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lentdes griechischen iwiarrai) - nach sprachgeschichtlichen Anfän-


gen in der römischen Handels- und Rechtssprache - seinen Ursprung
in anderen Bereichen) in Theologie, Philologie und Jurisprudenz - im
Sinne von Auslegung, Erklärung, Deutung, auch Übersetzung (vgl.
A. Anton 1976, S.514-517). In bezug auf die Musik lassen sich zwei
Hauptbedeutungslinien - eine hermeneutische und eine performa-
tive - unterscheiden: Während die eine Linie aus einer Ubertragung
des Interpretationsbegriffs auf die Tonkunst auf kognitiver Ebene
hervorging - sie lag begriffsgeschichtlich nahe, sobald eine Deutung
von Musikwerken durch Analyse ihrer Texte und Kommentierung
ihrer Gehalte einsetzte -, bezog die andere Linie die Deutungsprobte- .
matik auf die Klangrealisation von Werken: Beide haben ihre
Geschichtlichkeit und hängen in ihrer Entwicklung zusammen; auch
die Definition von Interpretation als »aufder jeweils mehr oder weniger per-
sönlichen Deutung, Auslegung des betreffenden Musikstücks beruhende künst-
lensehe Wiedergabe von Musilo (Duden 1994, Bd.4, S. 1726I trägt diesem
Zusammenhang Rechnung. Diese Ambiguität zwischen wortsprach-
licher Auslegung und Klangdarstellung ist für den musikalischen
Interpretation Interpretationsbegriff bezeichnend, im Gegensatz zu verwandten
INHALT:1. Zur Terminologie: performative und hermeneutische Begriffen wie Vortrag, Reproduktion, Wiedergabe oder auch Aus-
Interpretation. - 11. Autor-und Interpretenintention. - führung, die sich terminologisch vorrangig auf die aufführungsprak-
111. Drei Modi der musikalischen Interpretation. i. Historisch- tische Seite beziehen. Da die weiteren Abschnitte dieses Artikels sich
rekonstru ktiver Modus. 2. Traditioneller Modus. 3. Aktualisierender primär auf die performative Bedeutung des musikalischen Interpre-
Modus. - IV. Live-Performance versus Studio-Produktion. - tationsbegriffs beziehen, konzentrieren wir uns im folgenden
V. Aspekte des Tempos. - Vl. Interprerarionsanalyse und -vergleich. - zunächst auf die hermeneutisch-kognitive Bedeutung. -
Vif. Kritik. Als hermeneutischer Begriff, der die verbalsprachliche Deutung
musikalischer Werke sowie die deutende Erklärung jedweder ihrer
I. Zur Terminologie: peentuttive und Aspekte im Kontext von Musikkultur und Musikgeschichte umfaßt,
hermeneutische Interpretation hat der Begriff Interpretation in bezug auf Musik teil an allgemeinen,
Der Begriff der Interpretation faßt eine für unsere Zeit charakteri- vor allem aus benachbarten Disziplinen wie Literaturwissenschaft
stische Kategorie, in der wir Musik auch aus früheren Epochen ästhe- ausgehenden Entwicklungen, und gleichwohl strahlt er immer wie-
tisch und hermeneutisch vergegenwärtigen. Die Schriftlichkeit der in den aufführungspraktisch-klanglichen Bereich hinüber (wie
musikalischer Komposition und der sich daraus entwickelnde Werk- sich denn die Interpretationstheorie bisher weniger auf eine Metho-
begriffhaben zwar über Jahrhunderte bestanden und damit auch das dologie des begrifflichen Verstehens von Musik als auf ihr klangliches
Problem der klanglichen Realisierung, doch erscheint es wenig Erscheinen als Tonkunst bezieht: vgl. H. Danuser iooz, S. zz 1-3zo).
zweckmäßig, den geschichtlich jungen Begriff der musikalischen Auf der hermeneutischen Ebene lassen sich idealtypisch drei Arten
Interpretation mir den von ihm ausgehenden Implikationen aufjeg- des InrerpretationsbegrifEs voneinander unterscheiden: Ersteds die
liche historische Form der Klangrealisation von Musik auszudehnen. Interpretation als einen Verstehensvorgang der internen'Sinnzusam- .
Erst vergleichsweise spät-- im to. Jh. - ergab sich die Möglichkeit, menhänge von Musikwerk2n, ein Deuten struktureller Beziehungen
noch später - im zu. Jh. - die Notwendigkeit einer >Interpretation‘ der auf der Ebene der musikalischen Sinnstiftung. Auf autonomieästheti-
notierten Musik. Wie wenig der Terminus noch um die Mitte unseres scher Grundlage stellt hier die Kategorie der musikalischen Form den
Jahrhunderts eingebürgert war bzw. vom Denken einer eher konser- Zielpunkt der Verstehensbemühung dar, weil in ihr und durch sie
vativen Musikwissenschaft reflektiert wurde, zeigt sich an der Tatsa- der Kunstcharakter musikalischer Werke - als komplexe Phänomene.
che, daß in die erste Auflage der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte die eine interpretatorische Anstrengung überhaupt erst erforderlich
und Gegenwart kein Artikel Interpretation aufgenommen wurde, schien und lohnend machen - definiert erscheint. Einem großen Teil der
doch dessen Gegenstandsfeld durch benachbarte Begriffe wie---r) Auf- Beiträge in der zweibändigen Publikation Beethoven. Interpretationen
führungspraxis und Vortrag ( vgl. den Artikel Vortrag von Ulrich seiner Werke (A. Riethmüller u.a. 1 994) zum Beispiel liegt dieser intrin-
Siegele in MGG, i.Aufl., Bd.14, Sp. 16- 31) abgedeckt. Wie sich indes- suche Ansatz zugrunde. Bei einem zweitert, exrri ns 'schen Typus steht
sen in der Musikhistoriographie - spätestens seit Carl Dahlhaus' im dagegen ein inhaltsästhetischer Zuganeam Blick, der den Interpreta-
Anschluß an Dtoysen getroffener Unterscheidung zwischen objekti- tionsbegriff auf die Deutung werkimmanenter Gegebenheiten .aus
vierbarem iiDatunt« und zu konstruierendem historischen Jaktunir externen Fakten - meist solchen der Komponistenbiographie odee des
(C. Dahlhaus 1977. S.57-73 ) - die Erkenntnis durchgesetzt hat, dabei geistig-kulturellen Horizontes eines' Werkes - bezieht. Als Beispiel
eine Musikgeschichtsschreibung ohne Interpretation/ seitens des hierfür sei auf die Publikationen von Consranrin Floros verwiesen.
Historiographen nicht geben kann, so ist auf dem Gebiet der Auffüh- etwa auf sein dreibändiges Werk zu Gustav Mahler, wobei hier der
rungspraxis die Hoffnung auf ‚Objektivität) verflogen und hat der Begriff Exegese gewählt ist (C. Floros 1977.'1985 Den dritten Typus
Einsicht Platz gemacht, daß auch - ja gerade - die praktischen Rekon- schließlich stellt der referentielle bzw sem imisc he Interpretationsbe-
struktionsversuche alter Musik ohne Hypothesen, Deutungen. also griff der Musikhistoriographie und Musikbiographik dar. Mit ihm
Interpretation undenkbar sind. Ein methodologischer Gegensatz werden die Gegenstände der Musikgeschichte als erldätungsbedraf
zwischen Interpretation ( der Musik seit der Wiener Klassik) und Auf- tige Fakten und Probleme entwickelt, so dal; hier - in Parallele zum
führungspraxis (der )Alten Musik ist nicht länger haltbar (vgl. Interpretationsbegriff in der allgenieinen Historiographie - ein wei-
C. Dahl hau s 978.5. 3741. tes Feld der kontextualisierenden Deutung von Werken, Künstlern.
Wie viele andere Ausdrücke der Musiktheorie hat auch der Institutionen im Rahmen gesellschaftlich-kultureller Konventionen
Begriff Interpretation iiitcrpn7s. triterpreton als Äquiva- und Codes - wie z.B. das Verdis Aida gewidmete Kapitel in Eduard W
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Saids Buch Culture and Immenahm zeigt (E. W. Said 1994, S. 11-13z / - Grenze der musikalischen Interpretationskunst gilt für den Autor
in den Blick rückt. wie für jeden anderen ReproduzierendenA:lahcr kann es keine Repro_
Interpretation erscheint erst dann möglich, wenn ein Akt der duktion eines Werkes geben, die so MIlkbrnmen Nem, daß sie weitere
Deutung oder Realisierung nicht länger nur nach den Kriterien rich- interpretatorische Anstrengungen überflüssig machte. Erst im ver_
tig oder falsch, vollständig oder lückenhaft, gelungen oder mißraten lauf der Interpretations- und Rezeptionsgeschichte konstituiert sich
bewertbar ist, sondern es vielmehr von vornherein feststeht, daß jede ein musikalisches Kunstwerk als solches, ja man könnte sogar die
Interpretation nur eine von mehreren Möglichkeiten 'darstellt und Vielfalt von interpretatorischen Konkretisationen, die historisch rea-
eine endgültig erschöpfende Deutung eines Werkes der Kategorie des lisiert werden, als Indiz für seinen Kunstcharakter nehmen.
Kunstwerks zuinnerst widerspricht. Im zo. ih. hat sich die Einsicht In jedem Falle tritt zur Autorintention eine Interpretensubjekti-
mehr und mehr durchgesetzt, daß frühere Interpretationen eines vität hinzu. Über deren Stellenwert allerdings gehen die Meinung en
Werkes nicht einfach mit dem Hinweis auf eine überwundene Stufe auseinander. Komponisten neigen dazu, ihren Ameil gering halten
auf dem Wege zur Vervollkommnung beiseite geschoben weiden zu wollen, da sie die Autorintention möglichst rein verwirklicht
können, sondern durchaus als Phasen des Verstehens mit eigenem sehen möchten; Interpreten andererseits bewerten sie, wiederum
Recht, eigenen Vorzügen und eigenen Mängeln zu gelten haben, nicht ohne Gründe, gerne hoch. H. Pfitzner zum Beispiel beklagt im
deren Folge eine grundsätzlich unabschließbare Entwicklung des Blick auf das ausgehende 19. Ih. ein beginnendes »Übenvuchem des
Kunstverstehens und Kunstinterpretierens ergibt. Hierbei wird die INertbegriffi der Ausführung über den des Werks« und charakterisiert clic
Bedeutung des Wortes Text (tat textus als Zusammenhang eines Sinn- mit dem Ersten Weltkrieg entstandene Situation wie folgt ,Neu, voll-
gefüges, eines Gewebes aus Einzelelementen) performativ wie herme- ständig neu war die zum Grundsatzgewordene Anschauung, man könnt mit
neutisch dann eingelöst, wenn wir als eine Aufgabe von Interpreta- dem Werk machen, was man wolle, ja man müsse was anderes draus machen,
tion die Herstellung eines Zusammenhangs der Faktoren, wenn man ‚wer warn - was sich ja auch in der hier sattsam behandelten,
Abschnitte, Sätze eines musikalischen Werkes bestimmen (S. P. Scher unsinnigen Beziehung des Wortes schöpferisch auf das INiedergeben aus-
ran H. NRWer 1992). drückte, als wäre das Werk noch gar nicht da. Wenn bislang immerhin noch
dem Ausübenden die Frage natürlich war: ‚wie werde ich dem Werkgerechtoo
FL Autor- und Interpretenintention lautet die desfschöpferischenf tViedergebenden von heute: nvas macht ich, daß
Bei musikalischer Interpretation greifen Autor- und Interpreten- das Werk ganz verschwindet und nur ich übii,gbleibef (H. Pfitzner 1929,
intention - vermittelt durch den Text des Werkes - ineinander. Die S. 185-186).
Kategorie Autorintention ist freilich mit der Schwierigkeit verbunden, Dem steht die Überzeugung entgegen, zwischen dem Wesen
daß zum einen es keineswegs ausgemacht ist, was im Einzelfall die eines musikalischen Werkes und seiner unvollkommenen 'Erschei-
Intention des Komponisten als des Autors seines Werkes sei, und zum nung im Notentext herrsche eine mehr oder minder große, letztlich
anderen selbst dort, wo sie mehr oder weniger eindeutig rekonstru- aber unaufhebbare Kluft. So wächst die Verantwortung des Interpre-
iert werden kann, ihre Relevanz für die Interpretation eines Werkes ten, wenn er das ‚Beste der Musik vermöge der Spontaneität seiner
nicht feststeht, weil ihr unterschiedliche Bedeutungen zukommen Interpretation dem Hörer dennoch vermitteln möchte. Solches hatte
und nach einem Grundsatz der neueren Hermeneutik Text und Werk Liszt im Sinn, als er 1856 in der Vorrede zur Symphonischen Dichtung
ihre wirkungsgeschichtliche Bedeutung in jedem Fall unter Loslö- Ce qu'on entend sur la montan e notierte »Obschon ich bemüht war, durch
sung von dem Sinnhorizont des Autors entfalten (vgl I-L-G. Gadamer genaue Anzeichnungen meine Intentionen zu verdeutlichen, so verhehle ich
1990,S.307ff.,S. raff.). doch nicht, daß Manches, jetfogar das Wesentlichste, sich nicht zu Papier brist-
Komponnmeessiplen in der Regel daratiC durch bestimmte Maß- geit laßt, ind nur durch das künstlerische Vermögen, durch sympathisch
tialirnrn eine ihrer Musik angemessene Vortragsweise zu sichern: schwungvolles Reproduzieren, sowohl des Dirigenten als der Aufführendm, zur
durch die Vortragsbezeichnung auf der Ebene des Werktextes (die durchgreifenden Wirkung gelangen kann. Dem Wohlwollen meiner Kunstge-
zugleich Bestandteil und Erläuterung des Textes ist, vgl P. Tenhaef nossen sei es daher überlassen, das Meiste und Vorzüglichste an meinen Wer-
1983), die mündlich oder schriftlich praktizierte Vortragslehre, die ken zu vollbringen« (F. Liszt 1857).
Realisierung 'mustergültigen Aufführungen und die Fixierung auk- Das Verhältnis von Autor- und Interpretenintention wirft die
torialer, d. h. vom Komponisten gesteuerter Reproduktionen auf Ton- Frage auf, in welcher Weise der Interpret als handelndes Subjekt an die
trägern im zo. ih. (z.B. Klavieraufnahmen eigener Werke durch B. Stelle des Komponisten zu treten befugt sei. Edward T. Cone in seinem
Bart61( oder Orchesteraufnahmen eigener Werke unter Leitung I. Buch The composer's Voice (1974) und C. Dahlhaus im AuGata Der Diri-
Stravinskijs oder P. Hindemiths). All diese vom Komponisten veran- gent als Starthaber (1976) haben eine TheorW dieser Funktion skizziert
laßten Reproduktionsvorgaben werden jedoch durch den rezeptions- Im Unterschied zu Rene' Leibowitz, der in seinem Buch Le Compositeur
und interpretationshistorischen Wandlungsprozeß durchkreuzt - et son double (i971 vom Interpreten >als einem »Doppel des Komponi-
man mag ihn im Sinne einer Abweichung von der Autorintention sten« sprach, fungiert der Dirigent bei Dahlhaus als Statthalter nicht
beklagen oder im Sinne einer die Autorintention übersteigenden des Komponisten, sondern des ästhetischen Subjekts des Werkes, das
Sinnentfaltung eines Werkes begrüßen -, zur geschichtlichen Wirk- dessen Sprachhaftigkeit verbürgt. Während der Sänger eines romanti-
lichkeit zählt er in jedem Fall. Selbst die Erwartung, ein Werk lasse schen Klavierliedes oder det Pianist, der ein expressionistisches Kla
sich vom Komponisten durch eine vollkommene Reproduktion auf vierstück vorträgt, dem Hörer unminclbar als Vermittler des ästheri-
Tonträger in einer für alle Zukunft gültigen Weise darstellen, ist trü- schen Subjekts der Musik erscheinen, ist im Falle von Orchestermusik
getisch. Denn die im Text norierte Struktur eines musikalischen nur det Dirigent in der Lage, den komplizierten Reproduktionsapparat
Kunstwerks weist einen Reichtum von Beziehungen auf, der in seiner durch die Schlagfiguren zusammenzuhalten und seine Gestik den
Gesamtheit nicht durch einen einmaligen Akt der Klangrealisarion musikalischen Charakteren so anzupassen, daß dem Hörer die Person
ästhetisch verwirklicht werden kann. In einer einzelnen Reproduk- des Dirigenten als Träger des fileiven ästhetischen Subjekts, das in
tion ist es immer nur möglich, gewisse Schichten der Gesamtstruktur einer Symphonie musikalisch spricht. zu erscheinen vermag (s. auch
einer Komposition unier Abstrichen bei anderen Aspekten zu realisie- —» Dirigieren). Ingesamt hat der Interpret als Statthalter des Kompo-
ren. was zum Beispiel am Zwiespalt zwischen den gegensätzlichen nisten eine Antwort au fdas Problem des Alterns der Meisterwerke (P.
Forderungen nach Deutlichkeit des Details und Stiftung eines über- Gülke 1966) zu geben und die vom Komponisten einem Musikwerk
greifenden Zusammenhangs der Formteile offenbar wird. Diese eingeschriebenen Sinnzusammenhänge zu einem späteren, durch ver-
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änderte musikalische Kommunikationskontexte charakterisierten Zahl von Lösungsvorschlägen für Teilaspekte entspricht, zu einer
Zeitpunkt wieder einzulösen und aufs neue zur Geltung zu bringen. immer weiter reichenden Spezialisierung der Ensembles. Wie genau
Daher erscheint das Verhältnis der Interpreten- zur Autorintention als auch alle Quellen untersucht, wie umfassend und differenziert alle
eine immer neu zu definierende Beziehung, welche die Geschichte der ermittelbaren Daten miteinander in Beziehung gesetzt werden, es
musikalischen Interpretation votantreibt. bleibt mehr offen als ein ungelöster Rest. Dies liegt nicht zuletzt
daran, daß es schwerfällt, überhaupt ein klares Ziel der Rekonstruk-
111. Drei Modi der musikalischen Interpretation tion zu bestimmen. Ist es die zufällige Disposition einer früheren
Wie wir oben bei der hermeneutischen Interpretation drei Kate- Aufführung - durchaus mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Kom-
gorien unterschieden harten, lassen sich bei der performativen Inter- ponisten die Vorbedingungen einet Aufführungssituation bei der
pretation musikalischer Werke drei Zeithorizonte auseinanderhalten: Komposition ihrer Musik oft bis ins Kleinste mitbedacht haben?
Der erste Zeithorizont bestimmt ein . Musikwerk in seinen Sind es die hervorgehobenen Sonderbedingungen von Festauffüh-
Anfängen in der vom Komponisten selbst bzw. im Rahmen der rungen bei Repräsentationsanlässen, bei denen die Komponisten dem
Musikkultur seiner Zeit vorgesehenen Weise der Darstellung. Dieser Ideal ihrer Vorstellungen nahekommen mochien? Oder ist es eine
Zeithorizont ist bei einigem Abstand nicht länger gegenwärtig. Nur ideale Aufführungssituation, wie sie von den Komponisten wohl
durch historische Forschung können die Bedingungen jenes einem erwünscht, aber nie erreicht worden ist? So ist denn weniger die tat-
Werk ursprünglich eigenen Zeithorizontes näherungsweise, aber nie- sächliche Rekonstruktion vergangener Fakten und Umstände ein
mals vollkommen rekonstruiert werden; im ästhetischen und Lebens- Kennzeichen dieses Interpretationsmodus als vielmehr der Wille, sol-
weltlichen Bewußtsein einer späteren Gegenwart findet das Rekon- ches überhaupt zu versuchen. Rekonstruktion und Konstruktion sind
struktionsbemühen eine unüberschreitbare Schranke. hier kaum zu scheiden. Je umfassender die Vertreter dieses Interpre-
Der zweite Zeithorizont wird von der musikalischen Tradition tationsmodus sich die Einsicht zu eigen gemacht haben, daß Mei-
gestiftet, von der sich ein gegenwärtiges Bewußtsein getragen fühlt. ningspriuris nicht ohne Interpretation zu leisten sei, desto überzeugen-
Dieser Zeithorizont erscheint abgehoben vom ursprünglichen der der konnte dieser Modus zu einer lebendigen Richtung eigenen
Werkentstehung, er ist aber nicht entschieden auf die Gegenwart Rechts werden. Er hat im zo. Ih. eine eigene Geschichte, die mit der
bezogen, sondern zeigt sich im Sinne der Gadamerschen Hermeneu- Wiederbelebung der ■ Alten Musik, (Early Music) zusammenhängr,
tik (H.-G. Gadamer 199o, 5.34E, S. 367 f. ) bestimmt durch Vorgaben und hat längst eigene Traditionen, gute wie schlechte, ausgebilder:
der musikalischen Wirkungsgeschichte und der Tradition als eines Musik der Barockzeit, geschweige denn früherer Epochen, cridingi
Leirfadens für die Gegenwart. Er ist ästhetisch und institutionell heute kaum mehr anders als ,historisch-rekonstruktiv,. So hat sich
geprägt durch die Konrinuität des musikalischen Vortrags im Rah- diese Kultur der Alten Musik, von einer klanglirhen Darstellung der
men einer Interpretationskultur, die sich von der Kompositionskul- philologischen Forschung zu einem anerkannten, wachsenden und
tur tendenziell abgespalten hat. in lebendiger Weise gegenwartsbezogenen Teilbereich der Musikkul-
Der dritte Zeithorizoht wird dezidiert von der jeweiligen Gegen- tur entwickelt, dessen Gegenstandsfeld durch die fruchtbaren Aktivi-
wart gesetzt. indem sich die Maßstäbe für die Reproduktion eines täten einiger Ensembles sich vom mittleren 18. Ih bis weit ins 19. Jh.
Werkes aus einem Zusammenhang zwischen der Interpretationskul- hinein verschoben hat und auch das zo. Ih erreichen wird, wenn die-
tur und anderen Schichten der Gegenwartskulrur, in Th. W. Adornos ses in kurzem zum vergangenen Ende eines früheren Jahrtausends
Sicht insbesondere der aktuellen Kompositionskultur, definieren. Aus herabgesunken sein wird.
diesen weiteren Perspektiven der musikalischen Gegenwartskultur,
wozu auch die technologischen Innovationen zählen, wird ein älteres z. Traditioneller Modu;
Werk in seiner Aktualität für die Gegenwart neu interpretiert. Der traditionelle Modus ist demgegenüber in den Smorn der
Diesen unterschiedlichen Zeithorizonten entsprechen drei Modi musikalischen Wirkungsgeschichte eingebettet, soweit sich diese als
der musikalischen Interpretation. Die Theorie der Wirkungsge- Tradition der Vortragskunst innerhalb der Interpreutionskultur der
schichte, wie sie Hans-Georg Gadamer in Wahrheit und Methode ent- klassisch-romantischen Musik gebildet und gegen i900 zu einem
wickelte, hat uns gelehrt, daß in jedem Fall beim Verstehen bzw. ‚Repertoire von Meisterwerkem, einem imaginären Museum dcr Kon-
beim Interpretieren eine ,Horizoniverschmelzure zwischen Vergan- zertkultur, verfestigt hat. Aufgrund der Überzeugung, daß die gro-
genheit und Gegenwart stattfindet (H.-G. Gadamer 1990, S.31 ft, ßen Werke der musikalischen Ausdruckskunst, in der Gestaltungs-
380f ). Bei allen drei Modi greifen meist, allerdings in unterschiedli- kraft des Interpreten ihre letzte Begründungsinstanz finden müßten,
cher Art, Elemente der drei Zeithorizonte ineinander. Die Modi sind mifgt dieser Modus der historischen Rekonstruktion des Werkes
keine überhistorischen Typen. Sie treten, jedenfalls in klarer Ausprä- wenig Gewicht bei: Dirigenten, die diesen Modus exemplifizieren
gung, erst im zo. Jh. auf- als konstitutive Alternativen, die eine Ent- könnten, wären etwa B. Walter, 0. Klemperer oder auch H. von Kara-
scheidung des Interpreten herausfordern. Denn in unserem Jahrhun- jan. Eine zumindest teilweise Loslösung von einer Texttreue hin-
dert ist der Schein. es könne eine unmirrelbare Verbindung zwischen sichtlich der notierten und nicht-norierten Schichten einer Partitur
dem Vortragenden und der von ihm dargestellten Komposition wird hier zu einer Voraussetzung für eine wahrhafte Treue zum
geben, unwiederbringlich zerbrochen. musikalischen Kunstwerk. Auch ohne vergleichende Rücksicht-
• nahme auf andere Darstellungen dieses Werkes - positiv durch
i.Historisch-rekonstruktiver Modus Anlehnung oder kritisch durch Zurückweisung - fügt sich jede Dar-
Der historisch -rekonstruktive Interprerationsmodus. welcher in stellung. jedenfalls post factum. in eine Geschicke der Werkinterpre-
de Kultur der 'Alten Musik seinen Ausgangspunkt hatte und seinen tation ein. innerhalb derer sie als eine Gestaltungsmöglichkeit
Schwerpunkt besitzt, ist dcr jüngste der drei Modi. Als historische —> erscheint - eine Möglichkeit unter anderen. wie groß auch immer
Aufführungspraxis eng mit der Musikwissenschaft verknüpft, zieh er ihre Vorzüge und Mängel sein mögen.
auf eine geschichtliche Rekonstruktion der ursprünglichen Auffüh-
rungsart eines Werkes vgl. L. Dreyfus 1983, P. Reidemeister 1988, R. ;. Aktualisierender Modus
Taruskin 19881- Vorformen des aktualisierenden Interpretationsmodus waren in
Eine imdorisch richrigc Aufführung gibt es allerdings nicht. der Aufführungsgeschichte vom Mittelalter bis ins to. Ih präsent.
Zudem Iührt die Vielzahl kontroverser Fragen, der eine ebenso große insofern Faktoren von Akrualisierung und Tradgion meistens inein-
I nrerpretation 1059 1060

anderflossen, doch erst im zo. Ih. gewinnt er Kontur als ein eigenstän- Neben der Einmaligkeit und dem Werden eines zusammenhän_
diger Modus der musikalischen Interpretation, sobald er gegen die genden Klangverlaufs ist es vor allem der kommunikative Aspekt,
anderen beiden Modi gestellt wird. In früheren Zeiten war es für die der die Live-Interpretation von der Studio-Produktion unterscheidet
Interpreten selbstverständlich, ein Musikwerk, das sie zum Erklingen Bei der Live-Performance im Konzertsaal kann - ja: muß sogat (wenn
bringen wollten, durch bearbeitende Maßnahmen ihrer Zeit, den wir ihre historische Genese aus der Wirkungsästhetik berücksichti-
eigenen ästhetischen Idealen, den Voraussetzungen eines zeitgenössi , gen: vgl. G. Barth i992)-' statt einer soli psis tischen Klang-Darstellun g
schen Hörens nach Gutdünken anzupassen. Mozarts Einrichtungen eines Werktextes Kommunikation>, ein wechselseitiges Reagieren,
Händelscher Oratorien beispielsweise oder die von Wagner, Mahler, eine rhetorische Bezugnahme des Interpreten auf die Zuhörerschaft
Weingartner und vielen anderen Dirigenten geübte Praxis, Beetho- zur Geltung kommen, wenn anders diese künstlerische Mediation..
vensche Symphonien in ihrer Klanggestalt durch Instrumenrations- form nicht ihre Bedingungen verfehlen will. Deshalb ist nicht de r
tetuschen zu verändern, sind hierfür beredte Zeugnisse. Diese Anpas- Interpret der beste Konzertspieler, der Abend für Abend seine Inter-
sungen von Werken an einen zeitgenössischen Erwartungshorizont pretationsauffassung eines bestimmten Werkes klanglich fast unver-
erfolgten um derselben Ziele willen, die auch die Verteter des tradi- ändert zur Darstellung bringt (obwohl es auch diese Fähigkeit der
tionellen Modus für sich in Anspruch nehmen: die Intention ihrer Konstanz gibt, wie A. Benedetti-Michelangeli gezeigt hat), sonder n
Autoren auch unter veränderten Umständen einzulösen und die derjenige, der in wachem Wechselspiel mit der Zuhörerschaft den
Werke einer neuen Gegenwart zuzuführen. Die aktualisierende Inter- Verlauf eines Werkes spezifisch gestaltet - angepaßt an die Bedingun-
pretation unseres Jahrhunderts erscheint hier zwar vorgezeichnet, als gen der Raumakustik, des Instrumentariums, der Atmosphäre im
eigenständiger Modus gegenüber den beiden anderen bildete sie sieh Saal, auch an die Fassungskraft des Publikums und an dessen Reak-
aber erst nach isioo heraus. Sie deutet die Vergangenheit aus einem tionen im einzelnen. Technische Fehler spielen bei der Live-Interpre-
reflektierenden Geist der Gegenwart und bestimmt die Darstellung tation solange keine große Rolle, als sie die Spannkraft der aktualen
älterer Werke von der Alterität der gegenwärtigen Musikkultur her - Aufführung nicht beeinträchtigen. Sie kommen und gehen, sie wer-
bei Adorno zumal aus Sicht eines aktuellen Komponierens. Darum den registriert oder auch nicht; jedenfalls sind sie nicht festgehalten
kritisierte er an Toscanini: als Teil eines Verlaufs, in dessen Mikrogestaltung sie - gemessen am
Vollends scheint die Beziehungslosigkeit zur aktuellen Produktion Werktext - keine Stutze haben. Dabei reicht der Interpretationsalz
unvereinbar mit seinem reproduktiven Ideal. Denn die Reproduktion har ihre bei der Live-Aufführung in besonderer Weise über die Dimension des
Kraft und Idee stets am fortgeschrittensten Siand des Komponierens, und alle bloß Akustischen hinaus durch an das Ambiente gebundene visuelle
entscheidend neuen interpretativen Intenrionen werden von dorther gespeist« (gestische, atmosphärische, physiognomische) Aspekte. Wie weit die
(Th. W. Adorno 958, zit im folgenden nach der Ausg. 1978, S.56/57). musikalisch-akustische Erfahrung durch Vorwissen gesteuert und
Der akrualisierenden Interpretation liegt somit die Idee zudem durch visuelle Komponenten beeinflußt wird, haben musik-
zugrunde, eine problemgeschichtliche Beziehung zwischen musikali- psychologische Experimente - u.a. von Klaus-Ernst Sehne (wo) -
schen Denkformen der Gegenwart und Prinzipien älterer Musik auf- vielfach erwiesen. Sie sind für eine Theorie des musikalischen Cha-
zuspüren und Werke so darzustellen, daß Züge, die ihnen ursprüng- rakters wichtig, denn sie zeigen, daß sich die Kategorie Charakter bei
lich allenfalls verborgen innewohnten, zu lebendiger ästhetischer der Musikinterpretation nicht in der akustischen Dimension
Gegenwart erhoben werden. Als Beispiele können gelten A. Webems erschöpft, sondern darüber hinaus, wie ikonographisch in Musiker-
Bearbeitung des sechsstimmigen Ricercares aus Bachs Musikalischem karikaturen umfangreich dokumentiert ist, visuell-gestische Fakto-
Opfer (L931/35) oder auch Gerd Zachers zehn Orgel-Interpretationen ren umfaßt
des Kontrapunkrus 1 aus Bachs Kunst der Fuße (196 realisiert), die In vielen Punkten läßt sich die Studio-Produktion idealtypisch
Zacher unter der Überschrift Festival - Die Kunst einer Feie als CD als das Gegenteil des Skizzierten beschreiben. Ihr Resultat ist ein
publiziert hat (Wergo Mainz 6184-2). Wenn sich am Ende des zo. Ih. - Kunstprodukt Sie entsteht unter Bedingungen, die mit einer kom-
in einer Zeit der Postmoderne - ein ,fortgeschrittenster Stand, des munikativen Konzertsituation kaum etwas gemeinsam haben. Auf-
Komponierens nicht mehr bestimmen läßt und der einst darauf zie- gabe der Interpretationstheorie ist es, den besonderen Charakter die-
lende Anspruch als Fiktion der Moderne endarvt ist, bleibt doch die ser Entstehungsbedingungen so zu erfassen, daß die Eigenständig-
Koppelung der Reproduktion an neue Entwicklungen in der Musik- keit dieser Art der Interpretation klar zutage tritt. Natürlich gibt es
kultur als eine Möglichkeit von mehreren sinnvoll und realisierbar. viele CDs, die Konzertmitschnitte vermarkten und in einem Zug rea-
lisierte VertauGkurven festhalten. Das Ideal aber ist hier eine Art
IV. Live-Performance versus Studio - Produktion ,Retorten-Aufnahme, Die Fragmentierung der musikalischen Ver-
Die musikalische Interptetationskunst hat einen frühen Auf- fauGzeit ist hier eine so plausible Möglichkeit wie die Parrialisierung
schwung bereits mit dem Historismus des i. Jh., also noch vor der bis in kleinste Partikel jedweder musikalischen Dimension. Eine
Entwicklung der neueren Technologien der Klangteproduktion; nicht genau realisierte Tonhöhe, eine mangelhafte Balance des
erlebt. Durch das Aufkommen dcr technischen Reproduzierbarkeit s, Klangs, eine Unebenheit des Tempos usw. sind Eigenschaften der
des Klangkunsrwerks im zo. Ih. aber, einem Fakrum von unabsehba- Darstellung, die hier, im Unterschied zum Live-Verlauf (wo sie sogar
rer Tragweite, hat sie sich grundsätzlich und auf Dauer gespalten in einen Reiz der Interpretation ausmachen können), srörend wirken
die Typen Live-Petforrnance und Studio-Produkiion, die in einem dyna- und deshalb korrigiert werden. Auch dic Aufnahmezeit braucht kei-
mischen Spannungsverhältnis zueinander stehen. neswegs die virtuelle Werkzeit zu spiegeln. Ein Interpret kann mit
Bei der Live-Interpretation eines Werkes kommt der akruale Cha- jedem Satz, mir jedem Abschnitt seine Werkdarsteltung beginnen,
rakter der Performance in traditioneller Weise zum Tragen, und zwar denn die Aufnahme-Siruation der Retorte erlaubt jedwede Zusam-
am reinsten dann, wenn wir den ( hypothetischen ) Fall annehmen, menstellung am Schneide- und Mischtisch (vgl M. Fischer u.a. 986).
daß ein Interpret die Klangrealisation eines Werktextes nur dieses Wie unterschiedlich die Antworten von Interpreten auf die Ent-
eine Mal vollbringt und keine Aufnahme davon realisiert. Der Ereig- wicklung der technischen Reproduzietbarkeit von Musik im Laufe
nischarakter der musikalischen Interpretation kommt in dieser Form des zo. ih. ausfallen können, zeigen zwei Künsrler, die das Verhältnis
besonders nachdrücklich zur Geltung, die Einmaligkeit der Auffüh- zwischen Konzertaufführung und elektroakustischer Aufzeichnung
rung zumal. insofern sie einen Nachklang der auratischen Sphäre der geradezu gegensätzlich bewerten: der Pianist Glenn Gould und der
Kunst mitschwingen läßt (vgl. G. Vattirno 994. 5.73 - 9 2 ). Dirigent Se rgiu Cclibidache. Während Gould von 1964 an, als er Kon-
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tertauftritten grundsätzlich abgeschworen hatte, nur noch Studio- Werktextes sind auch aufeinander und nicht nur auf den Text bezo-
tufnahmen realisierte, weil er bei ihnen, von einem bloß als lästig gen - Zeichen einer Interpretationskultur, die von rigorosen Verfech-
nipfundenen Publikum befreit, ausschließlich werk- und nicht tern eines Kompositionsprimates zu Unrecht als bloße Verfallsform
,hehr publikumsorientierr spielen könne, verweigert C,elibidache bis beklagt wird.
heute (1996) in der Regel die Schallplattenaufzeichnung, weil er die
Chance zu authentischer musikalischer Interpretation ausschliefg- v. Aspekte des Tempos
lich bei Live-Aufführungen im Konzertsaal gegeben sieht - sowohl Bei der Zeitgestaltung in der Musik rückt der zentrale Stellen-
von seiten der Aufführenden als auch von seiten des Publikums. wert aller mit dem Tempo, dem 'Zeitmaß, zusammenhängenden
Die klanglich-akustische Aufzeichnung macht einen ein- Fragen ins Blickfeld. Es zeigt sich dabei, daß die musikalische Zeitge-
maligen, früher für immer >verlorenen, Vorgang reproduzierbar, staltung in der Interpretation nicht allein ein ästhetisches, sondern
aber - und dies ist wesentlich - nicht diesen selbst, sondern sein ein eminent historisches Problem ist, denn wir haben die ästhetische
Abbild, seine transponierte, künstlic.he Existenz. Gerade weil die Erlebniszeit einer bestimmten Werkdarstellung immer auch in ihrer
im Laufe eines Jahrhunderts perfektionierten Aufzeichnungs- Abhängigkeit von der Geschichtszeit zu begreifen, die jeglicher Inter-
und Wiedergabemodalitäten in klanglicher Hinsicht nicht mehr pretation von Kunstwerken innewohnt. Wenn wir das schwierige
nur als ein schwacher Abglanz von Live-Aufführungen bewertet Problem der Textintention einer musikalischen Partitur einmal bei-
werden können, bleibt das Moment der Überraschung, des Nicht- seite lassen, läßt sich das Tempo einerseits von der Position des
vorhersehbaren, das die Konzertsituation zu einem kommunika- Autors, andererseits von der des Interpreten her bestimmen. Von bei-
tiven Ereignis macht, bei der technischen Reproduktion eines den Positionen aus ergeben sich Schwankungen, zeigt sich die
Werkes ausgeblendet. Unmöglichkeit einer präzisen Fixierung der Tempodisposition. Vor
Walter Benjamin und Theodor W. Adorno haben den Verlust der allem besteht zwischen ihnen eine Spannung, die im Verlauf der
Aura als Konsequenz dessen erörtert, was Benjamin im Titel seines Interpretationsgeschichte durchaus Züge eines unversöhnlichen
berühmten, zwischen 1936 und 5939 geschriebenen Aufsatzes Das Gegensatzes angenommen hat.
Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ansprach. Die Betonung der Relationen vor dem Absoluten bei Tempofra-
Aura ist nach Benjamins Definition »die eirunalee Erscheinung einer gen verweist auf den Zusammenhang, der sich in einer Dialektik
Ferne, so nah sie sein mag. An einem Sommernachmittag ruhend einem von Teil und Ganzem im Laufe einer Darstellung zwar zeitlich suk-
Gebirgszug am Horinnt oder einem Zwej folgen, der seinen Schatten auf den zessiv ergibt, vom Interpreten aber von Anbeginn weg im Sinne
Ruhenden wirft - das heißt die etwa dieser Berge, dieses Zweees annen.« (W. einer blitzartig imaginierten Zukunft der Werkdarstellung vorweg-
Benjamin 1974, S.479). Da Musik nach Adorno »die aurattsche KIMM genommen sein muß, damit allen Einzelpassagen ein adäquater
schlechthin ist (Th. W. Adorno 1963, zit, im folgenden nach der Ausg. Wert im gestalteten Zeitverlauf zugewiesen werden kann, wie er im
1976, S.372) - in Anbetracht der Einmaligkeit des in der Zeit aufge- Sinne einer funktionell differenzierten Form in der Theorie des i9.
führten Musikwerks eine verständliche These -, ist sie von der Ent- und zo. Ih. - besonders eindringlich von A. Schönberg in seinem
wicklung ihrer technischen Reproduktion (Schallplatte, Rundfunk posthum publizierten Buch Structural F unctions of Hannony (A.
usw.) im Blick auf die Einmaligkeit der live-musikalischen Interpre- Schoenberg 1977, S.117-19 t ) - entwickelt worden ist. In Adornos
tation in ganz besonderem Maße betroffen. Wenn die gleiche Auf- fragmentarisch hinterlassener Theorie der musikalischen Repro-
nahme einer Symphonie oder einer Messe Mozarts tausendfach ver- duktion (J. Uhde/R. Wieland 1988, passim) heißt es hierzu: »Es
breitet wird, kann das individuelle Hören, das sich meist im privaten (eines der Hauptphänomene des üblichen Musizierens' besteht meist
Raum abspielt, keine Einzigartigkeit wie bei der einstigen Auffüh- in einem abstnkren Vorrang des Tempos über die Charaktere, der ebenso
rung im ursprünglichen Kontext mehr beanspruchen, sondern weiß verkehrt ist, wie wenn die Charaktere sich undialektisch verselbständigen.
um das schlechthin Kollektive medial vermittelter Musikrezeption. [. .1 Es im z.B. ein entscheidender Unterschied, ob die gleiche melodische
Aura tisches, an einen Kultwert gebundenes Kunstwerk und nicht- Gestalt als Thema gespielt, gesetzt wird, ob sie in den Fluß einer Entwick-
auratisches, technisch reproduziertes Werk stehen einander freilich lung hineingezogen erscheint oder ob sie schließlich als Resultat einer Ent-
nicht starr gegenüber, denn der Verlust der Aura, eines quasi-religiö- wicklung wieder eininit. Dies heißt weitgehend: interpretieren« (zit. nach
sen Kultscheins, in der Kunst der Moderne resultiert nicht nur aus 1. Uhde/R. Wieland 5988, S. 162).
ihrer Öffnung gegenüber der Technik, sondern noch mehr aus ihrer Wie sich diese Differenzierung in unmittelbare Zeiterfahrung
immanenten Entwicklung zur Autonomie hin: umsetzt, beschreibt Georg von Dadelserr »Dem Hörer wird die geglückte
»Aber der Gegensatz als solcher ist nicht undialektisch zu sehen. Das Darbietung dieser Musik wohl am besten durch deutlich motivierte Zeirvor-
mechanisch reproduzierte Kunstwerk ist nicht einfach die Negation des aurati- Stellungen klor, die er im Verlauf der einzelnen Sätze empfindet. Er weiß - im
schen als eines kultischen. Das Kunstwerk verneint, seit es autonom ward, den Unterbewußtsein - injedem Augenblick, an welcher Stelle des Zeitverlaufs er
Kultwert, von dem es zehrt und den es säkularisiert« (Th. W. Adorno 5963 sich befindet, sofern dieser Zeitverlouf nur in die richtigen Ausdruckscharaktere
[1976], 5. VZ]. umgesetzt wird Anfang - Ende; Setzung - Fortsetzung; noch-nicht -jetzt -
Einer Klangaufzeichnung eignet nicht in gleicher Weise der vie- nicht-mehr; Erwartung - Durchbruch - Erfüllung - Auflösung - Erinnerungi
len Deutungen offenstehende Sinnstatus, den der Partiturtext eines (G. von Dadelsen 1980, S. tz8).
Musikwerkes besitzt. Was aber vorn Status der Interpretationsauf- Solche Zeitgestaltung reicht über Fragen einer treffenden Tem-
nahme als Dokument eines Werkverständnisses gilt, bestätigt sich powahl oder einer nuancenreichen Agogik hinaus. Sie konvergiert
nicht ebenso im Blick auf ihren Status als eigenes Kunstwerk H. mit dem Kern musikalischer Interpretation überhaupt.
Cottschewski t996, S. t-24). Die in Tondokumenten greifbare Inter- Den Zusammenhang zwischen Tempo und Charakter hat Rudolf
pretationsgeschichte eines Werkes spiegelt somit nicht nur die Ent- Kolisch, der Primarius des gleichnamigen Quartetts und Schwager
wicklungsgeschichte der Aufnahme- und Wiedergabetechnik oder Schönbergs, in einem Beethoven gewidmeten Aufsatz untersucht (R.
die unterschiedlichen Ziele und Fähigkeiten der Interpreten, son- Kolisch 199z, 5.3-87). Ausgehend von den Metronomisierungcn. die
dern sie dokumentiert wesentlich die überlieferungsgeschichte eines Beethoven selbst- vorgenommen hatte. zielte Kolisch darauf auch die
Werkes. die nunmehr über die verbalen Quellenzeugnisse hinaus vom Komponisten nicht metronomisicrten Instrumentalwerke mit
auch in klanglichen Quellen greifbar ist. Die sich in den unterschied- Metronomzahlen zu versehen. Denn er war von einem engen,
lichen Einspielungen artikulierende Lektüremöglichkeiten eines wesen tlichen Zusammen hang zwischen dem Zeitmali der Interprera-
Interpretation 1063 1064 ,

tion und dem Charakter der Musik überzeugt und erkläredie Beach- Interpretationsanalyse bezieht sich aber auch auf eine al s
eung 'richtigen Tempi für unabdingbar, um den Charakter eines Sat- Tondokument vorliegende enrkinterpretation..Diese hat Objekt-
zes angemessen zu realisieren. starus dadurch erhalten, daß sie in der Spezifik ihres Klanggefüger
einmalig - und zugleich wiederholbar - erscheint Es geht also
Vl.interpretationsanalyse und -vergleich weniger darum, das Klangresultat einer Werkinterpretation mit
Der Begriff Imetpretationsanese ise mehrdeutig. Er kann sich dem Hypokeimenon des Notentextes zu vergleichen - etw,
zunächst beziehen auf einen Partiturtext der im Blick auf eine künf- um festzustellen, wo Übereinstimmungen mit bzw. Abweichungen
tige, gleichsam ideale Ineerpretation analysiert wird. Dies ist die älte- von dem im Partiturtext kodifizierten Autorwillen vorliegen -,
ste, vom Sprachgebrauch her nächstliegendsee und historisch am ehe- vielmehr darum, die Eigengesetzlichkeit einet musikalischen
sten erforschte Bedeutung des Begriffs (vgl. I-L Danuser 1992, S.301- Werkinterpretation herauszuarbeiten, ohne daß von vornherein
31o). Für sein Verständnis ist vor allem wichtig, daß die Verbindung festgelegt wäre, nach welchen Kriterien sie zu messen sei.
der Interpretationsanalyse zut musikalischen Vortragslehre, die ihr Dieser Grundtyp erlaubt es uns, der Pluralität sowohl der musikali-
vorausgeht und se begleitet, angemessen berücksichtigt wird. Inter- schen Interpretationsgeschichte als auch der heutigen Musikkultur
pretationsanalyse läßt sich dann als spezielle Vortragslehre fassen, d.h. sie gerecht zu werden.
ist bestimmt als Vortragslehre eines einzelnen Musikwerkes. Während ,Die Interpretation als Kurtsnverb - mit dieser durchaus provoka-
die allgemeine Vortragslehre die Grundsätze eines guten bzw. schönen tiven These, die der Komposition als Kunstwerk den Alleinvertre-
Vortragsentwickelt, soweit sie über einzelne Werke und Komponisten, tungsanspruch im System der Musikästhetik strittig macht, har
teils sogar über Gattungen und Epochen hinweg Geltung bean- Hermann Gottschewski der musikalischen Interpretationsfor-
sprucht, widmet sich die spezielle Vortragslehre einzelnen Komponi- schung eine neue Wendung gegeben (H. Gottschewski 1996). Die l,
sten, Gattungen, Epochen - insbesondere aber, und dann fällt sie mit Technologie der Klangaufnahme, -speicherung, -reproduktion und
Interpretationsanalyse zusammen, einzelnen Musikwerken (—> Vor- -analyse läßt diesen Grundtyp der Interpretationsanalyse als ein
trag). zukunftsträchtiges Feld der Musikforschung erscheinen. Bei die-
Die enge Anbindung der Vortragslehre an die Kompositionsana- sem Gebiet, wo subjektives Meinen und Werten bislang unver-
lyse, wie sie bei Heinrich Schenker z.B. in den Erläuterungsausgaben meidlich war, läßt die nunmehr erreichbare Objektivierbarkeit der
von Beethovens späten Klaviersonaten vorliegt, kennzeichnet auch Methoden eine wissenschaftliche Behandlung der Probleme aller-
die Interpretationsanalysen, die Adorno in seinem Buch Dergeneue erst zu. Mehr noch: Der Gegenstand Interpretationsanalyse in diesem
Korrepetitor c963 publiziert hat. Beim Gegenstand, Werken der Wiener Sinn hat sich durch die Entwicklung der Klangtechnologie seit dem
Schule, trennt er nicht zwischen vorgängiger Kompositions- und ausgehenden 19. Jh. - mit den Welte-Mignon-Aufnah men und ver-
nachgeordneter Interpretationsanalyse: »[Dasi Verhalmis von Komposi- wandten Verfahren der Musikreproduktion - überhaupt erst kon-
tion und Interpretation ist nicht einfach das von Schichten, die aufeinander stituiert. Bei der Analyse musikalischer Werkinterpretationen im
sich aufbauen, sondern eines von dialektischer Wethselwirkung. Interpretari- Sinne von hör- und reproduzierbaren Klangdarstellungen sind
onsfragen des 'Typus, wie eine schwierige oder gar rätselhafte Stelle durch ihre Aspekte der Diskologie (M. Eiste 1.989,S.4if.) zu berücksichtigen, der
sinnliche Erscheinung sinnvoll werden kann, führen ebenso in Komposirions- technische Stand von Aufnahme, Speicherung, Wiedergabe und
fragen hinein, wie umgekehn die Erörterung eigentlicher Kompositionspro- Überlieferung, darüber hinaus Art und Weise der Produktion der
bleme, solche der Formstnazinrader des thematischen Zusammenhangs. Inter- JInterpretatiom mir ihren immer raffinierteren Korrektur- und
preterionsanweisungen liefern, indem sie dazu anhalten, das, was unter der Manipulationsverfahren.
klanglichen Fassade geschieht, in der leereration ans Liehe zu rücken« (Th. Vergleichende Interpretationskritik ist als musikschriftstelleri-
W. Adorno 1963 [19761,S. 275). sche Disziplin bisher weniger Sache der Musikwissenschaft als eine
Der Impuls, der hinter Adornos Interpretationsanalysen steht, ist Sparte in Schallplattenzeitschriften und Rundfunkprogrammen,
im Grunde derselbe wie bei Schenker:ein Verstehen komplexer musi- wo sie unter der Rubrik vergleichende Diskographie beliebt ist. Im
kalischer Kunstwerke zu beförderrt. Dies geschieht durch detaillierte- Kern steht die Frage nach dem monadologischen Charakter musi-
ste Reflexion - Was nicht, zumindest an Modellen, zur einzelnen Note und kalischer Interpretation. Wie kann es gelingen, über interpretatori-
zur einzelnen Pause hinabsteigt, ist als Interpretationsanweisung unverbind- sche Sachverhalte vergleichende Urteile triftig zu fällen, wenn ein
lich« (ebd., 5. 276 ) - und durch eine an deren Ergebnisse sich anschlie- erklingendes Musikwerk als eine ästhetische Einheit an einer
ßende Reproduktion. Für die Neue Musik ist dies ausschlaggebend, unteilbaren Kunstsphäre teilhat, deren geschlossene, ganzheitliche
denn das Vorurteil der Unverständlichkeit das der Komposition ent- Struktur zum Zweck eines Vergleichs aufgesprengt werden muß?
gegenschlägt, ist nur allzu oft in einer sinnentstellenden Auffüh- Dabei läßt sich das interpretationskritische und diskographische
rung begründet, durch welche die sinnvoll komponierte Musik so Spektrum tendenziell nach den beiden Seiten eines nicht-wissen-
wird, wie es das Vorurteil zu wissen glaubt: objektiv sinnlos. Im schaftlichen Interpretationsvergleichs und einer wissenschaftli-
Zusammenhang einer authentischen Webern-Interpretation bringe chen Interprerationsanalyse hin polarisieren: auf der einen Seite
Adorno im Blick auf die vom Komponisten selbst in Anspruch eine hermeneutische Skizzierung von ,Physiognomien< einet Inter-
genommene große Freiheit agogischer Gestaltung das »mikrologische pretation mir nur lockerem Bezug zum ihr zugrunde liegenden
Verfahrena zur Sprache. Dieses Verfahren »darf nicht als ein dem künstle- Partituttext, auf der anderen eine Vetgleichung der in Tabellen
risch produktiven Entgegengesetztes verstanden werden. W. Benjamin hat das erfaßten akustischen Daten einer Werkineerpreration (zumal
vermögen der Phantasie als die Gabe, im unendlich Kleinen zu interpolieren, Details der Rhythmus- und Tempogestaltung } mit dem Partitur
definiert. Das beleuchtet blitzhaft die wahre mterpreiarion. Der Forderung, text, der dann allerdings, obzwar selbst deutungsbedürftig, als
Phantasie, als Medium des Lebens der Werke, und Genauigkeit. als das ihrer positiv gegebener Maßstab fungiert ( z.B. A. Hartmann 1931, TK
Dauer, zu vereinen. der Grundfrage, welcher der verannvordiche Interpret sich Wohnhaas 1958, A. Kalix 5.ß0ITIS 1963). Eine aktuelle Metho-

gegenüber sieht, wird genügt nur durch dengebannten und bannenden Blick dik des Interpretationsvergleichs j. A. Bowen 1996) zielt demge-
auf den Notentext der Werke. In seinem dichtgewobenen Zusammenhang sind genüber auf verbindliche, intersubjektiv nachvollziehbare und in
die minimalen Hohlräume zu entdecken, in denen sinnveriethende Interpreta- ihrer geschichtlichen Reichweite beschränkte Urteile, welche die
tion ihre Zufluchtfindet. [ ...I Das media rn künstlerischer Phantasie ist nicht einzelnen Leistungen in ihrem inruin-en elonsgeschichtlichen Kon-
ein Weniger an Genauigkeit sondern das noch Gcruucrr 1 ebd.. S. 276. rex e betrachtet.
1066 Interpretation
065

VI1. Kritik gen vermag, leistet sie ihrerseits einen Beitrag zur Werkkritik. Sie läßr
Komposition und Interpretation sind die Dimensionen, auf wel- in ihrer vollen Entfaltung den Kunstgehalt eines Musikwerkes in
che sich Musikkritik vorab bezieht. In ihrer Differenz wird zugleich immer weiter reichender Differenzierung und Vielfi I rigkeic aufschei-
der Weg deutlich, den sie im Laufe der letzten zwei Jahrhunderte nen und wird so zum Organon von Kompositionskritik. Indem
durchschritten hat ein Weg - zugespitzt formuliert - von der Korn- umgekehrt Kompositionskritik der Imerpieta rion neue Wege aufzu-
posirions- zur Interpretationskritik. Im i8. und beginnenden i9. Jh. zeigen vermag, wird sie zum Organon von Interpretationskritik. So
bezog sich Musikkritik primär auf die Komposition und nahm von bedingen sich diese beiden Kritikformen wechselseitig. Statt - wie
der Qualität der Aufführung nur beiläufig Notiz. Bereits am Ende des Hugo Riemann - zu klagen, in der gegenwärtigen Interpretations-
19 . Ih. aber sah sich H. Riemann zur Klage veranlaßt, das Publikum kultur käme das Telos von Kompositionskritik zum Verschwinden,
habe .sich so an das Kritisieren gewöhnt, daß es auch die Aufführung einer da die Differenzen unterschiedlicher Reproduktionen musikalischer
Beethovenschen Symphonie nicht mehr anhören kann, ohne sich in erster Linie Werke die ganze Aufinerksamkeir auf sich zögen, sollte vielmehr die
immer die Frage, ob die Auffiihrung eine gute, eine mustergültige oder eine Einsicht Platz greifen, daß durch Interpretationskritik das Verstehen
Aftelßige ist, zu beantworten. An das Werkselbstdenkt es kaum mehr« (H. Rie- musikalischer Werke entscheidend befördert werden könnte. Kurz-
(mann t895, 5.8). Heute, da dieser Wandel der Musikkultur von einer sichtige Verfechter einer isolierenden Interpretationskritik aber müs-
i Kompositionskultur zeitgenössischer Musik zu einer Interpretations- sen daran erinnert weiden, daß die musikalische Reproduktion ihr
dadrur meist früher entstandener Musik noch andauert, bildet die Telos nicht in der differentia specifica einzelner Darstellungen eines
Spannung zwischen den beiden Dimensionen ein Grundelement ver- Werkes hat, sondern in der Entfaltung eines Kunsrgehaltes, der im
., Ymnvortungsvoller Musikkritik musikalischen Werk qua Komposition und dessen Kritik ihre blei-
Schaffen und Nach-Schaffen, Produktion und Reproduktion bende Voraussetzung behält.
!t.sind indes in der Musik keineswegs so weit voneinander entfernt, wie Die Relevanz der reproduktiven Vermittlung eines Werkes, ihre
'es ein an Schablonen gewöhntes Denken vorschnell glauben möchte. Geburtshelfer- und Emendierungsfunktion hat von Dadelsen in
''.Dies gilt zunächst im Blick aufdie These, daß auch das Darstellen von Anlehnung an eine Formulierung H. von Bülows zur These veran-
idusik ein eigentliches ,Produzieren, ein ‚Schaffen, keineswegs ein laßt es gibt keine schlechte Musik, es gibt nur schlechte Interpreten« (G. von
loßes Nach-Schaffem sei (vgl. H. Goctschewski 996, 5.14). Die Dadelsen 198o, S. 1z5). In dieser These, nimmt man sie wörtlich,

t
i
:Werke der Tonkunst bleiben stumm, wenn sie nicht aufgeführt wer-
: den. Allein die Aufführung vermag ihre Zeitlichkeit von einer virtuel-
len in eine aktuelle, ästhetisch erfahrbare Zeitlichkeit zu übersetzen.
Ist somit - wie Interpretation auf Komposition - Interpretationskri-
erscheint die Dialektik zwischen Werk und Interpretation aufgekün-
digt, so daß sie zwar die Loslösung der Vortragsqualität von der Qua-
lität der Komposition auf ihren Begriff bringt, durch solche Zuspit-
zung aber zugleich fragwürdig wird. Demgegenüber hat der Pianist
G. Gould dezidiert die Auffassung vertreten, daß Interpretation auch
;:. tik auf Kompositionskritik als ihr Pendant angewiesen, so gilt dies
grundsätzlich auch in umgekehrtem Sinn: Kompositionskritik isr auf die Aufgabe habe, Kompositionskritik zu üben. Er har dies in einer
I Interpretationsirrinkangewiesen. Reihe von Aufnahmen von Mozartschen Klaviersonaten gemacht,
Soweit ein kritisches Urteil über ein Werk sich nicht allein auf ein deren seiner Auffassung nach strukturell einfache Kompositions-
Paniturstudium, sondern auch auf eine ästhetische, einen Hörein- weise er in seinen Einspielungen drastisch offenbart, ohne doch ver-
druck mitberücksichtigende Erfahrung des Werkes stützt, greifen meiden zu können, daß ein Mozartsches Werk wie die Klaviersonate
Kompositions- und Interpretationskritik ineinander. Zumal in den in B-Dur KV 333 in seiner Einspielung auf neue Weise interessant
Anfangsstadien der Wirkungsgeschichte eines Werkes ist es nicht wurde (vgl. G. Gould 1986, 5.58-73: E. W. Said islen, S.zt-34). Selbst
leicht auszumachen, ob sich ein bestimmter Höreindruck aufgrund dort also, wo der Begriffeiner negativen oder kritischen Interpreration am
von Werkeigenschaften der notierten Partitur oder aufgrund von Spe- Platze ist, greifen die performative und die hermeneutische Interpre-
zifika eines wie immer gearteten Vortrags einstellt. Die oft auffällige tation ineinander.
Konzentration des Kritikerurteils auf Werkeigenschaften der Partitur
LITERATUR
und die Vernachlässigung von Interpretationsgegebenheiten der Dar-
Eine Bibliographie zu Interpretation bleibt immer selektiv. Im folgenden
stellung bei Uraufführungskritiken haben in diesem Umstand ihre werden daher nur die für den weiteren Kontext dieses Artikels beigezogenen
sachliche Begründung. Interpretationskritik differenziert sich erst im und vor allem auch alle darin zitierten Quellen verzeichnet. Weitere bibliogra-
wiederholten Hören; am Anfang der Wirkungsgeschichte eines musi- phische Hinweise zu Quellen und Literatur finden sich in R. Jackson, Perfor-
kalischen Werkes kann sie sich allenfalls zusätzlich bemerkbar mance Pracrice roGonremporan, N.Y. 1988. musikalische tracrpreration, hrsg.
machen, nicht aber in ihrer späteren, ennvickelteren Form. von H. Danuser, Laaber iooz (= NHdb 11), in den MGGz-Artikeln —› Analyse.
Weil aber Kompositions- auf Interpretationskritik angewiesen —› Aufführungspraxis, Dirigieren,—. Hermeneutik. Improvisarion.—›
• ist, gelangt der hermeneutische Prozeß des Werkverstehens allein in Vortrag mit den Instrumental- und Vokallehrschulen sowie im spezielleren
wechselseitigem Ineinandergreifen beider Formen der Kritik zum Schrifttum zu einzelnen Personen (Komponisten. Virtuosen, Dirigenten},
Instrumenten, Institutionen, Gattungen und Werken.
Tragen. Die Hermeneutik eines musikalischen Werkes kommt nicht
allein aufgrund des analytisch fundierten Verstehens seiner komposi- QUELLEN
torischen Struktur und einer hierdurch vermittelten Einsicht in sei- FR. LISZT, Vorwort Zu Ct qdm, eneend tu, la morinen, Symph.reche Dichtung
nen Kunstgehalt zustande. Kompositionskritik besteht so wenig iso- Nr. ißngroßes Orchester, 1857, in: Musikalische Werke. hrsg. von der Franz-Liszt-
liert wie Analyse und Deutung. Vielmehr entfaltet sich der Prozeß des Stiftung, Abs. 1, Bd. 1. Lpz./Bln. 1907 • C. REINECKE, Zur Wiederbelebung der
Vergehens immer auch gespeist von Impulsen. die performativen Mozan'schen eiavier-Go/Imre. Lpz. 1.891 • R. WAGNER, Uber dm Dirigieren 118691, irt:
Interpretationen eines Werkes entstammen. Interpretationskritik lei- Ges. Schr. und Dichtungen. Bd.8. Lpz. '1907..051-337 • DERE., Zum Vorring dir
stet daher einen wesentlichen Beitrag zum Werkversrehen, denn ein- neunten symphonie Beethoveds. in: dass. Bd. 9. ebd. '1907, ; z57 • L. ROTTEN-
BE Rc. Jenseits von musikalisch und Unmusikalisch, 111 G. 1. Plotke (Hrsg.). Deutsche
zelne Interpretationen von Werken - Beerhoven-I nterpretationen von
Bühne. lb. der Frankfurter Städtischen Bühnen 1. 1917 18, Ffm. i919. 357 - 364
Michael Gielen zum Beispiel - führen, wie die Theorie der drei Modi • FL SCHENKER, Der wahre Vorne irr ders.. Der Tonwille. Flugblätter zum
der Interpretarion zeigt, nicht etwas aus, was bereits unzweideutig Zeugnis unwandelbarer Gesetze drr Tonkunst einer neuen lugend dargebracht
im Werk als notierter Komposition angelegt und bislang unaufge- von Heinrich Schenker. 6. Heti, Wien ;. ;6-.4o • H PF ITZ NER, Werk und Wie-
deckt überliefert gewesen wäre. Sie stiften vielmehr eine neue Entfal- der8abe. Agb. 3 5153 ( - Ges. Sehr 3 • H. ScriE RCtivN, Lehrbuch des DIrl8terens, Lpz.
tung musikalischen Sinns. Indem Interpretationskritik dies aufzuzei- t9z9 • A. CORTOT. COUIS d'interpritution. htsg von 1 Thictfry. P. 1934 • E ST
Interpretation 1067 106e

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HERMANN DAN1LSE R

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