘ prägt: Teubner (Fn. 3), 127
78 Richtig skeptisch Jestaedt (Fn. 18), 8 ff.
79 So, beinahe spiegelverkehrt zu Alexy (Fn. 5), Luhmann (Fn. 24), 14.
80 Stäheli (Fn. 23), 315 ff; Teubner (Fn. 7), 208 spricht von einer Resistenz gegenüber der

Dekonstruktion, die darin liege, dass Sozialsysteme die Differenz von Operation und
Selbstbeobachtung fest institutionalisieren könnten.
81 Lüdemann, Beobachtungsverhältnisse. Zur (Kunst-)Geschichte der Beobachtung

zweiter Ordnung, in: Koschorke/Vismann (Hg.), Widerstände der Systemtheorie (1999),


63 ff. (71).
82 Zur neuen Begrifflichkeit: Luhmann (Fn. 24), 7 ff; zum begrenzt haltbaren Distanz-

gewinn: ders. (Fn. 3), 2; zur Lässigkeit: ders. (Fn. 18), 884/1135. Für das Zwischendurch
aufschlussreich der Glaube an die Unterscheidbarkeit von Fish: Luhmann (Fn. 23), 499 –
sowenig wie Fish nur an individuelle Möglichkeiten denkt, denkt Luhmann nur an soziale
Systeme. Der eine ist als Umstülpung des Anderen denkbar; zum ‚Umstülpen‘: Vismann,
Das Gesetz ‚ DER Dekonstruktion‘, Rechtshistorisches Journal 11 (1993), 250 ff.
83 Teubner (Fn. 7), 206 ff. zu Derridas Alpträumen und Luhmann’schen Theorietaufen,

die in der strikten Unterscheidung Kommunikation/Bewusstsein; Gesellschaft/ Individuum;


Außen/ Innen und Sinnsystem/Sinnsystem lägen. Selbstquälerischer die Daueroszillation in
Teubner (Fn. 13).
600 Fabian Steinhauer

auch wenn man mit analytischem Instrumenten ausgestattet ist, Theorie


und Display unterscheiden kann, in entscheidenden Momenten noch nicht
viel weiter als Parmenides, dessen Behausung es erlaubte, vor unentschiede-
nen Methoden zu warnen und die Aporie von Sein und Nichtsein auch für
Hamlet einzuführen. Die Reflexion, deren Name ‚reflexives Recht‘ ist, hat
einen „Übergang, der immer ein Sprung sein muss“. 84 Reflexion tönt dann als
göttlich stotternde Bauchrednerstimme, sie schreibt stockend theomorph,
offenbart und vertraut blind. Ihr Heim ist ihre Selbstverständlichkeit, ein
geklärter, lokaler Bezirk. Man könnte in den Jargon der Eigentlichkeit fal-
len, wäre der nicht selbst episodisch und voller endogener Unruhe. Wenn
Selbstverständlichkeit eine Immobilie ist, dann kann man nur hoffen, dass
sie sich sicher finanziert und dass der hermeneutische Zirkel nicht zur Blase
gerät, die irgendwann platzt. Auch wenn das kein Rat ist: die Ausführungen
zur rhetorischen Geste reflexiven Rechts sollen ein lässiges Verhältnis zwi-
schen Subjekt und Konvention wahren. 85 Auch ohne „das alte Rationalitäts-
kontinuum von Sein und Denken“ und auch nach den Zeiten, „in denen man
sich [noch] die Figur eines cosmotheoreos, eines Betrachters der Welt vorstellen
konnte“ 86, ist man auf Kontiguität angewiesen. 87 Man ist nach der Umstel-
lung von Identität auf Differenz und von tradiertem Sprechen auf Iteration
auf Kontakt angewiesen – oder sollte ihn einkalkulieren. Bevor es dann
dämmert, muss man Klarheit schaffen. So sind es zeitlose Konditionen, die
für verdammten Zeitdruck sorgen. 88

VI.
Bis jetzt Theorie und Gesten. Versuchen wir zum reflexiven Recht selbst
zu kommen, indem wir in der Sache referieren. So unbekannt, wie Luh-
mann 1985 festhielt, ist ‚Reflexion‘ in der Rechtswissenschaft nicht mehr,
auch wenn die Suche in den Registern meist erfolglos bleibt. 89 Die deutsch-
sprachige Rechtswissenschaft hält nachromantisch ein Set an Begriffen parat:
‚reflexiv‘, ‚Reflexivität‘ und ‚Reflexion‘. Mal werden die Begriffe unbestimm-
ter, mal bestimmter verwendet. 90 Wo der Begriff unbestimmter verwendet

84 Schlegel, Jugendschriften, wiederholt bei Benjamin, Der Begriff der Kunstkritik in der

deutschen Romantik, in: Gesammelte Schriften Bd. I 1, 8–122 (27).


85 Mann, (Fn. 15), 72.
86 Vesting (in diesem Band) unter Wiederholung von Nancy, Die Erschaffung der Welt

oder die Globalisierung, 2003, 33.


87 Nancy (Fn 47), 11.
88 Mann (Fn. 15), 70.
89 Luhmann (Fn. 3), 2.
90 Knapp: Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (1991), IX ; weiter: Scherzberg,

Risikosteuerung durch Verwaltungsrecht: Ermöglichung oder Begrenzung von Innovation,


VVDStRL 63 (2003), 214 ff. (222) als Fähigkeit zur „Antizipation eigener Wirkung“; zugleich
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 601

wird, leitet er ohne Widerstand in seine Kontexte über, wie bei Poscher, der
seinen Begriffsgebrauch als „trivial “ bezeichnet, Reflexion als Konzept von
„Normen über Normen“ definiert, aber zugleich über eine untriviale und
detaillierte Dogmatik von Grundrechten als Abwehrrechten prägt. 91 Zur
Dichtung gelangt der Begriff über Abkürzungen oder Umwege. Es findet
sich das an reicher Begriffsgeschichte hängende Verständnis, in dem Refle-
xion eine Wahrnehmungsqualität, ein Kombinat aus Ästhetik und juridi-
scher Rationalität sei. ‚Bedachte‘, ‚rücksichtsvolle‘ oder ‚bewusste Wahrneh-
mung‘, ‚Besonnenheit‘ oder ‚Innehalten‘ wären unscharfe Übersetzungen
der wenig elaborierten Verwendung in einer Reihe von juristischen Texten. 92
Es findet sich in der juristischen Literatur ein Verständnis, in der Reflexion
als ein institutionalisiertes ‚Über-Denken‘, als eine ‚Über-Regel‘ oder als
kombiniertes ‚Über-Regeldenken‘ aufscheint. Sie soll über kritischen Selbst-
bezug die Wahrnehmung des Rechts filtern und die Qualität seiner Gründe
sicherstellen. 93 Gekoppelt mit dem Stufenbau des Rechts wird Reflexion in
eine Position gebracht, mit der festgestellt wird, dass ihr Produkt verdichtete
Normativität – im Sinne von abgedichteter, konzentrierter, geklärter Nor-
mativität, nicht im Sinne eines aus der Spur geratenen Sprechens – ist. Die
Reflexion scheidet dann aus, was nicht zur Normativität des Rechts gehört.
Es fällt auf, dass ‚reflexives Verfassungsrecht‘, aber in der Regel kein ‚refle-
xives einfaches Recht‘ angeboten wird. 94 Erst in internationalen und globalen
Zusammenhängen findet die reflexive Verfassung Konkurrenz: In Susanne
Baers „reflexiver Methode“ der Verfassungsvergleichung wird, wie in anderen
internationalen Kontexten, der Beobachterstandpunkt vervielfältigt. 95 Der

(260): „Wird das Recht reflexiv, wird die Rechtswissenschaft zur Steuerungswissenschaft.“; Als
„Selbstvergewisserung“, die außerhalb des Systems auch zum Alltag gehört: Ernst, Gelehrtes
Recht, in: Engel/Schön (Hg.), Das Proprium des Rechts (2008), 3 ff. (24); als Gegenüberstel-
lung zwischen ‚dogmatisch‘ ./. ‚mehr reflexiv‘: Morlok, Der Text hinter dem Text. Intertextua-
lität im Recht, in: Blankennagel u. a. (Hg.), Verfassung im Diskurs der Welt (2004), 93 ff. (95).
91 Poscher (Fn. 27), 101 ff.
92 Bender, Zäsurenzeit. Reflexionen zur Tarifautonomie, in: Kiesow u. a. (Hg), Summa

(2005), 1 ff.
93 Optimistisch: Alexy (Fn. 5), 11 f.; nüchtern zur Selbstlimitierung: Depenheuer, Recht

und Tabu (2003), 8.


94 Vgl. Fn. 27.
95 Baer (Fn. 27), 756 f., versteht die reflexive Methode des Vergleichs im „dialogischen,

selbstkritischen Lernen“, mit dem Fremdheiten offen zu legen und ein Wechselspiel aus
Fremdheit und vertrauter Erkenntnis auszuhalten sei; Bast (Fn. 27), 57 spricht (‚Vertrag
über eine Verfassung für Europa‘) von einer „reflexiven Verfassung, die normative Anforde-
rungen an sich selbst formuliert, ohne ihnen in allen ihren Bestimmungen schon gerecht zu wer-
den,“ und nennt beispielhaft abweichende Ausgestaltungen, wie z. B. die europäische Wäh-
rungspolitik mit ihren Abweichungen vom Normalfall der Gemeinschaftsmethode, das
Einstimmigkeitserfordernis bei Flexibilitätsklauseln (Art. I – 19 VVE ), sowie provisorische
Zukunftsregimes, in denen der Verfassungsgeber sich selbst adressiere wie z. B. die Passa-
relle (Art. IV – 444; III -210 Abs. 3 VVE ).
602 Fabian Steinhauer

zentrale Bezugspunkt des Selbst vervielfältigt sich. Statt des ‚Vanishing


Points‘ systemischer Zentralperspektive entsteht in der Vervielfältigung der
lokalen Bezugspunkte ein ‚Vanishing-Pointilismus‘. 96 Reflexion als Form
der Konzentration oder normativen Abdichtung zu deuten, dürfte so schwie-
rig sein. Der reflexive Vergleich, dessen eingebildetes Drittes die Globalisie-
rung selbst ist, ist eine dezentrale Oszillation zwischen unzähligen lokalen
Bezügen. Das alles sind aber spekulative Beschreibung von Rechtstheorien,
Methoden und Dogmatiken, die Begriffe wie ‚Reflexion‘ und ‚Reflexivität‘
explizit weder näher noch weiter entfalten.

VII.
Ich unterstelle, dass es eine genetische Bruchlinie zwischen den ‚trivialen‘
Reflexionstheorien und dem Kernlager der ‚reflexiven Theorie‘, das an das
Paradigma der Selbstreferenz und der Autopoiesis anschließt gibt. 97 „Von
reflexivem Recht sollte man also dann und nur dann sprechen, wenn das
Rechtssystem sich als ein autopoietisches System in einer Welt von autopoieti-
schen Systemen identifiziert und daraus operative Konsequenzen zieht“ fordert
Teubner. 98 Danach wird die Konsequenz als Modellierung „internalisierter
Externalität“ beschrieben, bei der Selbst- und Fremdreferenz „verbunden“
werden und die „Außenseite der Innenseite auf der Innenseite des Rechts“ the-
matisiert wird. 99 Im Hinblick auf die operativen Schlüsse entwickelt sich
eine erste Distanz: ‚Reflexives Recht‘ soll nicht als Argument für besseres
Recht herhalten und dogmatische Entwicklungen nicht für theoretisch plan-
bar halten: die Handhabbarkeit des reflexiven Rechts ist einer zentralen
Instanz enteignet.100 Für diese genetische Bruchlinie gibt es wegen der
anfänglichen Distanzierungen und Enteignungen auch keinen ‚richtigen‘
historischen Zeitpunkt: Zu diachronisch organisiert sind die verschiedenen
Poetiken, Theorien, Philosophien und reflexiven Mechanismen. Der Hin-
weis auf die genetische Bruchlinie ist darum eine Unterstellung, die im
Übergang den Sprung der Reflexion nachvollziehen muss und so Ge-
schichte exemplarisch werden lässt. Das Kernlager der reflexiven Theorie
trifft schließlich nicht nur Aussagen über sein eigenes Recht, sondern über
auch über jenes Recht, in dem trivial und unter Missachtung der ‚Teubner-

96 Die erste Metapher prägt: Lauterpacht, The Problem of the Revision of the Law of

War, British Yearbook of International Law 29 (1952), 360 ff. (382); zum entsprechenden
Problem in der Systemtheorie Lüdemann (Fn. 81), 63 f.
97 Problematisch: Menke (Fn. 17), 81 zur historischen Verortung.
98 Teubner (Fn. 3), 87.
99 Wielsch, Freiheit und Funktion: Zur Struktur- und Theoriegeschichte des Rechts der

Wirtschaftsgesellschaft (2001), 18; Amstutz (Fn. 30), 54.


100 Mit unterschiedlicher Gewichtung: Luhmann (Fn. 3), 17; Teubner (Fn. 3), 96.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 603

Doktrin‘ mit dem Konzept hantiert wird, das insofern aus einem anderen
Zeitalter stammt. ‚Sprunghaft reflexiv‘ versucht Luhmann, durch Begriffs-
bestimmungen und Idiosynkrasien dem Horizont der eigenen Zeit zu ent-
gehen, und er stellt wiederholt dabei fest, dass sie eine Konditionierung ist,
von denen sich die Gesellschaftstheorie nicht ausnehmen kann.101 Der
Sprung der Unterstellung soll also die vielschichtige Verfaltung der Bruch-
linie nicht leugnen: Mit harter Systemgrenze verwendet Luhmann ein Set
weiter differenzierter Begriffe. Neben den drei oben genannten Begriffen
kennt er ‚Reflexion-in-sich‘ 102 ‚Reflexion zweiter Stufe (Reflexion der Refle-
xion)‘ 103, ‚Reflexionstheorie‘ ‚reflexive Mechanismen‘, ‚Selbstbeschreibung‘,
‚Selbstbeobachtung‘ 104 und ‚Selbstreflexion‘, die sich auf vielfältige Grenzen
des Selbst einstellen sollen und mit denen das Gesetz der Autopoiesis viel-
stimmig, erweitert und dezentriert wird. Neben der Rechtstheorie, die Luh-
mann als einen systeminternen Bereich der Selbstbeschreibung und Selbst-
reflexion versteht, gibt es reflexive Mechanismen wie die Regeln über
Gesetzgebungsverfahren oder das subjektive Recht 105. Hinzu kommt, dass
in Luhmanns Begriff der Kommunikation die Annahme eines reflexiven
Selbstbezuges eingebaut ist und Kommunikation danach immer auch kom-
muniziert, dass sie kommuniziert.106 Weil Luhmann die Begriffe in ihren
Abstufungen nicht synonym verwendet, und in seinem Begriff der Reflexi-
vität Verschiebungen feststellbar sind 107, vervielfältigen und zerklüften sich
schon im eigenen Entwurf die ‚einigen Probleme‘ des reflexiven Rechts, in
dem Maße, in dem sich die Bezugspunkte vervielfältigen.108 Wenn die Me-
tapher des Spiegels passen soll, dann es ist ein vielfach facettierter Spiegel.109

101 Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 1132.


102 Luhmann, Gesellschaft (Fn. 18), 855; die Formulierung prägt Hegel, Enzyklopädie
der philosophischen Wissenschaften Bd. I (1986), § 113.
103 Luhmann, ebd.
104 Zur Unterscheidung von Selbstbeschreibung und -beobachtung Luhmann, Die Poli-

tik der Gesellschaft (2000), 320 ff.


105 Luhmann, Subjektive Rechte: Zum Umbau des Rechtsbewußtseins für die moderne

Gesellschaft, in: Gesellschaftsstruktur und Semantik Bd, 2 (1993), 45 ff. (66); Menke (Fn.
17); kritisch: Ladeur (Fn. 17).
106 Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd. 1 (1997), 14.
107 Terminologisch unterschieden: Luhmann (Fn. 24), 600 ff. (Reflexivität: Prozess auf

Grundlage der Unterscheidung Vorher/Nachher; Reflexion: Operation auf Grundlage der Un-
terscheidung System/Umwelt); ders. Reflexive Mechanismen, in. Soziologische Aufklärung 1
(2005), 116 ff. (Reflexivität: Vermittlung durch gleiche Akte; Reflexion: Vermittlung durch das
handelnde System); ohne terminologische Unterscheidung ders. (Fn. 3).
108 Ziegert (Fn. 32), 99 ff. zum „Babylon“ globaler Reflexionstheorien jenseits des inter-

nen Luhmannschen Entwurfes und zur Tragfähigkeit des Konzepts im Luhmannschen Jen-
seits.
109 Die Abstufungen sind nicht instanziell nummerierbar oder teleologisch schichtbar,

und in einem historisch/evolutionärem Aufbau zu „exzentrischem Selbstbezug“ ist die Ord-


nung zeitlich nicht fassbar. Das nähme das der Suchbewegung nicht nur die Zeitlosigkeit,
sondern auch den Zeitdruck; dazu: Menke, Spiegelung der Gleichheit (2004), 208 ff.
604 Fabian Steinhauer

Luhmann spricht von ‚barocker Logik‘.110 Und er teilt damit die Probleme,
die seine Wissenschaftsumwelt in ihrem lockeren und trivialen Umgang mit
einer reichen Begriffsgeschichte hat: Zwischen ihm und ihr steht eine baro-
cke Fassade – die man nicht ignorieren kann.111 In Luhmanns eigenem ‚Va-
nishing-Pointilismus‘ wird erkennbar, wie weit entfernt Luhmann – bei aller
Nähe – von einem ‚Quasi-Autopoieten‘ wie Kelsen ist. Auf einen Punkt,
geschweige denn einen archimedischen Punkt, lässt sich Autopoiesis nicht
bringen; die Vergleiche zwischen Code, Grundnorm und archimedischem
Punkte produziert Analogien, die knapp vorbei und doch daneben sind.
Schon wenn Luhmann ‚Selbstreflexion‘ auf eine Absonderung innerhalb der
Rechtswissenschaft bezog, auf eine „Theorie des Systems im System“ und
damit einen von der Dogmatik getrennten Bereich der Rechtswissenschaft
meinte, machte die Formulierung die genetische Bruchlinie zwischen der
‚(Theorie des Systems) im System‘ und der ‚Theorie des (Systems im Sys-
tem)‘ doppelbödig.112 Der Beobachter sitzt auf mehreren Systemgrenzen
zwischen System, Subsystem und ‚Metasystem‘.113 Zwischen Reflexion
(Systemidentität) und Reflexivität (Prozeßidentität) entsteht ein Sprung, der
nicht in der Zeit und nicht im System ist. Reflexion und Reflexivität über-
lappen, aber fusionieren nicht, wenn das System auf ein „Selbstverhältnis
angewiesen ist, das sich in der Reflexion nicht voll erfassen lässt, weil es alle
Reflexionen selbst durchführen, also immer schon in Gang sein und in Gang
bleiben muss.“ Die Rechtstheorie, die „der Organisation des Rechtssystems
verpflichtet“ ist und die Jurisprudenz, die eine vom „ausdifferenzierten
Rechtssystem versklavte Reflexionstheorie“ ist 114, stiften – so die These Luh-
manns – blinde Flecken und „entfaltungsfähige Paradoxien“ und damit: Un-
ruhe und Wanderer-Fantasien.115

VIII.
Luhmanns Dreier – die binäre Codierung, die operative Geschlossenheit
und die Funktion –, können sie dafür sorgen, dass sich bei allen Einspeisun-
gen die große Furche der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung von den

110 Luhmann (Fn. 3). Die unaufhörliche Bildung von Falten ist die operative Funktion

und das Charakteristikum des Barock, Deleuze, Die Falte. Leibnitz und der Barock (2000),
11 ff.
111 Näher: Schmidt, Die Differenz der Beobachtung: Einführende Bemerkungen zur

Luhmann-Rezeption, in: de Berg/ Schmidt (Hg.), Rezeption und Reflexion: Zur Resonanz
der Systemtheorie Niklas Luhmanns außerhalb der Soziologie (2000), 8 ff.
112 Zur historischen Differenzierung: Ziegert (Fn. 32), 97 ff.
113 ‚Metasystem‘ taucht bei Luhmann nicht auf; zum – aus der Sicht des Subsystems na-

heliegenden – Konzept: Renner, Luhmanns Gerechtigkeit (i.E.).


114 Ziegert (Fn. 32), 96/101.
115 Luhmann (Fn. 23), 500.
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 605

kleinen Vibrationen rhetorischer Oberflächenspannung und ökologischer


Programmierung unterscheidet? Scheiden die drei Amplifikation von Refle-
xion? Die Überlegungen richten sich – insbesondere bei Teubner – auf
Abstimmungen, die das Recht sensibel halten sollen, ohne es zum ‚High
Fidelity Amplifier‘ verkommen zu lassen. Die Ideen des Rechtscodes, der
operativen Geschlossenheit und der funktionalen Differenzierung pflegen
das Phantasma eines Bezuges, der zu sich selbst zurückkehren kann, und sei
es nur, um von dort aus sich um ungeklärte Konnektivität mit dem Anderen
des Rechts zu sorgen. In den Konzepten des reflexiven Rechts treiben die
Drei die Eigenheiten des Rechts in nervösen Suchbewegungen zusammen.
Ihre Pathologie steigert die Selbstbeobachtung eines enthüllten oder (Kon-
travalenz) entkernten Rechts. Mit allen drei Ideen sind weiter reichende
Konzepte über die Verknüpfung von Code und Programm, über die interne
Konsistenz juridischer Kommunikation und über eine größere Plastizität
von Reflexionsstrukturen verbunden, die aber die Gretchenfrage nach der
Verschachtelung von Recht und Gesellschaft eigentümlich-eigenschaftsfrei
weiter reichen. Quid tum?
1. Teubner insistiert – wenn auch mit wechselnder Zurückhaltung – dass
das Verhältnis zwischen formaler Bindung, Medien der Materialisierung
und prozeduralen Einspeisungsfiltern die Membran des Rechts schützen
und gesellschaftliche Aspirationen transfigurieren, zu: systeminternen Re-
konstruktionen. Ist es eine Überraschung, dass eine Theorie, die in ersten
und verspäteten Blicken, nie aber zur rechten Zeit fassbar ist, und die Zeit-
losigkeit in Zeitdruck verwandelt, auf die simultanen Sekunden setzt, an de-
nen Gesellschaft und Individuum, Recht und Gesellschaft sich wechselseitig
kontaktieren? Ausgerechnet die Gleichzeitigkeit, der Moment und die ent-
scheidende Simultanität ist in Teubners Konzeption der Maßstab richtiger
Kontakte: Reflexion kommt im Reflex kurz zu sich. Von Direktkontakt ist
bei Teubner keine Rede, aber von Kontakt auf der Basis von simultanem
Sinn und gleichzeitigem kommunikativen Ereignissen. Statt Metaphysik der
Präsenz: Termine? Statt Terminen: juristische Sekunden? Wenn die Theorie
des reflexiven Recht sich stabilisiert, dann, weil es Bedarf nach einer Klärung
der knappen Zeit gibt, in der das Recht operiert. Zeitschriften hat die
Rechtswissenschaft schon länger zugelassen: ihre journalistischen Zweige
möchte sie nicht so recht weitertreiben, groß ist die Scheu vor den „Partisa-
nen des Augenblicks“(Kiesow). Aber: warum eigentlich nicht?
2. Die Entwicklung der Theorie des reflexiven Rechts steht in einer Tra-
dition, in der das Verhältnis des Rechts zu seiner Umwelt exemplarisch an-
hand des Verhältnisses zu dem und denen gedacht wird, das und die sich
seiner (ökonomisch oder politisch) bemächtigen wollen. Das Risiko der Re-
flexivität wird vor allem in der Verwechselbarkeit von Sensibilität und He-
gemonie gesehen. Im Ansatz hat Teubner die Engführung des Verhältnisses
zwischen Recht und Politik bei Nonet/Selznick kritisiert. Es ist nicht einfach,
606 Fabian Steinhauer

dieser Logik der Engführung zu entgehen. In einigen Figuren des sozialen


Konstitutionalismus wirken die Leitmotive nach. ‚Expansion‘, ‚Kannibalisie-
rung‘, ‚Korruption‘ deuten auf Sorgen postpolitischer oder postökonomi-
scher Verhältnisse, die (sich) so fixieren, wie das Kaninchen die und vor der
Schlange. Es gibt auch im reflexiven Recht transitive und intransitive Mo-
mente. Auf seltsame Art und Weise erleben Adressen der Repräsentation im
intersystemischen Kollisionsrecht eine Renaissance, weil die Figuren vor
Gericht zu Repräsentanten gesellschaftlicher Subsysteme werden. So hat
Teubner die Gedanken zum reflexiven Recht über die aus dem Verhältnis
Recht-Politik stammende Figur der ‚Verfassung‘ auf ein allgemeines inter-
systemisches Kollisionsrecht weiterentwickelt. Es ist kein Zufall, dass die
KSFS diesen Zweig aufgreift, obwohl sie an der Unterscheidung zwischen
Sensibilität und Hegemonie weniger interessiert ist und ihr Rückgriff auf die
‚colère publique‘ Figuren, Leidenschaften und Sorgen des Souveräns auf-
greift: so ist das mit fixierten Sorgen. In seiner APO Phase, zerstreuten Kon-
stitution und zerknitterten Grenzverfaltung trifft das ‚reflexive Recht‘ aber
noch auf andere Herausforderungen. Ihr eigenes Risiko liegt in der Ent-
wicklung einer ‚verkehrten Rechtsquellenlehre‘ in der vorausgesetzt wird,
dass man sich noch Sorgen um das Ökonomische, Politische, Religiöse und
Künstlerische des Rechts machen könne. Immerhin kann man den Glauben
an die Transzendierbarkeit zwischen Klagemauer und Wall Street überall tref-
fen, egal ob man ostwärts oder westwärts fliegt und dabei lieber der Abend-
oder Morgendämmerung begegnen möchte. Immer steht man dieseits/
jenseits der Mauer. Aussonderung, Einkreisungen, Teilhabe, Widerstände,
Nachahmung, Spektakel, Spekulation, Verknappung und Kluft finden sich
in allen Ecken gesellschaftlicher Differenzierung, ebenso wie Tausch, Stabi-
lisierung, Konzentration, Verzögerung und ihre Gegenteile. Alles ist in der
Globalisierung erfasst, kreuzt sich und verzehrt. Die Adressen verrutschen.
Die selbstreferentielle Gerechtigkeitssemantik ‚made in law‘ hat bis heute
auch ohne feudale Außenwelt eine ‚high fidelity‘ Innenwelt entwickeln kön-
nen. Kann man sich aber jenseits funktionaler Differenzierung weiter auf die
Systemloyalität der Teilnehmer verlassen, oder ist die Rekursion auf interne
Kohärenz die Bewegung eines großen Schleiermachers? Und mit welchem
Recht spricht man in einer Welt ohne archimedischen Punkt noch von Ab-
weichung?
3. Anders als der Tod kann Differenzierung auf ein Beiwort verzichten:
Sie ist eigenschaftsfrei. Hier funktional, dort sektoriell, eben stratifikatorisch,
gleich namenlos. Die Theorie des reflexiven Rechts … macht da nichts. Sie
kann Differenzierungen nicht leugnen und sich nicht mit ihnen begnügen.
Der Sündenfall der Ausdifferenzierung kann nicht zurückgenommen, hof-
fentlich aber verziehen werden. Der Sündenfall der Korruption kann nicht
zurückgenommen, hoffentlich aber verziehen werden. Einstweilen spricht
man unbekümmert von ‚Sachwerten‘, ‚Sicherheitsdiensten‘, ‚market-state‘
Uneinige Probleme mit reflexivem Recht 607

‚Zivilverfassung‘ ‚Kunstmarkt‘ und ‚soziologischer Jurisprudenz‘, als wären das


nicht haltlose Kreuzungen, die mangels Hypostase nur spekulativ als Hy-
brid und ebenso spekulativ als Fragment bezeichnet werden können. Nega-
tive Ökonomie, Politik, Theologie oder Rechtswissenschaft könnte noch als
Krise beschrieben und in Griff bekommen werden. Aktuelle Zeiten stehen
aber unter Druck, weil sie im Mangel an Außenwelt nicht ans ‚Nichts‘ ge-
raten. Sie geraten an Dinge, die aus der Spur gelaufen und in Felder, die ver-
spurt sind. Innerhalb des Recht: verkehrte Ausgangslagen. Außerhalb: dito.
Auf der Suche nach der unverbrauchten Zeit und in eigenschaftsfreien Dif-
ferenzen erfasst die Reproduktion des Rechts eine seltsame Ähnlichkeits-
unruhe, die als Fragmentierung oder Hybridisierung diagnostiziert werden
kann. Die Diagnose gibt aber nur Auskünfte, ob der Beobachter sich in
Z(uk)ünfte ein- oder ausschließt. Das Recht in Stücken, in Stücken … das
Recht. Wachten wir morgen früh ohne Recht auf, wir merkten es nicht. Ob
das ein Albtraum ist?
608 Fabian Steinhauer
Politische Verfassung?
Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff und
seine systemtheoretische Rekonstruktion

Thomas Vesting

I. Vorbemerkung zum epistemologischen Status


des Verfassungsbegriffs
Jede wissenschaftliche Begriffsbildung muss ein „gemeinsames Wissen“ vo-
raussetzen, wenn die Verständigung über Begriffe möglich sein soll. Auch
eine konstruktivistische Epistemologie, die die Kontingenz allen Wissens
betont und seine Abhängigkeit von einem unterscheidungsgebundenen
Denken, kann auf gemeinsames Wissen, etwa in Form eines etablierten öf-
fentlichen Sprachgebrauchs, nicht verzichten. Der unmittelbare Zugang zu
einer den Unterscheidungen vorausliegenden „Außenwelt“ wird in dieser
Perspektive ausgeschlossen,1 aber nur in dem Sinn, dass die Kontingenz
der Ordnungen der modernen (liberalen) Gesellschaft durch das Beobach-
ten von Beobachtungen gefiltert und ein Rückgriff auf das alte Rationa-
litätskontinuum von Sein und Denken ebenso unmöglich wird wie trans-
zendentale (subjekttheoretische) Begründungen der objektiven Erkenntnis
der Einheit der Welt in der Traditionslinie Descartes, Locke, Hume und
Kant. „Die Zeiten, in denen man sich die Figur eines cosmothereos, eines
Betrachters der Welt vorstellen konnte, sind vorüber.“ 2 Die Leugnung der
Gegebenheit einer „Außenwelt“ und ihre Ersetzung durch subjektive Vor-
stellungen, gar durch Solipsismus, sind mit einem operativen Konstruk-
tivismus dagegen nicht verbunden. Es geht nicht darum, die Realität der
Gegebenheit der Welt in Abrede stellen zu wollen, sondern die Begren-
zung der Erkenntnismöglichkeiten jeweiliger Beobachtungsperspektiven
zu akzeptieren und um das Einrücken allen Erkennens in die historische
Zeit, um die Umstellung auf eine pragmatisch orientierte „Bewährungs-

1 Niklas Luhmann Soziologische Aufklärung Bd. 5, 1990, 33; William Rasch Observing

Complexity, Minneapolis 2000, 80; in rechtstheoretischer Perspektive Karl-Heinz Ladeur/


Ino Augsberg Toleranz, 2007, 45.
2 Jean-Luc Nancy Die Erschaffung der Welt oder die Globalisierung, 2003, 33.
610 Thomas Vesting

theorie“ der Wahrheit. 3 Beispielsweise muss mit der Wahrheit der Relativi-
tätstheorie gerade heute gerechnet werden, auch wenn es sich dabei um
eine „Konstruktion“ in dem Sinne handelt, dass die alte Welt der aristote-
lischen Physik die Vorstellung einer Relativität von Zeit und Raum nicht
kannte.
Auch in einem rechts- und verfassungstheoretischen Text über den Begriff
der Verfassung muss gemeinsames Wissen vorausgesetzt werden. Vor allem
in der Perspektive einer wirklichkeitswissenschaftlichen Verfassungstheorie
(im Unterschied zur reinen Textorientierung) hat der Verfassungsbegriff
einen gesellschaftlichen und historischen Wahrheitskern: „Verfassung“ ist
eine auf den Nationalstaat westlicher (christlich-jüdischer) Prägung bezo-
gene Begrifflichkeit. Dieser Ausgangspunkt macht jeder Reflexion über den
Verfassungsbegriff Vor-Gaben, die hingenommen, aber nicht einfach belie-
big „rekonstruiert“ werden können. Als dezidierter Vertreter einer soziolo-
gischen Jurisprudenz setzt auch G. Teubner den Akzent bei der Evo-
lutionsabhängigkeit des modernen (liberalen) Verfassungsbegriffs, den er
allerdings aufgrund eines sich abzeichnenden Prozesses polyzentrischer Glo-
balisierung heute von einer „Mehrzahl von Zivilverfassungen“ ergänzt bzw.
abgelöst sieht: (Welt-)gesellschaftliche Teilverfassungen globaler Sektoren,
die die herkömmliche Trennung von öffentlichem und privatem Recht un-
terlaufen, betreiben einen creeping constitutionalism, der neben die von
Teubner als „politische Verfassungen“ bezeichneten Verfassungen der Natio-
nalstaaten tritt. 4 Damit wird die über einen langen Zeitraum gültige, als not-
wendig und unverzichtbar angesehene Verknüpfung von Verfassungsbegriff
und Nationalstaat aufgegeben und durch eine komplexere Vorstellung einer
mit Kollisionen rechnenden Konfiguration von teils weltgesellschaftlich
funktionalen (wie z. B. die Digitalverfassung des Internets), teils politisch-
staatlichen Verfassungen (wie z. B. dem deutschen Grundgesetz) ersetzt.
Aber ist diese Konzeption eines societal constitutionalism tragfähig? Oder ist
sie nur eine typisch zivilgesellschaftliche Illusion? 5 Die Beantwortung dieser
Frage könnte auch helfen, eine Perspektive auf das allgemeinere Problem zu
gewinnen, ob und inwiefern es heute notwendig geworden ist, die Staats-
zentrierung des Verfassungsbegriffs aufzugeben und statt von der amerika-
nischen, englischen, französischen oder deutschen Verfassung von „globa-

3 Etwa im Sinne der frühen Umformulierung des Erkenntnisproblems bei F. Rosenzweig.

Vgl. dazu Eveline Goodman-Thau Historie, Hermeneutik, Humanität, in: dies. (Hrsg.),
Zeit und Welt, 2002, 31 ff., 45.
4 Vgl. Gunther Teubner Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 63 (2002), 1–28; vgl. allg.

auch Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner Regime-Kollisionen, 2006, 25 ff.


5 So Karl-Heinz Ladeur „We, the European People“ … – Relâche?, European Law Jour-

nal 14 (2008), 147 ff., 156; abwägender ders./Viellechner, Lars Die transnationale Expansion
staatlicher Grundrechte, Archiv des Völkerrechts 46 (2008), 42 ff., 51 ff.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 611

lem Konstitutionalismus“ zu sprechen bzw. von einem sich ankündigenden


„Konstitutionalismus ohne Staat“. 6

II. Moderne Gesellschaft, Nationsbildung und


moderner (liberaler) Verfassungsbegriff
Vielleicht ist es übertrieben, die moderne (liberale) Verfassung und die da-
mit verbundene Suche nach einer dieser entsprechenden politischen Form
(nationaler Bundes- oder Zentralstaat) auf die amerikanische Revolution
(1763–1787) zurückführen zu wollen. Es ist aber sicherlich nicht übertrie-
ben zu behaupten, dass der moderne Verfassungsbegriff nicht vom Vorgang
der Bildung einer einheitlichen Nation jenseits der lokalen und regionalen
Identitäten (Siedlungen, Städte etc.) abgelöst werden kann. Auch wenn
beide Vorgänge, Nationsbildung und Verfassungsbildung, in den Vereinig-
ten Staaten besonders eng miteinander verknüpft waren, war das Auftreten
nationaler Verfassungsbewegungen doch in allen westlichen Ländern mit
dem Durchbruch einer auf Privateigentum, individueller Freiheit und Buch-
druck beruhenden Gesellschaft vermittelt. 7 Die Emergenz eben dieser mo-
dernen (liberalen) Gesellschaft war aber seinerseits ein kontingenter, von
keiner göttlichen Vorsehung und keinem Weltgericht gesteuerter evolutio-
närer Prozess der Herausbildung einer neuartigen kollektiven Ordnung jen-
seits der Ordnung der Tradition – und damit das Ergebnis eines systemi-
schen Prozesses jenseits des Handlungswillens einzelner Menschen. Für
diese tiefe Einsicht haben die soziologischen Klassiker immer einen guten
Sinn bewahrt. Georg Simmel hat den modernen Menschen bereits in der
Philosophie des Geldes (1900) ein „objektives Tier“ genannt und von einer
tragischen „Versittlichung durch den Kulturprozeß“ gesprochen, davon,

6 Zu dieser umfangreichen Diskussion aus neuerer Zeit vgl. nur Armin von Bodandy

Constitutionalism in International Law, Harvard International Law Journal 47 (2006),


223 ff., 241 (vorsichtig bejahend); Andreas Fischer-Lescano Globalverfassung, 2005; Anne
Peters, The Globalization of State Constitutions, in: Nijman/Nollkaemper (Hrsg.), New
Perspectives on the Divide Between National and International Law, 2007, 251 ff.; Christian
Walter (Inter)national Governance in verfassungsrechtlicher Perspektive, in: Windhoff-
Héritier/Stolleis/Scharpf (eds.), European and International Regulation after the Nation
State, 2004, 31 ff.; skeptisch z. B. Rainer Wahl Erklären staatstheoretische Leitbegriffe die
Union?, JZ 19 (2005), 916 ff.; Paul Kirchhof Verfassungsgebung jenseits des Verfassungs-
staates?, in: Trute/Groß/Röhl/Möllers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Trag-
fähigkeit eines Konzepts, 2008, 769 ff., 793; Christian Hillgruber Braucht das Völkerrecht
eine Völkerrechtswissenschaftstheorie?, in: Jestaedt/Lepisus, Rechtswissenschaftstheorie,
2008, 113 ff.
7 Dazu nur Dieter Grimm Die Zukunft der Verfassung, 1991, 67 (allerdings ohne Be-

rücksichtigung des Buchdrucks); vlg. auch Karl-Heinz Ladeur, Der Staat gegen die Gesell-
schaft, 2006, 93; zu eng dagegen auf die staatliche Souveranität fixiert Ulrich K. Preuß, Ar-
tikel Verfassung, Historisches Wörterbuch der Philosophie, 2001.
612 Thomas Vesting

„dass immer mehr Lebensinhalte in transindividueller Gestalt objektiviert


werden: Bücher, Kunst, ideale Gebilde wie Vaterland, allgemeine Kultur, die
Formung des Lebens in begrifflichen und ästhetischen Bildern“. 8 Für Max
Weber war die moderne (liberale) Gesellschaft ganz ähnlich durch eine for-
male, nicht mit den Intentionen von Akteuren verrechenbaren Rationalität
bestimmt. 9 Und noch im späten 20. Jh. hat Niklas Luhmann den Durch-
bruch zur modernen Gesellschaft als irreversiblen Prozess der Umstellung
von Stratifikation auf funktionale Differenzierung interpretiert, als nicht
rückholbaren, nicht umkehrbaren „Sündenfall der Ausdifferenzierung“, der
die Orientierung am Menschen als Zentrum der Gesellschaft zu einer Ideo-
logie mache.10 Durch diesen Sündenfall wird der Begriff der Gesellschaft
selbst problematisch, insofern die Einheit der postmodernen Gesellschaft
nur noch als „symbolische“ Ordnung oder, so Luhmanns Vorschlag, als eine
Selbstbeschreibung der sozialen Welt (unter anderen), als Gesellschaft der
Gesellschaft, weiterkommuniziert werden kann.
Der enge und unauflösliche Bezug des liberalen Verfassungsbegriffs zu
einem evolutionären Kulturprozess jenseits der Intentionen der Einzelnen
hat zur Folge, dass die Stelle des Subjekts der Verfassung in der (post-)mo-
dernen Gesellschaft leer bleiben muss und dieses hier keinesfalls – etwa via
Demokratie – zu sich selbst kommen kann. Obwohl die extreme Indivi-
dualisierung und Subjektivierung der Persönlichkeiten erst ein Effekt der
modernen (liberalen) Gesellschaft ist, bleibt das Subjekt als Einzelner wie
als Kollektiv auch in einer auf Differenzen beruhenden Ordnung mit ihm
vorgängigen Gegebenheiten im Sinne distribuierter („interkonnektiver“)
Phänomene wie einer öffentlichen Sprachpraxis konfrontiert, mit Realitä-
ten, denen sich das Subjekt unterwerfen und mit denen es seine Wünsche
und Phantasien abgleichen muss. „Das Subjekt ist einerseits als Individuum
einer symbolischen Ordnung unterworfen, die ihm erst erlaubt, „Ich“ zu sa-
gen und sich durch sein eigenes Sprechen als Anfang zu setzen. Ohne das
Einrücken in einen objektiven übergreifenden sprachlichen und kulturellen

8 Georg Simmel Philosophie des Geldes, 2. Aufl. 1907, 306; daraus wird später, 1911, in

der Philosophischen Kultur, die „Tragödie der Kultur“; dazu Stefan Breuer Ästhetischer Fun-
damentalismus, 1995, 175, 176.
9 Diese formale Rationalität zeigte sich für Weber ganz besonders in der Eigenlogik ver-

schiedener Kultur-Erscheinungen des Okzidents, zu denen in der Einleitung zu den Ge-


sammelten Aufsätzen zur Religionssoziologie (1920) Kapitalismus, formales Recht, legale
Bürokratie und experimentelle Wissenschaft gezählt werden. Dazu Stefan Breuer Max We-
bers tragische Soziologie, 2006, 8; zum daraus folgenden „Polytheismus der Werte“ vgl.
nur Wolfgang Schluchter Religion und Lebensführung, 1988, Bd. 1, 302; an diesen Kontext
knüpfen auch vielfach Überlegungen von Gunther Teubner an, z. B. seine Überlegungen
zum „Dilemma der Rationalisierung“ in: Globale Zivilverfassungen, ZaöRV 63 (2003), 1 ff.,
8 ff.; vgl. auch ders. Die anonyme Matrix, Der Staat 45 (2006), 161 ff., 167.
10 Niklas Luhmann Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1989, 344; Niklas Luhmann Soziale

Systeme, 1984, 264.


Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 613

Zusammenhang ist kein Ich möglich. Andererseits ist es dadurch einer sym-
bolischen Ordnung unterworfen, die seinen Willen begrenzt.“ 11 Das gleiche
gilt für die Ebene des politischen Handelns. Die (politische) Gemeinschaft
wird in der „in sich selbst und durch sich selbst zerbrochen(en)“ postmo-
dernen Welt unbestimmbar.12 Sie kann nicht mehr als großer Mensch, als
Person, wie noch bei Hobbes vorgestellt werden, aber sie löst sich auch in
der postmodernen Gesellschaft nicht einfach in nichts auf; vielmehr bleibt
sie als paradoxe Form der „undarstellbaren Gemeinschaft“ (Nancy) präsent.
„Die ‚Gemeinschaft‘ ist uns gegeben, das heißt uns ist ein ‚wir‘ gegeben, ehe
wir ein ‚wir‘ artikulieren oder gar rechtfertigen können.“ 13
Dieser hier nur grob skizzierte Entstehungs- und Verweisungszusammen-
hang verbietet es, die Verfassung aus dem bewussten Willen eines hand-
lungsfähigen Subjekts hervorgehen zu lassen und sie beispielsweise zu einer
„die politische Existenz in ihrer konkreten Daseinsform bestimmenden
Entscheidung“ zu stilisieren.14 Entgegen Carl Schmitt kann eine verfassung-
gebende Versammlung zwar in einem die Verfassungsberatung abschließen-
den symbolischen Akt der „Verfassungsgebung“ der Verfassung mehr oder
weniger Charisma verleihen, aber ob aus diesem historischen Anfang wie in
den Vereinigten Staaten tatsächlich eine (anscheinend zeitlose) Gründung
wird,15 war dort zunächst völlig ungewiss 16 und dürfte auch in anderen his-
torischen Zusammenhängen einer erfolgreichen Verfassungsstiftung, etwa
im Deutschland des Jahres 1949, alles andere als absehbar gewesen sein.
Schmitts Insistieren auf den Augenblick, auf die Verfassungsgebung als
Gründungsakt der politischen Existenz, geht daran vorbei, dass es nur mehr
oder weniger lang anhaltende Ketten aneinander anschließender kommuni-
kativer Akte der erfolgreichen Verankerung einer Verfassung als „höchster
Autorität“ gibt; das kollektive Subjekt, das Schmitt anruft, ist dagegen dazu
verdammt, „niemals seine eigene Stimme zu finden.“ 17 Nicht auf das angeb-
liche Subjekt der Verfassung und nicht auf die formelle Existenz einer kon-

11 Karl-Heinz Ladeur/Ino Augsberg Die Funktion der Menschenwürde im Verfassungs-

staat, 2008, 23; vgl. auch Karl-Heinz Ladeur Das subjektive Recht und der Wunsch nach
Gerechtigkeit als sein Parasit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), 109 ff., 115, 119.
12 Jean-Luc Nancy Die herausgeforderte Gemeinschaft, 2007, 16.
13 Nancy (Fn. 12), 38.
14 Carl Schmitt Verfassungslehre (1928), 1970, 22 (sog. positiver Verfassungsbegriff);

dazu kritisch in jüngerer Zeit Hans Lindahl Constituent Power and Reflexive Identity, in:
Loughlin/Walker, The Paradox of Constitutionalism, 2007, 9 ff.
15 Zur Unterscheidung von „beginning“ und „origin“ vgl. Mitchell Meltzer Secular Reve-

lations 2005, 12; vgl. auch Jan Assmann Religion und kulturelles Gedächtnis, 2000, 25, 33 f.,
189 (beide Autoren mit Verweis auf Thomas Manns Josephs Roman).
16 Meltzer (Fn. 15), 41; vgl. auch Stephen Mennell, Auf Mythenjagd in Amerika, Levia-

than 2008, 191 ff., 2006.


17 Nancy (Fn. 12), 33; vgl. auch Lindahl (Fn. 14), 9 ff., 14, 21; vgl. auch G. Frankenberg

Die Verfassung der Republik, 1996, 33 f., 62.


614 Thomas Vesting

stituierenden Versammlung kommt es also an, sondern auf „die soziale In-
stitutionalisierung einer Verfassung“ 18 – und dieser Vorgang ist zunächst
einmal an moderne Kommunikationstechnologien wie den Buchdruck und
die marktförmige („freie“) Verbreitung von gedruckten Texten gebunden (und
nicht an „große Entscheidungen“). Der Fall der US -amerikanischen Verfas-
sungsgeschichte ist auch in dieser Hinsicht besonders lehrreich: Die US -
amerikanische Verfassung konnte nicht zuletzt aufgrund des Buchdrucks
als geschriebenes und gedrucktes Gründungsdokument zu einer Realität
ersten Grades werden.19 Dabei spielte eine auf die Verfassung bezogene und
ebenfalls vom Buchdruck abhängige Nationalliteratur eine wichtige Rolle.
Diese reichte von den frühen Rechtsanwaltsschriftstellern (Brown, Trum-
ball, Tyler, Cooper etc.) über Abraham Lincoln, Ralph Waldo Emerson bis zu
Walt Whitman und Herman Melville. Verfassungstheoretisch relevant ist
diese Literatur vor allem deshalb, weil sie einen Impuls der Auserwähltheit
auf die Verfassung übertrug, ihr dadurch einen erhabenen Charakter verlei-
hen und den Prozess der Nationsbildung in einer spezifischen „literary art
of uniting states“ vorantreiben konnte. 20
Ohne diesen kulturellen (symbolischen) Überschuss, ohne diesen engen
historischen Zusammenhang von Verfassungsgebung und Nationsbildung,
wäre die kommunikative Eigenstabilisierung der US -amerikanischen Ver-
fassung als „höchster Autorität“ niemals realisierbar gewesen. Und man
muss hinzu fügen: Noch heute speist sich die bindende Kraft der US -ame-
rikanischen Verfassung gegenüber Abweichungen und Angriffen im politi-
schen und gesellschaftlichen Raum aus eben dieser Tradition. 21 Diese Tradi-
tion hat aber letztlich religiöse Wurzeln: Die Verfassung ist ein Instrument
zur Bindung von Ungewissheit jenseits der Bindungen der Tradition und
damit vor allem: jenseits der Unmittelbarkeit der Bindungskräfte der (christ-
lich-jüdischen) Religion. Die Erfindung der Verfassung ist nicht zuletzt die
Reaktion auf die Entlassung eines profanen Raums aus der Vormundschaft
der Kirche, der Versuch einer endogen unruhigen Gesellschaft ein haltbares
Fundament zu geben: Auf der Grundlage eines säkularen Gründungsaktes
soll eine übergreifende Gesetzmäßigkeit „konstituiert“ werden, mit der die
Ungewissheit und Unbestimmtheit einer zukunftsoffenen Gesellschaft aus-

18 Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 16.


19 Zum Verhältnis der Pergament-Urschrift und der gedruckten Version der Verfassung
vgl. M. Ethan Katsh The Electronic Media and the Transformation of Law, 1989, 266; zur
Bedeutung der Schrift für den modernen Verfassungsbegriff vgl. auch Hermann Heller
Staatslehre als politische Wissenschaft, in: ders., Gesammelte Schriften III , 1992, 385.
20 Meltzer (Fn. 15), insb. 156 ff.; zum Zusammenhang von Buchdruck und Nationsbil-

dung vgl. allg. auch Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, 295, 296; und
Marshall McLuhan Understanding Media (1964), 2006, 185 ff.
21 Meltzer (Fn. 15), 157.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 615

gehalten werden kann. 22 Das macht die Verfassung zu einem paradoxen Un-
ternehmen: Sie dient der „Fixierung von Unruhe“. 23 Diese Paradoxie hat
Mitchell Meltzer für den Fall der US -amerikanischen Verfassung jüngst als
Paradoxie einer „säkularen Offenbarung“ interpretiert und mit dem Grün-
dungsmythos des Judentums, der göttlichen Gabe der Zehn Gebote an Mo-
ses, assoziiert. „Yet the most striking parallel of the constitutional founding
to the Sinaitic revelation is that in both cases a group of separate, if related,
social entities became a People. The biblical Hebrews had similarly come
from elsewhere to their land and thus faced the conundrum of a beginning
without an origin, and both the biblical revelation and the Constitutional
Convention converted that beginning into something that was also an ori-
gin. The tribes of Israel became a nation and the Chosen People, so the
states of the former colonies became a nation and a People.” 24
Diese Nähe der Nationalstaatsverfassung zu einer an die christlich-jüdische
Tradition anknüpfenden Einheitssemantik („We, the people“) macht die
moderne Verfassung zu einem fragilen Gebilde. Die religiösen Wurzeln
bleiben auch in der säkularen Verfassung als das historisch Überwundene
präsent, als (Rest-)Transzendenz in der Immanenz, 25 und dieser Rest pro-
voziert immer wieder interne Spannungen und Widersprüche, die nicht
leicht aufzulösen sind, sondern, sofern sie aufbrechen, nur durch kluges
pragmatischen Agieren – von Fall zu Fall – bewältigt werden können. Auf
der einen Seite ist die Verfassung mehr als eine bloße Technik zur Orga-
nisation politischen Handelns; sie will ja nicht nur der institutionalisierten
Politik, sondern sogar der Souveränität des Volkes selbst Schranken setzen.
Das kann aber nur unter der Voraussetzung gelingen, dass die Verfassung
eine aller Souveränität vorgängige Autorität zur Geltung bringt, die heute
nicht mehr einfach auf „Identität“ rekurrieren kann („We, the people“), son-
dern als das Andere der Souveränität in Anschlag gebracht werden muss, als
Antizipation der Verpflichtung der anderen, 26 als Vertrauen in die Institutio-
nen des Verfassungsstaates und die ihm zugrunde liegenden Konventionen.
Auf der anderen Seite institutionalisiert und verstärkt die moderne Ver-
fassung in ihren Grundrechtskatalogen gerade den Sündenfall der Ausdiffe-
renzierung, die Drift zur Fragmentierun und Polykontextualität, die Trans-
formation der modernen in eine postmoderne Gesellschaft. Die system-
theoretische Forschung hat deshalb immer wieder darauf insistiert, dass die

22 Vgl. dazu auch Ladeur (Fn. 7), 54; zu dem Zusammenhang von Verfassungsgründung

und Säkularisierung vgl. auch Frankenberg (Fn. 17), 57 ff.


23 Luhmann (Fn. 20), 1063.
24 Meltzer (Fn. 15), 49 f.
25 Vgl. Nancy (Fn. 2) 2003, 35 f. mit Verweis auf Blumenberg; vgl. allg. auch Norbert Bolz

Das Wissen der Religion, 2008.


26 Nancy (Fn. 12), 41; vgl. auch Lindahl (Fn. 14), 14, 21.
616 Thomas Vesting

moderne Verfassung im Grundrechtskatalog nicht einfach einen Katalog


von subjektiven (Entscheidungs-)Rechten im Sinne individueller Rechtspo-
sitionen garantiert, sondern die Autonomie sich gegenseitig abgrenzender
Handlungssphären, die „Eigenlogik“ von Funktionssystemen wie Wirtschaft,
Massenmedien, Wissenschaft, Kunst, Religion usw.; Teubner betont deshalb
immer wieder die institutionelle Dimension der Grundrechte, Ladeur/Augs-
berg sprechen auch von Grundrechten als „Entdifferenzierungssperre“.27 Das
zeigt sich rechtsdogmatisch etwa an der Notwendigkeit der Formulierung
objektiv-rechtlicher Grundrechtsgehalte im Bereich der Massenmedien, die
eine produktive Form der Selbstorganisation des Rundfunkprozesses (Pro-
grammfreiheit) jenseits individuell zurechenbarer Handlungsintentionen
gewährleisten soll. 28 Diese Notwendigkeit ist im Bereich der Religionsfrei-
heit vielleicht noch evidenter, weil Religion ein per se transindividuelles
Sinngefüge ist, nicht aber eine Angelegenheit einzelner Privatpersonen. 29
Man könnte aber auch an das (immaterielle) Eigentum denken, das im Ver-
fassungsrecht gerade im Hinblick auf seine (informations-) wirtschaftlichen
kollektiven Funktionen, nicht aber im Hinblick auf individuelle Beliebigkeit
spezifiziert wird. 30
Die innere Ambiguität der Verfassung verlangt ein ständiges Oszillieren
zwischen Einheit und Differenz, die G. Teubner – im Anschluss an Luh-
manns semantische Analysen zum Staatsbegriff 31 – völlig zu Recht in der
Beziehung Politikverfassung/Gesellschaftsverfassung lokalisiert. 32 Der Lo-
gik der Identität, der Notwendigkeit des Anrufs einer „gemeinsamen Sa-
che“, die der nationalstaatliche Verfassungsbegriff als paradoxes Erbe einer
säkularen Offenbarung mitführt, tritt die Dynamik der Ausdifferenzierung
der Gesellschaft im Grundrechtsteil entgegen. Diese gegenläufigen Impulse
zeigen sich historisch schon früh in der Spannung, die zwischen der Vor-
stellung eines Sich-Verfassens der Nation im konstitutionellen Staat einer-
seits und einer auf Privateigentum und Freihandel beruhenden Wirtschaft
andererseits liegt, gegenläufig insofern, als das Interesse an einem freien
Handel zugleich die prinzipielle Offenheit und Durchlässigkeit von natio-
nalen Staatsgrenzen und damit die Akzeptanz des Fremden einfordern
muss. Im Fall der US -amerikanischen Verfassungsgeschichte kommt diese
Oszillation zwischen einer „transzendenten Einheit der Nation“ und einer

27 Teubner (Fn. 4); Ladeur/Augsberg (Fn. 11), 5 ff.


28 Seit BVerfGE 12, 205, 260 („institutionelle Freiheit“); Thomas Vesting Prozedurales
Rundfunkrecht, 1997, 150 ff., 220 ff.
29 Ladeur/Augsberg (Fn. 1) 2007, 46; Bolz (Fn. 25), 139.
30 Näher Karl-Heinz Ladeur/Thomas Vesting Geistiges Eigentum im Netzwerk – Anfor-

derungen und Entwicklungslinien, in: Eifert (Hrsg.), Schriften zur rechtswissenschaft-


lichen Innovationsforschung, 2008, i.E.; vgl. allg. auch Dan Wielsch Zugangsregeln, 2008.
31 Niklas Luhmann Die Politik der Gesellschaft, 2000, 189 ff., 217.
32 Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 5.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 617

„materialistischen Zerstreuung“ am sinnfälligsten im Franklin zum Aus-


druck, dem so genannten „Fugio“, einer schon 1787 vom Kongress autori-
sierten Münze, die der Legende „We Are One“ auf der einen die Legende
„Mind Your Business“ auf der anderen Seite gegenüberstellt. 33 Im Frank-
reich des 18. Jh. führt diese innere Ambiguität letztlich zum Scheitern der
Revolution: Die Höherstufung der Logik der Identität gegenüber der Dy-
namik der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung kündigt sich bereits im Vo-
luntarismus des durch Rousseau beeinflussten radikalen Flügels der fran-
zösischen Verfassungsbewegung an, insofern der Verfassungsbegriff hier
ganz auf den einheitlich konzipierten Willen der souveränen Nation ver-
schoben wird, der sich scheinbar von allen Bindungen und Beschränkungen
der Tradition lösen kann. 34 Die Spannung zwischen den Vorzügen der Men-
schenrechte, der Diversität, des Handels und der sozialen Vernunft wird zu-
gunsten von politischer Einheit, absoluter Souveränität und homogener
Bürgertugend aufgelöst, um schließlich in einer messianisch legitimierten
Schreckensherrschaft, dem Jakobinismus, zu landen. 35

III. Verfassung als strukturelle Kopplung von Recht und Politik?


Wenn die bisherigen Ausführungen den modernen (liberalen) Verfassungs-
begriff einigermaßen treffen, dann gehört der Verfassungsbegriff zu den
„schlimmen“ Begriffen im Sinne Luhmanns. Wie „Kultur“ 36 – aber auch
wie „Sprache“, „Religion“ oder „Staat“ – verweist „Verfassung“ auf etwas
hochgradig Unbestimmtes, einen schwer greifbaren, schwer kanalisierbaren
Sinnüberschuss, der auch theoretisch nicht einfach zu kontrollieren ist. Ge-
rade vom Standpunkt einer Theorie funktionaler Differenzierung lässt sich
der Verfassungsbegriff nicht genau fixieren und einem bestimmten System
und seinen Ordnungsmechanismen (Codes, Programme, Funktionen) zu-
ordnen. Noch Luhmanns Vorschlag, den Begriff der Verfassung als „Ver-
knüpfungsbegriff“, als Fall der strukturellen Kopplung von Rechtssystem
und politischem System neu zu fassen, 37 scheint die in der Verfassung ange-
legte Unruhe nicht wirklich kanalisieren zu können. Die Funktion der Ver-

33 Meltzer (Fn. 15), 53.


34 Keith Michael Baker Verfassung, in: Furet/Ozouf (Hrsg.), Kritisches Wörterbuch der
Französischen Revolution, Bd. 2, 1996, 896 ff., 900 f.
35 Baker (Fn. 34), 918 f.; vgl. auch François Furet Das Ende der Illusion, 1995, 49 f.
36 Niklas Luhmann Die Kunst der Gesellschaft, 1995, 398; vgl. auch Dirk Baecker Wozu

Kultur?, 2000, 133, 147.


37 Niklas Luhmann Verfassung als evolutionäre Errungenschaft, Rechtshistorisches Jour-

nal 9 (1990), 176 ff.; ders. Das Recht der Gesellschaft, 1993, 470 ff.; ders. (Fn. 31), 392; vgl.
auch Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 18 (Verfassung = Verknüpfung zweier realer Pro-
zesse).
618 Thomas Vesting

fassung darauf zu beschränken, Verfahren und Kompetenzen für die Beob-


achtung der (politischen) Gesetzgebung bereitzustellen, 38 heißt, der
Verfassung zugleich zu wenig und zu viel Identität zu geben, ihr den Bezug
zur Nationsbildung bzw. zur Gemeinschaft (im Sinne von Jean-Luc Nancy)
und zum Grundrechtsteil gleichzeitig zu nehmen; vor allem der Einschluss
der Grundrechte bleibt dann einem „emphatischen Verfassungsbegriff“ vor-
behalten, einer „Verfassungsmythologie“ zur Produktion von „Höchstwert-
emphase“. 39 Die Funktion, den Staat als organisierte Entscheidungs- und
Wirkungseinheit einzurichten, kann aber nicht von der Entstehung des mo-
dernen Nationalstaats im Zuge des Durchbruchs einer auf Privateigentum,
individueller Freiheit und Buchdruck gegründeten Gesellschaft getrennt
werden. Gerade in den ehemaligen englischen Kolonien wurde die Schaf-
fung einer Verfassung wesentlich durch ökonomische Interessen der neuen,
sich durch die Verfassung bildenden Nation angestoßen.40 Und gerade in der
US -amerikanischen konstitutionellen Bewegung reichten die Schatten einer
„secular revelation“ besonders weit. Erst der religiös aufgeladene Grün-
dungsmythos stellte die zur nationalen Einheitsbildung notwendige seman-
tische Energie bereit, die nicht zuletzt in der sich gleichzeitig herausbilden-
den US -amerikanischen Literatur einen Träger hatte.
Reduziert man die Proklamation und Verankerung von Grundrechten in der
Verfassung nicht auf eine „organisatorische Regulierung der staatlichen
Entscheidungskompetenzen“, 41 sondern interpretiert Grundrechte als Aus-
druck einer in der Selbstorganisation der liberalen Gesellschaft verankerten
Praxis, als subjektive Rechte, die neue Konventionen, neue Regeln und
neues Recht jenseits der geordneten Bahnen politischer Gesetzgebung und
staatlicher Gerichtsbarkeit generieren, 42 dann scheint es sogar evident, dass
der Verfassungsbegriff keine eigene Sinn- und Handlungssphäre hat. Zu-
mindest kann sich die moderne (liberale) Verfassung auch in ihrem Grund-
rechtsteil – das gilt insbesondere für die Religionsfreiheit – dem Sündenfall
der Ausdifferenzierung nicht widerstandlos beugen; obwohl sie Garantien
einer polyzentrischen Differenzierung sind, überschreiten die Grundrechte
doch immer wieder die Grenzen der einzelnen Funktionssysteme und kon-
frontieren diese mit einer ihre Schließungsmechanismen – ihre Codes, Pro-

38 Luhmann (Fn. 37), 470; ders. (Fn. 31), 392.


39 So Luhmann (Fn. 37), 108 Fn. 133.; ders. (Fn. 31), 392.
40 Luhmann weist selbst darauf hin, (Fn. 37), 467 Fn. 64, dass das Kernstück der Bun-

desverfassung, die Theorie der politischen Repräsentation, ganz selbstverständlich die Er-
haltung der produktiven Funktionen des frei verfügbaren (Land-)Eigentums voraussetzt.
„Representation of the property of the people“, lautet dafür die Formel von James Burgh,
die diese Wahrheit – nach Luhmanns eigener Beobachtung – wie aus Versehen zugesteht.
41 Luhmann (Fn. 31), 392 (Hervorhebung von mir).
42 Dazu aus jüngerer Zeit etwa Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 62 f.; Teubner (Zivilverfas-

sung – Fn. 9), 10.


Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 619

gramme und Funktionen – verunsichernden Dynamik. Die Verfassung wäre


dann Ausdruck und Träger einer institutionalisierten „‚grundlosen‘ Interdis-
kursivität“ im Sinne von Urs Stäheli, Manifestation einer die Geschlossen-
heit des Rechtssystems wie des politischen Systems regelhaft (und nicht nur
gelegentlich) unterlaufenden „Logik der Iterabilität“. 43 Dagegen neigt Luh-
mann dazu, die in den Grundrechten angelegte Unruhe und Dynamik auf
„positives Recht“ und damit auf ein politisches Gestaltungsmittel zu reduzie-
ren, während umgekehrt das Verfassungsrecht und die Grundrechte zum
rechtlichen Instrument der Disziplinierung von Politik werden. Damit wer-
den Nationsbildung und Grundrechte aber viel zu sehr an den Staat gebun-
den und der in Amerika und im Paris des 18. Jahrhunderts gar nicht zu über-
sehende Kommunikationsfluss, der von der Religion zur Verfassung führt,
theorietechnisch stillgelegt. Anders gesagt: Bei Luhmann müssen politisches
System und Rechtssystem nicht mit historisch variablen Momenten ihrer ei-
genen Geschlossenheit und Offenheit rechnen, vielmehr werden die Gren-
zen beider Systeme letztlich so sehr verdinglicht, 44 dass diese Verdingli-
chung nur durch Aushilfskonstruktionen wie „strukturelle Kopplung“ und
„re-entry“ kompensiert werden kann. Die eine Seite einer Differenz (hier:
Innen/Außen) ist bei Luhmann zwar immer die andere Seite der anderen
Seite, aber es müsste doch mehr akzentuiert werden, dass das, was unter-
scheidet, auch das ist, „was ‚mit‘ und ‚zusammen‘ setzt.“ 45
Nur en passant sei hier angemerkt, dass man sich für Luhmanns systemtheo-
retische Umdeutung des Verfassungsbegriffs – Verfassung als strukturelle
Kopplung von Politik und Recht – schwerlich auf die redaktionelle Tren-
nung von politischer Verfassung und Bill of Rights in der Verfassung von
Virginia (1776) berufen kann. Hinter dieser Trennung dürfte kaum der Ver-
dacht einer Abwertung der als natürlich deklarierten Grundrechte gegen-
über ihrer „Positivierung“ gestanden haben. 46 Durch die geschriebene und

43 Urs Stäheli Sinnzusammenbrüche: eine dekonstruktive Lektüre von Niklas Luhmanns

Systemtheorie, 2000, 311, 314.


44 Dazu am Beispiel Wissenschaft Loet Leyesdorff Scientific Communication and Cogni-

tive Codification, European Journal of Social Theory 10/3 (2007), 375 ff., 383; für das
Rechtssystem und die normbildende Kraft der Faktizität von praktischen Erfahrungen
Karl-Heinz Ladeur The postmodern condition of law and societal „management of rules“,
Zeitschrift für Rechtssoziologie 27 (2006), 87 – 108.
45 Nancy (Fn. 2), 149 (im Kontext der Gerechtigkeit).
46 So aber Luhmann (Fn. 37), 108 in Fn. 133. Historisch gesehen war die Auffassung do-

minierend, dass die „Positivierung“ von Grundrechten in der Bundesverfassung überflüssig


war: Da es im Bund (im Unterschied zu den Staaten) ohnehin nur um die Errichtung einer
Regierung mit von vornherein begrenzten Einzelermächtigungen ging, konnte in die essen-
tiellen Freiheiten – nicht zuletzt aufgrund der republikanischen Staatsform – gar nicht ein-
gegriffen werden; sonst hätten die davon eventuell Betroffenen dazu selbst eine Ermächti-
gung aussprechen müssen. Die Gefahr eines Grundrechtskataloges lag also darin, dass
Rechte implizit als Ermächtigung missverstanden werden konnten. Vgl. nur Lance Banning
620 Thomas Vesting

gedruckte Verfassung wird ja gerade eine „höchste Autorität“ eingerichtet,


ein „law of the laws“, 47 und zu diesem law of the laws gehört von Anfang an
auch der Schutz individueller Rechte. Die Grundrechte sind also stets Be-
standteil der Verfassung. So verwendet selbst die streng republikanische
Verfassung von Pennsylvania vom 29. Juni 1776 den Verfassungsbegriff als
Einheit von „Declaration of Rights“ und „Frame of Government“ („to be
the constitution of this commonwealth”). Ähnlich das Concord Town Mee-
ting in Massachusetts am 21. Oktober 1776, das das Eigentliche der Verfas-
sung in einem System von Prinzipien zum Schutz individueller Rechte und
Privilegien lokalisiert, „against any encroachments of the governing part“.
Dieser Verfassungsbegriff wird durch die Bundesverfassung von 1787 nicht
in Frage gestellt, auch wenn die Grundrechte erst 1791 als Ergänzungen
(amendments) in die Bundesverfassung aufgenommen werden. 48 Jedenfalls
setzt sich historisch diese – nach Luhmann – „emphatische“ Version des
Verfassungsbegriffs durch. Diese Version trägt die französische Erklärung
der Menschenrechte von 1789 („Toute société dans laquelle la garantie des
droits n’est pas assurée … n’a pas de constitution“, Art. 16), und auch der
deutsche Konstitutionalismus folgt einem materiellen Verfassungsbegriff,
auch wenn dieser erst in Weimar erfolgreich wird. 49

IV. Die Zukunft der Verfassung:


Emergenz globaler Zivilverfassungen?
Anders als bei Luhmann wird die Bedeutung von Grundrechten für den
modernen (liberalen) Verfassungsbegriff bei Gunther Teubner stark betont.
Im Mittelpunkt des Interesses von Teubner steht schon früh die Frage nach
der sogenannten „horizontalen“ oder „mittelbaren“ Wirkung der Grund-
rechte, die Frage nach dem konstitutionellen Charakter des Privatrechts und
vor allem der Bindung privater Akteure an Grund- und Menschenrechte. In
einigen neueren Publikationen wird die Bestimmung der Horizontalwir-

Jefferson and Madison, 1995, 6 ff.; Ralph Ketcham Framed for Posteriority, 1993, 92 ff; Leo-
nard W. Levy The Politics of the Bill of Rights, in: Richard Brown (Hrsg.), Major Problems
in the Era of the American Revolution 1760–1791, 1992, 560, 561.
47 Meltzer (Fn. 15), 51.
48 Anders Luhmann (Fn. 37), 108, der meint, dass die Verfasser der Verfassung der Ver-

einigten Staaten von Amerika von 1787, bei allem Mut zur Neukonzipierung des Begriffs
und des Textes einer Verfassung, Wert darauf gelegt hätten, dass die Verfassung nur die Ein-
heit des Volkes und das ‚Regie-rungsinstrument‘ konstituiere, nicht aber die individuellen
Rechte, um derentwillen das Ganze aufgeführt werde. Gegen Luhmann spricht auch, dass
die Verfassung – z. B. in Article I, Section 9 oder Article III , Section 2 – durchaus Grund-
rechte oder zumindest grundrechtsgleiche Rechte (writ of habeas corpus, right to trial) ver-
ankert.
49 Grimm (Fn. 7), 109 ff., 115 (für Deutschland); vgl. auch Heller (Fn. 19), 388 f.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 621

kung von Grundrechten zwischen Privaten unmittelbar in den Kontext der


polyzentrischen Fragmentierung der modernen (Welt-)Gesellschaft hinein-
gestellt und als Frage der Bindung transnational agierender kollektiver Ak-
teure – z. B. Pharmaunternehmen – an Grund- und Menschenrechte
entwickelt. Die Verfassung wird so viel stärker als bei Luhmann auf Pro-
zesse gesellschaftlicher Selbstorganisation bezogen. So spricht Teubner bei-
spielsweise im Zusammenhang mit den Überlegungen zur „Emergenz von
Zivilverfassungen“ davon, dass die Grundrechte die Funktion hätten, einer-
seits die „Vielfalt gesellschaftlicher Differenzierung“ zu sichern und die
„Autonomie von Handlungssphären“ zu stärken, 50 darin aber zugleich die
Aufgabe übernehmen, „die Vielfalt gesellschaftlicher Differenzierung gegen
Überwältigungstendenzen abzusichern.“ 51 In Die anonyme Matrix wird die-
ser Gedanke im Hinblick auf die Menschenrechte dahingehend spezifiziert,
dass Menschenrechte gegen „Gefährdungen durch die Matrix der Systeme“
gerichtet seien 52 – und, angesichts der „radikalen Gesellschaftsfragmentie-
rung unserer Tage“, nicht nur gegen die Matrix des politischen Systems.
Grundrechte fungieren als „Widerlager“ gegen eine Vielzahl von verselb-
ständigten Kommunikationsnetzwerken und – allgemeiner – als Schutz ge-
gen die „negativen Externalitäten der Kommunikation“, 53 den „anonymen
Machtprozessen“ und ihrer Kehrseite, „den geschundenen Körpern und
verletzten Seelen.“ 54 Daraus folgt etwa eine Kritik an der Hinnahme der
Einrichtung von sweat shops als Konsequenz anonymer Marktkräfte. Diese
kritische Distanz zur Autopoiesis der Funktionssysteme der Weltgesell-
schaft sei, so wird wiederum an anderer Stelle ausgeführt, Ausdruck einer

50 Teubner (Zivilverfassung – Fn. 9), 10, 11.


51 Teubner, ebd., 10.
52 Teubner (Matrix – Fn. 9), 178 Fn. 59.
53 Teubner, ebd., 171. Teubner geht in seinen kommunikationskritischen Analysen, die

stellenweise Luhmann und Adorno kombinieren, sehr weit und lokalisiert die Bedrohung
des Integritätsinteresses der Menschen (und damit den Ursprung von Menschenrechten)
bereits in der Kommunikation als solcher. Dazu sei mit Blick auf Luhmanns These der
strikten Trennung von Gesellschaft/Kommunikation einerseits und Bewusstsein/Körper
andererseits hier nur angemerkt: Luhmanns Blutleere der Kommunikation, das Außerhalb-
der-Kommunikation-Stehen der Menschen ist eine systematisch und historisch die Dinge
zu sehr vereinfachende Sichtweise, weil die Trennung Kommunikation/Bewusstsein je
nach Sprachmedium sehr unterschiedlich ausfällt: In primär oralen Kulturen kann von
einer Trennung von Sprache und Körper, Seele und Leib, nicht die Rede sein, alle Kom-
munikation ist hier verbomotorische, an die Einheit von Sprache, Gesang und Tanz ge-
koppelte – rituell verankerte – Kommunikation. Noch frühe Schriftkulturen, wie etwa das
jüdische Rabbinertum, sind rhetorische (an die Präsenz der Stimme und des Körpers ge-
bundene) Kulturen; das unterscheidet sie gerade von epistemischen Wissenskulturen in der
platonisch-aristotelischen Tradition. Luhmanns teilweise ahistorische Rede von der „sinn-
haften“ Kommunikation, von eigenen „Sinnwelten“ etc., die Teubner m. E. zu unkritisch
übernimmt, ist dagegen erst ein Effekt des Buchdrucks, d. h. der europäischen Moderne.
54 Teuber (Matrix – Fn. 9), 179.
622 Thomas Vesting

die interne Konsistenz des Rechtssystems begleitenden und notwendiger-


weise ergänzenden „Responsivität gegenüber ökologischen Anforderun-
gen“, die zum Spezifikum „juridischer Gerechtigkeit“ erklärt wird. 55
Damit wird die Menschenrechtsfrage von ihrer Fixierung auf Fragen der
Gleichheit bzw. materiellen Ungerechtigkeit gelöst und systemtheoretisch
als Gefährdung der Leib/Seele-Integrität durch rekursiv operierende Kom-
munikationssysteme re-formuliert. Menschenrechte werden als „negative
Schranken gesellschaftlicher Kommunikation“ definiert; sie greifen, wenn
die Integrität von Psyche und Körperlichkeit durch „Grenzüberschreitun-
gen der kommunikativen Matrix“ gefährdet ist. 56 Davon unterscheidet
Teubner die dem juristischen Artefakt „Person“ zuzurechnenden personalen
Grundrechte zur Einrichtung innergesellschaftlicher Autonomieräume (Per-
sonenrechte) und, drittens, institutionelle Grundrechte als Autonomiega-
rantien gesellschaftlicher Prozesse (Diskursrechte). 57 Das ist sicher eine pro-
duktive Trichotomie insofern, als sie für den Fall des institutionellen
Grundrechtschutzes an die etwa im deutschen Verfassungsrecht etablierte
Unterscheidung von subjektiv-rechtlichen und objektiv-rechtlichen Grund-
rechtskomponenten anknüpfen kann. 58 Damit stellt sich aber im gleichen
Moment die Frage, ob diese institutionelle Grundrechtsschicht nicht schon
immer – und entgegen dem Begriff der politischen Verfassung – in der mo-
dernen (liberalen) Verfassung angelegt ist. Und wenn das so wäre, wie ver-
hält sich dieser, das politische Feld von Anfang an transzendierende gesell-
schaftliche Grundrechtsschutz zu Teubners Vorstellung von „globalen
Zivilverfassungen“? Teubners Idee der Zivilverfassung richtet sich ja wohl
vor allem gegen die auch in Luhmanns Verfassungsbegriff angelegte Verkür-
zung der Grundrechtsfunktionen auf Abwehrrechte gegen den Staat. Aber
was genau heißt dann „Emergenz“ globaler Zivilverfassungen? Ist damit
eine neue globale Rechtsschicht jenseits der nationalstaatlichen Verfassung
und des damit verbundenen Völkerrechts gemeint? 59 Oder geht es Teubner
um eine neue Form der Verknüpfung zwischen den nationalstaatlichen Ver-
fassungen und den globalen Zivilverfassungen?
In der Tat scheint im Konzept globaler Zivilverfassungen ein Gründungs-
moment mitzuschwingen, das auf die Möglichkeit eines Neu-Entwurfs des

55 Gunther Teubner Selbstsubversive Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29

(2008), 9 ff., 17; ders. (Matrix – Fn. 9), 161 ff., 169.
56 Teuber (Matrix – Fn. 9), 181.
57 Teubner ebd., 180; kritisch Ladeur/Augsberg (Fn. 11), 106 Fn. 8; vgl. aber auch dies.,

ebd., 14.
58 Vgl. nur Horst Dreier Grundgesetz, 2. Aufl. 2006; systemtheoretisch Ladeur Postmo-

derne Rechtstheorie, 1992, 176 ff.; ders. Kritik der Abwägung in der Grundrechtsdogmatik,
2004, 58 ff.
59 So Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 42 ff., 50 ff.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 623

Verfassungsbegriffs jenseits der modernen (liberalen), an den National-


staat gebundenen Verfassung verweist. In den funktional ausgerichte-
ten Arenen der Weltgesellschaft bildet sich inkrementell neues Recht jenseits
staatlicher und klassisch völkerrechtlicher Quellen, „in Verträgen zwischen
global players, in privater Marktregulierung durch multinationale Unterneh-
men, internen Regelsetzungen internationaler Organisationen, interorgani-
sationalen Verhandlungssystemen, weltweiten Standardisierungsprozessen,
die sich teils in Märkten, teils in Verhandlungsprozessen von Organisatio-
nen abspielen.“ 60 Diese neuen Phänomene einer globalen Verrechtlichung
jenseits des Staates implizieren zeitgleich die Möglichkeit einer inkrementel-
len Entwicklung konstitutioneller Normen außerhalb staatlicher und politi-
scher Institutionen, einer mitlaufenden „Verfassungsbildung von unten“. 61
Teubner räumt zwar ein, dass diese konstitutionelle Qualität nicht aus-
schließlich in der Eigenregie autonomer Systeme produziert werden kann.
„Doch insofern autonomes Weltrecht sich auf eigene Ressourcen stützt und
internationale Organisationen, Nichtregierungsorganisationen, Medien,
multinationale Unternehmen, globale Anwaltspraxen, globale Funds, glo-
bale Verbände, globale Schiedsgerichte den globalen Rechtsbildungsprozeß
vorantreiben, ist autonome Rechtssetzung auch an dem Formierungsprozeß
ihrer sektorialen Verfassung maßgeblich beteiligt.“ 62 Für diese sektorialen
Zivilverfassungen sind die politischen Verfassungen der nationalstaatlichen
Tradition mit ihrem Fundus von Erfahrungen, Prozeduren, Begriffen, Prin-
zipien und Normen das „große historische Vorbild“ 63 – aber eben wohl auch
nur ein Vorbild.
Wie Luhmann will auch Teubner beim Verfassungsbegriff von Einheit auf
Differenz umstellen. Die Verfassung ist nicht Ausdruck einer Identität – des
Sich-Verfassens eines Volkes zur (politischen) Nation –, sondern stets „Ver-
knüpfung zweier realer Prozesse“, eines voraussetzungsreichen Zusammen-
spiels „von autonomen Sozialprozessen und autonomen Rechtsprozes-
sen“. 64 Auch wenn Teubner sich von Luhmanns Politikzentrierung löst, soll
der Verfassungsbegriff als Verknüpfungsbegriff jenseits seiner Einheit als
Textkonvolut mit Hilfe des Konzepts der „strukturellen Kopplung“ gerettet
werden. Während die aus der strukturellen Kopplung resultierende „im-
mense Zunahme von wechselseitiger Irritabilität“ bei Luhmann aber auf die
dauerhafte Verknüpfung von Politik und Recht beschränkt wird (und damit

60 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 14; zum Hintergrund vgl. insbesondere Fischer-

Lescano/Teubner (Fn. 4), 34 f. (mit der These, dass sich das Recht global als „einheitliches
Sozialsystem“ etabliert habe).
61 Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 51.
62 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 15.
63 Teubner, ebd., 16
64 Teubner, ebd., 18, 17.
624 Thomas Vesting

etwa auf die historischen Prozesse der Verfassungsbildung in den USA be-
zogen werden kann), 65 glaubt Teubner die Kopplung des Rechts auch auf an-
dere soziale Systeme und ihre „Eigenverfassungen“, etwa auf die Kopplung
Recht und Wirtschaft oder Recht und Internet beziehen zu können. Diese
Konstruktion scheint mir sehr theorielastig zu sein. Zwar wird man Teubner
zugestehen müssen, dass Rechtsbildung entgegen einem weit verbreiteten
Vorurteil nicht an formale politische Kommunikation, an „Positivierung“
als Ausdruck einer Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzge-
bers gekoppelt ist, 66 sondern sich in der gesellschaftlichen Kommunikation
selbst vollzieht. Aber wieso aus Rechtsbildungsprozessen in den sozialen
Subsystemen der Gesellschaft sich eo ipso inkrementell eine Vielzahl von
Verfassungen wie z. B. eine weltweite Wirtschaftsverfassung bilden sollen,
die die nationalstaatlichen Verfassungen ergänzen oder sogar ablösen sollen,
ist schwer nachvollziehbar. Impliziert das Phänomen der „globalen Ver-
rechtlichung“ wirklich die „Möglichkeit eines Konstitutionalisierungspro-
zesses auch außerhalb staatlicher und politischer Institutionen“? 67 Theore-
tisch gesehen erscheint diese Konstruktion eher inkonsistent, 68 was man
u. a. auch daran erkennen kann, dass etwa für das Beispiel der Digitalver-
fassung das spezifisch konstitutionelle Moment in „rechtspolitischen Forde-
rungen“ an den Code gesehen wird 69 – also Konstitutionalismus dann doch
wieder vermittelst des Politischen?

IV. Ausblick: Postmoderne Verfassungstheorie


Aus diesen Überlegungen ergibt sich eine gewisse Skepsis gegenüber Teub-
ners Versuch, den Verfassungsbegriff von seiner nationalstaatlichen Tradition
abzulösen und ihn auf die funktionalen Netzwerke weltgesellschaftlicher
Kommunikation übertragen zu wollen. Die damit unterstellte Gegenan-
nahme einer unauflöslichen Bindung des Verfassungsbegriffs an den Natio-
nalstaat hat nichts mit der Angst vor einem Tabubruch zu tun, sondern folgt
der Einsicht seiner Verankerung in einem kontingenten kulturellen Evoluti-
onsprozess, der nur und ausschließlich der modernen (liberalen) Gesellschaft
(nicht aber etwa dem islamischen Rechtskreis) eine Verfassung gebracht hat.
Insoweit Teubner von einer realen oder im Entstehen begriffenen Mehrzahl
globaler Zivilverfassungen – als Wirtschaftsverfassung, Digitalverfassung,

65 Luhmann (Fn. 37), 471.; ders. (Fn. 31), 391 f.


66 Teubner (Matrix – Fn. 9), 173.
67 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 15.
68 Vgl. meine Ausführungen in Thomas Vesting Constitutionalism or Legal Theory, in:

Joerges/Sand/Teuber (Hrsg.), Transnational Governance and Constitutionalism, 2004,


29 ff.
69 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 25.
Politische Verfassung? Der moderne (liberale) Verfassungsbegriff 625

Arbeitsverfassung usw. – ausgeht, scheint sein Konzept doch sehr stark auf
die Möglichkeit neuer stabiler Grenzziehungen im Zuge der Emergenz einer
funktional differenzierten „Weltgesellschaft“ zu setzen. Dagegen wäre je-
doch einzuwenden, dass Teubners Konzept polyzentrischer Globalisierung
zu sehr auf die Kohärenz und Ordnung eines nur in liberalen Staaten ver-
ankerten Gesellschaftsmodells setzt, die der sich abzeichnenden unüber-
sichtlichen Vermengung und wechselseitigen Durchlässigkeit von nationa-
len, transnationalen, supranationalen und lokalen Rechtskreisen – eines
neuartigen und schwer auf den Begriff zu bringenden Polyzentrismus der
Weltkulturen – vermutlich nicht gerecht wird. Das zeigt sich auch darin,
dass der moderne (liberale) Verfassungsbegriff einen kulturell verankerten
Sinnüberschuss voraussetzt, der in den funktionalen Sektoren globaler
Kommunikation, den „Eigenverfassungen der Zivilsektoren“, 70 wohl nicht
erzeugt werden kann. Um es polemisch auszudrücken: So wie man eine
„Differenz“ nicht anbeten kann, kann der Verfassungsbegriff nicht auf eine
Vielzahl „struktureller Kopplungen“ gegründet werden.
Unbeschadet dieser Skepsis sollten die hier angestellten Überlegungen nicht
als Zurückweisung oder gar als rigorose Ablehnung der Überlegungen
Teubners missverstanden werden. Vor allem die im Begriff der Zivilverfas-
sung enthaltenen Ansätze zu einem intersystemischen Kollisionsrecht, das
In-Anschlag-Bringen der Grundrechte gegen sich totalisierende Tendenzen
der kommunikativen Matrix einzelner Systeme, ist produktiv. Dieser Ge-
danke kann sowohl im nationalen wie im transnationalen Raum entfaltet
werden. Teubners Konstruktion kann insbesondere das bis heute dogma-
tisch nicht befriedigend gelöste Problem der „Drittwirkung“ von Grund-
rechten aus seiner staatszentrierten Verengung herauslösen und etwa in die
Figur einer transnationalen „horizontalen“ Wirkung von Grundrechten
transkribiert werden. 71 Obwohl theoretisch und dogmatisch noch nicht
durchgearbeitet, werden vergleichbare Konsequenzen in der Rechtspre-
chung etwa im Zusammenhang mit der Verletzung von Persönlichkeitsrech-
ten gezogen. Das Bundesverfassungsgericht hat etwa Persönlichkeitsrechte
gegenüber dem in Deutschland erscheinenden People-Magazine anerkannt,
auch wenn es um im Ausland lebende prominente Kinder geht (Casiraghi). 72
In der Rechtsprechung der Zivilgerichte wird das gleiche Ergebnis über eine
großzügige Interpretation des Begriffs des „Erfolgsortes“ erreicht. 73 Für das
Schrifttum wäre etwa auf (weiterführende) Überlegungen über Grundrechte

70 Teubner (Zivilverfassungen – Fn. 9), 16.


71 Dazu näher Ladeur/Viellechner (Fn. 5), 42 ff., 62 ff.
72 Vgl. nur BVerfGE 101, 361 ff.
73 Vgl. nur LG Düsseldorf v. 9. 1. 2008 Az. 12 O 393/02, abgedruckt in AfP 2008, 224 ff.,

226 (hinreichender Bezug einer Webseite); vgl. allg. auch Horst Ehmann/Karsten Thorn, Er-
folgsort bei grenzüberschreitenden Persönlichkeitsverletzungen, AfP 1996, 20 ff.
626 Thomas Vesting

gegenüber Online-Intermediären und Zugangsregeln zu elektronischen


Netzwerken hinzuweisen. 74 Eine genauere Analyse dieser Entwicklungen
könnte dann aber auch zeigen, dass der Begriff der politischen Verfassung
selbst noch zu sehr einer staatszentrierten Tradition verhaftet bleibt und den
liberalen Verfassungsbegriff vermutlich gar nicht trifft.

74 Vgl. nur Vagias Karavas Digitale Grundrechte, 2007, 158 ff.; Wielsch (Fn. 30), 66 ff.,

252 f., 273.


Post-Regulatorisches Recht:
1 Chronik einer angekündigten Karriere* 1

Peer Zumbansen**

I. Oben – Unten
Die Rede vom Rechtsstaat war immer von Zweifeln überschattet. Unter
der erdrückenden Last andauernder Exklusionseffekte 1 musste die Freude
über den historischen Siegeszug von Gerechtigkeit in Form und Inhalt ent-
sprechend geteilt bleiben. 2 Das 20. Jahrhundert gibt Zeugnis einer durch-
gehenden Zweisamkeit von Euphorie und Verzweiflung am Recht. 3 Die am
Anfang des 21. Jahrhunderts von der Weltbank fieberhaft verfolgten ‚Rule of
Law‘-Projekte scheinen demgegenüber einem anderen Universum anzuge-
hören, weit entfernt von den Auseinandersetzungen um die Formalität und
Funktionalität des Rechts 4, um den Rechts- und Sozialstaat der Nachkriegs-
zeit oder um die Spannung zwischen Rechtszentrismus und -pluralismus 5,
in deren Kern es um eine radikale Bewertung des Rechtsprojekts als solches
ging. 6 Heute sind hier wie überall im transnationalen Recht Übersetzungs-
herausforderungen zu meistern. Die Devise muss aber lauten: Reflexion
statt Projektion! 7 Hierbei verhalten sich Dekonstruktion (government)
und Rekonstruktion (governance) zueinander wie ineinander verschlungene
DNA -Stränge, und die gegenwärtige Rechtstheorie und -soziologie scheint
sich in Periodisierungen, Kategorisierungen und Abgrenzungen entweder
zu erschöpfen oder neu zu erschaffen. Theoriekarrieren zeigen eine be-
schränkte Halbwertszeit: die Kritik an einer um ‚good governance‘ bemüh-

1 * Gunther Teubner zugeeignet zu seinem 65. Geburtstag (30. 4. 2009) in Dankbarkeit.


** Osgoode Hall Law School. York University, Toronto. Canada Research Chair and
Associate Dean (Research, Graduate Studies and Institutional Relations). Direktor, Critical
Research Laboratory in Law & Society (www.criticalresearchlab.org). Email: Pzumbansen@
osgoode.yorku.ca. Mein Dank für wertvolle Reaktionen an Gralf Calliess, Vaios Karavas,
Alexandra Kemmerer und Achilles Skordas.
1 Cover 1986; Blankenburg 1995
2 Grimm 1991
3 Wiethölter 1988: 36–39
4 Cohen 1935; Kennedy, Duncan 1973
5 Galanter 1981
6 Wiethölter 1965; Forsthoff 1954; Forsthoff 1971
7 Teubner 2002: 146–147, 149–150
628 Peer Zumbansen

ten globalen Rechtsinfrastrukturagenda etwa reift ebenso schnell heran wie


sie wieder abklingt 8, weil sich die im Nationalstaat entwickelte Analyse des
Globalrechts unwiderbringlich im Netz von harten, weichen, offiziellen und
inoffiziellen Normen zu verfangen scheint. „Da es keine globale politische
Instanz gibt, die die Institutionalisierung eines organisierten Entscheidungs-
bereichs im Recht politisch abstützt, wird der genuin rechtliche Normbil-
dungsprozess in den Weiten der Schönen Neuen Welt fragmentiert, unko-
ordiniert und unüberschaubar.“ 9
Was aber tritt an die Stelle des Rechts, wenn sich seine institutionelle
Struktur im Zeitalter ‚offener Staaten‘ 10 und der Erosion seiner Souveränität
von oben und unten 11 durch Privatisierung einerseits 12 und Internationalisie-
rung andererseits 13 verflüssigt? Das schon vor der Globalisierung in Frustra-
tion 14 über und Ablehnung 15 des Interventionsstaats entstehende Verlangen
nach gesellschaftlicher Selbstregulierung durch ‚soziale Normen‘ 16 mündet
in die Suche nach verlässlichen Prozeduren, Garantien und Substanzen.
Aber genau diese sind mit der Transformation des Staates in tiefgreifenden
Wandel geraten.
In diesem Zusammenhang bleibt zeitgemäße Rechtstheoriebildung aufge-
rufen, das lokale und globale Rechtsparadox zu erklären. Das heisst aber,
dass das Recht in der Lage sein muss, das Verhältnis zwischen lokal und glo-
bal zu thematisieren, ohne lokale Sichtweisen unmittelbar auf globale Ver-
hältnisse anzuwenden. Im Nationalstaat gestaltete sich die Arbeit am
Rechtsparadox vorrangig politisch: es ging entweder um eine Kritik 17 und
Dekonstruktion des Rechts 18 oder um seine Beschwörung und Rettung.19
Dabei blieb Kelsens Staat der scheinbar unverrückbare Bezugspunkt der
rechtlichen Architektur und Webers Recht die Inkarnation der rationalen,
wenn auch gefährdeten Ordnung. 20 Seit den Anfängen der Rechtssoziologie
ist aber als Problem erkannt worden, dass das Recht nicht mehr ohne den
Staat zu denken ist. Die Staatsbezogenheit des Rechts wird schließlich zum
Haupthindernis für jeden Versuch, politische Ordnung in dem Moment neu
zu denken, wo der Rechtsstaat an der Komplexität der Gesellschaft schei-

8 Rittich 2002; Rittich 2005


9 Teubner 2000: 442
10 Di Fabio 1998
11 Sassen 1998
12 Bauer 1995; Aman Jr. 1997
13 Slaughter 2004
14 Posner 2000
15 Griffiths 1986
16 Bernstein 1992; Hadfield 2001
17 Cohen 1935
18 Derrida 1990
19 Wiethölter 2003
20 Weber 1967: § 8
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 629

tert. In dem Maße, in dem der Staat jedoch Imaginationsfluchtpunkt für


eine besonders im Westen im zwanzigsten Jahrhundert gelernte Form poli-
tischer, gesellschaftlicher und rechtlicher Ordnung bleibt 21, scheint der Weg
für eine an der Gesellschaft ausgerichtete Theorie des Rechts verstellt zu
sein. Die Hauptaufgabe von Rechtssoziologie und -theorie musste daher im
Auseinander- und Aushalten dieser Perspektiven auf Staat und Recht liegen:
das mag schließlich auch den Ideenreichtum der zeitgenössischen, interna-
tionalen Theoriebildung ‚in and around the law‘ erklären, der sich vor allem
in den weitreichenden Positionierungen von Alternativansätzen zu recht-
licher Steuerung niedergeschlagen hat. 22 Allen diesen Denkbewegungen ist
gemeinsam, dass sie aus bestimmten Einbettungskontexten hervorgehen
und auf lange Sicht auch nur vor dem Hintergrund historischer, politöko-
nomischer und intellektueller Konstellationen verständlich sind. Weil aber
die Art und Weise, wie das Verhältnis von Recht und Nichtrecht problema-
tisiert und diskutiert wird und welchen Stellenwert oder keinen dabei Staat,
Gesellschaft, öffentlich, privat usw. einnehmen je nach Ort und Zeit vari-
iert 23, gilt es diese embeddedness besonders in einer Zeit im Auge zu behal-
ten, in der sich (wegen der seit 2007 herannahenden und sich im Herbst
2008 dramatisch zuspitzenden weltweiten Finanzkrise) vielerorts der (ver-
zweifelte) Ruf nach dem Staat vernehmen lässt.
Als Gunther Teubner in den achtziger Jahren auszog, den Staat und
das Recht das Fürchten zu lehren, stand es um beide schon schlecht. Der
Staat hatte sich vollmundig und waghalsig in das Abenteuer Keynesiani-
scher Wirtschaftspolitik gestürzt 24 und dabei das Recht zum bevorzugten
Element sozialen Ingenieurtums gemacht. Dass solch ein von nicht uner-
schöpflichen utopischen Energien 25 getragener Rechtsinstrumentalismus
wegen der Komplexität sozialer Verhältnisse an Grenzen stoßen musste,
erkannte Teubner früh, was ihm damals weder viel Freude noch Freunde
machte. „Wir stehen vor der merkwürdigen Situation: Nullprozentige Be-
folgungsrate bei hundertprozentiger Informiertheit und extrem hoher Sank-
tionserwartung.“ 26 Der Grund für die auf den Konzeptvorstoß des reflexi-
ven Rechts folgenden Missverständnisse 27 ist vor allem in der Vermischung
der von Teubner selbst so meisterhaft auseinander- und ausgehaltenen Per-
spektiven – Staat hier, Recht da – zu finden: bei aller wachsenden Frustra-

21 Zumbansen 2000
22 Zumbansen 2008 mwN.
23 Luhmann 1995: 101; s. auch Schmidt-Assmann 2006, 155: „Staatsaufgaben ergeben

sich nicht aus einem abstrakten Staatsbegriff, sondern im Rahmen der jeweiligen Verfas-
sungsordnung.“
24 Luhmann 1981; Ritter 1979
25 Habermas 1985
26 Teubner 1992: 141
27 Blankenburg 1984; Nocke 1986; Maus 1986
630 Peer Zumbansen

tion über die nicht ab-, sondern zunehmenden Widerstände gegen die von
einem wohlmeinenden Staat ausgehenden, aber mit zweifelhafter ‚Wirk-
samkeit‘ gesegneten Verrechtlichungen wurde weiterhin am Recht Weber-
scher Tradition festgehalten. Zur Disposition steht seit diesem Zeitpunkt
einerseits die Rettung interventionistischen Rechts 28, andererseits die Ver-
abschiedung eines akteurszentriert konzipierten Verhältnisses zwischen
Staat und Gesellschaft. 29 Der Glaube an die (erreichbare) Optimierung einer
hoheitlichen oder privat-öffentlich gemischten Staatsaufgabenserfüllung
wird dabei nachhaltig von den fortbestehenden Unsicherheiten genährt, die
mit der Anpassung verwaltungsrechtlicher Systembildung an die Bedingun-
gen der Informations- und Wissensgesellschaft verbunden scheinen. Auf
Steuerungs- und Implementationsversagen regulatorischen Rechts wurde
schon damals – wie heute – auf Wechselwirkungen und Auffangordnungen
zwischen zwei als relativ autonom verstandenen Einflussbereichen gesetzt.30
Bei aller Verliebtheit in Chroniken sich abwechselnden Staats- und Markt-
versagens31 bleibt der eingerichtete und ausgeübte Rechts- und Politikbetrieb
jedoch blind gegenüber den Autonomieansprüchen ausdifferenzierter Ge-
sellschaftsbereiche. Es sind aber gerade diese, die sich nachhaltig einer Ka-
tegorisierung als ‚private‘ oder ‚öffentliche‘ Einflusssphären entziehen. Das
heisst nicht, dass eine an ‚privat‘, ‚öffentlich‘, ‚Staat‘ oder ‚Markt‘ orien-
tierte Rechtstheorie und -kritik folgenlos oder wertlos geworden wäre. 32 Sie
ist aber weiterzudenken und zu -entwickeln mit Blick auf die Differenzie-
rung von Sozialfunktionen, die nicht mehr gradlinig der einen oder anderen
Handlungs- oder Wertrationalität zugeordnet werden können. Vielmehr
muss es gelingen, an frühere Streitstände anzuknüpfen, ohne zeitgenössi-
sche Problembeschreibungen auf gegenwärtige Verhältnisse anzuwenden.
In diesem Zusammenhang wurde die Steuerungskrise des Rechts- und
Wohlfahrtsstaats von Teubner als Gelegenheit verstanden, das Verhältnis zwi-
schen Staat und Recht neu zu denken.33 Als erstes musste dafür von einem
Bild Abschied genommen werden, auf dem der Staat ‚oben‘, die Gesellschaft
‚unten‘ verzeichnet sind. Als zweites konnte es nicht um eine vordergründig
ernüchterte, unterschwellig aber weiter progressive Ziele verfolgende Rechts-
reform gehen à la ‚responsive law‘34 oder Law & Society35. Stattdessen betonte

28 Siehe die Diskussion bei Hoffmann-Riem 1997, und Hill 1997, bes. 84 zur Notwen-

digkeit verbesserter Wissensorganisation zwecks einer optimierten Erfüllung von Staats-


aufgaben
29 Vesting 2000
30 Zur Kritik mwN. siehe nur: Vesting 1997
31 Dazu eindrucksvoll Shiller 2008
32 Böhm 1960; Pound 1939
33 Teubner 1986
34 Selznick 1969
35 Trubek 1972
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 631

Teubner die Wichtigkeit der Aufgabe, Rechtsmodelle als stragische Modelle


zu verstehen, die „soziologische Theorien des Rechts in sich auf[nehmen],
aber [diese] in rechtliche Konstruktionen der sozialen Wirklichkeit [transfor-
mieren].“36 Damit scheint aber der Steuerungsanspruch des Rechts aufgege-
ben zu werden.37 Der anscheinend allpräsente Staat, ohne den wir nicht über
Recht zu sprechen in der Lage schienen38, konnte endlich in seiner partikula-
ren Autonomie verstanden werden, nämlich als historisch kontigente Verkör-
perung des politisches Systems, das zu unterschieden ist von dem der Wirt-
schaft, des Rechts, der Kunst usw. Nicht nur der ‚Staat‘, sondern das so viele
Schwierigkeiten bereitende Verhältnis zwischen Staat und Recht konnte da-
mit in einem neuen Licht erscheinen: Recht, als einer besonderen Logik,
Sprache, Ordnung gehorchend, und historisch eine (lange) Zeit lang mit
dem Staat und damit mit seiner Politik, seinem Administrations- und Herr-
schaftsanspruch assoziiert und, vor allem, mit seinem Rechtsdurchsetzungs-
anspruch39, konnte nun verstanden werden in seinem Verhältnis zu sich selbst
und seinen Umwelten, zu denen unter anderem, in gewissen Teilen der Welt,
zu bestimmten Zeiten, auch der Staat gehörte. Teubner arbeitete mit vorder-
gründiger Trockenheit und hintergründiger Hartnäckigkeit heraus, dass sich
das Recht auf sich zu besinnen zu hat, und dass darin keine Aufgabe seiner
zeitweisen Himmelsstürmereien oder tieftrüben Verzweiflungen liegen muss.
Vielmehr wäre Folge einer rechtlichen Selbstironisierung die Erkenntnis da-
von, was das Recht ist, und was es eben nicht ist.40
Radikaler hätte der Autonomiegewinn des Rechts kaum beschrieben
werden können. Aber deswegen geriet er auch so furchterregend. Sollten
die folgenden Beschwichtigungen tatsächlich ausreichen, die Besorgnis über
Recht, Gerechtigkeit und Gleichheit, die die Juristen des Sozial- und Wohl-
fahrtsstaats jahrzehntelang plagten, beiseite schieben zu können?
„Es gibt keinen direkten Zugang zur sozialen Realität, es gibt nur konkur-
rierende Systemmodelle der Wirklichkeit […]. Deshalb muß man es als
eine problematische Beziehung zwischen rechtlichen und sozialen Model-
len der Wirklichkeit fassen, die beide ihr eigenständiges Existenzrecht
haben. Es besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem analy-
tisch-empirischen Kontext der Wissenschaft, dessen Wahrnehmung mehr
oder weniger strengen Beschränkungen unterworfen ist und den Welt-
konstruktionen der Rechtstheorie, die ganz anderen Restriktionen ausge-
setzt ist. […] Man kann dies als ein Problem der Macht sehen: Wer hat die
Macht, seine Wirklichkeitskonstruktion den anderen vorzuschreiben? […]

36 Teubner 1984: 111–112


37 Teubner 1992: 150
38 Calliess 1999; Möllers 2000; Zumbansen 2000, 2003
39 Siehe nur Galanter 1981
40 Teubner/Willke 1984
632 Peer Zumbansen

Ich würde es lieber als ein Problem der Kompatibilität definieren, als Pro-
blem der Analogisierung und der wechselseitigen Lernchancen. Rechts-
geschichte und Rechtssoziologie produzieren Ergebnisse, die von Juristen
entweder zurückgewiesen werden können, oder die zu fundamentalen
Veränderungen in der rechtlichen Modellkonstruktion führen können.“41
Teubners Verdienst liegt darin, die Krise des regulatorischen Rechts im Na-
tionalstaat als Chance für eine Neuorientierung rechtssoziologischen und
rechtstheoretischen Denkens zu begreifen. Aber darin liegt gleichzeitig auch
die Last, den rechtschaffenden Weggenossen ihre aufopferungsvoll verfolg-
ten Reformprojekte immer wieder als unterkomplex und verfehlt aus den
Händen nehmen zu müssen, um sie auf höherer Abstraktionsebene zu
reformulieren. 42 Das damals begonnene Theorieprojekt ist nicht ohne den
historisch-theoretischen Rahmen zu verstehen, der es umgab. Nachkriegs-
zeit, Westbindung, Bonner Republik, Wohlfahrtsstaat, Konzertierte Aktion,
Aufarbeitung der Vergangenheit und die ‚Unfähigkeit zu Trauern‘, 1968,
sozialliberale Koalition, die ‚Wende‘. Noch bevor die Spannung zwischen
den Daten 1945 und 1989 ins Bewusstsein sickern konnte, hatte Teubner
eine Entzauberung der Rechtswelt skizziert, die nur schockieren konnte.
In einer Zeit und einem Klima bezaubernden intellektuellen Reichtums 43
rekonstruierte Teubner die Evolution des Rechts anhand eines derart aus-
gereiften Modells, dass sein Aufsatz von 1982 44 bis heute Ausgangspunkt
der Beschäftigung mit ‚Recht‘ sein kann. Seine Radikalität ist nicht allein in
der atemberaubend erschöpfenden und genauen Literaturanalyse zu sehen,
sondern besonders in der interdisziplinären und rechtstheorievergleichen-
den Ausleuchtung des Verhältnisses zwischen Sozial- und Rechtstheorie. In
Teubners ARSP-Beitrag zum Reflexiven Recht ist in nuce sein Rechtspro-
gram enthalten, das er in den folgenden Jahrzehnten immer weiter ausdiffe-
renziert und in Kompatibilitätsexperimente mit den wichtigsten soziologi-
schen Wirklichkeitskonstruktionen verstrickt. Für Kollegen, Schüler und
Studenten ist dieses Unternehmen vor allem durch die immer neugierige,
Kontakt, Konflikt, Irritation und Bereicherung suchende Herausforderung
und Destruktion rechtlicher Gewissheiten geprägt, gleich, ob sich diese auf
die Beschäftigung mit dem Vertragsrecht 45, dem Unternehmens 46- oder Um-
weltrecht 47, dem Verfassungs- oder Internetrecht bezieht. 48

41 Teubner 1984: 114, 115


42 Siehe nur den Austausch zwischen Blankenburg 1984 und Teubner 1984.
43 Siehe nur Wiethölter 1968; Hart 1976; Koselleck 1979; Maus 1980; Brüggemeier 1982;

Ladeur 1983
44 Teubner 1982
45 Teubner 2000; Teubner 2003; Teubner 2007
46 Teubner 1985; Teubner 1987; Teubner 1990
47 Teubner/Farmer/Murphy 1994
48 Teubner 2000; Teubner 2002
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 633

Dies sind fürs Erste die vorrangigen juristischen ‚Felder‘, auf denen sich
der Rückzug des nationalen Wohlfahrtsstaats und die Neuformierungen des
Rechtssystems studieren lassen. Und es ist auf diesen Feldern, wo sich die
Herkunft seines Rechtsprogramms und dessen embeddedness in eine äußerst
wechselhafte, problematische politische Ökonomie noch am deutlichsten
ablesen lässt. In dem Maße, in dem sich Teubners Neugier auf das Recht jen-
seits des Staates richtet, tritt die Perspektive des Rechts nach dem Staat in
den Hintergrund. 49 Der Bogen wird nun erneut aufgespannt zwischen den
Anfängen der Ehrlichschen Rechtssoziologie und den Herausforderungen
post-nationaler regulatory regimes. 50 Dabei rücken die höchst fragilen Kon-
struktionen rechtlicher Ordnungen in einer Welt ins Zentrum, deren unge-
klärte Beschaffenheit selbst wieder zum Teil der Rechtsmodellbildung ge-
macht wird. 51 Und hier zeigt sich, dass am Anfang schon ‚alles‘ da war. So
wie Teubner zu Beginn der achtziger Jahre feststellt, dass sich die Krise des
regulatorischen Rechts vor allem in einer zweifachen Grenzüberschreitung
zeige, namentlich in der „Irrelevanz der Regulierung“ und der „desintegrie-
rende[n] Effekte in der selbstreproduktiven Organisation von Recht, Politik
und Gesellschaft“ 52, gelingt ihm heute der Nachweis, dass die Herausforde-
rung des Rechts nicht aus einer bestimmten, letztlich nicht weiterführenden
Perspektive im Fehlen eines Weltstaates gesehen werden könne. 53

II. Innen – Außen


Die Weltgesellschaft wird Teubner nun zum Laboratorium, in dem die
Versuchsreihen des im nationalen Rahmen entwickelten reflexiven Rechts
erneut aufgenommen werden, diesmal aber unter radikal veränderten Be-
dingungen. In ständigem Austausch mit Erkenntnissen anderer Globalisie-
rungswissenschaften verfolgt Teubner die Idee funktioneller Ausdifferenzie-
rung auch in einer Welt ohne Staat, Politik und Recht (?) 54 weiter, um zu
untersuchen, wie sich das Recht unter den Bedingungen radikaler Öffnung

49 Hierzu: Michaels 2007


50 Teubner 1992; Teubner 1996; Teubner 1997 (Breaking Frames); Teubner 1997 (King’s
Two Bodies)
51 Teubner 2003 (Globale Zivilverfassungen)
52 Teubner 1984: 130
53 Teubner 1997 (King’s Two Bodies): 159 „If we abandon the old practice to obscure the

de-facto lawmaking in all kinds of ‚private governments‘ and bring to light that what they
are doing is producing positive law which we nolens-volens have to obey, then we ask more
urgently than before the question: What is this ‚private legal regime’s‘ democratic legit-
imation? […] That seems to me the liberating move that the paradox of global law without
the state has actually provoked: an expansion of constitutionalism into private law produc-
tion which would take into account that ‚private governments‘ are ‚public governments‘.“
54 Luhmann 1993: 585–586
634 Peer Zumbansen

verhält. Der Anthropologie, Geographie und Soziologie etwa geht es inzwi-


schen bei der Ausleuchtung des globalen Raums um eine Dezentrierung des
Staats: dabei ist aber immer wieder der Versuch zu erkennen, Politikkritik
mit Rechtskritik zu verbinden. Das zeigt sich vor allem in der an Norden
und Süden und an core und periphery ausgerichteten Dekonstruktion post-
nationaler Rechtsordnungen. 55
Diese auf das Globalrecht bezogenen Analysen erwecken starke Erinne-
rungen an die Rückkehr der Rechtsanthropologen von ihren Ausflügen in
die Dekolonisierungswelt in die fortgeschrittenen Rechts- und Wohlfahrts-
staaten und ihre daran anknüpfende lokale Rechtskritik. 56 Demgegenüber
bricht Teubner schon früh mit rechts- und sozialreformerisch ausgerichteten
Instrumentalisierungen des Rechtspluralismus. Indem er dem postnationa-
len Recht die Aufgabe zuschreibt, die funktionsbereichsbezogene Normie-
rung „eines formal organisierten Bereichs“ einerseits und eines „spontanen
Bereichs innerhalb eines Teilsystems und besonders des prekären Verhält-
nisses zwischen ihnen“ zu übernehmen, vollzieht er den Prozess der Ent-
staatlichung des Rechts in der letzten Konsequenz – und damit den der Ent-
instrumentalisierung der Weberschen Rechtsrationalität. Endgültig den an
Dichotomien von Staat/Gesellschaft und öffentlich/privat orientierten In-
terventionsanspruch aufgebend, soll das Recht die fragile Grenze zwischen
Spontanität (Öffentlichkeit, Kritik, Protest, Deliberation – oder: verliebt,
verlobt …) und Organisation (Verbund, Verband, … verheiratet) stabilisie-
ren helfen. Das sich nun herausbildende Recht der Weltgesellschaft ist nicht
mehr mithilfe der rechtlich-politischen Distinktionen des 20. Jahrhunderts
zu greifen: es handelt sich um das fragmentierte Weltrecht einer fragmen-
tierten Weltgesellschaft ohne Spitze und Zentrum. Während nun mit dem
Verlust des institutionellen Rahmens, der Unterscheidungen und gewohn-
ten Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse das Recht neu erlernt
werden muss, kann dieser – transnationale – Lernprozess nicht auf frühere
Routinen oder Orientierungsposten zurückgreifen. 57 Das Recht muss nun-
mehr funktions-, nicht aber institutionsbezogen lernen.
Die Zerstörung der Rechtshierarchie der Weltgesellschaft gibt das zu-
künftige Forschungsprogramm vor: nach Rechtsrealismus und Dekon-
struktion ist die Globalisierung schlechthin die wichtigste Kraft in der
Rechtswelt. Die Idee Luhmanns von der Gesellschaft als Weltgesellschaft 58
weiterführend, verschiebt Teubner oben und unten, innen und außen. 59 Aus
dieser Perspektive kann die Rechtsfunktion überall in der globalen Welt auf-
gespürt werden, im Bereich der Menschenrechte, des Vertragsrechts, des
55 Sousa Santos 1987; Rajagopal 2003; Sassen 2003; Sassen 2006
56 Galanter 1981; Griffiths 1986
57 Amstutz/Karavas 2005
58 Luhmann 1970
59 Teubner 1997 (King’s Two Bodies)
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 635

Konstruktionsrechts und des Sportrechts. 60 Mit der wachsenden Regulie-


rungsdichte sich rasant herausbildender, transnationaler Normregimes ver-
ändert sich der an ihnen abarbeitende Rechtsbegriff. Das Leiden am Recht
des Nationalstaates, das zum Leiden am globalen Recht 61 wurde, wird zu-
nehmend (wieder) zum Leiden am Recht selbst 62, zum Leiden an einem
Recht, das bei aller – für die Einen – fachbezogenen Spezialisierung 63 und –
für die Anderen – funktionalen Ausdifferenzierung 64 – doch nie aufhört, Er-
wartungen zu wecken. Sein Erfolg, sein Wert, seine Glaubwürdigkeit blei-
ben dann an seine Fähigkeit geknüpft, Erwartungen zu stabilisieren. Damit
ergeben sich mindestens zwei Fragen, die der Rechtstheorie und -soziologie
weiterhin beträchtliche Kopfschmerzen bereiten. Die Rechtstheorie bleibt
weiterhin vor die Herausforderung gestellt, das Verhältnis von Recht und
Nicht-Recht zu klären, während sich die Rechtssoziologie anhaltend der
Frage zu stellen hat, wie es den ständig erforderlichen Lern- und Anpas-
sungsprozess des Rechts beschreiben kann. 65 Ein Versuch der Beantwor-
tung dieser Fragen, die in Teubners Werk eine zentrale Rolle spielen, kann
nur im Kontext eines angemessen komplexen Gesellschaftsbegriffs erfolgen.

III. Wissen, (Leiden, Erinnern)


Wie Wiethölter 66
verweist Teubner 67 auf die zentrale Bedeutung dezentra-
ler Wissensgenerierung. Mit dieser Weichenstellung ist die Aufgabe eines
Glaubens an heilsbringende Universalformeln verbunden, die angesichts
einer heillosen Welt keinen Trost spenden können. Stattdessen geht es um
den Beitrag des Rechts zur Ermöglichung von Selbstreflexion, was immer
heissen muss, die Wirklichkeit, so wie sie von der Wirtschaft, der Politik,
der Religion, der Kunst usw. konstruiert wird, in der Rechtsmodellbildung
zu verarbeiten und somit Teil des Rechtsmodells werden zu lassen. Damit
scheint aber lediglich ein außerordentlich ernüchterter Rechtsbegriff übrig
zu bleiben: „Materiale Orientierungen eines prozeduralen Rechts sind auf
das ehrgeizige Ziel gerichtet, zwischen funktionalistischen und kritischen
Ansätzen zur Sozialtheorie zu vermitteln.“ 68 Das Gegenteil soll aber der Fall
sein: Wie sich etwa am Vertragsrecht zeigen lässt, ist unter Heranziehung

60 Fischer-Lescano/Teubner 2006
61 Fischer-Lescano 2002
62 Teubner 2008
63 Canaris 2000
64 Luhmann 1981: 51 ff
65 Zur Skizzierung dieser Fragen Zumbansen 2008a
66 Wiethölter 1974; Wiethölter 1986; Wiethölter 1988
67 Teubner 1984: 144–145
68 Teubner 1984: 144
636 Peer Zumbansen

eines offenen, ja rohen und der sozialen Wirklichkeit ‚ausgesetzten‘ Rechts-


begriffs nicht länger an sozialreformerischen oder ansonsten normativ aus-
gerichteten Objektivierungen festzuhalten, etwa um den Willen der Parteien
zu ermitteln, einen Interessenkonflikt zu lösen oder den Sinn einer Norm
zu ermitteln. 69 So gilt dann auch für das Unternehmensrecht, dass sich die
Anerkennung sozialer oder ‚gesellschaftlicher‘ Verantwortung eben nicht
als Ergänzung eines ansonsten als unhinterfragbar geltenden Unterneh-
mensinteresses durch allgemeinere Belange gemeint sein kann. Vielmehr
zielt der Begriff auf eine umfassende Selbstreflexion des auf das Unterneh-
men bezogenen Rechts. 70 Im Verfassungsrecht schließlich zeigt sich die ge-
sellschaftliche Natur des Rechtsbegriffs noch einmal in aller Deutlichkeit:
Vor dem Hintergrund der anhaltend thematisierten Spannung zwischen
constitution und constitutionalization 71, zwischen Verfassung und Konstitu-
tionalisierung 72 muss das Verfassungsrecht als Kollisionsrecht gedacht wer-
den. Dabei geht es nicht um die Kollision unterschiedlicher Rechtserwar-
tungen der Rechtsträger einer Gesellschaft, solange mit ihnen immer noch
die Vorstellung von identifizierbaren Interessen- und Werteträgern verbun-
den ist. Von einer derart individualistischen Sichtweise muss gerade deswe-
gen Abschied genommen werden, weil sie einerseits die Offenheit des bei je-
dem Menschen anzunehmenden Wertehorizonts und der mit diesem
verbundenen Lernfähigkeit verfehlt, andererseits aber grundsätzlich blind
bleibt gegenüber der besonderen Natur gesellschaftlicher Wissensgenera-
tion, -verknüpfung und -rezeption. 73 In dem für das Recht entscheidend
werdenden Konzept der Wissensgesellschaft ist das Recht extrem fragil ge-
dacht. Nicht mehr als Transmissionsriemen gesellschaftlicher Werte in poli-
tische Institutionalisierung, und angesichts einer radikalen Diversifizierung
der Weltgesellschaft und ihrer Probleme wahrscheinlich auch nicht mehr als
Mediationsplattform sozialer Konflikte. 74 Die Aufgabe des Rechts besteht in
der Reformulierung unterschiedlicher gesellschaftlicher Problemlagen in der
lauten und leisen Sprache des Rechts. 75 Und so, in immer flüchtiger werden-
den, zwischen konstituierten Räumen und verblassenden Orten hin- und
herschweifenden Denkbewegungen 76, werden Stimmen hörbar, Strukturen
sichtbar und Zeitläufte gesellschaftlicher Evolution lesbar, derer sich das
Recht – ohnmächtig, aber schlaflos – immer wieder annehmen muss. 77 Der

69 Teubner 2007; Zumbansen 2007, 232–233


70 Teubner 1983; Ladeur 1997
71 Llewellyn 1934; Macaulay 1986
72 Wiethölter 2003
73 Ladeur 1995: Kap III , 51 ff
74 Kennedy, David 2003
75 Koselleck 1987; siehe weiter hier Forsthoff 1964, dort White 1984; Cover 1983
76 Sassen 2006
77 Teubner 2003: 45, unter Verweis auf Wiethölter 2003
Post-Regulatorisches Recht: Chronik einer angekündigten Karriere 637

ausschlaggebende Unterschied der jetzigen Suche nach Recht zum Rechts-


projekt vor und während des Wohlfahrtsstaats besteht allerdings in der Ra-
dikalität, in der sich das Recht veräußert, seine rohe Oberfläche nach außen
kehrt und sich auf die Welt einlässt, nachdem es seines erlernten, eingerich-
teten und ausgeübten Institutionengefüges verlustig gegangen ist. Stattdes-
sen sind da nur noch ausdifferenzierte gesellschaftliche Vorgänge, die ihrer
je eigenen Rationalität folgen und in denen das Recht neben anderen Kon-
turen gewinnen muss. Ob und wenn, unter welchen Bedingungen, dies ge-
lingen kann, ist die Frage.

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IV. Transnationalisierung des Rechts
644
Weltrecht: Ein Derridasches Monster

Marc Amstutz und Vaios Karavas

I. Weltrecht als greffe


Wer weiss schon, wie Weltrecht aussieht oder auszusehen hätte? Die
Theorie beobachtet seit einiger Zeit unzählige Normativitäten im globalen
Raum, von denen ungewiss ist, ob sie gelebte Wirklichkeiten, semantische
Artefakte oder Schimären darstellen. Sie gelangt in ihren Analysen zu
höchst unterschiedlichen Ergebnissen, die sich bald harmonisch assoziieren,
bald diametral widersprechen. Weltrecht als Ergebnis von Rechtsschöp-
fungskräften der globalen Zivilgesellschaft (Teubner 2003; 1999; 1996;
Calliess 2006), als cosmopolitan law (Berman 2007; 2005.), als Ausfluss einer
polyarchischen Dezentralisierung der Weltgesellschaft (Gerstenberg 2000:
141 ff.; Cohen/Sabel 1997), als civic participation (Nickel 2005: 30), als dif-
férend in den Kollisionen von neoliberaler und contra-hegemonialer Glo-
balisierung (Santos 2006) usw.: Was lehren uns die mit diesen allgewaltigen
Formeln einhergehenden Übereinstimmungen, Affinitäten, Spannungen,
Oppositionen und Antagonismen?
Derrida (1992: 399 f.) hat einmal Erkenntnisprozesse des Stils, wie sie sich
gegenwärtig mit Blick auf das Weltrecht abspielen, als monströs qualifiziert:
„Le monstre c’est aussi ce qui simplement apparaît pour la première fois et,
par conséquent, n’est pas encore reconnu. Un monstre c’est une espèce
pour laquelle nous n’avons pas encore de nom, ce qui ne veut pas dire que
l’espèce est anormale … . Mais dès qu’on perçoit un monstre …, on com-
mence à le domestiquer … à le comparer aux normes, à l’analyser, par con-
séquent, à maîtriser ce que cette figure du monstre pouvait avoir de terrifi-
ant. Et le mouvement d’accoutumance mais aussi de légitimation et, par
conséquent, de normalisation a déjà commencé.“ Diese Passage hat keines-
wegs bloß anekdotischen Charakter, sondern enthält methodische Angaben
von kaum zu überschätzendem Wert: Wenn das gegenwärtig beobachtete
Weltrecht tatsächlich in aller Radikalität neu ist („… pour la première
fois …“), wenn dieses Gebilde eigentümlicher Normativität wirklich noch
nicht erkannt sein sollte („… pas encore reconnu …“), dann muss die (im-
mer schon begonnene) Suche nach einem „Namen“ von Bisherigem abstra-
hieren. Und das heißt: Wir müssen davon ausgehen, dass unsere tradierten
rechtlichen Begrifflichkeiten, die im unversiegbaren Pool von judiziellen
646 Marc Amstutz und Vaios Karavas

Sprüchen immer wieder bewährten Rechtsfiguren und der überlieferte Stu-


fenbau der Rechtsordnung mit seiner Trias von Verfassungs-, Gesetzes- und
Richterrecht bei der accoutumance, der légitimation, der normalisation des
Monsters, des Weltrechts, von geringem Nutzen, ja vielleicht sogar kontra-
produktiv sind, da sie eine Vertrautheit vorspiegeln, die in Wahrheit absent
ist. Zwischen Weltrecht – so unsere erste These – und seinem nationalen
Pendant liegen Welten. Diese Annahme bedeutet namentlich, dass es keinen
„ontologischen“ Rechtsbegriff gibt, dass sich also der traditionale, in regional
segmentierten Gesellschaften herausgebildete Begriff des Rechts im Welt-
recht auch nicht partiell wiederfinden muss, dass sich Recht in der Weltge-
sellschaft in betonter (relativer oder womöglich auch gänzlicher) Distanz
von der „rechtlich-politischen Normierung“ (Luhmann 1987: 338) im Na-
tionalstaat ausbildet und entwickelt.
Wenn sich aber Weltrecht in einer Gestalt zeigt, in der es sich noch nie
gezeigt hat, wenn es ein monstrum ist: Wie soll man es angehen, um es zu
normalisieren? Wie kann man dessen Nicht-Beliebigkeit erfassen und zur
Routine machen? Auch hier hilft Derrida (1992: 399), wenn er erläutert, was
man unter einem Monster zu verstehen hat: „Un monstre, ça [est] … une
figure composite d’organismes hétérogènes qui sont greffés les uns sur les
autres. Cette greffe, cette hybridation, cette composition qui met ensemble
des corps hétérogènes peut être appelée un monstre.“ Globales Recht als
greffe – aber nicht irgendeine greffe, sondern eine solche von heterogenen
Körpern, eine solche, die die Heterogenität abarbeitet und unsichtbar wer-
den lässt, was Transplantat und was aufnehmender Körper ist. Eine greffe
also, die das Ausgangsmaterial verwandelt, umformt, umkrempelt, ja ge-
wissermaßen verhext und jedenfalls einer kategorischen Metamorphose un-
terzieht, ohne dass sich sagen ließe, die anfänglich präsente Heterogenität
sei belanglos: Erst sie gibt der Transplantation ihre Idiosynkrasie. Aber wel-
che heterogenen Körper werden im Weltrecht in dieser „trans-formieren-
den“ Manier vereint? Und wie muss diese „Trans-Formation“ aufgefasst
werden? Was sind ihre Effekte auf den Rechtskörper? Welche Gestalt nimmt
dieser im Prozess der Globalisierung, in der Mangel dieser sozialen Maschi-
nerie an? Im Zentrum dieser Fragen stehen die Strukturen der Weltgesell-
schaft (cf. Stichweh 2000; 2006; Buzan 2004; Keane 2003; Beck 1997;
Wallerstein 1998; Giddens 1995; Burton 1972: 20). Denn sie sind die hete-
rogenen Körper der transplantatio iuris. Vielfach wird diesen Strukturen im
weltrechtlichen Schrifttum nur untergeordnete Bedeutung zugemessen. Et-
was undifferenziert wird meistens unterstellt, dass sich die Weltgesellschaft
aus globalen Funktionssystemen (Wirtschaft, Religion, Wissenschaft, Kunst
usw.) zusammensetzt, die die regionalen Funktionssysteme gewissermaßen
in sich aufnehmen und damit die Segmentierung nivellieren (cf. Lieckweg
2003: 4 ff.). Theoretisch bleibt eine solche Prämisse unterdeterminiert. Sie
muss durch die Einsicht überwunden werden – und das ist unsere zweite
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 647

These –, dass sich in der Weltgesellschaft nebst der funktionalen Differen-


zierung eine Reihe anderer Formen der Strukturbildung entwickelt hat, die
erst mit einiger Klarheit sichtbar macht, wie das Globale mit dem Lokalen
oder Regionalen zusammenhängt bzw. nicht zusammenhängt (cf. Sassen
2008: 649; Stichweh 2006; Bauman 1998; Beck 1997). Erst wenn man diese
Strukturvielfalt in die Betrachtung miteinbezieht, lässt sich Weltrecht
rechtssoziologisch fundieren, d. h. als „lebendes Recht“ registrieren.
Warum sollte sich nun aber das Recht in der Diversifizierung der Welt-
strukturen als Derridasches Monster offenbaren? Was daran ist auf lokaler
oder regionaler Ebene unbekannt? Ließe sich Weltrecht nicht einfach als
Modifizierung nationalen Rechts andenken, dies unter genuinen Anpassun-
gen, die vor allem berücksichtigen, dass auf globaler Ebene keine funktional
ausdifferenzierte Politik anzutreffen ist? Wie lässt sich erklären, dass die
greffe globaler Strukturen auf das corpus iuris einen „trans-formatorischen“
Effekt zeitigt, der Weltrecht als radikal neues Phänomen ans Tageslicht tre-
ten lässt? Um auf diese Frage einzugehen, müssen wir unsere zwei ersten
Thesen zu einer dritten bündeln: Wenn Recht in der Globalisierung mit den
nationalstaatlichen Kategorien nicht fassbar ist, gleichsam keine „Ontolo-
gie“ des Rechtsbegriffs verfügbar ist, dann kann nur eine funktionale Ana-
lyse weiterhelfen. Ganz in diesem Sinne wird im rechtssoziologischen
Schrifttum über den Wandel des Rechts in der Weltgesellschaft ausgeführt:
„[M]an [wird] … vermuten dürfen, dass auch die Art, wie das Recht seine
Funktion erfüllt, von jenem Wandel betroffen ist. Von den klassischen
Rechtsbegriffen aus – wenn man zum Beispiel Recht als sanktionierten Be-
fehl staatlicher Organe begreift – lässt sich eine Veränderung der Art, wie
Recht ist, was es ist, kaum fassen. Rechtsbegriffe der Rechtswissenschaft,
die auf ein Entweder/Oder der Geltung zugeschnitten sind, eignen sich
nicht dazu, sublime Verschiebungen in der Art, wie Recht seine Funktion
erfüllt und als Sinn erlebt wird, aufzudecken“ (Luhmann 1987: 341). Aber
worin mag diese neue „von jenem Wandel betroffene Funktion“ des Rechts
bestehen? Was verändert die Globalisierung an der „Art, wie Recht ist“? Die
Antwort kann nur von den weltgesellschaftlichen Strukturen gegeben wer-
den, von den Anforderungen, die sie dem Erleben und Handeln in der Glo-
balisierung stellen. So ist in diesem Zusammenhang die These aufgestellt
worden, dass auf die sehr hohe Komplexität in der Weltgesellschaft besser
durch Lernprozesse als durch kontrafaktisches Festhaltenwollen an vor-
gegebene Erwartungen reagiert wird: „Die Weltgesellschaft konstituiert sich
in primär kognitiven Erwartungseinstellungen“ (Luhmann 1987: 340). Be-
denkt man, dass die Funktion von Recht im nationalstaatlichen Kontext
regelmäßig in der Stabilisierung normativer Erwartungen erblickt wird, ist
leicht zu erkennen: Eine Umpolung des Rechts auf die Prädominanz eines
kognitiven Erwartungsstils in der Weltgesellschaft läuft schlechterdings auf
einen juridischen Quantensprung hinaus. Denn die Rechtswissenschaft hat
648 Marc Amstutz und Vaios Karavas

im Umgang mit einem sozialen Gewebe, das von einem Übergewicht ko-
gnitiver Erwartungen geprägt ist, kaum Erfahrungen. Die Schwierigkeiten,
ein Weltrecht auf dieser gewandelten Basis zu entwerfen, werden besonders
greifbar, wenn man liest, „dass auf der Ebene der sich konsolidierenden
Weltgesellschaft nicht mehr Normen (in Gestalt von Werten, Vorschriften,
Zwecken) die Vorauswahl des Erkennenden steuern, sondern dass umge-
kehrt das Problem lernender Anpassung den strukturellen Primat gewinnt
und die strukturellen Bedingungen der Lernfähigkeit aller Teilsysteme in
Normierungen abgestützt werden müssen“ (Luhmann 2005a: 78 f.). Was
aber heißt konkret, „die strukturellen Bedingungen der Kognition normativ
abzustützen“? Wie muss man sich das Zusammenspiel von Normen und
kognitiven Erwartungen vorstellen? Und wie werden die Rechtsquellen in
der Globalisierung genau reorganisiert?
Im Folgenden werden wir zunächst methodische Fragen der Erforschung
von globalem Recht, insbesondere die Problematik seiner Systemreferen-
zen, behandeln ( II .), um alsdann im nächsten Abschnitt die sozialen Struk-
turen der Weltgesellschaft zu beobachten ( III .). Danach gehen wir näher auf
die Evolution – oder vielleicht besser: auf die Mutation – des Rechtsbegriffs
in diesen Strukturen ein. Wir statuieren dabei zur Veranschaulichung eine
Probe aufs Exempel: Die europäischen Bemühungen um eine Corporate
Social Responsibility ( CSR ), die trotz Rückschlägen ein Regelungsmuster
inkrementalistisch haben wachsen lassen, das kasuistisch zu zeigen in der
Lage ist, wie die großen Linien eines globalen Rechts aussehen könnten
( IV.).

II. Greffe I: Weltgesellschaftliche Systemreferenzen

1. Weltrecht sans loi


Vielfach hat die Schuljurisprudenz den Begriff des transnationalen Rechts
zu erschließen versucht, indem sie ihn mit all dem gleichsetzte, was jenseits
nationaler Grenzen normativ wirkt – worin auch immer dieses Recht seine
Quelle nimmt (im staatlichen Recht, im Völkerrecht, in Gewohnheiten
usw.), und wie auch immer seine Normativität begründet ist (durch contrat
social, durch Demokratie, durch Faktizität usw.). Damit folgt die Schul-
jurisprudenz einem frühen Vorschlag Jessups (1956: 2), der mit Blick auf
den Umfang des Begriffs meinte: „Both public and private international law
are included, as are other rules which do not wholly fit into such standard
categories.“ Aber vielleicht ist gerade diese voie royale das Problem. Viel-
leicht verdeckt das Ausblenden dessen, was das globale Recht von „both pu-
blic and private international law“ unterscheidet, just das, was es an diesem
Phänomen zu verstehen gälte. Vielleicht sollte man viel eher in Erfahrung
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 649

bringen, was „rules which do not wholly fit into such standard categories“
konkret sind. Denn in dieser Differenz verbirgt sich wahrscheinlich das,
was Weltrecht ausmacht. Die Theorie hat sich von Jessups Begrifflichkeit,
so innovativ diese auch sein mag, nicht beirren lassen. Seit einiger Zeit fahn-
det sie konsequent nach einem global law without a state. Also: nach einem
tertium.
Dieses Tertium wurde sehr oft in der lex mercatoria (cf. Cutler 2003;
Dezalay/Garth 1998; Stein 1995) – als paradigmatischer Fall – verortet. Und
das – nicht nur der lex mercatoria, sondern dem globalen Recht schlechter-
dings eigene – conundrum lautet: Ist die lex mercatoria ein unabhängiges
globales Rechtssystem? Natürlich ist diese Frage bei weitem nicht so sibyl-
linisch, wie sie daher kommt. Wie voraussetzungsreich sie in Wahrheit ist,
zeigt der Umstand, dass sie empirische mit theoretischen Fragen in einem
äußerst kunstvollen Knäuel verschleift. Mertens (1997: 32) hat dieses Fra-
gengewirr mithilfe eines auffällig kondensierten Satzes auf den Punkt ge-
bracht: „If lex mercatoria is defined as a body of international legal practice,
if a legal system is further defined as a system of norms which renders judi-
cial decisions possible and if the term ‚independant‘ is defined as ‚relatively
independent from national laws‘, international legal and economic practice
reveals that lex mercatoria does exist as an independent legal system“.
Wie Michaels (2007: 449) indes bemerkt, wird die empirische Frage unwei-
gerlich umstritten bleiben: „The main issue is not the existence of a lex mer-
catoria, in the past or in the present. It is the theoretical possibility of a
law merchant, and whether it can be considered to be law“. Und gerade in
dieser Hinsicht sind wir Zeugen eines „Dreißigjährigen Krieg[es] …, ohne
dass Münster und Osnabrück in Sicht wären“ (Teubner 1996: 264). In aller
Kürze:
Wenig zu erstaunen vermag zunächst, dass sich ein Teil der Lehre in den
Schleier des Etatismus gehüllt hat und – soziologisch kontrafaktisch – der lex
mercatoria jeglichen Rechtsstatus abgesprochen hat, weil nur Staaten Recht
schöpfen könnten (cf. Delaume 1989; Mustill 1987; Mann 1968). Diverse
Autoren wollen solche Ansichten nicht gelten lassen, zeigen dann aber Mühe,
die gegenteilige Meinung rechtstheoretisch zu begründen. Vielfach suchen
sie ihr Heil in den vielen Variationen von gewohnheitsrechtlichen oder kor-
poratistischen Konstruktionen (cf. Goldman 1986: 114; Kahn 1982; Loquin
1986). Innovativer war demgegenüber der Versuch, die lex mercatoria
mithilfe der Figur des „contrat sans loi“ zu erklären (cf. Beraudo 2005). Der
Kerngedanke bestand darin, den Vertrag als selbstregulierende Rechtsquelle
jenseits nationaler oder internationaler Ordnungen zu konzipieren. Aller-
dings bot der selbstrekursive Charakter dieser Figur lange unüberwindbare
Schwierigkeiten.
650 Marc Amstutz und Vaios Karavas

2. Selbstvalidierendes Weltrecht

Erst die auf systemtheoretischer Basis erstellte Konstruktion eines selbst-


validierenden Wirtschaftsvertrages, die Teubner vorgeschlagen hat, brachte
die lang ersehnte Entparadoxierung – und zugleich ein Modell, das mit der
Hoffnung verbunden ist, die Strukturen des transnationalen Rechts paradig-
matisch aufzuzeigen. Die anscheinend paradoxale Selbstvalidierung des Ver-
trages wird nach Teubner über drei Methoden entfaltet: Hierarchisierung,
Temporalisierung und Externalisierung. Teubner denkt diese „Methoden der
Entparadoxierung“ (Teubner 1996: 275) offen als Münchhausen-Gebilde
an: Sie seien zwar auf nichts gestützt, stützten sich aber gegenseitig, so dass
plötzlich ein Halt – einem deus ex machina nicht unähnlich – entstehe. Wie
ist das möglich?
(1) Als „Hierarchisierung“ bezeichnet Teubner den Umstand, dass der
selbstvalidierende Vertrag insofern über eine wirtschaftliche Transaktion
hinausgeht, als er nicht nur Primärregeln enthält, die das Verhalten der Par-
teien ordnen. Darüber hinaus sieht er „ebenfalls Sekundärregeln [vor], mit
denen … [er] das Verfahren der Identifizierung von Primärregeln sicherstellt
und deren Interpretation und Konfliktlösungsprozeduren steuert“ (275).
(2) Diese normative Doppelebene soll in einem temporalisierenden Prozess
zum Spielen kommen: „Indem … [der Vertrag] – retrospektiv – auf eine
bereits bestehende Menge standardisierter Regeln und – prospektiv – auf
zukünftige Konfliktlösungen verweist, wird er selbst zu einem Element
eines ständig weiterlaufenden, selbstreproduktiven Prozesses, in dem das
Netzwerk ständig neue Systemelemente reproduziert“ (275 f.). In den Au-
gen Teubners emergiert damit ein autopoietisches Kommunikationssystem.
(3) Mit diesem System entsteht zwangsläufig auch eine Systemumwelt,
was nach Teubner Grundlage für Externalisierung ist: Der Vertrag weist die
Beurteilung der eigenen Gültigkeitsbedingungen einer externen, nichtver-
traglichen Institution zu (z. B. einem Schiedsgericht). Dass eine solche
Institution über die Gültigkeit des Vertrags befindet, obwohl ihre eigene Le-
gitimation auf eben diesem Vertrag gründet, erscheint Teubner als geradezu
virtuos: „Eine interne zirkuläre Beziehung wird so in eine externe verwan-
delt. In der zirkulären Beziehung zwischen den beiden institutionellen
Polen von Vertrag und Schiedsgericht entdecken wir die Kernelemente des
emergierenden globalen Rechtsdiskurses: Benutzung eines spezialisierten
binären Codes, die Unterscheidung Recht/Unrecht, und das Prozessieren
eines nicht-nationalen, ja sogar nicht-internationalen, eben globalen Gel-
tungssymbols“ (269).
Hat Teubner mit seiner Trias von „rechtssystem-generierenden Metho-
den“ das proprium identifiziert, das es erlaubt, globales Recht von anderem
Recht zu scheiden? Und ferner: Wie genau verfährt er, um seine „Metho-
den“ zu entwerfen? Die Antwort in a nutshell: Code statt Funktion! Oder
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 651

in Teubners eigenen Worten: „Es ist weder Struktur noch Funktion der Er-
wartungen, sondern die Sekundärbeobachtung über den binären Code, der
das ‚spezifisch Rechtliche‘ im lokalen oder globalen Rechtspluralismus aus-
macht“ (273). Teubner optiert also für ein Modell der Außenbeobachtung
von Selbstbeobachtung: Globales Recht erkennt man daran, dass in einem
am Code Recht/Unrecht ausgerichteten System ein „globales Geltungssymbol“
zirkuliert.
Zweifelsohne spielen die systemischen Selbstbeobachtungszirkel bei der
Identifizierung von globalem Recht – darin ist Teubner zu folgen – eine ent-
scheidende Rolle. Und ebenso ist die Beobachtung zweiter Ordnung metho-
disch der alleinige Weg, um die Konstitution von rechtlichen Phänomenen
festzustellen. Auch wenn das von Teubner registrierte Selbstbeobachtungs-
schema gewiss eine notwendige Bedingung für Weltrecht ist, fragt sich, ob es
zugleich auch, wie der Autor impliziert, eine hinreichende Bedingung dar-
stellt. In Wahrheit scheint dieses Schema an zwei Problemen zu leiden, die
teilweise miteinander verstrickt sind. Das erste hängt mit der Art zusam-
men, in welcher die globale Natur der lex mercatoria begründet wird, also
mit der These Teubners, das von der lex mercatoria erzeugte System leite
seine „Globalität“ vom besonderen Charakter des Geltungssymbols ab,
das dieses System prozessiere: dieses Symbol sei weder national noch inter-
national, sondern eben global (276). Just hier meldet die Systemtheorie
Einwände an: Diese Einwände beziehen sich auf den Umstand, dass das
Geltungssymbol des Rechts keinen Bezug zu seiner Umwelt hat. Oder prä-
ziser: „[Geltung] ist … nicht das Ergebnis der Wirkung einer externen Ur-
sache – eines … immanent-autoritativen (‚staatlichen‘) Geltungsgrundes“
(Luhmann 1993: 103). In diesem Sinne disponiert das Geltungssymbol kei-
neswegs über die segmentierte (nationale) oder nichtsegmentierte (globale)
Reichweite von Rechtsnormen. Diese Aufgabe wird in der systemtheoreti-
schen Architektur, wie wir noch sehen werden, von einem anderen Mecha-
nismus erfüllt. Das Geltungssymbol bezieht sich ausschließlich auf interne
Operationen und auf interne Zustände des Rechtssystems (104), was mit
der Funktion dieses Symbols erklärt werden kann: „[Geltung] ist nur die
Form, in der Operationen auf Systemzugehörigkeit Bezug nehmen und
sich dem Kontext anderer Operationen desselben Systems, ihn reprodu-
zierend, zuordnen. Sie ist die Form der Partizipation an der Einheit des
Systems“ (103).
Dass das „globale Geltungssymbol“ eine figura in absentia der System-
theorie darstellt, ist nicht nur theoretisch von Relevanz, sondern hat für
das Modell des selbstvalidierenden Wirtschaftsvertrages – als Paradigma des
Weltrechts – sehr handgreifliche, praktische Konsequenzen: Die lex merca-
toria ist in der von Teubner vorgeschlagenen Lesart gleichsam free-floating,
d. h. sie ist ebenso lokal wie regional, ebenso national wie international,
ebenso territorial wie global. Sie hat keinen spezifischen Globalisierungsbezug,
652 Marc Amstutz und Vaios Karavas

sondern scheint fähig zu sein, sich sowohl in segmentierte, als auch in nicht-
segmentierte Sozialstrukturen einzufügen.1 Was das von Teubner vorgelegte
(Selbst-)Beobachtungsschema in Wahrheit aufzeigt, ist auf die Thematik be-
schränkt, wie ein anationales bzw. staatenloses Recht möglich ist. Gerade
aber ein von staatlichen Strukturen unabhängiges Recht kann sich sowohl
within the state als auch beyond the state abspielen. 2

3. Funktion. Leistung. Reflexion von Weltrecht


Warum aber bleibt die Teubnersche Theorie des selbstvalidierenden Wirt-
schaftsvertrages stumm, wenn es um die Entschleierung des globalen Cha-
rakters von Weltrecht geht? Mit dieser Frage dringt man zum zweiten
Problem dieser Theorie vor: zum Problem, dass eine Beobachtung zweiter
Ordnung, die das „spezifisch Rechtliche“ ausmachen will, sich nicht auf eine
einzige Systemreferenz des beobachteten Systems beschränken darf. Teubners
Modell beobachtet ausschließlich die Beobachtung der lex mercatoria durch
sich selbst bzw. die Reflexion dieses Systems. Hierarchisierung, Temporali-
sierung, Externalisierung sind alles Operationen, die auf das System selbst
referieren und insofern der Selbstbeobachtung – oder eben: der Reflexion –
zuzuschlagen sind. Damit ist in Teubners Theorie die Beschreibung der
systemischen Beobachtungszirkel aber unvollendet – was auch zeigt, dass
deren Erklärungsreichweite gewissermaßen prekär bleibt. Denn neben der
Systemreferenz Reflexion kennt jedes ausdifferenzierte System – „aus rein
logischen Gründen“ (Luhmann 1997: 757) – noch zwei weitere System-
referenzen: „die Beobachtung des Gesamtsystems, dem das Teilsystem an-
gehört, … [und] die Beobachtung anderer Teilsysteme in der gesellschafts-
internen (oder auch: anderer Systeme in der externen) Umwelt …“ (757).
Um diese zwei Systemreferenzen von der Reflexion (der Beobachtung des
Systems durch sich selber) abzugrenzen, werden die Beobachtung des Ge-
1 Diesem Einwand kann man entgegnen, dass das Nebeneinander von autonomen Rechts-

systemen, welches Teubner im Auge hat, eine neue Binnendifferenzierung des Rechts dar-
stellt. Man hat es alsdann mit pluralen Rechten zu tun, die funktionsäquivalent neben-
einander stehen. Die Unterscheidung zwischen globalem und territorialem Recht verliert
ihre Bedeutung. Entscheidend ist dann lediglich, im Anwendungsbereich welcher Rechts-
ordnung sich ein gegebener Konflikt ereignet; cf. in diesem Zusammenhang Fischer-Les-
cano/Teubner 2006: 36. Solange man freilich eine Weltgesellschaft hat, die funktional mit
territorial segmentierten Systemen (Nationalstaaten) verflochten ist, ist ein solches Binnen-
differenzierungskonstrukt prekär. Wie hinten 655 ff. noch zu zeigen ist, muss Weltgesell-
schaft im Sinne von Eigenstrukturen (Stichweh) bzw. assemblages (Sassen) verstanden wer-
den, die globale und nationale Strukturen in ganz spezifischer Weise vermengen. Daraus
folgt (und dies ist nur eine Wiederholung der vorliegend vertretenen Grundthese): lokal,
national oder regional segmentiertes Recht einerseits und Weltrecht andererseits sind nicht
funktionsäquivalent.
2 Dieser Punkt wird nachdrücklich von Ehrlichs (1989) autonomem Recht der Bukowina

belegt, das inmitten eines vom österreichischen ABGB erfaßten Territoriums gelebt wurde.
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 653

samtsystems Funktion und die Beobachtung anderer Systeme Leistung ge-


nannt.
Um eine Theorie des globalen Rechts weiterzutreiben, müssen wir in Er-
fahrung bringen, wie dieses Recht seinen Funktionsbezug und seinen Leis-
tungsbezug beobachtet. Denn ohne diese Systemreferenzen bleibt globales
Recht unterbelichtet – und vor allem: Ohne Nachweis von Funktion und
Leistung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Operationen des
(selbst-)beobachteten Systems leer, ohne Bezug zur Gesellschaft, gleichsam
monadisch sind (Amstutz 2008). Aber der hier aufgegriffene Aspekt hat
nicht bloß Vergewisserungscharakter. Es geht um erheblich mehr, nämlich
um die Analyse eines evolutorischen Phänomens: der Mutation des Rechts
im globalen Raum (Amstutz/Karavas 2006). Warum kann dieses Phänomen
nur unter Zugrundelegung des Funktions- und des Leistungsbezugs des
Rechts erschlossen werden? Ganz einfach deshalb, weil globales Recht seine
Natur – seine „Globalität“ – aus den sozialen Strukturen schöpft, aus denen
es sich funktional ausdifferenziert hat, und diese Strukturen sind diejenigen
der Weltgesellschaft. Hält man, wie hier beabsichtigt, an dem von Teubner
vorgeschlagenen Modell der Beobachtung zweiter Ordnung fest, muss die-
ses Modell in seinem Spektrum ausgedehnt werden – und zwar so, dass es
sämtliche Systemreferenzen erfaßt, die die systemischen Beobachtungszirkel
zusammenziehen. Und das bedeutet: Um die Weltgesellschaftsstruktur in
das Modell einzubeziehen, ist es unerlässlich, dieses Modell für die System-
referenzen Funktion und Leistung des beobachteten Systems zu öffnen.
Erst unter diesen theoretischen Bedingungen kann klar werden, weshalb das
Weltrecht ein Derridasches Monster darstellt. Wir müssen deshalb jetzt nä-
her auf die Frage eingehen: Was beobachtet globales Recht, wenn es „seine“
Gesellschaft, die Weltgesellschaft, beobachtet?

III. Greffe II: Weltgesellschaftliche Eigenstrukturen

1. Eigen-Werte
Diese Frage wollen wir mit Stichwehs kumulativem Modell von Sozial-
strukturen angehen, das den grossen Vorzug hat, Kontinuitäten und Dis-
kontinuitäten in der Entwicklung der Weltgesellschaft mit hoher Präzision
aufzuzeigen. Nach diesem Modell baut die Weltgesellschaft auf eigene
Strukturmuster auf, die sich von den national segmentierten Strukturen
abheben. Diese globalen Muster nennt Stichweh Eigenstrukturen (in Anleh-
nung an den mathematischen Begriff des Eigen-Wertes bzw. eigen-value;
cf. v. Foerster 1993: 103 ff.). Als Beispiele nennt er: Funktionssysteme
(z. B. Weltwirtschaft), formale Organisationen (z. B. Multinationale Unter-
nehmen [ MNU ]) Netzwerke (z. B. Internet), epistemische Gemeinschaften
654 Marc Amstutz und Vaios Karavas

(z. B. Linux developers), Weltereignisse (z. B. Olympiaden), Märkte, Welt-


kriege, die Weltöffentlichkeit, Weltstädte (Stichweh 2006: 241 ff.). Aber was
ist im Einzelnen unter Eigenstrukturen zu verstehen? Diesen Terminus er-
läutert Stichweh wie folgt: „Eigenstrukturen reproduzieren die präexistente
kulturelle Diversität, aber sie drängen sie zugleich zurück und bringen
eigenständige und neuartige soziale und kulturelle Muster hervor“ (241).
Damit wird ein höchst anspruchsvolles Bild der Weltgesellschaft mit fein-
fühligen Wechselbezügen möglich. Dieses Bild gründet auf der Hypothese
von pluralen Ebenen in der strukturellen Bildung von Sozialsystemen, so
dass neue Strukturen alte Strukturen überlagern, ohne sie auszulöschen.
Was die neuen Strukturen im Kern bewirken, ist somit eine Reduktion der
Informationsrelevanz und der Aktivitätsfrequenz der alten Strukturen über
längere Zeiträume (241). Stichwehs Lehre von den Eigenstrukturen enthält
im Wesentlichen drei Aussagen, die sie von konkurrierenden Globalisie-
rungstheorien abgrenzen:
(1) Vorab wird mit der verbreiteten These aufgeräumt, „das Nationale
und das Globale schlössen sich wechselseitig aus – eine Art umgekehrter
Staatsfixiertheit, nach der das Globale als das Gegenteil des Nationalen an-
gesehen wird“ (Sassen 2008: 649). Die Globalisierung reduziert sich bei
weitem nicht auf eine territoriale Ent-Segmentierung von grossen Funk-
tionssystemen.
(2) Alsdann wird der Umstand hervorgehoben, dass neue und alte Struk-
turen, obwohl genetisch verschränkt, jeweils ihre individuellen Eigen-Werte
besitzen, d. h. sie bestimmen ihre jeweiligen Zustände selber. Man kann die-
sen Umstand, wie dies Stichweh vorschlägt, auch durch die Leitunterschei-
dung Konsistenz/Inkonsistenz artikulieren: Das Operieren eines autono-
men Systems im Verhältnis zu einem anderen ist in dem Sinne inkonsistent,
dass eine Abstimmung ihrer jeweiligen Änderungsrhythmen eher unwahr-
scheinlich ist. Konsistenz kann deshalb immer nur den Selbstbezug des Sys-
tems meinen. Die Leitunterscheidung Konsistenz/Inkonsistenz beschreibt
mithin einen zentralen Aspekt des operativen Verhältnisses von territorial
segmentierten und globalen Strukturen: „Nur wenn diese Bedingung [sc.
Konsistenz als Selbstbezug] erfüllt ist, können Fremdsysteme sich über län-
gere Zeiträume auf ihre eigenen Operationen konzentrieren und dies in der
plausiblen Erwartung tun, dass das Verhalten anderer Systeme im Bereich
einer erwartbaren Veränderungslogik bleibt“ (Stichweh 2000: 38).
(3) Allerdings macht der Eigen-Wert-Charakter der Eigenstrukturen noch
auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: Dass die alten und neuen Struk-
turen oder, wenn man so will: die territorialen und globalen Strukturen
wechselseitig einen Eigen-Wert unter den Eigen-Werten des jeweils anderen
Strukturen-Sets bilden. Oder plastischer: Weil sich territoriale Strukturen
in der Umwelt globaler Strukturen befinden (und vice versa), stellen sie re-
ziproke Eigen-Werte dar. V. Foerster umschreibt diese verkettete Beziehung
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 655

mit folgendem Bild: „So wie der Andere zu einem meiner Eigenwerte …
wurde, so werde ich jetzt zu einem Eigenwert … des Anderen. Ich und du
erzeugen sich gegenseitig“ (v. Foerster 1985: 127).

2. Funktion: Primat kognitiver Erwartungen


Unterstellt man Weltgesellschaftsstrukturen in der Art und Weise, in der
wir sie soeben geschildert haben, fragt sich zunächst, wie sich daraus Recht
ausdifferenzieren kann. Denn auch hier (wie anderswo in der Gesellschaft)
gilt: „Die Gesellschaft toleriert … Ausdifferenzierungen [nur], wenn sie
einen funktionalen Bezug auf Probleme des Gesellschaftssystems bewah-
ren“ (Luhmann 1993: 554). Man könnte nun davon ausgehen, dass sich das
Recht, wie im Nationalstaat, auch in der Globalisierung funktional auf das
Problem der systemischen Stabilisierung normativer (kontrafaktischer) Er-
wartungen bezieht. Dementsprechend bestünde die Funktion des globalen
Rechts in der Gewährleistung des Zustandes, dass man in den Eigenstruktu-
ren stets wissen kann, „mit welchen Erwartungen man sozialen Rückhalt
findet, und mit welchen nicht“ (132). Eine solche Annahme wäre freilich kri-
tisch (auch wenn sie – meist unausgesprochen – noch vielen Forschungen
zum Weltrecht zugrunde liegt). Denn Eigenstrukturen weisen eine hochgra-
dige Spezialisierung auf und deshalb auch eine hohe Komplexität, die so-
wohl ihre zeitliche, soziale und sachliche Dimension betrifft. Ein solcher
Befund ist für den Erwartungsstil, den man in diesen Strukturen antrifft,
von vordringlicher Relevanz. Luhmann hat in dieser Hinsicht hervorgeho-
ben, „dass auf sehr hohe und funktionsspezifisch strukturierte Komplexität
besser durch Lernprozesse als durch kontrafaktisches Festhaltenwollen
vorgegebener Erwartungen reagiert wird“ (Luhmann 2005a: 79). Daraus
folgert er, dass sich in der Weltgesellschaft der evolutionäre Primat von norma-
tiven auf kognitive Mechanismen verlagert (Luhmann 1987: 340). Freilich
heißt das nicht, normative Erwartungen würden geradewegs durch kogni-
tive ersetzt. Die Diagnose ist reservierter: „Achtet man auf die Erwartungs-
strukturen, die jene universell gewordenen Interaktionsfelder der Wissen-
schaft und der Technik, der Wirtschaft, der öffentlichen Kommunikation
von Neuigkeiten und des Reiseverkehrs orientieren, dann fällt ein deutliches
Vorherrschen kognitiver, adaptiver, lernbereiter Erwartungen auf, während
normative, Moral prätendierende und vorschreibende Erwartungen zurück-
treten“ (Luhmann 2005a: 68). M.a.W.: In der Weltgesellschaft ist eine Prä-
ferenz für kognitive Erwartungen zulasten solcher normativer Natur zu ver-
zeichnen; von einem Verschwinden des normativen Erwartungsstils kann
allerdings keine Rede sein.
Aus diesen Ausführungen wird klar: Die Ausdifferenzierung eines
Rechtssystems in der Weltgesellschaft wird von dieser nur „toleriert“, wenn
sich Recht primär auf das Problem der kognitiven Erwartungen bezieht. An-
656 Marc Amstutz und Vaios Karavas

ders gewendet: Wir müssen davon ausgehen, dass der Funktionsbezug des
globalen Rechts den kognitiven Erwartungsstil betrifft, der in den Eigen-
strukturen der Weltgesellschaft dominiert. 3 Von der noch verbreiteten Vor-
stellung, Weltrecht würde gleichsam in Weiterführung der nationalstaatlichen
Rechtsfunktion normative Erwartungen im globalen Raum stabilisieren, ist
Abschied zu nehmen. Der Grund für diesen Befund liegt auf der Hand: Die
Systemreferenzen von nationalem bzw. internationalem Recht und diejeni-
gen des Weltrechts sind maßgeblich verschieden, weil diese Rechtskatego-
rien in unterschiedlichen Sozialstrukturen eingebettet sind. Obwohl diese
noch ziemlich dunklen Formeln erst später artikuliert und entfaltet werden
sollen, wird man schon hier feststellen: Globales Recht hat mit dem natio-
nalstaatlich-politischen Rechtsbegriff kaum mehr etwas gemein und lässt
sich jedenfalls nicht in Anlehnung an die Tradition rekonstruieren. Weil es
einen „ontologischen“ Rechtsbegriff so wenig gibt wie einen „ontologischen“
Gesellschaftsbegriff, muss die Kategorie eines globalen Rechts unter Zu-
grundelegen der Sozialstrukturen funktional erschlossen werden, welche
die Weltgesellschaft prägen, also der Eigenstrukturen im dargestellten Sinne.

3. Leistung: Negative Integration


Und wie verhält es sich mit dem Leistungsbezug des globalen Rechts?
Auch hier wird man nicht mehr davon ausgehen können, dass es – wie dies
im territorial segmentierten Rechtssystem zutrifft – darum geht, Konflikte
von Systemen in der Umwelt des Rechts zu lösen, die mit den Ressourcen
dieser Systeme nicht mehr zu bewältigen sind (Luhmann 1993: 157). Denn
die einschlägigen faits sociaux in der Weltgesellschaft haben sich in diesem
Zusammenhang ebenfalls verlagert: „Die Weltgesellschaft ist, soweit es
um Systemdifferenzierung geht, durch einen Primat funktionaler Differen-
zierung gekennzeichnet. … Aber funktionale Differenzierung besagt kei-
neswegs: regionales Gleichmaß der Entwicklung, geschweige denn kon-
vergente Evolution“ (Luhmann 1993: 573). Was die Differenzierung der
Weltgesellschaft auszeichnet, darauf weist die soeben angeführte Passage im
Kern hin, ist die steigende Independenz der verschiedenen Einheiten im
Welt-System, die zugleich – paradoxalerweise – wegen ihrer hohen Spezia-
lisierung wachsende Interdependenzen schaffen. 4 Dieses Problem – und
nicht die innersystemischen Konflikte, die auch in der Weltgesellschaft im-
mer noch auf lokaler oder regionaler Ebene geschlichtet werden – stellt den
Leistungsbezug des globalen Rechts dar. Aber was bedeutet das konkret?

3 Cf. auch die Ausführungen von Ladeur 2000: 242 ff., über die rechtliche Gewährleis-

tung der Lernfähigkeit in der Gesellschaft der Organisationen.


4 Cf. Stichweh 2000: 37: „Insofern lässt sich die Weltgesellschaft als ein Zusammenhang

von Differenz und Interdependenz beschreiben“; ferner auch Luhmann 1981: 64.
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 657

Es geht darum, dass das Weltrecht die Weltgesellschaft nicht positiv


integriert (d. h.: innersystemische Konflikte beilegt und damit flächen-
deckend auf der Welt identische Standards durchsetzt), sondern im Netz
der weltgesellschaftlichen Eigenstrukturen Effekte der negativen Integration
erzeugt. Globales Recht hat im Verhältnis zu den anderen weltgesellschaft-
lichen Systemen die Aufgabe, „Grenzen zulässiger Inkompatibilität“
(Stichweh 2000: 38) zu ziehen. Solche Grenzen können dadurch geschaffen
werden, dass das Recht den Pool der möglichen Operationen weltgesell-
schaftlicher Systeme limitiert. Und dies nicht durch Verbote oder sonstige
Anordnungen, die ohnehin in einem globalen setting nicht durchgesetzt
werden könnten, sondern dadurch, dass es diesen Systemen cognitive
resources zur Verfügung stellt und damit auf ihre Reflexion Einfluss nimmt.
Dabei ist wesentlich, dass diese cognitive ressources nicht ausschließlich eine
Adresse haben, sondern in der Weltgesellschaft breit gestreut werden.
Denn dadurch werden auch Sozialmechanismen wie Skandalisierung, Re-
putation usw. angekurbelt, die die systemische Reflexion zu „brüskieren“
imstande sind. Die vom Recht – im Leistungsbezug – produzierten Limi-
tationen werden auf diese Weise in ihrer Effektivität der Tendenz nach ge-
steigert.
Nachdem wir nun den Funktions- und Leistungsbezug des Weltrechts
eingekreist haben, fragt sich: Wie wirken sich diese Verschiebungen auf den
Rechtsbegriff des Weltrechts konkret aus?

IV. Greffe III: Weltgesellschaftliche Interlegalität

1. Operative Schließung, Interpenetration, Ausdifferenzierung


Unsere These: Ein solches Recht ist nicht mehr Normen-Sammlung als
Kundgabe des gesollten Verhaltens an das Publikum, also nicht mehr Auf-
stellung von Bestimmungen, die unmittelbar Verhaltensbeeinflussung be-
zwecken. Die Zwölf Tafeln oder der Code Napoléon haben hier keinen
Referenzwert mehr. Weltrecht ist vielmehr Vernetzungs-Recht, also ein Be-
ziehungszusammenhang, der Normen aus unterschiedlichsten Kontexten
und von verschiedenster Abstammung verknotet. Weltrecht ist ein Aktant
(cf. Latour 2001: 97 ff.). Oder nochmals anders (und im vorliegenden
Sprachspiel wohl die passendeste Formel): Weltrecht ist Interlegalität (cf.
Amstutz 2003; Santos 2002: 237).
Wir wollen diese These nicht abstrakt entfalten, sondern an einem Bei-
spiel aus der Praxis aufziehen, die immer kreativer ist als die Theorie. Dieses
Beispiel ist das Bemühen der EU um eine Corporate Social Responsibility
( CSR ), die nach der hier vorgeschlagenen Interpretation zentrale Züge eines
Weltrechts offenbart. Der bisherige Werdegang der europäischen CSR kann
658 Marc Amstutz und Vaios Karavas

in drei Phasen aufgegliedert werden (cf. De Schutter 2008; Phillips 2008;


Wouters/Chanet 2008):
Die erste Phase besteht in der Eröffnung des Dialogs über CSR . Sie wurde
im Jahre 2001 mit der Publikation des Grünbuches der Europäischen Kom-
mission betreffend die soziale Verantwortung der Unternehmen eingeleitet,
indem „die relevanten Akteure aufgefordert [wurden], unter Berücksich-
tigung der Interessen der Unternehmen und der Stakeholder Vorschläge zu
unterbreiten, wie eine Partnerschaft zur Entwicklung neuer Rahmenbedin-
gungen für die Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen
aufgebaut werden könnte“ (Europäische Kommission, Europäische Rah-
menbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen: Grün-
buch, KOM (2001) 366 endg., 25 [im Folgenden: Grünbuch, KOM (2001)
366 endg.]). Hauptziel dieser ersten Phase war es, „eine Debatte über neue
Wege der Förderung der sozialen Verantwortung der Unternehmen anzu-
regen und die Akteure zu sensibilisieren“ (Grünbuch, KOM (2001) 366
endg., 25), wobei als Akteure in diesem Sinne Behörden, internationale
Organisationen, Unternehmen, Sozialpartner, sowie interessierte Einzel-
personen anvisiert wurden. Auch wenn die Europäische Kommission auf
eine konkrete Definition der CSR bewusst verzichtete, betonte sie dennoch
nachdrücklich den freiwilligen Charakter der CSR .
In der zweiten Phase fasste die Kommission in ihrer Mitteilung vom 2. 7.
2002 (Europäische Kommission, Mitteilung betreffend die soziale Verant-
wortung der Unternehmen: ein Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen
Entwicklung, KOM (2002) 347 endg. [im Folgenden: Mitteilung der Kom-
mission, KOM (2002) 347 endg.]) die Kommentare zum Grünbuch zusam-
men und wertete sie aus. Das Ergebnis des vorangegangenen Konsultations-
prozesses wurde als enttäuschend empfunden. Die Kommission konnte nur
unüberbrückbare Meinungsunterschiede zwischen den beteiligten Akteuren
feststellen: Während die Unternehmen den freiwilligen Charakter der CSR
vorbehaltlos unterstützten, sowie ihre Aversion gegen sog. Patentlösungen
kundgaben, die den Innovationsgeist ersticken könnten, betonten die Ge-
werkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft, dass freiwillige Ini-
tiativen nicht ausreichen würden, um die Rechte der Arbeitnehmer und der
Bürger zu schützen (Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347 endg., 4).
Das vielleicht wichtigste Ereignis dieser zweiten Phase der europäischen
CSR liegt aber im Umstand, dass die Kommission den Beschluss traf,
von einem Vorschlag des Europäischen Parlaments (Entschließung des
Europäischen Parlaments zu dem Grünbuch der Kommission über die För-
derung der europäischen Rahmenbedingungen für die soziale Verantwor-
tung der Unternehmen ( CSR ) ( KOM (2001) 366 – C5–0161/2002 – 2002/
2069( COS )), 18) abzuweichen: Während dieses für eine CSR-Stakeholder-
Plattform als eine Art supranationale Regulierungsinstanz plädierte, ent-
schied sich die Kommission für eine Plattform im Sinne eines freien Forums,
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 659

das ausschließlich der Institutionalisierung des CSR-Dialogs dienen sollte


(European Multi-Stakeholder Forum on CSR = CSR EMS -Forum). Das
Ziel des CSR EMS -Forums wurde als Förderung der Transparenz und
Konvergenz von CSR-Praktiken und -Instrumenten definiert (Mitteilung
der Kommission, KOM (2002) 347 endg., 19). Zu erreichen war dieses Ziel
durch den Austausch von Erfahrungen und Good Practices zwischen Akteu-
ren auf EU -Ebene, sodann durch das Zusammenlegen der in der EU bereits
laufenden anderweitigen Initiativen, und schließlich durch die Ermittlung
und Analyse von Bereichen, in denen zusätzliche Maßnahmen auf EU -
Ebene angezeigt schienen (Mitteilung der Kommission, KOM (2002) 347
endg., 19). Vorgesehen wurde, dass am CSR EMS -Forum unter dem Vorsitz
der Kommission 40 europäische Organisationen von Arbeitgebern, Arbeit-
nehmern, Verbrauchern und der Zivilgesellschaft sowie Berufsverbände und
Unternehmensnetze teilnehmen.
Die dritte Phase begann mit der Aufnahme der Aktivitäten des CSR EMS -
Forums, das insgesamt etwa zwei Jahre dauerte. In diesem Zeitraum wur-
den zwei Plenarsitzungen im Dezember 2002 und im Juli 2003 einberufen,
sowie vier themenspezifische Diskussionsrunden zwischen 2003 und 2004
organisiert. Am 29. 06. 2004 legte das CSR EMS -Forum seinen Abschluß-
bericht vor. In ihrer Mitteilung vom 22. 03. 2006 bemerkte die Kommission
etwas ambivalent: „Dem Forum gelang es, zwischen Teilnehmern mit sehr
abweichenden Ansichten einen gewissen Konsens herbeizuführen, es
machte jedoch auch die erheblichen Meinungsunterschiede zwischen den
Vertretern der Wirtschaft und anderen Stakeholdern deutlich“ (Europäische
Kommission, Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat und den
Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuß, Umsetzung der Partner-
schaft für Wachstum und Beschäftigung: Europa soll auf dem Gebiet der
sozialen Verantwortung der Unternehmen führend werden, KOM (2006)
136 endg., 6 [im Folgenden: Mitteilung der Kommission, KOM (2006) 136
endg.]). Das eigentliche Problem am Grundkonzept des CSR EMS -Forums
wurde indes von einem Teilnehmer am Forum identifiziert: „What the
experience of the Forum showed … are the limits of a method which con-
sists in bringing together a range of stakeholders with so different views, in
the hope that they will arrive at a consensus through discussions facilitated,
but in no way pre-empted or directed, by the Commission. This method,
which in theory might be praised for its openness, leads in fact to a situation
where any final agreement will be based, not on the outcome of a rational
discussion based on the law of the best argument – as communicative ethics
à la Habermas would have it – but rather on the few items on which the par-
ticipants can agree, without betraying the mandate of their respective con-
stituencies“ (De Schutter 2008: 215, der die Stellungnahme des erwähnten
Teilnehmers wiedergibt). Das Experiment mit dem CSR EMS -Forum hat
somit bewiesen, dass das Modell einer idealen Sprechsituation im Sinne der
660 Marc Amstutz und Vaios Karavas

Diskurstheorie sich als wenig ertragreich bei der Bewältigung von globalen
Problemen (wie dasjenige der CSR ) erweist. Dies hat die Kommission mit
Scharfsinn realisiert und entsprechende Konsequenzen gezogen: Sie hat sich
gegen Habermas und für Luhmann entschieden!
Dieser Satz ist keine Spielerei. Um ihn zu erläutern, muss zunächst ein
Paradigmawechsel im europäischen CSR-approach registriert werden: In
ihrer Mitteilung vom 22. 03. 2006 hat die Kommission die Weichen neu ge-
stellt und die Errichtung eines neuen Forums, des sog. Europäischen Bünd-
nisses für CSR , beschlossen (Mitteilung der Kommission, KOM (2006) 136
endg., 6 ff. und 12 ff.). Das Entscheidende an dieser Reorientierung ist darin
zu erblicken, dass dieses neue Forum nicht mehr alle interessierten Akteure
unter ein Dach zusammenbringt, sondern als Allianz von – ausschließlich! –
europäischen Unternehmen konzipiert ist: „Diesem Bündnis können alle
Unternehmen angehören, die das gleiche ehrgeizige Ziel haben, das Ziel
nämlich, dass Europa im Interesse wettbewerbs- und zukunftsfähiger Un-
ternehmen und einer nachhaltigen Marktwirtschaft auf dem Gebiet der so-
zialen Verantwortung der Unternehmen führend werden soll“ (Mitteilung
der Kommission, KOM(2006) 136 endg., 12; kritisch De Schutter 2008: 216 ff.;
Wouters/Chanet 2008: 41). Hier liegt, systemtheoretisch gesprochen,
Bemerkenswertes vor: operative Schließung, Interpenetration, Ausdifferenzie-
rung. Thesenartig können diese Stichworte folgendermaßen gekennzeichnet
werden:
(1) Aufgelöst hat die Kommission das CSR EMS -Forum deshalb, weil es
diesem nie gelungen ist, mehr als ein Aggregat von unkoordinierten Inter-
aktionen zu sein. Indem sie das Europäische Bündnis (als neues CSR-Fo-
rum) in seiner Zusammensetzung rekonfiguriert, bewirkt sie die operative
Schließung eines normativen Diskurses. Dieser Diskurs, der organisations-
rechtlich gesteuert wird, dient der Förderung, Erzeugung und Bestimmung
von cognitive ressources für MNU , und zwar vor allem in folgenden Berei-
chen: „(i) increasing knowledge about the positive impact of CSR on business
and societies in Europe and abroad, in particular in developing countries;
(ii) developing the exchange of experience and good practice on CSR bet-
ween enterprises; (iii) promoting the development of CSR management
skills; (iv) fostering CSR among SMEs ; (v) facilitating convergence and
transparency of CSR practices and tools …“ (Neal 2008: 466). Ohne die
neue organisatorische Formation des Bündnisses wäre es niemals zur Pro-
duktion dieser cognitive ressources gekommen. Die Geschichte des CSR
EMS -Forums (als „Meer“ isolierter Interaktionen) belegt diesen Punkt in
hinreichendem Maße.
(2) In der Weltgesellschaft wirken diese cognitive ressources in einer ganz
bestimmten Weise: Sie fungieren als normative Stützen der „strukturellen
Bedingungen der Lernfähigkeit“ (Luhmann 2005a: 78 f.) von Eigenstruktu-
ren. In diesem Sinne liegt ein Sachverhalt von Interpenetration vor (cf. Luh-
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 661

mann 1984: 296 m.Nw.): Das europäische Rechtssystem stellt die eigene
Komplexität zum Aufbau eines globalen Rechtssystems zur Verfügung, das
seinerseits Rückkoppelungen auf das europäische CSR-System hat (290).
Indem also die Eigenstrukturen die cognitive ressources, die das Europäische
Bündnis für CSR produziert, im weltgesellschaftlichen Kontext neu und
spezifisch „liest“, emergieren weltrechtliche Operationen, die sich auf glo-
baler Ebene zu einem System verdichten, welches seinerseits im europäi-
schen sozialen Dialog wiederum registriert wird. Und dieses System ist ein
Rechtssystem, weil es nicht nur am Code Recht/Unrecht ausgerichtet ist,
sondern seine Funktion und seine Leistung aus der spezifischen Natur der
Weltgesellschaft ableitet, die sich, wie gesagt, nicht in normativen, sondern
in kognitiven Erwartungen konstituiert. Diese Vernetzung von verschiede-
nen Ebenen (vom territorial segmentierten System des Europarechts mit
dem Weltrechtssystem) ist aber nur eine Seite der globalen Interlegalität.
Denn das Weltrecht bezweckt, dass die weltgesellschaftlichen Eigenstruktu-
ren, in unserem Fall also: die MNU , ihre Umwelten auskundschaften, um
ein damit kompatibles Verhalten zu entwickeln. Konkret: Das vom globalen
Recht unterstützte Lernen von MNU zielt darauf ab, die rechtlichen, proto-
rechtlichen, aber vor allem gesellschaftlichen Normen in den Umwelten, in
denen die MNU agieren, aufzuspüren, damit diese ein umweltadäquates
Verhalten anstreben können. Auf diese Weise entstehen operative links zwi-
schen europäischen Organisationsnormen (Europäisches Bündnis für CSR ),
Weltrecht (normativ abgestütztes Lernen von Eigenstrukturen) und lokalen
(proto-)rechtlichen oder sozialen Normen.
(3) Der Übergang vom CSR EMS -Forum zum Europäischen Bündnis für
CSR hat schließlich eine letzte unentbehrliche Komponente des Weltrechts
zu Tage gefördert, die wir als Phänomen der Ausdifferenzierung abhandeln:
Indem die ursprünglich zugelassenen Stakeholders (im weitesten Sinne) vom
Dialog im Forum ausgeschlossen wurden, haben sie sich zu Systemen aus-
gebildet, die man als zivilgesellschaftliche Governance-Mechanismen qualifi-
zieren kann. Ihre Freisetzung funktioniert sie zu Instanzen um, die – freilich
sehr approximativ und cum grano salis – eine Art funktionales Äquivalent
zum Weberianischen „Erzwingungsstab“ (Weber 1980: 17) im Nationalstaat
bilden. Zwei Gründe bewirken, dass eine klassische nationalstaatlich-poli-
tische Vollstreckung von globalem Recht systemwidrig (und überhaupt:
utopisch) wäre: Ganz pragmatisch einmal das Fehlen umfassender extra-
territorialer Rechtsvollzugsmöglichkeiten; dann aber auch (und zumal) der
Umstand, dass sich das globale Recht – verstanden im vorliegend definier-
ten Sinne als normative Abstützung kognitiver Erwartungen – kaum dafür
eignet, über traditionale Durchsetzungsmechanismen vollzogen zu werden.
Deshalb scheint der Rekurs auf Formen der informellen Kontrolle, wie z. B.
auf Marktkräfte, Reputation oder Skandalisierung unumgänglich. Insofern
lässt sich der Verzicht der europäischen CSR auf Verbindlichkeit seiner Vor-
662 Marc Amstutz und Vaios Karavas

schriften leicht erklären: Solches wäre auf einen Rückfall in nationalstaat-


liches Denken hinausgelaufen, hätte also weltrechtlich wenig bis nichts be-
wirkt.

2. Operative Schließung: Die Produktion von cognitive ressources


Aus rechtlicher Perspektive ist die Aktion der Kommission zur Förderung
der CSR Bestandteil des sozialen Dialogs, der als Ziel in Art. 136 Abs. 1
EGV ausgegeben wird. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen
förmlichen sozialen Dialog, der den Sozialpartnern bestimmte Anhörungs-
rechte (Art. 138 EGV ) und die Möglichkeit, Vereinbarungen abzuschliessen
(Art. 138 Abs. 4 und 139 EGV ), zugesteht. Vielmehr hat man es mit einem
informellen sozialen Dialog zu tun, der zwar in den Art. 136 ff. EGV nicht
explizit geregelt wird, gemäß herrschender Lehre aber nach dem Vertrag
durchaus statthaft ist (Krebber 2007: Art. 136 N 3). Die Kommission hat die
Maßnahmen zur Organisation der CSR-Praktiken somit aufgrund unge-
schriebener, aber anerkannter vertraglicher Kompetenzen getroffen. Und
sie hat diese Kompetenzen mit ihrer Mitteilung vom 22. März 2006 in einem
ganz spezifischen Sinne ausgeübt: Sie hat, wie gezeigt, den Ausschluss der
Stakeholders vom CSR-Dialog beschlossen, d. h. deren Verlagerung in die
Umwelt dieses Dialoges.
Weil an diesem Interaktionssystem dementsprechend nur noch Unter-
nehmen partizipieren, schließt sich der CSR-Dialog operativ zu einem Sys-
tem. Das, was vor dem Jahre 2006 diese Schließung noch behindert hatte,
nämlich das Fehlen einer gemeinsamen Sprache zwischen Unternehmen
und Stakeholdern, hat die Kommission korrigiert. Die Ausbildung eines
Systems in Form des Europäischen Bündnisses für CSR hat nun eine vir-
tuose Folge: kognitive Öffnung. Erst seine operative Schließung befähigt das
System, in Kontakt mit seiner Umwelt zu treten. Es projiziert seine Erwar-
tungen auf Perturbationsereignisse und macht sich in seinem Weiterprozes-
sieren von diesen abhängig. Und zwar in dem Sinne, dass das System die
Umwelt über Bestätigung oder Enttäuschung seiner Erwartungen entschei-
den lässt, um so zu einer ständigen Reorientierung seiner Operationen ver-
leitet zu werden. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass sich die Opera-
tionen des Systems stets umweltadäquat ausnehmen. Konkret heißt dies:
dass die im CSR-Dialog laufend aufs Neue erarbeiteten Verfahren, Stan-
dards, benchmarks usw. stets geeignet sind, die soziale, ökologische und
kulturelle Wirklichkeit zu erfassen und abzubilden. Der Prozess der Erzeu-
gung von cognitive ressources ist also in dem Sinne evolutionär, dass er
auf Veränderungen in den gesellschaftlichen und natürlichen Umwelten von
Unternehmen reagiert und sich fließend auf neue Verhältnisse einstellt.
Diese Beobachtungen geben nun aber Anlass zur Frage: Was bedeutet diese
operative Schließung des CSR-Dialogs in rechtssoziologischer Perspektive?
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 663

Wenn gesagt wird, dass die Kommission mit dem Europäischen Bündnis
für CSR eine rechtliche Institution geschaffen hat, die cognitive ressources
erzeugt, so bedeutet dies: dass „kognitive[…] Mechanismen in die an sich
normative Struktur des Rechts [eingebaut werden]“ (Luhmann 1987: 340 f.).
Diese Entwicklungen im Design des Rechts bringen eine Verschiebung sei-
nes Sinnes mit sich: Sein operativer Vollzug hängt dann weniger von der
Normtreue gegenüber dem positiven Recht ab, als vielmehr von seinen Pro-
blemlösungsfähigkeiten (cf. Ladeur/Viellechner 2008: 72). In einem glo-
balisierten setting kommt es wegen der darin anzutreffenden Prädominanz
von kognitiven Erwartungen vor allem darauf an, dass das Recht Kapazi-
täten für lernende Umstrukturierungen und für die Anpassung von Pro-
grammen vermittelt. M.a.W.: Cognitive ressources auf Ebene segmentierter
Systeme (z. B. auf Ebene der EU ) schaffen Chancen, die in den globalen
Eigenstrukturen genutzt werden können – oder eben auch nicht. Aber als
solche bewirken diese Ressourcen noch nichts. Wenn also das Europäische
Bündnis für CSR die Sensibilisierung und den Austausch von vorbildlichen
Verfahren im Bereich namentlich des Sozialkapitals fördert, Multi-Stakehol-
der-Initiativen unterstützt, Konzepte des lifelong learning entwickelt usw.,
so werden Ressourcen geschaffen, die von den MNU erst noch genutzt wer-
den müssen. Diese Ressourcen sind mithin Potentialitäten, die im globalen
Raum der Aktualisierung bedürfen. Sie schaffen allein genommen noch kein
Weltrecht. Deshalb fragt sich, wie genau die CSR-Anstrengungen auf euro-
päischer Ebene die Stätten für die Herausbildung eines globalen Rechts sein
können.

3. Interpenetration: Die Konstitution des Weltrechts


Luhmann gibt auf diese Frage eine recht kryptische Antwort: „Weltweite
Strukturbildungen und deren Folgeprobleme, Interaktionszusammenhänge
und deren Unbalanciertheiten, ‚regieren‘ das regional in Geltung gesetzte
positive Recht nicht in der Form einer übergreifenden Normierung, eines
höherstufigen überstaatlichen und damit überpositiven Rechts, sondern
dadurch, dass der Dynamismus der Weltgesellschaft Lernanlässe setzt, viel-
leicht Lernpressionen ausübt und eine gewisse Nicht-Beliebigkeit von Pro-
blemlösungen vorzeichnet“ (Luhmann 1987: 341). Wie ist zu verstehen,
dass die Weltgesellschaft das regional positivierte Recht „regiert“? Was hat
man sich unter dem in diesem Zitat durchschimmernden Weltrecht als
„nicht-übergreifende“ Normierung, als „nicht-überstaatliches“ bzw. „nicht-
überpositives“ Recht vorzustellen? Bei aller Obskurität der wiedergegebe-
nen Ausführungen lässt sich darin zumindest die These erkennen, dass eine
Art symbiotischer Prozess am Werke ist: Weltrecht bildet sich in einer
Anschlussbewegung an das Recht der Nationalstaaten aus (cf. Herberg
2005: 112). Wie aber geht all das vor sich?
664 Marc Amstutz und Vaios Karavas

Wir meinen, dass man es hier, wie schon erwähnt, mit Interpenetration
(im systemtheoretischen Sinne) 5 zu tun hat: Das europäische Rechtssystem,
d. h. konkret: der cognitive ressources produzierende, von der Kommission
aufgrund ungeschriebener Vertragskompetenzen angekurbelte CSR-Dialog,
stellt der Weltgesellschaft seine Komplexität zur Verfügung, um dieser den
Aufbau eines eigenen – globalen – Rechtssystems zu ermöglichen. 6 Umge-
kehrt sind aber auch Rückkoppelungen des globalen Rechts auf die Ope-
rationen des europäischen CSR-Rechts zu verzeichnen, das, wie vorne ge-
schildert, ständig danach strebt, die Produktion von cognitive ressources an
die Entwicklung in den Eigenstrukturen der Weltgesellschaft zu adaptieren
(und so auf eine angemessene Komplexität des Weltrechts hinzielt). Auf der
Ebene des Rechts wiederholt sich also, was wir bei der Klärung des Verhält-
nisses von national segmentierten Sozialstrukturen und globalen Eigenstruk-
turen generell beobachtet haben: das europäische CSR-Recht und das Welt-
recht stellen wechselseitige Eigen-Werte dar. Wenn wir dieses Verhältnis als
„Interpenetration“ qualifizieren, so gehen wir davon aus, dass beide Rechte
zwar zwei klar getrennte autopoietische Bereiche darstellen; wir erkennen
aber eine besondere Art der Bereichsvernetzung: Obwohl ein Eingriff des
europäischen Rechts in das Weltrecht und vice versa ausgeschlossen ist
(nicht alles, was im europäischen Recht kommuniziert wird, wird im Welt-
recht rezipiert und umgekehrt), bilden beide Systeme reziprok eine „Por-
tion notwendiger Umwelt“ (Baraldi/Corsi/Esposito 1997: 86), d. h. ohne
Teilnahme des europäischen CSR-Rechts gibt es (im betreffenden Bereich)
kein Weltrecht, und ohne Teilnahme des Weltrechts gibt es keine Entwick-
lung des europäischen CSR-Rechts. Auf diese Weise entsteht eine Ko-Evo-
lution beider Rechte.
Aber was geschieht in dieser Penetration des europäischen Rechts in das
Weltrecht genau? Was wird aus den cognitiven ressources, die im europäi-
schen CSR-Diskurs erzeugt werden? Schon mehrmals haben wir hervor-
gehoben, dass es in den Eigenstrukturen der Weltgesellschaft (jedenfalls
primär) nicht um die Stabilisierung von normativen Erwartungen geht, son-
dern um die Abstützung der Lernfähigkeit dieser Strukturen in Normierun-
gen. Diese Funktion des Weltrechts rührt daher, dass auf die sehr hohe
Komplexität der weltgesellschaftlichen Kommunikationen besser durch ko-

5 Man könnte hier auch von struktureller Kopplung sprechen. Allerdings ziehen wir es

vor, mit Stichweh 2000: 107 Anm. 16, im vorliegenden Kontext von (Inter-)Penetration zu
sprechen: „Interpenetration hat … den einen Vorteil, dass der Begriff den Kontakt zu dem
interessanten modernisierungstheoretischen Begriff der Penetration wahrt“.
6 Natürlich beschränkt sich die Ausbildung von Weltrecht nicht auf eine Interpenetra-

tion mit dem europäischen Recht. Weltrecht wird von vielen national segmentierten
Rechtssystemen penetriert. Es ist in diesem Sinne „unreines“ Recht: Es konstituiert sich in
zahlreichen und vielfältigen Interpenetrationen. Cf. als Beispiel aus der Rechtsgeschichte
die Penetration von jüdischem Recht in das christliche Recht: Amstutz/Karavas 2006: 21.
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 665

gnitive Prozesse als durch Festhaltenwollen an bestehenden Erwartungen


reagiert wird (Luhmann 2005a: 79). Das verlangt vom Weltrecht eine Kon-
vertierungsleistung ab: Es muss die noch sehr allgemeinen und generell ge-
haltenen cognitive ressources auf die Enttäuschungssituationen in den Eigen-
strukturen zupassen. Anders gewendet muss es mithilfe dieser Ressourcen
die typischen Enttäuschungsfälle, die in den weltgesellschaftlichen Kommu-
nikationen auftauchen, so strukturieren, dass „man rasch und sicher neue
Erwartungen bilden kann“ (72). Ein methodisch gangbarer Weg, um diese
Funktion zu realisieren, besteht darin, die benutzten cognitive ressources zu
verhältnismäßig greifbaren Modellen zu konvertieren, um die Eigenstruktu-
ren zu befähigen, Veränderungen im weltgesellschaftlichen Gewebe mög-
lichst effizient aufzufangen. Es ist denn auch gerade diese Transformation
(soundig out; Luhmann 1984: 314), die die Elemente des europäischen
Rechts in solche des Weltrechts umpolt. Danach liegen jene kognitiven Mo-
delle vor, die die Bildung neuer Erwartungen in den Eigenstrukturen steuern.
Wir wollen diesen Prozess an den Operationen des Weltrechts im Zusam-
menhang mit MNU veranschaulichen:
MNU haben eine duale Struktur (und widerspiegeln darin die Struktur
der Weltgesellschaft): Sie sind in national oder regional segmentierten Sys-
temen angesiedelt (Gesellschafts- oder Firmensitz), stellen aber zugleich
Eigenstrukturen dar. Auf Weltebene können sie ephemere Strukturen bilden,
was augenscheinlich wird, wenn sie ihre internen Strukturen lokal revidie-
ren und neu entwerfen (Verschmelzung oder Spaltung von subsidiaries
usw.). Auf dieser Ebene rearrangieren sie somit ständig ihre eigenen Struk-
turen, und das heißt: ihr Verhältnis zu den lokalen Umwelten, in denen sie
aktiv sind. Die geschilderten Rearrangements führen insbesondere zu einer
laufenden Re-Kreation der strukturellen Kopplungen von MNU mit ihren
Umwelten. Damit ist gewährleistet, dass die beobachterische Aufmerksam-
keit von MNU mit der Evolution der lokalen Umwelten, in welchen sich
diese Unternehmen bewegen, standhält. Das Weltrecht zielt nun darauf ab,
die MNU dazu zu bringen, im Umgang mit diesen Umwelten zu „lernen“.
Oder präziser: Es zielt auf die Förderung der Nutzung jener kognitiven
Chancen, die sich aus den laufenden Regenerationen von strukturellen
Kopplungen zwischen MNU und ihrer Umwelten ergeben. Aber wie kann
diese Förderungsarbeit gelingen? Das europäische CSR-Recht und seine
weltrechtliche Penetration offenbaren eine subtile Strategie: Die im europäi-
schen Sozialdialog produzierten Instrumente münden in kognitive Modelle
des Weltrechts, die Transparenz in den Eigenstrukturen in bisher unbekann-
tem Maße steigern, und somit auf eine Logik hinauslaufen, die Statisches
(Bindung) für Fluktuierendes (Beobachten) austauscht. Um allerdings in
diesem Punkt präziser zu werden, muss diese auf Transparenz zielende
Strategie eingehender analysiert werden. Die Frage lautet: Wozu Transpa-
renz (als Kernanliegen des Weltrechts)?
666 Marc Amstutz und Vaios Karavas

CSR-Recht strebt prinzipiell nach umweltadäquaterem Verhalten von


MNU . Und das bedeutet: nach einem Verhalten, das den lokalen Umwel-
ten, in denen diese MNU agieren, angemessen ist. Diese Umwelten sind der
sozialen, politischen, kulturellen und/oder wirtschaftlichen Selbstreflexion
(Identität) dieser MNU fremd, was zuweilen Spannungen samt Folge-
problemen auslöst: Novartis, Wal-Mart, Vodafone usw. weisen der Tendenz
nach westliche Unternehmenskulturen auf und können deshalb (in unter-
schiedlichem Grade) mit den lokalen Verhältnissen in Asien, in Südamerika
usw. kollidieren. In solchen Konstellationen bedarf es CSR-Instrumente, die
auf eine Vernetzung von unternehmerischen und lokalen Kulturen hinwir-
ken; bei einer simplen Transparenz der in MNU -Umwelten vorherrschen-
den sozialen Verhältnisse kann es sein Bewenden nicht haben. Genau hier
liegt die Funktion des Weltrechts: als Aktant zwischen den rechtlichen,
proto-rechtlichen bzw. sozialen Normen der national oder regional segmen-
tierten Systeme, aus denen die MNU stammen, und den entsprechenden
Normen der lokalen Umwelten, in denen sie ihre Aktivitäten entfalten, zu
fungieren. Um dieses Geflecht – Interlegalität! – herzustellen, muss Welt-
recht eine Transparenz ganz besonderer Art kreieren: eine Transparenz, die
geeignet ist, in den Eigenstrukturen reflexive Schlaufen auszulösen. Diese
Transparenz gründet darauf, dass die kognitiven Modelle des Weltrechts in
den Eigenstrukturen Beobachtungsoperationen entfesseln: Beobachtungs-
operationen, die die jeweiligen rechtlichen, proto-rechtlichen bzw. sozialen
Normen in den Ursprungssystemen einerseits und den lokalen Aktivitäts-
umwelten der MNU andererseits relationieren. Mit dem Erregen dieser Be-
obachtungsoperationen in den MNU (bzw., genereller, in den Eigenstruktu-
ren) nimmt das Weltrecht Einfluss auf die Reflexion in diesen Strukturen,
und dies, um deren Umweltadäquanz zu steigern. Die Beobachtungsopera-
tionen, die das Weltrecht in den MNU auszulösen sucht, können am ehes-
ten mit einem Ansatz beschrieben werden, der aus der Ethnologie stammt
und im allgemeinen displacement of knowledge genannt wird.
Um diesen ethnologischen Ansatz zu schildern, müssen wir näher auf seine
Urheberin, Marilyn Strathern, eingehen, die vorschlägt, die Phänomene,
die sie untersucht, sei es in Melanesien (wo sie hauptsächlich geforscht hat)
oder im Westen, jeweils aus einer vergleichenden Perspektive anzugehen.
Dabei rücken nicht nur die Wissenspraktiken der untersuchten Individuen,
sondern auch diejenige der Ethnologen hinsichtlich ihres Forschungsgegen-
standes in den Blick, um miteinander kontrastiert zu werden. Durch die
systematische Verschiebung der Perspektiven und der Referenzrahmen wer-
den neue Zugänge zu den Forschungsthemen gewonnen. Ihrer Methode hat
Strathern (1999: 6) den Namen ethnographic moment gegeben: „The ethno-
graphic moment is a relation in the same way as a linguistic sign can be
thought of as a relation (joining signifier and signified). We could say that
the ethnographic moment works as an example of a relation that joins the
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 667

understood (what is analysed at the moment of observation) to the need


to understand (what is observed at the moment of analysis).“ Man könnte
also sagen, dass die Ethnologie – nicht anders als ihr Untersuchungsgegen-
stand – als eine Art Tausch dargestellt werden kann (Pottage 2001: 127). Die
ethnologische Forschung verlangt nach Strathern, dass – systemtheoretisch
gesprochen – zwei Beobachtungsebenen ineinanderfließen, nämlich die
Beobachtung erster und diejenige zweiter Ordnung. Gell (1999: 74) hat die-
sen Ansatz folgendermaßen resümiert: „The system M [sc. das System von
Marilyn Starthern] is a thought experiment which ineluctably bears the
impress of the western system against which it is constructed – one more
instance of the return of the repressed. GG [sc. The Gender of the Gift –
damit ist Stratherns berühmtes Buch gemeint] is thus not a codification of
the truth about Melanesia, but an abstract system which can be aligned with
ethnography so as to generate insights into parts of these data, but not of
course, all of it. As such, I think it is exemplary, in that it most effectively
destabilised a large number of dogmatic assumptions in sociological analy-
sis which certainly needed destabilising (society vs. individual, male vs.
female, …). … The system M is probably quite illuminating in relation
to non Melanesian material so long as it is taken as a fund of imaginings
to what the world might appear as, seen from a counter-intuitive point of
view.“ Nach Strathern (1988: 11) zielt also die ethnologische Forschung
nicht bloß auf die Entschlüsselung einer fremden Kultur hin, sondern viel-
mehr auf die Dekonstruktion des eigenen Denksystems, auf ein kritisches
Hinterfragen der Differenzen, mit denen unser Denken operiert. Denn wie
Strathern betont: „[the point of ethnographic analysis is] to stop us thin-
king of the world in a certain way.“
In dieser dekonstruktiven Verlinkung von Beobachtung und (Selbst-)
Reflexion liegt die Innovation von Stratherns Ansatz – und zugleich eine
Beschreibung dessen, was Weltrecht innerhalb von Eigenstrukturen im all-
gemeinen und von MNU im besonderen bewirken sollte. Denn: Ein MNU
wird nie Teil oder Inbegriff der sozialen, politischen, kulturellen und/oder
wirtschaftlichen Umwelt sein, in welcher es aktiv ist. Es muss aber lernen,
seine eigene Identität so in Frage zu stellen, dass es in responsiver Art und
Weise in dieser Umwelt handeln kann, d. h. Maßnahmen trifft, um seine
eigene Kompatibilität mit dieser Umwelt sicherzustellen. Stratherns Beob-
achtungsschemata lehren genau dies: wie Beobachtung der vielfältigen Ver-
hältnisse in der Welt der Weltgesellschaft sich auf der Reflexionsebene des
beobachtenden Systems auswirkt und so zu einer Neufassung seiner Selbst-
beschreibung führt. Oder anders gewendet: Strathern lehrt, wie das Welt-
recht seine kognitiven Modelle modulieren muss, um die beschriebene Re-
sponsivität von Eigenstrukturen bzw. MNU zu fördern.
668 Marc Amstutz und Vaios Karavas

4. Ausdifferenzierung:
Die Emergenz von zivilgesellschaftlichen Governance-Mechanismen

Die schwierigste Frage haben wir für den Schluß aufbewahrt: Warum
sollten Eigenstrukturen auf das Angebot kognitiver Modelle des Weltrechts
überhaupt reagieren? In dieser Frage kristallisiert sich die Kritik an der Frei-
willigkeit des CSR-Rechts heraus, an welchem die Europäische Kommission
bisher ungebrochen festgehalten hat. Manche mögen in einer solchen
Entscheidung den Ausdruck eines „Relevanzverlustes klassisch-staatlicher
Ordnungen“ (Luhmann 1993: 581) sehen. Und auch in pragmatischer Per-
spektive liegt der Einwand nahe: Warum sollten sich Eigenstrukturen bzw.
MNU auf Weltrecht (so wie wir dieses definiert haben) einlassen? An einem
Vollzugsapparat in der Form des traditionellen Gerichtsvollstreckers fehlt
es in der Weltgesellschaft weit und breit (Muchlinski 1999: 123 ff.). Aber sol-
che Zweifel übersehen etwas Wichtiges: dass Weltrecht zivilgesellschaftliches
Recht ist! Weltrecht ist nicht Ausfluss irgendeines (staatlichen oder anderen)
Organisationswillens, sondern die Frucht blinder Evolution, also eine spon-
tane Ordnung im Sinne von Hayek (1973: 58). Weltrecht wächst planlos
im Mahlstrom weltgesellschaftlicher Kommunikationen und ist deshalb
auch darauf angewiesen, sich auf die weltgesellschaftlichen Kräfte für seine
Durchsetzung zu verlassen.
Diesen Kräften können wir hier aus nahe liegenden Gründen keine um-
fassende Abhandlung widmen (cf. Backer 2007). In Windeseile (und nur
sehr kursorisch) halten wir fest: Die vorne geschilderten seltsamen Verstri-
ckungen von territorial segmentierten Strukturen und Eigenstrukturen expo-
nieren diese dem Zugriff einer Anzahl von verhaltensdisziplinierenden
gesellschaftlichen Einflüssen (cf. Foucault 1975). Nimmt man den Fall von
MNU (als weltgesellschaftliche Eigenstrukturen), lässt sich erkennen, dass
sie einem ganzen Bündel von zivilgesellschaftlichen, bald mehr, bald weni-
ger, diffusen Mächten unterliegen: Da ist zunächst der Markt, der – Polanyi
hat diesen Punkt mit seiner Gegenbewegungs-These eindrücklich eingefan-
gen – zur Entfaltung sozialer Kräfte beiträgt, die ständig den „Schutzmantel
der kulturspezifischen Institutionen“ zu rekonstruieren suchen (Polanyi
1995: 182 ff.). Sodann ist auf Reputationseffekte hinzuweisen, die in der
Gegenwart von vielen Faktoren abhängig sind (und nicht zuletzt von Inno-
vationen, wie Qualitätslabel, Gütesiegel, Qualitätsmanagement-Systeme
usw.). Auch die öffentliche Meinung – namentlich von den Massenmedien
angetrieben – entfaltet in vielen Fällen eine maßregelnde Wirkung. In diesem
Zusammenhang kann schließlich auf Skandalisierungspotentiale hingewiesen
werden, die gerade die Menschenrechtslage in der Welt oft vorangetrieben
haben (Luhmann 2005b: 222). Diese Liste von disziplinierenden Kräften
muss hier notgedrungen unvollständig bleiben. Wichtig ist an dieser Stelle
nur zweierlei: Zunächst der Umstand, dass diese Kräfte auf die Eigenstruk-
Weltrecht: Ein Derridasches Monster 669

turen bzw. die MNU einen Druck ausüben, die kognitiven Modelle des
Weltrechts auch tatsächlich zu nutzen. Hervorzuheben ist aber alsdann
auch, dass dieser Druck ein weltgesellschaftlicher ist, also im Einklang mit
der Natur des Weltrechts steht. Insofern sind die aufgezeichneten Kräfte
(Markt, Reputation, öffentliche Meinung usw.) im Kern zivilgesellschaftliche
Governance-Mechanismen.
Auf die Entfaltung dieser Mechanismen zielt die Strategie, die die Europäi-
sche Kommission mithilfe des Europäischen Bündnisses für CSR verfolgt.
Indem sie die Stakeholders aus dem sozialen Dialog dieser Plattform ausge-
schlossen hat, hat sie eine Ausdifferenzierung von sozialen Kräften angekur-
belt, die sonst wahrscheinlich in diesem Dialog blockiert geblieben wären.
Auf den zu erwartenden Einwand, die von uns aufgeführten zivilgesellschaft-
lichen Governance-Mechanismen seien um einiges weniger gesichert als die
traditionellen Rechtspflege-Instrumente, möchten wir mit Luhmann erwi-
dern: „Man mag das im Ausgang von einer hochentwickelten Rechtskultur,
die unsere Erwartungen bestimmt, als unzureichende Antwort auf das Pro-
blem beklagen. Man hat aber schon oft bemerkt, dass die Weltrechtsordnung
eher den Ordnungsformen tribaler Gesellschaften gleicht, also auf organi-
sierte Sanktionsgewalt und auf authentische Definition der Rechtsverstöße
an Hand bekannter Regeln verzichten muss“ (Luhmann 2005b: 222). Auch
das werden wir also vom monstrum Weltrecht lernen müssen: dass Rechts-
Verzichte manchmal Rechts-Mehrwerte schöpfen.

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The Power to Rule the World

Dirk Baecker

I.
Lately, a notion of regime has been reintroduced into the language of
social and among them law studies which is intriguing because, for some
engaged with critical theory, it still refers to some system of power whose
legitimacy is not exactly beyond any doubt. A regime within the political
or the physical comprises a set of conditions or measures, which fit in and
work within a certain environment without necessarily being completely
understood or even spelled out. A regime combines formal and informal
rule, or outspoken and silent expectations and commitments. It is both an
institution and a style, or even a “combination of styles around institutions”
(White 1992, p. 226), and it makes use of this combination in order to be
able to float with respect to both its range and its core.
Andreas Fischer-Lescano and Gunther Teubner propose to use the notion
of regime to describe a global order of law, which is multi-rational, highly
fragmented, but still networked (Fischer-Lescano/Teubner 2004, 2006).
Lacking any hierarchical hint to where its unity may consist in, that global
order of law exhibits a heterarchical circularity, which is highly flexible with
respect to cause, argument, and enforcement, and draws on many sources
of law, be they national, international, corporate, or market.
This paper tries to emphasize the use of a notion of regime by shifting it
back a little to the sphere of the political. Whereas the law provides for
means to ignite, handle, and settle conflicts within a society, which has
every interest not to let conflicts roam unrestricted (Luhmann 1995, chap. 9,
and 2004; Teubner/Zumbansen 2000), the political deals with ways to de-
velop and constrain a power to rule the world. Focusing in a rule pre-com-
mitting itself with respect to possible failure, the political both harnesses
and delimits ways to arbitrarily, or willingly intervene into matters of fact,
social order, and time and process. Modern attempts to insist on a pre-com-
mitment of the political to legal rule have obfuscated both the reference of
the political to the threat, exercise, and containment of force and violence
(Weber 1968; Parsons 1963), and to the possible link between the use of
force and violence, on one hand, and the production, distribution, and con-
trol of the arbitrary, of free will, on the other. It took Niklas Luhmann more
674 Dirk Baecker

than thirty years of writing about power to rediscover that power is indeed
about the gain of arbitrary action on the side of both the ruler and the ruled
and that it consists in making sure that this gain is not lost again while all the
way ensuring its containment as well (from Luhmann 1979, originally 1974,
to Luhmann 1997, p. 355–7).
This paper looks into a possible notion of regime to describe how that
kind of power is framed within a world society, which possibly right now is
on its way to transform itself from the modern society based on the printing
press to a next society based on the computer and its derivatives (Baecker
2007, 2007/8). Yet, in order to be able to do so, it first reframes an appro-
priate understanding of power, and then looks at earlier instances of rule in
tribal society, ancient society, and modern society. Regime will be assumed
to follow nomos, privilege, and reason in its way of framing the rule of
power. We will use George Spencer Brown’s notation of concatenated dis-
tinctions to develop a model of the rule of the world (Spencer Brown 1969),
drawing on that notation’s advantage of describing a topology of nested
spaces which consists in a heterarchy of variables including relations of
number, order and exchange, and of confirmation, cancellation, and subver-
sion (McCulloch 1989; Günther 1979).

II.
The power to rule the world depends on meeting a resistance, which
under the threat of force gives way to a compliance, which compared with
the execution of the force is considered the lesser evil, that compliance then
waiting to get a chance to break free again and to avoid further obedience.
Meeting a resistance the ruler has to be able to threaten without having to
execute the threat, or to execute it only when thereby threatening with even
more. The compliance has to contain its own reward, beginning with the
avoidance of the execution of the threat. The time spent with waiting for a
chance to break free again is the time to be used by the power to get its will,
to continue to validate the threat, and to reward the compliance.
A possible Spencer Brown (1969) expression coding the way power gets its
way reads as follows:

Power, thus, is not just marked and distinguished by a will getting its say
but by a resistance being lured into compliance. Note that there is a clear-
The Power to Rule the World 675

cut ambiguity as to who it is who occupies the powerful position in this


play, because compliance framed by possible resistance lets the ruled exer-
cise a deliberate power as well. Is it the ruler who is luring the ruled into
compliance, or the ruled luring the ruler into spending rewards? Is it the
ruled who complies with a threat in order to calm down the ruler, or is it the
observer who welcomes the threat because it calms down the ruled? Note
that with respect to power everybody is in a position of a third, or of an ob-
server, making calculations as to what are the gains of the rule and what may
be the gains of a possible unrest, bringing to bear the results of that calcu-
lation on the definition of the situation everybody is in.
Sociology has ever been outspoken about power being a physical as much
as a temporal and social process. A modern society which considers itself as
one which broke free from aristocratic rule and therefore likes to consider
power a rather evil, if only unreasonable means to get one’s will, is met by a
sociology which points to the positive use of power in modern society as
well, be it in politics, in organizations, or in the family. It analyzes the
physical means and the different ways to demonstrate the threat, the time
spent with both reaping and rewarding while threatening all along, and the
individual constellations of people ruling, obeying, and watching each other
(Weber 1968; Parsons 1963a, 1963b; Crozier/Friedberg 1980; Luhmann
1979).
Thus, looking at the social constitution of power means to draw in the
states of the world any power refers to in order to legitimize threat, com-
pliance, and reward. The power to rule the world is considered to be as
much about the world as about the power to rule. No ruler will tell you
about its will as long as it is uncertain what there is to be willed, that uncer-
tainty, however, being the very stuff that keeps the ruled on their guard. No
ruled will tell you what it is willing to comply with as long as there is no
command being put into the alternative of threat and reward, that command
therefore having to be delivered in order to bind the ruled even if there is no
will to be willed. The world ruled by power is a physical world, a temporal
world, and a social world inextricably knotted into each other.
A closer look at the intricate relationship between the power to rule, on
one hand, and the world, on the other, reveals what power indeed may be
about and why rule is such a difficult thing to secure. If you look at both
sides of the process which enables power to institutionalize itself, that is at a
resistance giving way to compliance due to realizing the truth of a threat, on
one side, and at complying with the compliance waiting to get a chance to
break free again, on the other, you will notice that the positive execution of
power is all about a free will framed by conditions which restrict it. The
ruler’s will is restricted by the ruled’s resistance and by the demanding con-
ditions of their compliance; and the ruled’s will is restricted by the ruler
having its will.
676 Dirk Baecker

Looking at power we are indeed looking at arbitration coming about.


Power does only emerge at the prize of Willkür, acts of arbitrariness, acts of
caprice, acts of despotism being discovered (Luhmann 1997: pp. 355–7):
The ruler discovers its ability to will this or that, depending on the risks in-
curred, and the ruled discovers its choice between obedience and refusal, a
choice soon to be extended towards other alternatives once the ruled has
learnt that it has a choice at all. Both, however, a moment later discover that
their empowerment to arbitrariness comes at a certain prize which may be
called commitment, both to oneself and to the other (Elster 2000), thereby
discovering, perhaps, that there are indeed an other and even a self. Thus,
the world being ruled by power is a world becoming real in the form of the
constraints it entails and the positions it indicates, distributes, and locks into
each other.
We may give our Spencer Brown expression another twist which lets us
look at the form of arbitrariness being framed by arbitration:

By arbitrariness we mean the range of free will discovered by acts of


power, of Willkür, of caprice, even of despotism being risked and watched;
by arbitration we mean the process of re-embedding acts of arbitrariness
within a physical, temporal, and social world, largely surpassing the more
narrow meaning of arbitration as a legal procedure to resolve and settle dis-
putes even if this technique is a perfect example of what we mean by a pro-
cess of re-embedding.
Modern society is mistaken in thinking that its freedom consists in its lib-
eration from the rule of power. It just transformed the rule of power from
aristocratic exclusion to democratic inclusion, possibly letting slip, how-
ever, the positive use of power into the blind spot of modern society, though
closely watched by critical theory (Adorno 1968), which never stopped to
monitor all kinds of exclusion that are maintained and concealed in dis-
course masquerading as reality, in habitus embodying its own practical rea-
son, or in professions claiming expertise out of abstraction (Foucault 1991;
Bourdieu 1990; Abbott 1988; Stinchcombe 2001).
The Power to Rule the World 677

III.
We propose, therefore, to look anew at the positive exercise of power in
any society, including the modern one, reapplying the one mechanism of
framing arbitration in respective accordance to the world being encountered.
We look at four societies, relying on the four most obvious media epochs of
society, tribal society dealing with language, ancient society dealing with al-
phabetical writing, modern society dealing with the printing press, and next
society dealing with the computer and its derivatives (Baecker 2007).
Our question is which are the frames in any one of these societies that en-
able processes of arbitration to come about that on their turn encourage and
constrain the discovery of arbitrariness. Our premise throughout is that few
things are considered more risky and even dangerous than the exercise of ar-
bitrariness even if it is considered necessary in adapting the conditions of so-
ciety to their own maintenance and iteration. Arbitrariness is a way to talk
about action that defies talk. That defiance is to be encouraged, and to be
constrained, if a talk entangling itself within its own conventions wants to
be sure of meeting a reality that is considered to be able to change. Think
about a different direction to be explored to look for deer to be chased,
about a new political constitution to be found to account for inappropriate
people getting rich and wielding their influence, about entrepreneurs ex-
ploiting unheard of technical possibilities to flood the world with commod-
ities and services, or about posses roaming about the world to boast their
creativity: all of these social endeavors have to be welcomed and to be chan-
neled at the same time since they ensure the contact between society and its
reality.

IV.
Look at tribal society first. Power here is framed by nomos or usus, that is
by the question whether ancestors would be prepared to agree with some
proposal that is put forward, a question being raised and answered by the
council of elders due to the circumstances demanding consideration and de-
liberation.
This gives us the following expression:

Nomos means to refer to custom and tradition in figuring out what to do


why and whom to rule with respect to what threats and rewards. Nomos
678 Dirk Baecker

adds to, or even is an outcome of, the self-binding of power in that it both
puts an end to any argument by pointing to the evidence of customs and tra-
ditions and starts new argument by being able to relate action to evidently
changing circumstances. Nomos is re-entering the distinction between arbi-
trariness and arbitration into its own space, changing it thereby into a form
which is used to explore that space according to triggers of circumstances
considered to be unforeseeable even if applying to the rule maintained by
tribal societies of a never changing world. But who knows what the bush’s
ghosts, neighboring tribes, and the whims of the weather, of the deer, and of
the plants may be up to. If tribal society’s structure consists of oral language
flowing unrestricted and its culture of boundaries marked and protected by
secrets restricting the flow of words, then nomos may be conceived of as a
reservoir of narratives and practices that relate to boundaries being known
and neglected only at a certain prize, being accepted and reinforced due to
circumstances, and being shifted or even abolished according to the inter-
pretive wit of the elders (Schmitt 1985, cf. 2003).
When he reviewed the anthropological literature Sigmund Freud had a
keen eye for what is happing with and to power in tribal societies (Freud
1962). He realized that in order for the nomos to be able to frame and re-
enter the distinction between arbitrariness and arbitration into the form of
power which rules the world, the nomos itself had to be broken, violated or
split according to an arbitrated act of arbitrariness which was able to mark
and thereby put at risk the apex of the hierarchy: The king of those African
societies that bordered on forms of high culture of their own were granted
the privilege of breaking the incest taboo, thereby rewarding them with the
highest prize those societies had to award and at the same time marking
them as sinner or even criminal for possible further use if they should turn
out not to know their duty and to embark up on unduly commands. No
problem to kill them if that should happen. The probability of that happen-
ing, however, was minimal due to those societies putting great care into
making sure that the king in his robe of honor could barely move and was
securely locked away in his palace almost nobody else was allowed to ap-
proach. If there ever was a containment of power, which made sure that its
use was framed by society’s ability and intelligence of how, and when, and
to what purpose to use it, African kingdoms knew all about it; and Freud
described the mechanism.
The Power to Rule the World 679

V.
Ancient society was brought forward by the introduction of alphabetical
writing adding to the oral use of language. That society has to receive and
accept the older societies’ use of power, yet it has to transform it as well
since nomos was celebrated but did not suffice any more to both empower
and contain a society which was ridden by political and economic competi-
tion both within its strata as well as between those strata. Writing had un-
leashed an unprecedented ability to go for longer and therefore more im-
probable chains of action, soon to be called strategies, not to be interrupted
any more by the sheer impact of people being present and looking at each
other in interaction. In interaction in tribal society as in any other society
action goes, so to speak, where speech flows. Writing in general and alpha-
betical writing in particular is the first technology to interrupt that flow and
to force communication into a search for contexts that are not necessarily
evident any more when people are talking about them and are made to serve
nevertheless (Ong 1977, 1982). Plato went on to invent his concept of forms
(ideia) which are thought to live in those contexts in-forming themselves, as
it were, but unreliably so because they apparently had to be protected from
just anybody’s gaze, the phenomenai that are visible for everybody.
The nomos of once was reconsidered as telos, a Greek word for both cos-
mologically appropriate place, i.e. nomos, and for purpose, which had to be
in accordance with cosmological order, to be sure, but gave a certain leeway
for its reconsideration and reinterpretation. Telos, in ancient society, frames
what we are used to call privilege, in that privilege has to legitimate itself in
accordance with the cosmological order but can be conquered and must be
defended such that people and positions while presumably safely sited by
birth became loosely coupled and thus the object of power plays.
Thus our expression of power 1.0 in tribal society is modeled into a new
expression of power 2.0 in ancient culture:

Privilege comes with birth; it depends on you being born as an aristocrat, a


common, or a slave. But that does not tell you what power you will be able
to wield or to have to bear with. Even a common if he knows his business
about may turn into a gentleman whose privileges, well framed, nobody
doubts (Xenophon 1970). Agonistically competing for privilege you are
bound to check up with the teloi, which are ancient society’s culture form
dealing with its structure of mobilization within strata. To check up with
680 Dirk Baecker

telos means to try to apply with it and to use rhetoric to shift it such that it
meets what one is up to. Again, as with boundaries, it is only the world,
which is constraining the interpretation, analyzed and recombined with re-
spect to its physical, temporal, and social structure.
So privilege again is split into a kind of carte blanche one may explore and
play with as one thinks possible, on one hand, and the accompanying ques-
tion posed by oneself or others whether what one is up to is in accordance
with rank and class, on the other. Many, but not all questions as to who was
to rule whom are already answered by looking up rank and class. But privi-
lege moderated by the distinction between virtue and vice could lend some-
body an influence, or have him or her lose it, of which either gain or loss at
birth nobody knew a thing. Stories about fate and its twists abound, which
tell and show how people seek privilege and the power coming with it, and
loose it due their ignorance of the world to be ruled. Exceptions to the rule
with respect to both luck and disaster not matched by merit could be at-
tributed to God testing the faithful.

VI.
Modern society had to transform this form again since the printing press
produced a range of critical observations with respect to both social posi-
tions and the world to be ruled that neither nomos nor privilege could sus-
tain, their internal flexibility notwithstanding. Both arbitrariness and arbi-
tration now become related to entrepreneurial adventures, political parties,
religious strain, scientific discoveries, and artists’ works that defied all
known traditions, which might have been used to check on their accordance
to nomos or privilege.
Renaissance and humanism did away with religion and with aristocratic
rank, both of them reconfiguring into patrons and sponsors either able to fi-
nance the projects of the citizens put forward or failing to be of any further
interest. Cities, churches, and eventually even states, under the name of
“nations”, had to find ways to turn into “projects” as well in order to be able
to compete for capital (Tilly 1992).
Enlightenment invented reason to account for a dynamical world having
nevertheless to meet resistance and to reward compliance. Reason is a means
to be reasonable with respect to both purpose and means when embarking
upon new projects and looking for the resources, the time, and the people
ready to go with you. Reason means that as long as arbitrariness and arbi-
tration refer to ends and means in close relationships of substitution, framed
by restrictions of non-interference into other domains of ends and means,
any will has its range of deliberation and can look for a ruler willing to will it,
and a ruled willing to do it. Enlightenment thought that this will put an end
The Power to Rule the World 681

to caprice and passion, letting only interests still have their say (Hirschman
1977), yet that did not count in a passion for new entrepreneurial ends and
new technical means. Reason turned out to be reasonable in quite innovative
and dynamic ways, which were rather difficult to account for.
The reference to reason gives us a new form, which reads as follows:

There is still arbitrariness and arbitration to deal with if power is to come


about to rule the world. And there are still the rule of nomos and the privi-
lege to account for if that power should consider redrawing the boundaries
and redistributing the privileges everybody else is used to. But the positive
build up of power can no longer be restricted to the world of boundaries
and privileges. There are new chances to act arbitrarily, if not capriciously,
and even despotic (see Marx 1990 on “despotic” businesses within “anarchic”
markets), and there are new means and techniques of arbitration, ranging
from democratic rule within politics to union power within businesses and
women’s emancipation within families. Yet do not confuse techniques of ar-
bitration with successful liberation. Even modern society is not about com-
plete freedom, which is why liberal and anarchic ideologies find reasons to
still insist on it (Hayek 1980; Graeber/Grubacic 2004).
Reason means that one can switch means to meet ends, and, easy to over-
look, ends to meet means. Power may rule wherever ruler, ruled, and ob-
server get convinced of appropriate means with respect to legitimate ends, a
power play accordingly dealing with questions of appropriateness and legit-
imacy (not to be confused with legality, the former referring to the exercise
of a power a society considers necessary for self-control, the latter to the
rule of law in the ignition and settlement of conflicts). Modernity has proven
to give ample space for both criteria, and it has to do so because the dy-
namics of the printing press presenting society with an overflow of criticism
of all things standing still, which it has to deal with, is backed no more by
either convention or cosmos.
Instead the notion of equilibrium comes in, which applies to mind and
soul as to social spheres of all kinds that reinvent themselves on a second-
order level maintaining their stability while constantly changing. That is
also why the notion of identity became necessary in the first place. Identity
means to be in a state of equilibrium with yourself while circumstances,
opinions, ideas, and interests may change according to opportunities which
impose themselves (Montaigne 1987).
682 Dirk Baecker

It is enlightenment’s error that reason somehow is up to a telos of a nomos


of its own, called progress by some, and doom, by others, calling for the oc-
casional revolution among both (Lenin 1961). Instead, it just keeps things
moving, always blocking, however, by boasting its own rationality, any look
at, and awareness of, the second-order reality of observers watching observ-
ers to decide where to go when, and why (Keynes 1973; Luhmann 1998;
Baecker 2008). Reason is even oblivious of power, which is why modern so-
ciety is so uncertain about it, letting conservatives insist on its necessity
without evidently being able to give reasons for that, and having progress-
ives hoping for its eventual abolishment not knowing what they then would
miss.
It was helpful for modernity’s political fight, but misleading for its self-
description to distinguish between the privileges’ passions, on one hand,
and the reason’s interests, on the other (Hirschman 1977). Privileges have
their interests as well, most obviously an interest in themselves, and reason
knows its passions well, not seldom by heart. Both play with a rule of
power, which excels in arbitrariness as in arbitration. There is no need not to
look at the ways modern society has wielded its power, and may still be
doing so.

VII.
Next society is already posing questions of its own. Dealing with com-
puters, the Internet, intranets, and computer grids entails an overflow of
control projects like political campaigns, capital markets, scientific projects,
terrorist attacks, urban planning, and artistic intervention which use the
computer at the same time as they try to outwit it by introducing chance
and disorder. The nomos, the privileges, the reason of once are challenged
by a connectivity of data so rich and fast that new ways to rule the world be-
come necessary.
The old way of a reasonable handling of reasonable criticism, undisturbed
by the occasional eruption of an irrationality that was contained by being
called so, is now only known for its “anomalies” unexpected by theory,
but well expected by any power practice knowing its whereabouts: Share-
holders are not able to pick their directors nor to run with their investment
if need be; directors are appointed by executives, not the other way around;
and executives comply with human resource development more easily than
with financial control (Bowman/Useem 1995). Corruption is faster in team-
ing up and more reliable in self-commitment (because you have to fear re-
port with the police) than any reasonable plan trying to make sure that you
forego your resistance in exchange for rewards in terms of career, say, or a
pay which enables you to send your children to the appropriate school.
The Power to Rule the World 683

What is going to bundle ruler, ruled, and observer alike into power plays
that now provide for the arbitrariness needed with respect to the exploi-
tation of richly structured, highly complicated opportunities churned out
by computers showing you new ways to severe and combine, and for the ar-
bitration needed to talk unwilling subjects and skeptical observers, let alone
reluctant rulers into that exploitation? Yes, indeed, there are still power
plays being necessary. Even the computer is not providing for that matter of
fact rationality that some expected already from the knowledge produced
by the printing press (a mathesis universalis) and from the social order in-
vested into the functionally differentiated systems of modern society (a wel-
fare society driven by the pursuit of happiness).
Instead, posses, to use the apt word coined by Michael Hardt and Anto-
nio Negri (2000, p. 408), cross the social order of once and force it to re-
configure itself according to a more robust form of both tying and cutting
possible links. That is why networks of late became so prominent (Kelly
1990; Castells 1996; Lehmann/Qvortrup/Walther 2007). But, again, what is
going to contain both posses and networks within their domains? What are
the strategies able to mobilize and channel identities and control (White
1992, 2002)?
Those strategies seem nowadays to be called regimes. Regimes are
bundles of site-specific kinds of knowledge, people, procedures, and legit-
imacies, indeed much more a result of practice, convention, and routine
problem solving than the outcome of some conscious and deliberate design
of norms and constitutions. Harrison C. White calls a regime accordingly
“a native statement combining styles around institutions” (White 1992:
p. 226). Andreas Fischer-Lescano and Gunther Teuber add to this an ar-
ticulated understanding of different regimes of a rule of law conflicting and
overlapping within a heterarchical order of world society (Fischer-Lesc-
ano/Teubner 2004, 2006). Those native statements moving within an ecol-
ogy of similar ones will be distinguished less by ideology and constitutional
rule and much more by historical dates, dynastic names, or the name of a
commission that with some success introduced a new set of rules. Thus,
there is a world politics regime before 9/11, and one after 9/11, referring to
the terrorist destruction of the two towers of the World Trade Center at
September 11, 2001; there are the Jelzin regime and the Putin regime in
Russia before and after the year 2000, when Putin became President of the
Russian Federation; and there is a Sarbanes- Oxley-Act 2002 corporate
governance regime in the US as there is a Dr. Gerhard Cromme Kommis-
sion 2002 corporate governance regime in Germany. All of these regimes
are native acts of complex rules which are known by the practices they sup-
port, the posses they were a response to, and the possible problems and
weaknesses to be revealed by further posses they knowingly cannot really
avoid.
684 Dirk Baecker

Note that a regime is at the same time functionally over and under-spec-
ified. They are over-specified with respect to specific problems they are de-
signed to solve or to at least contain, and they are under-specified with re-
spect to the functional spheres of modern society they nevertheless still
draw upon. This usually produces an odd mixture of concrete problems, on
one hand, and several functional spheres like the political, the economic, the
military, the scientific, including some carrier organizations and institu-
tions, some story sets and mass media, on the other. This amounts to a sys-
tems theoretician’s nightmare, a network theoretician’s delight. Yet, this is
exactly why we may wish to speak of a regime in the first place. They con-
sist of locally chosen sets of networks, loosely coupled among each other
and with the rest of society, yet fast and reliable in dealing with some prob-
lems they were designed to handle, and some more, they were not.
We propose the following code for power 4.0 of next society:

A regime is a rich description of present possibilities within both past ex-


periences and future expectations. It tells you what it is that is new without
forgetting by what it is triggered. It gives you a date for the new rules it con-
sists in, and lets you expect right now a change yet unspecified. It is a very
simple meta-rule that comes as a proxy for an understanding of its present
state, its history, and its possible, even if indeterminate while path-depend-
ent future. Of course, the problems it is chosen to solve bear an arbitrariness
to them as do the solutions that are put forward, but the arbitrariness gets
quickly dissolved as enough people become interested in the arbitration
coming with it.
To push for a new regime is all a ruler actually can do. To go along with
the present regime is all the ruled is called for. And to wait for the next re-
gime is all which is needed to provide for the necessary space for a redis-
tribution of possible rewards. Regimes are in accordance with both recur-
sion and non-linearity. That is all cybernetics ever longed for in making sure
that feedbacks get their listening to, or better: listing, and that, therefore,
observers including second-order observers get their sway.
To be sure, all other societies are still with us, so there is room for nomos,
privilege, and reason as well. Yet, they all get repackaged and become
counted with respect to different regimes of certain power plays wherever
they had and have their say. The order of power 4.0 is decided upon else-
The Power to Rule the World 685

where. It stems from threats to stick with regimes becoming too old to be
compatible with other social projects, from a compliance that is ready to
switch if the stickiness becomes a nuisance without its own reward, and
from rewards of a knowledgeable move with any new regime.

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Gunther Teubner: A Generative Scholar
for a Plural World

Paul Schiff Berman

There are many scholars in the world whose works are provocative,
smart, thoughtful, well-researched, logical, insightful, and so on. But only
the work of a very few scholars can truly be called generative. Gunther
Teubner is one of those scholars.
What do I mean by generative? Well, a generative work is one that not
only reflects the thinking of the author; it actually generates new ideas in the
reader. It calls forth creativity and becomes a fount for the future. Like a
koan that inspires even as it perplexes, generative scholarship pulls us out of
our usual paradigms and suggests an entirely new set of inquiries.
Here’s an example. In his 1993 book, Law as an Autopoetic System, Teubner
called for the creation of an “inter-systemic conflicts law,” derived not just
from collisions between the distinct nations of private international law, but
from what he described as “collisions between distinct global social sectors.”1
It’s actually not entirely clear what Teubner means here. By using the words
“inter-systemic conflicts law,” he may well be invoking the systems theory of
Niklas Luhmann. But I am literal-minded, and after reading that passage, I
was moved to wonder what it would mean, in practical – and even doctrinal –
terms to think of systemic conflicts as being like a conflict of laws regime? I
confess I don’t know, and I’ll bet Teubner doesn’t know either. It is the same
with Teubner’s invocation of global law without a state. What does he mean
precisely by the phrase? Surprisingly, it doesn’t matter. What matters instead
are the thousands of inquiries that the phrase has generated.
Thus, the real value of these tropes lies in what their imagery inspires.
What if, after all, we broadened our notion of conflict of laws to think about
it not only as conflicts among legal regimes but as conflicts among commu-
nities? And what if, instead of simply trying to construct fixed rules and
draw clear lines as to what law should apply to any given transaction, we in-
stead considered something more sociological and therefore thought about

1 Gunther Teubner Law as an Autopoietic System 100 (Anne Bankowska & Ruth Adler

trans., Zenon Bankowski ed., 1993); see also Andreas Fischer-Lescano & Gunther Teubner
Regime Collisions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law,
25 Mich. J. Int’l L. 999, 1000 (2004) (making a similar plea).
688 Paul Schiff Berman

conflicts rules as a way of managing pluralism? These are the sorts of in-
quiries that Teubner’s generative work calls forth.
So, I feel that it would be fundamentally counterproductive for me to try
to explicate Teubner’s large body of work (or even a small part of it). In-
stead, in this very brief appreciation, I want to celebrate the supreme cre-
ativity his scholarship both represents and inspires. And the only way I
know of to celebrate this generative work is to recount some of the thoughts
his work has generated in me.
* * * * *
Following Teubner, we would immediately recognize that for too long
conflict of laws doctrine has been overly focused on trying to come up with
formulas for “solving” conflicts among legal regimes. These formulas tend
to involve a series of unsatisfying rules purporting to draw clear lines de-
marcating separate spheres of authority. But when human activity touches
multiple communities, as it inevitably does, there is truly no good answer to
the spheres of authority question. Thus, we need a conflicts regime that fo-
cuses less on “solving” legal problems and more on managing the inevitable
pluralism created by multiple legal and quasi-legal systems.
What would a conflicts regime built on pluralist principles look like? What
if, instead of approaching problems of jurisdictional overlap by insisting on
separate sovereign spheres among, say, state, federal, and international auth-
ority, we sought to maximize pluralist interaction among various commu-
nities, both state and non-state? What impact might such a change of lens
have on the way we approach questions of jurisdictional overlap?
By way of example of how this might work in practical application, I will
briefly discuss the dispute over the role of the Vienna Convention on Con-
sular Relations in state capital cases, as addressed by the U.S. Supreme
Court most recently in Medellín v. Texas. 2 Essentially, this contentious line
of cases has arisen because for years various state authorities around the
United States, in processing suspects in their respective criminal justice sys-
tems, ignored (or were unaware of) their obligations under the Vienna Con-
vention on Consular Relations, which the federal government signed in
1963. The Convention, among other things, requires that foreign nationals
arrested in a signatory country be able to contact their consulate in order to
coordinate their defense or otherwise help in negotiating a foreign legal sys-
tem. In each of the cases so far, a foreign national was arrested in the United
States, the relevant consulate was not notified, and the suspect was subse-
quently found guilty at trial and sentenced to death.
Under the terms of the Vienna Convention, the International Court of
Justice ( ICJ ) is the legal entity with jurisdiction to adjudicate claims con-

2 Medellín v. Texas, 128 S. Ct. 1346 (2008).


Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World 689

cerning alleged violations of the Convention. In early 2003 Mexico initiated


proceedings against the United States in the ICJ , claiming that among those
sentenced to death in violation of their Vienna Convention rights were
52 Mexican nationals. 3 The United States participated in the proceedings
before the ICJ , which ultimately ruled, in the Avena case, that the United
States had breached several articles of the Vienna Convention. Significantly,
however, the ICJ denied Mexico’s request for complete annulment of the
convictions and sentences. 4 Instead, the ICJ required only that United States
courts provide review and reconsideration of the convictions and sentences
to determine whether the violations of the Vienna Convention prejudiced
the various defendants’ ability to obtain a fair trial. All that was required, ac-
cording to the ICJ , was that this review be conducted as part of a “judicial
process” and could not be barred by any procedural default doctrines that
might otherwise thwart such review.
The case of Jose Ernesto Medellín was one of those covered by the Avena
ruling. However, instead of following the ICJ directive by at least ordering a
hearing to determine prejudice, the Texas Court of Criminal Appeals ruled
that Medellín’s habeas corpus petition was barred by a Texas Criminal Pro-
cedure law that regulates applications of petitioners who have previously
sought post-conviction relief. In issuing this ruling, the court determined
that neither the ICJ order itself, nor a subsequent presidential statement urg-
ing state compliance with the ICJ order pre-empted or superceded local
law. 5 The U.S. Supreme Court ultimately agreed. 6 The six-member major-
ity sought to draw clear lines between the spheres of authority at issue in the
case. In this vein, the Court first held that while an international treaty may
create an international commitment of sorts, it is not binding domestic law
unless the treaty is explicitly implemented through domestic regulation or
ratified by Congress as a “self-executing” treaty. Second, with regard to the
Presidential Order, the Court similarly sought to define clear lines of auth-
ority, ruling that neither the President’s power under the Treaty itself, nor
his power to conduct foreign affairs, nor his power to “take care” that laws
are faithfully executed authorized the President to turn a non-self-executing
treaty into a self-executing treaty, absent congressional action. Thus, given
the lack of international or presidential authority in the matter the Court
held that Texas was free to ignore both the ICJ ruling and the presidential di-
rective. The Court’s approach envisions no interaction among multiple
sources of law, no interplay among multiple pronouncers of law, and no ac-
commodation to the multiple interests at stake.
3 Case Concerning Avena and Other Mexican Nationals (Mex. v. U.S.), 2004 I.C.J. 12,

17, 23 (Mar. 31).


4 Id. at 60–61.
5 Ex parte Medellín, 223 S.W.3d at 351–52.
6 See Medellín v. Texas, 128 S. Ct. 1346, 1349–50 (2008).
690 Paul Schiff Berman

In contrast, a pluralist approach would, first of all, seek to preserve


spaces for interaction among the various communities involved. Thus, a
pluralist approach would eschew the positions put forth by hardline in-
ternational law triumphalists, who argue that the violations of the Vienna
Convention necessarily invalidate all the various convictions, regardless of
Texas law on the matter. But, a pluralist would also reject the hardline sov-
ereigntist idea that Texas should focus only on its own law and pay no at-
tention to the Vienna Convention or the pronouncements of the ICJ . And
finally, the Bush administration’s efforts simply to take the issue away
from the states by ordering adherence to the ICJ decision also would be
rejected.
So, what are we left with? Let us start with the ICJ . In a pluralist account,
the ICJ does not necessarily trump all other decisionmakers simply because it
is an international body enforcing universalist treaty-based norms. Instead,
the Court should take seriously the prerogatives and interests of other rel-
evant communities and only squelch those other communities if it justifies
why it needs to act “jurispathically” by attempting to kill off competing views.
To its credit, the ICJ in Medellín did indeed attempt explicitly to justify its
universalist position, discussing at great length the need for an interlocking
and reciprocal system of consular rights. In addition, the Tribunal took seri-
ously the competing claim of local autonomy. Indeed, the ICJ attempted to
be restrained in imposing its international norm, thereby trying to leave as
much space as possible for local variation. Accordingly, the ICJ denied
Mexico’s request to invalidate the convictions altogether. Instead, the ICJ
decision asked only for a serious judicial consideration of possible preju-
dice. Finally, using a pluralist analysis, the ICJ decision is more justifiable if
it is giving voice to the norms of communities that are not necessarily rep-
resented adequately in other fora, either because they are not parties to the
suit or because they have no centralized voice. Here, for example, the com-
munities who might care about reciprocal consular rights (U.S. citizens who
travel abroad, potential immigrants who may be more reluctant to enter the
country for fear of becoming trapped in the criminal justice system, and so
on) are dispersed and have no real ability to advance their interests. Simi-
larly, there are significant voices within Texas itself who may want to have
these consular rights protected. For example, Texas Attorney General Greg
Abbott implemented a comprehensive set of reforms at the local level to try
to make sure Vienna Convention rights are protected in the future. 7 The ICJ

7 See Greg Abbott, Attorney Gen. of Tex., Magistrate’s Guide to Consular Notification

Under the Vienna Convention (2006), available at http://www.oag.state.tx.us/ AG _Publi


cations/pdfs/vienna_guidebook.pdf. For further discussion of local governmental and non-
governmental initiatives to increase compliance with the Vienna Convention, see Janet
Koven Levit Sanchez-Llamas v. Oregon: The Glass is Half Full, 11 Lewis & Clark L.
Rev. 29, 40–46 (2007).
Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World 691

decision can, therefore, be seen as giving voice to these alternative epistemic


communities.
Turning to Texas, from a pluralist point of view, a decision of the ICJ is
not necessarily binding absent a local decision to be bound. Yet, that does
not mean it should be ignored altogether. Rather, the Texas Court of Crimi-
nal Appeals should treat the ICJ decision similarly to the way it might think
about recognition of judgments in the choice-of-law context. The judgment
recognition inquiry considers under what circumstances a community should
recognize and enforce a prior ruling of another community. A pure sover-
eigntist might answer, “Never.” After all, what if the prior judgment was
based on an entirely different set of governing norms? Why should such a
ruling be enforced? And yet, we know that foreign judgments are often rec-
ognized and enforced. 8
Moreover, while the decision to enforce a judgment surely will be less
automatic when the judgment at issue was rendered by a court whose gov-
erning norms are less familiar, the important point is that the decision to en-
force a foreign judgment is fundamentally different from the decision to
issue an original judgment, and it should not be treated as equivalent. 9 This
is because judgment recognition implicates an entirely distinct set of con-
cerns about the role of courts in a plural order. Thus, courts might consider

8 In most areas of law, United States courts have generally enforced foreign judgments as

a matter of comity. See Mark D. Rosen Exporting the Constitution, 53 Emory L.J. 171, 176
(2004) (noting that, since the nineteenth century, “the United States has been at the van-
guard of enforcing foreign judgments”). Indeed, as far back as 1895, in Hilton v. Guyot, the
U.S. Supreme Court made clear that comity “is the recognition which one nation allows
within its territory to the legislative, executive or judicial acts of another nation, having due
regard both to international duty and convenience, and to the rights of its own citizens, or
of other persons who are under the protection of its laws.” 159 U.S. 113, 164 (1895). The
Second Restatement codifies this idea, noting that a “judgment rendered in a foreign
nation … will, if valid, usually be given the same effect as a sister State judgment.” Restate-
ment (Second) of Conflicts of Law § 117, cmt. c (1971). Moreover, validity is based only on
whether the court that rendered judgment had proper personal jurisdiction over the parties
and utilized procedures that were not inherently unfair. Id. § 92.
9 U.S. courts enforcing foreign judgments (as opposed to domestic ones) have some-

times applied a public policy exception to avoid enforcing particularly egregious rulings,
but the public policy exception has been construed very narrowly. See Rosen, supra note 8,
at 177–79 (surveying U.S. case law on enforcement of foreign judgments). Accordingly,
courts only refuse to enforce “where the original claim is repugnant to fundamental notions
of what is decent and just in the State where enforcement is sought.” Restatement (Second)
of Conflicts of Law § 117. Likewise, the United Nations Convention on the Recognition
and Enforcement of Foreign Arbitral Awards and the Uniform Foreign Money-Judgments
Recognition Act requires that a U.S. court enforce the judgment or arbitral award unless
there is fraud or if doing so would be repugnant to the public policy of the enforcing forum.
Thus, in most recognition of judgments cases, “[c]ourts consistently have enforced foreign
judgments even if they would have refused to entertain suit on the original claim on
grounds of public policy.” Rosen supra note 8, at 178–79.
692 Paul Schiff Berman

the independent value of participating in an interlocking legal system, where


deference to other community judgments is likely to have long-term recip-
rocal benefits. As Judge Cardozo once observed: “We are not so provincial
as to say that every solution of a problem is wrong because we deal with it
otherwise at home.” 10
This is not to say, of course, that foreign judgments should always be en-
forced. Indeed, even employing a more pluralist approach, one would ex-
pect that judges might sometimes interpose local public policies where they
would not in the domestic state-to-state setting. But if we acknowledge the
importance of the values effectuated by strong judgment recognition, we
will necessarily reject the idea that Texas is simply unable to enforce the ICJ
judgment just because the local procedural default rule would have barred
the Texas court from hearing the appeal had it come directly to the court.
Thus, there will always need to be engagement with the foreign statement of
norms; one could not simply reject the foreign as simply alien and therefore
place it automatically beyond consideration.
In addition, thinking of Medellín using a judgment recognition frame en-
courages courts to consider the normative community that the ICJ decision
represents. This normative community, significantly, includes the United
States. Indeed, the Optional Protocol to the Vienna Convention, which
makes the ICJ the venue to consider all “[d]isputes arising out of the inter-
pretation or application” of the Convention, was not only ratified but also
drafted (and championed) by the United States in the first place.
Further, the concept of sovereignty is unhelpful to resolve the Texas case
because there is no monolithic set of “state interests” to be effectuated;
there are myriad voices within Texas. Texas must interact with the world,
its citizens go abroad and might well want their consular notification rights
honored, the Texas Attorney General has actively attempted to educate
local law enforcement concerning Vienna Convention rights, and so on.
In addition, the procedural default rule at issue here was most likely not
enacted specifically with foreign defendants in mind. And even when
legislators actually consider activities abroad, they do so to pursue do-
mestic policy priorities, with little consideration for multistate impli-
cations. Thus, a choice-of-law regime that only offers two options (the
home state or the foreign one) improperly insists on judging citizens ac-
cording to a single state norm in a world where those citizens affiliate with
multiple states or nations. Indeed, the mere fact that a dispute is multi-
national necessarily means that it implicates interests that are different
from a purely domestic dispute. Accordingly, judges should consider
these added factors and craft rules based on a variety of national and in-
ternational legal norms. Here, there are obviously lots of additional in-

10 Loucks v. Standard Oil Co., 120 N.E. 198, 201 (N.Y. 1918).
Gunther Teubner: A Generative Scholar for a Plural World 693

terests at play to distinguish the case from a purely domestic one, in-
cluding concerns about diplomacy, foreign relations, citizens abroad, the
federal government’s stated interest in compliance with the ICJ order,
and so on.
Finally, as noted above, the ICJ did satisfy the two requirements for the
sort of intersystemic jurisdictional assertions that should command defer-
ence. First, it provided a detailed justification for its decision to intervene in
an otherwise seemingly “local” criminal case. Second, it issued a very li-
mited order, not attempting to overturn the convictions involved in toto,
but instead simply asking for a further evidentiary hearing. Thus, the ICJ at-
tempted a nuanced balance of international and local interests, and the deci-
sion therefore deserves a similar kind of deference and accommodation
from the Texas court. Indeed, once the distorting filter of Texas’ purported
sovereign power is put aside, this seems like a relatively easy call.
* * * * *
As Gunther Teubner has recognized, both our conflict-of-laws discourse
and our discourse surrounding legal jurisdiction more generally are too
often trapped in a language of sovereignty that fails to capture the reality of
life in an era of cross-border interaction. Accordingly, instead of bemoaning
either the “fragmentation” of law or the messiness of jurisdictional overlaps,
Teubner understands that we must accept these supposed problems as a
necessary consequence of the fact that communities and legal systems can-
not be hermetically sealed off from each other. Moreover, we might even go
further and consider the possibility that this jurisdictional messiness might,
in the end, provide important systemic benefits by fostering dialogue among
multiple constituencies, authorities, levels of government, and non-state
communities. In addition, jurisdictional redundancy allows multiple ports
of entry for strategic actors who might otherwise be silenced.
The Medellín case has now been “decided” by the U.S. Supreme Court,
and although positivists view such a decision as the “final” word on this dis-
pute, pluralists know that no statement of law, no matter how seemingly
authoritative, is ever really final. Thus, the conversation will go on. More-
over, the Vienna Convention and the ICJ decision will continue to have an
impact, regardless of the Supreme Court, because local law enforcement
authorities around the country are now cognizant of their obligations in a
way that they were not ten years ago.11 Indeed, the U.S. State Department
maintains a Consular Notification and Outreach Division specifically to
help educate local prosecutors and police officers around the country con-
cerning their obligations under the Vienna Convention.12 Thus, pluralism

11 Levit supra note 7, at 41–46.


12 See id. at 42–43 (describing the work of the division).
694 Paul Schiff Berman

recognizes the tangible, day-to-day ways in which international law is


“brought home,” 13 sometimes regardless of official legal pronouncements.
Most fundamentally, all of this interaction is elided or ignored if we con-
tinue to think and speak in the language of sovereignty, with its purportedly
clear lines of demarcation, its assumed allocations of authority, and its for-
malistic conceptions of legitimacy. Such a language cannot hope to guide us
in a world of interdependence, inevitably permeable borders, multiple com-
munities, and overlapping jurisdictions. In the face of this messy world, we
can retreat and insist on a set of pure theoretical models divorced from real-
ity, or we can accept (and perhaps even celebrate) the potentially jurisgen-
erative and creative role law might play in a plural world order. This is the
vision that Teubner’s scholarship has always conjured for me, and it is why
I continue to draw inspiration from his dense, evocative, and profoundly
generative work.

13 (155) See, e.g., Harold Hongju Koh Address, The 1998 Frankel Lecture: Bringing In-

ternational Law Home, 35 Hous. L. Rev. 623, 641–42 (1998).


Die Lex mercatoria der Systemtheorie

Verortung, Rekonstruktion und Kritik


aus öffentlichrechtlicher Perspektive

Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

Eine der bedeutendsten Leistungen Gunther Teubners ist seine Theorie


einer lex mercatoria im Zeitalter der Globalisierung. Ihre zentrale Aussage
lautet, dass die Selbstorganisation privater Akteure ein autonomes Rechts-
regime transnationaler Wirtschaftsinteraktionen begründet. Öffentlich-
rechtlichen Normen und Institutionen kommt nur eine nachgeordnete
Rolle zu. Eine entsprechende Theoriebildung muss drei Bedingungen erfül-
len: Erstens muss sie die Logik einer sich nach ihrer Eigengesetzlichkeit ent-
faltenden Privatrechtsordnung freilegen. Sollen Geltung und Effektivität
der privatrechtlichen Ordnung globales Ausmaß haben, darf sie zweitens
nicht an einzelstaatliche Rechtsordnungen gebunden sein. Drittens muss die
Theorie eine Selbstvalidierung der Privatrechtsordnung leisten, also ohne
Rekurs auf öffentliches Recht, insbesondere eine Verfassung, auskommen.
In diesem Beitrag geht es nicht darum, ob eine solche Lex mercatoria tat-
sächlich existiert.1 Wir untersuchen vielmehr vor dem Hintergrund bisheri-
ger Begründungsversuche, ob Gunther Teubner eine kohärente Theorie un-
terbreitet, welche die drei genannten Bedingungen ausbuchstabiert sowie
begrifflich konsolidiert und damit eine tragfähige Grundlage liefert, recht-
liche Phänomene als lex mercatoria zu deuten. Seine Arbeiten führen die
einschlägige Theoriebildung auf ein neues Niveau und unterbreiten eine ra-
dikale Innovation: Teubner löst die spontane privatrechtliche Ordnung von
jeder reflexiv erfassten axiologischen Priorität allgemeiner Interessen und
entsprechender öffentlicher rechtlicher Ordnung. Seine Privatrechtsgesell-
schaft operiert allein nach der eigenen Rationalität und ist keiner anderen
Dimension untergeordnet. Zwar kann sich aus ihrem Operieren, wie bei der

1 * Wir danken Eva Birkenstock, Andreas Fischer-Lescano, Felix Hanschmann, Ingo

Venzke, Martin Wortmann und Peer Zumbansen für ihre Hilfe bei der Fertigstellung des
Textes.
1 Hinweise bei Tilmann Röder, Rechtsbildung im wirtschaftlichen „Weltverkehr“, 2006,

insbes. S. 317 ff., 330 ff.


696 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

unsichtbaren Hand des Liberalismus, ein Vorteil für alle ergeben; dies ist
aber nicht mehr reflexiv erfasst, denn dafür fehlt nunmehr das Organon, die
systemübergreifende Rationalität. Diese Innovation wird eine Darstellung
zeigen, die Teubner in der Theorielandschaft verortet (1.). Im zweiten
Schritt wird dargelegt, wie Teubner diese Innovation mit Hilfe der System-
theorie und im Rahmen post-unitarischer Ordnungsauffassungen entwi-
ckelt (2.). Im dritten Abschnitt diskutieren wir Kohärenz und Plausibilität
dieses Vorschlags in kritischer Absicht (3.).

1. Begründungsversuche einer Weltordnung der Privatinteressen


Bezeichnet die Lex mercatoria ein Rechtsregime, das autonom wirtschaft-
liche Transaktionen global reguliert, so ist die erste Voraussetzung entspre-
chender Theoriebildung, die Logik eines solchen Regimes freizulegen. In
der Geschichte der Konzeptionen sozialer Ordnung gibt es drei bedeutende
Ansätze, die die Interaktion privater Akteure über die Grenzen des Ge-
meinwesens zum Gegenstand haben: die antike Theorie der „Universalöko-
nomie“, das mittelalterliche „Handelsrecht der Kaufmannschaft“ und die
Freihandelslehre der Moderne. Die erste und die dritte Konzeption konzen-
trieren sich auf die philosophischen Rahmenbedingungen sowie auf die so-
zialen und ökonomischen Aspekte globaler Ordnung privater Akteure; bei
der zweiten steht hingegen die juristische Dimension im Vordergrund. So ist
es folgerichtig, dass die mittelalterliche Bezeichnung des „Handelsrechts der
Kaufmannschaft“ für zeitgenössische rechtstheoretische Bemühungen zur
Begründung eines transnationalen Rechtsregimes privater Akteure genutzt
wird.

1.1. Die antike Theorie der „Universalökonomie“


In der griechisch-römischen Antike wurde der Handel zunächst mit
Skepsis betrachtet. 2 Die frühen Autoren sahen darin eine Gefahr für die
wirtschaftliche Autarkie, für das politische Gleichgewicht und für den so-
zialen Zusammenhalt. So verurteilte Aristoteles die kaufmännische Aktivi-
tät, wenn sie allein dem Ziel des Profits dient, 3 obwohl er einige ihrer prak-
tischen Vorteile schätzte. 4 Noch entschiedener wies Platon, im Namen der
Autarkie der polis, die Idee zurück, nicht unbedingt nötige Güter zu impor-

2 Douglas A. Irwin, Against the Tide, 1996, S. 11 ff. Irwins herausragender Untersuchung

verdanken wir viele Anregungen.


3 Aristoteles, Politik, in: Aristoteles, Philosophische Schriften, 1995, Bd. 4, VII , 6, 1327a f.,

S. 249 f.
4 Ebd., VII , 5, 1327a, S. 248 f.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 697

tieren bzw. Waren zu exportieren, die der polis nützen konnten. 5 In der grie-
chischen polis stand die politische Aktivität im Mittelpunkt; infolgedessen
verortete man den Handel am Rande des bürgerlichen Lebens. 6 In einer
Welt, in der nicht das Interesse des Einzelnen, sondern das Gemeinschafts-
interesse als höchstes Handlungsziel galt, betrachtete man das individuelle
Profitstreben als moralische Verfehlung und als Gefahr für gemeinsame
Werte. Deshalb überließ man alles, was mit dem Austausch von Gütern zu
tun hatte, weitestgehend den Fremden. Diese Haltung prägt auch die repu-
blikanische römische Epoche, wie Ciceros Geringschätzung des Handels in
De officiis zeigt: „Der Handel aber hat, wofern er klein ist, als schmutzig zu
gelten. Wenn er aber groß ist und Mittel hat, vieles von allen Seiten herbei-
schafft und vieles ohne Betrügerei zuteilt, ist er nicht wohl zu tadeln.“ 7
Einige Jahrzehnte später kommt es jedoch zu einem grundlegenden Wan-
del, etwa bei Plutarch. Er schrieb über das Meer und indirekt über den Han-
del, der größtenteils über See abgewickelt wurde:
Dieses Element hat unsere Lebensweise, die vorher wild und ungesellig
war, vereint und vervollkommnet, indem es diese durch wechselseitige
Unterstützung und Güteraustausch verbesserte und dadurch eine in
Freundschaft verbundene Gemeinschaft schuf. […] Das Meer brachte die
Weinrebe von Indien nach Griechenland und den Getreideanbau von
Griechenland aus in andere Länder; aus Phönizien brachte es die Schrift
als Schrein gegen das Vergessen; es belieferte die Welt mit Wein und
Früchten und bewahrte den größten Teil der Menschheit davor, ohne
Schriftsprache und Bildung zu bleiben. 8
Seneca hatte bereits einige Jahre vorher Ähnliches über den Wind gesagt,
über den die Vorsehung verfügt hatte, dass er „den gegenseitigen Verkehr
ermöglicht und Stämme, die durch ihre Wohnorte getrennt waren, zueinan-
der gebracht“ hatte. 9 Bei Plutarch wie bei Seneca werden die Elemente, die
einen Güteraustausch begünstigen, als Geschenke der Vorsehung begrüßt,
weil sie keine Bedrohungen für das soziale Zusammenleben bedeuten, son-
dern Entwicklung und Wachstum. Das Ziel besteht nicht mehr im Schutz
der Homogenität politischer Einheit, sondern in der größtmöglichen, welt-
weit ausgedehnten Entfaltung der Potentialitäten eines organischen Ganzen.
Im Übergang von der Kultur der in sich geschlossenen Stadtstaaten zum
Kosmopolitismus der hellenistischen und römisch-imperialen Welt kommt
zum ersten Mal das zum Ausdruck, was als die „Lehre der Universalöko-

5 Platon, Nomoi – Gesetze, in: Platon, Werke, 1990, Bd. 8/2, VIII , 847b ff., S. 165.
6 Irwin, Fn. 2, S. 12.
7 Cicero, Vom rechten Handeln – De officiis, 1964, S. 129.
8 Plutarch, Morals, 1878, V, S. 333 f. [Übersetzung der Autoren].
9 Seneca, Naturwissenschaftliche Untersuchungen, 1990, V, 18, 4, S. 151.
698 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

nomie“ bezeichnet wurde.10 Sie zeichnet sich durch vier Merkmale aus: 11
durch das stoisch-kosmopolitische Vertrauen in die universale Brüderlich-
keit, die alle Menschen verbindet; durch die Betonung der Vorteile, die der
Warenaustausch durch Handel mit sich bringt; durch die Überzeugung,
dass die Ressourcen ungleich verteilt sind; und durch den Glauben an die
göttliche Vorsehung, die solche Ungleichheiten wieder ins Gleichgewicht
bringt, weil die friedliche Kooperation der Menschen Gottes Wille ist. Die
genaueste Beschreibung liefert uns Philon von Alexandria:
Gott hat […] keins von den Einzeldingen so vollkommen gemacht, dass
es nicht durchaus eines andern nötig hätte, damit es in seinem Verlangen
das zu erreichen, was es braucht, dem, das es gewähren kann, sich nähern
muss, und dieses wieder jenem und beide einander. So im Austausch und
im Verkehr mit einander sollten sie nach Art der aus verschiedenen tönen-
den Seiten zusammengefügten Leier zu inniger Gemeinschaft gelangen
und zusammenstimmen, indem durch gegenseitiges Geben und Nehmen
alles beiträgt zur Vollendung der ganzen Weltordnung.12
Diese „Lehre der Universalökonomie“ thematisiert allerdings nicht die
Rechtsform einer globalen Handelsordnung. Vor allem aber ist sie defizitär,
weil von den drei am Anfang des Beitrages angeführten Kriterien einer ko-
härenten Konzeption transnationaler Ordnung privater Akteure – die Zen-
trierung auf individuellen Interessen als Funktionslogik einer Privatrechts-
ordnung, die globale Entgrenzung der Ordnung und der Verzicht auf die
Idee eines höheren Gemeinwohls – nur das zweite erfüllt wird: Die Idee der
„Universalökonomie“ befreit nämlich die Interaktion zwischen wirtschaft-
lichen Akteuren von der Unterordnung unter die Interessen einzelner poli-
tischer Gemeinwesen. Von einer Theoretisierung der beiden anderen Krite-
rien ist jedoch nichts zu finden: Weder wird die Wahrnehmung individueller
Interessen als das prioritäre Ziel der Tätigkeit privater Akteure postuliert;
diese haben vielmehr weiterhin die Aufgabe, die Homöostase des Ganzen
zu gewährleisten. Noch wird die Vorstellung eines höheren Gemeinwohls
aufgegeben. Die Begründung des Freihandels beruht nicht auf dem Gewinn-
streben des Einzelnen, sondern auf der Idee einer universalen Harmonie,
für deren Verwirklichung die wirtschaftliche Interaktion nur ein – übrigens
bei weitem nicht das wichtigste – Instrument darstellt. Ein sich selbst vali-
dierendes System privatrechtlicher Ordnung ist damit nicht zu begründen.

10 Irwin, Fn. 2, S. 15 ff.


11 Jacob Viner, The Role of the Providence in the Social Order, 1976, S. 27 ff.; Irwin, Fn. 2,
S. 15.
12 Philon, in: Schriften der jüdisch-hellenistischen Literatur, hrsg. v. L. Cohn, 1919, XXXI ,

S. 199.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 699

1.2. Die Lex mercatoria des Mittelalters


Die Theorie der „Universalökonomie“, insofern sie die Handlungsfreiheit
des einzelnen Akteurs auf dem globalen Markt befürwortete, legitimiert
zentrifugale Elemente, die kaum mit Ideen organizistischer Gemeinschaft
zusammenpassen. Entsprechend verurteilten die Kirchenväter die Vorstel-
lung der „Universalökonomie“.13 In den Krisen der Spätantike und des
Frühmittelalters wurden die Einzelnen aufgerufen, ihren Blick auf das Jen-
seits zu richten und diesem ihre weltlichen Interessen unterzuordnen. Im
Laufe der Jahrhunderte schwächte sich die Kritik jedoch ab, so dass zur Zeit
der spanischen Scholastik eine verhalten positive Bewertung des Handels
möglich wurde.14 Bereits im Hochmittelalter hatte sich der Handel ausgewei-
tet, so dass das Thema einer transnationalen Wirtschaft als Wachstums- und
Wohlstandsfaktor an Bedeutung gewann. Das Wiederaufleben der Handels-
aktivitäten sowie die Fähigkeit der Wirtschaftstreibenden zur Selbstorgani-
sation sind eng mit der Entwicklung eines Rechtssystems verknüpft, das den
Namen „Lex mercatoria“ erhalten hat. Mit Verweis auf Harold Berman de-
finiert sie Emily Kadens, eine weitgehend geteilte Lesart zusammenfassend,
als „a coherent, European-wide body of general commercial law, driven by
merchants, and more or less universally accepted and formalized into well-
known and well-established customs during the period from 1050 to 1150.“ 15
Die neuere Forschung bestätigt diese Definition nicht vollständig.16
Gleichwohl besteht Einigkeit, dass die „Lex mercatoria“ im Mittelalter als
ein juristischer corpus zur Regelung kaufmännischer Transaktionen ent-
stand, dass viele ihrer Normen auf das römische Handelsrecht zurückgrei-
fen, dass sie die Benachteiligung ausländischer Kaufleute bei den transnatio-
nalen ökonomischen Beziehungen verhindern soll, und schließlich, dass sie,
gerade aufgrund dieser letzten Besonderheit, einige ihrer Vorschriften aus
dem römischen jus gentium ableitete.17 Strittig bleiben etwa der genaue Ein-
fluss der antiken Rechtslehre,18 die Vergleichbarkeit mit dem zeitgenössi-
schen Handelsrecht, die Einheitlichkeit der „Lex mercatoria“ sowie die Un-
abhängigkeit der „lex mercatoria“ von der politischen Macht.19 Letzterer

13 Irwin, Fn. 2, S. 17 ff.


14 Ebd., S. 21 f.
15 Emily Kadens, Order within Law, Variety within Custom, Chicago Journal of Interna-

tional Law 5 (2004/2005), S. 39–65, 40; vgl. Harold Berman, Law and Revolution, 1983,
S. 333 u. 340 ff.
16 Zur neuesten Diskussion vgl. die Themenausgabe des Chicago Journal of Internatio-

nal Law 5 (2004/2005).


17 Richard A. Epstein, Reflections on the Historical Origins and Economic Structure of the

Law Merchant, Chicago Journal of International Law 5 (2004/2005), S. 1–20, 1.


18 Vgl. Charles Jr. Donahue, Medieval and Early Modern Lex mercatoria, Chicago Journal

of International Law 5 (2004/2005), S. 21–37.


19 Vgl. Kadens, Fn. 15.
700 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

Punkt ist interessant, weil er ein Indiz für die Unabdingbarkeit der öffentli-
chen Sphäre für eine stabile Ordnung unter privaten Akteuren darstellt. Was
im Mittelalter mit seiner schwachen öffentlichen Autorität galt, dürfte ange-
sichts großer Staatsapparate heute kaum obsolet geworden sein.
Uns interessiert vor allem die Ordnungsidee der Autoren, die sich um eine
Theorie der lex mercatoria bemühten. Unter den wenigen einschlägigen
Texten ist Consuetudo vel Lex Mercatoria des englischen Kaufmanns Gerard
Malynes besonders wichtig. 20 Er definiert zunächst die Tätigkeit des Händ-
lers, die „in buying and selling of commodities, or by way of permutation
of wares both at home and abroad in foreign parts […]“ besteht. 21 Anschlie-
ßend untersucht er, wann und warum sich diese soziale Rolle entwickeln
konnte. Wie die Vertreter der „Universalökonomie“ sieht Malynes den Ur-
sprung in der ungleichen Verteilung der Güter. 22 Die Aufgabe der Händler
besteht darin, die Verteilung der Waren ins Gleichgewicht zu bringen.
Malynes schreibt die Ursachen für die Ungleichheit der inhomogenen Ver-
teilung natürlicher Ressourcen zu. Hinzu kommt als zweite Ursache die
Bearbeitung und Verbesserung der natürlichen Reichtümer, was den indi-
viduellen Beitrag zur Bildung von Reichtum höher als frühere Theorien ge-
wichtet. Das Ziel kaufmännischer Tätigkeit scheint bei Malynes jedoch
nicht im Streben nach individuellem Erfolg zu liegen. Vielmehr ist sie Aus-
druck der natürlichen Arbeitsteilung, die der sozialen Natur des Menschen
entspringt, den Gott als „geselliges Wesen“ geschaffen hat. 23 Der Mensch
als soziales Wesen ist nicht in der Lage, gut alleine zu leben. Wenn sich die
Menschen zu einer Gesellschaft zusammenschließen, teilen sie die Arbeit
nach ihren Fähigkeiten auf. Da jeder von ihnen einige Güter im Übermaß
hat und es ihm an anderen mangelt, bedarf es des Händlers, dessen Rolle im
Ausgleich von Überfluss und Knappheit besteht.
Der begriffliche Horizont von Malynes entspricht weitgehend den frühe-
ren Konzeptionen: Die wirtschaftliche Tätigkeit bleibt in einen organischen
Zusammenhang eingebunden und zielt auf die Bewahrung der Homöostase
des Ganzen ab. Die individuellen Prioritäten als solche können nicht zu
einer globalen Ordnung führen und bleiben in einen gottgegebenen meta-
physischen Kosmos eingeordnet. Dies schließt nicht aus, dass die Händler
des griechischen und römischen Zeitalters, des Mittelalters und der frühen
Neuzeit subjektiv von egoistischen Motiven geleitet waren. Dennoch wurde
das wirtschaftliche Handeln in allen theoretischen Reflexionen – zumindest
bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts – in einen umfassenderen Kontext der
menschlichen Sozialität eingebettet. Dadurch wurden dessen individualisti-
20 Vgl. Gerard Malynes, Consuetudo, vel, Lex Mercatoria, or, the Ancient Law-Merchant,

1622, S. 1 f.
21 Ebd., S. 4.
22 Vgl. ebd., S. 2.
23 Vgl. ebd.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 701

sche und zentrifugale Tendenz sowie subversiver Charakter abgeschwächt,


denn sie mussten sich in eine allgemeine Vorstellung des holon eingliedern.
Von der Entfesselung der Eigenrationalität der ökonomischen Sphäre ist
auch dieser Ansatz weit entfernt.

1.3. Die Freihandelslehre


Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte die wirtschaftliche Tätigkeit eine
Funktion für das organische Gleichgewicht des Ganzen; am Ende des 18. Jahr-
hunderts dagegen wechselte sie in den Dienst des Privatinteresses über. Diese
Transformation konnte erfolgen, weil während dieser Zeit das Bewusstsein
von der Spezifizität der Individualität und ihrer Unreduzierbarkeit auf das
organische holon zur Geltung gelangte. Im Bereich der Wirtschaftstheorie ist
es vor allem Adam Smith, der diese neue Haltung ausarbeitet.
Seine 1776 veröffentlichte Inquiry into the Nature And Causes of the Wealth
of Nations stellt – zumindest auf den ersten Blick – die traditionelle Hierar-
chie zwischen öffentlich und privat auf den Kopf. Nicht wirtschaftliche Fehl-
leistungen von Privaten haben laut Smith die Nationen verarmen lassen,
sondern die Verschwendung und die Ineffizienz der öffentlichen Verwaltun-
gen. Die beste Garantie für Wachstum und Wohlstand biete daher nicht die
Tätigkeit der öffentlichen Hand, sondern „das gleichmäßige, fortwährende
und ununterbrochene Streben der Menschen nach besseren Lebensbedin-
gungen […]. Allein dieses Streben, durch Gesetz geschützt und in voller
Freiheit auf das Vorteilhafteste verwirklicht, hat England fast zu allen Zeiten
zu Wohlstand, Fortschritt und Ansehen verholfen […].“ 24 Zum ersten Mal
wird das egoistische Interesse des Einzelnen als die Basis des allgemeinen
Wohlstands betrachtet, wobei das egoistische Interesse weder an der Priori-
tät der öffentlichen Güter orientiert ist, noch darauf zielt, wie in der Ver-
tragstheorie Hobbesscher Prägung, der politischen Macht neue Grundlagen
zu verschaffen.
Nachdem Smith die Beziehung zwischen Privatinteresse und der öffent-
lichen Dimension auf diese Weise neu definiert hat, entfaltet er seine Frei-
handelslehre. 25 Damit sie zum größtmöglichen Wohlstand führen kann, darf
die kaufmännische Tätigkeit durch keine staatlichen Einschränkungen wie
Steuern oder gar Einfuhrverbote behindert werden. 26 Eine protektionisti-
sche Politik ist gesamtgesellschaftlich schädlich. 27 Smith führt ein neues Be-
wertungskriterium für die Wirtschaftspolitik ein: Das relevante Kriterium

24 Adam Smith, An Inquiry into the Nature And Causes of the Wealth of Nations, 1995, II ,
III , S. 23 u. 28; dt.: Der Wohlstand der Nationen, 1978, S. 283 u. 286.
25 Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 75 ff.
26 Vgl. Smith, Fn 24, IV.
27 Ebd., IV , II , S. 185 f.; dt.: S. 368 f.
702 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

ist der reale Wert des Bruttoinlandprodukts, unabhängig davon, wie es er-
wirtschaftet wird. 28 Politischer Dirigismus kann lediglich die Verwendung
des Kapitals lenken, nicht aber dessen Rentabilität erhöhen. 29 Um die Pro-
duktivität des Kapitals bestmöglich zu nutzen, ist es unerlässlich, dass man
es für Aktivitäten verwendet, von denen man sich die größte Rentabilität
verspricht. Diese Voraussetzungen gelten nach Smith als erfüllt, wenn die
Inhaber des privaten Kapitals frei darüber entscheiden können, wo und wie
sie es investieren. 30 Die Aufhebung der Handelsbeschränkungen kann den
positiven Effekt verstärken, den die internationale Arbeitsteilung mit sich
bringt. Nicht alle Waren können nämlich in jedem Land mit gleichem Profit
produziert werden. 31
Nach Smith lässt sich das öffentliche Interesse nicht reflexiv, d. h. durch
Erkenntnis und intersubjektive Kommunikation, bestimmen. Im Gegenteil:
Die Verfolgung der egoistischen Privatinteressen zeitigt die besten Aus-
wirkungen auf die Gesellschaft. Der Mechanismus zur Herstellung des Ge-
meinwohls nimmt die Gestalt einer beinahe „natürlichen“ Kraft oder eines
Naturgesetzes an. In Smiths berühmter Konzeption ist es die „unsichtbare
Hand“ (invisible hand), die gleichsam als weltliche Vorsehung auf bestmög-
liche Weise die soziale Entwicklung leitet, und zwar jenseits aller Vernunft
der Individuen und mit besseren Ergebnissen, als diese bewusst erzielen
können. 32 Die unsichtbare Hand führt sowohl zum Wachstum der Wirt-
schaft einzelner Nationen als auch zu einem Gleichgewicht zwischen den
Nationen. 33
Smith führt entschiedener als alle Vorgänger eine neue Sicht auf Form und
Beschaffenheit sowie die mögliche Reichweite sozialer Ordnung ein. In sei-
nen Werken zeichnet sich zum ersten Mal eine Konzeption ab, die kohärent
auf der Priorität der Individualinteressen beruht. Diese führen, unabhängig
von öffentlichen Normen oder Institutionen, zu einem globalen Gleich-
gewicht. Allerdings fehlt bei ihm die letzte Konsequenz. Das oberste Ziel
der Verfolgung von Privatinteressen ist für Smith nicht das private, sondern
das kollektive Wohlergehen. Und dieses wird nicht in unmittelbar globaler
Hinsicht verstanden, sondern aus Sicht des Primats der Nation. So führt er
schon in der Theory of Moral Sentiments von 1759 aus:
Die Liebe zu unserem eigenen Lande scheint nicht von der Liebe zur
Menschheit herzustammen. Jenes Gefühl ist von diesem durchaus unab-
hängig und scheint uns mitunter sogar geneigt zu machen, im Wider-

28 Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 76.


29 Vgl. Smith, Fn 24, IV , II , S. 185 f.; dt.: S. 368 f.
30 Ebd., IV , II , S. 190; dt.: S. 371.
31 Ebd., IV , II , S. 193 f.; dt.: S. 373.
32 Ebd., IV , II , S. 190; dt.: S. 370 f.
33 Ebd., IV , VII , 3, S. 503 f.; dt.: S. 527.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 703

spruch zu letzterem zu handeln. […] Wir lieben eben unser Land nicht
bloß als einen Teil der großen Gemeinschaft (society) der Menschheit; wir
lieben es um seiner selbst willen und unabhängig von jeder derartigen Be-
trachtung. 34
Anschließend projiziert er die Vaterlandsliebe auf die Idee des wirtschaft-
lichen Wohlstands:
Frankreich mag vielleicht eine dreimal so große Einwohnerzahl besitzen
wie Großbritannien. In der großen Gemeinschaft (society) der Mensch-
heit würde darum das Wohlergehen Frankreichs als eine weit wich-
tigere Angelegenheit erscheinen als dasjenige Großbritanniens. Der briti-
sche Untertan jedoch, der aus diesem Grunde bei jeder Gelegenheit
das Wohlergehen Frankreichs demjenigen Großbritanniens vorziehen
wollte, würde wohl nicht als einen guten Bürger Großbritanniens gehal-
ten werden. 35
Der Reichtum der eigenen Nation wird damit zu einem wichtigen Kri-
terium, ihr dient letztlich der Freihandel. Konsequenterweise spricht Smith
im Titel seines bekanntesten Werks vom „Wohlstand der Nationen“. Hier
zeigt sich in drei Hinsichten eine Inkonsistenz: Zunächst wird das Plädoyer
für den freien Handel an die nationale Präferenz gekoppelt. Weiter tritt
das Individualinteresse hinter den Bedürfnissen der Nation zurück. Und
schließlich macht der Umsturz der klassischen Hierarchie zwischen öffent-
lich und privat einer moderaten Restauration Platz, in der die öffentliche
Dimension allerdings weniger durch die Mechanismen politischer Legitima-
tion bestimmt ist, sondern vielmehr die Form einer Idee des Gemeinwohls
mit geradezu „naturwüchsigen“ Zügen annimmt.
Diese Inkonsistenzen finden sich in den Theorien der bedeutendsten
Ökonomen der gesamten ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Obwohl das
Plädoyer von Thomas Malthus zugunsten der Importsteuer auf Getreide
und damit für den Protektionismus 36 unter den englischen Wirtschaftswis-
senschaftlern eine Ausnahme bleibt, wird doch die Verfechtung des freien
Handels – und somit des Rechts auf freie Verfolgung eigener wirtschaftlicher
Interessen – mit dessen Nutzen für den Wohlstand der Nation begründet.
So schreibt David Ricardo in On the Principles of Political Economy and
Taxation:

34 Smith, The Theory of Moral Sentiments, 1759, VI , II , II , S. 29; dt.: Theorie der ethischen

Gefühle, 2004, S. 389.


35 Ebd.
36 Thomas Malthus, The Grounds of an Opinion on the Policy of Restricting the Importa-

tion of Foreign Corn, 1815; dt.: Drei Schriften über Getreidezölle aus den Jahren 1814 und
1815, 1896. Vgl. Irwin, Fn. 2, S. 94 ff.
704 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

Bei einem System des vollkommen freien Handels wendet natürlich jedes
Land sein Kapital und seine Arbeit solchen Zweigen zu, die für jedes
am vorteilhaftesten sind. Dieses Verfolgen des individuellen Vorteils ist
bewundernswert mit dem allgemeinen Wohle des Ganzen verbunden.
Durch Ansporn des Fleißes und Belohnung der Erfindungsgabe sowie
durch die bestmögliche Ausnutzung der von der Natur verliehenen be-
sonderen Fähigkeiten wird die Arbeit äußerst wirksam und sparsam ver-
teilt, während allgemeiner Nutzen durch die Vermehrung der allgemeinen
Produktenmasse verbreitet und durch ein gemeinsames Band des Interes-
ses und des Verkehrs die weltweite Gesellschaft der Nationen der zivili-
sierten Welt verbunden wird. 37
Dies verfolgt John Stuart Mill weiter. Was die indirekten Vorteile des Frei-
handels betrifft, zählt er die Vorzüge auf, die der nationalen Gesellschaft
erwachsen, z. B. die Verbesserung der produktiven Prozesse, die stärkere
Arbeitsteilung, eine bessere Nutzung der Technik und die Belebung des Un-
ternehmergeistes. 38 Zugleich weist er auf die Bedeutung der transnationalen
Wirtschaftstätigkeit für die Bildung einer kosmopolitischen Gesellschaft
hin:
Endlich lehrte zuerst der Handel die Völker, neidlos Reichtum und Ge-
deihen anderer Völker mit anzusehen. Früher wünschte jeder vaterlands-
liebende Mann, der nicht in der Kultur genügend vorgeschritten war, um
die ganze Welt als sein Vaterland anzusehen, alle Länder außer dem eige-
nen schwach, arm und schlecht regiert; jetzt sieht er in ihrem Reichtum
und Fortschritt eine unmittelbare Quelle auch des Reichtums und Fort-
schrittes für sein eigenes Land. […] Und man kann ohne Übertreibung
behaupten, dass die große Ausdehnung und das schnelle Wachsen des in-
ternationalen Handels, dadurch, dass er die Hauptgarantie des Friedens
in der Welt ist, zugleich auch die größte und dauernde Bürgschaft für den
ununterbrochenen Fortschritt der Vorstellungen, der Einrichtungen und
des Charakters des Menschengeschlechts ist. 39
Bei Smith, Ricardo und Mill spielt das Interesse der Nation eine Vermittler-
rolle zwischen den wirtschaftlichen Prioritäten der Individuen und einer
globalen Ordnung im Dienste der gesamten Menschheit. Auf der einen Seite
führt die Entfaltung wirtschaftlicher Aktivitäten nicht nur zu persönlichem
Reichtum, sondern auch zum Wohlergehen des gesamten Landes; auf der
anderen Seite haben alle ein Interesse am friedlichen Zusammenleben, weil

37 David Ricardo, On the Principles of Political Economy and Taxation, 1817, S. 89 f.; dt.:

Über die Grundsätze der politischen Ökonomie und der Besteuerung, 1994, S. 114.
38 John Stuart Mill, Principles of Political Economy, 1848, III , 17; dt.: Grundsätze der poli-

tischen Ökonomie, 1921, 2. Band, S. 141 f.


39 Ebd.; dt.: S. 143 f.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 705

der Wohlstand der Nation von der Freiheit der transnationalen ökonomi-
schen Interaktion abhängt. Man kann allerdings vermuten, dass der Gleich-
klang zwischen der Verfolgung von Individualinteresse, dem Wohlstand der
Nation und dem internationalen Frieden, der von den englischen Ökono-
men beschworen wurde, mit der Vorherrschaft Großbritanniens zusam-
menhängt. Entsprechend wurde nämlich der freie Handel in wirtschaftlich
weniger entwickelten Ländern wie Frankreich, 40 Deutschland 41 oder den
Vereinigten Staaten 42 viel skeptischer beurteilt. So hielten die bedeutendsten
Ökonomen dieser Länder an der Unterordnung privater Interessen unter
das Wohlergehen der Nation fest und betrachteten Letzteres nicht als das Er-
gebnis freier transnationaler Wirtschaftsinteraktion. 43
Nicht einmal während ihrer Blütezeit zwischen Mitte des 18. und Mitte
des 19. Jahrhunderts konnte sich die Freihandelslehre, die selbst in ihrem
Ursprungsland nicht frei von Widersprüchen und Vorbehalten war und von
den bedeutendsten nicht britischen Wissenschaftlern explizit abgelehnt
wurde, zu einer stimmigen Theorie der globalen Ordnung privater Akteure
entwickeln. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg ver-
stärkte der aufkommende Nationalismus die Vorstellung, dass die Verfol-
gung des Privatinteresses nur dann einen Wert darstelle, wenn es dem allge-
meinen Interesse der Nation diene. So musste die Theorie des freien
Handels im Zuge eines wachsenden Engagements des öffentlichen Sektors
im wirtschaftlichen Bereich dem wirtschaftspolitischen Interventionismus
Platz machen. 44

2. Rekonstruktion der Lex mercatoria der Systemtheorie


Jede der drei historischen Theorien globaler Ordnung privater Akteure
verortet die Privatrechtsgesellschaft letztlich in einem vorrangigen Rahmen
allgemeiner Interessen. In der Universalökonomie der Antike und in der
„Lex mercatoria“ des Mittelalters findet sich keine Priorität der Privatinteres-
sen, und auch in der Freihandelslehre der Moderne bleibt die wirtschaftliche
Tätigkeit dem Wohlstand der Nation untergeordnet. Die Autonomie der
privatrechtlichen Dimension gegenüber der öffentlichrechtlichen ist stets
bedingt: Sei es von der Homöostase des Ganzen oder vom Wohlstand der
Nation verkörpert, immer gibt es eine Idee des Gemeinwohls, welche den

40 Vgl. Antoine-Augustin Cournot, Recherches sur les principes mathématiques de la théo-

rie des richesses, 1838.


41 Vgl. Friedrich List, Das nationale System der politischen Ökonomie, 1841.
42 Vgl. Henry Carey, Principles of Political Economy, 1837–1840.
43 Irwin, Fn. 2, S. 98.
44 Siehe etwa Michael Stolleis, Die Entstehung des Interventionsstaates und das öffentliche

Recht, ZNR 11(1989), 129–147.


706 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

Primat öffentlichrechtlicher Normen und Institutionen im Konfliktfall be-


gründet. Darüber hinaus gestalten sich alle Vorschläge – mit der relativen
Ausnahme der „Lex mercatoria“ des Mittelalters – eher als sozialphilosophi-
sche und ökonomische Konzeptionen; die juristische Dimension bleibt un-
terbelichtet.
Die Frage nach einer Theorie eines globalen Rechtsregimes privater Wirt-
schaftstransaktionen stellte sich neu im Globalisierungsschub des ausgehen-
den 20. Jahrhunderts. In dessen Rahmen gewann die Auffassung wieder
an Gewicht, dass globale Ordnung unabhängig von der Einwirkung durch
öffentliche Institutionen auf der Grundlage der selbstregulierten transnatio-
nalen Aktivität privater Akteure entstehen kann. Ein neuer Begründungs-
ansatz wird im Rahmen der Systemtheorie unterbreitet, der zudem diese
Linie des Denkens radikalisiert, weil es keinen vorrangigen Rahmen allge-
meiner Interessen mehr gibt. Dieser Ansatz beruht auf vier bereits von Ni-
klas Luhmann ausgearbeiteten Elementen: die stetige Ausdifferenzierung
sozialer Subsysteme als soziologische Konstante; 45 das Theorem ihres auto-
poietischen Charakters; 46 die Beobachtung der progressiven, aber ungleich-
zeitigen Globalisierung funktionaler Subsysteme; 47 die Definition des
Rechts als Subsystem zur Stabilisierung normativer Erwartungen. 48 Hier
setzt Gunther Teubners Theorie der lex mercatoria als eines globalen und
autopoietischen Rechtsregimes zur Stabilisierung des ebenso globalen und
autonomen Wirtschaftssystems an. Dieser Beitrag zur Neugründung ist al-
lerdings nur ein Aspekt einer Rechtstheorie, welche vor allem zwei Ent-
wicklungstendenzen zeitgenössischen Rechts hervorhebt: seine Globalisie-
rung und Differenzierung. 49

2.1. Die Charakteristika des Globalen Rechts


Teubner versteht die Globalisierung des Rechts weder im Sinne des Auf-
zugs eines neuen „Imperiums“ noch als Entwicklung einer kantischen „Welt-
republik“. 50 Die Globalisierung betreffe vielmehr soziale Subsysteme, die
hochgradig differenziert und autorefentiell sind:

45 Vgl. Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, 1997, S. 78.


46 Vgl. ebd., S. 65 ff., 92 ff., 102 ff.
47 Vgl. ebd., S. 145; Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, 1993, S. 572.
48 Vgl. ebd., S. 60 f., 125 f., 131, 143.
49 Für eine Verortung von Teubners Rechtstheorie im Lichte einer transatlantischen

Theorie des „Rechts nach dem Wohlfahrtsstaat“ vgl. Peer Zumbansen, Law After the Wel-
fare State: Formalism, Functionalism, and the Ironic Turn of Reflexive Law, American Journal
of Comparative Law 56 (2008), S. 769–805.
50 Gunther Teubner, „Global Bukowina“: Legal Pluralism in the World Society, in: ders.,

Global Law Without a State, 1997, S. 3 ff.


Die Lex mercatoria der Systemtheorie 707

Not only the economy, but also science, culture, technology, health sys-
tems, social services, the military sector, transport, communication
media and tourism are nowadays self-reproducing ‚world systems‘ […]
successful competitors with the politics of nation-states. 51
Weil diese Gebiete normativer Stabilisierung bedürfen, die das staatliche
Recht nicht hinreichend leistet, kann man die Entstehung eines pluralen und
globalen Rechts beobachten, das aus leges besteht, die eher an Diskurse un-
ter Spezialisten gebunden sind und nicht als Teile eines umfassenden und
kohärenten Rechtssystems begriffen werden können. 52 In den zeitgenössi-
schen global villages entsteht das Recht nicht mehr hauptsächlich durch
staatliche Gesetzgeber oder internationale Institutionen, sondern spontan
und polyarchisch auf dezentraler Ebene – wie zu den Zeiten der österrei-
chischen Herrschaft in der Bukowina. 53 Vier Charakteristika sind hervorzu-
heben: 54
a) die Grenzen des globalen Rechts verlaufen – vom Staatsgebiet weit-
gehend unabhängig – unsichtbar zwischen Spezialistenkreisen, Berufsver-
bänden und sozialen Netzen.
b) Die Rechtsetzung durch öffentliche Institutionen, insbesondere durch
gesetzgebende Versammlungen, verliert an Bedeutung, gerade für globale
Normen: „Global law is produced in self-organized processes of ‚structural
coupling‘ of law with ongoing globalized processes of a highly specialized
and technical nature […].“ 55
c) Während sich das staatliche Recht dank der verfassungsrechtlichen
Verfahren in liberaldemokratischen Gesellschaften in relativer Distanz von
sozialen Interessen entwickelt habe, verbleibe das globale Recht in einem
diffusen, aber engen Abhängigkeitsverhältnis von den jeweiligen spezialisier-
ten sozialen Feldern. 56 Die Konsequenz ist eine starke Präsenz organisierter
Interessen – ein Zustand, der laut Teubner nicht ohne weiteres akzeptabel
ist und einer Änderung bedarf. 57
d) In den Nationalstaaten bilde die Einheit des Rechts ein Symbol ihrer
Identität und ein Kriterium ihrer Gerechtigkeit. Aus globaler Perspektive
stelle sie hingegen eine Gefahr dar; heute müsse man vor allem sicher stel-
len, dass es innerhalb eines global vereinheitlichten Rechts eine ausreichende
Vielfalt an Rechtsquellen gibt. 58

51 Ebd., S. 6.
52 Vgl. ebd., S. 7.
53 Ebd.
54 Ebd., S. 7 f.
55 Ebd., S. 8.
56 Vgl. ebd.
57 Vgl. ebd.
58 Vgl. ebd.
708 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

2.2. Die Ausdifferenzierung des Rechts


Mit der Globalisierung des Rechts schreitet auch seine Ausdifferenzie-
rung jenseits des Nationalstaates voran, wie insbesondere die zunehmende
Zahl internationaler Gerichte mit sektorialen Kompetenzen zeigt. 59 Dieser
Rechtspluralismus ist „nicht einfach Folge eines politischen Pluralismus“,
sondern „Ausdruck tieferliegender gesamtgesellschaftlicher Widersprüche
von miteinander kollidierenden Sektoren der Weltgesellschaft.“ 60 Die Aus-
differenzierung der sozialen Systeme auf globaler Ebene mit unterschied-
lichen Rationalitäten führt, da sie Rechtsregeln zu ihrer Stabilisierung be-
dürfen, zur Entstehung unterschiedlicher Rechtsregime. Da dies „nur ein
Epiphänomen der tiefergehenden vieldimensionalen Fragmentierung der
Weltgesellschaft selbst [ist],“ 61 stehen die Rechtsregime, insofern das Zu-
sammentreffen der sektorialen Rationalitäten verschiedener sozialer Sub-
systeme zu Kollisionen führt, miteinander in Konflikt. Das „fragmentierte
Recht“ weist aus systemtheoretischer Perspektive folgende Merkmale aus.
a) Die Globalisierung der sozialen Systeme geht mit der Konsolidierung
besonderer Rationalitäten einher. Weil das Recht diesen unterschiedlichen
Systemen Ordnung verleiht, differenziert es sich aus und stabilisiert die Ra-
tionalität des jeweiligen Subsystems. Das Recht ist daher fragmentiert, in-
soweit seine Teilbereiche den unterschiedlichen Rationalitäten folgen. 62
b) In diesem Kontext geht die Einheit des Rechts verloren, die im Ver-
fassungsstaat die Verfassung erzeugt. Bei Konflikten müsse man auf die so
genannte „Interlegalität“ zurückgreifen, d. h. auf Verbindungen, die weit-
gehend frei von vertikalen Schichtungen sind. Daraus folgt, dass mangels
systematischer Einheit heute die einzig mögliche Einheit des Rechtssystems
die operative sei. 63
c) Zu Zeiten des klassischen Völkerrechts verliefen die Brüche im globa-
len Rechtssystem weitgehend entlang der Grenzlinien der Nationalstaaten.
Neben solche Kollisionen treten heute Konflikte, die aus der transversalen
thematisch-funktionalen Differenzierung entstehen. Gerade aufgrund ihrer
„nichtpolitischen“ Beschaffenheit lassen sie sich nicht mit traditioneller
Diplomatie lösen, sondern bedürfen neuer „interlegaler“ Formen oder sogar
der Schaffung neuer Rechtsregime. 64

59 Es soll rund 125 solcher Institutionen geben. Vgl. Andreas Fischer-Lescano/Gunther

Teubner, Fragmentierung des Weltrechts: Vernetzung globaler Regimes statt etatistischer


Rechtseinheit, in: Mathias Albert, Rudolf Stichweh, (Hrsg.), Weltstaat und Weltstaatlichkeit.
Beobachtungen globaler politischer Strukturbildung, 2007, S. 37–61, 37.
60 Ebd., S. 40.
61 Ebd.
62 Ebd., S. 41 f.
63 Ebd., S. 42 f.
64 Ebd., S. 43 ff.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 709

d) Auch deshalb entstehen autonome Privatregime, 65 wodurch sich die


Idee verfestigt, dass ein globales privatrechtliches Regime ohne Rückgriff
auf die öffentliche Sphäre den Ablauf menschlicher Interaktion zumindest
im eigenen Regulierungsbereich garantieren könne.
e) In der traditionellen Konzeption nationalstaatlicher Rechtsordnungen
beziehen sich die „Peripherien“ des Rechtssystems, vor allem die privaten
Verträge, auf ihr „Zentrum“, das vom Verfassungsrecht definiert wird. Im
gegenwärtigen Recht lasse sich eine ähnlich eindeutige Beziehung zwischen
„Zentrum“ und „Peripherie“ nicht mehr feststellen. 66 Die einzelnen Teil-
bereiche hätten sich zu „self-contained regimes“ entwickelt. 67
f) Die self-contained regimes verwandeln sich in „autokonstitutionelle Re-
gime“. 68 Die Zuschreibung eines Verfassungscharakters an privatrechtliche
Regime impliziert eine tiefgreifende Veränderung des Verfassungsbegriffs,
die noch zu erörtern ist.
Folge dieser Entwicklung ist, dass das hierarchische Rechtssystem sich zu
„heterarchischem Recht“ entwickelt, d. h. „Recht, das sich darauf beschränkt,
zwischen fragmentierten Teilrechtsordnungen einen losen Zusammenhang
herzustellen.“ 69 Aus der Tatsache, dass sich die Weltgesellschaft in autorefe-
renzielle Subsysteme aufspaltet, in denen spezifische Rechtsregime gelten,
folgen Kollisionen, die zugleich Konflikte zwischen unterschiedlichen Ra-
tionalitäten autopoietischer Systeme und zwischen verschiedenen Rechts-
regimen sind. Diese Kollisionen können nicht durch ein übergreifendes
Rechtssystem gelöst werden. Konfliktlösungen können nur durch Mecha-
nismen der horizontalen Koordination erfolgen, durch „wechselseitige
Beobachtung, antizipatorische Anpassung, Kooperation, Vertrauen, Selbst-
verpflichtung, Verlässlichkeit, Verhandlungen, dauerhaften Beziehungszu-
sammenhang.“ 70 Entsprechend gering sind die Erwartungen an die soziale
Rolle des Rechts:
Realistisch besteht nur die Chance, selbstzerstörerische Tendenzen der
Rationalitätskollisionen durch ihre rechtliche „Formalisierung“ einzu-
dämmen. […] Wenn es gut geht, wird [das Recht] einen – begrenzten –
Teil dieser Rationalitätskonflikte in die quaestio juris übersetzen und
dadurch ein Forum für die friedliche Austragung zur Verfügung stellen.
Aber selbst in diesem Fall ist das Recht nicht als übergeordnete Koordi-

65 Ebd., S. 45 ff.
66 Ebd., S. 48 f.
67 Zu den self-contained regimes siehe die von Teubner und Fischer-Lescano übernom-

mene Definition von Martti Koskenniemi. Vgl. Koskenniemi, The Function and Scope of the
lex specialis Rule and the Question of „Self-Contained Regimes“, 2003, http://untreaty.un.org/
ilc/sessions/55/fragmentation_outline.pdf, S. 9.
68 Fischer-Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 50 f.
69 Ebd., S. 51.
70 Ebd., S. 52.
710 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

nierungsinstanz tätig; es wäre schon viel, wenn es rechtsförmige Garan-


tien wechselseitiger Autonomie gegen totalisierende Tendenzen und ein-
seitige Überwältigungen der Gesellschaftsfragmente liefern könnte. Und
gegenüber dem Gefährdungspotential gesellschaftlicher Fragmentierung
wird sich das Recht auf die begrenzte Aufgabe zurückziehen müssen,
Kompensationen für wechselseitige Schädigungen und Eindämmung von
Schäden für die menschlichen und natürlichen Umwelten zu leisten. 71

2.3. Die neue Lex mercatoria


Die Diagnose von der Globalisierung und Fragmentierung des Rechts
führt zur These der Stärkung privatrechtlicher Regime auf globaler Ebene.
Diese These ist ideengeschichtlich wichtig, weil damit zum ersten Mal be-
hauptet wird, dass es eine soziale Ordnung ohne institutionellen oder nor-
mativen Bezug auf eine übergreifende öffentliche Sphäre oder auf ein allge-
meines Interesse oder Gemeinwohl geben könne. 72 Die beiden am weitesten
ausdifferenzierten privatrechtlichen Regime globaler Reichweite sind die lex
mercatoria der Weltwirtschaft und die lex digitalis des Internet. 73 Teubners
lex mercatoria weist zwei zentrale Innovationen bzw. – wie der Autor sich
ausdrückt – zwei „Tabubrüche“ auf, die beide zur Lösung der traditionellen
Verknüpfung von Recht und Staat beitragen. 74 Erstens sollten rein „private“
Ordnungen (Verträge und Vereine) ohne Autorisierung und Kontrolle durch
den Staat gültiges Recht produzieren. 75 Nach der klassischen, bis heute vor-
herrschenden Lehre hat ein privatrechtlicher Vertrag keine Geltung aus sich,
sondern nur dank staatlichen Rechts. Diese Geltungsbegründung gilt der
Theorie der Lex mercatoria als überholt: Hier gilt der Vertrag aus sich he-
raus, ohne dass er sich auf staatliche Normen stützen muss. Zweitens solle
die Lex mercatoria außerhalb des Nationalstaates und sogar außerhalb der
internationalen Beziehungen gelten, 76 was auch Teubner – wie den Öffent-
lichrechtler – zu fragen veranlasst, „how can authentic law ‚spontaneously‘
emerge on a transnational scale without the authority of the state, without

71 Ebd., S. 54.
72 Auch in der derzeitigen Debatte fehlt es allerdings nicht an Befürwortern der These
einer qualitativen Differenz zwischen der Produktion von Recht durch internationale öffent-
liche Akteure und der bloßen Produktion von Verhaltsregeln durch private Akteure. Vgl.
Jürgen Habermas, Der gespaltene Westen, 2004, S. 175. Für eine Verneinung dieser Diffe-
renz vgl. Benedict W. Kingsbury, Sovereignty and Inequality, European Journal of Interna-
tional Law 9 (1998), S. 599–625.
73 Fischer Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 47. Zur lex mercatoria siehe auch Peer Zumban-

sen, Lex mercatoria: Zum Geltungsanspruch transnationalen Rechts, Rabels Zeitschrift für
ausländisches und internationales Privatrecht 67 (2003), S. 637–682.
74 Vgl. Teubner, Fn. 50, S. 10.
75 Vgl. ebd..
76 Vgl. ebd., S. 11.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 711

its sanctioning power, without its political control and without the legiti-
macy of democratic process?“ 77
Die Idee eines Privatrechts, das seine Geltung aus der spontanen Interak-
tion seiner Akteure bezieht, ist nicht leicht zu begründen, oder „paradox“,
wie man systemtheoretisch zu sagen pflegt. Die Theorie löst das Paradox
nicht auf, sieht die Aussage jedoch durch das Funktionieren der Praxis be-
stätigt. Die soziale Praxis, so Teubner, sei kreativer als die Rechtslehre und
die Sozialtheorie.78 Die globale Lex mercatoria befände sich in einem Prozess
zur Schaffung der Grundlagen für ihre Geltung. Um sich selbst ein auto-
poietisches Geltungsfundament zu geben, habe sie mittels ihrer Mechanis-
men und auf Initiative ihrer Akteure drei Elemente eingeführt. 79 Das erste
bestehe im Aufbau einer Normenhierarchie: Durch die Bildung eines primä-
ren Normensystems entstehe eine rechtliche Grundlage, die – auch wenn sie
selbst nicht dem Paradox der privatrechtlichen Selbstbestätigung entgeht –
das Verdienst hat, dass von ihr Sekundärnormen ausgehen können. Das
zweite Element bezieht sich auf die Temporalisierung des Paradoxons: Der
einzelne Vertrag zwischen Privaten macht einem wiederholenden Prozess
Platz, in dem eine „Standardisierung von Regeln“ dadurch erfolge, dass sich
der Vertrag auf die Vergangenheit beruft und in die Zukunft projiziert.
Die Kontinuität und Stabilisierung der Normen durch die Wiederholung
„verzeitlichen“ das Paradoxon der privatrechtlichen Spontaneität durch ihre
Beschränkung auf den einzelnen temporären Kontext. Das dritte Element
zur Lösung des Paradoxons ist die Technik der Externalisierung: „It exter-
nalizes the fatal self-validation of contract by referring conditions of validity
and future conflicts to external ‚non-contractual‘ institutions which are ne-
vertheless ‚contractual‘, since they are a sheer internal product of the con-
tract itself.“ 80 Das privatrechtliche Normensystem schafft also Institutionen,
gerade auch mit Schiedsfunktionen, denen die Aufsicht über die Gültigkeit
und die Anwendung der Normen übertragen wird. Obwohl diese Institutio-
nen auf privatrechtlichem Weg zustande gekommen sind, gehen sie jedoch
aufgrund ihres institutionellen Charakters über die privatrechtlich „spon-
tane“ Dimension hinaus.
Was die Selbstbegründung der privatrechtlichen Ordnung durch die
genannten drei Mechanismen betrifft, sind Zweifel angebracht. Stellen wir
aber die Kritik hieran zurück und nehmen wir an, die Autonomie der Lex
mercatoria sei eine erwiesene Tatsache. Auf dieser Grundlage wird die
Hauptargumentation der Autoreferenzialität um drei Aspekte erweitert.
Der erste hebt den Rechtscharakter der transnationalen Wirtschaftsordnung

77 Ebd.
78 Vgl. ebd., S. 16.
79 Vgl. ebd.
80 Ebd.
712 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

hervor. Die Globalisierung habe nicht das Recht zu Gunsten der Wirtschaft
unterlaufen, 81 da der transnationale Wirtschaftsverkehr weiterhin recht-
licher Regeln bedürfe: Aus dieser Notwendigkeit der Erwartungs- und damit
Rechtssicherheit der Geschäftswelt erwächst die Lex mercatoria. Der zweite
Aspekt bezieht sich auf die Tatsache, dass die Privatregime aufgrund ihres
hohen Formalisierungsgrades kein neues Gewohnheitsrecht bilden. 82 Der
dritte Aspekt betrifft die Gefahr, das autopoietische System der Lex mer-
catoria zu repolitisieren. 83 Die Gründe, warum dies eine Gefahr sei, führt
Teubner nicht aus, doch man kann vermuten, dass er eine Vermischung ver-
schiedener Rationalitäten befürchtet: Wenn die Politik direkt in die Mecha-
nismen der Lex mercatoria eingreift, verliert diese ihre spezifische Funktion
und Rationalität, so dass die adäquate Komplexität eines sozialen Systems
gefährdet ist. Die Folge könnte eine Krise des gesamten transnationalen
Wirtschaftssystems sein.

3. Fragen aus öffentlichrechtlicher Perspektive


Mit dem begrifflichen Instrumentarium der Systemtheorie hat Gunther
Teubner eine anspruchsvolle Theorie der Lex mercatoria entwickelt und die
Diskussion auf eine neue Stufe gehoben. Dieser Leistung gebührt hohe An-
erkennung, zumal viele seiner Beobachtungen auch außerhalb des system-
theoretischen Rahmens von erheblichem Erkenntniswert sind. Aber natürlich
bleiben einige kritische Fragen offen. Wir konzentrieren uns auf die folgen-
den Probleme.
a) Wesentlich für Teubners Konzeption ist die Annahme der Selbstrefe-
renzialität, also operativen Geschlossenheit, sozialer Systeme: Nur wenn
sie selbstreferenziell sind, kann die Aussage tragen, dass die Lex mercatoria
als soziales System ihre Geltung nicht von staatlichen Normen oder anderen
öffentlichrechtlichen Normen (etwa der Europäischen Union oder aus einem
völkerrechtlichen Vertrag) ableitet. Zwar will Teubner nicht die Hierarchie
zwischen öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Normen umkehren.
Er begnügt sich damit, die Selbständigkeit privatrechtlicher Regime zu be-
tonen. Dadurch kommt er dem Ziel der Befreiung des Privatrechts von der
lange andauernden systematischen Unterlegenheit gegenüber dem öffent-
lichen Recht näher, ohne dabei in die spiegelbildliche Falle einer schwer zu
beweisenden Überlegenheit privatrechtlicher Normen zu geraten.

81 Teubner, Privatregimes: Neo-Spontanes Recht und duale Sozialverfassungen in der Welt-

gesellschaft?, in: Dieter Simon, Manfred Weiss (Hrsg.), Zur Autonomie des Individuums,
2000, S. 437–453, 446 ff.
82 Ebd., S. 440.
83 Teubner, Fn. 50, S. 21 f.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 713

Die Absage an die Idee einer systemübergreifenden Rationalität führt aller-


dings zu Defiziten, wenn es darum geht, Normen zu verorten, die rein
funktionalistisch nicht adäquat zu verstehen sind und den Anspruch erhe-
ben, allgemeine Geltung zu besitzen. Dies gilt insbesondere für Menschen-
rechte. Dies scheint unzureichend begründet, und es verwundert nicht, dass
unter Rekurs auf Teubners Analyse der Versuch unternommen wurde, ein
„Weltrecht“ und eine „Globalverfassung“ als formalisierten Ausdruck einer
umfassenden, um den Grundrechtsschutz zentrierten lex humana zu kon-
zipieren. 84 Dabei bleibt fraglich, wie diese osmotische Konstruktion mit
dem systemtheoretisch fundamentalen Prinzip der operativen Geschlossen-
heit zu vereinbaren ist. Bei Teubners jüngsten Untersuchungen – insbe-
sondere in seiner Entgegensetzung zwischen „anonymen kommunikativen
Matrizes“ und „Personen“ bzw. „Individuen“ 85 – schimmert der system-
theoretisch eigentlich fremde Konflikt zwischen System und Lebenswelt
durch. Die systemtheoretisch kohärente Beteuerung, dass zwischen Indivi-
duen und Systemen keine Kommunikation, sondern nur Irritationen statt-
finden können, 86 erscheint weiter begründungsdürftig. 87
b) Die These der Selbstvalidierung der Lex mercatoria bleibt problema-
tisch. Der Prozess der Kodifizierung der Lex mercatoria, der durch ihre Ak-
teure zur Bestätigung ihres autonomen Status eingeleitet worden ist und
systemfremde politische und soziale Instanzen so mit einbezieht, untergräbt
das angestrebte Ziel, nämlich die Verfestigung der Autonomie des privaten
Rechtsregimes. 88 Kritisch ist weiter das Verhältnis zwischen Lex mercatoria
und Völkerrecht, verstanden als international public law. Das Bedürfnis
einer besseren Steuerung (governance) der Globalisierung 89 oder gar einer
politischen Friedens-, Sicherheits- und auch Gerechtigkeitsvision 90 scheint
mit privatrechtlichen Ordnungen nicht befriedigt werden zu können. Es ist
bezeichnend, dass dies selbst in der Theorietradition des englischen Libera-

84 Andreas Fischer-Lescano, Globalverfassung: Verfassung der Weltgesellschaft, Archiv für

Rechts- und Sozialphilosophie 88 (2002), S. 349–378; ders., Globalverfassung: Die Gel-


tungsbegründung der Menschenrechte, 2005.
85 Teubner, Die anonyme Matrix, in: Winfried Brugger, Ulfried Neumann, Stephan

Kirste (Hrsg.), Rechtsphilosophie im 21. Jahrhundert, 2008, S. 440 ff, insbesondere S. 460 ff.
86 Ebd., S. 460.
87 Zu dem Problem auch Gunther Teubner, Selbstsubversive Gerechtigkeit. Kontingenz-

oder Transzendenzformel des Rechts?, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29 (2008), S. 9–36.


88 Vgl. Celia Wasserstein Fassberg, Lex Mercatoria – Hoist with Its Own Petard?, Chicago

Journal of International Law 5 (2004–2005), S. 67–82.


89 Vgl. Christian Tietje, Global Governance and Inter-Agency Co-operation in Internatio-

nal Economic Law, Journal of World Trade 36 (2002), S. 501–515.


90 Vgl. Pierre Marc Johnson, Creating Sustainable Global Governance, in: John J. Kirton,

Joseph P. Daniels, Andreas Freytag (Hrsg.), Guiding Global Order, 2001, S. 245–280;
Ulrich Petersmann, From ‚Negative‘ to ‚Positive‘ Integration into the WTO, Common Mar-
ket Law Review 37 (2000), S. 1363–1382; Mary Ann Tétreault, Robert A. Denemark, Ken-
neth P. Thomas, Kurt Burch (Hrsg.), Rethinking Global Political Economy, 2003.
714 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle

lismus inzwischen erkannt ist: Seit einigen Jahren plädiert die Zeitschrift
The Economist, traditionell Verfechter der Freihandelslehre, konsequent für
die Stärkung des öffentlichrechtlichen Charakters internationaler Institutio-
nen. 91 Wohlgemerkt: Es ist ein wesentlicher Unterschied zu Luhmann, dass
Teubner sensibler für gesellschaftliche Auseinandersetzungen um gerechte
Ordnungsmuster ist; dies zeigt sich in seiner Forderung institutionalisierter
Responsivität von Systemen gegenüber den Bedürfnissen, Sichtweisen und
Interessen der Umwelt. 92 Wir sehen jedoch nicht, wie seine Strategien ohne
einen öffentlichrechtlichen Rahmen operativ werden können. 93
c) Diese normativen Grenzen werden noch deutlicher, vergegenwärtigt
man sich die systemtheoretische Polemik gegen die „Repolitisierung“ pri-
vatrechtlicher Rechtsregime. 94 Letztere zielt auf eine Überwindung sozialer
und normativer Fragmentierung im Sinne einer Einheit unter dem Primat
des Öffentlichen ab. Im staatlichen Recht drückt sich dieser Primat im Vor-
rang der Verfassung aus. Dagegen argumentieren die Lex mercatoria-Befür-
worter, dass der Anspruch des Nationalstaates, der gesamten Gesellschaft
eine „Verfassung“ zu geben, der Vergangenheit angehöre. 95 Diese Entwick-
lung könne weder dadurch kompensiert werden, dass man auf supranatio-
naler oder internationaler Ebene Konstitutionalisierung betreibe, noch durch
Institutionen „globaler Innenpolitik“. Eine „Konstitutionalisierung des Völ-
kerrechts“ brächte allenfalls eine Globalisierung des Systems Politik, die
aber ohne unmittelbare Auswirkungen auf die anderen Systeme bliebe. 96
Die wegweisende Alternative seien „globale Zivilverfassungen.“ 97 Diese Al-
ternative impliziert allerdings ein neues Verständnis des Verfassungsbegriffs.
Eine „Verfassung“, die rein „zivil“, also „privatrechtlich“ ist, verliert den in
demokratischer Perspektive wesentlichen Verweis auf eine durch die politi-
sche Repräsentation gewährleistete Legitimation. Genau diese Aspekte
machen nicht nur die politische Komponente der Verfassung, sondern auch
ihre spezifisch öffentliche Dimension aus. Die ihrer politischen und öffent-
lichen Reichweite beraubte „Verfassung“ schrumpft zu einer bloßen Norm,
welche die Normenproduktion regelt. 98 Von den charakteristischen Eigen-
schaften einer Verfassung behält das privatrechtliche System nur eine ge-

91 Vgl. nur The Economist, What a way to run the world, 3. Juli 2008. Ähnlich an einem

Punkt Fischer-Lescano/Teubner, Regimekollisionen, 2006, S. 155 ff., was theorieimmanent


aber nicht stimmig erscheint.
92 Zu Kritik der ‚kritisch-emanzipativen‘ Systemtheorie Niklas Luhmann, Einige Pro-

bleme mit ‚reflexivem Recht‘, in: Zeitschrift für Rechtssoziologie 6 (1985), S. 1–18.
93 Vgl. die Rezension der Regimekollisionen von Matthias Goldmann, Verfassung und

Recht in Übersee, 2007, S. 377, 380.


94 Fischer-Lescano/Teubner, Fn. 59, S. 38 f.
95 Teubner, Globale Zivilverfassungen, 2003, S. 12.
96 Ebd., S. 12 f.
97 Ebd., S. 6 f.
98 Ebd., S. 13 ff.
Die Lex mercatoria der Systemtheorie 715

wisse Stufung der rechtlichen Ebenen, die Anbindung des Rechtssystems an


ein spezifisches soziales System und die Unterscheidung zwischen einem
formal organisierten und einem spontanen Sektor. Diese Charakteristika er-
scheinen zumindest in der Tradition des liberaldemokratischen Konstitutio-
nalismus als kaum hinreichend, um ein privatrechtliches System als Verfas-
sung zu deuten.
Es ist der Systemtheorie recht zu geben, dass streng hierarchische und
unitarische Konzeptionen der staatsrechtlichen Tradition nicht mehr über-
zeugen. Die Idee eines Primats des „Öffentlichen“, die in der Idee einer
demokratischen Verfassung verkörpert ist, führt aber nicht zwingend zu
solchen Konzeptionen: In Zeiten post-unitarischer Ordnungsauffassungen
muss die Idee vertikaler und autoritativer Hierarchien im Lichte horizonta-
ler und diskursiver Anerkennungsprozesse umgedeutet werden. In der Vor-
stellung der höheren Normativität des „Öffentlichen“ artikuliert sich die Er-
kenntnis und Überzeugung, dass soziale Interaktionen durch Normen
geregelt werden und werden sollen, die den Prinzipien des liberaldemokra-
tischen Konstitutionalismus genügen. Anders sind eine angemessene Er-
kenntnis des Sozialen und eine adäquate Interpretation des geltenden Rechts
nicht möglich. Doch diese letzte Einschätzung wird im Lichte der frucht-
baren Auseinandersetzung zwischen dem öffentlichen Recht und dem Zivil-
recht gewiss streitig bleiben.
716 Armin von Bogdandy und Sergio Dellavalle
Legal Culture of the World-Society:
Local Law and Social Change
from the Autopoietic Perspective

Lasha Bregvadze

I. Introduction
When Gunther Teubner started to deconstruct the basic concepts of nor-
mative jurisprudence and developed sophisticated theories within the em-
pirically dominated field of modern sociology of law, it came out as an irri-
tation for orthodox legal science and even for mainstream socio-legal studies.
But this irritation has ultimately had only positive effects on the develop-
ment of current sociology of law, by stimulating mutual criticisms between
leading modern socio-legal theorists and empiricists. Moreover, Teubner
managed to create his own vision of socio-legal empiricism,1 based on the
practical application of the theory of legal autopoiesis.
This essay is an attempt to examine the concept of legal culture, one of
the most empirical concepts within legal sociology, from the autopoietic
perspective and also proposes the functional definition of the concept of
legal transfer based on the theoretical constructions developed by Gunther
Teubner.

II. The Theories on Legal Culture


The concept of legal culture, without looking at its theoretical incoher-
ence, vague character and contradicting interpretations of its analytical and
descriptive meanings, is a crucial concept for the sociology and anthropol-
ogy of law. The concept of legal culture was introduced to socio-legal debates
at the end of the 1960s through the works of Lawrence Friedman, however it
has a long historical tradition starting from Friedrich Karl von Savigny, the
famous opponent of the increasing codification processes in the nineteenth-

1 G. Teubner (1995), “Wie Empirisch ist die Autopoiese des Rechts”, in: R. Martinsen

(Hrsg.), Das Auge der Wissenschaft: Zur Emergenz von Realität, Baden-Baden: 137–155;
J. Paterson and G. Teubner (1998), “Changing Maps: Empirical Legal Autopoiesis”, in: So-
cial and Legal Studies, 7 (4): 451–486.
718 Lasha Bregvadze

century Germany, who pointed out the importance of “the spirit of the
people,” the “Volkgeist,” that was governing everyday legal interactions be-
tween people and constructed infrastructural legal orders. Thus, for Savigny
all law was an expression of the “Volkgeist,” stemming from and serving
the values of the human beings. Later, Oliver Wendell Holmes, one of the
founders of the sociological jurisprudence expressed the same assumptions,
describing official law as culturally determined and bound. 2
Among the many versions of the “modern” concept of legal culture the
most popular and widely used definition belongs to Lawrence Friedman,
who defines the concept as “those parts of general culture – customs,
opinion, ways of doing and thinking – that bend social forces toward or
away from the law and in particular ways.” 3 He introduces the distinction
between internal and external legal cultures, the former characterizing the
legal professions and legal institutions, and the later – the wide social struc-
ture, the population at large. According to Friedman, it is possible to speak
of legal cultures of different social groups, institutions, professions, nations
and even states. Legal culture, for Friedman, also has a temporal or develop-
mental dimension as he introduces the concept of the modern legal culture,
characterizing the Western industrial societies. 4
Erhard Blankenburg offers his account of legal culture, claiming that this
concept should integrate and include all forms of distinct discursive ways
of law, various layers of: “ideas and expectations of justice (sense of justice –
or law in the heads); the doctrine of major families of legal systems (law in
the books); the framework of institutions for legal training, legal profession,
courts and their procedures (law as a set of institutions); their way of actually
working (law in action); and the degree of trust of People in them, their
attitudes and opinions with respect to law and justice (opinions about law –
or law in polls)”. 5 Blankenburg also makes considerable contribution to con-
structing an empirical research agenda for different national legal cultures.
He understands legal culture not merely as an analytical, but rather as con-
crete, measurable phenomena. He therefore looks for different indicators of
legal culture and tries to measure different national legal cultures through
the comparison of civil litigation rates. According to him, infrastructural
legal institutions and practices play a decisive role in forming the national
characteristics of legal cultures. 6

2 R. Cotterrell (1992), The Sociology of Law: An Introduction (2 nd edition), London: 21.


3 L. M. Friedman (1987), The Legal System: A Social Science Perspective, New York: 15.
4 L. M. Friedman (1994), “Is There a Modern Legal Culture?”, in: Ratio Juris, 7 (2):

117–131.
5 E. Blankenburg (1999), “Legal Culture on Every Conceptual Level”, in: J. Feest (ed.)

Globalization and Legal Cultures (Oñati Papers: 7): 11–19, 12.


6 E. Blankenburg (1997), “Civil Litigation Rates as Indicators for Legal Cultures”, in:

D. Nelken (ed.) Comparing Legal Cultures, Aldershot: 41–68.


Legal Culture of the World-Society 719

Susan Silbey distinguishes between legal culture and legal consciousness.


She admits, that “legal culture refers to an aggregate level (macro or group)
phenomenon; legal consciousness usually refers to a micro level of social ac-
tion, specifically the ways in which individuals interpret and mobilize legal
meanings and signs.” 7 Thus, legal cultural analyses should be oriented to
more general patterns of legal character in society, while legal consciousness
studies should describe individual perceptions of the legal system. But those
micro and macro phenomenon of legal life are undoubtedly connected and
even constitute each other.
Roger Cotterrell claims that the concept of legal culture lacks rigor and it is
incoherent both for theory construction and empirical elaboration. For
him, this may be caused by the conceptual problems connected with the
use of the general concept of “culture” itself. 8 As the concept of legal culture
seems for him of a limited utility, as it embraces somehow unclear and dis-
parate phenomena, Cotterrell offers to replace it with the notion of legal
ideology, which can be considered to be closely related with legal doctrine
and provides a more specific idea about the sources and mechanisms of its
creation. Against this criticism, Friedman clarifies that the concept of legal
culture still has its value and utility, as it helps to define and understand gen-
eral public attitudes towards law and explains the processes of legal change
caused by socio-political and economic transformations. Last but not least,
the concept of legal culture stresses the importance of legal processes and
social influences within the society whereas legal ideology suggests the im-
portance of merely formal legal doctrine and legal institutions for construct-
ing and conducting the general attitudes towards law.
The above-mentioned conceptions of legal culture still leave some un-
answered questions. In particular, these conceptions tell us nothing about
the function and functioning of the legal culture itself. If legal culture exists
in its diverse forms within the different structures of social life, so what is its
function, determining and justifying its existence? The discussed approaches
also tell nothing about some other important issues, namely: what kind of
relationships or interdependencies exist between the legal, economic, politi-
cal, religious and other functionally fragmented forms of culture? What
is the reason for cultural pluralism in the sense of functionally diversified
forms of culture? What are the interactions, influences and effects of those
functionally different cultural spheres upon each other? How and why does
legal culture influence the process of legal change in the sense of legal trans-
plantation? How does local law meet different legal interactions and pertur-
7 S. Silbey (2001), “Legal Culture and Legal Consciousness”, in: N. J. Smelser and

P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Vol-
ume 13, Amsterdam: 8623–8629, 8624.
8 R. Cotterrell (1997), “The Concept of Legal Culture”, in: D. Nelken (ed.), Comparing

Legal Cultures, Aldershot: 13–31, 14.


720 Lasha Bregvadze

bations which occur in the form of transferring, borrowing, or imposing the


foreign legal modes from a different social environment? Why are some
transfers rejected and others accepted and what is the role of the legal cul-
ture in these operations within the functionally differentiated legal subsys-
tem? Can legal transfers be considered to be internal and self-referential op-
erations of the legal subsystem and in which cases?
The next part of the paper represents an attempt to answer these ques-
tions using the theory of legal autopoiesis. The functional differentiation of
the global society and the fragmentation of world culture, also inquires into
the functional characteristics of legal culture will be used for developing and
generalizing the arguments. But first, the concept of global culture has to be
discussed.

III. Global Culture in the Global Society


The contemporary world is becoming increasingly global. The globaliz-
ation dynamics not only influences production processes of the modern
economics and the regulatory potential of the polity, but also the local cul-
tural domain itself. Even the culture becomes increasingly global and is
encompassed by the worldwide dimensions, demands and influences. Luh-
mann’s innovative idea about the emerging world-society9 introduced as
early as 1971 and counted as a “myth” for a long period, is now an empirical
reality, stimulating the emergence of “new myths” about global culture, ad-
vocated notably by Wallerstein 10, Robertson 11 and Meyer.12 According to the
new developments in social theory, “world culture refers to the cultural com-
plex of foundational assumptions, forms of knowledge, and prescriptions for
action that underlie globalized flows, organizations, and institutions.”13
Featherstone comments that there can be no sense of global culture if it
is understood as the culture of the nation-state globalized on a world-
wide level. But the concept of global culture attains its greatest significance if
used to mean the transnational processes that occur above the nation-state

9 N. Luhmann (1971), “Die Weltgesellschaft”, in: Archif für Rechts- und Sozialphilosophie,

57 (1): 1–35.
10 I. Wallerstein (1990), “Culture as the Ideological Battleground of the Modern World

System”, in: M. Featherstone (ed.), Global Culture: Nationalism, Globalization and Modern-
ity, London: 31–55.
11 R. Robertson (1992), Globalization: Social Theory and Global Culture, London.
12 J. W. Meyer (2005), Weltkultur. Wie die westlichen Prinzipien die Welt durchdringen,

Frankfurt (übersetzt von B. Kuchler).


13 J. Boli and F. J. Lechner (2001), “Globalization and World Culture”, in: N. J. Smelser

and P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Vol-
ume 9, Amsterdam: 6261–6266, 6261.
Legal Culture of the World-Society 721

level.14 Those are the processes which accompany the exchange and flow of
media, pop-culture, and commodities and people themselves, attaining con-
siderable worldwide autonomy and stability. It follows that transnational
processes are creating a unified cultural domain of their own, dominated by
socially approved and accepted values and attitudes.
The neo-institutional approach stemming from organizational sociology,
especially developed by John W. Meyer, advocates an original conception of
world culture as being constructed through the rational actions of inter-
national organizations. According to Meyer, “modern world society is filled
with eager participants in the formation of universalized global culture.” 15
Based on his observations about how different international organizations,
predominantly nongovernmental entities, are expanding western ideologies
and standards worldwide, Meyer develops the concept of world polity, im-
plying the totality of dominant perceptions, attitudes, and models of social
reality, stemming from western rationality. Meyer considers organizations
(including the state as a form of organization) as the principle actors that
construct world-scale social dynamics and global culture. He outlines the
principles of organizational legitimacy and rational institutional regulation
in every possible social action and in such diverse social fields as educational
reform or environmental policy.16 But contrary to this influential argument,
it has to be mentioned that institutions are merely one of several and not the
exclusive form of social system, which is also represented by the forms of
social interactions and functionally differentiated social subsystems. While
Meyer describes world culture as a creature of organizational activities and
rational institutional patterns, he excludes the wide variety of processes and
sources that are based on global social interactions and the worldwide func-
tional communications emerging within the functional subsystems of society.
It is undoubtedly true that organizations based on institutional rationality
are the important players in constructing the world culture of the modern
society, but together with other forms and possibilities of social action
which are stemming from diverse societal interactions and functional sub-
systems of the global society.
The different theories of world culture also give different explanations
for the internal logic of global developments. In Wallerstein’s conception of
the world system the decisive factor for globalizing the culture is seen in
economic rationality. Other theories attribute paramount importance to

14 M. Featherstone (1990), “Global Culture: An Introduction”, in: M. Featherstone (ed.),

Global Culture: Nationalism, Globalization and Modernity, London: 1–14, 1.


15 J. W. Meyer (2000), “Globalization: Sources and Effects on National States and So-

cieties”, in: International Sociology, 15 (2): 233–248, 240.


16 D. J. Frank, A. Hironaka, John W. Meyer, E. Schofer and N. B. Tuma (1999): “The

Rationalization and Organization of Nature in World Culture”, in: J. Boli and G. M. Tho-
mas (eds.), Constructing World Culture, Stanford: 81–99.
722 Lasha Bregvadze

worldwide political processes.17 Accordingly, modern cultural theories


posit that the development of global cultural processes is conducted by
one of the dominated social subsystems, be it mostly politics or economy.
Unfortunately, there can be found no theories about global culture based on
the logic of internal self-organization and functional differentiation of the
world-society. And that is where the theory of autopoietic systems can help
to construct an alternative vision of the cultural theory sustained by mech-
anisms of functional differentiation and self-reproduction.
Special mention has to be made of the discourse of world culture emerg-
ing from the current debates within systems theory. Rudolf Stichweh, de-
scribing the basic features of modern world-society, raises the crucial ques-
tion about the possibility of the existence of world culture. He introduces
the concept of cultural contingency, implying the existence of different cul-
tural forms. Stichweh, discussing the idea of correlation between national
cultures and transnational culture, lays out three possible ways for conceiving
of world culture from the standpoint of systems theory: first of all world
culture can be described as mutual inclusion of partial cultures; second, it can
be conceived as a repertoire of loosely coupled possibilities and third, world
culture can be thought of as minimal or meta-culture that can obtain differ-
ent grades of generative power.18 The multiplicity of perspectives within sys-
tems theory demonstrates the potential strength and flexibility of this per-
spective for emerging cultural analysis.
Dirk Baecker develops a sophisticated and rich project for approaching
the concept of culture from the systems-theoretical perspective. His obser-
vations about the concept of culture enrich the semantic treasure of this
indefinable phenomenon. Baecker proposes to conceive culture paradoxi-
cally as the second order concept, being impossible to be defined on the first
order of observations and defined on the second order by the impossibility
of its definition.19 He also attributes a temporal, evolutionary dimension to
the concept of culture and distinguishes between antic, modern and post-
modern cultural forms. Baecker admits quite explicitly that culture cannot
be described as a system but also points out that it exists in the form of
social communication. 20 Culture, according to him, is the closure of the
society, excluding the third values that endanger the security of the closed
binary codes of the functional subsystems. Baecker also develops the idea of
self-reproduction of culture, and even discusses the possibility of attaining
a certain structure by culture, in the sense of its self-distinction from the
structures of society. In this sense, culture can be conceived as a fact which
17 R. Robertson and F. Lechner (1985), “Modernization, Globalization and the Problem of

Culture in World-Systems Theory”, in: Theory, Culture and Society, 2 (3): 103–118.
18 R. Stichweh (2000), Weltgesellschaft, Frankfurt: 20.
19 D. Baecker (2001), Wozu Kultur? Berlin: 33.
20 Ibid. 105.
Legal Culture of the World-Society 723

is socially observable. Baecker presents an original definition of modern cul-


ture being formatted as the societal memory, which provides society with
important resources for observing the societal communications. By doing
so, world-society manages to overcome the cultural divergences and main-
tain societal integration. Under the above-mentioned circumstances, the
culture of the world-society exists for Backer exclusively in the sense of con-
tingency culture. 21

IV. Luhmann and Teubner on (Legal) Culture


The theory of autopoietic social systems, developed by Luhmann and
Teubner, provides a general theoretical framework for the whole structure of
modern society. However, it is difficult to locate in this theory one of the
most important parts of society – culture. Luhmann does not explicitly rec-
ognize culture as one of the functionally differentiated subsystems of mod-
ern society. But, in the classical systems theory, developed by Talcott Par-
sons, culture is one of the social systems playing an important role for the
societal evolution. Parsons recognizes the conceptual problems of the term
culture, which cannot be clarified by the anthropology itself, but still gives
three basic characteristics of the concept:
[F]irst, … culture is transmitted, it constitutes a heritage or a social tradi-
tion; secondly, … it is learned, it is not a manifestation, in particular con-
tent, of man’s genetic constitution; and third, … it is shared. Culture, that
is, is on one hand the product of, on the other hand a determinant of, sys-
tems of human social interaction. 22
For Parsons, culture is a decisive component of orientation not only for so-
cial action and individual structure, but also for systems dynamics them-
selves. Culture, in his understanding, consists of patterned or ordered sys-
tems of symbols which are objects of the orientation of social action. In his
different works Parsons constantly stresses the importance of culture for the
constitution of modern society and social evolution in general. 23
Luhmann’s contemporary social theorist and his intellectual “opponent”
Jürgen Habermas also grants a significant role to the concept of culture. Ac-
cording to Habermas, there exist three structural components of the life-
world: culture, society and personality, which are differentiated to a great

21 D. Baecker (2008), “Zur Kontingenzkultur der Weltgesellschaft”, in: D. Baecker,

M. Kettner and D. Rustemeyer (Hg.), Über Kultur. Theorie und Praxis der Kulturreflexion,
Bielefeld: 139–162.
22 T. Parsons (1968), The Social System, New York: 15.
23 T. Parsons (1977), The Evolution of Societies, New Jersey: 115.
724 Lasha Bregvadze

extent in a modern world. 24 Culture receives somewhat a constitutive na-


ture for the contemporary life-world in Habermas’ theory.
Indeed, Luhmann does not pay particular attention to this concept, men-
tioning it only unsystematically in his different works. This fact proves that
he does not exclude culture from his theory, but he does not specially locate
it within his theory. In his book “Art as a Social System” Luhmann is quite
critical about the concept, however he mostly deals with it in the domain of
art, thus criticizing the concept of high culture, rather than dealing with the
general concept of culture. But in one of his late papers Luhmann writes:
Society produces culture – memory – and its culture will decide whether
distinctions and indications may be communicated as natural (not artifi-
cial), as normal (not pathological), and necessary or impossible (not con-
tingent). 25
The following quotation is clear evidence, that for Luhmann the concept of
culture has a great significance. In the given paper he also mentions the plu-
rality and differentiation of culture in modern society, thus provoking
further contradictions and enigmas. In another of his late essays, Luhmann
describes culture as a historical concept bearing the function of a memory
for social systems. 26 Therefore, it seems that the concept of culture has great
importance in Luhmann’s theory. But if so, where is the place of culture in
his theory? How can culture be located within the functionally differenti-
ated world-society?
A focus on the concept of legal culture will answer this crucial question.
Luhmann himself, in his major book on law, mentions the concept of legal
culture many times, thus providing with a kind of “latent permission” for a
further elaboration of the concept within his theory. He not only uses the
concept of legal culture, but also admits the existence of the global legal cul-
ture, stating:
In relation to comparative law one can observe a rudimentary develop-
ment of a global legal culture that allows for a wide range of differences
but which is nevertheless committed to its own (legal) standards and
which rejects any interference from outside. 27

24 J. Habermas (1992), Faktizität und Geltung: Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und

des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt: 77.


25 N. Luhmann (1995), “The Paradoxy of Observing Systems”, in: Cultural Critique, 31:

37–55, 47.
26 N. Luhmann (1995), “Kultur als historischer Begriff”, in: Gesellschaftsstruktur und

Semantik: Studien zur Wissenssoziologie der modernen Gesellschaft, Frankfurt, Band 4:


31–54, 47.
27 N. Luhmann (2004), Law as a Social System, translated by K. A. Ziegert, Oxford: 56.
Legal Culture of the World-Society 725

In “Das Recht der Gesellschaft” Luhmann mentions the concept of legal cul-
ture in many and different dimensions: he speaks about the European legal
culture, which was developed through the achievements of Roman civil
law. 28 He also mentions legal culture in a historical context, which existed
before the codifications and was the condition of legal validity. 29 He also
presupposes the existence of an elaborate contemporary legal culture. 30
What is most important is that Luhmann admits the autonomous character
of the legal culture and its differentiation from morality and other social do-
mains, stating:
More than anywhere else, the forms of permissible argumentation and
their limitations, however formalistic and traditionalist, reveal the differ-
entiation of the legal system. The differentiation of legal proceedings is
only a condition for the potential of evolution. The specification of the
way in which arguments refer to legal materials in the legal system is the
true carrier of the evolution of the legal system and the breakthrough to
an autonomous legal culture, which can then even be differentiated from
morals, common sense, and the everyday use of words. 31
Luhmann seems to be quite reluctant about the traditional differentiation of
the legal culture according to civil law and common law distinctions. Such a
point can serve as a presupposition of the existence of global legal culture:
“However, the difference between the legal cultures of continental European
law and the common law should not be overestimated. Obviously, in the
common law world one also has to deal with problems of statutory inter-
pretation, and in continental European law argumentation is required to
present reasons for the ever new, ever different decisions in cases.” 32
The differences between different national legal cultures is seen by Luh-
mann as a consequence of the regional differentiation of law which, due to
the global character of contemporary social discourses looses its import-
ance: “The positive side of law, that is, differences between different ‘legal
cultures’ in relation to norms and styles of interpretation, is not sufficient
for a comparative sociology of law.” 33 Luhmann even speaks about the
“stateless legal culture,” which had been developing without reference to the
state or official legal orders. 34
As to Teubner, in one of his influential and much debated papers, dealing
with the irritation caused by legal transplantation between different national

28 Ibid. 172.
29 Ibid. 237.
30 Ibid. 238–239, 246.
31 Ibid. 248.
32 Ibid. 325.
33 Ibid. 478.
34 Ibid. 482.
726 Lasha Bregvadze

legal cultures, he discusses the “multiplicity of global cultures” caused by


globalization processes and “double-fragmentation of world-society into
functionally differentiated global sectors and a multiplicity of global cul-
tures.” 35 In this paper, together with legal culture, Teubner mentions politi-
cal, economic, academic, and aesthetic cultures. 36
Teubner also admits that legal culture has a significant role to play in au-
tonomous legal evolution as it maintains the function of stabilization of legal
processes and developments. 37 According to Teubner:
Legal decisions in concrete proceedings make reference to recursively cul-
turally stabilized legal rules which have been shaped by recursive refer-
ence to other concrete proceedings. On the other hand, we have the in-
itial starting point for new legal developments within the sphere of legal
culture. 38
As to the concept of general culture itself, Teubner, in his main opus on law as
an autopoietic system, openly admits (maybe somewhat mechanically) that
culture is one more functional subsystem of the world-society: “… [w]hat
is the role of law in conflicts between various social subsystems, be they
functional subsystems (politics, economy, family, religion, science, culture),
formal organizations, or specific forms of interaction? Here the main prob-
lem is whether a translation of the conflict into the legal code is desirable
at all”. 39 This position is also repeated further in the context of contractual
conflicts, when Teubner defines the domain of social spheres: “… [c]onflicts
between the contract and other social spheres appear on the ‘societal level’.
By ‘other social spheres’ he means functional social subsystems such as
politics, the economy, the family, culture, and religion. The individual ‘pri-
vate’ contract is interwoven into these in a complex way. As their function
becomes increasingly differentiated, so they become increasingly auton-
omous.” 40
As demonstrated, the founders of the theory of legal autopoiesis quite
openly admit and use the concepts of general culture and legal culture
in particular, contrary to the claims of their “culturalist” opponents, who
think that this theory excludes the concept of legal culture. Hence, all that is
needed is a more systematic elaboration of the concept of culture within

35 G. Teubner (1998), “Legal Irritants: Good Faith in British Law or How Unifying Law

Ends up in New Divergences”, in: Modern Law Review, 61: 11–32, 13.
36 Ibid. 15.
37 G. Teubner (1988), “The Evolution of Autopoietic Law”, in: G. Teubner (ed.), Auto-

poietic Law: A New Approach to Law and Society, Berlin: 217–241, 232.
38 Ibid. 235.
39 G. Teubner (1993), Law as an Autopoietic System, translated by A. Bankowska and

R. Adler, Oxford: 109.


40 Ibid. 121.
Legal Culture of the World-Society 727

autopoietic theory, as the theory itself really “allows,” presupposes, and


even provokes such a rethinking and reconstruction of its reflexive con-
structions.

V. Legal Culture vs. Autopoietic Law in the Socio-Legal Debates


In the current socio-legal literature there are at least three works that deal
more or less directly with the interaction of legal-cultural and autopoietic
discourses. Those are the essays by Michael King, 41 David Nelken 42 and
Roger Cotterrell. 43
King discusses the implications of autopoietic theory for the study of
cross-border legal comparisons, especially that of legal cultures. According
to him, comparatists are reluctant towards application of autopoietic theory
with its insistence on the normative closure of the legal system. Indeed,
autopoietic theory, with its claim that law is a global, universal subsystem of
society, may seem to be inconsistent with the comparative lawyer’s main
subject-matter which is based on searching for similarities and divergences
in the different legal systems of the world. And it is even more difficult to at-
tribute the same features to culture. Understanding the plurality and diver-
sity of modern societies with their different and diverging cultural grounds
and attitudes, also taking into consideration a conventional sociological and
anthropological literature, it seems impossible to elaborate the “closed”
conception of culture based on communicative and self-referential pro-
cesses.
In modern society there is also a problem of national and transnational
interactions, so the existence and even domination of national cultural net-
works seems still strong in contemporary social systems. Thus, it becomes
difficult to attribute a global meaning to the notion of culture. Also, the
term culture itself has many and sometimes divergent meanings in different
social sciences. Its substance can also be differentiated into legal, economic,
political and other cultural units that bear the characteristics of respective
social systems. As King notes, “[t]he term ‘culture’ may make sense within
the political, legal, religious or artistic systems of communication, but the
meaning attributed to the term by each of these systems is likely to be very

41 M. King (1997), “Comparing Legal Cultures in the Quest for Law’s Identity”, in:

D. Nelken (ed.), Comparing Legal Cultures, Aldershot: 119–134.


42 D. Nelken (2001), “Beyond the Metaphor of Legal Transplants?: Consequences of

Autopoietic Theory for the Study of Cross-Cultural Legal Adaptation”, in: D. Nelken and
J. Priban (eds.), Law’s New Boundaries: The Consequences of Legal Autopoiesis, Aldershot:
265–301, 289.
43 R. Cotterrell (2003), “Comparatists and Sociology”, in: P. Legrand and R. Munday

(eds.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, Cambridge: 131–153.


728 Lasha Bregvadze

different.” 44 But King does not discuss his claim in depth: yes, the notions of
legal, political, economic, religious and other forms of culture have different
meanings, but why? Indeed, if the concept of legal culture within auto-
poietic theory could be elaborated, the possible answer could also be found:
it is the function of the different social subsystems that give different mean-
ings, purposes, and even forms to the different cultural units. Functional
differentiation occurs not only within modern society, but also within mod-
ern culture. Though the concept of culture is vague, unsystematic and
internally divergent that does not mean that it has to be excluded from the
systems-theoretical discussions.
King even mentions the possibility of the existence of functionally differ-
entiated cultural subsystems, but still rejects this point because of the inherent
indeterminacy of the concept of culture:
If a legal culture can be said to exist, then why not a political culture,
a scientific culture, a religious culture and so on? If all this ‘cultures’ can
be seen to coexist, how are their boundaries defined and what kinds of
relationships may they have with one another? The reason that it is im-
possible to answer these questions in a satisfactory manner and why divi-
sions of the world into different cultures cannot be taken seriously can be
found in the inherent indeterminacy of the notion of ‘culture’. This, un-
like the autopoietic concept of ‘communicative system’, is simply impos-
sible to define in a manner which would satisfy the demands of rigorous
sociological observation or empirical research. 45
Thus, King not only accepts the notion of culture within autopoetic theory,
but he is also critical of the general concepts of political, scientific, religious
cultures. The existence of cultural domains, cultural units within the dif-
ferent, functionally differentiated spheres of society is a simple fact, and
asking why political, scientific, religious cultures cannot exist seems just
illogical. The only question should be how, that is in which form do those
thematized cultural units exist? How are they differentiated from each
other and from the society in general? Unfortunately, King, while trying to
work with an anthropological concept of legal culture, pays too much at-
tention to the national variations of legal cultures and rejects to recognize
and to elaborate the general concept of legal culture within autopoietic the-
ory.
Nelken, while trying to find the logic and conceptual clarity in the legal-
transplants debate, asks whether autopoietic theory contains a potential to
capture what is special about the law facing another culture. He argues that
according to autopoietic theory, culture can be considered only as a global

44 M. King (n. 41), 125–126.


45 M. King (n. 41), 126–127.
Legal Culture of the World-Society 729

unity, when the national differences in legal cultures have lost their import-
ance. According to autopoietic logic and the dynamics of modern social de-
velopment, where the reproduction of social values and rules have attained
considerable autonomy, the cultural aspects of the modern life should
be detected in the fragmented subsystems of global society itself and not in
the national varieties and networks. Still, national differences and namely
national legal cultures have a decisive role to play in cross-border legal in-
teractions and transplantations.
Analysing Teubner’s conception of legal irritants, Nelken refers to his text
pointing out that national divergences do not have such a strong importance
for legal transplants. Following autopoietic theory, legal transplants operate
within the one subsystem of the global law, which makes it easy and flexible
to communicate and implement legal innovations across national-geographi-
cal borders and territorially differentiated societies. Nelken is still concerned
with divergences between different national legal cultures and thinks that
autopoietic theory is limited in its ability to grasp and explain those differ-
ences using its own theoretical construction:
… [H]ow far can legal cultural differences realistically be (re)formulated
in terms of autopoietic theory? Seeing legal culture as an ‘episteme’ makes
it similar to other societal discourses (as opposed to seeing legal culture
for example as legal behaviour or litigation rates). But autopoietic theory
would seem to be unable to recognise differences between legal dis-
courses in different cultures except as differences between law and other
social communications. 46
But why should autopoietic theory be really interested in those national dif-
ferences? National and geographical variations are not the subject matter of
universal systems theory, which tries to construct the global societal spheres
on the basis of functional and not national or anthropological divergences.
Reviewing Teubner’s and Legrand’s debates on legal transplants, Nelken
makes a negative statement on the possible interdependencies and inter-
actions of legal culture and autopoietic law.
In his most recent comments on the concept of legal culture Nelken tries
quite explicitly to capture inconsistencies between the discourses of legal
culture and legal autopoiesis. 47 He criticizes the systems theory from the
cultural perspective pointing out that “it is difficult to accept Luhmann’s sys-
tems theory of law, which tries to posit a constant relationship between the
legal and other social subsystems in all modern societies. Empirical investi-
gations suggest rather important differences in the way one conceives and

46 D. Nelken (n. 42), 285.


47 D. Nelken (2006), “Rethinking Legal Culture”, in: M. Freeman (ed.), Law and Sociol-
ogy, Oxford: 200–224, 209.
730 Lasha Bregvadze

lives law, even within Europe.” 48 But these criticisms may seem misleading
as they misinterpret the core elements of autopoiesis theory. In fact, Luh-
mann does explicitly accept the local variations of culture, especially in his
later writings. 49
Cotterrell, analysing the relationship between comparative law and legal
sociology, admits that legal culture has a great importance for successful
transplantation of law. Referring to the divergent conceptions of legal cul-
ture, he pays special attention to the one proposed by Pierre Legrand, 50
which is of “extra” autonomic, anthropological and locally bound character.
On the basis of Legrand’s discussions, Cotterrell speaks about the possibility
of operative closure and other autopoietic features of legal culture:
Just as autopoiesis theory encourages us to see law as immune from direct
external influence because of its impenetrability as a normatively self-suf-
ficient discourse, so a focus on legal culture as an all-embracing mentalité
can suggest similar immunities. In both cases, the suggestion of immun-
ity is not necessarily empirically warranted but is the result of presenting
a vast diversity of contingently related phenomena as if it were a complex,
rather solid unity. In autopoiesis theory, law’s very diverse forms of
knowledge, reasoning and practice are presented as a single, unique dis-
course. Similarly, in some conceptions of legal culture, the aggregate of
extremely diverse elements of experience that might, taken together, be
labelled as ‘culture’ is treated as though it were an integrated unity capable
of resisting other cultures, conceived as opposing unities. 51
But Cotterrell does not develop this argument further and leaves his readers
with unanswered questions and further provocations. Anyway, in this piece
he admits a kind of autopoietic closure on the national level that is auton-
omy of national legal cultures. Thus this micro approach cannot be helpful
for constructing the macro perspective – autopoietic closure not (only) of
the national, but of the global legal culture.
However, when analyzing autopoietic theory in his earlier manual on the
sociology of law, he also mentions culture while referring to the other func-

48 D. Nelken (2007), “Legal Culture”, in: D. S. Clark (ed.), Encyclopedia of Law and

Society: American and Global Perspectives, Thousand Oaks: 369–375, 374.


49 For example in his masterpiece – Die Gesellschaft der Gesellschaft – summing up his

theoretical constructions, Luhmann quite explicitly gives his understanding of the concept
of culture: “Culture is then a sort of expressive form of the world vision fixed within the
society that can take different forms in different societies. Culture is therefore, as often
described, a learned behaviour. The concept of culture implies cultural comparison and his-
torical relativism and self-location of the own culture in this context”. See: N. Luhmann
(1997), Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt: 881. (Translation is mine).
50 P. Legrand (1996), “European Legal Systems are not Converging”, in: International

and Comparative Law Quarterly, 45: 52–81.


51 R. Cotterrell (n. 43), 150.
Legal Culture of the World-Society 731

tionally differentiated social subsystems. Cotterrell states: “[law] transforms


all signals from its environment – economic, scientific, technological, cultural
or political events, developments and demands – into its specific terms.” 52
He repeats this point on the next page, naming the cultural subsystem as the
“knowledge field” together with science and politics. 53 As demonstrated, in
Cotterrell’s writings culture is seen either as one of the operationally closed
subsystems of society, or as nationally autonomous, autopoietic unit. Any-
way, he does not show any special interest for analysing the notion of cul-
ture in depth within the theory of operationally closed social systems.
It seems that the elaboration of the concept of legal culture within auto-
poietic theory might be of a great importance not only for theoretical, but
also for empirical reasons. The possible outcomes of the given elaboration
might serve as a means to better understand the conditions of the failure and
the success of legal transplants. It is crucial to know when and how the legal
culture is normatively closing and cognitively opening its internal mechan-
isms and learning capacities for stimulating and managing the process of
legal change or rejecting the normative interference from the environment.
But certain empirical arguments are necessary for making this theoretical as-
sumption plausible.

VI. Arguments for Elaborating the Concept


of Legal Culture within the Autopoietic Theory
The basic arguments provoking the elaboration of the concept of legal
culture within the theory of legal autopoiesis might be described as follows:
1. The formation of theoretical and empirical discourse on global culture,
alongside with that of global society, and the observable processes of
socio-cultural evolution in a globalized world: in modern conditions cul-
ture and society are being developed simultaneously according to global
social interests and functional requirements;
2. Functional differentiation, fragmentation of the general, global culture
into the specialised cultural entities: due to modern social realities, the
different, functionally fractured cultural domains can be distinguished
(legal culture, political culture, economic culture, academic culture, re-
ligious culture, etc.);
3. Normative closure and cognitive openness of the legal culture, both on
the local and global levels, which are especially visible during the process
of legal transplantation, when a certain new legislative act or legal insti-

52 R. Cotterrell (n. 2), 300.


53 R. Cotterrell (n. 2), 301.
732 Lasha Bregvadze

tution is being transplanted from one cultural space to another, and be-
cause of the cultural diversity and functional problems the given legal
transfer is ineffective and obtains only certain symbolic character or in
the case of pure legal evolution is socially accepted and integrated into
the local context;
4. Together with their normative, operational closure, the possibility for a
cognitive openness of the fragmented cultural entities: the mutual inter-
actions between different cultural subsystems through the cognitive
communication, that enables them to receive and elaborate relevant in-
formation and in doing so, to influence each other indirectly, on an in-
formational level;
5. Coding not only of the social subsystems, but also of the cultural entities
respectively: it is possible to assume that not only the social subsystems
(in our case the law), but also cultural sub-entities of the general culture
(including the legal culture) are coded in binary dimensions so that to fit
their corresponding societal subsystems and operate under their logic;
6. Increasing the process of the formation of global legal (as well as econ-
omic, political …) culture, which consistently weakens the importance
of cultural diversity on the local levels. The process of formation of glo-
bal legal culture is being stimulated by the increasing development and
influential position of global legal institutions and transnational legal
orders, which among many others, include lex mercatoria, WTO law,
ICANN regulations, that exist beyond the control mechanisms of the of-
ficial law of nation states;
7. The important role of legal culture (and not mainly political, economic
factors) in the process of legal change: one of the central issues of the
theory of legal autopoiesis has always been legal evolution, a phenom-
enon undoubtedly connected with the cultural grounds of societies.

VII. Location of Legal Culture


within the Theory Legal Autopoiesis
Taking into consideration the basic assumptions of systems theory and the
above-mentioned arguments, there are three possible ways of locating the
concept of (legal) culture within the theory of social autopoiesis, namely:
1. Culture, as an independent, functionally differentiated subsystem of so-
ciety, containing multiple cultural units (legal, political, economic, religious …
cultures). In this case, culture could be regarded as one more autopoietic sub-
system of society, a normatively closed but cognitively opened entity.
Problems with this model: such a model can assume the duplication of the
functions of social and cultural subsystems and even reduce the importance
of the global culture, taking this global unity as merely one more function-
Legal Culture of the World-Society 733

ally differentiated component of the global society. Also, it seems quite dif-
ficult to consider the global culture for such an autopoietic element of the
global society, as the other social subsystems, with their strictly defined
boundaries and fragmented social communications. That is why this model
does not seem to be productive for the elaboration of the concept of culture
within autopoietic theory.
2. Global culture, as a basic environment of the global society, function-
ally differentiated according to the social subsystems. In this case, global
society and global culture could be conceived as different global units cor-
responding to each other through functionally differentiated subsystems
and subcultures (law – legal culture, economy – economic culture, politics –
political culture …).
Problems with this model: According to this model, global society and
global culture represent independent, re-differentiated unities thus con-
structing global environments for each other. But by accepting this model
one can establish quite a radical view of the differentiation and separation of
culture from the society. Also, there is some danger concerning the dupli-
cation of social and cultural communications in the same domains that does
not match to the original construction of the theory of autopoietic social
systems and proves why this model does not seem to be promising either.
3. Culture organically, reflexively diffused within functionally differenti-
ated, corresponding social subsystems: the autopoietic subsystem of law
containing legal culture, politics – political culture, economy – economic
culture, etc. In this model the specialized, fragmented cultural space is con-
tained within each corresponding subsystem of the world-society.
The desirability of this model: according to the following structure, legal
culture is organically diffused within the boundaries of the autopoietic sub-
system of law, enriching legal communications, based on the positivity of
law (the unity of legal acts, legal norms, legal doctrine, legal procedure),
with specific cultural values and dimensions. That is the model that might
clearly demonstrate how cultural elements fill in and enrich the domains of
corresponding social subsystems. This given model also clearly and origin-
ally illustrates the causal interdependence and specific interactions between
society and culture in general. This construction could also make it possible
to avoid considerations of culture as a system that really opposes the flex-
ible, flowing, and diffuse nature of culture itself. It can also help to avoid the
separation of culture from society, thus demonstrating the close ties be-
tween societal and cultural domains. Thus, according to this model, legal
culture is one of the components (among other positive, communicative el-
ements) of the legal subsystem that can explain the already mentioned auto-
poietic features of the legal culture. And culture in general, is functionally
diffused within the corresponding autopoietic subsystems resulting in glo-
bal culture being diffused within the global society without being the corre-
734 Lasha Bregvadze

sponding global counterpart. Last but not least, the discussed model might
also demonstrate that culture is an element of society and not the contrary.
The third possibility makes it comparably easy to locate culture in differ-
entiated social subsystems, and, as a result of this, in society, without caus-
ing problems of functional duplication, coding or contradicting the basic
principles of the theory. The diffusion of culture within autopoietic social
subsystems clearly explains its reflexive character and avoids unnecessary
attempts to deal with it as with system of communication, an independent
autopoietic unit, or a generalized social entity, corresponding to the global
society. Also, the third version makes it plausible to interpret the possible
reasons for some autopoietic features of culture (its internal functional frag-
mentation, structural coupling with differentiated cultural units, self-refer-
ence and self-reproduction, cultural closure and openness): culture is an un-
separable part of society, reflexively diffused in its every subsystem, think-
ing, learning, acting, influencing and being influenced together with them.
The concept of socio-cultural evolution means exactly the same – co-exist-
ence and co-development of society and culture. And it is also the fact that
culture is the part of society, not the contrary. 54

VIII. Where the Legal Culture matters:


Legal Transfers in the World Society
All law is transplanted. It is probably not possible anymore in a contem-
porary world to identify the legal form, origins of which could not be de-
tected. Law is constantly changing. And only new legal forms are changing
old ones – a perfect example of an autopoietic self-reproduction of the legal
system!
The reasons for increasing legal transplantation processes can be found in
many aspects of modern life. One can distinguish between legal exports to

54 The collection of essays in German – G. Burkart und G. Runkel (eds.), Luhmann

und die Kulturtheorie, Frankfurt – analyses the interactions of the cultural and autopoietic
perspectives and somehow even accepts the possibilities of elaborating the concept of cul-
ture within the Luhmann’s systems theory. In the essay by Burkart a similar point is made:
the author advocates for the elaboration of the concept of “cultures of the subsystems”
(Kulturen der Teilsysteme) and not “the subsystem of culture” (Kultur als Teilsystem),
but he does not elaborate further the possible models and consequences of this innovation
and does not solve the problem of location of culture within the autopoietic theory
(See G. Burkart (2004), “Niklas Luhmann: Ein Theoretiker der Kultur?”, in: G. Burkart und
G. Runkel (Hrsg.), Luhmann und die Kulturtheorie, Frankfurt: 11–39, 28). Also the other
collection of essays in German (See A. Koschorke und C. Vismann (Hrsg.) (1999), Wider-
stände der Systemtheorie. Kulturtheoretische Analysen zum Werk von Niklas Luhmann, Ber-
lin.) deals with the theory of social autopoiesis from the cultural perspective however with-
out any reference to the concept of legal culture.
Legal Culture of the World-Society 735

defeated, colonized, developing and post communist countries. 55 Accord-


ing to socio-legal observations, legal transplants can be imposed, invited
or even unplanned. 56 Such legal interactions are described by different terms
or metaphors, for example legal acculturation (Carbonnier), legal formants
(Sacco), legal transplants (Watson), legal transfers (Nelken), legal irritants
(Teubner), diffusion of law (Twining) but all of them presuppose the same
phenomenon – processes of legal change in a wide sense.
There are also opinions, according to which legal transplants are just
illusions, as it is not possible to transfer one cultural creation to another
without substantially changing its meaning and internal logic. According to
Legrand, after the process of legal importation, “as the understanding of
a rule changes, the meaning of the rule changes. And, as meaning of the
rule changes, the rule itself changes. So, the “transplant” does not, in effect
happen.” 57
But there are also many examples of successful legal transplants, piercing
through the cultural differences of the nation states. And here is interesting,
what should be counted as the condition and indicator of such operations?
Cotterrell admits that the success of the transplants should be judged by the
expected effects, that is whether or not they have the intended effects which
were the initial reason for the given transplantation. Also, there have to be
no cultural conflicts between the received transplant and the recipient en-
vironment. 58
According to the autopoietic theory, law as a global subsystem of society,
does not depend on the national variations of the legal forms, as the func-
tion of law itself, seen in stabilisation of congruently generalised normative
behavioural expectations, which is of the unique and global character,
exceeds and demolishes all the local variation and national differences.
Following this argument, the process of legal transplantation can be con-
ceived as an internal operation within the global legal system itself, based on
the individual, internal logic of the legal subsystem. That is why cross-
national legal transplants have no problems for being accepted and imple-
mented in recipient communities, if they do not violate the binding arrange-
ments of the legal subsystem with the social environment. According to
Teubner,

55 V. Gessner (2001), “Law as an Instrument of Social Change”, in: N. J. Smelser and

P. B. Baltens (eds.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Vol-
ume 12, Amsterdam: 8492–8496, 8495.
56 D. Nelken (2003), “Comparatists and Transferability”, in: P. Legrand and R. Munday

(eds.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, Cambridge: 437–466, 457.
57 P. Legrand (2001), “What ‘Legal Transplants’?”, in: D. Nelken and J. Feest (eds.),

Adapting Legal Cultures, Oxford: 55–70, 61.


58 R. Cotterrell (2001), “Is There a Logic of Legal Transplants?” in: D. Nelken and J. Feest

(eds.), Adapting Legal Cultures, Oxford: 71–92, 79.


736 Lasha Bregvadze

[G]lobalising processes have created one worldwide network of legal


communications which downgrades the laws of the nation states to mere
regional parts of this network which are in close communication with
each other. Therefore the transfer of legal institutions is no longer a
matter of an inter-relation of national societies where the transferred in-
stitution carries the whole burden of the original national culture. Rather
it is a direct contact between legal orders within one global legal dis-
course. This explains the frequent and relatively easy transfer of legal in-
stitutions from one legal order to another. 59
Again, the theory of legal autopoiesis gives a clear explanation for the tur-
bulent processes of legal transfers and interactions between the conflicting
discourses of context and autonomy. Legal subsystem, being one of the
many functional components of the fragmented global society, in the con-
ditions of asymmetrical development in certain regions of the world being
characterized by the dominance of certain social spheres and imperatives
(politics, economy, military, religion), experiences the normative influences
from the environment, which try to undermine the functional autonomy
and operational closure of the legal subsystem, based on its unique function
and binary coding. Legal transfers in asymmetrical regions of the world,
which are being dominated by another, rather than legal processes and
interests, are of a non-functional character and cannot contribute to the
processes of reflexive legal evolution. That is why many legal transfers fail,
their only effect being the irritation of the local social environment, under-
mining the operational autonomy of the local legal communications. But
some legal transfers really succeed when such processes can be conceived as
a purely legal operation, free from latent economic, political, religious or
other purposes and interventions. The “illegal transplants” on the other
hand, which do not aim to harmonize and improve the legal system to fit
the society but serve for the different political, economic or other func-
tional purposes, are increasingly found in the “developing countries,”
where, because of inorganic legal evolution directed by the “developed
countries,” the official law attains only symbolic functions, stays forever
“in books” thus never becoming “law in action” and where the “global
centre,” under the auspices of the “law and development movement” tries
to intervene into the dynamics of “local periphery”. In the case of success-
ful legal transfers the reflexive processes of pure legal evolution can be de-
tected where the legal communication is though conducted between differ-
ent national legal orders, the differences of those national orders are based
only on the territorial differentiation and not the functional differentiation
(segmentary differentiation within the functionally differentiated world-

59 G. Teubner (n. 35), 16.


Legal Culture of the World-Society 737

society). Law is everywhere law: in any part of the world, without looking at
the local variations of its forms, value approaches and traditional substantial
or procedural characteristics, it forms the part of the global legal subsystem
of the world-society, if such legal communications are based on the binary
code of legal/illegal and their function is to stabilize normative expectations
in the society. Hence, their unique functions and binary coding transforms
the very local legal communications to the structural elements of the global
legal subsystem. In any case, the examples of successful legal transfers be-
long to the internal interactions of the global legal subsystem, the territori-
al-geographic space being of less importance rather than the functional one.
From the functional standpoint, pure legal transfer can be described as an
operation conducted within the functional boundaries of the legal system
itself, without interventions from the other societal subsystems, but with
the cognitive openness towards the social environment possible only in the
sense of structural couplings and socially accepted or necessitated binding
arrangements. Principally the legal culture, as a part of the global legal sub-
system, plays an important role for “monitoring,” “arranging,” and imple-
menting the very internal processes of legal transfers. And that is particu-
larly the case where one can discover the real function of legal culture – to
fulfill, correct and direct legal operations between territorially differentiated
segments of the global society within the autonomous, functionally differ-
entiated legal subsystem, and last but not least – to safeguard the processes
of societal evolution of law, to make law responsive towards society. This
might be the reason why legal culture, an internal component of the world-
society, can be integrated within the functionally differentiated subsystem
of law. Without looking at the important local variations of legal culture,
it can be generalized and observed as a global field of social rationality due
to its function – transforming “law in the books” into “law in action”, bind-
ing society to its law.

IX. Conclusion
The aim of this essay was to show the possibility and even the necessity
of analyzing empirical socio-legal concepts, like that of legal culture and
legal transfer, from the perspective of autopoiesis theory, especially as it has
been developed by Gunther Teubner. The concept of legal culture has been
chosen because of its “local” nature, the sensitivity characterising it, and for
the significance and exclusiveness that it bears within the camps of empirical
legal sociologists and comparative lawyers. The theory of legal autopoiesis,
after it has experienced successful theoretical developments and empirical
applications in various fields of social life through many positive irritations
and creative provocations by Gunther Teubner, emerges as a well-equipped
738 Lasha Bregvadze

perspective for the most complex socio-legal observations. Legal dogmatists


and “normative scholars”, even the orthodox sociologists of law, should all
take into consideration the emergence of an all-encompassing perspective
within the current socio-legal discourse, which, without any exaggeration,
can be labelled as “Teubnerization of Law”.
Innenansichten des Weltrechts

Methodologische Überlegungen zur


aktuellen Rechtspluralismusdebatte

Martin Herberg

I. Rechtliche Globalisierung und das Problem


des kontrollierten Fremdverstehens
Der Begriff der Globalisierung, der lange Zeit verknüpft war mit der
Hoffnung auf eine politisch integrierte Weltgemeinschaft, steht heute eher
für Prozesse der Zersplitterung, der Desintegration und Entbettung. Auch
das Recht bleibt von den Fragmentierungstendenzen nicht verschont. Nur
ein Teil des Rechts findet sich noch in Gesetzen und förmlichen Verträ-
gen, mindestens ebenso wichtig werden Verhaltenskodizes, technische Stan-
dards, informelle Vereinbarungen sowie Handelsbräuche von grenzüber-
schreitender Geltung. Neben die klassischen rechtsstaatlichen Institutionen
tritt eine Vielzahl privater Normgebungsagenturen, und auch die Funktio-
nen der Normdurchsetzung und Streitbeilegung werden zunehmend von
nicht-staatlichen Instanzen übernommen.
Um dieser Konstellation gerecht zu werden, muss die Rechtsforschung
viele ihrer Kategorien einer radikalen Revision unterziehen; ein Projekt, das
untrennbar mit den Arbeiten Gunther Teubners verbunden ist (vor allem:
1996 und 2003; ferner Fischer-Lescano & Teubner 2006). Im Zentrum des
Modells steht eine pluralistisch konzipierte Rechtsquellenlehre. Während
staatliches Recht sich vor allem über seine Nähe zur Politik definiert, ist
das ‚lebende Recht‘ der Weltgesellschaft eng mit den Regelungserfordernis-
sen der verschiedenen transnationalen Handlungs- und Praxisfelder ver-
knüpft. Der Theorieentwurf basiert auf verschiedenen Überlegungen zur
Autonomie und Selbst-Stabilisierung der Normsysteme, und er mündet in
ein Konzept der Selbstkonstitutionalisierung des emergenten Weltrechts:
Durch den Einbau rechtsstaatlicher Elemente in die quasi-rechtlichen Ge-
bilde entsteht eine eigenständige Ebene von Zivilverfassungen jenseits des
Staats (vgl. Teubner 2003).
Für die Rechtssoziologie ergeben sich aus den zitierten Arbeiten viele
neue Untersuchungsfelder, und zugleich wird die Disziplin mit einer Reihe
740 Martin Herberg

von vielversprechenden analytischen Instrumenten ausgestattet. Der Nut-


zen dieser Konzepte kommt allerdings erst dann voll zur Geltung, wenn
sie nicht als Teile einer feststehenden Theorie, sondern als heuristische Er-
kenntnismittel für die empirische Forschung aufgefasst werden. Beispiels-
weise ist es, was die Entstehung der Normen betrifft, gewiss von Bedeu-
tung, nach den Regelungserfordernissen in den einzelnen Handlungsfeldern
zu fragen; die materiale Fülle dieser Problembezüge gilt es freilich erst noch
zu erschließen. Ähnlich verhält es sich mit dem institutionellen Zuschnitt
der (Quasi-)Rechtssysteme. Auch hier herrscht eine erstaunliche Formen-
vielfalt, und die Konzeptualisierung der Gebilde als sich-selbst-stabilisie-
rende Systeme darf auf keinen Fall darüber hinwegtäuschen, dass man es
fast immer mit einem differenzierten Rollengefüge zu tun hat; einem gere-
gelten Zusammenwirken spezialisierter Organe, das sich empirisch rekon-
struieren und auf seine je konkrete Handlungslogik hin untersuchen lässt.
Dass hier noch großer Bedarf an Empirie herrscht, werden die meis-
ten Autoren bekräftigen, und auch Gunther Teubner hat empirische Studien
stets ermutigt und die Ergebnisse aufmerksam rezipiert. Weniger Einigkeit
herrscht allerdings in der Frage nach den geeigneten Methoden. Was die
Verfahren der standardisierten Sozialforschung betrifft, so ermöglichen
diese auf den ersten Blick einen hohen Grad an Präzision. Aufgrund ihrer
deduktiven Logik eignen sie sich allerdings nur dort, wo dem Forscher die
wichtigsten Strukturen des Forschungsfeldes bereits bekannt sind – eine Vo-
raussetzung, die bei den neuartigen Rechtsphänomenen des transnationalen
Raums aber gerade nicht erfüllt ist. Eine Alternative bieten die Methoden
der qualitativen Strömung, bei denen der Forscher seine Hypothesen suk-
zessive aus dem Material heraus entwickelt. Die Gefahr möglicher Fehldeu-
tungen ist hierbei allerdings groß, und oft genug sind es die Vertreter der
qualitativen Strömung selbst, die die Wissenschaftlichkeit ihres Tuns in
Zweifel ziehen (etwa: indem sie die Wissenschaftsstandards der Validität
und Nachprüfbarkeit als zu objektivistisch zurückweisen; vgl. Lincoln &
Guba 1985).
Der Gegensatz zwischen beiden Forschungstraditionen war in der Ver-
gangenheit Anlass vieler Kontroversen, und es ist das Ziel der folgenden
Überlegungen, einige Gedanken zu seiner Überwindung beizusteuern. Im
Fokus steht das Erkenntnismodell der rekonstruktiven Strömung, wie es
vor allem von der Konversationsanalyse (vgl. Seedhouse 2005), der objek-
tiven Hermeneutik (Oevermann u. a. 1979) und dem narrativen Interview
(Schütze 1984) vertreten wird. Auf der Basis eines Konzepts objektiver
Sinnstrukturen gelingt es diesen Ansätzen, eine erschließende, offene und
fallbezogene Vorgehensweise mit einem ‚harten‘, kritisch-rationalistischen
Wissenschaftsverständnis zu verknüpfen. Im folgenden Abschnitt II wird
die aktuelle Rechtspluralismusdebatte kurz vorgestellt und auf einige ihrer
empirischen Bezüge hin durchleuchtet. Die daran anschließenden Teile III
Innenansichten des Weltrechts 741

bis V enthalten einige Prinzipien rekonstruktiver Forschung, die helfen


können, die Arbeit am empirischen Material zu erleichtern und viele der
erkenntnistheoretischen Probleme, die hierbei auftreten, besser zu bewäl-
tigen.
Der Moment im Forschungsprozess, der meist die größten Schwierig-
keiten bereitet, ist der Moment, in dem das Forscherteam darangeht, die
erhobenen Daten zu diskutieren und sie gemeinsam auszuwerten. Woran
erkennt man den Sinn einer Äußerung; wie soll mit konkurrierenden Inter-
pretationen umgegangen werden, und welche verallgemeinernden Aussagen
sind auf der Basis einzelner Textstellen möglich? Fragen wie diese werden
relevant, sobald man die Ebene der Theorie verlässt und sich der Empirie
zuwendet, und durch die neuen Rechtsstrukturen jenseits des Staats wird
nicht nur das rechtstheoretische Denken herausgefordert, auch die sozial-
wissenschaftliche Verstehensproblematik erlangt zusätzliche Brisanz.

II. Die Wirklichkeit des (Welt-)Rechts aus


multidimensionaler Perspektive
Ein Grundproblem aller rechtspluralistischen Ansätze liegt in der Unter-
scheidung zwischen sozialen und rechtlichen Normen. Die aktuelle Diskus-
sion über einzelne Definitions- und Abgrenzungsmerkmale liefert wichtige
Bezugspunkte, von einer abschließenden Lösung des Problems ist man aber
noch weit entfernt. Dies betrifft auch den von der Systemtheorie betonten
Aspekt der binären Codierung (vgl. Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 34) –
die Tatsache also, dass innerhalb einer Rechtsordnung stets zwischen Recht
und Unrecht unterschieden wird. Für die vorläufige Strukturierung des For-
schungsfeldes ist das Kriterium sicher von Nutzen; für die analytische Un-
terscheidung zwischen sozialen und rechtlichen Normen besitzt es aber
nicht immer die nötige Trennschärfe. So erweisen sich viele Diskurse über
Recht und Unrecht bei näherer Betrachtung nicht als rechtliche, sondern als
politische und moralische Prozesse, deren Teilnehmer weder die Macht be-
sitzen, noch befugt sind, verbindliche Entscheidungen zu treffen, und um-
gekehrt scheinen gerade viele der mächtigsten Normgeber der Welt in ihrer
Außendarstellung auf alle rechtlichen Anklänge zu verzichten; sei es, weil
ihnen die quasi-legislativen Aspekte ihrer Tätigkeit selbst nicht bewusst
sind, sei es, um diese gezielt zu verbergen.
Um nicht von der Mannigfaltigkeit normativer Phänomene überwältigt
zu werden, wird man viele Elemente des klassischen Rechtsbegriffs daher
nicht vorschnell verabschieden dürfen. Aspekte wie die Macht, verbindliche
Entscheidungen zu treffen, die Durchsetzung dieser Entscheidungen durch
spezielle Verfahren und die Existenz von teils stärker, teils schwächer for-
malisierten Rollen sind auch für eine pluralistisch konzipierte Rechtstheorie
742 Martin Herberg

wichtig; eine Einsicht, die einen möglichst differenzierten und behutsamen


Umgang mit den Theorietraditionen des Fachs nahe legt. Wenn rechtliche
Normen heute zunehmend außerhalb des formellen staatlichen Gesetzge-
bungsverfahrens erzeugt werden, kann es doch einzelne Verfahrensanfor-
derungen geben, die allgemein gelten; und wenn die Rechtsordnungen des
transnationalen Raums sich nicht mehr an nationale Grenzen halten, kann
es andere Kriterien geben, die den Geltungsradius festlegen (vor allem:
funktionale und sektorielle Grenzen; vgl. Teubner 1996, S. 262). So sehr es
darauf ankommt, dem prozesshaften und schillernden Charakter der Rechts-
phänomene gerecht zu werden, muss der Forscher doch gerüstet sein, auch
die stärker institutionalisierten, verfestigten und ordnungsstiftenden Aspekte
zu erkennen.
Das Interesse an den strukturellen und institutionellen Merkmalen der
Normsysteme schließt keineswegs aus, Recht als Kommunikation zu kon-
zeptualisieren, wie dies von der modernen Systemtheorie vorgeschlagen
wird. Auch aus der Sicht rekonstruktiver Sozialforschung treten die Struk-
turen eines Handlungsfeldes nur auf der Ebene konkreter Kommunika-
tionsprozesse in Erscheinung – Strukturen müssen, um real zu sein, stets
durch das „Nadelöhr“ einzelner Interaktionen hindurch (Giddens 1988,
S. 290). Die betreffenden Rollen, Verfahrensregeln, Zuständigkeiten und
Entscheidungsbefugnisse werden im Vollzug der Aktivitäten nur selten als
solche benannt, gleichwohl können sie aber aus den stattfindenden Interak-
tionen in gültiger Weise erschlossen werden (vgl. Drew & Heritage 1992).
Um diese Form der Analyse auf den Weg zu bringen, muss die Rechtsfor-
schung allerdings stärker als bisher den Handlungscharakter von Sprache in
den Vordergrund stellen. Die generative Grammatik des Rechts besteht
nicht nur in der Unterscheidung zwischen Recht und Unrecht, sondern aus
einer Vielzahl von kommunikativen Formaten, speziellen Befragungs-,
Erörterungs- und Argumentationstechniken und generativen Prinzipien
von teils historisch-konkreter, teils universaler Geltung (vgl. unten, Teil III
und IV ).
Hat man die Struktur der einzelnen Systeme freigelegt, so kann nach den
Gründen ihrer Entstehung gefragt werden. Grundsätzlich ist sicher richtig,
dass viele der emergenten Normen eine Reaktion auf die sinkende Steue-
rungskapazität der nationalen und der internationalen Politik darstellen.
Das selbst gesetzte Recht der Weltgesellschaft füllt Räume, die dem staat-
lichen Zugriff entzogen sind oder die staatlicherseits noch nicht in ihrer
vollen Bedeutung erkannt wurden. Dies gilt sowohl für die Koordinations-
probleme des transnationalen Wirtschaftsverkehrs, als auch für viele sozial-
politische und ökologische Problemlagen. Während der politische Prozess
durch allerlei Interessengegensätze behindert wird, haben nicht-staatliche
Akteure oft längst Wege gefunden, die Probleme in einer pragmatischen
Weise zu meistern, und auch bei der Implementation der Entscheidungen
Innenansichten des Weltrechts 743

sind die Akteure des transnationalen Raums der Politik häufig weit über-
legen.
Für die genauere Analyse der Normemergenz ist mit diesem Argument
freilich nicht viel gewonnen, und analoges gilt auch für die Regelungspro-
bleme der einzelnen Praxisfelder – relevant werden diese Probleme nur in-
sofern, als sie Eingang in die Deutungs- und Aushandlungsprozesse ein-
zelner Akteure und Akteursnetzwerke finden: „Die Funktionssysteme
schreiben sich nicht in einem umfassenden Skript ins Recht (…) ein, son-
dern lösen durch historische Zufälle, durch einzelne Konflikte, neu auftre-
tende Probleme und Skandale Irritationen im Rechtssystem aus“ (Fischer-
Lescano & Teubner 2006, S. 38). Die Skepsis gegenüber allen monokausa-
len und/oder variablenanalytischen Ansätzen teilt die Systemtheorie mit
der rekonstruktiven Soziologie. Ereignisse, seien es Streitfälle, Industrieun-
glücke oder Skandale, sind immer Ereignisse für jemand – für ein einzelnes
Subjekt, eine Organisation oder Akteursgruppe –, und auch das gehäufte
Auftreten von Ereignissen erweist sich als kritische Masse immer nur mit
Blick auf die besondere Resonanzfähigkeit und/oder Verwundbarkeit der
betreffenden Handlungseinheiten. Methodisch bedeutet dies, dass die rele-
vanten Problemaspekte, statt sie theoretisch vorauszusetzen, immer nur im
verstehenden Durchgang durch die einzelnen Sinnbildungsprozesse heraus-
gearbeitet werden können.
Ob man sich nun auf eine einzelne Phase konzentriert, in der die Produk-
tion und Reproduktion der betreffenden Struktur besonders deutlich zu Tage
tritt, oder ob man das Zeitfenster weiter fasst und den gesamten Verlauf der
Regimebildung nachzeichnet, hängt letztlich vom Erkenntnisinteresse der
einzelnen Studie ab. Wichtig ist aber, dass jede Phase ihre eigene Typik und
Gesetzmäßigkeit aufweist. So ist es mit Blick auf die Anfangsphase der Re-
gimebildung gewiss sinnvoll, den Schwerpunkt auf die Interessen und Ideen
der beteiligten Akteure zu legen, in den späteren Phasen treten hingegen
andere Aspekte in den Vordergrund, darunter die Lernfähigkeit des unter-
suchten Systems und seine Selbstkorrekturpotentiale, aber auch sein Behar-
rungsvermögen und seine je begrenzte Wandlungsfähigkeit. Für die genauere
Konzeptionalisierung der Rechtsbildungsprozesse empfiehlt sich ein Modell
von Krise und Bewährung, wie es im Umkreis der rekonstruktiven Soziolo-
gie entwickelt wurde: „Routinen gehen erst aus Krisen hervor; (…) sie sind
Resultate außeralltäglicher Krisenlösungen“ (Wagner 2001, S. 138). Statt die
Emergenz des Neuen einfach als zufällig zu beschreiben, kommt es empirisch
darauf an, den Möglichkeitsspielraum auszuloten, der dem konkreten Fall je-
weils offen steht, und hierbei auch diejenigen Prinzipien und Mechanismen
freizulegen, die die Suche nach der Lösung der Krise strukturieren.
Sowohl die Analyse der Teilrechtsordnungen in ihrer Funktionsweise, als
auch das Problem ihrer Genese werden die Rechtsforschung noch lang be-
schäftigen; und ein dritter Aspekt kommt hinzu, nämlich die Frage nach
744 Martin Herberg

den Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Rechtssystemen. Die ver-


schiedenen staatlichen und nicht-staatlichen Strukturen stehen nicht unver-
bunden nebeneinander, vielmehr kommt es an einzelnen Punkten zu Pro-
zessen der „wechselseitigen Anerkennung, Beobachtung, Anpassung und
Kooperation der Regime“ (Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 61 f.). Ge-
rade weil die Rechtspluralismusforschung sich den multiplen Normkomple-
xen jenseits des Staats zuwendet, kann sie viel Erhellendes zur Zukunft des
staatlichen Rechts, seinen Entwicklungs- und Modernisierungschancen bei-
steuern. Die zahlreichen Verweise des formalen Rechts auf Aspekte der Ver-
kehrsüblichkeit und des Vertrauensschutzes sind eine Aufforderung an den
Rechtsanwender, sich um detaillierte Einblicke in das betreffende Praxisfeld
zu bemühen; eine Aufgabe, die der Jurist heute allerdings immer weniger
auf der Basis eigener Recherchen bewerkstelligen kann.
Die Soziologie kann in dieser Situation wichtige Beratungs- und Aufklä-
rungsfunktionen übernehmen, und es sind insbesondere die Methoden der
rekonstruktiven Sozialforschung, die eine intensivere Zusammenarbeit zwi-
schen Rechts- und Sozialwissenschaft ermöglichen.

III. Order at all points: Techniken zur Entdeckung


des Unerwarteten
Am Anfang jedes Forschungsvorhabens steht die Frage nach geeigneten
Daten. Sollen real auftretende Gespräche und Interaktionsszenen analysiert
werden, soll man Interviews mit Praktikern führen, oder sollen fertig vor-
findbare Dokumente und Schriftstücke verwendet werden? Auch innerhalb
der rekonstruktiven Strömung gibt es in diesem Punkt große Auffassungs-
unterschiede, Einigkeit herrscht aber hinsichtlich der Qualität der verwen-
deten Daten. Als Basis der Sinnerschließung eignet das Material sich nur
dann, wenn es die Besonderheiten des Untersuchungsfalles in gültiger und
unverfälschter Weise zum Ausdruck bringt. Rekonstruktive Forschung ist
immer beides, Fallrekonstruktion und Strukturrekonstruktion. Im Zentrum
steht die Fallstruktur einer je konkreten, abgrenzbaren Handlungseinheit;
ihre „Gesamtformung“ (Schütze 1984, S. 104) bzw. der „Fingerabdruck“
(Drew & Heritage 1992, S. 26), den der Fall in allen seinen Hervorbringun-
gen hinterlässt. Über die klassifikatorische Beschreibung einzelner Merk-
male eines Falles geht der Ansatz daher weit hinaus; anvisiert wird das
generative Muster, das allen diesen Merkmalen zugrunde liegt, und dies er-
fordert Daten von besonderer Authentizität und Praxisnähe.
Ein Beispiel für Daten, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind
die Ergebnisse standardisierter Umfragen. Häufig fehlen dem Forscher viele
Informationen, die für eine genauere Analyse nötig wären; allen voran In-
formationen zur konkreten Befragungssituation und zum Zustandekom-
Innenansichten des Weltrechts 745

men der Antworten, daneben aber auch Hinweise, welcher Stellenwert den
geäußerten Meinungen im Orientierungssystem der Befragten tatsächlich
zukommt. Unterbelichtet bleibt auch der komplexe Vermittlungszusam-
menhang zwischen den Deutungen und Selbstwahrnehmungen der Akteure
und ihrer tatsächlichen Praxis, und auch der gesamte Bereich des prakti-
schen Bewusstseins, der (meist impliziten) Interaktions- und Problemlö-
sungsstrategien des Alltags fällt durch die Maschen standardisierter Erhe-
bungsverfahren.
In diametralem Gegensatz hierzu stehen die Daten, wie sie von der Kon-
versationsanalyse verwendet werden, nämlich Mitschnitte von natürlich auf-
tretenden Gesprächen (vgl. Deppermann 2008; Drew & Heritage 1992). Weil
die Verkettung der Redebeiträge durch die Tonbandaufzeichnung eindeutig
fixiert ist, muss die Analyse nicht den Umweg über die Selbstauskünfte der
Akteure nehmen. Durch spezielle Transkriptionssysteme wird dafür gesorgt,
dass jedes noch so kleine, irrelevant oder zufällig erscheinende Detail genauer
untersucht werden kann; und dies gilt selbst für Aufmerksamkeitsmarkierer
(„aha“, „ach so“) und Gesprächspausen. Die Akribie, mit der sämtliche Mi-
kro-Phänomene auf ihre Funktion hin durchleuchtet werden, stößt bei eher
makrotheoretisch orientierten Sozial- und Rechtswissenschaftlern immer wie-
der auf Befremden, tatsächlich können aber viele strukturelle Aspekte eines
institutionellen Arrangements erst durch eine mikrofundierte Analyse sicht-
bar gemacht werden. Dies gilt auch für die eingangs erwähnten Rollen, Zu-
ständigkeiten und Verfahrensregeln; da diese in den offiziellen Schriftstücken
einer Organisation meist nur unvollständig dokumentiert sind, ist es oft un-
umgänglich, sie aus konkreten Interaktionen zu rekonstruieren.
Die Forderung nach authentischen Daten schließt die Verwendung von
Interviews keineswegs aus. Dass die Befragten dazu gebracht werden sollen,
den Gegenstand aus ihrer eigenen Perspektive und auf der Basis eigenerleb-
ter Erfahrungen zu schildern, ist eine Grundmaxime sämtlicher qualitativer
Interviewtechniken. Zu einem Instrument der Fallrekonstruktion wird das
Interview allerdings erst dann, wenn sämtliche Gesprächsereignisse detail-
getreu aufgezeichnet werden. Auch hier gilt das Prinzip, alle auf den ersten
Blick noch so unscheinbaren Textelemente in die Analyse einzubeziehen,
darunter den Modus der Sachverhaltsdarstellung, die Einteilung des Gesag-
ten in einzelne Episoden, die Art ihrer Verknüpfung sowie eventuelle Er-
zählabbrüche und Stockungen an einzelnen Stellen. Indem der Forscher an
jeder einzelnen Textstelle den Inhalt des Dargestellten mit der Form der
Darstellung abgleicht, können mögliche Verzerrungen in den Selbstein-
schätzungen der Befragten dingfest gemacht werden, und es treten auch die-
jenigen Handlungsmuster und heteronomen Bedingungen zu Tage, die von
den Befragten nicht explizit als solche benannt werden (vgl. Schütze 1984).
Von großer Bedeutung für die Rechtsforschung ist auch der letzte der drei
Materialtypen, nämlich der Bereich der fertig vorfindbaren Dokumente,
746 Martin Herberg

seien es Gesetzes- und Vertragstexte, firmeninterne Richtlinien, öffentliche


Verhaltenskodizes oder schriftlich fixierte Produktstandards. Ein vielfach
erprobtes Verfahren, um über eine rein inhaltsanalytische Interpretation hi-
nauszugelangen, ist die von U. Oevermann entwickelte objektive Herme-
neutik. In ihren Grundprinzipien steht die Methode dem Ansatz der Kon-
versationsanalyse und dem narrativen Interview Schützes sehr nahe, zu
ihren besonderen Stärken zählt aber die Verwendung eines sehr viel breite-
ren Spektrums von Materialtypen, darunter auch edierte Texte und bildliche
Darstellungen. Pointierter noch als in den anderen beiden Methoden wird
die Notwendigkeit einer lückenlosen Interpretation betont (vgl. Wagner
2001, S. 104). In der Regel beginnt die Analyse mit der Eröffnungssequenz
eines Dokuments; zu bestimmen ist, um welche Textsorte es sich handelt,
und welche sprachlichen Teilhandlungen in einem Dokument dieses Typs
angemessen und erwartbar sind. Bei der Analyse des weiteren Textverlaufs
wird dann darauf geachtet, wie der eröffnete Rahmen gefüllt wird, und ob es
möglicherweise zu einzelnen Rahmenbrüchen und Widersprüchen kommt.
Wie der Überblick zeigt, erfolgt die Analyse stets auf der Basis von Tex-
ten; erst sie ermöglichen es, innovative Hypothesen zu generieren und diese
gleichzeitig am Material zu überprüfen. Um sich sukzessive in den betref-
fenden Bedeutungskontext einzuarbeiten, ist an jeder Textstelle zu diskutie-
ren, „why this, in this way, right now?“ (Seedhouse 2005, S. 251). Die aus-
führliche Arbeit am Detail wirkt auf den ersten Blick umständlich, und
gerade multidisziplinäre Forscherteams haben oft Schwierigkeiten, sich auf
die rekonstruktive Arbeitsweise einzulassen. Wie die Erfahrung zeigt, för-
dert die minutiöse Analyse einzelner Passagen aber meist sehr schnell ein
Muster zu Tage, das für den untersuchten Fall von zentraler Bedeutung ist,
und das daher auch in allen anderen Passagen des Textes wiederkehrt. Je
mehr Zeit zu Beginn der Interpretation investiert wurde, desto zügiger kann
anschließend vorangeschritten werden. In dieser Erfahrung liegt ein wichti-
ger Hebel, um bestehende Vorbehalte gegen die rekonstruktive Vorgehens-
weise auszuräumen; eine Erfahrung, die freilich nur in der praktischen An-
wendung der Methoden gemacht werden kann.

IV. Linguistic Turn: Ein Modell der regelgeleiteten


Sinnerzeugung
Dreh- und Angelpunkt der rekonstruktiven Soziologie ist das Konzept
der bedeutungsgenerierenden Regeln. Die einzelnen Handlungsabläufe der
sozialen Welt sind zwar stets eine situative Hervorbringung, ihr Fundament
haben sie aber in einer Schicht von allgemeinen, sinnstiftenden Regeln, die
der konkreten Interaktion logisch vorgelagert sind (vgl. Habermas 1970,
S. 157). Eine umfassende Rekonstruktion dieser generativen Regeln liegt
Innenansichten des Weltrechts 747

bislang nicht vor, aber auch in Abwesenheit einer solchen Theorie kann der
Forscher alle nur denkbaren Sinngebilde analysieren. Eine wichtige Voraus-
setzung hierfür ist das Verfahren der Sequenzanalyse. An jeder Textstelle
formuliert der Interpret Aussagen darüber, mit welchem Handlungstyp er
es zu tun hat, unter welchen Bedingungen die Handlung sinnvoll erscheint
und welche Anschlusshandlungen zu erwarten sind. Der Vergleich dieser Er-
wartungen mit dem tatsächlichen Verlauf gibt dann Gelegenheit, das eigene
Vorverständnis zu überprüfen und es gegebenenfalls zu revidieren. In dieser
Weise rekonstruiert der Forscher sowohl das Allgemeine im Besonderen –
d. h. die generativen Strukturen, die in den konkreten Fall eingeflossen sind –,
als auch das Besondere im Allgemeinen, also die Weise, in der diese allge-
meinen Strukturen im konkreten Fall gefüllt und/oder abgewandelt werden
(vgl. Wagner 2003, S. 51).
Nicht alle sozialwissenschaftlichen Theorien benutzen ein solches Kon-
zept der generativen Regeln (in der Systemtheorie scheint etwas Vergleich-
bares völlig zu fehlen), die meisten Rechtssoziologen und Rechtswissen-
schaftler dürften aber wenig Schwierigkeiten haben, sich mit dem Konzept
vertraut zu machen. Dass das Recht, und zwar auch das staatliche Recht,
nicht nur aus Normen besteht, sondern daneben eine Reihe von impliziten
und expliziten Prinzipien enthält, die die Auslegung und Weiterentwicklung
der Normen steuern, ist auch von juristischen Autoren häufig betont wor-
den. Ein plastisches Beispiel ist der Vertrauensgrundsatz; von manchen Au-
toren als quasi-naturrechtliches Prinzip bezeichnet, hat sich der Grundsatz
in historischer Hinsicht immer wieder als wichtige Quelle von Innovationen
und kreativen Rechtsfortbildungen erwiesen (vgl. Köndgen 1981, S. 1).
Aber nicht nur bei der Erforschung staatlichen Rechts, auch bei der Ana-
lyse des lebenden Rechts der Weltgesellschaft lohnt sich der Blick auf des-
sen generative Strukturen. Nur all zu groß ist die Versuchung, die Quasi-
Rechtsgebilde als freischwebende Konstruktionen zu beschreiben, d. h. als
ein Geflecht von Erwartungen, die immer nur zirkulär auf andere Erwar-
tungen verweisen. Für die genauere Rekonstruktion der Regime kommt es
demgegenüber darauf an zu erkunden, ob die betreffenden Erwartungen
nicht doch als begründete Erwartungen ausgewiesen werden können – und
hierfür muss der Interpret auf seine lebensweltlichen Kompetenzen zurück-
greifen. Verdeutlichen lässt sich dies etwa an den Verhaltenskodizes multi-
nationaler Konzerne (vgl. Herberg 2001). Wie die genauere Analyse zeigt,
weisen die Dokumente zahlreiche Ähnlichkeiten mit Sprechakten vom Typ
eines Versprechens auf, wie sie auch im Alltag vorkommen; und mithilfe
dieser Parallele wird rekonstruierbar, wie es den Konzernen gelingt, in einer
Situation der Unsicherheit und Anomie Normstrukturen von großer Über-
zeugungs- und Bindungskraft zu etablieren.
Für eine Analyse, die die emergenten Normstrukturen in ihrem Gel-
tungsanspruch ernst nimmt, ist das Konzept der generativen Strukturen da-
748 Martin Herberg

her unverzichtbar, und zudem hilft es, neue Formen des Erklärens auf den
Weg zu bringen. Auf die Inadäquanz kausalistischer Modelle wurde oben
bereits hingewiesen. Funktionale Erfordernisse und bestehende Regelungs-
probleme spielen in der Entwicklungsgeschichte der Regime gewiss eine
Rolle; welche Rolle sie spielen, hängt aber entscheidend davon ab, welche
Kompetenzen das System zu dem betreffenden Zeitpunkt bereits ausgebil-
det hat. Viele Probleme lassen sich in einer routinisierten Weise bearbeiten,
was dazu führt, dass die Strukturen des Systems reproduziert werden und
das System sich stabilisiert. Andere Probleme erschüttern die bestehenden
Routinen und lösen Krisen aus, und die Weise, in der die Bewältigungsstra-
tegien des Systems scheitern, gibt dem Forscher wichtige Hinweise auf die
konkrete Gestalt der betreffenden Problemkonstellationen.
Der Ausweg aus der Krise besteht nun nicht, wie man auf den ersten
Blick meinen könnte, in einer Strategie von Versuch und Irrtum (vgl. Pop-
per 1995), sondern er besteht typischerweise im erneuten Zugriff auf jene
tiefer liegenden Strukturen, die die Konstitution von Erfahrung und Er-
kenntnis erst ermöglichen (vgl. Wagner 2001, S. 48). Nicht anders als in der
Sphäre staatlichen Rechts kommen Innovationen vor allem dadurch zu-
stande, dass die Akteure die anstehenden Probleme im Lichte sehr allgemei-
ner und grundlegender Prinzipien auslegen und hierdurch zu neuen und
kreativen Lösungen gelangen. Beispiele für solche generativen Regeln sind
der Vertrauensgrundsatz, verschiedene Kriterien der Fairness und Unpar-
teilichkeit oder in einzelnen Fällen auch das Prinzip der Gewaltenteilung als
wichtiger und universell anwendbarer Mechanismus, gefährliche Allein-
gänge einzelner Entscheidungsträger zu verhindern. Die Liste ließe sich
noch erheblich erweitern; die Frage, welche Parameter im Einzelfall struk-
turbildend waren, kann freilich immer nur am empirischen Material geklärt
werden.
Das Postulat, die Fälle stets vor dem Hintergrund des eigenen, lebens-
weltlichen Wissens zu interpretieren, schließt nicht aus, in einzelnen Pha-
sen des Forschungsprozesses auf vorliegende Ergebnisse anderer Studien
zurückzugreifen. Diese Anregungen werden meist auch bei den Diskus-
sionen im Forscherteam eine wichtige Rolle spielen. Je mehr Konzepte aus
der Literatur in die Auswertungssitzungen einfließen, desto stärker muss
man sich allerdings in Erinnerung rufen, dass die Richtigkeit einer Fallin-
terpretation nicht davon abhängt, in welchem Vokabular oder in welcher
Theoriesprache sie formuliert wurde – tatsächlich lassen sich nach rekon-
struktionslogischem Verständnis alle Arbeitsschritte einer Textinterpreta-
tion prinzipiell auch mit den Mitteln der Umgangssprache bewältigen.
Innenansichten des Weltrechts 749

V. Kritikfähigkeit, extensive Interpretation und


Sparsamkeitsregel

In seinen Arbeiten zum globalen Rechtspluralismus hat Gunther Teubner


sich stets für eine vorurteilslose und werturteilsfreie Analyse der neuen
Rechtsphänomene eingesetzt. Diese Haltung führt nicht zu einer Schwä-
chung von Kritikfähigkeit, sondern zu ihrer Stärkung: Gerade weil die
Quasi-Rechtsgebilde nicht vorschnell als defizitär betrachtet werden, kön-
nen einzelne Defekte, wo sie auftreten, umso präziser herausgearbeitet
werden. Auch hierin liegt eine wichtige Parallele zur Arbeitsweise rekon-
struktiver Sozialforschung. Bei der Interpretation eines Textes wird stets
davon ausgegangen, dass es sich um ein regelgeleitetes Sinngebilde handelt.
In älteren Beiträgen häufig als charity rule bezeichnet, firmiert dieses Ele-
ment rekonstruktiver Methodologie heute unter dem Namen der „präsum-
tiven Rationalität“ (Habermas 1987, S. 88) bzw. der „Sparsamkeitsregel“
(vgl. Oevermann u. a. 1979, S. 395). ‚Sparsam‘ ist diese Arbeitsweise des-
halb, weil ihr Gegenteil – die pauschale Unterstellung von allerlei Störun-
gen oder betrügerischen Absichten auf Seiten der Akteure – zu einer un-
endlichen Zahl von meist abwegigen, oder zumindest völlig beliebigen
Lesarten führt. Das Prinzip der präsumtiven Rationalität zwingt den For-
scher, seine eigenen Normalitätsvorstellungen immer wieder kritisch zu re-
flektieren; und gleichzeitig befähigt es ihn, Fälle, in denen die Erwartung
der Wohlgeformtheit sich nicht aufrechterhalten lässt, eindeutig als solche
zu identifizieren.
Das notwendige Gegenstück hierzu ist das Prinzip der extensiven Sinn-
auslegung. An jeder Textstelle werden Hypothesen formuliert, unter wel-
chen Kontextbedingungen das betreffende Ereignis sinnvoll erscheint, und
es werden alternative Handlungsverläufe an den Fall herangetragen, die un-
ter den Bedingungen ebenfalls denkbar gewesen wären. Wie umfassend
man den bestehenden Handlungs- und Möglichkeitsspielraum ausleuchtet,
hängt vom Zweck der Studie und der gewählten Methode ab. Während die
objektive Hermeneutik sich am Ideal einer erschöpfenden Interpretation
orientiert und hierbei auf die Technik des Gedankenexperiments zurück-
greift, stützen Konversationsanalytiker sich meist auf eine zuvor erstellte
Stichprobe von Gesprächsmitschnitten, aus der sie ihre Vergleichsfälle aus-
wählen; und bei der Methode des narrativen Interviews werden in der Regel
nur einzelne Schlüsselstellen und Ereignisknotenpunkte einer extensiven
Analyse unterzogen. Gemeinsam ist allen drei Methoden aber die Überzeu-
gung, dass die Spezifik eines Falles sich immer nur anhand eines breiten
Spektrums von alternativen Verläufen bestimmen lässt.
Kann trotz extensiver Interpretation keine lebensweltliche Regel angege-
ben werden, auf deren Basis die betreffende Textstelle plausibilisierbar wäre,
so ist bis auf weiteres davon auszugehen, dass es sich um eine Form der ver-
750 Martin Herberg

zerrten Kommunikation handelt (vgl. Habermas 1987, S. 446). Beispiele


sind verschiedene Formen des Aneinandervorbeiredens, einzelne Fehlleis-
tungen sowie Sprechakte mit einer paradoxen Struktur (etwa: „vertraue
mir – du kannst mir nicht vertrauen“, vgl. Herberg 2001, S. 30). Auch sol-
che Anomalien und textimmanenten Widersprüche sind meist eher un-
scheinbar, und die Akribie, mit der sie in der rekonstruktiven Soziologie
analysiert werden, würde in einem alltagsweltlichen Rahmen zweifellos auf
Unverständnis stoßen. Ihre genauere Untersuchung ist freilich kein Selbst-
zweck, vielmehr sind es oft gerade die scheinbar unscheinbaren und zu-
fällig anmutenden Elemente eines Textes, die ins Innere der Strukturlogik
einer Interaktion führen, etwa als Symptome latenter Konflikte oder als
Indikatoren für fallspezifische Formen der Verdrängung und Problemblind-
heit.
In seiner allgemeinen Ausrichtung umfasst das Konzept der Fallstruktur
sowohl Strukturen, in denen sich tragfähige Formen der Krisenbewältigung
sedimentiert haben, als auch Strukturen, in denen die Krise chronisch ge-
worden ist. Auch für eine in sich paradoxe und deformierte Fallstruktur gilt
aber, dass sie, um real zu sein, stets durch das Nadelöhr konkreter Interak-
tionen hindurch muss. Erst durch eine detaillierte und mikrofundierte Ana-
lyse wird es auch möglich, die verschiedenen technokratischen und exper-
tokratischen Tendenzen, die den neuartigen Steuerungsarrangements des
transnationalen Raums häufig attestiert werden, tatsächlich dingfest zu ma-
chen. Auch hier wird man sich stets davor hüten müssen, ein Konzept wie
das der ‚Technokratie‘ einfach in einer deduktiven und subsumtionslogi-
schen Weise anzuwenden. Dass die Teilnehmer von Expertengremien teil-
weise dazu neigen, ihre persönlichen Werturteile zu verabsolutieren, indem
sie diese als feststehende Tatsachenaussage präsentieren, ist häufig erörtert
worden; nicht weniger technokratisch ist aber beispielsweise die (deutlich
subtilere) Strategie mancher Experten, ihre Redebeiträge überhaupt nur
noch als persönliche Meinung darzustellen und sich hierdurch gegen jede ra-
tionale Kritik zu immunisieren.
Was nun die Beachtung der skizzierten Regeln im Rahmen einer Auswer-
tungssitzung betrifft, so ist es vor allem die Sparsamkeitsregel, die zu vielen
Auseinandersetzungen führen kann. Forscherkollegen, die die verschiede-
nen Schiedsgerichte, Expertengremien und Akteursnetzwerke der transna-
tionalen Sphäre per se als Bedrohung für Demokratie und Rechtsstaatlich-
keit betrachten, werden meist auch das Insistieren auf einer vorurteilslosen
Interpretation als Politikum auffassen (wenn nicht sogar als Beschneidung
ihrer Redefreiheit), und in solchen Situationen bedarf es besonderer Sorg-
falt, um einer Eskalation entgegenzusteuern. Genau in solchen Situationen
zeigt sich freilich auch, weshalb es für die Sozialwissenschaften lebensnot-
wendig ist, einen eigenständigen erkenntnistheoretischen Diskurs zu kulti-
vieren, der sich zu allen gegenstandstheoretischen Fragen auf Distanz hält –
Innenansichten des Weltrechts 751

aus ihm, und nur aus ihm, kann ein gemeinsamer Verständigungsrahmen
gewonnen werden, an dem Forscher aus ganz unterschiedlichen Disziplinen
und politischen Lagern sich orientieren können.

VI. Fazit: Zur Notwendigkeit einer rekonstruktiven Wende


in der Rechtspluralismusforschung
Der Ansatz der rekonstruktiven Soziologie kann helfen, die aktuelle
Rechtspluralismusdebatte auf eine neue, methodisch fundierte Grundlage
zu stellen. Durch die sinnerschließende Analyse einzelner Interaktionspro-
tokolle wird es möglich, die theoretischen Konzepte aus der Sache selbst he-
raus zu entwickeln und die eigenen Deutungen gleichzeitig immer wieder
auf ihre Sinnadäquanz zu überprüfen. Der erschließende, hermeneutische
und textwissenschaftliche Zugang der rekonstruktiven Strömung ist zudem
ein wichtiges Mittel, um zu neuen Formen der Zusammenarbeit zwischen
Rechts- und Sozialwissenschaften zu gelangen. Indem der Soziologe de-
tailliert analysiert, wie im konkreten Fall Verbindlichkeit hergestellt wird,
welche Geltungsansprüche erhoben werden und worin diese jeweils ihre Ba-
sis haben, erfüllt er eine Aufgabe, mit der auch die Jurisprudenz und die
Rechtspraxis in den verschiedenen staatlichen Institutionen befasst sind.
Von entscheidender Bedeutung hierbei ist das aus der Linguistik stammende
Konzept der regelgeleiteten Sinnproduktion. Die Geltung einer normativen
Ordnung ist nach diesem Verständnis nicht gleichbedeutend mit dem Gel-
tungsglauben oder den subjektiven Deutungen der Normadressaten, viel-
mehr lässt sich unmittelbar am Material rekonstruieren, was die betreffende
Ordnung oder Normstruktur akzeptanzfähig macht.
Damit ist zugleich gesagt, dass die Systemtheorie, trotz ihrer großen Ver-
dienste bei der Reformulierung des Rechtsbegriffs, in mancher Hinsicht
selbst einer Revision bedarf. Eine wichtige Quelle von Anregungen sind
hierbei die erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Argumente des re-
konstruktiven Paradigmas, die von denen der Systemtheorie in mancher
Hinsicht abweichen. Insbesondere das Luhmannsche Modell der „Beob-
achtung der Beobachtung“ bzw. der „Beobachtung zweiter Ordnung“ (vgl.
Fischer-Lescano & Teubner 2006, S. 43) erweist sich in der Verständigung
zwischen rekonstruktiven Forschern und Anhängern der Systemtheorie
häufig als schwer überwindbare Barriere. Als Beschreibung dessen, was
die soziologische Arbeitsweise in ihrem Kern konstituiert, ist das Modell
in zweifacher Weise verkürzt: Es ignoriert sowohl das Angewiesensein des
Forschers auf textförmige Daten, als auch das Potential empirischer For-
schung, tatsächlich bis zu den Strukturen der Praxis vorzudringen, statt ein-
fach auf der Stufe der Selbstauskünfte und Eigenwahrnehmungen der Ak-
teure Halt zu machen.
752 Martin Herberg

Gerade in den Arbeiten Gunther Teubners dokumentiert sich freilich die


enorme Wandlungsfähigkeit des systemtheoretischen Ansatzes, dessen große
Lernfähigkeit und Anschlussfähigkeit für ganz unterschiedliche Theorietra-
ditionen, und vieles spricht dafür, dass in Zukunft auch eine stärkere Öff-
nung in Richtung der rekonstruktionslogischen Forschungsansätze gelingen
könnte.

Literatur
Deppermann, Arnulf Gespräche analysieren. Eine Einführung. Wiesbaden 2008.
Drew, Paul & John Heritage Talk at work. Interaction in institutional settings. Cambridge
1992.
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schrift für Soziologie 17, 1988, S. 286–295.
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Lincoln, Yvonna & Egon Guba Naturalistic Inquiry. Beverly Hills, CA , 1985.
Oevermann, Ulrich; Tilman Allert; Elisabeth Konau & Jürgen Krambeck Die Methodologie
einer ‚objektiven Hermeneutik‘ und ihre allgemeine forschungslogische Bedeutung in
den Sozialwissenschaften. In: H.-G. Soeffner (Hg.), Interpretative Verfahren in den So-
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Popper, Karl Alles Leben ist Problemlösen. Über Erkenntnis, Geschichte und Politik. Mün-
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Schütze, Fritz (1984): Kognitive Figuren des autobiographischen Stegreiferzählens. In:
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Seedhouse, Paul Conversation Analysis as research methodology. In: K. Richards & P. Seed-
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Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 63 (2003), S. 1–28.
Wagner, Hans-Josef: Objektive Hermeneutik und Bildung des Subjekts. Weilerswirst, 2001.
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte?

Globale Rechtswelten und der demokratische Staat

Christine Hohmann- Dennhardt

Wie war im Staat es doch vordem mit Recht zu lenken so bequem, so


möchte man in Abwandlung des kleinen Gedichts von August Kopisch gern
stoßseufzen, wenn man heutzutage am Firmament unserer globalisierten
Welt die Mannigfaltigkeit der Rechtskreationen betrachtet, die sich dort an-
gesiedelt haben. Und wie einfach schien es doch bislang, den Staat, die Bür-
ger und das Recht zueinander ins Verhältnis zu setzen. Da war, im klassi-
schen Sinne der Aufklärung, der Staat, dessen Macht durch das von ihm
gesetzte Recht Ausdruck und zugleich Zügel fand. Da war der Bürger, dem
das Recht Anweisung und zugleich grundrechtlich geschützte Freiheit wie
Sicherheit gab. Und da war schließlich das später hinzugekommene Recht
des Bürgers, mit seiner Stimme auf den Inhalt der staatlichen, per Recht aus-
zuübenden Macht Einfluss zu nehmen. Das nennt man bis heute Demokra-
tie. Dabei wurde diese Rechtsbeziehung zwischen Bürger und Staat samt
den mit ihr garantierten Freiheiten und Teilhaberechten in der Regel in Ver-
fassungstexten konstituiert, die Bürger wie Staat mit dem und für das Recht
Richtschnur und Handlungsrahmen boten. Noch ist diese Idee vom Staat
als Lenker durch Recht und Garant von (Grund)Rechtspositionen nicht ge-
storben, sondern lebt bis heute. Doch findet sie angesichts des Tummelns
von Macht und Recht in globalen Welten jenseits der einzelnen Staatlichkei-
ten weiterhin ihre Berechtigung?
Nun war Rechtsetzung immer schon nicht allein auf den Staat abonniert.
Beziehungen zwischen Privaten folgen vertraglichen Absprachen und selbst
gesetzten Regeln. So wird ebenfalls Recht kreiert, Recht, das im Privaten
Geltung beansprucht und das Handeln der Einzelnen beeinflusst. Doch
herrschte bislang die Vorstellung, dass dies alles unter dem Regime staat-
licher Rechtsverbürgungen geschieht, wobei der Staat sicherzustellen hat,
dass ein selbstbestimmtes Agieren im Rechtsverkehr allen möglich ist, und
Sorge dafür tragen muss, dass jeder im Privaten zu seinem Recht kommt
und nicht mit seinen Interessen der Übermacht anderer unterliegt.
Doch diesem Bild vom Staat, der durch Recht private Freiräume eröffnet,
zugleich aber private Macht zügelt und auf die gesellschaftlichen Verhältnisse
754 Christine Hohmann-Dennhardt

gestaltend einwirkt, entspricht immer weniger die Wirklichkeit. Das hat


seine Gründe in den Entwicklungen der Moderne. Zum einen hat der Staat
schon innerhalb des Territoriums, auf das er sich bezieht, aufgrund des Nie-
dergangs einheitsstiftender religiöser oder nationaler Empathie, der fort-
schreitenden Individualisierung und der damit verbundenen Atomisierung
von Wertehaltungen an Integrationskraft eingebüßt. Das befördert Differenz
und gibt gesellschaftlichen Teilsystemen Nährboden, sich zu verselbständi-
gen und nach eigenen Regeln zu verfahren. Vor allem aber ist staatlichem
Einfluss durch das Zusammenspiel von technologischer Entwicklung und
ökonomischer Expansion immer mehr der Boden entzogen worden. Mit
dem Fortschritt der Technik, die es mittlerweile ermöglicht, die Grenzen der
Staatlichkeit zu überspringen und weltweit zu kommunizieren wie zu agie-
ren, mit dem Niederreißen staatlicher Grenzen zur Beförderung eines freien
Transfers von Geld, Waren, Wissen und Menschen und damit der Entlassung
privater Interessen aus dem Herrschaftsbereich einzelner Staaten ins Globale
hat die Autonomisierung gesellschaftlicher Teilbereiche in den letzten Jahr-
zehnten einen gewaltigen Schub bekommen und findet nun zunehmend auf
der Weltbühne statt. Private Einfluss- und Herrschaftsbereiche sind so den
Staaten über die Köpfe gewachsen, haben sich im Supranationalen etabliert,
entfalten dort ihre eigene Macht und operieren nach eigenen Regeln.
Und die Staaten? Sie haben dieser Entwicklung zugeschaut, sie teils un-
terstützt und merken inzwischen, dass sie in weiten gesellschaftlichen Be-
reichen der jeweiligen Eigendynamik, die sich darin entfaltet, nicht mehr
Herr werden, dass sie nicht mehr Steuermann sind, sondern eher Maat, der
den Vorgaben der privaten Akteure folgt. Reactio statt actio scheint das
Handeln der Staaten zu bestimmen, und die Versuche, durch internationale
Abkommen, durch Aufgabenübertragung an supranationale Regelungs- und
Kontrollinstitutionen und durch Fortentwicklung wie Erweiterung des Völ-
kerrechts der Verselbständigung von Funktionsbereichen entgegenzuwir-
ken und ihnen Rahmen zu setzen, hinken dem Prozess der Herausbildung
autonomer „global villages“, die nach eigenen Regeln operieren, weit hin-
terher. Kaum verwunderlich, denn das Unterfangen, auf globaler Ebene in
staatlicher Gemeinsamkeit diese Entwicklungen zu beeinflussen, ist schwer
und hat seine Tücken. So müssen zunächst einmal die unterschiedlichen In-
teressen, die die Staaten ihrerseits dabei verfolgen, immer wieder, je nach
Politikfeld, unter einen Hut gebracht werden. Und selbst wenn dies gelingt,
ist zu gewahren, dass gemeinsam von ihnen im Internationalen etablierte öf-
fentliche Institutionen, die auf bestimmte Geschehen steuernd einwirken
sollen, ihrerseits ein Eigenleben entfalten, sich verselbständigen und Regeln
folgen, die mit dem Recht der einzelnen Staaten und den Werthaltungen,
aus denen es entstanden ist, nicht immer kompatibel sind. Folge vom Lied
all dieser „Autonomiebewegungen“ im Globalen ist eine zunehmende Frag-
mentierung des Rechts.
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? 755

Die Ausdifferenzierung gesellschaftlicher Teilbereiche, die Verselbständi-


gung und Realisierung dieser Funktionssysteme im Globalen, ihre Konsti-
tuierung und eigene Rechtsetzung jenseits staatlicher Rechtsverbürgung – all
diese Befunde kränkelnder Staatsmacht werfen grundlegende Fragen auf, so
die Frage danach, welche Rolle der einzelne Staat angesichts dieser Ent-
wicklungen künftig noch spielen kann, und ob bzw. wie es die Staaten ge-
meinsam schaffen können, sich im Internationalen so zu formieren, dass sie
an Einfluss wieder gewinnen. Damit zusammenhängend stellt sich vor al-
lem auch die Frage, zu welchem Recht der Einzelne bei alledem eigentlich
kommt, wie es um seine Rechte bestellt ist und wie insbesondere sicher-
gestellt werden kann, dass seine Grund- und Menschenrechte nicht unter
das Mühlwerk autonomer Rechtsnormproduktionen geraten, sondern wei-
terhin Geltung nicht nur beanspruchen, sondern auch erlangen. Gesucht
wird dabei nach dem richtigen Weg zum gewünschten Ziel, der Beherr-
schung von Macht durch Recht und der Wahrung der grundlegenden Indi-
vidualrechte. So lautet die Gretchenfrage: Ist dafür ein taugliches Mittel, das
klassische Staat-Bürger-Verhältnis nationalstaatlicher Verfassungen auf die
Ebene von Staatenbünden bis hin zur Weltbühne zu transponieren, kann
sich dort Staatlichkeit verfassen, die durch Zügelung aller weltgesellschaft-
lichen Teilbereiche mit Recht regiert und Garant der Grundrechte der Ein-
zelnen ist?
Gunther Teubner, mein Freund und geschätzter, tiefsinniger Jubilar, be-
zweifelt dies und fordert hier ein Umdenken. Dabei kann man seine Skepsis
durchaus teilen, ob es gelingen mag, die globalisierte Welt unter das einende
Dach einer Globalverfassung zu bringen, die ihr rechtliches Band um den
Globus spannt und die Marschroute für alle vorgibt, ist doch die Etablie-
rung transnationaler gesellschaftlicher Autonomiebereiche schon weit vo-
rangeschritten und nicht zu übersehen, dass hierdurch die Staaten an Macht
und Steuerungsvermögen eingebüßt haben.
Doch was kann hier helfen, was ist Teubners Rezept? Er versucht, aus
dem Fakt und der Not eine Tugend zu machen. Statt auf eine Konstituie-
rung globaler Staatlichkeit setzt er auf einen gesellschaftlichen Konstitu-
tionalismus und fordert deshalb, die Autonomie der sich formierten gesell-
schaftlichen Teilbereiche öffentlich, also staatlicherseits, zu legitimieren, zu
garantieren und rechtlich abzusichern, damit sie sich eigenständig konstitu-
ieren und dabei ihr spezifisches Potential an Kreativität und Dynamik frei-
setzen und in eigener Handlungslogik zur Rechtsgeltung bringen können,
und dies zusammen mit all den privaten und öffentlichen Akteuren, die sich
an diesem Prozess beteiligen. Als Beispiel für eine solche Selbstschöpfung
führt er das Projekt einer Weltwirtschaftsverfassung an, die nicht von Staa-
ten konzipiert und in Recht gegossen werde, sondern derzeit im Ringen und
Kampf zwischen den multinationalen Konzernen, den internationalen Insti-
tutionen Weltbank, IWF und WTO , den NGO s und den Globalisierungsgeg-
756 Christine Hohmann-Dennhardt

nern entstehe, Konturen erhalte und sich Stück für Stück konstituiere. Al-
lerdings weist Teubner darauf hin, dass solche sich selbst überlassenen und
regulierenden gesellschaftlichen Teilbereiche die Tendenz in sich bergen,
ihre eigene Rationalität zu expandieren und auf andere Teilbereiche auszu-
dehnen, die dadurch in ihrer eigenen funktionalen Differenziertheit beein-
trächtigt werden können. Zudem können sie mit ihrer expansiven Eigendy-
namik individuelle Integritäten und Kommunikationen gefährden. Deshalb,
so meint er, bedürfe es Mechanismen der Selbst- und ggf. Fremdbeschrän-
kung, die einerseits einen Ausgleich zwischen der Eigenrationalität und den
Eigenrechten der Umwelt sicherstellten, und andererseits gewährleisteten,
dass die jeweiligen autonomen Teilbereiche im Rahmen ihre eigenen Ver-
fasstheit menschliche Integrität, Identität und Selbsterhaltung als Kern der
Menschenrechte wahren und der Autonomie personaler Kommunikation
Raum lassen.
So weit, so gut, aber sehr vage nur angedeutet, was mit dieser Selbst-
oder Fremdbeschränkung gemeint ist und wie sie sich vollzieht beziehungs-
weise erfolgt. Da ist die Rede von neuartigen Garantien, die es zu entwickeln
gilt, um eine Begrenzung gesellschaftlicher Destruktionspotentiale möglich
zu machen, von der Notwendigkeit, die Grenzverletzungen an den diversen
Grenzstellen zu erkennen, und davon, Grundrechte als Gegeninstitutionen
zu Expansionstendenzen gesellschaftlicher Teilsysteme zu begreifen. Diese
Betrachtungsweise löst zwar das Problem der Drittwirkung von Grund-
rechten im Privatrechtsverhältnis, indem sie diese in die gesellschaftlichen
Kommunikationen quasi „hineinpflanzt“, doch hilft uns dies wirklich wei-
ter?
Es ist ein Politikansatz, der – wenn ich es richtig verstehe – vorschlägt, das
gesellschaftliche Geschehen allein oder jedenfalls vornehmlich über Grund-
rechtsgarantien zu steuern. Gemeint sind damit Autonomiegarantien, die
den jeweiligen gesellschaftlichen Teilrationalitäten auch im Verhältnis zu-
einander eingeräumt werden, Freiheitsverbürgungen, die den Einzelnen
im Rahmen der innergesellschaftlichen Kommunikationen gegeben werden,
und schließlich (Menschen)Rechte, die vor Gefährdungen der menschlichen
Integrität durch Grenzüberschreitungen der gesellschaftlichen Teilbereiche
schützen sollen. Neu daran ist, dass auch gesellschaftlichen Prozessen
Grundrechtsschutz zuteil werden soll und demgegenüber, in direkter Kor-
respondenz, die Autonomieansprüche der natürlichen oder juristischen
Personen stehen, die sich damit nicht mehr ausschließlich gegen den Staat
richten und nur mittels dessen Gewährleistung in Privatrechtsverhältnisse
hineinwirken, sondern zu den Freiräumen gesellschaftlicher Kommunika-
tionszusammenhänge unmittelbar Gegenposition beziehen. Das scheint ein
Fortschritt, zumal Grundrechtsverletzungen damit nicht mehr nur festzu-
machen sind an Handlungen bestimmter Personen, sondern sie sich auf
Verfahrensweisen gesellschaftlicher Teilsysteme beziehen und ihnen gegen-
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? 757

über geltend gemacht werden können. Doch wer trägt für die Durchsetzung
der Freiheitsansprüche Sorge? Bei der Beantwortung dieser Frage landen
wir sogleich wieder zwangsläufig bei der Staatlichkeit. Denn nur durch de-
ren Garantie des sich nicht Einmischens und durch ihre Anerkennung der
selbstgesetzten Regeln erhalten die gesellschaftlichen Teilbereichen für ihre
Kommunikationsprozesse die gewünschte Autonomie. Und wer garantiert
die Wahrung der personalen Grund- und Menschenrechte? Da ihre Gefähr-
dungen gerade in den Expansionstendenzen und Grenzüberschreitungen
der gesellschaftlichen Subsysteme liegen, wird man wohl kaum darauf ver-
trauen können, dass die Selbstregulierung schon alles richten und für einen
hinreichenden Grundrechtsschutz sorgen wird. Zumindest hat hier der
Staat, wie bisher schon, bei allen Schlichtungs-, Mediations- und sonstigen
Streitbeilegungsvarianten, die auch innerhalb der Teilbereiche und zwischen
ihnen denkbar sind, Verfahren vorzugeben und eine Instanz vorzuhalten, an
die sich die in ihren Grundrechten Betroffenen letztendlich wenden können,
um ihr Recht zu erhalten. So geht auch Gunther Teubner davon aus, dass
solche Grundrechtskonflikte nach wie vor vor staatlichen Gerichten auszu-
tragen sind. Insofern jedenfalls bleibt doch wieder alles beim Alten.
Dennoch hat dieses Denkmodell Implikationen, deren Auswirkungen be-
trächtlich sind. Mit ihm wird die Rolle des Staates neu bestimmt. Es ist nicht
der Nachtwächterstaat, der wieder zurückkehrt und uns vorgestellt wird.
Jenem war aufgetragen, seine Macht zurückzuhalten und, gefesselt durch
sein Recht, den Bürgern Handlungsräume zu eröffnen. Nein, es wird uns
hier nun das Bild einer Staatlichkeit präsentiert, der die Macht entglitten
ist. Teils resignativ, teils aus Überzeugung, dass dies zum Besseren führt,
wird ihr deshalb angeraten, sich zurückzuziehen, das Rechtsetzen anderen
zu überlassen und sich insofern davon zu verabschieden, regelnd auf das ge-
sellschaftliche Geschehen Einfluss zu nehmen; kurzum eine Staatlichkeit,
die nur noch Ausputzer gesellschaftlicher Verwerfungen, nur noch Streit-
schlichter zwischen privaten Personen und Institutionen ist.
Nun muss man nicht Mitleid mit dem Staate haben ob des so argen Zu-
rückstutzens seiner Funktion. Doch was bedeutet dies für seine Bürger, für
jeden Einzelnen?
Im freien Spiel der Kräfte, die in den gesellschaftlichen Teilbereichen zur
Entfaltung kommen, vermögen die meisten Menschen nicht aktive Mitspie-
ler zu sein, vielmehr wird ihnen mitgespielt. Denn wer hier das Wissen, vor
allem aber die Macht besitzt, bestimmt die Regeln, denen die anderen un-
terworfen werden und ausgeliefert sind. Das gilt nicht nur, aber besonders
im Ökonomischen. Von einem Wechselspiel zwischen verschiedenem ge-
sellschaftlichem Engagement, aus dem heraus sich die Verfasstheit der Welt-
wirtschaft entwickeln soll, ist hier, entgegen der Theorie, in Praxis nur we-
nig zu erkennen. Zwar mag es NGO s, die sich auf diesem Felde tummeln, in
ein paar Fällen gelungen sein, dem einen oder anderen Unternehmen ge-
758 Christine Hohmann-Dennhardt

wisse Konzessionen abzutrotzen. Doch das ändert nur wenig daran, dass es
das Kapital ist, das hier seine Macht ausspielt und maßgeblich das Sagen hat.
Es sind die Konzernglobalplayer, die Banken und Börsen, die ihre Interes-
sen verabsolutieren und mit zunehmendem Erfolg mittlerweile den Staaten
wie den Einzelnen diktieren, unter welchen Bedingungen sie Standorte gou-
tieren oder verlassen, Arbeitsplätze schaffen oder abbauen, Produkte erzeu-
gen oder wieder vom Markt nehmen. Hauptsache, es rechnet sich. Was
kann der einzelne Bürger dagegen schon ausrichten? Er ist als Arbeitneh-
mer abhängig davon, seine Arbeitskraft feilzubieten, um für seinen Lebens-
unterhalt sorgen zu können, und gerät dabei immer mehr in weltweite Kon-
kurrenz zu seinesgleichen. Das drückt seinen Preis und schmälert seine
Rechte. Denn auch die einzelnen Nationalstaaten erliegen häufig dem Druck
des Kapitals und bauen ihre schützenden Arbeitnehmerrechte Stück für Stück
ab oder gar nicht erst auf, um Arbeitsplätze zu halten und sich für neue als
attraktiv, also billig zu erweisen, damit sie nicht selbst von den sozialen Fol-
gekosten der Arbeitslosigkeit erdrückt werden. Längst funktioniert auch
nicht mehr mit durchschlagendem Erfolg, sich als Arbeitnehmer zusam-
menzuschließen und dem Kapital gemeinsam die Stirne zu bieten. Die Macht
der Gewerkschaften verfängt sich im Nationalen, wird im weltweiten Kon-
kurrieren um Arbeit zermürbt und nimmt so stetig ab, auch weil das Ver-
trauen der Arbeitnehmer in sie aus Enttäuschung über ihre mangelnde
Durchschlagskraft mehr und mehr sinkt. Und die Vorstellung, die Bürger
könnten als Verbraucher der ökonomischen Dominanz Macht entgegenset-
zen, ist schöner Wunschtraum, doch Illusion, nicht Realismus. So ist schon
eine Kampagne, die ein bestimmtes Produkt zu boykottieren versucht, um
damit bei lediglich einem Unternehmen Verhaltensänderungen herbeizu-
führen, nur schwer zu organisieren, zumal wenn sie grenzüberschreitend
angelegt sein soll. Spätestens aber, wo es um Güter geht, auf die die Men-
schen angewiesen sind, ist es mit ihrer Verbrauchermacht zu Ende. Da sind
sie wieder dem Angebot ausgeliefert, das ihnen unterbreitet wird. Unter
solchen Umständen verwundert nicht, dass die Interessen der Bürger im
derzeitigen Prozess der Konstituierung einer Weltwirtschaftsverfassung auf
der Strecke zu bleiben drohen und kaum mehr Berücksichtigung finden.
Wer aber schützt die Bürger vor der Übermacht des Kapitals, einer Macht
über Menschen, die sich durch nichts außer sich selbst legitimiert? An wen
sollen sie sich halten, um mit ihren Bedürfnissen Beachtung zu finden?
Nach wie vor dient ihnen hier der Staat als vornehmlicher Adressat, an
den sie sich mit ihren Wünschen und Ansprüchen nach auskömmlicher Ar-
beit, nach menschenwürdiger Behandlung, nach Hilfe in der Not wenden
und angesichts der ungleichen Verteilung von Chancen wie Ressourcen und
einer zunehmenden Distanz zwischen Arm und Reich immer dringlicher
mehr Gerechtigkeit einfordern, wie hierzulande unüberhörbar zu verneh-
men ist. Hier zu konstatieren, die Gerechtigkeit sei zwar ein brennendes
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? 759

Problem, jedoch eines ohne Aussicht auf Lösung, was mit aller Härte aus-
gesprochen werden müsse, mag theoretischer Erkenntnis entspringen, hilft
aber nicht weiter, sondern schürt mit dem Defätismus, der daraus spricht,
nur den Unmut der Menschen noch weiter. Denn ihnen geht es nicht um
eine abstrakt-philosophische Debatte über das, was Gerechtigkeit bedeutet,
sondern um die Beseitigung konkreter, von ihnen als ungerecht empfunde-
ner gesellschaftlicher Zustände. Und hier erwarten sie Abhilfe vom Staat –
von wem auch sonst. Abhilfe, die der einzelne Staat zwar bei weltweiten
ökonomischen Handlungszusammenhängen allein nur schwerlich mehr leis-
ten kann. Doch er kann sich auf supranationaler Ebene mit anderen Staaten
zusammenschließen, dort mit gemeinsamer Kraft der ökonomischen Macht
pari bieten und versuchen, durch rechtliche Vorgaben und Sanktionen das
weltwirtschaftliche Agieren in soziale und gemeinwohlverträgliche Bahnen
zu lenken. Das geht, wie man sieht, gewiss nicht einfach vonstatten und zei-
tigt nicht immer den Erfolg, den so mancher sich wünscht, ermöglicht es
aber, ökonomischer Selbstherrlichkeit vorbeugend Schranken zu setzen
und dafür Sorge zu tragen, dass neben den Renditeinteressen auch die so-
zialen Bedürfnisse der Menschen hinreichend Berücksichtigung finden. Legt
der Staat dagegen resigniert seine Hände in den Schoß, überlässt die wirt-
schaftlichen Kräfte sich selbst und tritt nur noch dann in Erscheinung, wenn
es durch Machtdominanz und deren egoistischer Durchsetzung zu schwe-
ren Autonomieverletzungen bei den Unterlegenen gekommen ist, dann ent-
machtet der Staat nicht nur sich selbst. Dadurch, dass er nicht für Ausgleich
sorgt, sondern seine Bürger in die Niederlage eines Kampfes um den Erhalt
ihrer Entfaltungsräume entlässt, den sie gegen das Freiheitsstreben des
übermächtigen Kapitals nicht gewinnen können, dadurch, dass er sich ledig-
lich aufs Richten im Nachhinein beschränkt, ob alles denn rechtens zuge-
gangen ist, riskiert der Staat vor allem auch, die Akzeptanz seiner Bürger zu
verlieren und sich damit zu delegitimieren. Ansehensverlust aber lässt ihm
die lenkenden Zügel selbst dort entgleiten, wo ihm noch eigene Aktionsfel-
der verblieben sind. Das gilt auch für die Streitschlichtung. So besteht die
Gefahr, dass Rücksichtslosigkeit aller gegen alle immer mehr Oberhand ge-
winnt; eine Entwicklung, die dem Staat wie den Bürgern nur Angst machen
kann.
Hinzu kommt, dass es bei selbstregulierender Autonomie gesellschaft-
licher Funktionsbereiche nicht leichter, vielmehr eher schwieriger wird he-
rauszufinden, wer eigentlich für die Folgen der Verletzung von Grund-
rechtsgarantien zur Verantwortung gezogen werden kann. Angesprochen
sind damit nicht nur pekuniäre Einbußen, sondern vor allem auch Gesund-
heitsschäden und Folgen von Ausbeutung. Erniedrigung oder Arbeitslosig-
keit, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, Entstehen Grundrechtsver-
letzungen durch Verfahrensweisen gesellschaftlicher Teilsysteme, kann dem
jeweiligen System staatlicherseits zwar aufgegeben werden, seine Regeln so
760 Christine Hohmann-Dennhardt

zu ändern, dass solche Verletzungen künftig vermieden werden. Wer aber


kommt für einen durch die Verletzungen entstandenen Schaden auf? Diese
Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn gesellschaftliche Teilsysteme
sind nicht fest umgrenzt und zeichnen sich zudem durch eine nur schwer
überschaubare Vielzahl von Akteuren aus. Soll es hier eine gesamthände-
rische Verantwortung geben, die man, in welcher Form auch immer, zur
Folgenbeseitigung bzw. Entschädigung heranziehen kann? Oder hat der
einzelne Betroffene mangels Zuordnungsmöglichkeit des Schadens zu ein-
zelnen Verursachern letztendlich doch das Nachsehen und bleibt auf seinem
Schaden sitzen? Was nutzt ihm dann, festgestellt erhalten zu können, dass
zwar nicht einzelne Personen, Institutionen oder Unternehmen, aber das
Agieren des gesellschaftlichen Teilsystems insgesamt seine Rechte verletzt
hat?
Auch hier werden sich die Bürger weiterhin an den Staat wenden; zu-
nächst, damit er ihnen hilft, ihre Ansprüche gegen das Teilsystem durchzu-
setzen, das ihre Rechte verletzt und ihnen Schaden zugefügt hat. Wenn dies
aber nicht gelingt, dann mit dem Begehren, dass der Staat ihnen den Scha-
den ausgleicht und Hilfe gewährt. Dem kann sich der Staat schwerlich ent-
ziehen. Das aber führt zu einer merkwürdigen Arbeitsteilung. Einerseits
soll der Staat nicht regelnd Einfluss auf die jeweiligen, sich selbst konstitu-
ierenden gesellschaftlichen Prozesse nehmen, soll sich nicht einmischen, da-
mit sich die dort zusammenfindenden Interessen frei entfalten und optimie-
ren können. Andererseits wird er aber für die Folgeschäden, die hierbei
entstehen, haftbar gemacht. Das erinnert an Aschenputtel: den Profit ins
Kröpfchen der Selbstregulierer, den Schaden ins Töpfchen des Staates. Kein
faires Spiel, bei dem letztlich die Bürger die Zeche zahlen, denn sie sind es,
die zu Schaden kommen, und sie sind es, die über ihre Steuern und Sozial-
abgaben an den Staat, der den Betroffenen mit Sozialleistungen zu Hilfe
kommt, die Folgenlasten zu tragen haben.
Und wie ist es bei alledem um die Demokratie bestellt? Wie können die
Bürger mit ihrer Stimme auf gesellschaftliche Entwicklungen und das, was
sie betrifft, noch Einfluss nehmen, wenn der Staat sich zurücknimmt und es
den jeweiligen gesellschaftlichen Teilsystemen überlässt, welche Entwick-
lung sie nehmen, der einzelne Bürger aber selbst kaum Chancen hat, sich in
die jeweiligen gesellschaftlichen Teilprozesse einzubringen und seinen Inte-
ressen Gehör zu verschaffen? Nun sollte man keineswegs so blauäugig sein,
um nicht zu sehen, dass die Vorstellung von gleichen Rechten und Chancen
der Bürger, mit ihren Wahlstimmen staatliches Handeln zu lenken und so
auf gesellschaftliche Zustände einzuwirken, auch unter bisherigen Vor-
zeichen staatlicher Rechtsetzungsdominanz idealistisch ist und sich an der
Wirklichkeit bricht. Da gibt es Beraterstäbe, die Regierungen und Parla-
mente um sich scharen, deren Meinungen oft für gewichtiger erachtet wer-
den als das, was aus der Bevölkerung zu hören ist. Da verabschieden sich
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? 761

Partei- und Regierungsspitzen von ihren Wahlversprechen und folgen ihren


eigenen politischen Vorstellungen. Da mischen die Medien mit und nehmen
Einfluss auf das politische Geschäft. Da machen sich nicht zuletzt private
Einzelinteressen und ihre Lobbies breit, die ihre Macht ausspielen und nicht
ohne Erfolg zu erreichen versuchen, dass Gesetze nach ihrem Gusto entste-
hen. Solch Diskrepanz von Sein und Sollen ist zu beklagen, wenn auch nicht
ganz zu beheben, wird politische Willensbildung doch immer ein Kräfte-
messen bleiben, bei dem auch über die Bande gespielt wird.
Doch die Demokratie deshalb als Partizipationsromantik abzutun, wird
ihrem Anspruch und den Bürgern nicht gerecht. Denn für diese ist sie die
ehedem heiß und lang erkämpfte Möglichkeit, den Staat zu bewegen, nicht
nur seinen eigenen oder privaten Einzelinteressen zu frönen, sondern auch
den Interessen und Bedürfnissen der breiten Mehrheit der Bevölkerung mit
der Macht seiner Gesetze Geltung zu verschaffen und damit gesellschaft-
lichen Zusammenhalt zu bewirken. Diese Möglichkeit, dieses Instrumenta-
rium der Beteiligung aller an der staatlichen Willensbildung, stößt zwar auf
ihre Grenzen und führt oft nicht zu Ergebnissen, die sich die Bürger wün-
schen. Aber ihren Unmut darüber können sie zumindest dadurch Ausdruck
verleihen, dass sie Regierungen abwählen und so anderen der Auftrag zu-
fällt, die Geschicke aller zu lenken; vielleicht dann in einer Weise, die die
Bürger zufriedener stellt. Die Chance jedenfalls besteht. Was aber nutzt die
Wählerstimme, wenn im Staate zur Wahl steht, wer gar nicht mehr die Re-
geln bestimmt, nach denen sich das Miteinander auszurichten hat, wenn an
seiner Stelle ganz andere die Ruder in der Hand halten und die jeweilige
Richtung bestimmen? Sie verliert dann gänzlich ihre Wirkung und ist nur
noch ein unmaßgebliches Kreuz auf dem Papier.
Und nicht nur das. Auch der Anspruch auf Grundrechtsverwirklichung,
der mit dem Partizipationsanspruch der Demokratie einhergeht, läuft dann
leer. Denn Grundrechte sind nicht nur Freiheitsverbürgungen in dem Sinne,
dass sie Freiräume abstecken und dem Einzelnen als Schutzschild gegen-
über Eingriffen des Staates oder anderer Mächte dienen. Es waren die De-
mokratie und die Sozialstaatsidee, die den Freiheitsgedanken emanzipierten
und ihm zusätzlichen Gehalt gaben: den sozialen Gehalt, dass zur Siche-
rung von Freiheit gehört, alle in die Lage zu versetzen, ihre Freiheit auch
nutzen und leben zu können, und den demokratischen Gehalt, dass jedem
die Möglichkeit eröffnet wird, als Teil des Gemeinwesens an dessen Ent-
wicklung teilzuhaben und auf seine Geschicke Einfluss zu nehmen. Freiheit
bedarf also zur Entfaltung einer materiellen Basis, muss befördert und gesi-
chert werden, damit sie jedermann zukommt. Dies zu gewährleisten, die
Grundrechte auch als Teilhaberechte zu verwirklichen, ist Auftrag unserer
Verfassung an den Staat, dem er sich nicht einfach entledigen kann und des-
sen Erfüllung die Bürger von ihm zu Recht erwarten. Um dies aber zu be-
werkstelligen, darf er nicht das gesellschaftliche Feld räumen und sich seines
762 Christine Hohmann-Dennhardt

Rechts als Handlungsinstrument entledigen, um privaten Rechtsregimen


freien Lauf zu lassen, sondern muss ins gesellschaftliche Geschehen regelnd
eingreifen, muss Grenzen setzen, Chancen geben, Rechte und Pflichten zu-
weisen, Lasten angemessen verteilen, kurzum, er muss mit Hilfe des Rechts
sozialgestalterisch tätig sein. Und wo dies dem Nationalstaat nicht mehr ge-
lingt, weil der Arm seiner Rechtsmacht zu kurz reicht, um die zu binden,
die ins Globale abgehoben sind, bleibt ihm, um seinem Auftrag nachzukom-
men und seine Bürger nicht zu enttäuschen, nichts anderes übrig, als den
wenn auch steinigen und mühseligen Weg zu gehen, sich zusammen mit an-
deren Staaten im Supranationalen zu etablieren und dort mit einem weiter
zu entwickelnden Völkerstaatenrecht dafür zu sorgen, dass Zivilisation und
Menschlichkeit nicht unter die Räder der Globalisierung geraten. Denn
sonst verlieren die Bürger immer mehr ihr Vertrauen in die Staatlichkeit –
dies aber könnte nicht nur ihr, sondern uns allen zum Verhängnis werden,
es könnte in Chaos und Unfrieden enden.
„Ach, dass es noch wie damals wär! Doch kommt die schöne Zeit nicht
wieder her.“ Mit diesem Stoßseufzer, dieser Erkenntnis endet Kopisch’s Ge-
dicht von den Kölner Heinzelmännchen. Sie gilt auch für den Staat und das
Recht – darin sind wir uns einig, Gunther Teubner und ich. Nur wie können
die Menschen- und Bürgerrechte in die neuen, globalisierten Zeiten hinü-
bergerettet, wie ihnen dort Achtung verschafft werden? Hierauf die richtige
Antwort zu finden, fällt nicht leicht. Eines aber sollte man auf der Suche da-
nach nie aus dem Auge verlieren: die Menschen und ihre Bedürfnisse. Sie
sehen, dass die Welt näherrückt, sich immer schneller dreht, fürchten, dabei
den Boden unter den Füßen zu verlieren, fühlen sich unbekannten Mächten
ausgesetzt und suchen Orientierung und Halt; Halt, den sie bei allem
Schimpfen über die Politik und die Politiker letztlich immer noch bei ihrem
Staat suchen. Die Europäische Union ist dafür beredtes Beispiel. Die Skepsis,
die ihr entgegengebracht wird, rührt aus der Angst, sich und seine Interes-
sen dort nicht wiederzufinden. So klammert man sich an die eigene Staat-
lichkeit, die einem Schutz vor Ungemach bieten soll. Und was für Europa
gilt, gilt noch mehr für die globalisierte Welt. Zu beobachten ist: mit zu-
nehmendem weltweiten Agieren und damit zunehmender Notwendigkeit,
im Supranationalen die Geschicke zu lenken, wächst zugleich der Stellen-
wert, den die Menschen dem Nationalstaat zumessen. Das gilt es bei allen
Überlegungen zu bedenken. Deshalb muss sich der Staat auch in Zukunft
als stark erweisen, sich das Vertrauen seiner Bürger erhalten, sie überzeu-
gen, dass er sie nicht im Stich lässt, wenn er sich ins Supranationale auf-
macht und dort mit anderen verbündet, sondern gerade hierdurch dafür
sorgt, dass sie auch in Zeiten der Globalisierung Schutz und Hilfe erfah-
ren. Nur so kann es gelingen, den Bürgern die Zukunftsangst zu nehmen
und sie in die globalen Welten mitzunehmen. Am Staat führt insofern kein
Weg vorbei.
Wo bleiben die Bürger und ihre Rechte? 763

Der Beitrag setzt sich mit folgenden Schriften von Gunther Teubner aus-
einander:
Gunther Teubner, Die anonyme Matrix: Zu Menschenrechtsverletzungen durch „private“
transnationale Akteure, in: Der Staat, 45. Band 2006 Heft 2 S. 161
Andreas Fischer-Lescano/Gunther Teubner, Regime-Kollisionen.
Zur Fragmentierung des globalen Rechts, Frankfurt am Main 2006
Gunther Teubner, Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats, in: Forschung Frank-
furt, Heft 1.2007, S. 30
764 Christine Hohmann-Dennhardt
Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II

Die kollisionsrechtliche Form einer legitimen Verfassung


der post-nationalen Konstellation

Christian Joerges und Florian Rödl

I. Einleitung
In den avancierteren Diskussionen um die Lage und die Zukunft des
Rechts überschneiden sich zwei Diskussionskreise, die ganz wesentlich von
Gunther Teubner inspiriert worden sind und nach wie vor von seinen Anre-
gungen in Bewegung gehalten werden. In dem einen, älteren, geht es um so-
ziale Funktionen des modernen Rechts: Mit seiner Idee eines „reflexiven“
Rechts hat Gunther Teubner seinerzeit eine Brücke zwischen Habermas und
Luhmann und posthum auch noch zu Weber geschlagen.1 In dem zweiten,
den Gunther Teubner seit mehr als einem Jahrzehnt bearbeitet, 2 geht es um
das post-interventionistische und post-nationale Recht zugleich: Wieder
beobachten wir eine Auseinandersetzung mit den Diagnosen der beiden
großen Zeitgenossen, diesmal handelt es sich freilich eher um eine Absetz-
bewegung als einen Brückenschlag.
In beiden Strängen seines Werkes hat Gunther Teubner das kollisionsrecht-
liche Denken von seiner Herkunft aus dem Internationalen Privatrecht gelöst
und es zu einem Paradigma der Form rechtlicher Vermittlungsprozesse
schlechthin entwickelt. Dieses Paradigma kommt bei ihm gleichsam ubiqui-
tär zur Geltung, in den pluralistischen Konfliktlagen staatlich organisierter
Demokratien ebenso wie in der transnationalen und der postnationalen
Konstellation. Den Kerngehalt seines Denkens möchten wir so zusammen-
zufassen: Die für die gesellschaftliche Moderne grundlegende gesellschaft-
liche Arbeitsteilung lässt sich nicht mehr nationalstaatlich rahmen. Viel-
mehr drängen die arbeitsteilig ausdifferenzierten und schon innerstaatlich
allenfalls noch reflexiv steuerbaren gesellschaftlichen Sphären ihr jeweiliges
Recht über die Grenzen des Nationalstaats hinaus. In diesen Prozessen ent-
stehen funktionale transnationale Rechtsregime öffentlichen, privaten oder

1 Reflexives Recht, ARSP 69 (1982), 13–59.


2 Globale Bukowina, RJ 15 (1996), 255–290.
766 Christian Joerges und Florian Rödl

hybriden Charakters, die sich in Gestalt autonomer Rechtsverfassungen sta-


bilisieren. Nach der Erosion der Ordnungskraft des Staates und aufgrund
des Solipsismus der ausdifferenzierten Teilsysteme kommen in dieser Lage
als Foren und Akteure die Gerichte ins Spiel. Sie werden mit den Kollisio-
nen der Rechte jener funktionalen Regime (deren Verfassungen) konfron-
tiert, die sie als bloße Rechtskonflikte wahrnehmen und entscheiden, ob-
gleich es um Kollisionen zwischen inkommensurablen Rationalitäten der
ausdifferenzierten funktionalen Teilsysteme geht. Die gerichtliche Konflikt-
schlichtung darf nun – und hier kommt ihre kollisionsrechtliche Form zum
Tragen – nicht etwa der einen gesellschaftlichen Rationalität Vorrang vor der
anderen einräumen, um so gesellschaftliche Hierarchien zu konstituieren;
vielmehr kommt es gerade darauf an, dass keine der konkurrierenden Ra-
tionalitäten einen unbedingten Vorrang erhält, sondern dass allen auch im
Konflikt möglichst weitgehende Geltung verschafft wird.
Vor dem Hintergrund einer Vielzahl von mit Gunther Teubner geteilten
Perspektiven und Überzeugungen wollen wir uns im Folgenden ebenfalls
um das kollisionsrechtliche Paradigma bemühen. Es geht uns dabei nicht so
sehr um die Diskussion und Klärung von Übereinstimmungen und Diffe-
renzen als vielmehr um eigene theoretische Akzente und deren beispielhafte
Veranschaulichung. Die Akzente betreffen die gesellschaftliche Grundlage
der Rechtskollisionen, die zur kollisionsrechtlichen Schlichtung berufenen
Akteure und die hierarchische Ordnung der kollidierenden Rechtsmassen
untereinander. Erstens wollen wir vorbringen, dass es auch das Recht in der
post-modernen Konstellation vielfach mit Konflikten zu tun hat, die sich
immer noch sehr treffend als sozioökonomische Konflikte begreifen lassen,
welche sich weniger über widerstreitende Rationalitäten, als über widerstrei-
tende Interessen konstituieren. Hier sehen wir mehr Kontinuitäten als Brü-
che zwischen der nationalen und der postnationalen Konstellation, zwi-
schen Webers Diagnosen der Bedrohung der formalen Rationalität des
nationalstaatlichen Rechts durch „soziale“ Rechtsinteressenten und den Re-
formalisierungs- und Entrechtlichungstendenzen der postnationalen Kon-
stellation. 3 Dies wollen wir anhand der offenbar immer konfliktreicher wer-
denden Spannung innerhalb des europäischen Integrationsprozesses zeigen,
die aus der Disjunktion der im Nationalstaat des „goldenen Zeitalters“ noch
vereinten Sphären des Wirtschaftlichen und des Sozialen resultiert ( II .).
Zweitens möchten wir dafür werben, Recht nicht exklusiv als Produkt der
Rechtsprechung von Gerichten zu begreifen. Vielmehr wollen wir das Legi-
timität stiftende Moment seiner Genese in demokratischen Verfahren nicht
nur als Idee festhalten, sondern auch in den Rekonstruktionen vernünftiger
Wirklichkeit zum Tragen bringen. Das bedeutet für die Arbeit am und im

3 Dazu J.P. McCormick Weber, Habermas, and Transformations of the European State,

2007, 104–125.
Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 767

kollisionsrechtlichen Paradigma, dass auch für die Generierung von recht-


lichen Kollisionslösungen nicht vordringlich Gerichte berufen sind, sondern
Raum für Akteure und Prozeduren geschaffen werden muss, die andere Lö-
sungen ermöglichen als diejenigen, die sich als Ergebnisse von Rechtsan-
wendung darstellen lassen. Zur Veranschaulichung wollen wir an dieser
Stelle den europäischen Umgang mit Problemlagen der Risikogesellschaft in
eine kollisionsrechtliche Perspektive bringen ( III .). Unser drittes Anliegen
betrifft das normative Verhältnis ziviler und öffentlicher Verfassungen. Die
Herausbildung von „Zivilverfassungen“4 namentlich im transnationalen Kon-
text erscheint uns empirisch durchaus unbestreitbar. Wir meinen aber, dass
das Nebeneinander ziviler und öffentlicher Verfassungen nicht als echter
Pluralismus autonomer und gleichwertiger Ordnungen begriffen werden
sollte. Vielmehr möchten wir an dieser Stelle eine Asymmetrie einziehen,
die im Verhältnis zwischen ziviler und öffentlicher Verfassung bestehen
muss. Sie liegt darin, jede zivile Verfassung und ihr Recht den Auflagen und
der Beobachtung öffentlicher Verfassung zu unterstellen. Dies illustrieren
wir am Beispiel der europäischen Normung ( IV ).
Gunther Teubner hat sich, auch hierin Luhmann 5 verpflichtet, vom euro-
päischen Integrationsprojekt nicht beeindrucken lassen, um stattdessen glo-
bale Problemzusammenhänge in den Blick zu nehmen. Demgegenüber ent-
stammen unsere Beobachtungen dem Feld des Europarechts, dem wir
freilich eine grundsätzliche Bedeutung zumessen. Auf den Fall des Europa-
rechts bezogen versuchen wir, das provozierende und sicher auch kontra-
intuitive Verständnis vom „Europarecht als Kollisionsrecht“ anstelle des
geläufigen Verständnisses vom Europarecht als Suprematierecht weiterzu-
entwickeln, 6 ohne zu beanspruchen, mit dieser Programmatik alle Bereiche
europäischer Rechtsentwicklung entschlüsseln zu können. Vielmehr geht es
darum, die Grundproblematik der europäischer Verrechtlichungsprozesse
angemessen zu konzeptualisieren, bei der es, entgegen verbreiteter Ansicht,
eben nicht um eine föderale Staatswerdung Europas geht, sondern um die
rechtliche Vermittlung von Unterschieden zwischen modernen sozial- und
steuerungsstaatlichen Rechtsordnungen, die sich wirtschaftlich und gesell-
schaftlich immer enger miteinander verschränken. 7 Diese Konstellation

4 G. Teubner Globale Zivilverfassungen? Alternativen zum staatszentrierten Konstitu-

tionalismus, ZaöRV 63 (2003), 1–28.


5 N. Luhmann Die Weltgesellschaft, ARSP 57 (1971), 1–35; zu Europa in größter Knapp-

heit: Europa als Problem der Weltgesellschaft, Berliner Debatte INITIAL , 2 (1994), 3–7.
6 Freilich könnte man auch im Suprematiegrundsatz eine Kollisionsnorm sehen. Aber

damit verfehlte man den essentiellen Zug des Kollisionsrechts, das gerade unter der Bedin-
gung des Fehlens klarer vertikaler Hierarchien operiert. Zum Folgenden auch Ch. Joerges
Europarecht als ein Kollisionsrecht neuen Typs, in FS Rehbinder, 2007, 719–747.
7 Diese Verschränkung hat J. Habermas (Faktizität und Geltung, 1992, 646) in termi-

nologischer Anlehnung an Luhmann, aber in demokratietheoretischer Absicht, als „Öff-


768 Christian Joerges und Florian Rödl

erfordert ein supranationales Kollisionsrecht neuen Typs, das auf eine


Akkommodierung der mitgliedstaatlichen demokratischen Autonomien ab-
zielt. Dieses Recht muss sich freilich den von Gunther Teubner analysierten
Dilemmata allen regulativen Rechts 8 stellen, insbes. den Überforderungen
öffentlich-demokratischer Institutionen. Wir meinen allerdings, dass auch
deren Bearbeitung sich gerade im supranationalen Kontext am besten im
kollisionsrechtlichen Paradigma bewerkstelligen lässt.

II. Gesellschaftliche Grundlagen von Kollisionen –


die Rüffert-Entscheidung des EuGH
Die gegenwärtige Krise des Prozesses europäischer Integration, die im
Scheitern des Verfassungsprozesses und den erneuten Widrigkeiten der
Ratifizierung des Lissabonner Vertrages anschaulich wurde, hängt unse-
res Erachtens wesentlich mit einem Defizit der Institutionalisierung des
Integrationsprojekts zusammen, nämlich der Disjunktion der wirtschaft-
lichen von der sozialen Sphäre. 9 Hieran hat sich ungeachtet einer geradezu
bedrückenden Vielzahl von gegenteiligen Beteuerungen sogar im Text der
europäischen Verträge substanziell wenig geändert. Danach ist die europäi-
sche Ebene für die Einrichtung und Erhaltung eines europäischen Marktes
zuständig, die mitgliedstaatliche Ebene kümmert sich um die sozialen Ver-
teilungsfragen. In der Gründungsphase der Europäischen Wirtschaftsge-
meinschaft, mitten im „goldenen Zeitalter“ des Nationalstaates westlicher
Prägung, konnte man von einer friedlichen Koexistenz beider Sphären aus-
gehen: Während der Gemeinsame Markt allen Beteiligten Wachstumsge-
winne bescheren würde, bliebe die (Um-) Verteilung dieser Gewinne Sache
der Mitgliedstaaten. Wesentliche Voraussetzung dieser optimistischen Er-
wartung war, dass es trotz der Grenzöffnungen für Güter- und Faktor-
märkte innereuropäisch nicht zu einem Wettbewerb auf der Basis von Ar-
beitskosten kommen würde. Man hatte nämlich herausgefunden, dass der
Preis menschlicher Arbeitskraft, sofern man ihn produktivitätsbezogen be-
rechnete, in allen Gründungsstaaten der Gemeinschaft auf vergleichbarem
Niveau lag. Etwaige Störungen dieses ursprünglichen Gleichgewichts soll-

nung der Schere zwischen Betroffensein und Teilnahme“ bezeichnet Dies trifft sich mit
unserer These, das supranationale europäische Kollisionsrechtrecht habe strukturel-
len Demokratiedefiziten des Nationalstaats entgegenzuwirken: seiner Unfähigkeit, die
von nationalstaatlichen Entscheidungen Betroffenen an deren Herstellung zu beteili-
gen.
8 Verrechtlichung, in F. Kübler (Hg.), Verrechtlichung von Wirtschaft, Arbeit und sozia-

ler Solidarität, 1984, 289–344.


9 Ch. Joerges & F. Rödl Social Market Economy” as Europe’s Social Model?, in L. Mag-

nusson & B. Stråth (eds.), A European Social Citizenship, 2004, 125–157.


Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 769

ten durch Anpassungen der seinerzeit noch flexiblen Wechselkurse beho-


ben werden.10
Es ist kein Wunder, dass die Möglichkeit eines Wettbewerbs auf der Basis
von Arbeitskosten von Anfang an Besorgnisse auslöste. Denn es ist das
Kennzeichen, mutmaßlich sogar eine Möglichkeitsbedingung moderner So-
zialstaaten, dass sie die Lohnkonkurrenz der Beschäftigten untereinander
begrenzen, sei es durch gesetzliche Mindestarbeitsbedingungen, sei es
durch die rechtliche Sanktionierung von Tarifautonomie. Offene Grenzen
für Wirtschaftsgüter bedrohen diese historisch gewachsene, aber auch er-
kämpfte Begrenzung, wann immer die Öffnung gegenüber Staaten erfolgt,
deren Begrenzungsmechanismen weniger effektiv oder auf ein niedrigeres
Niveau eingestellt sind. Beides ist im Verhältnis der alten zu den neuen Mit-
gliedstaaten der Union gegeben, weshalb die Erweiterung absehbare soziale
Spannungen erzeugt hat, die auch nicht hinreichend mit Transferzahlungen
abgemildert wurden – anders als im Falle der Süderweiterungen zu Beginn
der 80er Jahre.11
Nun ist es eine Sache, dass in stärkeren Sozialstaaten die Mechanismen
der Begrenzung der Lohnkonkurrenz durch supranationale Marktintegra-
tion an Effektivität verlieren. Es geht aber nicht mehr bloß um eine solche
Faktizität, wenn darüber hinaus die EU die mitgliedstaatlichen Mechanis-
men direkt auf der Rechtsebene dergestalt aushebelt, dass sie nicht nur zu-
nehmend praktisch leer laufen, sondern für rechtswidrig erklärt werden.
Genau darum ging es jüngst vor dem Europäischen Gerichtshof in dem Ver-
fahren Rüffert 12: Im Zuge abnehmender Bindungswirkung der deutschen
Flächentarifverträge hat die – freilich stets umstrittene – politische Suche
nach Alternativen auf Länderebene verschiedentlich zur Verabschiedung
von Tariftreuegesetzen im Bereich öffentlicher Auftragsvergabe geführt.13
Tariftreuegesetzen zufolge müssen Unternehmer, soweit sie öffentliche Auf-
träge erfüllen, ihren Beschäftigten Entlohnung nach den örtlich einschlägi-
gen Tarifverträgen gewähren. Mit diesem Instrument, das treffend auch die
„kleine Allgemeinverbindlicherklärung“ genannt wird, lässt sich zumindest
im Bereich öffentlicher Aufträge die Bindungskraft von Flächentarifverträ-
gen stärken und in bestimmten Branchen wie etwa im Bau nahezu wieder
herstellen.
Diesen neuen, im deutschen Kontext aber sehr plausiblen Ansatz zur Be-
kämpfung von Lohnkonkurrenz hat der EuGH nun rundheraus für rechts-

10 Ausführlich: F. Rödl Arbeitsverfassung, in A. v.Bogdandy (Hg.), Europäisches Ver-

fassungsrecht, 2. Aufl., im Erscheinen.


11 Vgl. G. Ross Das „Soziale Europa“ des Jacques Delors, in St. Leibfried & P. Pierson

(Hg.), Standort Europa, 1998, 327–368 (336).


12 EuGH , Rs. C-346/06, Rüffert ./. Land Niedersachsen, U. v. 3. 4. 08.
13 Überblick bei Th. Schulten & M. Pawicki Tariftreueregelungen in Deutschland, WSI -

Mitteilungen 2008, 184–190.


770 Christian Joerges und Florian Rödl

widrig erklärt. Tariftreuegesetze verstießen gegen die in Art. 49 EGV ge-


währleistete Dienstleistungsfreiheit und die Entsende-Richtlinie.14 Diese
schreibt vor, dass bestimmte Kernarbeitsnormen, sofern sie gesetzlich oder
für den Bausektor tarifvertraglich mit erga omnes-Wirkung festgelegt sind,
auch für kurzfristig entsandte Beschäftigte gelten müssen. Der EuGH inter-
pretierte sie aber zugleich als eine Regel, die alle übrigen Möglichkeiten der
Mitgliedstaaten, interne Arbeitsbedingungen auf entsandte Beschäftigte zu
erstrecken, verbietet, die also alle übrigen Formen ausschließt, interne Me-
chanismen zur Begrenzung von Lohnkonkurrenz gegen den europäischen
Marktdruck zu effektivieren.15 Der deutsche Modus einer auf den öf-
fentlichen Sektor beschränkten Allgemeinverbindlicherklärung sei, so be-
fand der EuGH , derart abwegig, dass er den Rechtsfertigungstest für Grund-
freiheitsbeschränkungen schon auf der ersten Stufe nicht bestand: Dass es
hier tatsächlich um den Schutz von Arbeitnehmern gehe, sei nicht vorstell-
bar.16
Wie die juristische Herleitung dieser Ergebnisse lege artis durch den
EuGH zu beurteilen ist, mag hier dahin stehen; sicherlich aber war sie alles
andere als zwingend.17 Jedenfalls hat er in der Kollision der europäischen
Ordnung des Marktes und der mitgliedstaatlichen Ordnung des Sozialen
für den rechtlichen Vorrang der Marktordnung votiert. Damit hat der Ge-
richtshof durchaus einer Rationalität effektiven wirtschaftlichen Wettbe-
werbs einen ausschließenden Vorrang gegenüber einer Rationalität sozialen
Ausgleichs verschafft. Darüber hinaus aber hat er dabei präzise einen Punkt
getroffen, der für das Überleben moderner Sozialstaatlichkeit unter Bedin-
gungen grenzüberschreitender Märkte von zentraler symbolischer und
praktischer Bedeutung ist. Freilich handelt es sich um ein Feld, das immer
schon politisch und gesellschaftlich umkämpft war und ist. Der Schutz vor
Lohnkonkurrenz durch Gesetz oder durch gewerkschaftliche Organisation
und Ausübung gewerkschaftlicher Rechte war Ergebnis politischer und so-
zialer Kämpfe und seine je konkrete Ausgestaltung ist es bis heute.18 Indem
das europäische Recht bestimmte Regulierungen, die nichts anderes als Zwi-
schenstände dieser gesellschaftlichen Kämpfe auf mitgliedstaatlicher Ebene
darstellen, für rechtswidrig erklärt, wirkt es darum parteilich zugunsten
derjenigen Seite, der ohnehin an keiner oder möglichst geringer Regulierung
der Lohnkonkurrenz gelegen ist.

14 Richtlinie 96/71/ EG , ABl . L 18/1996, 1.


15 Dies gegen das Votum zweier Generalanwälte: GA Bot, Rs. C-346/06, Rüffert (Fn. 12),
Rn. 83 zum einen und GA Mengozzi, Rs. C- 341/05, Laval un Partneri, U. v. 17. 12. 07,
Rn. 197 f.
16 EuGH , Rs. C-346/06 (Fn. 12), Rn. 40.
17 Vgl. nur das entgegen gesetzte Votum des französischen Generalanwalts: GA Bot,

C-346/06, Schlussanträge v. 20. 9. 2007.


18 Vgl. die umfassende Darstellung von M. Kittner Arbeitskampf, 2005.
Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 771

Die Rüffert-Entscheidung macht besonders anschaulich, wie hinter Kolli-


sionen unterschiedlicher – in diesem Falle: wirtschaftlicher und sozial(staat-
lich)er – Rationalität gesellschaftliche Konflikte stehen können, die gerade
die konkrete Art der Auflösung jener Kollisionen zu ihrem Gegenstand ha-
ben. Eine scheinbar neutrale Anrufung der am föderalstaatlichen Vorbild
orientierten rechtlichen Regel, die einen generellen Vorrang des Europa-
rechts durchsetzen will, ist in dieser Art von Konflikten sicher deplaziert.
Nicht weit genug trüge aber auch ein allgemeines Gebot wechselseitiger
Rücksichtnahme. Denn wie gerade die Rüffert-Entscheidung zeigt, würde
dessen Befolgung gerade zu Landnahmen des wirtschaftlichen Wettbewerbs
in solchen Sphären führen, um deren Schutz vor dem Durchgreifen wettbe-
werblicher Imperative gerade gerungen wird. Stattdessen wäre es dringend
geboten, dass sich das europäische Recht und seine Institutionen verständig
zeigten für die gesellschaftlichen Hintergründe des Zuschnitts der Kompe-
tenzen der Union, denen zufolge die Artikulation sozialer Rechte sehr weit-
gehend den Mitgliedstaaten überlassen bleiben muss.

III. Rechtliche Verfassung politischer Kollisionsnormbildung –


das europäische Ausschusswesen
Während Europa mit der Entwicklung einer transnationalen Arbeits- und
Sozialverfassung nicht zurechtkam, hat es in den Feldern der sogenannten
Sozialregulierung, das heißt der Regulierung des Schutzes von Arbeits-,
Umwelt- und Verbraucherbelangen, progressiv-modernisierend gewirkt.
Als sich alle institutionellen Akteure Mitte der 80er Jahre darauf verständigt
hatten, die Integration durch eine „Vollendung des Binnenmarktes“ voran-
zutreiben, stellte sich rasch heraus, dass hierfür umfängliche regulative und
institutionelle Reformen in Angriff genommen werden mussten. Dies hat
viele Beobachter, namentlich die Protagonisten eines neo-liberalen Markt-
Europas irritiert, war aber schon deshalb nicht wirklich überraschend, weil
Europa bei seinem market building auf in den nationalen Gesellschaften fest
etablierte regulative Praktiken traf, die es nicht einfach abschaffen konnte:
Umfassende regulatorische Reformen erschienen von daher als die attrakti-
vere Alternative.
Nun muss regulative Politik überall, bei der ökonomischen ebenso wie
bei der sozialen Regulierung, auf Expertenwissen zurückgreifen. Sie benö-
tigt darüber hinaus eine administrative Infrastruktur und ist schließlich auf
das Wissen und die Kooperation gesellschaftlicher Akteure angewiesen. In
all diesen Hinsichten war die europäische Ebene des Regierens auf die Auf-
gaben, die sie mit ihrem Großprojekt in Angriff nahm, schlecht gerüstet.
Aus eben dieser Schwäche ergaben sich innovatorische Zwänge, Chancen
und Risiken. Für die Architekten des europäischen Binnenmarktes kam der
772 Christian Joerges und Florian Rödl

Aufbau einer hierarchisch strukturierten Verwaltung oder die Einrichtung


europäischer Agenturen nach amerikanischen Vorbildern nicht wirklich in
Frage. Es lag nahe, stattdessen auf jene Handlungsform zurückzugreifen,
mit der Europa schon einmal eine Ebenen übergreifende, kontinuierlich tä-
tige „politischen Verwaltung“ aufgebaut hatte, nämlich das in der Agrar-
politik entstandene Ausschusswesen. Hierfür erfand der amtliche Sprach-
gebrauch den schönen Terminus „Komitologie“.19 Sein obskurer Klang
entspricht der Komplexität der Aufgabe, die funktionalen und strukturellen
Spannungen des Binnenmarktprojekts klein zu arbeiten. Dabei geht es ge-
rade bei der „Durchführung“ der neuen regulativen Politiken oft genug
nicht bloß um technische, sondern auch um politisch sensible Themen. Die
Komitologie muss dann zwischen funktionalen Erfordernissen und norma-
tiven Belangen vermitteln. Die jeweils unterschiedliche Zusammensetzung
der Ausschüsse ergibt sich aus der Aufgabe, die verschiedenen Bestände
an Fachwissen und regulativen Anliegen gegeneinander abzuwägen und zu
einer Synthese zu bringen. Sie spiegelt aber auch die Interessenvielfalt und
die politischen Differenzen wider, die im Implementierungsprozess ausge-
tragen werden müssen.
In unseren einführenden Bemerkungen haben wir die Komitologie als ei-
nen Modus der Konfliktvermittlung bezeichnet, der sich nicht als „Rechts-
anwendung“, also auch nicht als konventionelles Kollisionsrecht begreifen
lässt. Gewiss lassen sich die Konflikte, die in den Ausschüssen behandelt
werden, als Kollisionen wirtschaftlicher mit unterschiedlichen Versionen so-
zialregulativer Rationalität beschreiben. Aber die im internationalen öffent-
lichen Recht tradierten und in der amerikanischen conflicts revolution von
Brainerd Currie erneuerten Einwände erweisen sich als triftig. 20 Eine exklu-
siv judikative Bearbeitung dieser Kollisionen stünde vor einem unlösbaren
Dilemma, denn hier bestünden nur zwei gleichermaßen untaugliche Mög-
lichkeiten: Gerichte könnten entweder der Tradition des öffentlichen Kolli-
sionsrechts entsprechend 21 die territoriale Reichweite einer mitgliedstaatli-
chen Regulierung zur Geltung bringen und würden so den Binnenmarkt
konterkarieren; oder sie könnten nach dem Vorbild eines liberalistisch kon-
zipierten Kollisionsrechts 22 ein reines Herkunftslandprinzip etablieren und
hätten dann in Kauf zu nehmen, dass die Bürger der Union solchen Vorstel-

19 Details bei J. Falke Komitologie – Entwicklung, Rechtsgrundlagen und erste empiri-

sche Annäherung, in Ch. Joerges & J. Falke (Hg.), Das Ausschußwesen der Europäischen
Union. Praxis der Risikoregulierung im Binnenmarkt und ihre rechtliche Verfassung. Ba-
den-Baden, 2000, 43- 159.
20 Hierzu: Ch. Joerges Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts, 1971, bes. 154 ff.
21 G. Kegel & I. Seidl-Hohenveldern Zum Territorialitätsprinzip im internationalen öf-

fentlichen Recht, in FS Ferid, 1978, 233–277.


22 St. Grundmann Das Internationale Privatrecht der E-Commerce-Richtlinie, Ra-

belsZ 67 (2003), 246–297.


Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 773

lungen wegen ihrer deregulativen Implikationen die Anerkennung versagen.


Gefordert sind mithin letztlich Sachnormen, die jedoch nicht als Sachnor-
men einer übergeordneten föderalen Rechtsebene auftreten, sondern als
„Sachnormen im Kollisionsrecht“ 23 funktional Kollisionsnormen bleiben.
Anders als die Normen öffentlichen oder liberalistischen Kollisionsrechts
können regulative Sachnormen aber von vorne herein nur schlecht als Er-
kenntnis von Rechtsanwendung auftreten, weshalb Gerichte als ihre Produ-
zenten eigentlich ausscheiden. Vielmehr müssen jene Normen in politi-
schen Verfahren generiert werden, die ihre kollisionsrechtliche Funktion
spiegelt. Wer sich all dies vor Augen führt, wird der Komitologie einiges ab-
gewinnen können. Deren „Regelungsausschüsse“ agieren nach der Art von
„Miniräten“, so dass sie die Legitimation ihres Tuns aus der Delegation von
demokratisch legitimierten mitgliedstaatlichen Regierungen ableiten. Mit
der Rücksichtnahme auf konkurrierende Belange und der Einbeziehung
von wissenschaftlicher und praktischer Expertise hat sich auf europäischer
Ebene ein „Entdeckungsverfahren der Praxis“ 24 institutionalisiert, das auf
die Produktivität kooperativer Bearbeitungen komplexer Konfliktlagen
setzt, und tragfähige Indizien weisen darauf hin, dass jene Problemerörte-
rungen in aller Regel sachlich-deliberativ, wenngleich unter weitgehender
Abschottung vor der Öffentlichkeit, verlaufen. 25
Nun ist es kein Spezifikum der europäischen Konstellation, dass der Vor-
sprung der Verwaltung an Wissen und Macht die für die moderne Demo-
kratie essentiellen hierarchischen Verhältnisse zwischen Gesetzgebung,
Regierung und Verwaltung zu konterkarieren droht. 26 Auch in supranatio-
nalen Zusammenhängen kommt es darauf an, sich gegen die Risiken einer
Verselbständigung europäischer und internationaler Funktionsbürokratien
und Expertenzirkel zu wappnen. 27 Ansätze hierfür sind bereits gegeben mit
der Transparenz des Ausschusswesens gegenüber dem Europäischen Parla-
ment und subjektiven Informationsansprüchen der Bürger 28, sowie mit pri-
23 Siehe schon E. Steindorff Sachnormen im Internationalen Privatrecht, 1958.
24 Zum Terminus vgl. Ch. Joerges Verbraucherschutz als Rechtsproblem, 1981, 111 ff.
25 Ch. Joerges & J. Neyer Von intergouvernementalem Bargaining zur deliberativen Poli-

tik, in B. Kohler-Koch (Hg.), Regieren in entgrenzten Räumen, PVS Sonderheft 28 (1998),


207–233. Eine Ausnahme zur außerordentlich hohen Konsensorientierung in den Aus-
schüssen besteht bei Fragen der Zulassung gentechnisch veränderter Produkte.
26 W. Schluchter Aspekte bürokratischer Herrschaft, 1985; H. Häußermann Die Politik

der Bürokratie, 1977.


27 Darin bestünde, wie R. Schmalz-Bruns es treffend ausdrückt, die „normative Pointe

von Konstitutionalisierung“ supranational-administrativer Verrechtlichung: An den Gren-


zen der Entstaatlichung, in P. Niesen & B. Herborth (Hg.), Anarchie der kommunikativen
Freiheit, 2007, 269–294 (290).
28 Art. 5 Abs. 5, 7 Abs. 3 des Beschlusses des Rats zur Festlegung der Modalitäten für

die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse v. 28. 6. 1999,


ABl . L 184/23 einerseits und EuG, Rs. T-188/97, Rothmans International gegen Kommission,
Slg. 1999 II -2463 andererseits.
774 Christian Joerges und Florian Rödl

mär- und sekundärrechtlichen Schutzklauseln, die keine dauerhaften Aus-


stiegsoptionen gewähren, aber immerhin politisch wahrzunehmende Rechte
auf erneute Beratung und Entscheidung einräumen. 29 Weitergehende Vor-
stöße zu einer umfassenden und im Wesentlichen prozedural angelegten
Konstitutionalisierung der Komitologie haben freilich zwei Schwierigkeiten
zu bedenken. Die eine betrifft die Verständnisbarrieren zwischen Experten
und allgemeiner Öffentlichkeit. Die andere ergibt sich aus den sozioökono-
mischen und kulturellen Abhängigkeiten der Risikopolitik. Die Konstitu-
tionalisierung der Komitologie muss deshalb zum einen die Pluralität der
Expertise gewährleisten, die in den Entscheidungsprozessen zum Tragen
kommen soll, zum anderen aber auch der sozialen und politischen Pluralität
Europas Rechnung tragen und deshalb dafür sorgen, dass die europäischen
Öffentlichkeiten sich wechselseitig beobachten und die Besorgnisse der je-
weils anderen ernst nehmen. 30 Wenn all diese Rücksichtnahmen einheitliche
Entscheidungen erschweren, so ist dies, jedenfalls normativ gesehen, kein
Nachteil, sondern entspricht der Pluralität der EU .
Um die praktischen Realisierungschancen entsprechender Vorschläge ist
es indessen nicht gut bestellt. Auf eine Vermehrung regulativer Aufgaben
einerseits und die Steigergung sozioökonomischer Divergenzen, letzteres
allem voran Folge der Ost-Erweiterung, reagiert die regulative Politik mit
einer zentralisierenden „Verwissenschaftlichung“ von Entscheidungsprozes-
sen, in der grundsätzlich nur solche Einwände gegen Umwelt- und Gesund-
heitsrisiken relevant sein sollen, für die es wissenschaftlich abgesicherte Be-
lege gibt. Der Wirkungsbereich der Komitologie wird dabei zurückgedrängt.
An ihre Stelle treten zunehmend Europäische Agenturen, die sich mit ko-
gnitiv verstandenen Risikoanalysen befassen, während das risk management
politisch verantwortlichen Akteuren zugewiesen wird – als ob sich die ko-
gnitiv-wissenschaftlichen und die praktisch-politischen Dimensionen der
Risikoregulierung säuberlich voneinander trennen ließen.
Sind die hier zu entscheidenden Konfliktlagen zureichend als Ungleichge-
wichte zwischen verschiedenen funktional ausdifferenzierten Kommunika-
tionsformen erfassbar?31 Wir nehmen andere Antriebskräfte mit in den Blick
und kommen darum auch zu einer anderen institutionellen und rechtlichen
Problemsicht: Die faktische Stärkung wissenschaftlicher Beratung in der eu-
ropäischen Risikopolitik kommt den Interessen an gemeineuropäischen
einheitlichen Entscheidungen entgegen; sie erleichtert die Einbindung der
europäischen Politik in globale Abstimmungen; dies kommt schließlich den

29 Art. 95 Abs. 4–8 und Abs. 10 EGV.


30 Zum hier in Bezug genommenen Verständnis europäischer Öffentlichkeit insbeson-
dere K. Eder Zur Transformation nationalstaatlicher Öffentlichkeit in Europa, BJS 10
(2000), 167–184.
31 Vgl. am Bsp. europäischer Chemikalienregulierung P.F. Kjaer Between Governing and

Governance, PhD-Thesis EHI Florenz 2008, 190 ff.


Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 775

Vermarktungsstrategien global agierender Unternehmen entgegen, die sich


nicht darum kümmern wollen, wie sich die rechtlichen Anforderungen an
das Wohlbefinden von Hausschweinen oder gentechnologische Innovatio-
nen auf die Beschäftigungszahlen in der polnischen Landwirtschaft auswir-
ken. In dieser Tendenz zur Abschottung der regulativen Politik Europas von
ihren distributiven Implikationen reproduziert sich die Disjunktion von
Marktintegration und Sozialintegration.

IV. Asymmetrische Kollision öffentlicher und privater


Verfassung – die europäische Normung
Auch wenn die governance-Arrangements, mit denen Europa seine öko-
nomische und soziale Regulierung des Binnenmarktes organisiert, vielfach
nicht-gouvernementale Akteure einbeziehen, so dominiert dort doch, je-
denfalls in der eben besprochenen „alten“ Komitologie, die administrative
Komponente. In der praktisch ungemein wichtigen, alle Bereiche von Pro-
duktion und Konsum durchdringenden Normung ist dies umgekehrt. Hier
haben sich Staat, Verwaltung und Europäische Kommission zwar keines-
wegs abgemeldet, aber doch auf eine Förderer- und Beobachterrolle zurück-
gezogen.
In Europa geschah dieser Positionswechsel im Jahre 1983 durch die
„Neue Konzeption für technische Harmonisierung und Normung“. Deren
(Erfolgs-)Geschichte ist geradezu provokant: 32 Nachdem die Bemühungen
um die Beseitigung von sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen,
mit der die EWG seit 1969 planmäßig befasst war, sich als ein aussichtloses
Unterfangen erwiesen hatte, ersann Lord Cockfield im Auftrag der Kommis-
sion ein Bündel klug aufeinander abgestimmter Maßnahmen: Die europäi-
sche Rechtsetzung entlastete sich dadurch wesentlich, dass sie sich von nun
an damit begnügte, wesentliche Sicherheitsanforderungen festzulegen. De-
ren Konkretisierung wurde an die europäischen Normungsorganisationen
CEN , CENELEC und ETSI unter Zwischenschaltung von Normungsman-
daten delegiert. Die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure bedeutete de
facto eine Delegation gesetzgeberischer Kompetenzen. Auf den ersten Blick
mag es geradezu paradox erscheinen: die Verregelung dieses „privaten
Transnationalismus“ (Schepel) ist weitaus intensiver ausgefallen als die der
vormals öffentlich-rechtlichen, jetzt von den neuen governance-Arrange-
ments erfassten Politikfelder. Es haben sich allgemein akzeptierte und stabile
Prozeduren herausgebildet, die Rechtsprinzipien, professionelle Standards
und Partizipationschancen synthetisieren und immer wieder zu konsentier-
ten Problemlösungen führen.

32 H. Schepel, The Constitution of Private Governance, 2005, bes. 35 ff.


776 Christian Joerges und Florian Rödl

Bezeichnenderweise weist die europäische Normung viele Merkmale der


Komitologie auf. Sie hat insbesondere auf eine Zentralisierung verzichtet
und stellt durch eine nicht-unitarische Netzwerkstruktur sicher, dass natio-
nale Delegationen ihre jeweiligen Perspektiven einbringen können. Verwal-
tungen und auch Gerichte sind zuweilen aktuell und stets latent präsent.
Die Normung operiert in ihrem Schatten. Sie hat sich vom staatlichen
Recht gelöst, bleibt aber transparent und hält Kontakt mit gouvernementa-
len Akteuren. Für Schepel liegt das Erfolgsgeheimnis der Normung darin,
dass sie ihre Verfahren keinen ökonomischen oder wissenschaftlichen, son-
dern politischen Maßstäben unterstellt: Transparenz, Offenheit und ausge-
wogene Interessenrepräsentation sind die Maßstäbe, nach denen sich die
einschlägigen Beratungen innerhalb der berufenen Institutionen ausrich-
ten. Sie befördern weder wissenschaftliche Erkenntnis noch ökonomisch
Effizienz, sondern zielen auf die Anerkennung ihrer Ergebnisse im staat-
lichen Recht. 33
Mithin haben wir es hier mit einer Konstellation zu tun, in der das zwin-
gende staatliche Recht und die Norm-Fertigung nicht-staatlicher Akteure
sich produktiv ergänzen. Die Behauptung, dass die Normung derartige Sen-
sibilitäten entwickelt und pflegt – und zwar auf allen Ebenen des Regierens –
erscheint uns zumindest plausibel. Denn Schepels Bebachtungen treffen sich
mit historischen Untersuchungen, die Transformationen des eindimensio-
nal konstruierten Verbrauchers zum politisch agierenden Marktbürger re-
konstruieren, 34 mit soziologischen Analysen, die eine Moralisierung von
Märkten diagnostizieren, 35 und mit einer Vielzahl wirtschaftssoziologischer
Studien, die Märkte als soziale Institutionen begreifen. 36 Um dies zu verall-
gemeinern: Das Recht kann und sollte darauf bauen, dass die moderne
Wirtschaft und ihre Märkte eben nicht automatengleich nach dem geldver-
mittelten Steuerungsmodus von Angebot und Nachfrage funktionieren.
Vielmehr müssen sie politisch wichtige Festlegungen treffen. Das Recht darf
davon ausgehen, dass den Produzenten dieser Normen grundsätzlich an de-
ren Anerkennung insbesondere durch verfassungsstaatliches Recht gelegen
ist. Deshalb kann und soll jenes Recht auf das Zustandekommen dieser
Festlegungen Einfluss nehmen.
Ebenso wie im Falle der Komitologie müssen wir uns der Frage stel-
len, inwiefern solche Interaktionen kollisionsrechtlich begreifbar sind. Im
Unterschied zu den Anerkennungsfragen, die dem überkommenen Kolli-
sionsrecht im Verhältnis zu fremdem Recht und fremder gerichtlicher Ent-
scheidung begegnen, haben wir es hier mit para-legalen Alternativen zu

33 AaO, 223.
34 K. Soper & F. Trentmann (eds.), Citizenship and Consumption, 2007.
35 N. Stehr Die Moralisierung der Märkte, 2007.
36 J. Beckert Grenzen des Marktes, 1997.
Zum Funktionswandel des Kollisionsrechts II 777

staatlichem Recht zu tun. Gleichzeitig geht es aber, nicht anders als in ent-
sprechenden nationalen Konstellationen auch, um Regelungsprobleme, für
deren Bewältigung dem staatlichen Recht die Ressourcen und die Expertise
fehlen. 37 Dem Übergang zu prozeduralen Regelungsformen im nationalen
Recht entspricht dann die Bereitschaft zur Anerkennung der Ergebnisse ge-
sellschaftlicher Normproduktion, die erstens an sachliche Voraussetzungen
geknüpft ist, die zweitens prozedurale Vorgaben einlöst oder zumindest
anerkannten Praktiken entspricht und deren Ergebnisse drittens von staat-
lichen Rechtsordnungen, mit deren ordre public sie unvereinbar sind, nicht
hingenommen werden müssen.
Diese Vorstellung einer kollisionsrechtlichen Anerkennung nicht-staatli-
chen Rechts unter Bedingungen und Auflagen repräsentiert nicht etwa eine
radikale Innovation kollisionsrechtlichen Denkens. Vielmehr wird eine Fi-
gur aufgenommen und verallgemeinert, die sich „seit jeher“ im Kollisions-
recht für private Rechtsverhältnisse findet, nämlich die Anerkennung von
Sprüchen privater Schiedsgerichte durch das staatliche Recht (§§ 1059 ff.
ZPO ) 38, die gleichfalls sachlichen Voraussetzungen sowie prozeduralen und
materiellen Anforderungen unterliegt, die insbesondere gehaltvoller sind als
diejenigen einer Anerkennung fremden Rechts (Art. 6 EGBGB ) oder der
Anerkennung fremder gerichtlicher Entscheidungen (§ 328 ZPO ). Mit die-
ser Analogie wird auch die Asymmetrie unterstrichen, die im bisher Gesag-
ten schon angesprochen war: Private Normsetzung sucht die Anerkennung
durch staatliches bzw. europäisches Recht, ist auf sie angewiesen und ope-
riert darum in dessen Schatten. 39 Nach unserem Verständnis liegt genau hie-
rin ein abweichender Akzent gegenüber Gunther Teubners Zeichnung von
„Zivilverfassungen“. 40 Denn wir können auf diese Weise (und wollen es
auch), um es abstrakt-alteuropäisch zu fassen, der Vorstellung verhaftet
bleiben, dass Recht nur dann Geltung beanspruchen kann, wenn sich alle
ihm rechtlich oder faktisch Unterworfenen auch als seine gleichberechtigten
Autoren verstehen können – und dies erscheint nicht anders denkbar als in
Verfahren unter öffentlicher Verfassung.

37 E. Schanze International Standards – Functions and Links to Law, in P. Nobel (ed.),

International Standards and the Law, 2005, 84–103, 90 f.; H. Schepel Sources and Legal Re-
cognition of Standardisation, in Ch. Joerges & E.-U. Petersmann (eds.) Constitutionalism,
Multilevel Trade Governance and Social Regulation, 2006, 397–409.
38 Hierzu im Kontext der Diskussionen um ein „Privatrecht jenseits des Staates“: F. Rödl

Private Law Beyond the Democratic Order?, Am. J. Comp. L. 56 (2008), 743–766 (764 ff.).
39 Dieser Aspekt erscheint uns auch zentral bei M. Herberg Globalisierung und private

Selbstregulierung, 2007.
40 Ähnliche Intentionen verfolgen nach unserem Verständnis K. Günther (Zivil-)Recht,

in Ch. Joerges & G. Teubner (Hg.), Rechtsverfassungsrecht, 2003, 295–311 (305 ff.) und
Ch. Möllers Transnational Governance without a Public Law?, in Ch. Joerges, I.-J. Sand &
G. Teubner (eds.), Constitutionalism and Transnational Governance, 2004, 329–337.
778 Christian Joerges und Florian Rödl

V. Beschluss
Mit unserem „Beschluss“ wollen wir weder eine anglo-amerikanische „con-
clusion“ noch eine deutsche „Zusammenfassung“ liefern, sondern an jenen
Sprachgebrauch anknüpfen, der weitere Aufklärung zwar für notwendig er-
klärt und ankündigt, dies aber nicht als Grund für eine Verweigerung prak-
tisch relevanter Auskünfte gelten lässt. Gewiss haben wir unseren kollisi-
onsrechtlichen Ansatz in seinen drei Dimensionen weiter zu erproben und
zu konkretisieren. Gewiss müssen wir seine Anschlussfähigkeit in der
Rechtstheorie, der Integrationstheorie und der Theorie internationaler Be-
ziehungen genauer belegen. Aber es sollte doch deutlich geworden sein, von
welchen Orientierungen wir uns bei all dem leiten lassen wollen.
Am wichtigsten ist uns das Verhältnis des Rechts zu den Herausforderun-
gen der post-nationalen Konstellation. Es geht uns hier um die Fortschrei-
bung seiner Aufgabe der Gewährung und Gewährleistung individueller und
sozialer Freiheit. Sie erfordert, dass die Formen individueller Freiheit in öf-
fentlich-demokratischen Verfahren artikuliert werden. 41 Die post-nationale
Konstellation führt einerseits zu Kollisionen von gesellschaftlich generierten
Normbeständen mit öffentlich verfasstem Recht und zu Kollisionen dieser
Normbestände untereinander. In diesem Pluralismus kann das Recht seine
demokratische Legitimität nur bewahren, wenn gesellschaftliche Normpro-
duktion als verliehene Autonomie öffentlich angeeignet wird. Andererseits
kommt es zu Kollisionen von öffentlich verfassten Rechtsordnungen im in-
zwischen globalen fragmentierten Mehrebenensystem. Hier kann das Recht
seine demokratische Legitimität nur bewahren, wenn es errungene demo-
kratische Autonomie schützt und demokratische Defizite der Fragmentie-
rung 42 ausgleicht.
Für ein Verständnis und die Bewältigung beider Aufgaben empfehlen wir
eine Orientierung am kollisionsrechtlichen Denken, das Gunther Teubner
wie kein anderer vorangetrieben hat. Nicht nur liefert es, wie wir beispiel-
haft zu zeigen versuchten, das fruchtbarste theoretische Paradigma. Vor al-
lem repräsentiert das Kollisionsrecht die Form der legitimen Verfassung der
post-nationalen Konstellation.

41 J. Habermas (Fn.7), 109–165.


42 J. Bast Das Demokratiedefizit internationaler Fragmentierung, erscheint in: Soziale
Welt; Ch. Möllers Gewaltengliederung, 2005, 223.
Versöhnung im Atlas?

Globale Normen und Vergangenheitsbewältigung


im Königreich Marokko

Fatima Kastner

I. Das Erbe der „bleiernen Jahre“


„In Konkretisierung Unseres festen Königlichen Willens, voranzuschrei-
ten bei der Förderung der Menschenrechte – in der Praxis und als Kultur –,
richten Wir heute die Kommission Gerechtigkeit und Versöhnung ein. Da-
mit setzen Wir die letzte Marke auf dem Weg, der zum definitiven Ab-
schluss eines heiklen Kapitels führen soll – am Ende eines Prozesses, der
Anfang der 1990er Jahre begonnen hat und dessen Festschreibung Gegen-
stand Unserer allerersten Verfügung nach Unserer Inthronisation gewesen
ist“ (zitiert nach Dennerlein 2005: 11).
Der König von Marokko Mohamed VI . hat mit dieser feierlichen Anspra-
che am 7. Januar 2004 die Einsetzung einer Untersuchungskommission nach
dem Vorbild der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission
angekündigt. Am 10. April desselben Jahres wurde durch königliches De-
kret die Kommission mit dem offiziellen Namen „Instance Equité et Ré-
conciliation: Commission Nationale pour la Vérité, l’Èquité et la Réconci-
liation“ ( IER ) eingesetzt.1 Bereits die Zusammenstellung der beteiligten
Persönlichkeiten war von großer gesellschaftlicher Symbolkraft, da sie aus
unabhängigen Intellektuellen, Historikern, Ärzten sowie Menschenrechts-
aktivisten aus den unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Organisationen
des Landes bestand. Der unerwartet im Frühjahr 2007 verstorbene, hoch
angesehene ehemalige Präsident der Kommission, Driss Benzekri, und fünf
weitere Mitglieder der Einrichtung waren selbst Opfer staatlicher Verfolgung
und verbüßten zum Teil langjährige Haftstrafen in Marokko. Das Unter-
suchungsziel der Kommission bestand vornehmlich darin, schwere Men-
schenrechtsverletzungen, die in der Zeit während der so genannten „bleier-
nen Jahre“ (Daoud 2007) seit der Unabhängigkeit Marokkos von 1956 bis

1 Zum Entstehungskontext, Verfahren und Abschluss der Kommissionsarbeit siehe die

hierfür eigens eingerichtete Website der IER unter www.ier.ma/.


780 Fatima Kastner

1999 begangen wurden, aufzudecken, zu dokumentieren und den Opfern


bzw. deren Hinterbliebenen Entschädigungsleistungen zukommen zu las-
sen. 2
Dieser Schritt war – für ein als eher konservativ geltendes, arabisch-is-
lamisches Land – aus zweierlei Gründen ein unglaublicher Skandal. Zum
einen ist dieses von Mohamed VI . in Gang gesetzte Verfahren mit dem aus-
drücklichen Ziel der Förderung der Menschenrechte „in der Praxis und als
Kultur“ in der arabischen Welt – bisher jedenfalls – einzigartig. Keiner der
Machthaber in Ägypten, Saudi-Arabien, Syrien oder gar im Iran würde der-
zeit eine derartige Kommission zur Untersuchung von Staatsverbrechen bei
sich dulden. Darüber hinaus handelt es sich auch und vor allem um einen
unerhörten Tabubruch, denn der marokkanische König gilt laut Verfassung
als unantastbare Person. 3 Und mit dem „heiklen Kapitel“, von dem der Mo-
narch spricht und das als Untersuchungsgegenstand der Kommissionsarbeit
fixiert worden ist, ist nicht weniger als von den massiven Menschenrechts-
verletzungen die Rede, die sein eigener Vater, König Hassan II ., während
seiner Regierungszeit zu verantworten hat.
„Wird man nun über Hassan II . richten und dessen Regime den Prozess
machen?“ so fragte die Wochenzeitung „Maroc Hebdo“ als Reaktion auf die
königliche Ankündigung. Eine Aufklärungskommission berge nach Ansicht
des Blattes und anderer konservativer Stimmen im Land die Gefahr, dass die
gesamte Monarchie und damit das derzeitige konstitutionelle Legitima-
tionsmodell des Staates in Frage gestellt werden würde. Der Hintergrund
dieser Befürchtungen: König Mohamed VI . hat den Thron 1999 von seinem
Vater nach dessen Tod geerbt. In Ländern wie in Südafrika war der Einbe-
rufung einer Wahrheitskommission jedoch ein Regimewechsel vorausge-
gangen. In Marokko aber gab es einen solchen historischen Bruch nicht.
Nur der König ist ein anderer.
Die entscheidende Frage, die sich hier stellt, ist: Warum riskiert der junge
Monarch diese Konfrontation mit einer blutigen Vergangenheit und damit
vielleicht auch seinen eigenen Kopf? Und warum soll das von staatlichen
Funktionsträgern systematisch begangene Unrecht, darunter zahllose Fälle
von willkürlichen Festnahmen, politischer Verfolgung, Vergewaltigung und
Folter in Geheimgefängnissen, nicht mit den strengen Mitteln des nationa-
len oder gar globalen Strafrechts 4, sondern mit einer Anhörungs- und Nar-
rationseinrichtung bewältigt werden? Warum votiert er für Erinnerung und
Gedächtnis und nicht – was ja durchaus auch mit den vorhandenen Mitteln

2 Zum Mandat sowie dem rechtlichen Status der Kommission vgl. Dahir Nr. 1.04.42

Du 19 safar 1425 (10 April 2004).


3 Der König ist qua Verfassung Regierungschef, Oberbefehlshaber der Armee, Führer

der Gläubigen und laut Artikel 23 als Person heilig und unantastbar.
4 Immerhin hat Marokko das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs unterzeichnet,

wenn auch noch nicht ratifiziert.


Versöhnung im Atlas? 781

des nationalen Rechts erreichbar wäre – nämlich für das Vergessen, etwa
durch Amnestien oder schlicht durch Verbote von entsprechenden Themen
und Thesen? Und was hat das alles mit der angekündigten Förderung der
Geltungskraft und Einhaltung der universalen Menschenrechte „in der Pra-
xis und Kultur“ zu tun?
Eine politikwissenschaftliche Einschätzung der Lage würde wohl fol-
gende Antwort bereit halten: Dass nämlich die angekündigte Absicht der
Förderung der Menschenrechte gar nicht ernst gemeint ist. Wie eine Ana-
lyse der kulturellen, politischen und ökonomischen Situation des Landes
leicht zeigen könnte, erschiene in der Tat eine derartige Selbstbindung an
westliche Standards, die ja zugleich einen massiven Eingriff in die islamische
Identität und damit eine Einschränkung und Unterminierung der Souverä-
nität der de facto absoluten Monarchie nach sich ziehen würde, nicht nur für
den hoffnungslos korrupten Mahkzen (Herrschaftsapparat) als illegitime
Einmischung in innere Angelegenheiten. Aus diesem Blickwinkel betrach-
tet, würde es sich bei den Ankündigungen des Königs lediglich um einen di-
plomatischen „cheap talk“, oder schärfer formuliert, um eine bewusst „or-
ganisierte Heuchelei“ (Krasner 1999) handeln. Eine zwar bestimmte, aber
letztlich folgenlose „folklore d’etat“ 5, deren Zweck allein darin bestünde,
die langjährige und systematische, über transnationale NGO ’s wie Human
Rights Watch und Amnesty International mobilisierte Anklage und Kritik
über Menschenrechtsverletzungen in Marokko zu entschärfen, ohne dass
die eigene repressive innenpolitische Situation geändert oder gar die eigent-
liche Beendigung solcher Praktiken tatsächlich anvisiert werden würde. Die
Einrichtung der Wahrheits- und Versöhnungskommission wäre demnach
lediglich eine taktische Konzession an Forderungen der westlichen „Welt“-
Öffentlichkeit, um einerseits nicht als „Schurkenstaat“ aus der Gemein-
schaft der so genannten „zivilisierten“ Welt verstoßen zu werden und an-
dererseits mit Blick auf das globale Menschenrechtsregime internationale
Abkommen, denen sich auch Marokko unterworfen hat, ohne Reputations-
verlust zu umgehen. In dieser Lesart ginge es der Regierung wohl primär
um die weitere Aufrechterhaltung des Zugangs zu den finanziellen Ressour-
cen und Zuwendungen des Entwicklungsförderungs- und Kooperationssys-
tems internationaler Organisationen und um die Sicherung der Verhand-
lungsgrundlagen für weitere bilaterale Abkommen, wie dies beispielsweise
die Spezialverträge zwischen Marokko und den USA und Marokko und der
EU belegen, die vorrangig den ökonomischen und militärischen, bzw. si-
cherheitspolitischen Interessen der Vertragsparteien dienen.
Aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive könnte man demgegen-
über zu bedenken geben, dass womöglich die Ausgangsfragen selbst eine

5 So, gezielt abschätzend, die Formulierung des ehemaligen Innenministers, Driss Basri.

Siehe: http://www.yabiladi.com/forum/read-2–885178–885252.html.
782 Fatima Kastner

andere Akzentuierung erfahren müssten, weil es zunächst weniger um das


in der Tat zu beklagende faktische Gefälle zwischen dem Anspruch globaler
Menschenrechtsnormen einerseits und lokaler Einhaltung andererseits ginge,
denn vielmehr um die Hervorbringung und Institutionalisierung eines dia-
logischen Prozesses, der es einer islamischen Gesellschaft zunächst einmal
überhaupt erst ermöglicht, einen entlang der eigenen Wertsysteme ausge-
richteten Menschenrechtsdiskurs in Gang zu setzen und zu führen. Vor
diesem Hintergrund erschiene dann die IER über ihre Funktion als Aufar-
beitungsinstrument von staatlichem Systemunrecht im engeren Sinne hi-
naus, vor allem als ein Medium für einen gewissen kommunikativen Wandel
zu fungieren. Ihre entscheidende Rolle bestünde quasi darin, als ein Kom-
munikationsvervielfältigungsinstrument zu wirken, in dem der Umgang mit
einer Pluralität von unterschiedlichen Deutungen und Referenzen zwischen
globalen Interpretationsschemata – wie die der Menschenrechte – einerseits
und lokalen Problemlagen – wie die Frage nach der Art und Weise des kol-
lektiven Umgangs mit massiven Menschenrechtsverletzungen in der Ver-
gangenheit – andererseits gleichsam experimentell simuliert werden kann.
Aus dieser Perspektive würde die IER als ein Pufferinstrument fungieren,
mit dem die marokkanische Gesellschaft auf eine wachsende Erosion und
Zersplitterung ihrer kulturellen Einheit reagiert, indem sie diesem Aufkom-
men unterschiedlicher Beschreibungsweisen zwar einen Artikulationsraum
gewährt, zugleich aber über ein spezifisches Kommissionsverfahren kanali-
siert und eingrenzt. Dadurch würde es einem repressiven Regime wie Ma-
rokko, das letztlich zunehmend sein Deutungsmonopol auf allen sozialen
Ebenen nicht nur mit nationalen Oppositionsgruppen, sondern auch mit
transnational organisierten zivilgesellschaftlichen Akteuren teilen werden
muss, möglich, mit dieser Explosion von Deutungsweisen umzugehen,
ohne als soziokulturelle Einheit überfordert zu werden oder gar den gesell-
schaftlichen Kollaps zu riskieren.
Eine systemtheoretische Lesart wiederum würde die Deutung des Falles
von einer primär makrosoziologischen Perspektive aus vornehmen: Aus der
Blickrichtung des Konzepts der Weltgesellschaft betrachtet erschiene dann
der Prozess des sich etablierenden Menschenrechtsdiskurses sowie die Ein-
setzung der Wahrheitskommission weniger als Instrument oder als Indiz
für eine wie auch immer geartete, nachholende gesellschaftliche Neuorien-
tierung oder gar Modernisierung der Region, denn vielmehr als das direkte
Korrelat der funktionalen Ausdifferenzierung der Weltgesellschaft. Für Luh-
mann besteht die Besonderheit der Weltgesellschaft darin, dass sie, trotz
Ähnlichkeiten in den Strukturmerkmalen, wesentlich bestimmt ist durch
die segmentäre Zweitdifferenzierung des weltpolitischen Systems in Staa-
ten. Genau diese Ausprägung souveräner Nationalstaaten aber, die das welt-
politische System als Andockstellen für seine Kommunikationen nutzt,
unterminiert zugleich die Koordination der globalen Systeme, so dass die
Versöhnung im Atlas? 783

Welt(rechts)ordnung „eher den Ordnungsformen tribaler Gesellschaften


gleicht, also auf organisierte Sanktionsgewalt und auf authentische Defini-
tion der Rechtsverstöße an Hand bekannter Regeln verzichten muss“ (Luh-
mann 1995: 234). Mit der weltweiten Aufmerksamkeit für Menschenrechts-
verletzungen und mit dem sich damit global etablierenden Diskurs der
Menschenrechte reagiert demnach die Weltgesellschaft auf diesen Funktions-
und Koordinationsmangel von Politik und Recht. Nach systemtheoretischer
Lesart hatte die Menschenrechtsidee zunächst im Kontext der Entstehung
des modernen Verfassungsstaates ein innerstaatlich wirksames Inklusions-
moment dargestellt. Als institutionelle Bedingung für die Individualisierung
der Bevölkerung innerhalb der entstandenen territorial begrenzten Natio-
nalstaaten, ermöglichte und stärkte sie damit die dominante Sozialstruktur
der modernen funktional ausdifferenzierten Gesellschaft. Ihre zentrale Funk-
tion bestand demnach darin, das Individuum vor den Folgewirkungen der
Inklusions- und Exklusionseffekte der funktionalen Ausdifferenzierung zu
schützen. Diese Funktion gegen Ausdifferenzierungsprozesse wandelt sich
auf der Ebene der Weltgesellschaft zur Schutzfunktion gegen Fragmentie-
rungs- und De-differenzierungsprozesse (Fischer-Lescano & Teubner 2006;
Teubner 2008; kritisch Kreide 2008). Auf dieser Ebene, in der die rigiden
Kopplungsverhältnisse von Politik und Recht nicht wie auf der national-
staatlichen Ebene evoluieren können (Luhmann 1993: 440 ff.), hat die Men-
schenrechtsnorm daher weniger eine regulativ-inkludierende als vielmehr
eine symbolische Wirkmacht (Bonacker 2003).
Symbolisch wirkt die Menschenrechtsnorm, weil sie gleichsam als zirkulär
angelegte Formel einen gewissen Variationsspielraum für unterschiedliche
inhaltliche Bestimmungen eröffnet. Deshalb können sich an ihr unter-
schiedliche Akteure 6 mit unterschiedlichen Bezugnahmen 7 und in unter-
schiedlichen lokalen Kontexten 8 orientieren, ohne dass die Weltgesellschaft,
wie die heftigen Debatten um asiatische, afrikanische und islamische Men-
schenrechtskonzepte belegt haben, auf eine homogene Weltrechtskultur im
eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. auf identische Werte oder Normver-
ständnisse, zurückgreifen kann. Die Menschenrechtsnorm vereint paradox
formuliert unvereinbare Zugriffs- und Instrumentalisierungsweisen. Diese
Unvereinbarkeit der Handhabung muss freilich in einer Einheit repräsen-
tiert werden. Und genau diese zugleich Pluralität ermöglichende wie ver-
dichtende Funktion übernimmt die Menschenrechtsformel. Damit avanciert
sie zum globalen Fixstern der Weltgesellschaft, nicht weil sie als spezifische
Norm die rechtliche Grundlage der Weltgesellschaft bildete, sondern weil
6 Kollektive Akteure wie Staaten, internationale Organisationen, transnationale NGOs ,

individuelle Akteure.
7 politische, rechtliche, universale, kulturelle, religiöse, ethnische.
8 Ein südafrikanischer Bischof, eine argentinische Mutter, ein marokkanischer König

oder eine guatemaltekische Nobelpreisträgerin.


784 Fatima Kastner

sie als Kontingenz aushaltende Worthülse für ganz unterschiedliche Akteure


Selbstbeschreibungsmöglichkeiten offen hält. Diese dekontextualisierte Sym-
bolisierung gleichzeitig über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg zu er-
möglichen und für die Teilnehmer der weltgesellschaftlichen Kommunika-
tion zur Verfügung zu halten, leistet nach systemtheoretischer Lesart die
Leerformel der Menschenrechte. Daher kann auf lokaler Ebene die Men-
schenrechtsidee „in der Praxis und als Kultur“ operationalisiert und kom-
munikativ auf der Ebene der Weltgesellschaft entfaltet werden (vgl. Luh-
mann 1995: 229–236).
Entscheidend in Bezug auf das Geschehen in Marokko – unabhängig der
drei möglichen Lesarten – ist das Faktum der nachhaltigen Institutionalisie-
rung eines Rahmens für den Diskurs über Universale Rechte. Rechte also,
die nicht nur dem marokkanischen Staatsbürger zukommen, sondern der
gesamten Menschheit. Damit ist im Zuge des Prozesses der kollektiven Aus-
einandersetzung mit Verbrechen in der jüngsten Vergangenheit die Grund-
lage für einen gesellschaftlichen Wandlungsprozess gelegt, der, indem er sich
auf globale Normreferenzen bezieht, nationalstaatliche Rechtsstrukturen so-
wohl rechtskulturell als auch institutionell einem kaum mehr rückgängig zu
machenden Restrukturierungsprozess unterwirft (vgl. hierzu Risse 1999).
Im Sinne eines Trojanischen Pferdes erfüllt somit die IER , vordergründig
zunächst als gesellschaftliches Aussöhnungsinstrument getarnt, tatsächlich –
unabhängig davon, ob dies nun von den staatlichen Initiatoren beabsichtigt
wurde oder nicht – eine innergesellschaftliche Sozialisations- und Anglei-
chungsfunktion an weltgesellschaftliche Verhältnisse (Kastner 2008 b). Als
Teil eines allgemeinen Sozialisierungsprozesses könnte also die IER durch-
aus zu einem Prozess der Systemtransformation führen, indem sie, über die
nachhaltige Etablierung eines öffentlichen Diskurses über globale Normen,
entsprechende normative Erwartungen zur gesellschaftsweiten Ausbreitung
verhilft. Wenn diese normativen Erwartungen tatsächlich Teil individueller,
wie gesellschaftlicher Selbstbeschreibung werden, können sie an politischer
Sprengkraft gewinnen und somit auch den Weg ebenen für eine genuin ju-
ridische Aufarbeitung der begangenen Menschenrechtsverletzungen. Und
das, obwohl die heutige Regierung die Aufdeckungs- und Dokumentations-
arbeit der IER ursprünglich explizit als Ersatz für die Klärung individueller
Schuld, also der gerichtlichen Verfolgung der Täter, vorgesehen hat. 9 Frei-
lich sollte man das mögliche pädagogische Potential in seiner soziokulturel-
len Breitenwirkung nicht überschätzen, aber eben auch nicht unterschätzen.

9 Vgl. Dahir Nr. 1.04.42 Du 19 safar 1425, Artikel 6.


Versöhnung im Atlas? 785

II. Globalatinisierung
Für diese Überlegungen spricht eine weitere erstaunliche Beobachtung:
Marokko ist mit der Inanspruchnahme einer Wahrheitskommission zur Be-
wältigung von staatlich zu verantwortenden Menschenrechtsverletzungen
kein exotisches Einzelphänomen. Ganz im Gegenteil, seit etwa Mitte der
80er Jahre rekurrieren weltweit Gesellschaften, die sich mit ihrer blutigen
Vergangenheit konfrontiert sehen, auf das Konzept von Wahrheits- und Ver-
söhnungskommissionen. Gleichsam im Windschatten der Evolution des na-
tionalen wie internationalen Strafrechtssystems erblüht, scheinen sie, so-
wohl auf lokaler wie auf globaler Ebene, für das jeweilige gesellschaftliche
Konfliktpotenzial weitaus überzeugendere und anschlussfähigere Konflikt-
lösungsinstrumente zur Verfügung zu stellen, als das in der Folge der Kata-
strophe im 20zigsten Jahrhundert so mühevoll errichtete Strafverfolgungs-
system globaler und lokaler Gerichtsbarkeit bereit halten kann. In einem
kurzen Zeitraum von nur knapp 30 Jahren lassen sich in der Tat über 50 Fall-
beispiele in zahlreichen Ländern Lateinamerikas (Oettler 2004), Afrikas,
Asiens, Mittel- und Osteuropas und derzeit nun auch in einem arabischen
Land wie Marokko (vgl. hierzu Slyomovics 2005) anführen, in denen post-
konfliktionäre Gesellschaften bei der Bewältigung von Unrecht weder na-
tionale, noch internationale Strafgerichte angerufen haben, sondern statt-
dessen auf das Konzept der Errichtung von Wahrheitskommissionen setzen
(Hayner 2001; Freeman 2006). Weitere Wahrheitskommissionen sind dabei
gebildet zu werden, wurden angekündigt oder befinden sich in der Diskus-
sion.10 Ganz offenbar steht man der Leistungsfähigkeit des Systems natio-
naler wie internationaler Strafgerichtsbarkeit eher skeptisch gegenüber, so-
bald man es mit umfassenden Menschenrechtsverletzungen zu tun hat, die
auf eine jeweils jüngst zurückliegende Vergangenheit staatlicher Massenge-
walt, auf Repression und Bürgerkrieg verweisen. Es lässt sich also weltweit
das unerwartete Phänomen beobachten, dass einer nicht-juridischen Kon-
fliktlösungsform, die eine kollektive Aufarbeitung entstandenen Unrechts
im Sinne einer „restorative justice“ (Ash 1997; Weitekamp 2002) mit dem
gesellschaftlichen Ziel der Vergebung und Versöhnung, der Vorzug gegen-
über den strengen rechtlich organisierten Mechanismen einer reinen Straf-
justiz eingeräumt wird.
Mit dieser globalen Ausbreitung eines Vergangenheitsbewältigungsinstru-
ments das nicht Recht, sondern ein Schauspiel der Vergebung und Versöh-
nung als Mittel der Bewältigung von Unrecht nutzt, verändert sich für die
jeweiligen Gesellschaften nicht nur die Perspektive auf die eigene Vergangen-
heit und Geschichte und die Art und Weise, diese kollektiv zu erinnern, son-

10 Ein Überblick findet sich auf der Website des United States Institute of Peace:

http:www.usip.org/library/tc.
786 Fatima Kastner

dern sie verschafft damit einer genuin christlich-religiösen Semantik einen


globalen Legitimations- und Geltungsraum, den sie, bisher jedenfalls, nicht
eingenommen hat (vgl. hierzu Wieviorka 1998). Es ist genau diese erstaun-
liche Entwicklung, die Derrida mit dem Begriff der „Globalatinisierung“
(Derrida 2000: 10) zu fassen sucht. Das weltweite „Wuchern der Szenen um
Vergebung“ (Derrida 2000: 10) hat nach dieser Auffassung lateinische Wur-
zeln. Das heißt, das lateinische Christentum der römisch-katholischen Kir-
che steht an der Wiege dieses „Welttheater des Pardons“ (Kastner 2008 a), in
dem sich in der „Sprache Abrahams“ (Derrida 2000: 10) der globale Versöh-
nungs- und Vergebungsdiskurs abspielt und an dessen Inszenierung, auch
Gesellschaften, wie Japan und China teilnehmen, die selbst weder europäi-
sche noch christliche Ursprünge aufweisen.
Was aber heißt Vergebung? Warum wird gegenwärtig weltweit in völlig
unterschiedlichen Konfliktlagen, unterschiedlichen gesellschaftspolitischen
und ethnisch-kulturellen Kontexten – ob nach dem Fall der Mauer und dem
Verschwinden der Sowjetunion in Osteuropa, nach dem Sturz der Militär-
diktaturen in Lateinamerika, dem Ende der Apartheid in Afrika, oder derzeit
aktuell, wie eingangs angeführt, in einem arabischen Land wie Marokko – in
der „Sprache Abrahams“ vergeben? Fragen dieser Art reichen tief in jene
weit gefächerten Diskussionen hinein, die man unter jeweils unterschied-
lichen Disziplin- und Theorieperspektiven im Rahmen der laufenden Kon-
flikt-, Friedens-, Transitions- und Vergangenheitsbewältigungsdebatte kon-
trovers führt. Gemeinsam ist jedoch allen Problematisierungsperspektiven
der Fokus auf eine gesamtgesellschaftliche Zäsur, da die Gegenwarten der
betroffenen Gesellschaften, die sich zumeist in der Peripherie der Weltge-
sellschaft befinden, in aller Regel das Resultat eines gerade zurückliegenden
gesamtgesellschaftlichen Zusammenbruchs darstellt und das soziale Intera-
gieren in der Tat zerrüttet und noch durch zerstörte Institutionen, Gewalt,
Misstrauen und moralische Verwahrlosung geprägt ist. Aber diese Engfüh-
rung der Blickrichtung auf Systembruch und die damit einhergehende Be-
urteilung der Einsetzung von Kommissionen als Folge von Überlastung,
bzw. eines Kollaps staatsgarantierter Rechtspflege, verkennt, dass auch wohl
organisierte Nationalstaaten in den zentralen Knotenpunkten der Weltgesell-
schaft, wie die Länderbeispiele Australien (Vijeyarasa 2007) und Kanada 11
illustrieren, sich dieses Instruments bedienen. So wie die globale Ausbrei-
tung der Kommissionen das Faktum religiöser, ethnischer und kultureller
Indifferenz der Einrichtungen belegt, so werden sie als Konfliktlösungsein-
richtung auch unabhängig von der jeweiligen Staatsverfasstheit in Anspruch
genommen. Das verweist auf die Universalität eines zentralen Problems,
dass ganz offensichtlich mit Hilfe von Wahrheits- und Versöhnungskom-

11 Vgl. hierzu den Royal Commission Report on Aboriginal Peoples 1996. Unter:

http://www.ainc-inac.gc.ca/ch/rcap/index_e.html
Versöhnung im Atlas? 787

missionen gelöst wird. Auf welches soziale Problem reagieren Gesellschaf-


ten mit der Einrichtung von Wahrheitskommissionen? Was ist ihre spezifi-
sche Funktion?

III. Zweierlei Inszenierungsformen des Rechts


Das Rechtssystem hat es mit sozialen Konflikten zu tun, in denen Rechte
reklamiert werden. Im Zentrum des Systems wird in Bezug auf geltende
Normen darüber entschieden wer recht und wer unrecht hat. Damit ist eine
zentrale Funktion des Rechts benannt: Es regelt das Verhalten der beteilig-
ten Konfliktparteien im Streitfall. Man kann jedoch mit guten Gründen be-
streiten, dass die Funktion des Rechts damit ausreichend bestimmt sei.
Recht, so die geläufige Vorstellung, gewährleiste gesellschaftlichen Konsens,
soziale Integration und die Kontrolle individuellen Verhaltens. Anders die
systemtheoretische Lesart: Das Recht löst nicht die Konflikte der Gesell-
schaft, sondern lediglich jene Konflikte, die es selbst generiert hat. Es reali-
siert damit weder gesellschaftliche Einigkeit über das was rechtens ist oder
sein sollte, noch soziale Steuerung des Interagierens, sondern garantiert Ak-
zeptanz und Hinnahme der Entscheidungen und das auch dann, wenn we-
der von der sachlichen Richtigkeit noch von einer persönlich geglaubten
Wahrheit der Urteile die Rede sein kann. Anhand des stark regulierten Ver-
laufs der Urteilsfindung vor Gericht lässt sich dies kurz erläutern: Verfahren
beginnen mit der von allen Beteiligten geteilten Annahme, der anfänglichen
Ungewissheit oder Offenheit der Entscheidung (Luhmann 1993: 297 ff.). In
der zeitlichen Sequenzierung des Verfahrens (Klage/Antrag; geregelte Ver-
fahrensschritte, Entscheidung des Richters) wird die Offenheit der Urteils-
findung von der Eröffnung bis zur abschließenden Entscheidung laufend
kommuniziert, die allen Beteiligten suggeriert, dass eine Entscheidung auch
zu ihren Gunsten ausgehen könne. Man folgt also einer nicht zur Disposi-
tion stehenden Inszenierung mit eindeutiger Rollenverteilung und strikten
Schranken des jeweiligen Verhaltens und Argumentierens. Was sich dabei
institutionalisiert, sofern sich die Prozessparteien auf dieses Verfahrensspiel
einlassen, ist, dass sie, ob nun bewusst oder nicht, sich dem Verfahrensritus
unterwerfen und so jeweils ein Kapitel des Entscheidungsdramas mitin-
szenieren. Mithin sind die Streitparteien fortan nicht mehr in der Lage, dem
Verfahren selbst die Legitimität zur Entscheidung zu entziehen, dies auch
dann nicht, wenn sie konfligierende normative Erwartungen an das Verfah-
ren binden. Der soziale Sinn des Entscheidungstheaters besteht dabei darin,
auch bei der unterlegenen Partei die Akzeptanz des Urteils, unabhängig der
persönlichen Motivlage zu erreichen oder aber im Extremfall (Selbstjustiz),
diese derart zu diskreditieren, dass sie in aller Regel ohne weitere soziale
Unterstützung dasteht. Damit wird zweierlei erreicht: 1. Dass Betroffene
788 Fatima Kastner

die Entscheidung des Gerichts als Prämisse ihres eigenen Verhaltens über-
nehmen. Und 2. Im Falle der Enttäuschung ihre normativen Erwartungen
entsprechend umstrukturieren, d. h.: Lernen!
Nach dieser Sichtweise geht es weder um das tatsächliche Auffinden der
„Wahrheit“ noch um die „Recht-Fertigung“ der Entscheidung als solcher,
als vielmehr darum, dass über die Institutionalisierung eines gesellschaft-
lichen Lernprozesses ein Streitfall auch im Falle hoher ökonomischer,
moralischer oder politischer Kosten zunächst einmal überhaupt zu einem
Abschluss kommt (vgl. Luhmann 1993: 333). Auf der Interaktionsebene
fungiert die Entscheidung des Falles dann als Impulsgeber für eine Ände-
rung der Prämissen, nach denen der einzelne Betroffene seine weiteren in-
dividuellen Erlebnisse verarbeiten, seine Handlungen auswählen und sich
entsprechend selbst darstellen kann. Auf der Ebene der Operationen des
Rechtssystems verändert sich damit die Rechtsgeltungslage, die dann als
Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts zelebriert und als Vorlage
für weitere Rechtsoperationen genutzt werden kann. Mithin nährt und ko-
ordiniert der Entscheidungsprozess die jeweilige Operativität der beteiligten
Systeme, indem im Hinblick auf die Frage, wer der Beteiligten an seiner Er-
wartung festhalten darf und wer „lernen“ muss, eine punktuelle Synchroni-
sation der autopoietischen Systeme erzwungen wird; und dies unabhängig
davon, ob derjenige, der seine Erwartungen ändern muss, zustimmt oder
nicht. Im Kern geht es also um operative Orientierungs- und soziale Zeit-
bindungseffekte. In Bezug auf den Abschluss der Entscheidung heißt das:
Das, wovon alle Beteiligten als Geltungsgrundlage des Rechts gleichzeitig
ausgehen müssen. Indem also der Geltungsanspruch des Rechts trotz Indif-
ferenz des Rechts gegen individuelle Motivationslagen im sozialen Leben
realisiert wird, löst das System zugleich sein gesellschaftliches und sein in-
nersystemisches Problem: Über eine Verstrickung der Beteiligten im szeni-
schem Ablauf der Verfahrensepisode erzwingt es ein „Stillhalten“ und die
„Hinnahme“ der Entscheidungen. Über die zur Schaustellung der Unge-
wissheit des Ausgangs der Entscheidungsfindung stilisiert es prinzipiell
kontingentes Entscheiden als nicht-kontigentes Ergebnis richterlicher Ur-
teilsfindung: „Autorität, Dekoration, Begrenzung des Zugangs zum Ge-
heimnis, Texte, auf die man sich beziehen kann, Auftritt und Abtritt des Ge-
richts – all das tritt an den Platz, an dem verhindert werden muss, dass
das Paradox der Entscheidung als Paradox erscheint und damit verrät, dass
die Voraussetzung, es könne mit Recht über Recht und Unrecht entschie-
den werden ebenfalls eine Paradoxie ist und dass die Einheit des Systems
überhaupt nur als paradox beobachtet werden kann“ (Luhmann 1993:
309–310). Daraus ergibt sich die soziologische Relevanz der „mysteriösen“
Verdeckungsformen der Paradoxie des Entscheidens vor Gericht. Sie erst
garantieren die sozial „verträgliche“ permanente Änderbarkeit und damit
die Positivität des Rechts. Mit anderen Worten: Das eigentliche Mysterium
Versöhnung im Atlas? 789

besteht darin, dass die Teilnehmer weiterhin davon ausgehen, dass es mit
„rechten Dingen“ zugeht! Lediglich dieser Unterstellung ist es zu verdan-
ken, dass trotz permanenter Enttäuschung, normative Erwartungen stabil
bleiben.
Selbstverständlich ist das ein äußerst artifizielles soziales Arrangement,
also eine völlig unwahrscheinliche Konstellation sozialen Verhaltens. Deren
Unwahrscheinlichkeit und zivilisatorische Errungenschaft erst dann augen-
fällig wird, wenn Gesellschaften sich in unheilvoller Auflösung und Zusam-
menbruch befinden. In Phasen massiver Gewalt, des Verlustes öffentlicher
Sicherheit und der damit einhergehenden Auflösung von Konventions-,
Verhaltens- und Erwartungsroutinen wird sich wohl kaum jemand mehr
ernsthaft an die lokal geltende Rechtsordnung wenden wollen/können. In
solchen dramatischen Situationen erleben Menschen, wenn sie den über-
leben, einen Zustand der Unbestimmtheit und Potentialität in dem bisher
gegebene soziale und psychologische Strukturen auseinander fallen und re-
organisiert werden müssen. Während das Recht in Bezug auf seine Funkti-
onsfähigkeit auf ein spezifisches Leistungsangebot einer Vielzahl struk-
turell gekoppelter Systeme abhängig ist, gleichsam im Hobbesschen Sinne
auf „normale“, d. h. befriedete Zustände angewiesen ist, fangen Wahrheits-
und Versöhnungskommissionen genau diese Wucht des gesellschaftlichen
„Chaos“ auf und können bei entsprechender Konstellation sogar diese Dy-
namik in Richtung einer Rekonstruktion und Erneuerung der Gesellschaft
kanalisieren. Doch wie realisieren sie das?
Wahrheits- und Versöhnungskommissionen haben es mit sozialen Kon-
flikten zu tun, die eine Gesellschaft als Ganzes betreffen. Es handelt sich um
Institutionen, die sich in Bezug auf spezifisch lokale, regionale und inter-
nationale Problemkonstellationen jeweils unterschiedlich, d. h. individuell
konstituieren. Daher gibt es keinen allgemein gültigen Kriterienkatalog, der
festlegt, wie eine Kommission gestaltet sein sollte. Jede Wahrheitskommis-
sion unterscheidet sich von der anderen in der Art und Weise ihrer Ent-
stehungs- und Wirkungsgeschichte, ihrer personellen und administrativen
Zusammensetzung, dem zu bewältigenden gesellschaftspolitischen Aufga-
benbereich, den Befugnissen, den Ausführungsfristen, ihren rechtlichen
Grundlagen, ihrer finanziellen und institutionellen Ausstattung, den histo-
rischen und gesellschaftsstrukturellen Ausgangslagen, und vielen anderen
Merkmalen mehr (Vgl. hierzu Ash 1997; Oettler 2004; Kastner 2007 b).
Gemeinsam ist allen Kommissionen jedoch das Bestreben, den Opfern Ge-
hör zu verschaffen. Sie erhalten Gelegenheit, ihr je persönliches Schicksal
mitzuteilen. Eine wichtige Frage ist dabei, wie diese Enthüllungen der Op-
fer publik gemacht werden. Dies kann über öffentliche Anhörungen gesche-
hen, oder wie im Falle von Südafrika und Marokko, sogar live in Fernsehen
und Radio übertragen werden. Wahrheits- und Versöhnungskommissionen
sind demnach primär Anhörungs- und Narrationseinrichtungen. Ihre ge-
790 Fatima Kastner

sellschaftliche Leistung liegt daher weniger in Bezug auf die (Re-)Struktu-


rierung normativer Erwartungen, als auf zeitgeschichtlichem, d. h. erinne-
rungspolitischem Gebiet.
Für eine solche Deutung spricht das stark ritualisierte, an „Schaupro-
zesse“, ohne verbindliches Urteil, angelehnte Verfahren der Kommissionen.
Es zielt darauf ab, einem zutiefst existentiellen, gefühls- und moralbelaste-
ten Geschehen durch ein zum „Erinnerungsmanagement“ zwingendes Ver-
fahren (Landkammer et al. 2006) seine zerstörerische Brisanz zu nehmen.
Über ein bestimmtes Set von szenischen Abläufen werden individuelle –
also im Wortsinne unmöglich mitteilbare – menschliche Ab-grunderfahrun-
gen in „be-greifbare“ sprachliche Akte sequentiert. Auf diese Weise wird
zweierlei erreicht: Zum Einen eine künstliche Distanznahme, die Kommu-
nikation an die Stelle von Gewalt und Terror setzt, zum Anderen wird ein
Diskurs, ein „Schauplatz des Verzeihens“ ausgebreitet, dank dessen die
Traumatisierungen einzelner Individuen artikulationsfähig werden, ohne
damit die Gesellschaft als ganze zu überwältigen. Damit sind die Grenzen
des Vergebungs- und Versöhnungsschauspiels bestimmt: In kommunikati-
ver Hinsicht kann ein „Theater des Pardons“ einen semantischen Raum der
Versöhnung eröffnen, der sich jenseits der geschlossenen Operationslogik
von Politik und Recht bewegt und eine gesellschaftsweite „Trauerarbeit“
ermöglicht. Daraus kann ein kollektives Narrativ über das Unrecht in der
Vergangenheit entspringen. Freilich hat dies nicht zur Folge, dass die Ver-
gangenheitsrekonstruktionen einzelner Betroffener (Opfer/Täter) oder der
beteiligten Systeme synchronisiert werden. Ganz im Gegenteil! Aber die
Kommissionen „erspielen“ eine vorläufig sozial „gültige“ Vergangenheits-
konstruktion, auf die dann soziale Systeme im Rahmen ihrer Operationen
zurückgreifen können. Zu denken ist hier an: Umschreiben der nationalen
Historie im Wissenschafts- und Erziehungssystem (Schulbücher), entspre-
chende Entscheidungsvorlagen des politischen Systems, Individualisierung
der Fälle im Rechtssystem. All diesen Strukturentwicklungen aber muss ein
kollektiv ausgetragener Deutungskampf über vergangene Ereignisse voraus
gehen. Kommissionen ermöglichen und strukturieren diesen Kampf um di-
vergierende Vergangenheitsversionen. Sie werden also dann eingesetzt, wenn
soziale Grenzerfahrungen zur Debatte stehen, wenn normale Verhaltens-
und Erwartungsroutinen scheitern und die Kommunikation auf eine ritua-
lisierte Ebene verlagert werden muss, um gesellschaftliche Selbstbeschrei-
bungen zu reorganisieren oder gänzlich neu zu „erfinden“. Ihre spezifisch
gesellschaftliche Funktion besteht demnach darin, selbstdestruktive soziale
Dynamiken in strukturaufbauende Kommunikation zu transformieren.
Um abschließend auf das eingangs eingeführte Länderfallbeispiel Marokko
zurück zu kommen: Inwieweit im Rahmen des gegenwärtigen Vergangen-
heitsaufarbeitungsprozesses die möglichen transformativen und struktur-
aufbauenden Effekte der Kommissionsarbeit nachhaltige Auswirkungen auf
Versöhnung im Atlas? 791

eine innergesellschaftliche Sozialisation an rechtstaatliche Verhältnisse ha-


ben wird, d. h. eine juristische Aufarbeitung der Menschenrechtsverbrechen
ermöglichen könnte, ist aus heutiger Sicht schwer einzuschätzen. Denn
das Land hat neben seinen entwicklungspolitischen und sozialstrukturel-
len Schwierigkeiten vor allem ein ethnisch bestimmtes Exklusionsproblem:
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind, anders als die Königliche Familie
und die Eliten des Landes, keine Araber, sondern Berber. Sie bilden, zusam-
men mit anderen Minderheiten im Land, die entrechtete Masse in Marokko
und fristen, wenn ihnen die Flucht nach Europa oder anderswo nicht ge-
lungen ist, ihr buchstäblich zukunftsloses Dasein in den Bergen des Atlas
oder in wild wuchernden Barackensiedelungen an den Rändern der großen
Städte, wie in Casablanca. Die Exklusion eines Großteils der Bevölkerung
aus dem gesellschaftlichen Geschehen ist denn auch der Grund dafür, dass
bisher jeder Reformversuch von einem patriarchalischen hin zu einem de-
mokratischen System gescheitert ist. Erst wenn es gelingt, politische Ent-
scheidungszentren jenseits des Palastes und der Adelsfamilien zu etablieren,
kann realiter von einem Transformationsprozess de-funktionaler Verhält-
nisse die Rede sein. Immerhin darf eingeräumt werden, dass dieser Wand-
lungsprozess sich bisher in einigen zaghaften Verfassungsreformen nieder
geschlagen hat und tatsächlich, trotz der Wiederkehr repressiver Praktiken
wie Folter und willkürliche Verhaftung im Rahmen der so genannten „An-
ti-Terrormaßnahmen“ im Anschluss an 9/11 und den Anschlägen in Casa-
blanca vom 16. Mai 2003, noch nicht beendet worden ist; sondern durch
einen steten Kommunikationsfluss und kontinuierlich ausgelöste Infrage-
stellung des Menschenrechtsdefizits durch transnationale NGO ’s, interna-
tionalen Organisationen und lokal angesiedelten Menschenrechtsgruppie-
rungen laufend neue Präsenz erfährt. Marokko wird also angesichts des
weltgesellschaftsstrukturell erzeugten Anpassungsdrucks in den kommen-
den Jahren vor einer bedeutenden gesellschaftlichen Herausforderung ste-
hen, für deren Meisterung auch und gerade die kollektive Auseinanderset-
zung mit der blutigen Vergangenheit von entscheidender Bedeutung sein
wird. Allein schon die nachhaltige Sensibilisierung des öffentlichen Be-
wusstseins über vergangenes Unrecht und die sich daraus möglicherweise
entwickelnde gesellschaftsweise Forderung der lokalen Durchsetzung glo-
baler Normen, würde dann post festum das Königreich Marokko eventuell
sozialstrukturell transformiert und vielleicht sogar die Berber im Atlas mit
dem Königshaus „versöhnt“ haben.
792 Fatima Kastner

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794 Fatima Kastner
Legal Fragmentation(s)

An Essay on Fluidity and Form

Martti Koskenniemi 1

There is much talk about fragmentation in the law – the move from
stable, unitary systems to a complex pluralism in which different social
problems are “managed” by reference to highly specialised rules, institu-
tions and forms of professionalism. The most helpful sociological readings
of this phenomenon have been produced by Gunther Teubner with his
friends. 2 They have noted how fragmentation breaks down familiar legal
classifications such as “private law” and “public law”, “national law” and
“international law” into increasingly fluid and ambivalent “regimes” that
are geared to the regulation of subjects such as “trade”, “security”, “en-
vironment”, “intellectual property”, “sports”, and so on and how even the
apparently fundamental coding between “legal” and “illegal” has began to
seem too simple to respond to the problems of (post)modern societies. A
behaviour may, for example, appear completely lawful but socially unac-
ceptable. While it might be economically or otherwise impossible to brand
it “illegal”, action might nevertheless need to be taken to phase it out. As a
consequence, law appears today increasingly in terms of soft, often econ-
omically inclined techniques or best practices that are used with the view of
“balancing the interests” of the “stakeholders” so as to attain socially opti-
mal effects. From clear-cut categories and bright-line concepts law appears
to turn into a shifting repository of often obscure notions the main point of
which seems to be to “reflect” the fluidity of the social world rather than to
pose requirements on it.

1 Academy Professor, University of Helsinki, Arthur Goodhart Professor of Legal

Science (2008–9) University of Cambridge. This text is based on a presentation made at the
conference on ”Catégories et catégorisations: Une perspective interdisciplinaire”, orga-
nised by the Université Paris Descartes (19–20 May 2008).
2 See especially Gunther Teubner & Andreas Fischer-Lescano Regime-Kollisionen. Zur

Fragmentierung des globalen Rechts (Suhrkamp, Frankfurt, 2006) and id. ‘Regime-Colli-
sions: The Vain Search for Legal Unity in the Fragmentation of Global Law’ 25 Michigan
Journal of International Law (2004), 999–1046.
796 Martti Koskenniemi

My intention here is not to add to the sociological analyses of the phe-


nomenon. Instead, I want to focus on the conceptual politics involved, the
use by different actors of the moment’s fluidity so as create novel classifi-
cations and concepts through which to first stabilise, and thereafter to
master, the social world. Think about the on-going debate about trade in
genetically modified organisms. What vocabulary would serve best to grasp
that novel phenomenon? Economics or environment? Much is at stake in
the choice. Once we know what language is used we already know how it
will be dealt with. If “ GMOs ” are understood as an economic issue, perhaps
because they have to do with influencing the conditions of competition in
the market for agricultural products, then one group of professional men
and women is empowered, and one set of preferences will win the day. If,
again, the matter is examined through an environmental vocabulary, an-
other set of professionals and preferences is activated. How to make the
choice? This would necessitate the presence of a master-vocabulary that
could tell us whether the GMOs are “really” an economic or an environ-
mental problem. But as we have learned from Teubner and his friends, there
is no such “third”. All we have are incommensurate professional languages
and preferences clashing against each other, each trying to attain a position
where every other vocabulary would have to be translated to it, where the
only legitimate forms of professionalism, and the only right preferences,
would be those of the native language-speakers of the ruling vocabulary, the
hegemonic tribe.
Yet the situation is seldom that clear. Think about an everyday issue
such as the transport of chemicals at sea. This can be conceptualised at least
through half a dozen vocabularies accompanied by the same number of
forms of expertise and types of preference: law of trade, law of transport,
law of the environment, law of the sea, “chemical law” and the law of
human rights. Each would have something to say about the matter. Each
would narrate it as part of a different set of human pursuits, values and
priorities. Trade law might focus on trade agreements between the coun-
tries and their relations with third parties. Transport law might highlight
the legal-technical relationships between the different parties to a single
contract of carriage. Environmental law might examine the nature of the
cargo and the properties of the environment through which it is passing.
Law of the sea might fix on the jurisdiction of the coastal state and the port
state, or perhaps on the relevant I MO standards, while “chemical law”
would examine it from the perspective of the best practices, standard op-
eration forms and the economic position of the industry. And finally, the
law of human rights might concentrate on the dangers of the voyage to the
persons involved in it, the conditions on board the ship and during the off-
loading of the cargo to the local populations. And so on. Imagination is the
only limit.
Legal Fragmentation(s) 797

Each such vocabulary involves a “structural bias” in favour of some sol-


utions, some actors, some interests. 3 None of them is any “truer” than the
others. Each renders some aspect of the carriage visible, while pushing
others in the dark, preferring certain ways to deal with it, at the cost of other
ways. What is being put forward as significant, and what gets pushed into
the background is determined on the choice of concepts and categories
though which the matter is looked at, and which provides the basis for the
application of a particular kind of law and legal expertise. That this choice
is not usually seen as such – that is as a choice – by the vocabularies, but
instead something natural, renders them ideological.
I will not examine today’s politics of fragmentation once again. 4 Instead, I
would like to provide a quick overview of moments in legal history when
traditional legal classifications and categorisations – and thereby the world –
changed. My interest is in the way change takes place in a structure that jux-
taposes the authority of formal legal concepts and categories with a sense of
fluidity of the social world. Formal understandings prevail at moments of
confidence, when the stability of legal hierarchies resonates with entrenched
social hierarchies. Formalism is threatened when those hierarchies begin to
seem problematic. Old concepts and categories lose their authority. Even as
they become increasingly complex – adding exceptions to rules, counter-
principles to principles – this rarely salvages their persuasiveness. At some
point, a new architecture will emerge – either as a new “regime” alongside
the old, or then as a completely new mainstream whose concepts are now
admired for their ability to (finally) grasp the real manifoldness of contem-
porary experience. 5 “Fragmentation” marks a moment of uncertainty, a
border-line between the old and the new. This is what I would like to look at
through four moments of European legal history. 6

3 On “structural bias”, see my From Apology to Utopia. The Structure of International

Legal Argument. Reissue with an Epilogue (Cambridge University Press, 2005), 600–615.
4 See Martti Koskenniemi & Päivi Leino ‘Fragmentation of International Law? Postmod-

ern Anxieties’, 15 Leiden Journal of International Law (2002), 553–579 and ‘Fragmentation
of International Law. Problems caused by the Diversfication and Expansion of Inter-
national Law, Report of the Study Group of the International Law Commission’ Finalised
by Martti Koskenniemi A/ CN 4/L.682 (13 April 2006).
5 For an inspired history of the transformations of 20 th century international law, see

David Kennedy ‘When Renewal Repeats: Thinking Against the Box’, 32 N.Y.U. J. Int’ l
L. & Pol. (2000), 335–500.
6 See further (and with much greater detail) Anne-Charlotte Martineau ‘The Rhetoric of

Fragmentation: Fear and Faith in International Law’, to be published in 22 Leiden Journal


of International Law No. 1/2009.
798 Martti Koskenniemi

I. Roman Law Categories


The origins of Roman law lie in the Law of the Twelve Tables that for-
malised old customary laws the fifth century BC . Legal science, however,
emerged only towards the end of the Republican era. The peak of Roman
legislative activity was attained in the great codification by Emperor Justi-
nian I in the Byzantium in 530–533 that resulted in the Corpus juris civilis,
the basis of all law in the West. It is impossible to speak about the forms and
practices of Western law without reference to Civil Law. The starting-point
must, however, lie in an acknowledgment of the haphazard nature of the
great formalisation itself. The code consists of four parts, Institutes, Digest,
Codex, and Novellae – a compilation of the world’s first legal textbook, an
anthology of opinions by famous Roman jurists, a set of older imperial de-
crees and enactments well as newer constitutional acts by Justinian himself.
The most important part of it, the Digest, contains a collection of declar-
ations and points of view of lawyers such as Ulpinian, Papinian, Gaius, and
others, embodying their pragmatic and casuistic spirit. Civil law did not
emerge from philosophical speculation but from a set of responses by jurists
(praetors) to legal cases brought to them, as well as interpretative statements
given in the name of emperors to legal questions. This was law written in
the spirit of adjudication, not legislation. It was not an instituted system, al-
though this is how it was made to seem in the Institutes for the purpose of
teaching young lawyers. Pushing pragmatic directives into formal categories
would obviously create difficulties and provide opportunities for argument
that lawyers would continue to benefit from in the different periods. Thus
for example, the system incorporated both the threefold classification of
laws by the third-century jurist Ulpian into jus naturae / jus gentium / jus
civile and the earlier classification of laws by Gaius into jus naturae and jus
civile. This left the middle term – jus gentium – oscillating uncertainly be-
tween natural law and human positive law in a way that would count for
much of the resources for doctrinal argument and political manoeuvring
that would in due course develop into a notion of “law of nations” or “in-
ternational law” that would be held binding even on such (perfect) political
communities as formal states. 7
Another principle of classification – also taken from Ulpian – separated
between public law and private law, or jus publicum and jus civile. Of these,
by far the more important for the Romans was private law, the law appli-
cable between the citizens. The patrician hierarchies of Roman society were
articulated in a vocabulary that focused on fathers of families – paterfamilias,
their legal actions, and their rights on other humans and goods while it was

7 See especially Jan Schröder ‘Die Entstehung des modernen Völkerrechtsbegriffs im Na-

turrecht der frühen Neuzeit’, Jahrbuch für Recht und Ethik (1993), 47–71.
Legal Fragmentation(s) 799

their “will” that stood in its centre. 8 In Roman times, these concepts were
applied flexibly, as parts of a legal practice in which emphasis tended to shift
between different values and in which the profession of law had constantly
to form its argumentation so that it would hark back to practical consider-
ations, equity and customary law. Cicero, for example, used this vocabulary
as an orator and not as a technical magistrate. It was a supple vocabulary
that made room for innovation as social circumstances changed. For
example, in principle the relations inside the family remained completely
unregulated by the law. The father – as paterfamilas – related to his children
as property as long as he was alive. They could not, for example, own prop-
erty in their own name. This created obvious difficulties for the economic
system, however, that were aggravated by the fact that there was no pro-
cedure whereby the father could have renounced his position – except by
way of selling them. And so the legal practice developed a technique in
which the father would “sell” his adult children to a friend of his as slaves,
and the latter would then “liberate” them so that they could enter the world
of economic exchanges as freemen. 9 This was a pragmatic response by the
Roman jurists to the circumstances – but it was a response that put to ques-
tion both the authority of the formal juridical categories and the economic
system it described.
At the middle of the 11 th century Roman law was “rediscovered” at the
University of Bologna where it was subjected to careful analyses, growing
into a science and a formal technique. The point of view was adopted that
Roman law would possess a response to every legal problem that would
arise. This, and Justinian’s prohibition to “interpret” his laws, led the jurists
in Bologna to treat it as untouchable – as providing the “truth” of the
matters it dealt with, that it would be “the law applicable at all times and in
all places”.10 Yet it was impossible to take the Roman forms as such in
wholly changed world of the later Middle Ages. The Bolognese jurists were
themselves children of the 12 th century renaissance – a period of great social,
economic and cultural change in the West. So even as the first generation of
glossators sought to perfect a fixed system of concepts and categories, their
followers, lead by Bartolus of Saxoferrato (1313–1357) developed a number
of techniques that allowed them to use the Civil Law in the changed circum-
stances. For example, Roman law provided a strong emphasis on the power
of the emperor. In terms of the Lex Regia, he was not only legibus solutus,
that is to say, above law. He was also dominus mundi, the Lord of the World.

8 See e.g. Max Weber On Law in Economy and Society (Max Rheinstein ed., New York,

Simon & Schuster 1954), 232–234.


9 Uwe Wesel Geschichte des Rechts. Von Frühformen bis zur Gegenwart (2. Aufl.

München Beck, 2001), 204.


10 Harold J. Berman Law and Revolution. The Formation of the Western Legal Tradition

(Harvard University Press, 1983), 122.


800 Martti Koskenniemi

By the middle of the 14 th century, however, any claim by the emperors to


such overlordship was anachronistic and although the Staufen emperors
Frederick I (Barbarossa) and Frederic II occasionally made it, this was more
to buttress their superiority towards European princes and the Byzantium
than a prologue for world empire.11 To cope with this, Bartolus developed
the famous distinction between de jure and de facto arguing that although it
may have been true that the emperor was the “Lord of the World” de jure
(because that is what civil law said) this was not so de facto – instead the real
power lay with the national monarchs who – de facto – should be considered
to exist as emperors in their own realm.12 To deal with the ever-present risk
of “tyranny” Bartolus and his colleagues also rehearsed the resources of the
Digest to argue on the strength of the Lex Regia that the ruler was unlimited
by law as well as on the basis of the so-called Digna vox by Emperor Theo-
dosius hat he should usually follow the law that he has enacted.13 The dis-
tinctions between the “directive” and “coercive” force of the law were in-
voked to square the circle of how a prince could be both above the law and
bound by it simultaneously. Equivalent or parallel distinctions such as those
between “immutable” and “normal” natural law, between the prince’s “or-
dinary” and his “absolute” power as well as between his power to legislate
and to give “dispensations” from natural law were likewise employed to lib-
erate or to bind the ruler, whatever seemed necessary for the attainment of
the desired objectives.14
The jurists of the 14 th and 15 th centuries became masters of interpreting
Roman law in any number of innovative ways. Their recognition that they
were applying a law that had emerged in another period liberated their cre-
ativity – at the same time emerging increasing opposition to what was seen
their arbitrary use of power in the guise of law-application. The perceived
gap between the Civil Law and its contemporary applications gave rise to
the stereotype of the lawyer as the professional cynic who would twist and

11 See Anthony Pagden Lords of All the World. Ideologies of Empire in Spain, Britain and

France c. 1500-c. 1800 (Yale University Press, 1995), 24–27.


12 On the “realism” of Bartolus, see e.g. Francesco Maiolo Medieval Sovereignty. Marsilius

of Padua and Bartolus of Saxoferrato (Delft, Eburon 2007), 235–249.


13 “It is a saying worthy of the majesty of the ruler that the prince should profess himself

to be bound to the laws. So much does out authority depend upon the authority of the law.
And in fact it is nobler for the emperor to submit to the principate of the laws”. Corpus
Juris Civilis. C.1, 14, 4. For the text of the translation, see Francis Oakley ‘Jacobean Political
Theology. The Absolute and Ordained Powers of the King’, 29 Journal of the History of
Ideas (1968), 330.
14 For the “potestas absoluta” / “potestas” ordinata” distinction, adopted by lawyers

from medieval theologians, see Kenneth Pennington The Prince and the Law 1200–1600.
Sovereignty and Rights in the Western Legal Tradition (University of California Press
1990), 106–118.
Legal Fragmentation(s) 801

turn the law so as to help his rich client.15 William of Ockham, for example,
attacked the canon lawyers in his battle against the church hierarchy as “non
intelligentes, praesumptuosos, temerarios, fallaces, deceptores, cavillatores et
ignaros in cordibus suis valde despiciunt”.16 For Ockham and for others shar-
ing his agenda, the superior vocabulary to speak about matters of hierarchy
was a political theory of natural rights, not (canon) law 17 – a contrast that
lay the groundwork for the battle of normative disciplines until the seven-
teenth century.
In the conditions of the Ständestaat the position of Roman law as ex-
pression of universal truth no longer seemed terribly plausible – not least
because it always seemed to mean what the contemporary lawyers made it
to mean. The legal humanists preferred to think about it as the law of a par-
ticular people of a particular time, a “brand of literature” that was to be
studied by seeking out the “‘historical sense’ of legal texts”.18 It would not
consist of eternal verities applicable everywhere. Instead, contextual studies
of its formation would be needed so as to determine to what extent it might
be reasonable to apply it in the novel social conditions. The new generation
emphasised the contextuality of the law, highlighting the role of the “ancient
constitution” and customary law as more authentic expressions of particu-
lar political or economic systems.19 Montaigne struggled to give a sense of
naturalness to relativism as the real font of social wisdom while Paolo Sarpi
made the point about the non-essential nature of all classification: order is
what we see in the world, not a natural but a human construct. 20 Of course
Roman law continued to provide the basis for law teaching and a technical
vocabulary for the ius commune that would enshrine the social status and
political influence of lawyers all around Europe. But the way it was used to
accommodate social and economic developments took place through read-
ing local traditions and interests into its broad categories. This did not take
place without controversy. The more “formalistically” inclined insisted on
the application of the received Roman law as it stood and bitterly attacked
the unscrupulous modifiers of the “elegant school” that used philological

15 See e.g. Gerald Strauss Law, Resistance and the State. The Opposition to Roman Law

in Reformed Germany (Princeton University Press, 1986).


16 William of Ockham, as quoted by Janet Coleman A History of Political Thought.

From the Middle Ages to the Renaissance (London, Blackwell, 2000), 191.
17 See e,g, Brian Tierney The Idea of Natural Rights. Studies on Natural Rights, Natural

Law and Church Law 1150–1625 (Eerdman, Grand rapids 1997), 97–103.
18 Donald Kelley The Human Measure. Social Thought in the Western Legal Tradition

(Harvard University Press, 1990), 135–6.


19 For a recent account of the role of lawyers in the creation of the modern “ars his-

torica”, see Anthony Grafton What was History? The Art of History in Early Modern
Europe (Cambridge University Press, 2007), 62–122.
20 William Bouwsma The Waning of the Renaissance 1550–1640 (Yale University Press

2000), 45.
802 Martti Koskenniemi

and historical studies so as to unearth the real meaning of the Roman law
categories in order to assess their applicability in later conditions. Both sides
were concerned over what we would now terms the “fragmentation” and
gradual collapse of the medieval social and political world. But they differed
in their grasp towards the vocabularies and forms of expertise that would
be suggested to articulate that which was “new” and so far without a formal
articulation.

II. Natural Law Categories


The hegemony of Roman law was challenged by a legal humanism that no
longer treated it as the expression of a universal reason but as the law of a
particular people at a particular time. Historical jurisprudence could still use
its vocabulary – but no longer as a series of ready-made responses to con-
temporary social problems. It was necessary to find a new explanation for
its authority and the meaning of its concepts. 21 The pastoral message of a
universalistically oriented Christianity provided little guidance for the gov-
ernment of increasingly autonomous territorial units. Now Roman law cat-
egories began to be used to articulate domestic experiences and historically
embedded values, better equipped to support the economic and political in-
stitutions of new territorially organised regimes. If the objective of that gov-
ernment was a secular good – bonum commune – then law could be under-
stood in an instrumental way as whatever was needed to bring this about in
the context of each community. To highlight the autonomy of governmental
ethos from religion, it would be articulated in terms of nature and reason –
understood no longer in terms of what was shared and universal but what
was “natural” to the particular community and “reasonable” in view of the
requirements of governance. 22
Recourse to the vocabulary of natural law in the late-16 th and early 17 th
century became useful to ground and to explain the authority of the terri-
torial ruler while simultaneously responding to the intellectual crisis gen-
erated by a scepticism propagated by Machiavellism, Tacitism and raison
d’état. 23 It was precisely for this purpose that the “second scholastic” in
Spain turned to Aquinas in separating the spiritual and the temporal power
from each other while still insisting on the ultimate superiority of the former

21 For the classic, see Donald R. Kelley Foundations of Modern Historical Scholarship.

Language, Law and History in the French Renaissance (Columbia University Press 1970).
22 For the transformation of Western techniques of government in the late middle ages

and early modernity, see Michel Senellart Les arts de gouverner. De régimen médiéval au
concept do gouvernement (Paris, Seuil 1995), especially 111–209.
23 See e.g. Richard Tuck Philosophy and Government 1527–1651 (Cambridge University

Press, 1993).
Legal Fragmentation(s) 803

over the latter. For Jesuits such as Francisco Suárez, natural law provided
the basis for the autonomy of temporal communities and extensive powers
to secular rulers while still allowing or even calling for papal intervention in
cases where the two orders clashed. 24 On the Protestant side, seeking inspi-
ration from to the scientific categorisations by Petrus Ramus and Descartes,
jurists began to seek a more formal notion of law that might share the “hard-
ness” and universality of the truths of natural science – perhaps like those of
geometry, as Hugo Grotius explained – so as to attain workable compro-
mises between relativism and certainty. This way of thinking was applied
axiomatically by the most important follower of Grotius, Samuel Pufendorf
in his early work Elements of universal jurisprudence (1660). 25 Hoping to
emulate the mathematical explorations of his teacher Erhard Weigel, Pufen-
dorf used what he called “postulates” and “axioms” to derive a code of leges
juris naturalis. In constructing his logical system of inferences he began with
“definitions” that identified the subject-matter to which certain “principles”
would apply. These latter would then be classified into a) “common
axioms” derived from philosophy; b) “axioms” whose truth derived from
“reason itself” or “intuition”, and c) “observations” whose truth is received
from perception of empirical details when compared to each other. These
would give a basis for “propositions” that would provide the relevant nor-
mative direction needed.
But Pufendorf soon found it impossible to combine rational axioms with
empirical observations so as to reach conclusions whose persuasiveness
would be anywhere near that enjoyed by mathematical propositions. As
long as the end-point of the inferences was something everybody could
agree upon, Pufendorf seemed to do a good job. But this was not enough. If
the result provided no direction in situations of disagreement, what use did
it have for legal practice? Pufendorf himself soon saw his early formalism as
too abstract and “immature”. 26 In the Jus naturae et gentium (1672) he orga-
nised the materials differently. Instead of a system of deductive inferences,
law now began to speak about what was necessary to uphold social life.
“Nature” was now less universal principles than what was “natural” for each
community. If the old Reich was a “monster” as Pufendorf famously ex-

24 See Francisco Suárez ‘Defensio fidei catholicae et apostolicae adversus Anglicanae sec-

tae errores’, parts of which are translated in Suarez, Selections from Three Works: de legi-
bus, ac deo legislatore, 1612. Defensio fidei catholicae … 1613. De triplici virtute … 1621.
Vol 1–2 (Oxford: Clarendon 1944). For the 16 th and early 17 th century Jesuit position in re-
gard to the relations between spiritual and temporal power, see Harro Hoepfl Jesuit Political
Thought. The Society of Jesus and the State 1540–1630 (Cambridge University press 2004).
25 Samuel Pufendorf Two Books of the Elements of Universal Jurisprudence (W.A. Old-

father, trans Oxford University Press, 1931.


26 For Pufendorf’s turn away from formalism and into a “sociological jurisprudence”, see

e.g. Leonard Krieger The Politics of Discretion. Pufendorf and the Acceptance of Natural
Law (The University of Chicago Press, 1965), 53–68.
804 Martti Koskenniemi

plained, this meant that it did not fit the categories of old Aristotelian con-
stitutionalism. Its structures were the – fragmented – product of history and
politics that lawyers ignored at their peril. 27 The new natural law presented
self-love as the engine of social and political life which, coupled with the
natural weakness of humans, dictated “sociability” as a necessary predis-
position. “Law” would now be what would be dictated by “sociability”.
With his later work, Pufendorf gave articulation to the natural legitimacy of
a strong central power that would manage the public realm with an iron
hand while providing room for a structure of autonomous contractual ex-
changes in the private realm. The enlightenment of the absolutist ruler
would reside precisely in his seeing to the “natural” flow of human relations
according to the principle of self-love. 28
This sociological vocabulary was developed in a much more formal and
rationalist direction in a series of unreadable volumes on the law of nature
and of nations by Christian Wolff from the University of Halle. His univer-
salism was expressed in a view of the world as a Civitas Maxima which,
however well-founded rationalistically, failed to convince readers witness-
ing an increasingly nationalistic re-organisation of the international political
world around them. 29 But the real 18 th century innovator was the Swiss
diplomat Emer de Vattel whose Droit des Gens ou principes de la loi Naturelle
appliqués à la conduite et aux attaires des nations et des Souverains (1758)
achieved an ingenious combination of formality and flexibility, rationalism
and realism, that responded to the period’s liberal political trends (contra
Pufendorf) while respecting and extending the cooperative and freedom-
generating governmental ethos into an international language of sovereign
power. 30 The formal classification of the different types of the law of nations
that stood in its centre was both rigid enough to allow the emergence of au-
tonomous jurisdictions while sufficiently open-ended so as to conceive
“rule” in terms of whatever was necessary for the salus populi. Vattel’s three
categories of law, “necessary”, “voluntary” and “arbitrary”, were both open-
ended and overlapping in such a way that whatever behaviour came be-
tween the “absolutely necessary” and the “absolutely arbitrary” (and could
thus be classified as “voluntary law”) could be justified both as a contex-
tually appropriate response to the situation and a reflex of popular will sim-

27 Samuel von Pufendorf Severinus de Monzambano. Über die Verfassung des deutschen

Reiches (H. Breslau transl., Berlin, Hobbing 1922).


28 This is the turn Foucault depicts as that from governmentality to “bio-power”, see e.g.

his Sécurité, territoire, population. Cours au Collège de France 1977–1978 (Paris, Gallim-
ard, 2004) with special reference to Pufendorf, 101 and generally 91–134.
29 Christian Wolff Jus gentium methodo scientifica pertractatum (Vol II , The Translation,

Oxford, Clarendon 1934) Prolegomena § 12 (14).


30 For a critique, see especially Philip Allott The Health of Nations. Society and Law

Beyond the State (Cambridge University Press 2002),


Legal Fragmentation(s) 805

ultaneously. 31 In this way, “reason” and “will”, the objective and the subjec-
tive, were accommodated as part of a novel, and hugely successful legal
vocabulary of statehood.
With such a language, however, anything could be argued into and out of
the law. By mid-18 th century natural law had reached it apogee at German
universities. The painstaking studies on jus naturae et gentium undertaken
by the followers of Grotius and Pufendorf at Halle and Göttingen ended up
in a series of thick volumes that sought to deduce the directives for the prac-
tical government of early modern societies from a few generalisations about
“sociability”. The abstract and somehow random nature of these works –
the fact that they were more articulations of a particular cultural and politi-
cal sensibility that always left to the (enlightened) ruler the power to decide
on how the functional necessities ought to be realised, undermined the for-
mal vocabulary of naturalism, fragmenting it in three directions: work on
Polizeiwissenschaft and political economy, “legal philosophy”, and a concern
over Menschenrechte in the different branches of the law. 32

III. Positivist Systems


Once thought as a relatively uniform and solid centre for derivations of
particular laws, the languages of “nature” and “reason” had by the end of the
18 th century lost much of their persuasive power: too subjective and “politi-
cal” to be of assistance in the formation of the administrative state. They
were followed by the great national codifications that would express what
was appropriate for ruling the nation as a scientific system. The Prussian All-
gemeine Landesrecht ( ALR ) of 1794 had a painful birth history of almost
90 years. Its main author, Carl Gottlieb Svarez, regarded the code above all
as an instrument to educate the citizens of Prussia about the true ends of the
State and the beneficent maxims whereby it is governed. 33 The interest here
concerns the contrast that emerged during its preparation concerning the
nature of the law as either (mere) Gesetze (lois) or the justifications of the
laws in Recht (droit). For Svarez, law did emanate from nature in the sense
that its foundation lay in reason. But the vocabulary of reason, he recog-
nised, was too abstract; the judges needed concrete starting-points for their

31 See Martti Koskenniemi From Apology to Utopia. The Structure of International

Legal Argument. Reissue with a New Epilogue (Cambridge University Press, 2005),
112–122.
32 See J. Schröder and I. Piehlmeyer “Naturrecht als Lehrfach an den deutschen Univer-

sitäten des 18 und 19 Jahrhunderts”, in O. Dann and D. Klippel (eds), Naturrecht – Spät-
aufklärung – Revolution (1995), 255–269.
33 See Roger Berkowitz The Gift of Science. Leibniz and the Modern Legal Tradition

(Harvard University Press 2005), 72.


806 Martti Koskenniemi

deliberations. These would be the Gesetze, legislated by the King. A good


Landesrecht (in contrast to mere Gesetzbuch) would then narrate the Gesetze
as logical instruments for attaining the objective of security and welfare of
the nation.
The projects of codification led to systematisation activity of great inten-
sity that suggested to do two things: to separate the legal and ethico-politi-
cal languages from each other and found the authority of lawyers as faithful
organisers of the (fragmented) “wills” of the legal subjects into an organic
“system”. 34 The fluidity of the political world – oscillation between revol-
ution and reaction – would be caught as the law of the nation-State. In his
The Province of Jurisprudence Determined (1836) the Englishman John Austin
attacked vigorously the naturalist constructions whose very plurality seemed
to show that they were only proposals of desired laws – that is, “politics”.
The real law was found in verifiable social patterns – “habits of obedience” –
induced by commands of the sovereign. Ideologically, this kind of positiv-
ism embodied Max Weber’s idea of Die legale Herrschaft – the rule of laws
rather than justice. Lawyers and legislators worked in tandem to solidify the
unity of the legal system against political critics unable to view legislation as
anything but an instrument of the hegemony of the ruling class. This was
not necessarily expressed in Begriffsjurisprudenz but would include many
different styles of analytical and hermeneutic jurisprudence. 35 If the specific
modernity of early 20 th century European world was reflected in the frag-
mentation of its traditional social structures then law and jurisprudence pro-
vided a narrative platform that could always explain public coercion in
terms of the unified “system” of national law. The collapse of social hier-
archies was juxtaposed with the establishment of legal hierarchies, a neo-
medieval reductio ad unum best exemplified in Hans Kelsen’s ambitious ef-
forts to invite his colleagues to imagine a single “basic norm” from which
everything else in the legal world flowed in smooth hierarchical procession.
But even as it was possible to create apparently logical linkages between
parts of the legal vocabulary, it was unclear what effect this had in the prac-
tice of law-application. Even Kelsen recognised that the meaning of legal
rules was not a question of science but of policy: as “system”, the law may
be coherent while as “practice” completely fragmented. 36 Some lawyers
gave up the ideological commitment to a single, unified “system” and the
connected formal languages and instead developed a “pluralistic” vocabu-

34 See e.g. Jean-Louis Halpérin Entre nationalisme juridique et communauté de droit

(Paris, PUF 1999), 52–56.


35 The best account of this is Duncan Kennedy A Critique of Adjudication. (fin-de siècle)

(Harvard University Press 1997). See also idem ‘Legal Formality’, 13 Encyclopaedia of the
Legal and Behavioral Sciences (Elsevier 2001), 8635–6.
36 See Hans Kelsen Introduction to the Problems of Legal Theory, (Paulson & Paulson

ed. Oxford University Press, 1992), 82–84.


Legal Fragmentation(s) 807

lary that would capture the heterogeneity of the social. Mainstream juris-
prudence responded by increasingly complex narratives about law’s “coher-
ence”. The profession itself diverged – was its cutting edge now in jurisprud-
ence or in legal sociology? Globalization studies or law and literature? Most
20 th century law is permeated by the opposition of more or less “formal-
istic” ideas about the operation of a relatively autonomous legal concepts
and anti-formal views that stress the dependence of law on some more fun-
damental aspect of the social – perhaps economic structures, or socially em-
bedded moralities, interdependence or some structure of “interests”. Both
sides were able to provide solutions to some problems in the government of
late-modern liberal society while remaining vulnerable to objections they
generated against each other. The idea of a nation ruled by legislation (“the
will theory”) responded to liberal society’s need to explain itself as respon-
sive to popular will. It was subjected to anti-formal critiques for which such
a will was myth and law-application simply judicial policy. But social law
was no more able than its formal counterpart to draw deductive inferences
from the “policies” or “interests” that it saw in the world; giving up the
search for autonomy, it lost its critical stand towards anything that seemed
to work.
The dichotomies of 20 th century legal thought – naturalism and positiv-
ism, voluntarism and functionalism, formalism and anti-formalism, consti-
tutionalism and pluralism, ratio and voluntas 37 – led often to the isolation of
academic law from the world of legal practice and government where the
law was understood as a part the management of an increasingly complex
society, a tool in the toolbox of rule. Even rights tended to become an aspect
of management inasmuch as they conflicted with each other and called for
“balancing”, cost-benefit analyses in terms of what might seem socially op-
timal. I studied law in the 1970’s and the slogan then was that “law is a social
phenomenon”. It is not clear what this meant – apart from the fact that it
was meant to counter the “formalistic” idea that law could be just a matter
of deriving things (judgments, conclusions, preferences) from concepts.
The “real” social world was, after all, a world of interminable fluidity. But
once it was captured in language, the novel vocabularies tended to look in-
distinguishable from the old “principles” or “rules”. In some odd way, the
rhetoric of social fluidity, once it was captured in legal vocabularies – how-
ever functionally sophisticated and anti-formal, tended to look no different
from the logical categories of Begriffsjurisprudenz, perhaps with a social-
democratic tilt.

37 Recently explored in Kaarlo Tuori Oikeuden ratio ja voluntas (Helsinki, WSOY,

2008).
808 Martti Koskenniemi

IV. The Politics of Fragmentation(s)

Today, the debates on fragmentation of the national legal system are ac-
companied by similar concerns regarding the fate of its twin sister, the in-
ternational legal system, or public international law. In both, specialised
rule-systems and professional orientations take the place of the “general sys-
tem” and the traditional ways of the profession. How should we look upon
all this? Let me offer just two conclusions.
First, the emergence of new legal regimes and institutions is not a tech-
nical issue, something compelled by the overwhelming complexity of the
“real world”. It arises from manoeuvres taken by well-placed professional
men and women who seek to influence the world by replacing the prefer-
ences associated with the “old” formal system by new priorities that accom-
pany the novel vocabulary and the expertise it represents. Despite popular
rhetoric to the contrary, there is nothing inherent in the “old” systems of
national or international law that would make it impossible for them to deal
with problems of the environment, or of international terrorism, of human
rights or human health. The retort by unrepentant traditionalists that there
is no “law of human rights”, only law applied to a human rights problems is
absolutely correct. Likewise, natural law could once upon a time have dealt
with the problems of industrial society – but it would have done this dif-
ferently from positive legislation. The same is true with “law” and “human
rights law”. They are not identical in their consequences but come with dif-
ferent professional tendencies. It is the very point of new legal languages
(such as “human rights”) to challenge the preferences associated with the
old languages (in this case too associated with “sovereignty”) and to seek
out a new distribution of material and spiritual values. If the new is modest,
it will merely present itself as an “exception”; if it feels strong enough, it will
challenge the old directly. New legal regimes and languages such as “energy
law”, “foreign investment law” or “sports law” emerge precisely to give ef-
fect to the preferences of people and groups associated with those regimes –
professionals who, working in the formal mainstream, might not have the
degree of influence they have in the institutions of their “own” regimes.
Second, fragmentation and coherence are phenomenological claims and
not claims about what there “really” is in the social world. They invoke
“feelings of fragmentation” or “sentiments of coherence” that refer back to
how confidently the subject moves around in the world, how alien or fam-
iliar the world seems, how easy or difficult it is to operate in one’s (profes-
sional) environment. The topos of fragmentation was much used by the so-
ciological classics – Marx, Durkheim, Weber – to analyse the break-down of
tradition in the modern world and the resulting sense of alienation and loss
of control. Yet, the same world appears differently for different individuals
and groups: where one feels disconnected or out of control, another feels
Legal Fragmentation(s) 809

perfectly at home. Looking at a Kandinsky painting in 1911 observers had


completely different experiences: where one experienced an unrelated set of
lines, colours and forms, another saw a typical work by a leader of the “Blue
Rider” group. The way we feel fragmentation or coherence refers back to
education, cultural and social backgrounds and the hierarchies of preference
that we have internalised.
Fragmentation and coherence are narrative experiences, present in the ef-
fect we find vocabularies to have in the world. Here formality plays at least a
twofold role. It may embody a well-entrenched and familiar classification of
the world that professionals find full of information about the world and
how to deal with it. To engage in “formalism” is to be confident in the
world’s coherence: there is no need to look “behind” the formal system. But
it may also have the opposite effect to appear as “arid formalism”, invoking a
negative experience of something rigid and inflexible, preventing us from
connecting with a dynamic world and suspect of buttressing old social hier-
archies, intellectually shallow and politically objectionable. Most calls for
renewal in the socio-legal profession in the 20 th century have been to taking
account of the “dynamics” of pluralist society, giving expression to the di-
versity of human experience against some excessively “formalistic” (and
therefore “superficial”) account upheld by the tradition. But there is no rea-
son why pluralism and diversity could not be expressed in the most rigidly
formal languages: we do that all the time as we operate the algorithm of 0/1
in our laptops. Again, fluidity and form are less about the world than our
experience of it. Law as a formal system is inherently capable of extending
to whatever problems may emerge – but we may not want to deal with
those problems precisely in the way that the law suggests. Therefore, in-
stead of engaging in a political critique of the law’s embedded preferences,
we resort to a sociological language: that law is “off”, it does not see the
world “correctly”; it is too “formalistic”. Now this is a mistake. Not think-
ing of these phenomena as political and harking back to subjective experi-
ences of the world buttresses the sort of non-political expert culture through
which much of the world is ruled today. That culture is, as I have elsewhere
written, structurally parallel to the culture of 18 th century enlightened abso-
lutism. 38 The autonomous operation of the “regime” corresponds to the
sovereignty of the “State” and in both, there is just one “truth” that its sov-
ereign possessor lets descend to the populace to coerce it in view of its own
interest, salus populi.
And how then to decide between different regimes and systems of deci-
sion, patterns of making what is “fluid” into what is “formal”? As Teubner
and his colleagues have shown, there is no hope of a super-regime or a uni-

38 Martti Koskenniemi ‘The Fate of International Law: Between Technique and Politics’,

70 The Modern Law Review (2007), 27.


810 Martti Koskenniemi

versal system that would enable to us to make the right choice. “Law’s con-
structive identities change chameleon-like with the change of observation-
points, each of which has an equally valid claim to truth”. 39 The social world
is contingent and heterodox; acting there, we cannot be sure of the conse-
quences, of who will benefit and who will be hurt. This is an excellent basis
for stressing the temporary nature of all (legal) regimes, the need to change
perspective and to seek out the shadows legal regimes cast as they illuminate
the path forward. Fluidity and form map a field of experiences and not
problems that should be resolved; wherever we find ourselves on that map
as we think about a particular problem, it will never do us harm to try to im-
agine the opposite experience. In fact, not being able to imagine it now, one
can be sure that a time will come when the complex coherence of one’s nar-
rative will in due course appear as its “arid formalism”.

39 Gunther Teubner ‘The King’s Many Bodies: The Self-Deconstruction of Legal Hier-

archies’, 31 Law and Society Review (1997), 765.


Lex Maritima

Andreas Maurer und Anna Beckers

I. Einleitung
Mit seinen Arbeiten zum Recht jenseits des Nationalstaats hat Gunther
Teubner die Grundlage für breite juristische Diskussionen gelegt. Wir wol-
len seine Ideen mit diesem Beitrag in ein weiteres Gebiet einführen, in dem
sie bislang nur wenig rezipiert wurden: Das Seehandelsrecht. Uns geht es
dabei insbesondere darum, Emergenzen eines Seehandelsrechts jenseits von
Nationalstaaten darzustellen. Begrifflich ist in diesem Zusammenhang bis-
weilen von einem International Private Maritime Law bzw. einem Interna-
tionalen Seehandelsrecht die Rede, das die seehandelsrechtlichen Beziehun-
gen zwischen privaten Parteien unterschiedlicher Staaten betreffe.1 Diese
Begrifflichkeit ist jedoch in ihrer staatszentrierten Beschränkung auf ein
Recht ‚inter nationes‘ für die „postnationale Konstellation“ zu eng, weshalb
wir den Begriff eines transnationalen Rechts für angemessener halten. Trans-
nationales Recht verstehen wir dabei als ein Tertium neben internationalem
öffentlichen Recht (Völkerrecht) einerseits, das Verhältnisse zwischen Staa-
ten regelt, und dem internationalen Privatrecht andererseits, das anzuwen-
den ist auf Konflikte über die Anwendbarkeit nationalen Rechts im Rahmen
grenzüberschreitender Transaktionen. 2 Phillip C. Jessup hatte 1956 den Be-
griff des transnationalen Rechts geprägt, 3 den wir hier verwenden werden,
um Emergenzen neuer Formen von Normbildungs- und Normanwendungs-
prozessen zu kennzeichnen, an denen private oder hybride, d. h. weder klar
der privaten noch der staatlichen Sphäre zuordenbare, Akteure beteiligt
sind. 4 Wegen des originär grenzüberschreitenden Charakters des Seehan-

1 Siehe bspw. Tetley, W. International Maritime Law, (2000) 24 Tulane Maritime Law

Journal 775–856, 782.


2 Calliess, G.-P. Reflexive Transnational Law, (2002) 23 Zeitschrift für Rechtssoziologie

185–216, 186.
3 Jessup, P. C. Transnational Law, (New Haven 1956), 2 ff.
4 Hanschmann, F. Theorie transnationaler Rechtsprozesse, Buckel, S., R. Christensen

und A. Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, (Stuttgart 2006) 347–369,
352 f. Im Einzelnen und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet siehe Zumbansen, P.
Transnational Law, Smits, J. (Hrsg.), Encyclopedia of Comparative Law, (Cheltenham
2006) 738–754.
812 Andreas Maurer und Anna Beckers

delsrechts spielen Fragen um das Verhältnis von staatlichem Recht zu privat


oder hybrid erzeugten Normen sowie privater Streitschlichtung dort eine
zentrale Rolle, so dass wir im Folgenden vor dem Hintergrund von Privati-
sierungstendenzen im grenzüberschreitenden Seehandel und dessen Recht
von transnationalem Seehandelsrecht sprechen werden. Wir werden versu-
chen, hier eine Brücke zu schlagen zwischen Teubners Ideen zur Transna-
tionalität und juristischen Diskursen im Bereich des Seehandelsrechts und
beginnen – in guter Tradition – mit einem Fall:
Im Herbst 1977 transportierte das Schiff ‚Nordholm‘ knapp zwei Ton-
nen Profileisen. In der Biskaya geriet das Schiff in schweres Wetter mit
Windstärken von 7 bis 8 bft. Es kam zu Torsionen des Schiffskörpers, die
wiederum zu Undichtigkeiten der Luken führten. Seewasser trat in den
Laderaum ein und führte zu Rostschäden an den Profileisen. 5 Die Kläge-
rin verlangte aus abgetretenem Recht der Befrachterin der Profileisen
Schadensersatz von dem Reeder des Schiffes und dem Verfrachter gemäß
§ 485 S. 1 HGB , wonach der Reeder für den Schaden verantwortlich ist,
den die Schiffsbesatzung einem anderen schuldhaft zufügt. Die Beklagten
verteidigten sich unter Berufung auf eine Haftungsfreizeichnungsklausel
zu ihren Gunsten im Chartervertrag. Der BGH hatte im Jahr 1983 in dem
hier geschilderten ‚Nordholm‘-Fall entschieden, dass eine solche Haftungs-
freizeichnungsklausel im Chartervertrag wegen eines Verstoßes gegen
deutsches AGB -Recht unwirksam gewesen sei. 6 Hintergrund der AGB -
Prüfung war, dass der Chartervertrag unter Verwendung eines Einheits-
formulars, der Gencon C/ P, geschlossen wurde, das von der Baltic and In-
ternational Maritime Conference ( BI MCO ) für Reisecharterverträge ent-
worfen wurde und von Reedern und Charterern regelmäßig verwendet
wird.
Interessant erscheint dabei die Kritik, die an dieser Entscheidung geübt
wurde. Es wurde beanstandet, dass der BGH den Chartervertrag, dem das
Gencon C/P Einheitsformular zu Grunde lag, als allgemeine Geschäftsbe-
dingung qualifiziert hatte mit der Folge, dass eine Inhaltskontrolle durchge-
führt und die streitgegenständliche Klausel letztlich für unwirksam erklärt
wurde. 7 Über diesen Punkt wurde reichlich gestritten. Dabei interessierte
die beteiligten Rechtswissenschaftler und Praktiker vor allem die Frage, ob
ein Chartervertrag überhaupt eine allgemeine Geschäftsbedingung darstel-
len könne, ob, wenn ja, ein Chartervertrag als eine Vertragsbedingung zu
sehen ist, die eine Partei stellt und schließlich auch, ob eine einzelne Partei

5 BGH VersR 1983, 549–550.


6 Ebd.
7 Zu dieser Kritik siehe insbesondere, Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“, (1985) Ver-
sicherungsrecht 206–210, Rabe, D. Inhaltskontrolle von Charterverträgen, Betrachtungen
zum „Nordholm“-Fall, (1985) Versicherungsrecht 1010–1017.
Lex Maritima 813

überhaupt als ‚Verwender‘ identifiziert werden könne. 8 Diese rechtstechni-


schen Fragekomplexe, die den Schwerpunkt der Diskussion im Anschluss
an die Nordholm-Entscheidung bilden, dürfen aber den Blick auf die tiefer
liegende Fragestellung nicht verdecken. Vielmehr handelt es sich hier juri-
disch verfremdet um die Frage, inwieweit eine nationale Rechtsordnung
zentrale Gepflogenheiten, Bräuche und etablierte Standardverträge und
Formulare des grenzüberschreitenden Seehandels für ungültig erklären darf.
Oder abstrakter: In welche Maße enthält die transnationale Seehandelspra-
xis eigenständige Ordnungsmuster für die Lösung von Konflikten in diesem
Bereich und in welchem Verhältnis stehen diese dann zu nationalem Recht?9
Oder noch genereller formuliert: Gibt es eine Lex Maritima, ein transnatio-
nales Seehandelsrecht, das auf Bräuchen, Gepflogenheiten und Übungen
der globalen Seekaufmannschaft fußt, und welche Konsequenzen hat das für
nationales Recht und nationale Gerichte?

II. Lex Maritima – ein autonomes Seehandelsrecht


jenseits des Staates?

1. Die Rechtsquellen des Seehandels


Wenn nach den Rechtsquellen des Seehandelsrechts gefragt ist, verweist
der deutsche Jurist schnell auf das fünfte Buch des Handelsgesetzbuchs.10
Doch so einfach ist es nicht, denn das Seehandelsrecht ist inter- und trans-
national von Gemüt, das HGB national von Geblüt. Das Gros der Konflikte
im grenzüberschreitenden Seehandel – das liegt auf der Hand – kann gerade
nicht von einem einzelnen nationalen Gesetzgeber geregelt werden, denn je-
des Subjekt des Seehandelsrechts ist wegen seines grenzüberschreitenden
Charakters immer zugleich mehreren nationalen Gesetzgebern unterwor-
fen.11 Selbst die Anhänger einer nationalen Kodifikation des Seehandels-

8 Rabe, D. Inhaltskontrolle von Charterverträgen, Betrachtungen zum „Nord-

holm“-Fall, (1985) Versicherungsrecht 1010–1017; Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“,


(1985) Versicherungsrecht 206–210; Fischer-Zernin, C. Der Chartervertrag – Formularver-
trag im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG oder zwingende Individualvereinbarung, (1986) Versi-
cherungsrecht 418–425.
9 Dies erkennt Trappe zwar wenn er dem BGH vorwirft, dieser habe statt der von den

Parteien gewählte Anspruchsgrundlage aus dem Gencon C/P Formular eine Anspruchs-
grundlage aus dem HGB gewählt, nähert sich der Frage aber dann doch wieder auf dem
rechtsdogmatischen Weg, indem er das Vorliegen der Voraussetzungen von AGBen unter-
sucht, Trappe, J. Der Fall „ MS Nordholm“, (1985) Versicherungsrecht 206–210.
10 So z. B. Herber, R. Seehandelsrecht: Systematische Darstellung, (Berlin / New York

1999), 20 („Im Mittelpunkt des Seehandelsrechts steht das 5. Buch des Handelsgesetz-
buchs, …“).
11 Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 413.
814 Andreas Maurer und Anna Beckers

rechts betonen, dass dies kein nationaler Sonderweg sein dürfe, sondern
dass eine solche Kodifikation das „internationale Patchwork“ des Seehan-
delsrechts zu einem konsistenten Regelwerk integrieren müsse.12 Bereits im
Jahr 1930 konstatierte Hans Großmann-Doerth: „Das staatliche Recht ist
diejenige Rechtsquelle, welche für den Überseekauf die geringste Bedeutung
hat.“ 13 Daran zeigt sich bereits das Dilemma des Seehandelsrechts. Einer-
seits wird auch heute noch in großen Teilen der Rechtswissenschaft der Na-
tionalstaat als der originäre Ort der Rechtsentstehung gesehen.14 Anderer-
seits entsteht Seehandelsrecht im weit überwiegenden Maße gerade nicht im
Rahmen nationaler Gesetzgebung. Vielmehr sind es internationale Überein-
kommen, internationale Modellgesetze, standardisierte Verträge, Standard-
klauseln, transnationale Handelsbräuche und schließlich die Literatur zum
internationalen und transnationalen Seehandelsrecht, in denen dessen Re-
geln gebildet und fortgebildet werden.15
Politische Einflussnahme und Steuerungsfähigkeit, die der nationalen Ko-
difikation innewohnen, sind vor diesem Hintergrund illusorisch. Einer
staatlichen Regelung jedenfalls entzieht sich das Seehandelsrecht weitge-
hend durch seinen grenzüberschreitenden Charakter.

2. Die Entstaatlichung des Seehandelsrechts


In der Tat scheint die Beobachtung einer „Entstaatlichung des Seehandels-
rechts“ 16 plausibel. So erfolgt die Rechtsprechung im Seehandel überwie-
gend durch private Akteure. Die Gesamtzahl der gerichtlichen Entschei-
dungen im Bereich des gesamten Seehandelsrechts liegt in Deutschland im
einstelligen bzw. unteren zweistelligen Bereich im Jahr.17 Demgegenüber er-
scheint die Zahl der seehandelsrechtlichen Konflikte, die in Großbritannien
vor der London Maritime Arbitrators Association ( LMAA ), einer Organi-

12 Schmidt, K. Gesetzliches Seehandelsrecht: Hat das HGB noch eine Chance?, (Ham-

burg 2006), 11.


13 Großmann-Doerth, H. Das Recht des Überseekaufs, (Mannheim 1930), 40.
14 Siehe statt vieler nur Böckenförde, E.-W. Freiheit und Recht, Freiheit und Staat, Bö-

ckenförde, E.-W. (Hrsg.), Recht, Staat, Freiheit, (Frankfurt 1991) 42–57, 51. Mit der Ein-
schränkung, dass zwar außerstaatliche Rechtssetzung möglich sei, der Staat aber in der
Normsetzung das „letzte Wort“ behalten müsse siehe Ossenbühl, F. Gesetz und Recht – Die
Rechtsquellen des demokratischen Rechtsstaats, Isensee, J. und P. Kirchhof (Hrsg.), Hand-
buch des Staatsrechts, Band 3, Das Handeln des Staates, (Heidelberg 1988) 281–313, Rn. 31.
15 Tetley, W. International Maritime Law, (2000) 24 Tulane Maritime Law Journal

775–856, 782 ff.; siehe auch Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 413.
16 Basedow, J. Perspektiven des Seerechts, (1999) 54 Juristenzeitung 9–15, 12.
17 Die Durchführung einer Juris-Recherche zu Entscheidungen im Seehandelsrecht

(§§ 476–900 HGB ) ergab eine Gesamtzahl der entschiedenen Fälle in den Jahren 1950–2008
von 576. Auf den BGH entfallen dabei 171 Entscheidungen, 264 auf alle OLGs , 55 auf die
Landgerichte und 8 auf Amtsgerichte. Der verbleibende Rest wurde vor Arbeits- oder Fi-
nanzgerichten verhandelt. Siehe hierzu auch Basedow ebd.
Lex Maritima 815

sation, die private Streitschlichtung in seehandelsrechtlichen Angelegenhei-


ten anbietet, überwältigend groß.18 Zwar ist die Zahl der seehandels-
rechtlichen Konflikte, die von der LMAA bearbeitet werden, tendenziell
rückläufig, was möglicherweise auch auf die Verringerung des Streitstoffs
auf Grund höherer Sicherheit auf See oder aber auf eine Risikoverlagerung
auf Versicherungen zurückzuführen sein mag 19, aber eine Gesamtzahl von
durchweg etwa 3000 Verfahrenseröffnungen und etwa 500 Entscheidungen
pro Jahr (der Rest der Verfahren endete in Vergleichen) vor der LMAA spre-
chen eine eindeutige Sprache. 20 Ähnliche Einrichtungen zur privaten Streit-
schlichtung im grenzüberschreitenden Seehandel gibt es in Deutschland
(German Maritime Arbitrators Association – GMAA ), in den USA (Society
of Maritime Arbitrators – SMA ) sowie in einer ganzen Reihe anderer Län-
der. So sind die Konfliktparteien im grenzüberschreitenden Seehandel nicht
auf nationale Gerichte angewiesen. Und die Zahl der Verfahren vor privaten
Streitschlichtungsorganisationen zeigt, dass diese deutlich stärker angerufen
werden als staatliche Gerichte. 21
Neben einer Regelbildung, die sich weitgehend außerhalb staatlicher Ge-
setzgebung vollzieht, verfügt die Seekaufmannschaft also über eine gut
etablierte private Schiedsgerichtsbarkeit in Seehandelssachen. Weder die
Rechtsetzung noch die Rechtsprechung spielen sich in nennenswerten Tei-
len im staatlichen Bereich ab, sondern sind bei privaten Akteuren institutio-
nalisiert. Aus der Perspektive des staatlichen Rechts gestaltet sich die Regu-
lierung des grenzüberschreitenden Seehandels also vielmehr an dessen
Peripherie. 22 Dort aber entwickeln sich Autonomiestrukturen, die bemer-
kenswert sind.

18 Auf diese Verlagerung der Streitschlichtung von staatlichen Gerichten auf private Or-

ganisationen weist Marella, F. Unity and Diversity in International Arbitration: The Case
of Maritime Arbitration, (2005) 20 American University Law Review 1055–1100, 1077, hin
(„It […] reveals the widespread turn to arbitration and, therefore, the spinning off from do-
mestic jurisdiction in the main sectors of the shipping business.”).
19 Derartige Gründe führt Basedow für einen Rückgang der Judikatur im Seehandels-

recht in Deutschland an, Basedow, J. Perspektiven des Seerechts, (1999) 54 Juristenzeitung


9–15, 13.
20 Die Zahlen stammen aus McKenzie, D. Maritime Services, (2007) International Finan-

cial Services London Research 1–12, 8 f.


21 Zwar werden seehandelsrechtliche Konflikte auch in England vor staatlichen Gerich-

ten ausgetragen, die Anzahl der Fälle vor staatlichen Gerichten macht aber nur einen
Bruchteil der Fälle vor der LMAA aus, McKenzie ebd., 8.
22 Zur Unterscheidung von Zentrum und Peripherie siehe Luhmann, N. Das Recht der

Gesellschaft, (Frankfurt am Main 1993), 320 ff.; Insbesondere im Kontext transnationaler


Privatregimes Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentie-
rung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 48 ff.
816 Andreas Maurer und Anna Beckers

3. Autonomisierungstendenzen des Seehandelsrechts


An diese Beobachtungen schließt sich die Frage an, ob die Regeln und
Streitschlichtungsmechanismen des grenzüberschreitenden Seehandels als
eigenständiges autonomes Rechtsregime anzusehen sind. Auf die hohen
Anforderungen, die an ein autonomes Recht jenseits des Nationalstaats zu
stellen sind, haben Gunther Teubner und andere Vertreter der an Niklas
Luhmanns Systemtheorie des Rechts anschließenden rechtssoziologischen
Literatur mehrfach hingewiesen. 23 Es reiche nicht allein aus, dass der binäre
Rechtscode von nichtstaatlichen Institutionen angewendet werde, hinzu-
kommen müsse auch, dass die Anwendung dieses Rechtscodes wiederum
einer Beobachtung zweiter Ordnung nach dem Code Recht/Unrecht unter-
worfen werde. 24 Erst durch eine solche Beobachtung zweiter Ordnung
könne es gelingen, die operative Geschlossenheit des Rechtssystems zu si-
chern. 25 Das bedeutet nichts anderes, als dass Recht außerhalb eines staatli-
chen Rechtssystems in der Lage sein muss, sich seiner Operationen zu ver-
gewissern und diese in Frage zu stellen. Das gelingt durch Verbalisierung
und Erinnerung. 26 Erst wenn Urteile veröffentlicht und damit als Kommu-
nikation dem Rechtssystem zugänglich gemacht werden und dann im Wege
der weiteren Beurteilung (Rechtsprechung) entweder konfirmiert oder zu-
rückgewiesen werden, erlangt Kommunikation unter den Vorzeichen des
binären Rechtscodes den Charakter eines Rechtssystems, das dann aus der
rekursiven Verknüpfung von Normsetzung und Rechtsprechung besteht,
Harts secundary rules.
Gralf-Peter Calliess präzisiert dies dahingehend, dass nicht nur die
Normschaffung in Form einer Kodifikation durch Private in Form von all-
gemeinen Prinzipien- und Regelkatalogen, standardisierten Vertragsformu-
laren oder Verhaltenskodizes erfolgen müsse, sondern dass transnationales
Recht jenseits des staatlichen Rechts auch darauf angewiesen sei, dass die
Anwendung, Interpretation und Fortbildung derart kodifizierter Normen
ebenfalls durch private Anbieter alternativer Streitschlichtungsmechanis-

23 Luhmann, N. Das Recht der Gesellschaft, (Frankfurt am Main 1993), 61; in Bezug auf

die Emergenz eines globalen Rechtssystems siehe Teubner, G. Globale Bukowina: Zur
Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus, (1996) 15 Rechtshistorisches Journal
255–290, 269 und neuerdings in gleicher Richtung Calliess, G.-P. und M. C. Renner Bet-
ween Law and Social Norms: The Evolution of Global Governance, 22 Ratio Juris 2
(2009), 260–280.
24 Siehe z. B. Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989),

51 f. Zuletzt auch in Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-


tierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 42–43.
25 Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 48 ff.
26 Calliess, G.-P. und M. C. Renner Between Law and Social Norms: The Evolution of

Global Governance, 22 Ratio Juris 2 (2009), 260–280.


Lex Maritima 817

men zu erfolgen habe. 27 So muss ein Seehandelsrecht jenseits des Staates


also sowohl die Rechtsetzung sowie auch die Rechtsprechung durch private
Institutionen gewährleisten können.

a) Die Entstehung von autonomem Seehandelsrecht


am Beispiel der Charter
Derartige Entwicklungen lassen sich im Seehandelsrecht gut beobachten.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang die Schiffscharter. Be-
merkenswert daran ist, dass für sie fast ausnahmslos und in langer Tradi-
tion 28 Formularverträge verwendet werden. 29 Die Gencon C/P ist ein sol-
ches Standardformular. Sie wurde im Jahr 1922 entworfen und 1976 sowie
1994 erweitert. Herausgeber ist die Baltic and International Maritime Con-
ference ( BIMCO ), die eine ganze Reihe unterschiedlicher Standardverträge
unter Beteiligung von Vertretern verschiedenster Interessen entworfen hat
und zur Verfügung stellt. Eine entscheidende Rolle beim Entwurf solcher
Vertragsformulare nimmt das Documentary Department der BIMCO ein.
Das Documentary Department ist diejenige Stelle, die innerhalb der BIMCO
Arbeitsgruppen und Ausschüsse koordiniert, die an der Entwicklung der
standardisierten BIMCO Charterverträge, Klauseln und Vereinbarungen
beteiligt sind. 30 An den Entwürfen sind Interessenvertreter beteiligt, darun-
ter Vertreter verschiedener Staaten, Vertreter von Protection and Indemnity
Versicherungen (P&I), das sind Zusammenschlüsse von Schiffseignern und
Charterern zur Selbstversicherung von Schiffen, Vertreter von Schiffshan-
delsvereinigungen, die Vertreter von internationalen Schifffahrtsvereinigun-
gen wie der International Chamber of Shipping oder der Federation of Na-
tional Associations of Ship Brokers and Agents (FONASBA) sowie Vertreter
des BIMCO Sekretariats. Diese Vertreter repräsentieren eine große Zahl der
am Seehandel beteiligten Interessengruppen, für die die zu entwickelnden
Regeln verbindlich sein sollen. Der eigentliche Entwicklungsprozess erfolgt
in Arbeitsgruppen, in denen auf die gleichmäßige Vertretung dieser Interes-
sengruppen geachtet wird und in denen Juristen die erzielten Ergebnisse in
die späteren Formularverträge fassen. 31 Es handelt sich hierbei also nicht um

27 Calliess, G.-P. Transnationales Verbrauchervertragsrecht, (2004) 68 Rabels Zeitschrift

für ausländisches und internationales Privatrecht 244–287, 254 f.


28 Standardchartern wurden bereits im 15. Jahrhundert verwendet, Raiser, L. Das Recht

der allgemeinen Geschäftsbedingungen, (Bad Homburg 1935), 26.


29 Gorton, L., R. Ihre und A. Sandevärn Shipbroking and Chartering Practice, (London /

Hong Kong 1999), 105; Puttfarken, H.-J. Seehandelsrecht, (Heidelberg 1997), 147.
30 Hunter, G. Standard Forms – The BIMCO Experience, Thomas, D. R. (Hrsg.), Legal

Issues Relating to Time Charterparties, (London 2008) Chapter I, 2 ff. Die folgenden Aus-
führungen beziehen sich hierauf.
31 Hunter ebd. 4.
818 Andreas Maurer und Anna Beckers

ein „Willkürrecht der Unternehmen“ 32, das seinen Niederschlag in BIMCO -


Formularen findet, sondern um ausgehandelte und ausgewogene Vereinba-
rungen, an denen alle beteiligten Interessengruppen mitgewirkt haben. So
stellt die Vereinbarung von Standardverträgen zwar keinen Akt der Gesetz-
gebung dar. Dennoch wird Generalisierbarkeit der so entstandenen Regeln
bei den Normadressaten dadurch erreicht, dass ihre Beteiligung an Nor-
mentstehungs- und Entscheidungsprozessen gesichert wird. Hier kann man
gerade nicht von einer Gesetzgebung im Sinne eines legislativen Aktes spre-
chen, sondern es handelt sich um Normbildungsprozesse, die explizit nicht
in einem nationalstaatlichen Zusammenhang stattfinden. Die Regeln einer
Lex Maritima bilden sich nicht in den staatlichen Gerichten, die im Zentrum
des Rechts stehen, sondern entstehen an der Kontaktstelle der Rechtsperi-
pherie zu den autonomen Gesellschaftssektoren. 33 Außerhalb des National-
staates werden Rechtsentstehungsprozesse nachgebildet, die offensichtliche
Parallelen zu nationalstaatlichen Gesetzgebungsprozessen aufweisen. Char-
terformulare stabilisieren aus soziologischer Perspektive auch normative
Verhaltenserwartungen, an deren Formulierung die Parteien zwar nicht not-
wendigerweise persönlich mitgewirkt haben, in denen aber ihre jeweiligen
Interessen zum Ausdruck gebracht werden, und an denen auch im Ent-
täuschungsfall festgehalten wird. Bereits ihre langjährige und fortwährende
Verwendung zeigt, dass Charterformulare zu einer Generalisierung und
Stabilisierung von Verhaltenserwartungen zumindest beitragen und damit
erste Anforderungen, die aus soziologischer Sicht an das Recht gestellt wer-
den, erfüllen. 34 All das deutet darauf hin, dass mit den standardisierten
Charterverträgen des grenzüberschreitenden Seehandels privates Recht ge-
schaffen wird. Um aber von einem autonomen Recht jenseits des Staates
sprechen zu können, muss das Seehandelsrecht noch eine weitere Anforde-
rung erfüllen: Seine Anwendung, Interpretation und Fortbildung muss
ebenfalls durch private Institutionen gewährleistet sein.

b) Streitschlichtung im transnationalen Seehandelsrecht


durch private Institutionen
Dass die Streitschlichtung im grenzüberschreitenden Seehandel weitge-
hend den staatlichen Gerichten entzogen ist, zeigen statistische Daten über-
zeugend. Das gilt insbesondere auch für Streitigkeiten aus Charterverträ-
gen. Als Ursache für diesen Umstand sind die Verträge selbst zu sehen. Sie
enthalten Schiedsklauseln, die von den Parteien standardisiert angewählt
32 Großmann-Doerth, H. Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht,

(Freiburg 1933), 25–26.


33 Siehe hierzu Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-

tierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 48 ff.


34 Vgl. hierzu Luhmann, N. Rechtssoziologie, (Opladen 1987), 94 ff.
Lex Maritima 819

werden können und die den Konflikt an eine private Streitschlichtungsorga-


nisation, oft die London Maritime Arbitrators Association ( LMAA ) oder
die Society of Maritime Arbitrators ( SMA ) verweisen. 35 Im Falle der G en-
con C/P ist für die Parteien vorbehaltlich einer individuellen Vereinbarung
die Anwahl eines New Yorker oder Londoner Schiedsgerichts möglich.
Wird nichts vereinbart, gilt London als Schiedsgerichtsstand, und englisches
Recht findet Anwendung.
Aufgrund der großen Nachfrage haben sich dann auch eine ganze Reihe
hochspezialisierter Schiedsgerichte etabliert, die einen Großteil der weltwei-
ten Streitschlichtung in seehandelsrechtlichen Konflikten bewältigen. Dabei
liegen die Schiedsgerichte der LMAA und der SMA in New York mit einem
Volumen von 70 % bzw. 20 % der weltweiten seehandelsrechtlichen Streit-
schlichtungsfälle weit vor weiteren ähnlichen Institutionen. 36 Insgesamt
geht es um ca. 4000–5000 Verfahren jährlich weltweit, in denen seehandels-
rechtliche Streitigkeiten durch private Streitschlichtungsorganisationen be-
arbeitet werden. Stellt man dem die etwa 500 Verfahren vor englischen staat-
lichen Gerichten gegenüber, so ergibt sich selbst dann ein eindeutiges Bild,
wenn man die Bearbeitung derartiger Fälle in anderen staatlichen Jurisdik-
tionen noch hinzurechnet. Ein Großteil von seehandelsrechtlichen Streitig-
keiten wird vor privaten Streitschlichtungsinstitutionen ausgetragen.
So zeigt sich am Beispiel der Charter, dass der grenzüberschreitende See-
handel in der Tat in der Lage ist, sowohl sein Recht in privaten Organisatio-
nen zu setzen als auch im Rahmen privater Schiedsgerichtsbarkeit Recht-
sprechung zu organisieren. Verbalisierung und Erinnerung von früheren
Entscheidungen finden nicht ausnahmslos statt, gewährleisten aber in gro-
ßem Umfang Anschlussfähigkeit für juristische Kommunikation. 37
Danach aber stellt sich im Hinblick auf das eingangs geschilderte Nord-
holm-Urteil die Frage, wie das staatliche Recht mit privaten Regelordnungen
umgehen kann und sollte. Immerhin entstehen enorme Selbstordnungs-
kräfte, die zu ignorieren zu einem weitgehenden Verlust staatlichen Einflus-
ses auf wichtige Wirtschaftszweige zur Folge hätte und den bereichsspezifi-
schen normativen Ordnungsleistungen nicht gerecht würde.
Auf diese Frage suchen wir im Sinne Gunther Teubners zu antworten:
Mit einem Kollisionsrecht.
35 Marella, F. Unity and Diversity in International Arbitration: The Case of Maritime

Arbitration, (2005) 20 American University Law Review 1055–1100, 1077 ff.


36 Tassios, P. N. Choosing the Appropriate Venue: Maritime Arbitration in London or

New York?, (2004) 21 Journal of International Arbitration 355–366, 355, 359.


37 Nach den LMAA Schiedsregeln entscheiden die Schiedsrichter nach der ‚stare deci-

sis doctrine‘ und die Schiedssprüche müssen eine Begründung enthalten, werden aber nur
veröffentlicht, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Bei der SMA gibt es zwar
keine Präzedenzen, dennoch folgen die Schiedsrichter oft früheren Schiedssprüchen, und
alle Schiedssprüche werden ausnahmslos veröffentlicht. ebd., 360; siehe auch: SMA FAQ ,
http://www.smany.org/sma/maritimefaq.html#20 (zuletzt besucht am 30. 09. 2008).
820 Andreas Maurer und Anna Beckers

III. Kollisionen von Rechtsmassen


Wenn es stimmt, dass die Regeln des grenzüberschreitenden Seehandels
zumindest in weiten Teilbereichen als autonomes Regelsystem angesehen
werden können, darf staatliches Recht diese nicht ignorieren.
Der BGH aber hat in der Nordholm-Entscheidung staatlichem Recht
in Form von Regeln über die inhaltliche Gestaltung allgemeiner Geschäfts-
bedingungen den Vorrang vor privat gesetzten Normen eingeräumt. Diese
Lösung ist unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten kritisiert worden.
Die darüber hinaus gehende Problematik der Entscheidung liegt aber viel-
mehr in der Nichtbeachtung der starken privaten Regelbildungstendenzen
im grenzüberschreitenden Seehandel. Diese Nichtbeachtung privater Selbst-
regulierungsleistungen führt in einem mobilen Wirtschaftssegment wie der
Seeschifffahrt dazu, dass die Parteien von ihrer Exit-Option 38 Gebrauch ma-
chen und staatliches Recht, das ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird, nicht
anwählen, sondern sich in private Streitschlichtung flüchten.39 Darauf deutet
unseres Erachtens das große Gefälle zwischen staatlicher und nicht-staat-
licher Streitschlichtung im Seehandel hin. Die maritime Schiedsgerichtsbar-
keit, aber auch einige staatliche Gerichte verhalten sich in Bezug auf die
Existenz eines Systems des transnationalen Seehandelsrechts weitsichtiger
als der BGH im Fall ‚Nordholm‘. So hat das OLG Düsseldorf im Rahmen
der Auslegung einer Chartervertragsklausel sowohl die Auslegung dieser
Klausel durch Schiedsgerichte wie auch durch staatliche Gerichte anderer
Länder herangezogen und so eine Verkehrssitte identifiziert, der es sich nicht
entgegengestellt hat. 40 Und auch das Deutsche Seeschiedsgericht Hamburg
hat in der Frage, ob eine Klausel eines Standardchartervertrages gemessen
an AGB -Recht unwirksam sei, zwar eine entsprechende Prüfung vorge-
nommen, ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass ein eindeutiger „Ver-
wender“ der AGB nicht identifizierbar sei und so den Gepflogenheiten des
Seehandels und der Entstehungsgeschichte der Charterklauseln Rechnung
getragen. 41 Es wird vielmehr klargestellt, dass die Aushandlung der Char-

38 Siehe hierzu Hirschmann, A. O. Exit, Voice, and Loyalty, (Cambridge 1970).


39 Großmann-Doerth, H. Das Recht des Überseekaufs, (Mannheim 1930), 51 („Über
die Bedeutung dieser mehr und mehr ausschließlichen Zuständigkeit der privaten Schieds-
gerichtsbarkeit für die Entwicklungen des Rechtes des Überseekaufs läßt sich mit Sicher-
heit nur sagen, dass sie kaum überschätzt werden kann.“); siehe auch die empirische Stu-
die von Kohler, K. Die moderne Praxis des Schiedsgerichtswesens in der Wirtschaft,
(Berlin 1967), 117; aus jüngerer Zeit beispielhaft nur Hausmann, R. Schiedsvereinbarun-
gen, Reithmann, C. und D. Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, (Köln 2004)
2206–2427, 2212.
40 OLG Düsseldorf VersR 1982, 1139–1141; hierzu auch Trappe, J. Maritime Schiedsge-

richtsbarkeit, Plantey, A. (Hrsg.), Festschrift für Ottoarndt Glossner zum 70. Geburtstag,
(Heidelberg 1994) 459–476, 467.
41 Deutsches Seeschiedsgericht Hamburg, VersR 1985, 56–57.
Lex Maritima 821

terbedingungen nach den allgemeinen Gebräuchen der Seeschifffahrt eine


Diskussionsgrundlage für die Vertragsverhandlungen darstellt und in der
Regel nicht von einer Partei zur Disposition gestellt wird. Anhand dieser
Entscheidungen lassen sich verschiedene Tendenzen ausmachen und so stellt
sich die Frage: Entsteht beim Aufeinandertreffen von staatlicher Rechtsord-
nung und gesellschaftlicher Quasi-Rechtsordnung ein Prozess, in dem sich
das staatliche Recht durchsetzt oder umgekehrt an Bedeutung verliert oder
gibt es ein Tertium?

1. Rechts-Kollisionsrecht
Wenn staatliches Recht und Regeln einer privaten ‚Rechtsordnung‘ auf-
einandertreffen, bedarf es einer übergeordneten Kollisionsnorm, um den
Konflikt aufzulösen.
Der Gedanke eines Kollisionsrechts zur Bearbeitung von Konfliktlagen
zwischen gesellschaftlichen Teilbereichen ist von Rudolf Wiethölter bereits
im Jahr 1977 entwickelt worden. 42 Gunther Teubner hat diese Idee aufge-
griffen und präzisiert, insbesondere in Bezug auf die Frage, wie ein solches
Kollisionsrecht aussehen könnte. 43 Er identifiziert dabei drei Konfliktli-
nien: (1) Kollisionen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Teilsyste-
men, (2) Kollisionen zwischen staatlichem Recht und pluralen gesellschaft-
lichen Quasi-Rechtsordnungen und (3) Kollisionen zwischen Teilrechtsord-
nungen innerhalb des staatlichen Rechts. 44 In unserem Fall um die Frage,
wie Normen des grenzüberschreitenden Seehandels, die außerhalb staatli-
chen Einflusses entstehen, von staatlichem Recht rezipiert werden können,

42 Wiethölter, R. Begriffs- oder Interessenjurisprudenz – falsche Fronten im IPR und

Wirtschaftsverfassungsrecht, Lüderitz, A. und J. Schröder (Hrsg.), Internationales Privat-


recht und Rechtsvergleichung im Ausgang des 20. Jahrhunderts. Bewahrung oder Wende?
Festschrift für Gerhard Kegel, (Frankfurt am Main 1977) 213–263. Siehe auch Wiethölter, R.
Materialisierungen und Prozeduralisierungen von Recht, Brüggemeier, G. und C. Joerges
(Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionistischen Rechts, (Bremen 1982)
25–64. Instruktiv auch: Becker, D. C. Von Namen und Nummern. Kollisionen unverträg-
licher Rechtsmassen im Internet, (Baden-Baden 2005), 1 ff. und Fischer-Lescano, A. und
G. Teubner Prozedurale Rechtstheorie: Wiethölter, Buckel, S., R. Christensen und A. Fi-
scher-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, (Stuttgart 2006) 79–96, 81 ff.
43 Siehe nur exemplarisch: Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am

Main 1989), 123ff; Teubner, G. Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer
Universalitätsansprüche, Pawlowski, H.-M. und G. Roellecke (Hrsg.), Der Universalitäts-
anspruch des demokratischen Rechtsstaates. Die Verschiedenheit der Kulturen und die All-
gemeinheit des Rechts. ARSP Beiheft Nr. 65, (Stuttgart 1996) 199–220, 205 ff.; jüngst: Teub-
ner, G. und A. Fischer-Lescano Regime-Kollisionen, (Frankfurt 2006), insbesondere 57 ff.;
in der Betrachtung dogmatischer Entscheidungen: Teubner, G. Ein Fall von struktureller
Korruption – Die Familienbürgschaft in der Kollision unverträglicher Handlungslogiken,
(2000) Kritische Vierteljahresschrift 388–404.
44 Teubner, G. Recht als autopoietisches System, (Frankfurt am Main 1989), 133 ff.
822 Andreas Maurer und Anna Beckers

interessiert insbesondere die Auflösung von Kollisionslagen zwischen staat-


lichem Recht und gesellschaftlichen Quasi-Rechtsordnungen. Wir sind also
auf der Suche nach einem Rechts-Kollisionsrecht. Hierarchische Konfliktlö-
sungsansätze sind wenig aussichtsreich, denn sie berücksichtigen die Eigen-
rationalitäten der jeweils kollidierenden Ordnungen nicht hinreichend. Aus
diesem Grund ist die Nordholm-Entscheidung letztlich auf breite Ableh-
nung gestoßen. Es ging den Kritikern nicht um die Frage, ob in der Gen-
con C/P nun eine AGB zu sehen sei, die von einer Vertragspartei im Sinne
des AGB -Rechts verwendet wurde, sondern es ging letztlich um den Schutz
der Eigenrationalität eines autonom entstehenden und bestehenden trans-
nationalen Seehandelsrechts, einer Lex Maritima. Ein Recht, das derartige
Eigenrationalitäten pluraler Quasi-Rechtsordnungen (an-) erkennen soll,
muss einige Voraussetzungen akzeptieren. Hierzu gehört, dass erstens ge-
sellschaftliche Fragmentierung und die Autonomisierung gesellschaftlicher
Teilbereiche und deren Eigenproduktion von Normen zur Lösung innersys-
temischer Konflikte den Universalitätsanspruch staatlichen Rechts unter-
graben. Transnationalisierung und Internationalisierung verschärfen zwei-
tens diese Tendenz zusätzlich. 45 Jeder Teilbereich der Gesellschaft bildet
drittens Konfliktlösungsnormen aus und kämpft um deren Absolutheitsan-
spruch. 46
Werden diese Voraussetzungen akzeptiert, was angesichts der gesell-
schaftlichen Realität unumgänglich scheint, muss das staatliche Recht lieb-
gewonnene Universalitätsansprüche in Bezug auf Konfliktlösungskompe-
tenzen aufgeben. 47 Wenn aber keine Konfliktlösung möglich ist, muss das
Rechtsprogramm auf Konfliktbewältigung umgestellt werden. Das Recht
wird dann zum gentle civilizer of legal orders. Eine kollisionsrechtlich ver-
standene Konfliktbewältigung muss in der Berücksichtigung außer- oder
peripherrechtlicher Umstände bestehen, soweit die Eigenlogik der konfli-
gierenden Rechtsordnung Normativität innerhalb ihres spezifischen sozia-
len Teilbereichs beansprucht. Das Privatrecht bietet mit seinen Generalklau-
seln und den Verweisen auf Verkehrssitten Institute zum Anschluss privater

45 Vgl. Teubner, G. Globale Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtsplu-

ralismus, (1996) 15 Rechtshistorisches Journal 255–290; Fischer-Lescano, A. und G. Teubner


Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen Rechts, (Frankfurt am Main 2006).
Hierzu auch Berman, P. S. Global Legal Pluralism, (2007) 80 Southern California Law Re-
view 1155–1237.
46 Teubner, G. Altera Pars Audiatur: Das Recht in der Kollision anderer Universalitäts-

ansprüche, Pawlowski, H.-M. und G. Roellecke (Hrsg.), Der Universalitätsanspruch des


demokratischen Rechtsstaates. Die Verschiedenheit der Kulturen und die Allgemeinheit
des Rechts. ARSP Beiheft Nr. 65, (Stuttgart 1996) 199–220, 204 f.
47 Differenziert zum Verhältnis von wirtschaftlichen Prozessen und staatlichen Gerichts-

entscheidungen schon Stein, U. Lex Mercatoria. Theorie und Realität, (Frankfurt am Main
1995), 23 ff.
Lex Maritima 823

Rechtsordnungen und deren Eigenlogiken. 48 Die Unbestimmtheit der Nor-


men bietet ein Einfallstor für Betrachtungen, Erwägungen und Argumente,
die dem jeweiligen Sozialbereich gerecht werden – Billigkeit als Argument
und Reaktion des Rechtssystems auf veränderte Gesellschaftsbedingungen
wird damit Bestandteil der Rechtsentscheidung. 49 Die Argumentation der
Entscheidung bleibt den rechtlichen Kategorien treu und bewegt sich damit
innerhalb des eigenen Systems, wahrt so seine Kontingenz. 50
Aber auch die Auslegung erlaubt dem Richter, Kollisionsnormen in der
Rechtsentscheidung zu berücksichtigen. Voraussetzung hierfür ist jedoch,
dass staatliches Recht die kollidierende Ordnung in einem ersten Schritt
überhaupt erkennt und in einem zweiten Schritt als gleichwertiges Gegenüber
anerkennt. Erst unter diesen Voraussetzungen können Rationalitätenkon-
flikte überhaupt ins Recht übersetzt und dort friedlich ausgetragen werden.51
Bislang aber, und das zeigen die Statistiken über die Verteilung seehandels-
rechtlicher Streitverfahren von privaten Schiedsgerichten und staatlichen Ge-
richten deutlich, ist es staatlichem Recht nicht gelungen, eine Abwanderung
zu privaten Gerichten wirksam zu verhindern. Das liegt nicht zuletzt auch
an fehlender Rechtssicherheit im transnationalen Handelsverkehr. Die Ent-
scheidung, welches Gericht nach welchen Maßstäben entscheidet, ist häufig
zufällig 52 und die jeweiligen nationalen Handelsrechtsordnungen finden nur
begrenzt Anwendung. 53 Hinzu kommen die oben im Zusammenhang mit
dem Nordholm-Fall beschriebenen Unsicherheiten in Bezug auf nationale
Sonderrechte, nationales zwingendes Recht und lange Verfahrensdauern vor
nationalen Gerichten, die staatliche Gerichte im Wettbewerb mit privaten
Gerichten deutlich benachteiligen, zumindest dann, wenn der Instanzenzug
einbezogen wird. Letztlich verhilft die New York Convention über die An-
erkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen der obsiegenden Partei

48 Teubner, G. Standards und Direktiven in Generalklauseln, (Frankfurt 1971), 61. Siehe

hierzu auch die Teubnersche Kommentierung von § 242 BGB : Teubner, G. § 242, Wasser-
mann, R. (Hrsg.), Alternativkommentar zum BGB , (Neuwied 1980) insbesondere Rn. 93 ff.
49 Hierzu ausführlich: Calliess, G.-P. Billigkeit und effektiver Rechtsschutz, (2005)

26 Zeitschrift für Rechtssoziologie 35–55, 50.


50 Luhmann, N. Juristische Argumentation. Eine Analyse ihrer Form, Teubner, G.

(Hrsg.), Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe, (Baden-Baden 1995) 19–37, 25 f.


51 Fischer-Lescano, A. und G. Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des glo-

balen Rechts, (Frankfurt am Main 2006), 170.


52 Calliess, G.-P. Billigkeit und effektiver Rechtsschutz, (2005) 26 Zeitschrift für Rechts-

soziologie 35–55, 50.


53 Calliess, G.-P. Transnationales Handelsrecht, Zürn, M. und B. Zangl (Hrsg.), Ver-

rechtlichung – Baustein für Global Governance, (Bonn 2004) 160–178, 162 f., Grundlegend
auch: Stein, U. Lex Mercatoria. Theorie und Realität, (Frankfurt am Main 1995), 19, 215 ff.
Aus der Perspektive der Wirtschaft: Schmidtchen, D. Lex Mercatoria und die Evolution des
Rechts, Ott, C. und H.-B. Schäfer (Hrsg.), Vereinheitlichung und Diversität des Zivilrechts
in transnationalen Räumen, (Tübingen 2002) 1–32, 13 f.
824 Andreas Maurer und Anna Beckers

in 142 Ländern der Erde zu einer Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs 54,


wohingegen die Vollstreckung der Urteile staatlicher Gerichte unter dem
Brüssel oder dem Lugano Abkommen allenfalls in Europa problemlos ver-
läuft. Unter diesem Gesichtspunkt muss es aus Perspektive der National-
staaten auch darum gehen, ihr staatliches Recht wettbewerbsfähig mit pri-
vaten Rechtsprechungs- und Normsetzungsinstitutionen zu halten, wenn
nationalstaatlicher Einfluss nicht vollständig verloren gehen soll. 55
Vor diesem Hintergrund ist es für das Recht erforderlich, sich auf bereichs-
spezifische Normordnungen seiner gesellschaftlichen Umwelten einzustellen,
um einerseits kompatibel mit diesen zu bleiben, um aber andererseits auch
seinen Einfluss nicht gänzlich einzubüßen, wenn diese Umstellung nicht ge-
lingt.

2. Lex Maritima und staatliches Recht


Anders als noch Großmann-Doerth im Jahr 1933 meinte, kann also heute
nicht mehr gelten, dass das staatliche Recht das „Willkürrecht von Unter-
nehmen und Unternehmensverbänden“ nicht dulden dürfe sondern die
„Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter seine Kontrolle“ nehmen müsse.56
Vielmehr müssen genau im Gegenteil die standardisierten Vertragsbedin-
gungen als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“ (Großmann-Doerth)
in den Entscheidungen staatlicher Gerichte Berücksichtigung finden. Das
gilt insbesondere dann, wenn es sich bei den privaten Normordnungen ge-
rade nicht um ein „Willkürrecht“ handelt, sondern diese Regeln in Koope-
ration aller späteren Normadressaten entwickelt werden. Nur in Form einer
wechselseitigen Beobachtung von staatlicher Rechtsordnung und privater
Normordnung wird es auf Dauer gelingen können, beide zu kompatibili-
sieren. Das staatliche Recht wird die Eigenrationalitäten privat erzeugter
Normordnungen anhand rechtlicher, aber bereichsspezifischer Maßstäbe
überprüfen müssen. 57 Ebenso aber wird es erforderlich sein, dass sich im
Rahmen privater Streitschlichtungsinstitutionen neben einem transnationa-
len Recht auch ein transnationaler ordre public herausbildet, der einerseits
die Entstehung und Anwendung des von Großmann-Doerth beschriebenen
Willkürrechts der Wirtschaft unterbindet und andererseits Kollektivinteres-
54 Siehe hierzu http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/arbitration/NY
Convention_status.html
55 Calliess, G.-P. und H. Hoffmann Effektive Justizdienstleistung für den globalen Han-

del, 2009 Zeitschrift für Rechtspolitik 1–4.


56 Großmann-Doerth, H. Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht,

(Freiburg 1933), 25–26.


57 Dies sieht z. B. auch Walter, wenn er regimespezifische (menschen-)rechtliche Kon-

trollen fordert: Walter, C. Constitutionalizing (Inter)national Governance – Possibilites for


and Limits to the Development of an International Constitutional Law, (2002) 44 German
Yearbook of International Law 170–201, 197.
Lex Maritima 825

sen im transnationalen Recht ebenso wirksam verteidigt, wie staatliche Ge-


richte dazu in der Lage sind.

IV. Schluss
Dass solche wechselseitigen Beobachtungen nur langsam und unter gro-
ßen Vorbehalten auf der Seite der staatlichen Gerichte stattfinden, zeigt, wie
sehr das staatliche Recht noch in regionalen Identitäten und territorialen
Grenzen verhaftet bleibt. Die Umstellung des Rechts von seiner grundsätz-
lich nationalen Ausrichtung auf die Herausforderungen, die von einer glo-
balisierten Gesellschaft ausgehen, sind schwierig 58, und schmerzhaft ist der
Prozess einer Auseinandersetzung mit einem veränderten Verständnis von
Staat und Gesellschaft 59. Mit seinem Werk hat Gunther Teubner den Finger
einerseits stets in genau diese Wunde gelegt, zugleich aber andererseits ge-
zeigt, dass das Recht noch zu retten ist. Diesen grundsätzlichen Optimis-
mus teilen wir gerne.

58 Hierzu Rogowski, R. Aufbruch in das Weltrecht, (2004) IABLIS , www.iablis.com

These IV.
59 Teubner, G. Globale Zivilverfassungen: Alternativen zur staatszentrischen Verfas-

sungstheorie, (2003) 63 Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht


1–28.
826 Andreas Maurer und Anna Beckers
A Private Transnational Law to Transnational
Legal Regimes?

Rodrigo Octávio Broglia Mendes

I.
Among all of the themes to which Gunther Teubner devotes his studies,
one of the most interesting and intriguing of his observations and con-
clusions seems to relate to the impact of globalization on law and the differ-
entiation of transnational legal orders beyond the States, such as the lex
mercatoria, lex digitalis, and lex financiaria.1 With the increasing discussion
on the fragmentation of international law 2, i.e., issues are addressed by dif-
ferent self-contained regimes, the rules and rulings of which may conflict
with each other, Teubner’s arguments seem to enlighten the discussion both
on legal theory and on international law in a whole new way.
With respect to the fragmentation of law, Teubner’s argument suggests
that such a phenomenon is a consequence of fragmentation of world so-
ciety, with its different social rationalities organized in a heterarchical
manner, i.e., without an overarching social rationality to which all others are
submitted. Conflicts arising out of colliding social rationalities, in that

1 Fischer-Lescano, Andreas, & Teubner, Gunther ‘Regime-Collisions: The vain search for

legal unity in the fragmentation of global law’, Michigan Journal of International Law vol.
25, 2004, pp. 999–1046; Fischer-Lescano, Andreas, & Teubner, Gunther Regime-Kollisionen.
Zur Fragmentierung des globalen Rechts, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2006; Teubner,
Gunther ‘Global Bukowina: Legal Pluralism in the World Society’ in: Teubner, Gunther
(ed.), Global Law without a State, Dartmouth, Aldershot, 1997, pp. 3–28; Teubner, Gunther
‘Des Königs viele Leiber: Die Selbstdekonstruktion der Hierarchie des Recht’ in: Brunk-
horst, Hauke, & Kettner, Matthias (eds.), Globalisierung und Demokratie. Wirtschaft,
Recht, Medien, Suhrkamp, Frankfurt, 2000, pp. 240–273; Teubner, Gunther ‘Die zwei Ge-
schichte des Janus: Rechtspluralismus in der Spätmoderne’ in: Schmidt, Eike, & Weyers,
Hans-Leo (eds.), Liber Amicorum Josef Esser. Zum 85. Geburtstag am 12. März 1995,
C. F. Müller Juristischer Verlag, Heidelberg, 1995, pp. 191–214; Teubner, Gunther ‘Globale
Bukowina: Zur Emergenz eines transnationalen Rechtspluralismus’, Rechtshistorisches
Journal vol. 15, 1996, pp. 255–290; Teubner, Gunther ‘Privatregimes: Neo-Spontanes Recht
und duale Sozialverfassungen in der Weltgesellschaft?’ in: Simon, Dieter, & Weiss,
Manfred (eds.), Nomos, Baden-Baden, 2000, pp. 437–453.
2 Koskenniemi, Martti ‘Fragmentation of International Law: Difficulties arising from the

diversification and expansion of International Law. Report of the Study Group of the In-
ternational Law Commission’, 2006,
828 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

sense, cannot be resolved by referring to a superior rationality. Thus, global


law differentiates itself in several legal regimes, each of which is oriented to a
specific demand from the society, which means that different social de-
mands arise out of the influx of different social rationalities and the devel-
opment of the normative content of such legal regimes follows, in a way, the
underlying social rationality of the specific social issue. As a result, the
underlying conflict of social rationalities is incorporated into law and could
be translated into a collision of laws 3 contributing to legal fragmentation 4.
This structural condition of world society has to be taken into consider-
ation, so claims Teubner, in order to allow legal theory to understand how
law can cope with these new conflicts arising out of colliding social ratio-
nalities and not exclusively from colliding legal authorities.5 Accordingly,
Teubner suggests that this can be achieved if we give up some traditional as-
sumptions, such as the hierarchical unity of law and the connection between
lawmaking and the State (thus, the attribution of law to a specific territory)6,
and starts to work with ideas like compatibility instead of unity, a heterarchi-
cal network-like procedure of lawmaking occurring discretely in the inter-
play of different social institutions, including dispute resolutions mechan-
isms, a shift in conflict-of-law method from territory to function and so on7.
Following these suggestions, there is a particular consequence drawn by
Teubner on which I would like to focus: “common legal principles”, from a
heterarchical perspective of law, are nothing more than an operative fiction8,
a common reference point for the mutual and reciprocal observation and ir-
ritation of autonomous legal orders.9 I propose to explore this concept a little
further through the observation of how praxis and the doctrine of inter-
national arbitration address a specific dogmatic problem, concerning the
question of whether arbitrators shall apply mandatory rules contradicting
the contract and “concerning” the use of the concept of transnational ordre
public.10
3 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law, pp. 1013–1014.


4 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmentierung des globalen

Rechts, p. 24.
5 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law.


6 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-


tierung des globalen Rechts.
7 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-


tierung des globalen Rechts.
8 Ibid., p. 1033.
9 Ibid., p. 1018.
10 Arfazadeh, Homayoon ‘In the Shadow of the Unruly Horse: International Arbitration

and the Public Policy Exception’, The American Review of International Arbitration vol.
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 829

This is a particular legal question, within the context of lex mercatoria,


which is well suited to show how legal regimes refer to those common legal
principles as an instrument of internal construction of their normative se-
mantics, including their “version” of a global ius non dispositivum.11 Not
only because the new lex mercatoria, in the second half of last century,
sought its development and legitimacy by relying upon some of those com-
mon legal principles, but also due to the manner in which doctrine and ar-
bitrators appraise their duty to apply mandatory rules notwithstanding the
contract, or to declare void and set aside a given contractual prescription
without a particular legal rule from a State giving support and effect to such
a decision.
This discussion in arbitration doctrine is directly connected with the de-
bate about the concept of transnational public policy, one of those “com-
mon legal principles” upon which arbitrators and doctrine rely to justify the
non-applicability of a mandatory rule or to set aside a contract. If it is in-
deed an operative fiction, it is as real for arbitration doctrine and arbitral
awards as a delusion would be for someone suffering from schizophrenia.
And that is so because such a term as “transnational public policy” serves
not only as a reference point for legal orders, as the lex mercatoria, to share
normative semantics with other legal orders, but also as an internal repre-
sentation of its own ius non dispositivum.12 In the first sense, a operative fic-
tion. In the second, it is a real part of lex mercatoria which is disguised in a
somewhat external, universally recognized principle.13
My objective is to show this dynamic through the analysis of a recent
award issued by an arbitral tribunal formed under the International Centre
for Settlement of Investment Disputes ( ICSID ) Rules of Procedure for Ar-
bitration Proceedings and, by doing that, to point out the network character
in legal systems, as observed and proposed by Teubner.14

13, 2002, pp. 43–64; Barraclough, Andrew & Waincymer, Jeff ‘Mandatory Rules of Law in
International Commercial Arbitration’, Melbourne Journal of International Law vol. 6,
2005, pp. 205–244; Derains, Yves ‘Public Policy and the Law Applicable to the Dispute
in International Arbitration’ in (ed.), ICCA Congress series n o 3, Nova York, 1986,
pp. 227–256; Lalive, Pierre ‘Transnational (or Truly International) Public Policy and In-
ternational Arbitration’ in: (ed.), ICCA Congress Series n. 3 (New York/1986), 1986,
pp. 258–318; Voser, Nathalie ‘Mandatory Rules of Law as a limitation on the law applicable
in International Commercial Arbitration’, The American Review of International Arbi-
tration vol. 7, 1996, pp. 319–357.
11 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law, p. 1037.


12 Ibid., p. 1034.
13 Mayer, Pierre ‘Effect of International Public Policy in International Arbitration?’ in:

Mistelis, Loukas A., & Lew, Julian D. M. (eds.), Pervasive Problems in International Arbi-
tration, Kluwer Law International, Alphen aan den Rjin, 2006, p. 69.
14 Teubner, Gunther ‘Das Recht hybrider Netzwerke’, Zeitschrift für das gesamte Han-

delsrecht und Wirtschaftsrecht no. 165, 2001, pp. 550–575; Teubner, Gunther ‘Netzwerke –
830 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

Following that, I will turn my attention to how this dynamic can help in
understanding the manner through which lex mercatoria addresses the ques-
tion of whether to apply mandatory rules. My argument here is that such a
dynamic will force lex mercatoria to develop its own conflict-of-law rules,
being the transnational public policy is, just one step into this direction.

II.
In the case World Duty Free Company Ltd. vs. The Republic of Kenya,15 the
arbitral tribunal was requested to decide whether a contract entered into by
a company and the Republic of Kenya was obtained through bribery and, if
so, under which circumstances and, in any case, whether that would render
the contract void due to violation of transnational public policy. This ques-
tion was raised by the Republic of Kenya as a defense against World Duty
Free Company Ltd’s (“ WDF ”) claim, by means of which this company
sought compensation for expropriation of its investment in Kenya, several
breaches of the contract and fraud. The Republic of Kenya argued that such
a contract violated transnational public policy, as the WDF claims were
based on the contract having been obtained through the payment of a “per-
sonal donation” to the former president, and therefore it should be deemed
unenforceable and all claims should be dismissed.
Neither party disputed the occurrence of the personal donation. The dis-
agreement was on its qualification as bribery and also on the relation be-
tween the personal donation and the main contract. As the tribunal decided
that such a fact was, indeed, corruption for the purpose of obtaining the
main contract, the remaining question is whether the concept of trans-
national public policy is relevant to the case and, if so, whether bribery is
banned by transnational public policy.
The tribunal considered the concept of transnational public policy, “sig-
nifying an international consensus as to universal standards and accepted
norms of conduct that must be applied in all fora” ( ICSI D Case n o
ARB /00/7, § 139), as something relevant to the dispute. It also referred to a
pattern in arbitral awards, according to which tribunals base their decisions
on universal values in using various formulations such as “good morals”,
“bonas mores”, “ethics of international trade” or “transnational public pol-
icy”( ICSID Case n o ARB /00/7, § 141). Notwithstanding this fact, the tribu-
nal stressed that the assessment of the content of such “universal values”

Binnenstruktur und Externalitäten. Eine Debatte zwischen Ökonomie und Rechtswissen-


schaft’ in: Schreygg, Georg (ed.), Duncker & Humblot, Berlin, 2000, pp. 125–157.
15 ICSID Case n o ARB /00/7, International Centre for Settlement of Investment, October

4th 2006.
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 831

should be carried out very carefully, verifying its “objective existence”


through its recognition in international conventions, comparative law and
arbitral awards ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 141).
Following this advice, the tribunal considered laws from different coun-
tries, including Kenya, qualifying corruption as a crime ( ICSID Case n o
ARB /00/7, § 142); a number of international conventions as the Inter-
American Convention against Corruption, the OCDE Convention on
Combating Bribery of Foreign Public Officials and the United Nation Dec-
laration against Corruption and Bribery in International Commercial Trans-
actions ( ICSID Case n o ARB /00/7, §§ 143–146); judicial decisions consi-
dering corruption against their own international public policy in their
countries, but also referring in some cases to a transnational public policy
( ICSID Case n o ABR /00/7, § 147); and finally, several arbitral awards, in-
cluding the leading award issued by Judge Lagergren ( ICC Case n o 1110,
1963), also relying upon transnational public policy to deny enforceability
to a contract, when corruption was proved ( ICSID Case n o ARB /00/7,
§§ 149–156).
After this investigation the tribunal concluded: “In light of domestic laws
and international conventions relating to corruption, and in light of the deci-
sions taken in this matter by courts and arbitral tribunals, this Tribunal is
convinced that bribery is contrary to international public policy of most, if
not all, States or, to use another formula, to transnational public policy.
Thus, claims based on contracts of corruption or on contracts obtained by
corruption cannot be upheld by this Arbitral Tribunal” ( ICSID Case n o
ARB /00/7, § 157).
The tribunal found for the Republic of Kenya, dismissing all claims sub-
mitted by the WDF. Indeed, the legal argument for such a finding was not
exclusively based on transnational public policy, as the tribunal addressed
the question regarding the applicable law to the merits, since the contract
had a choice-of-law clause establishing Kenya Law as the applicable law, and
in the arbitration clause set forth that the tribunal should apply English Law
( ICSID Case n o ARB /00/7, § 158). This question was relevant not because
the statutes would result in different consequences (this was not the case,
since both English and Kenya Law would render the contract unenforce-
able) 16, but because of the possibility of a local custom which would render
the contract, even if obtained through corruption, enforceable.
However, by observing how the tribunal has concluded, it seems that it
has addressed the question through the lenses of a “non disclosed lex fori –
lex mercatoria”, a conclusion that transpires from the hesitating manner

16 Specially because as per Section 2 of the Kenyan Law of Contract act 1961, the com-

mon law of England relating to contract applies in Kenya, save as modified by Kenya’s
written laws, which was not the case – ICSID Case n o ARB /00/7, § 159.
832 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

through which the tribunal expressed its view on how the banning of cor-
ruption in international commercial contracts should prevail: “It is thus un-
necessary for this Tribunal to consider the effect of a local custom which
might render legal locally what would otherwise violate transnational public
policy or the foreign applicable law chosen by the contractual parties for
their transaction. Nonetheless the Tribunal notes the approach taken by the
English House of Lords in Kuwait v Iraqi Airways (Nos 4&5)[2002] AC 883
at 1100ff, as expressed by Lord Steyn in paragraphs 111–116. The House of
Lords there declined to recognise as a matter of English public policy a local
Iraqi law (as part of the applicable law) which formed part of flagrant
breaches of international law by Iraq. Lord Steyn, invoking “l’ordre public
véritablement international ” relied on, inter alia, the “magisterial paper” by
Professor Pierre Lalive cited by the Tribunal earlier in this Decision (at para-
graph 139 above). If it had been necessary, therefore, the Tribunal would
likewise have been minded to decline in the present case to recognise any
local custom in Kenya purporting to validate bribery committed by the
Claimant in violation of international public policy and (if different) English
public policy as part of English Law” ( ICSID Case n o ARB /00/7, § 172).
The tribunal made it clear that, in any event, it would fall back on any
concept, principle, rule or argument leading to the conclusion that bribery
was banned and, therefore, the contract was unenforceable. Transnational
public policy was clearly the resource of choice but, if its use does not help
in arriving at this conclusion, the tribunal would rely upon English public
policy, with the tacit hope that such content (banning of bribery) would be
incorporated into transnational public policy. Indeed, transnational public
policy was the main standard against which the facts and law were evaluated
by the tribunal. The paragraph of the award quoted above emphasizes the
second aspect of the term “transnational public policy”, namely, the internal
ius non dispositivum of transnational investment law/lex mercatoria, accord-
ing to which bribery would not be permitted in this context even if allowed
by a local Kenyan custom. But there is also a first aspect of the term, the ref-
erence point, which is interesting to observe in the award.
In order to determine that corruption would violate transnational public
policy, the tribunal conducted research on how the question of corruption
was addressed by international conventions, state law, domestic judicial
decisions and arbitral awards. The concept of “transnational public policy”
was expressly invoked as an “international consensus as to universal stan-
dards and accepted norms of conduct that must be applied in all fora”
( ICSID Case n o ARB /00/7, § 139). In this sense, transnational public policy
permitted a close “conversation”, including a “judicial dialogue” 17, among

17 Berman, Paul Schiff ‘From International Law to Law and Globalization’, Columbia

Journal of Transnational Law vol. 43, no. 2, 2005, pp. 485–556; Berman, Paul Schiff ‘Glo-
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 833

legal orders on how corruption should be considered. The sequence of the


analysis carried out by the tribunal (conventions, state law, judicial deci-
sions and arbitral awards) shows a process of internalization of a normative
semantic, in the sense of an internal reconstruction, culminating in the re-
flexive stabilization of this content through reliance on precedents (arbitral
awards) 18 in a kind of informal stare decisis.
Thus, if in international public law bribery is condemned through a var-
iety of international conventions, such normative content constitutes a rel-
evant meaning for the legal system and can potentially be communicated to
other legal orders, not necessarily through formal proceedings of ratifica-
tion, but through a discursive mechanism of double attribution 19 of such
meaning both at the level of the particular legal order and at the level of the
legal system as a whole. This has also occurred with respect to statutory
laws of different countries, as well as judicial decisions, which where in-
voked by the tribunal in the WDF vs. Kenya award precisely for that pur-
pose – identification of a legal meaning (corruption as an illegal act) which
could be of relevance to the tribunal and incorporated into international in-
vestment law through this double attribution, facilitating the construction of
the ratio decidendi.
By acknowledging the acceptance of the normative content in inter-
national and national law, the tribunal performed a similar exercise, this
time not specifically related with the identification of “shared” normative
semantics through double attribution, but with the reflexive construction of
a normative content within lex mercatoria, gathering and confronting arbi-
tral precedents on the question of how corruption is treated in international
commercial arbitration ( ICSID Case n o ARB /00/7, §§ 148–156). This is par-
ticularly interesting because during some point in time bribery was not
repudiated in international commercial relations, as recognized by some ar-
bitral awards and pointed out by the tribunal ( ICSID Case n o ARB /00/7,
§ 150, § 156). Actually, not that long ago arbitrators were inclined to honor

balization of Jurisdiction’, University of Pennsylvania Law Review vol. 151, no. 2, 2002,
pp. 311–529; Michaels, Ralf ‘The Re-state-ment of Non-State Law: The State, Choice of
Law, and the Challenge from Global Legal Pluralism’, The Wayne Law Review vol. 51,
2005, pp. 1241–1244; Slaughter, Anne-Marie ‘A Global Community of Courts’, Harvard In-
ternational Law Journal vol. 44, 2003, p. 191; Slaughter, Anne-Marie ‘Judicial Globaliza-
tion’, Virginia Journal of International Law vol. 40, 2000, p. 1103; Slaughter, Anne-Marie A
New World Order, Princeton University Press, Pricenton, 2004.
18 For precedents in international arbitration, Berger, Klaus Peter ‘The International

Arbitrators’ Application of Precedents’, Journal of International Arbitration vol. 9, no. 4,


1992, pp. 5–22.
19 For this concept in contractual networks, whose underlying theoretical concept is also

helpful here, see Teubner, Gunther Netzwerk als Vertragsverbund. Virtuelle Unternehmen,
Franchising, Just-in-Time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht, Nomos, Ba-
den-Baden, 2004.
834 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

contracts that probably were obtained through corruption, relying on the


autonomy of the parties 20, which is considered “the” founding principle in
international arbitration and arguably satisfying the needs of international
commercial relations, as if bribery would be considered as a “necessary evil”.
The awards cited by the tribunal show a reaction against corruption,
moving from denying jurisdiction to arbitrate contracts in violation of pub-
lic policy (Arbitral Award by Judge Lagergren, ICC Case n o 1110, 1963) to
affirming such jurisdiction and denying enforceability to the contract on
grounds of violation of transnational public policy ( ICC Case n o 7047, West-
acre v. Jugoimport). 21 To a great extent, this particular reaction was possible
by recourse to the concept of transnational public policy – which became
not just a set of “universal values” but an internal mechanism of a trans-
national legal regime, in our case the lex mercatoria, to filter legal and social
normativity for the purpose of creating its own mandatory “non-negoti-
able” normative content. In international arbitration doctrine, this is exactly
the understanding on transnational public policy which is being gradually
accepted 22, and violation of this standard is well recognized as a ground for
disregarding a provision both of any given applicable law and of the relevant
contract, although arbitrators are usually very careful to expand the sub-
stantive content of the term. 23
Thus, the concept of transnational public policy can perform a similar
function for lex mercatoria as the one usually ascribed to the concept of
ordre public in domestic private law, i.e., a mechanism to filter irritations
from the environment, which can communicatively be constructed as hav-
ing a political and ethical nature 24 aiming at the “protection of order in so-
ciety” 25, which today could be understood not as a manner of carrying the
dominant political conception through for modeling society 26, but as a filter

20 According to Pieth, “this may be understandable under the circumstances: extortion-

ate conditions exist in many developing and emerging economies, and there is widespread
tolerance of foreign bribery by countries of the North” Pieth, Mark ‘Transnational com-
mercial bribery: challenge to arbitration’ in: Karsten, Kristine, & Berkeley, Andrew (eds.),
Arbitration. Money Laundering, Corruption and Fraud, ICC Publishing, Paris, 2003, p. 41.
21 See Cremades, Bernardo & Cairns, David ‘Transnational public policy in international

arbitral decision-making: The cases of bribery, money laundering and fraud’ in: Karsten,
Kristine, & Berkeley, Andrew (eds.), Arbitration. Money Laundering, Corruption and
Fraud, ICC Publishing, Paris, 2003, pp. 65–91.
22 Mayer Effect of International Public Policy in International Arbitration?, pp. 63–64.
23 Gaillard, Emmanuel & Savage, John Fouchard, Gaillard, Goldman on International

Commercial Arbitration, Kluwer Law International, Haia, 1999, pp. 860–861.


24 Esser, Josef Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts.

Rechtsvergleichende Beiträge zur Rechtsquellen- und Interpretationslehre, J. C. B. Mohr


(Paul Siebeck), Tübigen, 1990, pp. 59–60.
25 Simitis, Konstantin Guten Sitten und ordre public. Ein kritischer Beitrag zur Anwen-

dung des § 138 Abs. 1 BGB , N. G. Elwert Verlag, Marburg, 1960, p. 93.
26 Ibid.
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 835

of normative expectations formed in the society, without giving up a basic


idea of justice. 27 In view of that, the substantive content of public policy is
necessarily contingent. 28
And here is where Teubner’s “polycontextural” perspective of trans-
national public policy is especially useful: as each transnational legal regime
can be primarily oriented to a specific social rationality, for example lex
mercatoria being primarily oriented to an economical rationality, the reflex-
ive construction of a substantive content to be attributed as part of the
transnational public policy can and eventually will be highly influenced by
irritations from the social system to which the relevant legal regime is pri-
marily oriented. On the one hand, this is the reason behind some claims, ac-
cording to which “in the field of international arbitration, however, public
policy often functions as a means of promoting the interests of international
trade” 29 and, on the other hand, this explains the careful conduct of arbi-
trators, fearing that a particular normative content, notwithstanding being
possibly ascribed as part of transnational public policy, could negatively im-
pact international trade or, at least, the reasonable expectations of partici-
pants in international trade.
The mutual observation by the legal regimes, through the lenses of trans-
national public policy, helps us to achieve the “weak normative compatibil-
ity” mentioned by Teubner 30, although, as its history shows, “transnational
public policy” will be somewhat restricted to those normative content
deemed to be “fundamental” to society.

III.
What can all this discussion on transnational public policy tell us about
the question of whether arbitrators shall apply mandatory rules? First of all
and as already mentioned, transnational public policy will work similarly
to public policy in private international law and, thus, if a mandatory rule
violates transnational public policy, the arbitrator can refuse to apply those

27 Völker, Christian Zur Dogmatik des ordre public. Die Vorbehaltsklauseln bei der An-

erkennung fremder gerichtlicher Entscheidungen und ihr Vehältnis zum ordre public des
Kollisionsrechts, Duncker & Humblot, Berlim, 1998, pp. 56–57.
28 Baptista, Luiz Olavo ‘O direito estrangeiro nos tribunais brasileiros’, Revista Forense

vol. 355, 2001, p. 95; Simitis Gutten Sitten und ordre public. Ein kritischer Beitrag zur An-
wendung des § 138 Abs. 1 BGB , pp. 99–100.
29 Arfazadeh In the Shadow of the Unruly Horse: International Arbitration and the Pub-

lic Policy Exception, pp. 46–47.


30 Fischer-Lescano & Teubner Regime-Collisions: The vain search for legal unity in the

fragmentation of global law; Fischer-Lescano & Teubner Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-


tierung des globalen Rechts.
836 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

mandatory rules. 31 However, as the concept of transnational public policy


cannot encompass all cases where the application of mandatory rules by ar-
bitrators comes into question, any solution on the development of criteria
to help arbitrators decide if and when to apply mandatory rules should not
rely solely on such a concept. Nonetheless, the particular dynamic pres-
ented above can shed some light on this effort.
The question about mandatory rules in arbitration law literature is still in-
fluenced by a territorial conception of traditional private international law,
inducing the analysis to be differentiated in accordance with the territorial
origin of the relevant mandatory rule, and so debating whether the manda-
tory rules of the seat of arbitration should be treated differently, for in-
stance, from the mandatory rules of lex contractus. Usually, three “groups”
of mandatory rules are considered: mandatory rules of the seat of arbi-
tration (lex arbitri), mandatory rules of lex contractus and mandatory rules
from other countries.32 And for each of those groups one can develop a par-
ticular conception as to whether the arbitrator has a duty to apply the man-
datory rules, varying in accordance with the underlying understanding fol-
lowing the discussion on the “nature of arbitration”33, which can be organized
by means of the distinction contract/jurisdiction: that is, if arbitration is
a product of the contract, so the arbitral tribunal would have a contractual
nature 34 or if the arbitration is a product of the law of its seat, what implies
that arbitral tribunal has a jurisdictional nature. 35 In the “spectrum” going
from the contract to jurisdiction, arbitration law literature developed a
“third position”, according to which arbitration has both jurisdictional and
contractual elements – the so called “hybrid” theories of arbitration. 36
31 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Ar-

bitration, pp. 218–219; Gaillard & Savage Fouchard, Gaillard, Goldman on International
Commercial Arbitration, pp. 860–861; Mayer Effect of International Public Policy in Inter-
national Arbitration?
32 Blessing, Marc ‘Mandatory Rules of Law versus Party Autonomy in International Ar-

bitration’, Journal of International Arbitration vol. 14, no. 4, 1997, pp. 25–26; Derains Pub-
lic Policy and the Law Applicable to the Dispute in International Arbitration, p. 242.
33 Grigera-Naon, Horacio Choice-of-law Problems in International Commercial Arbi-

tration, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen, 1992, pp. 14–15; Lew, Julian D. M., Mistelis,
Loukas A. & Kröll, Stefan M. Comparative International Commercial Arbitration, Kluwer
Law International, Haia, 2003, p. 70.
34 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial

Arbitration, p. 209; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbi-
tration, pp. 76–78.
35 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial Ar-

bitration, p. 210; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbitration,
pp. 73–76.
36 Barraclough & Waincymer Mandatory Rules of Law in International Commercial

Arbitration, p. 210; Grigera-Naon Choice-of-law Problems in International Commercial


Arbitration, pp. 17–18; Lew, Mistelis & Kröll Comparative International Commercial Arbi-
tration, pp. 78–79.
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 837

The solution exclusively oriented to “one side” of the distinction con-


tract/jurisdiction does not help much with the question of mandatory rules
nor does it reflect the praxis of international arbitration: on the jurisdiction
side, the arbitrator shall rely upon the laws of the seat of arbitration to de-
cide whether to apply a mandatory rule, exactly as a judge would do – lex
facit arbitrum. 37 In this sense, the arbitrator would have no choice other than
to apply mandatory rules of the seat of arbitration, which does not sound
necessarily reasonable to arbitration praxis, since the “seat of arbitration” is
nothing more than a legal fiction 38, not bearing any necessary relation with
the contract, the parties or the dispute itself. On the contract side, however,
the arbitrators would not have any duty to apply mandatory rules, save for
the mandatory rules of lex contractus and, even in this case, just if the parties
had not agreed otherwise. This kind of understanding is what justifies the
concern that parties could escape from mandatory rules by agreeing to ar-
bitrate, transforming them into “default rules.” 39
The hybrid perspectives on arbitration try to overcome those difficulties,
questioning if there is a reason besides the nature of contract which would
justify the applicability of mandatory rules, including those from lex con-
tractus. 40 And as those perspectives advance, the distinction contract/juris-
diction loses its importance 41, which should force arbitration doctrine to
search for clarification somewhere else, sometimes claiming for an “auton-
omous” nature of arbitration, more in the direction of legal regimes 42, as
lex mercatoria.
With this gradual movement in arbitration law literature from hybrid to
autonomous, the search for criteria to orient arbitrators towards applicabil-
ity of mandatory rules can give us some hints about the dynamics of lex
mercatoria. Above all, a particular characteristic of international arbitration,
which Pierre Mayer has indicated as one of the main difficulties in dealing
with the issue of mandatory rules, has to be considered, namely that arbi-
trators, when faced with the question of applying a mandatory rule and,

37 Mann, F. A. ‘Lex Facit Arbitrum’, Arbitration International vol. 2, no. 3, 1986,

pp. 241–260.
38 Kaufmann-Kohler, Gabrielle ‘Globalization of Arbitral Procedure’, Vanderbilt Journal

of Transnational Law vol. 36, 2003, pp. 1328–1330.


39 Guzman, Andrew ‘Arbitrator Liability: Reconciling Arbitration and Mandatory

Rules’, Duke Law Journal vol. 49, 2000, pp. 1280–1334; Ware, Stephen J. ‘Default Rules
from Mandatory Rules: Privatizing Law Through Arbitration’, Minnesota Law Review
vol. 83, 1999, pp. 704–754.
40 Gaillard & Savage, Fouchard, Gaillard Goldman on International Commercial Arbi-

tration, p. 337.
41 Grigera-Naon Choice-of-law Problems in International Commercial Arbitration,

p. 18.
42 Lew, Julian D. M. ‘Achieving the Dream: Autonomous Arbitration’, Arbitration In-

ternational vol. 22, no. 2, 2006, pp. 179–203.


838 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

thus, possibly rejecting the contract and the will of the parties, from where
their authority derives, such a question has to be considered “from two
points of view: for the purposes of his own forum, but also taking into ac-
count an external forum.” 43
The circumstance that international arbitration orients itself towards two
levels (internal and external fora) is an evidence of the network-like dy-
namics of lex mercatoria. One of the mechanisms of the institutionalization
of such network logic is the “duty to render an enforceable award.” This
is an obligation imposed on arbitrators, implicitly at least, but sometimes
derived from the rules of arbitration incorporated, by reference, into the
contract (e.g. International Chamber of Commerce Rules of Arbitration,
Article 35) 44, whereby arbitrators shall consider and avoid most possibilities
under which the award could be considered unenforceable in the jurisdic-
tions where the parties might seek enforcement. The main focus of attention
is usually the hypothesis set forth by the New York Convention, 45 under
which state courts can refuse enforcement of an award.
As to the issue relating to mandatory rules, the relevant hypothesis is if
the award would be contrary to the public policy of the country in which
one seeks enforcement of the award (New York Convention, Article V, 2,
“b”). Thus, if an arbitral tribunal refuses to apply a given mandatory rule
from a certain country in which one can seek enforcement of the award, it
may well be the case that the court from that country may find that the
award, by not applying the mandatory rule, is contrary to its public policy.
This is without doubt an incentive for arbitrators to consider the views of
domestic courts about the public policy of their own legal order.
However, this does not mean that arbitral tribunals will only consider the
views of the state law. The communicative context of international arbi-
tration compels arbitral tribunals to consider the impact of their award on
the reasonable expectations formed with respect to international commer-
cial transactions, disregarding any perspective based exclusively on local

43 “(…) He must thus first decide the issue by reference to the contractual freedom

which in arbitration is the cornerstone of the process of resolving conflicts of law; this is his
own forum. But at the same time, he should concern himself with what may happen to his
award, and in particular with the risk that if he does not apply a mandatory rule of law the
award will not be recognised in the country having passed the law. The relevant consider-
ations are thus very complex, and all the more so since it is often difficult to antecipate what
will happen to an award; there may be several potential execution jurisdictions, and one
cannot always predict the attitude of judges who may be called upon to examine the
award” – Mayer, Pierre ‘Mandatory rules of law in international arbitration’, Arbitration In-
ternational vol. 2, no. 4, 1986, p. 275.
44 “In all matters not expressly provided for in these Rules, the Court and the Arbitral

Tribunal shall act in the spirit of these Rules and shall make every effort to make sure that
the Award is enforceable at law.”
45 Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, 1958.
A Private Transnational Law to Transnational Legal Regimes? 839

concerns. So, any deliberation on the question of whether to apply manda-


tory rules is likely to consider both perspectives, namely the orientation to-
wards reasonable commercial expectations and the possibility to refuse en-
forcement of an award due to violation of domestic public policy. 46 It is
through this distinction, oriented towards reasonable negotiable expec-
tation/violation of domestic public policy, that lex mercatoria couples the
internal and external fora.
Something that also has to be considered is the possibility granted to the
parties to seek enforcement of the award in more than one jurisdiction, as it
is not unusual for the parties to have assets and operations in more than one
country. This circumstance may also force state courts to reconsider how to
address this question of enforcement and nullity of the award, as it can be
declared null by the court of a particular country and, notwithstanding this
fact, be enforced by the court of another country. 47 Thus, in the dynamics of
international arbitration and in the interplay of arbitral tribunals and state
courts, the mutual observation is very complex and, as regards to the issue
of application of mandatory rules, both arbitral tribunals and state courts
are in a difficult position when deciding whether to apply mandatory rules
or to deny enforcement of an award, as they cannot just consider their “own
forum”, but they have to perform a very complex exercise in observing both
arbitral tribunals and other state courts, how they deal with transnational
issues and, also important, how they reaffirm their normative identity,
their ordre public. This is likely to be done in a very careful way, according
to which both arbitral tribunals and state courts are likely to consider each
other as equals, and hopefully observing more closely how and when to
give up a more “provincial” view of protection of domestic values and
move forward to a cosmopolitan (but not necessarily universal) percep-
tion, under which transnational interests could be made compatible with
domestic interests.
Notwithstanding this hope, it is very likely that a possibility to reaffirm
“domestic values”, or even normative demands from other social spheres,
will be retained by state courts, as such possibility is retained by arbitral
tribunals with respect to the “expectations of transnational commercial re-
lations.” This is the kind of dynamics in which a network logic, as claimed
by Teubner, has to be observed in connection with this issue of mandatory
rules and arbitration and, especially, of relations between arbitral tribunals
and state courts.

46 Mendes, Rodrigo Octávio Broglia Entre o global e o local: uma perspectiva de análise

de conflitos ortogonais no direito transnacional – o exemplo da lex mercatoria, 2008, Dis-


sertation, University of São Paulo, p. 93 ff.
47 See for example the decision from the French Cour de Cassation n o 05–18053, as of

June 29th 2007.


840 Rodrigo Octávio Broglia Mendes

IV.
This possibility would probably lead to the differentiation of normative
criteria to guide the application of “foreign” rules by and to arbitral tribunals
arising out of the interplay, the mutual observation of arbitral tribunals and
state courts, thus based on the network dynamics of such relations. That
is the main reason behind which we should consider the development by
lex mercatoria of its own conflict-of-law rules. The main function of trans-
national public policy, in international commercial arbitration, suggests
exactly that. The conceptual framework developed by Teubner will without
a doubt help us to take a step into the direction of a private transnational law
within each transnational legal regime.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien
der Rechtsformen in der Weltgesellschaft

* * Marcelo Neves*

I.
Ich werde im Folgenden der Frage nachgehen, ob und wie transversale
Vernetzungen von Rechtsordnungen mit den Asymmetrien der Rechtsfor-
men in der Weltgesellschaft zusammen hängen. Dies zielt letztendlich da-
rauf ab zu fragen, in welchem Verhältnis die transversalen Rechtsvernetzun-
gen zu der Beobachtung stehen, dass die betreffenden Rechtsordnungen
gegenüber den jeweils korrespondierenden Gesellschaftssphären nur man-
gelhaft autonom sind. Es handelt sich dabei um paradoxe Funktionspro-
bleme, die auf Leistungs- und Legitimationsgrenzen des Rechts in der Welt-
gesellschaft hinweisen.
Die transversale Vernetzung zwischen Rechtsordnungen setzt sowohl die
rationale Reproduktion von autonomen Einzelrechtsordnungen als auch die
rationale Kopplung zwischen ihnen voraus. Obwohl diese Kopplung sich
als orthogonal erweist, ist sie auf einen bestimmten Grad an Symmetrie
zwischen den vernetzten Rechtsordnungen und -formen angewiesen. Wenn
die Einzelrechtsordnungen den gesellschaftlichen Teilbereichen unmittelbar
untergeordnet sind oder wenn eine einseitig asymmetrische Überordnung
einer Rechtsform über die andere besteht, dann verliert die Vorstellung ei-
ner transversalen Vernetzung im entsprechenden Gesellschaftskontext an
Bedeutung.
Im Folgenden werde ich zunächst von der semantischen Vorstellung einer
transversalen Vernunft zur sozialstrukturellen Auffassung der transversalen
Teilrationalitäten zwischen Teilsystemen einer multizentrischen bzw. poly-
kontexturalen Gesellschaft übergehen ( II ). Im Anschluss daran werden
transversale Teilrationalitäten zwischen Rechtsordnungen in einem Welt-
rechtsmehrebenensystem untersucht ( III ). Auf dieser Basis werde ich auf
die Störungen bzw. Behinderungen der transversalen Rechtsvernetzungen
durch die Asymmetrien der Rechtsformen eingehen ( IV ). Zuletzt suche ich
die These zu plausibilisieren, dass das Weltrechtsmehrebenensystem nicht

* * Franz von Weber, Emil Sobottka und Tobias Maaßen bin ich für die sorgfältige Lektüre

des Manuskripts und für kritische Hinweise sehr dankbar.


842 Marcelo Neves

nur durch transversale Rechtsvernetzungen zu charakterisieren ist, sondern


auch in weitem Umfang durch das destruktive Durcheinander vom Recht-
code und anderen gesellschaftlichen Codes sowie durch die unterdrückende
Überlagerung von schwachen durch starke Rechtsformen zu kennzeichnen
ist (V).

II.
(1) Welsch betrachtet im Anschluss an Lyotard die Gesellschaft unter dem
Gesichtspunkt der Heterogenität der Sprachspiele1 und schlägt die Idee einer
„transversalen Vernunft“ vor, die „nicht den Status eines Hyper-Verstandes,
sondern präzis den Status von Vernunft – den Status eines Vermögens nicht
von Dekreten, sondern von Übergängen – hat“. 2 Das heißt, es geht um eine
Vernunft, die nicht den einzelnen Sprachspielen oktroyiert wird, sondern
sich mit Verflechtungen befasst, die ihr „als Brücken des Übergangs“ zwi-
schen Heterogenen dienen. 3 Dementsprechend spricht Welsch von einer
„postmodernen Meta-Erzählung“. Anders als die „ältere“, sich der entspre-
chenden Einzelerzählungen durch Unterdrückung durchsetzende Meta-
Erzählung, ist ihre Wirkung auf die Einzelerzählungen „nicht eine gewollt
oder ungewollt unterdrückende, sondern eine bewusst freisetzende“. 4 Aber
Welsch negiert nicht, dass die „postmoderne Meta-Erzählung“ eine überge-
ordnete Stelle gegenüber den Einzelerzählungen hat: „Eine Metaerzählung
ist per definitionem eine Erzählung, die strukturell über den Einzelerzählun-
gen steht und sich implizit oder explizit auch auf diese bezieht und für deren
Zuschnitt und Verhältnis Konsequenzen hat.“ 5
Welsch bezieht sich auf eine Meta-Erzählung, die „hochgradig formal,
nicht inhaltsgebunden wie die Einzelerzählungen“ ist. 6 Nichtsdestotrotz er-
weisen sich seine Konzepte einer umfassenden transversalen Vernunft und
einer übergeordneten postmodernen Meta-Erzählung unter den Bedingun-
gen der Reproduktion der multizentrischen, polykontexturalen Weltge-
sellschaft der Moderne als fragwürdig. Verschiedene Differenzen, Autono-
mieansprüche und Selbstbeschreibungen der Gesellschaft stehen in sehr
unterschiedlichen Beziehungen zueinander. Somit ist die Idee einer umfas-

1 Lyotard 1979: 20 ff.; Welsch 1991; 1996: 401 ff.; Teubner 1996; Ladeur 1992: insbes.

41–45. Vgl. dazu Wittgenstein 1997 [1945–1949]: 250, § 23;


2 Welsch 1996: 759.
3 Welsch 1996: 754.
4 Welsch 1991: 178. Welsch fügt hinzu: „Man könnte geradezu sagen: Sie ist die einzige

wirkliche Meta-Erzählung – die anderen waren eben bloß zu Meta-Erzählungen umfunk-


tionierte Einzelerzählungen“ (ebd.).
5 Welsch 1991: 177.
6 Welsch 1991: 178.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 843

senden Vernunft und einer entsprechenden Meta-Erzählung für die differen-


zierten Kommunikationszusammenhänge zu formal, als dass sie einer adä-
quaten Beobachtung und Beschreibung der Weltgesellschaft dienen kann.
Jeder Kommunikationsbereich kann, wenn er sich mit einem anderen in
Verbindung setzt, eigene dauerhafte Mechanismen des wechselseitigen Ler-
nens und Beeinflussens entwickeln. In diesem Zusammenhang ist es mög-
lich von transversalen Teilrationalitäten zu sprechen, die dem konstruktiven
Verhältnis zwischen den Rationalitäten der sich miteinander konfrontierten
Einzelsysteme bzw. -sprachspiele dienen können. Jede transversale Teilra-
tionalität ist an die entsprechenden Einzelrationalitäten strukturell gebun-
den, um als partikulare „Brücke des Übergangs“ zwischen ihnen zu wirken.
Obwohl beide Begriffe verwandt sind, kann eine transversale Teilrationa-
lität nicht mit einer strukturellen Kopplung im systemtheoretischem Sinne
gleichgesetzt werden. Eine strukturelle Kopplung kommt zustande, wenn
Mechanismen von zwei autonomen Systemen auf eine dauerhafte und stän-
dige Weise einander beeinflussen und irritieren, ohne dass sie ihre jeweilige
Autonomie verlieren. Die strukturellen Kopplungen sind Filter, die be-
stimmte Einflüsse ausschließen und andere erleichtern. Es gibt wechselsei-
tige Irritationen, die mit der gleichzeitigen Beziehung von Unabhängigkeit
und Abhängigkeit zwischen den gekoppelten Systemen zusammenhängen.
Es handelt sich nicht um eine bloß operative, momentane Kopplung, son-
dern um kontinuierliche, andauernde Interpenetrationen. Durch die ent-
sprechende strukturelle Kopplung werden die Strukturen eines Systems für
die Reproduktion der Strukturen eines anderen Systems relevant und sogar
unabdingbar – und umgekehrt. 7
Im hier gemeinten Sinne birgt die transversale Teilrationalität die struktu-
relle Kopplung in sich, geht aber noch darüber hinaus. Während bei struk-
tureller Kopplung dauerhafter, konzentrierter Interpenetrationen die Kom-
plexität eines Systems unfassbare Komplexität, also Unordnung für das
andere, bildet, 8 wird bei transversaler Teilrationalität das dauerhafte, wech-
selseitige Lernen ermöglicht: Dies geschieht dadurch, dass die „vorgeord-
nete Komplexität“ 9 und die eigene verarbeitete Rationalität der Systeme ei-
nander zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden. Hierbei
handelt es sich nicht um operative „Interferenz“ im Sinne Teubners,10 son-
dern um die strukturelle Einrichtung zur Ermöglichung des konstruktiven
Austauschs von Erfahrungen mit den Einzelrationalitäten, die nach der Art
der Eigenschaft der entsprechenden Systeme bzw. Sprachspiele und ihrer
spezifischen Verhältnisse sehr stark in Form und Inhalt variieren

7 Luhmann 1997: 108 ff. u. 781 ff.


8 Luhmann 1987 [1984]: 291.
9 Teubner 1989: insbes. 110; 1988: 55 ff.
10 Ebd.
844 Marcelo Neves

(2) Das Konzept der transversalen Teilrationalitäten war in den vormo-


dernen, hierarchischen Gesellschaftsformationen unvorstellbar. In diesen
herrschte das Amalgam vor, das aus der politischen Herrschaftsstruktur, die
sich auf der Basis der Differenz von überlegener und unterlegener Macht 11
reproduzierte. Es ging aus der religiös-moralischen Semantik hervor, wobei
diese durch die moralische, von der religiösen Differenz von Transzendenz
und Immanenz nicht zu trennende Unterscheidung von Gutem und Schlech-
tem bzw. von Tugend und Laster 12 gebildet wurde. Dieses Amalgam hatte
den Vorrang vor allen anderen Kommunikationsbereichen, die undifferen-
ziert blieben und sich also heteronom bestimmen ließen.
Gegenüber dem vormodernen Amalgam aus Herrschaftspolitik und reli-
giöser Moral auf der Spitze der sozialen Pyramide entsteht die moderne
Weltgesellschaft als multizentrische bzw, polykontexturale Gesellschafts-
formation,13 in der sich die Autonomie von verschiedenen Kommunika-
tionsbereichen als funktionales Erfordernis bzw. normativer Anspruch
durchzusetzen versucht hat. Das galt zunächst in der Frühneuzeit für den
Wirtschaftsbereich (der ökonomische Profit unterscheidet sich vom Bösen
und vom politisch Herrschenden), für die Wissenschaft (der Anspruch auf
eine von der religiösen Moral und der Macht unabhängige Wahrheit) und
für die Kunst (der Anspruch auf die Autonomie des „Schönen“ bzw. des äs-
thetisch Stimmenden gegenüber dem religiös gegründeten moralischen Gu-
ten und der herrschenden Macht). Erst mit dem revolutionären Konstitutio-
nalismus des späten 18. Jahrhunderts begann der moderne Prozess des
Kampfes des Rechts um die Autonomie gegenüber der Politik.
In dieser neuen gesellschaftlichen Konstellation werden dann die trans-
versalen Teilrationalitäten zwischen Kommunikationsbereichen bzw. entspre-
chenden Sprachspielen für die Reproduktion der Gesellschaft entscheidend.
Die multizentrische, heterarchische Gesellschaft impliziert Verflechtungen,
die als „Brücken des Übergangs“ zwischen den gesellschaftlichen Einzelra-
tionalitäten der Teilbereiche die den jeweiligen transversalen Teilrationalitä-
ten zwischen diesen förderlich sein können. Ohne die Polykontexturalität
der Gesellschaftsformation und die entsprechenden Autonomieerforder-
nisse und -ansprüche der Sozialsphären könnten die transversalen Teilratio-
nalitäten nicht vorhanden sein. Man muss aber beachten, dass diese Trans-
versalität nicht selbstverständlich aus jener Polykontexturalität hervorgeht:
Es gibt verschiedene Situationen innerhalb der multizentrischen Weltgesell-
schaft, in denen sich statt transversaler Teilrationalitäten das destruktive, ir-
rationale Durcheinander von sozialen Sphären und jeweiligen Kommunika-
tionscodierungen durchsetzt.

11 Luhmann 1986: 199.


12 Luhmann 1997: 939 f. u. 1036.
13 Vgl. Luhmann 1987 [1984]: 284; 1997: 36 f.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 845

III.
Die transversale Rechtsvernetzung in der Weltgesellschaft bezieht sich nicht
nur auf das Außenverhältnis von Recht zu anderen Teilsystemen („transversale
Verfassungen“) 14, sondern auch auf das Innenverhältnis des Weltrechtmehr-
ebenensystems, nämlich, auf die Verhältnisse zwischen Rechtsordnungen
bzw. Rechtsformen. Auf verschiedene Weise treten rechtsinterne Verflech-
tungen auf, die unterschiedlichen Formen der transversalen Teilrationalität
als „Brücke des Übergangs“ zwischen Rechtsordnungen dienen können.
(1) Im Rahmen der neuen völkerrechtlichen Ordnung tauchen immer
mehr Regulierungen auf, deren Konkretisierung gleichzeitig von internatio-
nalen und nationalen Gerichten abhängig ist. Das fordert die Entwicklung
von Formen des „re-entry“ in den wechselseitigen Beobachtungsperspekti-
ven. Gehen einerseits die internationalen Gerichtshöfe primär von der zwi-
schenstaatlichen Ordnung aus, sind sie dennoch immer mehr mit den par-
tikularen Auffassungen konfrontiert, die die entsprechenden Institutionen
der staatlichen Rechtsordnungen von Problemen haben. Eine einseitige Ok-
troyierung zeigt sich immer problematischer, nicht weil man dabei auf die
herkömmlichen Prinzipien der Selbstbestimmung oder Souveränität zu-
rückgreifen kann, sondern weil man ohne Selbstinstitutionalisierung auf der
staatlichen Ebene nicht von einer rechtlichen Einzelrationalität ausgehen
kann, die für die Herausbildung der jeweiligen transversalen Teilrationali-
tät notwendig ist. Gehen andererseits die nationalen Gerichte von der inter-
nen verfassungsrechtlichen Ordnung aus, so können sie immer weniger –
besonders wenn es sich um ius cogens handelt – die neuen völkerrechtlichen
Regulierungen und Institutionen im Namen der Souveränität außer Acht
lassen. Diese ist nicht mehr nur als Autonomiekonzept regionaler Art, son-
dern auch immer mehr als Vorstellung „einer regionalen Politikverantwor-
tung unter weltgesellschaftlichen Rahmenbedingungen“ zu legitimieren.15
Aus den beiden Perspektiven ist immer mehr das wechselseitige Lernen und
Austauschen von Erfahrungen mit Einzelrationalitäten erforderlich. Zwei
Beispiele möchte ich hier anführen, in denen die verschiedenen Verständ-
nisse von Institutionen die Konstruktion einer transversalen Teilrationalität
unentbehrlich machen.
Zunächst ist eine Kollision zwischen dem Römischen Statut des Interna-
tionalen Strafgerichtshofs und der brasilianischen Verfassung hervorzuhe-
ben. Während der Art. 77 I b des Römischen Statuts die lebenslängliche
Freiheitsstrafe als anwendbar vorsieht („when justified by the extreme
gravity of the crime and the individual circumstances of the convicted per-
son“), ist diese Strafe laut Art. 5. XLVII b der brasilianischen Verfassung

14 Neves 2009. Dazu gehört der von Teubner (2003, 2000) vorgeschlagene Begriff der „zi-

vilen Verfassungen der Weltgesellschaft“.


15 Luhmann 1995a: 118.
846 Marcelo Neves

verboten. Man muss auch betonen, dass nach dem Art. 60 § 4. IV der bra-
silianischen Verfassung diese Garantie als unantastbare Klausel nicht aufzu-
heben ist. Einerseits geht das völkerrechtliche Menschenrechtsverständnis
von den Sorgen mit den eklatanten Verbrechen gegen die Menschheit aus,
andererseits ist der Ausgangspunkt des brasilianischen Grundrechtsver-
ständnisses die Vorstellung des menschenrechtswidrigen Charakters der le-
benslänglichen Freiheitsstrafe. Eine einseitige Lösung ist in diesem Fall nicht
angebracht. Nach den Präzedenzfällen bestehen die Tendenzen in der bra-
silianischen Gerichtsbarkeit, eine spezifische Bedingung für die Auslie-
ferung der im internationalen Strafgerichtshof zu verurteilenden bzw. ver-
urteilten Verbrechern zu stellen: Diese sind nur auszuliefern, wenn die
lebenslängliche Freiheitsstrafe auf eine höchstens dreißigjährige Strafe um-
gewandelt wird. Dies ist eine Zwischenlösung, die mit dem Römischen Sta-
tut nicht ganz vereinbar ist, die aber durch den Internationalen Strafge-
richtshof im Wege konstruktiver, lernfähiger Abwägung kompatibilisiert
werden kann. Die Frage wird aber problematischer, wenn die brasilianische
Gerichtsbarkeit laut Art. 5. LI der brasilianischen Verfassung auf dem ver-
fassungsgemäßen Verbot der Auslieferung von Brasilianern besteht. In die-
sem Fall ist der Normenkonflikt nicht einfach zu lösen. Ein möglicher Aus-
weg wäre dann eine semantische Abgrenzung dieser Vorschrift in dem Sinne
vorzuschlagen, dass dieses Verbot nur für die Auslieferung an einen anderen
Staat gelte. Dabei stößt man aber wieder auf den Art. 60. § 4. IV der Ver-
fassung, der die Aufhebung grundrechtlicher Garantien nicht erlaubt (unan-
tastbare Klauseln). Die Richtung der Entwicklung in diesem Regulierungs-
kontext bleibt offen, aber die lernfähige Orientierung auf beiden Seiten
durch die Herausbildung konstruktiver, transversaler Rechtsvernetzung ist
für einen positiven Erfolg im Kollisionsbereich entscheidend.
Ein weiteres Beispiel ist die Kollision zwischen dem Art. 7. VII der Ame-
rikanischen Menschenrechtskonvention und dem Art. 5. LXVII der brasilia-
nischen Verfassung. Während die Verfassungsbestimmung die Freiheitsent-
ziehung des ungetreuen Verwahrers erlaubt, wird diese von der Konventions-
vorschrift verboten. Im Rahmen der Recurso Extraordinário Nr. 466343/ SP
ist der brasilianische oberste Gerichtshof mit dieser Frage konfrontiert.
Diese Situation hat sogar bereits zu einer Verfassungsänderung geführt
(Emenda Constitucional Nr. 45, von 2004), nach der die völkerrechtlichen
Verträge Verfassungsrang haben, wenn sie durch eine qualifizierte Mehrheit,
wie sie im Verfahren der Verfassungsänderung vorgesehen ist, ratifiziert
worden sind (Art. 5. § 3. der brasilianischen Verfassung). Das hat jedoch auf
das vorliegende Problem keine Auswirkung. Die Diskussion bleibt dem
Obersten Gerichtshof nicht erspart, besonders weil es um einen Vertrag
geht, der noch vor der erwähnten Verfassungsänderung ratifiziert wurde. In
der Tendenz könnte eine Lösung im Sinne der unbeschränkten internen
Geltung der erwähnten Norm der ratifizierten Amerikanischen Menschen-
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 847

rechtskonvention denkbar sein, weil diese Norm zur Erweiterung der Men-
schenrechte führt, so dass das in ihr enthaltene Recht auf dem Art. 5. § 2.
der brasilianischen Verfassung beruht. Aber auch in der gegenüber der Kon-
ventionsvorschrift einschränkenden Interpretation ist eine positive Lösung
für die Erweiterung des internen Grundrechtskatalogs nicht auszuschließen:
Die Auffassung, die einen übergesetzlichen, aber unterverfassungsrechtlichen
Geltungsrang der ratifizierten Konvention vertritt, führt zu einer Lösung in
dem Sinne, dass die Verfassung die Freiheitsentziehung des ungetreuen Ver-
wahrers nur erlaubt habe. Das Unterverfassungsrecht könne darüber frei
entscheiden, und in diesem Fall habe der völkerrechtliche Vertrag den Vor-
rang vor dem neuen, später in Kraft gesetzten, brasilianischen Zivilgesetz-
buch. In der Diskussion zeigt sich sehr klar, dass die Mühe im Hinblick auf
die Herausbildung einer transversalen Teilrationalität, die sich für beide
Rechtsordnungen als verträglich erweist, im Mittelpunkt steht.
(2) Auch auf der Ebene der Supranationalität oder der regionalen Integra-
tion wird die transversale Verflechtung von Rechtsordnungen im Rahmen
des Weltrechtsmehrebenensystems immer relevanter. Dazu gehören beson-
ders die europäischen Erfahrungen mit der rechtlichen Integration. Die eu-
ropäische Rechtsvernetzung lässt sich aus zwei Perspektiven betrachten.
Aus der europainternen Perspektive bezieht sich die Frage auf das Ver-
hältnis zwischen dem europäischen Recht und den nationalstaatlichen
Rechtsordnungen. Hier geht es nicht nur um das EU -Recht, sondern auch
um regionale Rechtsregulierungen wie vor allem die Europäische Men-
schenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle.
Die europäischen Gerichtshöfe, besonders der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte ( EGMR ) und der Gerichtshof der Europäischen Ge-
meinschaften (EuGH), sind mit den konsolidierten Kulturen der Rechts- und
Verfassungsordnungen verschiedener Mitgliedstaaten konfrontiert. Obwohl
eine gleiche und harmonische Anwendung des europäischen Rechts anzu-
streben ist, erweist sich eine reine Oktroyierung des Integrationsrechts ge-
gen die Nationalrechtsordnungen nicht als selbstverständlich und plausi-
bel 16. Auch die europäischen Gerichtshöfe müssen über transversale
Teilrationalitäten gegenüber den partikularen Rechts- und Grundrechtsver-
ständnissen der Mitgliedstaaten lern- und anpassungsfähig sein. Das Gegen-
teil würde gerade im Widerspruch zur Leistungsfähigkeit und Legitimati-
onskraft des Integrationsrechts stehen.
Nichtsdestoweniger sind die Gerichte der Mitgliedstaaten nicht nur für
die Anwendung des entsprechenden nationalstaatlichen Rechts zuständig,
sondern auch immer mehr mit der Anwendung des europäischen Rechts

16 In diesem Sinne behauptet zu Recht Weiler (1999: 322): „The Constitutional discourse

in Europe must be conceived as conversation of many actors in a constitutional interpreta-


tive community, rather than a hierarchical structure with ECJ at the top.“
848 Marcelo Neves

konfrontiert. Zwar können sie nicht einfach auf die Konkretisierung ihrer
eigenen Rechtsordnungen im Namen des europäischen Rechts verzichten.
So hat zum Beispiel das deutsche Bundesverfassungsgericht in den Urteilen
„Solange 1“. ( BVerfGE 37, 271) und „Solange 2“ ( BVerfGE 73, 339) bei aller
Kritik der europafreundlichen Juristen Erträglichkeitsgrenzen für die Durch-
setzung des Integrationsrechts gegen das Nationalrecht gesetzt und so ein-
geräumt, dass andere Mitgliedstaaten auf dieselbe Weise entscheiden kön-
nen. Jedoch ist eine narzisstische Verkennung des europäischen Rechts seitens
der nationalstaatlichen Gerichte für den sehr entwickelten Integrationspro-
zess nicht erträglich. Deswegen ist auch für die zwischen dem europäischen
Recht und den jeweiligen staatlichen Rechtsordnungen verflochtenen Natio-
nalgerichtshöfe die Entwicklung von transversalen Teilrationalitäten zwi-
schen Allgemeinheit und Partikularitäten unentbehrlich. Jede Einseitigkeit
kann in diesem Zusammenhang auf das Integrationsrecht zerstörerisch, ir-
rational wirken.
Aus der europaexternen Perspektive liegen die Probleme der transversa-
len Rechtsvernetzung in der Kollisions- und Harmonierungsbeziehung zwi-
schen dem regionalen Integrationsrecht und dem Völkerecht. Hier sind die
neuen Regulierungen der Welthandelsorganisation besonders relevant. Selbst-
verständlich ist die Einseitigkeit einer vorgewählten Lösung für das Welt-
handelsorganisationsrecht oder für das europäische Recht im Fall der Kolli-
sion dem Weltrechtsmehrebenensystem nicht angebracht. Das würde eher
Zerstörungen auf beiden Seiten auslösen. Der Reichtum und die Mannigfal-
tigkeit der Rechtsfälle erfordern auch in diesem Kontext die Entwicklung ei-
ner transversalen Teilrationalität durch lernfähige, falladäquate Lösungen,
die nicht nur der (interessenbezogenen) Gesellschaftsadäquatheit des Welt-
rechtsmehrebenensystems, sondern auch dessen (rechtsbegriffsbezogener)
Konsistenz dienen kann. Und das gilt auch für andere Ebenen des Verhält-
nisses zwischen Völkerrecht und Europarecht.
Im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses erweitern sich die
Rechtsverflechtungen, wenn die innerstaatlichen Regions- bzw. Gliedstaats-
autonomien berücksichtigt werden. Rechtliche Ansprüche der regionalen
und lokalen politischen Gebietseinheiten innerhalb von Staaten werden nicht
nur vor den zuständigen staatlichen Gerichten erhoben, sondern auch vor
den europäischen Gerichten zur Geltung gebracht. Auch rechtliche Klagen
gegen diese unterstaatlichen Rechtseinheiten werden vor die europäischen
Gerichte gebracht. So kann man im europäischen Kontext eine rechtliche
Vierebenenverflechtung feststellen, in der das Integrationsrecht sowohl mit
dem Völkerrecht und den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten als auch
mit dem Recht der innerstaatlichen autonomen Gebietseinheiten verfloch-
ten ist.
Obwohl die Erfahrung der Europäischen Union mit der rechtlichen Su-
pranationalität bzw. Integration weiter entwickelt ist, gibt es weltweite Er-
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 849

fahrungen mit Rechtsvernetzungen im Rahmen von Integrationsprozessen.


In Südamerika z. B. ist auf die steigende Bedeutung des Rechts der Anden-
Gemeinschaft hinzuweisen, deren Gerichtshof zahlreiche Rechtsfälle als zu-
ständige Instanz entscheidet und auch in der Lage ist, die entsprechenden
Urteile durchsetzen zu lassen.17 In Lateinamerika besteht die Tendenz zu
einer weit reichenden Rechtsvernetzung, weil auch die Ureinwohner auf
ihre normativen Ordnungen zurückgreifen und vor den jeweiligen Integra-
tionsgerichten Ansprüche gegen die Mitgliedstaaten erheben können.
(3) Nicht zuletzt ist für die transversalen Rechtsvernetzungen im Welt-
rechtsmehrebenensystem die Bedeutung der transnationalen Rechtsordnun-
gen zu betonen, die sich primär über private und halböffentliche Akteure
entwickeln. Hier stehen die von Gunther Teubner und Andreas Fischer-
Lescano analysierten Regime-Kollisionen im Vordergrund.18 Die Verflech-
tungen können sowohl zwischen verschiedenen transnationalen, nichtterri-
torialen, primär funktionsbestimmten Rechtsordnungen als auch zwischen
diesen und den territorial bestimmten (supranationalen, staatlichen, loka-
len) oder den auf die Bestimmung von Territorialgrenzen angewiesenen
(völkerrechtlichen) Ordnungen auftreten. Daraus ergibt sich eine Vielzahl
von Interregime-Vernetzungen im Rahmen eines neuen Kollisionsrechts.19
Unter anderen beziehen sich Teubner und Fischer-Lescano auf das transna-
tionale Copyright, den Patentschutz auf Medikamente, die Lex Constructio-
nis, das transnationale Strafrecht, die Lex Financiaria und das transnationale
Cybercrime. 20
(4) Bezieht man also die transnationalen Privatregimes in das Weltrechts-
mehrebenensystem ein, so resultiert eine mehrdimensionale transversale
Vernetzung zwischen Rechtsordnungen: Internationale, supranationale,
transnationale, zentralstaatliche und territoriallokale Rechtsformen sind im-
mer mehr verflochten und erfordern die Herausbildung verschiedenartiger
transversaler Teilrationalitäten, die das wechselseitige Lernen und den Aus-
tausch von Erfahrungen mit eigenen Einzelrationalitäten fördern können.
Besonders im Bereich der Menschenrechte werden alle Ebenen der recht-
lichen Reproduktion überschritten: Lokale, staatliche, internationale, su-
pranationale und transnationale Rechtsordnungen. Daraus folgt eine vier-
dimensionale Transversalität der Menschenrechte. Das impliziert einen
stetigen Wechsel zwischen verschiedenen, instanzgebundenen Menschen-
rechtsbegriffen, ohne dass eine bestimmte Instanz das letzte Wort hat. Men-

17 Zur Behauptung des Vorrangs der Anden-Gemeinschaftsrecht vor dem nationalem

Recht vgl. Tribunal de Justicia de la Comunidad Andina, http://www.tribunalandino.


org.ec, Jurisprudencia, Proceso 001- IP-1987 (Proceso Interno Nr. 491, Decisión 311,
Tema 1.1.4. Supremacía).
18 Fischer-Lescano/Teubner 2006.
19 Fischer-Lescano/Teubner 2006: 57–65.
20 Fischer-Lescano/Teubner 2006: 66 ff.
850 Marcelo Neves

schenrechte stehen im Mittelpunkt der transversalen Vernetzung zwischen


den verschieden Rechtsordnungen in einem weltgesellschaftlichen Mehrebe-
nensystem. Die transversale Teilrationalität entwickelt sich in dem Maße, in
dem die verschiedenen Gerichte miteinander Dialoge führen können, die
zur Maximierung der Menschenrechtsgarantien beitragen können. 21

IV.
Die Grenzen der transversalen Rechtsvernetzungen in der Weltgesell-
schaft ergeben sich nicht nur aus den Überlagerungen von Rechtsordnungen
durch die das Recht instrumentalisierenden sozialen Systeme, 22 sondern
auch aus den Asymmetrien der Rechtsformen. Obwohl diese Asymmetrien
von jenen Überlagerungen nicht zu trennen sind, beziehen sie sich auf die
im letzten Abschnitt betrachteten, rechtsinternen Verflechtungen von Rechts-
ordnungen. Die Entwicklung transversaler Teilrationalitäten wird dadurch
behindert bzw. beeinträchtigt, dass eine bestimmte Rechtsform gegenüber
einer anderen zu stark ist und somit deren Ansprüche und Anforderungen
ganz außer Acht lassen kann. Diese Art einseitiger Überordnungen einer
Rechtsform über eine andere impliziert keine Herausbildung einer hierar-
chischen Struktur bzw. Organisation im traditionellen Sinne eines Stufen-
baus. Vielmehr führt dies zu diffusen Mechanismen der Unterdrückung
oder Negation der Autonomie von Rechtsformen durch andere.
(1) Im Rahmen der internationalen Beziehungen hängt die Expansion der
Machtcodierung zum Schaden der Rechtscodierung mit der Immunisierung
und Unantastbarkeit der Rechtsordnungen der Großmächte gegenüber dem
Völkerrecht zusammen. Ein bedeutsames Beispiel stellt die Ohnmacht der
völkerrechtlichen Gerichte und der zuständigen internationalen Organisa-
tionen im Hinblick auf die Kontrolle und Sanktionierung der Rechtspraxis
der Vereinigten Staaten dar. So wird völkerrechtliche Rüstungskontrolle
von den USA (auch von China und Russland) insofern als unakzeptabel zu-
rückgewiesen, als dass sie einen illegitimen Eingriff in interne Angelegenhei-
ten darstelle. Dieselbe Rüstungskontrolle wird – vor allem von den USA –
gegenüber den in der internationalen Konstellation schwachen Ländern ver-
langt und durch die zuständigen internationalen Organe durchgesetzt. Und
was die Rechtsprechungsbefugnis anbelangt, so zeigen sich die US -Gerichte
nicht bereit, eine allgemeine Anerkennung der Zuständigkeit völkerrechtli-
cher Gerichtshöfe für die Fälle zuzulassen, in denen Völkerrechtsansprüche
gegenüber amerikanischen Behörden, Organisationen und sogar Bürgern
erhoben werden. Dafür ist das Guantánamo-Gefängnis exemplarisch: Die

21 Vgl. Teubner 2006.


22 Hierzu Neves 2009.
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 851

interne US -Gerichtsbarkeit hat sich gegenüber jeder möglichen Entschei-


dung eines völkerrechtlichen Gerichts durchgesetzt, obwohl vieles dafür
spricht, dass der Fall nicht eine interne Frage der Verfassungs- bzw. Rechts-
staatswidrigkeit bildet, sondern auch eine wichtige Frage der Völkerrechts-
widrigkeit aufwirft.
(2) In einem engen Zusammenhang damit steht das Problem der Asym-
metrien der Rechtsformen zwischen staatlichen Rechtsordnungen. Über die
Feststellung, dass die operative Autonomie des Rechts gegenüber seiner ge-
sellschaftlichen Umwelt nur in wenigen konsolidierten Verfassungsstaaten
realisiert wurde, 23 ist hier hinauszugehen. Vielmehr muss der Frage nachge-
gangen werden, inwieweit die Rechtsordnungen und Rechtskulturen der in
der weltgesellschaftlichen Konstellation starken Staaten auf die Entwicklung
der Rechtsformen anderer Staaten destruktiv wirken. Dabei steht das Pro-
blem der „neokolonialen“ und „postkolonialen“ Unterdrückung positiver
Erfahrungen mit dem Recht der peripheren Länder im Vordergrund. Ent-
stehen abweichende Formen des Rechtsverständnisses von Markt, Macht-
verteilung, kultureller Identität, Ausbildung usw., dann werden sehr oft
umgehend Maßnahmen für den Eingriff vorgeschlagen und in Anspruch ge-
nommen, um das Rechtsverständnis des herrschenden Staates wieder zur
Geltung zu bringen. Das impliziert eine sehr asymmetrische Auffassung der
Souveränität: Während diese auf eine absolute Weise für die Träger be-
stimmter Rechtsformen gilt, so wird sie im Fall der Erfahrungen mit abwei-
chenden Rechtsformen der Macht, des Gelds und des Wissens zusammen
zu stark relativiert.
(3) Auch die Beziehung der privaten Rechtsregime zu den Rechtsformen
der peripheren Länder entfernt sich regelmäßig stark vom Muster der
Rechtsverflechtungen als „Brücke des Übergangs“, die den transversalen
Teilrationalitäten dienen. Die systematische Korruption der Rechtsformen
der schwachen Staaten durch die instrumentalen, transnationalen Privatre-
gulierungen zugunsten der großen multinationalen Konzerne ist nicht nur
aus der linken Perspektive einer Kritik des Kapitalismus zu berücksichtigen.
Auch im Hinblick auf die Anforderungen an die Anerkennung bzw. Verstär-
kung der Diskursautonomien pluraler sozialer Bereiche der Weltgesellschaft
ist dies ernst zu nehmen. Die als rechtliches Medium der Wirtschaft zu ver-
stehenden transnationalen Privatrechtsordnungen entwickeln eine Art
instrumenteller Rationalität im Bereich des Rechts, die alle normativen
Ansprüche der Rechtsformen der schwachen Länder als Störung für ihre
„dynamische“ Expansion beurteilt. Infolgedessen tendieren sie dazu diese
Ansprüche außer Acht zu lassen und auf die entsprechenden Rechtsformen
destruktiv zu wirken. Im Bereich des Patentschutzes erweist sich dieses Pro-

23 Neves 2009, 2007, 2006.


852 Marcelo Neves

blem am Beispiel der Biopiraterie als besonders beeindruckend. 24 Geht man


von der Vermutung des Universalitätsanspruchs des Patentrechts aus, wer-
den traditionelle Formen der Aneignung von Wissen und Technik als recht-
los betrachtet und unterdrückt. Dieses gravierende Problem geht über das
Verhältnis zwischen transnationalen Rechtsformen der großen Konzerne
und zentralstaatlichen Instanzen der so genannten Entwicklungsländer hi-
naus und betrifft lokale, anthropologische Rechtsformen traditioneller und
sogar archaischer Bevölkerungen, insbesondere von Ureinwohnern.
(4) Im Anschluss daran ist auch zu betonen, dass die zentralstaatlichen
Instanzen häufig im Namen der internen Souveränität nicht in der Lage
sind, lokale Rechtsformen zu dulden und mit diesen konstruktiv zusam-
menzuarbeiten. Daraus folgt die Unterdrückung der lokalen Rechtsan-
sprüche im Namen der Einheit des Staates. Das Gegenteil ist nicht selten:
blinder Separatismus lokaler Gemeinschaften, die nicht bereit sind, mit
der Volksheterogenität und Öffentlichkeitspluralität eines demokratischen
Rechtsstaates zusammenzuleben. Manchmal entstehen die wechselseitigen
zerstörerischen Wirkungen im Rahmen der Konflikte zwischen dem Ein-
heitsanspruch eines Bundes-, Regional- oder Einheitsstaats und den Auto-
nomieansprüchen seiner jeweiligen Gliedstaaten, Regionen oder Provinzen
bzw. Departements. Aber auch in Bezug auf nichtoffizielle, lokale Rechts-
formen werden Ansprüche auf rechtliche Selbstbestimmung immer stärker
und stehen oft mit Unterdrückungsmaßnahmen seitens des Staates sowie
mit blinden, aus den lokalen Anforderungen hervorgehenden Auseinander-
setzungen um Autonomie in Zusammenhang. Dabei ist hier eher von nega-
tiven Verflechtungen zu sprechen, da einer transversalen Vernetzung durch
das wechselseitige Lernen mit Erfahrungen kein Spielraum zugeschrieben
wird. Eher beherrschen Intoleranzen das Geschehen, die letztendlich nicht
über Rechtsformen ausgetragen werden können, sondern in letzter Konse-
quenz zur bewaffneten Beilegung rechtsfeindlicher, gewalttätiger Auseinan-
dersetzungen führen.
(5) Nicht zuletzt ist hier auf die Asymmetrien von Rechtsformen in Be-
zug auf die unterschiedlichen Funktionsbereiche des Rechts hinzuweisen.
Es gibt Rechtsformen, die durch stark konsolidierte, strukturelle Kopplun-
gen mit anderen Teilbereichen der Gesellschaft herrschend werden: So die-
nen z. B. Vertrag und Eigentum als strukturelle Kopplungen des Rechts mit
der Wirtschaft und bilden starke – wenn auch nicht die stärksten – Rechts-
formen der Weltgesellschaft. In anderen Bereichen bleiben die Kopplungen
auf der operativen Ebene oder sind, wenn sie sich auf die strukturelle Ebene
ausdehnen, noch sehr schwach.

24 Vgl. hierzu Teubner/Fischer-Lescano 2008.


Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 853

In diesem Sinne kann man die Bereiche des an der Beziehung von Men-
schen und Natur orientierten Umweltrechts und des personeninklusionsbe-
zogenen Sozialrechts in der Weltgesellschaft charakterisieren. Die Rechts-
formen des Vertrags und des Eigentums setzen sich expansiv gegenüber den
Rechtsformen der Umwelt und der Inklusion durch. Und im Rahmen der
neuen Entwicklungen der Weltgesellschaft erweisen sich die primär funk-
tionsbestimmten Wirtschaftsrechtsformen immer stärker als die territo-
rialbedingten, politischen Rechtsformen des Verfassungsstaates. Aber das
Umweltrecht und das inklusionsbezogene Recht bilden sekundäre Rechts-
formen im Verhältnis sowohl zu den wirtschaftlichen als auch zu den staats-
politischen Rechtsformen der Weltgesellschaft. Dies hängt mit der Tatsache
zusammen, dass gegenüber den machtpolitischen und wirtschaftlichen
Rechtsformen auch die Rechtsformen der Menschenrechte sehr schwach
bleiben: Ihre lose und diffuse Kopplung mit den moralischen Diskursen der
Personeninklusion oder Menschenexklusion 25 wird durch die Macht- und
Marktdiskurse so regelmäßig und systematisch überlagert, dass sie nach wie
vor zu den vorwiegend symbolischen Rechtsformen auf der weltgesell-
schaftlichen Ebene gehören. 26

V.
Aus all dem lässt sich folgern, dass die transversalen Rechtsvernetzungen
knappe Ressourcen der Weltgesellschaft sind. Transversale Teilrationalitäten
zwischen unterschiedlichen Rechtsordnungen bzw. Rechtsformen haben
sich bisher in sehr begrenzten Bereichen des Weltrechtsmehrebenensystems
herausgebildet, sei es unter dem territorialen oder unter dem funktionalen
Gesichtspunkt. Die Aussichten auf positive Entwicklungen sind nicht gut.
Es wäre eine Illusion, die Erfahrungen mit transversalen, rationalen Rechts-

25 Bringt man die Menschenrechte mit dem Anspruch auf Inklusion der Menschen als

Person in Zusammenhang (vgl. Luhmann 1993: insbes. 574 ff.), lässt sich die „Verfassung“
der Menschenrechte als Mechanismus der transversalen Teilrationalität zwischen dem
Rechtssystem und einer an Inklusion orientierten Dissensmoral begreifen (Neves 2005:
164 ff.). Betrachtet man die Menschenrechte aus der Perspektive der Exklusion der Men-
schen aus der Gesellschaft, also als „Garantien der Integrität der Psyche und Körper“
(Teubner 2006: 175), so lässt sich die „Verfassung“ der Menschenrechte als Mechanismus
der transversalen Teilrationalität zwischen einer an der „Leib/Seele-Integrität der Einzel-
menschen“ (Teubner 2006: 180) orientierten Moral und dem Rechtsystem verstehen. Beide
Perspektiven sind bei allen Spannungen für die transversale Verfassung der Menschenrechte
entscheidend und wirken komplementär. Personeninklusion und Menschenexklusion set-
zen einander voraus. Hier werden zwei Arten der Moral der Modernen Weltgesellschaft
mit dem Recht verflochten. Teubner (2006: 175) unterscheidet zwischen „personellen
Grundrechten und Menschenrechten“.
26 Cf. Neves 2005.
854 Marcelo Neves

vernetzungen zu verallgemeinern. Diese gehören zu den Privilegien von ei-


nigen Rechtsbereichen einer sehr asymmetrischen Weltgesellschaft.
Es lässt sich feststellen, dass unterdrückende Überlagerungen von schwa-
chen durch starke Rechtsformen innerhalb des Weltrechtsmehrebenensys-
tems bestehen. So bleiben die staatlichen Rechtsformen der „Großmächte“27
vom Völkerrecht unantastbar bzw. gegenüber diesem immunisiert. Auch
diese Rechtsformen verhalten sich unterdrückend gegenüber den Rechtsfor-
men der schwachen Länder in der internationalen Konstellation. Besonders
ist dies festzustellen, wenn in diesen abweichende Maßnahmen in Richtung
sozialer Transformationen getroffen werden. Ebenso wirken die transnatio-
nalen, instrumentalisierten Rechtsordnungen der Großkonzerne destruktiv
gegenüber den Rechtsformen der Entwicklungsländer und der nichtstaat-
lichen lokalen Gemeinschaften. Auch im Rahmen der Konflikte zwischen
der Staatseinheit und Lokalautonomien bestehen häufig einerseits Unter-
drückung der lokalen durch die zentralen Rechtsformen und andererseits
destruktive, intolerante, blinde Reaktionen der lokalen gegen die zentral-
staatlichen Rechtsformen. Nicht zuletzt führen die Asymmetrien der
Rechtsformen in Bezug auf die Funktionsbereiche des Rechts dazu, dass
z. B. die schwachen Rechtsformen des Umweltrechts, des Sozialrechts und
der Menschenrechte stetig von den starken wirtschaftlichen Rechtsformen
des Vertrages, des Eigentumes und des Marktes unterdrückt werden. Für
alle diese Fälle gilt es: Keine transversale Rechtsvernetzung ohne eine rela-
tive Symmetrie der Rechtsformen.
Transversale Rechtvernetzungen gehören selbstverständlich zu den funk-
tionalen Erfordernissen und damit zusammenhängend zu den normativen
Ansprüchen der Weltgesellschaft. Aus einer empirischen Betrachtungsweise
setzen sich jedoch die beharrenden Ausbeutungen von Rechtsdiskursen im
Rahmen asymmetrischer Rechtsformen noch sehr stark gegen diese Erfor-
dernisse und Ansprüche durch. Diese Rechtsausbeutungen fördern die Aus-
weitung der Exklusionsbereiche der Weltgesellschaft.

Literatur
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rung des globalen Rechts. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Ladeur, Karl-Heinz (1992): Postmoderne Rechtstheorie: Selbstreferenz – Selbstorganisa-
tion – Prozeduralisierung. Berlin: Duncker & Humblot.

27 Ich beziehe mich nicht naiv auf „Großmächte“. Damit werden Staaten – d. h. Organi-

sationen, die jeweils das Zentrum des „(territorial)politischen Systems“ bilden (Luhmann
2000: 244) – gemeint, die aufgrund der Stärke ihrer Macht auf der globalen Ebene mehr
Möglichkeiten haben, entdifferenzierend auf die Weltgesellschaft zu wirken (vgl. z. B. Luh-
mann 1993: 579 f.; 1995b: 233; Koskenniemi 2002: 480 ff.).
Transversale Rechtsvernetzungen und Asymmetrien der Rechtsformen 855

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856 Marcelo Neves

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Conflicting Sovereignties in the
World Wide Web of Contracts

Property Rights and the Globalization of the Power System

Jean- Philippe Robé

I.
In the Wesphalian construction of the world, jurisdiction over the Earth is
divided among States sharing one distinguishing characteristic: sovereignty.
States’ constitutions define how their domestic political systems operate.
Constitutions also usually specify fundamental rights preserving a sphere of
autonomy for individuals outside of the reach of public institutions. This
translates into summa divisios within official legal systems between public/
private, power/property, objective competence/subjective rights and norm/
contract. This is the classical, top-down, view of the structuring of the
world power system.
In this article, I will analyze the world power system from the bottom up. I
will view the global economy as a world wide web of contracts connecting
property rights holders.
Some of the contracts in this world wide web are pure sale and purchase
contracts: a product is sold and purchased instantaneously for a price.
Buyer and seller accept no obligation with respect to their future conduct. A
property right is exchanged against a price; but there is no relationship. We
have a pure market transaction. These contracts are numerous – probably
the most numerous ones. But the pure market transaction is just one ex-
treme of the spectrum of economic exchange.
There are many other types of contracts in the economy. Actually, the
most interesting contracts serving as a conduit for economic exchange are
probably those having duration. They connect contracting parties through
time in connection with property rights. A lease connects a landlord and a
tenant trough time; a distribution contract connects a manufacturer and a
distributor through time. At the time of execution of the contract, the rent
and the commission of the distributor are set taking into account what
“market prices” exist then. Subsequently though, for the duration of the
contract, they evolve in accordance with contractual and/or regulatory
858 Jean-Philippe Robé

rules – not market prices set outside of the contractual relationship or the
regulatory environment in which they take place. Rents, salaries, and many
other forms of remuneration of the use of assets through time, are all subject
to contractual and, often, regulatory rules constraining their evolution.
Further, whereas the pure market transaction is one extreme of economic
exchange in the world wide web of contracts, at the other extreme, there are
clusters of contracts having duration serving as the legal conduits of continu-
ous economic exchanges among numerous parties. Some of these clusters
are “households”. Others are “firms”, the significant ones in terms of size
being gathered around corporations.
Households. Each reader of this article, as a rights and liabilities bearing
individual, is both (a) the holder of property rights and (b) the center of a
nexus of contracts connecting her to other property rights holders to satisfy
many of her needs (hopefully not all of them). In the morning, she wakes up
in an apartment or house she either owns or leases, i.e. she either has a prop-
erty right over an apartment (say) or has a contract with a landlord – who
owns the property right over the apartment – allowing her to use it against a
rent. To make her life more comfortable, she has contracts with utilities
companies supplying her with water, gas, electricity, phone services, and so
forth. These contracts allow her to have her morning shower, preferably
hot. Then she goes on having breakfast, eating the object of her property
right over her morning croissant. If she is among those of us cursed with the
need to work to make a living, then she goes to work. She takes her bicycle
or car or scooter (she either owns or rents from the owner). And at work,
she delivers the services she has been hired for under an employment
contract; in exchange for which she gets a paycheck allowing her to pay for
(hopefully) all of the above. In some cases, she makes a surplus which she
can save. She (maybe with a partner and children) is a “household” en-
tangled in a nexus of contracts with other property rights holders.
We are all in the same position as individuals. Of course, the sets of prop-
erty rights and nexuses of contracts around us are all different. But we are all
integrated in the economic system in this fashion. And all of our contracting
parties are themselves at the center of nexuses of contracts and we are all
somewhat connected to each other via the world wide web of contracts.
Individuals have always been connected to other individuals located in
the known world of their time in this way: when coffee was introduced in
Europe in the sixteenth century, coffee drinkers were contractually con-
nected to the coffee shop owners who were contractually connected to the
coffee roasters who were contractually connected to the coffee importers
who were contractually connected to the coffee exporters who were con-
tractually connected to the coffee growers. And so on. Globalization in this
perspective appears like being just more of the same thing. What is new is
that now (almost) everyone is connected to (almost) everyone in respect of
Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 859

(almost) every decision of allocation of the household’s resources. Each


household is closely contractually connected to the world economy – via
the world wide web of contracts. As a consequence, each decision relating to
the allocation of the resources of the household affects countless interests
located in many corners of the world. Robert Reich has made a powerful
case that in the present economy, the power of the individuals (the house-
holds) has been aggregated at both ends of the allocation of their resources:
purchases and savings.1 Purchases are made from retailers using the aggre-
gated bargaining power of households to get the lowest prices from sup-
pliers, ultimately found in low costs jurisdictions; savings are made in mu-
tual or pension funds in which professionals mobilize the households’
savings to get the highest returns – maximize “shareholder value”. In both
cases, when household purchase goods, services or investment products, in
the main they indirectly purchase normative environments. And they (we)
want to buy and invest in cheap environments (ensuring low prices for the
purchases and high returns for the investments). And they (we) want to live
in expensive ones providing them (us) with high income and social rights.
Firms. One of the other forms of clusters of contracts in the world wide
web of contracts is the one allowing firms to operate. One of the key el-
ements in the analysis of the (large) firm is that the legal persons serving as
the contracting party opposite the contributors of property rights to the
firm are corporate persons, creatures of the law. They are usually disregarded
in the economic analysis as mere “legal fictions” of no importance because
only individuals are deemed to be “real”. 2 A crude understanding of metho-
dological individualism leads to a neglect of this “metaphysical lawyers’ in-
vention”. The corporation is reduced to a set of “contracts” among share-
holders and managers. No one has ever seen any of these “contracts”, but
with this theoretical construction, firms/corporations can then be deemed
to be operating like markets. 3

1 Robert B. Reich Supercapitalism – The Transformation of Business, Democracy and

Everyday Life, Alfred A. Knopf, New York (2008), at 71.


2 See Michael C. Jensen & William H. Meckling Theory of the Firm: Managerial Behavior,

Agency Costs and Ownership Structure, Journal of Financial Economics, V.3, No. 4, 305
(1976).
3 See the efforts by Alchian and Demsetz to demonstrate that “the firm and the ordinary

market [are] competing types of markets” (Armen A. Alchian & Harold Demsetz Production,
Information Costs and Economic Organization, 62 Am. Econ. Rev. 777 (1972), at 795) and
those of Jensen & Meckling for who “the “behavior” of the firm is like the behavior of a mar-
ket” (Michael C. Jensen & William H. Meckling Theory of the Firm: Managerial Behavior,
Agency Costs and Ownership Structure, Journal of Financial Economics, V.3, No. 4, 305
(1976), at 8–9). Or see also Cheung for who “it is futile to press the issue of what is or is not a
firm”; see Steven N. S. Cheung The Contractual Nature of the Firm, Journal of Law and
Economics, 26(1):1–21 (1983), at 17–18).
860 Jean-Philippe Robé

The existence of corporations, however, plays a fundamental role in the


structuring and operation of the economy. Because a corporation has legal
personality, real rights and liabilities are allocated by the legal system to
these legal fictions. Corporations – and more appropriately groups of cor-
porations for large firms – around the globe are the tools used for the cre-
ation of the relatively stable clusters of contracts connecting property rights
holders in the world wide web of contracts allowing firms to operate. As a
consequence of the neglect of the role of corporations – and for some other
reasons as well – there is a widespread confusion in the economic (but also
legal and political) literature between the concept of “corporation” and the
concept of “firm”. The two words are often used interchangeably, “com-
pany” or “enterprise” being also sometimes used as synonyms. The conse-
quences of this linguistic and conceptual confusion are endless.
In my analysis, the two have to be distinguished sharply: the corporation
is a legal person owning property rights and at the center of a cluster of
contracts; the firm is the economic activity existing as a consequence of the
control over property rights obtained via the cluster of contracts.
Because we live in a world in which ownership and binding obligations
are defined by law, firms’ legal structure cannot be disregarded. The builders
of firms structure them using legal instruments: contracts, property rights and
corporations. It is immediately obvious that firms are structured using cor-
porations; they are not corporations.
Why is it that the legal structure of every firm of some significance is built
around corporations? The reasons are numerous: 4
(1) At the outset, creating a legal person to own or control key assets
used in the business avoids having to agree on detailed contracts among
the shareholders to specify who will do what in what circumstances and
get what in return. This is made possible by the fact that when a corpor-
ation is created to hold the assets of a business, the residual control rights
in connection with the various assets contributed are owned by the “ar-
tificial” legal person, not by any of the contracting parties – who would
have ex post bargaining advantage in the absence of a separate legal per-
son to own the assets and operate the business – for as long as the cor-
poration exists.
(2) Limited liability protects the investors in equity from the company’s
misfortune. As a consequence, they can give up residual control rights
to professional managers in a better position than them to manage the
firm.

4 See Jean-Philippe Robé New Foundations in the Theory of the Firm, forthcoming.
Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 861

(3) The strong legal personality of the corporation isolates its own assets
from the shareholders and their misfortunes. The corporation’s legal per-
sonality therefore strongly partitions assets. Shareholders do not own the
assets operated by the corporation and do not have access to them. The
only ones having access to the corporation’s assets are the managers.

(4) The corporation, as the owner or controller of strategic property


rights used in the firm’s operation, is the contracting party purchasing the
inputs required in the operation of the firm, selling the output and
pocketing the difference. It may, for example, lease an office to install
desks, chairs and computers to be in a position to hire employees who
will produce a service distributed by a network of franchisees, etc. Each
corporation is therefore at the center of the cluster of contracts with con-
tributors of resources needed but not owned by the corporation, be they
employees, financiers, landlords, etc. Firms are thus legally structured
around corporations via semi autonomous clusters of contract allowing
the exercise of power over a set of property rights.

All the firms in the world are interconnected via the world wide web of
contracts. Firms, as semi-autonomous power systems, have loose boundaries
because the cluster of contracts connecting property rights over which they
exercise their authority does not end abruptly like the limits of a State’s ter-
ritory. In between, there are all sorts of arrangements, extending through
time, in particular when the matching, both qualitative and quantitative of
individual enterprise plans is necessary. This is the case, in particular, for cer-
tain suppliers of inputs and certain distributors of output. This is the case for
joint-ventures. But at the core of any firm, there is a cluster of contracts
allowing the exercise of economic power over the resources (including indi-
viduals) connected. Those in control of the corporations have power over
the allocation of the property rights connected to the corporations via the
clusters of contracts. One such cluster allows operating the firm called
“Microsoft” (for example); and another one allows operating the firm called
“Toyota”.
The denial of the significance of the existence of firms has severe conse-
quences. John Kenneth Galbraith goes as far as considering it a fraud to talk
about a “market economy” while neglecting what he calls the “corporate
system”:

“Reference to a market system is … without meaning, erroneous, bland, be-


nign. … No individual firm, no individual capitalist, is now thought to have
power; that the market is subject to skilled and comprehensive management
is unmentioned even in most economic teaching. Here is the fraud. Another
name for the system does come persuasively to eye and ear: “the corporate
system”. None can doubt that the modern corporation [Galbraith means the
862 Jean-Philippe Robé

“firm”] is a dominant force in the present day economy … Nonetheless al-


lusions to it are used with caution or not at all. … Better the benign reference
to the market.” 5
To understand the significance of the firm and its mode of relationship with
the rest of society (markets, other firms, political institutions, individuals,
etc.), it is necessary to go beyond a superficial understanding of the notions
of “contracts”, “property rights” and “corporations” which lie at its core. In
this effort, not only do we have to take into account how these instruments
allow firms to effectively operate in the social system. It is also necessary to
go one step further and understand the position of these instruments in the
overall system of regulation of society, and what has changed with their con-
centration within large global firms.

II.
An effective method of understanding the global ordering of the economy
is actually to start at the bottom. Each sovereign State – whether liberal or
not – sees its authority limited at the border: by other sovereign States. But
within its borders, the liberal sovereign States see its sovereignty effectively
limited by holders of property rights. Of course, we have all learned from
Bodin, Austin, Montesquieu, etc. not to confuse sovereignty and property,
imperium and dominium. In a global world built on liberal principles, how-
ever, this is a taboo which is preventing a proper understanding of the world
power system.
The liberal system, which apparently strictly separates spheres of social
life into public/private, political/economic, etc., has always been a compre-
hensive political system, from the ground to the top. Property rights are a
part of what was supposed to be a coherent system in which property rights
holders were to build society via contracts, with a limited residual role left
for the Night Watchman State. An invisible hand was supposed to do most
of the job. Things actually worked out differently with the surge of the large
firm and the need to deal with the vast ancillary “externalities”; but to
understand it, we have to take property rights seriously … We have to under-
stand them as a decentralization of sovereignty.
The definition of strong, supposedly “sacred” and “natural” property
rights has been one of the instruments used to implement the movement
from a holist to an individualist society. They were tools to increase individ-
uals’ autonomy; means to move from a society of status to a society of free

5 John Kenneth Galbraith The Economics of Innocent Fraud – Truth for our Time,

Houghton Mifflin Company, Boston NY (2004), at 7–9.


Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 863

contracting individuals. 6 Combined with the acknowledgement of freedom


of contract, strong property rights allow the highest level of decentralization
of decisions. But large corporations, by concentrating property rights via
contracts, allowed building “private” firms, in fact, the constitution of pri-
vate political and legal orders. The corporate governance debate – which has
concentrated on issues in the governance of the public corporation – has al-
most totally ignored the more fundamental issue of the firm as a governance
system. It is the firm, however, as an “organized economic activity”, which
is the governance system, of a peculiar kind. It is due to the properties of the
property rights it concentrates under a unified command through contracts
executed with the owners of the property rights via corporations. Although
firms have always been part of the constitutional system of allocation of
power within liberal States, this was hardly apparent as long as firms were
small and the economy was predominantly national. Firms’ political deci-
sions and normative production could somehow be misunderstood or mis-
interpreted as “national”, in the same fashion that there are still people be-
lieving France exports wine and the United States softwares (of course,
States or nations don’t export; corporations do, either through the market
or through distribution contracts within their cluster of contracts). When
analyzing a global economy, these shortcuts lead to errors in the reasoning
which have dramatic consequences.
Contracts. Each contract concluded is a part of the governance system
of a liberal society. In liberal societies, there is a (usually constitutional)
principle of freedom of contract: contracting parties are free to agree among
themselves on the definition and content of obligations they will privately
define and which then will be applicable to their relationship. Contracting
parties are free to agree or not on an exchange. But once they have reached a
binding agreement, they are bound by it and the State enforcement system
(courts and police forces) may be triggered to force the respect of agree-
ments freely entered into. A contract is therefore a serious thing. It is a
manifestation of freedom; but once entered into, it is strongly binding. Its
breach can lead to the use of public force, at the request of private parties. All
contracts are thus inherently linked to the system of governance in our so-
cieties. This allows many things and, in particular, planning by the contract-
ing parties.
Regulatory constraints, which limit the contracting parties’ autonomy to
regulate their own affairs, are only exceptions to the principle of freedom of
contract. For example, as long as there is no regulation on working hours,
an employer and an employee are free to “agree” that the employee will
work 12 hours a day, 6 days a week for an agreed weekly consideration. It is
only if a statute is constitutionally adopted to limit this “freedom” that they

6 Henry Stuart Maine Ancient Law, NuVision Publication LLC (2008, 1 st edition, 1861).
864 Jean-Philippe Robé

will not be able to agree on a working week longer than – for example – 40
hours.
Of course, irrespective of certain unreal theories, the content of agree-
ments is heavily dependent on the allocation of property rights in society. It
is easily observable that individuals with no property other than their right
to lease their services rarely hire wealthy individuals to work for them. Be-
cause contracts are binding and those in control of property rights are in
a better position to impose the terms of contracts on those devoid of prop-
erty, many laws in effect are nothing but a reduction of the authority of
property rights holders, by prohibiting certain contractual clauses (in my
example, 12 hours of work per day 6 days a week). Contracting parties are
still free, as a matter of example, to agree on the content of the agreement
which will bind them. But there are norms creating, as an exception to this
principle of freedom, limits to what they can agree on. Whether or not the
State could interfere in this auto regulation of society has actually been a
major constitutional issue, and many early “social laws” have been declared
“unconstitutional” as excessive infringements of constitutional rights. 7 It
was unconstitutional to move the frontier of the “public” into what was per-
ceived as purely private matters, left to individuals’ sovereignty. But even
in this “interventionist” scheme, in which there are limits to what can be
agreed on, and therefore on what a party in a stronger bargaining position
can impose on the other, the controllers of property rights still have the abil-
ity to contractually convert their authority over property into an authority
over people. This ability may be reduced; it can’t be eliminated. It remains
as a matter of principle. This is inherent to the liberal constitutional scheme,
because of property rights’ properties. It is important to understand this be-
cause firms (as the organized activities deriving from nexuses of contracts cen-
tered on corporations) are major autonomous organizations built on the
basis of the freedom of contracts originally contemplated to benefit the in-
dividual only. 8 Like individuals, they are not forced to contract with any-
one. But unlike most individuals, they can now escape most regulatory en-
vironments and contract in territorial jurisdictions affording less protection
to their contracting parties.
Property rights. The contracts used to legally build the firm transfer the
control over property rights to its corporate structure. Contrary to the com-
mon wisdom, a property right is not a right over a thing. It is more appro-
priate to understand a property right as a right against others in connection
with an object of right (which is not necessarily a “thing”). Having a property
7 See Lochner v. New York 198 U.S. 45 (1905): 102–3.
8 As a matter of example, the U.S. Constitution was drafted in 1787, promulgated in 1789
and amended with the Bill of Rights in 1791. But it is in 1886 only that the U.S. Supreme
Court asserted that corporations are “persons” within the meaning of the fourteenth
amendment (Santa Clara County v. S. Pac. R.R., 118 U.S. 394 (1886)).
Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 865

right means having the decision making authority in principle in connection


with the object of the property and having the possibility to trade it. A prop-
erty right is not a bundle of rights, something finite. What are finite – al-
though they change through time – are the restrictions on property rights.
As rights against others in connection with their objects, property rights
are part of the governance system of a liberal society. The owner may re-
quest judges to order bailiffs and police forces to protect his rights against
violators. Property rights are a means to decentralize authority – an auth-
ority which may be supported by the use of official force. The content of
what can be done with a property right is always dependent on the content
of the rules of society, e.g. in liberal systems, first of all upon law. But the re-
strictions deriving from legal rules are the exceptions to a principle of free
decision making with regards to the objects of the rights. Property rights are
constitutional rights protected by fundamental norms at the roots of liberal
legal orders. They are authority decentralized to its highest extent (origin-
ally, to the individual) to its highest degree (an unrestricted authority as a
matter of principle). They give authority in principle, legal norms reducing
the autonomy of decision making in connection with them being the excep-
tion. They are, in reality, a decentralization of sovereignty. And it is not poss-
ible to reverse this decentralization and remain within a liberal system.
That property is a source of autonomy is also true, of course, for the
property rights concentrated within firms via contracts and corporations:
those in charge within the firm are legally entitled to be the decision makers
in connection with the property rights the firm controls through its corpor-
ate structure, either because it owns them or via the contracts executed with
contracting parties (other property rights holders). The only constraints the
firm faces as a governance system are (a) the contractual constraints found
in the various contracts transferring the control over the property rights and
(b) the various constraints deriving from applicable laws, regulations or case
law. Contracts and laws create constraints; but otherwise, those in charge of
the firm management are the ultimate decision makers in connection with
the concentrated property rights.
This is always true. In all firms. Whatever their size. But when property
rights are concentrated on a large scale, the great constitutional divisions of
our society between public/private, power/property, and norm/contract
simply do not work anymore. When concentrated, property rights give
birth to deterritorialized powers – sovereign powers – agglomerating the au-
tonomy granted by property rights. The institutional setting of our liberal
societies has been put in place in a world totally different from ours. In a so-
ciety where large firms did not exist, in a society in which there were almost
no business corporations, freedom of contracts and absolute property rights
were devices used to decentralize decision making authority to the highest
extent to individuals. But these very same instruments – which were sup-
866 Jean-Philippe Robé

posed to free the individual and give him autonomy from public power –,
have been used to build large “private” organizations around corporations
benefiting from legal personality (that mere “legal fiction” …). Those in
control of large concentrations of property rights through contracts enjoy
the degree of autonomy originally designed for the individual only – not to
protect the autonomy of the holders of large private powers. The corporate
revolution – now having led to globalization – is therefore an enormous
challenge to our whole global system of allocation of jurisdiction over the
Earth. It is based on the official constitutional structure of liberal States but
led to a mode of operation of the global economy in total contradiction with
it. The contradiction is all the more severe that a proper theory of the firm is
lacking and corporations are misunderstood as the property of share-
holders, the managers being the servants of these masters.
Corporations. Corporations are at the center of the global constitu-
tional revolution. At the time when liberal principles were enshrined in our
sacred texts (the United States Constitution and its Amendments, the
French déclaration des droits de l’homme et du citoyen, and the like), there
was no business corporation to speak of. Their future importance, role and
impact on society were not envisaged in the slightest way – how could they?
In America, despite their great wisdom, the Founding Fathers did not con-
template them; and in Europe, there was a clear resistance against corpor-
ations (in Great Britain, the Bubble Act of 1720 forbade all joint-stock com-
panies not authorized by an Act of Parliament. In France, all corporations
were prohibited in 1791, in the aftermath of the 1789 French Revolution, by
the décret Lagarde and the loi Le Chapelier, etc.).
With the industrial revolution and the development of modern transpor-
tation, local clusters of contracts (firms) could technologically spread above
State borders. Competition among firms led to a competition among States
to supply firms with favorable legal norms. In corporate law, this translated
into the well-known “race to the bottom” in the United States. The State of
Delaware soon established for itself an improbable competitive advantage in
the competition for the supply of flexible corporate law. In the course of a
few decades, almost unlimited freedom of incorporation was available to
structure firms. The United States were first in the race for a number of rea-
sons, including an absence of historical resistance against corporations, an
expanding and young economy making it necessary to facilitate the concen-
tration of capital and virtually free trade within the United States territory.
In Europe, it took more time for the corporate revolution to take momen-
tum; it was first necessary to reverse decades of opposition to the creation
of corporations and it is only in the wake of free trade treaties, towards the
last third of the nineteenth century, that freedom of incorporation spread
from one country to the next (1856 in England, 1867 in France, 1869 in
Spain, 1870 in Germany, 1873 in Belgium, etc.).
Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 867

State competition, the corporate revolution and, of course, technological


progresses have led to the development of large firms and to globalization.
The process of globalization of the economy now translates into global
competition. The States are now part of a competitive system of a new kind
in which many States are commercializing their sovereignty via low re-
gulation, low taxation, high bank secrecy, and so forth. 9 War is not the
medium of this new competitive game; the production of rules favorable to
firms is. We are witnessing the autopoiesis of a new constitutional system,
in which firms are an essential component, in a very peculiar way. The de-
velopment of modern corporate law has allowed developing firms to the gi-
gantic organizations some of them are but without any legal recognition of
their existence as such. The social organization which can be developed via
the gigantic clusters of contracts connecting property rights used in produc-
tion and distribution is the firm, but it has no legal existence. It is not a posi-
tive single legal concept. It is not a legal “entity”.
In the classical view of governance, firms are equated with corporations,
themselves treated as “property”, the shareholders being the “owners”.
Managers are their agents. Management of the firm is then logically for the
benefit of the “owners” only.10 Other interests are left either to fend for
themselves via contracts or are to be defended via regulations adopted by
the State. And although we live in a world of divided, competing States
facing difficulties to adopt norms internalizing so-called “externalities”, the
dominant ideology of corporate governance assumes a perfect functioning
of the political system.11 This assumption is of course excessively bold in the
face of a rapid devaluation of the States’ ability to influence economic out-
comes.
The widely accepted agency theory of the firm, and the (at times, disas-
trous) corporate governance principles deriving from it, is fundamentally
wrong. It is based on significant errors in the legal analysis of what a firm
really is in the world wide web of contracts:
(1) Notwithstanding a widespread confusion, shareholders do not own
firms and nor do they own corporations: they own shares issued by corpor-
ations. The notion of “share” is difficult to understand and easy to mis-
characterize, which opens the door to ideological manipulation. But the
shareholders enjoy the privileges of the owner only towards what they

9 See generally Ronen Palan Tax Havens and the Commercialization of State sovereignty,

56 International Organization, no 1, at 151–176 and Ronen Palan The Offshore World –


Sovereign Markets, Virtual Places and Nomad Millionaires, Cornell U. Press (2003, 2006).
10 See generally Henry Hansmann & Reiner Kraakman The End of History for Corporate

Law, 89 Georgetown Law Journal (2001) pp. 439–68. For these authors, “there is no longer
any serious competitor to the view that corporate law should principally strive to increase long-
term shareholder value”; at 439.
11 Jean Tirole The Theory of Corporate Finance, Princeton U. Press (2006), at 57–60.
868 Jean-Philippe Robé

own: the shares; they don’t and can’t have these privileges towards the
corporation having issued the shares. Shareholders do not own corpor-
ations or firms; no one does! There is no duality of the corporation as both
“person” and “thing”.12 The corporation is a legal “person”; but it is not a
“thing” which could be “owned”. The “things” owned are the shares is-
sued by the corporation. Owning a share gives rights: a right to dividends;
and the right to participate in shareholders assemblies and vote on rare
decisions. These rights derive from the shareholders’ residual claimants’
position in firms’ constructions. But owning shares does not give title to
the corporation or to a portion of the corporation. Owning 100 % of the
shares is not akin to owning the corporation and owning one share is not
being a “co-owner” of a corporation. A shareholder owning 15 of the 100
shares issued by a corporation does not own 15 % of each share: she owns
100 % of 15 shares and is totally autonomous in her decisions relating to
her shares from the other shareholders. She is not co-exercising any rights.
(2) The assets managed by the managers of the firm are not owned by the
shareholders: they are owned by a separate legal entity, the corporation
(or a group of corporations). The partitioning of the assets and liabilities
deriving from the interposition of the corporation’s legal personality be-
tween the assets and the shareholders has very significant consequences:
the shareholders’ assets are isolated from the corporation’s misfortunes
by limited liability; equally, the corporation’s assets are isolated from the
shareholders by its legal personality. In the normal course of business, the
bundles of assets and liabilities owned by the shareholders, on the one
hand and by the corporation, on the other, are totally separate thanks to
the corporation’s strong form of legal personality. It is of paramount im-
portance to understand the significance of the corporations’ legal person-
ality in the operation of these organizations structured around clusters of
contracts connecting property rights we call multinational firms.
(3) In their role as managers of the corporation’s assets, the officers are
the agents of the assets’ owner – the corporation itself. They are appointed
by the board of directors but neither directors not officers are the share-
holders’ agents because the shareholders own neither the firm nor the as-
sets controlled by the managers via the firm’s corporate structure.
(4) The managers – who are not owners – exercise power in the manage-
ment of the firm. They are the only ones having access to the corpor-
ation’s assets. In their managerial role, they are not automatic machines
concluding and enforcing perfect contracts in a perfectly regulated world

12 See Katsuhito Iwai Persons, Things and Corporations: The Corporate Personality

Controversy and Comparative Corporate Governance, 47 Am. J. Comp. L. 583 (1999).


Conflicting Sovereignties in the World Wide Web of Contracts 869

internalizing all externalities. They make unilateral decisions thanks to


the property rights controlled by the corporate structure which are hav-
ing effects towards the firm’s constituents and its environment. As
holders of powers, they have fiduciary duties towards those subject to the
consequences of their unilateral actions. Shareholders are understood by
all as being among the beneficiaries of fiduciary duties. Because the cor-
porate managers, as a consequence of the authority they get under cor-
porate law, manage the firm – the organization built via contracts trans-
ferring control over property rights to the corporations used to legally
structure the firm – the managers’ fiduciary duties extend beyond those
they have towards shareholders.
It is the concept of fiduciary duty and not the concept of agency which has to
be further researched and extended to broaden our understanding of the
firm and the adequacy of corporate governance (or lack thereof) to society’s
needs. An agency relationship is a pure private one in which the agent rep-
resents the principal in the sole principal’s interest. The agent owes a duty of
obedience to the principal (which gives a further incentive to shareholders
to misrepresent themselves as principals – owners). A fiduciary is in a tot-
ally different position. He is not a subordinate. He has a wide discretion to
make decisions, but in furtherance of interests other than his own. All
political officers are fiduciaries. Officers in large firms hold an office which
clearly has more similarities with them than with heavily restricted and con-
strained agents. Global governance will never improve unless we under-
stand firms along those lines and adapt firms’ governance to fit the needs
and constraints of a global polity.
This is not to say that understanding the functioning of a globalized polity
based on divided competing States hosting multinational competing firms is
easy. And addressing the systemic market, legal and political failures of this
global polity is a titanic task. I merely claim that the effort is hopeless with a
false economic and legal theory of the firm whereas global firms are at the
origin of many of the issues raised by globalization.13
A revision of the theory of the firm explaining its existence as the result of
a nexus of contracts connecting property rights holders, and leading to the
creation of an unofficial political and legal order is available and can be
further developed. But to do so, social scientists must abandon their ideo-
logical understanding of liberal society as a market society.

13 Today even more than fifty years ago, “what we need among other things is a twentieth

[make that twenty-first] century Hobbes or Locke to bring some order into our thinking about
the corporation and its role in society”; in: E.S. Mason (ed), The Corporation in Modern So-
ciety, Cambridge, Harvard U. Press (1959), at 19. See also Adolf A. Berle, Jr. Power Without
Property – A New Development in American Political Economy, Hartcourt, Brace and
company, NY (1959), at 23.
870 Jean-Philippe Robé
Hybrid Law – Law in a Global Society
of Differentiation and Change

Inger- Johanne Sand

“The latin word hybrid or hibrida, a hybrid or mongrel, is commonly


derived from Greek ibris, an insult or outrage, with special reference to
lust, hence, an outrage on nature, a mongrel” 1

Introduction*
Modern societies consist of communication, continuously being differ-
entiated in its forms, distinctions and semantics. Communicative differenti-
ation, based on self-reference and distinctions, with no specific direction is
then the basic form of how modern society evolves. 2 Niklas Luhmann
maintained that the core function of law is the production and stabilization
of counterfactual/normative expectations in specific institutionalized forms.3
Normative expectations have the effect of socially integrating relations in
society. In line with this functionality Luhmann maintains conditional pro-
grams as the main programs of law, whereas purposive programs go beyond
the rationality of law. They are too uncertain. 4 Beyond this he does not pro-
pose classifications of the forms of law.
The openness of the positivity of law and the development and degrees of
differentiation of late modern society do however constitute challenges to
Luhmann’s restrictive view on legal programs. 5 It seems that law can no
longer escape the complex and ever changing scenery of modern society.

1 * I am indebted to Asmund W. Born for long discussions on this theme and valuable com-

ments.
1 The quotation is from Encyclopaedia Britannica; here quoted from “Notes On the

Etymology of Hybrid (Lat. Hybrida) by Minton Warren in The American Journal of Phil-
ology, vol 5, No 4 (1884) pp. 501–502; published by: The Johns Hopkins University Press.
http://www.jstor.org/stable/287370. All subsequent quotes on the etymology of Hybrid
are from the same source.
2 Niklas Luhmann “Soziale Systeme”, Frankfurt: Suhrkamp, 1984, ch.1.
3 Niklas Luhmann “Das Recht der Gesellschaft”, Frankfurt: Suhrkamp, 1993, p.131 et

seq.
4 Niklas Luhmann ibid., p.195–204.
5 Niklas Luhmann ibid., p.512–515, 554–556.
872 Inger-Johanne Sand

Highly specialized function systems and technologies interact and inter-


depend in complex ways while continuously changing and oscillating. The
reliance on continuously new knowledge and technologies, with an inten-
sive reflexivity and with interaction between highly specialized communi-
cations, implies a future orientation rather than past reflection on expe-
rience, and changeability and unpredictability rather than stability and
control. With a consistent future orientation, experimental technologies,
continuous learning processes and reflexivity as vital social dynamics pre-
dictability and normative expectations may be difficult to sustain in their
present formations. 6 The conceptual and epistemological structure of law is
thus challenged and also the forms of rationality often presumed to be part
of law, even the function of law.
Gunther Teubner and many others have however pursued the question of
the evolution of law and discussed new forms and programs with regard to
the social transformations which law inevitably is part of in an increasingly
socially differentiated society. 7 Departing from the categories of formal, ma-
terial, procedural and reflexive law both Teubner and others have suggested
the concept of hybridity when confronted with some of the recent develop-
ments in law where the established legal concepts seem to have met their
boundaries or end up in obvious contradictions or paradoxes. Networks,
social contracts, expertise contracts, societal constitutionalism, soft law, risk
regulation, ecological law, corporate social responsibility etc., are examples
of new communicative constructs which have been characterized as hybrids
or hybrid law because they are applied in legal contexts and at the same time
seem to escape categorization under existing legal concepts. 8 It is also

6 Niklas Luhmann “Modern Sciences and Phenomenology” in “Theories of Distinc-

tions”, ed. William Rasch, Stanford: Stanford University Press, 2002, p.34–37.
7 Gunther Teubner “Reflexives Recht”, Archiv für Recht- und Sozialphilosophie, vol.

LXVIII , no.1, 1982, p.13 et seq; Philippe Nonet and Philip Selznick “Law and Society in
Transition”, New York: Harper and Row, 1978; Duncan Kennedy “Three Globalizations of
Law and Legal Thought: 1850 – 2000”, in ”The New Law and Legal Devlopment”, eds.
David Trubek and Alvaro Santos, Cambridge: Cambridge University Press, 2006; Rudolf
Wiethölter “Materialization and Proceduralization in Modern Law”, and Helmuth Willke
“Three Types of Legal Structure: The Conditional, the Purposive and the Relational Pro-
gram”, both in “Dilemmas of Law in the Welfare State”, ed. Gunther Teubner, Berlin: de
Gruyter, 1986; Helmuth Willke “Die Ironie des Staates”, Frankfurt: Suhrkamp, 1992.
8 Gunther Teubner “Double Bind: Hybrid Arrangements as De-Paradoxifiers”, in Jour-

nal of Institutional and Theoretical Economics, vol.152, 1996; “Hybrid Laws: Constitu-
tionalizing Private Governance Networks”, in “Legality and Community”, eds. Robert
Kagan, Martin Krygier, Kenneth Winston, Berkeley: Public Press, 2002; “Coincidentia
Oppositorum: Hybrid Networks Beyond Contract and Organization”, Storrs Lectures,
Yale, 2003/4; “In the Blind spot. The Hybridization of Contracting”, in Theoretical In-
quiries in Law, 2006; “Societal Constitutionalism”, in “Transnational Governance and
Constitutionalism”, eds. Christian Joerges, Inger-Johanne Sand, Gunther Teubner, Ox-
ford: Hart, 2004; Inger-Johanne Sand “Polycontextuality as an Alternative to Constitu-
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 873

hinted that some of the mentioned examples defy dominating legal cat-
egories or binaries such as public/private, rule-of-law, predictability etc. In-
stead, these new constructs are described in terms of being ambiguous,
polyvalent, polycontextual and even paradoxical scenarios. They point to
different forms of normativity and legality. They could also be described as
analytic borderlands, leaving open the questions of forms of normativity
and legality. 9
In the following I will contribute to a further analysis of the concept of
hybridity when applied in relation to law. I have no doubt that the concept
of hybridity is productive when applied in the analysis of specific social in-
teractions and operations, where it directs our attention towards ambi-
guities and complex situations which we have problems defining and con-
ceptualizing. I will however also ask the question of whether the examples
of hybrid law may not point to a broader tendency in the evolution of law,
where hybridity may be a productive category more generally in law. The
ambition is not to create a new conceptual heaven of hybrid law, but to
focus on three questions directed towards the field of legal self-description.
First: do the present categories of law represent the actual and practiced
forms of law adequately? Second: do – what is here labeled as – hybrid in-
teractions display some common (diagrammatic) characteristics challenging
the categories of legal self description? Third, and most importantly: what
are the performative consequences of meeting these challenges through the
concept of hybrid on the level of reflexive self-description in the legal sys-
tem?
The point of departure is that the concept of hybridity has a potential as
an observation tool due to its immanent critique of well accepted truths and
its references to ambiguities within legal systemic observation. As a tool for
legal self-description of the legal system hybridity hardly meets systems the-
ory’s requirements.10 On the other hand it might carry the seeds for a new
type of self-description in law, in which the very societal volatility and many
forms of differentiation are reflected on the reflexive level of law.

tionalism”, also in “Transnational Governance and Constitutionalism”, Oxford: Hart,


2004.
9 Saskia Sassen ”Territories, Authorities, Rights. From Medieval to Global Assem-

blages”, Princeton: Princeton University Press, 2006, p.222 et seq and 380.
10 See the various discussions on this in Niklas Luhmann ibid., 1993, ch.3, 11 and 12.
874 Inger-Johanne Sand

Hybridity and more


“The English dictionaries give the same derivation
[of hybrid] with more or less confidence.”

Hybrids are defined as “the combination of both sides of a difference” or as


the combination of being and not being something.11 It is a combination of a
contradictory difference, marked not by either/or, but by both-and. It is this
both-and that will guide the search for new tendencies in law and society,
thus going beyond the more formal definition of hybrids.
Networks have been mentioned in several connections as examples of hy-
brid law: “Network is not a legal concept”.12 Teubner discusses it partly as a
hybrid between contract and organization, and partly as a hybrid between
law and non-law. A contract may be limited and short-lived. It allows for
flexibility in the cooperation between parties. An organization is usually
rather characterized by long term commitments and inflexible. Networks
may be defined as an obligation to cooperate and to enter into contracts
over time, but without reference to specifically binding obligations. Net-
works may be said to oscillate between the legal and the non-legal. The
obligation to cooperate may be meant as binding, but primarily in a social
and symbolic sense. Networks are thus meta-contracts about cooperation
where the legally binding cooperation must be agreed upon in every subse-
quent contract. Networks regulated by contracts are typically characterized
by being open to continuous negotiation and ambiguous as to the more
exact nature of cooperation. Networks position themselves between law
and non-law, profiting from the symbolic association with law, but without
inflexible legally formalized positions. Networks are functional regulations
and provide coordination between partners in continuously learning pro-
cesses as well as institutional responses to social change. The practical rel-
evance and success of network-contracts is beyond doubt. Their legal status
remains ambiguous. They are legal and non-legal at the same time and may
then contribute to a whole new type of short time and more volatile social
processes.
Networks have also been used to characterize the new forms of cooper-
ation among sovereign states, “government networks”, in a global world
with an increasing need of cooperation and mutual obligations, but also
with a need to avoid international bureaucratic hierarchies.13 Hybrid con-
cepts or references emerge in the new world of international law and its
combinations of international and national law, hard law and soft law, and
its new constellations of politics, law, economics and science: governance,
11 Gunther Teubner ibid., 2006, p.10.
12 Gunther Teubner ibid., 2003/4, p.1.
13 Anne-Marie Slaughter “A New World Order”, Princeton: Princeton University Press,

2004.
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 875

multi-level, transnational, mutual recognition, global, analytic borderlands,


postnational international constitutionalism etc.14
Social contracts represent a slightly different type of hybridity. Here
contracts are used for contradictory purposes: the freedom of the parties to
enter into the contracts and the inclusion of the force of public law, behind
the curtain of freedom. The symbolic sense of freedom and voluntary par-
ticipation in a contract is used to “sugar the pill” of the use of public auth-
ority. The mutuality of it becomes blurred or re-defined as multi-dimen-
sional mutuality. The various forms of public/private partnerships and
cooperation have come so far that we often do not react to even quite ob-
vious contradictory forms. Social contracts illustrate the pluralization of the
use of contracts.
Soft law is another example for attempts to combine law and non-law.15 It
is directed at the use of new texts and new concepts where there seems to be
an ambiguity in relations to the legal, and where “hard law” rules still have
not been defined. The usage of the concepts of sustainability and precaution
may, at least in many instances, be examples of this.16 When sustainability
is mentioned in the preamble of the WTO treaties, and not duly supported
with operative articles in the treaty itself, it remains unclear what the legal
contents and consequences should be. Sustainability is an example of a
political and social purpose about which there is some basic kind of consen-
sus, but its legal application and operability still is often unclear and con-
tested.17 It is exemplary for many forms of soft law which are agreed to be
transferred into law. The means, however, are contested. It also exemplifies
how ambiguous concepts become part of the legal language even if they do
not meet its usual standards of clarity. There is a need to introduce new con-

14 The list of references could be endless, some examples are: J.H.H.Weiler “The Con-

stitution of Europe”, Cambridge: Cambridge University Press, 1999; Christian Joerges/


Ellen Vos eds., “ EU Committees: Social Regulation, Law and Politics”, Oxford: Hart,
1999; Kenneth W. Abbott/Robert O. Keohane/Andrew Moravcsik/Anne-Marie Slaughter/Dun-
can Snidal “The Concept of Legalization”, in International Organization, vol.54, no.3,
2000, p.401; Christian Joerges/Inger-Johanne Sand/Gunther Teubner eds., “Transnational
Governance and Constitutionalism”, Oxford: Hart, 2004; Anne-Marie Slaughter ibid.,
2004; Charles Sabe/Oliver Gerstenberg “Directly – Deliberative Polyarchy: An Institutional
Ideal for Europe” manuscript, 2000; Andreas Fischer-Lescano “Globalverfassung: Verfas-
sung der Weltgesellschaft” in Archiv für Recht- und Sozialphilosophie, 2002, p.340–378;
David Held “A Global Covenant”, London: Polity Press, 2005; Kalypso Nicolaidis/Gregory
Shaffer “Transnational Mutual Recognition Regimes: Governance without Global Govern-
ment” in Law and Contemporary Problems, vol.68, 2005, p.263.
15 David M. Trubek/Patrick Cottrell/Mark Nance ”Soft Law”, “Hard Law” and European

Integration: Toward a Theory of Hybridity”, Jean Monnet Working Paper, no.2, NYU ,
New York, 2005.
16 Patricia Birnie/Alan Boyle “International Law and the Environment”, Oxford: Oxford

University Press, 2002, p.26 et seq.


17 Patricia Birnie/Alan Boyle, ibid., 2002.
876 Inger-Johanne Sand

cepts or principles even if their more exact implementation remains unclear.


The concept of soft law has been produced by both public and private law in
formulating more or less specific guidelines, but with an unclear legal status.
There seems to be no doubt about its practical relevance, but it may also be
an open invitation to an unresolved and suppressing ambiguity where the
concept remains symbolic. Combinations of public and private law, for
example public-private partnerships, social contracts, social corporate re-
sponsibility and public corporations may be examples of this. The conflict
between public authority and private autonomy can not be eradicated by
rhetoric.
The intertwining of different legal forms and of practical rationalities is
also found in public legislation and regulation where the semantics of legal
texts rely heavily on or become parasitic to the semantics of other function
systems. The texts of legal regulations may contain references not only to
political purposes, but also to scientific and economic concepts and rational-
ities. The same texts and concepts may oscillate between political, legal,
economic, and scientific meanings and semantics. This may create close
structural couplings between the different communicative systems and also
legal hybrids. There may be legal semantics or texts with the use of concepts
emanating from other rationalities and applied very closely to their mean-
ings. Texts may then appear as hybrids between law and science, or law and
economics etc. In international trade law and in competition law there are
references to the semantics of liberal economics referring to the market as
the decisive standard in law. There are also references to the concept of
“scientific evidence” as a standard for the question whether social values,
health protection, or environmental issues are deemed necessary and pro-
portionate or seen as obstacles to free trade. The semantics of science or
economics or other function systems may be so dominant that they are ap-
plied directly and apparently without any modification in the legal texts.
The close structural couplings between law, politics, science, and economics
challenge the previous models of how function systems work and relate to
each other. The implication of this may be that the legal system may slide
from normative to cognitive expectations. The difference between the coun-
terfactual and the factual may tend to be obscured.
Legal regulation of new technologies with potential and comprehensive
risks, such as bio- and genetic technologies, are examples of legal regulation
moving from securing predictability and rule-of-law to being part of a regu-
latory regime where there are systematic factual uncertainties and unpre-
dictability in the field to be regulated. Legal regulation may then be used to
avoid some risks, but by enabling the application of the technologies, they
may also enable other risks due to unavoidable consequences of experimen-
tal and partly unpredictable technologies. Legal predictability may appear as
a too difficult and ambiguous concept to be applied in areas of systematic and
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 877

comprehensive factual unpredictability. Legal semantics will emerge very


close to the social and political discourses of the field. Legal regulations may
then appear more as structural couplings between law, politics, economic,
and science, and thus as a hybrid form of regulation where other rational-
ities may dominate parts of the production of meaning in the process.

The emergence of hybridity


Skeat adds, “ The Greek origin of the Latin word is
somewhat doubtful.”

If it is acceptable to characterize the examples given above as hybridity in


some sense, hybridity is not only significant to particularly paradoxical situ-
ations. It also points to a more general tendency of change in the forms, the
semantics and even in the function of law. These are part of changes which
are not particular to law, but are also part of more general changes in society
and in the self-description of society. In the following it will be argued that
the term hybridity may be useful in the processes of description and self-
descriptions of these changes as it points to ambiguities, polyvalence, tran-
sition, and contradictory situations. It is thus well suited for us to reflect
more closely on situations of transitional change and of situations we have
difficulty in defining.
A vast variety of legal concepts, forms of contracts, organizations, legis-
lation, mediation etc., seem to contradict classical legal categorizations by
being more open, fluid and paradoxical than the legal proprium usually
would demand. Current modernity seems to be characterized by the expan-
sion of most social function systems to an increasing number of areas and
social themes. At the same time social communication is increasingly differ-
entiated and specialized.18 Highly specialized communication in the different
social functions may at one and the same time stabilize and destabilize social
processes and self-descriptions. Internally the systems may become highly
differentiated and stabilized. Externally, on the societal level and between
function systems, the degree of differentiation and specialization within the
various systems may create extreme forms of hyper-complexity and un-
bridgeable gaps between the systems and thus destabilize communication.
Returning to the general changes in the conditions of social communi-
cation which legal communications are part of, we may focus on three op-
erating dimensions of communication: the time, the social and the object di-
mensions, and how they are affected by the changing conditions in ways
which are also relevant for law.

18 Gunther Teubner ”The King’s Many Bodies”, Law and Society Review, vol.31, no.4,

1997, p.763–787, see p.778.


878 Inger-Johanne Sand

Most important are probably the changes in the temporal modality from
past/present through present/future to future’s present.19 Society today is
increasingly based on new knowledge and technologies which are also con-
tinuously reconsidered and reflected on in the light of new experience and
knowledge. Society has become fully reflexive: “Reflexivity subverts rea-
son”. 20 Past practices and norms will not be sufficient, even for law. Luh-
mann writes in his Husserl lecture on how economic, ecological and scien-
tific problems partly are heavily intertwined and partly have become
exceedingly complex so that their future paths are increasingly unpredict-
able. 21 Sciences and politics are increasingly self-reflexive. Legal regulation is
often necessary and vital for its application in society. Its continuous and in-
tensive self-reflexivity is then part of the conditions of law. This may imply
closer organizational and institutional links between semantics and oper-
ations of different systems, cfr. above. Normative expectations and their
relative stability will still be needed, but they will have to adapt to or be part
of increasingly changing and destabilized social communications. The re-
lations between normative and cognitive expectations may become ex-
tremely close. The legal semantics will also increasingly refer to political,
economic, scientific and other social semantics. 22 Learning processes are
used in stead of “blind” norms. Hybridity may be a way of describing situ-
ations with close relations between normative and cognitive expectations
where the specific function of the normative is challenged. Changes in the
modality of the temporal in society and in law do, however, not seem to re-
duce the relevance of law. Legal norms and regulations have expanded into
most areas of society, and they seem to have become increasingly vital parts
of the social infrastructure. Predictability is, however, increasingly linked to
topical knowledge of current social practices, not to formal principles and
general norms.
The social dimensions of communication have changed towards an in-
creasingly polycontextual, heterarchical and multi-dimensional society. In a
functionally differentiated society the different functions produce different
semantics and different contexts. The hierarchy of the state and the focal
point of the state in society is challenged in favour of more heterarchical
structures with a multitude of institutions, organizations and actors. 23 The

19 Niklas Luhmann “Risiko und Gefahr”, in “Soziologische Aufklärung 5”, Opladen:

Westdeutscher Verlag, 1990.


20 Niklas Luhmann ibid., 1993, ch.11, p.519–522; “The Modern Sciences and Phenom-

enology” in “Theories of Distinction”, ed. Michael Rasch, Stanford: Stanford University


Press, 2002, p.34–36; Anthony Giddens “The Reflexivity of Modernity” in “Consequences
of Modernity”, Stanford: Stanford University Press, 1990, p.36–45.
21 Niklas Luhmann ibid., 2002.
22 Gunther Teubner ibid., 2002/03, p.5.
23 See references in footnote 14 above.
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 879

public/private divide is duly influenced by this and supplemented by a var-


iety of combinations and interactions between the two sides of the distinc-
tion. The focal point of the nation-state has further been replaced in in-
ternational society by the combination of the global, transnational and
international, where also both public and private actors participate. The so-
cial dimension is then increasingly characterized by a multitude of organiz-
ations and actors relating to each other in different and changing contexts.
On the macro level there may be many competing regulatory organizations
(local, national, private, NGOs , EU , UN or the WTO ). On the micro level
networks provide the context and the social reference for connections and
legal validity, ad hoc and case oriented or long term and field oriented, be
they first order or hypercyclic.
The third and object-oriented dimension of the semantics of legal regu-
lation and of the forms of argumentation is duly influenced by the two
former. Social reflexivity and multiple contexts and actors imply equival-
ently multiple perspectives on the object dimension. There is no privileged
point of observation, not even for law. There are competing courts and
legislators who will have their different contexts and without any clear for-
mal legal order between them. 24 The law/fact divide may be observed from
many different points in the same cases and conflicts. These contexts are,
however, not necessarily institutionally separated. They interact. Concepts
and semantics are used beyond their boundaries and original contexts of
meaning. The dynamic interaction between the different contexts and their
self-descriptions may lead to situations of combinations of differences and
of hybridity.
The general changes in the conditions of communication with an in-
creased future-orientation, reflexively changing technologies, polycontex-
tuality, a variety of actors and perspectives imply that the law operates in a
different society, on some qualitative points, since classical legal positivism
with formal law and the welfare state law emerged. There is more social in-
stability. There is a variety of legal, political and economic actors. Teubner
has written that the main tasks of law have changed from controlling the
state as a repressive political power to regulating and disciplining a variety of
complex and new technologies and thus a variety of forms of social power. 25
The factual side of law has become much more complex and thus also the
evaluations of the forms of power exerted and the decisions on what pre-
dictability and proportionality may be in specific cases. The closer and more
intricate relations between law and the factual areas it regulates may chal-

24 Gunther Teubner ibid., 2004; Inger-Johanne Sand ibid., 2004. Martti Koskenniemi “Glo-

bal Legal Pluralism: Multiple Regimes and Multiple Modes of Thought”, manuscript, Har-
vard, 2005.
25 Gunther Teubner ibid., 2004.
880 Inger-Johanne Sand

lenge the possibilities of predictability and autonomy, and may draw law to-
wards more hybrid constructions where the function of law is challenged.
Legal norms applying semantics of other social systems may combine so-
cial semantics and predictability within a legal form, and at the same time
retaining a third position oscillating between the normative and cognitive ex-
pectations. Hybridity may here be used to irritate and raise questions to
both the self-description within the legal system itself and to external de-
scriptions.

The self-description of law under pressure


“. . ( ) . . . the Romans understood under hybrida, strictly
speaking, the progeny of a wild boar and a sow.”
Law emerges from its own self-referential self-descriptions. Partly law is ob-
serving itself continuously as a part of the ongoing legal operations. 26 Here
the consistency between the different legal operations is created on a first
order level. Secondly, there is the self-description of the legal system where
it describes and constructs itself, still in internal operations, but as a presen-
tation of the unity of the system within the system with concepts and clas-
sifications. The categories of formal, material, procedural and reflexive law
may be examples for this. The self-description is a reflection within the sys-
tem to be used as premises for further communications within the system.
Concepts and classifications may be vital for the further emergence and for
the unity of the system. The categorization of legal forms is a major element
in legal self-description, and our question is whether there is in fact a new
self-description under way, implicitly, and whether there is then a need for
new categories. Even if self-descriptions are results of internal processes,
they are also influenced by the regulatory tasks which are given to law as
other social and communicative processes evolve. External irritations may
contribute to new categories of self-description. Risk technologies, global
trade, networks, public/private cooperations etc., have recently challenged
legal self-description.
Formal and material law are well known internal categories, applied in
many taxonomies of legal form and legal rationalities in “classical legal posi-
tivism”. 27 They include the classical conditional programs and the early ages
of the substantive and more purposive programs of the various stages of
welfare societies. Formal law uses the conditional form. It presumes that the
legal norms contain sufficient text for the application of the norms to be pre-

26 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.497–503.


27 Teubner “Reflexives Recht”, 1982; Nonet/Selznick ibid., 1978; Duncan Kennedy, ibid.,
2003; Kaarlo Tuori “Classical Legal Positivism”, Aldershot: Ashgate, 2004.
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 881

dictable and according to rule-of-law. Formal law also presumes a relative


stability concerning the relations between law and its factual references. Ma-
terial law in the welfare state era with its purposes and use of goal-oriented
concepts opens law up to a much more dynamic relation between law and
its facts. The concepts and references used link law directly to other social
processes. Purposes like “environmental protection”, “fair competition”,
“sound working environment” etc., will have to be interpreted according to
their status and content at the given moment, but they clearly refer to dy-
namic processes. Law thus becomes much more directly involved in social
processes and is at the same time given the possibility of intervening in
them. Much of the welfare state legislation and its use of standards and pur-
poses does however presume some kind of stability between law and fact. It
is known that social purposes are changeable, but not to the degree of a con-
tinuous social reflexivity which Giddens, Luhmann and others later have
thematized. 28 The polycontextuality of law is also not or very insufficiently
thematized under the “classical” period of welfare state law in Europe in the
1960s.
Many of the dimensions or preconditions of law mentioned in the
above: – a relative law – fact stability, a classical public/private law divide, a
more limited number of contexts and legal actors and a notion of cultural
and social consensus etc., are all challenged by the dynamics of a differenti-
ated and global society. Reflexive law was proposed by Teubner as a new
form and rationality of law and as a response to how law could deal with the
increasing complexity of its environment and the many demands on the ef-
fectiveness of law. The idea of reflexive law was to accept the operative and
necessary autonomy of law in relation to other communicative function sys-
tems, and to create links between the systems by second order communi-
cation, by procedures and by organizational couplings. 29 The focus was di-
rected towards the internal reflexive mechanisms of the systems involved,
and on how these could be designed in order to coordinate between external
and internal dynamics. Self-regulation and procedural design were seen as
possible tools to deal with the lacking effectiveness and adequacy of sub-
stantive and purposive legal programs and to improve the qualities of reflec-
tion between the systems. By realizing the very specific forms of self-refer-
ence, rationality and highly and increasingly developed differentiation and
specialization of the various social systems of late modernity it was accepted
that more indirect tools of coordination between them were needed. The
ideas of reflexive law triggered new ways of conceiving law, internally as
well as in its relation to society. First, self-reference was identified as the vital
dynamic of a social system. New information must be elaborated and trans-

28 Anthony Giddens ibid., 1990; Niklas Luhmann ibid., 1993, p.505–522.


29 Gunther Teubner ibid., 1982.
882 Inger-Johanne Sand

formed within the system. Secondly, there was a focus on the internal reflex-
ive learning processes of the systems and on their polycentricity and com-
plexity. Third, procedural regulations and organizational designs were pro-
posed as indirect forms of regulation between the different social areas and
purposes. Implicit in the programs of reflexive law is an admission of a
greater complexity both in each function or organization system and in the
landscape to be regulated, with consequences for the self-description of law
and for forms of regulation applied. Several tendencies in the recent evol-
ution of law do, however, not seem to be sufficiently described by the forms
of formal, material and reflexive law, or the conditional and purposive pro-
grams. They even challenge the production and stabilization of normative
expectations as basic functions of law.
Hybridity has thus been brought forward more as a mode of challenging
and questioning existing legal categories and presumptions of legal thinking
than as a new category of law. Hybridity is a transitory and a boundary con-
cept, but well suited to address situations at a certain stage. Hybridity, am-
biguity and polyvalence may also have a longer lasting place in legal and in
other semantics due to the social changes discussed above of more intensive
forms of complexity and continuous change. Hybridity does, however, as
a concept function quite differently on the three levels of communication:
self-observation on the first order, self-description on the second order,
and external descriptions.
On the first order level of the given examples hybridity also seems to in-
dicate a disruption of what was to be expected. We do not find one of the
well known forms, but then what do we find? Hardly hybrid law as a mon-
grel of tame sow and wild boar or a mongrel of formal law and reflexive ex-
perimentalism. Nor is there a new recognizable third. What we find and
label is the obscure haze of argumentations which may form a new third.
As a first order connector the concept of hybrid even has the productive
courtesy to leave the multitude and variety of structural couplings, what
Luhmann labels the “countless direct and indirect structural couplings” in
peace. With hybrid the observer accepts that interaction involves structural
couplings in the legal, the political, the economic or any other system, and
even in organizational systems with their own and temporary constitutional
conditions. Applied in observation of first order phenomena hybrid thus
pursues the unpolluted unity (of systems) at the same time as it accepts the
mongrels on the operational level.
With the concept of hybridity we even accept that counter factual expec-
tations (norms) are manyfold, incompatible, and even contradictory. Thus
hybridity provides ample ground for local practices, willingness to learn,
temporary constitutions, flexibility and dynamic development, and, last but
not least, connectivity through hybridity provides a permanent challenge to
the legal self description.
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 883

What then are the performative implications when applied on the level of
self description, where hybrid law should designate a new type of law? It is
difficult to see a meaningful function, if the concept shall fulfill the function
forwarded by Luhmann, where self-description performs the “presentation
of the unity, function and autonomy and also the indifference of the legal
system”. 30 According to Luhmann this is a creative presentation making
new operations and development possible at the same time as it provides a
paradox-stopper in the form of autological communication, e.g. legal com-
munication about the legal system on the basis of the rules for legal com-
munication within the legal system.
And hybridity certainly has a problem here, as self-descriptive communi-
cation operates through reentry of the very difference between system and
environment in the system itself in order to define valid argumentation.
With hybridity as guideline this would imply reentry of a system/environ-
ment distinction the main characteristic of which is its opaque, temporary,
polysemic, polyvalent, and oscillating nature. This would be in strict op-
position to Luhmann’s restrictive ideas of legal abstention.
It would on the other hand be in accordance with the general ironic atti-
tude of Luhmann’s oeuvre. Then self-description is no longer the provider
of jurisprudential comfort, but the source of challenges and irritations from
legal theory in the learning processes of the legal system. It might even be
the functional answer to Luhmann’s wish for observation of the risk con-
nected to legal solutions on the level of self-descriptions.31 If this kind of self-
observation is to be integrated into a legal system with dynamic and volatile
environments, it is necessary to establish an internal “outside” from where
to evaluate risk at the same time as it remains impossible to generalize the
calculative formulas.

The necessity of an external observation of law: How to convey and


apply external observations in the programs of the systems
In his discussions on the evolution of law Luhmann seems to be ambigu-
ous towards the relation of law to increasing dynamics of society and the
relevance of an increasing future orientation and of more uncertain condi-
tions. He maintains that on the level of self-description the programs of the
legal system are always conditional programs in order to secure sufficient
linkage and stability between the self-reference of law and its external (fac-
tual) references. 32 The function of law is and can only be the production and

30 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.499.


31 Nikals Luhmann ibid., 1993, p.558–562.
32 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.195–200.
884 Inger-Johanne Sand

stabilization of normative (counterfactual) expectations. Purpose-oriented


programs can not sufficiently ensure the stability between law and facts. 33
Luhmann has even been quite direct and consequent in his criticism of
many of the comprehensive and ambitious regimes of welfare state law,
claiming that they would go beyond the function of counterfactually stabil-
ized expectations, and that they should rather be seen as politics. Observing
law from the outside however Luhmann emphasizes that the forms and
even the relative function of law may be challenged by the complex and con-
tingent processes of differentiation, by the changes in the temporal mode
and the interaction between the different function systems. 34 Law has ex-
panded to most areas of society and emerges often as extremely specialized
semantics. Structural and institutional couplings between law, politics,
science, economics etc., are applied to link the different specialized seman-
tics, and there will be a high degree of complexity and contingency in the in-
teraction between the systems. Luhmann accepts that in a society which in-
creasingly sees itself as the cause of what was previously accepted as fate,
the expectations directed to law will change, and will become increasingly
reflexive on itself and continuously in change in relation to both itself and its
environment. 35 Both legal change and the legitimacy of law have become
continuously reflexive in a way which implies that uncertainty and change
have become vital elements in the dynamics of law. The increased focus on
social differentiation, reflexivity and change as modalities implies an in-
creased social instability and the use of institutional couplings to link the
different communicative systems.
If change, constant reflexivity and uncertainty are the conditions of law
today then the legal function of stabilizing normative expectations is at least
modified. In other words: normative predictability will function in a differ-
ent way or under different conditions. When the context becomes unstable
and fluid, this has consequences for the function and the forms of law. This
may lead to a change in the forms and function of law from a focus on sta-
bilizing material norms to creating, reproducing and changing procedural
and organizational structures for the various tasks of society. Law has be-
come an increasingly active part in social change relating closer to cognitive
expectations more than securing normative stability. The relations between
cognitive and normative expectations are in play because of the increased
ability of society to learn from its experiences. 36 The latter has, however,
not made normative structures obsolete or unnecessary. The complexity of
functionally differentiated societies seems to produce rather than reduce the
33 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.196.
34 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.555 et seq; ibid.,1990; “Risk: A Sociological Theory”,
Berlin: de Gruyter, 1992, p.145 et seq; ibid, 2002, p.34–36.
35 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.558 et seq.
36 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.555.
Hybrid Law – Law in a Global Society of Differentiation and Change 885

relative significance of norms and normative procedures, standards and or-


ganizations. Reflexivity and change have increasingly and intensively be-
come core parts of legal argumentation and rationality.
Teubner makes, on the other hand, a more radical attempt to include the
insights from the external description of law and of society in his proposal
for a self-description of law. He is, more than Luhmann was, willing to
identify new forms of law, also hybrid law, as parts of the self-description of
law. He is more active in the processes of the self-description of law. He
does not only observe it. He wants to participate in conceptual and organ-
izational design, and he wants to include terms of ambiguity, polyvalence
and hybridity in the self-description of law. He analyzes existing legal hy-
brids such as networks, social contracts, expertise contracts, societal con-
stitutionalism, private governance networks etc., and he includes them in
law, not outside. 37 Networks, social contracts etc are referred to as law and
non-law at the same time. They are referred to as transcending or challen-
ging the legal qualities of certainty, de-limitation, public-or-private, pre-
dictability etc. Teubner asks for a more sociological jurisprudence as a third
way of the self-description of law, in addition to the judicial and the legis-
lative construction. Reflexive social practices are proposed as an increas-
ingly relevant context for identifying legal change. 38 Teubner points to a cru-
cial aspect of the evolution of modern law which shifted its focus from
primarily regulating the relations between the state and the citizen to disci-
plining and regulating a great variety of technologies. This implies the
emergence of a great variety of authoritative actors and institutions as well
as a multitude of perspectives. Social relations become more complex and
heterarchical than they were conceived of in the public/private divide era. 39
Hybridity has in the above been put forward as a productive tool for
questioning and challenging the self-observation, self-description and exter-
nal descriptions of law in a highly differentiated, reflexive and changing so-
ciety. This has been motivated by the increasing number of hybrid concepts
also applied in law, by the use of boundary institutions and by the challenges
towards vital principles or qualities of the function and the forms of law,
such as predictability, the rule-of-law, stability of facts, limitation of facts,
possibilities of justice etc. Both law and politics are deeply affected in their
forms and operations of increasingly differentiated and specialized seman-
tics of the other systems and of an increasingly intense reflexivity. 40 The
temporal change towards the future and the intensity of change makes the

37 See references in footnote 8. See also Gunther Teubner ”Dealing with Paradoxes of

Law: Derrida, Luhmann, Wiethölter”, in “On Paradoxes and Inconsistencies in Law”, eds.
Oren Perez and Gunther Teubner, Oxford: Hart, 2006.
38 Gunther Teubner ibid., 2003/4.
39 Gunther Teubner ibid., 2004.
40 Niklas Luhmann ibid., 1992, p.145, 165–167.
886 Inger-Johanne Sand

production of meaning more fluid and instable. The degrees of specializ-


ation and differentiation imply that law and politics become increasingly de-
pendent on the semantics of the specialized areas they regulate. They use
and lean on each other in attempts to create sufficient communicative sta-
bility. Many of the traditional and vital qualities of modern law are chal-
lenged or changed in ways which makes it more uncertain whether or how
legal norms really perform and function. Law, normative expectations and
legal institutions are however increasingly vital and significant in the mo-
dernity we live in. In this paradoxical situation boundary concepts, ambigu-
ous concepts, polyvalence and hybrid concepts may be applied to question
and challenge the institutions, processes and concepts of law.
Hybridity brings with it a more comprehensive acceptance of the com-
plexity, fluidity and uncertainty of society and of its legal regulation, but
without the answers to situations which are transitional and difficult to de-
fine. Also Luhmann remarked that “the law of modern society must make
do without a certain future”. 41 The most significant changes of law currently
are probably found in its conditions and contexts. The democratically con-
stituted political discourse is troubled by the dynamics of globalization.
Teubner thus defines the most fundamental social conditions of the world
today as “the double fragmentation of cultural polycentrism and functional
differentiation”. 42 The complexity, the fluidity, and multi-perspectivism of
this must slowly be built into law and its concepts of self-description. Hy-
bridity, ambiguity and polycontextuality must probably be part of those
processes of instability and change.

41 Niklas Luhmann ibid., 1993, p.558.


42 Gunther Teubner ibid., 1997, p.780.
Das Recht der Weltgesellschaft

Schwarze Ritter, weiße Elefanten und Gunther Teubner

Helmut Willke

Wer mit den Paradoxien des Rechts und des Lebens so souverän umgeht
wie Gunther Teubner, der wird einen Titel verkraften, an dem nichts
stimmt: „Das Recht der Weltgesellschaft“ ist ein doppelter Euphemismus
insofern, als es weder die Weltgesellschaft gibt noch, a fortiori, ein Recht der
Weltgesellschaft. Solche kleinen Mängel dürfen niemanden daran hindern,
über das Recht der Weltgesellschaft nachzudenken, und Gunther Teubner
hat dies in seinen vielen Rollen als Jurist, Rechtstheoretiker, Rechtssozio-
loge, Rechtsdogmatiker, Systemtheoretiker und Rechtsphilosoph nachhal-
tig getan.
Seit unseren gemeinsamen Studien- und Assistententagen in Tübingen im
Nachhall der 1968er Jahre verbindet uns eine Leidenschaft für theoretische
Spekulation und systemtheoretisches Grenzgängertum. Gunther Teubner
hatte und hat darüber hinaus die Kraft, dies mit juristischer Disziplin und
rechtsdogmatischer Stringenz zu verknüpfen und daraus einen fulminanten
Entwurf der Grundlinien eines globalen Rechts zu entwickeln. Dem Ent-
wurf möchte ich in dieser hommage nachspüren und die Paradoxien heraus-
arbeiten, die das Denken von Gunther Teubner so anspruchsvoll und anre-
gend machen.

I. Der Schwarze Ritter oder: Wer rettet das Recht


vor der Globalisierung?
Die anhaltende Globalisierungsdynamik drängt den Nationalstaat in die
Defensive und setzt seine Institutionen unter Veränderungsdruck. Nach
über zwei Jahrzehnten Globalisierungsdebatte darf aber als Minimalkonsens
angesehen werden, dass dies weder das Ende des Staates bedeutet, wie etwa
Ohmae oder Guéhenno etwas zu werbewirksam formuliert haben (Gué-
henno 1995; Ohmae 1995), noch dass dies für den Nationalstaat einfach
„business as usual“ bedeutet kann. Das fundamentale Spannungsfeld, das
Globalisierungsprozesse aufbauen und in welchem sich die neuen Steue-
888 Helmut Willke

rungsformen globaler Governanz zu beweisen haben, lässt sich durch zwei


Konfliktdimensionen bezeichnen: Zum einen die vielschichtige Auseinan-
dersetzung zwischen den Gewinnern und den Verlierern der Globalisie-
rung, sowie zum anderen die vielschichtigen Konstellationen des Zusam-
menspiels von Nationalstaaten und globalen Kontexten.
Dabei gerät vor allem das klassische Recht des Nationalstaates unter
Druck. Dieses Recht ist in der Tradition des demokratischen Rechtstaates
dadurch gekennzeichnet, dass es als Zweitcodierung politisch organisierter
Macht seine Legitimität aus dem zugrunde liegenden Prozess demokrati-
scher Willensbildung bezieht. Nimmt man hinzu, dass – in einer system-
theoretischen Sichtweise – die Politik einer nationalstaatlich organisierten
Gesellschaft die Funktion hat, kollektiv verbindliche Entscheidungen zu
treffen (Luhmann 2000), dann wird deutlich, dass das Recht gleich in meh-
reren Hinsichten den Boden unter den Füssen verliert:
x Das „Kollektiv“, für das kollektiv verbindliche Entscheidungen zu treffen
sind, löst sich von den starren Grenzen nationalstaatlicher Territorialität
und verschwimmt zu komplexen Konstellationen transnationaler Zuge-
hörigkeit und Betroffenheit.
x Die durch Entscheidungen zu behandelnden Probleme lassen sich gerade
in besonders drastischen Fällen nicht mehr nationalstaatlich-territorial
begrenzen (Terror, Umwelt, Finanztransaktionen, Energieströme, Migra-
tionsströme, Pandemien, etc.). Transnationale Interdependenzen und Ri-
sikokontexte verlangen Regelungen, welche die Reichweite formal demo-
kratischer nationalstaatlicher Legislative überschreiten.
x Die vom Recht etablierten Erwartungsstrukturen sind primär normativ
ausgerichtet. Dies wird dann unzureichend, wenn die zu behandelnden
Problemfelder gar nicht auf normativ stilisierte Erwartungen reagieren,
sondern primär oder ausschließlich kognitiver Steuerung zugänglich sind.
Beispielsweise ist dies der Fall, wenn Problemkontexte durch internatio-
nalen Vergleich, „best practice“, Evaluierung, Ratingverfahren oder ähn-
liches nach Kriterien der Effizienz und Effektivität optimiert oder gesteu-
ert werden sollen.
x Die Ausbildung globaler Funktionssysteme – wie etwa das globale Fi-
nanzsystem, Handelssystem, Wirtschaftssystem, Mediensystem, Wissen-
schaftssystem, Sportsystem, Gesundheitssystem – konfrontiert die Na-
tionalstaaten mit einem entterritorialisierten Netz globaler Relevanzen
und funktional spezialisierter Kompetenzen. Das Recht der Nationalstaa-
ten erreicht diese lateralen Weltsysteme weder mit formalen noch mit in-
haltlichen Kompetenzen.
Das Recht steht diesen Entwicklungen nicht völlig hilflos gegenüber, denn
es hat im Völkerrecht, im internationalen Privatrecht oder in der rechtlichen
Absicherung internationaler Verträge über Jahrhunderte Erfahrungen mit
Das Recht der Weltgesellschaft 889

der Verbindung von nationalem Recht und internationalen Problemstellun-


gen angesammelt. Der entscheidende Punkt der gegenwärtigen Transforma-
tion des Rechts kommt erst zum Vorschein, wenn deutlich wird, dass es im
Weltrecht um eine neue Ebene des Rechts in einem erweiterten Mehr-Ebe-
nen-System geht. Das klassische Recht ist auf der Ebene der Nationalstaa-
ten angesiedelt und es sind die nationalen Rechtssysteme, welche auch noch
die internationalen Regeln in geltendes Recht umsetzen. Dem gegenüber
konstituiert sich das Weltrecht auf der Ebene globaler Funktionssysteme
und es regiert im Ernstfall ohne Rücksicht auf nationales Recht in alle Ebe-
nen eines globalen Kontextes hinein.
Beispielsweise drohte im Februar 2008 der Präsident der FIFA , Sepp
Blattner, den spanischen Fußballklubs den Ausschluss aus allen internatio-
nalen Wettbewerben an, gerade weil diese sich nationalen Rechtsbestim-
mungen unterworfen hatten, welche der FIFA missfielen. Die Frage ist, ob
sich hier ein lex sportiva internationalis als Teil eines „global law without a
state“ (Teubner 1997b) – oder sogar gegen den Nationalstaat – ankündigt.
Ähnliche Entwicklungen lassen sich im lex mercatoria oder in den Regel-
werken der WTO , der ILO , der WHO oder der BIZ erkennen.
An diesem Punkt wagt Gunther Teubner zwei kühne und für einen Juristen
bemerkenswerte Hypothesen: Er distanziert sich vom juristischen Dogma
der „Einheit des Rechts“ und sieht statt dessen, dass sich das Recht unter
dem Druck der Globalisierung grundlegend wandelt und nur im Rahmen
einer „theory of legal pluralism“ (Teubner 1997a: 4) erklärt werden kann.
Das Recht sollte daher „focus its attention on a new body of law that emer-
ges from various globalization processes in multiple sectors of civil society
independently of the laws of the nation-states“ (Teubner 1997a: 4). Und
zweitens erhebt er dieses sich neu konstituierende Recht vom “outlaw” zum
Status eines rechtmäßigen Mitglieds der Rechtsfamilie, die dann allerdings
als heterogenes Gebilde nicht mehr nur auf die eine Rechtsquelle des forma-
len staatlichen Rechts begrenzt ist: „The emerging global (not inter-natio-
nal!) law is a legal order in its own right which should not be measured
against the standards of national legal systems“ (Teubner 1997a: 4).
Damit sind die beiden Kernelemente der Transformation des Rechts an-
gesprochen, die das Gesicht einer sich bildenden Weltgesellschaft formen
werden, die aber zugleich Rückwirkungen auf das Recht der Nationalstaa-
ten haben, die noch wenig begriffen und in ihrer Bedeutung für eine kom-
plementäre Transformation der Demokratie reflektiert sind. Zum einen ex-
pandiert die Rechtsbildung aus dem traditionellen Territorium der Politik in
die Weite der Zivilgesellschaft. Zum anderen diffundieren die pluralen Re-
gelsysteme, die sich in den gesellschaftlichen Funktionssystemen ausbilden,
zurück in das herkömmliche Rechtssystem und setzen dort einen Pluralisie-
rungsprozess in Gang, dem gegenüber die klassische Idee der Ordnungsbil-
dung einen schweren Stand hat. In den folgenden Abschnitten sollen diese
890 Helmut Willke

beiden Bewegungen näher betrachtet und auf einige ihrer Bedingungen hin
analysiert werden.
(1) In der gesellschaftsgeschichtlichen Konstellation einer nationalstaat-
lich organisierten modernen Gesellschaft findet sich die Politik und ihr
Rechtssystem in einer singulären und paradoxen Situation: Als Teile einer
funktional differenzierten Gesellschaft sind sie gegenüber allen anderen
Funktionssystemen gleichwertiger und interdependenter Bestandteil einer
heterarchischen Ordnung. Zugleich aber ist die Politik durch ihre spezifi-
sche gesellschaftliche Funktion – die Herstellung kollektiv verbindlicher
Entscheidungen – mit der singulären Aufgabe betraut, für das Ganze ver-
bindlich zu entscheiden. Als einziges Funktionssystem übt sie eine Kompe-
tenzkompetenz aus, weist also die anderen Funktionssysteme in die von der
Politik selbst definierten Schranken. Dies gibt dem innerhalb der Politik aus-
differenzierten Rechtssystem eine komplementär heraus gehobene Rolle,
allgemein verbindliche Regeln zu definieren, also für das Ganze der Gesell-
schaft zu sprechen.
Diese in die moderne, demokratische, nationalstaatlich organisierte Ge-
sellschaft eingebaute Anomalie wird in der Praxis durch Selbstbindung
überspielt, also durch die komplementären Mechanismen des „political re-
straint“ und des „judicial restraint“. Tatsächlich aber gibt es keine wirklich
unumstößlichen inhärenten Grenzen der Politik, so dass diese mühsam mit
den indirekten Mitteln der Selbstbindung und Reflexion errichtet werden
müssen. Theoretisch ausgedrückt: Das Recht ist gezwungen, sich über seine
Kontingenzformel „Gerechtigkeit“ (Luhmann 1993: 225 f.) vor sich selbst
zu schützen und über „Responsivität“ (Teubner 1983) sich gesellschaftlich
in eine interdependente Ordnung einzupassen.
Mit einer ernster werdenden Globalisierungsdynamik ändert sich diese
Konstellation grundlegend. Das vielleicht wichtigste Moment ist die Ausbil-
dung lateraler Weltsysteme (ausführlich dazu Willke 2001: Kapitel 3.3).
Dies meint, dass die großen Funktionssysteme moderner nationalstaatlich
organisierter Gesellschaften, (insbesondere Ökonomie, Finanzen, Wissen-
schaft, Massenmedien, Erziehung, Gesundheit etc.) aus den territorialen
Bindungen des Nationalstaates ausbrechen und sich zu globalen Kontex-
ten vernetzen. Ihre jeweilige Eigendynamik und Selbstreferenz prägen ihre
Operationsweise nachhaltiger als die (bisherige) Anbindung an die „Mut-
tergesellschaften“. Sie orientieren sich weg von den Rücksichten auf ihre
Muttersysteme und hin zu einer zyklopischen Einäugigkeit operativ ge-
schlossener Optimierung ihrer je eigenen Logik. Die Folgen sind globale
Konkurrenz, Outsourcing, De-Industrialisierung der Ersten Welt, Deregu-
lierung, Privatisierung und insgesamt eine klare Schwächung der Steue-
rungsfähigkeit staatlicher Akteure und Instanzen. Die Logik der lateralen
Weltsysteme ist paradigmatisch verkörpert in der Operationsform der je-
weiligen Kommunikationsmedien der Funktionssysteme – Geld für die
Das Recht der Weltgesellschaft 891

Ökonomie, Kapital für das Finanzsystem, Wissen für das Wissenssystem,


Kompetenzen für das Erziehungssystem, Macht für die Politik etc. Ent-
scheidend ist nun, dass die Kommunikationsmedien als Steigerungsformen
der Sprache Symbolsysteme darstellen. Als Symbolsysteme formen sie
symbolisch konstituierte Ordnungen – die Ordnung des Geldes, die Ord-
nung des Wissens, die Ordnung der Kompetenzen etc. –, die sich nicht
mehr ohne weiteres den Ordnungsmodellen der Politik fügen.
Aus der Sicht nationalstaatlich geprägter Vorstellungen von Politik und
Recht entziehen sich also die gesellschaftlichen Funktionssysteme dem Ein-
flussbereich und der Steuerungskompetenz der (nationalstaatlichen) Politik,
indem sie aus den engen Grenzen der Nationalgesellschaften hinaus ins
Globale expandieren. Unterwegs ändern sie ihre Relevanzkriterien von der
Rücksichtnahme auf nationalstaatliche Gegebenheiten auf die Beachtung
der Bedingungen globaler Chancen und Risiken. Beispielhaft ist dies an
Standortentscheidungen globaler Firmen ablesbar oder an den Präferenzen
eines global „vagabundierenden“ Finanzkapitals.
Aber diese Betrachtung ist nur die eine Seite. Die andere Seite spricht
Gunther Teubner als „legal pluralism“ an. In einer soziologischen Sicht
steckt dahinter die Ausbildung eigener und eigenständiger Steuerungskom-
petenzen der lateralen Weltsysteme. Sie übernehmen also für ihren jewei-
ligen Bereich Steuerungs- und Regulierungsaufgaben und machen sich
darin von den nationalen Rechtssystemen unabhängig. Daran ist wenig
verwunderlich, denn sie sind zu dieser Entwicklungsrichtung geradezu ge-
zwungen, weil es auf globaler Ebene eine entsprechende Rechtsform
schlicht nicht gibt. Darüber hinaus lässt sich diese Entwicklung aber unter
steuerungstheoretischer Perspektive als angemessen bezeichnen, weil die
lateralen Weltsysteme mit den Bordmitteln der Selbstorganisation ihre
Steuerungskompetenz ausbilden und so zu einer dezentralen, verteilten,
pluralen Selbststeuerung der Gesamtheit der lateralen Weltsysteme beitra-
gen. Dass in dieser komplexen Architektur nationaler, transnationaler und
globaler Referenzen die einfache Ordnung des nationalstaatlichen Rechts
auf der Strecke bleibt, muss daher nicht notwendigerweise ein Nachteil
sein.
Die Politik der modernen Gesellschaft hat sich selbst in eine tiefe Verwir-
rung dadurch gestürzt, dass sie in ihrer primären Aufgabe der Ordnungsbil-
dung so erfolgreich war, dass sie mit dem nun durch die Emergenz lateraler
Weltsysteme herauf beschworenen Problem der Unordnung nicht umzuge-
hen weiß. Die Grundfrage der Soziologie – Wie ist soziale Ordnung mög-
lich? – hat Thomas Hobbes für die Gesellschaft der frühen Moderne mit der
Metapher des Leviathan beantwortet. Auf dem Hintergrund der religiösen
Bürgerkriege und der Selbstzerstörung der alten Ordnung lag es nahe, nach
einem neuen Ordnungsprinzip für eine Gesellschaft zu suchen, die zwar
noch nicht so weit war, die Religion als primäre Ordnungsform zu überwin-
892 Helmut Willke

den, die aber aus dem Dilemma der Unentscheidbarkeit unterschiedlicher


Religionen den Schluss ziehen musste, dass sie nun auf andere Weise mit ih-
rer eigenen Diversität umgehen sollte. Die Entzauberung der Religion durch
Diversität brachte Hobbes nicht auf die Idee, nach Formen der Erhaltung
und Aufhebung von Diversität zu suchen. Vielmehr scheint der Eindruck
der Bedrohung von Ordnung als solcher durch Diversität so überwältigend
gewesen zu sein, dass das Hobbesche Ordnungsprinzip wiederum nur Ein-
heit sein konnte, die Übertragung aller Einzelwillen auf die absolute Regie-
rungsgewalt des Leviathan: e pluribus unum. Dieser Ausgangspunkt zeigt,
wie weit der Weg noch sein würde bis zu einer Gesellschaft, die in der Lage
wäre, der Hypothese von „Kontingenz als Eigenwert“ ihrer selbst (Luh-
mann 1992: 93 ff.) oder der analogen Hypothese einer pluralen Rechtsord-
nung ins Auge zu sehen.
Auf diesem Hintergrund lässt sich heute sehen, dass unter Bedingungen
gesellschaftlicher Hyperkomplexität das Ordnungsproblem nicht mehr
durch Einheit oder Konsistenz zu lösen ist, sondern nur noch mit „hoher
Inkonsistenzbewältigung“ (Luhmann 1992: 115), also mit strukturellen Ar-
rangements und Prozessformen für die Bewältigung hoher Inkonsistenz.
Für die UNO überrascht das niemanden mehr. Die Europäische Union
stellt sich angesichts vieler unterschiedlicher Aufnahmekandidaten gerade
von der Idee der Einheit auf ein Modell der Diversität um und muss darauf
hin Verfahren und Institutionen für den Umgang mit Varietät und Inkon-
sistenz entwickeln. Für die Ebene nationalstaatlich organisierter Gesell-
schaften dagegen scheint es erhebliche Schwierigkeiten zu machen, sich
von einer Ordnung durch Einheit auf eine Ordnung durch Diversität um-
zustellen.
Mit der Säkularisierung der Gesellschaften übernehmen politische
Herrschaft und bestimmte Handlungsformen der Politik diese Sicherung
einer Ordnung der kontingenten Ordnungsmodelle der Subjekte. Mit der
Positivierung des Rechts wird daraus die politische Regierung einer Ge-
sellschaft. Die Regierung hat nicht für Ordnung zu sorgen, das müssen
die Bürger schon selbst tun. Aber sie hat eine Ordnung dieser kontingen-
ten und divergierenden Ordnungen hervor zu bringen und dazu Regeln
der Kontingenzkontrolle und der Konfliktbewältigung durchzusetzen.
Die Hauptlinien von „Regieren“ als reflexiver Ordnungsbildung der Po-
litik verschieben sich im Laufe der Gesellschaftsgeschichte der Moderne
von Problemen der Machtkontrolle (Nationalstaat) zu Problemen der Ar-
mutskontrolle (Sozialstaat) bis sich heute ein Problem in den Vorder-
grund schiebt, das als gesellschaftlicher Umgang mit Nichtwissen be-
zeichnet werden kann (Willke 1996: 211 ff). Immer aber geht es darum,
unter Bedingungen hoher Kontingenz eine Ordnung von Diversität zu
stabilisieren, die auf Einschränkung und Selbstbindung gründet (etwa
Einschränkung von Mächtigen, Selbstbindung von Eigentümern, Tolerie-
Das Recht der Weltgesellschaft 893

ren von Ignoranten), und die deshalb unwahrscheinlich ist. Die Unwahr-
scheinlichkeit gelingender Ordnung und funktionierender Regierung
bleibt damit Merkmal einer Gesellschaft, die nicht hoffen kann, je eines
dieser Grundprobleme „wirklich“ lösen zu können.
(2) Dies führt uns zu dem zweiten Aspekt der von Gunther Teubner
entwickelten Idee einer „globalen Bukowina“ (Teubner 1997a), in welcher
das Zentrum der Rechtsentwicklung nicht in den Aktivitäten des Staates
liegt, sondern in den autonomen Rechtsbildungsprozessen der Gesellschaft
selbst. Allerdings ist die Lage komplizierter als noch bei Eugen Ehrlich, weil
nicht mehr klar ist, was nun unter „Gesellschaft“ zu verstehen ist und wie
der Referenzrahmen für Gesellschaft zu konstruieren ist. Bevor wir auf
diese Frage im nächsten Abschnitt im Detail eingehen, geht es hier zunächst
um den Aspekt der Rückwirkungen globaler Regelbildungen auf die natio-
nalstaatlichen Rechtssysteme.
Dieser Aspekt ist praktisch ebenso relevant wie theoretisch intrikat.
Denn die Praxis der nationalen Rechtssysteme sieht sich der Herausforde-
rung einer Mehr-Ebenen-Politik globalen Ausmaßes ausgesetzt, die mit den
Stichworten „Policy-Netzwerke“ (Benner, Reinicke und Witte 2002; Ben-
ner, Reinicke und Witte 2004), „global public policy“ (Reinicke 1998), „pri-
vate authority“ (Cutler, Haufler und Porter 1999) oder „global legal system“
(Slaughter 2004: 65 ff.) gekennzeichnet ist. Diesen Teil möchte ich hier zu-
gunsten einiger Überlegungen zu theoretischen Implikationen vernachläs-
sigen.
Aus theoretischer Sicht ist brisant, dass die Autopoiese der nationalen
Rechtssysteme mit neuen Kopplungen rechnen muss, diesmal nicht an
rechtlich relevante Entwicklungen der ‚eigenen‘ Gesellschaft, sondern an
die Regelbildungsprozesse globaler Funktionssystembildung. Die Frage ist,
um welche Art der Kopplung es sich dabei handeln könnte. Luhmann
spricht von struktureller Kopplung, zum einen weil er operative Kopplun-
gen zwischen unterschiedlichen Systemen ausschließt, zum anderen weil
ein operativ geschlossenes System strukturelle Vorkehrungen dafür treffen
muss, um sich von seiner Umwelt irritieren zu lassen: „Es gibt keinen
Transport von Informationen aus der Umwelt in das System. Das System
reagiert nur auf eigene Zustände, dies allerdings mit einer intern benutzten
Unterscheidung von System und Umwelt, also mit einer Bifurkation kau-
saler Zurechnungen. Die Frage ist dann, welche strukturellen Vorkehrungen
die Irritabilität des Systems steigern bzw. abschwächen, wobei auch Irrita-
bilität immer als ein strukturabhängiger Eigenzustand des Systems zu be-
greifen ist“ (Luhmann 1993: 555). Tatsächlich schafft das Rechtssystem etwa
in seinen Kollisionsnormen, aber auch in seinen unbestimmten Rechtsbe-
griffen, seinen Ermessensspielräumen oder seinen technischen und wissen-
schaftsbezogenen Klauseln solche strukturellen Bedingungen möglicher Ir-
ritation durch Fremdreferenz.
894 Helmut Willke

Fraglich ist allerdings, ob die Figur der strukturellen Kopplung ausreicht,


um die verwickelten Interferenzen heterogener Regelsysteme zu beschrei-
ben, in denen nun nicht mehr einfach gesellschaftliche Ereignisse als Irrita-
tionen des Rechtssystems eine kontinuierliche Rechtsfortbildung auslösen.
Vielmehr stehen sich nun nationale Rechtssysteme einerseits und laterale
Weltsysteme mit eigenständiger Steuerungskompetenz andererseits gegen-
über. Es geht nicht mehr um inkrementale Anpassung des Rechts an eine
laufende gesellschaftliche Evolution, sondern um die Konkurrenz und In-
terferenz fundamental unterschiedlicher Modi der Selbststeuerung, die sich
beispielsweise als Rationalitätenkollisionen oder Interregimekonflikte zei-
gen (Fischer-Lescano und Teubner 2006).
Im Hintergrund dieser Kollisionen spielen paradigmatische Umstellun-
gen der Bedingungen der Möglichkeit der Steuerung hyperkomplexer Sys-
teme. Sie können hier nur skizzenhaft angerissen werden, wobei die Gren-
zen der Steuerungsleistung des Rechts im Vordergrund stehen sollen.
Die einzigartige Steuerungsleistung des Rechts resultiert aus seiner Lern-
unwilligkeit. Als Funktionssystem der Gesellschaft leistet das Recht „die
Stabilisierung normativer Erwartungen durch Regulierung ihrer zeitlichen,
sachlichen und sozialen Generalisierung“ (Luhmann 1993: 131). Der sprin-
gende Punkte ist, dass es sich um normative, also kontrafaktisch stabilisierte
Erwartungen handelt, die sich erst in einem voraussetzungsvollen rekursi-
ven Prozess heraus bilden: „Ob eine Norm eine Rechtsnorm ist oder nicht,
kann man deshalb nur durch eine Beobachtung des rekursiven Netzwerkes
ihrer Erzeugung feststellen … Erst durch diese (im System wiederholte) Be-
nutzung der normativen Seite des Schemas normativ/kognitiv gewinnen
normative Erwartungen im Vergleich zu bloßen Projektionen, Vorhaben,
Kommunikationsversuchen eine gewisse Sicherheit“ (Luhmann 1993: 137 f.).
Es liegt auf der Hand, dass das Recht hier das Erbe alter Symbolsysteme
normativer Ordnungsbildung – Tradition, Magie, Religion, Moral – antritt,
die allesamt gegen die Variabilität des realen Lebens die Geltung einer rich-
tigen und irgendwie gerechten Ordnung prätendieren. „Lernen oder Nicht-
lernen – das ist der Unterschied“ (Luhmann 1976: 55). Die Kopplung an die
Politik und einen demokratischen Entscheidungsprozess hat dem Recht
moderner Gesellschaften eine singuläre Kompetenz der Gesellschaftssteue-
rung eingebracht, und es zum Kernstück der Institutionen der Moderne ge-
macht.
Diese Glanzzeit hat ihren Zenith überschritten, weil die doppelte Dyna-
mik der Weltgesellschaft und der Wissensgesellschaft Herausforderungen
stellt, denen das klassische Recht nicht mehr gewachsen ist. Mit den ersten
Regungen einer Wissensgesellschaft gerät die Ausgangs-Bifurkation des
Rechts in eine Schieflage: Gegenüber dem normativen Stil des Erwartens
setzt sich der kognitive Erwartungsstil deutlicher in Szene und setzt sich in
Funktionssystemen und Problemfeldern durch, die gegenüber der Lernun-
Das Recht der Weltgesellschaft 895

willigkeit des Rechts geradezu die Lernfähigkeit und Veränderungsdynamik


der Gesellschaft forcieren.
Bemerkenswert früh, nämlich bereits 1971, hat Luhmann diese Thematik
unter dem Titel „Weltgesellschaft“ angesprochen, dabei allerdings weniger
die Weltgesellschaft behandelt, als luzide Überlegungen zu genau dem Wech-
sel von einer normativen auf eine kognitiven Orientierung angestellt, welche
die am Horizont erahnbare Wissensgesellschaft ausmachen: „Achtet man
auf die Erwartungsstrukturen, die jene universell gewordenen Interaktions-
felder der Wissenschaft und der Technik, der Wirtschaft, der öffentlichen
Kommunikation von Neuigkeiten und des Reiseverkehrs orientieren, dann
fällt ein deutliches Vorherrschen kognitiver, adaptiver, lernbereiter Erwar-
tungen, auf, während normative, Moral prätendierende und vorschreibende
Erwartungen zurücktreten“ (Luhmann 1976: 55). Tatsächlich wagt Luh-
mann auf der Basis dieser Überlegungen zwei weit reichende Hypothesen,
die dann auch für die Arbeiten von Gunther Teubner zu einer Art unsicht-
barer Richtschnur geworden sind.
Die eine Hypothese postuliert einen „Führungswechsel“ von einer rechts-
gesteuerten zu einer wissensgesteuerten Gesellschaft, oder vorsichtiger aus-
gedrückt von einer normativen zu einer kognitiven Orientierung von Erwar-
tungen: „Faßt man auf Grund solcher Überlegungen den Mut zu spekulativen
Hypothesen, dann könnte unsere Feststellung, dass weltweite Interaktion
primär durch kognitives Erwarten strukturiert wird, im Sinne eines ‚Füh-
rungswechsels‘ zwischen beiden Erwartungstypen gedeutet und mit der Evo-
lutionstheorie verknüpft werden“ (Luhmann 1976: 63). Gunther Teubner hat
diese Idee sehr früh in der Entwicklung seines rechtstheoretischen Denkens
unter dem Stichwort des „reflexiven Rechts“ (Teubner 1982; Teubner und
Willke 1984) aufgegriffen und bis heute als Problem der Fragmentierung und
Hybridisierung des globalen Rechts verfolgt (Fischer-Lescano und Teubner
2006).
Luhmanns zweite Hypothese ist möglicherweise noch radikaler und be-
trifft die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Rechts, insbesondere die Gren-
zen seiner Steuerungskompetenz. Zunächst konzediert Luhmann dem
Recht eine „evolutionär unwahrscheinliche Hochleistung“ der Stabilisie-
rung hoher Kontingenz und Komplexität in sozialen Beziehungen, aller-
dings „in Abhängigkeit von regional konsolidierten politischen Mechanis-
men“. Dann folgt der überraschende Satz: „Es könnte sein, dass diese
eigentümliche Kombination von Recht und Politik gerade in ihrer besonde-
ren Leistungsfähigkeit eine Fehlspezialisierung der Menschheitsentwicklung
war, die sich, vorläufig jedenfalls, nicht auf das System der Weltgesellschaft
übertragen lässt“ (Luhmann 1976: 57). Wow! Genau das ist unser Thema.
Und wo bleibt nun der Schwarze Ritter? Er würde dringend gebraucht,
denn das (klassische) Recht steckt angesichts der doppelten Bedrohung
durch die Weltgesellschaft und die Wissensgesellschaft tief in der Bredouille.
896 Helmut Willke

Allerdings wissen wir, dass der Schwarze Ritter schon an König Arturs Ta-
felrunde eine eher undurchsichtige Rolle spielte und auch in seiner moder-
nen Version als „corporate raider“ eher auf eine feindliche Übernahme aus
ist, als dass er eine wirklich helfende Hand anbieten würde.

II. Weiße Elefanten oder: Weder Recht noch Weltgesellschaft


Das Recht der Weltgesellschaft ist ein besonders gelungenes Beispiel für
die Konstruktion einer Realität aus der Kombination zweier Virtualitäten.
„Das Recht der Weltgesellschaft“ oder „global law“ sind inzwischen etab-
lierte Topoi der globalisierungstheoretisch orientierten juristischen und po-
litikwissenschaftlichen Literatur, obwohl weder eine Weltgesellschaft fak-
tisch existiert noch ein Recht der Weltgesellschaft im klassischen Sinne.
Streng genommen müssten die Sozialwissenschaftler klarstellen, dass es
eine Weltgesellschaft in einem auch nur minimal anspruchsvollen Sinne von
Gesellschaft (noch) nicht gibt, und die beteiligten Juristen müssten darauf
beharren, dass unter Recht für den Fall moderner Gesellschaften die (kol-
lektiv verbindlichen) Entscheidungen einer demokratisch legitimierten Le-
gislative zu verstehen ist – woraus folgt, dass es ein globales Recht nicht
gibt, weil keine globale Legislative existiert.
Sicherlich wird sich die Debatte um das Recht der Weltgesellschaft auch
weiterhin nicht von solchen Bedenken aufhalten lassen. Dennoch könnte es
ertragreich sein, zunächst einmal die Virtualität ernst zu nehmen, um dann
eher sehen zu können, warum dennoch eine Art von Realität des globalen
Rechts im Entstehen begriffen ist.
Es war Niklas Luhmann, der mit einer rein nominalistischen Definition
von Gesellschaft – Gesellschaft als das Ensemble aller für einander erreich-
barer Kommunikationen – die auslösende Sünde beging und die Idee einer
realen Weltgesellschaft theoretisch untermauert hat: „Gesellschaft ist heute
eindeutig Weltgesellschaft, – eindeutig jedenfalls dann, wenn man den hier
vorgeschlagenen Begriff des Gesellschaftssystems zu Grunde legt“ (Luh-
mann 1984: 585). Die heute mögliche Gesellschaft ist für ihn zwingend
Weltgesellschaft, weil in der Tat Kommunikationen heute weltweit für ei-
nander erreichbar sind. Diese rein definitorische Lösung des Problems des
Begriffs der Weltgesellschaft erscheint aus mehreren Gründen als unzurei-
chend. Im Kern beschreibt Luhmanns Begriff „das Soziale“ insgesamt und
undifferenziert, nicht aber das Spezifische der Gesellschaft als Ordnungs-
form im Medium des Sozialen (ausführlich zur Kritik Willke 2000).
Von Weltgesellschaft lässt sich in einem soziologisch gehaltvollen Sinn
erst dann reden, wenn sie als Form von Gesellschaft begründet ist. Dazu
reicht weder aus, dass sie aus allen Kommunikationen oder allen Individuen
der Welt besteht – das wäre die Gesamtheit des Sozialen – noch dass sie über
Das Recht der Weltgesellschaft 897

globale Institutionen verfügt – das wäre eine Begründung für erfolgreiche


Globalisierungsprozesse – noch dass sie eine Realität jenseits der Realität
der Nationalstaaten darstellt – das wäre eine Begründung für transnationale
oder globale Kontexte.
Dem gegenüber gehe ich davon aus, dass Weltgesellschaft sich als spezi-
fische Organisierungsform des Sozialen erst dann formt, wenn ein kommu-
nikativ konstituierter Kontext die Fähigkeit der Selbststeuerung ausbildet.
Dies meint, dass die Weltgesellschaft in der Lage sein müsste, ihre Ord-
nungsform als Balance notwendiger Ordnung und möglicher Unordnung
selber zu bestimmen. Solange das, was in einem Diskurs als Weltgesellschaft
bezeichnet wird, auf allopoietischen Prämissen gründet, seien dies Indivi-
duen, Nationalstaaten, spezifische Institutionen der Modern, das Kapital
oder was immer, ist die Rede sicherlich zu Recht von einem sozialen Kon-
text, zu Unrecht aber von einer Gesellschaft.
Die soziologische Problematik von Weltgesellschaft und Globalität liegt
darin, dass die bislang nationalstaatlich verfassten Gesellschaften durch die
Herauslösung bestimmter Funktionssysteme – wie etwa Ökonomie, Fi-
nanzsystem, Wissenschaft oder Kunst – aus dem Kontext territorialer Ein-
bindung und gesellschaftlicher Selbststeuerung in ihren Fundamenten er-
schüttert werden, während neue Formen der Restabilisierung noch nicht
erkennbar sind. Insbesondere leistet der entstehende globale Kontext diese
Restabilisierung noch nicht, weil auch nicht ansatzweise Kapazitäten der glo-
balen Selbststeuerung institutionalisiert sind. Damit ist es nach der hier zu-
grunde gelegten Begrifflichkeit bislang zu voreilig, von einer Weltgesellschaft
zu sprechen. Was allerdings beobachtbar ist, ist die deutliche Herauslösung
lateraler Weltsysteme – etwa für Wirtschaft, Finanzen, Wissen, Medien, Kul-
tur, Sport etc. – aus den Begrenzungen der Nationalstaaten und mithin die
Konstituierung globaler Kontexte hochspezifischer Kommunikation, auch
wenn diese (noch) nicht die Qualität von „Gesellschaft“ erreichen.
Die historisch singuläre Koinzidenz von Gesellschaftlichkeit und Territo-
rialität zerbricht gegenwärtig in der „post-nationalen Konstellation“ (Ha-
bermas) einer vielschichtigen und keineswegs homogenen Auflösung natio-
nalgesellschaftlicher Prärogative der Selbststeuerung. Ohne hier ins Detail
gehen zu können, lässt sich doch festhalten, dass die etwas fruchtlose De-
batte zwischen den Verkündern eines Ende des Nationalstaates einerseits
(Guéhenno 1995; Held und McGrew 1998; Ohmae 1995) und den Verfech-
tern der tragenden Rolle der Nationalstaaten andererseits (Krasner 2001;
Weiss 1998) allmählich differenzierteren Analysen Raum gibt, die den Ver-
lust nationalstaatlicher Steuerungskompetenzen und -fähigkeiten auf spezi-
fische Faktoren der Ausbildung transnationaler Steuerungsregime für ganz
bestimmte Funktionssysteme zurückführen (Sassen 2002; Teubner 2002).
Jedenfalls fordern die sich bildenden lateralen Weltsystemen die territorial
gebundenen, nationalstaatlich konstituierten modernen Gesellschaften ge-
898 Helmut Willke

nau in der Kompetenz heraus, die sie zu Gesellschaften macht: in der Sou-
veränität ihrer Selbststeuerung.
Ein komplementäres Problem stellt sich beim Begriff des Weltrechts. Es ist
unstrittig, dass völlig unterschiedliche Rechtsquellen „Recht“ schaffen, und
dass die relevanten Rechtsquellen gesellschaftsgeschichtlich variieren. Ebenso
unstrittig dürfte allerdings sein, dass das moderne Recht demokratischer Ge-
sellschaften deutlich enger definiert ist als die kollektiv verbindlichen Ent-
scheidungen einer demokratisch legitimierten Legislative. Insofern ist heute
beispielsweise weder das chinesische noch das russische Recht ein modernes
Recht, weil dahinter keine plausible demokratische Legitimität steht. Zu-
gleich machen beide Beispiele deutlich, dass es dennoch zu „funktionieren-
den“ Regelsysteme kommen kann, die in den jeweiligen Gesellschaften die
Funktion kollektiv verbindlicher Entscheidungen übernehmen können.
Insofern ist die umstandslose Rede von globalem Recht eher irreführend
und problematisch. Ich sehe eine besondere Leistung des Denkens von
Gunther Teubner darin, anstelle einer solchen umstandslosen Rede eine rei-
che Konzeption der Ausbildung eines komplexen, hybriden „global law wit-
hout a state“ entwickelt zu haben. Darauf gehe ich im folgenden Abschnitt
näher ein. Zuvor ist zumindest in aller Knappheit anzudeuten, was es mit
den weißen Elefanten auf sich hat.
Die Idee eines globalen Rechts könnte in der Tat das Danaergeschenk der
Nationalstaaten an die lateralen Weltsysteme sein, mit welchem die Natio-
nalstaaten den Fluch einer überholten Form der Systemsteuerung an das
globale System weitergeben. Das Megaprojekt eines globalen Rechts könnte
aufgrund seiner schieren prima-facie-Plausibilität vergessen machen, dass
bereits die Nationalstaaten – auch die entwickelten – an die Grenzen einer
Steuerbarkeit durch Recht gestoßen sind. Diese Grenzen sind nicht einmal
historisch singulär, wie Max Weber beobachtet: „Der Zerfall des antiken
Römerreiches wurde teilweise geradezu durch die Bürokratisierung seines
Armee- und Beamtenapparates mitbedingt“ während auf der anderen Seite
„zwei der expansivsten politischen Gebilde: das Römerreich und das engli-
sche Weltreich (…) gerade in ihrer expansiven Periode nur zum kleinen Teil
auf bürokratischer Grundlage (beruhten)“ (Weber 1972: 559 f.). Auch welt-
geschichtlich gibt es demnach durchaus Wechsel zwischen primär normati-
ver und primär nicht-normativer Orientierung des politisch-administrativen
Handelns. Nimmt man hinzu, dass insbesondere im lex mercatoria, in dem
Streitschlichtungsverfahren der WTO oder in den Supervisory Review Pro-
cesses von Basel II hoch elaborierte kognitive Entscheidungsregeln und For-
men des cognitive governance (Willke 2006) erfolgreich etabliert sind, dann
könnte einen doch der Verdacht beschleichen, dass die Idee eines Rechts der
Weltgesellschaft als das Geschenk eines weißen Elefanten von traditionell
expansiv denkenden Rechtswissenschaftlern an die Institutionen von globa-
ler Governanz verstanden werden könnte.
Das Recht der Weltgesellschaft 899

III. Gunther Teubner oder: Wie man Soziologie und


Jurisprudenz kunstvoll verstrickt
Den eigentlichen und vermutlich einzigen Nutzen von Interdisziplinarität
sehe ich darin, den Bereich der Konfusion der beteiligten Disziplinen so zu
forcieren, dass die Fragen möglich werden, die im Normalbetrieb der Ein-
zelwissenschaften unter den Tisch fallen. Gunther Teubner hat zu dieser
produktiven Konfusion vielfältig beigetragen, vom „reflexiven Recht“ über
das Konzept der „Responsivität des Rechts“ bis zur These der notwendigen
Heterogenität des Rechts in einer polyzentrischen Weltgesellschaft (Fischer-
Lescano und Teubner 2006: 10 ff.). Auf die Spitze getrieben hat er es gegen-
über den Normaljuristen mit der Theorie eines „autopoietischen Rechts“
(Teubner 1989), also eines Rechts, das sich selbst konstituiert, sich selbst
legitimiert und seine Regulierungsleistung gegenüber der Gesellschaft da-
durch ausübt, dass es sich selbst reguliert (Teubner 1989: 82).
Für die Soziologie ist das Ärgernis weitaus größer und die Konsternie-
rung tiefgründiger. Wenn schon das reguläre Denken traurig macht, wie
George Steiner überzeugend ausführt (Steiner 2006), dann macht das sys-
temtheoretische Denken den Normalsoziologen todtraurig und erzeugt
nicht selten eine perplexe Mischung von Melancholie und Aggression. Einer
der Gründe dürfte darin liegen, dass die Systemtheorie Soziologen, die es
sich mehr oder weniger gemütlich in ihrer Gesellschaft eingerichtet haben,
damit konfrontiert, dass sie gar nicht dazu gehören, dass sie als Menschen
uneinholbar von der Gesellschaft getrennt sind und nur als Personen zuge-
lassen sind – dies allerdings nicht zu ihren Bedingungen, sondern zu den Be-
dingungen der Gesellschaft.
Gunther Teubner trägt die Bürde einer Interdisziplinarität gelassen, die in
erster Linie auf beiden Seiten Erwartungen enttäuscht und daher Erwar-
tungsenttäuschungsmanagement betreiben muss, um überhaupt gehört zu
werden. Aber ist es nicht genau diese Fähigkeit, die einen Juristen auszeich-
net, der sich das Recht einer Weltgesellschaft vorstellen kann, welches nicht
nur Juristen und Soziologen gleichermaßen zumutbar ist, sondern vor allem
einer Gesellschaft, die über sich selbst hinaus ins Globale gewachsen ist?

Literatur:
Benner, Thorsten, Wolfgang Reinicke, und Jan Witte (2002): „Shaping globalization. The
role of global public policy networks.“ in Carl-Bertelsmann Award: Cooperation – Re-
sponsibility – Transparency, edited by Bertelsmann Foundation. Gütersloh: Bertels-
mann.
–, (2004): „Multisectoral networks in global governance: towards a pluralistic system of
accountability.“ Government and Opposition 39:191–210.
Cutler, Claire, Virginia Haufler, und Tony Porter (Eds.) (1999): Private authority and inter-
national affairs. New York: State University of New York Press.
900 Helmut Willke

Fischer-Lescano, Andreas, und Gunther Teubner (2006): Regime-Kollisionen. Zur Fragmen-


tierung des globalen Rechts. Frankfurt: Suhrkamp.
Guéhenno, Jean-Marie (1995): The end of the nation-state. Minneapolis, London: Univer-
sity of Minnesota Press.
Held, David, und Anthony McGrew (1998): „The end of the old order? Globalization and
the prospects for world order.“ Review of international studies 24:219–243.
Krasner, Stephen (2001): „Globalization, power, and authority.“ www.pro.harvard.edu/
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Luhmann, Niklas (1976): „Die Weltgesellschaft.“ Pp. 51–71 in Soziologische Aufklärung 2.
Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft, edited by Niklas Luhmann. Opladen: Westdeut-
scher Verlag.
–, (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt: Suhrkamp.
–, (1992): Beobachtungen der Moderne. Opladen: Westd. Verlag.
–, (1993): Das Recht der Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.
–, (2000): Die Politik der Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.
Ohmae, Kenichi (1995): The end of the nation state: the rise of regional economies. New
York: Free Press.
Reinicke, Wolfgang (1998): Global public policy. Governing without government? Washing-
ton D.C.: Brookings Institution Press.
Sassen, Saskia (2002): „The state and globalization.“ Pp. 91–112 in The emergence of private
authority in global governance, edited by Rodney Hall and Thomas Biersteker. Cam-
bridge: Cambridge University Press.
Slaughter, Anne-Marie (2004): A new world order. Princeton and Oxford: Princeton Uni-
versity Press.
Steiner, George (2006): Warum Denken traurig macht. Zehn (mögliche) Gründe. Mit einem
Nachwort von Durs Grünbein. Frankfurt: Suhrkamp.
Teubner, Gunther (1982): „Reflexives Recht.“ in Archiv für Rechts- und Sozialphiloso-
phie 69, 13–59.
–, (1983): „Substantive and reflexive elements in modern law.“ Law and Society Review 17,
239–285.
–, (1989): Recht als autopoietisches System. Frankfurt: Suhrkamp.
–, (1997a): „„Global Bukowina“: Legal pluralism in the world society.“ Pp. 3–30 in Global
law without a State, edited by Gunther Teubner. Aldershot u. a.: Dartmouth.
– (Ed.), (1997b): Global law without a state. Aldershot u. a.: Artmouth.
–, (2002): „Hybrid law: Constitutionalizing private governance networks.“ Pp. 311–331 in
Legality and Community. On the Intellectual Legacy of Philip Selznick., edited by Ro-
bert Kagan and Kenneth Winston. Berkeley: Berkeley Public Policy Press.
Teubner, Gunther, und Helmut Willke (1984): „Kontext und Autonomie: Gesellschaftliche
Selbststeuerung durch reflexives Recht.“ Zeitschrift für Rechtssoziologie:4–35.
Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl. Tübingen: Mohr.
Weiss, Linda (1998): The myth of the powerless state. Ithaca, New York: Cornell UP.
Willke, Helmut (1996): Ironie des Staates. Grundlinien einer Theorie des Staates polyzen-
trischer Gesellschaft. (Neuausgabe als stw-Band 1221). Frankfurt: Suhrkamp.
–, (2000): „Die Gesellschaft der Systemtheorie.“ Ethik und Sozialwissenschaft. Zeitschrift
für Erwägungskultur 11:195–209.
–, (2001): Atopia. Studien zur atopischen Gesellschaft. Frankfurt: Suhrkamp.
–, (2006): „The autonomy of the financial system: Symbolic coupling and the language of
capital.“ in Towards a cognitive mode in global Finance. Perspectives on the Governance
in the knowledge-based economy edited by Torsten Strulik und Helmut Willke. Frank-
furt, New York: Campus.
Autorinnen- und Autorenverzeichnis

Andreas Abegg, Dr. iur., LL. M. (Frankfurt am Main), Privatdozent,


Rechtsanwalt, Zürich
Christa Allert, dipl. soz., Freiberufliche Soziologin, Frankfurt am Main
Tilman Allert, Dr., Universitätsprofessor für Soziologie und Sozial-
psychologie an der Universität Frankfurt am Main
Marc Amstutz, Dr. iur., LL. M. (Harvard), Universitätsprofessor an der
Universität Freiburg i.Ue., Schweiz
Dirk Baecker, Dr. rer. soc., Soziologe, Universitätsprofessor für Kultur-
theorie und Kulturanalyse an der Zeppelin University in Friedrichshafen
am Bodensee
Mario Barcellona, Universitätsprofessor für Bürgerliches Recht an der
Juristischen Fakultät der Università di Catania
Dietrich Claus Becker, Dr. iur., M. ur. (Oxford); Richter am Amtsge-
richt Frankfurt am Main; derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bun-
desverfassungsgericht (Dezernat des Vizepräsidenten Prof. Dr. Andreas
Voßkuhle)
Anna Beckers, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschafts-
recht der Universität Frankfurt, Referendarin am Landgericht Frankfurt
Paul Schiff Berman, Dean and Foundation Professor of Law, Sandra
Day O’Connor College of Law, Arizona State University, USA
Michael Blecher, Dr. iur. European University Institute, Florence; Senior
Legal Counsel and Team Leader in International Legal Cooperation Pro-
jects of various donour organizations (German Technical Cooperation,
EU, World Bank)
Armin von Bogdandy, Dr. iur., Direktor am Max-Planck-Institut für aus-
ländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, Universitäts-
professor an den Universitäten Heidelberg und Frankfurt, Präsident des
OECD Kernenergiegerichts, Mitglied des wissenschaftlichen Rates der
europäischen Grundrechteagentur
Lasha Bregvadze, M.A., LL. M., Direktor am Institut für Staat und Recht
der Akademie der Wissenschaften Georgiens, Assistenzprofessor an der
Juristischen Fakultät der Staatlichen Universität Tbilissi, Georgien
Gert Brüggemeier, Dr. iur.; Universitätsprofessor für Bürgerliches
Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung am Fach-
bereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen
Hauke Brunkhorst, Dr., Universitätsprofessor für Soziologie an der
Universität Flensburg
902 Autorinnen- und Autorenverzeichnis

Sonja Buckel, Dr. phil., Leitung des DFG-Projektes „Die Transnationa-


lisierung des Staates im Prozess der Herausbildung einer gemeinsamen
europäischen Migrationskontrollpolitik“, Institut für Sozialforschung,
Frankfurt am Main, ZERP-Fellow, Gründungsmitglied der Assoziation
für kritische Gesellschaftsforschung
Gralf-Peter Calliess, Dr. iur., Universitätsprofessor für Bürgerliches
Recht, internationales und vergleichendes Wirtschaftsrecht, Rechtstheo-
rie an der Universität Bremen, Projektleiter A4 „Rechtssicherheit in
globalen Austauschprozessen“ am Sonderforschungsbereich 597 „Staat-
lichkeit im Wandel“, geschäftsführender Vorstand der Vereinigung für
Rechtssoziologie
Jean Clam, Dr. phil., HdR Soc., DEA Psychopatho., Qualif. Professor,
Forscher am Centre National de la Recherche Scientifique, CERSES
(Centre de recherche Sens, Ethique, Société) Université René Descartes,
Paris
Hugh Collins, FBA, Professor of English Law, Head of the Department
of Law, London School of Economics, UK
Sergio Dellavalle, Dr. phil., Universitätsprofessor für Staatstheorie an
der Juristischen Fakultät der Universität Turin, Italien, Wissenschaft-
licher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches
Recht und Völkerrecht, Heidelberg
Alberto Febbrajo, Ordentlicher Professor für Rechtsanthropologie und
Rechtssoziologie an der Universität Macerata, Italien
Andreas Fischer-Lescano, Dr. iur., LL. M. (Firenze), Universitätspro-
fessor für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht, Zentrum für
Europäische Rechtspolitik, Universität Bremen
Oliver Gerstenberg, Dr. iur., Leeds University, UK
Carlos Gómez-Jara Díez, Dr. iur., Associate Professor of Law. Univer-
sidad Autónoma de Madrid (Spain). Criminal defense Attorney. Member
of the American Bar Association. Criminal Justice Section. White-Collar
Crime Committee and of the European Criminal Bar Association.
Christoph Beat Graber, PhD, Professor of Law, University of Lucerne,
Switzerland, Head of icall (International Communications and Art Law
Lucerne) research centre and Director of Lucernaiuris – Institute for the
Fundaments of Law at the University of Lucerne; member of the Swiss
Federal Arbitration Commission for the Exploitation of Author’s Rights
and Neighbouring Rights.
Malte-Christian Gruber, Dr. iur., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Wirtschaftsrecht der Universität Frankfurt am Main
Cordula Heldt, Rechtsanwältin und Referentin beim Deutschen Aktien-
institut e. V., Frankfurt am Main
Isabell Hensel, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Rechts-
wissenschaft der Universität Bremen und am Sonderforschungsbereich
Autorinnen- und Autorenverzeichnis 903

597 „Staatlichkeit im Wandel“, Teilprojekt A1; Doktorandin am Zentrum


für Europäische Rechtspolitik.
Martin Herberg, Dr. rer. pol., Soziologe mit den Schwerpunkten Um-
welt-, Organisations- und Rechtssoziologie, wissenschaftlicher Mitarbei-
ter am Sonderforschungsbereich 597 „Staatlichkeit im Wandel“ an der
Universität Bremen
Christine Hohmann-Dennhardt, Dr. iur., Richterin des Bundesverfas-
sungsgerichts, Karlsruhe
Christian Joerges, Dr. iur., Forschungsprofessor der Universität Bremen
(Sonderforschungsbereich 597 Transformationen des Staates und Zen-
trum für Europäische Rechtspolitik)
Vaios Karavas, Dr. iur., LL. M., Lehrbeauftragter und Assistent an der
Universität Freiburg, Schweiz
Fatima Kastner, Dr. phil., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger
Institut für Sozialforschung, Forschungsprojekt „Recht und gesellschaft
jenseits nationalstaatlicher Souveränität“; Lehrbeauftragte an der Fakultät
für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg
Rainer Maria Kiesow, Dr. iur., Privatdozent, École des Hautes Études en
Sciences Sociales, Paris, France, Fachbereich Rechtswissenschaft der Uni-
versität Frankfurt am Main, Max-Planck-Institut für europäische Rechts-
geschichte, Frankfurt am Main
Poul F. Kjaer, PhD (Law), European University Institute, Florence, BA
and MSc in Political Science, University of Aarhus, Denmark, Research
Fellow at the Cluster of Excellence „The Formation of Normative Or-
ders“, Universität Frankfurt am Main
Peter Korth, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Prof. Dr. Dr.
h. c. mult. Gunther Teubner, Fachbereich Rechtswissenschaft, Institut für
Arbeits-, Wirtschafts- und Zivilrecht, Universität Frankfurt am Main
Martti Koskenniemi, Dr. iur., Academy Professor University of Hel-
sinki, Finland, Goodhart Professor of Legal Science (2008–2009), Uni-
versity of Cambridge, UK
Karl-Heinz Ladeur, Dr. iur., em. Professor für Öffentliches Recht an der
Universität Hamburg, distinguished Bremen Professor an der Bremen In-
ternational Graduate School of Social Sciences; External Professor am
Europäischen Hochschulinstitut, Florenz, Italien
Benjamin Lahusen, Rechtsreferendar am Kammergericht Berlin
Andreas Maurer, LL. M. (Osgoode), Rechtsanwalt, Wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Bremen
Rodrigo Octávio Broglia Mendes, Dr. iur., LL. M. (Frankfurt)
Christoph Menke, Dr. phil., Professor für Philosophie an der Universität
Frankfurt am Main
Antonio Negri, Professor of Philosophy of Public Law and Political Sci-
ence at the University of Padua and Paris VIII Saint-Denis, France
904 Autorinnen- und Autorenverzeichnis

Marcelo Neves, Dr. iur., Professor für Staatstheorie an der Rechtsfakultät


der Universität São Paulo, Brasilien
Richard Nobles, Professor of Law, Queen Mary University of London;
formerly Reader in Law, LSE
John Paterson, Dr., Reader in Law and Deputy Head of School, School
of Law, University of Aberdeen, Scotland, UK
Oren Perez, PhD (London School of Economics and Political Science,
2001); Assistant Professor, Bar Ilan University, Faculty of Law, Israel
Riccardo Prandini, Associate professor at the University of Bologna,
Faculty of Political Sciences, Italy
Moritz Renner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am
DFG-Sonderforschungsbereich „Staatlichkeit im Wandel“, Bremen
Jean-Philippe Robé, Partner, Gibson, Dunn & Crutcher LLP, Los Ange-
les, California, USA
Florian Rödl, Dr. iur., M. A., Zentrum für europäische Rechtspolitik an
der Universität Bremen (ZERP)
Ralf Rogowski, Dr. iur., LL. M., Associate Professor and Reader in Law,
University of Warwick, UK
Annamaria Rufino, Full Professor of Sociology of Law, Director of
Dipartimento di Studi Europei e Mediterranei, II Università degli Studi di
Napoli, Italia
Inger-Johanne Sand; Professor, Dr juris, Faculty of Law, University of
Oslo
David Schiff, Professor of Law, Queen Mary University of London; for-
merly Reader in Law, LSE
Anton Schütz, Dr. iur., Senior Lecturer Birkbeck School of Law, Univer-
sity of London, UK
Achilles Skordas, Dr. iur., Professor of International Law, University of
Bristol, UK
Fabian Steinhauer, Dr. phil., Dr. iur.; Wissenschaftlicher Mitarbeiter an
der Frankfurt am Main
Alain Supiot, Professor of Law, Nantes Institute for Advanced Studies
Thomas Vesting, Dr. iur., Universitätsprofessor an der Universität
Frankfurt am Main
Dan Wielsch, Dr. iur., LL. M. (Berkeley), Privatdozent am Fachbereich
Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main
Helmut Willke, Dr. iur., Universitätsprofessor für Soziologie an der Uni-
versität Bielefeld, Professor für Global Governance an der Zeppelin-Uni-
versity Friedrichshafen
Peer Zumbansen, Dr. iur., Professor, Canada Research Chair, Associate
Dean (Research, Graduate Studies and Institutional Relations) Director,
Critical Research Laboratory in Law & Society, Osgoode Hall Law
School, York University, Toronto, Canada
Verzeichnis der Veröffentlichungen
von Gunther Teubner

Monographien
1. Regime-Kollisionen: Zur Fragmentierung des globalen Rechts. Suhr-
kamp, Frankfurt 2006, zusammen mit Andreas Fischer-Lescano.
2. Netzwerk als Vertragsverbund: Virtuelle Unternehmen, Franchising,
just-in-time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht. Nomos,
Baden-Baden 2004.
3. Recht als autopoietisches System. Suhrkamp, Frankfurt 1989, 2. Aufl.
1996.
Englische Fassung: Law as an Autopoietic System. Blackwell, London 1993.
Französische Fassung: Droit – un système autopoiétique. Presses Uni-
versitaires de France, Paris 1993.
Portugiesische Fassung: O direito como sistema autopoiético. Fundação
Calouste Gulbenkian, Lissabon 1993.
Japanische Fassung: in: Reihe Poiesis, Mirai-Sha-Verlag, Tokio 1994.
Italienische Fassung: Il diritto come sistema autopoietico. Giuffrè, Mai-
land 1996.
Ungarische Fassung (Teilabdruck): A Tardsadolom es a jog autopoieti-
cus felepitese. Tempus, Budapest 1996, 66–112.
Chinesische Fassung: Peking University Press, Peking 2004.
Georgische Fassung: Samartali rogorc autopoirturi sistema. Meridiani,
Tiflis 2008.
Koreanische Fassung: Seoul 2008.
4. Organisationsdemokratie und Verbandsverfassung: Rechtsmodelle für
politisch relevante Verbände. Tübinger Habilitationsschrift, Tübinger
Rechtswissenschaftliche Abhandlungen, Band 47, Mohr Siebeck, Tü-
bingen 1978.
5. Gegenseitige Vertragsuntreue: Rechtsprechung und Dogmatik zum
Ausschluß von Rechten nach eigenem Vertragsbruch. Band 38, Mohr
Siebeck, Tübingen 1975.
6. Public Status of Private Associations. Thesis submitted in partial satis-
faction of the requirements for the degree of Master of Arts in Law and
Society in the Graduate Division of the University of California, Ber-
keley. Universitätsbibliothek Berkeley/Cal. 1974.
7. Standards und Direktiven in Generalklauseln: Möglichkeiten und Gren-
zen der empirischen Sozialforschung bei der Präzisierung der Gute-
906 Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner

Sitten-Klauseln im Privatrecht. Tübinger Dissertation, 1970. Studien


und Texte zur Theorie und Methodologie des Rechts, Band 8, Athe-
näum, Frankfurt 1971.

Übersetzungen von Aufsatzsammlungen des Autors:


8. Lectio Magistralis: Giustizia autosovversiva. Formula di contingenza
o di trascendenza del diritto. Herausgegeben von Annamaria Rufino,
La Città del sole, Neapel 2008.
9. Autopoiesis, reflexives Recht und globaler Rechtspluralismus (Korea-
nisch). Korea Legislation Research Institute, Seoul 2008.
10. La cultura del diritto nell’epoca della globalizzazione: L’emergere delle
costituzioni civili. Herausgegeben von Riccardo Prandini, Armando,
Rom 2005.
11. Il diritto possibile. Guerini, Mailand 2005, zusammen mit Annamaria
Rufino.
12. Dikaio kai Autopoiisi: Sygkrouseis kai Paradoxa (Recht und Autopoiese:
Kollisionen und Paradoxien), P. Sakkoulas, Athen-Thessaloniki 2005.
13. Direito, Sistema, Policontexturalidade, Editora Unimep, Piracicaba
Sao Paolo 2005.
14. El Derecho como sistema autopoiético de la sociedad global. Heraus-
gegeben von Carlos Gómez-Jara Díez, Universidad Externado de Co-
lombia, Bogotá 2005 und ARA Editores, Lima 2005.
15. Theorie der Verrechtlichung (Koreanisch). Korea Legislation Research
Institute, Seoul 2004.
16. Direito e cidadania na Pós-Modernidade. Editora Unimep, Piracicaba
Sao Paolo 2002, zusammen mit José Augusto Alves, Joaqim Alvim und
Dorothee Rüdiger.
17. Diritto policontesturale: Prospettive giuridiche della pluralizzazione
dei mondi sociali. La città del sole, Neapel 1999.
18. Droit et réflexivité: L’auto-référence en droit et dans l’organisation. Li-
brairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994.

Herausgegebene Bücher
19. Nach Jacques Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit
einer Gesellschaftstheorie der Gerechtigkeit. Zeitschrift für Rechts-
soziologie 29, 2008, Heft 1, Lucius & Lucius, Stuttgart 2008.
20. Vertragsnetze: Rechtsprobleme vertraglicher Multilateralität. Schwer-
punktheft der Kritischen Vierteljahresschrift 89, Doppelheft 2–3, 2006,
103–290, zusammen mit Marc Amstutz.
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner 907

Englische Fassung: Contractual Networks: Legal Issues of Multilateral


Cooperation. Hart, Oxford 2008, zusammen mit Marc Amstutz (im
Erscheinen).
21. Paradoxes and Inconsistencies in the Law. Hart, Oxford 2005, zusam-
men mit Oren Perez.
22. Transnational Governance and Constitutionalism. Hart, Oxford 2004,
zusammen mit Christian Joerges und Inger-Johanne Sand.
23. Rechtsverfassungsrecht: Recht-Fertigung zwischen Privatrechtsdog-
matik und Gesellschaftstheorie. Nomos, Baden-Baden 2003, zusam-
men mit Christian Joerges.
24. Die Rückgabe des zwölften Kamels: Niklas Luhmann in der Diskus-
sion über Gerechtigkeit. Lucius & Lucius, Stuttgart 2000.
Japanische Fassung: Minerva-Verlag, Kyoto 2005.
25. Global Law Without A State. Dartmouth, Aldershot 1996.
26. Entscheidungsfolgen als Rechtsgründe. Folgenorientiertes Argumen-
tieren in rechtsvergleichender Sicht. Nomos, Baden-Baden 1995.
27. Environmental Law and Ecological Responsibility: The Concept and
Practice of Ecological Self-Organization. Wiley, Chichester 1994, zu-
sammen mit Lindsay Farmer und Declan Murphy.
28. State, Law and Economy as Autopoietic Systems: Regulation and Au-
tonomy in a New Perspective. Giuffrè, Mailand 1992, zusammen mit
Alberto Febbrajo.
29. Paradoxes of Self-Reference in the Humanities, Law and the Social Sciences.
Anma Libri, Stanford/Cal. 1990, zusammen mit Jean-Pierre Dupuy.
30. Regulating Corporate Groups in Europe. Nomos, Baden-Baden 1990,
zusammen mit David Sugarman.
31. Autopoietic Law: A New Approach to Law and Society. Schriftenreihe
des Europäischen Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/
New York 1988.
Französische Fassung (Teilabdruck): Le système juridique. Archives de
philosophie du droit, Band 31, Edition Sirey, Paris 1986.
32. Juridification of Social Spheres: A Comparative Analysis in the Areas
of Labor, Corporate, Antitrust and Social Welfare Law. Schriftenreihe
des Europäischen Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/
New York 1987.
33. Contract and Organisation: Legal Analysis in the Light of Economic
and Social Theory. De Gruyter, Berlin/New York 1986, zusammen mit
Terence C. Daintith.
34. Dilemmas of Law in the Welfare State. Schriftenreihe des Europäischen
Hochschulinstituts Florenz, De Gruyter, Berlin/New York 1986.
35. Corporate Governance and Directors’ Liability: Legal, Economic and
Sociological Analyses of Corporate Social Responsibility. De Gruyter,
Berlin/New York 1985, zusammen mit Klaus J. Hopt.
908 Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner

Aufsätze
2008
36. Selbstsubversive Gerechtigkeit: Kontingenz- oder Transzendenzfor-
mel des Rechts? In: Gunther Teubner (Hrsg.), Nach Jacques Derrida
und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesellschaftstheo-
rie der Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29, 2008, Heft 1,
Lucius & Lucius, Stuttgart 2008, 9–36 und gekürzte Fassung unter
dem Titel: Gerechtigkeit in der Selbstbeschreibung des Rechtssystems.
In: Soziale Systeme 13, 2007, 304–316.
Englische Fassung: Self-subversive Justice: Contingency or Transcendence
Formula of Law? In: Modern Law Review 72, 2009 (im Erscheinen).
Italienische Fassung: Giustizia autosovversiva: formula di contingenza
o di trascendenza del diritto? In: Annamaria Rufino (Hrsg.), Lectio
Magistralis: Giustizia autosovversiva, La Città del sole, Neapel 2008,
15–63.
37. Die Erblast. Editorial. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Nach Jacques
Derrida und Niklas Luhmann: Zur (Un-)Möglichkeit einer Gesell-
schaftstheorie der Gerechtigkeit, Zeitschrift für Rechtssoziologie 29,
2008, Heft 1, Lucius & Lucius, Stuttgart 2008, 3–7.
38. Fragmented Foundations: Societal Constitutionalism Beyond the
Nation State. In: Petra Dobner und Martin Loughlin (Hrsg.), The
Twilight of Constitutional Law: Demise or Transmutation? (im Er-
scheinen).
39. Transnationaler Konstitutionalismus – Fünf Thesen. In: Gernot Wil-
helm (Hrsg.), Unterwegs zu neuen Weltordnungen? Folgen der Glo-
balisierung, Symposion der Akademie der Wissenschaften und der
Literatur, Mainz, 22. Februar 2008 (Akademie der Wissenschaften und
der Literatur. Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaft-
lichen Klasse, Jahrgang 2008), Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2008
(im Erscheinen).
40. Justice Under Global Capitalism? In: Law & Critique 19, 2008,
329–334 und in: European Journal of Legal Studies 1, 2008, Special
Conference Issue: „Governance, Civil Society and Social Movements“,
1–8.
Italienische Fassung: Giustizia nell’era del capitalismo globale? In:
Posse: Politica, Filosofia, Moltitudini 2008 und in: European Journal
of Legal Studies 1, 2008, Special Conference Issue: „Governance, Civil
Society and Social Movements“, 1–8.
41. State Policies in Private Law? Comment on Hanoch Dogan. In: The
American Journal of Comparative Law 56, 2008, 835–844.
42. Zwei Arten des Rechtspluralismus: Normkollisionen in der doppelten
Fragmentierung der Weltgesellschaft. In: Matthias Kötter und Gunnar
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner 909

Folke Schuppert (Hrsg.), Normative Pluralität ordnen, Nomos, Ba-


den-Baden 2008, zusammen mit Peter Korth (im Erscheinen).
43. Cannibalizing Epistemes: Will Modern Law Protect Traditional Cul-
tural Expressions? In: Christoph Beat Graber und Mira Burri-Nenova
(Hrsg.), Intellectual Property and Traditional Cultural Expressions in
a Digital Environment, Edward Elgar, Cheltenham 2008, 17–45, zu-
sammen mit Andreas Fischer-Lescano.

2007
44. Wandel der Rolle des Rechts in Zeiten der Globalisierung: Fragmen-
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Italienische Fassung: Altera pars audiatur: Il diritto nella collisione dei dis-
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Portugiesische Fassung: Altera pars audiatur: o direito na colisao de dis-
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91. Folgenorientierung. In: Gunther Teubner (Hrsg.), Entscheidungsfol-
gen als Rechtsgründe. Folgenorientiertes Argumentieren in rechtsver-
gleichender Sicht, Nomos, Baden-Baden 1995, 9–16.
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92. Die zwei Gesichter des Janus: Rechtspluralismus in der Spätmoderne.


In: Eike Schmidt und Hans-Leo Weyers (Hrsg.), Liber Amicorum Jo-
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Japanische Fassung in: Shiso (Philosophische Zeitschrift) 1996.
94. Die unsichtbare „Cupola“: Kausalitätskrise und kollektive Zurech-
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Verantwortung in komplexen kulturellen Prozessen, De Gruyter, Ber-
lin 1994, 91–143 und in: Toru Hijikata und Armin Nassehi (Hrsg.),
Riskante Strategien: Beiträge zur Soziologie des Risikos, Westdeut-
scher Verlag, Opladen 1997, 157–199.
Englische Fassung: The Invisible Cupola: From Causal To Collective
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Französische Fassung: La coupole invisible: de l’attribution causale à
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Teubner, Droit et réflexivité. Librairie générale de droit et de jurispru-
dence, Paris 1994, 291–324.
Portugiesische Fassung: A cúpula invisível: crise da causalidade e impu-
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und Declan Murphy (Hrsg.), Environmental Law and Ecological Re-
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tion, Wiley, Chichester 1994, 3–13, zusammen mit Lindsay Farmer.
922 Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner

96. Der Gesellschaft fette Beute: Homo juridicus und homo oeconomicus
als kommunikationserhaltende Fiktionen (Wittener Diskussionspa-
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das Medium der Gesellschaft, Suhrkamp, Frankfurt 1994, 110–145, zu-
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2000, 569–584, zusammen mit Michael Hutter.
Dänische Fassung: Homo oeconomicus og homo juridicus – kommu-
nikative fiktioner. In: Holger Hojlund und Morten Knudsen (Hrsg.),
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(Hrsg.), Contract and Economic Organisation: Socio-Legal Initiatives,
Dartmouth, Aldershot 1996, 116–124, zusammen mit Michael Hutter.

1993
98. Den Schleier des Vertrags zerreißen? Zur rechtlichen Verantwortung
ökonomisch „effizienter“ Vertragsnetzwerke. In: Kritische Vierteljah-
resschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 76, 1993, 367–393
und in überarbeiteter Form unter dem Titel: Netzwerke – Binnen-
struktur und Externalitäten: Eine Debatte zwischen Ökonomie und
Rechtswissenschaft. In: Georg Schreyögg (Hrsg.), Funktionswandel
im Management: Wege jenseits der Ordnung, Duncker & Humblot,
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Englische Fassung: Piercing the Contractual Veil? The Social Responsi-
bility of Contractual Networks. In: Thomas Wilhelmsson (Hrsg.),
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Französische Fassung: Nouvelle formes d’organisation et droit. In: Jean-
Marie Doublet und Jean-Claude Tarondeau (Hrsg.), L’echo de la ges-
tion dans les autres sciences, Revue française de gestion, Numero spe-
cial No. 96, 1993, 50–68
99. „Man schritt auf allen Gebieten zur Verrechtlichung“: Rechtssoziolo-
gische Theorie im Werk Otto Kirchheimers. In: Marcus Lutter, Ernst
C. Stiefel und Michael Hoeflich (Hrsg.), Der Einfluß deutschspra-
chiger Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und in
Deutschland, Mohr Siebeck, Tübingen 1993, 505–520.
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101. Regulatorisches Recht: Chronik eines angekündigten Todes. In: Ar-
chiv für Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 54, 1992, 140–161.
Englische Fassung: Regulatory Law: Chronicle of a Death Foretold. In:
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Französische Fassung: La Chronique d’une mort annoncée ou les „dif-
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Portugiesische Fassung: Direito regulatório: cronica de uma morte
anunciada. In: Gunther Teubner, Direito, Sistema e Policontexturali-
dade. Editora Unimep, Piracicaba Sao Paolo 2005, 19–54.

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102. Ist das Recht auf Konsens angewiesen? Zur sozialen Akzeptanz des
modernen Richterrechts. In: Hans-Joachim Giegel (Hrsg.), Kommu-
nikation und Konsens in modernen Gesellschaften, Suhrkamp, Frank-
furt 1992, 197–211.
103. Die vielköpfige Hydra: Netzwerke als kollektive Akteure höherer
Ordnung. In: Wolfgang Krohn und Günter Küppers (Hrsg.), Emer-
genz: Die Entstehung von Ordnung, Organisation und Bedeutung,
Suhrkamp, Frankfurt 1992, 189–216.
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105. L’ouvert s’appuye sur le ferme: Offene Fragen zur Offenheit geschlos-
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In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et
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ris 1994, 149–170.
107. Die Fremdproduktion von Recht: Oder: Wie die Wirtschaft das Recht
zur Ko-Evolution überredet. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 12,
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sellschaftsrecht 20, 1991, 189–217.
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110. Die ‚Politik des Gesetzes‘ im Recht der Konzernhaftung: Plädoyer
für einen sektoralen Konzerndurchgriff. In: Jürgen Baur (Hrsg.), Fest-
schrift für Ernst Steindorff, De Gruyter, Berlin 1990, 261–279.
111. ‚Verbund‘, ‚Verband‘ oder ‚Verkehr‘? Zur Außenhaftung von Franchi-
sing-Systemen. In: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirt-
schaftsrecht 154, 1990, 295–324.
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Englische Fassung: Juridification: Concepts, Aspects, Limits, Solutions.
In: Gunther Teubner (Hrsg.) Juridification of Social Spheres, De
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Scott und Christopher Hood (Hrsg.), A Reader on Regulation, Ox-
ford University Press, Oxford 1998, 389–440.
Französische Fassung: La juridicisation – concepts, caractères, limites et
alternatives. In: Gunther Teubner, Droit et réflexivité, L’auto-référence
en droit et dans l’organisaton, Librairie générale de droit et de jurispru-
dence, Paris 1994, 51–98.
Italienische Fassung: Aspetti, Limiti, Alternative della Legificazione. In:
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Portugiesische Fassung: Juridificaçao – Noçoes, caracterìsticas, limi-
tes, soluçoes. In: Revista de Direito e Economia 14, 1988, 17–100.
131. Das regulatorische Trilemma: Zur Diskussion um post-instrumentale
Rechtsmodelle. In: Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giu-
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und Christian Joerges (Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinter-
ventionistischen Rechts, ZERP-Materialien 4, 1984, 94–160.
Englische Fassung: After Legal Instrumentalism? Strategic Models
of Post-Regulatory Law ( EUI Working Paper 100/84). In: Gunther
Teubner (Hrsg.), Dilemmas of Law in the Welfare State, De Gruyter,
Berlin/New York 1986, 299–325 und in: International Journal of Soci-
ology of Law 12, 1984, 375–400.
Italienische Fassung: Il Trilemma Regolativo. A proposito della pole-
mica sui modelli giuridici post-strumentali. In: Politica del diritto 18,
1987, 85–118.
132. Autopoiesis in Law and Society: A Rejoinder to Blankenburg. In: Law
and Society Review 18, 1984, 291–301.
Chinesische Fassung: in Archives for Legal Philosophy and Sociology
of Law, Peking 2007.
133. Anmerkungen zum „prozeduralen“ Recht (Wiethölter) und zum
„ökologischen Recht“ (Ladeur). In: Gert Brüggemeier und Christian
Joerges (Hrsg.), Workshop zu Konzepten des postinterventionisti-
schen Rechts, ZERP-Materialien 4, 1984, 91.
930 Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner

1983

134. Die Geschäftsgrundlage als Konflikt zwischen Vertrag und gesell-


schaftlichen Teilsystemen: Zur Fragwürdigkeit ihrer Re-Dogmatisie-
rung. In: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschafts-
recht 147, 1983, 625–642.
135. „Corporate Responsibility“ als Problem der Unternehmensverfassung.
In: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 12, 1983,
34–56.
Englische Fassung: Corporate Responsibility as a Problem of Company
Consti-tution ( EUI Working Paper). Florenz 1983/51.
136. Gesellschaftliche Funktionen der Unternehmensverfassung. ZERP –
Diskussionspapier 7, Bremen 1983, 95–113.
137. Vom richtigen Umgang mit der Opposition. In: Rainer Walz (Hrsg.),
Sozialwissenschaften im Zivilrecht, Luchterhand, Neuwied 1983,
232–244.

1982

138. Integration by Dissent: Towards a Socio-Legal Contingency Model of


Voluntary Associations. In: Alessandro Baratta (Hrsg.), The Impact
of Sociology of Law on Government Action, Lang, Frankfurt 1982,
348–363, zusammen mit Helmut Willke.
139. Reflexives Recht: Entwicklungsmodelle des Rechts in vergleichender
Perspektive ( EUI Working Paper 1982/13). In: Archiv für Rechts- und
Sozialphilosophie 68, 1982, 13–59, und in: Werner Maihofer (Hrsg.),
Noi si Mura, Schriftenreihe des Europäischen Hochschulinstituts, Flo-
renz 1986, 290–340.
Englische Fassung: Substantive and Reflexive Elements in Modern Law.
( EUI Working Paper 1982/14). In: Law and Society Review 17, 1983,
239–285 und in: Kahei Rokumoto (Hrsg.), Sociological Theories of
Law, Dartmouth, Aldershot 1994, 415–462 und Neuabdruck in: Car-
roll Seron (Hrsg.), The Law and Society Canon, Ashgate, Aldershot
2006, 75–122.
Französische Fassung: Eléments ‚substantifs‘ et ‚réflexifs‘ dans le droit
moderne. In: L’Interdit. Revue de Psychanalyse Institutionelle 1984,
129–132 und unter dem Titel: Droit et réflexivité: une perspective
comparative sur des modèles d’évolution juridique. In: Gunther Teub-
ner, Droit et réflexivité, L’auto-référence en droit et dans l’organisaton,
Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 1994, 3–50.
Dänische Fassung: Refleksiv Ret: Udviklingsmodeller for retten i sam-
menlignende perspektiv. In: Asmund Born, Nils Bredsdorff, Leif
Hansen und Finn Hansson (Hrsg.), Refleksiv Ret, Publication Series
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner 931

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videnskaberne, Kopenhagen 1988, 21–79.
Spanische Fassung: Elementos Materiales y Reflexivos en el Derecho
Moderno. In: Carlos Morales de Setién Ravina (Hrsg.), La Fuerza del
derecho. Pensamiento Jurídico Temas, Universidad de los Andes, Edi-
ciones Uniandes; Pontificia Universidad Javariana; Instituto Pensar;
Siglo del Hombre Editores, Bogotá, Colombia; 2000, 3. Aufl 2005.
Chinesische Fassung: in Peking University Law Review, Peking Univer-
sity Press, 2000, 579–632.

1980
140. Ordnungspolitische Optionen im Recht privater Organisationen. In:
Warnfried Dettling (Hrsg.), Die Zähmung des Leviathan: Neue Wege
der Ordnungspolitik, Nomos, Baden-Baden 1980, 227–235.
141. Dezentrale Kontextsteuerung im Recht intermediärer Verbände. In:
Rüdiger Voigt (Hrsg.), Verrechtlichung, Athenäum, Königstein 1980,
46–62, zusammen mit Helmut Willke.
142. Die Generalklausel von „Treu und Glauben“. In: Rudolf Wassermann
(Hrsg.), Alternativkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 2,
Allgemeines Schuldrecht, Luchterhand, Neuwied 1980, 32–91.

1979
143. Neo-korporatistische Strategien rechtlicher Organisationssteuerung:
Staatliche Strukturvorgaben für gesellschaftliche Verarbeitung politi-
scher Konflikte. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen 10, 1979, 487–502.
144. Das Recht der bürgerlichrechtlichen Gesellschaft. In: Rudolf Wasser-
mann (Hrsg.), Alternativkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch,
Schuldrecht II , Luchterhand, Neuwied 1979, 718–758.

1978
145. Generalklauseln als sozio-normative Modelle. In: Klaus Lüderssen
(Hrsg.), Generalklauseln als Gegenstand der Sozialwissenschaften,
Nomos, Baden-Baden 1978, 13–35 und in: Herbert Stachowiak, Tho-
mas Ellwein Theo Herrmann und Kurt Stapf (Hrsg.), Bedürfnisse,
Werte und Normen im Wandel, Bd. 1, Fink/Schöningh, München
1982, 87–112.
146. Zu den Regelungsproblemen der Verbände: Neo-Korporatismus und
inner-verbandliche Opposition. In: Juristenzeitung 33, 1978, 545–548.
147. Mitbestimmung – Gesellschaftliche Steuerung durch Organisations-
recht. In: Arbeit und Recht 26, 1978, 296–299.
932 Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner

1976
148. Die Falschauskunft des Architekten. In: Juristische Schulung 16, 1976,
798–801.

1975
149. Ziele und Methoden der verbandsrechtlichen Reformdiskussion. In:
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 4, 1975, 459–476
und erweiterte Fassung unter dem Titel: Verbandsdemokratie durch
Recht? Die Diskussion um ein Verbandsgesetz in demokratietheoreti-
scher Sicht. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 1977, 25–35 und unter:
Verbandstheorie durch Recht? Die Diskussion um ein Verbändegesetz
in demokratietheoretischer Sicht, in: Rudolf Steinberg (Hrsg.), Staat
und Verbände, Wege der Forschung, Band 289, Wissenschaftliche Buch-
gesellschaft, Darmstadt 1985, 256–283.
150. Ausgleichsansprüche deutscher Handelsvertreter im deutsch-englischen
Handelsverkehr. In: Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirt-
schaftsdienst des Betriebsberaters 21, 1975, 256–263, zusammen mit
Georg Sandberger.
151. Folgenkontrolle und responsive Dogmatik. In: Rechtstheorie 6, 1975,
179–204.

1972
152. Handelsrecht. In: Hermann Blei,Dieter Henrich und Roman Herzog
(Hrsg.), Wahlfachgruppen, Sonderheft der Juristischen Arbeitsblätter,
Nr. 11, 1972, 85–88, 2. Aufl. 1977, 90–96.
153. Factoring-Vertrag. In: Juristische Schulung 12, 1972, 261–267 und in:
Eckard Rehbinder (Hrsg.), Vertragsgestaltung, Metzner, Frankfurt
1982, 135–148.

1971
154. Teamwork in der Juristenausbildung. In: Juristische Schulung 11, 1971,
268–271, zusammen mit Hans-Ulrich Schwarzmann.

1970
155. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz freier Meinungsbildung. In: Hu-
bert Armbruster (Hrsg.), Pressefreiheit: Entwurf eines Gesetzes zum
Schutz freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises
Pressefreiheit, Luchterhand, Neuwied 1970, 160–220, zusammen mit
Wolfgang Fikentscher.
Verzeichnis der Veröffentlichungen von Gunther Teubner 933

Buchbesprechungen, Urteilsanmerkungen,
Zeitungsartikel, Interviews
156. OLG Oldenburg 4. 6. 1975 – 2 U 51/75 (Scheitern eines PKW-Kaufs
mangels Finanzierung). In: Neue Juristische Wochenschrift 28, 1975,
2295–2296.
157. Michael Lehmann, Die Werbung mit Geschenken, Köln 1974. In: Ge-
werblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1975, 670–671.
158. Ulrich von Alemann und Rolf Heinze, Verbände und Staat, Opladen
1979. In: Soziologische Revue 3, 1980, 38–40.
159. Karl Heinz Kunz, Das allgemeine Übermaßverbot im bürgerlichen
Recht und seine Auswirkungen auf das „überbetriebliche Anlocken“
im Wettbewerbsrecht, Erlangen 1981. In: Zeitschrift für das gesamte
Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 145, 1981, 624–626.
160. Werner Krawietz: Recht als Regelsystem. Wiesbaden, Steiner, 1984.
In: Soziologische Revue 8, 1985, 286–287.
161. Interview: Autopoiese an de Maas, ofwel: instrumentele wetgeving
reddeloos verdronken (Helen Stout und Josien Stoop). Regelmaat.
Kwartaalblad voor Wetgevingsvraagstukken 6, 1991, 5–9.
162. Interview: Droit et Société: La Théorie des Systèmes autopoiètiques
(Veronica Munoz-Darde und Yves Sintomer). Mensuel, Marxisme,
Mouvement, 1991, 36–40.
163. „Global Villages“ und neue Bukowina. In: Frankfurter Rundschau
3. 12. 1991, 14.
164. Quand la loi émigre: Les lois de demain s’élaborent au sein de multi-
nationales, de fédérations et d’organisations internationales. In: L’ac-
tualité. 1er octobre 2000, 68–70.
165. Die globale Zivilgesellschaft und das Recht: Zur Sozialverfassung von
Spontaneität und formaler Organisation. In: Frankfurter Rundschau
2001.
166. Globale Verfassungen – jenseits des Nationalstaats: Wie Subsysteme
der Weltgesellschaft ihre eigenen Rechtsnormen schaffen. In: For-
schung Frankfurt 2007, 30–37.
167. Interview: Was kommt nach dem Staat? In: Luca Giuliani (Hrsg.),
Köpfe und Ideen 2008, Wissenschaftskolleg Berlin, 36–45.

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