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Informationstechnische Projekte – Qualitätsmanagement

Skriptum – Teil 5

Bekim Alibali, MA BSc

bekimalibali@htl-shkoder.com

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Inhalt
3. Methoden des Qualitätsmanagements ........................................................................................... 3
3.4. Fehlerbaumanalyse (FTA) ......................................................................................................... 3
3.5 Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) ................................................................... 6

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3. Methoden des Qualitätsmanagements

3.4. Fehlerbaumanalyse (FTA)

Die Fehlerbaumanalyse (Fault Tree Analysis, FTA), stammt ursprünglich aus dem Bereich Luft- und
Raumfahrt sowie Reaktortechnik. Diese Methode bzw. Analyse, wird zur Beurteilung und
Optimierung von Systemen hinsichtlich ihrer Sicherheit und Zuverlässigkeit eingesetzt. Ihre
Anwendung findet sie vor allen bei komplexen und sicherheitskritischen System.

Die Ziele der FTA sind, die systematische Identifikation aller möglichen Ausfallkombinationen
(Ursachen), die zu einem vorgegebenen unerwünschten „Top“-Ergebnis (Fehler oder Problem)
führen.

Der Ablauf der FTA lässt sich in die Phasen Systemanalyse und Erstellung des Fehlerbaums einteilen.

1) Systemanalyse

Die FTA beginnt im ersten Schritt mit einer Systemanalyse, in der das betrachtete System detailliert
untersucht wird. Darunter fällt: die Identifikation der Funktion, die das System zu erfüllen hat, die
Identifikation der verschiedenen Betriebszustände des Systems, die Bestimmung der
Umgebungsbedingungen, die auf das System einwirken und die Identifikation der Hilfsquellen (z.B:
Energiequellen)

2) Erstellung des Fehlerbaums

Die Erstellung des Fehlerbaums beginnt mit der Festlegung des unerwünschten „Top“-Ergebnisses
(top event), das je nach Aufgabenstellung der Ausfall des Systems oder bestimmter Funktionen des
Systems sein kann. Der Ausfall ist durch die Festlegung klarer Kriterien genau zu definieren und
möglichst zu quantifizieren. Dazu sind die relevanten Zuverlässigkeitskenngrößen wie
Ausfallhäufigkeit oder Nichtverfügbarkeit sowie das zugrunde liegende Zeitintervall anzugeben. Aus
der Festlegung des unerwünschten Ereignisses sind die Ausfallarten der Komponenten festzulegen.
Im nächsten Schritt gilt es den Fehlerbaum aufzustellen.

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Bei der Aufstellung des Fehlerbaums werden folgende Symbole verwendet.

Dieses Bildzeichen steht für einen Elementausfall,


Standardeingang
wenn primäres Versagen möglich ist.

Die NICHT-Verknüpfung steht für die Negation. Ist


NICHT-
der Eingang „0“, so ist der Ausgang „1“, und
Verknüpfung
umgekehrt.

Wenn bei der ODER-Verknüpfung einer der


ODER-
beiden Eingänge (E1 oder E2) erfüllt ist, dann ist
Verknüpfung
auch der Ausgang (A) erfüllt.

UND- Bei der UND-Verknüpfung müssen beide Eingänge


Verknüpfung erfüllt sein damit auch der Ausgang erfüllt ist.

Kommentare stellen Beschreibungen von


Kommentar
Eingängen oder Ausgängen dar.

Übertragung-
Eingang
Diese einem Übertragungsbildzeichen wird der
Fehlerbaum abgebrochen bzw. an einer anderen
Stelle fortgesetzt.
Übertragung-
Ausgang

Tabelle 1: Symbole des Fehlerbaums

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Die folgende Abbildung stellt den Fehlerbaum des Beispiels „Ausfall eines Autos“ dar.

Abbildung 1: Beispiel für einen Fehlerbaum

Das Aufstellen des Fehlerbaums beginnt mit dem Eintragen des unerwünschten „Top“-Ereignisses in
ein Kommentarrechteck. Danach werden alle möglichen Ausfälle, die unmittelbar zum Eintritt des
unterwünschten „Top“-Ereignisses führen festgestellt, mit einer logischen Verknüpfung (UND, ODER)
zugeordnet und in Kommentarrechtecke eingetragen.

Ausfälle können in folgende Kategorien eingeteilt werden:

- Primärer Ausfall
Ausfall eines Teilsystems bzw. einer Komponente durch innewohnende Schwäche verursacht

- Sekundärer Ausfall
Folgeausfall, Ausfall eines Teilsystems bzw. einer Komponente durch unzulässige
Einsatzbedingungen oder Umgebungseinflüsse

- Kommandierter Ausfall
Ausfall trotz funktionierender Teilsysteme bzw. Komponenten infolge einer falschen oder
fehlenden Ansteuerung oder des Ausfalls einer Hilfsquelle

Bei der Erstellung des Fehlerbaums wird so lange nach Ausfällen gesucht, bis an den Enden aller
Zweige Primärausfälle von Komponenten bzw. Sekundärereignisse als Ursache für den Ausfall einer
Komponente stehen.

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3.5 Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA)

Heutzutage sind die Anforderungen der Kunden an Produkte gestiegen, die Entwicklungszeiten sind
sehr kurz und es herrscht ein hoher Kostendruck auf die Unternehmen. Es sind qualitätssichernde
Maßnahmen bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase erforderlich, um potentielle Fehler bei
Produkten und Prozessen zu erkennen.

Die Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (Failure Mode and Effects Analysis) ist eine
formalisierte, analytische Methode zur systematischen und vollständigen Erfassung potentieller
Fehler in Konstruktion, Planung und Produktion.

Das Ziel der FMEA ist die Vermeidung von Fehlern im frühest möglichen Stadium einer Produkt- bzw.
Prozessentwicklung. Dazu werden durch ein Expertenteam systematisch mögliche Fehler identifiziert,
deren Ursachen und Auswirkungen aufgezeigt und Abstellmaßnahmen eingeleitet.

Die folgende Abbildung stellt die Entwicklungsphasen eines Fahrzeuges mit Beispielen dar. In der
ersten Zeile sind die Entwicklungsphasen zu sehen. In der zweiten Zeile sieht man Beispiel dazu. Im
mittleren Bereich sieht man um welche FMEA-Art es sich handelt. In der letzten Zeile sieht man
Beispiele zu den Fehlerursachen, Fehlerarten und Fehlerfolgen der FMEA-Arten.

Abbildung 2: Produktentwicklung, Beispiele zu Produktentwicklung, FMEA-Arten

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Arten der FMEA

Es wird zwischen der Design-FMEA (Konstruktions-FMEA) und der Prozess-FMEA unterschieden.

Betrachtetes Zielsetzung Grundlagen der Zeitpunkt der


Objekt FMEA Durchführung
Übergeordnetes Sicherstellung einer Produktkonzept Nach Fertigstellung des
Produkt / pflichtenheftgerechten Produktkonzeptes
System (z.B. Funktionstüchtigkeit,
Motos) Zuverlässigkeit und
Design- Sicherheit
FMEA Einzelne Sicherstellung einer Konstruktions- Nach Fertigstellung der
Bauteile eines pflichtenheft- und unterlagen Konstruktionsunterlagen
Produktes (z.B. fertigungsgerechten
Ventil) Gestaltung und
Auslegung
Einzelne Schritte Sicherstellung der Fertigungspläne Nach Fertigstellung des
eines fehlerfreien Fertigung Fertigungsplanes (auch
Prozess-
Fertigungs- eines Produktes bei bereits laufenden
FMEA
prozesses (z.B. Fertigungsprozessen)
Schleifen)
Tabelle 1: Die Arten der FMEA und ihre Charakteristika

Mit Hilfe der Design-FMEA wird das Zusammenwirken der Komponenten eines technischen Systems
untersucht, indem die Ursachen und Auswirkungen von Fehlern in Systemkomponenten ermittelt
werden. Einzelne Komponenten eines Produktes werden dabei hinsichtlich möglicher Fehler in der
konstruktiven Auslegung untersucht. Die Basis für die Design-FMEA bilden die Entwicklungsvorgaben,
die z. B. in Pflichtenheften, gesetzlichen Vorgaben oder Normen gegeben sind.

Die Prozess-FMEA analysiert Fertigungs- und Montageprozesse auf mögliche Fehlerquellen, um eine
fehlerfreie Realisierung eines Produktes zu gewährleisten. Die Prozess-FMEA wird präventiv als auch
bei laufenden Prozessen durchgeführt.

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Ablauf der FMEA

- Vorlauf: Zunächst ist ein abteilungsübergreifendes Projekt-Team zu bilden, in dem je nach Art
der FMEA oder ja nach betrachtetem Objekt Fachleute der Abteilung Forschung &
Entwicklung, Konstruktion, Fertigung, etc. vertreten sind.

- System- und Funktionsanalyse: Als Vorbereitung der Fehleranalyse wird, vergleichbar mit der
Systemanalyse bei der Fehlerbaumerstellung, der Untersuchungsgegenstand zunächst
analysiert und strukturiert. Nachdem alle Komponenten eines Systems identifiziert wurden,
gilt es auch deren Funktionen festzustellen.

In der folgenden Abbildung ist nicht ein technisches System zu sehen sondern ein Prozess.
Man sieht den Gesamtprozess: Montage der Hinterachse. Dieser besteht unter anderem aus
den beiden Prozessen: „Hinterachsendämpfer korrekt positionieren“ und dem Prozess: „4
Schrauben stecken“. Der Prozess: „Hinterachsendämpfer korrekt positionieren“ besteht
wiederum aus den beiden Teilprozessen: „HA-Dämpfer vom Mitarbeiter funktionsgerecht
positionieren“ und dem Teilprozess: „Profilfreiheit des HA-Dämpfers durch Maschine
gewährleisten“.

Abbildung 3: Funktionsbaum ("System- und Funktionsanalyse")

- Fehleranalyse: Nach der Funktionsanalyse müssen im Team potentielle Fehler (für die
Gesamtsystem, -prozess, Teilsystem, -prozess, etc.) ermittelt werden. Es sind sowohl Fehler,
als auch deren Ursachen und Fehlerfolgen zu identifizieren. Die Ursachen sind bis möglichst
bis zu ihrer Wurzel zurückzuverfolgen.

Wenn man beispielsweise den Teilprozess: „HA-Dämpfer funktionsgerecht positionieren“ als


Fehler identifiziert, so gilt es als nächstes deren Ursache und Fehlerfolgen festzustellen. Die
Ursachen können darin begründet sein, dass der Mitarbeiter keine Lehre benützt hat, die

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Schrauben nicht angezogen hat oder, dass dieser die Position unbeabsichtigt verstellt hat.
Die Fehlerfolge dieses Fehlers führt zu einem nicht korrekt positionierten
Hinterachsdämpfer.

Abbildung 4: Fehlfunktionsbaum (Fehleranalyse)

- Risikobewertung: Das grundsätzliche Ziel dieser Methode ist die Fehlerentdeckung und -
vermeidung. Nachdem Fehler, Ursachen und die Fehlerfortführung identifiziert wurden, soll
eine Rangfolge für diese Fehler erstellt werden um jene Fehler zu bestimmten die eine
höhere Priorität haben und als erstes beseitigt werden sollten. Diese Zahl nennt man
Risikoprioritätszahl (RPZ). Die Bewertung, die sogenannte Risikoprioritätszahl (RPZ), setzt sich
aus der Multiplikation der Einzelbewertungen für
o die Wahrscheinlichkeit des Auftretens (A) der Fehlerursachen,
o die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung vor Auslieferung an den Kunden (E),
o die Bedeutung der Fehlerfolge für den Kunden (B)

Im Allgemeinen werden die Kennzahlen A, B und E nach einem 10 Punkte-Schema vergeben,


wobei eine 1 ein niedriges Risiko und eine 10 ein hohes Risiko bedeuteten.

Die Formel der Risikoprioritätszahl lautet:

RPZ = A * B * E

Die RPZ ist ein Maß für das Gesamtrisiko jeder einzelnen möglichen Ursache eines
potentiellen Fehlers. Je höher die RPZ, desto dringlicher sind qualitätssichernde Maßnahmen,
um das entsprechende Risiko zu senken.

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- Maßnahmen: Man kann normalerweise nicht alle Risiken reduzieren, aufgrund
eingeschränkter Ressourcen bzw. Kapazitäten. Es werden daher Abstellmaßnahmen nur für
jene Risiken festgelegt, die ungefähr eine höhere RPZ als 120 haben.

Die Maßnahmen beziehen sich auf die Einzelbewertungen der RPZ, d.h. Maßnahmen zur
Abschwächung der Faktoren A (Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Fehlers), B (Bedeutung
der Fehlerfolge für den Kunden) und E (Wahrscheinlichkeit der Entdeckung vor Auslieferung).
Grundsätzlich sind fehlervermeidende Maßnahmen den fehlerentdeckenden sowie den
fehlerkompensierenden Maßnahmen vorzuziehen.

Nachdem die FMEA durchgeführt wurde und Maßnahmen realisiert wurden, kann man eine
weitere FMEA durchführen und eine neue RPZ berechnen. Als Erfolgsmaßstab gilt die
Differenz zwischen alter und neuer RPZ. Im Allgemeinen wird die FMEA solange
weitergeführt, wie noch potenzielle Fehlerursachen mit einer kritischen RPZ vorhanden sind.

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Formblatt
Die Dokumentation der Ergebnisse einer FMEA erfolgt mit einem Formblatt.

Fehler- Möglichkeits- und Einflussanalyse (Formblatt)


Firma/ Organisation: Design-FMEA □ Prozess-FMEA □ Erstellt durch (Teammitglieder, Abteil):

derzeitiger Zustand verbesserter Zustand


Fehler - Fehler - Fehler - Fehler - empfohlene
Kontroll-
Ort/Merkmal Art Auswirkung Ursache A B E RPZ Maßnahmen getroffene Maßnahmen A B E RPZ
Maßnahmen

RPZ: Risiko-
A: Auftreten B: Bedeutung E: Entdeckung Prioritätszahl
Wahrscheinlichkeit des Auftretens Auswirkung auf den Kunden Wahrscheinlichkeit der Entdeckung

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(Fehler kann vorkommen) (vor Auslieferung an Kunden)

unwahrscheinlich = 1 kaum wahrnehmbare Auswirkung =1 hoch =1 hoch = 1000


sehr gering = 2-3 unbedeutender Fehler =2-3 mäßig =2-5 mittel = 125
gering =4-6 mäßiger Fehler =4-6 gering =6-8 keine =1
mäßig =7-8 schwerer Fehler (Kunde verärgert) =7-8 sehr gering =9
hoch = 9 - 10 schwerwiegender Fehler = 9 - 10 unwahrscheinlich = 10
Tabelle 2: Formblatt

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