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Fachgebiet Vermessungstechnik

Hochschule Trier
Fachrichtung Bauingenieurwesen Prof. B. Lehmann

Skript zur Vorlesung

© Prof. B. Lehmann - 2014


Professor B. Lehmann -1- Vermessungskunde 1

Gliederung
Seite
Einführung ..............................................................................................................................................................3
Erdfigur...............................................................................................................................................................3
Erddimensionen ..................................................................................................................................................3
Maßsysteme ...........................................................................................................................................................4
Längenmaße:......................................................................................................................................................4
Winkelmaße:.......................................................................................................................................................4
Geodätisches Koordinatensystem............................................................................................................................4
Geodätische Hauptaufgaben ...............................................................................................................................5
1. Hauptaufgabe: ...............................................................................................................................................5
2. Hauptaufgabe: ...............................................................................................................................................5
Hinweise zum Führen eines Vermessungsrisses ......................................................................................................7
Hinweise zum Fertigen eines Lageplanes ................................................................................................................9
Lageberechnung ...................................................................................................................................................10
Kleinpunktberechnung.......................................................................................................................................10
Messungslinienberechnung......................................................................................................................11
Flächenbestimmung aus Feldmaßen .................................................................................................................12
Flächenbestimmung aus Koordinaten ................................................................................................................13
Aus Orthogonalkoordinaten:.............................................................................................................................13
Gauß'sche Trapezformel:.........................................................................................................................13
Gauß'sche Dreiecksformel: ......................................................................................................................13
Aus Polarkoordinaten:......................................................................................................................................13
Das Polarplanimeter..........................................................................................................................................13
Höhenfestpunkte...................................................................................................................................................14
Deutscher Normalhöhenpunkt von 1879 ............................................................................................................14
Deutsches Haupthöhennetz 1992 (DHHN 92) ....................................................................................................14
Höhenpunktfestlegungen...................................................................................................................................15
Instrumentenkunde................................................................................................................................................16
Einfache Höhenmessgeräte ..............................................................................................................................16
Bauarten von Nivellierinstrumenten ...................................................................................................................16
Gerätebauteile ..................................................................................................................................................17
Zubehör............................................................................................................................................................17
Nivellierlatten ....................................................................................................................................................18
Nivellementsarten .............................................................................................................................................18
Das einfache Nivellement ......................................................................................................................................19
Formularnotierung............................................................................................................................................19
Liniennivellement .............................................................................................................................................19
Ablaufschema eines Nivellements ....................................................................................................................20
Hinweise zum Ablauf eines Nivellements ...........................................................................................................20
Nivellierprobe nach NÄBAUER..........................................................................................................................21
Beispiel zur Fehlerrechnung und Abgleichung eines Doppelnivellements ............................................................21
Längs- und Querprofile ....................................................................................................................................22
Längsprofil...............................................................................................................................................22
Querprofile ..............................................................................................................................................25
Flächennivellement ...............................................................................................................................................25
Höhenrost.........................................................................................................................................................25
Höhenlinieninterpolation ....................................................................................................................................26
Erdmassenberechnung .........................................................................................................................................26
Erdmassenberechnung aus Querprofilen ...........................................................................................................26
Erdmassenberechnung aus Prismen .................................................................................................................28
Erdmassenberechnung aus Höhenlinien ............................................................................................................29
Grundlagen der Lagemessung...............................................................................................................................30
Geographisch Nord, Magnetisch Nord, Gitternord ..............................................................................................30
Kartennetzentwürfe ...........................................................................................................................................31
Mehrere geodätische Bezugssysteme................................................................................................................32
Gauß-Krüger-Koordinatensystem ......................................................................................................................32
UTM-System.....................................................................................................................................................33
Umstellung des geodätischen Bezugssystems ...................................................................................................34
Grundlagennetze ..............................................................................................................................................35
Horizontal-, Vertikal- und Positionswinkel...........................................................................................................36
Bauteile und Zubehör eines Theodolits ..............................................................................................................37
Einteilung der Theodolite...................................................................................................................................38
Ausschnitte von Teilkreisen ...............................................................................................................................38
Ablesebeispiele analoger Theodolite..................................................................................................................39
Horizontierung des Theodolits, Justierung der Stehachslibelle............................................................................40
Hinweise zum Ablauf einer Horizontalrichtungsmessung ....................................................................................40
Ablaufschema einer Horizontalrichtungsmessung ..............................................................................................41

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Vermessungskunde 1 -2- Professor B. Lehmann

Verfahren der Einzelpunktbestimmung .................................................................................................................. 43


Rückwärtsschnitt............................................................................................................................................... 43
Vorwärtsschnitt ................................................................................................................................................. 44
Vorwärtsschnitt über Dreieckswinkel ................................................................................................................ 44
Vorwärtsschnitt über Richtungswinkel .............................................................................................................. 45
Bogenschnitt..................................................................................................................................................... 46
Vertikalwinkelmessung.......................................................................................................................................... 47
Vertikalkreisablesung........................................................................................................................................ 47
Einfluss der Indexabweichung ........................................................................................................................... 47
Trigonometrische Höhenmessung ......................................................................................................................... 49
Grundlagen ...................................................................................................................................................... 49
Turmhöhenbestimmung mit horizontalem Hilfsdreieck........................................................................................ 49
Turmhöhenbestimmung mit vertikalem Hilfsdreieck............................................................................................ 50
Einfluss der Erdkrümmung ............................................................................................................................................. 50
Einfluss der Refraktion und der Erdkrümmung ................................................................................................... 50
Elimination von Refraktion und Erdkrümmung durch gleichzeitige Zenitwinkelmessung in zwei Standpunkten ..... 51
Koordinatentransformationen ................................................................................................................................ 52
Ähnlichkeitstransformation ................................................................................................................................ 52
Überbestimmte Ähnlichkeitstransformation ........................................................................................................ 54
Affintransformation............................................................................................................................................ 55
BASIC - Programm zur Affintransformation........................................................................................................ 57
Freie Standpunktwahl ........................................................................................................................................... 59
Polygonzüge......................................................................................................................................................... 60
Beiderseits angeschlossener Polygonzug .......................................................................................................... 60
Freier Polygonzug (Einrechnungszug) ............................................................................................................... 61
Ringpolygonzug................................................................................................................................................ 61
Tachymetrische Geländeaufnahme ....................................................................................................................... 64
Auswahl und Aufnahme der Geländepunkte ...................................................................................................... 65
Führung des Vermessungsrisses ...................................................................................................................... 66
Punktnummerierung.......................................................................................................................................... 68
Vermessung mit Hilfe von Satelliten....................................................................................................................... 70
Statistik und Fehlerlehre........................................................................................................................................ 74
Einführung - Terminologie ................................................................................................................................. 74
Häufigkeitsverteilungen..................................................................................................................................... 75
Graphische Darstellungen................................................................................................................................. 77
Klasseneinteilungen.......................................................................................................................................... 79
Verteilungsformen............................................................................................................................................. 80
Statistische Maßzahlen eindimensionaler Häufigkeitsverteilungen ...................................................................... 81
Lageparameter ................................................................................................................................................ 81
Das arithmetische Mittel........................................................................................................................... 81
Das gewogenes arithmetisches Mittel....................................................................................................... 82
Der Median ............................................................................................................................................. 82
Der Modus .............................................................................................................................................. 83
Quartile, Dezile, Zentile, Quantile, Fraktile................................................................................................ 83
Das geometrische Mittel .......................................................................................................................... 83
Das harmonische Mittel ........................................................................................................................... 83
Streuungsparameter ........................................................................................................................................ 84
Spannweite ............................................................................................................................................. 84
Varianz und Standardabweichung............................................................................................................ 84
Variationskoeffizient ................................................................................................................................ 85
Zweidimensionale Merkmalsausprägungen ....................................................................................................... 85
Regressionsanalyse ........................................................................................................................................ 87
Lineare Regression ................................................................................................................................. 87
Korrelationsanalyse ......................................................................................................................................... 88
Normalverteilung............................................................................................................................................... 88
Gauß'sche Glockenkurve......................................................................................................................... 88
Standardisierte Normalverteilung ..................................................................................................................... 89
Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung ................................................................................ 92
Fehlerlehre ....................................................................................................................................................... 94
Fehlerarten...................................................................................................................................................... 94
Grobe Fehler ........................................................................................................................................... 94
Systematische Fehler .............................................................................................................................. 94
Zufällige Fehler........................................................................................................................................ 94
Begriffsdefinition.............................................................................................................................................. 95
Auswertung direkter Beobachtungen gleicher Genauigkeit................................................................................ 95
Auswertung direkter Beobachtungen verschiedener Genauigkeit ...................................................................... 96
Das Fehlerfortpflanzungsgesetz ....................................................................................................................... 97
Toleranzen im Bauwesen................................................................................................................................ 100
Hinweise zur Ausarbeitung der Übungen im Fach Vermessungskunde ................................................................. 101
Stichwortverzeichnis und Abkürzungen:............................................................................................................... 103
Literaturangaben:................................................................................................................................................ 104
Stand: Juli 2014

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Professor B. Lehmann -3- Vermessungskunde 1

Einführung

Die Bezeichnung Geodäsie kann aus dem griechischen abgeleitet werden:

geos = Erde dasei = teilen

F. R. HELMERT bezeichnete die Geodäsie als das Ausmessen und Abbilden der Erdoberfläche.
Dies umfasst die Bestimmung von Form, Größe und Schwerefeld der Erde sowie ihre Beschrei-
bung in Plänen, Karten und Verzeichnissen. Heute gehört dazu auch noch die Bestimmung der
Oberfläche außerirdischer Körper.

Die Geodäsie gliedert sich in folgende Teilgebiete:

1. Erdmessung oder physikalische Geodäsie


2. Astronomische Geodäsie und Satellitengeodäsie
3. Landesvermessung
4. Topographie und Kartographie
5. Photogrammetrie
6. Bodenordnung und Bauleitplanung
7. Grundstücksvermessung (Katastervermessung)
8. Ingenieurvermessung

Gestalt der Erde – Geoid


Erdfigur
+ 18,9 m

- 25,8 m

Mittleres Erdellipsoid Erdoberfläche, Geoid, Ellipsoid

Erddimensionen

ab
Erddimension nach Große Halbachse a Kleine Halbachse b Abplattung
a

Bessel 1841 6 377 397 m 6 356 079 m 1 : 299,15


Hayford 1924 6 378 388 m 6 356 912 m 1 : 297
Krassowskij 1940 6 378 245 m 6 356 863 m 1 : 298,3
IUGG 1967 6 378 160 m 6 356 775 m 1 : 298,25
IUGG - WGS 84 1984 6 378 137 m 6 356 752 m 1 : 298,257 223 563

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Vermessungskunde 1 -4- Professor B. Lehmann

Maßsysteme
In Deutschland gilt seit 1970 verbindlich das SI - System (Système International d'Unités).
 http://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/publikationen/DasInternationaleEinheitensystem.pdf

Längenmaße:
Längeneinheit ist das Meter (m).
 http://www.ptb.de/cms/themenrundgaenge/hueterindereinheiten.html

Durch Vorsatzzeichen lassen sich dezimale Vielfache bzw. Teile bilden:

Vorsatz Vorsatz- Vorsatz Vorsatz-


zeichen zeichen
101 Deka da 10-1 Dezi d
102 Hekto h 10-2 Zenti c
103 Kilo k 10-3 Milli m
106 Mega M 10-6 Mikro 
109 Giga G 10-9 Nano n
1012 Tera T 10-12 Piko p

Winkelmaße:
In der Geodäsie wird das Gradmaß und das Bogenmaß verwendet. Es muss je nach Aufteilung
des Vollkreises unterschieden werden in:
Sexagesimalteilung: Der Vollkreis hat 360 °
Zentesimalteilung: Der Vollkreis hat 400 gon
Seit 1937 wird im Vermessungswesen in Deutschland einheitlich die Zentesimalteilung benutzt.
Vorteil hierbei ist, dass die Nachkommastellen Dezimalwerte sind. Alle Berechnungen werden also
grundsätzlich in GON vorgenommen! Diese Einteilung kann bei Berechnungen mit dem Ta-
schenrechner problemlos berücksichtigt werden, indem in die Winkeleinheit GRAD gewechselt
wird.

Üblich für die Angabe von Teilen eines Gon-Winkels ist die Angabe mgon. Die Bezeichnung Neu-
grad (g), Neuminute (c) und Neusekunde (cc) sind seit 1978 ungültig und dürfen nicht mehr be-
nutzt werden!

Geodätisches Koordinatensystem
Das geodätische Koordinatensystem ist ein Linkssystem. Die positive Abszissen - (X) Achse zeigt
nach Norden, die Ordinaten - (Y) Achse zeigt nach Osten. Ein Winkel wird von der X - Achse
rechtsläufig abgetragen, er heißt Richtungswinkel t.

P

y
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Professor B. Lehmann -5- Vermessungskunde 1

Lage der Quadranten:

IV I

III II

Geodätische Hauptaufgaben
1. Hauptaufgabe:

Berechnung von polaren Punkten

Gegeben: P1 (y1 ; x1) Gesucht: P2 (y2 ; x2)


t1,2 und s

x
y2 = y1+y
x2  P2
y = s  sin t1,2

x t1,2
s x = s  cos t1,2
x2 = x1+x
y1
x1  P1

2. Hauptaufgabe:

Berechnung von Richtungswinkel und Entfernung

Gegeben: P1 (y1 ; x1) Gesucht: t und s


P2 (y2 ; x2)

x
y2
x2 P 2
y2 - y1
t2,1

x2 - x1
t1,2
s

y1
x1  P1

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Vermessungskunde 1 -6- Professor B. Lehmann

Zur Vereinfachung der Berechnungsansätze und zur Vermeidung von Verwechslungen mit dem
mathematischen kartesischen Koordinatensystem werden zweckmäßiger Weise als Koordinaten-
achsen die Bezeichnungen Rechts und Hoch eingeführt.

Mit R  R 2  R1 und H  H2  H1 lässt sich die Strecke entsprechend dem Lehrsatz des Py-
thagoras bestimmen zu: s  R 2  H 2 . Damit und mit den trigonometrischen Funktionen lässt
sich im rechtwinkligen Dreieck der Dreieckswinkel  jeweils ermitteln:

R R H
tan   bzw. sin   cos  
H s s
Mit allen drei Berechnungsansätzen müsste sich für den gesuchten Richtungswinkel t immer das
gleiche Ergebnis ergeben!

Beispiel:

Q ΔR ΔH s   arctan . t t   arcsin .   arccos .


[gon] [gon] [gon] [gon]

I 3 4 5 40,966 40,966 t=α 40,966 40,966


II 3 -4 5 -40,966 159,033 t = α + 200 40,966 159,033
III -3 -4 5 40,966 240,966 t = α + 200 -40,966 159,033
IV -3 4 5 -40,966 359,033 t = α + 400 -40,966 40,966

Zur eindeutigen Festlegung ist auf jeden Fall die Betrachtung der Lage in den jeweiligen Quadran-
ten erforderlich.

Eine einfachere Berechnung erlaubt die Polarfunktion POL bzw. die Polartaste des Taschenrech-
ners: Beim SHARP – Taschenrechner müsste folgende Eingabe vorgenommen werden:

Tasten: ΔR ↕ ΔH ↕ SHIFT → r θ ↕
Q ΔR ΔH liefert s liefert θ t t
[gon] [gon] [gon]

I 3 4 5 40,966 40,966 t=θ


II 3 -4 5 159,033 159,033 t=θ
III -3 -4 5 -159,033 240,966 t = θ + 400
IV -3 4 5 -40,966 359,033 t = θ + 400

Der angezeigte Winkel θ hat also den Definitionsbereich (  200    200 ) in gon.

Zur eindeutigen Bestimmung des Richtungswinkels ist folgende Vorgehensweise sinnvoll:

Es wird über – ΔR und – ΔH zunächst der Gegenrichtungswinkel berechnet und danach


grundsätzlich 200 gon hinzuaddiert. Dies führt nun zum Definitionsbereich für t ( 0  t  400 ).

Bei der Programmierung im SHARP Taschenrechner kann über die Polarfunktion POL sofort der
richtige Richtungswinkel berechnet werden über: A=POL(-ΔH , - ΔR):S=Y:T=Z+200

Hinweis: Bei SHARP liegt in der Variablen Y die Strecke, in der Variablen Z der Winkel.

Auch bei MICROSOFT EXCEL kann über: =ARCTAN2(-ΔH ; -ΔR)*200/PI()+200 jeweils di-
rekt der richtige Richtungswinkel (in gon) berechnet werden.

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Professor B. Lehmann -7- Vermessungskunde 1

Hinweise zum Führen eines Vermessungsrisses


Ein Vermessungsriss sollte folgende Inhalte haben:
1. Jeder angemessene Punkt wird durch einen Punkt markiert. Grenzpunkte erhalten, wenn sie
vermarkt sind, eine Signatur, die die Art der Vermarkung (Grenzstein, Rohr, Nagel etc.) kenn-
zeichnet.

2. Vermessungspunkte, deren Koordinaten bekannt sind -sog. NP's- erhalten eine Kreissignatur
( =4mm) und eine unterstrichene Punktnummer.

3. Grenzlinien und Gebäudeseiten werden voll ausgezogen, Messungslinien werden gestrichelt


dargestellt.

4. Die Maßzahlen auf den Messungslinien werden vom Anfangs- bis zum Endpunkt durchlaufend
quer zur Messungslinie eingetragen. Dabei werden die Maßzahlen bei abgehenden Messungs-
linien oder Einbindelinien auf der freien Seite eingetragen.

5. Das Maß am Ende einer Messungslinie ist doppelt zu unterstreichen. Bei abgehenden Einbinde-
linien oder dem Schnittpunkt zweier Messungslinien ist das Maß einfach zu unterstreichen. Eine
Verlängerung erhält eine Pfeilspitze.

6. Die durchlaufende Schreibweise der Messungszahlen kennzeichnet die Geradheit der Mes-
sungslinie; ansonsten muss ein Geradheitszeichen dargestellt werden (  kein Knickpunkt).

7. Einzelmaße (Streben, Spannmaße, Gebäudemaße) sind mit dem Fuß auf die gemessene Linie
zu schreiben. Gerechnete Maße werden in Klammern geschrieben.

8. Ein durch ein Rechtwinkelinstrument bestimmter rechter Winkel wird durch zwei Viertelkreise
gekennzeichnet.

9. Bei Straßen und Wegen ist die Begrenzung der Fahrbahn aufzumessen und darzustellen.

10.Bei Gleisen werden nur Punkte der Gleisachse aufgemessen.

11.Topographische Elemente (Bäume, Laternen) werden nur auf dm angemessen.

12.Beschriftungen werden zur Erläuterung vorgenommen, z.B.

- Nutzungsart (Hf, G, A, W, etc.)


- Gebäudeart (Whs, Ga, Stall, etc.)
- Straßenart (L 3112, B 52, Weg, etc.)
- Nordpfeil
- Datum und Unterschrift des Feldbuchführers
z. B. gemessen am 16. Juli 2014, Maier (Bau Ing.)

Weitere Einzelheiten können der DIN 18702 entnommen werden.

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Vermessungskunde 1 -8- Professor B. Lehmann

Schreibweise der Maßzahlen in Vermessungsrissen gemäß DIN 18 702

Das Muster zeigt die bei durchlaufender


Messung anzuwendende Schreibweise

 Verlängerung

 Endmaß
(Ende der Messungslinie)

 Spannmaß

 Steinbreite

 Strebe

 gerechnetes Maß

 mehrere Punkte auf einer


Geraden

 Gebäudeeinmessung

 abgehende Linie

 Einmessung eines topo-


graphischen Gegenstandes

11 Schnittpunkt

12 angelegtes Maß

Nordpfeil nach DIN

Das Feldbuch (Vermessungsriss, Formulare) ist sauber und ordentlich zu führen, sodass
ein erneutes Abschreiben nicht erforderlich wird.

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Professor B. Lehmann -9- Vermessungskunde 1

Hinweise zum Fertigen eines Lageplanes


Ein Lageplan stellt maßstäblich ein Stück der Erdoberfläche dar. Gebräuchliche Maßstäbe sind
1 : 250, 1 : 500 und 1 : 1000; für die freie Feldlage ggf. auch 1 : 2000. Als Zeichenträger werden
üblicherweise transparentes Zeichenpapier oder -folie benutzt; jedoch auch glatter Zeichenkarton,
der zur Erhöhung der Maßhaltigkeit auch mit einer Metalleinlage versehen sein kann. Für die
Zeichnung auf Karton oder transparentem Papier kann normale Tusche, für die Zeichnung auf Fo-
lie muss eine Spezialtusche verwendet werden.

Anhand des Zahlenmaterials der örtlichen Aufmessung, die im Vermessungsriss festgehalten wur-
den, kann der Lageplan kartiert werden. Dazu wird zunächst für den Entwurf ein Bleistift (2H) be-
nutzt. Erst am Ende wird die Kartierung mit Tusche ausgezogen. Weitere Hilfsmittel sind Anlege-
maßstab, Kopiernadel, zwei Zeichendreiecke aus transparentem Material, Zirkel und ggf. Kurvenli-
neale. Die Kartiergenauigkeit liegt bei 0,1 mm; entsprechend ist bei einem Kartenmaßstab von
1 : 500 eine Genauigkeit von 5 cm (im Gelände) möglich.

Lagepläne sind grundsätzlich nach Norden orientiert (Nordpfeil!!). Ein Nordpfeil ist nicht erforder-
lich, wenn eine Rahmenkarte im Gauß-Krüger-Koordinatensystem oder UTM-Koordinatensystem
mit dem entsprechenden Quadratnetz und Koordinatenangaben gefertigt wird. Bei der Kartierung
von Verkehrswegen wird von dieser Regel abgewichen; diese Pläne werden entsprechend des
Verlaufs unabhängig von der Nordrichtung unter Angabe eines Nordpfeils von links nach rechts o-
rientiert.

In folgender Reihenfolge ist bei der Kartierung vorzugehen:

1. Konstruktion des Quadratnetzes und Kartierung der koordinatenmäßig bekannten Punkte.

2. Kartierung der Messungslinien unter Berücksichtigung eventueller Abweichungen, die proportio-


nal verteilt werden.

3. Danach Kartierung der Objekte durch rechtwinkliges Abtragen von den Messungslinien oder
Konstruktion mittels der Einbindelinien.

4. Auszeichnung mit Tusche. Zunächst der Kartenrahmen mit Angabe der Koordinatenwerte und
des Maßstabs. Eigentums- und Flurstücksgrenzen werden mit einer Strichbreite von 0,35 mm;
Gebäudeumrisslinien, Nutzungsartengrenzen, Begrenzungen von Fahrbahnen mit 0,25 mm
ausgezogen. Nachgeordnete Vermessungspunkte (NP's - Polygonpunkte) erhalten einen Kreis
von 2,5 mm Durchmesser mit Punktnummer (unterstrichen); abgemarkte Grenzpunkte einen
Kreis mit 1,5 mm Durchmesser. Messungslinien werden nicht dargestellt.

5. Beschriftungen sind so anzuordnen, dass sie vom unteren Blattrand lesbar sind. Beschriftungen
von Verkehrswegen folgen der Richtung der Anlage; Hausnummern sind mit dem Fuß der Zahl
zur Straße gerichtet einzutragen.

6. Gebäudeflächen sind zu schraffieren. Wohngebäude und öffentliche Gebäude werden unter 50


gon zu den Begrenzungslinien, Wirtschaftsgebäude werden parallel zur kürzesten Seite schraf-
fiert. Die Nutzungsart wird nur in öffentliche Gebäude -z.B. Kirche, Rathaus, Post etc.- eingetra-
gen, ansonsten wird sie nicht eingetragen.

Weitere Einzelheiten können der DIN 18702 entnommen werden.

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Vermessungskunde 1 - 10 - Professor B. Lehmann

Lageberechnung

Kleinpunktberechnung
Gegeben: PA (yA ; xA) Gesucht: Pi (yi ; xi)
PE (yE ; xE)

x
y
 E
y
o = Ordinatenkonstante
x yi s AE gem.
 Pi
sAE x
a = Abszissenkonstante
si s AE gem.
xi


A y

Für Punkte Pi auf der Messungslinie gilt: yi = yA + o  si


xi = xA + a  si

Für Punkte Pi seitlich der Messungslinie gilt: yi = yA + o  si + a  hi


xi = xA + a  si - o  hi

wobei für hi links der Messungslinie AE ein negativer Wert verwendet werden muss!

Beispiel:

Gegeben folgende Koordinaten und die Messungsanordnung:

Punkt Rechts (Y) Hoch (X)


021 = A 35 23 652,14 52 15 739,96
023 = E 35 52 
23 628,36 15 821,39
023
Riss:
022/1 

 023/4

 022

 021

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Professor B. Lehmann - 11 - Vermessungskunde 1

Messungslinienberechnung
Ort: _ Trier Projekt: ___B 51__________ Seite : ______1________
Datum: 2.2.2014 Berechnung : __Müller________

sger. d o a
sgem. dzul.
si o . si a . si
yi xi
Punkt hi a . hi - o . hi Punkt
Nr. yi xi Nr. Bemerkungen

021 35 23 652,14 52 15 739,96 A

022 15,62
022/1F 43,26
022/1 -5,39
023/4F 73,14
023/4 8,48
84,87
023 35 23 628,36 52 15 821,39 E

! s ger. yE - y A xE - x A
Formelansa tz : s ger. = (y E - y A ) 2 + (xE - x A ) 2 m  a2  o2  o= a=
s gem. sgem. sgem.
d  s ger.  sgem.
Form MessL 01 -  2014 by FH Trier - FB BLV
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Vermessungskunde 1 - 12 - Professor B. Lehmann

Flächenbestimmung aus Feldmaßen

Beispiel:

Gegeben ist die folgende Messungsanordnung. Bestimmen Sie die Fläche des Sechseckes durch
Zerlegung in Teilflächen (Dreieck, Trapez und verschränktes Trapez).

E 49,32

10,66
42,34

11,29 33,76

14,93
31,25

13,72 12,28

8,12 7,51

0,00

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Professor B. Lehmann - 13 - Vermessungskunde 1

Flächenbestimmung aus Koordinaten


Aus Orthogonalkoordinaten:

Gauß'sche Trapezformel:
n
- für die Projektion auf die X - Achse: 2 A   ( y i  y i 1 )  ( x i  x i 1 )
i 1
n
- für die Projektion auf die Y - Achse: 2 A   ( x i  x i 1 )  ( y i 1  y i )
i 1

Gauß'sche Dreiecksformel:
n
- für die Projektion auf die X - Achse: 2 A   y i  ( x i 1  x i 1 )
i 1
n
- für die Projektion auf die Y - Achse: 2 A   x i  ( y i 1  y i 1 )
i 1

Aus Polarkoordinaten:

Nullrichtung 2

des Teilkreises

1

A1 
s1 A2 3
s2
r1
A4 s3 A3
r2
r3 n
 
r4 s4 4 2A   si  s i1  sin( ri1  r i )
S i 1

Das Polarplanimeter
f Fahrarmlänge
p Polarmlänge
q Abstand Messrolle - Ge-
lenk
R Messrolle
G Gelenk
P Pol
F Fahrstift

Funktionsprinzip des Polarplanimeters mit dem Pol außerhalb der Fläche

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 14 - Professor B. Lehmann

Höhenfestpunkte

Deutscher Normalhöhenpunkt von 1879

Deutsches Haupthöhennetz 1992 (DHHN 92)

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 15 - Vermessungskunde 1

Höhenpunktfestlegungen

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 16 - Professor B. Lehmann

Instrumentenkunde

Einfache Höhenmessgeräte Bauarten von Nivellierinstrumenten

Grundgedanke des Nivellierens


Libellennivellier ohne Kippschraube
(Norddeutsches Nivellier)

Schlauchwaage

Libellennivellier mit Kippschraube


(Süddeutsches Nivellier)
Setzlatte

Längsschnitt durch das Ni 2 von ZEISS Nivellier mit automatischer Horizontierung

Abkürzungen:
F Fußschrauben
Li Röhrenlibelle D Dosenlibelle
K Kippschraube LL Libellenachse
S Seitenklemme ZZ Zielachse
SF Seitenfeintrieb VV Vertikalachse

Kompensationseinrichtung im Ni 2

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Professor B. Lehmann - 17 - Vermessungskunde 1

Gerätebauteile

Röhrenlibelle

Einfaches Strichkreuz
mit Distanzstrichen

Dosenlibelle
Strichkreuz nach DIN 18 725
mit Distanzstrichen

Strichkreuz mit Keil


für Feinnivellements

Zubehör
Koinzidenzlibelle

Justiermöglichkeit
des Strichkreuzes

Lattenuntersatz

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Vermessungskunde 1 - 18 - Professor B. Lehmann

Nivellierlatten

17

16

15
Lattenablesung
a b c d
Höhe: 1,653 m
Entfernung: 14,7 m Nivellierlatten

a) einfache Felderteilung
b) doppelte Felderteilung
c) umgekehrte Felderteilung
d) Digitallatte

Lattenablesung

Höhe: 1,328 m
Entfernung: 50 m

Nivellementsarten
Bezeichnung charakteristische Aufgaben Standardabweichung
auf 1 km
Doppelnivellement
BAU - Nivellement Höhenangaben für Wohnhäuser
Höhenaufnahmen im Gelände > 1 cm
Höhenangaben für Straßen, Kanäle
INGENIEUR - Nivellement Höhennetze von lokaler Ausdehnung
Verdichtung von Ortshöhennetzen 2 - 10 mm
Höhenangaben für Ingenieurbauwerken
PRÄZISIONS - Nivellement Ingenieur- und Landesvermessungshöhennetze
Höhenangaben für Maschinenanlagen < 1 mm
Setzungs- und Überwachungsmessungen

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Professor B. Lehmann - 19 - Vermessungskunde 1

Das einfache Nivellement

2,286 3,488
r2 v2

r1 2,871 1,342
v1
1,022 3,808
I2 r3 v3

A W1
I1 HP1
h 32 32
22 20 I3 B
36 38
Formularnotierung

Liniennivellement
Ort : Trier Seite : 1
Datum : 16.11.10 Projekt: ___Linie 3_________ Beobachter : Maurer
Gruppe : Feldbuchführer : Schmitt
Wetter : heiter Temp.: _6__°C Sicht : _3__ km Instrument : Ni 2 – 4311

Punkt Ziel- Rück- Vor- Höhenunterschied = R - V Höhe Bemerkungen


Nr. weite blick blick + - ü. NN

A 32 2,871 212,133
W1 32 1,342
W1 22 2,286
HP1 20 3,488
HP1 36 1,022
B 38 3,808 209,670

= h soll
= h ist

=w
wzul. = 2 + 5  s km 

wzul.=

w (s r  s v )
vi =
s

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Vermessungskunde 1 - 20 - Professor B. Lehmann

Ablaufschema eines Nivellements


Nivellier auspacken 2) und auf dem Stativ befestigen

5)
Okular scharf stellen

Latte  Anfangspunkt P A

i = 1

Instrument  Standpunkt Ii

Stativbeine festtreten

Gerät horizontieren 4) i =i+1

Latte anzielen

Fernrohr fokussieren

Latte ablesen

Ablesung notieren

nein
Latte auf W i ? Latte  W i
ja
nein
W i = PE ? Latte drehen!

ja

hist = [Ri] - [Vi]

w = hsoll - hist

nein
w < wzul. ?

ja

Instrument einpacken

endgültige Auswertung

Hinweise zum Ablauf eines Nivellements


1. Transport des Gerätes kann. In ebenem Gelände sind die Beine
Kompensatorgeräte werden, wenn sie auf gleich lang und bilden ein gleichseitiges Drei-
dem Stativ sind, geneigt getragen, damit der eck, bei geneigtem Gelände stehen zwei Sta-
Kompensator nicht hin- und herschlägt. Libel- tivbeine zur Talseite. Der Stativteller sollte
lengeräte werden grundsätzlich mit vertikaler grundsätzlich horizontal, die Fußschrauben in
Stehachse getragen. Mittenstellung sein. Während der Messung
2. Aus- und Einpacken des Gerätes wird das Stativ nicht angefasst!
Vor dem Herausnehmen des Instrumentes 4 Horizontierung
merke man sich die Lage im Transportbehäl- Die Libelle folgt bei gleichzeitiger, gegenläu-
ter. Beim Einpacken sind Klemmschrauben figer Drehung an zwei Fußschrauben der
zunächst zu lösen und wenn das Gerät im Bewegungsrichtung des linken Daumens; die
Behälter ist, leicht anzuziehen. dritte Fußschraube sollte deshalb auch mit
3. Aufstellung des Gerätes der linken Hand verstellt werden.
Der Instrumentenstandpunkt kann frei ge- 5 Okular scharf stellen
wählt werden. Es ist jedoch darauf zu achten, Den Himmel oder ein weißes Blatt Papier,
dass Kfz-Verkehr nicht behindert wird. Die das vor das Fernrohr gehalten wird, betrach-
Zielweiten sollten nicht über 40 m liegen und ten und das Strichkreuz mit dem Einstellring
die Zielweiten sollten gleich lang sein. Die am Okular scharf stellen. Das Strichkreuz
Stativbeine werden soweit ausgezogen, dass darf sich beim Hinundherbewegen des Auges
in bequemer Haltung beobachtet werden nicht verändern.
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Professor B. Lehmann - 21 - Vermessungskunde 1

6. Wechselpunkte der Beobachter laut und deutlich die abgele-


Die Nivellierlatte muss in den Wechselpunk- senen Werte -Nachkommastellen werden
ten immer auf einen Lattenuntersatz gestellt einzeln genannt- , der Feldbuchführer wie-
und beim Instrumentenwechsel vorsichtig ge- derholt die Zahlenwerte und der Beobachter
dreht werden. Sollte die Nivellierlatte einmal bestätigt diese Werte durch eine erneute Ab-
abgelegt werden, dann grundsätzlich mit der lesung. Am Ende der Messungen erfolgt so-
Ableseseite nach oben. fort eine Überprüfung der Messwerte, ob sie
7. Feldbuch innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Die Be-
Die abgelesenen Werte werden grundsätzlich rechnung der endgültigen Höhen kann später
sauber in einem Formular notiert. Dazu sagt erfolgen.

Nivellierprobe nach NÄBAUER B


A

a2 b2
c I2
c
I1
a1 c b1
c

h

s s s

I1: h1 = ( a1 - c ) - ( b1 - 2c ) = a1 - b1 + c
I2: h2 = ( a2 - 2c ) - ( b2 - c ) = a2 - b2 - c
Wird die Differenz h1 - h2 gebildet, so erhält man:
2 c = a2 - b2 - ( a1 - b1 )
Wenn kein Zielachsenfehler vorliegt, ist c = 0. Der Sollwert im 2. Instrumentenstandpunkt ist dann:
a2 Soll = b2 + ( a1 - b1 )

Beispiel zur Fehlerrechnung und Abgleichung eines Doppelnivellements

dd
HP h' h" si d dd hm vi h H
si
m m km mm m mm m m

1609 156,924
+2,468 -2,472 0,82
17
+1,037 -1,033 0,74
18
+5,826 -5,832 1,90
19
-3,704 +3,708 1,47
1610 162,559

1 1  dd 
Standardabweichung eines 1 km langen Doppelnivellements:  1kmD 
2 n  s 
n = Anzahl der gemessenen h
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Vermessungskunde 1 - 22 - Professor B. Lehmann

Längs- und Querprofile

Längsprofil

Ein Längsprofil stellt als Vertikalschnitt die Höhenlage der Erdoberfläche entlang einer Trasse dar.
Durch Höhenmessung wird die Höhe (über NN) zunächst der regelmäßig angeordneten Stationie-
rungspunkte und ggf. von Punkten bei markanten Änderungen der Geländeverhältnisse bestimmt.
Ist die Trasse bereits in die Örtlichkeit übertragen, werden auch die Höhen an den Punkten be-
stimmt, an denen eine Änderung der Trassierungselemente eintritt. Bei der anschließenden gra-
phischen Auswertung wird die Geländedarstellung in der Regel im Verhältnis 1 : 10 überhöht (z.B.
MdL = 1 : 1 000, MdH = 1 : 100) wiedergegeben.
R=

0+300

A = 80
0+247,82 = UA
R=
0+200

0+100

Abmarkung eines Stationspunktes


mit Grundpflock und beigestelltem
0+000
Nummerierungspflock
= Ausbauanfang

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Professor B. Lehmann - 23 - Vermessungskunde 1

Flächennivellement
Ort: Trier Seite : 1 _
Datum: 1.2.2014 Projekt: Querprofil _ Beobachter : Maier _
Gruppe: Feldbuchführer : Müller _
Wetter: heiter Temp.: _20_°C Sicht : _2_ km Instrument : Ni 2 - 4376 _

Punkt Ziel- Rück- Zwischen- Vor- Höhe der Höhe Bemerkungen


Nr. weite blick blick blick Zielachse ü. NN

HP1 69 1,732 173,416


W1 72 1,138
W1 71 1,927 175,937
0+000 - 0,87 175,07
0+050 - 1,47 174,47
0+100 - 2,13 173,81
0+150 - 2,91 173,03
W2 63 3,461
W2 69 0,632 173,108
0+200 - 0,74 172,37
0+247 - 1,58 171,53
0+250 - 2,07 171,04
0+300 - 3,62 169,49
0+350 - 2,83 170,28
0+400 - 2,14 170,97
W3 64 1,738
W3 67 3,841 175,211
0+450 2,61 172,60
0+486 1,84 173,37
0+500 1,27 173,94

Form Niv 02 -  2014 by FH Trier - FB BLV

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Vermessungskunde 1 - 24 - Professor B. Lehmann

173,94
173,37

172,60

170,97

170,28

169,49

171,04
171,53

172,37

173,03

173,81

174,47

175,07

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Professor B. Lehmann - 25 - Vermessungskunde 1

Querprofile

Querprofile sind Vertikalschnitte der Erdoberfläche, die links und rechts senkrecht zum Längsprofil
wenigstens in den Stationierungspunkten systematisch (etwa alle 5 m) erfasst werden. Die Erfas-
sungsbreite ist von dem jeweiligen Projekt abhängig und geht über dessen Breite hinaus. In der
Darstellung wird eine Überhöhung in der Regel nicht vorgenommen, damit spätere Flächenbe-
stimmungen zur Ermittlung von Auf- oder Abtragsmassen auch mit graphischen Methoden (Po-
larplanimeter) möglich sind.

Trassenverlauf im Grundriss mit Teil eines Längsprofils mit be-


Darstellung der Querprofile reits eingetragener Gradiente

Damm Anschnitt Einschnitt


Querprofile zu dem Längsprofil

Flächennivellement

Höhenrost

Feldbuch über die Absteckung eines quadratischen Rostes

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Vermessungskunde 1 - 26 - Professor B. Lehmann

Höhenlinieninterpolation

Höhenlinienkonstruktion Interpolation von Höhenlinien

Höhenliniendarstellung Falsche Interpolation durch nicht


ausreichende Punktdichte

Erdmassenberechnung

Erdmassenberechnung aus Querprofilen

Volumen zwischen zwei Querprofilen - Auftragsmasse eines Dammes


(Fi und Fi+1 sind positiv)

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Professor B. Lehmann - 27 - Vermessungskunde 1

Koordinatenfestlegung und Punktnummerierung zur rechnerischen Bestimmung der (positiven)


Auftragsfläche und der (negativen) Abtragsfläche

1
Prismatoidformel: V  (F1  4Fm F2 )  
6

1
Prismenformel: V  (F1 F2 )  
2

1
Pyramidenstumpfformel: V  (F1  F1 F2 F2 )  
3

Wechsel von Auftrag zu Abtrag

Berechnung der Damm- bzw. Einschnittlänge:

F1 / b 1 F2 / b 2
D   E  
F1 / b 1  F2 / b 2 F1 / b 1  F2 / b 2

Bei gleicher Breite b1 = b2 vereinfachen sich die Längenberechnungen zu

F1 F2
D   E   
F1  F2 F1  F2

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Vermessungskunde 1 - 28 - Professor B. Lehmann

Mit den vorher genannten Längen lassen sich dann mit der positiven Auftragsfläche und der nega-
tiven Abtragsfläche die getrennten Volumen berechnen:

1
Auftrag: V1  F1   D
2
1
Abtrag: V2  F2   E
2

Erdmassenberechnung aus Prismen

Volumen zwischen Geländeoberfläche und Bezugsfläche bei


horizontaler Bezugsfläche unterschiedlich geneigten Bezugsflächen

Die mittlere Höhe hmi ergibt sich für ein Dreiecksprisma aus:
hi1  hi2  hi3
hmi 
3
Die Addition aller Dreiecksprismen ergibt das Gesamtvolumen:
n n
V   Vi   Fi  hmi
i1 i1

Erdmassenberechnungen lassen sich heute auf einfache Weise mit Hilfe von EDV-Programmen
auch für größere Gebiete durchführen (digitale Höhenmodelle - DHM).

Darstellung verschiedener digitaler Höhenmodelle

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Professor B. Lehmann - 29 - Vermessungskunde 1

Erdmassenberechnung aus Höhenlinien

Aufteilung eines Erdkörpers durch horizontale Schichten

Der Rauminhalt einer Schicht ergibt sich nach der Pyramidenstumpfformel:

1
Vi  (F  Fu  Fo  Fo )   h
3 u

Beispiel: Massenberechnung durch Aufteilung des oben abgebildeten Erdkörpers in horizontale


Schichten oberhalb einer Bezugsfläche in 70 m Höhe.

Begrenzungs- Volumen
Höhe Fläche h Fu Fo Vi
punkte zwischen
2 2 2
[m] [m ] [m] [m] [m] [m ] [m ] [m3]

70 GILMCG 285
70,0 71,0 1,0 285 205
71 GIKDG 205
71,0 72,0 1,0 205 99
72 GIJEG 99
72,0 73,0 1,0 99 10
73 GHFG 10
73,0 73,5 0,5 10 0
73,5 G 0

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Vermessungskunde 1 - 30 - Professor B. Lehmann

Grundlagen der Lagemessung

Geographisch Nord, Magnetisch Nord, Gitternord


Geogr. Nord
Gi.N. Gi.N. Gi.N.

Magn. Nord M. N. M. N.

Geographische Koordinaten Meridiankonvergenz , Deklination  und Na-


delabweichung n in einem Meridianstreifen

Alaska
180° Sibirien
70°

magn.Nordpol 80°

Nordpolarmeer

geogr.Nordpol

Spitzbergen
Grönland 0°
Nordkap

Lage des magnetischen Nordpols

Schwerkraft

West Ost

Kreisel am Äquator Kreiseltheodolit und Aufsatzkreisel

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Professor B. Lehmann - 31 - Vermessungskunde 1

Präzession und Nutation Polbewegung 1967 - 1973

Kartennetzentwürfe
Art der Abbildungsfläche Art der Lage

Azimutale Abbildung Normale Lage

Konische Abbildung Transversale Lage

Zylindrische Abbildung Schiefachsige Lage

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Vermessungskunde 1 - 32 - Professor B. Lehmann

Mehrere geodätische Bezugssysteme


Für die Fläche der Bundesrepublik Deutschland und den Grenzbereich der Nachbarstaaten sind
derzeit noch vier geodätische Bezugssysteme von besonderer Bedeutung.

Das wiedervereinigte Deutschland verwendet derzeit das Gauß-Krüger-Meridianstreifensystem


bezogen auf das Bessel-Ellipsoid von 1841. Dieses Bezugssystem wurde von 1927 an auch in
Deutschland bzw. in der Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung verwendet.

In der ehemaligen DDR wurde das System 42/83 auf dem Krassowskij-Ellipsoid verwendet. Die
Kartenwerke wurden mit einem 6 Grad breiten Gauß-Krüger-Streifensystem dargestellt.

Das militärische Geowesen verwendet den europäischen NATO-Standard mit dem Europäischen
Datum ED50 auf dem Internationalen Ellipsoid von Hayford von 1924. Die militärischen Karten-
werke verwenden das UTM-Streifensystem (Universale Transversale Mercatorprojektion) zur Dar-
stellung.

Durch die starke Akzeptanz und auch dem Vertrieb preiswerter Empfangsgeräte für das Satelliten-
navigationssystem GPS gewinnt das 1984 festgelegte World Geodetic System (WGS84) immer
mehr an Bedeutung.

Im Bereich der Europäischen Union (EU) sollte vom Jahr 2005 an ein einheitliches Koordinaten-
system für alle Mitgliedsländer gelten. Bereits 1991 hat die Arbeitsgemeinschaft der Vermes-
sungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) beschlossen, dass dies das
UTM-System sein soll, das bereits bei den Umweltbehörden, beim Katastrophenschutz und im mili-
tärischen Bereich verwendet wird. Die endgültige Umstellung bei den Landesvermessungsbehör-
den wird aber wohl noch bis zum Jahr 2010 dauern.

Gauß-Krüger-Koordinatensystem

Längentreue Abbildung des Hauptmeridians Ellipsoidische Orthogonalkoordinaten


bei der Transversalen Mercatorprojektion

Meridianstreifen nach Gauß-Krüger

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Professor B. Lehmann - 33 - Vermessungskunde 1

180°


3° 6°ö.L.

Berührungszylinder bei 3° und 6°

Meridianstreifensysteme nach Gauß-Krüger in Differentielle Abbildungsverzerrungen


Deutschland

UTM-System
Das Universale–Transversale–Mercator–System ist eine winkeltreue Abbildung und in seinem
Aufbau dem Gauß-Krüger-System ähnlich. Mercator ist dabei der Name eines Geographen und
Kartographen, der eigentlich Kremer hieß und Mitte des 16. Jahrhunderts eine Weltkarte für die
Seefahrer schuf. Der durch ihn in dieser Karte verwendete winkeltreue Kartennetzentwurf trägt
den Namen Mercatorprojektion und wird bis heute in der See- und Luftfahrt verwendet; eine Li-
nie, die alle Meridiane unter dem gleichen Winkel schneidet (Loxodrome) wird in der Karte als Ge-
rade dargestellt.

In Europa wird als Bezugsellipsoid das Internationale Ellipsoid von Hayford von 1924 verwen-
det. Die Meridianstreifen sind 6° breit. Diese Meridianstreifen werden als Zonen bezeichnet und
vom Hauptmeridian 177° westliche Länge (für den Bereich von 180° w. Länge bis 174° w. Länge)
nach Osten bis zum Hauptmeridian 177° östliche Länge von 1 bis 60 durchnumeriert. Das Gebiet
von Deutschland liegt in den Zonen mit den Nummern 32 und 33.

Damit sich die zum Rand hin auftretenden Verzerrungen in Grenzen halten, gibt es nicht wie bei
der Gauß-Krüger-Abbildung einen längentreuen Hauptmeridian, sondern durch Verwendung eines
Schnittzylinders zwei längentreue Kreisbögen. Der Bereich zwischen diesen beiden Kreisbögen
wird verkürzt dargestellt. Dabei erhält der Hauptmeridian einen Verjüngungsfaktor von 0,9996;
dies entspricht 40cm auf 1000m oder 4cm auf 100m oder 4mm auf 10m oder 0,4mm auf 1m. Die
Außenbereiche werden vergrößert bis zum Faktor 1,00015 am jeweiligen Grenzmeridian. Damit im
Randbereich zwischen zwei Streifen übergangslos gemessen und gerechnet werden kann, ist eine
Überlappungszone von ca. 20 km je Zone = 40 km insgesamt vorhanden. 40 km am Äquator ent-
sprechen ca. 22', so dass jede Zone eine Breite von 3°11' westlich und östlich des Hauptmeridians
= 6°22' Zonenbreite hat.

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Vermessungskunde 1 - 34 - Professor B. Lehmann

80°
72° X
W
64°
56° V
48° U
40° T
S
32°
R
24°
Q
16°
P

N
0° 0°
Schnittzylinder M

L
16°
K 24°
um 0,9996 J
32°
zu verjüngender H 40°
Hauptmeridian G 48°
längentreue F 56°
Schnittkreisbögen E 64°
D 72°
C 80°

Transversaler Schnittzylinder Einteilung in Zone und Band

Aufgrund des Schnittzylinders können die Bereiche an den Polen nicht mehr unverzerrt abgebildet
werden, so dass das UTM-System auf einen Bereich zwischen 80° (tlw. 84°) nördlicher Breite und
80° südlicher Breite begrenzt ist. Innerhalb einer Zone werden acht Breitengrade durch einen gro-
ßen Buchstaben bezeichnet (sog. Band). Die Buchstaben I und O werden zur Vermeidung von
Verwechslungen nicht genutzt. Die Bezeichnung für einen solchen Bereich ist Gitterzone. Deutsch-
land liegt zum überwiegenden Teil in der Gitterzone 32U.

Koordinaten für den Dom in Trier:

Gauß-Krüger-Koordinaten Rechts Hoch


2 5
546 382,61 513 486,76

Geographische Koordinaten Länge Breite


06° 38' 37,618'' 49° 45' 26,279''

UTM-Koordinaten East North


(Hayford) 32 330 321,10 5 514 388,99

(WGS84) 32 330 242,32 5 514 187,95

UTM Meldeplanquadrat 32U LA 3014

Umstellung des geodätischen Bezugssystems


Die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutsch-
land (AdV) hat schon 1991 für alle Aufgabenbereiche des Vermessungs- und Katasterwesens die
Einführung des European Terrestrial Reference Systems (ETRS89) beschlossen. Da alle euro-
päischen Länder ihre bisher lokalen Referenznetze umstellen und an das einheitliche Bezugssys-
tem ETRS89 anschließen, ist zukünftig die Verwendung staatenübergreifender Geodaten in einem
einheitlichen Koordinatensystem möglich.

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Professor B. Lehmann - 35 - Vermessungskunde 1

Als Abbildungssystem wird die Universale Transversale Mercatorprojektion (UTM) mit 6 Grad brei-
ten Meridianstreifen auf dem GRS80-Ellipsoid (Geodetic Reference System) mit Datum ETRF89
(European Terrestrial Reference Frame) verwendet. Die Koordinaten im GRS80 stimmen bis auf
wenige Millimeter mit WGS84 überein.

Die endgültige Umsetzung des Beschlusses der AdV war für das Jahr 2000 vorgesehen, wird aber
noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. In diesem Zeitraum werden die alten Systeme
neben dem neuen System verwendet werden müssen.

Grundlagennetze
Ungefähr seit 1837 wurde in Deutschland mit der Vermessung der einzelnen Staatsgebiete be-
gonnen. Als Messmethode wurde die Triangulation angewendet. Dazu wurden, ausgehend von
einer zu damaligen Zeit sehr genau gemessenen Strecke (Basis), Dreieckswinkel (Angulus = Win-
kel) gemessen und so die gemessene Strecke in die weiteren drangehängten Dreiecke übertra-
gen.

Anschließend erfolgte eine umfassende Berechnung der Dreiecksnetze unter der Bedingung, dass
die Summe der Dreieckswinkel 180° ergeben musste (Netzausgleichung nach der Gauß'schen
Methode der kleinsten Quadrate). Mehrere Netzteile wurden zum Deutschen Hauptdreiecksnetz
(DHDN) zusammengeschlossen. Als mathematische Berechnungsfigur diente das Rotationsel-
lipsoid nach Bessel von 1841 mit dem Fundamentalpunkt Rauenberg bei Berlin

Basis

Triangulationsnetz (mit Basis) Trilaterationsnetz

Neuere Vermessungen (im Ausland) haben seit ungefähr 1960 zur Bestimmung der Koordinaten
der Lagefestpunkte die Methode der reinen Streckenmessung angewendet. Diese Trilaterations-
netze (Latus = Strecke) sind heute auch nicht mehr die aktuellste Methode zur landesweiten Be-
stimmung eines Festpunktfeldes, heute werden die Methoden der Positionsbestimmung mit Hilfe
künstlicher Erdsatelliten angewendet.

Die Lagefestpunkte der Grundlagenvermessungen werden heute überwiegend als Bodenpunkte


durch eine unterirdische Platte mit einem daraufgestellten Pfeiler vermarkt. Wegen der früher vor-
herrschenden Messmethode werden die Punkte als Trigonometrische Punkte (TP) bezeichnet.
Entsprechend ihrer Bedeutung haben die Steinpfeiler Dimensionen von 12 x 12 x 60 cm über
16 x 16 x 60 cm bis 30 x 30 x 90 cm. Die Vermessungsnetze sind in bestimmte Ordnungen einge-
teilt. So haben die Lagefestpunkte entsprechend ihrer Ordnung folgende Abstände:

Netz Seitenlänge des Dreiecks


1. Ordnung 30 – 50 km
2. Ordnung 10 – 30 km
3. Ordnung 3 – 10 km
4. Ordnung (Aufnahmepunkte - AP's) 1 – 3 km

Zur weiteren Punktverdichtung wurden früher Polygonzüge gemessen, so dass in bebauten Berei-
chen etwa alle 100 – 200 m ein Lagefestpunkt vorhanden ist.

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Vermessungskunde 1 - 36 - Professor B. Lehmann

Merkblatt
über den Schutz der Grenz- und Vermessungsmarken
1.Die Grenzmarken und die Vermessungsmarken des amtlichen Lage-, Höhen- und Schwerenetzes (Steine,
Kunststoffmarken, Rohre, Bolzen und dgl.) bilden eine wichtige Grundlage für viele öffentliche und private
Vermessungsarbeiten. Neben ihrem allgemeinen öffentlichen Nutzen dienen sie insbesondere auch der
Sicherung des Grundeigentums und der Wahrung des Grenzfriedens.

2.Die Abmarkungen erfolgen im allgemeinen oberirdisch.

3.Die Grenzmarken und die Vermessungsmarken sind durch das Abmarkungsgesetz unter besonderen
Schutz gestellt.

4.Bei Erdarbeiten besteht die Gefahr, dass Grenz- und Vermessungsmarken zerstört, beschädigt oder ver-
schüttet werden. Verursacht jemand vorsätzlich oder fahrlässig derartige Veränderungen an Grenz- und
Vermessungsmarken, so begeht er eine Ordnungswidrigkeit; ihm können eine Geldbuße und die Kosten-
der Wiederherstellung der Abmarkung auferlegt werden. In bestimmten Fällen kann Strafanzeige erstattet
werden (§§ 274 und 304 des Strafgesetzbuches).

5.Ordnungswidrige Veränderungen an Abmarkungen und hohe Unkosten können vermieden werden, wenn
die Auftraggeber von Erdarbeiten bzw. die ausführenden Unternehmer

a) dem zuständigen Katasteramt von dem beabsichtigten Bauvorhaben und dem Beginn der Arbeiten
rechtzeitig Kenntnis geben und bei diesem Katasteramt oder bei einem Öffentlich bestellten Vermes-
sungsingenieur die Sicherung der gefährdeten Abmarkungen beantragen - in diesem Fall trägt das Land
die Kosten für die Sicherung und Versetzung von Vermessungsmarken. Für die Sicherung und Verset-
zung von Grenzmarken hat der Auftraggeber (Grundstückseigentümer, ausführender Unternehmer) die
Kosten zu tragen, die nach der Kostenordnung für Leistungen der Katasterbehörden bzw. Kostenord-
nung für Leistungen der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure erhoben werden.

b) die am Bauvorhaben beteiligten Hilfskräfte zur gebotenen Sorgfalt und Vorsicht bei den Arbeiten anwei-
sen.

6.Es empfiehlt sich, die Unternehmer bei der Auftragserteilung auf den Schutz und die Sicherung der Grenz-
und Vermessungsmarken besonders hinzuweisen und sie zu verpflichten, die infolge der von ihnen zu ver-
tretenden Versäumnisse entstehenden zusätzlichen Kosten zu tragen.

VA 1 Merkblatt über den Schutz der Grenz- und Vermessungsmarken

Winkelmessung mit dem Theodolit

Horizontal-, Vertikal- und Positionswinkel


H x
P1

P2
h1

 h2
2
1

r1 r2
S

y
Darstellung des Horizontalwinkels  = r2 - r1, Vertikal(Höhen-)winkels  und Positionswinkels 

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Professor B. Lehmann - 37 - Vermessungskunde 1

Bauteile und Zubehör eines Theodolits

Theodolitbauteile

Darstellung eines einfachen Theodolits Kreisklemme

Verbindung Stativ - Dreifuß optisches Lot

Dreifuß mit Zwangszentrierung Zieltafeln für Zwangszentrierung

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Vermessungskunde 1 - 38 - Professor B. Lehmann

Einteilung der Theodolite

Klein- oder Bautheo- Ingenieurtheodolite Feinmesstheodolite


dolite

Ablesung 1 - 2 cgon 1 - 2 mgon 0,1 - 0,5 mgon

Horizontalkreis  50 - 100 mm 70 - 100 mm 80 - 100 mm

Vertikalkreis  50 - 75 mm 60 - 85 mm 70 - 90 mm

Fernrohrvergrößerung 18 - 25 fach 25 - 30 fach 30 - 35 fach


Verwendung Bauabsteckung Polygonierung, Abste- Triangulation, Feinab-
ckung, Kleintriangula- steckung, Industrie-
tion vermessung

Ausschnitte von Teilkreisen

Analoge Ablesung Digitale Abtastung

Ablesung: 265,4412

Koinzidenzmikroskop vor und nach Betätigung des Mikrometers

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 39 - Vermessungskunde 1

Ablesebeispiele analoger Theodolite

Sehfelder von Strichmikroskopen

Sehfelder von Skalenmikroskopen

Sehfelder von Strichmikroskopen mit optischem Mikrometer

Ablesung: 378,8506 gon 94°12'44,3"

Sehfelder von Koinzidenzmikroskopen

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 40 - Professor B. Lehmann

Horizontierung des Theodolits, Justierung der Stehachslibelle


1. Instrument auf dem Stativ festschrauben und mit der Do-
senlibelle grob horizontieren.

2. Röhrenlibelle parallel zur Verbindungslinie zweier Fuß-


schrauben F1 und F2 stellen und mit diesen die Libellenbla-
se gleichzeitig gegenläufig in der Mitte (Normalpunkt) ein-
spielen. Die Libellenblase folgt dabei der Drehbewegung
des Daumens der linken Hand.

3. Theodolitoberbau um 100 gon drehen, so dass die Libelle


zur dritten Fußschraube zeigt. Auch hier die Libellenblase
im Normalpunkt einspielen lassen.

4. Theodolitoberbau um 200 gon drehen. Bleibt die Libellen-


blase nicht im Normalpunkt, ist die Libelle dejustiert. Durch
Beseitigung des halben Libellenausschlags a mit der Fuß-
schraube F3 wird die Libelle in den Spielpunkt gebracht.

5. Drehung des Theodolitoberbaues um 100 gon, damit die


Libellenblase wieder parallel zu den beiden Fußschrauben
steht. Die Libellenblase auch hier auf den Spielpunkt brin-
gen. Damit ist i. d. R. das Instrument horizontiert.

6. Überprüfung der Horizontierung durch Drehung um 50 gon.


Wandert die Libelle aus, so werden die Schritte 2. bis 6.
wiederholt.

7. Mit Hilfe der Libellenjustierschraube kann die Libellenblase


auf den Normalpunkt eingespielt werden. Dadurch ist der
Spielpunkt in den Normalpunkt gelegt worden und die Li-
belle justiert. Zur Kontrolle wird der Theodolit um 200 gon
gedreht. Zeigt sich ein Libellenausschlag, sollten die Schrit-
te 2. bis 7. wiederholt werden.

Hinweise zum Ablauf einer Horizontalrichtungsmessung


1. Transport des Gerätes Die Aufstellung erfolgt zentrisch über dem
Kompensatorgeräte werden, wenn sie auf Bodenpunkt mit Hilfe des optischen Lotes.
dem Stativ sind, geneigt getragen, damit der Während der Messung wird das Stativ nicht
Kompensator nicht hin- und herschlägt. Libel- angefasst.
leninstrumente werden stets mit vertikaler 4. Horizontierung
Stehachse getragen. Die Horizontierung eines Theodolites wir zu-
2. Aus- und Einpacken des Gerätes nächst grob mit Hilfe der Dosenlibelle vorge-
Vor dem Herausnehmen des Instrumentes nommen, danach präzise mittels der Röhren-
merke man sich die Lage im Transportbehäl- libelle. Die Libelle folgt bei gleichzeitiger, ge-
ter. Beim Einpacken sind Klemmschrauben gengegenläufiger Drehung an zwei Fuß-
zunächst zu lösen und wenn das Gerät im schrauben der Bewegungsrichtung des linken
Behälter ist, leicht anzuziehen. Daumens; die dritte Fußschraube sollte auch
3. Aufstellung mit der linken Hand verstellt werden. Wandert
Die Stativbeine werden soweit herausgezo- die Libelle während der Messung aus, wird -
gen, dass in bequemer Haltung beobachtet jedoch erst zu Beginn eines neuen Satzes -
werden kann. In ebenem Gelände bilden die wieder neu horizontiert. Weisen die Messer-
Stativbeine ein gleichseitiges Dreieck, in ge- gebnisse des vorherigen Satzes zu den nach
neigtem Gelände stehen zwei Beine zur Tal- der erneuten Horizontierung ab, so ist grund-
seite. Der Stativteller muss genähert horizon- sätzlich ein weiterer Satz zu beobachten und
tal sein, die Fußschrauben des Dreifußes soll- ggf. ist der Satz mit den abweichenden Wer-
ten in Mittenstellung sein. ten zu streichen.
Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 41 - Vermessungskunde 1

5. Okular scharf stellen 7. Feldbuch/Formular


Dazu den Himmel oder ein weißes Blatt Pa- Über die Messungsanordnung ist grund-
pier, das vor das Fernrohr gehalten wird, be- sätzlich eine Zeichnung (Riss) zu fertigen.
trachten und das Strichkreuz mit dem Einstell- Die abgelesenen Messwerte werden
ring am Okular scharf einstellen. Das Strich- grundsätzlich sauber in einem Formular no-
kreuz darf sich beim Hinundherbewegen des tiert. Dazu sagt der Beobachter laut und
Auges nicht verändern. Auch das Ableseoku- deutlich die abgelesenen Werte -
lar muss scharf eingestellt werden. Dazu Nachkommastellen werden einzeln ge-
muss Licht über einen Spiegel in das Instru- nannt- , der Feldbuchführer wiederholt die
ment gespiegelt werden. Dieser muss vorsich- Zahlenwerte und der Beobachter bestätigt
tig gedreht und geneigt werden. diese Werte durch eine erneute Ablesung.
6. Messung Am Ende der Messungen erfolgt sofort ei-
Je nach Genauigkeitsanforderung und Ziel- ne Überprüfung der Messwerte, ob sie hin-
punktanordnungen werden volle Sätze oder reichend übereinstimmen. Ansonsten ist
Halbsätze beobachtet, in der Regel durch drei der Satz, der nicht in die Beobachtungsrei-
Sätze. Die Anzielung der Ziele erfolgt in Lage he passt, zu streichen und durch eine wei-
I von links nach rechts, anschließend in Lage teren Satz zu ersetzen. Nach Abschluss
II von rechts nach links. Zunächst wird das der Messung erfolgt unmittelbar die Aus-
Ziel grob über das Diopter, das sich auf dem wertung der Fehlerrechnung. Erst danach
Fernrohr befindet, angezielt. Erst danach wird kann mit dem Instrument zu einem anderen
durch das Fernrohr geschaut und das Ziel Standpunkt gewechselt bzw. eingepackt
endgültig mittels der Feintriebschrauben werden.
scharf eingestellt.
Ablaufschema einer Horizontalrichtungsmessung
Stativ zentrisch, Stativteller horizontal aufstellen 3)
r = Anzahl der Ziele
n = Anzahl der Sätze
2)
Theodolit auspacken und auf dem Stativ befestigen,
zentrieren und horizontieren

Okulare scharf einstellen

Fernrohr in Lage I

i = 1

Zieli grob einstellen, klemmen

Fernrohr fokussieren

Zieli scharf mit Feintrieb einstellen

Ablesung notieren

ja
i = r? durchschlagen
nein
ja
Lage I i=i+1
nein
nein
i = 1 i=i-1
ja
ja Teilkreis um
weitere Sätze?
200/n verstellen
nein
Summenprobe, reduzieren
ja
grober Fehler?
nein

endgültige Auswertung

Instrument einpacken

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 42 - Professor B. Lehmann

Horizontalrichtungsmessung
Ort: Trier Projekt:____Turnhalle__________ Seite: 2
Datum: 1.2.2014 Beobachter: Müller
Gruppe: 5 Feldbuchführer: Maier
Wetter: heiter Temp.:_3__°C Sicht: _5__ km Instrument: T 16 - 47 13
Stand- Ziel- Horizontalkreis Mittel aus reduziertes Mittel aus Fehler-
punkt punkt Ablesung I und II Satzmittel allen rechnung
Lage I Lage II Beobachtungen 0,1 mgon
[gon] [gon] [gon] [gon] [gon] d v vv
31 22 2 347 202 345
24 64 163 264 160
25 128 513 328 511
26 214 907 14 906

31 22 67 574 267 572 67 573 0 000


24 129 389 329 387 129 388 61 815
25 193 737 393 736 193 736 126 163
26 280 130 80 128 280 129 212 556

31 22 133 486 333 484 133 485 0 000


24 195 303 395 302 195 302 61 817
25 259 652 59 650 259 651 126 166
26 346 045 146 043 346 044 212 559

vv
f=(r-1).(n-1) s = Form Trig 01 -  2014 by FH Trier - FB BLV
f

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 43 - Vermessungskunde 1

Verfahren der Einzelpunktbestimmung

Rückwärtsschnitt
Gegeben: Koordinaten der Festpunkte A, M, B
P rA
 Gemessen: Auf dem Neupunkt die Richtungen
rA, rM, rB zu den Festpunkten
rB 
rM A Gesucht: Koordinaten des Neupunktes P


 M

F
G
 P
M

B 
A B
H

A B
Rückwärtsschnitt nach COLLINS
M

  rM - rA = rB - rM P
Günstige Bestimmungsrichtungen
wenn     200 gon  '  , '  
wenn     200 gon  '    200 gon, '    200 gon

AB = ( y B  y A ) 2 + ( x B - x A ) 2
P
y - yA 
t A,B = arctan B
xB - x A A

P'

AM = ( y M  y A ) 2 + ( x M - x A ) 2

y - yA
t A,M = arctan M
xM - x A
B
 = t A ,B - t A,M M
Gefährlicher Kreis

Hinweis: Treten bei den folgenden Streckenberechnungen negative Werte auf, so sind diese bei
den weiteren Berechnungen auch zu berücksichtigen!

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 44 - Professor B. Lehmann

sin '
AH = AB 
sin (' + ' )

GH = - AH  sin ' FM = - AM  sin 


AG = AH  cos ' AF = AM  cos 

(GH  FM)
 = arctan auf die Lage in den Quadranten achten!
( AG  AF)

t P, H = t A, B   t P,H = t P,H  200 gon, wenn GH  FM

sin 
t A,P = t P,H  '  200 gon  = - (  ' ) AP = AH 
sin '

Neupunktberechnung:

y P = y A  AP  sin t A,P

x P = x A  AP  cos t A,P

Kontrolle:

yB  yP Soll Soll
t P,B = arctan t P,B  t P,M = ' t P,B  t P,A = ''
xB  xP

Hinweis:Der Rückwärtsschnitt sollte aufgrund eventuell ungünstiger Messungsanordnungen zu-


gunsten anderer Messmethoden (polare Messung) nicht mehr angewendet werden.

Vorwärtsschnitt
Vorwärtsschnitt über Dreieckswinkel

B Gegeben: Koordinaten der Festpunkte A und B

rBA rBP Gemessen: Auf den Festpunkten die Richtungen


rAB, rAP, rBA, rBP

Gesucht: Koordinaten des Neupunktes P

rAB P

rAP
A AB = ( yB  y A )2 + ( xB - xA )2
yB - y A
t A ,B = arctan
xB - xA
  rAP - rAB  = rBA - rBP

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 45 - Vermessungskunde 1

t A,P = t A,B   t B,P = t B,A    t A,B  200 gon  

sin  sin 
AP = AB  BP = AB 
sin ( + ) sin ( + )

Neupunktberechnung: Kontrolle:

yP = y A  AP  sin t A,P y P = y B  BP  sin t B, P


xP = xA  AP  cos t A,P x P = x B  BP  cos t B, P

Vorwärtsschnitt über Richtungswinkel

D Gegeben: Koordinaten der Festpunkte A, B, C und D


B rBD
Gemessen:Auf den Festpunkten die Richtungen
rBP - zum Neupunkt rAP, rBP
C  - zu den Fernzielen rAC, rBD,

Gesucht: Koordinaten des Neupunktes P

 P
rAC
rAP
A AB = ( y B  y A )2 + ( x B - x A )2
yB - y A
t A,B = arctan
xB - x A

yC - yA yD - y B
t A,C = arctan t B,D = arctan
xC - x A xD - xB

t A,P = t A,C + (rAP - rAC ) t B,P = t B,D + (rBP - rBD )

 = t A,P - t A,B  = t B,A - t B,P  t A,B  200 gon - t B,P

sin  sin 
AP = AB  BP = AB 
sin ( + ) sin ( + )

Neupunktberechnung: Kontrolle:

yP = y A  AP  sin t A,P y P = y B  BP  sin t B, P


xP = xA  AP  cos t A,P x P = x B  BP  cos t B, P

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 46 - Professor B. Lehmann

Bogenschnitt

B
P' Gegeben: Koordinaten der Festpunkte A und B
+
- Gemessen: Strecken AP, BP und ggf. AB
P
Gesucht: Koordinaten des Neupunktes P

-
+
Ist AB nicht gemessen, kann ein Maßstabsfaktor
ABber.
m nicht eingeführt werden. Anstelle ABgem.
ABgem.
A
muß ABber. bei der Berechnung verwen det werden.

2 2 2 ABber. = ( yB  y A )2 + ( xB - x A )2
AB gem.  AP gem.  BP gem.
  arccos yB - y A
2  AB gem.  AP gem. t A ,B = arctan
xB - x A

t A ,P = t A,B +  Hinweis: Vorzeichen von  beachten!

Neupunktberechnung: Kontrolle:

yP = y A  (m  AP)  sin t A,P Soll


BP = ( yB  yP )2 + ( xB - xP )2
xP = x A  (m  AP)  cos t A,P

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 47 - Vermessungskunde 1

Vertikalwinkelmessung

Vertikalkreisablesung

Stehachse

Höhenindexlibelle
Zenit

Zielachse

Ablesefenster mit
Index - Doppelstrich

Feinstellschraube

Vereinfachte Darstellung der Vertikalkreisablesung Zenitwinkel z und Indexabweichung vz

Einfluss der Indexabweichung


Zenit Zenit
0 gon 0 gon

Ziel Ziel
vz z vz z
a1
300 gon

100 gon a2

Fernrohrlage I Fernrohrlage II
z = a1 + vz z = 400 - (a2 + vz)

!
z  a1  v z  400  (a 2  v z )

400  (a1  a 2 ) 400  (a 1  a 2 )


z vz 
2 2

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 48 - Professor B. Lehmann

Vertikalwinkelmessung
Ort: Trier Projekt: _____Turnhalle_________ Seite:____1_______
Datum: 1.2.2014 Beobachter:_Müller______
Gruppe: 5 Feldbuchführer:_Maier_______
Wetter: heiter Temp.: _3__°C Sicht: _5__ km Instrument:_T 16_- 47 13_
Stand- Ziel- Vertikalkreis z= Gesamtmittel Fehler-
punkt punkt Ablesung I + II ( I + 400 ) - II ( I + 400 ) - II z = [ z ] / n rechnung
i= t= Lage I Lage II 2 0,1 mgon
[gon] [gon] [gon] [gon] [gon] [gon] v vv
42 53 99 126 300 893
55 92 826 307 194
56 71 375 328 645
58 62 915 337 105

42 53 99 125 300 891 400 016 198 234 99 117


55 92 822 307 194 400 016 185 628 92 814
56 71 372 328 644 400 016 142 728 71 364
58 62 912 337 104 400 016 125 808 62 904

42 53 99 129 300 892 400 021 198 237 99 118


55 92 829 307 194 400 023 185 635 92 818
56 71 374 328 648 400 022 142 726 71 363
58 62 914 337 108 400 022 125 806 62 903

42 1,52
53 1,63
55 1,58
56 3,27
58 5,12

f = nz . ( ns - 1 ) s =
v v Form Trig 02 -  2014 by FH Trier - FB BLV
f

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 49 - Vermessungskunde 1

Trigonometrische Höhenmessung

Grundlagen

e
tB

h
d
z

HB
iA

HA
NN

h = e . cot z oder h = d . cos z

HB = HA + h + iA - tB

Turmhöhenbestimmung mit horizontalem Hilfsdreieck


Grundriss Hochziel T Aufriss T
zB
zA
hB sBT
sAT sBT
sAT hA
rBT iB
rAT iA
 
b
B HB
Stand- rAB Basis b rBA Stand-
HA
A
NN
punkt A punkt B
 = rAB - rAT  = rBT - rBA

sin 
s AT  b hA = sAT . cot zA HT = HA + hA + iA
sin (  )

sin 
sBT  b hB = sBT . cot zB HT = HB + hB + iB
sin (  )

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 50 - Professor B. Lehmann

Turmhöhenbestimmung mit vertikalem Hilfsdreieck


Aufriss T
in A gilt mit IA = HA + iA :
zB
zA

HT = IA + (b + x) . cot zA
HT
iB
iA in B gilt mit IB = HB + iB :
b x
HA HB B
A NN HT = IB + x . cot zB

Werden beide Ansätze gleichgesetzt und nach x aufgelöst, erhält man:

IA  I B  b  cot z A dies oben einge- I  cot zB  I B cot zA  b  cot z A  cot zB


x setzt liefert: HT  A
cot zB  cot z A cot zB  cot zA

oder, nachdem Zähler und Nenner durch cot zA. cot zB dividiert werden:

IA  tan z A  I B tan zB  b
HT 
tan z A  tan zB

Einfluss der Erdkrümmung Einfluss der Refraktion


und der Erdkrümmung

HB = HA + h + kE HB = HA + h + kH mit kH = kE - kR
(1  k ) 2
kH  e
2r
Ziel-
punkt B z' B kR
z
z z
Stand- h h
e Stand- e
punkt A HB punkt A HB
HA kE kE
HA
HA HA
RL

r RL
r r r

kurze Entfernungen große Entfernungen


Entfernung e 50 m 100 m 200 m 300 m 500 m 1 km 5 km 10 km
Korrektion kE 0,1 mm 0,7 mm 3,0 mm 7,0 mm 19,5 mm 7,8 cm 1,96 m 7,84 m
Korrektion kH 0,1 mm 0,6 mm 2,7 mm 6,1 mm 17,0 mm 6,8 cm 1,71 m 6,82 m

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 51 - Vermessungskunde 1

Elimination von Refraktion und Erdkrümmung durch gleichzeitige – gegensei-


tige Zenitwinkelmessung in zwei Standpunkten

e
e . cot zB

zB tB

hA =
hB =

e . cot zA
iB

B
tA zA
H

iA

Höhenunterschied von A nach B:


(1  k ) 2
H  e  cot z A  e  i A  tB (I)
2r

Höhenunterschied von B nach A:


(1  k ) 2
 H  e  cot zB  e  iB  t A
2r

diese Gleichung mit (-1) multipliziert liefert:

(1  k ) 2
H   e  cot zB  e  iB  t A (II)
2r

Summe (I) und (II) liefert:

2 H  e (cot z A  cot z B )  i A  iB  t A  t B

Damit ist die Höhenkorrektion kH heraus gefallen; dies ist der doppelte Höhenunterschied zwischen
A und B, jedoch frei von Erdkrümmung und Refraktion.

Zusammenfassung:

1. bei Entfernungen bis 250 m muss die Erdkrümmung und Refraktion nicht berücksichtigt werden,
(1  k ) 2
2. bei Entfernungen bis 2 – 3 km muss die Höhenkorrektion k H  e angebracht werden,
2r
3. bei größeren Entfernungen müssen gleichzeitig gegenseitige Zenitwinkelmessungen ausgeführt
werden.

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 52 - Professor B. Lehmann

Koordinatentransformationen

Ähnlichkeitstransformation
Mit Hilfe der Ähnlichkeitstransformation lassen sich Koordinaten, die in einem orthogonalen
y' - x' - Koordinatensystem gegeben sind über zwei identische Punkte (Punkte, die in beiden Koor-
dinatensystemen bekannt sind) in ein anderes orthogonales y - x - Koordinatensystem umrechnen:

x x'
 PE
  Pi

 Pi  Pi

 PA

x0

y'

y0 y

Zunächst werden die Koordinatendifferenzen der identischen Punkte berechnet:


dy'  y'E  y'A dx'  x'E  x'A
dy  y E  y A dx  x E  x A

Die Transformationskonstanten ergeben sich aus:

dx' dx  dy' dy dx' dy  dy' dx


a o
dx' 2  dy' 2 dx' 2  dy' 2

Hinweis: Der Nenner ist bei den Transformationskonstanten gleich!

Maßstabsfaktoren: m  a2  o2

o a o
Drehwinkel:   arc tan bzw.   arc cos   arc sin
a m m
Translationsparameter: y 0  y A  o  x' A  a  y' A bzw. y 0  yE  o  x'E  a  y'E

bzw. x0  xE  a  x'E  o  y'E


x 0  x A  a  x'A o  y'A

Neupunktberechnung: yi  y 0  o  x'i  a  y'i

xi  x0  a  x'i  o  y 'i

Hochschule Trier
Professor B. Lehmann - 53 - Vermessungskunde 1

Koordinatentransformation
Ort: _ Trier Projekt: ___Sportplatz_________ Seite : ______1_________
Datum: 2.2.2014 Berechnung : __Schmitt________

S d o a
s m
AltesSystem NeuesSystem
y'A x'A yA xA
Punkt y'i x'i yi xi Punkt
Nr. y'i x'i yi xi Nr.
y'E x'E yE xE

23 8 338,99 8 586,69 3 497 944,99 5 208 664,62

481 7 319,35 8 802,06

482 8 858,81 9 717,54

24 7 918,31 9 538,01 3 497 564,56 5 209 632,75

y  yE  yA x  xE  xA y  yE  yA


x  xE  xA
x  y  y  xy  y  x  x
s2  y 2  x2 S2  y2  x2 d  S  s o a m
s2 s2
S o
Maßstabsfaktor: m  a 2  o 2  Drehwinkel:   arc tan
s a
. .
yi = o x'i + a y'i . .
xi = a x'i - o y'i Form Transf  2014 by FH Trier - FB BLV

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Vermessungskunde 1 - 54 - Professor B. Lehmann

Überbestimmte Ähnlichkeitstransformation
Mit Hilfe der überbestimmten Ähnlichkeitstransformation (Helmerttransformation) lassen sich Koor-
dinaten, die in einem orthogonalen y' - x' - Koordinatensystem gegeben sind über identische Punk-
te in ein anderes orthogonales y - x - Koordinatensystem umrechnen. Die Zahl der identischen
Punkte, die in beiden Systemen gegeben sein müssen, ist n  3. Um numerisch günstige Werte
für die Berechnung der Transformationskonstanten zu erhalten, werden die Berechnungen mit Ko-
ordinatendifferenzen, bezogen auf den Schwerpunkt der gegebenen Punkte, durchgeführt:

Schwerpunktkoordinaten:
n = Anzahl der identischen Punkte
y' x'
y 's  i x's  i für i = 1 ... n
n n
yi xi
ys xs 
n n
Danach werden die Koordinatendifferenzen zu jedem Koordinatenwert berechnet:
dy'i  y 'i  y's dx'i  x'i  x's für i = 1 ... n
dy i  y i  y s dx i  x i  x s

Die Transformationskonstanten ergeben sich aus:

dx'i  dx i  dy 'i  dy i
a [ ] = Gauß'sches Summenzeichen
dx'i 2  dy 'i 2

dx'i  dy i  dy 'i  dxi


o
dx'i 2  dy'i 2

Hinweis: Der Nenner ist bei den Transformationskonstanten gleich!

Maßstabsfaktoren: m  a2  o2

o a o
Drehwinkel:   arc tan bzw.   arc cos   arc sin
a m m

Translationsparameter: y 0  y s  o  x's  a  y's

x0  xs  a  x's  o  y's

Neupunktberechnung: yi  y 0  o  x'i  a  y'i

xi  x0  a  x'i  o  y 'i

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Professor B. Lehmann - 55 - Vermessungskunde 1

Für die identischen Punkte lassen sich mit diesen Berechnungsansätzen die Restklaffungen in den
Koordinaten bestimmen:
v yi  yi ber .  yi

v xi  xi ber .  xi Kontrolle: v yi  v xi  0

Mit Hilfe der Restklaffungen lässt sich die Standardabweichung eines Koordinatenwertes berech-
nen:

v yi 2  v xi 2
sx  sy  n > 2  Anzahl der identischen Punkte
2n  4

Die Standardabweichung eines Punktes ergibt sich aus:

sP  s x  2

Affintransformation
Bei der Affintransformation werden Koordinaten, die in einem y' - x' - System gegeben sind, in ein
kartesisches y - x - System umgerechnet. Die Koordinatenachsen des y' - x' - Systems können
windschief zueinander sein und unterschiedliche Maßstäbe haben. Bei 3 identischen Punkten ist
die Lösung eindeutig, bei mehr als 3 identischen Punkten liegt eine Überbestimmung vor, bei der
[vv] = Minimum wird.

x  P2
x'
x
 Pi
 Pi
 Pi  P3
 P1
 P4
x0 y

y'

y0 y

Zur Berechnung der Transformationskonstanten werden zunächst die Schwerpunktkoordinaten in


beiden Koordinatensystemen aus den Koordinaten der identischen Punkte bestimmt.

Schwerpunktkoordinaten:
n = Anzahl der identischen Punkte
y' x'
y 's  i x's  i für i = 1 ... n
n n
yi xi
ys xs 
n n

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Vermessungskunde 1 - 56 - Professor B. Lehmann

Danach werden die Koordinatendifferenzen zu jedem Koordinatenwert berechnet:

dy'i  y 'i  y's dx'i  x'i  x's für i = 1 ... n

dy i  y i  y s dx i  x i  x s

Die Transformationskonstanten ergeben sich aus:

2
dy'i  dx'i  dx i  dx'i  dy'i  dy 'i  dx i
ax
dx'i2  dy 'i2  dx'i  dy 'i 2

2
dy'i  dx'i  dy i  dx'i  dy 'i  dy 'i  dy i
ox
dx'i 2  dy'i 2  dx'i  dy'i 2

2
dx'i  dy 'i  dy i  dx'i  dy 'i  dx'i  dy i
ay
dx'i 2  dy 'i 2  dx'i  dy 'i 2

2
dx'i  dy 'i  dx i  dx'i  dy'i  dx'i  dx i
oy
dx'i 2  dy 'i 2  dx'i  dy'i 2

Hinweis: Der Nenner ist bei allen Transformationskonstanten gleich!

2 2
Maßstabsfaktoren: mx  a x2  o x2 my  ay  o y

ax ay
Drehwinkel:  x  arc cos  y  arc cos
mx my

Translationsparameter: y 0  y s  ay  y's  o x  x's

x0  xs  ax  x's  oy  y's

yi  y 0  o x  x'i  ay  y'i
Neupunktberechnung:

xi  x0  a x  x'i  oy  y'i

Standardabweichung der Koordinaten:

v y i 2  v xi 2
sx  sy  n > 3  Anzahl der identischen Punkte
2n  6

Standardabweichung eines Punktes:

sP  s x  2

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Professor B. Lehmann - 57 - Vermessungskunde 1

BASIC - Programm zur Affintransformation


HINWEIS: Vor jeder Zeile muss i. d. R. eine Zeilennummer stehen (hier ab 3000).

3000 PRINT "AFFINTRANSFORMATION N>3!"


3010 INPUT "ZAHL D. ID. PUNKTE";N
3020 DIM YA(N),XA(N),YN(N),XN(N)
3030 XA=0:YA=0:XN=0:YN=0:GRAD
3040 REM EINGABE DER KOORDINATEN DER IDENTISCHEN PUNKTE
3050 FOR I=1 TO N
3060 Z$=STR$(I)
3070 PRINT "PUNKT";Z$
3080 INPUT "RECHTS(ALT)=";YA(I)
3090 INPUT "HOCH (ALT)=";XA(I)
3100 INPUT "RECHTS(NEU)=";YN(I)
3110 INPUT "HOCH (NEU)=";XN(I)
3120 YA=YA+YA(I)
3130 XA=XA+XA(I)
3140 YN=YN+YN(I)
3150 XN=XN+XN(I)
3160 NEXT I
3170 REM SCHWERPUNKTBERECHNUNG
3180 YA=YA/N
3190 XA=XA/N
3200 YN=YN/N
3210 XN=XN/N
3220 REM SUMMENBILDUNG
3230 S1=0:S2=0:S3=0:S4=0:S5=0:S6=0:S7=0
3240 FOR I=1 TO N
3250 S1=S1 + (YA(I) - YA)^2
3260 S2=S2 + (XA(I) - XA)^2
3270 S3=S3 + (YA(I) - YA) * (XA(I) - XA)
3280 S4=S4 + (XA(I) - XA) * (XN(I) - XN)
3290 S5=S5 + (XA(I) - XA) * (YN(I) - YN)
3300 S6=S6 + (YA(I) - YA) * (XN(I) - XN)
3310 S7=S7 + (YA(I) - YA) * (YN(I) - YN)
3320 NEXT I
3330 REM BERECHNUNG DER TRANSFORMATIONKONSTANTEN
3340 NE=S1 * S2 - S3^2
3350 K1=(S1 * S4 - S3 * S6)/NE :REM AX
3360 K2=(S1 * S5 - S3 * S7)/NE :REM OX
3370 K3=(S2 * S7 - S3 * S5)/NE :REM AY
3380 K4=(S2 * S6 - S3 * S4)/NE :REM OY
3390 REM BERECHNUNG DER MASSTABSFAKTOREN
3400 PRINT "MASSTABSFAKTOREN:"
3410 MY=SQR(K3^2 + K4^2)
3420 PRINT "MY=";MY
3430 MX=SQR(K1^2 + K2^2)
3440 PRINT "MX=";MX

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Vermessungskunde 1 - 58 - Professor B. Lehmann

3450 REM DREHWINKELBERECHNUNG


3460 PRINT "DREHWINKEL:"
3470 EY=ACS(K3/MY)
3480 PRINT "PHI(Y)=";EY
3490 EX=ACS(K1/MX)
3500 PRINT "PHI(X)=";EX
3510 REM TRANSLATIONSPARAMETER
3520 YO=YN - K3 * YA - K2 * XA
3530 XO=XN - K1 * XA - K4 * YA
3540 REM RESTKLAFFUNGSBERECHNUNGEN
3550 PRINT "RESTKLAFFUNGEN:"
3560 SA=0
3570 FOR I=1 TO N
3580 Z$=STR$(I)
3590 PRINT "PUNKT";Z$
3600 VY=YO + K2 * XA(I) + K3 * YA(I) - YN(I)
3610 PRINT "VY=";VY
3620 VX=XO + K1 * XA(I) + K4 * YA(I) - XN(I)
3630 PRINT "VX=";VX
3640 SA=SA + VY^2 + VX^2
3650 NEXT I
3660 REM STANDARDABWEICHUNGSBERECHNUNG
3670 SA=SQR(SA/(2 * N - 6 + 1. E -10))
3680 PRINT "STANDARDABW.=";SA
3690 PRINT "EINES PUNKTES=";SA*SQR(2)
3700 REM NEUPUNKTBERECHNUNG
3710 PRINT "NEUPUNKTBERECHNUNG:"
3720 INPUT "RECHTS(ALT)=";RA
3730 INPUT "HOCH (ALT)=";HA
3740 RN=YO + K2 * HA + K3 * RA
3750 PRINT "RECHTS(NEU)=";RN
3760 HN=XO + K1 * HA + K4 * RA
3770 PRINT "HOCH (NEU)=";HN
3780 GOTO 3700
3790 END

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Professor B. Lehmann - 59 - Vermessungskunde 1

Freie Standpunktwahl
Steht zur Messung ein elektronischer Tachymeter (elektronischer Theodolit mit elektronischem
Streckenmessteil) zur Verfügung, können von einem koordinatenmäßig unbekannten Instrumen-
tenstandpunkt nach Anmessung (mit Richtung und Strecke) von mindestens zwei koordinatenmä-
ßig bekannten Punkten, weitere Neupunkte durch Messung von Richtung und horizontaler Strecke
mit Hilfe der freien Standpunktwahl lagemäßig bestimmt werden.

Die mit dem Instrument zu allen Punkten gemessenen Richtungen ri und horizontalen Strecken si
(Polarkoordinaten) werden über

y'i = si . sin ri x'i = si . cos ri

in lokale orthogonale Koordinaten umgerechnet. Hierbei ist die x' - Achse identisch mit der Nullrich-
tung des Instrumententeilkreises. Die Nullrichtung des Teilkreises kann mit der Richtung zum ers-
ten Ziel zusammenfallen (reduzierte Nullrichtung).

Für die koordinatenmäßig bekannten Punkte liegen damit Koordinatenwerte in zwei Systemen vor,
so dass diese Punkte als identische Punkte für eine Koordinatentransformation verwendet werden
können. Hierbei ist der Instrumentenstandpunkt, der je nach den örtlichen Gegebenheiten günstig
in das Gelände gelegt werden kann, der Koordinatenursprung des lokalen Systems.

x' FP2
FP1 P1
P2

y'
r1 r3
r0 r2
s1 s3
s0 s2
Pi
ri
si
Stand- FPi
punkt
y

Liegen nur zwei bekannte Punkte vor, erfolgt die Berechnung über eine Ähnlichkeitstransformation
(s. dort). Bei mehr als zwei bekannten Punkten wird zur Genauigkeitssteigerung die Berechnung
mit Hilfe aller identischen Punkte durch eine überbestimmte Ähnlichkeitstransformation vorge-
nommen.

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Vermessungskunde 1 - 60 - Professor B. Lehmann

Polygonzüge
Bei der Polygonzugmessung sind folgende zulässige Abweichungen einzuhalten:
1,1
- für die Winkelabweichung: ZW  (n  1) n  0,01 in gon
[s gem. ]

- für die Längsabweichung: Z L  0,004 s ger .  0,00015 s ger .  0,06 in m

- für die Querabweichung: Z Q  0,005 n n  0,00007 s ger .  0,06 in m

n = Anzahl der Polygonzugpunkte (einschließlich Anfangs- und Endpunkt)


[ ] = Gauß'sches Summenzeichen
[sgem. ] = Summe der gemessenen Polygonzugseiten (in m)
sger. = aus Koordinaten gerechnete Strecke zwischen Anfangs- und Endpunkt (in m)

Beiderseits angeschlossener Polygonzug


gegebene Koordinaten: TP A, TP E, FZ1, FZ2
gemessene Elemente: 1 - 5, s1 - s4
FZ1 gesuchte Koordinaten: P1 - P3 FZ2

2 3
1 4
P1 s2 P2
s1 s3
TP A P3 5
s4

TP E

gegebene Koordinaten: TP A, FZ1


gemessene Elemente: 1 - 4, s1 - s4
gesuchte Koordinaten: P1 - P4

Einseitig angeschlossener Polygonzug


FZ1

2 3
1 4
P1 s2 P2
s1 s3
TP A P3
s4
P4
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Professor B. Lehmann - 61 - Vermessungskunde 1

Freier Polygonzug (Einrechnungszug)


gegebene Koordinaten: TP A, TP E
gemessene Elemente: 1 - 3, s1 - s4
gesuchte Koordinaten: P1 - P3

1 2
3
P1 s2 P2
s1 s3
TP A P3
s4
TP E

Ringpolygonzug

gegebene Koordinaten: i. d. R. keine


gemessene Elemente: 1 - 5, s1 - s5
gesuchte Koordinaten: P1 - P5

3

2 s2
P3
P2 s3

s1
P4 4

P1
s4
1
s5 P5

5

Bei einem Ringpolygonzug muss bei der Bestimmung der Fehlergrenzen anstelle von sger. der
Wert für [sgem. ] verwendet werden!

Erläuterungen: gemessene Richtung


gegenseitige Richtungen
gegenseitige Richtungen mit Strecke

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Vermessungskunde 1 - 62 - Professor B. Lehmann

Polygonzugberechnung
Ort: Trier Projekt: __Zug 14________________ Seite: _1____________

Datum: 1.2.2014 Gruppe: __3___ Berechnung: _Müller________

Punkt- Richtungswinkel t Verbesserung Verbesserung  y = s . sin t

nummer Verbesserung Strecke s  y = s . sin t  x = s . cos t  x = s . cos t


Brechungswinkel β y x Kontrolle:
[gon] [m] [m] [m] [m]

TP 23 3 524 806 80 5 215 739 96

TP 4 308 040 3 523 652 14 5 215 405 41

NP 153 24
1201 200 001

NP 139 50
1202 242 148

NP 195 74
1203 210 320

126 22
TP 116 252 941 3 523 779 92 5 215 964 99

TP 62 3 524 775 32 5 216 035 25

Form Polyber -  2014 by FH Trier - FB BLV

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Professor B. Lehmann - 63 - Vermessungskunde 1

Koordinatentransformation
Ort: _ Trier Projekt: ___Sportplatz_________ Seite : ______1_________
_ 1.2.2014
Datum: Berechnung : __Schmitt________

S d o a
s m
AltesSystem NeuesSystem
y'A x'A yA xA
Punkt y'i x'i yi xi Punkt
Nr. y'i x'i yi xi Nr.
y'E x'E yE xE

Einrechnungszug

TPA 1000,00 1000,00 3 496 387,12 5 206 423,89

PP 1 1000,00

PP 2

TPB 3 496 844,66 5 206 105,32

y  yE  yA x  xE  xA y  yE  yA


x  xE  xA
x  y  y  xy  y  x  x
s2  y 2  x2 S2  y2  x2 d  S  s o a m
s2 s2
S o
Maßstabsfaktor: m  a 2  o 2  Drehwinkel:   arc tan
s a
. .
yi = o x'i + a y'i . .
xi = a x'i - o y'i Form Transf  2014 by FH Trier - FB BLV

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Vermessungskunde 1 - 64 - Professor B. Lehmann

Tachymetrische Geländeaufnahme
Unter Tachymetrie versteht man die Bestimmung von Geländepunkten nach Lage und Höhe durch
gleichzeitiges Messen von Entfernung, Richtung und Höhenunterschied (originäre Messwerte) mit
einem Tachymeterinstrument.

Koordinatenmäßig bekannte Punkte:




 = Fernziel
P1  = Standpunkt (+ Höhe)
P2
Zubestimmende Punkte:
 = Geländepunkt
 Messelemente:
 P3
Richtung
FZ
Entfernung, Richtung
 Standpunkt und Höhenunterschied

Pn

Das Gelände muss durch geeignete Auswahl der aufzunehmenden Punkte so erfasst werden,
dass zwischen benachbarten Punkten möglichst konstantes Gefälle besteht und linear interpoliert
werden kann. Die Lage der Geländepunkte ist in aller Regel willkürlich. Die Anzahl der Gelände-
punkte ist von den Geländeverhältnissen, den Genauigkeitsansprüchen und dem Kartenmaßstab
abhängig. Sie liegt für den Maßstab 1 : 5 000 bei etwa 300 - 700 Punkte je km2, für den Maßstab
1 : 1 000 bei etwa 2 000 - 3 000 Punkte je km2.

Aus den originären Messwerten können im Tachymeterinstrument direkt dreidimensionale Koor-


dinaten (Lage plus Höhe) der Geländepunkte bestimmt werden; dies kann in einem örtlichen (loka-
len) Koordinatensystem aber auch direkt im übergeordneten Koordinatensystem sein, wenn die
Standpunktkoordinaten und die Koordinaten des Fernziels -der Anschlusspunkte bei der Freien
Standpunktwahl- vor der Messung in das Instrument eingegeben wurden bzw. vom PC via Trans-
ferkabel/Speicherkarte übertragen wurden.

Grundsätze
Vor der Messung muss der Maßstab der Karte, in der die Planung vorgenommen werden soll, fest-
liegen. Denn danach richtet sich die Punktdichte. Der Anfänger neigt dazu, weitaus mehr Punkte
aufzunehmen, als später in der Karte darstellbar sind. Deshalb soll man sich bei der Geländeauf-
nahme immer wieder die Frage stellen, ob die aufgenommenen Punkte in dem geforderten Maß-
stab in Lage und Höhe noch darstellbar sind.

Eine übersichtliche Rissführung ist die Voraussetzung für eine einwandfreie Kartenherstellung. Im
Riss müssen die Punktnummern mit denen im Instrument eingegebenen, bzw. im Formular notier-
ten übereinstimmen. Dies ist bei jedem 10. Punkt durch Zuruf sicherzustellen.

Bei der Einzelpunktaufnahme mit einem elektronischen Tachymeter werden die Messungen der
Horizontalrichtungen und der Vertikalwinkel nur in einer Fernrohrlage vorgenommen. Das Tachy-
meterinstrument ist deshalb vor der Messung auf Zielachsfehler und Höhenindexfehler zu überprü-
fen und ggf. zu korrigieren.

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Professor B. Lehmann - 65 - Vermessungskunde 1

Auswahl und Aufnahme der Geländepunkte


Zunächst muss festgelegt sein, wie die Weiterverarbeitung der Geländepunkte erfolgen soll. Es
gibt folgende grundlegende Methoden der Punktverarbeitung

Dreiecksmethode

+ Originalmesspunkt

Dreiecksseiten

Bruchkanten

Gittermethode

+ Originalmesspunkt

interpolierte Gitterwerte

Bruchkanten

Wobei bei den heutigen CAD-Programmen die Dreiecksmethode eine höhere Priorität hat. Aus
den diskreten dreidimensionalen Geländepunkten werden die Vermaschungen durch einen be-
stimmten Algorithmus automatisch vorgenommen (Delaunay-Triangulation)

 siehe dazu: http://www.pi6.fernuni-hagen.de/GeomLab/


http://de.wikipedia.org/wiki/Delaunay-Triangulation

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Vermessungskunde 1 - 66 - Professor B. Lehmann

Führung des Vermessungsrisses


Ein während der Messung sorgfältig geführter Feldhandriss und ein ordentliches Feldbuch ist
ebenso wichtig, wie die eigentliche Punktaufnahme selbst. Denn nur eine sorgfältige Dokumentati-
on der Messungsanordnung und der Messwerte gewährleistet später einen guten Grundriss und
einen guten Höhenplan. Auch wenn mit den heutigen Messinstrumenten der Datenfluss der Mess-
werte unmittelbar zum Auswerterechner gegeben ist, muss die Lage der Punkte und die Darstel-
lung des Geländes in einem ungefähr maßstäblichen Feldhandriss unbedingt festgehalten werden.
Bei der späteren Auswertung können eventuell auftretende Fragen über die örtlichen Verhältnisse
damit problemlos überprüft werden. Steht bei der späteren Auswertung ein Feldhandriss nicht zur
Verfügung, muss ggf. erneut das Gelände in Augenschein genommen werden. Da das Vermes-
sungsgebiet nicht immer in unmittelbarer Nähe gelegen ist, führt dies zu Zeitverzögerungen und zu
unnötigen zusätzlichen Kosten.

Als Grundlage für den Feldhandriss können je nach den örtlichen Gegebenheiten verschiedene
Unterlagen genutzt werden:

- Ist die tachymetrische Geländeaufnahme in einer Ortslage vorzunehmen, ist es vorteilhaft, sich
bei dem zuständigen Katasteramt eine Abzeichnung der Flurkarte des entsprechenden Gebietes
zu besorgen, die dann ggf. in einen zweckmäßigen Maßstab vergrößert wird. Damit steht ein
zwar nicht immer absolut aktueller Nachweis der Flurstücksgrenzeinrichtungen (Grenzmarken,
Grenzmauern), des Gebäudebestandes und der sonstigen Vermessungspunkte zur Verfügung.
Jedoch ist die Karte eine nützliche Orientierungshilfe, sie dann durch die eigenen Vermessungen
so ergänzt werden kann, dass alle planungsrelevanten Elemente erfasst und übersichtlich dar-
gestellt werden können.

- Bei einer tachymetrischen Geländeaufnahme in freiem Gelände nutzt eine Flurkarte i. d. R. rela-
tiv wenig, da Grenzmarken ohne größeren Aufwand in den seltensten Fällen örtlich aufgefunden
werden können. Hier ist es zweckmäßig auf eine (mehrfach vergrößerte) Kopie der Deutschen
Grundkarte im Maßstab 1 : 5 000 (DGK 5) zurückzugreifen. Hier sind i. d. R. zusätzlich zu den
Flurstücksgrenzen auch Einzelheiten der Topographie dargestellt, die eine Orientierung im Ge-
lände erleichtern und damit als Grundlage zur Rissführung dienen können.

Als Hilfsmittel zur Rissführung dienen:

- Feldbuchrahmen (Feldtisch) in entsprechender


Größe (DIN A2)
- transparenter Zeichenträger (Transparentpapier,
Zeichenfolie)
- Zeichenmaterial (Bleistift, Geodreieck mit Gontei-
lung, Anlegemaßstab)

Ausschnitt aus einer DGK 5

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Professor B. Lehmann - 67 - Vermessungskunde 1

Allgemein sind die aufzunehmenden Punkte in einer so dichten Folge zu legen, dass eine zutref-
fende Darstellung der Umrisslinien topographischer Objekte, vor allem bei gekrümmten Linien (z.B.
Bäche, Waldwege) gewährleistet ist. Die charakteristischen Geländelinien (Bruchkanten) müssen
als Hilfslinien erkannt, im Riss dargestellt und in Orientierung daran die zu messenden Punkte
sachgerecht verteilt ausgewählt werden.

Bei der Punktaufnahme soll die Geländegestalt mit möglichst wenigen Punkten morphologisch
richtig erfasst werden. Die Auswahl der aufzunehmenden Punkte erfordert Übung, Geschick und
Erfahrung; sie ist Aufgabe des Ingenieurs, der auch den Riss führt. Dieser soll als maßstäbliche
Skizze (Vermessungsriss) neben den Stand- und Aufnahmepunkten und deren Punktnummern alle
wichtigen Einzelheiten auch die Geländelinien enthalten. Zu den Geländelinien gehören die:

Geripplinien
- Rückenlinien (Kammlinien, Wasserscheiden)
- Muldenlinien (Tallinien, Wassersammler)

- Falllinien

- Formlinien (Leitlinien)

- Kantenlinien (Bruchkanten, Geländekanten)

Das Gelände gliedert sich in Rücken, Kup-


pen, Täler, Mulden, Kessel, Sättel usw., die
messtechnisch durch Einzelpunkte zu erfas-
sen sind. Die höchsten Punkte sind die Kup-
pen, die tiefsten die Mulden, die geländerele-
vanten Linien sind die Rücken- und Muldenli-
nien. Zwischen je zwei Aufnahmepunkten soll
eine geradlinige Steigung des Geländes herr-
schen, so dass später die Höhenlinien zwi-
schen diesen Punkten linear interpoliert wer-
den können.

Beispiel: Riss zu einer Tachymeteraufnahme

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Vermessungskunde 1 - 68 - Professor B. Lehmann

Punktnummerierung
Jeder angemessene Punkt wird im Riss dargestellt und erhält eine Punktnummer, die auch in das
Instrument vor der Registrierung der Messwerte eingegeben wird. Damit ist später eine eindeutige
Zuordnung der Messelemente zum jeweiligen Aufnahmepunkt möglich. Die Punktnummer besteht
aus einer Leitnummer und Folgenummern.

Die Leitnummer ist i. d. R. die Nummer des Festpunktes (NP), von dem aus die Aufmessung er-
folgt. Ist die Zuordnung der angemessenen Punkte im Riss zum Leitpunkt nicht eindeutig, weil bei-
spielsweise mehrere Aufnahmepunkte dargestellt sind, werden Leitpunktbezirke gebildet. Durch
eine Abgrenzungslinie werden die zum jeweiligen Leitpunkt gehörenden Aufnahmegebiete diesem
eindeutig zugeordnet. Die Vergabe der Leitnummer ist grundsätzlich im Riss zu vermerken.

Die Folgenummern werden fortlaufend für jeden angemessenen Punkt vergeben und im Riss dem
jeweiligen Punkt eindeutig zugeordnet. Sie sind von der Leitnummer eindeutig durch einen
Schrägstrich (/) zu trennen. Ist die Zuordnung des Folgepunktes zu einem Leitpunkt im Riss ein-
deutig, kann die Folgenummer auch ohne vorgesetzte Leitnummer und Trennungszeichen ange-
geben werden. Die Folgenummer hat i. d. R. maximal drei Ziffern. Sie wird vor jeder Registrierung
der Messelemente in das Instrument eingegeben.

Beispiel: Leitpunkt ist NP 13


Punktnummern: z.B. 13/1, 13/2 usw.
oder, wenn eindeutig: z.B. 6, 7, 8 usw.

Ausschnitt eines Katasterrisses mit Leitpunkt, Leitpunktbezirk und Folgepunkten

Schlüsselzahlen

Zusätzlich zu den Punktnummern kann für jeden angemessenen Punkt eine oder mehrere Schlüs-
selzahlen in das Instrument eingegeben werden. Damit kann schon bei der Geländeaufnahme eine
Zuordnung zu bestimmten topographischen Merkmalen oder Linienarten erfolgen. Die Schlüssel-
zahlen ergeben sich entweder aus den speziellen CAD-Programmen oder entsprechend dem Ob-
jektschlüsselkatalog OSKA LIKA – Objektschlüsselkatalog Liegenschaftskataster der AdV (Ar-
beitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland).
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Professor B. Lehmann - 69 - Vermessungskunde 1

Beispiel: Schlüsselzahlen Merkmal


2 0 Böschung OK
4 0 Grabensohle
5 0 Durchlass
9 0 Polygonpunkt
22 0 Fahrbahnrand
25 0 Bankett
0 9 Polygonseite

Die Verwendung der Schlüsselzahlen und deren Eingabe in das Instrument setzt jedoch vom
Messtruppführer die Kenntnis des umfassenden Schlüsselnummerkataloges voraus.

Weitere Identifikationskriterien
Die im elektronischen Tachymeter gespeicherten Datensätze können während der Messung durch
weitere Informationen ergänzt werden. Dazu können folgende Daten gehören:

- Header (Titelsatz zur Bezeichnung des Projektes)


- Instrumentenhöhe zusätzlich zur Standpunktnummer
- Reflektorhöhen und Reflektorlagen zusätzlich zur Zielpunktnummer:
z. B.: 20 Zielpunkt zentrisch
21 Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt vor dem Zentrum
22 Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt links vom Zentrum
23 Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt hinter dem Zentrum
24 Zielpunkt exzentrisch, Punkt liegt rechts vom Zentrum

- weitere Kennziffern zur Identifizierung des Punktes: - Höhenfestpunkt


- Station
- linker Fahrbahnrand
- rechter Fahrbahnrand
- links der Achse
- rechts der Achse usw.

Der detaillierte Aufbau der Datensätze ist unterschiedlich und von den jeweiligen Geräteherstellern
abhängig. Der jeweilige Softwarehersteller bietet in seinen Produkten dann entsprechende Umset-
zungsprogramme an, die es erlauben die Daten von dem Datenformat des Geräteherstellers in das
Datenformat des Softwareproduktes zu konvertieren.

Personeller Aufwand
1 Ingenieur zur Organisation des Messablaufs und Rissführung,
1 Beobachter am Instrument,
2 Messgehilfen zum Tragen und Aufstellen der Reflektoren

Die Kosten belaufen sich dementsprechend in etwa auf:

1 Ingenieur 70 € / Stunde
1 Beobachter 50 € / Stunde
2 Messgehilfen je 40 € / Stunde 80 € / Stunde
200 € / Stunde
Jede Einsparung von Arbeitskräften verzögert und verteuert die Geländeaufnahme.

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Vermessungskunde 1 - 70 - Professor B. Lehmann

Vermessung mit Hilfe von Satelliten


Mit dem Aufkommen der Raumfahrt und dem Aussetzen von künstlichen Erdsatelliten (1957 Sput-
nik 1 von der UdSSR - 1958 Explorer 1 von den USA) wurde erkannt, dass die Satelliten für län-
derübergreifende Vermessungen genutzt werden könnten. Da-
bei wurden die zunächst passiven Satelliten (1960 Echo 1
USA) als hochfliegende Ziele betrachtet, die, zeitgleich von
mehreren Punkte aus angemessen, eine sogenannte Hoch-
zieltriangulation erlaubten. Zur Anmessung wurden keine
Theodolite verwendet, sondern Spezialkameras mit hochpräzi-
sen Objektiven, die vor dem Hintergrund des Sternenhimmels
von der Satellitenbahn zeitsynchrone Fotografien aufnahmen.
Die geodätischen Berechnungen erfolgten dann nach Ausmes-
sung der Satellitenbahn in den fotografischen Aufnahmen.
Praktische Anwendung dieser Methode war die vermessungs-
technische Verbindung Skandinaviens an Europa und die Verbindung von Frankreich nach Alge-
rien im Jahr 1962.

Die technologische Entwicklung führte zu immer kleineren Satelliten, die dann auch selbst aktiv
Signale aussandten. Schon 1964 wurde vom amerikanischen Verteidigungsministerium erkannt,
dass die Satelliten zur Navigation (zunächst für die Polarisunterseeboote) genutzt werden könnten.
Speziell dazu wurde das zweidimensionale Satellitennavigationssystem TRANSIT entwickelt. Die-
ses lieferte jedoch aufgrund der instabilen (niedrigen) Umlaufbahnen der Satelliten nicht hinrei-
chend genaue Informationen; auch sollte eine dreidimensionale Navigation möglich sein.

1973 wurde vom amerikanischen Verteidigungsministerium der Beschluss gefasst, ein weltum-
spannendes genaues Satellitennavigationssystem zu schaffen, das auch den strategischen Rake-
ten eine hohe Zielpunktgenauigkeit ermöglichen sollte. Der Aufbau dieses als

NAVigational Satellite Time And Ranging - Global Positioning System


NAVSTAR - GPS
bezeichneten Systems begann 1973 und sollte 1993 abgeschlossen sein. Fehlstarts, Ausfälle und
die Challanger-Katastrophe von 1986 führten zu zeitlichen Verzögerungen. Seit 1995 ist der end-
gültige Ausbauzustand mit mindestens 24 weltumspannenden Satelliten erreicht. Derzeit (2011)
sind 32 Satelliten in Betrieb. Das System wird ständig ergänzt, da die Entwurfslebensdauer eines
solchen Satelliten bei nur 7,5 Jahren liegt. Jeder Satellit hat ein Gewicht von ca. 850 kg, die
Stromversorgung erfolgt über zwei Kollektorplatten für Sonnenenergie. Er verfügt über ein An-
triebssystem zur Lagestabilisierung und Erhaltung der Bahnposition.

GPS - 24 Satelliten-Konstellation GPS-Satellit

Als Navigationssystem ist das GPS im Kraftfahrzeugbereich, beim Segeln und Wandern bereits
weit verbreitet.
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Professor B. Lehmann - 71 - Vermessungskunde 1

Nach Auflösung der Union der Sozialistischen Sowjet Republiken wurde bekannt, dass auch dort
ein satellitengestütztes Navigationssystem existierte. Dieses System trägt die Bezeichnung
GLONASS
und wird zwischenzeitlich auch kommerziell genutzt. Auch die Volksrepublik China besitz zwi-
schenzeitlich ein auf den asiatischen Raum begrenztes Satellitennavigationssystem COMPASS.
Für Europa ist ein eigenständiges neues Navigationssystem derzeit in der Entwicklungsphase:
GALILEO  http://de.wikipedia.org/wiki/Galileo_(Satellitennavigation)

Liste aller Navigationssatelliten:


 http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Navigationssatelliten

Für präzise geodätische Vermessungen (insbesondere bei nicht vorhandenem Grundlagennetz)


werden GPS und GLONASS heute gemeinsam benutzt. Heute wird die Bezeichnung GNSS für ein
Globales Navigationssatellitensystem (von dem engl. Global Navigation Satellite System) ver-
wendett.

GNSS-Satelliten übermittel über Funk ihre


genaue Position und Uhrzeit. Zur Positions-
bestimmung muss ein Empfänger die Signale
von mindestens vier Satelliten gleichzeitig
empfangen. Im Empfangsgerät werden dann
die vier Signallaufzeiten (von den Satelliten
zur Empfangsantenne) errechnet. Daraus
werden dann die aktuelle Position (inklusive
der Höhe) und die genaue Empfängeruhrzeit
ermittelt.
Methode der Positionsbestimmung

Bei einer Flughöhe der GPS-Satelliten von ca. 20.200 km und einer Anzahl von wenigstens
24 Satelliten soll stets sichergestellt sein, dass die Empfangsgeräte - auch bei nicht vollkommen
freier Sicht, insbesondere in Horizontnähe - möglichst immer Signale von mindestens vier Satelli-
ten gleichzeitig empfangen.
Dazu werden von verschiedenen Geräteherstellern Empfangsgeräte mit integrierten Auswerte-
rechnern (Black Box) und entsprechende Auswertesoftware angeboten. Diese GPS - Empfänger
erlauben die dreidimensionale Positionsbestimmung auf der Erdoberfläche mit cm - Genauigkeit.
Voraussetzung zur Positionsbestimmung ist der Empfang der Signale von mindestens vier Satelli-
ten (4 Unbekannte  3 Pseudostrecken und 1 Zeitsignal). Aus diesen Daten werden dreidimensi-
onale orthogonale geozentrische Koordinaten im World Geodetic System 1984 (WGS84) abgelei-
tet.
z

zP

P

xP
yP
0° 90°

Äquator
x y

geozentrisches Koordinatensystem Schnittpunkt von 3 Kugelflächen

Die Kosten für ein solches Empfangssystem belaufen sich auf ca. 40 000 EUR.

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Vermessungskunde 1 - 72 - Professor B. Lehmann

Zur Standortbestimmung werden Laufzeiten - auf zwei unterschiedlichen Frequenzen – aus den
codiert ausgesandten Signalen von mindestens vier Satelliten und Zeitsignale ermittelt. Jede die-
ser (Pseudo-) Entfernungen definiert eine Kugelfläche um den zugehörigen Satelliten, auf der sich
der Empfänger befindet. Zwei Kugelflächen schneiden sich in einem Kreisbogen und drei Kugelflä-
chen ergeben den Empfängerstandpunkt. Der vierte Satellit wird benötigt, um die Abweichung zwi-
schen den Uhren der GNSS-Satelliten und der des Empfängers zu ermitteln und aus den gemes-
senen Laufzeiten herauszurechnen, d. h. die Pseudoentfernungen in tatsächliche Entfernungen
umzurechnen. Da sich die Satellitenstandorte ständig ändern, ändern sich auch die Entfernungen
der Satelliten zum Empfänger im Standpunkt. Jedoch kann der Nutzer aus den in den Satelliten-
signalen enthaltenen Bahndaten (Ephemeriden) die Satellitenstandorte für jeden Zeitpunkt be-
rechnen. Diese Bahndaten werden für jeden Satelliten von den Bodenkontrollstationen regelmäßig
überprüft und bei GPS ca. alle 2 Stunden abgeglichen.

Die Entfernung vom Satelliten zum Empfänger erschließt sich aus der Signallaufzeit. Jeder Satellit
strahlt fortwährend seinen individuellen Code und seine individuellen Bahndaten aus. Der Code
wiederholt sich bei GPS und GLONASS jede Millisekunde. Der Empfänger erzeugt dieselben Sa-
tellitencodes und gleicht diese über eine entsprechende Zeit- und Frequenzverschiebung an die
empfangenen Satellitensignale an. Um den Empfänger nicht mit einer entsprechend hochgenauen
Atomuhr auszustatten zu müssen, wird die Abweichung der Empfängeruhr ermittelt und bei der
Positionsberechnung berücksichtigt. Zur Bestimmung der vier Unbekannten (drei Raumkoordina-
ten und Empfängeruhrenfehler) benötigt man deshalb vier Satelliten. Dies führt zu vier Gleichun-
gen mit vier Unbekannten.

Die so gemessene Zeitverschiebung entspräche bei genau synchronisierten Uhren im Satelliten


und Empfänger der Laufzeit der Satellitensignale. Die Multiplikation dieser Laufzeit mit der Signal-
geschwindigkeit (annähernd Lichtgeschwindigkeit) ergibt die Strecke vom Satelliten zum Empfän-
ger. Die Laufzeiten der einzelnen Satellitensignale werden jedoch durch unterschiedliche Ausbrei-
tungsgeschwindigkeiten der Signale in der Erdatmosphäre - hier insbesondere in der Troposphäre
und der Ionosphäre - für jeden Satellitenstandort unterschiedlich beeinflusst. Die Positionsbestim-
mung unter diesem "Störfaktor“ ist nur mit einer Genauigkeit von etwa 10 m möglich.

Zur Genauigkeitssteigerung (im Bereich des Vermessungswesens) kann die Differentiell GPS-
Methode (DGPS) eingesetzt werden. Hierbei werden mit zwei gleichartigen GPS-Empfängern (Re-
ferezstation – Roverstation) zeitgleich Messungen ausgeführt. Diese zwei Empfänger können über
eine Funkverbindung miteinander verbunden werden und somit ihre Empfangsdaten austauschen.
Vorteil ist, dass die Einflüsse durch unterschiedlich atmosphärische Bedingungen eliminiert werden
können, da sie sich auf beide Empfänger in gleicher Größenordnung auswirken. Die beiden Emp-
fänger befinden relativ nah zueinander und es gibt keine unterschiedlichen atmosphärischen Be-
dingungen während der Messung.

Die Messungen beziehen sich zunächst rein auf das GPS Bezugssystem WGS84. Eine Umrech-
nung der gemessenen WGS 84 Koordinaten in Gauß-Krüger-Koordinaten oder UTM-Koordinaten
des ETRS89 kann durch eine dreidimensionale Koordinatentransformation (sog. 7 Parametertrans-
formation) direkt vor Ort mit dem Prozessrechner des GPS-Empfängers vorgenommen werden. Mit
Hilfe von drei identischen Punkten, die nach Lage und Höhe in WGS 84 Koordinaten angemessen
werden und deren Gauß-Krüger-Koordinaten mit NN-Höhen (oder UTM + Höhe) bekannt sind,
können die 7 Unbekannten (3 Rotationen, 3 Translationen und ein Maßstabsfaktor) des Berech-
nungsansatzes einer 3-D-Transformation (sog. 7 - Parametertransformation) bestimmt werden.
Mit dieser Art der Koordinatentransformation ist dann sofort eine Umrechnung der mit der Rover-
station gemessenen WGS84 Koordinaten in das jeweilige Zielsystem möglich.

Dadurch, dass bei dieser Messmethode jeweils zwei (baugleiche) GPS-Empfänger (Referenz- und
Roverstation) benutzt werden müssen, ist der instrumentelle Aufwand relativ groß. Aus diesem
Grund hat die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik
Deutschland den Aufbau eines flächendeckenden GPS-Referenzsystems SAPOS beschlossen
und umgesetzt.

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Professor B. Lehmann - 73 - Vermessungskunde 1

SAPOS
Der Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung (SAPOS) ist ein
Gemeinschaftsprojekt der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der
Bundesrepublik Deutschland (AdV). Er stellt Korrekturdaten zur Verfügung, mit denen in Deutsch-
land eine genauere Positionsbestimmung mittels Satelliten möglich ist.

Die Grundlage dieses Dienstes bildet ein Netz von permanent betriebenen GNSS-
Referenzstationen (früher als „Permanentstationen“ bezeichnet). Mit über 270 Stationen ist ganz
Deutschland abgedeckt. SAPOS stellt Korrekturdaten für Positionierung und Navigation mit GPS
und des GLONASS bereit. Die SAPOS-Referenzstationen werden von den Ländern betrieben und
sind bundesweit einheitlich nutzbar. Sie ersetzen bei differentiellen GPS-Messungen den notwen-
digen zweiten Empfänger, so dass der Nutzer nur noch einen einzigen benötigt. Der Datenaus-
tausch zwischen den SAPOS Sendern und den GPS-Empfängern kann auf unterschiedliche Art
und Weise vorgenommen werde. Entweder können mit speziellen Empfängern Radiosignale emp-
fangen werden, die von der ARD ausgestrahlt werden oder die Daten können über Mobiltelefone
(die Online mit dem GPS-Empfänger verbunden bzw. Bestandteil sind) abgerufen werden. Der Da-
tenempfang ist grundsätzlich gebührenpflichtig.

Siehe dazu:  http://www.hamburg.de/sapos/

Für ausgerüstete und berechtigte Anwender bietet SAPOS drei verschiedene Genauigkeitsstufen
zur Nutzung in Echtzeit (Realtime) oder für nachträgliche Berechnungen (Postprocessing) an. Drei
Dienstbereiche umfasst SAPOS mit unterschiedlichen Eigenschaften und Genauigkeiten:

Abkürzung Name Verfahren Lagegenauigkeit Höhengenauigkeit

EPS Echtzeit-Positionierungs- DGPS 0,5 bis 3 m 1 bis 5 m


Service
Hochpräziser Echtzeit-
HEPS RTK 1 bis 2 cm 2 bis 3 cm
Positionierungs-Service
Geodätischer Postproces-
Postproces-
GPPS sing-Positionierungs- unter 1 cm 1 bis 2 cm
sing
Service

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Vermessungskunde 1 - 74 - Professor B. Lehmann

Statistik und Fehlerlehre

Einführung - Terminologie
Die statistische Einheit ist das Einzelobjekt einer statistischen Untersuchung. Sie ist Träger
der Information(en), für die man sich bei der Untersuchung interessiert.

Jede statistische Einheit wird im Hinblick auf das Untersuchungsziel durch sachliche, räumliche
und zeitliche Kriterien identifiziert bzw. abgegrenzt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass über eine richtige bzw. zweckmäßige Abgrenzung der statistischen Einheiten keine allge-
meingültigen Aussagen gemacht werden können. Die Identifikationskriterien müssen aus der
jeweiligen Aufgabenstellung abgeleitet werden.

Beispiel: Für eine Kommunalwahl in einer Großstadt soll eine Prognose für das Wahlergebnis er-
stellt werden. Nennen Sie die Identifikationskriterien:
- Sachlich:
- Räumlich:
- Zeitlich:

Eine statistische Masse ist eine Gesamtheit (Menge) von statistischen Einheiten mit überein-
stimmenden Identifikationskriterien (Grundgesamtheit). Die sachlichen, räumlichen und zeitli-
chen Identifikationskriterien ergeben sich aus der Zielsetzung bzw. Aufgabenstellung der statisti-
schen Untersuchung. Die statistische Einheit ist das Einzelobjekt einer statistischen Analyse. Die
Ergebnisse der Untersuchung sollen im allgemeinen Aussagen über die statistische Masse oder
Teilen davon liefern. Häufig wird deshalb die Statistik als Wissenschaft zur Untersuchung von
Massenerscheinungen bezeichnet. Sofern die Ergebnisse einer statistischen Untersuchung in ir-
gendeiner Form für Vergleichszwecke herangezogen werden, ist vor allem auf die Gleichartigkeit
von Massen zu achten.

Beispiel: Eine Analyse der Mietpreisentwicklung ist nur für gleichartige Wohnungen sinnvoll. Än-
derungen im Wohnkomfort können zu Verschiebungen der Mietpreisanalyse führen.

Aus Zeit-, Kosten- und anderen Gründen ist es häufig nicht möglich, im Rahmen einer statistischen
Untersuchung eine statistische Masse vollständig zu erfassen. Wird bei einer statistischen Unter-
suchung nur ein Teil der interessierenden Masse erfasst, dann heißt dieser Teil Stichprobe. In der
beschreibenden Statistik beziehen sich alle Ergebnisse und Aussagen immer nur auf die unter-
suchte Masse oder Stichprobe. Eine Verallgemeinerung oder Übertragung auf eine übergeordne-
te Masse ist unzulässig. Dies ist Aufgabe der induktiven Statistik.

Statistische Massen können nach unterschiedlichen Gesichtspunkten klassifiziert werden. Nach


dem Umfang unterscheidet man unendliche Massen, zu denen unendlich viele Einheiten gehö-
ren und endliche Massen mit endlich vielen Einheiten.

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist der Zeitpunkt der Untersuchung der statistischen
Masse:

Eine statistische Masse, deren Einheiten für ein gewisses Zeitintervall der Masse angehören, d.h.
zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Masse eintreten (Zugang) und erst zu einem späteren Zeit-
punkt aus der Masse austreten (Abgang), heißt Bestandsmasse.

Beispiel: Bestandsmassen sind die zugelassenen Kraftfahrzeuge in Deutschland (Zugang: Zulas-


sung; Abgang: Abmeldung)

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Professor B. Lehmann - 75 - Vermessungskunde 1

Eine statistische Masse, deren Einheiten Ereignisse sind, die in einem bestimmten Zeitraum auf-
treten, heißt Ereignismasse oder Bewegungsmasse.

Beispiel: Ereignismassen sind die Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen in Deutschland im De-


zember 1994 oder der Bierverbrauch in Rheinland - Pfalz im Jahr 1993.

Eine statistische Einheit kann gewisse Eigenschaften haben. Diese Eigenschaften heißen Merk-
male, die statistischen Einheiten sind Merkmalsträger. Merkmale werden mit großen lateinischen
Buchstaben bezeichnet: X, Y, A, B ... . Ein Merkmal, das abzählbar viele Werte annehmen kann,
heißt diskret (Zwischenwerte sind nicht möglich!). Ein Merkmal, das beliebige Werte annehmen
kann, heißt stetig.

Beispiel: Diskrete Merkmale sind:


Anzahl von Verkehrsunfällen, Zahl der Einwohner einer Stadt, Gehalt
Hinweis: Bei allen Geldgrößen gibt es eine kleinste (Währungs-) Einheit
Stetige Merkmale sind:
Körpergröße, Alter, Körpergewicht, Temperatur

Also: Alle Merkmale, die man durch abzählen erhält, sind diskret, alle Merkmale, die irgendwie
gemessen werden (Gewicht, Länge, Volumen, ...), sind stetig.

Die möglichen Werte, die ein Merkmal annehmen kann, heißen Merkmalsausprägungen. Eine
bei einer statistischen Untersuchung an einer bestimmten statistischen Einheit festgestellte Merk-
malsausprägung heißt Merkmalswert oder Beobachtungswert. Dies sind die Daten, die bei der
statistischen Analyse verarbeitet werden. Sie werden mit kleinen lateinischen Buchstaben be-
zeichnet und mit einem Index i versehen: x1, x2, ... , xi, ... xn (n = Umfang der Messreihe).

Zusammenfassendes Beispiel:

statistische Masse: Bevölkerung der BRD


statistische Einheit: jeder Bürger der BRD
Merkmal: Geschlecht
Merkmalsausprägung: männlich, weiblich
Merkmalswert: Männer in einem bestimmten Alter
Frauen mit einer bestimmten Haarfarbe

Häufigkeitsverteilungen
Werden die für eine statistische Untersuchung erhobenen Beobachtungswerte nacheinander auf-
geschrieben, so erhält man eine statistische Reihe. Es werden geordnete und ungeordnete sta-
tistische Reihen unterschieden. Wenn die Beobachtungswerte in der Reihenfolge, in der sie erfasst
werden, aufgeschrieben werden, erhält man eine Urliste.

Eine erste Aufbereitung der durch die Urliste gegebenen Daten besteht nun darin, die auf die ein-
zelnen Merkmalsausprägungen entfallende Anzahl von statistischen Einheiten auszuzählen. Wenn
das Datenmaterial nicht zu umfangreich ist, kann das Auszählen mit Hilfe einer Strichliste erfol-
gen.

Zur weiteren Aufbereitung des Datenmaterials benötigt man die sogenannten absoluten und rela-
tiven Häufigkeiten.

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Vermessungskunde 1 - 76 - Professor B. Lehmann

Beispiel: Anlässlich einer Schulstatistik wurde in einer Klasse das Alter von 25 Schülern festge-
stellt. Dabei erhielt man folgende Urliste:

Nr. i der statis- Merkmalswert xi Nr. i der statis- Merkmalswert xi Nr. i der statis- Merkmalswert xi
tischen Einheit (in Jahren) tischen Einheit (in Jahren) tischen Einheit (in Jahren)
1 14 9 16 17 17
2 15 10 14 18 15
3 14 11 15 19 16
4 16 12 17 20 15
5 17 13 15 21 14
6 15 14 16 22 15
7 14 15 15 23 17
8 15 16 14 24 16
25 15

Die Auswertung der Tabelle führt zu folgender Strichliste:

Nr. i Alter xi Anzahl der Schüler


mit dem Alter xi
1 14
2 15
3 16
4 17

Die Anzahl der Beobachtungswerte mit der Merkmalsausprägung xi heißt absolute Häufigkeit der
Merkmalsausprägung und wird mit h( xi ) bezeichnet. Die absolute Häufigkeit jeder Merkmalsaus-
prägung kann in Beziehung zu der Gesamtzahl n der Beobachtungswerte gesetzt werden.

k
Für die absoluten Häufigkeiten gilt: 0  h( xi )  n (i = 1,2,...,k) und  h( x )  n i
i1

Der relative (prozentuale) Anteil der absoluten Häufigkeit einer Merkmalsausprägung xi an der Ge-
samtzahl der Beobachtungswerte heißt relative Häufigkeit f( xi ) . Die relativen Häufigkeiten können
als Dezimalbrüche oder als Prozentzahlen angegeben werden. Im letzten Fall heißen sie dann re-
lative prozentuale Häufigkeiten.

h( xi ) h( xi )
Es gilt: f( xi )  bzw. f( xi ) =  100 (%)
n n

k
Für die relativen Häufigkeiten gilt: 0  f( xi )  1 (i = 1,2,...,k) und  f( x )  1
i
i1

Beispiel: Von 80 Personen, die nach ihrem Wahlverhalten befragt wurden, haben 20 die Partei A
gewählt.

Merkmalsausprägung xi : Partei A
Absolute Häufigkeit: h (xi) = 20
Relative Häufigkeit: f (xi) = 20 / 80 = 0,25 oder 25 %

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Professor B. Lehmann - 77 - Vermessungskunde 1

Graphische Darstellungen
Anschaulicher als tabellarische Darstellungen von Häufigkeitsverteilungen sind graphische Darstel-
lungen.

Beispiel: Eine Untersuchung über die soziale Struktur einer Region hat ergeben, dass 40% der
Beschäftigten Arbeiter, 25 % Angestellte, 15 % Beamte und 20 % Selbständige sind.

Darstellungen bei qualitativen Merkmalen

Bei qualitativen Merkmalen, die im allgemeinen nur wenige Merkmalsausprägungen haben, emp-
fiehlt sich häufig eine der folgende graphischen Darstellungen:

S
B
B
An S
An

Ar Ar

Ar A B S

Abb.: Stabdiagramm, Rechteckdiagramm, Kreisdiagramm zu obigen Beispiel

Eine anschauliche Darstellung (in Zeitungen) ist die Verwendung von Piktogrammen:

MMMMMMMM 40% Arbeiter

MMMMM

MMM

MMMM
25% Angestellte

15% Beamte

20% Selbständige
MM Arbeiter
40%
Angestellte
25%
M
Beamte
15%
M
Selbständige
20%

Abb.: Zwei Arten von Piktogrammen - zweckmäßiger Weise mit Zahlenwerte ergänzt.

Darstellungen bei quantitativen Merkmalen

Bei der graphischen Darstellung quantitativer Merkmale kann ein Stabdiagramm in ein Ko-
ordinatensystem eingezeichnet werden. Auf der horizontalen Achse werden in einem geeigneten
Maßstab die Merkmalsausprägungen aufgetragen. Beginnen die Ausprägungen nicht mit Null, so
wird dies durch eine am Ursprung unterbrochene Linie angedeutet. Die Höhen der Stäbe werden
durch die Häufigkeiten (relativ oder absolut) bestimmt.

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Vermessungskunde 1 - 78 - Professor B. Lehmann

hi fi
10 0,40

8 0,32

6 0,24

4 0,16

2 0,08

14 15 16 17 Alter xi (in Jahren)

Abb.: Stabdiagramm zum Beispiel des Alters von Schülern in einer Klasse

Verbindet man die Endpunkte der Stäbe des Stabdiagramms miteinander und zeichnet die Stäbe
nicht ins Diagramm ein, so erhält man ein Häufigkeitspolygon.
hi fi
10 0,40

8 0,32

6 0,24

4 0,16

2 0,08

14 15 16 17 Alter xi (in Jahren)

Abb.: Häufigkeitspolygon zum gleichen Beispiel

Beispiel: In einem Betrieb wurden die Mitarbeiter nach ihrem Alter zahlenmäßig erfasst. Dabei er-
gab sich folgende absolute Häufigkeitsverteilung:
hi
4

16 20 25 30 35 40 45 50 55 60 64 Alter

In einer Tabelle lassen sich diese Daten in Altersklassen zusammenfassen:

Nr. der statis- Altersklasse absolute Häufigkeit


tischen Einheit Häufigkeit Klassenbreite
1 15 - < 20 4
2 20 - < 30 8
3 30 - < 40 10
4 40 - < 50 6
5 50 - < 60 7
6 60 - 65 5

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Bei dem vorherigen Beispiel war die Einteilung in die verschiedenen Altersklassen in Abstände von
vollen zehn Jahren sinnvoll und aufgrund der Altersstruktur zweckmäßig.

Bei diskreten Merkmalen mit sehr vielen Merkmalsausprägungen oder stetigen Merkmalen können
die Häufigkeiten nicht mehr jeder einzelnen Merkmalsausprägung zugeordnet werden. Hier emp-
fiehlt es sich, mehrere Merkmalsausprägungen in bestimmte Klassen einzuteilen.

Klasseneinteilungen

Anzahl der Klassen: k n

Spannweite: R  x max.  x min.


R
Klassenbreite: x 
k
Mitte des Messwertbereiches: (xmax.  xmin. ) / 2

Beispiel: Eine Messreihe mit 80 ganzzahligen (diskreten) Messwerten soll in Klassen eingeteilt
werden. Der Messwertsprung = 1, d.h. jede ganze Zahl zwischen x max. und x min. ist ein
möglicher Messwert.
Gegeben sind folgende Daten:

xmax. = 21 xmin. = 5 R = 21 - 5 = 16 n = 80 Messwerte

k 80  8,94  k  9 (ungerade Klassenanzahl)

16
x  = 1,78  x = 2
9
(x max. + x min. ) / 2 = 13 ( =÷ möglicher Messwert)

Mittel aller Messwerte: x = 13,12 ; (x max. + x min. ) / 2 + x / 2 = 14

Rechter Klassenrand der mittleren Klasse: 14 + 0,5 = 14,5  Addition des halben Messwert-
sprungs wegen
x > (x max. + x min. ) / 2
Linker Klassenrand: 14,5 - x = 12,5
Mittlere Klassenmitte: 14,5 - x /2 = 13,5

R = (xmax. - xmin.) = 16

Addition wegen x  ( x m a x .  x min. ) / 2


(xmax. + xmin.)/2
 x/2 + 0,5 = 1,5
xmin. kleinster Messwertsprung mögliche Messwerte xmax.
5 21
 x

5,5 7,5 9,5 11,5 13,5 15,5 17,5 19,5 21,5


x
4,5 6,5 8,5 10,5 12,5 14,5 16,5 18,5 20,5 22,5

Klassenmitten Klassenränder
mittlere Klassenmitte

Abb.: Darstellung der Herleitung der Klasseneinteilung

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Vermessungskunde 1 - 80 - Professor B. Lehmann

Beispiel: An 40 Probewürfeln wurden die in folgender Tabelle wiedergegebenen Betondruckfes-


tigkeiten xi [N/mm2] ermittelt. Stellen Sie diese Stichprobe durch Klasseneinteilung in
Form von Histogrammen, einem Häufigkeitspolygon und einem Summenhäufigkeitspo-
lygon graphisch dar.

Nr. der Festig- Nr. der Festig- Nr. der Festig- Nr. der Festig-
statistischen keit statistischen keit statistischen keit statistischen keit
Einheit xi Einheit xi Einheit xi Einheit xi
1 52,6 11 43,8 21 50,2 31 48,9
2 49,8 12 49,7 22 55,2 32 46,1
3 52,3 13 50,4 23 49,6 33 51,5
4 47,4 14 54,6 24 57,0 34 53,6
5 46,3 15 42,1 25 51,8 35 47,1
6 44,5 16 50,4 26 52,8 36 51,1
7 46,1 17 53,9 27 49,4 37 48,5
8 48,3 18 51,3 28 49,2 38 47,1
9 44,5 19 55,1 29 48,1 39 50,8
10 50,8 20 46,7 30 53,1 40 48,6

Verteilungsformen

Bei Häufigkeitsverteilungen lassen sich im allgemeinen nach dem Aussehen ihrer graphischen
Darstellungen verschiedene Verteilungsformen unterscheiden.

Die folgenden Abbildungen zeigen die typische Gestalt der wichtigsten Verteilungsformen. Die
dargestellten Häufigkeitskurven kann man als geglättete Häufigkeitspolygone auffassen. Die Ver-
teilungsform einer Häufigkeitsverteilung gibt einen ersten Überblick über die Struktur der entspre-
chenden statistischen Masse.

symmetrisch, eingipflig rechts steil, links schief links steil, rechts schief

symmetrisch, mehrgipflig symmetrisch, steilgipflig symmetrisch, flachgipflig

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Professor B. Lehmann - 81 - Vermessungskunde 1

Statistische Maßzahlen eindimensionaler Häufigkeitsverteilungen


Für viele statistische Fragestellungen ist die detaillierte und umfassende Information, die die Dar-
stellung der Häufigkeitsverteilung liefert, unnötig oder sogar störend. Man ist vielmehr daran inte-
ressiert, eine Häufigkeitsverteilung durch einige wenige, für die Problemstellung informative Grö-
ßen zu ersetzen.

Die Charakterisierung einer Häufigkeitsverteilung durch statistische Maßzahlen stellt wie die Klas-
seneinteilung eine Datenreduktion dar, die dem Ziel dient, das Datenmaterial überschaubarer und
aussagekräftiger zu machen.

Die statistischen Maßzahlen werden nach sachlichen Gesichtspunkten im wesentlichen in Lage-


parameter und Streuungsparameter eingeteilt.

Lageparameter

Ein Durchschnitt ist ein Wert, der typisch oder repräsentativ für eine Menge von Daten ist. Da
solche typischen Werte dazu neigen, mitten in einer Menge von der Größe nach geordneten Daten
zu liegen, werden Durchschnitte auch Lageparameter genannt.

Verschiedene Arten von Durchschnitten können definiert werden, von denen das arithmetische
Mittel oder kurz der (empirische) Mittelwert, der Median, der Modus, das geometrische Mittel
und das harmonische Mittel die gebräuchlichsten sind.

Das arithmetische Mittel

Das arithmetische Mittel oder der Mittelwert x einer Menge von n Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x n ist defi-
niert durch:

x 
x1  x2  x3 ... xn

 xi
n n
Dieser Mittelwert wird auch als empirisches Mittel bezeichnet.

Beispiel: Das arithmetische Mittel der Zahlen 8, 3, 5, 12, 10 ist


8  3  5  12  10 38
x    7 ,6
5 5
Kommen die Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x m jeweils mit den absoluten Häufigkeiten h1, h 2 , h3 ,..., hm vor,
so ist das arithmetische Mittel
m
h1  x1  h 2  x 2 ...h m  x m 1
x 
h 1  h 2 ...h m

n h i  xi
i 1

Dabei ist n   hi die gesamte absolute Häufigkeit ( Anzahl aller xi ).

Beispiel: Kommen 5, 8, 6 und 2 jeweils mit den Häufigkeiten 3, 2, 4 und 1 vor, so ist das arithme-
tische Mittel:

3  5  2  8  4  6  1  2 15  16  24  2
x    5 ,7
3  2  4 1 10

Bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen repräsentiert die Klassenmitte xi* die gesamte Klasse.
Es ergibt sich demnach als Näherungswert für das arithmetische Mittel.

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k
1
x 
n  hi *  xi *
i1

wobei die hi* die absoluten Häufigkeiten in den Klassen mit den jeweiligen Klassenmitten xi* sind.
Die Anzahl der Klassen ist k.

Das gewogenes arithmetisches Mittel

Manchmal ordnet man den Zahlen x1 , x 2 , x 3 ,..., x n gewisse Gewichtungsfaktoren oder Gewich-
te p1, p2, ..., pn zu, die von ihrer Bedeutung oder Wichtigkeit abhängen. In diesem Fall wird

x 
p1  x1  p 2  x 2 ...p n  x n

 pi  xi
p 1  p 2 ...p n  pi
als gewogenes arithmetisches Mittel bezeichnet.

Beispiel: Wenn die Abschlussklausur einer Vorlesung dreimal so hoch gewertet wird wie eine
Kurzklausur und ein Student bei der Abschlussklausur eine Punktzahl von 85 und bei
den Kurzklausuren Punktzahlen von 70 und 90 erhalten hat, so ist die durchschnittliche
Punktzahl

1  70  1  90  3  85 415
x    83
1 1  3 5

Der Median

Der Median x Z einer Menge von Zahlen, die ihrer Größe nach geordnet sind , ist der Wert in der
Mitte oder das arithmetische Mittel der beiden Werte in der Mitte. Er wird auch als Zentralwert
bezeichnet.

Sind x1 , x 2 , x 3 ,..., x n die aufsteigend geordneten Merkmalswerte einer Grundgesamtheit, so ist


der Median folgendermaßen definiert:

xZ  x n1 falls n ungerade


2

x n 2  x n 2 1
xZ  falls n gerade
2

Beispiel: 1. Für die Menge der Zahlen 3, 4, 4, 5, 6, 8, 8, 8, 10 erhält man folgenden Median:
n ist ungerade  x Z  x n 1  x 9 1  x 10  x 5  6
2 2 2

2. Für die Menge der Zahlen 5, 5, 7, 9, 11, 12, 15, 18 erhält man folgenden Median:
x n 2  x n 2 1 x 8 2  x 8 2 1 x4  x5 9  11
n ist gerade  xZ      10
2 2 2 2

Liegen die Daten in Form einer Häufigkeitstabelle (klassifizierte Daten) vor, so ist bei der Berech-
nung des Medians zu beachten, dass sich die Berechnungsformeln für den Median auf die einzel-
nen Merkmalswerte xi und nicht auf die klassifizierten Merkmalsausprägungen xi* der Häufigkeits-
tabelle beziehen.
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Professor B. Lehmann - 83 - Vermessungskunde 1

Der Modus

Der einfachste Lageparameter ist der Modus xD , der auch als dichtester Wert oder häufigster
Wert bezeichnet wird. Der Modus ist die Merkmalsausprägung, die am häufigsten vorkommt. Er ist
um so aussagekräftiger, je stärker die entsprechende Merkmalsausprägung dominiert. Kommen
mehrere Merkmalsausprägungen als Modus in Frage, so verliert er an Aussagekraft.

Beispiel: 1. Die Menge 2, 2, 5, 7, 9, 9, 9, 10, 10, 11, 12, 18, hat den Modus xD  9.
2. Die Menge 3, 5, 8, 10, 12, 15, 16, hat keinen Modus.
3. Die Menge 2, 3, 4, 4, 4, 5, 5, 7, 7, 7, 9 hat zwei Modi, xD  4 und xD  7.

Eine Verteilung, die nur einen Modus hat, wird als unimodal bezeichnet, eine Verteilung mit zwei
Modi bezeichnet man als bimodal.

Quartile, Dezile, Zentile, Quantile, Fraktile

Wird eine Menge von Daten der Größe nach geordnet, so ist der Wert in der Mitte - oder das a-
rithmetische Mittel der beiden Werte in der Mitte -, der die Menge in zwei gleiche Teile teilt, der
Median. Wird die Menge der Daten in vier gleiche Teile geteilt, bezeichnet man die Werte, die die
Aufteilung vornehmen, als Quartile Q1 - Q3.

Gleichermaßen werden die Werte, die die Daten in zehn gleiche Teile teilen, Dezile D1 - D9 ge-
nannt.

Bei einer Aufteilung in einhundert gleiche Teile heißen die Aufteilungswerte Zentile Z1 - Z99.

Das 2. Quartil, das 5. Dezil und das 50. Zentil entsprechen dem Median. Das 25. und 75. Zentil
entsprechen dem 1. und 3. Quartil.

Die Begriffe Quartile, Dezile, Zentile und andere Werte werden zusammenfassend als Schwel-
lenwerte oder auch Quantile bezeichnet. Bei normalverteilten Daten ist zur Festlegung eines be-
stimmten Bereiches der Daten auch die Bezeichnung Fraktil gebräuchlich (5% Fraktil).

Das geometrische Mittel

Das geometrische Mittel xG einer Menge von n Zahlen x1, x2, x3, ..., xn ist die n-te Wurzel aus
dem Produkt dieser Zahlen.

Geht man von den Merkmalswerten einer Grundgesamtheit aus, so ist das geometrische Mittel

xG  n x1  x 2    xn

3 3
Beispiel: Das geometrische Mittel der Zahlen 2, 4, 8 ist xG  248  64  4

Das harmonische Mittel

Das harmonische Mittel xH einer Menge von Zahlen x1, x2, x3, ..., xn ist der reziproke Wert des
arithmetischen Mittels der reziproken Werte der Zahlen.

Geht man von den Merkmalswerten der Grundgesamtheit aus, so ist das harmonische Mittel als

n
xH  definiert.
1
 xi
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Vermessungskunde 1 - 84 - Professor B. Lehmann

Streuungsparameter

Häufig reichen die Lageparameter zur Charakterisierung einer Häufigkeitsverteilung nicht aus.
Deshalb werden sie oft durch einen Streuungsparameter ergänzt, der erkennen lässt, ob sich die
Merkmalswerte eng um den Mittelwert konzentrieren oder mehr oder weniger stark streuen.

Spannweite

Die Spannweite R ist der einfachste Streuungsparameter. Sie ist definiert als die Differenz zwi-
schen dem größten und dem kleinsten vorkommenden Merkmalswert xi, d.h.

R  x max.  x min.

Die Aussagekraft der Spannweite wird dadurch stark eingeschränkt, dass nur die beiden extremen
Merkmalswerte berücksichtigt werden und über die Streuung der dazwischenliegenden Merk-
malswerte nichts ausgesagt wird. Insbesondere untypische Extremwerte der Verteilung (soge-
nannte Ausreißer) verzerren die Aussagekraft der Spannweite.

Beispiel: Zu den Merkmalswerten 27, 4, 8, 3, 12, 10, 26, 6, 19, 16 gehört die Spannweite

R = 27 - 3 = 24

Die Spannweite ist für eine erste, schnelle Abschätzung der Streuung insbesondere deshalb ge-
eignet, weil die übrigen Streuungsparameter mit einem zum Teil erheblichen Rechenaufwand ver-
bunden sind.

Varianz und Standardabweichung

Der wichtigste Streuungsparameter, der die Güte der Messwerte einer Messreihe wiedergibt, ist
die Varianz  2 bzw. s 2; die positive Wurzel aus der Varianz ist die Standardabweichung 
bzw. s. Die Varianz ist das arithmetische Mittel der quadratischen Abweichungen der Merk-
malswerte xi vom arithmetischen Mittel, bzw. von einem Erwartungswert  .

1. Bei Merkmalswerten einer Grundgesamtheit ist die Varianz definiert als

2 1 1
 
n
 (x i  x )2 bzw.
 2

n  (xi  )2

wobei der empirische Mittelwert x ein Schätzwert für den Erwartungswert  (wahrscheinlicher
Wert ) einer Messreihe sein kann.

2. Bei Merkmalswerten einer Stichprobe ( Auswahl aus der Grundgesamtheit ) ist die Varianz defi-
niert als

1
s2   (xi  x)2
n1

3. Bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen mit Daten der Grundgesamtheit, bei denen die Klas-
senmitte xi* die gesamte Klasse repräsentiert, ergibt sich für die Varianz als Näherungswert.

k
1
s2   (x*i  x)2 hi* i = 1, 2, ..., k k = Anzahl der Klassen
n i1

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Professor B. Lehmann - 85 - Vermessungskunde 1

Die Varianz besitzt als Dimension das Quadrat der Dimensionen der einzelnen Merkmalswerte.
Werden z.B. die Merkmalswerte in Meter gemessen, so hat die Varianz die Dimension Quadrat-
meter. Die Standardabweichung hat den Vorteil, dass sie die gleiche Dimension wie die Merk-
malswerte besitzt.

Für die Berechnung der Varianz ist häufig die folgende Formel, insbesondere bei Berechnung mit
dem Taschenrechner, günstiger:

 2

 xi2  n  x 2 mit x 
 xi
n n

Entsprechend ergibt sich auch für die Berechnung aus Merkmalswerten einer Stichprobe die Vari-
anz aus:

s2 
 xi2  n  x2
n1
und bei klassifizierten Häufigkeitsverteilungen aus:

k
 hi*  xi*2  n  x 2  xi
s2  i1
wobei x  ist.
n n

Variationskoeffizient

Der Variationskoeffizient v ist ein sogenannter relativer Streuungsparameter und wird als
Quotient aus Standardabweichung und arithmetischem Mittel definiert, d.h.

s s
v  bzw. v   100%
x x

Der Variationskoeffizient dient zum Vergleich von Stichproben eines Grundgesamtheittypes.

Da beim Variationskoeffizienten Standardabweichung und arithmetisches Mittel die gleiche Di-


mension haben, ergibt sich eine dimensionslose Zahl. Unsinnig wird die Aussagekraft des Varia-
tionskoeffizienten, wenn der Mittelwert nahe Null wird, bzw. verliert er jegliche Aussagekraft, wenn
der Mittelwert gleich Null ist.

Zweidimensionale Merkmalsausprägungen
Treten zwei voneinander abhängige - korrelierte - Merkmalsausprägungen xi und yi auf, lassen
diese sich in einer Merkmalsebene darstellen. Dazu trägt man auf der Abszissenachse die Merk-
malsausprägungen des Merkmals X und auf der Ordinatenachse die Merkmalsausprägungen des
Merkmals Y ab.

Die statistische Einheit mit der Nummer i liefert ein Wertepaar (xi ; yi), deren Darstellung in der
Merkmalsebene als Streuungsdiagramm bezeichnet wird.

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Vermessungskunde 1 - 86 - Professor B. Lehmann

Körpergewicht y (in kg)

75 

 
70
 
65
  
60  
  
55
  
    
50
  
  
45

155 160 165 170 175 180 Körperlänge x (in cm)

Abb.: Streuungsdiagramm in der Merkmalsebene

Treten zusätzlich Häufigkeitsmerkmale zu den einzelnen Merkmalen auf, so gilt für die absolute
Häufigkeit
r m
  h ij  n
j1 i1

und für die relative Häufigkeit


r m h ij
  fij  1 wobei fij 
n
ist.
j1 i1

Zur Auswertung bedient man sich einer zweidimensionalen Häufigkeitstabelle oder einer dreidi-
mensionalen Grafik.

Y
y1 y2 ... yj ... yr 
X
x1 h11 h12 ... h1j ... h1r h1.
x2 h21 h22 ... h2j ... h2r h2.
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
xi hi1 hi2 ... hij ... hir hi.
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
xm hm1 hm2 ... hmj ... hmr hm.
 h.1 h.2 ... h.j ... h.r n

Abb.: Zweidimensionale Häufigkeitstabelle für absolute Häufigkeiten


(für relative Häufigkeiten gilt dies analog!)

Abb.: Graphische Darstellung einer zweidimensionalen Häufigkeitsverteilung


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Professor B. Lehmann - 87 - Vermessungskunde 1

Zur weiteren statistischen Untersuchung können zweidimensionale Merkmalswerte gewissen ma-


thematischen Methoden (Analysen) unterzogen werden:

Regressionsanalyse

Liegen mehrere zweidimensionale Merkmalswerte vor, können diese Werte durch eine Kurve re-
präsentiert und mathematisch ausgedrückt werden. Die Kurven sollen dabei der Bedingung

 d i2  Min.

folgen. Dabei sind in der Regel die di die Abstände der Kurve von den einzelnen Merkmalswerten
in y-Richtung.

Die Kurven werden als Regressionsfunktionen bezeichnet.

Folgende Funktionen finden Anwendung:

Gerade y = ax + b
Parabel y = ax2 + bx + c
Potenzfunktion y = bxa
Exponentialfunktion y = bax

Welche davon zweckmäßig ist, hängt von der jeweiligen Merkmalsverteilung ab. Lösungsansätze
können in der Literatur nachgeschlagen werden. Nachfolgend jedoch die

Lineare Regression

Hierbei wird als Regressionsfunktion eine Gerade der Form y = ax + b verwendet, sie heißt Reg-
ressionsgerade.

Y 
 
6 

4
 
2 
 

X
2 4 6 8 10 12 14
Abb.: Regressionsgerade

Die Koeffizienten der Geraden lassen sich durch folgende Formeln berechnen:

a 
n  xi yi   xi  yi
2
n   x i2   x i 

b 
 x i2  y i   x i  x i y i
2
n   x i2   x i 

Somit besteht die Möglichkeit für einen gewissen Merkmalswert xi den dazugehörigen Merkmals-
wert yi zu bestimmen.

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Vermessungskunde 1 - 88 - Professor B. Lehmann

Korrelationsanalyse

In einer Korrelationsanalyse verfolgt man das Ziel, die Stärke des Zusammenhangs zwischen
zwei Merkmalen durch eine geeignete Maßzahl zu beschreiben. Diese Maßzahl bezeichnet man
als Korrelationskoeffizient r.

Er drückt den Grad der Linearität des Zusammenhangs zwischen zwei Merkmalen X und Y aus
und wird nach folgendem Ansatz berechnet:
2
sxiyi  x  i
r 
sx i x i  sy iy i
wobei sxix i   x i2 
n

2
 y  i
syiy i   y i2 
n

 xi   yi
sxiy i   xiyi 
n
ist.

Der Korrelationskoeffizient r ist eine Zahl zwischen +1 und -1. Der Zusammenhang zwischen
Korrelationskoeffizient und Beobachtungswerten kann folgenden Darstellungen entnommen wer-
den:
y r=1 r=-1 y r0

 
   

     

 

    
      

x x x

r1 r-1
y y 
y r0  
 
 

  
 

 

   

x x x
Abb.: Streuungsdiagramme mit unterschiedlichen Korrelationskoeffizienten

Mit Hilfe der Korrelationsanalyse lässt sich stets nur nachweisen, ob ein formaler Zusammenhang
zwischen zwei Merkmalen besteht.

Normalverteilung
Die wichtigste Verteilung von Zufallsgrößen, wie sie bei vielen statistischen Untersuchungen ge-
nauso wie bei fehlertheoretischen Betrachtungen auftreten, ist die Normalverteilung. Sie wurde von
C. F. Gauß mit der Theorie der Messfehler eingeführt. Sie ist auch unter der Bezeichnung

Gauß'sche Glockenkurve
bekannt.

Die Kurve der Normalverteilung, auch als Dichtefunktion f(x) oder Wahrscheinlichkeitsdichte f(x)
bezeichnet, hat die Funktion

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Professor B. Lehmann - 89 - Vermessungskunde 1

1  x  2
1   
f(x)  e 2   
für (  x  )
 2
wobei:
σ = Standardabweichnung  Streuungsparameter
π = 3,1418
e = 2,718
μ = Mittelwert (Erwartungswert)  Lageparameter
x = Messwert ist.

Die Funktion hat folgendes Aussehen:

Abb.: Dichtefunktion f(x) der Normalverteilung für  = 0 und den Standardabweichungen  = 0,25;
 = 0,5 und  = 1
Beispiel: Konstruktion einer Normalverteilungskurve f(x)

Standardisierte Normalverteilung

Für den praktischen Gebrauch geht man von einer standardisierten (= zentrierten und normierten)
Normalverteilung aus, die den Erwartungswert  = 0 und die Standardabweichung  = 1 besitzt.

Mit der Substitution


x
z

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Vermessungskunde 1 - 90 - Professor B. Lehmann

lassen sich die x - Werte einer beliebigen Normalverteilung N (,) in die standardisierten Werte z
einer Zufallsvariablen transformieren, die der Normalverteilung N (0,1) entsprechen.

Die Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung hat die Funktion:


z 2
1 
f(z)  e 2
2
und folgende Darstellung:

Abb.: Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung

Umgekehrt lassen sich die Funktionswerte einer beliebigen Normalverteilung N (m,s) aus den
Funktionswerten der standardisierten Normalverteilung N(0,1) einfach durch folgenden Ansatz
bestimmen:
1
f(x)  f(z)

Vorteil der standardisierten Normalverteilung ist, dass die Funktionswerte einer Tabelle entnom-
men werden können.

Beispiel: Konstruktion einer standardisierten Normalverteilung f(z)

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Professor B. Lehmann - 91 - Vermessungskunde 1

z ,00 ,01 ,02 ,03 ,04 ,05 ,06 ,07 ,08 ,09

0,0 ,3989 ,3989 ,3989 ,3988 ,3986 ,3984 ,3982 ,3980 ,3977 ,3973
0,1 ,3970 ,3965 ,3961 ,3956 ,3951 ,3945 ,3939 .3932 ,3925 ,3918
0,2 ,3910 ,3902 ,3894 ,3885 ,3876 ,3867 ,3857 ,3847 ,3836 ,3825
0,3 ,3814 ,3802 ,3790 ,3778 ,3765 ,3752 ,3739 ,3725 ,3712 ,3697
0,4 ,3683 ,3668 ,3653 ,3637 ,3621 ,3605 ,3589 ,3572 ,3555 ,3538
0,5 ,3521 ,3503 ,3485 ,3467 ,3448 ,3429 ,3410 ,3391 ,3372 ,3352
0,6 ,3332 ,3312 ,3292 ,3271 ,3251 ,3230 ,3209 ,3187 ,3166 ,3144
0,7 ,3123 ,3101 ,3079 ,3056 ,3034 ,3011 ,2989 ,2966 ,2943 ,2920
0,8 ,2897 ,2874 ,2850 ,2827 ,2803 ,2780 ,2756 ,2732 ,2709 ,2685
0,9 ,2661 ,2637 ,2613 ,2589 ,2565 ,2541 ,2516 ,2492 ,2468 ,2444
1,0 ,2420 ,2396 ,2371 ,2347 ,2323 ,2299 ,2275 ,2251 ,2227 ,2203
1,1 ,2179 ,2155 ,2131 ,2107 ,2083 ,2059 ,2036 ,2012 ,1989 ,1965
1,2 ,1942 ,1919 ,1895 ,1872 ,1849 ,1826 ,1804 ,1781 ,1758 ,1736
1,3 ,1714 ,1691 ,1669 ,1647 ,1626 ,1604 ,1582 ,1561 ,1539 ,1518
1,4 ,1497 ,1476 ,1456 ,1435 ,1415 ,1394 ,1374 ,1354 ,1334 ,1315
1,5 ,1295 ,1276 ,1257 ,1238 ,1219 ,1200 ,1182 ,1163 ,1145 ,1127
1,6 ,1109 ,1092 ,1074 ,1057 ,1040 ,1023 ,1006 ,0989 ,0973 ,0957
1,7 ,0940 ,0925 ,0909 ,0893 ,0878 ,0863 ,0848 ,0833 ,0818 ,0804
1,8 ,0790 ,0775 ,0761 ,0748 ,0734 ,0721 ,0707 ,0694 ,0681 ,0669
1,9 ,0656 ,0644 ,0632 ,0620 ,0608 ,0596 ,0584 ,0573 ,0562 ,0551
2,0 ,0540 ,0529 ,0519 ,0508 ,0498 ,0488 ,0478 ,0468 ,0459 ,0449
2,1 ,0440 ,0431 ,0422 ,0413 ,0404 ,0396 ,0387 ,0379 ,0371 ,0363
2,2 ,0355 ,0347 ,0339 ,0332 ,0325 ,0317 ,0310 ,0303 ,0297 ,0290
2,3 ,0283 ,0277 ,0270 ,0264 ,0258 ,0252 ,0246 ,0241 ,0235 ,0229
2,4 ,0224 ,0219 ,0213 ,0208 ,0203 ,0198 ,0194 ,0189 ,0184 ,0180
2,5 ,0175 ,0171 ,0167 ,0163 ,0158 ,0154 ,0151 ,0147 ,0143 ,0139
2,6 ,0136 ,0132 ,0129 ,0126 ,0122 ,0119 ,0116 ,0113 ,0110 ,0107
2,7 ,0104 ,0101 ,0099 ,0096 ,0093 ,0091 ,0088 ,0086 ,0084 ,0081
2,8 ,0079 ,0077 ,0075 ,0073 ,0071 ,0069 ,0067 ,0065 ,0063 ,0061
2,9 ,0060 ,0058 ,0056 ,0055 ,0053 ,0051 ,0050 ,0048 ,0047 ,0046
3,0 ,0044 ,0043 ,0042 ,0040 ,0039 ,0038 ,0037 ,0036 ,0035 ,0034
3,1 ,0033 ,0032 ,0031 ,0030 ,0029 ,0028 ,0027 ,0026 ,0025 ,0025
3,2 ,0024 ,0023 ,0022 ,0022 ,0021 ,0020 ,0020 ,0019 ,0018 ,0018
3,3 ,0017 ,0017 ,0016 ,0016 ,0015 ,0015 ,0014 ,0014 ,0013 ,0013
3,4 ,0012 ,0012 ,0012 ,0011 ,0011 ,0010 ,0010 ,0010 ,0009 ,0009
3,5 ,0009 ,0008 ,0008 ,0008 ,0008 ,0007 ,0007 ,0007 ,0007 ,0006
3,6 ,0006 ,0006 ,0006 ,0005 ,0005 ,0005 ,0005 ,0005 ,0005 ,0004
3,7 ,0004 ,0004 ,0004 ,0004 ,0004 ,0004 ,0003 ,0003 ,0003 ,0003
3,8 ,0003 ,0003 ,0003 ,0003 ,0003 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002
3,9 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0002 ,0001 ,0001

Tabelle: Wahrscheinlichkeitsdichte f(z) der standardisierten Normalverteilung

Wegen der Symmetrie der Dichtefunktion f(z) sind in der Tabelle nur positive Werte aufgeführt; sie
gelten ebenso für negative Werte.

Verteilungsfunktion der standardisierten Normalverteilung

Zur Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, ob eine normalverteilte Zufallsgröße innerhalb bestimmter


vorgegebener Grenzen liegt, dient die Verteilungsfunktion F(x):

1  x  2
x   
1 2  
F(x)  e dx für (  x  )
 2 

Sie gibt die Fläche unterhalb der Dichtefunktion f(x) für einen Erwartungswert  mit der Standard-
abweichung  bis zu einer Grenze x an.

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Vermessungskunde 1 - 92 - Professor B. Lehmann

Führt man auch hier standardisierte Werte ( = 0,  = 1) ein, erhält man die Verteilungsfunktion
der standardisierten Normalverteilung:
z 2
z 
1 2
F(z)  e dz
2 

Vorteil dieser Funktion ist, dass auch deren Werte in Tabellen zusammengestellt sind:

z ,00 ,01 ,02 ,03 ,04 ,05 ,06 ,07 ,08 ,09

0,0 ,5000 ,5040 ,5080 ,5120 ,5160 ,5199 ,5239 ,5279 ,5319 ,5359
0,1 ,5398 ,5438 ,5478 ,5517 ,5557 ,5596 ,5636 ,5675 ,5714 ,5753
0,2 ,5793 ,5832 ,5871 ,5910 ,5948 ,5987 ,6026 ,6064 ,6103 ,6141
0,3 ,6179 ,6217 ,6255 ,6293 ,6331 ,6368 ,6406 ,6443 ,6480 ,6517
0,4 ,6554 ,6591 ,6628 ,6664 ,6700 ,6736 ,6772 ,6808 ,6844 ,6879
0,5 ,6915 ,6950 ,6985 ,7019 ,7054 ,7088 ,7123 ,7157 ,7190 ,7224
0,6 ,7257 ,7291 ,7324 ,7357 ,7389 ,7422 ,7454 ,7486 ,7517 ,7549
0,7 ,7580 ,7611 ,7642 ,7673 ,7704 ,7734 ,7764 ,7794 ,7823 ,7852
0,8 ,7881 ,7910 ,7939 ,7967 ,7995 ,8023 ,8051 ,8078 ,8106 ,8133
0,9 ,8159 ,8186 ,8212 ,8238 ,8264 ,,8289 ,8315 ,8340 ,8365 ,8389
1,0 ,8413 ,8438 ,8461 ,8485 ,8508 ,,8531 ,8554 ,8577 ,8599 ,8621
1,1 ,8643 ,8665 ,8686 ,8708 ,8729 ,8749 ,8770 ,8790 ,8810 ,8830
1,2 ,8849 ,8869 ,8888 ,8907 ,8925 ,8944 ,8962 ,8980 ,8997 ,9015
1,3 ,9032 ,9049 ,9066 ,9082 ,9099 ,9115 ,9131 ,9147 ,9162 ,9177
1,4 ,9192 ,9207 ,9222 ,9236 ,9251 ,9265 ,9279 ,9292 ,9306 ,9319
1,5 ,9332 ,9345 ,9357 ,9370 ,9382 ,9394 ,9406 ,9418 ,9429 ,9441
1,6 ,9452 ,9463 ,9474 ,9484 ,9495 ,9505 ,9515 ,9525 ,9535 ,9545
1,7 ,9554 ,9564 ,9573 ,9582 ,9591 ,9599 ,9608 ,9616 ,9625 ,9633
1,8 ,9641 ,9649 ,9656 ,9664 ,9671 ,9678 ,9686 ,9693 ,9699 ,9706
1,9 ,9713 ,9719 ,9726 ,9732 ,9738 ,9744 ,9750 ,9756 ,9761 ,9767
2,0 ,9772 ,9778 ,9783 ,9788 ,9793 ,9798 ,9803 ,9808 ,9812 ,9817
2,1 ,9821 ,9826 ,9830 ,9834 ,9838 ,9842 ,9846 ,9850 ,9854 ,9857
2,2 ,9861 ,9864 ,9868 ,9871 ,9875 ,9878 ,9881 ,9884 ,9887 ,9890
2,3 ,9893 ,9896 ,9898 ,9901 ,9904 ,9906 ,9909 ,9911 ,9913 ,9916
2,4 ,9918 ,9920 ,9922 ,9925 ,9927 ,9929 ,9931 ,9932 ,9934 ,9936
2,5 ,9938 ,9940 ,9941 ,9943 ,9945 ,9946 ,9948 ,9949 ,9951 ,9952
2,6 ,9953 ,9955 ,9956 ,9957 ,9959 ,9960 ,9961 ,9962 ,9963 ,9964
2,7 ,9965 ,9966 ,9967 ,9968 ,9969 ,9970 ,9971 ,9972 ,9973 ,9974
2,8 ,9974 ,9975 ,9976 ,9977 ,9977 ,9978 ,9979 ,9979 ,9980 ,9981
2,9 ,9981 ,9982 ,9982 ,9983 ,9984 ,9984 ,9985 ,9985 ,9986 ,9986
3,0 ,9987 ,9987 ,9987 ,9988 ,9988 ,9989 ,9989 ,9989 ,9990 ,9990
3,1 ,9990 ,9991 ,9991 ,9991 ,9992 ,9992 ,9992 ,9992 ,9993 ,9993
3,2 ,9993 ,9993 ,9994 ,9994 ,9994 ,9994 ,9994 ,9995 ,9995 ,9995
3,3 ,9995 ,9995 ,9995 ,9996 ,9996 ,9996 ,9996 ,9996 ,9996 ,9997
3,4 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9997 ,9998

Tabelle: Verteilungsfunktion F(z) der standardisierten Normalverteilung

Wegen der Symmetrie der Dichtefunktion f(z) sind in der Tabelle nur positive Werte aufgeführt; sie
gelten ebenso für negative Werte. Will man die Wahrscheinlichkeit P bestimmen, dass ein be-
stimmter Merkmalswert zwischen zwei Grenzen liegt, muss die Differenz der Funktionswerte bei-
der Grenzen gebildet werden.

Es gilt: P(a  z  b)  F(b)  F(a)

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Professor B. Lehmann - 93 - Vermessungskunde 1

Liegen die Grenzen im negativen Bereich, muss 1 - F(+z) verwendet werden.

Beispiel: a = - 1,28 b = + 0,89


F (b) - F (a) = 0,8133 - (1 - 0,8997) = 0,7130  71,30%

Werden als symmetrische Grenzwerte jeweils ein vielfaches der Standardabweichung eingeführt,
ergeben sich folgende Wahrscheinlichkeiten:
P(    x    )  68%

P(  2    x    2  )  95,5%
P(  3    x    3  )  99,7%

Die beiden ersten Wahrscheinlichkeiten haben folgendes Aussehen:

Ganz ähnlich ergeben sich für die Statistik wichtige Wahrscheinlichkeiten:

P(  196
,    x    196
,  )  95%
P(   2,58    x    2,58  )  99%
P(  3,29    x    3,29  )  99,9%
P(  3,89    x    3,89  )  99,99%
Beispiel: Gegeben ist eine normalverteilte Zufallsgröße x, wobei die Zufallsgröße die Länge einer
Strecke mit  = 130,100 m und  = 4,0 cm sei.
Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit P dafür, dass eine Streckenmessung xi zwischen die
Grenzen 130,040 m und 130,120 m fällt.
Also: P(130 ,040 m  x  130120
, m)
Die Normierung ergibt zunächst:

 130 ,04  13010


, x   13012
,  13010
, 
P   
 0 ,04  0 ,04 

P( 1,5  z  0 ,5 ) = F(+0,5) - F(-1,5) = F(+0,5) - F(1 - F(+1,5))


Aus der Tabelle der Verteilungsfunktion F(z) kann entnommen werden für:
z = + 0,5  F(z) = 0,6915
z = + 1,5  F(z) = 0,9332
06915 - (1 - 0,9332) = 0,6247 = 62%

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Messwert xi in dem angegebenen Bereich liegt, ist
62%.

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Vermessungskunde 1 - 94 - Professor B. Lehmann

Fehlerlehre
Die Fehlerlehre befasst sich mit der Auswertung fehlerbehafteter Messwerte. Die grundlegenden
Gedanken dazu wurden im Jahr 1794 von dem damals 17-jährigen Mathematikstudenten Carl
Friedrich Gauß als "Methode der kleinsten Quadrate" entwickelt.

Durch die Unvollkommenheit des Messgegenstandes, der Messgeräte und der Messverfahren wird
jedes Messergebnis verfälscht. Einflüsse der Messbedingungen in der Umwelt (Temperatur, Luft-
druck und -feuchte, elektrische und magnetische Felder) oder durch persönliche, von den Eigen-
schaften oder der Fähigkeit des Beobachters abhängige Einflüsse (Aufmerksamkeit, Sehschärfe,
Schätzvermögen) kommen hinzu.
Deshalb ist keine Messung frei von Fehlern. Trotz größter Sorgfalt gelingt es nicht, den wahren
Wert einer gesuchten Größe durch Messungen zu bestimmen. Der Fehler einer Messung wird
zwar kleiner je genauer die Messgeräte sind, grundsätzlich lassen sich Fehler jedoch nicht von
vornherein ausschalten. Aufgabe der Berechnung nach der Methode der kleinsten Quadrate ist es,
bei Berücksichtigung aller Messwerte die plausibelsten oder wahrscheinlichsten Werte für die ge-
suchten Größen zu bestimmen und Genauigkeitsmaße für alle in die Berechnung eingehenden
Messwerte anzugeben.

Man wird dabei zwar feststellen, dass die ermittelten Werte genauer sind als die in die Berechnung
eingehenden, es ist aber immer zu bedenken, dass die Methode der kleinsten Quadrate nicht in
der Lage ist, aus schlechten Messungen gute zu machen.

Fehlerarten

Es gibt folgende drei grundlegenden Arten von Messfehlern:

Grobe Fehler

Sie entstehen durch mangelnde Sorgfalt und sind wesentlich größer, als durch das angewandte
Messverfahren zu erwarten ist. Sie werden hervorgerufen durch grob fehlerhafte Ablesungen an
den Messgeräten, Zielverwechslungen usw. . Durch entsprechende Kontrolle und Aufmerksamkeit
sind sie jederzeit vermeidbar und können somit ausgeschieden werden.

Systematische Fehler

Sie hängen meistens von bestimmten äußeren Einflüssen ab und verfälschen das Messergebnis in
gleichmäßiger Weise. Hervorgerufen werden sie durch unzureichende Kalibrierung und einseitige
Handhabung der Messgeräte, sowie durch systematische Einflüsse äußerer Bedingungen wie
Luftdruck und Temperatur usw. auf das Messgerät oder den zu messenden Gegenstand. Diese
Fehler lassen sich durch entsprechende Eichung, Auswahl eines zweckmäßigen Messverfahrens
und rechnerische Berücksichtigung zum größten Teil eliminieren.

Zufällige Fehler

Sie sind die wichtigste Gruppe der Messfehler und der eigentliche Gegenstand der Fehlerrech-
nung. Ihre Ursache haben sie in der Unvollkommenheit der Messgeräte und der menschlichen
Sinne und durch wechselnde äußere Einflüsse wie Wind, Temperatur- und Beleuchtungsänderun-
gen. Sie bewirken den Umstand, dass mehrmaliges Messen derselben Größe trotz größter Sorg-
falt nicht immer den gleichen Wert liefern. Zufällige Fehler setzen sich meist durch mehrere zufälli-
ge Elementarfehler zusammen. So entsteht beispielsweise im Vermessungswesen der Fehler ei-
ner Richtungsmessung aus Zielfehler, Kreisteilungsfehler und Ableseungenauigkeiten.

Zufällige Fehler haben ebenso oft positive wie negative Vorzeichen, unterliegen aber trotz der
scheinbaren Regellosigkeiten den Gesetzen des Zufalls und können entsprechend mit statisti-
schen Methoden untersucht werden ( Normalverteilung).

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Professor B. Lehmann - 95 - Vermessungskunde 1

Begriffsdefinition

Früher waren Begriffe wie durchschnittlicher Fehler, wahrscheinlicher Fehler, mittlerer Fehler,
Grenzfehler, Maximalfehler usw. gebräuchlich. Heute gilt als Maß der Genauigkeit von Beobach-
tungswerten entweder die Angabe der Standardabweichung oder des Vertrauensbereiches
(%-Fraktilen).

Auswertung direkter Beobachtungen gleicher Genauigkeit

Ist eine Messungsgröße mehrfach mit gleicher Genauigkeit gemessen worden, so werden die
Messungen durch Bestimmung des empirischen Mittelwertes und der Standardabweichung aus-
gewertet, ggf. müssen die Messwerte um einen konstanten Betrag reduziert werden, um günstige
Zahlenwerte zu erhalten!

Dabei benutzt man folgende Ansätze:

Beobachtungswerte: Li

Mittelwert: L
L i 
n
Verbesserungen: vi  L  L i

v - Probe: v  0
v v  Minimum

Standardabweichung einer Messung: s


v v
n1
s
Standardabweichung des Mittelwertes: s 0
n

Beispiel: Gegeben sind die in folgender Tabelle aufgeführten sechs Messwerte für eine Winkel-
bestimmung. Wie groß ist der wahrscheinlichste Wert des Winkels und wie groß ist seine
Standardabweichung?

Li vi  L  L i vv n=6
2
gon mgon mgon

53,356
53,349 L =
53,346
53,348 s =
53,352
53,355 s0 =

[ ]=

Auswertung direkter Beobachtungen verschiedener Genauigkeit

Ist eine Messungsgröße mehrfach mit verschiedener Genauigkeit bestimmt worden, müssen bei
der Bildung des Mittelwertes die Genauigkeitsverhältnisse der einzelnen Messwerte berücksichtigt
werden. Diese Genauigkeitsverhältnisse werden üblicherweise als Gewichte p bezeichnet.

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Vermessungskunde 1 - 96 - Professor B. Lehmann

Dabei werden folgende Ansätze benutzt:


Beobachtungswerte: Li jeweils mit dem Gewicht pi, wobei gilt:

A: Sind die Standardabweichungen si der einzelnen Messungsgrößen, aus denen der Mittelwert
gebildet werden soll, bekannt, ergibt sich das Gewicht der einzelnen Messungen zu:
c
pi 2
si
B: Sind die Standardabweichungen unbekannt, die Messungsgrößen aber in verschiedenen Mes-
sungsperioden mit unterschiedlicher Anzahl von Beobachtungswerten bestimmt worden, ergibt
sich das Gewicht der einzelnen Messungen aus:
ni
pi
c
Dabei ist c die sog. Gewichtseinheit, d.h. c ist ein konstanter Faktor, mit dem die Gewichte pi zah-
lenmäßig günstige Werte erhalten

Mittelwert: L
L i  p i 
p i 
Verbesserungen: vi  L  L i

p v - Probe: p v  0
p v v  Minimum

Standardabweichung einer Messung mit dem Gewicht 1: s


p v v
n1
s
Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s 0
p i 
Beispiel zu A: Eine Strecke wurde mit vier verschiedenen Messgeräten unterschiedlicher Genauig-
keit gemessen. Wie groß ist der wahrscheinlichste Wert der Strecke und wie groß ist
seine Standardabweichung?

Standardab-
Nr. Messgerät Messwert Li
weichung si
1 Messband 128,024 m 30 mm
2 Schneidenlatten 128,019 m 10 mm
3 2m - Basislatte 128,032 m 15 mm
4 Elektrooptisch - Elta 2 128,039 m 8 mm

c
Lösung: Festlegung der Gewichte der vier Einzelmessungen: p i  mit c = 100 mm2
s 2i
100 100
p1   p2  
900 100
100 100 [ pi ] =
p3   p4  
225 64

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Professor B. Lehmann - 97 - Vermessungskunde 1

Gewogener Mittelwert:

128 ,024  128 ,019  128 ,032  128 ,039 


L 

Auswertung:

Nr. L  Li vi pi pv pvv
2
m mm mm mm

1 128,03105 - 128,024
2 128,03105 - 128,019
3 128,03105 - 128,032
4 128,03105 - 128,039
[ ]=

Ergebnis:
Mittelwert: L =
Standardabweichung einer Messung: s =
Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s0 =

Beispiel zu B: Ein Winkel wurde an vier aufeinanderfolgenden Tagen beobachtet, und zwar am
1. Tag 8mal, am 2. Tag 4mal, am 3. Tag 12mal und am 4. Tag 8mal mit gleichem
Messgerät und gleicher Genauigkeit. Es ergaben sich dabei als Tagesmittel die in
folgender Tabelle wiedergegebenen Winkelwerte. Wie groß ist der wahrschein-
lichste Wert des Winkels und wie groß ist seine Standardabweichung? Die Ge-
wichtseinheit sei ein viermal gemessener Winkel.

Tag Messwert Li

1. 40,1714 gon
2. 40,1719 gon
3. 40,1721 gon
4. 40,1725 gon

ni
Lösung: Festlegung der Gewichte der vier Einzelmessungen: p i  mit c=4
c
8 4
p1   p2  
4 4
12 8 [ pi ] =
p3   p4  
4 4

Gewogener Mittelwert:

40 ,1714   40 ,1719   40 ,1721   40 ,1725 


L 

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Vermessungskunde 1 - 98 - Professor B. Lehmann

Auswertung:

Nr. L  Li vi pi pv pvv
2
gon mgon mgon mgon

1 40,1720 - 40,1714
2 40,1720 - 40,1719
3 40,1720 - 40,1721
4 40,1720 - 40,1725

[ ]=

Ergebnis:
Mittelwert: L =
Standardabweichung einer Messung: s =
Standardabweichung des gewogenen Mittelwertes: s0 =

Das Fehlerfortpflanzungsgesetz

Setzt sich eine zu bestimmende Größe aus mehreren, verschiedenen Messwerten Li mit unter-
schiedlichen Standardabweichungen si zusammen, pflanzen sich diese "Fehler" über die Funktion,
mit der die zu bestimmende Größe bestimmt werden soll, fort. Der Berechnungsansatz dazu ist
das Fehlerfortpflanzungsgesetz (entwickelt von Gauß) oder -in der Terminologie der Statistik- das
Varianzfortpflanzungsgesetz.

Für eine Funktion F = F(L1,L2,...,Ln) mit untereinander unabhängigen Messwerten L1,L2,...,Ln und
deren Standardabweichungen s1,s2,...,sn ergibt sich die Standardabweichung der zu be-
stimmenden Größe aus den partiellen Ableitungen der Funktion nach den einzelnen Bestim-
mungsgrößen und dem folgenden Gauß'schen Fehlerfortpflanzungsgesetz:

2 2 2
 F   F   F 
sF    s 1     s 2   ...    s n 
  L1  L2  Ln 

Beispiel: Zur Bestimmung einer Strecke wurde diese in drei Teilstücken mit unterschiedlichen
Genauigkeiten gemessen:

Messwert Li Standardabweichung si
53,24 m 2,9 cm
63,78 m 3,7 cm
78,16 m 5,2 cm
Wie groß ist die Gesamtstrecke und deren Standardabweichung?

Funktion: F = L1 + L2 + L3  Lgesamt = 195,18 m

F F F
= = =
 L1 L2  L3

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Professor B. Lehmann - 99 - Vermessungskunde 1

2 2 2
 F   F   F 
sF       
  L  s 1     L  s 2   ...    L  s n 
 1   2   n 

sF    2    2    2 sF 

Ergebnis:
Strecke: S= m
Standardabweichung: s= cm

Sind die Einzelbeobachtungen mit gleicher Genauigkeit gemessen worden, also

s1 = s2 = s3 = s0

ergibt sich die Standardabweichung der Gesamtstrecke zu:

sF  s 0  n

Beispiel: In einem Dreieck wurden die Winkel  und  und die Seite a mit ihren Standardabwei-
chungen gemessen:

Messwert Li Standardabweichung si
 = 60,75 gon 20 mgon
 = 81,31 gon 20 mgon
a = 134,56 m 5 cm
Wie groß ist die Seite b und deren Standardabweichung?

sin 
Funktion:F = b  a  (Sinussatz)  b = 157,87 m
sin 

F F F
= = =
 L1 L2  L3

20 20
s1 = = s2 = = mit  63 662
 

2 2 2
 F   F   F 
sF    s 1    s 2   ...    s n 
L  L  L 
 1   2   n 

sF    2    2    2 sF 

Ergebnis:
Strecke: S= m
Standardabweichung: s= cm

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Vermessungskunde 1 - 100 - Professor B. Lehmann

Toleranzen im Bauwesen
Grundsätze
Toleranzen sollen die Abweichungen von den Nennmaßen der Größe, Gestalt und Lage von Bau-
teilen und Bauwerken begrenzen. Trotz unvermeidlicher Ungenauigkeiten beim Messen, bei der
Fertigung und bei der Montage muss das funktionsgerechte Zusammenfügen von Bauteilen des
Roh- und Ausbaus ohne Anpass- und Nacharbeiten möglich sein.
In DIN 18 202 und DIN 18 203 sind die Toleranzen für das Bauwesen angegeben, die in der Regel
anzuwenden sind; sie stellen die im Rahmen der üblichen Sorgfalt zu erreichenden Genauigkeiten
dar. Sie gelten stets, soweit nicht andere Genauigkeiten vereinbart werden. Sind jedoch für Bautei-
le oder Bauwerke andere Genauigkeiten erforderlich, so sollen sie nach wirtschaftlichen Maßstä-
ben vereinbart werden. Diese Vereinbarungen müssen in den Vertragsunterlagen, z.B. Leistungs-
verzeichnis, Zeichnungen usw. , angegeben und die erforderlichen Kontrollmöglichkeiten während
der Bauausführung sichergestellt werden.

Prüfung

Die Einhaltung von Toleranzen soll nur geprüft werden, wenn es erforderlich ist. Die Prüfungen
sind so früh wie möglich durchzuführen, spätestens jedoch bei der Übernahme der Bauteile oder
des Bauwerks durch den Folgeauftragnehmer bzw. spätestens bei der Bauabnahme.
Die Wahl des Messverfahrens bleibt dem Prüfer überlassen. Das angewendete Messverfahren
und die damit verbundene Messunsicherheit sind anzugeben und bei der Beurteilung zu berück-
sichtigen.

Begriffe
- Nennmaß (Sollmaß): Maß, das zur Kennzeichnung von Größe, Gestalt und Lage eines Bauteils
oder Bauwerks angegeben und in Zeichnungen eingetragen wird.
- Istmaß: Durch Messung festgestelltes Maß
- Istabmaß: Differenz zwischen Istmaß und Nennmaß
- Größtmaß: Das größte zulässige Maß
- Kleinstmaß: Das kleinste zulässige Maß
- Grenzabmaß: Differenz zwischen Größtmaß und Nennmaß oder Kleinstmaß und Nenn-
maß
- Maßtoleranz: Differenz zwischen Größtmaß und Kleinstmaß
Größtmaß Fensteröffnung:
1620+12=1632 Grenzabmaß ± 12mm
Maßtolleranz 24mm
Nennmaß 1620
Kleinstmaß
1620-12=1608

Istabmaß Größtmaß
Nennmaß 1608-(2 X10)=1588
Istmaß
Gewählte Fu- Gewählte Fu-
Grenzab- gen-
gen-
maß (-) breite 10 mm breite 10 mm
Größtmaß=1588 Fensterrahmen:
Kleinstmaß Nennmaß Grenzabmaß ± 4mm
1588-4=1584 Maßtolleranz 8mm
Maßtol- Grenzab-
leranz Kleinstmaß
Größtmaß maß (+) 1588-4=1584

Abb.: Toleranzbegriffe im Bauwesen Abb.: Anwendung der Begriffe und der Passung
am Beispiel eines Fensters

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Professor B. Lehmann - 101 - Vermessungskunde 1

Hinweise zur Ausarbeitung der Übungen im Fach Vermessungskunde

Übungen sind Studienleistungen. Da ihre Anerkennung Voraussetzung für die Zulassung zu der
Prüfung ist, haben sie wie diese einen urkundenähnlichen Charakter. Dies muss auch in der Aus-
arbeitung zum Ausdruck kommen.

Folgende Hinweise sind unbedingt zu beachten:

Gruppenübungen:

Es gibt Hörsaalübungen und Geländepraktika. Die Hörsaalübungen untergliedern sich in Rechen-


übungen, Gerätedemonstrationen und Praktika. Als Studienleistungsanerkennung ist nur die Ab-
gabe der Übungen in Form der Hörsaal- und Geländepraktika erforderlich. Die Übungen sind
Gruppenübungen mit jeweils vier Mitgliedern.

Für die verschiedenen Übungen ist jeweils ein Gruppenmitglied verantwortlich, sowohl in der Aus-
führung als auch in der Ausarbeitung. Voraussetzung zur Anerkennung als Studienleistung ist eine
Bearbeitung von mindestens 80 %; d.h. jedes Gruppenmitglied hat mindestens 20% der insgesamt
geforderten Leistung zu erbringen. Die Abgabe der Übungen erfolgt gruppenweise geheftet (fest
zusammen geklammert) jeweils im Original, der jeweilige Bearbeiter muss dabei eindeutig zu er-
kennen sein. Zweckmäßigerweise kopiert sich jedes Gruppenmitglied die Ausarbeitungen der an-
deren Gruppenmitglieder, damit jeder ein komplettes Exemplar hat.

Die Übungen finden bei jedem Wetter statt. Die für die Übungen erforderlichen Instrumente und
Geräte werden zu Beginn der Übungsstunde gegen Empfangsbescheinigung des für die Übung
Verantwortlichen im Raum C 13 ausgegeben.

Beim Empfang festgestellte Mängel sind sofort zu melden. Die Instrumente sind schonend zu be-
handeln. Für Verluste und Beschädigungen durch Fahrlässigkeit haften die Mitglieder der Gruppe
gemeinsam. Bei Vorsatz haftet der Täter persönlich für den verursachten Schaden. In jedem Fall
ist Mitteilung über den Vorgang zu machen! Reparaturen werden nur vom vermessungstechni-
schen Labor ausgeführt.

Um einen reibungslosen und erfolgreichen Ablauf der Übungen zu gewährleisten, haben sich alle
Übungsteilnehmer auf die Übungen vorzubereiten. Die Aufgabenblätter und die notwendigen For-
mulare können jeweils eine Woche vor der Übung im Raum C 13 von einem Gruppenmitglied ab-
geholt werden. Über die Termine der einzelnen Übungen gibt es einen Aushang.

Das Feldbuch (Formulare) wird mit dokumentenechten Schreibstiften (Kugelschreiber) geführt.


Zeichnungen (Vermessungsriss) können mit Bleistift gefertigt werden.

Das Feldbuch (Vermessungsriss, Formulare) ist sauber und ordentlich zu führen, sodass
ein erneutes Abschreiben nicht erforderlich wird. Vor Abschluss der Übung muss das Tes-
tat des Übungsbetreuers eingeholt werden.

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Vermessungskunde 1 - 102 - Professor B. Lehmann

Inhalt der Ausarbeitungen:

1) Ausführliche Beschreibung des Rechenweges am Anfang der Bearbeitung.


2) Angabe der benutzten Formeln in allgemeiner Form, soweit nicht in Vordrucken gerechnet wird.
Bezeichnungen (Variable) müssen durch Text oder Skizze erläutert werden.
3) Alle ausgeführten Berechnungen mit Zwischenergebnissen.
4) Kontrollen.
5) Zusammenstellung der Ergebnisse in Tabellen.
6) Diskussion der Ergebnisse.

Form der Ausarbeitungen:

1) Die Übungsausarbeitungen bestehen grundsätzlich aus Deckblatt, Aufgabenblatt, Messungs-


formularen und weiteren Ausarbeitungsseiten. Sie sind jeweils geklammert abzugeben.
Das Deckblatt hat dabei in etwa folgenden Kopf zu tragen:

Semester.: ........................ Bearbeiter : ......................................................... Vermessungskunde 1

Thema Übung - Nr.

Gruppennummer : ............ Datum : ....................................... Testat : ..........................................................................

2) Für Korrekturen ist ein ausreichender Rand vorzusehen.


3) Zeichnungen sind mit Tusche anzufertigen.
4) Für Unterstreichungen, Bruchstriche, Wurzelzeichen und ähnliches ist ein Lineal zu benutzen.
5) Rot darf nur in Zeichnungen verwendet werden.
6) Falscher Text oder falsche Rechnungen sind mit einem Lineal sauber durchzustreichen. Zah-
len, die durch Übereinanderschreiben verbessert wurden, gelten als falsch.

Übungen, die dieser Form nicht entsprechen, werden bei der Abgabe
erst gar nicht angenommen!

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Professor B. Lehmann - 103 - Vermessungskunde 1

Stichwortverzeichnis und Abkürzungen:


Achse Horizontaler Verlauf der Trasse
AdV Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik
Deutschland
AP Aufnahmepunkt
BKG Bundesamt für Kartographie und Geodäsie
Früher:  IfAG
Bussole Kompass zum Aufsetzen auf einen Theodolit oder Tachymeter
DGK 5 Deutsche Grund Karte 1 : 5 000
DHDN 90 Deutsches Hauptdreiecksnetz 1990 - Amtliches Lagefestpunktfeld für Deutschland von 1990
DHHN 92 Deutsches Haupthöhennetz 1992 - Amtliches Höhenfestpunktfeld für Deutschland von 1992
DHSN 96 Deutsches Hauptschwerenetz 1996 – Amtl. Schwerefestpunktfeld für Deutschland von 1996
ETRS 89 European Terrestrial Reference System 1989
Geoid Niveaufläche des Erdschwerefeldes bezogen auf die Höhe des mittleren Meeresniveaus
GKK Gauß-Krüger-Koordinatensystem - System ebener rechtwinkliger Koordinaten mit 3° breiten
Meridianstreifen,  UTM
GLONASS Globales Navigations Satelliten System (ehem. UdSSR)  GPS
GPS Global Positioning System (USA) - Satellitengestütztes Navigations- und Vermessungssys-
tem zur Bestimmung dreidimensionaler Koordinaten
Gradiente Vertikaler Verlauf der Trasse
IfAG Institut für angewandte Geodäsie (Frankfurt – Berlin – Leipzig)
Heute: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG)
KA Katasteramt - Unterste Vermessungsbehörde bei der Kreisverwaltung
LVA Landesvermessungsamt
NN Normal Null - Höhenbezugspunkt - ehemals definiert mit 37 m unter dem Normalhöhenpunkt
an der Berliner Sternwarte
NHN Normalhöhennull - In Deutschland die aktuelle Bezeichnung der Bezugsfläche für das Null-
niveau der Höhen über dem Meeresspiegel im DHHN 92. Nachfolger des Normalnull (NN)
NivP Nivellement Punkt
NP Nachgeordneter Vermessungspunkt
ÖbVI Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur
PP Polygonpunkt
t Richtungswinkel - rechtläufiger Horizontalwinkel zu einem Punkt bezogen auf die Gitternord-
richtung
Tachymeter Messinstrument zum Messen von Horizontalrichtungen, Vertikalwinkeln und räumlichen
Strecken - heute meist elektronisch zur Bestimmung dreidimensionaler Koordinaten - tachy-
metrische Geländeaufnahme
Theodolit Messinstrument zum Messen von Horizontalrichtungen und Vertikalwinkeln
TK Topographische Karte; z. B. TK 25 = Topographische Karte 1 : 25 000
TP Trigonometrischer Punkt - Vermessungspunkt des Lagefestpunktfeldes
Trasse Räumlicher Verlauf einer (Straßen-) Planung
TÜK 200 Topographische Übersichtskarte 1 : 200 000
UTM Universale Transversale Mercatorprojektion – System ebener rechtwinkliger Koordinaten mit
6° breiten Meridianstreifen
WGS 84 World Geodetic System 1984 – Aus Satellitenbeobachtungen bestimmtes globales dreidi-
mensionales Koordinatensystem
z Zenitwinkel, Vertikalwinkel bezogen auf die Nullrichtung im Zenit

Weitere Stichwortinformationen zum Thema Geodäsie gibt es im Internet unter:


 http://de.wikipedia.org/wiki/Geodäsie

Hochschule Trier
Vermessungskunde 1 - 104 - Professor B. Lehmann

Literaturangaben:
H. Kahmen, Angewandte Geodäsie: Vermessungskunde,
20. Auflage 2006,
Verlag de Gruyter, ISBN 9783110184648, Preis: 49,95 €

B. Witte/P. Sparla, Vermessungskunde und Grundlagen der Statistik für das Bauwesen,
7. Aufl. 2011,
Verlag Herbert Wichmann, ISBN 9783879074976 , Preis: 29,80 €

B. Resnik/R. Bill, Vermessungskunde für den Planungs-, Bau- und Umweltbereich,


3. Auflage 2010, mit CD-ROM
Verlag Herbert Wichmann, ISBN 9783879074884, Preis 29,95 €

V. Matthews, Vermessungskunde Teil 1, 29. Aufl. 2003,


Verlag B. G. Teubner, ISBN 351925252X, Preis: 29,95 €
V. Matthews, Vermessungskunde Teil 2, 17. Aufl. 1997,
Verlag B. G. Teubner, ISBN 3519152533, Preis: 49,95 €

F. J. Gruber/R. Joeckel, Formelsammlung für das Vermessungswesen,


15. Aufl. 2010,
Verlag B. G. Teubner, ISBN 3834813664, Preis: 19,95 €

Günter Petrahn, Taschenbuch Vermessung Grundlagen der Vermessungstechnik,


5., akt.. Aufl. 2010,
Verlag Cornelsen, ISBN 9783464433355, Preis: 30,50 €

Günter Petrahn, Grundlagen Formelsammlung Vermessungstechnik


Aufl. 2011
Verlag Cornelsen, ISBN 9783064504837, Preis 19,95 €

G. Groß, Vermessungstechnische Berechnungen,


3. Aufl. 2004,
Verlag B. G. Teubner, ISBN 9783808546475, Preis: 25,00 € - nicht lieferbar

Bauer, Manfred, Vermessung und Ortung mit Satelliten.


GPS und andere satellitengestützte Navigationssysteme. 6. Aufl. 2011,
Verlag Wichmann, ISBN 9783879074822, Preis: 64,00 €

F. Deumlich/R. Staiger, Instrumentenkunde der Vermessungstechnik,


9. Aufl. 2002,
Verlag Wichmann, ISBN: 9783879073054, Preis: 86,00 €

Wilhelm Benning, Statistik in Geodäsie, Geoinformation und Bauwesen,


4. Aufl. 2011,
Verlag Wichmann, ISBN: 9783879075126, Preis:28,00 €

Erwin Kreyszig, Statistische Methoden und ihre Anwendungen


7. Auflage 1991, 5. unveränd. Nachdruck 1998
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN 3525407173, Preis: 26,95 €

Regina Storm, Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitäts-


kontrolle, 12. Auflage 2007 - Fachbuchverlag Leipzig, ISBN 9783446409064, Preis: 34,90 €

Lehr- und Übungsbuch Mathematik, Band IV


13. Auflage 1992 - Fachbuchverlag Leipzig, ISBN 3-343-99833-8

Stand: Juli 2014

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